Service - Justament
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E I N S<br />
2002<br />
JURISTEN<br />
DURCHLEUCHTEN<br />
SICHERHEIT<br />
OFT IST MEHR DRIN ALS MAN GLAUBT<br />
TITEL<br />
SICHERHEITSPAKET II<br />
JURISTEN BEI DER POLIZEI<br />
UNSICHERHEIT IM INTERNET<br />
INTERVIEW<br />
US-BÜRGERRECHTLERIN IM KONFLIKT<br />
NEUE SERIE<br />
DIE SCHÖNSTEN WAHLSTATIONEN DER WELT:<br />
MALLORCA, COSTA RICA, NAMIBIA<br />
SERVICE<br />
KOHLE, ASCHE, KIES:<br />
REFERENDARSENTLOHNUNG<br />
ISSN 1615-4800<br />
EINE ZEITSCHRIFT VON
Inhalt<br />
Titelthema<br />
Georg Prasser 6<br />
Überwachungsstaat oder wehrhafte Demokratie<br />
Wohin entwickelt sich die Bundesrepublik?<br />
Helmut Bäumler 8<br />
Besorgniserregende Denkweise<br />
Wie durch schnelle Gesetzesentscheidungen<br />
Werte aufs Spiel gesetzt werden<br />
René Hoffmann 10<br />
Die kleine Begleitung – in Wahrheit ein „Big Brother“?<br />
Mit Erlass der TKÜV sind die Voraussetzungen<br />
zur Handyüberwachung gelegt<br />
Ayhan Halat 14<br />
Zeige mir dein Klingelschild, und ich sage dir, wer du bist!<br />
Der Versuch, einen Berliner Referendar als Schläfer zu enttarnen<br />
Kristina Orthmann 16<br />
Der Verbraucher im rechtsleeren Raum des Internet?<br />
Über die vermeintliche Sicherheit im Internet<br />
Nicola Rothärmel 18<br />
Aktiv werden!<br />
Eine Karriere bei der Schutzpolizei Berlin<br />
<strong>Service</strong><br />
Krankenversicherungen: Vorsicht vor dem Beihilfenloch 36<br />
Was passiert nach dem Referendariat<br />
...wer ist die Begehrteste im ganzen Land? 38<br />
Studenten „ranken“ die begehrtesten<br />
Kanzleien ihrer Zukunft<br />
News 39<br />
Kohle, Asche, Kies 40<br />
Referendarsentlohnung im Überblick<br />
Veranstaltungskalender 41<br />
Interview<br />
„U.S.A. P.A.T.R.I.O.T.“ 20<br />
Das Sicherheitspaket made in USA.<br />
Ein Gespräch mit Nadine Strossen, Präsidentin der<br />
American Civil Liberties Union (ACLU)<br />
und danach<br />
Michael Bartsch 24<br />
Gute Anwälte<br />
Welche Eigenschaften zeichnen<br />
eigentlich einen guten Anwalt aus?<br />
Ausbildung<br />
Christoph Tismer 22<br />
Full <strong>Service</strong> statt nur Highend-Geschäft<br />
Kanzleireport CMS Hasche Sigle<br />
Christian Gerboth 26<br />
Vamos a la playa<br />
Beim Rechtsanwalt auf Mallorca<br />
Anton Baumann 28<br />
Eine „wüste“ Angelegenheit<br />
Juristisches Praktikum in Namibia – Nur für Naturfreaks<br />
Ingo Werner 29<br />
IT-Recht unter Palmen<br />
Wahlstation in Costa Rica<br />
Humor<br />
Philipp Heinisch 34<br />
Runter mit der Augenbinde<br />
Wie es zur Darstellung der Justitia kam<br />
Literatur<br />
Jürgen Habermas, Die Zukunft der menschlichen Natur 30<br />
Heinrich Hannover, Die Republik vor Gericht 32<br />
Markus Gehrlein, Zivilprozessrecht nach der ZPO-Reform 32<br />
Rolf Stober, Jus mit Jux 35<br />
Editorial 4<br />
Impressum 42<br />
justament vier 2001<br />
3
Editorial<br />
„Sicher is’, daß nix sicher is’,<br />
drum bin i vorsichtshalber mißtrauisch“<br />
Karl Valentin<br />
4 justament eins 2002 E<br />
Deo oder Sprengsatz<br />
twas mit Röntgenstrahlen zu durchleuchten bringt Sicherheit. Wir sehen<br />
durch die Dinge hindurch und so auf deren Grund, nur leider damit nicht unbedingt<br />
klar. Bildlich gesprochen: Ein gläsernes Buch mit durchsichtigen Seiten<br />
liegt geschlossen vor uns. Es zu lesen bereitet Schwierigkeiten: Wir wollen davon<br />
ausgehen, dass der Setzer gute Arbeit geleistet hat und so schichten sich die<br />
Worte zu kleinen Babylonischen Türmen der Verständnislosigkeit und zwischen<br />
den Zeilen klaffen tiefe sinnentleerende Schluchten. In diesem Durcheinander<br />
von Zeichen zu lesen ist nicht möglich. Durchsichtige Dinge können uns die Sicht<br />
verstellen.<br />
Und ähnlich ist es auch beim Durchleuchten von Koffern und anderen Dingen.<br />
Wir brauchen technische Hilfe: Einfärben der verschiedenen räumlichen<br />
Ebenen und unterschiedliche Farben für unterschiedliche Materialien. Wir brauchen<br />
Software, die Formen erkennen und sortieren kann. Und wenn alles perfekt<br />
ist, dann brauchen wir schließlich noch ein geschultes Auge. Kurz: In der Welt<br />
der Durchleuchteten brauchen wir Struktur und zwar jede Menge davon. Erkenntnis<br />
braucht Kategorien, das gilt allgemein –meint Immanuel Kant - und in<br />
unserem besonderem Zusammenhang heißt das: Wenn es kompliziert wird, brauchen<br />
wir Juristen. Das ist wieder einfach, aber noch nicht ganz einleuchtend.<br />
Also weiter:<br />
Was nämlich vor allem Struktur braucht, ist die Sicherheit selbst. Und diese<br />
Struktur bekommt sie durch Gesetze und diese Gesetze werden gemacht, beschlossen<br />
und durchgesetzt von wem? – Von den Juristen, genau.<br />
Für die Praxis der jungen Juristinnen und Juristen heißt das zweierlei:<br />
Auch Sicherheitsgesetze müssen durchleuchtet und strukturiert werden. Das<br />
Prinzip lernten wir schon im Studium: Schutzbereich, Eingriff, Schranken... Wie<br />
man damit nun Tägliches durchleuchtet, lernt man zwar nicht, der Transfer ist<br />
aber gar nicht so schwer. Man muss sich nur informieren. Und will man Gesetze<br />
mitgestalten, müssen sie bekannt sein.<br />
Für Juristen gibt es nach der „veränderten Sicherheitslage“ jede Menge zu<br />
tun. Jede Kehrseite hat eben auch ihre Medaille. Ob sie für ein privates Sicherheitsunternehmen<br />
tätig sind oder für eine staatliche Behörde. Juristen sichern<br />
nicht nur mit Gesetzen, sondern auch mit Verträgen ab. Es wird also keiner von<br />
der Gestaltung der Sicherheit verschont bleiben und da ist es doch besser, wir<br />
wissen was wir tun. Auf unser Bild übertragen: Juristen sind diejenigen, die Ebenen<br />
definieren, die unterscheiden müssen und verschiedenen Materialien verschiedene<br />
Farben geben müssen. Haben wir alles richtig gemacht, dann können<br />
wir ein „Deodorant“ sicher von einem „Sprengsatz“ unterscheiden und es entsteht<br />
so etwas wie Sicherheit. Das Deodorant<br />
wäre zum Beispiel die rechtmäßige<br />
Einschränkung eines Grundrechtes<br />
und der Sprengsatz deren<br />
willkürliche Verletzung. Für Juristen ist<br />
Sicherheit also immer auch Auftrag.<br />
Der Auftrag lautet: Erfassen, Systematisieren,<br />
Darstellen, Bewerten und<br />
schließlich Entscheiden.<br />
Information ist der erste Schritt,<br />
aber nicht der letzte. Es gibt viel zu<br />
tun, Leinen los.<br />
Jörg-Ulrich Weidhas<br />
Leitender Redakteur
Titelthema<br />
Überwachungsstaat oder<br />
wehrhafte Demokratie<br />
Seit kurz vor Weihnachten 2001, als das Sicherheitspaket II vom Gesetzgeber verabschiedet<br />
wurde, hat sich in Deutschland die (Rechts–)Welt verändert. Die größte „Verfassungsreform“,<br />
die wir je hatten, schlimmer als die Notstandsgesetzgebung für die einen, dringend<br />
nötig zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus für die anderen. Wird die<br />
Bundesrepublik durch die Regelungen des Sicherheitspakets zum Überwachungsstaat<br />
oder zur wehrhaften Demokratie?<br />
Georg Prasser<br />
Um eine Antwort auf diese Frage finden<br />
zu können, muß man sich zunächst<br />
vergegenwärtigen, was das Sicherheitspaket<br />
II alles beinhaltet: Es verschafft den<br />
Geheimdiensten (Bundesverfassungsschutz,<br />
Bundesnachrichtendienst und eingeschränkt<br />
auch dem militärischen Abschirmdienst)<br />
von allen Geheimdiensten<br />
der Welt – unabhängig vom 11. September<br />
– begehrte Befugnisse, nämlich umfassend<br />
Daten zum Brief– und Telekommunikationsverhalten<br />
sämtlicher Bürger zu erheben,<br />
Kontenstände und Kontobewegungen<br />
jeden Bürgers zu erheben und aufzuzeichnen,<br />
Bewegungsbilder jedes Bürgers<br />
herzustellen (mittels Handy–Überwachungsmaßnahmen<br />
und Auskünften über<br />
Flugreisen). Weiterhin ist die Aufnahme<br />
eines biometrischen Merkmals (beispielsweise<br />
des Fingerabdrucks) im Personalausweis<br />
und im Reisepass vorgesehen.<br />
Die Polizei (Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter)<br />
erhält, was sich weltweit<br />
jede Polizeibehörde wünscht, nämlich die<br />
Möglichkeit, auf die von den Geheimdiensten<br />
erhobenen Daten Zugriff nehmen zu<br />
können. Daneben beinhaltet das Sicherheitspaket<br />
II eine Vielzahl ausländerrechtlicher<br />
Regelungen, die schon auf den ersten<br />
Blick mit „Terrorismusbekämpfung“ nichts<br />
zu tun haben,<br />
sondern schon<br />
längst vor dem<br />
11. September<br />
2001 in den<br />
Schubladen mehrerer<br />
Innenminister<br />
(verschiede-<br />
im Gegenteil.<br />
ner Parteien) als Entwürfe lagerten.<br />
Sind diese Maßnahmen geeignet, den<br />
internationalen Terrorismus zu bekämpfen,<br />
sind sie dazu erforderlich und wie<br />
steht‘s um ihre Grundgesetz–Verträglichkeit?<br />
Bei manchen Regelungen sind diese<br />
Fragen schnell und leicht zu beantworten:<br />
Die Aufnahme eines Fingerabdrucks in<br />
Bundespersonalausweis und Reisepass ist<br />
zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus<br />
völlig ungeeignet. Welcher „internationale<br />
Terrorist“ verfügt über einen<br />
deutschen Personalausweis? Welcher<br />
Selbstmordattentäter möchte (zu welchem<br />
Zweck?) über seine Identität als Täter täuschen?<br />
Welche Effektivität soll der geplante<br />
Identifizierungs–Perfektionismus haben,<br />
wenn Großbritannien, immerhin EU–Mitglied,<br />
und die USA beispielsweise nicht<br />
einmal ein Melderegister kennen?<br />
Keiner der nunmehr Gesetz gewordenen<br />
Wünsche Otto Schillys hätte die Attentate<br />
des 11.September verhindert, keine<br />
