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Nr. 4/Dezember 2013

Menschen

Wir helfen

Täglich «Unser 6 Klima Stunden spielt mehr verrückt.» Zeit.

Was Die Familie die neue Dembele Wasserversorgung in Mali kämpft im äthiopischen gegen Erosion Dorf und von Übernutzung.

Amelmal (10) bewirkt.


Inhalt

Amelmal und der Brunnen

Seit das Dorf der zehnjährigen Amelmal über eine Trinkwasserversorgung verfügt,

haben die Bewohner täglich sechs Stunden mehr Zeit, um ihr Leben zu verbessern.

Eine Reportage aus dem Osten Äthiopiens. Seite 6

Caritas-Fairtrade:

Guatemala-Honig

Der fair gehandelte

Caritas-Honig aus

Guatemala ist aromatisch

im Geschmack und sichert

dank fairen Preisen

unzähligen Bauernfamilien

ihre Existenz.

Seite 29

Schweiz:

wohnungsnot

und Armut

Gerade für sozial

Schwache wird es immer

schwieriger, eine Wohnung

zu finden. Eine aktive

Wohnpolitik muss darum

Teil der Sozialpolitik sein.

Seite 18

Gastkolumne:

Warum Syrien

zerfällt

Der renommierte Übersetzer

Hartmut Fähndrich

zeigt die historischen

Hintergründe der aktuellen

Syrien-Krise auf.

Seite 25

Ein Blick ins Leben

von:

Protais Hakizimana

Der ruandische Berater

Protais Hakizimana

unterstützt Entwicklungsorganisationen

im Bereich

Landwirtschaft. Daneben

setzt er sich für eine lokale

Friedensorganisation ein.

Seite 23

AUSSERDEM

4 Echo/Impressum

5 Offener Brief

16 Ohne Worte

17 Brennpunkt

20 Welt

26 In Kürze

28 Fotorätsel

30 Caritas-Menschen

31 youngCaritas

2 Caritas «Menschen» 4/13

Titelbild: Andreas Schwaiger; Bilder: Caritas-Fairtrade, Andreas Schwaiger, zVg, Kathrin Wyss

Weltkarte: OneMarketing; Bild: Andreas Schwaiger


Editorial

Menschen wie

du und ich

Früher war die zehnjährige Amelmal aus

Äthiopien (Bild links) täglich sechs Stunden

unterwegs, um gemeinsam mit ihrer Mutter

einen Kanister schmutziges Wasser zu

holen. Seit Amelmals Dorf über eine Wasserversorgung

mit neun Brunnen verfügt, ist

vieles möglich, was früher undenkbar gewesen

wäre. Die Familie kann mit dem Ertrag

ihres Feldes ein kleines Einkommen erwirtschaften,

und Amelmal hat endlich Zeit,

zur Schule zu gehen – um so vielleicht später

den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen.

Die Geschichte von Amelmal macht

deutlich: Oft kann eine einzige Verbesserung

eine ganze Entwicklung in Gang setzen

und das Leben der Menschen nachhaltig

verändern. In Amelmals Dorf wäre all

dies nicht möglich geworden ohne die vielen

kleinen und grossen Spenden aus der

Schweiz.

Hier bewahrheitet sich das afrikanische

Sprichwort: Wenn viele kleine Leute an vielen

kleinen Orten viele kleine Dinge tun, so

können sie das Gesicht der Welt verändern.

Die Caritas-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

treffen überall auf der Welt auf eindrückliche

Beispiele grossherziger Hilfe. Etwa die

Solidarität der Jordanierinnen und Jordanier

angesichts der über 500 000 syrischen

Flüchtlinge in ihrem Land: Sie ist schlicht

überwältigend. Der jordanische Lastwagenfahrer

Ayoub zum Beispiel hat bereits

30 Personen in seinem bescheidenen Heim

aufgenommen (Seite 20). «Hier im Grenzgebiet

sind wir wie eine Familie», sagt er, «wo

sollen sie sonst hin?» Um diese beeindruckende

Hilfsbereitschaft am Leben zu erhalten,

unterstützt Caritas Schweiz nicht nur

die syrischen Flüchtlinge, sondern auch bedürftige

jordanische Familien, die unter den

Folgen der syrischen Krise zu leiden haben.

Dominique Schärer

Für die Redaktion «Wir helfen Menschen»

«Menschen» 4/13 Caritas 3


Echo

PRESSE

Katastrophenhilfe

8. 10. 2013

Asyl: Gratis-Rechtsbeistand wird

abgelehnt

Von links bis rechts herrscht Einigkeit bei

der Vernehmlassung: Die Asylverfahren

müssen beschleunigt werden. (…) Besonders

umstritten ist die kostenlose Rechtsberatung

für Asylsuchende. (…) SP und

Grüne halten den kostenlosen Rechtsschutz

für notwendig. Nur so sei ein faires, rechtsstaatlich

korrektes Asylverfahren möglich,

mahnt das Hilfswerk Caritas.

8. 9. 2013

Ohne Freiwillige geht nichts

Wer in Bergregionen Landwirten unter die

Arme greift, bekommt viel frische Luft in

idyllischer Umgebung als Extra hinzu. Caritas

Schweiz vermittelt im Jahr über 800

Personen an Bergbauern. (…) «Wir organisieren

keine Ferien auf dem Bauernhof»,

macht Projektleiter Matthias Steiner klar.

Melken, Holzspalten, Heuen, Käsen oder

einfach Kochen und Putzen stehen auf dem

Programm. Jeder helfe entsprechend seinen

Fähigkeiten, egal ob Handwerker oder Bürolist,

sagt Steiner. Das Alter spielt dabei

keine Rolle. Die Spanne reicht von 18 bis 70.

IMPRESSUM

«Menschen». Magazin der Caritas Schweiz, erscheint

viermal im Jahr: jeweils März, Juni, September, Dezember.

Redaktionsadresse: Caritas Schweiz, Kommunikation,

Löwenstrasse 3, Postfach, CH-6002 Luzern,

E-Mail: info@caritas.ch, www.caritas.ch, Tel. +41 41 419 22 22

Redaktion: Dominique Schärer (dos), Leitung; Jörg Arnold (ja);

Stefan Gribi (sg); Vérène Morisod Simonazzi (vm); Odilo Noti (on);

Katja Remane (kr); Ulrike Seifart (use); Iwona Swietlik (imy)

Abopreis: Das Abonnement kostet sechs Franken pro Jahr und wird

einmalig von Ihrer Spende abgezogen.

Auflage: 78847 (deutsch und französisch, Wemf-Beglaubigte Auflage)

Grafik: Urban Fischer

Druckerei: Kyburz, Dielsdorf

Papier: Carisma Silk, 100 % recycling

Spendenkonto: PC 60-7000-4

Philippinen: Zwei Millionen

Franken für Taifun-Opfer

Anfang November forderte der Taifun

Haiyan auf den Philippinen Tausende

Menschenleben und richtete verheerende

Schäden an. Caritas Schweiz

leistet zusammen mit Partnerorganisationen

Nothilfe in einem Umfang von

zwei Millionen Franken.

Mit Windgeschwindigkeit bis zu 300 Stundenkilometern

gilt Haiyan als der stärkste

Tropensturm seit Beginn verlässlicher meteorologischer

Aufzeichnungen. Der Sturm

forderte mehrere Tausend Todesopfer,

hinterliess 900 000 Menschen obdachlos

und betrifft insgesamt fast 12 Millionen

Philippinos. Ganze Landstriche wurden

zum Trümmerfeld, der Strom, die Wasserverteilung

und die Kommunikation waren

unterbrochen. Einige Städte waren gar

nicht erreichbar, und auf der Insel Bantayan

zum Beispiel wurden rund 90 Prozent

der Infrastruktur zerstört.

Zeltplanen und Nothilfesets

Caritas Schweiz verteilte schon wenige

Tage nach der Katastrophe auf den Inseln

Samar und Leyte in Zusammenarbeit mit

dem internationalen Caritas-Netz Zeltplanen

und Nothilfesets mit Matten, Decken,

Taschenlampen und Küchenmaterial

an 45 000 Menschen. Insgesamt stellte das

Caritas-Netz für die Nothilfe sechs Millionen

Dollar zur Verfügung und erreicht

damit Hundertausend bedürftige Personen.

Auf den Inseln Cebu und Bantayan verteilt

Caritas Schweiz Nothilfegüter an bedürftige

Familien in Zusammenarbeit mit

vier lokal verankerten philippinischen Hilfsorganisationen.

Zwei Delegierte der Katastrophenhilfe

von Caritas Schweiz befanden

sich Mitte November vor Ort, um die Nothilfe

zu koordinieren.

Bereits im Oktober wurden die Philippinen

von einem Erdbeben der Stärke 7,2

getroffen. Dieses verursachte auf der Insel

Bohol und im Gebiet der Central Visayas

grosse Schäden. Caritas Schweiz ist in diesen

Regionen seit vielen Jahren mit Projekten

tätig. (dos)

Aktuelle Informationen zur Nothilfe

auf den Philippinen:

■ www.caritas.ch/philippinen

4 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: Erik de Castro/Reuters


Offener Brief

Liebe Spenderin,

Lieber Spender

Hugo Fasel,

Direktor

Caritas Schweiz

Bald wird das laufende Jahr ausklingen und

Weihnachten steht bevor. Es ist die Zeit,

während der wir etwas mehr drinnen sitzen,

lesen, Ruhe geniessen und manchmal auch

nachdenklich verweilen. Der lange Abend

zu Hause bietet viele Reichtümer.

In diesen Tagen erhalten Sie neben diesem

Magazin auch Briefpost von uns, mit

der Bitte um finanzielle Unterstützung. Im

Alltag sind wir es als Konsumentinnen und

Konsumenten gewohnt, Geld für eine bestimmte

Leistung oder ein bestimmtes Gut

auszugeben. Als Hilfsorganisation können

wir Ihnen keine unmittelbare Gegenleistung

verkaufen. Wir können hingegen auf

jene Menschen verweisen, die dringend unsere

Hilfe brauchen. Wir unterstützen sie

mit unseren Projekten und wir kennen ihre

Dank ihnen bleibt caritas

unabhängig.

