PDF-Datei - Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus
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<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong> (SVV), 9315 Neukirch (Egnach) www.vegetarismus.ch Nr. 43 – 2006 / 4<br />
Welt-Tierschutztag<br />
Wie viele Tiere isst ein<br />
Fleischesser in seinem<br />
Leben?<br />
Am 4. Oktober konnte man<br />
sich die Tiere in Zürich<br />
ansehen – noch lebend.<br />
➥ ab Seite 5<br />
Zeitschrift für <strong>Vegetarismus</strong>, Tierrecht und Ethik<br />
Ernährungsformen: Vergleich<br />
Wie unterscheiden sich<br />
die verschiedenen<br />
Ernährungsformen in<br />
ihrer Auswirkung auf<br />
die ökologischen<br />
Ressourcen?<br />
➥ Seite 17<br />
mit Fleisch<br />
vegetarisch<br />
vegan<br />
Welt-Vegetariertag-Poster<br />
Vegetarier brauchen<br />
sich nicht mehr zu<br />
verstecken. Drei<br />
prominente Schweizer<br />
Vegetarier stehen<br />
dazu am Welt-<br />
Vegetariertag.<br />
➥ Seite 3–4 und 14–15
Editorial<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
SVV-Presseaktion zum Welt-<br />
Vegetariertag........................... 3<br />
Grossanlass zum Welt-<br />
Tierschutztag ........................... 5<br />
Psychologische Abwehr gegen<br />
die Ernährungsumstellung ....... 7<br />
Vegan Straight Edge ............... 9<br />
Der Verrat des Menschen<br />
an den Tieren ........................ 11<br />
Interview mit Bryan Adams .... 12<br />
Coli-Bakterien im Bio-Spinat .. 13<br />
Poster .............................. 14–15<br />
Ein Planet reicht für die<br />
Menschheit nicht aus ............. 16<br />
Getreideverbrauch übersteigt<br />
die Erzeugung ....................... 16<br />
Auswirkungen der Ernährungsweise<br />
auf die Umwelt ............ 17<br />
Pressemeldung zum<br />
Welternährungstag ................ 18<br />
Russischer Spielfilm über<br />
Tierschutz und <strong>Vegetarismus</strong> . 18<br />
Auszug aus dem<br />
Tierschutzhandbuch .............. 19<br />
Rezepte ................................. 20<br />
Affen-Invasion in Neu-Delhi .. 22<br />
Unterschätzte Tiere .............. 23<br />
Kurzmeldungen ..................... 24<br />
Impressum ............................ 24<br />
Neues Vegi-Restaurant.......... 25<br />
Das schlechte Gewissen ist der<br />
beste Barometer ................... 25<br />
Veganer-/Vegi-Treff ............... 26<br />
Heftabo- und Gönnerpreis .... 26<br />
Vegi-Porträt .......................... 26<br />
V-Label.................................. 27<br />
Viele Artikel aus älteren Vegi-<br />
Info-Ausgaben finden Sie auf<br />
der Homepage der SVV:<br />
www.vegetarismus.ch/heft<br />
Fleischesser belasten<br />
unseren Planeten<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
Auch in dieser Ausgabe finden Sie wieder eindeutige Gründe, die aufzeigen,<br />
wie wichtig es ist, vegetarisch zu leben. Nicht nur für sich selbst, sondern<br />
auch für die ganze Umwelt. Eine neue Studie beweist, dass man mit<br />
einer biologischen, veganen und ausgewogenen Ernährung gegenüber der<br />
üblichen konventionellen Ernährungsweise die Umwelt um rund drei Viertel<br />
weniger belastet (siehe Seite 17).<br />
Doch auch diese Erkenntnis wird die meisten Menschen nicht davon abhalten,<br />
weiterhin Tiere zu essen. Auf den Seiten 7 und 8 werden deshalb die<br />
Gründe für das Festhalten an der faktisch eigentlich unhaltbaren Ernährung<br />
mit Fleisch analysiert.<br />
Da der Fleischkonsum vor allem eine emotionale Angelegenheit ist, wurden<br />
am Welt-Tierschutztag die Tiere, die ein Mensch im Laufe seines Lebens für<br />
seinen Genuss oder aus Bequemlichkeit umbringen lässt, lebendig vorgeführt.<br />
Einen kleinen Eindruck von dem Anlass und den vielen Tieren geben<br />
wir Ihnen ab Seite 5.<br />
Der Welt-Vegetariertag wurde dieses Jahr mit einer Pressekonferenz und drei<br />
Schweizer Vegetariern begangen: Andreas Hänni zeigte als Profi-Eishockeyspieler,<br />
dass man selbst ganz ohne tierische Produkte stark und leistungsfähig<br />
sein kann. Claudia Lässer bewies als Model und TV-Moderatorin, dass<br />
die vegetarische Ernährung auch der Figur guttut. Und Gilles Tschudi, bekannt<br />
als charakterstarker Schauspieler, rundete das Bild ab. Sportler, Model<br />
und Schauspieler zeigten somit, dass die vegetarische Ernährung für jeden<br />
geeignet ist.<br />
Bisher begnügten sich viele Vegetarier damit, selbst vegetarisch zu leben.<br />
Doch immer mehr sieht man, dass es nicht mehr sinnvoll ist, dass jeder<br />
Mensch nur auf sich selbst achtet: Die Menschen beeinflussen den ganzen<br />
Planeten mit ihrem Handeln. Ein Beispiel ist der Einfluss der Fleischproduktion<br />
auf die Klimaerwärmung (siehe Ökologieschrift der SVV), ein anderes ist die<br />
Verunreinigung von pflanzlichen Lebensmitteln mit Krankheitserregern aus<br />
der Massentierhaltung (siehe Seite 13).<br />
Selbst vegetarisch zu leben, ist also ein wichtiger erster Schritt, er sollte aber<br />
nicht der letzte sein: Jeder Mensch trägt einen Teil der Verantwortung für<br />
diesen Planeten. Aus dem Wissen über die weitreichenden Folgen einer<br />
fleischreichen Ernährungsweise folgt auch eine Verantwortung, dies anderen<br />
Menschen mitzuteilen. Ob andere Menschen durch diese Informationen<br />
auch Vegetarier werden, liegt dann jedoch nicht mehr in unserer Hand.<br />
Renato Pichler<br />
Präsident der <strong>Schweizerische</strong>n <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong><br />
Zum Titelbild:<br />
720 Hühner isst ein Durchschnittsschweizer im Laufe seines Lebens. Eines davon hat es aufs Titelbild geschafft.<br />
720 ist eine eindrückliche Zahl. Doch erst wenn man das einzelne Tier dahinter erkennt, merkt man, was es<br />
tatsächlich heisst, Fleisch zu essen. Hühnerfleisch gilt als gesünder als anderes Fleisch, das mag stimmen oder<br />
auch nicht, jedenfalls sind Chicken Nuggets und Poulet für das Huhn selbst absolut tödlich.<br />
2<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Vegetariertag<br />
SVV-Presseaktion zum Welt-Vegetariertag am<br />
1. Oktober 2006<br />
Wie bringt man vorwiegend fleischessende Journalisten dazu, über<br />
den Welt-Vegetariertag zu berichten? Indem man ihnen ansprechende<br />
Kost offeriert: bekannte Vegetarier mit süssen Tieren als Bildstoff<br />
und klare, aber neutrale und individuell zugeschnittene Texte. Ein<br />
persönlicher Bericht der Initiatorin Nell Andris.<br />
Medienleute haben prinzipiell keine<br />
Zeit, zu viele Beiträge, richten sich<br />
nach der breiten Masse und mögen<br />
keine Themen, die sie als unpopulär<br />
empfinden. Der <strong>Vegetarismus</strong> konfrontiert<br />
Fleischesser zudem mit ihrem<br />
persönlichen Tun – da ist es doch<br />
wesentlich einfacher, die Finger von<br />
diesem Thema zu lassen! Dennoch<br />
kann man unsere Presseaktion zum<br />
diesjährigen Welt-Vegetariertag<br />
(WVT) als Erfolg bezeichnen. Dank<br />
meinen Beziehungen und weil ich<br />
weiss, wie die Journalisten ticken. Ein<br />
grosses Plus war Renato Pichler, Präsident<br />
der SVV, der sich mit den<br />
Model und TV-Moderatorin Claudia<br />
Lässer mit dem Hasen «Hasi».<br />
NLA-Eishockeyspieler Andreas Hänni (siehe Vegi-Info 2006/1) mit Huhn<br />
«Helga» und Gilles Tschudi mit neugierigem Fohlen «Top-Mega-Macho».<br />
neuen Medien bestens auskennt und<br />
äusserst kurzfristig reagieren konnte.<br />
Er hat die Homepage ständig aktualisiert,<br />
sodass Bilder und Pressemappe<br />
direkt heruntergeladen werden<br />
konnten.<br />
Mir hat die intensive Zusammenarbeit<br />
mit der SVV Spass gemacht.<br />
Zudem ist ein langgehegter Herzenswunsch<br />
in Erfüllung gegangen: Ich<br />
konnte meine beruflichen Erfahrungen<br />
nutzen, etwas Sinnvolles zu tun!<br />
Aufklärungsarbeit gegen das sinnlose<br />
Leiden und Töten der Tiere. Nun<br />
kann ich auch den tieferen Sinn<br />
dahinter sehen, dass ich vor rund 25<br />
Jahren Boulevard-Journalistin und<br />
Fotografin geworden bin.<br />
Seit 1990 bin ich Vegetarierin, fühlte<br />
mich als solche aber lange Jahre<br />
«anders», nicht konform, etwas seltsam<br />
gar. Einer Vegetarier-<strong>Vereinigung</strong><br />
beizutreten, wäre mir damals<br />
nie eingefallen. Im Jahr 1996 lernte<br />
ich die Therapeutin Ananda Tyrell, die<br />
heutige Vizepräsidentin der SVV,<br />
kennen. Durch sie bin ich vor drei<br />
Jahren der SVV beigetreten, was aber<br />
wesentlich ist: Dank der Arbeit mit<br />
ihr konnte ich meine Kindheits-<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 3
Vegetariertag<br />
muster heilen und meine Persönlichkeit<br />
stärken. Sie ist mir das beste Vorbild<br />
dafür, dass man innerlich ausgeglichen<br />
und stark sein muss, um Wissen<br />
auf die richtige Art vermitteln zu<br />
können. Denn jemand, der unter<br />
Verlustangst leidet und es allen recht<br />
machen will, kann seine Umgebung<br />
nicht mit der Wahrheit konfrontieren.<br />
Es war meine Besserwisserei, mit der<br />
ich die unzähligen Kollegen vergrault<br />
hatte. Unter der liebevollen Anleitung<br />
von Ananda Tyrell lernte ich, in<br />
jedem Moment zu meinem Wissen<br />
zu stehen, doch mit Rücksicht auf<br />
das Niveau meines Gegenübers dann<br />
auch den richtigen Ton zu finden.<br />
Die Promo für den WVT war eine<br />
gute Übung für mich, denn ich führte<br />
unzählige Telefongespräche mit<br />
skeptischen Medienleuten, die ich ja<br />
nicht vor den Kopf stossen konnte –<br />
schliesslich wollte ich ja etwas von<br />
ihnen! Der Journalist einer grossen<br />
Tageszeitung reagierte ziemlich aggressiv,<br />
als ich ihm das Thema anbot.<br />
Warum, wurde mir ein paar Tage<br />
später klar: Die Zeitung berichtete<br />
riesengross über eine «Metzgete»!<br />
Absagen nicht persönlich nehmen,<br />
wenn man Promo macht, kann ich<br />
mittlerweile ganz gut. Dennoch war<br />
es ein schwieriger Moment für mich,<br />
als klar wurde, dass der Aufmarsch<br />
der Journalisten nicht unseren Erwartungen<br />
entsprechen würde, obwohl<br />
wir per Mail rund 80 Einladungen<br />
verschickt hatten.<br />
Was mich sehr gefreut hat, war der<br />
Besuch vom Filmer und STS-Medienverantwortlichen<br />
Mark Rissi, der die<br />
anwesenden Prominenten interviewte.<br />
Seine bewegten Bilder konnte ich<br />
der SF-Sendung «glanz&gloria» als<br />
Beitrag zum Welt-Tierschutztag vermitteln!<br />
Insgesamt kann unsere kurze, aber<br />
intensive Presseaktion als Erfolg gewertet<br />
werden. Dank «gewichtigen»<br />
Medien hat unsere Aktion einige<br />
hunderttausend Menschen erreicht.<br />
Sämtliche Pressereaktionen sind<br />
einsehbar unter:<br />
www.vegetarismus.ch/wvt/2006<br />
Eine Auswahl der Pressereaktionen<br />
auf den Welt-Vegetariertag<br />
Schweizer Illustrierte Nr. 38/06<br />
Glückspost Nr. 39/06<br />
Lokalinfo Zürich<br />
Die Pressekonferenz im Hiltl in Zürich.<br />
4<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Tierschutztag<br />
Grossanlass zum Welt-Tierschutztag<br />
Auf dem Bürkliplatz in Zürich fand am 4. Oktober ein einmaliges Ereignis<br />
statt: Man konnte dort die Tiere lebendig sehen, die ein (nicht<br />
vegetarisch lebender) Schweizer im Laufe seines Lebens verspeist. Dies<br />
war eine sehr eindrückliche Demonstration.<br />
So viele Tiere isst ein Schweizer durchschnittlich in seinem Leben:<br />
8 Kühe, 33 Schweine, 720 Hühner, 6 Schafe, ½ Pferd, 2 Ziegen, 25 Kaninchen,<br />
4 Rehe und 390 Fische.<br />
Diese Anzahl Tiere wurde lebendig<br />
der Öffentlichkeit präsentiert (mit<br />
Ausnahme der Rehe und Fische).<br />
Ausserdem waren viele Vereine aus<br />
dem Bereich Tierschutz vertreten.<br />
Unter anderem DAS TIER + WIR –<br />
Stiftung für Ethik im Unterricht, Stiftung<br />
Tiere in Not – Animal Help<br />
(Stinah), Aktion Kirche und Tier und<br />
natürlich die SVV.<br />
Rindfleisch gehört neben der Milch<br />
zum Einzigen, was man von den Kühen<br />
in der Stadt sonst zu sehen bekommt.<br />
An diesem Tag konnte man die Rinder<br />
sehen, bevor sie zu Fleisch verarbeitet<br />
wurden.<br />
Wer stellt sich bei solchen niedlichen<br />
Hasen einen Hasenbraten vor? Wer<br />
wäre bereit, einem solchen Hasen<br />
den Hals aufzuschneiden? Und dennoch<br />
wird auch regelmässig das<br />