Maßnahme hätte verhindert, daß langfristig<br />
denkende „Schläfer“, die sich unauffällig<br />
und angepasst verhalten, u.a. auf<br />
deutschem Boden auf den Tag X ihres Einsatzes<br />
warten.<br />
Tatsächlich werden durch die Maßnahmen<br />
des Sicherheitspakets II die Grundrechte,<br />
soweit diese auch Schutzrechte des<br />
Einzelnen gegenüber dem Staat sind, ausgehöhlt,<br />
so dass die Frage, ob sie in ihrer<br />
Substanz nicht abgeschafft wurden, erlaubt<br />
ist. Was bleibt beispielsweise von Artikel<br />
10 Abs.1, der bestimmt, „das Briefgeheimnis<br />
sowie das Post– und Fernmeldegeheimnis<br />
I„Vor allem ist es aber unsere Freiheit, die die<br />
islamischen Fundamentalisten als eine Bedrohung<br />
ihres totalitären Anspruchs empfinden“.<br />
Mit dem Sicherheitspaket II wurde aus dieser<br />
Erkenntnis leider keine Konsequenz gezogen –<br />
sind unverletzlich“,<br />
noch<br />
übrig? Die<br />
den Geheimdiensten<br />
im<br />
Sicherheitspaket<br />
II eingeräumten<br />
weitgehenden Befugnisse und die<br />
Zugriffsmöglichkeit der Polizeibehörden<br />
auf die von Geheimdiensten erhobenen<br />
Daten erschüttern auch das Gewaltenteilungsprinzip<br />
unserer Verfassung. Vieles,<br />
was seither nur repressiv, nämlich bei Verdacht<br />
bestimmter konkreter Straftaten und<br />
mit richterlicher Genehmigung ermittelt<br />
Rechtsanwalt Georg Prasser,<br />
Vizepräsident des DAV<br />
werden durfte, wird nunmehr präventiv,<br />
also vorbeugend gegenüber jedem unbescholtenen<br />
Bürger erlaubt, und zwar ohne<br />
jede richterliche Kontrolle. Diese wird ersetzt<br />
durch eine parlamentarische Kontrolle,<br />
was de facto zu einer teilweisen Entmachtung<br />
der dritten Gewalt führt. Können<br />
sich Parlamentarierer darüber<br />
wundern, wenn ihnen nur relativ wenig<br />
Vertrauen bezüglich ihrer Überwachungs–<br />
und Kontrollfunktion der Geheimdienste<br />
entgegengebracht wird, bedenkt man den<br />
Gang des Gesetzgebungsverfahrens, den<br />
das Sicherheitspaket II nahm? Das Sicherheitspaket<br />
I wurde unter dem Eindruck des<br />
11.Septembers kritiklos durch das Gesetzgebungsverfahren<br />
gepeitscht. Gegen die<br />
ersten Entwürfe des Sicherheitspakets II<br />
regte sich dann aber erheblicher Widerstand<br />
der Bündnisgrünen, des Deutschen<br />
6<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
Anwaltvereins, der Interessenvertretung<br />
der Richter und Staatsanwälte, der Bundesrechtsanwaltskammer,<br />
von Bürgerrechtlern<br />
und einigen Ur–Liberalen (Burkhart<br />
Hirsch, Gerhart Baum und Sabine<br />
Leutheusser–Schnarrenberger), aber auch<br />
des Bundesjustizministeriums, das sich als<br />
Wächter unseres<br />
Rechtsstaats verstand. Eine erzwungene<br />
Änderung des Sicherheitspakets II jagte<br />
die nächste und noch am Abend vor der<br />
letzten Lesung im Bundestag wurden im<br />
Sicherheitspaket II 80 Änderungen eingearbeitet.<br />
Welcher Parlamentarier hat überhaupt<br />
die 180 Seiten des Gesetzesentwurfs<br />
mit Begründung gelesen und gewußt,<br />
wozu er bei Verabschiedung des<br />
Sicherheitspakets II zugestimmt hat? Welchem<br />
Parlamentarier waren die Konsequenzen<br />
dessen, was er mit dem Sicherheitspaket<br />
II beschlossen hat, im Detail<br />
klar? Wird so auch bei der Überwachung<br />
und Kontrolle der Geheimdienste gearbei-<br />
tet? Da in Deutschland proportional zur<br />
Bevölkerung bereits heute 10 mal so häufig<br />
Telefone abgehört werden wie in den<br />
USA, scheint die Befürchtung, dass Geheimdienste<br />
und Polizeibehörden von den<br />
Befugnissen, die ihnen im Sicherheitspaket<br />
II eingeräumt werden, auch mit deutscher<br />
Gründlichkeit und deutschem Hang zum<br />
Perfektionismus Gebrauch machen, nicht<br />
fern liegend. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens<br />
hat die Bundestagsfraktion der<br />
CDU/CSU, der bekanntlich das Sicherheitspaket<br />
II nicht weit genug geht, einen Antrag<br />
eingebracht, in dem der Deutsche<br />
Bundestag folgendes feststellen sollte:<br />
„Vor allem ist es aber unsere Freiheit, die<br />
die islamischen Fundamentalisten als eine<br />
Bedrohung ihres totalitären Anspruchs<br />
empfinden“. Mit dem Sicherheitspaket II<br />
wurde aus dieser Erkenntnis leider keine<br />
Konsequenz gezogen – im Gegenteil. Zwar<br />
haben wir zweifellos noch keinen Überwachungsstaat,<br />
aber die gesetzlichen Grundlagen<br />
für einen Überwachungsstaat sind<br />
geschaffen. Die Regelungen des Sicherheitspakets<br />
II bewirken für den Bürger weniger<br />
Freiheit, ohne ihm ein wesentliches<br />
Mehr an Sicherheit zu bieten.<br />
Rechtsanwalt Georg Prasser, Stuttgart<br />
www.anwaltsverein.de/03/02/<br />
2001/40-01.html<br />
Informationen<br />
Auf der Website des deutschen Bundestages<br />
gibt es ein neues Diskussionsforum<br />
zum Thema „Sicherheitspaket II – Wie viel<br />
Sicherheit braucht Deutschland?“. Das<br />
Forum ist offen, das heißt alle Interessierten<br />
könnnen sich beteiligen.<br />
http://www.bundestag.de/cgi-bin/<br />
ldsplay.cgi?sicher<br />
Überblick über die wichtigsten Punkte des zweiten Maßnahmenbündels des<br />
Bundesministeriums zur inneren Sicherheit<br />
Biometrische Daten im Ausweis<br />
Das Gesetz schafft die Grundlage für insgesamt drei zusätzliche<br />
Merkmale (z.B.: Fingerabdrücke, Handform, Gestalt der Augeniris),<br />
die in verschlüsselter Form gespeichert werden können. Ob<br />
überhaupt und welche Merkmale gespeichert werden, entscheidet<br />
der Bundestag.<br />
Bundeskriminalamt<br />
Das BKA kann Informationen direkt von der Landespolizei und<br />
auch von den Geheimdiensten sammeln. Verdachtstunabhängige<br />
Ermittlungen soll es aber nicht geben.<br />
Geheimdienste<br />
Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll künftig auch stärker<br />
im Inland ermitteln, also von Banken, Luftfahrtunternehmen und<br />
Postdienstleistern Kundendaten anfordern dürfen. Die Regelungen<br />
werden zunächst auf fünf Jahre beschränkt.<br />
Sicherheitsprüfung<br />
Angestellte von sicherheitsrelevanten Einrichtungen wie etwa<br />
Krankenhäusern, Rundfunkanstalten oder Energieerzeugern sollen<br />
künftig einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden (auf<br />
fünf Jahre befristet).<br />
Bundesgrenzschutz<br />
Das Gesetz schafft die Grundlage für den Einsatz von „Skymarshals“<br />
an Bord von Flugzeugen.<br />
Ausländerrecht<br />
Ausländern soll dann das Aufenthaltsrecht entzogen werden,<br />
wenn sie die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands<br />
gefährden oder Gewalttätigkeiten mit politischen Zielen begehen.<br />
Der bloße Verdacht einer Straftat reicht aber entgegen den<br />
ursprünglichen Plänen Schilys nicht aus. Die Erteilung von Visa<br />
und Aufenthaltsgenehmigungen wird an strengere Kriterien geknüpft.<br />
justament eins 2002<br />
7
Titelthema<br />
Besorgniserregende Denkweise<br />
Die Anschläge vom 11. September haben bei einigen Politikern und nicht wenigen Bürgern<br />
geradezu reflexhaft den Wunsch nach einer starken Polizei verstärkt. Unter dem Beifall<br />
eines großen Teils des Publikums wurden Gesetzespakete vorgelegt und verabschiedet, die<br />
sich vornehmlich der Absenkung des Datenschutzniveaus widmen. Wenn es darum geht,<br />
Polizeiarbeit „effizient“ und „reibungslos“ zu gestalten, dann stehen zentrale Werte auf<br />
dem Spiel, weit über den Datenschutz hinaus.<br />
Helmut Bäumler<br />
Dr. Helmut Bäumler<br />
Leiter des Unabhängigen Landeszentrums<br />
für Datenschutz Schleswig-Holstein<br />
Holstenstraße 98 / 24103 Kiel<br />
Telefon: 0431/9 88 12 00<br />
Telefax: 0431/9 88 12 23<br />
E-Mail: mail@datenschutzzentrum.de<br />
Homepage: www.datenschutzzentrum.de<br />
Ist es nicht eine glänzende Idee, die Polizei<br />
und alle anderen Sicherheitsbehörden<br />
von juristischen, namentlich datenschutzrechtlichen<br />
Hemmnissen zu befreien und<br />
das Ziel einer reibungslosen, glatten Kooperation<br />
zwischen Polizei und Geheimdiensten<br />
zu verfolgen? Wer sollte etwas<br />
dagegen haben, dass unsere Sicherheitsbehörden<br />
möglichst effizient arbeiten und<br />
uns von der Plage der Kriminalität befreien?<br />
Die Anschläge vom 11. September<br />
haben bei einigen Politikern und nicht wenigen<br />
Bürgern geradezu reflexhaft den<br />
Wunsch nach einer starken Polizei verstärkt.<br />
Unter dem Beifall eines großen Teils<br />
des Publikums wurden Gesetzespakete<br />
vorgelegt und verabschiedet, die sich vornehmlich<br />
der Absenkung des Datenschutzniveaus<br />
widmen. Dies hat in Deutschland<br />
inzwischen fast schon Tradition, denn allein<br />
in den letzten 20 Jahren wurden die<br />
Gesetze immer wieder verschärft, sei es zur<br />
besseren Bekämpfung des Terrorismus<br />
alter Prägung, sei es im Hinblick auf die<br />
organisierte Kriminalität, sei es ganz allgemein<br />
wegen der Entwicklung der Kriminalstatistik.<br />
Dabei ist ohnehin kein anderer<br />
staatlicher Bereich im Datenschutzrecht so<br />
umfassend privilegiert wie die Strafverfolgung.<br />
Auch wer sich für Datenschutzfragen<br />
nicht sonderlich interessiert, sollte bei den<br />
Begründungen für die diversen Antiterrorgesetze<br />
der letzten Monate genau hinhören:<br />
Wenn es darum geht, Polizeiarbeit<br />
„effizient“ und „reibungslos“ zu gestalten,<br />
dann stehen noch ganz andere Werte auf<br />
dem Spiel, weit über den Datenschutz hinaus.<br />
Ist nicht die gesamte Strafprozessordnung<br />
eine einzige Behinderungsorgie? Wie<br />
viel effizienter und reibungsloser könnte<br />
