Herunterladen - Elisabethheim Havetoft
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<strong>Havetoft</strong><br />
BERICHTE<br />
INFORMATIONEN<br />
MÄRZ 2013<br />
Nr. 254<br />
4 125 Jahre <strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong><br />
7 Wohngruppe „Silberfüchse“ stellt sich vor<br />
16 Sie alle haben an uns gedacht<br />
18 Drei Jahre Flüchtlingsarbeit
2<br />
Vorwort<br />
Liebe Freundinnen und Freunde<br />
des <strong>Elisabethheim</strong>es <strong>Havetoft</strong>,<br />
für uns ist 2013 ein ganz besonderes<br />
Jahr. Voller Dankbarkeit<br />
wollen wir 125 Jahre <strong>Elisabethheim</strong><br />
<strong>Havetoft</strong> feiern. Annähernd<br />
zweitausend Kinder wurden in<br />
dieser Zeit fest aufgenommen<br />
und mehrere Hundert kurzfristig<br />
in Obhut genommen. In vielen<br />
Notlagen konnten die Mitarbeiter/innen<br />
der Einrichtung Bedürftigen<br />
helfen; zwei Weltkriege hinterließen<br />
zahlreiche Waisen und<br />
Kinder, die ihre Eltern nicht mehr<br />
Verleger und Herausgeber:<br />
<strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong> –<br />
Heilpädagogische Kinder- und Jugendhilfe<br />
in Angeln<br />
Pastor-Witt-Straße 6, 24873 <strong>Havetoft</strong><br />
Telefon (0 46 03) 94 00-0<br />
Telefax (0 46 03) 94 00-15<br />
www.elisabethheim.de<br />
E-Mail: post@elisabethheim.de<br />
Spendenkonto:<br />
Ev. Darlehnsgenossenschaft Kiel e. G.,<br />
BLZ 210 602 37, Konto 349178<br />
oder online spenden unter<br />
www.elisabethheim.de<br />
Druck:<br />
DruckZentrum Neumünster<br />
Rungestraße 4, 24537 Neumünster<br />
www.druckzentrum-neumuenster.de<br />
Titelbild:<br />
Ausflug der Gruppe „Spatzennest“<br />
finden konnten. Bis heute werden<br />
wir täglich mit den unterschiedlichsten<br />
familiären Notlagen konfrontiert.<br />
Wir wollen aber nicht sentimental<br />
zurückblicken, sondern „Neues<br />
wagen!“ Mit den modernen Mitteln<br />
unserer Zeit wollen wir die<br />
Probleme lösen, vor die uns Kinder<br />
in Not stellen. Dies wollen wir<br />
auch zukünftig wertorientiert auf<br />
dem Hintergrund unserer Überzeugungen<br />
tun.<br />
Wie in den vergangenen Jahren<br />
können wir unsere Arbeit nur mit<br />
der Unterstützung unseres Freundeskreises<br />
machen. Sie helfen uns<br />
dabei, dass wir uns für Kinder und<br />
Jugendliche in schwierigen Lebenslagen<br />
einsetzen können. Wir<br />
erhielten Hilfe durch Spenden, Besuche,<br />
Vormundschaften oder Gebete.<br />
Mit großer Dankbarkeit<br />
gegenüber unseren vielen Freunden<br />
und gegenüber unserem lebendigen<br />
Gott gehen wir zuversichtlich<br />
in das Jubiläumsjahr 2013.<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Ihr Christian Oehler<br />
und das Redaktionsteam
„Wir haben hier keine bleibende Stadt,<br />
sondern die zukünftige suchen wir.“<br />
Hebräer 13,14<br />
Prediger Klaus Matthiesen, Kiel<br />
Theologen verwenden den Begriff<br />
des „wandernden Gottesvolkes“.<br />
Ursprünglich ist er auf Israel bezogen,<br />
zu dessen Geschichte verschiedene<br />
Wanderungen gehören:<br />
• Die Wanderung des Stammvaters<br />
Abraham von Ur in Chaldäa<br />
nach Kanaan.<br />
• Die Wanderungen seiner Kinder<br />
und Kindeskinder nach Ägypten.<br />
• Die Wanderung der zum Volk Israel<br />
herangewachsenen Schar<br />
weiterer Nachkommen aus<br />
Ägypten ins Gelobte Land.<br />
• Die Wanderung der Führenden<br />
Rest-Israels in das Babylonische<br />
Exil.<br />
• Die Wanderung der Befreiten<br />
aus Babylon zurück in die Heimat.<br />
Die alten Israeliten machten die<br />
Erfahrung, dass sie das Eingreifen<br />
Gottes immer dann am intensivsten<br />
erlebten, wenn sie unterwegs<br />
waren. Und unterwegs sein, heißt<br />
auch: von vielem losgelöst sein,<br />
womit man sich normalerweise<br />
umgibt. Wanderer haben leichtes<br />
Gepäck.<br />
Als Christen sind wir ebenfalls<br />
unterwegs … unterwegs auf einer<br />
wunderbaren Reise in unsere eigentliche<br />
Heimat … unterwegs in<br />
die zukünftige Welt Gottes. Beschweren<br />
wir uns dabei nicht mit<br />
zu viel unnützem Ballast.<br />
Johann Amos Comenius schrieb<br />
einmal:<br />
„Ich danke meinem Gott, der gewollt<br />
hat, dass ich zeitlebens ein<br />
Mensch der Sehnsucht sein sollte.<br />
Ich preise dich, meinen Erretter,<br />
dass du mir auf der Erde kein Vaterland<br />
und keine Wohnung gegeben<br />
hast. Du hast mich vor der Torheit<br />
bewahrt, das Zufällige für das<br />
Wesentliche, den Weg für das Ziel,<br />
das Streben für die Ruhe, die Herberge<br />
für die Wohnung und die<br />
Wanderschaft für das Vaterland zu<br />
halten.”<br />
Am Haddebyer Noor bei Schleswig
4<br />
12. – 16. Juni 2013 • „Neues wagen!“<br />
Jubiläumsfeiern 125 Jahre<br />
<strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong><br />
Das Leitwort der Gründer<br />
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
war eine aufregende Zeit.<br />
Etwas später als in den anderen<br />
Teilen Deutschlands setzte in<br />
Schleswig-Holstein die Industrialisierung<br />
ein. Als sich im Landesteil<br />
Südschleswig auch das soziale Gefüge<br />
der Dorfgemeinschaften zu<br />
verändern begann, musste darauf<br />
eine Antwort gefunden werden. Es<br />
entstanden Feuerwehren, Chöre<br />
und Vereine.<br />