Bedürfnisse. Es geht um Existenzielles: Versorgung

mit Trinkwasser, Ausbildung für

Kinder, Schulmaterial, Essen, Schutz der

Menschen vor Naturkatastrophen, vor

Übergriffen, Krieg oder Vergewaltigung.

Dieses Heft gibt Beispiele aus dem äthiopischen

Hochland.

Obwohl wir Ihnen für Ihre Spende keine

greifbare Ware auf den Tisch legen können,

möchten wir Ihnen das übermitteln, was

uns bei der Begegnung mit Menschen in Not

immer wieder geschenkt wird: Es sind Perlen

der Dankbarkeit dafür, dass wir ihnen

eine Perspektive geben, und es sind Perlen

der Hoffnung und neuen Mutes. Wenn ich

wüsste wie – ich würde in jeden Spendenaufruf

einige dieser Perlen verpacken. Denn

sie verströmen Wärme, Licht und menschliche

Nähe – und sie zeigen: Unsere Hilfe

kommt an.

In einer Zeit, da immer mehr Hilfswerke

zu Umsetzungsagenturen des Bundes werden,

sind wir auch als Organisation froh

um ihre grosszügige Unterstützung. Dank

Ihnen bleibt Caritas unabhängig und ist frei,

das Wort für die Armen dieser Welt zu erheben

und sich anwaltschaftlich für sie einzusetzen.

Wir können auf Missstände verweisen,

ohne zu riskieren, Finanzquellen

zu verlieren. Wir können uns vorbehaltlos

und ohne Einschränkung für die Würde des

Menschen einsetzen, getreu unserer Handlungsmaxime.

Und etwas Wichtiges kommt hinzu: Ihre

Spenden werden vervielfacht. Die Tatsache,

dass wir mit Ihren Geldern Projekte starten

können, motiviert andere Geldgeber,

insbesondere Stiftungen, die Glückskette,

Unternehmen, Pfarreien, die öffentliche

Hand oder internationale Organisationen,

uns ebenfalls finanziell zu unterstützen. Zu

jedem gespendeten Franken kommen drei

weitere hinzu!

Liebe Spenderin, lieber Spender, im

Namen aller Menschen, denen Sie durch

Ihre finanzielle Unterstützung Lebenschancen

und Hoffnung schenken, möchte ich

Ihnen herzlich danken und Ihnen eine Perle

der Anerkennung und des Respekts in die

Hand legen. Es ist grossartig, dass wir auf

Sie zählen können!

Herzlich alles Gute zu Weihnachten

Hugo Fasel

Bild: Franca Pedrazzetti

«Menschen» 4/13 Caritas 5


Wasser ist wertvoll:

Amelmals kleine Schwester

Yerus mit einem Becken,

das der Familie zum Waschen

der Hände dient.


Die Menschen

von Debiti

Eine Trinkwasserleitung verändert das Leben

von Menschen nachhaltig. Sie verbessert

die Gesundheit markant, schafft wertvolle Zeit

für produktive Arbeit, ermöglicht vielen

Mädchen den Schulbesuch und vermindert

sogar das Risiko für Zwangsheiraten. Das

zeigt die Reportage aus Debiti, dem kleinen

Bergdorf in Ostäthiopien, wo der diesjährige

Fernsehspot der Caritas Schweiz gedreht

wurde.


Reportage: Trinkwasser in Äthiopien

Text: Stefan Gribi

Bilder: Andreas Schwaiger

«Chinesen», ruft uns ein kleines Mädchen

entgegen. Wir sind verdutzt. Hier in der

Provinzstadt Asebe Teferi sind selten Menschen

mit heller Hautfarbe zu sehen, und

wenn, so lehrt uns die Begrüssung, sind es

vor allem Chinesen.

Im Bergdorf Debiti, wo wir ein Projekt

der Caritas für die Weihnachtskampagne

2013 besuchen, ist ausländischer Besuch

noch viel seltener. Doch die Chinesen sind

auch hier sichtbar. Nachts strahlen in der

ansonsten dunklen, weil stromlosen Landschaft

vier Lichter aus der Ferne. Es sind

die Scheinwerfer eines Bauarbeiter-Camps.

Dort unten in der Ebene entsteht eine moderne

Eisenbahnlinie. Sie wird die äthiopische

Hauptstadt Addis Abeba mit Djibouti

und damit mit dem Meer verbinden. König

Menelik der Zweite hat diese legendäre

Bahnlinie vor 100 Jahren bereits einmal

erbauen lassen, als Äthiopien eine Grossmacht

war auf dem Kontinent − als einziges

afrikanisches Land nie kolonialisiert. Diesmal

ist es ein chinesisches Unternehmen,

das von der Regierung den Auftrag für den

Trassee-Bau erhalten hat. Da, wo nachts die

Scheinwerfer sichtbar sind, wohnen nicht

nur Ingenieure, sondern auch aus China eingeflogene

Facharbeiter.

Die Bahnlinie ist ein Versprechen für eine

moderne Zukunft, in der diese abgelegene

Gegend Anschluss an die Welt finden soll,

von der sie heute erbarmungslos weit entfernt

ist. Dort unten beim Camp zweigt eine

Schotterpiste von der Hauptstrasse ab. Bis

nach Debiti ist es so weit wie von Neuenburg

nach La Chaux-de-Fonds, etwas mehr

als 20 Kilometer. Die Strasse wird zunehmend

schlechter, ohne Vierradantrieb gibt

es kein Durchkommen über Karrenfelder

und durch Flussbette, die Fahrzeit beträgt

mindestens zwei Stunden. Sammeltaxis, die

asiatischen Pickups, die hier für Transporte

jeglicher Art genutzt werden, oder Ambulanzfahrzeuge

haben keine Chance, das fürs

Auge idyllisch gelegene Dorf zu erreichen.

Für die Menschen in Debiti heisst dies: Wer

irgendetwas in der Aussenwelt zu besorgen

oder verrichten hat, geht den ganzen Weg

zu Fuss, im besseren Fall trägt ein Esel die

Lasten.

Hier in Debiti wohnt Amelmal, das

zehnjährige Mädchen aus dem aktuellen

TV-Spot der Caritas Schweiz. Sie besucht

die sechste Klasse. Später möchte

«Seit wir die Wasserleitung haben, sind die Krankheiten ausgelöst

durch verschmutztes Trinkwasser aus dem Dorf verschwunden.»

sie einen eigenen Garten haben und Gemüse

auf dem Markt verkaufen, aber

noch lieber würde sie Ärztin werden. Auch

wenn dies ein hochgestecktes Ziel ist, ihre

Bild oben: Trichter aus Petflaschen sorgen

dafür, dass kein Wasser verloren geht.

Bild rechts: In der Regenzeit wächst das Gras,

das für traditionelle geflochtene Schalen

genutzt wird.

8 Caritas «Menschen» 4/13


«Menschen» 4/13 Caritas 9


Reportage: Trinkwasser in Äthiopien

10 Caritas «Menschen» 4/13


Chance, einen solchen Weg zu gehen, sind

gestiegen. Der Grund dafür: Seit etwas

mehr als einem Jahr gibt es in Debiti eine

Wasserleitung, die Caritas Schweiz in Zusammenarbeit

mit der lokalen Caritas der

Diözese Hararghe gebaut hat.

Zeit zum Geld verdienen gewonnen

Amelmals Mutter Wosene Mengiste bereitet

für uns in der kleinen Hütte die traditionelle

äthiopische Kaffee-Zeremonie vor.

Die rohen Kaffee-Bohnen, die sie auf einem

Holzkohleofen frisch röstet, stammen aus

dem eigenen Garten. «Wir sind glücklich

über die neue Wasserleitung und die Brunnen,

die wir erhalten haben. Früher waren

wir sechs Stunden oder länger unterwegs,

um an der Quelle oder am Fluss Wasser zu

holen. Meine Mädchen mussten mithelfen,

um die benötigten Mengen Wasser zu tragen»,

erzählt sie, während sie die frisch gerösteten

Kaffeebohnen zu Pulver stampft.

«Nun haben wir viel mehr Zeit, um uns

Bild: Holz sammeln gehört neben Wasser holen

zu den beschwerlichen Aufgaben der Frauen.

Bild linke Seite: Bauer Kefelegn Endale bewahrt

Sorghum in einem Erdloch auf, wo es

monatelang haltbar bleibt.

Äthiopien: Armut bleibt trotz Wachstum

Sudan

Eritrea

Addis

Abeba

Kenia

Aksum

Debiti

Jemen

Djibouti

Somalia

Somaliland

Einst verband die Eisenbahn Addis Abeba mit

dem Meer. Die Bahnlinie wird nun von einem

chinesischen Unternehmen neu gebaut.

In Äthiopien scheint die Sonne während 13 Monaten.

Dieser Slogan der Tourismuswerbung

bezieht sich auf den äthiopischen Kalender.

Dieser hat einen Monat mehr als unser Kalender.

Neujahr ist am 11. September, zurzeit läuft

das Jahr 2006. Manche Kritiker argwöhnen,

dass auch in der Ökonomie anders gerechnet

wird: Mit beinahe 8 Prozent weist Äthiopien in

den letzten Jahren eines der weltweit höchsten

Raten des Wirtschaftswachstums aus.

Dieser Erfolg wird dem ehemaligen Präsidenten

Meles Zenawi zugeschrieben. Er führte

das Land aus der bleiernen Phase des sozialistischen

Derg-Regimes in die moderne Zeit.

Auch ein Jahr nach seinem Tod wird der Politiker

trotz seines teils autoritären Regierungsstils

von vielen Äthiopiern verehrt, nicht zuletzt

deshalb, weil er sich stark gegen die Armut engagierte.