die Polizei arbeiten, wenn sie vor Hausdurchsuchungen<br />
und Telefonüberwachungen<br />
nicht umständlich richterliche Genehmigungen<br />
einholen müsste! Wie häufig<br />
werden strafprozessuale Rechte, z. B.<br />
Zeugnisverweigerungsrechte, genutzt, um<br />
den Täter der gerechten Strafe zu entziehen<br />
und die mühevolle Ermittlungsarbeit<br />
der Polizei zunichte zu machen. Wer sich<br />
einmal aufgemacht hat, nach „Hinderlichem“<br />
für die Polizei zu suchen, der findet<br />
in der Strafprozessordnung reichlich<br />
Beute. Sie ist geradezu darauf angelegt,<br />
der glatten Effizienz rechtsstaatliche Barrieren<br />
entgegenzustellen. Dem Staat des<br />
Grundgesetzes war es bislang nicht egal,<br />
nach welchem Reglement ein Verdächtiger<br />
überführt und verurteilt wurde. Eher, so<br />
der liberalstaatliche Ansatz, sollte ein Täter<br />
ungeschoren davonkommen, als ein Unschuldiger<br />
ins Gefängnis gesteckt werden.<br />
Gilt all dies nach dem 11. September<br />
nicht mehr? Niemand hat bislang, soweit<br />
ersichtlich, dafür plädiert, die rechtsstaatlichen<br />
Sicherungen der Strafprozessordnung<br />
über Bord zu werfen. Aber wer sich<br />
reibungslose Effizienz auf die Fahnen<br />
schreibt, der legt die Axt an den Stamm.<br />
Der legt, ob er das will oder nicht, den<br />
Grundstein für ein Großreinemachen ganz<br />
anderen Zuschnitts.<br />
Nicht alles am Antiterrorgesetz der<br />
Bundesregierung ist gravierend und aus<br />
rechtsstaatlicher Sicht wirklich beunruhigend.<br />
Manches ist tatsächlich geeignet,<br />
unvorhergesehene Lücken, etwa bei der<br />
Identifizierung von Ausländern, zu<br />
schließen. Besorgnis macht die Tendenz<br />
und die daraus ersichtliche Denkweise: Sicherheit<br />
um jeden Preis, wenn es sein muss<br />
auch um den Preis der Freiheit. Bürger, die<br />
jederzeit mit dem staatlichen Zugriff rechnen<br />
müssen, weil schwammige Generalklauseln<br />
das polizeiliche Handeln steuern<br />
und die sich nicht wehren können, weil<br />
Beschwerdemöglichkeiten und Rechtsmittel<br />
als übertriebene Hindernisse abgeschafft<br />
wurden, werden sich statt der versprochenen<br />
Sicherheit eine bedrohliche<br />
Unsicherheit gegenüber dem Staat einhandeln.<br />
Noch nicht einmal für die versprochene<br />
Sicherheit vor Kriminellen besteht<br />
Aussicht: Trotz Hochrüstung der Polizei<br />
mit moderner Informationstechnik, trotz<br />
einer jahrelangen Politik der Gesetzesverschärfungen<br />
und Instrumenten wie Rasterfahndung,<br />
Schleierfahndung, Schleppnetzfahndung,<br />
Großer Lauschangriff, Telekommunikationsüberwachung<br />
usw.<br />
steigen die Zahlen der Kriminalstatistik<br />
immer weiter an.<br />
Dabei hatte der damalige Präsident des<br />
Bundeskriminalamtes, Horst Herold, schon<br />
bei der Inbetriebnahme des allerersten<br />
Fahndungscomputers im Jahre 1972 glauben<br />
machen wollen: „Dies ist der entscheidende,<br />
tödliche Schlag gegen das organisierte<br />
Verbrechen“. Dreißig Jahre später<br />
wissen wir, dass er leider grundlegend Unrecht<br />
hatte. Aber wir wissen anscheinend<br />
immer noch nicht, dass der stetige Abbau<br />
rechtsstaatlicher Sicherungen nicht zu<br />
mehr Sicherheit führt.<br />
8<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
Auch die Deutsche<br />
Polizeigewerkschaft<br />
äußert Kritik<br />
Wie die Deutsche Polizeigewerkschaft<br />
in einer Pressemitteilung verlauten<br />
ließ, ist Schilys Sicherheitspaket II nach<br />
Ansicht des für den Bundesgrenzschutz<br />
zuständigen Vorsitzenden des Fachverbandes<br />
Bundespolizei der Deutschen Polzeigewerkschaft,<br />
Hans-Joachim Zastrow, nicht<br />
ausreichend.<br />
Obwohl in vielen Punkten gute Ansätze<br />
zur Verbesserung der Sicherheitslage in<br />
Deutschland sichtbar würden, seien vor<br />
allem im Bereich Flugsicherheit weitere<br />
Aufstockungen nötig. So müsste laut Zastrow<br />
der geplante Aufbau von Flugbegleitereinheiten<br />
(Skymarshalls) mindestens<br />
2000 Kräfte umfassen, um wirkliche Sicherheit<br />
im Flugzeug zu garantieren. Zastrow:<br />
„Wenn ein Flugzeug von Hamburg<br />
nach München fliegt, muss es genauso geschützt<br />
werden, wie ein Flug von Frankfurt<br />
nach New York. Denn im Prinzip kann<br />
jedes Flugzeug zu terroristischen Zwecken<br />
missbraucht werden.“<br />
Zufrieden zeigt sich Zastrow über die<br />
Abkehr von der Privatisierung der Fluggastkontrollkräfte.<br />
Die Fluggastkontrolle<br />
gehöre zur Sicherheit der Fluggäste ausschließlich<br />
in staatliche Hände. In den vergangenen<br />
Jahren ist es außerdem nicht<br />
gelungen, die tatsächliche Struktur der Polizei<br />
des Bundes an die der Länder anzugleichen.<br />
Dieses gelte sowohl für die<br />
Struktur im mittleren als auch im gehobenen<br />
Dienst. Es gelte nach Ansicht von Zastrow<br />
dieses Ungleichgewicht schnellstens<br />
zu beseitigen.<br />
Schily dürfe sich in diesem Zusammenhang<br />
nicht wundern, wenn Bundesgrenzschützer<br />
zu den Landespolizeien abwandern,<br />
weil sie dort eher befördert werden.<br />
Die vorgesehenen Beförderungsmöglichkeiten<br />
im Haushalt 2002 könnten nur ein<br />
erster Schritt sein. Weitere müssten folgen,<br />
um den Polizistinnen und Polizisten des<br />
Bundes auch das Gefühl zu geben, dass<br />
ihre Arbeit geachtet wird.<br />
www.dpolg.de/pressemitteilungen/<br />
sicherheitspaket<br />
justament eins 2002<br />
9
Titelthema<br />
Die kleine Begleitung–<br />
in Wahrheit ein „Big Brother”?<br />
Nach über fünf Jahren hat sich das Wortmonstrum „Telekommunikationsüberwachungsverordnung“<br />
(TKÜV) fast unbemerkt von der umstrittenen Kabinettsvorlage zu<br />
einem Gesetz gemausert. Die juristisch-technischen Voraussetzung zur<br />
Handyüberwachung sind nun gelegt.<br />
René Hoffmann<br />
Der Aufschrei von Datenschutzexperten<br />
und Telekommunikationsanbietern bei<br />
bekannt werden des ersten Entwurfes<br />
einer Telekommunikationsüberwachungsverordnung<br />
(TKÜV) im Frühjahr 1998 ließ<br />
aufhorchen. Manch einer sah gar die Verwirklichung<br />
Orwellscher Fiktionen auf sich<br />
zukommen. Wenn man einmal davon absieht,<br />
dass der monströse Verordnungstitel<br />
wohl kaum den Anforderungen der funktionalen<br />
manipulativen Ästhetik der Neusprache<br />
aus „1984“ genügt hätte, ist zu<br />
fragen, wie viel von dieser Prognose eines<br />
umfassend überwachten Staatsbürgers<br />
ohne geschützte Privatsphäre die am<br />
24.10.2001 wirksam gewordene Verordnung<br />
wirklich mit sich bringt.<br />
Die Verordnung hatte in ihrer ursprünglichen,<br />
noch der Feder des Rexrodtschen<br />
Wirtschaftsministeriums der Ära<br />
Kohl entsprungenen Fassung sowie vor<br />
den Ereignissen des 11. Septembers 2001<br />
keine Chance, Teil der Rechtsordnung zu<br />
werden. Doch hat die allgemeine Angst<br />
vor Terror und Gewalt den zunächst eindringlichen<br />
Appell von Datenschützern<br />
und Telekommunikationsanbietern nahezu<br />
verstummen lassen, so dass die Verordnung<br />
nun ohne große Nebengeräusche<br />
vom Gesetzgeber durchgewunken wurde.<br />
Ziel der Verordnung<br />
Ziel der TKÜV ist es, die technischen und<br />
organisatorischen Voraussetzungen für die<br />
Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung<br />
der Telekommunikation zu regeln.<br />
Mit der TKÜV wird die bislang geltende<br />
Fernmeldeverkehr-Überwachungs-Verordnung<br />
von 1995 (FÜV) ersetzt. Die Verordnung<br />
soll eine Angleichung an die Begriffe<br />
und Definitionen des Telekommunikationsgesetzes<br />
mit sich bringen. Überdies<br />
sollen die bestehenden Eingriffsbefugnisse<br />
in das Post- und Fernmeldegeheimnis der<br />
Strafprozessordnung (StPO), des Gesetzes<br />
zur Beschränkung des Brief-, Post- und<br />
Fernmeldegeheimnisses (G10) und des<br />
Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) den<br />
neuen technischen Gegebenheiten angepasst<br />
werden.<br />
Im Kern werden mit der TKÜV die Anbieter<br />
von Telekommunikations- und<br />
Internetdiensten verpflichtet, die bei<br />
ihnen anfallenden Kommunikationsvorgänge<br />
über eine Schnittstelle<br />
in ihren Anlagen den Sicherheitsbehörden<br />
zugänglich<br />
zu machen, und zwar, wenn<br />
möglich, ohne Zeitverzug, auf eigene<br />
Kosten und mit der Auflage,<br />
diese Maßnahmen gegenüber den<br />
Betroffenen geheim zu halten.<br />
Grundrechtseinschränkungen<br />
Abhören bleibt auch künftig nur im Einzelfall<br />
beim Verdacht bestimmter schwerer<br />
Straftaten möglich. In der Regel wird dazu<br />
eine richterliche Anordnung benötigt. Neu<br />
ist lediglich, dass nun auch für neue elektronische<br />
Dienste geregelt ist, wie Abhöraktionen<br />
stattfinden sollen.<br />
Datenschützer glaubten zunächst, in<br />
der TKÜV eine Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses<br />
zu erkennen.<br />
Überdies warnte man davor,<br />
dass die Überwachungsschnittstellen<br />
für Hacker und<br />
Wirtschaftsspionage<br />
Tür und Tor<br />
öffnen würden.<br />
Auch aus<br />
einer anderen<br />
Richtung kam<br />
deutlich vernehmbarer<br />
Protest. Die Internetprovider<br />
und Telekommunikationsanbieter<br />
wehrten sich vehement dagegen, finanziell<br />
für Aufgaben der Gefahrenabwehr<br />
und der Strafverfolgung in Anspruch genommen<br />
zu werden. So erscheint es auf<br />
den ersten Blick auch wenig einsichtig,<br />
wieso sie für originär staatliche Aufgaben<br />
die Kosten tragen sollen.<br />
10<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
Die Wirtschaftsverbände prognostizierten<br />