Auch viele Kinder lebten in Not.<br />
Um ihnen ein menschenwürdiges<br />
Zuhause zu schaffen, begannen<br />
Gemeinschaftsleute und der <strong>Havetoft</strong>er<br />
Pastor Johannes Witt 1885<br />
mit einer Geldsammlung. Diese<br />
Menschen waren von der Erweckungsbewegung<br />
motiviert worden,<br />
einer kirchlichen Aufbruchsbewegung,<br />
die in Schleswig-Holstein<br />
maßgeblich von Nordschleswig<br />
ausging. Ihnen war es wichtig,<br />
dass ihrem persönlichen Glauben<br />
immer auch soziales Handeln folgte.<br />
Sie wollten „Neues wagen“. Und<br />
so erschien ein Jahr später unter<br />
dem Titel „Der Gemeinschaftsfreund<br />
– Monatsblatt des Vereins<br />
für innere Mission in Schleswig-<br />
Holstein, zugleich Organ des Kinderheims<br />
zu <strong>Havetoft</strong>“ ein Heft zur<br />
geistlichen Erbauung, um das Anliegen<br />
zur Errichtung eines christlichen<br />
Kinderheimes zu verbreiten.<br />
In den folgenden Jahren wurde<br />
ausreichend Geld zusammengelegt,<br />
um das erste Gebäude zu errichten.<br />
Das konnte 1888 eingeweiht<br />
werden. Pastor Johannes Witt fuhr<br />
im gleichen Jahr als einer der Vertreter<br />
der Schleswig-Holsteinischen<br />
Gemeinschaftsleute nach<br />
Gnadau, um dort gemeinsam mit<br />
anderen die Verbindung der unterschiedlichen<br />
Gemeinschaftsbewegungen<br />
in Deutschland anzustoßen.<br />
1888 fanden also Christen um<br />
Pastor Witt in <strong>Havetoft</strong> mit dem<br />
neuen Kinderheim neue Wege und<br />
Antworten auf die Not ihrer Zeit.<br />
Wichtig war ihnen als erster<br />
Grundsatz, dass den Kindern leiblich,<br />
also materiell geholfen wer-
den sollte. Zum anderen sollten sie<br />
den christlichen Glauben vermittelt<br />
bekommen und damit Werte,<br />
die ihr Leben entscheidend veränderten.<br />
Nicht zuletzt sollten sie die<br />
Möglichkeit zur Bildung erhalten.<br />
Dafür wurde eine Schule eingerichtet.<br />
Die Antworten sind natürlich auf<br />
dem Hintergrund ihrer Zeit zu verstehen.<br />
In den darauf folgenden<br />
Jahren hatten sie immer wieder<br />
neue Formen, die uns heute teils<br />
fremd erscheinen, aber vor dem<br />
gesamtgesellschaftlichen Hintergrund<br />
zu verstehen sind. So sind<br />
z. B. Schlafsäle und autoritäre Erziehungsmethoden<br />
aus heutiger<br />
Sicht ungeeignet, wurden damals<br />
aber als geeignete Mittel angesehen.<br />
In der Zeit der NS-Diktatur mussten<br />
sich die Verantwortlichen des<br />
<strong>Elisabethheim</strong>s gegen den Staat<br />
behaupten. Sie grenzten sich ab<br />
und konnten nur durch Geschick<br />
ihrer eigenen Linie treu bleiben.<br />
In der Nachkriegszeit war es wohl<br />
die Verunsicherung der Verantwortlichen,<br />
die dazu führte, dass<br />
konzeptionell alles bewahrt werden<br />
sollte, wie es schon vor der<br />
NS-Diktatur gewesen war. Es trat<br />
bis zum Aufschwung in den sechziger<br />
Jahren ein Stillstand in der<br />
Entwicklung der Einrichtung ein.<br />
Die 70-er Jahre brachten dann eine<br />
dynamische Entwicklung mit<br />
sich und die produktivste Bauzeit<br />
des <strong>Elisabethheim</strong>s. Das zentrale<br />
Hauselternprinzip war bestimmend.<br />
Die Pädagogik entwickelte<br />
sich, und der Ansatz von Förderung<br />
und Therapie wurde fester Bestandteil<br />
der Arbeit. Hatte es in<br />
den 30-er und 40-er Jahren gegolten,<br />
sich gegen die Pädagogik der<br />
Vor dem 1. Weltkrieg
6<br />
In den ersten Nachkriegsjahren<br />
NS-Ideologie abzugrenzen, hieß es<br />
jetzt, Alternativen zum antiautoritären<br />
Erziehungsstil aufzuzeigen.<br />
Ab den 80-er Jahren bekam die Dezentralisierung<br />
Bedeutung. Der Lebensmittelpunkt<br />
der Kinder rückte<br />
von der alle Bewohner und Mitarbeiter<br />
umfassenden Heimfamilie in<br />
die überschaubare Wohngruppe.<br />
Heute wohnen mehr Kinder außerhalb<br />
der Zentraleinrichtung als<br />
auf dem Heimgelände. Die Schaffung<br />
ambulanter Angebote<br />
schließlich ist die Antwort auf die<br />
Herausforderungen unserer heutigen<br />
Zeit.<br />
Nach 125 Jahren wollen wir nicht<br />
im Zurückblicken stehen bleiben,<br />
sondern wie in den Gründerjahren<br />
„Neues wagen“.<br />
• Welche Antworten haben wir<br />
auf die Nöte von Kindern und<br />
Jugendlichen unserer Zeit?<br />
• Wie reagieren wir auf das langsame<br />
„Verdunsten“ der christlichen<br />
Werte?<br />
• Wie setzen wir heute die Grundsätze<br />
von vor 125 Jahren … materielle<br />
Hilfe, Vermittlung des<br />
christlichen Glaubens und Bildung<br />
… um?<br />
Das <strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong> ist ein<br />
Kind der Gemeinschaftsbewegung.<br />
Pastor Witt war Initiator der Heimeinrichtung<br />
und an der Gründung<br />
des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes<br />
beteiligt. Der Vorstand<br />
und die Vereinsmitglieder bestehen<br />
auch heute vorwiegend aus Gemeinschaftsleuten.<br />
Von daher liegt<br />
es also nahe, das 125. Jahresfest<br />
des <strong>Elisabethheim</strong>s gemeinsam mit<br />
dem Jahresfest der Gemeinschaft<br />
in der Evangelischen Kirche in<br />
Schleswig-Holstein e.V. zu feiern.<br />
„Neues wagen!“ ist das geeignete<br />
Motto, um auch nach 125 Jahren<br />
weiterhin nach vorne zu blicken.<br />
Das Programm der Festtage erscheint<br />
in der nächsten Nummer.