Fleisch dieser Tiere konsumiert.<br />
Durch die immer extremere Massentierhaltung<br />
ist auch Hühnerfleisch<br />
heute zu einem Massenprodukt geworden.<br />
Der SVV-Stand am Tierschutztag.<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 5
Tierschutztag<br />
Gegen die Tierquälerei zu sein, ist<br />
einfach. So wie es einfach ist, gegen<br />
Kriege, Terror und Armut zu sein.<br />
Denn es verpflichtet zu nichts. Konsequente<br />
Tierliebe jedoch, aufgrund<br />
derer wir ein Tier nicht nur mögen<br />
und uns an ihm erfreuen, sondern es<br />
auch nicht töten und verspeisen, erfordert<br />
ein Engagement, eine bewusste<br />
Bemühung. Und wir sind alle<br />
täglich damit konfrontiert: beim Essen.<br />
Echter gelebter Tierschutz verbietet<br />
das Aufessen der Tiere, dies zeigte<br />
dieser Anlass am Welt-Tierschutztag<br />
einmal mehr.<br />
Janine Wacker und Salvo Ingrassia<br />
sangen das eigens für diesen Tag<br />
komponierte Lied «Have a Heart –<br />
Take a Stand». Eine CD davon ist in<br />
Arbeit.<br />
Auf unserer Homepage können Sie<br />
sich das Lied anhören:<br />
www.vegetarismus.ch/wtt/<br />
songflash.htm<br />
Rund die Hälfte des in der Schweiz konsumierten Fleisches stammt vom Körper<br />
solcher Schweine.<br />
6<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Psychologie<br />
Psychologische Abwehr gegen die<br />
Ernährungsumstellung<br />
Weshalb gibt es heute noch Menschen, die einen kurzen Gaumengenuss<br />
dem Leben eines Tieres vorziehen? Was steckt dahinter, dass<br />
jemand die enorme ökologische Belastung der Fleischproduktion in<br />
Kauf nimmt und sich gegen sinnlose Gewaltanwendung ausspricht,<br />
aber dennoch die Gewalt in den Schlachthöfen mitfinanziert?<br />
Für langjährige Vegetarier ist es<br />
schwer nachvollziehbar, wie es sein<br />
kann, dass jemand ohne schlechtes<br />
Gewissen Tiere aufisst.<br />
Ein Grund ist sicher der unterschiedliche<br />
Wissensstand: Vegetarier wissen<br />
in der Regel mehr über die<br />
Fleischproduktion als die Fleischesser<br />
selbst. Doch dies alleine kann nicht<br />
der Hauptgrund sein, schliesslich ist<br />
es heute einfacher denn je, sich zu<br />
informieren. Wenn heute jemand<br />
nicht weiss, wie es in den Mastställen<br />
zugeht, dann wurde diesem Problem<br />
konsequent immer ausgewichen.<br />
Und wenn man es dennoch erfährt,<br />
wird es sofort verdrängt.<br />
Doch was hindert einen Fleischesser<br />
daran, sich mit den Auswirkungen<br />
seines Konsumverhaltens auseinanderzusetzen?<br />
Ist es pure Ignoranz?<br />
Nach dem Motto: Nach mir die Sintflut<br />
– Hauptsache ich kann das Leben<br />
heute 100%ig geniessen?<br />
Dies wäre eine Kapitulation vor jeglicher<br />
Ethik und Moral. Bei vielen<br />
Menschen mag dies zutreffen. Es<br />
gibt aber auch Menschen, für die ist<br />
ethisches Handeln durchaus Bestandteil<br />
ihres Alltags. Sie kümmern sich<br />
liebevoll um die eigene Familie oder<br />
um ein Haustier, spenden für Bedürftige,<br />
engagieren sich eventuell sogar<br />
für Umweltschutzprojekte. Dennoch<br />
konsumieren sie weiterhin das Nahrungsmittel,<br />
das die grössten ökologischen<br />
Schäden verursacht und<br />
ethisch am fragwürdigsten ist.<br />
Was also kann hinter diesem extremen<br />
Festhalten am Fleischkonsum<br />
liegen?<br />
Es wird schon nicht so<br />
schlimm sein<br />
Einer der am weitesten verbreiteten<br />
Beweggründe für den Fleischkonsum<br />
ist, dass sich viele gar nicht vorstellen<br />
können, dass die Fleischproduktion<br />
tatsächlich so schlimm ist, wie<br />
man es ab und zu über die Medien<br />
erfährt. Das tagtägliche Grauen in<br />
einem Schlachthof ist so schrecklich,<br />
dass viele sich weigern, es als solches<br />
zu akzeptieren, geschweige denn es<br />
sich selber anzusehen. Sie urteilen<br />
nach dem Motto: Das darf einfach<br />
nicht sein und deshalb ist es auch<br />
nicht so. Oder in der Variante: Wenn<br />
es wirklich so schlimm wäre, dann<br />
wäre dies doch sicher verboten.<br />
Wenn ausnahmsweise einmal eine<br />
TV-Sendung die tatsächlichen Zustände<br />
in der Massenfleischproduktion<br />
aufdeckt, dann wird oft gedacht:<br />
«Endlich wurde dies nun aufgedeckt.<br />
Nun kann ich wieder getrost<br />
Fleisch essen, da diese schrecklichen<br />
Zustände aufgedeckt sind und<br />
nun nicht mehr vorkommen.»<br />
Leider täuscht man sich mit dieser<br />
Annahme: Es gibt kaum eine Tierquälerei,<br />
welche heute nicht mehr<br />
praktiziert wird, wenn sich dadurch<br />
der Profit der Fleischindustrie optimieren<br />
lässt.<br />
Dass Tierquälerei in der Nutztierhaltung<br />
konsequent und hart bestraft<br />
wird, kommt auch kaum je vor,<br />
da diejenigen, die solche Strafen aussprechen<br />
müssten, eine zu enge Beziehung<br />
zu den Tätern haben. Dass<br />
eine solche unabhängige Kontrolle<br />
und Bestrafung in der Schweiz fehlt,<br />
hat sogar die EU in ihrer Untersuchung<br />
in diesem Jahr kritisiert (siehe<br />
Vegi-Info 2006/2, Seite 14).<br />
Es ist also alles tatsächlich sehr<br />
schlimm, und eine Änderung ist nicht<br />
in Sicht. Für die wenigen Fleischkonsumenten,<br />
die bereit sind, wesentlich<br />
mehr fürs Fleisch zu bezahlen,<br />
damit es den Tieren besser geht,<br />
gibt es zwar verschiedenste Labels.<br />
Doch selbst diese Konsumenten essen<br />
immer wieder Fleisch von gequälten<br />
Tieren – zumindest, wenn sie<br />
öfters auswärts essen. Und einen<br />
«Bioschlachthof» gibt es nicht, da<br />
Bio (= Leben) und Schlachten unvereinbar<br />
sind.<br />
Selbstverantwortung für sein<br />
Handeln<br />
Die heutige Gesellschaft ist so komplex,<br />
dass es für alles Experten gibt.<br />
Dies verführt dazu, die Eigenverantwortung<br />
auch in Bereichen<br />
abzugeben, die eigentlich gar nicht<br />
delegierbar sind. Natürlich macht es<br />
keinen Sinn, wenn jeder die Verantwortung<br />
für die technische Funktion<br />
seines Autos oder eines anderen<br />
technischen Hilfsmittels übernehmen<br />
müsste. Doch wenn es darum geht,<br />
die Folgen seines Handelns zu verantworten,<br />
kann man dies niemandem<br />
abgeben.<br />
Diese Selbstverantwortung ist leider<br />
nicht sehr verbreitet. Man beschränkt<br />
sich in seinem (Konsum-)Verhalten<br />
nur noch auf den eigenen Genuss,<br />
ohne die weiteren Folgen davon zu<br />
überdenken. Man nimmt an, dass<br />
der Kauf eines Produktes (z.B.<br />
Fleisch) ja nichts Schlechtes sein<br />
kann, wenn es in jedem Nahrungsmittelladen<br />
angeboten wird.<br />
Ich würde fortfahren, vegetarisch<br />
zu leben, selbst<br />
wenn die ganze Welt begänne,<br />
Fleisch zu essen. Dies<br />
ist mein Protest gegen den<br />
Zustand der Welt. Atomkraft,<br />
Hungersnöte, Grausamkeit<br />
– wir müssen Schritte<br />
dagegen unternehmen.<br />
<strong>Vegetarismus</strong> ist mein<br />
Schritt. Und ich glaube, es ist<br />
ein sehr wichtiger.<br />
Isaac Bashevis Singer (1904–1991)<br />
Schriftsteller; Nobelpreis 1978<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 7
Psychologie<br />
Es wäre natürlich schön, wenn man<br />
in einer Welt leben würde, in der<br />
man davon ausgehen könnte, dass<br />
alles, was es zu kaufen gibt, unter<br />
ethisch und ökologisch einwandfreien<br />
Bedingungen hergestellt wurde.<br />
Doch dass dies schon lange nicht<br />
mehr zutrifft, sieht man schon alleine<br />
an den vielen Labels, welche Produkte<br />
auszeichnen, die zumindest einen<br />
Teil dieser Ansprüche decken. Das<br />
Hauptkriterium für die Herstellung<br />
eines Produktes ist heute der daraus<br />
erzielbare finanzielle Gewinn. Die<br />
Nachhaltigkeit geht dabei meist verloren.<br />
Deshalb kann man die Verantwortung<br />
für das eigene Konsumverhalten<br />
niemandem abgeben. Sobald<br />
man jemandem Geld gibt (im Austausch<br />
für eine Ware), unterstützt<br />
man denjenigen, der das Geld erhält.<br />
Jeder sollte mit seinem Geld verantwortungsbewusst<br />
umgehen: Will ich<br />
damit Mastbetriebe und Schlachthöfe<br />
unterstützen oder Obst- und<br />
Gemüsebauern, die nachhaltig produzieren?<br />
Die weitreichenden Folgen<br />
Wenn man sich aus ethischen Gründen<br />
gegen den Fleischkonsum entscheidet,<br />
hat dies weitreichende Auswirkungen<br />
auf jeden Lebensbereich.<br />
Der Umstieg auf eine vegetarische<br />
(und noch viel mehr derjenige auf<br />
eine vegane) Ernährung ist nur möglich,<br />
wenn man das blinde Vertrauen<br />
in alles, was in den Massenmedien<br />
verbreitet wird, verliert, da man<br />
dort immer wieder zu hören bekommt,<br />
dass Fleischkonsum gesund<br />
und notwendig sei.<br />
Dieser Vertrauensverlust in die Medien<br />
macht den Alltag nicht einfacher,<br />
weil dabei mehr Selbstverantwortung<br />
gefragt ist. Viele fürchten<br />
sich vor so viel Eigenverantwortung<br />
und leben deshalb lieber so, wie es<br />
die breite Masse vormacht, anstatt<br />
sich bei jeder Handlung selber zu<br />
überlegen, was richtig und was<br />
falsch ist. Als Vegetarier ist man nur<br />
noch selten bereit, einfach mit der<br />
Masse mitzuschwimmen, weil<br />
«man» es eben so macht. Denn man<br />
akzeptiert «die Masse» nicht mehr<br />
als ethisches Vorbild. Die meisten<br />
finden ein selbstständigeres Leben<br />
interessanter, andere ängstigen sich<br />
vor der Verantwortung, die man damit<br />
übernehmen muss. Auch in der<br />
Vergangenheit konnten viele grosse<br />
Verbrechen der Menschheitsgeschichte<br />
nur durch die vielen Mitläufer<br />
geschehen, da diese nie selbst<br />
die Verantwortung für ihr Handeln<br />
zu übernehmen bereit waren.<br />
Es wird oft gesagt, dass die<br />
Menschen schon immer<br />
Fleisch gegessen hätten, als<br />
ob dies eine Rechtfertigung<br />
wäre, dies weiterhin zu tun.<br />
Gemäss dieser Logik dürften<br />
wir nicht versuchen, Menschen<br />
daran zu hindern, andere<br />
Menschen umzubringen,<br />
da dies auch schon seit<br />
jeher getan wurde.<br />
Isaac Bashevis Singer (1904–1991)<br />
Schriftsteller; Nobelpreis 1978<br />
Überlieferungen in Frage<br />
stellen<br />
Doch nicht nur der Glaube an die allgegenwärtige<br />
Werbung «Fleisch gibt<br />
Kraft» usw. wird durch eine vegetarische<br />
Ernährung erschüttert, sondern<br />
auch viele Überlieferungen<br />
müssen neu überdacht werden. Da<br />
in der Regel die Eltern der heutigen<br />
Vegetarier noch Fleisch gegessen<br />
haben und man es nun als falsch erachtet,<br />
stellt sich natürlich die Frage:<br />
Ist alles andere noch richtig, was ich<br />
von den Eltern übernommen habe?<br />
Viele sind nicht bereit, sich auf eine<br />
solch grundlegende Frage einzulassen,<br />
und ernähren sich deshalb lieber<br />
weiter in der Art, in der sich auch<br />
ihre Eltern schon ernährt haben.<br />
Hinzu kommt, dass man natürlich<br />
auch seine eigene Ernährungsweise<br />
in der Vergangenheit in Frage stellt:<br />
Es kann doch nicht sein, dass ich nun<br />
so viele Jahre das Falsche getan habe.<br />
Dabei geht in der Regel vergessen,<br />
dass niemand vollkommen ist. Es ist<br />
kein Verbrechen, Fehler begangen zu<br />
haben und diese einzugestehen, es<br />
ist aber etwas anderes, wenn man<br />
einen Fehler eingesehen hat, ihn<br />
weiterhin zu begehen, nur weil man<br />
sich an ihn gewöhnt hat.<br />
Nach der Umstellung<br />
Langjährige Vegetarier haben meist<br />
nur noch wenige Probleme mit ihrer<br />
Lebensweise. Mit der Zeit ergibt sich<br />
ein neues, kritischeres Bild auf die<br />
Massenmedien und Expertenmeinungen,<br />
man lernt aber auch die<br />
Aussagen jeweils besser einzuschätzen<br />
(z.B. indem man fragt, von wem<br />
ein Experte für seine Aussagen bezahlt<br />
wird).<br />
Obwohl es natürlich absurd ist, sich<br />
immer wieder rechtfertigen zu müssen,<br />
weshalb man keine Tiere zur<br />
Sinnesbefriedigung quälen und töten<br />
lässt, sind Vegetarier immer<br />
wieder genau damit konfrontiert: Sie<br />
müssen ihr ethisches Handeln gegenüber<br />
dem unreflektierten Fleischkonsum<br />
der Mehrheit verteidigen.<br />
Nicht immer das zu tun, was alle tun,<br />
erfordert nur schon deshalb eine<br />
charakterliche Stärke, welche viele<br />
nicht aufzubringen vermögen.<br />
Schlussfolgerung<br />
Ja, es braucht etwas mehr Energie,<br />