Seine Ziele setzte er hoch: Bis 2015

sollen alle Kinder zur Schule gehen und über

90 Prozent der Bevölkerung mit sauberem

Wasser versorgt sein. Auch für Strassenverbindungen

und der Stromversorgung in den

ländlichen Gebieten werden ambitiöse Programme

gestartet. Dies ist eine Herkulesarbeit

in einem Land, das grösser ist als Frankreich

und Deutschland zusammen. So verwundert

es nicht, dass die Arbeiten teilweise weit

hinter diesen Zielen herhinken und auch die

Qualität der Infrastruktur oft mangelhaft ist. Im

Human Development Index der Uno liegt Äthiopien

weit hinten, auf Platz 173 von 186. Auch

heute müssen äthiopische Bauern im Durchschnitt

vier Stunden zurücklegen, um auf eine

befestigte Strasse zu gelangen, die auch in der

Regenzeit passierbar ist. Die meisten von ihnen

zumindest haben vom Wirtschaftswachstum

noch nichts gespürt.

«Menschen» 4/13 Caritas 11


Reportage: Trinkwasser in Äthiopien

Amelmal unterwegs mit ihrem Vater zur

othodoxen Kirche. Sie trägt ein Brot auf dem

Rücken, das ihre Mutter gebacken hat.

den Arbeiten im Haus und auf dem Feld

zu widmen», fährt sie fort. Ein Feld mit

Zwiebeln und auch der eigene Kaffee sind

Ergebnisse dieser erhöhten Produktivität.

Auf dem Markt kann sie damit etwas

Geld erwirtschaften. Wosene braut auch

lokales Bier und verkauft es im Dorf. Dadurch

ist ein neues Ziel in greifbare Nähe

gerückt. Ihr Mann sei heute in der Marktstadt

Asebot und treffe Vorbereitungen, erklärt

Wosene: «Wir wollen einen kleinen

Laden in der Nähe der Wasserstelle eröffnen.»

Wosenes Ziel ist klar. «Es genügt, dass

ich ein solches Leben verbringe. Ich will

«Früher waren wir sechs Stunden oder länger unterwegs, um

an der Quelle oder am Fluss Wasser zu holen.»

nicht, dass meine drei Töchter arme Bauersfrauen

werden, sie sollen eine gute Bildung

erhalten und ein besseres Leben führen

können», sagt sie energisch.

Reduziertes Risiko für frühe Heiraten

Wieso erhöht eine einfache Wasserleitung

die Zukunftschancen von Amelmal und

ihren Schwestern? Sauberes Wasser braucht

es zum Leben, um gesund zu bleiben, das ist

klar. Da Wasser holen traditionell die Aufgabe

der Frauen und Mädchen ist, erhöht

sich mit kürzeren Wegen die Chance, dass

die Mädchen genügend Zeit für die Schule

haben. Mit der höheren Produktivität der

Familien lassen sich auch die Schulkosten

besser decken. Und dann schwingt hier

noch ein Thema mit, das die Mutter gegenüber

den fremden Besuchern nicht direkt

anspricht. «Mädchen, die lange Wege zur

Wasserstelle zurücklegen müssen, sind sexu-

12 Caritas «Menschen» 4/13


ellen Übergriffen von jungen Männern ausgesetzt»,

sagt Ermias Habte, der lokale Verantwortliche

von Caritas Schweiz in Äthiopien.

«Geschieht dies, sehen die Familien

eine umgehende Verheiratung der Tochter

oft als einzigen Ausweg. Sie befürchten zu

Recht, dass ihre Tochter stigmatisiert sein

und nie einen Mann finden wird, der sie im

Wissen um den Übergriff heiraten würde.

Wassersysteme wie jenes in Debiti vermindern

das Risiko für frühe, erzwungene Heiraten

markant.»

Ein vorausschauendes Dorfkomitee

Auch das Dorfkomitee, das uns im Schatten

eines Olivenbaums begrüsst, lässt keinen

Zweifel daran, dass die Wasserleitung

das Dorf einen wichtigen Schritt vorangebracht

hat. Doch wie es sich für ein solches

Gremium gehört, kümmern sie sich

vorausschauend um die weiteren Probleme,

die dem Dorf zu schaffen machen.

«Wir haben keinen Strom, wir haben keine

brauchbare Strasse, die Schule im Dorf

dauert nur bis zur sechsten Klasse, und wir

haben kein Wasser, mit dem wir in der Trockenzeit

unsere Felder bewässer können»,

sagt Kasim Seid, der Vorsteher des Dorfkomitees.

Für ein Feldbewässerungssystem

gibt die Quelle, aus der das Wasser für den

Dorfbrunnen stammt, zu wenig her. Strassen

und Stromleitungen baut Caritas zwar

Einfahrt eines Caritas-Lastwagens im

Schritttempo. Nur selten gelangt ein Fahrzeug

bis nach Debiti.

keine, dies ist Aufgabe der Regierung (siehe

Kasten Seite 11). Selbstbewusste Dorfkomitees,

die sich für die Anliegen ihrer Bevölkerung

stark machen und diese auch gegenüber

den Behörden formulieren, gehören aber mit

zum Ziel der Projekte in Ostäthiopien. So

wurde die Trinkwasserleitung unter Einbezug

der Bevölkerung geplant. Die Menschen

haben intensiv mitgearbeitet und verwalten

das System nun selbst. «Wir vom Wasserkomitee

treffen uns alle 14 Tage und ent-

«Menschen» 4/13 Caritas 13


Reportage: Trinkwasser in Äthiopien

scheiden, ob Diesel, Öl für die Pumpe oder

Ersatzmaterialien gekauft werden müssen.

Die Kosten decken wir mit dem Beitrag, den

alle beim Bezug von Wasser bezahlen», erklärt

Kasim Seid. Ein 20-Liter-Kanister, die

hier üblicherweise zum Einsatz kommen und

auch schon von Mädchen geschleppt werden,

kostet einen halben Birr, was 2,5 Rappen

entspricht.

Kulturelle Vielfalt

Im Wasserkomitee wird wie im ganzen Dorf

in zwei Sprachen debattiert: Oromifa und

Amharisch. Auch wenn die Sprachen komplett

verschiedene Wurzeln haben, ist die

Verständigung problemlos. Im Dorf wird

Vielfalt gelebt, auch hinsichtlich der Religion:

«Muslime, Katholiken und orthodoxe

Christen leben friedlich zusammen. Wir

sind sehr dankbar, dass diese Wasserleitung

allen Menschen zugutekommt und kein Unterschied

nach Herkunft oder Glauben gemacht

wird. Das stärkt den Zusammenhalt

und die Solidarität im Dorf», sagt Father Betemaryam

Haile, der Priester der orthodoxen

Kirche im Dorf. «Wasser geht über alles.

Früher kamen die Menschen verzweifelt zu

mir. Sie glaubten, ihre Krankheiten seien ein

Werk des Teufels, und wollten sich segnen

lassen. Heute verstehen sie, wie krank sie

das schlechte Wasser machte. Seit wir die

Wasserleitung haben, sind die Krankheiten

ausgelöst durch verschmutztes Trinkwasser

aus unserem Dorf verschwunden.»

Achtung, Kamera läuft

Die Aufnahmen für den TV-Spot sorgen für

Abwechslung im Dorf. Vor dem Schulhaus

bildet sich eine Traube aus neugierigen, kichernden

Kindern und interessierten Erwachsenen.

Sie verfolgen mit, wie Amelmal

vor einer ins Freie umplatzierten Wandtafel

unermüdlich posiert und ihre Augen gemäss

Drehbuch nach rechts, oben oder unten bewegt.

Als es zu nieseln beginnt, bringt ein

Mann aus dem benachbarten Haus sofort

einen Regenschirm herbei, damit die Kamera

geschützt werden kann. Von nun an

begleiten uns immer eine Handvoll Kinder,

die barfuss über Steine und durch den

Nach getaner Schwerarbeit: Abendstimmung

in Debiti.

Matsch hüpfen und über die ungelenken Besucher

mit ihren schweren Schuhen lachen.

«Habt Ihr eigentlich noch nie Männer und

Frauen gesehen, dass ihr diesen Leuten die

ganze Zeit nachlauft», ruft eine Frau scherzhaft.

«Doch», gibt ein Mädchen schlagfertig

zurück, «aber das hier sind keine Menschen».

Dass für Unbekanntes die Begriffe

fehlen, ist nicht erstaunlich. Amelmal und

ihre Schwestern zum Beispiel haben das

Dorf noch nie verlassen.

Vom Arzt versetzt

Was die Abgeschiedenheit für schwerwiegende

Folgen haben kann, zeigt uns die Begegnung

mit der 15-jährigen Workuw, einer

Freundin von Amelmals grosser Schwester.

Ihr rechtes Auge tritt aus der Höhle hervor

und ist überdimensioniert. «Zweimal

schon hatten wir einen Arzttermin in Asebe

Teferi», erzählt sie. Beide Male war die be-

14 Caritas «Menschen» 4/13


Das Mädchen vor der Wandtafel

In den letzten Wochen war der neue

Spot der Caritas Schweiz im Fernsehen

und auf öffentlichen Bildschirmen zu

sehen. Ein äthiopisches Mädchen steht

vor einer Wandtafel. Mit Kreide wird

darauf spielerisch gezeigt, wie die zehnjährige

Amelmal vom neuen Trinkwassersystem

im Dorf in verschiedenster

Hinsicht profitiert.

schwerliche Tagesreise umsonst: Der Arzt

erschien gar nicht erst zum Termin. Für

weitere Abklärungen fehlt der Familie das

Geld. Und bis das im Bau begriffene Gesundheitszentrum

im Dorf eröffnet wird,

kann es noch Jahre dauern. «Viele Leute

haben schwere Gesundheitsprobleme, aber

sie haben kein Geld für eine Behandlung»,

bestätigt Father Temesgen, der katholische

Pfarrer im Dorf.