Die Wohngruppe „Silberfüchse“<br />
stellt sich vor<br />
Mitarbeiterschaft stand im Haus<br />
Wohnraum zur Verfügung. Ein Appartement<br />
für jeden Erzieher war<br />
damals ausreichend.<br />
Auf dem Gelände des <strong>Elisabethheim</strong>es<br />
liegt das Haus „Fuchsbau“<br />
als zweites Haus auf der linken<br />
Straßenseite. Bei der Fertigstellung<br />
1974 war es ein modernes<br />
Gebäude, das alle Erkenntnisse der<br />
damaligen Heimerziehung berücksichtigte.<br />
Ein Blick auf den Bauplan<br />
von einst lässt nur staunen:<br />
Werktherapie, Tontherapie, Raum<br />
für Orff- und Blasinstrumente,<br />
Musik-, Mal- und Matschtherapie,<br />
so sind die Kellerräume bezeichnet.<br />
Im Erdgeschoss befand sich<br />
die Sprachheiltherapie. Unverkennbar<br />
war der Diplom-Psychologe<br />
Uwe Brodersen, der noch<br />
heute für das <strong>Elisabethheim</strong> arbeitet,<br />
an den Planungen beteiligt.<br />
Dem gegenüber standen, ganz dem<br />
Zeitgeist entsprechend, Vierbettzimmer,<br />
„Tagesräume“ und Zentralgarderobe.<br />
Für die gesamte<br />
Viel hat sich in den letzten 40<br />
Jahren geändert.<br />
„Unser wichtigstes Ziel ist es, den<br />
Kindern und Jugendlichen ein Zuhause<br />
zu geben, solange sie bei<br />
uns sind. Sie sollen sich wohlfühlen<br />
und so angenommen werden,<br />
wie sie sind“, sagt die Gruppenleiterin<br />
Bianca Brogmus, die selbst<br />
schon 18 Jahre in der Wohngruppe<br />
„Silberfüchse“ arbeitet. Fast alle<br />
Kinder bewohnen inzwischen ein<br />
Beziehung ist die Grundlage<br />
guter Erziehung.
8<br />
Gruppenabend der „Silberfüchse“ am See<br />
Einzelzimmer. Was früher Tagesraum<br />
hieß, ist heute ein Wohnzimmer,<br />
das sich von dem Wohnzimmer<br />
einer größeren Familie in<br />
nichts unterscheidet.<br />
In der geräumigen Küche geht es<br />
zu wie in einer bunten Großfamilie.<br />
Es muss eingekauft und gekocht<br />
werden. Nur an den Werktagen<br />
bekommt die Wohngruppe<br />
das Mittagessen aus der Zentralküche,<br />
an den übrigen Tagen und<br />
in den Schulferien ist Selbstverpflegung.<br />
Leben alle elf Jungen und Mädchen<br />
der Wohngruppe auf der einen<br />
Etage? Bianca Brogmus: „Im<br />
Dachgeschoss besteht eine Wohnung<br />
für die drei älteren Jugendlichen<br />
unserer Wohngruppe, in<br />
der sie an ein selbstständiges Leben<br />
herangeführt werden sollen.<br />
Sie haben hier eine eigene Küche,<br />
in der sie täglich selbst ihr Frühstück<br />
zubereiten und sich an den<br />
Wochenenden komplett selbst<br />
verpflegen.“<br />
Betreut werden die „Silberfüchse“<br />
von drei Erzieherinnen und zwei<br />
Erziehern, unterstützt werden sie<br />
hierbei von einer Mitarbeiterin im<br />
Freiwilligen Sozialen Jahr. Sie<br />
wohnen nicht mehr im Haus, sie<br />
haben eigene Familien. Es gehört<br />
Die Urlaube der „Silberfüchse“<br />
bleiben allen Kindern unvergesslich.
hier zum Konzept, dass sie immer<br />
wieder Abstand zur Arbeit gewinnen<br />
können.<br />
Was ist das ganz Besondere dieser<br />
Wohngruppe?<br />
Mitarbeiter und Kinder müssen<br />
hier nicht lange überlegen. Ganz<br />
entgegen anderen Gruppen in der<br />
Jugendhilfe ist die Fluktuation unter<br />
Kindern, Jugendlichen und Mitarbeitern<br />
hier sehr gering. Einige<br />
Jugendliche sind seit über 10 Jahren<br />
bei den „Silberfüchsen“. Für die<br />
Arbeit mit den Kindern ist das eine<br />
große Hilfe, da die „alten Hasen“<br />
das Gerüst der Gruppe bilden und<br />
sich Neuankömmlinge gut orientieren<br />
können. Aber auch das Gros<br />
des Mitarbeiterteams ist seit über<br />
10 Jahren zusammen. Was hier<br />
vorgelebt wird, kann nicht schlecht<br />
sein, denn zwei inzwischen verselbstständigte<br />
Bewohnerinnen<br />
schließen bald ebenfalls ihre Ausbildung<br />
zur Erzieherin ab.<br />
Gibt es auch Schwieriges bei den<br />
„Silberfüchsen“?<br />
Das gute Gruppengefüge und die<br />
positive Entwicklung der Kinder<br />
dürfen nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass einige Kinder stark<br />
traumatisiert sind. Sie brauchen<br />
Verständnis und therapeutische<br />
Hilfe. Sie verhalten sich immer mal<br />
wieder herausfordernd und eben<br />
ganz besonders. Nur mit professionellem<br />
Blick kann verstanden<br />
werden, was hier dahinter<br />
steckt und welche seelischen Nöte<br />
die Kinder aufgrund früher Verletzungen<br />
durchleben. Immer wieder<br />
ist hier das Team gefordert.<br />
„Wir arbeiten mit diversen unterschiedlichen<br />
Fachstellen zusammen:<br />
zunächst und in erster Linie<br />
natürlich mit den entsendenden<br />
Jugendämtern und Vormündern.<br />
Regelmäßiger Austausch findet<br />
mit den Schulen oder Ausbildungsträgern<br />
statt, ebenso mit Logopäden<br />
und Fachärzten. Darüber hinaus<br />
halten wir Kontakte zur Kirchengemeinde,<br />
zu Sportvereinen<br />
und Trägern anderer Freizeitangebote.<br />
Eine hohe Priorität hat auch<br />
die Elternarbeit. Optimal ist es für<br />
das betroffene Kind, wenn es<br />
spürt, dass sowohl Eltern als auch<br />
Erziehungsteam an einem Strang<br />