ein selbstbestimmtes Leben zu führen.<br />
Ein Leben, bei dem man einfach verantwortungslos<br />
in den Tag hineinlebt,<br />
lässt sich nicht mit einer bewussten<br />
Ernährung vereinbaren.<br />
Da die konsequente vegetarische Ernährung<br />
eine andere Lebenseinstellung<br />
voraussetzt, sollte man auch<br />
als Vegetarier versuchen, niemanden<br />
zu überfordern. Sich von der Masse<br />
zu lösen, ist ein Prozess, den nur<br />
wenige von einem Tag auf den anderen<br />
schaffen.<br />
Doch die vielen positiven «Begleiterscheinungen»<br />
eines eigenverantwortlichen<br />
Handelns zeigen auch,<br />
wie wichtig es ist, dass man eine<br />
ethische Ernährungsweise seinen<br />
Mitmenschen näher bringt.<br />
Renato Pichler<br />
8<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Interview mit<br />
«Storm Of Justice – Vegan Straight Edge»<br />
Jugendbewegung<br />
Wer oder was genau ist «Storm<br />
Of Justice»?<br />
Filip: Storm Of Justice existiert seit<br />
August 2004. Es ist hauptsächlich ein<br />
Musik-Label, unter dessen Namen<br />
ich CDs und LPs von befreundeten<br />
Vegan-Straight-Edge-Bands veröffentliche.<br />
Ausserdem gehört auch<br />
noch ein kleiner Musik-Vertrieb dazu,<br />
mit dem ich Veröffentlichungen diverser<br />
Vegan-Straight-Edge-Bands<br />
verkaufe.<br />
Ich selbst sehe Storm Of Justice aber<br />
nicht als «normales» Musik-Label.<br />
Das wichtigste Ziel ist, die Vegan-<br />
Straight-Edge-Message zu verbreiten.<br />
Storm Of Justice ist sozusagen<br />
meine «Waffe» im Kampf für die<br />
Tiere und die Erde.<br />
Was bedeutet «Straight<br />
Edge»?<br />
Straight Edge bedeutet, grob gesagt,<br />
ein drogenfreies Leben zu<br />
führen. Als Drogen gelten selbstverständlich<br />
auch Gifte wie Alkohol<br />
und Tabak. Was inzwischen<br />
leider bei vielen Straight Edgern<br />
vernachlässigt wird, aber ursprünglich<br />
genauso dazugehört<br />
wie das Nein-Sagen zu Drogen,<br />
ist ein nicht-promiskuöser Lebensstil.<br />
Es geht bei Straight Edge darum,<br />
eine positive Einstellung zu seinem<br />
eigenen Leben und seinem Körper<br />
zu entwickeln, sein Leben selbst<br />
in die Hand zu nehmen und seine<br />
eigenen Entscheidungen zu treffen.<br />
Woher kommt diese Bewegung?<br />
Wer «Straight Edge» wirklich erfunden<br />
hat, ist nicht zu 100% sicher. Die<br />
am weitesten verbreitete Ansicht<br />
geht aber davon aus, dass Straight<br />
Edge von der US-amerikanischen<br />
Band «Minor Threat» «erfunden»<br />
wurde. Die Bandmitglieder hatten<br />
die Schnauze voll vom ewigen<br />
Drogenkonsum und dem «No Future»-Gerede<br />
innerhalb der damaligen<br />
Punkszene. Jugendlichen, die<br />
noch keinen Alkohol an der Bar eines<br />
Clubs kaufen durften, wurde<br />
damals ein «X» auf den Handrücken<br />
gemalt, damit der Barkeeper<br />
klar sah, dass er dieser Person keine<br />
alkoholischen Getränke ausschenken<br />
durfte. Dieses «Markenzeichen»<br />
hat die Straight-Edge-Szene<br />
übernommen. Bis heute malen<br />
daher viele Straight Edger ein «X»<br />
auf ihre Handrücken, um ihre Gesinnung<br />
auszudrücken.<br />
Viele Leser werden noch nie etwas<br />
von dieser Bewegung gehört<br />
haben. Wie bekannt ist die<br />
Straight-Edge-Bewegung überhaupt,<br />
und wer fühlt sich durch<br />
diese Lebensweise angesprochen?<br />
Filip in seinem Storm-Of-Justice-Büro.<br />
«Straight Edge» ist heutzutage<br />
nicht sehr bekannt. Im Gegensatz<br />
zu den Neunzigern, in denen die<br />
Straight-Edge-Szene sehr viele Anhänger<br />
zählte. Den Begriff<br />
«Straight Edge» kennt man auch<br />
jetzt fast nur in der Hardcore-Szene.<br />
Die meisten Menschen, die sich<br />
nicht mit dieser Musik beschäftigen,<br />
werden nicht wissen, was Straight<br />
Edge bedeutet (falls sie diesen Begriff<br />
überhaupt schon einmal gehört<br />
haben). Es handelt sich also<br />
nach wie vor (leider) um eine eher<br />
unbekannte Philosophie. Vor allem<br />
auch in der Schweiz, wo es immer<br />
noch «cool» ist zu rauchen. Nach<br />
wie vor wird meiner Meinung nach<br />
viel zu wenig gemacht, um den<br />
blauen Dunst einzudämmen.<br />
Es ist noch anzufügen, dass man<br />
nicht an einem Wochenende<br />
straight edge sein kann und am<br />
nächsten dann wieder betrunken<br />
von Disco zu Disco rennt. Ein sehr<br />
wichtiger Punkt in der Straight-<br />
Edge-Bewegung ist, dass man sich<br />
an sein Versprechen, ein solches<br />
Leben zu führen, hält. Wer sein<br />
Versprechen bricht und «dropt» (to<br />
drop [engl.] = fallen(-lassen), aufhören),<br />
macht sich innerhalb der<br />
Straight-Edge-Szene nicht gerade<br />
beliebt (um es gelinde auszudrücken).<br />
Ist «Straight Edge» vor allem eine<br />
Jugendbewegung, oder zählen<br />
auch ältere Personen zu den<br />
Anhängern?<br />
Straight Edge selbst ist eine sehr<br />
junge Bewegung. Natürlich gibt<br />
es Personen, die schon seit 20<br />
Jahren «straight» leben. Leider<br />
entschliessen sich auch sehr viele<br />
Leute nach wenigen Jahren dazu,<br />
wieder ein ihrer Ansicht nach<br />
«normales» Leben zu führen.<br />
Dies führt zu einem grossen<br />
Streitpunkt innerhalb der Bewegung.<br />
Denn es gibt nicht eine<br />
Straight-Edge-Szene. Auch innerhalb<br />
der Bewegung gibt es verschiedene<br />
Auffassungen. So bedeutet<br />
heutzutage für viele Edger/-<br />
innen «Straight Edge» lediglich der<br />
Verzicht auf Drogen. Anti-Promiskuität<br />
ist oft kein Thema mehr. Ein<br />
weiterer Punkt, bei dem sich die<br />
Meinungen unterscheiden, ist die<br />
Auffassung, ob Straight Edge eine<br />
persönliche Entscheidung ist oder<br />
nicht. Etwas genauer ausgedrückt<br />
heisst das: «Soll man Menschen<br />
akzeptieren und mit ihnen kooperieren,<br />
die nicht straight edge<br />
sind?» Dies ist ein grosser Streitpunkt.<br />
Aber um auf die Frage zurückzukommen,<br />
ist Straight Edge (zurzeit) vor<br />
allem eine Jugendbewegung. Erst in<br />
den kommenden Jahrzehnten wird<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 9
Jugendbewegung<br />
sich zeigen, wer seinem Versprechen<br />
treu geblieben ist.<br />
Was hat «Straight-Edge» mit vegetarischer<br />
Ernährung zu tun?<br />
Leben alle Anhänger der<br />
Straight-Edge-Bewegung vegetarisch?<br />
Eigentlich nichts. Es ist aber so, dass<br />
sehr viele (vor allem in Europa)<br />
Straight Edger auch vegetarisch<br />
oder vegan leben.<br />
Von Vegetariern oder sogar<br />
Veganern erwartet man eigentlich<br />
eher, dass sie ruhige oder meditative<br />
Musik hören. Der<br />
Straight-Edge-Sound entspricht<br />
aber überhaupt nicht diesem Vorurteil.<br />
Warum entscheiden sich<br />
die Anhänger der Bewegung für<br />
diesen lauten und rockigen<br />
Musikstil?<br />
Ich denke nicht, dass das eine etwas<br />
mit dem anderen zu tun hat. Es ist<br />
ja auch nicht so, dass ich ausschliesslich<br />
Hardcore höre. Die meisten<br />
Straight Edger/-innen wurden durch<br />
die Hardcore-Musik erst auf die<br />
Straight-Edge-Bewegung aufmerksam,<br />
da diese ursprünglich aus der<br />
Hardcore-Szene entstand. Man kann<br />
also sagen, dass die Straight-Edge-<br />
Szene eine «Untergruppe» der<br />
Hardcore-Szene ist. Zumindest war<br />
das früher so. Inzwischen ist es (in<br />
der Schweiz) eher so, dass die beiden<br />
«Szenen» eigene Wege gehen. Natürlich<br />
empfindet da nicht jeder<br />
gleich, aber ich und alle eng mit mir<br />
befreundeten Vegan Straight Edger/<br />
-innen haben gar nichts mehr mit der<br />
«normalen» Hardcore-Szene zu tun.<br />
Ein Unterschied zwischen uns und<br />
«normalen» Veganern ist vielleicht,<br />
dass wir extremer auftreten. Das<br />
kommt daher, dass wir alle absolut<br />
nicht der Meinung sind, dass Veganismus<br />
eine persönliche Entscheidung<br />
ist. Heutzutage ist es wirklich<br />
kein Problem, sich vegan zu ernähren.<br />
Es gibt kein Argument gegen<br />
eine vegane Ernährung. Natürlich bin<br />
auch ich nicht als Veganer geboren<br />
worden. Aber es ist sicher nicht zu<br />
viel verlangt, sich wenigstens ein<br />
bisschen über seine Lebensmittel zu<br />
informieren. Wir leben nicht vegan<br />
und straight edge, sondern wir sind<br />
vegan straight edge. Für uns alle<br />
gibt es kein Zurück.<br />
Deshalb schüchtert unser selbstsicheres,<br />
offensives Auftreten und<br />
unser Zusammenhalt einige Personen<br />
ein, weil sie unseren Argumenten<br />
nichts entgegenzusetzen haben<br />
(wer ein einziges vernünftiges Argument<br />
für den Konsum von Fleisch<br />
hat, soll sich bitte bei mir melden!).<br />
Wie sieht euer Kontakt zu den<br />
konventionellen Hardcore-Bands<br />
aus? Sucht ihr den Kontakt<br />
zueinander, oder sind die Unterschiede<br />
dann doch zu gross?<br />
Das ist von Person zu Person unterschiedlich.<br />
Mit Storm Of Justice (und<br />
auch sonst) habe ich nur mit Vegan-<br />
Straight-Edge-Bands zu tun. Aber ob<br />
das Hardcore, Rap oder etwas anderes<br />
ist, spielt keine Rolle. Es ist mir<br />
ein sehr wichtiges Anliegen, dass ich<br />
mit den Mitgliedern der Bands, mit<br />
denen ich zusammenarbeite, gut<br />
auskomme. Daher bin ich auch nicht<br />
darauf aus, möglichst viele Veröffentlichungen<br />
zu machen. Ich weiss, dass<br />
ich nie von diesem Label werde leben<br />
können. Und ich will das auch<br />
gar nicht. Mit SOJ möchte ich die<br />
Vegan-Straight-Edge-Message verbreiten<br />
und mich nicht davon ernähren.<br />
Aus der Szene für die Szene sozusagen.<br />
Deshalb sind mir auch die<br />
Texte der Bands sehr wichtig. Wenn<br />
eine Band nichts zu sagen hat, ist sie<br />
für mich nicht interessant. Auch<br />
nicht, wenn die Musik super ist.<br />
Ein wichtiges Anliegen ist euch<br />
auch die Bekämpfung von Tierleid.<br />
Wie genau setzt ihr euch für<br />
die Befreiung der Tiere ein?<br />
Wie gerade erwähnt, sind mir die<br />
Texte der Bands sehr wichtig. Ich bin<br />
der Meinung, dass man mit Musik<br />
sehr gut viele Menschen erreichen<br />
kann. Und genau dies möchte ich<br />
auch machen: Leute erreichen und<br />
informieren. Ihnen die Augen öffnen.<br />
Deshalb sind auf meiner Homepage<br />
(www.veganstraightedge.ch) auch<br />
Links zu Vegan-/Tierbefreiungs-/<br />
Straight-Edge-Websites zu finden.<br />
Ausserdem stehen auf jedem SOJ-<br />
Flyer immer verschiedene Links zu<br />
Informations-Websites (z.B. www.<br />
veganoutreach.org) oder zu Organisationen,<br />
die ich für unterstützenswert<br />
halte (z.B. www.shac.<br />
net). Dazu habe ich in meinem<br />
Onlineshop eine Auswahl an Flyern,<br />
die man kostenlos bestellen kann,<br />
um sie zu verteilen. Und nicht<br />
zuletzt handle ich auf der persönlichen<br />
Ebene, wie viele Veganer<br />
auch: Ich rede/diskutiere viel mit<br />
Leuten, informiere mich selbst, lese<br />
viel, bilde mich weiter usw.<br />
Allein die Tatsache, sich für Tierrechte<br />
einzusetzen und sich<br />
vegan zu ernähren, empfinden<br />
Aussenstehende oft als extrem.<br />
Dazu aber noch Hardcore-Musik<br />
zu hören, klingt doch ziemlich<br />
verrückt. Wie reagiert die Umwelt<br />
auf diesen Lebensstil?<br />
Es stimmt tatsächlich, dass viele Menschen,<br />
die mich noch nicht lange<br />
kennen, mir nicht glauben, dass ich<br />
mich vegan ernähre. Einige wissen<br />
noch nicht einmal, was es überhaupt<br />
bedeutet, sich so zu ernähren. Viele<br />
Menschen überlegen sich gar nicht,<br />
dass für die Ei-Produktion jeden Tag<br />
Tausende Leben ausgelöscht werden<br />
oder warum die Industrie uns weis-<br />
10<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Buchvorstellung<br />
zumachen versucht, dass unser Körper<br />
Kuh(!)milch für ein gesundes<br />
Wachstum benötigt. Und genau hier<br />
liegt meiner Meinung nach das Problem.<br />
Die meisten Menschen interessieren<br />
sich nicht für ihr Essen. «Die<br />
Wurst kommt aus dem Kühlregal<br />
und Teigwaren kann man doch gar<br />
nicht ohne Eier herstellen.» Wenn<br />
diese Leute dann noch erfahren, dass<br />
man absolut gegen Alkohol- oder<br />
anderen Drogenkonsum ist, wird<br />
man häufig als Extremist abgestempelt.<br />
Oft habe ich auch schon die Frage<br />
hören müssen, ob «Straight<br />
Edge» eine Sekte ist. Nein, ist es<br />