In der Nacht vor unserer Abreise zieht

ein Gewitter über Debiti. Bei diesem Wolkenbruch

mit anfänglichem Hagelschlag ist

unter einem Wellblechdach ans Schlafen

Der Spot beruht auf der konkreten Entwicklung,

die Amelmals Dorf Debiti im Osten Äthiopiens

in den letzten Monaten erlebte. Hier zeigt

sich exemplarisch, wie ein konkretes Projekt in

einem Dorf einen Entwicklungsimpuls auf vielen

Ebenen auslösen kann und den Menschen

eine verbesserte Zukunft eröffnet.

Auch heute noch haben fast die Hälfte

aller Menschen im ländlichen Äthiopien keinen

Zugang zu sauberem Trinkwasser. Aus diesem

Grund ist der Ausbau der Wasserversorgung

eines der zentralen Anliegen der Caritas

Schweiz bei ihrem Engagement in Äthiopien. In

den letzten drei Jahren haben auf diese Weise

rund 180 000 Menschen in Nord- und Ostäthiopien

Zugang zu Wasser erhalten. Diese Hilfe

läuft weiter, da nach wie vor viele Dörfer noch

in der gleichen prekären Situation sind wie Debiti

vor dem Bau der neuen Wasserleitung. Ab

2014 wird auch im Süden des Landes ein Wasserversorgungsprojekt

gestartet.

Zu jedem Wasserprojekt gehört auch die

Hygieneschulung. Beim Bau von neuen Wassersystemen

wird die Bevölkerung in Hygieneverhalten

unterrichtet, die Kinder erhalten

eine spielerische und kindergerechte Einführung

in den Schulen. Oft sind es gerade die

Kinder, die ihre Eltern zuhause dazu anhalten,

hygienisches Verhalten einzuführen. Insgesamt

haben in Äthiopien in den letzten drei Jahren

über 16 000 Erwachsene und Kinder an Hygienetrainings

der Caritas teilgenommen. Ebenso

ist der Bau von einfachen Latrinen, welche die

Bevölkerung selber errichten, integrierter Bestandteil

jedes Projektes.

Im weiteren engagiert sich Caritas Schweiz

dafür, dass mehr Kinder in den ländlichen

Regio nen zur Schule gehen können. Im Norden

und Osten des Landes unterstützt sie 26

nicht zu denken. Dass Regen nicht nur ein

Segen ist, sondern auch zerstörerische Kraft

haben kann, wird dabei klar. Am Morgen

zeigt sich, dass keine Schäden auf den Feldern

entstanden sind. Die Rückfahrt schaffen

wir nur dank Mithilfe des halben Dorfes

und einem Fahrer, der die Rutschpartien auf

dem seifigen Matsch wie ein Skifahrer meistert.

«Super» ruft er, als wir die Teerstrasse

erreichen, und nimmt uns so auf die Schippe

für unsere erleichterten Ausrufe nach jeder

heiklen Passage. Und wir wissen nun: Wer

Debiti besuchen will, wird nicht nur durchgeschüttelt,

sondern braucht viel Glück, um

Schulen für 6750 Kinder.

Zudem reagiert Caritas Schweiz, wenn der

Regen zu gering ausfällt oder gar ausbleibt, wie

das immer häufiger der Fall ist. Nach der verheerenden

Dürre im Jahr 2011 erhielten rund

35 000 Personen humanitäre Hilfe.

Web-Infos

• TV-Spot der Caritas Schweiz

• Videostatements aus Debiti

• Was Kinder aus Debiti über die

Schweiz denken

• Beispiele, was Ihre Spende bewirkt

■ www.caritas.ch/wasser-fuer-debiti

heil zu bleiben. Glück, das die Menschen im

Dorf ganz besonders brauchen, weil diese

Holperpiste für sie kein einmaliges Abenteuer,

sondern die Lebensader ist. <

«Menschen» 4/13 Caritas 15


Ohne Worte

Syrische Kinder sitzen auf einer Schulbank in Aleppo – 1. Januar 2013

Trotz langjähriger Berufserfahrung habe

er erst mit Beginn der syrischen Revolution

2012 eine echte Aufgabe erhalten, sagt

Muzaffar Salman. Der Syrer absolvierte ein

Fotografie-Diplom in seiner Geburtsstadt

Homs und hat mehrere Preise für sein Werk

gewonnen. Salman hat sich in den letzten

Jahren intensiv mit der humanitären Krise

in seiner Heimat auseinandergesetzt und die

Bilder gingen um die Welt. Muzaffar Salman (37)

16 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: Muzaffar Salman/Thomson Reuters; Porträtbild: zVg


Brennpunkt: Europa

Diskriminierung der Roma

Die negativen Schlagzeilen zu Übergriffen

auf Roma reissen nicht ab.

Internationale Bemühungen für eine

bessere Integration der Minderheit

konnten bislang kaum etwas bewirken.

Caritas setzt den Fokus auf Wohnen

und Bildung.

Die Roma-Morde in Ungarn vor vier Jahren

sind noch vielen im Gedächtnis, die Verurteilung

der Mörder fand diesen Sommer

statt. Auch im 2013 kam es zu verschiedenen

Übergriffen auf die Minderheit, so in

Tschechien, Österreich, Ungarn und der

Slowakei. Pöbeleien, Gewalt, Protestmärsche

und Schikanen sollen die Roma zum

Gehen bewegen. Sie dienen aber ebenso als

Ventil für den Frust über eigenes «Unvermögen»

und die Unzulänglichkeiten des Staates.

Der Boden, auf dem Rassismus gedeiht,

ist oftmals durchsetzt von Arbeitslosigkeit

und Armut. Gegebenheiten, die heute in vielen

Ländern Europas anzutreffen sind.

Fehlende Ausbildung

Roma sind faul, unzuverlässig und schicken

ihre Kinder zum Betteln: So lauten die Vorurteile.

Tatsache ist, dass die meisten Roma

heute arbeitslos sind, weil sie weder einen

Schulabschluss noch eine Berufsausbildung

nachweisen können. Dies auch, weil ihnen

ihr schlechter Ruf vorauseilt: Roma-Sein ist

Die Armutsspirale reisst die Kinder mit.

ein Stigma, das die Arbeitssuche praktisch

unmöglich macht. Ohne Arbeit kein Geld,

ohne Geld kein vernünftiges Leben. Die Armutsspirale

reisst die Kinder mit, die statt in

die Schule zu gehen, mit Abfallsammeln und

Betteln zum Familieneinkommen beitragen.

Anders zu kommunistischen Zeiten:

Durch Assimilationsprojekte in vielen ost-

europäischen Ländern waren die Roma damals

in den Arbeitsmarkt integriert, die Kinder

besuchten die Schule. Viele von ihnen

schafften den Aufstieg in die Mittelklasse.

Nach der Wende 1990 verschlechterte sich

die Situation entscheidend. Daran konnte

auch die Roma-Dekade 2005–2015 bislang

nichts ändern, in der sich 12 Staaten verpflichteten,

umfassende Massnahmen zur

Integration und Beseitigung von Diskriminierung

der Roma zu ergreifen. Im Gegenteil:

Eine Zwischenbilanz von 2011 zeigt,

dass sich die Lebensumstände für die Roma

seit 2005 weiter verschlechtert haben. (use)

Projektinformationen und Hintergründe auf

■ www.caritas.ch/roma

Roma-Sein ist ein Stigma, das die Arbeitssuche

praktisch unmöglich macht.

Roma-Projekte bei Caritas

– Caritas legt zur Unterstützung der Roma

den Fokus auf Bildung und Wohnen.

– Mit einem Projekt in Bosnien konnte die

Einschulungsquote von Roma-Kindern in

sechs Schulen von 30 auf 70 Prozent erhöht

werden. Jugendliche Roma werden

bei der Berufsausbildung unterstützt.

– Im Kosovo erhalten 130 Roma-Familien

neue Häuser und damit erstmals eine menschenwürdige

Unterkunft. Die Kinder werden

in Kindergärten und Schulen integriert.

– Neu startete im Herbst ein Projekt in

Rumänien: Drei Tageszentren sollen

Roma-Kinder ab Kindergartenalter bis zur

Berufsschule begleiten und unterstützen.

Bild: Andreas Schwaiger

«Menschen» 4/13 Caritas 17


Schweiz

Mehr als ein Dach über dem Kopf

Gerade für sozial schwache Personen

wird es immer schwieriger, eine

Wohnung zu finden. Eine aktive Wohnpolitik

zugunsten dieser Menschen

muss darum Teil der Sozialpolitik sein.

Wohnen ist existenziell. Sichere und angemessene

Wohnverhältnisse sind Voraussetzung

für Gesundheit, eine gelingende Integration

im Alltag, soziale Kontakte und

gesellschaftliche Teilhabe. Doch der Wohnraum

in der Schweiz wird knapp und damit

teurer: Die Leerwohnungsziffer in der

Schweiz beträgt laut Bundesamt für Statistik

gerade einmal 0,94 Prozent.

Die Zuzüger- und Wegzügerstatistik der

Stadt Zürich zeigt deutlich auf, dass bezahlbarer

Wohnraum jedes Jahr knapper wird,

sodass immer mehr Menschen aus der Stadt

verdrängt werden. 2012 suchten 48 Prozent

der Wegziehenden in der Stadt Zürich nach

einer Wohnung, wurden jedoch nicht fündig.

Als Grund nannten 77 Prozent von

ihnen, dass sie keine bezahlbare Wohnung

fanden. Zum Vergleich: 2009 war dies bei

65 Prozent der Fall. Und das Problem beschränkt

sich nicht mehr auf den Grossraum

Genf und Zürich.

Mehr Ausgaben fürs Wohnen

Das Bundesamt für Wohnungswesen konstatiert,

dass wirtschaftlich Schwächere zunehmend

mehr für ihr Wohnen ausgeben:

Die Haushalte mit Mietbelastungen zwischen

25 und 35 Prozent haben insgesamt

zugenommen. Dies bedeutet für Haushalte

mit tiefem Einkommen ein grösseres Armutsrisiko

(siehe Artikel rechts).