ziehen, um für das Kind das Best-
10<br />
mögliche zu erreichen“, so berichten<br />
die Teammitglieder.<br />
Highlights sind die jährlichen<br />
Gruppenurlaube, die wie Familienurlaube<br />
organisiert sind. Österreich<br />
ist hier ein Spitzenreiter der Beliebtheitsskala.<br />
Es gibt Planungen.<br />
Die Wohngruppe „Silberfüchse“<br />
hat in den 40 Jahren ihres bisherigen<br />
Bestehens eine gewaltige Entwicklung<br />
erlebt. Leitgedanke war<br />
stets die Normalisierung des Lebens<br />
in einer Einrichtung. Das<br />
heißt, dass die Lebensbedingungen<br />
sich so nah wie möglich am Leben<br />
einer intakten Familie orientieren.<br />
Folgerichtig ist die Entwicklung<br />
nicht zu Ende gekommen. Der<br />
nächste Schritt wird der Auszug in<br />
ein Wohngruppenhaus im dörflichen<br />
Umfeld sein. Hierfür wurde<br />
die „Osterkoppel“ in <strong>Havetoft</strong>loit<br />
gekauft. Sobald die Finanzierung<br />
endgültig steht, soll Baubeginn<br />
sein. Auch wenn das neue Haus<br />
dann den Namen des Standortes<br />
tragen soll, so wird doch die Bedeutung<br />
des alten Namens Programm<br />
bleiben.<br />
Wie ein Fuchsbau den kleinen Silberfüchsen<br />
Geborgenheit und Sicherheit<br />
gibt, so ist dies auch der<br />
Auftrag der Wohngruppe „Silberfüchse“<br />
im Haus „Fuchsbau“ für<br />
Kinder und Jugendliche in schwierigen<br />
Lebenslagen. Und: Silberfüchse<br />
sind etwas ganz Besonderes.<br />
Im Wohnzimmer der „Silberfüchse“
Fragen an Inke Matthiesen<br />
Inke Matthiesen erlebte 36 Jahre<br />
<strong>Elisabethheim</strong>.<br />
Nach fast 36 Jahren Tätigkeit im<br />
<strong>Elisabethheim</strong> hat Anfang März für<br />
die Hauswirtschafterin Inke Matthiesen<br />
die Freistellungsphase der<br />
Altersteilzeit begonnen. Sven Lücke,<br />
Pädagogischer Leiter der Einrichtung,<br />
hat mit ihr ein Interview geführt.<br />
Was hat Sie dazu bewegt, 1977<br />
ins <strong>Elisabethheim</strong> zu kommen, um<br />
eine Stelle als Hauswirtschafterin<br />
zu übernehmen, weit weg von Ihrer<br />
eigentlichen Heimat an der<br />
Nordsee?<br />
1969 absolvierte ich das Jugendaufbauwerk,<br />
hatte über die Jahresfeste<br />
aber schon als Kind das <strong>Elisabethheim</strong><br />
kennengelernt. Auch meine<br />
Mutter hatte bereits Kontakt<br />
zum <strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong> gehabt.<br />
Ich habe mehrfach angerufen<br />
und gefragt, ob es nicht eine Beschäftigung<br />
für mich gäbe. Im Oktober<br />
1976 hat die damalige Hausmutter<br />
Erika Hartwig dann bei meiner<br />
Mutter angerufen, um mitzuteilen,<br />
dass jetzt eine Stelle frei wäre.<br />
Damit begann ich meine Tätigkeit<br />
zum 1. Mai 1977 im <strong>Elisabethheim</strong><br />
in <strong>Havetoft</strong>. Vorab hatte ich bereits<br />
einige Stellen in Flensburg, auf Amrum,<br />
Sylt und auch in Niebüll.<br />
Am Anfang lebte ich im „Fuchsbau“<br />
in einem Zimmer, zum 1. November<br />
1979 zog ich in meine<br />
kleine Wohnung im Haus „Biberbau“,<br />
wo ich bis zum 1. Juni letzten<br />
Jahres lebte.<br />
Was hat Sie anfänglich am meisten<br />
beeindruckt?<br />
Ich war davon beeindruckt, dass<br />
die Kinder, die im <strong>Elisabethheim</strong><br />
<strong>Havetoft</strong> untergebracht waren,<br />
sehr behütet wurden und auch ein<br />
Zuhause finden konnten. Das fand
12<br />
ich ganz toll! Einige dieser Kinder<br />
werde ich nie vergessen: wie sie<br />
auf der Bank im Lichthof saßen und<br />
dann von den Mitarbeitern abgeholt<br />
wurden. Darüber wurde ich<br />
immer daran erinnert, wie gut ich<br />
es eigentlich hatte.<br />
Nennen Sie ein Erlebnis, das Sie<br />
ganz besonders geprägt hat.<br />
Meine ehemalige Hauswirtschaftsleiterin<br />
hat dafür gesorgt, dass ich<br />
den Führerschein gemacht habe.<br />
Als ich das geschafft hatte, hat sie<br />
mich weiterhin motiviert, in den<br />
Jahren 1985/86 eine Ausbildung<br />
zur Hauswirtschafterin zu machen.<br />
Dadurch habe ich mich weiter qualifiziert.<br />
Ohne den „Tritt“ von meiner<br />
ehemaligen Chefin hätte ich<br />
das möglicherweise gar nicht gemacht.<br />
Was hat sich eigentlich in den<br />
letzten Jahren verändert?<br />
Früher wurden auch viele jüngere<br />
Kinder (Zwei- bis Dreijährige) im<br />
<strong>Elisabethheim</strong> aufgenommen. Das<br />
hat sich inzwischen deutlich verändert.<br />
Außerdem wurde im Saal<br />
gegessen, inzwischen ja auch in<br />
den Wohngruppen. Außerdem hat-<br />
Leckeres Essen ist nicht nur Kindern<br />
wichtig.<br />
ten wir früher auch einen geteilten<br />
Dienst mit Pausen am Vormittag<br />
und Nachmittag. Jede der Wohngruppen<br />
wurde zum Abwasch, Kartoffeln<br />
schälen o. ä. eingeteilt. Im<br />
Garten bzw. Ge-wächshaus haben<br />
wir Porree, To-maten, Petersilie,<br />
Sellerie usw. angebaut und uns damit<br />
selbst versorgt. Wir haben für<br />
ca. 110 Menschen gekocht. Jede<br />
Gruppe hatte feste Tische. Viele<br />
Mitarbeiter haben hier in der Einrichtung<br />
direkt mitgelebt. Außerdem<br />
gab es Vierbettzimmer für<br />
Kinder.