nicht! Weder tritt man einer Organisation<br />
bei, noch gibt es irgendwelche<br />
Anführer!<br />
Dasselbe gilt für die Musik. Die meisten<br />
Menschen wissen gar nicht, was<br />
Hardcore ist, und schauen mich auch<br />
dementsprechend verwirrt an, wenn<br />
sie mich nach meinem Musikgeschmack<br />
fragen. Um diesen Perso-<br />
nen dann doch eine für sie akzeptable<br />
Antwort zu geben, antworte<br />
ich häufig einfach mit «Metal» oder<br />
«Hardrock», was eigentlich nicht<br />
genau zutrifft.<br />
Unser Lebensstil entspricht wohl<br />
kaum demjenigen, den man sich<br />
heutzutage von einem «normalen»<br />
Jugendlichen vorstellt. Und doch<br />
möchte keiner von uns tauschen und<br />
ein anderes Leben führen. Erst recht<br />
nicht, weil wir so wenige sind. Dies<br />
bringt uns eher näher zusammen.<br />
Für uns gibt es mit Vegan Straight<br />
Edge kein Zurück mehr.<br />
Wo steht die Bewegung im Moment?<br />
Hast du das Gefühl, dass<br />
sich momentan viele Leute für die<br />
Straight-Edge-Lebensweise interessieren,<br />
oder ist die Bewegung<br />
eher am Abflauen?<br />
Die Vegan-Straight-Edge-Bewegung<br />
befindet sich auf jeden Fall wieder im<br />
Aufstieg. In der kleinen Schweiz<br />
sind in den letzten Monaten ein<br />
paar neue jüngere Kids<br />
dazugestossen, und auch aus dem<br />
Ausland höre ich, dass die Zahlen<br />
steigen, was natürlich sehr erfreulich<br />
ist. Aber es können nie genug<br />
sein. Auch heute hoffe ich immer<br />
noch, dass wir sozusagen die Saat<br />
einer neuen Welt sind. Einer Welt,<br />
in der keine unschuldigen Lebewesen<br />
mehr für die abscheuliche Gier<br />
der Menschheit mehr leiden und<br />
sterben müssen. Das mag utopisch<br />
klingen, aber lohnt es sich zu kämpfen,<br />
wenn man kein Ziel hat?<br />
Wo siehst du die Straight-Edge-<br />
Bewegung in zehn Jahren?<br />
Diese Frage kann ich nicht beantworten.<br />
Wir werden unser Bestes geben,<br />
damit sich bis dann einiges geändert<br />
hat …<br />
Der Verrat des Menschen an den Tieren<br />
Zum Welt-Tierschutztag erschien Helmut F. Kaplans neues Tierrechtsbuch.<br />
Tierversuche, Tiertransporte, Massentierhaltung,<br />
Rinderwahn, Vogelgrippe<br />
– diese und andere Tierthemen<br />
bestimmen zwar häufig die<br />
Schlagzeilen, aber die Hauptopfer,<br />
die Tiere, spielen dabei meist keine<br />
oder nur eine kleine Rolle. Auf diesen<br />
intellektuellen und ethischen<br />
Skandal will der Tierrechtsphilosoph<br />
Helmut F. Kaplan mit seinem jüngsten<br />
Buch aufmerksam machen.<br />
Kaplan folgt nicht dem mittlerweile<br />
fast zum Dogma avancierten Tierrechte-light-Ansatz,<br />
wonach man<br />
den Menschen auf keinen Fall die<br />
grausamen Fakten im Umgang mit<br />
Tieren zumuten dürfe: Durch Würde-<br />
Floskeln und Wohlfühl-Bilder narkotisiert,<br />
verharrten die Menschen<br />
dann nämlich in ihrer Ausbeuterrolle,<br />
anstatt diese endlich zu verlassen.<br />
Folgende Themen werden im Buch<br />
behandelt:<br />
– Terror gegen Tiere: 20 Artikel;<br />
– Einheit der Ethik: 25 Artikel;<br />
– Strategien für Tierrechte: 20 Art.<br />
Diese Themen repräsentieren auch<br />
Inhalt und Programm des Buches:<br />
– Wir üben gegenüber Tieren eine<br />
welthistorisch beispiellose Schreckens-<br />
und Terrorherrschaft aus.<br />
– Diese steht in krassem Widerspruch<br />
zu jeglicher Ethik und zu<br />
allen unseren moralischen Prinzipien.<br />
– Diesen Skandal gilt es zu erkennen<br />
und zu beseitigen.<br />
Helmut F. Kaplan über mögliche<br />
Motive, sich für Tierrechte zu engagieren<br />
(aus der Einleitung): «Zum<br />
Beispiel ein rationales Weltbild, das<br />
unbestreitbare biologische und psychologische<br />
Fakten im Hinblick auf<br />
tierliches und menschliches Erleben<br />
ernst nimmt. Oder das Bekenntnis zu<br />
einer konsequenten Ethik, die Wesen<br />
nicht aufgrund der Beschaffenheit<br />
der Behaarung oder der Anzahl der<br />
Beine diskriminiert. Oder einfach der<br />
Wunsch, einen Beitrag zur Beendigung<br />
des grössten Gewaltverbrechens<br />
der Menschheitsgeschichte zu<br />
leisten.»<br />
Durch die Aufteilung in viele kleine<br />
Artikel kann man das Buch auch gut<br />
auszugsweise immer wieder mal lesen.<br />
«Der Verrat des Menschen an den<br />
Tieren»<br />
Erschienen im Vegi-Verlag<br />
ISBN 3-909067-06-9<br />
260 Seiten<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 11
Prominente<br />
Bryan Adams:<br />
«Wir haben nicht das Recht zu töten»<br />
Bryan Adams gehört seit den 80er-Jahren zu den Giganten<br />
des Mainstream-Rock’n’Roll. Seine Mischung aus bodenständigen<br />
Rocksongs und gefühlvollen Balladen führte zu etlichen<br />
Top-10-Hits und Platin-Alben.<br />
Kanadas Rock-Ikone spielte im Dienste<br />
vieler humanitärer Kampagnen:<br />
bei «Life Aid» für die Linderung von<br />
Hunger und Not in der Welt, bei<br />
Konzerten für die Freiheit politischer<br />
Gefangener, für die Rettung des<br />
Regenwalds und die Rettung der<br />
Wale. Und er setzt sich aktiv für das<br />
Leben der Tiere ein: indem er sie<br />
nicht mehr aufisst – denn Bryan<br />
Adams lebt seit fast 20 Jahren vegan.<br />
Das folgende Interview mit Bryan<br />
Adams wurde uns vom Magazin<br />
«Freiheit für Tiere» zur Verfügung<br />
gestellt:<br />
Wann bist du Vegetarier geworden?<br />
Ich lebe vegan seit 1988. Eines Tages<br />
wachte ich auf, nachdem ich ein<br />
Steak gegessen hatte, und fühlte<br />
mich so krank. Ich habe nie wieder<br />
ein totes Tier gegessen.<br />
Wie reagierten deine Freunde<br />
und Verwandten?<br />
Jeder dachte, ich hätte meinen Verstand<br />
verloren, und sie nahmen an,<br />
es wäre eine Phase, die wieder vorübergeht.<br />
Meine Band versuchte<br />
mich zu verhöhnen, indem sie Hamburger<br />
vor meinem Gesicht rumwedelten.<br />
Aber es gibt eine Gerechtigkeit,<br />
sie sind heute alle Veggies!<br />
Mein Bruder hat es verstanden, aber<br />
er war so ziemlich der einzige aus<br />
meiner Familie!<br />
Hat diese Entscheidung auch in anderer<br />
Weise dein Leben verändert?<br />
Wahrscheinlich in jeder Weise. Du<br />
bist mehr mit der Erde verbunden<br />
und behandelst alles, was um dich<br />
ist, mit viel mehr Respekt, du erkennst,<br />
dass wir nicht das Recht haben<br />
zu töten. Wahrer <strong>Vegetarismus</strong><br />
hat eine sehr spirituelle Seite. Und<br />
übrigens: Wer Fisch isst, ist kein Vegetarier!<br />
Viele Fleischesser behaupten,<br />
dass ein vegetarischer<br />
oder veganer Lebensstil<br />
der Gesundheit<br />
schadet. Was ist deine Erfahrung?<br />
Wow, das ist das grösste<br />
Missverständnis, das es gibt.<br />
Ich bin durch vegetarische<br />
Lebensmittel geheilt worden<br />
– Gott weiss, was es<br />
sonst noch gebracht hat –,<br />
weil ich schon vor so langer<br />
Zeit begonnen habe. Im<br />
Moment habe ich es auf die<br />
nächste Stufe geführt, ich<br />
esse praktisch kein gekochtes<br />
Essen, vielleicht noch 5<br />
bis 10%, der Rest sind rohe<br />
Früchte und Gemüse. Dazu kommen<br />
auch Säfte, die ein Ernährungsberater<br />
für mich vorbereitet, und<br />
genauso Kräuter. Ich nehme keine<br />
Vitamin-Ergänzungsmittel, ich bekomme<br />
das alles durch ausgewogenes<br />
Essen.<br />
Versuchst du auch andere auf den<br />
vegetarischen Lebensstil und die<br />
Gewalt gegen Tiere aufmerksam<br />
zu machen?<br />
Nicht wirklich. Wenn Menschen mich<br />
fragen, werde ich es versuchen und<br />
es ihnen erklären, aber im Grossen<br />
und Ganzen sind die meisten Menschen<br />
nicht daran interessiert. Es liegt<br />
daran, wie die meisten Menschen<br />
aufgewachsen sind und erzogen<br />
wurden – welchen Grund hätten sie,<br />
es zu ändern?<br />
Die meisten Leute denken, es wäre<br />
nervig, mit mir essen zu gehen, und<br />
es ist wirklich so, wenn das Menü für<br />
uns Vegetarier nicht passt. Der Nachteil,<br />
wenn man so bewusst lebt, ist,<br />
dass es schwer ist, ähnlich denkende<br />
Individuen zu finden.<br />
Gibt es sonst noch etwas, was du<br />
unseren Lesern in Europa sagen<br />
möchtest?<br />
If you love animals … don’t eat<br />
them!<br />
Wir danken für das Interview!<br />
«Freiheit für Tiere» – Das Magazin<br />
für alle Tierfreunde<br />
Verlag Das Brennglas<br />
Hernster Str. 26<br />
D-97892 Kreuzwertheim<br />
Weitere Informationen zu Bryan<br />
Adams im Internet:<br />
www.bryanadams.com<br />
12<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Gesundheit / Prominente<br />
Coli-Bakterien im Bio-Spinat<br />
Ende September erkrankten fast 200 US-Amerikaner nach dem Genuss<br />
von Bio-Spinat durch eine Coli-Bakterien-Infektion. Mehrere<br />
Menschen starben daran. Was war die Ursache dieser Tragödie?<br />
Anfang November hatten die USA<br />
gleich noch einen ähnlichen Fall: Tomaten<br />
in Restaurants waren mit Salmonellen<br />
kontaminiert. Mehr als 180<br />
Gäste erkrankten dadurch.<br />
In all den Meldungen wurde ein<br />
Punkt konsequent unterschlagen:<br />
Die Coli- und Salmonellen-Bakterien<br />
stammen von der Nutztierhaltung.<br />
Die Bakterien vermehren sich im<br />
Darm der Nutztiere und werden<br />
über deren Kot ausgeschieden.<br />
Normalerweise verteilt sich der Kot<br />
der Tiere über grosse Flächen.<br />
Bei der heutigen Massentierhaltung<br />
fallen aber sehr<br />
grosse Mengen an tierischen Fäkalien<br />
auf sehr kleinem Raum an.<br />
Früher waren Fäkalien willkommene<br />
Düngemittel. Heute muss man sie<br />
schon eher als Entsorgungsproblem<br />
ansehen und «düngt» damit die Felder<br />
eher zu viel als zu wenig.<br />
Dadurch werden auch rein pflanzliche<br />
Produkte mit Fäkalienbakterien<br />
aus der Fleisch- und Milchproduktion<br />
verunreinigt.<br />
Die Todesfälle durch den Bio-Spinat-<br />
Konsum haben also auch mit dem<br />
heutigen hohen Fleischkonsum zu<br />
tun. Auch wenn man tierische Fäkalien<br />
als biologisch ansehen kann,<br />
bergen sie gerade in grossen Mengen<br />
Gefahren, die bis heute ignoriert<br />
werden.<br />
Salmonellen kennt man vor allem aus<br />
der Hühnerhaltung. Beim Fleisch<br />
empfiehlt man, es für mindestens 10<br />
Minuten auf 70 Grad zu erhitzen.<br />
Beim Salat und den Früchten ist dies<br />
natürlich kaum möglich. Deshalb ist<br />
der Einsatz der tierischen Fäkalien, in<br />
denen Salmonellen wochenlang<br />
überleben können, für die Düngung<br />
pflanzlicher Rohkost ungeeignet.<br />
Leider gibt es erst sehr wenige Landwirte,<br />
die in ihrer (biologischen)<br />
Landwirtschaft ganz ohne Fäkalien<br />
auskommen. Doch diese Pioniere zeigen,<br />
dass es durchaus möglich ist,<br />
ohne Tierausbeutung und ohne die<br />
daraus folgenden Exkremente gesunde<br />
pflanzliche Nahrung zu produzieren.<br />
Die Gefahr von Krankheitskeimen<br />
aus dem Stall wäre damit<br />
vollständig beseitigt. Voraussetzung<br />
dafür ist natürlich, dass man die<br />
pflanzlichen Produkte nicht in der<br />
eigenen Küche durch Bakterien von<br />
Fleisch oder Eiern verunreinigt.<br />
Siehe auch:<br />
– Viehlose Biolandwirtschaft im<br />
Westerwald, Vegi-Info 2002/4.<br />
– Landwirtschaft ohne Tierleid. Vegi-<br />
Info 1997/1.<br />
– Biologisch-Veganes Netzwerk für<br />
Garten- und Landbau, A-8333<br />
Riegersburg, www.biovegan.org.<br />
– Onlineshop für pflanzliche Lebensmittel,<br />
die ohne Mist und Gülle<br />
produziert wurden:<br />
www.bliibgsund-versand.ch, Tel.<br />
0800 887700, Fax 0800 887709.<br />
– Margarete Langerhorst: Meine<br />
Mischkulturen Praxis – Nach dem<br />
Vorbild der Natur, OLV-Verlag, ISBN<br />
3-922201-21-0.<br />
– Kurt Kretschmann und Rudolf<br />
Behm: Mulch total – Der Garten<br />
der Zukunft, OLV-Verlag, ISBN 3-<br />
922201-18-0.<br />
Bezaubernde<br />
Vegetarierin<br />
Die Schauspielerin Alyssa Milano (bekannt<br />
aus der TV-Serie «Charmed»)<br />
ist überzeugte Vegetarierin. Nun hat<br />
sie sich für das Titelblatt von PETA<br />
Europe’s Animal Times von der<br />
Designerin Mia Gyzander in ein ausgefallenes<br />
Kleid aus Salatblättern,<br />
Spargel und anderem Gemüse stecken<br />
lassen. Man sieht es ihr an: Vegetarische<br />
Ernährung tut gut.<br />
An der Berliner Charité hat man<br />
kürzlich auch einen Grund dafür gefunden:<br />
Wer viel rotes Gemüse isst,<br />
hat weniger Falten.<br />