1998 für das Regierungsvorhaben das<br />
immense Investitionsvolumen von 40 Milliarden<br />
Mark, das Provider und sonstige<br />
Netzbetreiber bei der technischen Umsetzung<br />
der Verordnung aufzubringen hätten<br />
– wohl kaum einer der kleineren Anbieter<br />
hätte die Umsetzung wirtschaftlich überlebt.<br />
Daher meinte der Vorsitzende des<br />
Verbandes der deutschen Internet-Wirtschaft<br />
eco Michael Rotert: „Wir müssen<br />
nicht den Hilfssheriff der Nation auf eigene<br />
Kosten spielen.“<br />
Die Verbandsvertreter ließen sich nun<br />
aber auf einen Kompromiss ein, der den<br />
Kreis der Unternehmen einschränkt, der<br />
die Überwachungstechnik bereithalten<br />
muss. Freigestellt werden nun die Betreiber<br />
nichtöffentlicher Telekommunikationsanlagen<br />
(z.B. unternehmensinterne Netzwerke<br />
oder Nebenstellenanlagen in Hotels<br />
und Krankenhäusern). Auch die Anbieter<br />
reiner Verbindungsnetze und die Betreiber<br />
von Zugangsknoten zum Internet sind<br />
nunmehr von der Mitwirkungspflicht ausgenommen.<br />
Die Skepsis von eco ist geblieben, dennoch<br />
erklärte man, „angesichts der akuten<br />
Gefährdungslageç seine grundsätzlichen<br />
Bedenken zurückzustellen. Dieser Diktion<br />
schlossen sich auch andere Verbände wie<br />
die Initiative D21 an und akzeptierten die<br />
geänderte Fassung. Rechtspolitisch bedenklich<br />
erscheint, dass damit die Telekommunikationsanbieter<br />
gegen ihren Willen<br />
zum verlängerten Arm der Strafverfolgungsbehörden<br />
gemacht werden.<br />
Was bleibt also vom ursprünglichen<br />
Aufschrei?<br />
Nicht viel. Das liegt aber auch schlicht<br />
daran, dass die TKÜV an sich keine Ausweitung<br />
der Überwachung mit sich bringt.<br />
Sie regelt lediglich, wie der Staat an die<br />
benötigten Daten gelangt. Über das „Ob“<br />
einer Überwachung hat vielmehr der einzelne<br />
Richter zu entscheiden.<br />
Probleme ergeben sich insbesondere<br />
aufgrund der noch nicht gefestigten Begrifflichkeiten<br />
des Telekommunikationsrechts<br />
und der technischen Eigenheiten<br />
moderner Kommunikationsgeräte. So werden<br />
die Positionsdaten eines Mobiltelefons<br />
nicht nur während eines Telefonats oder<br />
des Versendens einer SMS gesendet, sondern<br />
auch während der gesamten Betriebsbereitschaft<br />
des Gerätes.<br />
In einem vom Generalbundesanwalt<br />
geführten Ermittlungsverfahren (Az.: 2<br />
BGs 42/01) gestattete ein Ermittlungsrichter<br />
des BGH gem. §§ 100 a, 100 b,<br />
169 StPO die Überwachung und Aufzeichnung<br />
der Telekommunikation hinsichtlich<br />
des Mobiltelefons des Beschuldigten<br />
„einschließlich der Mitteilung der regelmäßig<br />
erfolgenden Positionsmeldungen<br />
(Bewegungsdaten)“. Dagegen wandte der<br />
Netzbetreiber ein, dass diese Daten jedenfalls<br />
dann nicht von § 100 a StPO erfasst<br />
würden, wenn sie nicht innerhalb eines<br />
Telefongesprächs anfielen. Fraglich ist in<br />
dem Fall, was eigentlich noch alles Teil der<br />
Kommunikation sein soll.<br />
Neue Qualität der Überwachung<br />
Der Ermittlungsrichter vertritt unter Verweis<br />
auf die § 89 II Nr. 1 b TKG und § 2<br />
Nr. 4 TDSV den Standpunkt, dass das Fernmeldegeheimnis<br />
nicht nur den Schutz des<br />
Kommunikationsinhaltes, sondern auch<br />
der äußeren Kommunikationsumstände erfasse.<br />
Somit gehöre es zu den Kommunikationsumständen,<br />
wann und wo die Betriebs-<br />
und Empfangsbereitschaft im<br />
Stand-by-Modus sichergestellt werde. Des<br />
Weiteren erlaube Telekommunikationsüberwachung<br />
nach § 100 a StPO gerade<br />
auch die Ermittlung des Aufenthaltsortes<br />
des Beschuldigten. Darüber hinaus stelle<br />
eine solche Überwachung im Vergleich zur<br />
Überwachung des Inhalts von Kommunikationsvorgängen<br />
eine wesentlich weniger<br />
eingriffsintensive Maßnahme dar.<br />
Damit wurde den Ermittlungsbehörden<br />
eine Überwachungsqualität erschlossen,<br />
die weit über die klassische hinausgeht. Es<br />
ist möglich, ein umfassendes Bewegungsprofil<br />
des nur potentiell Kommunizierenden<br />
zu schaffen. Dies wird regelmäßig mit<br />
Erkenntnissen der tatsächlich geführten<br />
Kommunikation ein substantiiertes Persönlichkeitsbild<br />
eines lediglich Beschuldigten<br />
hervorbringen. Eine so weite Auslegung<br />
des Begriffes Telekommunikation ist<br />
wegen des Gebotes der restriktiven Auslegung<br />
strafprozessualer Eingriffsbefugnisse<br />
überaus bedenklich. Das Fernmeldegeheimnis<br />
droht bei einer solchen Auslegung<br />
zu einer reinen Farce zu geraten.<br />
Die Gefahren der Telekommunikationsüberwachung<br />
liegen also nicht in der<br />
neuen TKÜV, sondern in der Ausgestaltung<br />
richterlicher Handlungsspielräume.<br />
Es bleibt daher zu hoffen, dass das berechtigte<br />
Interesse an einer wirkungsvollen<br />
Verfolgung schwerer Kriminalität nicht mit<br />
der faktischen Aufgabe rechtsstaatlicher<br />
Grundprinzipien bezahlt wird. Dies gilt<br />
umso mehr, wenn man die internationalen<br />
Bestrebungen der „Cybercrime-Konvention“<br />
wahrnimmt, die neben dem internationalen<br />
Austausch von Ermittlungsergebnissen<br />
auch vorsieht, dass Daten vollständig<br />
und automatisch erfasst werden<br />
können. Diese Bestrebungen gehen weit<br />
über die bisherige Rechtslage hinaus, da so<br />
die Überwachung praktisch nicht mehr auf<br />
Anordnung und im Einzelfall erfolgen<br />
müsste. Dann wäre der große Bruder<br />
tatsächlich überaus gegenwärtig...<br />
Informationen<br />
Die Verordnung ist am 29.1.2002 in Kraft getreten. Sie wurde bereits im Oktober 2001 verabschiedet<br />
und ist im Bundesgesetzblatt Nr. 5 vom 28. Januar 2002 veröffentlicht worden.<br />
http://www.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_60593.htm<br />
12<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
Zeige mir dein Klingelschild,<br />
und ich sage dir, wer du bist!<br />
Ein Berliner Rechtsreferendar soll in den Wirren nach dem 11. September von seinen<br />
Nachbarn als “Schläfer” enttarnt werden. In einer spannungsgeladenen Zeit passieren<br />
sonderbare Dinge und wofür Klingelschilder gut sein können.<br />
von Ayhan Halat<br />
Wenn man sich gerade dafür entschieden<br />
hat, einen nicht unerheblichen<br />
Teil seines Referendargehalts in die Miete<br />
einer frisch sanierten Altbauwohnung in<br />
Prenzlauer Berg zu investieren, geht einem<br />
so einiges durch den Kopf, aber es gibt<br />
Dinge, die kann einfach niemand ahnen.<br />
Am 30. September, ich wohnte noch<br />
keine zwei Monate in der neuen Wohnung,<br />
kam ich abends nach hause, da klingelte<br />
das Telefon. Und es schien so, als<br />
hätte es schon ziemlich lange geklingelt.<br />
Es war der Hausmeister. Warum denn an<br />
meiner Tür noch kein Namensschild sei,<br />
wollte er wissen. Eine einfache Frage,<br />
könnte man denken, auf die es eine einfache<br />
Antwort gibt: Ich hatte noch immer<br />
kein Namensschild an der Tür, weil die<br />
Hausverwaltung es bisher nicht geschafft<br />
hatte, Namensschilder an die Türen zu<br />
machen. Hatte er mir nicht erklärt, dass die<br />
Hausverwaltung Namensschilder für alle<br />
Mieter anbringen wollte, damit dann alles<br />
schön einheitlich aussieht? Ich fragte ihn,<br />
was denn das Problem sei. Ihm schien das<br />
Problem offensichtlich. Schließlich würde<br />
ich ja auch „etwas dunkler“ aussehen.<br />
Außerdem wäre ihm zu Ohren gekommen,<br />
dass ich ziemlich oft Besuch erhalten<br />
würde, von Leuten, die ebenfalls etwas<br />
dunkler aussehen. Andere Mieter im Haus<br />
hätten deswegen Angst.<br />
Es ist immer wieder erstaunlich, wie<br />
ruhig der Mensch in Extremsituationen<br />
bleiben kann. Ich versuchte ihm also zu erklären,<br />
dass er sich keine Sorgen zu machen<br />
brauche. Dem Großteil der Nachbarn<br />
habe ich mich sogar vorgestellt, so dass<br />
auch die sich eigentlich keine Sorgen machen<br />
müssten. Auch würden mich nicht irgendwelche<br />
„dunkle“ Gestalten besuchen.<br />
Aber der Hausmeister war fest entschlossen,<br />
für „Ordung“ zu sorgen. Auf ein zumindest<br />
provisorisches Namensschild<br />
müsse er bestehen, anderenfalls sehe er<br />
sich gezwungen, den Vorfall „zu melden“.<br />
Wenn ich die Geschichte abends in der<br />
Kneipe erzähle, finden sie immer alle witzig.<br />
Was ich dann meistens nicht mehr erzähle,<br />
ist, dass ich deswegen ein paar<br />
schlaflose Nächte verbracht und mit dem<br />
Gedanken gespielt habe, auszuziehen, weil<br />
man mit solchen Nachbarn dann doch<br />
nicht unter einem Dach wohnen will. Nur<br />
würde auszuziehen in diesem Fall auch bedeuten,<br />
vor einem Problem davonzulaufen.<br />
Und wirklich sicher, dass nicht die<br />
gleiche Geschichte in einer neuen Wohnung<br />
von vorne anfängt, bin ich mir auch<br />
nicht mehr.<br />
Ich lebe nun seit siebzehn Jahren in Berlin,<br />
habe in Berlin Abitur gemacht und studiert.<br />
Ich bin hier zu hause. Der überwiegende<br />
Teil meiner Familie lebt in Deutschland,<br />
meine Freunde sowieso. Wenn einem<br />
so was dann passiert, hat man das Gefühl,<br />
dass das alles auf einmal in Frage gestellt<br />
ist.<br />
Eine besondere Ironie ist noch - und das<br />
klingt jetzt fast wie ausgedacht, ist es aber<br />
nicht -, dass dieser 30. September der 40.<br />
Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen<br />
der BRD und der Türkei war. Seit<br />
vierzig Jahren sind Migranten ein fester<br />
Bestandteil dieser Gesellschaft und aus<br />
dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.<br />