Wie würden Sie die Aufgaben<br />
von früher und heute miteinander<br />
vergleichen?<br />
Früher haben wir sehr viel Zeit<br />
darauf verwandt, Gemüse zu jäten<br />
und zu ernten. Heute werden<br />
Nahrungsmittel in größeren Mengen<br />
frisch, tief gefroren oder eingeschweißt<br />
gekauft und können<br />
dann verarbeitet werden. Neben<br />
den oben schon beschriebenen<br />
Dingen haben wir früher selbst<br />
angebaut, was heute gar nicht<br />
mehr möglich ist. Dafür hatten<br />
wir allerdings auch mehr Personal.<br />
Haben sich die Kinder aus Ihrer<br />
Sicht wirklich verändert, wie<br />
viele sagen?<br />
Nein, ich glaube eigentlich nicht.<br />
Die Kinder machen jetzt auf eine<br />
andere Art und Weise Blödsinn,<br />
aber „Tüdelkram“ haben alle Kinder<br />
in jeder Generation gemacht.<br />
Auffällig für mich sind allerdings<br />
die neuen Medien. Plötzlich laufen<br />
die Kinder alle mit Kopfhörern<br />
oder mit gesenktem Kopf in ihre<br />
Handys vertieft herum. Manchmal<br />
habe ich das Gefühl, man kommt<br />
an die Kinder gar nicht mehr ran,<br />
weil sie Musik hören, telefonieren,<br />
SMS schreiben o. ä.<br />
Was ist Ihnen besonders schwer<br />
gefallen?<br />
Besonders schwierig war es, sich<br />
mit dem Gedanken zu beschäftigen,<br />
hier tatsächlich auszuziehen<br />
und meine neue Wohnung fertigzumachen.<br />
1992, als „Tante Jenny“<br />
in Rente gegangen ist und eine<br />
weitere Kollegin, mit der ich viele<br />
Jahre zusammengearbeitet habe, in<br />
Mutterschutz, war ich sehr unsicher<br />
und hatte das Gefühl, „über“ zu<br />
sein. Nach einer gewissen Zeit aber<br />
habe ich meinen Platz doch wieder<br />
im <strong>Elisabethheim</strong> gefunden und bin<br />
darüber sehr glücklich und froh.<br />
Was planen Sie in Ihrem wohlverdienten<br />
Freiraum, den Sie nun<br />
bald haben werden?<br />
Zum einen werde ich meine Wohnung<br />
fertig herrichten. Im März<br />
plane ich, zu verreisen. Außerdem<br />
möchte ich viele Leute besuchen,<br />
wozu ich manchmal gar nicht die<br />
Zeit hatte. Ich lass‘ es auf mich zukommen<br />
und möchte die Zeit wirklich<br />
auch für mich nutzen.
14<br />
Termine 2013<br />
21. April<br />
Konfirmationen<br />
12. Juni<br />
Empfang zum 125. Jubiläum des<br />
<strong>Elisabethheim</strong>s <strong>Havetoft</strong><br />
10.30 Uhr im Festsaal für geladene<br />
Gäste mit Grußworten aus Politik<br />
und Kirche sowie Beiträgen von<br />
Kindern der Einrichtung<br />
15. Juni<br />
Auftakt des 125. Jahresfestes<br />
„Neues wagen!“<br />
19.15 Uhr Posaunenchöre vor dem<br />
Haupthaus<br />
20.00 Uhr Abendandacht mit einem<br />
Prediger der Gemeinschaft in der<br />
Evangelischen Kirche<br />
16. Juni<br />
125. Jahresfest „Neues wagen“<br />
gemeinsam mit dem Jahresfest des<br />
Verbandes der Gemeinschaften in<br />
der Evangelischen Kirche in Schleswig-Holstein<br />
10.00 Uhr Gottesdienst mit Dr. Michael<br />
Diener, Präses des Evangelischen<br />
Gnadauer Gemeinschaftsverbandes<br />
und Vorsitzender<br />
der Deutschen Evangelischen Allianz.<br />
Es folgt ein buntes Jahresfestprogramm.<br />
15.00 Uhr Abschlussveranstaltung<br />
„Finale“ bis ca. 16.00 Uhr.<br />
07. August<br />
Jubiläumsempfang für Jubilare des<br />
<strong>Elisabethheim</strong>es.<br />
18. August<br />
Seegottesdienst mit Taufen<br />
11.00 Uhr im Obstgarten des <strong>Elisabethheim</strong>es.<br />
13. Dezember<br />
Advents- und Weihnachtsfeier<br />
19.00 Uhr, für Freunde, Angehörige<br />
und ehemalige Bewohner.
„An diesem Nachmittag habe ich<br />
viel Neues erfahren!“<br />
Besuchergruppen im <strong>Elisabethheim</strong><br />
Im Clubraum sind die Tische eingedeckt,<br />
Kuchen steht auf dem Tisch,<br />
die Tür öffnet sich und Jugendliche<br />
aus dem <strong>Elisabethheim</strong> schenken<br />
den Besuchern Kaffee ein. Der Einrichtungsleiter<br />
begrüßt die Gruppe<br />
mit einer kurzen Andacht, um dann<br />
anhand von Lichtbildern etwas über<br />
die Arbeit des <strong>Elisabethheim</strong>es zu<br />
erklären und darüber, wie sich die<br />
Arbeit in den letzten 125 Jahren<br />
verändert hat. Was ist eine Inobhutnahme?<br />
Woher kommen die Kinder?<br />
Gerda Petersen ist erstaunt, als sie<br />
hört, dass die Kinder und Jugendlichen<br />
fast nur aus dem Kreis<br />
Schleswig-Flensburg kommen. Ganz<br />
still wird es, wenn es um die Aufnahmegründe<br />
geht: Vernachlässigung,<br />
Missbrauch, Gewalterfahrungen,<br />
psychische Erkrankungen von<br />
Eltern, Verhaltensauffälligkeiten der<br />
Kinder und Jugendlichen, dauerhafte<br />
Schulverweigerung. „Dass es das<br />
alles auch bei uns auf dem Lande<br />
gibt, habe ich nicht gewusst“, meint<br />
eine andere Besucherin. In dem anschließenden<br />
Gespräch geht es um<br />