«Ich trage keine Pelzmäntel,<br />
weil ich nicht will, dass<br />
meinetwegen Tiere sterben<br />
müssen. Also ist es nur konsequent,<br />
dass ich auch kein<br />
Fleisch esse.»<br />
Désirée Nosbusch, Schauspielerin<br />
Folgende Doppelseite:<br />
Poster mit 3 prominenten Schweizer<br />
Vegetariern (von links):<br />
Andreas Hänni<br />
(Nationalliga-A-Eishockeyspieler)<br />
Claudia Lässer<br />
(Model und TV-Moderatorin)<br />
Gilles Tschudi<br />
(Schauspieler)<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 13
Freizeit
Tierschutz
Umweltschutz<br />
Ein Planet reicht für die Menschheit nicht aus<br />
Anzahl benötigte Weltkugeln für<br />
deren Lebensstil:<br />
Würden alle Menschen so leben wie<br />
ein Durchschnittsschweizer, bräuchten<br />
wir rund 2,6 Erden, um unseren<br />
Ressourcenbedarf zu decken. Dieses<br />
eindrückliche Ergebnis lässt sich<br />
anhand des sogenannten ökologischen<br />
Fussabdrucks berechnen.<br />
Dabei wird der menschliche Ressourcenverbrauch<br />
(z.B. Wasserverbrauch,<br />
Treibstoff oder Nahrungsmittel) nicht<br />
wie gewohnt in Kilo oder Liter ausgedrückt,<br />
sondern in Quadratmeter<br />
umgerechnet. Der Fussabdruck-Wert<br />
zeigt also auf, wie viel Fläche benötigt<br />
wird, um bestimmte Ressourcen<br />
bereitzustellen.<br />
Eine vegetarische Ernährung hilft eindeutig<br />
dabei, unseren Planeten nachhaltig<br />
zu bewahren. Je mehr Menschen<br />
sich vegetarisch ernähren,<br />
umso weniger wird unsere Erde belastet.<br />
Die USA sind nämlich mit Abstand<br />
das Land, welches am meisten<br />
Ressourcen verschwendet – 5,8 Planeten<br />
wären nötig, wenn alle Menschen<br />
so leben würden. Gleichzeitig<br />
führen die Amerikaner mit einem<br />
Konsum von 124 kg Fleisch pro Person<br />
und Jahr auch die Tabelle der<br />
grössten Fleischesser an.<br />
Bangladesch hingegen ist das Land,<br />
welches unsere Erde am wenigsten<br />
ausbeutet – lediglich 0,3 Planeten<br />
werden mit seiner Lebensweise benötigt.<br />
Die Banglanesen<br />
sind interessanterweise<br />
auch<br />
das Volk, welches<br />
mit 3,2 kg pro Jahr<br />
am wenigsten<br />
Fleisch überhaupt<br />
konsumiert.<br />
Berechnen Sie Ihren<br />
eigenen Fussabdruck<br />
auf www.footprint.ch oder<br />
www.myfootprint.org<br />
Bei diesen Berechnungen wird auch<br />
die Ernährung abgefragt: Am schonendsten<br />
für die Welt ist dabei die<br />
vegane Ernährung, am zweitschonendsten<br />
die vegetarische und<br />
am schlimmsten die Ernährung mit<br />
Fleisch.<br />
Quelle: WWF<br />
Warum eine vegetarische<br />
Ernährung<br />
dabei<br />
hilft, unseren Planeten<br />
zu retten, erfahren<br />
Sie in unserer<br />
Broschüre «Die ökologischen<br />
Folgen des Fleischkonsums».<br />
Das Heft ist für Fr. 0.50 (bitte den Betrag<br />
in Briefmarken zzgl. Porto Ihrer<br />
Bestellung beilegen) direkt bei der<br />
SVV, Bahnhofstrasse 52, 9315<br />
Neukirch-Egnach zu beziehen. SVV-<br />
Mitglieder und -Gönner erhalten die<br />
Broschüre kostenlos.<br />
Getreideverbrauch übersteigt die Erzeugung<br />
Es herrscht eine bedrohliche Getreideknappheit,<br />
von der die ganze Welt<br />
betroffen ist. Bereits in den letzten<br />
Jahren reichte infolge grosser Dürre<br />
die jährliche Ernte nicht mehr aus,<br />
um den ständig steigenden Bedarf zu<br />
decken. Bis heute konnte man noch<br />
von den bestehenden Getreidereserven<br />
zehren, doch diese sind nun<br />
langsam aufgebraucht. 596 Millionen<br />
Tonnen Getreide wurden in diesem<br />
Wirtschaftsjahr 2005/2006 produziert,<br />
aber verbraucht wurden<br />
weltweit über 615 Millionen Tonnen,<br />
1 wovon mehr als die Hälfte für<br />
die Aufzucht von Masttieren bestimmt<br />
ist. Zusätzlich zu den umweltbedingten<br />
Ursachen und dem enormen<br />
Verbrauch von Futtergetreide<br />
der Industrienationen haben nun<br />
auch immer mehr östliche Länder<br />
wie China, Japan und Indien die<br />
westlichen Ernährungsgewohnheiten<br />
übernommen und beginnen damit,<br />
vermehrt Fleisch zu produzieren.<br />
Um den Konsumenten möglichst billiges<br />
Fleisch anbieten zu können,<br />
sind die meisten Fleischproduzenten<br />
auf den Import des Weizens angewiesen,<br />
da die heimischen Anbauflächen<br />
zu klein dafür sind. Obwohl sich<br />
die Preise in den letzten Jahren um<br />
rund 50% erhöht haben, kostet ein<br />
Kilo Getreide momentan lediglich 25<br />
Rappen (zum Vergleich: 1 Kilogramm<br />
Vollkornmehl kostet im Detailhandel<br />
ca. Fr. 2.20). Durch die Weizenknappheit<br />
werden die Preise zukünftig<br />
zwar noch weiter steigen,<br />
allerdings weichen die Produzenten<br />
in diesem Fall auf andere Getreidesorten<br />
wie zum Beispiel Gerste aus.<br />
Doch die Erträge für Grobgetreide<br />
schwinden genauso.<br />
Ein besonderes Problem stellt die<br />
Preiserhöhung für die ärmeren Länder<br />
dar. Denn viele werden sich den<br />
Kauf von Weizen nicht mehr leisten<br />
können, um daraus ihr Brot herzustellen.<br />
Damit also der reiche Teil der<br />
Menschheit Fleisch essen kann, müssen<br />
die Armen hungern.<br />
Durch diese Ausbeutung der natürlichen<br />
Ressourcen bis fast zur vollständigen<br />
Erschöpfung und auch<br />
aufgrund der ethischen Verantwortung<br />
wird es immer deutlicher, dass<br />
sich die Menschen die Herstellung<br />
von Fleisch nicht mehr leisten können.<br />
Fussnote:<br />
1<br />
LID-Nachrichten<br />
16<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Umweltschutz<br />
Auswirkungen der Ernährungsweise auf die Umwelt<br />
Kürzlich erschien in der Fachzeitschrift «European Journal of Clinical<br />
Nutrition» eine Studie unter der Leitung von Massimo Tettamanti, welche<br />
die Auswirkungen der verschiedenen Ernährungsweisen auf die<br />
Umwelt analysierte.<br />
Das Resultat bestätigte alle früheren,<br />
ähnlichen Studien:<br />
1. Die übliche nicht ausgewogene<br />
Ernährung mit einem hohen Anteil<br />
an tierischen Produkten hat mit<br />
grossem Abstand die grössten negativen<br />
Auswirkungen auf die Umwelt.<br />
2. Innerhalb derselben Nahrungsmittelproduktionsmethode<br />
(bio oder<br />
konventionell) führt ein höherer<br />
Konsum an tierischen Nahrungsmitteln<br />
zu einem höheren Effekt<br />
auf die Umwelt.<br />
3. Innerhalb derselben Ernährungsform<br />
hat die Variante mit Bioprodukten<br />
gegenüber der mit konventionell<br />
angebauten Produkten<br />
wesentlich weniger Umweltauswirkungen.<br />
Umweltbelastung der verschiedenen<br />
Ernährungsformen im Vergleich<br />
Konventionell<br />
Biologisch<br />
In der wissenschaftlichen Analyse<br />
wurden unter anderem folgende Bereiche<br />
berücksichtigt: Landverbrauch<br />
für den Anbau der Nahrungsmittel<br />
bzw. für die Futtermittelproduktion,<br />
Verbrauch an Treibstoffen für Anbau<br />
und Transport, Wasserverbrauch,<br />
Auswirkungen der tierischen Fäkalien<br />
auf die Umwelt, gesundheitliche<br />
Auswirkungen (z.B. durch Erzeugung<br />
von Ozon bei der Produktion,<br />
Pestizidrückstände etc.).<br />
Die Ernährungspläne für die verschiedenen<br />
Kostformen stellte ein<br />
Ernährungswissenschaftler zusammen,<br />
um sicher zu gehen, dass alle<br />
3 Ernährungsweisen ausgewogen<br />
sind. Zum Vergleich wurde zusätzlich<br />
noch die übliche, sehr fleischreiche<br />
Ernährung mit einbezogen (als Beispiel<br />
wurde die italienische Ernährung<br />
verwendet).<br />
Bei der Analyse wurden für jeden<br />
negativen Effekt auf die Umwelt<br />
Punkte vergeben.<br />
Aus dem Resultat sieht man bereits<br />
auf den ersten Blick, dass die übliche<br />
fleischreiche Kost mit Abstand<br />
die grössten Umweltschäden verursacht:<br />
Deren Auswirkungen sind<br />
zweieinhalbmal so hoch wie die einer<br />
ausgewogenen omnivoren Ernährung<br />
(auch mit Fleisch, Eiern und<br />
Milchprodukten). Verglichen mit der<br />
ausgewogenen omnivoren Ernährung<br />
schnitt die vegetarische Ernährung<br />
jedoch noch um 35% besser ab<br />
und die vegane Ernährung hatte<br />
sogar über 60% weniger schädliche<br />
Auswirkungen auf die Umwelt.<br />
Bei einem Umstieg von der konventionellen<br />
auf die biologische Ernährung<br />
konnten die Auswirkungen auf<br />
die Umwelt bei der omnivoren Ernährung<br />
um über 40% gesenkt werden,<br />
bei der vegetarischen und veganen<br />
Ernährung um rund 30%.<br />
Wenn ein Durchschnittsitaliener von<br />
seiner üblichen Ernährung auf eine<br />
ausgewogene biologisch-vegane Ernährung<br />
umsteigt, könnte er die<br />
Umweltauswirkungen seiner Ernährung<br />
um fast 90% reduzieren.<br />
Zusammengefasst lässt sich also sagen:<br />
Je weniger tierische Produkte in<br />
der Ernährung verwendet werden<br />
und je mehr davon biologisch produziert<br />
wurden, desto umweltfreundlicher<br />
ist es.<br />
Renato Pichler<br />
Die Studie kann hier eingesehen<br />
werden:<br />
www.nature.com/ejcn/journal/vaop/<br />
ncurrent/abs/1602522a.html<br />
mit Fleisch<br />
vegetarisch<br />
vegan<br />
mit Fleisch<br />
vegetarisch<br />
vegan<br />
100 %<br />
64 %<br />
37 %<br />
58 %<br />
44 %<br />
26 %<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 17
Ausland<br />
Europäische Vegetarier-Union<br />
Pressemeldung zum Welternährungstag – 16. Okt. 2006<br />
Heutzutage hungern 815 Millionen Menschen, das sind 17 Prozent<br />
der Bevölkerung in Entwicklungsländern. Der Prozentsatz hat sich<br />
seit 1990 (20 Prozent) nicht erheblich verringert, und es ist zu befürchten,<br />
dass er auch im Jahr 2015 immer noch auf einem nicht akzeptablen<br />
hohen Niveau (11 Prozent) liegen wird.<br />
Ein Mangel an Nahrungsmitteln<br />
führt schon unter «normalen» Umständen<br />
zu dramatischen Folgen,<br />
aber wie wird die Situation aussehen,<br />
wenn auch noch die Ernten schlecht<br />
ausfallen?<br />
Und sie sind schlecht: Schwierige klimatische<br />
Bedingungen in verschiedenen<br />
Teilen der Welt, besonders in<br />
Australien, Argentinien und Brasilien,<br />
ruinieren gegenwärtig die Ernten.<br />
Andauernde Hitzeperioden und Dürre<br />
bedrohen aber auch zukünftige<br />
Erträge, sodass ein erheblicher Rückgang<br />
der Reserven zu befürchten ist.<br />
Geschrumpfte Vorräte und hohe<br />
Preise werden viel Elend bringen.<br />
Der Grund dafür, dass der Bedarf an<br />
Getreide die weltweite Produktion<br />
übersteigt, ist eine Konsequenz des<br />
ständig wachsenden Fleischverbrauchs.<br />
Bedauerlicherweise ist ein<br />
Eingeständnis dieser Tatsache<br />
nirgendwo zu finden. Die einzige<br />
Reaktion auf das bedrohliche Szenario<br />
besteht in Warnungen, aber wel-<br />
che Hilfe bieten Sirenen, wenn nicht<br />
gleichzeitig ein sicherer Weg aus der<br />
Notsituation aufgezeigt werden<br />
kann?<br />
Sollte irgendeine Organisation, national<br />
oder international, einen Gesamtplan<br />
zur Lösung des Problems<br />
vorlegen können, dann ist dies nun<br />
der ideale Augenblick dafür, damit<br />
nicht einfach wieder zur Tagesordnung<br />
übergegangen wird: Reiche<br />
füttern ihre Tiere mit Getreide, Mais<br />
und Sojabohnen, aber die Kinder der<br />
Armen müssen hungern.<br />
Die Europäische Vegetarier-Union<br />
weist darauf hin, dass die Bedrohung<br />
durch schlechte Ernten erneut die<br />
Dringlichkeit unterstreicht, den Hunger<br />
in der Welt mit einem neuen<br />
Konzept zu bekämpfen: <strong>Vegetarismus</strong>.<br />
Diese friedliche Lebensweise kann<br />
verhindern, dass weiterhin Ressourcen<br />
durch die Fleischwirtschaft verschleudert<br />
werden: 6000 Kilo Karotten,<br />
4000 Kilo Äpfel oder 1000 Kilo<br />
Kirschen können auf der gleichen<br />
Landfläche geerntet werden, die<br />
nicht mehr als 50 Kilo Rindfleisch<br />
produziert.<br />
Eine derart unerhörte Extravaganz<br />
zwingt zum Umdenken, denn Fleisch<br />
ist ein Luxus, den wir uns im Namen<br />
von Menschlichkeit und Solidarität<br />
nicht mehr länger erlauben können.<br />
Renato Pichler<br />
Präsident<br />
Europäische Vegetarier-Union<br />
Website: www.euroveg.eu<br />
Anmerkung:<br />
Die EVU-Talks 2007 unter dem Titel<br />
«The veggie answer to world hunger»<br />
(Die Antwort der Vegetarier auf<br />
den Hunger in der Welt) bieten eine<br />
Gelegenheit, dieses globale Problem<br />