Aber sobald man von den Nachbarn verdächtigt<br />
und beim Hausmeister denunziert<br />
wird, dann darf man nur noch froh sein,<br />
nicht sofort wegen Terrorismusverdachts<br />
abgeschoben zu werden. Denn der Verdacht<br />
soll ja zumindest bei der Abweisung<br />
von Ausländern schon ausreichend sein.<br />
Ayhan Halat ist Referendar am Kammergericht<br />
Berlin und arbeitet für eine überregionale<br />
Wirtschaftskanzlei.<br />
14<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
Über den Wolken –<br />
Der Verbraucher im rechtsleeren<br />
Raum des Internet?<br />
Sicherheit im Internet? Was gibt uns Rechtssicherheit im Internet? Gibt es überhaupt<br />
Recht im Internet oder gar ein Internetrecht? Und wen interessiert das schon – solange<br />
der Computer läuft?!<br />
Kristina Orthmann<br />
Wie wichtig ist Rechtssicherheit im Internet<br />
und wie gut sollte man sich<br />
selbst damit auskennen? Nehmen wir zum<br />
Beispiel e-bay: ist nun nach Erhalt des Zuschlags<br />
ein Vertrag via Internet zustande<br />
gekommen, oder nicht? Und kennt nicht<br />
jeder die Situation, in der er beim Kauf im<br />
Internet gezögert hat, als die Kreditkartennummer<br />
angegeben werden sollte? Zu<br />
Recht, denn nach wie vor ist der Verbraucher<br />
bei Rechtsgeschäften im Internet zu<br />
wenig geschützt.<br />
Cyberlaw<br />
Zwar ist das Internet kein rechtsleerer<br />
Raum, doch fällt es zunehmend schwerer,<br />
das existierende Recht auf Sachverhalte im<br />
Internet zu übertragen und anzuwenden.<br />
Eine Alternative wäre ein eigenes weltweit<br />
geltendes Internetrecht, doch hat ein solches<br />
„Cyberlaw“ bisher noch keinen Konsens<br />
gefunden.<br />
Allein die unterschiedlichen Auffassungen<br />
von USA und EU hinsichtlich einer<br />
staatlichen Regulierung des Internets machen<br />
das Finden einer gemeinsamen Basis<br />
schwer. Die USA lassen grundsätzlich den<br />
Verbraucher- und Datenschutz gegenüber<br />
wirtschaftlichen Interessen zurücktreten.<br />
Eine staatliche Regulierung des Internets<br />
und somit auch der im Internet geschlossenen<br />
Rechtsgeschäfte wird sogar als ungerechtfertigter<br />
Eingriff in die Informationsfreiheit<br />
gesehen. Eine eigenständige<br />
Regulierung des Internets soll durch freiwillige<br />
Verhaltensregeln realisiert werden.<br />
Die EU wiederum stellt den Verbraucherschutz<br />
in den Vordergrund und sieht hinsichtlich<br />
freiwilliger Verhaltensregeln zu<br />
Recht die Gefahr mangelnder Rechtsverbindlichkeit.<br />
Der User im Internet<br />
Das größte Problem des Users ist die Ubiquität<br />
des Mediums, das er zu beherrschen<br />
versucht. Während er nämlich zu Hause<br />
am Computer sitzt und munter Verträge<br />
schließt, kann es sein, dass sein Vertragspartner<br />
in Spanien weilt und dessen Hostrechner<br />
wiederum in Polen. Welches Recht<br />
ist nun anwendbar? Vielleicht erscheint<br />
dies für den Anwender zunächst unwichtig,<br />
doch spätestens, wenn die Abwicklung<br />
des Vertrages nicht so läuft, wie vorgesehen<br />
oder Verbraucherschutzrechte wie Widerruf<br />
und dergleichen geltend gemacht<br />
werden sollen, wird die Frage auch für den<br />
User interessant. Natürlich hat der Verbraucher<br />
immer noch den Schutz des<br />
Art. 29 EGBGB und seit kurzem auch noch<br />
den erweiterten Schutz des Art. 29a<br />
EGBGB. Diese garantieren die Anwendung<br />
des Rechts seines gewöhnlichen Aufenthalts<br />
oder zumindest die Anwendung von<br />
nationalem Verbraucherschutzrecht. Der<br />
Verbraucher könnte sich nun in Sicherheit<br />
wiegen – so meint man. Leider wird dabei<br />
jedoch häufig auch von bekannten Autoren<br />
vergessen, dass das Internet nicht so<br />
einfach unter die jeweilige materielle<br />
Rechtsordnung zu subsumieren ist. Denn<br />
das Medium hat seine eigenen Regeln.<br />
Fernabsatzgesetz<br />
Zur Regulierung dieser Probleme verweist<br />
nun der Art. 29 a EGBGB auf die Fernabsatzrichtlinie,<br />
die in Deutschland in Form<br />
des Fernabsatzgesetzes umgesetzt wurde.<br />
Mit dem Fernabsatzgesetz hat der Gesetzgeber<br />
die Rechte des Verbrauchers erheblich<br />
gestärkt. Er hat eine Widerrufsfrist von<br />
zwei Wochen, die aber erst beginnt, wenn<br />
der Online-Händler explizit auf die Möglichkeit<br />
zur Rückgängigmachung hingewiesen<br />
hat. Geschieht dies nicht, kommt<br />
der Kunde in den Genuss einer Widerrufsfrist<br />
von 4 Monaten. Die Beweislast hat<br />
hier der Unternehmer. Es reicht also nicht<br />
aus, dass der Händler irgendwo auf seiner<br />
Webseite seine Geschäftsbedingungen versteckt,<br />
sondern der Kunde muss zum Beispiel<br />
durch Anklicken einer Schaltfläche im<br />
Bestellformular bestätigen, dass er von<br />
den Geschäftsbedingungen Kenntnis ge-<br />
nommen hat. Verbraucherfreundlich beginnt<br />
bei Warenlieferungen die Widerspruchsfrist<br />
erst nach dem Eingang der<br />
Ware beim Kunden; bei Teillieferungen<br />
beginnt sie mit der ersten Lieferung.<br />
Im Zusammenhang mit Internet-Auktionen<br />
wirft die Anwendbarkeit des Fern-<br />
AbsG allerdings Probleme auf, da das<br />
Widerrufsrecht für Versteigerungen im § 3<br />
Abs. 2 Nr. 5 FernAbsG ausgeschlossen ist.<br />
Es ist jedoch bereits höchst umstritten, ob<br />
eine Online-Auktion dem Begriff der Versteigerung<br />
des BGB überhaupt unterfällt.<br />
Wird eine Online-Auktion als Versteigerung<br />
angesehen, so hat der Kunde kein<br />
Widerrufsrecht. Sieht man diese Auktion<br />
nicht als Versteigerung an, kann er den geschlossenen<br />
Vertrag nach den Regeln der<br />
FernAbsG widerrufen. Allerdings tut sich<br />
die Rechtsprechung sehr schwer, Online-<br />
Auktionen in diesem Zusammenhang einzuordnen.<br />
Hier wurde durch die Gerichte<br />
so gut wie alles vertreten. Eine pauschale<br />
Einordnung ist schon deshalb nicht möglich,<br />
weil es zu viele verschiedene Arten<br />
von Internet-Auktionen gibt. Die Frage<br />
wie und ob bei Online-Auktionen ein Vertrag<br />
zustande kommt ist durch das Urteil<br />
des OLG Hamm nun endlich geklärt. Das<br />
Berufungsgericht hat einen wirksamen<br />
Vertragsschluss bei Online-Auktionen bejaht.<br />
Das Angebot des Händlers wird in der<br />
Freischaltung der Seite für die Auktion gesehen.<br />
Dieses Angebot wird durch das<br />
höchste wirksame Gebot angenommen.<br />
Mit Urteil vom 11. November 2001 hat<br />
auch der BGH die Gültigkeit solcher bei<br />
Online-Auktionen geschlossenen Verträge<br />
bestätigt. Der BGH hatte dieses Urteil<br />
Allgemein zur Sicherheit im Internet:<br />
www.bsi.de<br />
Website des Bundesamts für<br />
Informationstechnik<br />
Links<br />
16<br />
justament eins 2002
Titelthema<br />
wegen der grundsätzlichen Bedeutung<br />
zur Revision zugelassen und damit einen<br />
Schlussstrich unter den jahrelangen<br />
Rechtsstreit gezogen.<br />
Zusammenfassend kann man sagen:<br />
Der Verkäufer einer Online-Auktion gibt<br />
ein Angebot ab, dieses Angebot wird durch<br />
den Käufer, der das höchste Gebot abgegeben<br />
hat, angenommen. Es gelten also in<br />
den meisten Fällen von Online-Auktionen<br />
die üblichen Regeln des Kaufrechtes.<br />
Kreditkarten –<br />
Risiko beim Online-Einkauf?<br />
Während insbesondere im angelsächsischen<br />
Wirtschaftsraum die Kreditkarte vorherrschendes<br />
Zahlungsmittel für Bestellungen<br />
über das Internet ist, stehen in<br />
Deutschland Bezahlverfahren wie Rechnung<br />
und Nachnahme auf der Beliebtheitsliste<br />
ganz oben. Medienberichte über<br />
Betrugsfälle haben dazu geführt, dass Kreditkartenzahlungen<br />
über das Internet in<br />
Deutschland einen sehr schlechten Ruf<br />
haben. Verschiedene Maßnahmen auf Seiten<br />
des Gesetzgebers und der Kreditkartenaussteller<br />
könnten aber der Kreditkarte<br />
hierzulande zu einer stärkeren Präsenz als<br />
Zahlungsmittel verhelfen.<br />
Damit Kunden beim Shopping nicht<br />
ihre Kreditkartendaten herausgeben müssen,<br />
hat American Express („Amex“) ein<br />
neues System entwickelt, das derzeit in<br />
den USA und Kanada getestet wird. Der<br />
Kunde erhält von der Kreditkartenfirma<br />
PIN-Nummern, die ähnlich wie beim Online-Banking<br />
jeweils nur zu einer Transaktion<br />
berechtigen. Sollte American Express<br />
das System weltweit einführen, dürften<br />
auch die anderen Kartenausgeber mit ähnlichen<br />
Systemen folgen. Auch das Cyber-<br />
Cash-Verfahren ermöglicht das Zahlen mit<br />
Kreditkarte, wobei während der gesamten<br />
Zahlungsabwicklung keine Bekanntgabe<br />
der Kreditkartennummer durch den Kunden<br />
erfolgt. Der CyberCash Standard unterstützt<br />
alle wichtigen Kreditkarten. Beim<br />
Kauf einer Ware sendet der Kunde aus seinem<br />
virtuellen Portemonnaie eine elektronische<br />
Zahlungsbestätigung, die vom Server<br />
des Händlers signiert und an die Abwicklungsstelle<br />
geleitet wird. Dort wird die<br />
Authentizität der Zahlungsbestätigung<br />
überprüft und der Betrag dem Händler<br />
gutgeschrieben bzw. vom Kreditkartenkonto<br />
des Käufers abgebucht. Der Händler<br />
bekommt bei CyberCash also keine Kreditkartendaten<br />
zu sehen. Vom Gesetzgeber<br />
wurde zudem das Bürgerliche Gesetzbuch<br />
(BGB) um den Paragrafen 676h erweitert,<br />
der den Online-Verbraucherschutz bei Kreditkartenzahlungen<br />
erhöht. Bei Missbrauch<br />
durch Dritte trägt nun die Bank<br />
beziehungsweise der Kartenaussteller das<br />
Risiko.<br />
E-Commerce-Richtlinie verbraucherfeindlich?<br />
Die E-Commerce-Richtlinie könnte einige<br />
entscheidende Änderungen im Internetrecht<br />