Sich informieren und mitreden

– Sozialalmanach 2014. Schwerpunkt:

Unter einem Dach. Das Caritas-Jahrbuch

zur sozialen Lage in der Schweiz. Trends,

Analysen, Zahlen. Caritas-Verlag, Luzern

2014, ISBN: 978-3-85592-131-7,

34 Franken. (Neuerscheinung, siehe

Bestelltalon auf dem Umschlag)

– Caritas-Forum zum Thema Wohnen am

Freitag, 24. Januar in Bern.

Anmeldung und Detailprogramm:

www.caritas.ch/forum/d

Aus der Sicht von Caritas Schweiz ist es

deswegen zwingend, Wohnpolitik als Teil

der Sozialpolitik und der Armutsprävention

zu gestalten. Es kann nicht sein, dass vor

allem in Wohnraum investiert wird, der eine

hohe Rendite abwirft und eine vermögendere

Kundschaft anspricht. Konkret empfiehlt

Caritas Schweiz unter anderem eine

aktive Boden- und Raumpolitik von Bund,

Kantonen und Gemeinden für erschwingliche

Wohnungen, steuerpolitische Förderung

für Bauinvestitionen im mittleren und

unteren Preissegment sowie sozialpolitische

Massnahmen für gemeinnützigen Wohnbau

und Stadt- und Quartierentwicklung. (imy)


Wohnen ist existenziell, doch der Wohnraum in

der Schweiz wird knapp und teuer.

18 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: Ezio Gutzemberg/Fotolia.com


Schweiz

Zu sechst in drei Zimmern

Wohnen ist bei den Caritas-Beratungsstellen

ein Dauerthema. Gerade Familien

mit knappem Budget setzen sich

einem Armutsrisiko aus, um zu einem

Dach über dem Kopf zu kommen.

Safije Ahmed seufzt. «Es ist ein grosses Problem,

jawohl.» Seit sechs Jahren sucht die

50-Jährige zusammen mit ihrem Mann eine

grössere Wohnung – vergeblich. So leben

Safija und Yasye Ahmed, eingebürgerte

Schweizer, mit ihren vier Kindern zwischen

12 und 20 Jahren in einer Dreizimmer-Wohnung.

Kein Makel, nur nicht reich

Eigentlich müssten sie längst eine Wohnung

gefunden haben: Beide arbeiten und

sind nicht auf Sozialhilfe angewiesen. Beide

sind eingebürgert, sprechen Deutsch. Haben

keine Probleme mit den Nachbarn. Sind integriert.

Werden nicht betrieben. Bloss wollen

sie nicht mehr als 1800 Franken für eine

grössere Wohnung ausgeben müssen. Denn

zusammen verdienen sie 5800 Franken im

Monat; eine teurere Wohnung können sie

sich nicht leisten. Safije Ahmed sagt: «Wir

geben die Hoffnung nicht auf.»

Von einer nahezu aussichtslosen Suche

nach einer günstigen Wohnung kann auch

die alleinerziehende Mutter Rita S. ein Lied

singen. Sie muss aus ihrer knapp bezahlbaren

Wohnung ausziehen, weil der Wohnblock

verkauft und saniert wird – obwohl

sie noch keine neue Wohnung hat.

Wohnen ist im Beratungsalltag der

Caritas ein Dauerthema. Die Regionalen

Caritas-Organisationen vermelden immer

grössere Schwierigkeiten, geeignete und

bezahlbare Wohnungen für benachteiligte

Menschen zu finden. «Es war nie einfach,

eine Wohnung zu erhalten, wenn man Geldprobleme

hat, und seien sie auch nur vorübergehender

Natur», sagt Petra Del Curto,

Geschäftsleiterin der Caritas Fribourg: «Wir

stellen jetzt aber fest, dass die Anzahl von

Personen, die von dieser Problematik betroffen

sind und unsere Hilfe und Beratung

in Anspruch nehmen, im Steigen begriffen

ist – und das beunruhigt uns.»

Mehr als ein Drittel des Budgets

Gerade in der Schuldenberatung der Caritas

zeigt sich das Ausmass des Problems:

Die Mieten der Klientinnen und Klienten

der Schuldenberatung der Caritas sollten

nicht mehr als einen Drittel des Budgets ausmachen.

Eine interne Auswertung der Budgets

von Klienten und Klientinnen der Caritas

Zürich zeigt aber, dass 67 Prozent diese

Grenze teils massiv überschreiten. Das hat

Folgen: Denn um Wohnraum zu finanzieren,

schränken sich die Betroffenen in anderen

Lebensbereichen massiv ein oder werden

gar von Sozialhilfe abhängig. (imy)

Bild: Für kinderreiche Familien mit knappem

Budget ist es immer schwieriger, eine Wohnung

zu finden.

Bild: Andreas Schwaiger

«Menschen» 4/13 Caritas 19


Welt: Jordanien/Syrien

Solidarität ohne Grenzen

Seit Beginn der Krise sind über 500 000

Syrer nach Jordanien geflüchtet.

Das Grenzgebiet um Al Ramtha etwa

zählt heute mehr syrische als jordanische

Bewohner. Eine harte Probe für

die Toleranz der Jordanier – und

dennoch ist die Solidarität grenzenlos,

wie das Beispiel von Ayoub zeigt.

Fünf Kilometer von der syrischen Grenze liegt

das Dorf Buwayda. Hier lebt der jordanische

Lastwagenchauffeur Ayoub mit seiner Familie

in einem bescheidenen Heim, in dem er bereits

drei syrische Familien und bis zu 30 Personen

aufgenommen hat.

Abu Rashid*, seine Frau und ihre Kinder

wohnen seit über einem Jahr bei Ayoub.

Als in ihrer syrischen Heimat Busra der Krieg

ausbrach, wurde ihr Haus niedergebrannt.

Sie verloren alles. Abu Rashid wurde brutal

gefoltert, ein Sohn und Schwiegersohn

kamen ums Leben. Ihnen blieb nur noch die

Flucht.

Für Ayoub ist es selbstverständlich,

dass er die Familie aufnahm: «Sie haben

kleine Kinder, wo sollen sie hin? Die Miete

*Name geändert

ist überall sehr teuer und es gibt keine Arbeit.

Hier im Grenzgebiet sind wir wie eine

Familie.» Abu Rashid und Ayoub sind in

der Tat über viele Generationen hinaus verwandt,

aber erst der Krieg hat sie zusammengebracht.

Unendlich dankbar

Es gibt nur noch wenige jordanische Gastfamilien,

aber geholfen wird trotzdem. So spendeten

die Bewohner von Buwayda einen Beitrag,

damit Abu Rashids Tochter das Flüchtlingslager

Za’atari offiziell verlassen durfte.

Die syrische Familie ist Ayoub, Buwayda und

Jordanien unendlich dankbar, aber trotzdem

leiden sie darunter, jemandem zur Last fallen

zu müssen.

Die syrische Familie erhält monatlich

einen Gutschein für Nahrungsmittel. Sie

geben jeweils einen Teil der Esswaren einem

jordanischen Fahrer, der sie über die Grenze

Hilfe auch für Jordanier

In Jordanien leistet Caritas Nothilfe für

syrische Flüchtlinge ausserhalb der Lager.

Caritas unterstützt auch bedürftige jordanische

Familien und versucht so, die Solidarität

der Jordanier am Leben zu erhalten.

zu ihrem Bruder bringt. Dieser haust seit

drei Monaten ohne Papiere in einem Zelt

und wartet darauf, die Grenze illegal überqueren

zu können.

Ayoub findet diese Hilfe wichtig. Doch

er befürchtet: «Jordanien wird die Grenzen

schliessen, weil es einfach zu viel wird. Die

ärmsten jordanischen Familien leiden am

stärksten unter den Folgen und den hohen

Preisen. Auch sie brauchen Unterstützung.»

Beatrice Winkler

■ www.caritas.ch/syrien

Bilder: Zwei Familien unter einem Dach: Ayoub

(links) und seine Gäste.

20 Caritas «Menschen» 4/13

Bilder: Beatrice Winkler


Welt: Brasilien

Welt: Pakistan

Schule für Schwerhörige

In Brasilien gehen gehörlose Kinder

meist nicht zur Schule, da sie

dem Unterricht nicht folgen können.

Im Schulzentrum CREFAS wiederholen

sie die Lektionen in der Gebärdensprache.

«Gehörlose Kinder werden in Brasilien oft

von der Gesellschaft ausgeschlossen und

manchmal sogar von der eigenen Familie.

Deshalb ist ihre Entwicklung verzögert», erklärt

Juliana Gouveia Barbosa, die Koordinatorin

von CREFAS (Centro de Referência

e Formação da Criança e Adolescente

Surdos).

Im Schulzentrum CREFAS werden die

Kinder und Jugendlichen von einem Psychologen

und sieben Lehrerinnen und Lehrern

begleitet, die alle die Gebärdensprache sprechen.

Zuerst lernen die Kinder die Gebärdensprache.

Mittels sportlichen Aktivitäten

wie Fussball und Capoeira üben sie den sozialen

Umgang.

Um ihre Integration zu fördern, werden

die schwerhörigen Kinder in die öffentliche

Schule geschickt, die in Brasilien nur

halbtags stattfindet. Am freien Halbtag wiederholen

die Lehrerinnen und Lehrer von

CREFAS die Lektionen auf spielerische Art

und Weise in der Gebärdensprache. Unterrichtet

werden Portugiesisch, Mathematik,

Geografie, Geschichte und Biologie.

CREFAS wurde im Oktober 2005 in

Nazaré da Mata gegründet, im Bundesstaat

Pernambuco im Nordosten des Landes,

einer der ärmsten Gegenden Brasiliens.