zu diskutieren.<br />
www.euroveg.eu/lang/en/events/<br />
evutalks/2007.php<br />
Russischer Spielfilm über Tierschutz und <strong>Vegetarismus</strong><br />
Tierschutzprobleme wurden von TV<br />
und Kino bislang nur in Dokumentarfilmen<br />
behandelt. Die in Charkov<br />
(Ukraine) angesiedelte Tierschutzorganisation<br />
CETA hat in ihrer eigenen<br />
Kinogesellschaft «Neues Leben»<br />
nun erstmals dem Umgang des Menschen<br />
mit dem Tier einen russischen<br />
– englisch untertitelten – zweieinhalbstündigen<br />
Spielfilm gewidmet:<br />
«Insanity. Challenge and Fight»<br />
(Bezumie. Vyzov i bor’ba). Das Sujet<br />
vereint kriminalistische und melodramatische<br />
Elemente. Mitgewirkt haben<br />
an diesem nichtkommerziellen,<br />
vom Präsidenten der CETA, Igor<br />
Parfenov, geleiteten Unternehmen<br />
berühmte russische und ukrainische<br />
Schauspieler, Sänger und Spitzensportler.<br />
Das Schicksal der auftretenden<br />
Tiere (Schimpansen, Hunde,<br />
Pferde, Hirsche, Bären, Wildschweine<br />
u.a.) ist vielfältig mit dem der<br />
Menschen in Beziehung gesetzt, oft<br />
parallelisiert.<br />
«Wahnsinn» ist der DVD-Film aus<br />
zwei Gründen betitelt. Zum einen,<br />
weil der Hauptheld, der Schriftsteller<br />
Arthur Volskij, von korrumpierten<br />
Beamten ins Irrenhaus gesperrt wird,<br />
nachdem er am Fernsehen ein Jagdverbot<br />
gefordert hat; er entkommt,<br />
wird aber am Ende Opfer eines<br />
Mordanschlags. Zum anderen, weil<br />
der Umgang mit dem Tier – Intensivmethoden<br />
der Züchtung und Mästung,<br />
Schlachtung in der Tierindustrie,<br />
Walfang und Pelzwirtschaft<br />
– eine wahnsinnige Gefährdung der<br />
Lebensressourcen mit sich bringt.<br />
Peter Brang<br />
18<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Tierschutz<br />
Auszug aus dem Tierschutzhandbuch<br />
Im letzten Vegi-Info wurde das Tierschutzhandbuch der Stiftung DAS TIER + WIR vorgestellt. Hier folgt nun der<br />
angekündigte Auszug aus dem Handbuch. Das Handbuch wird von den Tierethiklehrern der Stiftung verwendet,<br />
die auf Einladung kostenlose Tierschutzlektionen an Kindergärten, Schulen und Lehranstalten erteilen. Das 61-<br />
seitige Handbuch wird an SVV-Mitglieder und -Gönner kostenlos abgegeben, für alle anderen zum Selbstkostenpreis<br />
von Fr. 5.–. Es kann über die SVV oder direkt bei der Stiftung (E-Mail: ethik@tierundwir.ch oder Tel./Fax: 031<br />
351 19 06) bezogen werden.<br />
Nebst dem Kapitel Hühner, das hier gekürzt wiedergegeben wird, enthält es auch noch folgende Kapitel: Pferde/<br />
Esel, Rinder, Schweine, Gänse/Enten, Kaninchen, Versuchstiere, Pelz/Leder, Zoos/Zirkus, Delikatessen und andere.<br />
Wusstest du, dass …<br />
… Hühner am liebsten in Gruppen von max. 50 Tieren<br />
leben, in denen sie sich gegenseitig genau kennen?<br />
… zu einer Hühnerschar auch ein Hahn gehört, der für<br />
Ordnung sorgt, den Hennen Futter sucht und anzeigt<br />
und seine Hühnerschar vor Feinden beschützt?<br />
… Hühner Auslauf ins Freie brauchen, wo sie sonnenbaden<br />
und nach Futter scharren können?<br />
… Hühner für die Pflege ihres Gefieders im Sand baden<br />
und danach mit den Flügeln schlagen, um mit dem<br />
Sand auch Schmutz und Ungeziefer loszuwerden?<br />
… Vögel von Natur aus nur 1–2 Mal pro Jahr Eier legen?<br />
Die enormen Eierlegeleistungen unserer Hühner<br />
wurden ihnen angezüchtet.<br />
… sie zum Eierlegen und Brüten ein ruhiges, zugfreies<br />
Nest brauchen, wo sie sich sicher fühlen können?<br />
… sie während der Brutzeit jeweils nur kurz das Nest verlassen,<br />
um zu essen und zu trinken?<br />
…Hühner ihre Küken<br />
fürsorglich behüten,<br />
ihnen vorpicken, was<br />
sie fressen können,<br />
und sie energisch<br />
und erfolgreich sogar<br />
vor Katzen beschützen?<br />
… sie sich mit den Küken<br />
und auch mit<br />
den andern Hühnern<br />
mit differenziertem<br />
Gackern verständigen?<br />
…der Schnabel des<br />
Huhns ein Sinnesorgan<br />
ist, das bis in die Spitzen mit Nerven versehen<br />
ist?<br />
… Hühner sehr friedliche Tiere sind, sofern sie genügend<br />
Platz haben?<br />
… sie unter natürlichen Bedingungen eine Lebenserwartung<br />
von 15 bis 20 Jahren haben?<br />
Und trotzdem …<br />
…dürfen laut schweizerischer Gesetzgebung bis zu<br />
27000 Hühner zusammen in Tierfabriken gehalten<br />
werden (im Ausland sind sogar über 100 000 Tiere pro<br />
Betrieb üblich). Bei über 50 Tieren herrscht das Chaos<br />
und der psychische Stress schwächt das Immunsystem.<br />
Dadurch erhöht sich die Anfälligkeit für verschiedene<br />
Krankheiten wie z.B. die Vogelgrippe.<br />
…werden Lege- und Masthühner in der Bodenhaltung<br />
in riesigen Hallen bei Kunstlicht gehalten, ohne je frische<br />
Luft atmen zu können oder die Sonne zu sehen.<br />
…haben bei zu grossen Beständen die rangniederen<br />
Hühner meist keinen Zugang zum Sandbad (sofern<br />
ein solches überhaupt vorhanden ist).<br />
…werden die Legehühner aus Bodenhaltung und meist<br />
auch die aus Freilandhaltung vor der ersten Mauser<br />
(Wechsel des Federkleides) geschlachtet. Sie werden<br />
also nur etwa ein Jahr alt.<br />
…werden Hühner derart überzüchtet, dass sie ab ca.<br />
dem 21. Lebenstag jeden Tag ein Ei legen, was eine<br />
grosse Belastung ist für ihren Körper.<br />
…werden die Küken künstlich ausgebrütet, ohne dass<br />
sie je die Fürsorge einer Mutter erleben dürfen.<br />
…ist es erlaubt, den Küken die hoch empfindliche<br />
Schnabelspitze abzuschneiden, um sie am gegenseitigen<br />
Federnpicken (aus Frust und Platzmangel) zu hindern.<br />
…werden in den Eierproduktionsbetrieben Millionen von<br />
«unnützen» männlichen Küken gleich nach dem<br />
Schlüpfen aussortiert und vergast oder lebendigen Leibes<br />
gehäckselt.<br />
…werden in riesigen Hallen die Masthühner in 5 Wochen<br />
auf ihr Schlachtgewicht gemästet, wobei sie<br />
durch die schnelle Gewichtszunahme unter verkrüppelten<br />
Gliedmassen und geschädigten inneren Organen<br />
leiden.<br />
…werden die Hühner nach dem üblichen grauenvollen<br />
Transport an ihren Füssen kopfüber am Fliessband aufgehängt,<br />
wo sie mehrere Minuten hängen, bevor sie<br />
maschinell getötet werden.<br />
... dürfen Hühner in der Schweiz aus Rücksicht auf religiöse<br />
Vorstellungen im Islam und Judentum ohne vorherige<br />
Betäubung geschlachtet werden.<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 19
Rezepte<br />
Rezepte<br />
Ingwer-Tropfen<br />
Zutaten:<br />
120 g pflanzliche Margarine<br />
50 g Rohrohrzucker<br />
1 TL Vanillezucker<br />
50 g Ingwer, kandiert und fein<br />
gehackt<br />
200 g Mehl<br />
evtl. 1–2 EL Sojamilch<br />
Zum Garnieren:<br />
dunkle Kuchenglasur<br />
Zubereitung:<br />
Die Margarine mit dem Rohrohrzucker<br />
und Vanillezucker schaumig<br />
rühren. Den Ingwer und das Mehl<br />
hinzufügen und alles zu einem geschmeidigen<br />
Teig verarbeiten. Falls er<br />
zu fest ist, etwas Sojamilch dazugeben.<br />
Zugedeckt ca. 1 Stunde in<br />
den Kühlschrank stellen. Danach auf<br />
etwas Mehl auswallen und Tropfen<br />
ausstechen. Auf ein mit Backpapier<br />
belegtes Blech legen. Im vorgeheizten<br />
Backofen bei 180 Grad ca.<br />
15 bis 20 Minuten backen. Auf einem<br />
Kuchengitter auskühlen lassen.<br />
Kuchenglasur schmelzen, die Ingwer-<br />
Tropfen seitlich bis etwa zur Hälfte<br />
hineintauchen. Glasur trocknen lassen.<br />
Varianten:<br />
Anstelle Ingwer fein gehacktes Orangeat<br />
verwenden.<br />
Kekse anstatt Tropfen ausstechen.<br />
Auf die noch feuchte Kuchenglasur<br />
gehackte Mandeln streuen.<br />
Sesam-Mandel-<br />
Häufchen<br />
Zutaten:<br />
50 g Sesam, geschält oder<br />
ungeschält<br />
100 g Mandelstifte<br />
65 g Agavendicksaft<br />
1 TL Vanillezucker<br />
Zubereitung:<br />
Sesam und Mandelstifte ohne Fett in<br />
einer Pfanne hellbraun rösten.<br />
Agavendicksaft und Vanillezucker<br />
dazugeben und kurz mitrösten, bis<br />
alles eine schöne Farbe hat. Masse<br />
in der Pfanne etwas abkühlen lassen,<br />
dann mit 2 Teelöffeln walnussgrosse<br />
Häufchen auf ein Backpapier setzen,<br />
Ränder gut zusammendrücken (die<br />
Nussmischung muss dazu noch<br />
warm sein) und schön rund formen.<br />
Erkalten lassen.<br />
Brunsli<br />
Zutaten:<br />
200 g Zucker<br />
250 g Mandeln, gerieben<br />
100 g Bitterschokolade, gerieben<br />
½ TL Zimt<br />
3 EL Kirsch<br />
ca. 2–3 EL Wasser<br />
Zubereitung:<br />
Zucker, Mandeln, Schokolade, Zimt<br />
gut mischen, Kirsch und so viel Wasser<br />
dazugeben, dass ein zäh-klebriger<br />
Teig entsteht. Gut mit den Händen<br />
kneten. Den Teig auf wenig Zucker<br />
auswallen, beliebige Formen<br />
ausstechen und auf ein mit Backpapier<br />
belegtes Blech legen. Die<br />
Brunsli zwei Tage bei Zimmertemperatur<br />
trocknen lassen.<br />
20<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Tierschutz / Gesundheit<br />
Rezepte / Produkte<br />
Nusskugeln<br />
Zutaten:<br />
100 g Pekan- oder Walnüsse<br />
220 g pflanzliche Margarine, in<br />
Stücke geschnitten<br />
120 g Puderzucker<br />
1 gestrichener TL Zimt<br />
1 TL Vanillezucker<br />
1 Prise Salz<br />
220 g Mehl<br />
Zum Wälzen:<br />
Puderzucker<br />
Anzeige:<br />
Zubereitung:<br />
Die Nüsse auf einem Backblech bei<br />
180 Grad 8 bis 10 Minuten unter<br />
gelegentlichem Schütteln goldbraun<br />
rösten. Auf einem Teller abkühlen<br />
lassen, sehr fein mahlen.<br />
Margarine mit Puderzucker schaumig<br />
rühren, Zimt, Vanillezucker, Salz,<br />
Nüsse und Mehl beigeben und so<br />
lange verarbeiten, bis ein lockerer<br />
Teig entstanden ist. Abgedeckt für 1<br />
bis 2 Stunden in den Kühlschrank<br />
stellen.<br />
Mit leicht bemehlten Händen Kugeln<br />
von 2 cm Durchmesser formen, mit<br />
ca. 4 cm Abstand auf ein mit Backpapier<br />
belegtes Blech setzen. Im vorgeheizten<br />
Backofen bei 180 Grad 12<br />
bis 15 Minuten backen, bis sie leicht<br />
gebräunt sind. Auf einem Kuchengitter<br />
etwas abkühlen lassen und<br />
dann in Puderzucker wälzen.<br />
Entdecken Sie die vielfältigen Möglichkeiten<br />
unserer rein pflanzlichen Alternativen zu<br />
Fleisch.<br />
Wir sind stolz darauf, in<br />
unserer Verwandtschaft schon<br />
die 4. Generation von<br />
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Die originellen Kosmetikideen<br />
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kontrolliert.<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 21
Tierschutz<br />
Eine Affen-Invasion hält Neu-Delhi in Atem<br />
In der indischen Hauptstadt haben<br />
sich mehr als 5000 Makaken über<br />
viele Jahre ein glückliches Stadtleben<br />
erkämpft, das sie auch recht vermehrungsfreudig<br />
werden liess, denn an<br />
Nachwuchs fehlt es nicht.<br />
Auch Futter für die wachsende Zahl<br />
der Fassadenkletterer ist reichlich<br />
vorhanden, denn menschliche Freunde<br />
sorgen für regelmässigen Nachschub,<br />
offen stehende Fenster und<br />
Türen laden zu Besuchen in fremde<br />
Wohnungen ein, in denen die Einrichtung<br />
neu zu ordnen und der<br />
Kühlschrank sauber auszuräumen ist,<br />
und von Schulkindern, Passanten<br />
und Gemüsehändlern lässt sich Proviant<br />
ziemlich mühelos klauen. Sogar<br />
die Angehörigen von Ministerien<br />
müssen aufpassen, dass ihnen ihre<br />
Verpflegung nicht vom Schreibtisch<br />
gerissen wird, denn die im Grünen<br />
liegenden Regierungsviertel sind bei<br />
den kletterfreudigen Tieren, die auch<br />
den Besuch im Büro des Premiermi-<br />
nisters nicht scheuen, ganz besonders<br />
beliebt.<br />
Die Affen wurden zu Meistern im<br />
Drangsalieren menschlicher Stadtbewohner,<br />
sie mobben und beissen<br />
sie, bestehlen sie, verwüsten ihre<br />
Wohnungen, legen Stromversorgung<br />
lahm, graben Gärten um, öffnen<br />
Mülleimer und verteilen den Inhalt<br />
und schummeln sich in Züge<br />
und U-Bahnen.<br />
Sogar Asiens grösster Gerichtskomplex<br />
Tis Hazari litt unter der Affen-Invasion.<br />
Rechtsanwälte und Klienten<br />
waren den Attacken der Tiere,<br />
die kräftig zubeissen können, ausgesetzt.<br />
Ein verärgerter Richter beim<br />
Obersten Gericht schimpfte: «Wenn<br />
man die Affen nicht einfangen kann,<br />
macht man eben besser die Einrichtung<br />
zu.»<br />