herbeiführen. Sie muss bis zum<br />
17.1.2002 in nationales Recht umgesetzt<br />
werden und sieht einige bedeutende Änderungen<br />
für den Rechtsverkehr im Internet<br />
vor. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />
für ein Elektronisches- Geschäftsverkehr–Gesetz<br />
(EGG) existiert bereits.<br />
Die Richtlinie geht vom „Herkunftslandprinzip“<br />
aus, welches immer das Heimatrecht<br />
des Diensteanbieters als verbindliche<br />
Rechtsordnung festlegt. Mit dem<br />
Herkunftslandsprinzip in der E-Commerce-Richtlinie<br />
soll also der Handel über das<br />
Medium Internet erleichtert werden,<br />
indem von vornherein eindeutig feststeht,<br />
welches innerstaatliche Recht auf das Verhältnis<br />
zwischen Diensteanbieter und Nutzer<br />
anwendbar ist. Der Diensteanbieter soll<br />
sich darauf verlassen können, dass sein<br />
Heimatrecht, welches er kennt, Anwendung<br />
findet. Hierdurch wird also keine Lö-<br />
sung für Kollisionsfälle geschaffen wie<br />
durch das internationale Privatrecht. Vielmehr<br />
schafft die Richtlinie quasi einen einheitlichen<br />
Rechtsraum. Einleuchtend ist<br />
zwar, dass dadurch Rechtssicherheit geschaffen<br />
wird, da das anzuwendende<br />
Recht von vornherein festgelegt wird, jedoch<br />
bleibt der Verbraucher wieder einmal<br />
auf der Strecke. Zwar wird er durch das geplante<br />
EGG nicht seiner Verbraucherschutzrechte<br />
beraubt, da das Gesetz die<br />
„Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse<br />
in Bezug auf Verbraucherverträge“<br />
vom Herkunftslandprinzip ausnimmt.<br />
Dennoch bedeutet die Anwendung des<br />
Herkunftslandsprinzips, dass der Verbraucher<br />
immer mit der Rechtsordnung des<br />
Anbieters konfrontiert wird. Verbrauchern<br />
bleibt also zu raten, bei ausländischen Anbietern<br />
besonders vorsichtig zu sein.<br />
Zukunft<br />
„Die Juristen sollen reagieren, und wenn<br />
sie vor der Aushöhlung des Verbraucherschutzes<br />
warnen, dann heißt es, sie bremsen<br />
den E-Commerce und seine Marktpotentiale<br />
aus“, so kritisierte schon Thomas<br />
Hoeren, Professor an der Universität Münster<br />
und Richter am OLG Düsseldorf.<br />
Tatsächlich drängt sich einem der Gedanke<br />
auf, dass es ausschließlich der Verbraucher<br />
ist, der dem Medium Internet unterlegen<br />
und deshalb besonders schützenswert<br />
ist. Doch auch der Anbieter ist<br />
mittelbar von dieser Rechtunsicherheit betroffen.<br />
Denn nichts ist hinderlicher für die<br />
Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs,<br />
als das fehlende Vertrauen der<br />
Verbraucher. Ohne dieses Vertrauen würde<br />
das Internet nämlich lediglich für die<br />
Suche nach Informationen und Preisvergleichen<br />
benutzt. Sein Potential für den<br />
elektronischen Geschäftsverkehr bleibe ungenutzt.<br />
Insofern muss an einem ausreichenden<br />
Verbraucherschutzniveau auch<br />
die Industrie und somit der Anbieter ein<br />
Interesse haben.<br />
justament eins 2002<br />
17
Titelthema<br />
Aktiv werden!<br />
Eine juristische Karriere bei der Schutzpolizei Berlin<br />
Von Kindesbeinen an ist der Gedanke an Sicherheit mit dem Polizeiberuf verbunden. Der<br />
Glaube, dass ein grün-weißes Fahrrad eigentlich schneller sein müsste, sitzt tief. Spätestens<br />
in der Pubertät verschwimmen die Träume und die Antwort auf die Frage, was wir<br />
werden wollen, fällt anders aus. Im Jurastudiumwird der Polizist zum abstrakten „Beamten<br />
im Vollzugsdienst“, der entweder repressiv oder präventiv tätig wird. Was die fertigen<br />
Juristen und Juristinnen oft vergessen ist, dass ihnen der Weg zum alten Traumberuf noch<br />
offen steht.<br />
Nicola Rothärmel<br />
Vielleicht kennen einige auch das Gefühl,<br />
die Referendarstationen zu der Durchführung der Einsätze ist man als<br />
Einsatzvorbereitung im Stab kennen. Bei<br />
18 justament eins 2002 durchlaufen und nach jeder einzelnen zu<br />
denken: schön, wieder ein Job den ich<br />
nicht machen will. Das berühmte Ausschlussprinzip,<br />
bei dem am Ende nichts<br />
mehr übrig bleibt. Auf der Suche nach<br />
einer echten Alternative zu den klassischen<br />
juristischen Berufen stolperte ich<br />
über eine Anzeige der Berliner Polizei in<br />
der NJW. Ein/-e Volljurist/-in als Polizeirat/-rätin<br />
wurde gesucht. Ich erinnerte<br />
mich an ein Praktikum vor einigen Jahren<br />
beim LKA Bayern, das sehr interessant war<br />
und bewarb mich kurzer Hand. Nach zwei<br />
Jahren als „klassische Rechtsanwältin“<br />
wollte ich unbedingt etwas anderes, vielseitigeres<br />
machen. Wie sich jetzt herausstellt,<br />
war diese Entscheidung richtig. An<br />
Vielseitigkeit mangelt es nicht.<br />
Begleiter des Polizeiführers und Einsatzleiters<br />
mit vor Ort. In der Vorbereitung<br />
dazu darf man schon mal die ein oder andere<br />
juristische Frage v.a. zum Versammlungsrecht,<br />
Polizeirecht oder Ausländerrecht<br />
in einer schriftlichen Ausarbeitung<br />
beantworten.<br />
Der Schwerpunkt liegt eindeutig im<br />
Verwaltungsrecht. Bereits hier wird jedoch<br />
klar, dass die später ausgeübte Tätigkeit<br />
mit Jura und den klassischen Betätigungsfeldern<br />
des Juristen nicht viel zu<br />
tun hat.<br />
Im Anschluss an dieses Praktikum erfolgt<br />
eine theoretische Ausbildung an der<br />
Polizeiführungsakademie in Münster. Zusammen<br />
mit den Aufstiegsbeamten aller<br />
Bundesländer, dem Bundesgrenzschutz<br />
und des Bundeskriminalamtes bekommt<br />
Wie gestaltet sich<br />
man Unterricht in den Fächern Einsatzlehre,<br />
Führungs-, Organisations- und<br />
der Weg dahin?<br />
Im ersten Jahr durchläuft man die Polizeibehörde<br />
Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft,<br />
in einer Art Praktikum. Man kann<br />
alle Bereiche wie Abschnitt, Direktion, Bereitschaftspolizei,<br />
LKA und die Stäbe des<br />
Landesschutzpolizeiamtes und des Präsidenten<br />
kennen lernen. Eine Fülle von Informationen,<br />
mit denen man auf den ersten<br />
Blick wenig anfangen kann. Mit Beginn<br />
der eigentlichen Tätigkeit lernt man<br />
diese Zeit jedoch zu würdigen. Das erste<br />
Jahr ist sehr wertvoll, um schon mal ein<br />
paar Kontakte zu knüpfen und die verschiedenen<br />
Bereiche einer Polizeibehörde<br />
kennen zu lernen.<br />
Zu Beginn erfolgt eine Ausbildung im<br />
Funken, dem polizeiinternen Computersystem<br />
und im Schießen. Danach geht’s in<br />
die Praxis. In einer örtlichen Patendirektion<br />
durchläuft man jeden einzelnen Bereich.<br />
Man lernt also „Polizei“ vom Funkwagen<br />
fahren, Vorgangsbearbeitung, Verkehrsdienst,<br />
Kriminologie und Kriminalistik,<br />
Verkehrslehre, Sozialwissenschaft und Berufsethik.<br />
Diese Ausbildung dauert ein<br />
halbes Jahr und man wohnt während dieser<br />
Zeit direkt auf dem Campus der Polizeiführungsakademie.<br />
Dank des zweiten<br />
Staatsexamens muss man im Gegensatz zu<br />
den Aufstiegsbeamten keine Abschlussprüfung<br />
schreiben.<br />
Auch dieses halbe Jahr ist ein wichtiger<br />
Baustein auf dem Weg in die Praxis.<br />
So erlernt man im Schnelldurchgang einige<br />
polizeiliche Handwerkstheorien, lernt<br />
den Vorschriftenwust der Polizeidienstvorschriften<br />
kennen und bekommt noch<br />
mal einen Crashkurs im Eingriffsrecht.<br />
An das eine oder andere wird man sich<br />
in Ernstfall garantiert erinnern. Nach Beendigung<br />
des Lehrganges geht es dann ab<br />
ins „wahre Leben“, die erste Dienststelle.<br />
örtliche Kriminalpolizei<br />
und<br />
Erfahrungen aus dem<br />
„polizeirätlichen“ Alltag<br />
Nicola Rothärmel<br />
Als Rat/ Rätin bekleidet man den Einstiegsdienstgrad<br />
in die höhere Laufbahn der Polizei.<br />
Die erste Tätigkeit ist meist eine Referententätigkeit<br />
auf einem Polizeiabschnitt,<br />
d.h. stellvertretende/r Dienststellenleiter/ -<br />
in einer größeren Polizeidienststelle. Auch<br />
in meinem Fall ist das so. Eine wunderbare<br />
Tätigkeit, da man hier Einblick in die tägliche<br />
Polizeiarbeit bekommt. Als Referentin<br />
besteht meine Aufgabe vor allem im Personalgeschäft.<br />
Beurteilungen, Personalentwicklung<br />
und Personalplanung für insgesamt<br />
180 Mitarbeiter – keine leichte Aufgabe.<br />
So bleibt es nicht aus, dass einige<br />
Mitarbeiter auch mit privaten Problemen<br />
zum „Chef“ kommen und sich entspre-
Titelthema<br />
chende Hilfe erhoffen. Außerdem gilt es,<br />
den täglichen Dienst eines Polizeiabschnittes<br />
zu planen. Wo soll beispielsweise eine<br />
Verkehrskontrolle eingerichtet werden, wo<br />
sind Kriminalitätsbrennpunkte und was<br />
kann man zur Steigerung der Aufklärungsrate<br />
oder zur Senkung der Fallzahlen unternehmen?<br />
Daneben gilt es noch diverse Einsätze,<br />
wie Veranstaltungen und Versammlungen<br />
zu planen und auszuführen. In meinem<br />
Abschnittsbereich liegt das gesamte Regierungsviertel,<br />
das Brandenburger Tor und<br />
der Potsdamer Platz. Ein Mekka für alle<br />
Versammlungsteilnehmer, denn fast alle<br />
wollen in diesem Bereich demonstrieren.<br />
Da muss man dann Gespräche mit den Anmeldern<br />
der Versammlungen führen, die<br />
notwendigen Polizeikräfte für den Schutz<br />
der Versammlung berechnen und anfor-<br />
dern und einen<br />
Durchführungsplan<br />
für die Versammlung<br />
selbst schreiben. Hierfür<br />
hat man einen Stab zur Seite, der nur für<br />
die Planung dieser Dinge zuständig ist. Im<br />
vergangenen Jahr hatte mein Abschnitt 37<br />
Führungsgruppeneinsätze zu bewältigen.<br />
Das heißt natürlich des Öfteren auch<br />