die unterschiedlichen Hilfeformen,<br />
die angeboten werden, und darum,<br />
dass nur ein kleiner Teil der Bewohnerinnen<br />
und Bewohner für längere<br />
Zeit im <strong>Elisabethheim</strong> bleibt. Es geht<br />
um ambulante Betreuung und darum,<br />
wie den Familien geholfen<br />
werden kann.<br />
Angeschlossen wird dann ein kleiner<br />
Spaziergang über einen Teil des<br />
weitläufigen Geländes der Einrichtung,<br />
am See vorbei, die eigene<br />
Landwirtschaft wird begutachtet<br />
und der Reitplatz. Dass die Kinder es<br />
nicht mögen, wenn die Besucher<br />
durch ihre Wohnung laufen, verstehen<br />
die Gäste. Dafür lassen sie sich<br />
von ihnen die Reittherapie oder andere<br />
Aktivitäten erklären.<br />
„Was haben wir Ihnen für diesen<br />
schönen Nachmittag zu zahlen?“,<br />
heißt es oft nach einem Besuch.<br />
„Sie waren unsere Gäste und Gäste<br />
müssen für ihren Besuch nichts bezahlen“,<br />
antwortet Hauswirtschaftsleiterin<br />
Susanne Hansen. „Der größte<br />
Lohn ist für uns, wenn wir Interesse<br />
für die Notlagen von benachteiligten<br />
Kindern und Jugendlichen,<br />
ob Deutsche, Migranten oder<br />
Flüchtlinge, wecken konnten und
16<br />
Sie alle haben an<br />
uns gedacht!<br />
Im <strong>Elisabethheim</strong> freut man sich<br />
über Besuche.<br />
neue Freunde gewonnen haben!“,<br />
schließt der Einrichtungsleiter, Diakon<br />
Christian Oehler, ab.<br />
Möchten Sie mit Ihrer Gruppe das<br />
<strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong> besuchen,<br />
kann Ihnen nach Ihren Wünschen<br />
ein kleines Programm zusammengestellt<br />
werden. Dies gilt für Senioren-<br />
oder Gemeindegruppen ebenso<br />
wie für Fachgruppen aus Ausbildungsstätten.<br />
Kontakt:<br />
oehler@elisabethheim.de<br />
oder Tel. 04603 / 94000<br />
Viele Menschen unterstützen die<br />
Arbeit mit benachteiligten Kindern.<br />
Über Jahrzehnte überbrachte die<br />
„Zusatzzahlen-Lottogemeinschaft“<br />
vor Weihnachten eine große Spende<br />
für die Kinder des <strong>Elisabethheim</strong>es<br />
<strong>Havetoft</strong>. Nun mussten wir<br />
hören, dass sich die Tippgemeinschaft<br />
aufgelöst hatte. Umso größer<br />
war die Freude, als Hans-Werner<br />
Semrau trotzdem einen großen<br />
Barbetrag überbringen konnte, den<br />
er für Kinder des <strong>Elisabethheim</strong>s<br />
gesammelt hatte. Diesmal ließ er<br />
sich von den Kindern das Haus<br />
„Feldheck“ in Hostrup zeigen. Die<br />
Kinder hatten auch schon eine<br />
Idee: Sie wünschten sich ein Air-<br />
Hockeyspiel. Das ist ein Geschikklichkeitsspiel,<br />
das auf einem Spezialtisch<br />
in Billardtischgröße gespielt<br />
wird. Herrn Semrau gefiel die<br />
Idee und der Tisch mitsamt Zubehör<br />
konnte angeschafft werden.<br />
Die Mitarbeiter von Mitsubishi Hi-<br />
Tec Paper Europe GmbH luden<br />
wieder einmal die Kinder des <strong>Elisabethheim</strong>s<br />
zu einem Kinder-Theaterstück<br />
der Niederdeutschen Bühne<br />
ein. Gespielt wurde „Die kleine
Meerjungfrau“ in einer Bühnenfassung<br />
frei nach Hans Christian Andersen.<br />
Das soziale Engagement<br />
der Mitarbeiter der Papierfabrik<br />
aus Flensburg ist eine wunderbare<br />
Weihnachtstradition, die jedes Jahr<br />
wieder Kinder aus <strong>Havetoft</strong> begeistert.<br />
Fast 200 Sänger in zehn Chören<br />
aus der Landschaft Stapelholm gaben<br />
in der Dorfkirche Bergenhusen<br />
ein Adventskonzert, das in<br />
Bandbreite und Qualität die zahlreichen<br />
Zuhörer begeisterte. Der<br />
Stapelholmer Sängerbund hatte<br />
zu diesem traditionellen Adventssingen<br />
eingeladen. Der Erlös der<br />
Kollekte ging an die Arbeit des<br />
<strong>Elisabethheim</strong>es <strong>Havetoft</strong>.<br />
Seit Jahren stricken, häkeln, stikken<br />
und basteln die Damen des<br />
Missionskreises St. Nicolai, Eckernförde.<br />
Ihre Handarbeiten verkaufen<br />
sie auf Basaren, ihre Einnahmen<br />
spenden sie sozialen Zwecken. Gearbeitet<br />
wird zu Hause. „Sonst<br />
schafft man nicht genug“, sagt<br />
Heike Roitzsch, Leiterin des Missionskreises.<br />
17 Mitglieder zählt<br />
die Gruppe – ein „harter Kern“ von<br />
Vor ihrem Sieg gegen die Erzieher<br />
elf Damen plus sechs reinen<br />
„Heimarbeiterinnen“. Ein Teil des<br />
Erlöses ging auch an das <strong>Elisabethheim</strong><br />
<strong>Havetoft</strong>.<br />
Daneben gab es von Freundinnen<br />
und Freunden viele Einzelspenden<br />
als Geld- oder Sachspenden. Diese<br />
Zuwendungen sind eine große Hilfe<br />
für unsere Arbeit, da hierdurch<br />
Dinge finanziert werden können,<br />
die durch die Entgelte der Kostenträger<br />
nicht gedeckt werden. Wir<br />
danken für diese Unterstützung<br />
ganz herzlich und freuen uns über<br />
die starken Zeichen der Verbundenheit.