Krieg der Spezies?<br />
Was kann man gegen die charismatischen<br />
Übeltäter tun in einem Land,<br />
in dem Hindus den<br />
Affengott Hanuman<br />
verehren und<br />
Gewalt gegen Affen<br />
nicht akzeptabel<br />
ist?<br />
Versuche, die aus<br />
ihrem ursprünglichen<br />
Lebensraum<br />
vertriebenen Vandalen<br />
durch mit<br />
Languren-Affen<br />
besetzte Patrouillen<br />
zur Räson zu<br />
bringen, schlugen<br />
fehl, denn die verjagten<br />
Makaken<br />
kamen einfach zurück,<br />
nachdem die<br />
vom Verteidigungsministerium<br />
angestellten Languren<br />
Feierabend<br />
hatten. Hochfrequenz-Lautsprecher<br />
brachten genauso<br />
wenig Erfolg<br />
wie Geburtenkontrolle.<br />
Ratlos hat das indische Verfassungsgericht<br />
im Oktober 2006 die Abschiebung<br />
von 300 Tieren in die<br />
Wälder des zentralindischen Bundesstaates<br />
Madhya Pradesh angeordnet<br />
und will für die Rehabilitation auch<br />
ordentlich in die Tasche greifen. Die<br />
widerstrebenden Gastgeber aber<br />
haben sich bis jetzt erfolgreich gegen<br />
die schwierigen Einwanderer<br />
gewehrt, denn sie haben immer<br />
noch alle Hände voll zu tun mit einer<br />
ihnen im Jahr 2004 zugeführten<br />
Affengruppe, die sie «die Wände<br />
hochtreibt».<br />
Nun hocken die Diebe in Käfigen<br />
und eine Lösung des Dilemmas ist<br />
nicht in Sicht. Tierschützer protestieren<br />
gegen die Gefangennahme und<br />
weisen darauf hin, dass die Affen<br />
diese Art der Haltung nicht lange ertragen<br />
können und dahinsiechen<br />
werden.<br />
«Lasst die Affen in Ruhe», fordert die<br />
Abgeordnete Maneka Gandhi.<br />
Welche Alternativen haben diejenigen,<br />
die die Entscheidungen im besten<br />
Interesse von Mensch und Tier<br />
treffen müssen? Wenn auch im Moment<br />
zufriedenstellende Lösungen<br />
fehlen, so mangelt es doch nicht an<br />
gutem Willen der indischen Bundesregierung,<br />
denn in allen anderen<br />
Ländern ist jeder Konflikt mit Tieren<br />
schnell gelöst. Man denke nur an das<br />
Schicksal des Bären Bruno in Bayern<br />
oder an die Wölfin, die Ende Oktober<br />
2006 im Goms erschossen wurde.<br />
Herma Caelen<br />
Nächste Seite: Interview mit einer Inderin<br />
vor Ort<br />
➥<br />
22<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Tierschutz / Tierverhalten<br />
Die Inderin Lobsang hat in Neu-Delhi<br />
studiert und die Affen-Situation vor<br />
Ort beobachtet. Sie gab uns ein Interview:<br />
Vegi-Info: Welche Erfahrungen<br />
hast du gemacht mit den Stadtaffen<br />
in Neu-Delhi?<br />
Lobsang: Ich finde sie schrecklich. Ich<br />
habe Angst vor ihnen. Wenn sie sehen,<br />
dass man kaut, kommen sie<br />
und reissen einem das Essen aus der<br />
Hand. Sie beissen auch. Ihre Bisse<br />
und Kratzwunden sind gefährlich,<br />
denn sie entzünden sich schnell. Am<br />
sichersten ist es, sofort zum Arzt zu<br />
gehen.<br />
Es sind also keine zahmen Tiere?<br />
In Indien hält man normalerweise<br />
keine Affen als Haustiere, es sei<br />
denn, man will mit ihnen Geld verdienen,<br />
indem man ihnen Tricks beibringt<br />
und sie in Kleider steckt. Im<br />
Allgemeinen sind die Affen wild und<br />
ziemlich aggressiv. Sie attackieren vor<br />
allem Leute, die allein sind, und kleine<br />
Kinder. Sogar wenn man ihnen<br />
Essen anbietet, kann es passieren,<br />
dass sie einem in die Hand beissen.<br />
Bist du auch angegriffen worden?<br />
Nein, das nicht. Aber als ich eines<br />
Tages vergessen hatte, meine Wohnung<br />
ordentlich abzuschliessen, sah<br />
ich einen Affen aus dem Fenster<br />
springen, als ich abends nach Hause<br />
kam. Allerdings hat das Tier nichts<br />
zerstört und auch nichts Essbares<br />
gefunden, denn meine Lebensmittel<br />
sind gut verstaut.<br />
Die Angriffe und Einbrüche scheinen<br />
also ein Mittel zur Nahrungsbeschaffung<br />
zu sein. Was fressen<br />
die Affen?<br />
Alles, was sie finden oder klauen<br />
können. Und dann verzehren sie es<br />
wie Menschen: Sie pellen die Schale<br />
von der Banane und knacken die<br />
Erdnüsse auf, bevor sie sie essen.<br />
Und du magst die Stadtaffen<br />
nicht, obwohl sie so possierlich<br />
sind?<br />
Nein, ich finde sie wirklich ganz<br />
furchtbar und mache einen grossen<br />
Bogen um sie. Aber nicht alle sind<br />
meiner Meinung; eine Freundin von<br />
mir ist ganz verliebt in die Tiere.<br />
Unterschätzte Tiere<br />
Elefanten erkennen ihr Spiegelbild<br />
Amerikanische Forscher haben asiatischen<br />
Elefanten grosse Spiegel in<br />
ihre Gehege gestellt, um ihre Reaktion<br />
darauf zu testen. Die Reaktion<br />
der drei Dickhäuter war ganz anders,<br />
als wenn sie fremden Elefanten begegnen:<br />
Statt zumindest ein wenig<br />
zu trompeten, blieben sie still. Sie<br />
beschnupperten den Spiegel, fingen<br />
an, Bewegungen zu wiederholen<br />
und inspizierten ihren Körper. Die<br />
Elefantendame «Maxine» benutzte<br />
sogar ihren Rüssel, um ihr Ohr näher<br />
an den Spiegel zu bringen. «Happy»<br />
bestand sogar den ultimativen<br />
Test: Ihr wurde ein weisses Kreuz auf<br />
den Kopf geklebt. Als sie sich damit<br />
im Spiegel sah, schlug sie mit dem<br />
Rüssel an die Markierung an ihrem<br />
Kopf und nicht an das Spiegelbild.<br />
Für die Forscher ist das ein klares Zeichen,<br />
dass sich die Tiere selbst erkennen.<br />
Bislang billigte man nur einigen<br />
wenigen Tieren zu, sich selbst im<br />
Spiegel erkennen zu können, dass<br />
nun auch die Elefanten dazugehören<br />
beweist, wie viel es noch gibt, was<br />
wir noch nicht über die Tierwelt wissen.<br />
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />
Gedächtniskünstler Pavian und Taube<br />
In einer kürzlich erschienenen Studie<br />
untersuchte man das Erinnerungsvermögen<br />
von Wirbeltieren. Dazu wurden<br />
einem Pavian und einer Taube<br />
Bilder gezeigt, zu denen entweder<br />
links oder rechts vom Bild eine Taste<br />
aufleuchtete. Die Aufgabe der Tiere<br />
bestand darin, bei wiederholtem Zeigen<br />
eines Bildes die dazugehörige<br />
Taste zu wählen. Die Paviane benutzten<br />
dazu Joysticks, während die Tauben<br />
auf die Tasten pickten. Über die<br />
Jahre hinweg kamen immer mehr<br />
Bilder hinzu und zuletzt erreichte der<br />
Pavian bei einer Sammlung von mehr<br />
als 6000 Bildern eine Trefferquote<br />
von 80 Prozent. Die Grenze der<br />
Gedächtnisleistung der Paviane<br />
könnte noch höher liegen, meinen<br />
die Forscher, jedoch wurde die Studie<br />
hier beendet. Die Tauben lagen<br />
weit hinter den Affen, aber erreichten<br />
dennoch bemerkenswerte Zahlen:<br />
So lag die Taube bei fast 2000<br />
Bildern zu 67,6 Prozent richtig.<br />
Die Wissenschaftler gehen nun<br />
davon aus, dass die Fähigkeit, riesige<br />
Informationsmengen speichern<br />
zu können, grundlegend und weit<br />
verbreitet bei den Wirbeltieren ist.<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 23
Diverses<br />
Kurzmeldungen aus der Presse<br />
«Pelzfrei-Label» für<br />
Modegeschäfte<br />
Der Zürcher Tierschutzbund<br />
hat ein «Pelzfrei-<br />
Label» lanciert. Mit dem<br />
Gütesiegel will die Organisation<br />
Ladenbesitzer<br />
oder Modegeschäfte auszeichnen,<br />
die keine Kleider<br />
aus oder mit Pelz verkaufen.<br />
www.evana.org/index.php?id=16575<br />
Fast jedes zweite Ei wird in<br />
China gelegt<br />
LME Aktuell – Lebensmittel und Ernährung<br />
(12.10.2006)<br />
Entsprechend dem wachsenden Bedarf<br />
hat sich die Eier-Erzeugung auf<br />
dem Globus seit 1970 verdreifacht!<br />
Insgesamt wurden im Jahr 1970<br />
weltweit 19,538 Millionen Tonnen<br />
Eier erzeugt. Bis 2005 stieg die Erzeugung<br />
rasant an<br />
und erreichte<br />
59 ,434 Millionen<br />
Tonnen.<br />
Den grössten<br />
Anstieg der Erzeugung<br />
vermeldet<br />
China.<br />
Mittlerweile<br />
stammt fast jedes<br />
zweite auf der Welt gelegte Ei<br />
von chinesischen Hennen.<br />
Schädigt gepökeltes Fleisch<br />
die Lunge?<br />
Und wieder eine Meldung über die<br />
gesundheitsschädlichen Auswirkungen<br />
des Fleischkonsums:<br />
«Gepökeltes Fleisch sollte nicht täglich<br />
auf dem Speisezettel stehen.»<br />
Diese Empfehlung lässt eine US-Studie<br />
zu. Nach den Daten beeinträchtigt<br />
ein häufiger Verzehr die Lungenfunktion.<br />
Eine Arbeitsgruppe hat<br />
nachgewiesen, dass Nitrite aus gepökeltem<br />
Fleisch Veränderungen der<br />
Lunge hervorrufen können, wie sie<br />
auch beim Lungenemphysem vorkommen.<br />
Ausgelöst wird die Lungenschädigung<br />
vermutlich durch die<br />
Nitrite, die Wurst, Speck, Salami, geräuchertem<br />
Schinken oder Fertiggerichten<br />
zugesetzt sind. Diese<br />
Pökelsalze konservieren Fleisch und<br />
Wurst, indem sie Bakterien abtöten.<br />
Ausserdem verleihen sie den Waren<br />
das besondere Aroma und die rötliche<br />
Farbe. Im Körper allerdings wandeln<br />
sich die Nitrite in toxische<br />
Stickstoffverbindungen um.<br />
Fischfreie Meere<br />
Gleich zwei unabhängige Studien<br />
über die Zukunft der Fischerei sind<br />
zum gleichen Ergebnis gekommen:<br />
Die Fischpopulationen der Weltmeere<br />
machen die Übernutzung nicht<br />
mehr lang mit, spätestens in 50 Jahren<br />
werden die Ozeane leer gefischt<br />
sein! Gemäss den Forschern kann<br />
nur rasches Handeln den drohenden<br />
Kollaps noch abwenden. Zur massiven<br />
Ausbeutung der Ozeane trägt<br />
nicht nur der hohe Bedarf an<br />
Meerestieren bei, sondern auch die<br />
Tatsache, dass in der Industrie-Fischerei<br />
eine grosse Anzahl anderer Tierarten<br />
als Beifang getötet werden.<br />
Dazu gehören vom Aussterben bedrohte<br />
Vögel, Meeresschildkröten<br />
sowie Wale und Delfine.<br />
Steve Palumbi von der Stanford<br />
University in Kalifornien meint dazu:<br />
«Wenn wir unser Management für<br />
die Meere als lebende und funktionierende<br />
Ökosysteme nicht fundamental<br />
ändern, ist dies das letzte<br />
Jahrhundert, in dem es Meeresfrüchte<br />
aus der Natur geben wird.»<br />
Auch Fischzuchten bieten keinen<br />
Ausweg, da diese vor allem mit<br />
Meeresfischen gefüttert werden.<br />
Für Vegetarier ist dabei schon lange<br />
klar: Der einfachste und sicherste<br />
Weg, die Meerestiere vor dem Aussterben<br />
zu bewahren, ist der, in Zukunft<br />
ganz auf den Fischkonsum zu<br />
verzichten.<br />
Die <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong> ist<br />
auch in der Romandie präsent:<br />
Association Suisse pour le Végétarisme (ASV)<br />
27, chemin de Pierrefleur, CH-1004 Lausanne<br />
E-Mail: asv@vegetarisme.ch, Internet: www.vegetarisme.ch<br />
Bestellen Sie eine kostenlose Probenummer der französischen<br />
Vegi-Info-Ausgabe (sie enthält auch Artikel, welche in der<br />
deutschen Ausgabe nicht vorhanden sind).<br />
Tel. deutsch: 071 477 33 77, Fax: 071 477 33 78.<br />
Das nächste Vegi-Info erscheint Ende März 2007.<br />
Bitte Artikel(-Vorschläge), Leserbriefe, Anzeigen<br />
etc. rechtzeitig einsenden.<br />
Redaktionsschluss: Ende Februar 2007<br />
Impressum<br />
«Vegi-Info», Zeitschrift für <strong>Vegetarismus</strong>, Tierrecht und Ethik (ISSN 1660-0797)<br />
«Vegi-Info» ist als offizielles Mitteilungsorgan der <strong>Schweizerische</strong>n<br />
<strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong> (SVV) kostenlos für Mitglieder.<br />
Gönnerbeitrag: Fr. 35.– / Abo: Fr. 25.– auf das PC-Konto Nr. 90-21299-7<br />
Erscheinungsweise: Vierteljährlich auf Deutsch und Französisch<br />
Herausgeber: SVV, Bahnhofstr. 52, CH-9315 Neukirch (Egnach)<br />
Internet: www.vegetarismus.ch/heft – svv@vegetarismus.ch<br />
Redaktion: Renato Pichler, Bernadette Raschle, Lektorin: Josie Wendt<br />
Standaktionen: Peter Beck, Standaktionen@vegetarismus.ch<br />
Romandie: Renée Maier, Ananda Tyrell<br />
Belgien: Végi-Info, Herma Caelen, 26, Rue Moncoureur, B-7011 Ghlin,<br />
Tel. +32(0)65/362584. E-Mail: OfficeBE@vegetarismus.org<br />
Layout: SVV, Bahnhofstr. 52, CH-9315 Neukirch, svv@vegetarismus.ch<br />
Druck: www.ideal-studio.cz<br />
Zeichnung Rückseite: K. Läuffer, katharina.laeuffer@vegetarismus.ch<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder. Die Schriftleitung behält sich das Recht auch zum<br />
auszugsweisen Abdruck eingesandter Zuschriften vor.<br />