Wochenend- oder Nachtdienste einlegen.<br />
Alles in allem macht jedoch gerade diese<br />
Einsatzplanung und -durchführung viel<br />
Spaß, so dass man diese kleinen Unannehmlichkeiten<br />
gerne in Kauf nimmt.<br />
Hin und wieder gibt es natürlich auch<br />
gerade im Zusammenhang mit Veranstaltungen<br />
und Versammlungen rechtliche<br />
Fragen zu bewerten. Als Juristin wird man<br />
für alle möglichen juristischen Fragen zu<br />
Rate gezogen. Dennoch sollte man nicht<br />
mit dem Wunsch, als<br />
Justitiar bei einer<br />
Behörde zu fungieren zur<br />
Polizei kommen. Auch Juristen<br />
werden genau wie Aufstiegsbeamte<br />
zunächst mit „richtiger Polizeiarbeit“ betraut.<br />
Neben der oben geschilderten Tätigkeit<br />
kann das auch Stabsarbeit in den Beiden<br />
großen Stäben des Landesschutzpolizeiamtes<br />
oder des Polizeipräsidenten oder<br />
Projektgruppenleiter sein.<br />
Insgesamt bleibt festzustellen, dass die<br />
Möglichkeiten und die Aufgabenvielfalt in<br />
der Polizei wirklich beispielhaft sind und<br />
auch für Juristen ein spannendes und interessantes<br />
Tätigkeitsfeld darstellen.<br />
Nicola Rothärmel ist Polizeirätin bei der<br />
Schutzpolizei Berlin<br />
Einstellungsvoraussetzungen<br />
In die Berliner Polizei werden regelmäßig Hochschulabsolventen<br />
für den höheren Dienst der Schutz- sowie auch der Kriminalpolizei<br />
– bei Juristen mit 1. bzw. 2. Staatsexamen – eingestellt. Die<br />
Einstellungen erfolgen zum 1. Juli eines jeden Jahres.<br />
Hier die Voraussetzungen für eine Bewerbung bei der Berliner<br />
Schutzpolizei:<br />
• Sie haben die erste oder zweite juristische Staatsprüfung mit<br />
Prädikat bestanden, oder ein anderes geeignetes wissenschaftliches<br />
Hochschulstudium (Wirtschafts-, Sozial-, Politik- Betriebswissenschaften<br />
etc.) mit überdurchschnittlichem Erfolg<br />
absolviert. Absolventen von Fachhochschulen erfüllen diese<br />
Voraussetzung im übrigen nicht.<br />
• Sie haben das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet.<br />
• Sie sind voll sporttauglich und besitzen einen Schwimmfähigkeitsnachweis<br />
• Sie sind „polizeitauglich“ (das heißt z. B.: eine Augenfehlleistung<br />
darf nicht mehr als –2,0dpt bzw. +2,5 dpt betragen)<br />
• Sie haben eine Körpergröße von mindestens 1,60 m (Frauen)<br />
bzw. 1,65 m (Männer) und<br />
• Sie besitzen den Führerschein entsprechend der ehemaligen<br />
Klasse 3 besitzen (aktuell: Klasse B)<br />
Sie sollten das Potenzial mitbringen, Mitarbeiter kompetent und<br />
kooperativ zu führen, tragfähige Entscheidungen auch in belastenden<br />
Situationen erarbeiten und umsetzen können und sich<br />
für den Erhalt der inneren Sicherheit und der Demokratie voll eineinsetzen.<br />
Nähere Informationen unter:<br />
Der Polizeipräsident in Berlin<br />
Stab des Polizeipräsidenten<br />
St PM 12<br />
Herr Fechner Tel.: 030/69 93 44 52 oder<br />
Herr Woelm Tel.: 030/69 93 44 51<br />
justament eins 2002<br />
19
Das Interview<br />
„U.S.A. P.A.T.R.I.O.T.“<br />
Das Sicherheitspaket made in USA<br />
„Civil Liberties im Zeichen der Terrorbekämpfung“ – so lautete das Thema, zu dem kürzlich<br />
Nadine Strossen auf Einladung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union in Berlin<br />
sprach. Strossen ist Präsidentin der American Civil Liberties Union (ACLU) und Professorin<br />
für Verfassungsrecht an der New York Law School. Ihr Lehrstuhl befindet sich in unmittelbarer<br />
Nähe zu dem, was jetzt „ground zero“ genannt wird.<br />
Anders als in Deutschland, wo die Kritik<br />
am Sicherheitspaket von Otto Schily<br />
eher verhalten klingt, hat die ACLU mit<br />
ihren 200.000 Mitgliedern in Amerika eine<br />
parteiübergreifende Koalition für Bürgerrechte<br />
und gegen den USA PATRIOT Act<br />
(USA PATRIOT = Uniting and Strengthening<br />
America by Providing Appropriate<br />
Tools Required to Intercept and Obstruct<br />
Terrorism) auf die Beine gestellt. Die amerikanischen<br />
Maßnahmen gehen über das<br />
Schily-Paket noch hinaus: Ausländer können<br />
auf unbegrenzte Zeit festgehalten<br />
werden, auch wenn sie lediglich wegen<br />
Verstoßes gegen<br />
das Einwanderungsrecht<br />
verdächtigt<br />
werden.<br />
„Sneak-andpeek-warrants“,<br />
d.h. Hausdurchsuchungen ohne Benachrichtigung<br />
der Betroffenen, sind möglich.<br />
Die Überwachung von E-Mails und Bankkonten<br />
ist von einer gerichtlichen Kontrolle<br />
entbunden. Für Furore hat auch eine<br />
Verordnung von Präsident Bush, dem<br />
obersten Befehlshaber, gesorgt, auf deren<br />
Grundlage die Militärgerichte eingesetzt<br />
werden, die ohne Einhaltung von Justizgrundrechten,<br />
auf Verdacht des Präsidenten<br />
hin, Personen anklagen und Todesurteile<br />
verhängen können.<br />
Strossen bezeichnet diese Maßnahmen<br />
als unverhältnismäßig, weil ungeeignet<br />
oder sogar „kontraproduktiv“. Es sei an der<br />
Zeit, dass sich die bürgerliche Mitte entschieden<br />
dagegen wendet. Gegen die Geheimhaltung<br />
der bereits erfolgten Verhaftungen<br />
– weder die Namen, noch der<br />
Haftort der Festgenommenen sind bekannt<br />
– hat die ACLU Klagen eingereicht.<br />
Strossen zufolge komme es jetzt aber vor<br />
allem auf „grass-root activities“ an. Darunter<br />
versteht sie auch ganz praktische<br />
Hilfe. So hat die ACLU ein booklet („Know<br />
Your Rights“) herausgegeben und ins Arabische<br />
übersetzt. Für den Fall, dass jemand<br />
von Polizei oder FBI angehalten wird, kann<br />
eine Hotline angerufen werden. Rechtsanwälte<br />
bieten kostenlos ihre Dienste an.<br />
justament: Die ACLU kritisiert den harten<br />
Kurs bei der inneren Sicherheit als unverhältnismäßig.<br />
Zeigen die Umfragen nicht<br />
aber, dass die überwiegende Mehrheit der<br />
Bevölkerung bereit ist, ihre Freiheit für mehr<br />
Sicherheit zu opfern?<br />
N. Strossen: Ich habe sehr viele Umfragen<br />
analysiert, was dabei herauskommt, hängt<br />
immer sehr von der Fragestellung ab.<br />
Wenn Sie die Leute abstrakt fragen: „Sind<br />
Sie bereit, Freiheiten aufzugeben, um<br />
mehr Sicherheit zu erhalten?“, dann werden<br />
alle natürlich „Ja“ sagen. Auch ich<br />
IDie Menschen müssen wissen, welche ihre<br />
Rechte sind, um zu wissen, dass sie, wenn diese<br />
verletzt werden, sich auf Unterstützung berufen<br />
können und sich trauen, dagegen anzugehen.<br />
würde „Ja“<br />
sagen. Würde<br />
ich gerne am<br />
Leben bleiben?<br />
Natürlich. Aber<br />
wenn Sie dann<br />
konkreter werden und fragen: „Wären Sie<br />
bereit, der Regierung zu erlauben, Ihre E-<br />
Mails zu lesen, Ihre Kontobewegungen zu<br />
überwachen?“, dann nimmt die Zustimmung<br />
rapide ab. Die erste Meinungsumfrage<br />
eine Woche nach dem 11. September,<br />
als die öffentliche Panik, die Angst und der<br />
Ärger an ihrem Höhepunkt waren, hat ergeben,<br />
dass 79 % der Amerikaner bereit<br />
wären, abstrakt Freiheiten für mehr Sicherheit<br />
zu opfern, aber nur 26 % haben gesagt,<br />
sie würden der Regierung Zugriff auf<br />
ihre E-Mails geben, nur 40 % waren bereit,<br />
ihr Bankkonto offenzulegen. Es wurde<br />
noch eine sehr interessante Frage gestellt:<br />
„Wovor haben Sie mehr Angst? Dass die<br />
Regierung nicht aggressiv genug gegen<br />
Terrorismus vorgeht? Oder dass die Regierung<br />
zu aggressiv vorgeht und dabei<br />
Grundrechte verletzt?“ Hier fürchtete nur<br />
eine ganz knappe Mehrheit das Erstere.<br />
Das große Problem ist wirklich nicht, dass<br />
die Menschen inständig darum flehen,<br />
man solle ihnen doch ihre Freiheiten wegnehmen.<br />
Das große Problem ist, dass die<br />
meisten Menschen einfach zu schlecht informiert<br />
und zu passiv sind. Wenn man<br />
ihnen erklärt, dass viele der Maßnahmen<br />
noch nicht mal geeignet sind, mehr Sicherheit<br />
zu bringen und selbst von Polizeibeamten<br />
und früheren Direktoren des CIA<br />
und des FBI kritisiert werden, hören sie<br />
auch zu und überdenken ihre Sicht der<br />
Dinge.<br />
justament: Wollen Sie damit sagen, die<br />
Mentalität habe sich gar nicht radikal verändert?<br />
N. Strossen: Ganz genau. Man muss sogar<br />
sagen, dass das Bewusstsein für Bürgerrechte<br />
heute sehr viel höher ist, als es<br />
1995-96 war, nach dem Attentat in Oklahoma<br />
City. Wir hatten damals eine ähnliche<br />
Koalition, aber viel kleiner. Und Sie hörten<br />
nicht die gleiche Freiheitsrhetorik von Seiten<br />
der Regierung. Jetzt redet sogar Ashcroft<br />
(Justizminister der USA, Anm.d.Red.)<br />
ständig davon, man müsse Bürgerrechte<br />
und die Verfassung respektieren. Die Rhetorik<br />
muss natürlich nicht unbedingt mit<br />
der Realität übereinstimmen, aber damals<br />
hörte man noch nicht mal irgend jemanden<br />
davon reden.<br />
justament: Woran liegt das?<br />
N. Strossen: Es herrscht große Skepsis was<br />
die Effektivität neuer Gesetze betrifft.<br />
Auch die Anti-Terrorismus-Gesetzgebung<br />
von 1996 hat uns offensichtlich nicht ausreichend<br />
schützen können. Vielleicht hat<br />
der Unterschied auch mit dem Internet zu<br />
tun. Vor sechs Jahren waren einfach noch<br />
nicht so viele Leute online. Heute sind sie<br />
es, und die Privatsphäre im Internet ist viel<br />
wichtiger geworden. Zur Jahrtausendwende<br />
wurden die Menschen in Amerika gefragt:<br />
„Was sind Ihre größten Sorgen?“<br />
Weitere Informationen über die veranstaltende<br />
Bürgerinitiative der Humbold<br />
Universität Berlin unter:<br />
www.humanistische-union.de<br />
Die amerikanische Organisation von<br />
Frau Strossen:<br />
www.aclu.de<br />
Info<br />
20<br />
justament eins 2002