18<br />
Drei Jahre Flüchtlingsarbeit –<br />
Eine Zwischenbilanz<br />
Christian Oehler, Einrichtungsleiter<br />
2010 wurde im <strong>Elisabethheim</strong> auf<br />
Anregung durch die Stadt Flensburg<br />
und den Kreis Schleswig-<br />
Flensburg aufgrund der Änderung<br />
des § 42 SGB VIII eine Schutzstelle<br />
für unbegleitete minderjährige<br />
Flüchtlinge eingerichtet. Dabei<br />
war den Verantwortlichen unserer<br />
Einrichtung zunächst unklar, ob<br />
eine solche Inobhutnahmestelle<br />
speziell für Flüchtlinge überhaupt<br />
ausgelastet sein würde.<br />
Ein Blick auf die Statistik<br />
Im ersten Jahr wurden dann, für<br />
uns überraschend, 88 junge<br />
Flüchtlinge aufgenommen. Im<br />
zweiten Jahr stieg die Zahl auf<br />
181 und im vergangenen Jahr<br />
2012 waren es 167.<br />
Wie aus der Statistik des letzten<br />
Jahres hervorgeht, haben die mei-<br />
sten jungen Menschen ihre Flucht<br />
in den ersten 21 Tagen fortgesetzt.<br />
Viele hatten wohl einen Anlaufpunkt<br />
in den skandinavischen<br />
Nachbarländern, andere erhofften<br />
sich zumindest eine Chance für ihr<br />
Leben in den Großstädten Dänemarks<br />
oder Schwedens. Wenige,<br />
dies aber zunehmend, kamen aus<br />
Richtung Skandinavien. Sie suchten<br />
wegen drohender Abschiebung bei<br />
Erreichung der Volljährigkeit Sicherheit<br />
im übrigen Europa. Die<br />
anderen Jugendlichen wechselten<br />
in Jugendhilfemaßnahmen anderer<br />
Träger oder entschlossen sich, dauerhaft<br />
in <strong>Havetoft</strong> im Bereich der<br />
Schutzstelle zu leben.<br />
Die meisten Flüchtlinge (75 %) kamen<br />
aus Afghanistan, gefolgt, mit<br />
steigender Tendenz, von Jugend-<br />
senkrecht: Die Anzahl der Flüchtlinge<br />
waagerecht: die Inobhutnahme in Tagen
lichen aus den nordafrikanischen<br />
Staaten des Maghreb und schließlich<br />
aus Somalia. Die Flüchtlinge<br />
aus dem Iran waren in der Regel<br />
Afghanen, die im Iran als Kinder<br />
von Migranten lebten. In den drei<br />
Jahren erreichten uns nur vier<br />
weibliche jugendliche Flüchtlinge.<br />
Manche bleiben hier<br />
Interessanter als die Statistik ist<br />
jedoch, wie es jenen minderjährigen<br />
Flüchtlingen ging, die sich<br />
entschlossen haben, in <strong>Havetoft</strong> zu<br />
bleiben. Nach einem Sprachkurs, in<br />
der Regel über die Volkshochschule,<br />
konnten fast alle Jugendlichen<br />
eine Schule besuchen. Für die unter<br />
16-Jährigen waren das Regelschulen<br />
mit DAZ-Klassen (Deutsch<br />
als Zweitsprache), für die ab 16-<br />
Jährigen spezielle Klassen am Berufsbildungszentrum<br />
(BBZ) in<br />
Schleswig und neuerdings auch am<br />
BBZ in Flensburg. Analphabeten<br />
nahmen an einem Alphabetisierungskurs<br />
teil. Hier lernten alle(!)<br />
lesen und schreiben. Im letzten<br />
Jahr begannen zwei Flüchtlinge eine<br />
Ausbildung (Maurer und Beikoch),<br />
einer ein Studium (Wirtschaftsinformatik).<br />
Je nach Sprachbegabung war der<br />
Spracherwerb unterschiedlich<br />
schnell. Die besten Integrationshelfer<br />
waren die Sportvereine. Die<br />
Flüchtlinge wurden schnell in Fußball-,<br />
Handball- oder Volleyballvereine<br />
integriert. Hier bekamen<br />
sie Anerkennung und Kontakte. Ein<br />
Jugendlicher hat als Laufsportler in<br />
Schleswig-Holstein viele Preise gewonnen<br />
und nimmt inzwischen an<br />
deutschlandweiten Laufwettkämpfen<br />
teil. Freizeiten, auch christlicher<br />
Träger, wurden gerne angenommen<br />
und haben die Jugendlichen<br />
nachhaltig beeindruckt.<br />
Die Verselbständigung gelang, je<br />
nach aufenthaltsrechtlichem Status,<br />
unterschiedlich gut. Hier lag es<br />
nicht am fehlenden Integrationswillen<br />
der jungen Flüchtlinge, sondern<br />
an der problematischen Gesetzeslage<br />
in Deutschland. Je nach<br />
Zuständigkeit konnten fast alle<br />
jungen Volljährigen in eine eigene<br />
Wohnung oder in eine vom <strong>Elisabethheim</strong><br />
<strong>Havetoft</strong> angemietete<br />
Wohnung ziehen. Nur wenige mussten<br />
in eine Gemeinschaftsunterkunft<br />
wechseln.
20<br />
Die Folgen der Flucht<br />
Die vielen, teilweise überraschenden<br />
Erfolge sollen jedoch nicht<br />
über die Probleme hinwegtäuschen.<br />
Einige Flüchtlinge sind bei<br />
ihrer Ankunft schwer traumatisiert.<br />
Sie leiden an ihren Erinnerungen<br />
und unter dem Verlust ihrer<br />
Familie. Ein Bewohner ist hierdurch<br />
psychisch schwer erkrankt.<br />
Alle Jugendlichen leiden unter der<br />
mangelnden Aufenthaltssicherheit.<br />
Da eine Asylgewährung annähernd<br />
ausgeschlossen ist, rechnen<br />
sie mit ihrer Ausweisung oder<br />
Zurückschiebung in das europäische<br />
Land, über das sie eingereist<br />
sind. Weil sie in diesen Ländern<br />
aber oft gelitten haben, fürchten<br />
sie sich davor. Ihre emotionale<br />
Entwicklung wird hierdurch gestört,<br />
erhöhtes Misstrauen und<br />
Ängste sind die Folge.<br />
Manches könnte leichter sein<br />
Alle Flüchtlinge sind in ihrer Freizügigkeit<br />
beschränkt. Zwar wurde<br />
die Reisefreiheit auf Schleswig-<br />
Holstein ausgeweitet. Klassenfahrten,<br />
Freizeiten oder die Teilnahme<br />
an Sportwettkämpfen (außerhalb<br />
Jugendliche Afghanen bilden die größte<br />
Gruppe.<br />
des nördlichsten Bundeslandes)<br />
müssen jedoch durch die Vormünder<br />
bei den Ausländerämtern beantragt<br />
werden.<br />
Werden die jungen Flüchtlinge<br />
volljährig, droht die Unterbringung<br />
in Gemeinschaftsunterkünften mit<br />
Gruppenzimmern. Stehen die jungen<br />
Menschen gerade vor Abschlussprüfungen<br />