24<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
Diverses<br />
Film-Matinee in Luzern:<br />
We feed the world<br />
Am 24. September wurde in<br />
Luzern der Dokumentarfilm im Rahmen<br />
einer Matinee mit anschliessendem<br />
Vortrag gezeigt.<br />
Die Aktion Kirche und Tier hat diese<br />
Veranstaltung initiiert und mitgemacht<br />
haben dabei «Brot für alle»,<br />
«oeku Kirche und Umwelt», der Tierschutzverein<br />
des Kantons Luzern und<br />
die SVV. Der eindrückliche Film über<br />
die Nahrungsmittelindustrie und<br />
-politik ist nun auch als DVD erhältlich.<br />
Weitere Informationen dazu unter:<br />
www.we-feed-the-world.at<br />
Ostschweiz: Neues Vegi-<br />
Restaurant in Herisau<br />
Seit November kann man die vegetarische<br />
Küche nun auch wieder in<br />
der Ostschweiz geniessen. Das Restaurant<br />
befindet sich im Erdgeschoss<br />
des Hauses «Rondomm Fit &<br />
Gsond» und ist selbstverständlich<br />
rauchfrei.<br />
In der Wirtschaft zum Störchli werden<br />
die Gäste mit abwechslungsreichen<br />
Menüs vegetarisch und vegan<br />
verwöhnt. Ein Geheimtipp sind besonders<br />
die hausgemachten veganen<br />
Ravioli mit saisonaler Füllung.<br />
Arthur Lüchinger begrüsst alle Gäste<br />
mit einem herzlichen «Willkomm».<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mo.–Sa. 10.00–14.00 und<br />
17.00–24.00 Uhr.<br />
Mittwochnachmittag und Sonntag<br />
geschlossen.<br />
Vegetarische Wirtschaft zum<br />
Störchli<br />
Arthur Lüchinger<br />
Schmiedgasse 33<br />
CH-9100 Herisau<br />
www.stoerchli.com<br />
info@stoerchli.com<br />
Reservieren Sie sich Ihren Aufenthalt<br />
unter Tel. 079 623 26 53 oder<br />
071 351 70 30.<br />
Das schlechte Gewissen ist der beste Barometer<br />
Wer von uns kennt das nicht, da gibt<br />
man jemandem eine Vegi-Broschüre<br />
mit der festen Überzeugung, ein sehr<br />
wertvolles Geschenk zu machen (was<br />
es in Wirklichkeit ja auch ist), und<br />
unser Gegenüber wirkt betroffen,<br />
zwingt sich dann zu einem verlegenen<br />
Lächeln und wenn wir Glück<br />
haben, gibt es noch ein kaum hörbares<br />
«Danke». Es gibt auch solche,<br />
die es gleich wegwerfen, wie z.B. die<br />
Verkäuferin an der Kasse von Body-<br />
Shop in Crissier. Ich fragte sie, um<br />
sicher zu sein, dass es sich um die<br />
zwei Broschüren handle, die ich ihr<br />
soeben gegeben hatte, denn sie tat<br />
es natürlich erst, als ich mich schon<br />
umgedreht hatte! Ich hielt nur meine<br />
Hand hin und betroffen grub sie<br />
im Abfallkübel und gab mir die zwei<br />
Broschüren zurück. Nachdem ich ihr<br />
die Richtlinien von Body-Shop in Erinnerung<br />
gerufen hatte (die ursprünglichen,<br />
als die Kette noch<br />
nicht von Loréal gekauft worden<br />
war), verlangte ich noch ihren Namen.<br />
Diese Betroffenheit haben wir Menschen<br />
ja immer, wenn wir entgegen<br />
der Richtigkeit handeln und dabei<br />
erwischt werden, der Barometer<br />
dafür ist das, was wir das Gewissen<br />
nennen.<br />
Eigentlich der beste Beweis, dass der<br />
Mensch kein Fleischesser ist. Das Ur-<br />
Engramm ist in jedem Lebewesen,<br />
nur dass die Tiere darüber nicht<br />
nachdenken und spekulieren können<br />
und essen, was ihnen in der grossen<br />
Naturharmonie zugeordnet ist. Deshalb<br />
brauchen sie auch keine Lehrer,<br />
Ärzte, Gerichte und Polizei. Wir müssen<br />
über lange Zeit dieses «verlorene<br />
Paradies» suchen, machen Fehler,<br />
um zu lernen und bewusst zu werden.<br />
Nur macht der Mensch den gleichen<br />
Fehler viele Male und über lange<br />
Zeit, das Tier hingegen macht einen<br />
Fehler nur einmal! Es kann ja<br />
schliesslich auch keine Pharmazeutika<br />
erfinden, um seine Fehler zu reparieren!<br />
Nun gibt es natürlich auch die anderen<br />
schönen Erfahrungen, die sogenannten<br />
Perlen, für die es sich lohnt,<br />
all die negativen in Kauf zu nehmen.<br />
Jene Menschen, die wir treffen, die<br />
bereit und dankbar sind für diese In-<br />
fos. Die sozusagen ein Aha-Erlebnis<br />
haben.<br />
So jemanden habe ich vor einem<br />
Monat getroffen, an einem Ort, wo<br />
ich es zuletzt erwartet hätte (ist doch<br />
oft so im Leben). Immer mit reichlich<br />
Broschüren bestückt, auch auf<br />
Reisen, fühlte ich mich motiviert, einem<br />
jungen Berber auf einem Touristen-Markt<br />
in Hammamet (Tunesien)<br />
die Öko-Broschüre zu geben.<br />
Nach meinen kurzen Erklärungen<br />
strahlten seine Augen, obwohl ich<br />
nichts bei ihm gekauft hatte.<br />
Als ich mich ein paar Tage später<br />
nochmals auf diesem Markt aufhielt,<br />
kam er erfreut und gestikulierend auf<br />
mich zu und es sprudelte regelrecht<br />
aus ihm heraus. Er sei Student und<br />
diese Informationen kämen ihm total<br />
gelegen, da stünde ja alles über<br />
die ökologischen Zusammenhänge<br />
drin, einfach ganz toll. Er drehte sich<br />
um, nahm eine wunderschöne<br />
Wüstensand-Blume und schenkte sie<br />
mir!<br />
Ananda Tyrell (Vizepräsidentin)<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 25
Veranstaltung / Vegi-Porträt<br />
Veranstaltung:<br />
Veganer-/Vegi-Treff<br />
Jeden 3. Freitag des Monats treffen<br />
sich Mitglieder der SVV (und Gäste)<br />
in einem vegetarischen Restaurant in<br />
Zürich zu einem Imbiss oder Nachtessen<br />
(auch vegan garantiert). Alle<br />
sind dazu herzlich willkommen. Die<br />
nächsten Daten sind: 19. Jan. 2007,<br />
16. Febr. und 16. März. Um eine genügende<br />
Anzahl Plätze reservieren zu<br />
können, ist eine Anmeldung bis<br />
spätestens 3 Tage vorher nötig.<br />
Tel./SMS: 078 764 25 95 an Maro.<br />
Neuer Heftabo- und Gönnerpreis<br />
Seit 1996 das erste Vegi-Info erschien, hat es sich stark entwickelt. Am<br />
offensichtlichsten war sicher der Übergang vom Schwarz-Weiss-Druck zum<br />
Farbdruck. Seit diesem Jahr wird es nun auch ungefaltet verschickt. Dies<br />
ermöglicht es, bei Bedarf auch mehr als 24 Seiten zu drucken. Beides erhöht<br />
sicher die Attraktivität des Heftes, verursacht aber auch Mehrkosten.<br />
Zudem nimmt auch die Arbeit im Sekretariat der SVV laufend zu.<br />
An der letzten SVV-Mitgliederversammlung wurde deshalb beschlossen,<br />
die Preise für das Vegi-Info zum allerersten Mal anzuheben.<br />
Neu gelten für das kommende Jahr:<br />
Heftabonnement Fr. 25.– (Heft in beiden Sprachen: Fr. 30.–)<br />
Gönner (inkl. Heft) Fr. 35.– (inkl. aller neuen SVV-Drucksachen)<br />
SVV-Mitglieder (inkl. Heft) Fr. 70.– (unverändert)<br />
Familienmitgliedschaft Fr.100.– (unverändert)<br />
Alle aktuellen Termine können Sie weiterhin im Internet unter folgender Adresse abrufen: www.vegetarismus.ch/<br />
termine.htm. Sie können sich auch in unsere Mailingliste eintragen, um ca. einmal monatlich über Aktuelles<br />
informiert zu werden: www.vegetarismus.ch/mailingliste<br />
Vegi-Porträt<br />
Vegetarier Roland Stiefel (63) aus Aarau, Leiter der Schweigewanderungen:<br />
«Essen ist etwas Intimes – ich will doch kein Leid in mich hineinnehmen!»<br />
Seit wann er Vegetarier ist, weiss<br />
der pensionierte Gymnasiallehrer<br />
nicht genau: «Etwa seit zehn, fünfzehn<br />
Jahren, das war ein fliessender<br />
Prozess.» So fliessend wie die Flüsse,<br />
denen er seine Schweige-<br />
Wander-Gruppen jeweils entlangführt.<br />
«Schweigen für die Tiere»<br />
nennt er die von ihm organisierten<br />
Wanderungen, welche 14-täglich<br />
stattfinden – sein ureigener Beitrag<br />
für eine bewusstere, tiergerechtere<br />
Welt. «Diese Märsche stärken das<br />
Bewusstsein der Teilnehmenden für<br />
Mitgeschöpflichkeit», sagt Roland<br />
Stiefel, «man fühlt sich am Schluss<br />
jeweils voll in Harmonie und energetisch<br />
aufgeladen.»<br />
Die Wanderungen dauern zwei bis<br />
drei Stunden, und er unterbricht sie<br />
ein paar Mal, um Fürbitten für die<br />
Tiere zu sprechen und die Mitwandernden<br />
zu einem geistigen Prozess<br />
zu inspirieren. «Für mich ist <strong>Vegetarismus</strong><br />
vor allem eine spirituelle<br />
Angelegenheit», erklärt Roland<br />
Stiefel. «Jeder Mensch wünscht sich<br />
doch, mit anderen Wesen und der<br />
Schöpfung verbunden zu sein. Wie<br />
ist das möglich, wenn man den Tod<br />
von Mitgeschöpfen verursacht?»<br />
Mitgeschöpfe ist ein Wort, das man<br />
selten hört. Er sagt es oft – warum?<br />
«Ich sage auch nicht Umwelt, sondern<br />
Mitwelt, weil wir doch mit allem,<br />
was uns umgibt, verbunden<br />
sind!»<br />
Mitgeschöpflichkeit hat schon seine<br />
Kindheit geprägt, die Eltern fühlten<br />
sich eng mit den Tieren verbunden.<br />
Nicht nur mit den eigenen Haustieren.<br />
Roland Stiefel erinnert sich, wie<br />
sie sich darüber empörten, dass in<br />
anderen Ländern Hahnen- und Stierkämpfe<br />
durchgeführt wurden, und<br />
ihm Artikel darüber vorgelesen hatten.<br />
«Das hat mich geprägt. Emotionell<br />
habe ich als Kind sehr viel gespürt.<br />
In der Nähe von Fischern habe<br />
ich mich sehr unwohl gefühlt, ich<br />
spürte wohl instinktiv, dass da etwas<br />
Unrechtes geschieht.»<br />
Heute ist er auf dem Weg, Veganer<br />
zu werden, und kann sich nicht vorstellen,<br />
jemals wieder in ein Stück<br />
Tier zu beissen. «Essen ist doch etwas<br />
Ganzheitliches, Intimes, es kann<br />
doch nicht gut sein, wenn man das<br />
auf Kosten eines anderen<br />
Lebewesens macht<br />
und dessen Leid in sich<br />
hineinnimmt!» Ihm ist<br />
bewusst, dass nicht jeder<br />
gleich weit ist:<br />
«Aber man kann andere<br />
mit Überzeugungskraft<br />
dazu inspirieren,<br />
ihr Bewusstsein für die<br />
Mitgeschöpfe zu stärken.»<br />
Und dass es manchmal etwas Zeit<br />
braucht, bis aus einem Tierliebhaber<br />
ein Vegetarier wird, weiss<br />
er aus eigener Erfahrung. Roland<br />
Stiefel setzt sich für verschiedene<br />
tierschützerische Belange ein und<br />
sagt: «Durch das Fehlverhalten ist<br />
unsere Zivilisation grob geworden.<br />
Die Sensibilität für Mitgeschöpflichkeit<br />
droht verloren zu gehen. Ich<br />
bin davon überzeugt, dass wir nur<br />
einen kleinen Teil unseres Bewusstseins<br />
nutzen.»<br />
Infos unter:<br />
www.schweigewanderungen.ch<br />
Nell Andris<br />
26<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch Vegi•Info 2006/4
V-Label<br />
Neue Produkte mit dem V-Label<br />
In den vergangenen Monaten hat sich einiges getan und viele neue<br />
Produkte mit dem Europäischen <strong>Vegetarismus</strong>-Label sind im Detailhandel<br />
erschienen.<br />
Seit diesem Jahr hat Coop die vegetarische<br />
Produktelinie «Délicorn»<br />
eingeführt. Nun wurde das<br />
Sortiment um drei Produkte ergänzt:<br />
Feine Bio-Tofu-Gipfel, ein<br />
Schnitzel mit einer Spinat-Frischkäsefüllung<br />
sowie eine fixfertige<br />
Lasagne-Bolognese mit Délicorn-<br />
Gehacktem bietet der Detailhändler<br />
neu seinen vegetarisch orientierten<br />
Kunden an.<br />
Für die Migros wurde neu die gesamte Soja-Line mit dem<br />
V-Label versehen (die Umstellung der alten Packungen ist<br />
noch im Gange). Ein grosses Sortiment an veganen Soja-<br />
Joghurts, Creme-Desserts und Soja-Drinks ist ab sofort in<br />
allen Migros-Verkaufsstellen zu finden. Gleichzeitig wurde<br />
die Linie auch durch Soja-Joghurts mit der Geschmacksrichtung<br />
Waldbeeren und Zwetschgen-Zimt sowie je einem Soja-<br />
Drink mit Beeren und Mango erweitert.<br />
Nach wie vor sind in der Migros<br />
auch die beliebten Quorn-Pilzprodukte<br />
erhältlich. Kreieren Sie<br />
leckere Menüs zum Beispiel mit<br />
dem vegetarischen Quorn-Pfeffersteak,<br />
Geschnetzeltem, Schnitzel<br />
oder der Quorn-Wurst.<br />
Aktuelle Rezeptideen zu den Produkten<br />
finden Sie auf der Homepage<br />
www.quorn.ch.<br />
Alle wichtigen Informationen zum Europäischen <strong>Vegetarismus</strong>-Label inklusive<br />
einer Produkte- und Restaurantliste finden Sie auf der Homepage:<br />
www.v-label.info<br />
Vegi•Info 2006/4 <strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong>, 9315 Neukirch 27
Stark in Sachen <strong>Vegetarismus</strong>!<br />
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<strong>Schweizerische</strong> <strong>Vereinigung</strong> für <strong>Vegetarismus</strong> (SVV), Bahnhofstr. 52, 9315 Neukirch<br />
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