Das Zentrum wird von Caritas Schweiz und

der Gehörlosenseelsorge der Kantone Aargau

und Zürich unterstützt. (kr)

■ www.caritas.ch/menschenrechte/brasilien

Bild: Spielerisches Lernen und sportliche

Aktivitäten bringen die Kinder weiter.

Pakistan:

Drei Jahre

nach der Flut

Starke Monsunregen führten im Sommer

2010 zu grossflächigen Überschwemmungen

in ganz Pakistan. Rund 2000 Menschen

verloren dabei ihr Leben, Millionen Häuser

wurden beschädigt, Schulen, Brücken,

ja ganze Infrastrukturen und Lebensexistenzen

zerstört. Allein in der südlichen Provinz

Punjab vernichteten die Wassermassen

570 000 Hektar fruchtbares Ackerland.

Zusammen mit Partnern leistete Caritas

Schweiz Nothilfe. Sie erstellte Unterkünfte

und verteilte Nahrungsmittel, Hygieneartikel,

Haushaltsutensilien und Decken. Im

Wiederaufbau lag und liegt immer noch der

Fokus auf Bildung und Wasser: 36 Schulen

wurden gebaut, Bewässerungsanlagen, Wassermühlen,

Wasserkraftwerke, Handpumpen

und Leitungen repariert. Für eine bessere

Hygiene sorgen neue Latrinen und Sensibilisierungskampagnen.

Doch noch lange werden die Menschen

die Folgen der Katastrophe spüren. Erschwert

wird die Situation durch die klimatischen

Bedingungen. Erst im vergangenen

Sommer kämpfte das Land mit erneuten

Überschwemmungen. Caritas Schweiz

bleibt vor Ort. (use)

Bild: Caritas reparierte in Pakistan Handpumpen

und Leitungen.

Bilder: Luca Zanetti, Peter Zihlmann

«Menschen» 4/13 Caritas 21


_Forum 2014

Wohnen

Die sozialpolitische Tagung der Caritas

Freitag, 24. Januar 2014

9.30–15.30 Uhr, Kultur-Casino, Bern

Kosten (inklusive Mittagessen):

Fr. 220.–, bei Anmeldung bis zum 19.12. 2013

Fr. 250.–, Solidaritätstarif und ab dem 20.12. 2013

Fr. 100.–, mit Legi und KulturLegi

Anmeldung und Detailprogramm:

www.caritas.ch/forum/d

Bild: © Ezio Gutzemberg – Fotolia.com

«Ohne den gesellschaftlichen

Zusammenhalt kann es keinen

sozialen Frieden und keine

politische Stabilität geben.»

Der Sozialalmanach 2014 widmet sich der schweizerischen

Wohnpolitik. Er zeigt auf, dass Wohnpolitik zur Armutsbekämpfung

beitragen muss.

Sozialalmanach 2014. Das Caritas-Jahrbuch zur sozialen Lage der Schweiz.

Schwerpunkt: Unter einem Dach, 264 Seiten, 34 Franken, Bestellnummer: 020 169

Schwerpunkt :

2014

Sozialalmanach

Unter einem Dach

Das Caritas-Jahrbuch

zur sozialen Lage der Schweiz

Trends, Analysen, Zahlen

Bestellen Sie mit dem Bestelltalon auf dem Umschlag

des Magazins oder auf www.caritas.ch; info@caritas.ch

22 Caritas «Menschen» 4/13


Ein Blick ins Leben von

Protais Hakizimana,

Ruanda

Protais Hakizimana (56) lebt mit seiner

Frau und den vier Kindern in einem eigenen

Haus in der ruandischen Hauptstadt

Kigali. Hakizimana studierte an der National

University of Rwanda Geisteswissenschaften

mit Schwerpunkt Linguistik und

war während zehn Jahren für die Regierung

als Beauftragter für Jugend und Kooperativen

tätig. 1994 verlor er diese Stelle

infolge des Genozids und des anschliessenden

Machtwechsels und entschied sich für

eine berufliche Weiterentwicklung. Er absolvierte

ein berufsbegleitendes Studium

für die Beratung von landwirtschaftlichen

Organisationen. Heute ist Protais Hakizimana

selbständiger Berater für nationale

und internationale Entwicklungsorganisationen,

die in Ruanda tätig sind. Daneben

engagiert er sich als Vorstandsmitglied

von Noyau de Paix – Isoko ry’Amahoro,

einer lokalen Friedensorganisation, die mit

Caritas Schweiz zusammenarbeitet.

Das Interview führte Kathrin Wyss.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Ich miete ein kleines Büro im Zentrum der

Stadt, im Minibus etwa eine halbe Stunde

von meinem Zuhause entfernt. Dort verbringe

ich unter der Woche am meisten Zeit,

wenn ich nicht unterwegs «im Feld» bin.

Meine Arbeit gefällt mir, sie ermöglicht mir

meine Familie zu ernähren und mich intensiv

mit der Aussenwelt zu beschäftigen. Normalerweise

arbeite ich von 9–17 Uhr. Am

Abend schaue ich gerne Fernsehen, vor allem

Sport, manchmal treffe ich mich mit Nachbarn

auf ein Gespräch in einem der kleinen

Geschäfte im Quartier oder auf unserer Veranda,

die man hier Barza nennt. An den Wochenenden

gehen wir in die Kirche und besuchen

anschliessend Verwandte oder Freunde.

Was essen Sie gern?

Wir essen nie ausser Haus. Manchmal helfe

ich meiner Frau beim Kochen – am liebsten

sind mir grüne Bohnen, Fleisch, Pommes

Frites oder Bananen – unsere üblichen Speisen

hier in Ruanda. Wir haben einen kleinen

Garten, wo wir während der Regenzeit

unser eigenes Gemüse ziehen.

Was verdienen Sie?

Im Durchschnitt verdiene ich 300 000 Ruanda-Francs

(rund 400 Schweizer Franken)

im Monat, je nach Auftragssituation.

Es macht mich glücklich und zufrieden, mit

diesem Geld meine Familie ernähren und

meinen Kindern eine Ausbildung ermöglichen

zu können. Diese sind zwischen 15

und 22 Jahren alt, drei Mädchen und ein

Junge. Die beiden Älteren, Jeanne und Rosine,

besuchen die Universität und studieren

Informatik und Betriebswirtschaft – die eine

in Ruanda, die andere in Indien. Die beiden

Jüngeren gehen in die Sekundarschule,

Christelle sagt, sie wolle einmal Ärztin werden,

Christian spricht von Architektur.

Was schätzen Sie an Ihrer Heimat?

Ruanda hat eine lange Tradition der Solidarität.

Diese zeigt sich etwa beim Dienst

für die Allgemeinheit, genannt Umuganda,

wo wir jeden letzten Samstag des Monats

auf Geheiss der Regierung teilnehmen müssen.

All jene, die an diesem Tag nicht beruflich

eingespannt sind, haben die Pflicht, sich

an Aufräumarbeiten zu beteiligen oder zum

Beispiel Bäume zu pflanzen.

Womit kämpft Ihr Land besonders?

Die Herausforderungen in Rwanda sind

gross, sowohl für die Gesellschaft als auch

das einzelne Individuum. Der Frieden ist

fragil, und die Armut lastet schwer.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz auf mein Engagement für den

Frieden im Land, aber es fällt mir nicht

leicht, den Unterhalt meiner Familie zu sichern.

Das Leben in Kigali ist sehr teuer.

Mein gesamtes Einkommen brauche ich um

die Ausbildung der Kinder zu finanzieren,

meine Frau, die für eine kleine lokale Nichtregierungsorganisation

arbeitet, übernimmt

alle übrigen Kosten.

Ruanda in Zahlen

– Fläche: 26388 km 2

– Einwohner: 11,4 Millionen

(Stand Juni 2011)

– Lebenserwartung: 52,4 Jahre

– Alphabetisierungsrate: 57 Prozent

– Währung: Ruanda-Francs (FRW)

– Ein Kilo Reis: 350 FRW (rund 50 Rappen)

– Ein Kilo grüne Bohnen: 300 FRW

(rund 40 Rappen)

– Ein Brot: 1000 FRW (rund 1,30 Franken)

Bild: Kathrin Wyss

«Menschen» 4/13 Caritas 23


Werden Sie Teil einer

grossen Bewegung.

Übernehmen Sie eine Patenschaft

Wasser für alle

Wer verschmutztes Wasser trinken muss, wird krank oder stirbt sogar. Wer seine Felder nicht

bewässern kann, muss hungern. Hunderte von Millionen Menschen leiden unter dem Mangel an

lebensnotwendigem Wasser. Helfen Sie mit, dies zu ändern. Mit nur einem Franken pro Tag

tragen Sie dazu bei, gemeinsam das Ziel «Wasser für alle» zu erreichen.

Karte weg? Besuchen Sie uns im Internet auf www.caritas.ch oder rufen Sie uns an

unter 041 419 22 22.


Gastkolumne

Warum Syrien zerfällt

dem Ersten Weltkrieg von aussen verordnete

nationalstaatliche Korsett zeigt noch

immer seine Folgen: Die Vielfalt der Bevölkerungsgruppen,

religiös oder ethnisch, ist

offensichtlich benutzbar zur Durchsetzung

politischer Interessen. Wenn Angst, Neid

und Misstrauen geschürt werden, so ist eine

Herrscher wie Ben Ali und Mubarak, wie Ghaddafi und Assad

waren nicht mehr vonnöten.

Das war ein hoffnungsschwangeres Aufseufzen,

als «der Neue», der Sohn dem

Vater folgte, als die Republik endgültig

«dynastisiert» wurde. Der Zweite derer von

Assad war jung, ein Hoffnungsträger. Für

viele Syrer ebenso wie für die Weltpresse.

Er war so jung, dass man für seine Zulassung

zum Präsidentenamt sogar die Verfassung

ändern «musste»!

Doch irgendwie kam dann alles anders.