und befinden<br />
sich in der Ausbildung, sind diese<br />
Bedingungen ungünstig. Eine freie<br />
Wahl der Wohnung besteht (zumindest<br />
in Flensburg) nicht.<br />
Im nördlichen Schleswig-Holstein<br />
werden für einige Bereiche dringend<br />
Lehrlinge gesucht. Den<br />
Flüchtlingen wird es sehr erschwert,<br />
diese Ausbildungsplätze,
auch bei gutem Schulabschluss,<br />
anzutreten. Es bedarf umfangreicher<br />
Anträge und Ausnahmeregelungen,<br />
bis sie eine Lehre beginnen<br />
dürfen, da ihnen eigentlich<br />
grundsätzlich eine Arbeitsaufnahme<br />
untersagt ist. Einigen Lehrherren<br />
ist der Antragsaufwand zu<br />
groß, außerdem fürchten sie die<br />
Abschiebung ihres Auszubildenden.<br />
Ausflug in die Eissporthalle<br />
Um Lösungen bestrebt<br />
Unterstützung erhalten wir für unsere<br />
Arbeit durch die Ämter, wenn<br />
auch die Gesetzeslagen nicht harmonisiert<br />
sind. Die gesetzlichen<br />
Vorgaben für Jugend- und Ausländerämter<br />
widersprechen sich teilweise,<br />
was vielfach die Arbeit erschwert.<br />
Es besteht jedoch bei den<br />
Behörden der Wille, den jungen,<br />
leistungsbereiten Flüchtlingen,<br />
trotz einengender Regelungen,<br />
weiterzuhelfen.<br />
Schwieriger ist es mit Migranten,<br />
die nicht leistungsbereit sind. Es<br />
kommen Jugendliche zu uns, die<br />
schon in Nordafrika und Frankreich<br />
eine geraume Zeit auf der<br />
Straße lebten und dort ums Überleben<br />
kämpfen mussten. Sie haben<br />
Mühe sich in das Gruppenleben<br />
einzufinden. Unsere einfache<br />
Hausordnung ist ihnen schon zu<br />
eng. Da sie nur „das Gesetz der<br />
Straße“ kennen, akzeptieren sie<br />
keine Autoritäten und haben kriminelle<br />
Neigungen entwickelt. Wir<br />
arbeiten an Lösungen, wie wir mit<br />
dieser problematischen Minderheit<br />
umgehen können.<br />
Perspektivisch möchten wir die<br />
Gruppe der Neuankömmlinge, die<br />
noch im Klärungsprozess sind,<br />
stärker von denen trennen, die<br />
dauerhaft bei uns bleiben möchten<br />
und sich auf den Weg der Integration<br />
gemacht haben. Hierbei
22<br />
Kurznachrichten<br />
helfen uns unsere Nachbarn in <strong>Havetoft</strong>,<br />
die Kirchengemeinden, Vereine<br />
und natürlich die zahlreichen<br />
Freunde. Überall spüren wir die<br />
Bereitschaft, Kriegsflüchtlingen zu<br />
helfen, um hierdurch dem einzelnen<br />
Jugendlichen, aber auch dem<br />
Frieden zu dienen und ein Zeichen<br />
der Nächstenliebe zu setzen.<br />
10 % möchten dauerhaft bei uns bleiben.<br />
FSJ und BFD<br />
Für den Jahrgang 2013/14 stellt<br />
das <strong>Elisabethheim</strong> <strong>Havetoft</strong> wieder<br />
je drei Plätze für das Freiwillige<br />
Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligendienst<br />
(BFD) zur<br />
Verfügung. Die weiblichen jungen<br />
Freiwilligen bilden eine Frauen-<br />
Wohngemeinschaft im Haus „Hasenbau“,<br />
die jungen Männer wohnen<br />
im Haus „Biberbau“. Natürlich<br />
können die Helferinnen und Helfer,<br />
die aus unserem Einzugsbereich<br />
kommen, auch zuhause wohnen.<br />
Zurzeit ist mit Detlef Morgenstern<br />
erstmalig ein Senior-BFDler bei<br />
uns tätig. „Ich habe mit den Jugendlichen<br />
eine Fahrradwerkstatt<br />
eingerichtet und plane mit ihnen<br />
z. Zt. die Projekte für das Frühjahr.<br />
Es macht viel Spaß, wenn ich sehe,<br />
dass ich etwas bewirken kann“,<br />
berichtet der pensionierte Telekom-Mitarbeiter.<br />
Der BFD kann<br />
zwischen sechs und 24 Monaten<br />
durchgeführt werden, auch in Teilzeit.<br />
Von den jungen Freiwilligen treten<br />
über die Hälfte nach ihrem FSJ eine<br />
soziale Ausbildung an, häufig
studieren sie Sozialwesen. Beginn<br />
für das FSJ ist in der Regel der 1.<br />
September, der BFD kann jederzeit<br />
angetreten werden. Anstellungsträger<br />
ist das Diakonische Werk<br />
Schleswig-Holstein.<br />
Am 28. Februar wurde die Hauswirtschafterin<br />
Inke Matthiesen im<br />
Rahmen einer Feierstunde nach 36<br />
Jahren in den Ruhestand verabschiedet.<br />
Weggefährten würdigten<br />
ihren Dienst und ihre Treue für die<br />
Arbeit des <strong>Elisabethheim</strong>es. Der Abschied<br />
fiel ihr nicht leicht, da die<br />
Einrichtung für sie nicht nur Arbeitsplatz,<br />
sondern auch Wohnort<br />
und damit ein Stück Heimat war.<br />
Die Volkshochschule Flensburg<br />
führte in den Räumen des <strong>Elisabethheim</strong>es<br />
erfolgreich einen<br />
Sprachkurs für Flüchtlinge durch.<br />
Das Lernen der deutschen Sprache<br />
dient einerseits der Lebensbewältigung<br />
und schafft die Voraussetzung<br />
für die weitere schulische Bildung.<br />
Andererseits führt es zur<br />
persönlichen Stärkung des Lernens<br />
und behebt so das Gefühl der<br />
Sprachlosigkeit und Handlungsunfähigkeit<br />
in der neuen Gesell-<br />
Die VHS Flensburg führte in den Räumen<br />
des <strong>Elisabethheim</strong>s einen Sprachkurs für<br />
Flüchtlinge durch.<br />
schaft. Die angestrebte bedarfsgerechte<br />
Sprachkompetenz bildet die<br />
Grundlage für den Erwerb weiterer<br />
Handlungskompetenzen, wie sie in<br />
den Programmen der Europäischen<br />
Kommission empfohlen wird.<br />
Es entstehen Fundamente<br />
für einen Hochstand.
<strong>Elisabethheim</strong><br />
<strong>Havetoft</strong><br />
Heilpädagogische<br />
Kinder- und Jugendhilfe in Angeln<br />
Pastor-Witt-Straße 6<br />
24873 <strong>Havetoft</strong><br />
Tel. 04603/9400-0<br />
Fax 04603/9400-15<br />
post@elisabethheim.de<br />
www.elisabethheim.de<br />
Mitglied im<br />
Diakonischen Werk<br />
begleiten – fördern – verselbständigen