Oder doch nicht? Die Hoffnung

wurde durch ein paar Lockerungsmassnahmen

geschürt und – wie üblich, wenn der

schlimmste Druck nachlässt – brach sie sich

Bahn in allerhand «Unruhe»: Dinge wurde

gesagt, die unter dem ersten Assad nicht

gesagt worden wären, neue Gruppierungen

bildeten sich.

Dann, 2001, kam 9/11, und alle mussten

zusammenstehen, um den internationalen

Terror abzuwehren: Israel nutzte

das Argument gegen die Palästinenser; in

Ägypten bediente sich Mubarak seiner für

die Repression, und anderswo, eben auch in

Syrien, machte man es gern ebenso.

Doch irgendwie änderten sich die Verhältnisse:

Al-Qaida hörte auf, eine straff

zentralisierte Organisation zu sein, und

so waren diese Herrscher wie Ben Ali und

Mubarak, wie Ghaddafi und Assad eigentlich

nicht mehr vonnöten – auch nicht zur

Sicherstellung der strategischen Interessen

in Westasien oder der Ölversorgung aus

arabischen Quellen.

Der sich ausbreitende Volksunmut und

die Reaktion darauf waren unterschiedlich,

denn die Bevölkerungszusammensetzung

und die Herrschaftsstrukturen sind nicht

überall die gleichen. Besonders das nach

Staatenbildung auf der Basis von Gleichheit

und Minoritätenschutz nicht mehr möglich.

Dies gilt auch für Syrien: Während der

Staat nicht nur sein Volk, sondern auch das

Land zerbombt, wird von allen Seiten die

religiöse und/oder ethnische Säuberung

und Einigelung vorangetrieben. Das Alawitengebiet

wird abgegrenzt, die Kurden fliehen,

die Gruppierungen mit Muslimbrüder-

Hartmut Fähndrich ist Übersetzer aus dem

Arabischen ins Deutsche. Er lehrt an der ETH

Zürich und hat die Schweizerische Gesellschaft

Mittlerer Osten und Islamische Kulturen

mitbegründet.

Tendenzen scheinen immer mehr die Oppositionstruppen

zu dominieren, während

sich die Opposition im Ausland verbal aufreibt.

Und der Präsident redet von Wahlen

und neuem Anfang und schmäht die Opposition,

weil sie Waffen trägt. Den friedlichen

Beginn der Proteste hat er vergessen oder

von Anfang an ausgeblendet.

Hartmut Fähndrich

Bild: zVg

«Menschen» 4/13 Caritas 25


In Kürze

Bundesrat unterstützt den Schutz

von Hausangestellten

Der Bundesrat hat im Sommer die Botschaft

zur Ratifikation des internationalen

Arbeitsübereinkommens für Hausangestellte

verabschiedet. Dies ist laut Caritas

Schweiz ein wichtiges politisches Signal zur

Anerkennung der Hausangestellten als Arbeitnehmerinnen.

Die Konvention 189 der

Internationalen Arbeitsorganisation ILO

garantiert Mindestbedingungen wie eine

wöchentliche Mindestruhezeit von 24 Stunden

am Stück, die Vergütung von Überstunden

und die Einhaltung von Mindestlöhnen.

Caritas hatte im Frühling an Regierung und

Parlament appelliert, die ILO-Konvention

189 möglichst bald zu ratifizieren und darauf

verwiesen, dass es auch in der Schweiz

in punkto Arbeitsbedingungen von Hausangestellten

nicht überall gleich gut stehe.

(dos)

Weitere Informationen: Positionspapier

«Care-Migration braucht faire Rahmenbedingungen»

■ www.caritas.ch/positionspapiere

Ja zu einem beschleunigten und fairen Asylverfahren

Caritas Schweiz sagt im Vernehmlassungsverfahren

Ja zur Vorlage 2 des Asylgesetzes.

Besonders begrüsst sie das klare Bekenntnis

des Bundesrates und der Arbeitsgruppe

Bund/Kantone zu einem professionellen,

unentgeltlichen und unabhängigen Rechtsschutz

für die Asylsuchenden. Der aktuelle

Rechtsschutz bleibe weit hinter den Vorgaben

des Schweizerischen Verfassungsrechts

und des internationalen verbindlichen

Rechts zurück, betonte Caritas in

einem Mediencommuniqué Anfang Oktober.

Darum unterstützt Caritas die Anstrengungen

des Bundesrates für einen unentgeltlichen

und unabhängigen Rechtsschutz, den

sie als unentbehrlich für die Verfahrensbeschleunigung

erachtet. Caritas hegt aber

Bedenken hinsichtlich der Umsetzung des

Rechtsschutzes, wie sie im Entwurf vorgesehen

ist. So schwebt dem Bundesrat offenbar

vor, mandatierte Rechtsvertreter sollten

ihr Mandat niederlegen, wenn sie das

Asylgesuch als wenig aussichtsreich einschätzen.

Dies auch gegen den Willen des

Asylsuchenden und im Idealfall schon vor

dem erstinstanzlichen Asylentscheid. Auf

diese Weise verkommt die Rechtsvertretung

jedoch zum verlängerten Arm des

Staates. Solche Mängel müssen laut Caritas

zwingend korrigiert werden, soll die beabsichtigte

Verfahrensbeschleunigung unter

rechtsstaatlichen Gesichtspunkten gelingen.

(on/dos)

Bild: Caritas erachtet einen unentgeltlichen und

unabhängigen Rechtsschutz als unentbehrlich.

Im Alter das Richtige tun

Caritas baut ihr Angebot rund um die

«letzte Lebensphase» aus. Neben Palliative

Care, Betreuung zuhause und Weiterbildungen

für Pflegeheime bietet Caritas

seit Herbst die Vorsorge-Mappe «Im Alter

das Richtige tun» an. Enthalten sind die

Patientenverfügung, ein Vorsorgeauftrag,

ein Dokument, das die letzten Dinge festhält

und regelt sowie ein Testamentsratgeber.

Diese Dokumente enthalten Wünsche

bezüglich medizinischer Massnahmen und

zur Bestattung, die Festlegung einer Vertretung

in Personen-, Vermögens- und Rechtsfragen

sowie einen Leitfaden zur Erstellung

des Testaments. Die Vorsorge-Mappe kostet

28 Franken, alle Dokumente sind aber auch

einzeln erhältlich. (dos)

Kontakt: Valeska Beutel, Tel. 041 419 22 30,

E-Mail: vbeutel@caritas.ch

■ www.caritas.ch/vorsorge

26 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: Pia Zanetti


Solidarität vor Weihnachten

KulturLegi baut aus

Seit 10 Jahren ermöglicht die KulturLegi

der Caritas sozial benachteiligten Menschen

den Zugang zu Kultur, Sport und

Bildung. Nun hat die Legi ausgebaut: Seit

Herbst sind die Regionen Solothurn, Basel-

Stadt und Basel-Land dabei. Damit ist das

Angebot fast flächendeckend in der ganzen

Schweiz vorhanden.

Mit einer entsprechenden Berechtigungskarte

erhalten Armutsbetroffene zwischen

30 und 70 Prozent Rabatt auf Zeitschriften

und Eintritte in Museen, Kinos, Schwimmbäder,

Konzerte und anderes. Die Migros

Klubschule gewährt 50 Prozent auf all ihre

Kurse, und die Reka bietet eine Ferienwoche

an zum Solidaritätspreis von 100 Franken.

Die KulturLegi ermöglicht die Teilhabe

am gesellschaftlichen Leben trotz finanzieller

Notlage. Rund 45 000 Menschen sind

im Besitz der KulturLegi und aktuell gibt es

1400 Angebote, die mit der Berechtigungskarte

bezogen werden können. (dos)

Kurz vor Weihnachten hat die Bevölkerung die

Möglichkeit, an folgenden beiden Aktionen ein

Zeichen der Solidarität zu setzen. Am Samstag,

den 14. Dezember werden an 100 Orten

in der ganzen Schweiz Tausende Lichter brennen.

Für die Aktion «Eine Million Sterne» zünden

unzählige Freiwillige auf öffentlichen Plätzen

Kerzen an mit dem Ziel, den über 600 000

Armutsbetroffenen in der Schweiz neue Hoffnung

zu geben. Die Spenden werden für das

Patenschaftsprojekt «mit mir», die Caritas-

Märkte sowie die KulturLegi eingesetzt.

Caritas Schweiz macht aber auch dieses Jahr

wieder mit bei der Aktion «Jeder Rappen zählt»

von Glückskette und SRF3. Die Spendenaktion

zugunsten von armutsbetroffenen Kindern in

den Slums verschiedener Länder tourt vom

16. bis 20. Dezember durch die Deutschschweiz

und macht Halt in Aarau, Basel,

Zürich und St. Gallen. Die Spenden werden

auch Caritas-Projekten in Entwicklungsländern

zu Gute kommen. (dos)

■ www.jrz.ch

■ www.einemillionsterne.ch

Bild: Für die Aktion «Eine Million Sterne»

zünden unzählige Freiwillige Kerzen an.

■ www.kulturlegi.ch

Bilder: Conradin Frei, Luca Zanetti

«Menschen» 4/13 Caritas 27


Fotorätsel

Was zeigt das bild?

Das Foto wurde in einem abgelegenen Dorf im äthiopischen Hochland gemacht, wohin auch

die Reportage auf Seite 6 in diesem Magazin führt. Was zeigt das Bild?

A Eine Latrine B Einen Getreidespeicher C Einen Brunnen

Wettbewerb: Gewinnen Sie zwei Tassen Fairtrade-Honig!

Schicken Sie die richtige Antwort mit dem Vermerk «Fotorätsel» bis zum 31. Januar 2014 an fotoraetsel@caritas.ch oder an Caritas

Schweiz, Redaktion Caritas-Magazin, Löwenstrasse 3, Postfach, 6002 Luzern. Unter den richtigen Antworten werden dreimal

zwei Porzellantassen mit Fairtrade-Honig verlost, Sujet «Bär» und «Biene» (siehe Artikel rechts). Die Lösung findet sich ab Februar 2014

auf www.caritas.ch/ fotoraetsel sowie in der März-Ausgabe des Magazins «Wir helfen Menschen». (Lösung zum Fotorätsel im

Magazin 3/2013: Antwort B, rund 3000 Freiwillige)

28 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: Andreas Schwaiger


Caritas-Fairtrade /claro fair trade

Das süsse Versprechen

In der Schweiz köstlicher Genuss,

in Guatemala bessere Gesundheit,

Schulbildung und ein geregeltes

Einkommen: Der Caritas-Honig hat

einen doppelten Nutzen.

Viele der motivierten Kleinbauern können die Anzahl ihrer

Bienenvölker erhöhen.

Cremig auf der Zunge und fruchtig im

Geschmack: Der Guatemala-Honig von

Caritas-Fairtrade stammt aus den südwestlichen

Departementen San Marcos und

Retalhuleu, wo das Klima und die Vegetation

sich geradezu für die Honig-Produktion

anbieten. Hier wachsen unzählige subtropische

Pflanzen wie Avocado, Zitrus- und

Eukalyptusbäume sowie Kaffeestauden, in

deren Blüten die Bienen den Nektar finden.

In dieser fruchtbaren Gegend wohnen

und arbeiten die rund 140 Mitglieder der

Genossenschaft «Apicultores del Sur Occidente»

(Copiasuro) weit verstreut zwischen

300 und 2400 Metern über Meer. Die meisten

dieser Kleinbauern bewirtschaften nur

drei bis fünf Hektaren mit Gemüse, Mais

und Bananen. Die Bienenvölker ermöglichen

ihnen einen wertvollen Zusatzverdienst,

der bis zu 50 Prozent ans Gesamteinkommen

einer Familie beisteuert. Die

Zusammenarbeit mit Caritas-Fairtrade beruht

auf langfristiger Partnerschaft, und

die Preise sind höher als jene auf dem Weltmarkt.

Bis an die Uni

Die 1987 gegründete Genossenschaft Copiasuro

geniesst einen ausgezeichneten Ruf

und produziert erfolgreich. Dank dem Honigexport

zu den Konditionen, die das Fairtrade-Label

Max Havelaar garantiert, können

viele der äusserst motivierten Kleinbau-

ern die Anzahl ihrer Bienenvölker erhöhen.

Sie erhalten rund 85 Prozent des Verkaufspreises

direkt und verbessern mit dem höheren

Einkommen ihre Lebensbedingungen

wesentlich. So können die Familien

medizinische Hilfe in Anspruch nehmen,

Medikamente bezahlen, sich einen Kühlschrank

oder sanitäre Einrichtungen leisten

sowie ihre Kinder zur Schule schicken

und ihnen eine Ausbildung ermöglichen –

einige haben es sogar bis an die Universität

geschafft. Schliesslich bietet die Genossenschaft

ihren Mitgliedern regelmässig fachliche

Beratung und ermöglicht den Zugang

zu Darlehen.

Neu sind diesen Winter zwei Tassen mit den

Sujets «Biene» und «Bär».

Eine Honigtasse zu Weihnachten

Der schonend produzierte Caritas-Honig

wird in der Schweiz kontrolliert und erst

danach verschifft. Er kann in Pfund- und

Kilodosen sowie in hochwertigen Porzellantassen

mit exklusivem Design gekauft werden.

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mit den Sujets «Biene» und «Bär». Sie eignen

sich auch vorzüglich als Weihnachtsgeschenk.

(dos)

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Sie auf der Bestellkarte sowie auf

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Bild: Caritas-Fairtrade

«Menschen» 4/13 Caritas 29


Caritas-Menschen

«Wir müssen uns dem

Klimawandel anpassen»

Radio-Hörerinnen und Hörer kennen

ihn: Mario Slongo, den Wetterfrosch.

Als Mitglied des Präsidiums von Caritas

Schweiz stellt er sein meteorologisches

Wissen in den Dienst der Entwicklungszusammenarbeit.

Ob Dürren im Sahel oder steigender Meeresspiegel

in Bangladesch: Entwicklungszusammenarbeit

und Katastrophenhilfe haben oft

mit Wetterphänomenen zu tun. Seit bald

zwei Jahren sitzt im Caritas-Präsidium ein

Fachmann dafür: Der Chemiker Mario

Slongo, der zwischen 1982 und 2012 auf

Radio DRS1 weit über tausend Wettersendungen

moderierte.

Sorge zur Natur tragen

Slongos Sendung war bekannt für ihren populärwissenschaftlichen

Ansatz, dem er den

Ehrendoktor der Universität Fribourg verdankt.

Seine witzigen und originellen Geschichten

vermittelten immer wieder folgende

Botschaft: Wir müssen Sorge zur

Natur tragen. Gleichzeitig sei wissenschaftlich

erwiesen, dass sich der Klimawandel

nicht mehr aufhalten lasse – «wir Menschen

«Caritas muss ihr Image als vertrauenswürdiges Hilfswerk

behalten.»

müssen uns anpassen». Auch Entwicklungsorganisationen

hätten dieser Tatsache Rechnung

zu tragen, indem sie ihre Instrumente

laufend überprüfen.

Das Wetter hat Mario Slongo schon in

frühen Jahren geprägt: Er wuchs im St. Gallischen

Rheintal auf, «dem Föhntal». Nach

dem Studium der Chemie, Physik und physischer

Geographie forschte er bei Ciba

Geigy im Bereich Lichtschutzmittel und entwickelte

später im Auftrag der Sika Kunststoffdichtungsbahnen

für Flachdächer, «die

allen Wettern standhalten mussten.» Seit

Jahren betreibt der heute 66-Jährige seine

eigene Wetterbeobachtungsstation. Auch

nach seiner Pensionierung bleibt Mario

Slongo mehr als aktiv: Als dreifacher Grossvater,

als Buchautor, Vortragsreisender und

Vorstandsmitglied verschiedener Organisationen.

An die Spender denken

Bei der Caritas mache er «mit Freude mit»,

weil sich so viele Leute mit allen Kräften

engagierten: «Es freut mich zu sehen, wie

effizient gearbeitet wird.» Dies gelte auch

für die Finanzen: Von einem Spenderfranken

fliessen 92 Rappen in die Projekte, und

dank Partnerschaften kann die Caritas ihre

Mario Slongo in seiner Wetterbeobachtungsstation.

Spenden vervielfachen. Dieses Vertrauen der

Spenderinnen und Spender zu behalten und

auszubauen, sei angesichts des umkämpften

Marktes eine der grossen Herausforderungen

für die Zukunft: «Caritas muss

auch künftig ihr Image als vertrauenswürdiges

Hilfswerk behalten – damit sie weiterhin

nachhaltige Projekte umsetzen kann, die

den Menschen dienen.» (dos)

30 Caritas «Menschen» 4/13

Bild: zVg


Luutstarch

gegen Armut

und Ausgrenzung

Armut in der Schweiz ist auch unter

Jugendlichen und jungen Erwachsenen

ein Tabuthema. Wer beim Musik- und

Fotowettbewerb «Luutstarch» mitmacht,

bricht das Schweigen mit kreativen

Mitteln.

«Es isch Oschtere, und de Chüelschrank

isch läär, nur no paar Eier, s f’Fäscht zuebereite

wird schwär, d’ Muetter hett zwöi

Chind und isch elei ...» So beginnt der Song

des Rappers M-Right, der den Luutstarch-

Wettbewerb 2013 gewann und als Preis ein

Video zum Song drehen durfte, das auf Youtube

über 10 000 Klicks erhielt. Zum Thema

Armut sagt M-Right: «Ich wollte wissen, ob

es das auch in der Schweiz gibt, und als ich

sah, wie krass es ist, musste ich gleich einen

Song machen.»

Über 200 000 Kinder und Jugendliche in

der Schweiz sind gemäss Zahlen des Bundesamtes

für Statistik von Armut betroffen.

Dass dies Gleichaltrigen nicht egal ist, zeigt

die Teilnahme von über 200 Jugendlichen

beim Luutstarch-Wettbewerb 2013. «Sie

machten das Thema Armut auch mit Aktionen

und Auftritten in Schulen, Jugendclubs

und Pfarreien öffentlich und erhielten dabei

die Aufmerksamkeit von lokalen Medien»,

sagt Projektleiterin Marion Alig Jacobson.

Auch 2014 können Jugendliche sich engagieren,

indem sie bis zum 16. Februar ihre

Gedanken zum Thema Armut in Form von

Raps, Musikstücken oder Fotos einreichen.

Für 13- bis 17-Jährige bietet Luutstarch

kostenlose Workshops an. Die Fotografen

Elisabeth Real, Stefan Deuber und Maurice

Grünig zeigen jungen Menschen, wie

sie eigene Bilder zu Ausgrenzung und soziale

Gerechtigkeit kreieren können. Und die

Zürcher und Berner Rapper CanavaR, Chocolococolo,

Fygeludi und Savari besuchen

Schulen und Jugendgruppen, um ihr Wissen

weiterzugeben. «In meinen Workshops

glänzen nicht diejenigen mit den coolsten

und neusten Klamotten», sagt Chocolococolo.

«Es zählt einzig und allein der Wille,

ewas Kreatives zu schaffen.» (dos)

Wettbewerb: Songs und Bilder zu

Armut in der Schweiz

Bis zum 16. Februar 2014 können Jugendliche

im Alter von 13 bis 26 Jahren ihre

Bilder und Songs auf www.luutstarch.ch

einreichen. Eine Jury wird die Besten küren,

es winken Preise im Wert von 2000 Franken.

Der Wettbewerb für sozial engagierte

Jugendkultur wird gestaltet von Caritas

Zürich, young Caritas, der Jugendseelsorge

Zürich sowie dem Begegnungs- und

Kultur ort «jenseits» im Viadukt Zürich.

Bilder: Stefan Deuber «Menschen» 4/13 Caritas 31


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