Das Interview<br />
Und Nummer eins auf der Liste war nicht<br />
etwa der Terrorismus, auch nicht die Erderwärmung,<br />
nicht der Krieg, es war der<br />
Schutz der Privatsphäre.<br />
justament: Die Privatsphäre wird aber nicht<br />
nur von staatlicher Seite beeinträchtigt.<br />
N. Strossen: Wir waren stark damit beschäftigt,<br />
ein umfassendes Datenschutzgesetz<br />
auf den Weg zu bringen, was bei<br />
einem sehr breiten politischen Spektrum<br />
Unterstützung fand, innerhalb des Kongresses<br />
sowie ausserhalb. Das Problem ist<br />
natürlich, dass sich seit dem 11. September<br />
insofern schon die Koordinaten verschoben<br />
haben – nicht so sehr bei den Bürgerrechtlern,<br />
aber im Kongress. Dabei gibt es<br />
durchaus eine Verbindung zwischen den<br />
Überwachungsaktivitäten der Regierung<br />
und dem „data<br />
grabbing“ durch die<br />
private Wirtschaft.<br />
Als wir im Kongress<br />
versucht haben,<br />
Lobbyarbeit für Datenschutzgesetze<br />
zu machen, war eine<br />
immer wiederkehrende Antwort: „Ihr habt<br />
doch schon gar keine Privatsphäre mehr.<br />
Gewöhnt euch endlich daran“. Es ist wirklich<br />
tragisch, dass die Regierung mittlerweile<br />
sagen kann: „Weil wir es versäumt<br />
haben, eure Privatsphäre im Verhältnis<br />
zum privaten Sektor ausreichend zu schützen,<br />
nehmen wir das jetzt als Argument<br />
dafür, eure Privatsphäre auch noch einmal<br />
zu beeinträchtigen“.<br />
justament: Die ACLU hat bereits gegen einige<br />
der Maßnahmen der Bush-Regierung<br />
Klagen auf den Weg gebracht. In ihrem Vortrag<br />
haben Sie die Bedeutung von „grass<br />
root“ Aktivitäten für die jetzige politische<br />
Arbeit hervorgehoben. Würden Sie sagen,<br />
dass diese wichtiger sind, als gegen bestimmte<br />
Gesetze vor den Gerichten, mit den<br />
Instrumenten des Rechtssystems, vorzugehen?<br />
IUnd Nummer eins auf der Liste war nicht<br />
etwa Schutz vor der Terrorismus, auch<br />
nicht die Erderwärmung, nicht der Krieg,<br />
es war der Schutz der Privatsphäre.<br />
N. Strossen: Aktivitäten an der Basis sind<br />
die absolute Grundlage für alle Freiheit.<br />
Die Öffentlichkeit muss verstehen, was hier<br />
passiert, ansonsten werden Regierungen<br />
gewählt, die Freiheitsrechte mit Füßen treten.<br />
Und obwohl Richter ernannt und<br />
nicht gewählt werden, spielt auch hier die<br />
Politik eine große Rolle. Wenn Sie keinen<br />
Druck der Öffentlichkeit auf die Regierung,<br />
den Präsidenten und die Richter des<br />
Supreme Courts haben, Bürgerrechte zu<br />
achten, dann werden die es auch nicht<br />
tun. Das ist umso wahrer auf der lokalen<br />
Ebene. Wir können noch so viele Prozesse<br />
vor dem Supreme Court gewinnen, das<br />
heißt noch lange nicht, dass auch die örtliche<br />
Polizei oder der Lehrer an der High<br />
School die Grundrechte respektiert. Das<br />
sind doch die Punkte, wo die meisten<br />
Menschen mit ihrer Regierung in<br />
Berührung kommen.<br />
Die Menschen<br />
müssen<br />
wissen, welche<br />
ihre Rechte sind,<br />
um zu wissen,<br />
dass sie, wenn diese verletzt werden, sich<br />
auf Unterstützung berufen können und<br />
sich trauen, dagegen anzugehen.<br />
justament: Die Koalition, die die ACLU gegen<br />
die Anti-Terror-Maßnahmen gebildet hat,<br />
reichen von linken Bürgerrechtsgruppen bis<br />
hin zum rechten Spektrum, z.B. zu Gruppierungen,<br />
die sich hauptsächlich für „gun<br />
rights“, freie Waffen für alle, einsetzen. Die<br />
Fernziele der Gruppen in dieser Koalition<br />
sind zum Teil sehr unterschiedlich bis entgegengesetzt.<br />
Muss das nicht zu einer<br />
Schwächung Ihrer Bewegung führen?<br />
N. Strossen: Nein. Darin liegt genau der<br />
Schlüssel des Erfolges der ACLU. Wir versuchen<br />
immer, mit einer möglichst breiten<br />
Palette von Organisationen und Personen<br />
zusammen zu arbeiten. Es gibt nur eine<br />
einzige Bedingung: In der konkreten<br />
Sache, um die wir kämpfen, müssen wir<br />
uns einig sein. Darüber hinaus verlangen<br />
wir keine umfassende Übereinstimmung.<br />
Nadine Stossen<br />
Und manchmal können wir sogar unsere<br />
Partner dazu bringen, auch auf anderen<br />
Gebieten ihre Meinung zu ändern, weil sie<br />
in gemeinsamen Diskussionen mit uns erst<br />
die Verknüpfung bestimmter Sachverhalte<br />
feststellen. Lassen Sie mich ein Beispiel<br />
geben: Wir haben sehr stark für die studentische<br />
Meinungsfreiheit gekämpft und<br />
dabei mit einigen wichtigen sehr konservativen<br />
Republikanern zusammen gearbeitet,<br />
um ein Gesetz auf den Weg zu bringen,<br />
das auf allen Universitäten, auch privaten,<br />
die Meinungsfreiheit der Studenten sichern<br />
sollte. Die Konservativen wollten das<br />
natürlich aus einem völlig falschen Grund.<br />
Sie glaubten, dass ihre konservativen Ideale<br />
als nicht mehr „politisch korrekt“ in Gefahr<br />
waren. Nachdem wir sie aber einmal<br />
richtig für die Idee der Meinungsfreiheit<br />
begeistert hatten, war das nächste, was wir<br />
hörten, dass sie plötzlich ihre Unterstützung<br />
eines Gesetzes aufgegeben hatten,<br />
das das Verbrennen der amerikanischen<br />
Flagge unter Strafe stellen sollte. Sie hatten<br />
verstanden, wie wichtig es ist, dass<br />
auch eine wirklich unpopuläre Meinung<br />
vertreten werden kann. Wissen Sie, wenn<br />
sie bei Bündnissen immer dogmatisch auf<br />
einer kompletten Übereinstimmung in<br />
allen Punkten bestehen, schneiden Sie sich<br />
Ihren gesamten politischen Einfluss ab.<br />
Das Interview wurde geführt von:<br />
Jan Freigang und Jörn Reinhardt<br />
justament eins 2002<br />
21
Kanzleireport<br />
CMS – Full <strong>Service</strong><br />
statt nur Highend-Geschäft<br />
Im Gespräch mit Dr. Wolf-Georg Freiherr von Rechenberg<br />
Christoph Tismer<br />
Die Kanzlei CMS Hasche Sigle kann<br />
ihren Namen aufgrund der Entscheidung<br />
vom Bundesgerichtshof behalten.<br />
Die Anwaltskammer Hamburg sah in dem<br />
vermeintlichen Fantasienamen CMS Hasche<br />
Sigle einen Verstoß gegen die Berufsordnung<br />
für Rechtsanwälte. Diese Behauptung<br />
wurde darauf gestützt, dass hier<br />
eine nicht rechtmäßige Firmierung vorliege,<br />
begründet durch das Verwenden des<br />
Logos CMS bei der Namensbildung der Sozietät.<br />
Der BGH gab der Kanzlei CMS Hasche<br />
Sigle mit seiner Entscheidung (Az.:<br />
AnwZ [B] 12/01) Recht. Das Kürzel CMS<br />
Dr. Wolf-Georg Freiherr von Rechenberg<br />
stellt laut Bundesgerichtshof somit keine<br />
Fantasiebezeichnung dar, sondern ist vielmehr<br />
als Hinweis auf eine internationale<br />
Zusammenarbeit zu sehen.<br />
Die Anwaltskanzlei<br />
Die Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche<br />
Sigle ist das Resultat einer Fusion der beiden<br />
Vorgängerkanzleien SLS–Sigle Lose<br />
Stuttgart und Hasche Eschenlohr Peltzer<br />
Riesenkamp. Aufgrund der Synergien bei<br />
der Zusammenarbeit dieser Kanzleien lag<br />
ein Zusammenschluss nahe. Durch die derzeit<br />
vorhandenen Standorte ist der deutsche<br />
Markt nach eigenen Angaben abgedeckt.<br />
Die Kanzlei steht ihren Klienten mit<br />
2000 Anwälten in allen Bereichen des<br />
Wirtschaftsrechts zur Verfügung,. hierbei<br />
wird besonderer Wert auf die Einbeziehung<br />
des wirtschaftlichen Realität in die<br />
juristische Beratung gelegt. Zu den Mandanten<br />
zählen Firmen aus den Bereichen<br />
der Industrie, des Handels, des Dienstleistungssektors<br />
sowie öffentliche Institutionen.<br />
Das Thema Referendare<br />
Vor dem Hintergrund einer praxisorientierten<br />
Referendarausbildung findet in der<br />
Kanzlei am Gendarmenmarkt eine Anwalts-AG<br />
für Referendare statt (Wir berichteten<br />
darüber in justament 2/2000). Hier<br />
wird schwerpunktmäßig darauf wert gelegt,<br />
den Teilnehmern die Praxis des Kanzleibetriebs<br />
mit allen seinen Problemen<br />
näher zu bringen. Dabei führen die „Spezialisten“<br />
unter den Anwälten der Kanzlei<br />
die Referendare in ihr Gebiet ein und zwar<br />
praxisnah.<br />
Die Referendare bekommen so einen<br />
genauen Einblick, wann ein Anwalt in welchen<br />
Bereichen zum Einsatz kommt, in das<br />
dazugehörige Zusammenspiel, sowie den<br />
direkten praktischen Umgang mit bestimmten<br />
Themen (zum Beispiel fertige<br />
Unternehmenskaufverträge und den daraus<br />
resultierenden Verhandlungen zu bestimmten<br />
Klauseln des Vertrages). Hierbei<br />
werden mit den Kursteilnehmern Verhandlungssituationen<br />
simuliert oder der praktische<br />
Ablauf einer einstweiligen Verfügung<br />
aufgeführt. Ziel dieser Anwalts-AG ist es,<br />
den Referendaren ein Bild über die tägliche<br />
Arbeit der Kanzlei zu vermitteln.<br />
Neben diesen Arbeitsgruppen gibt es<br />
natürlich auch Referendare, die direkt in<br />
der Kanzlei tätig sind. Referendariate sind<br />
dabei für die Kanzlei sowohl in den verschiedenen<br />
Stationen als auch in Nebentätigkeit<br />
der beste Weg, den Anwaltsnachwuchs<br />
zu rekrutieren. Auf diese Weise<br />
kann sich die Kanzlei ein Bild von dem<br />
Kandidaten und seinen Fähigkeiten machen,<br />
das vom „richtigen Leben“ geprägt<br />
ist und muss sich nicht auf Zeugnisse und<br />
Referenzen verlassen.<br />
Die Kanzlei in Zeiten schwankender<br />
Konjunktur<br />
Einstellungen stagnieren in Zeiten einer<br />
sinkenden Konjunktur. Da die Kanzlei CMS<br />
Hasche Sigle ihren Arbeitsradius nicht nur<br />
auf das Highend-Geschäft fokussiert (wie<br />
zum Beispiel die Beetreuung von Finanztransaktionen),<br />
sondern dem Mandanten<br />
Full-<strong>Service</strong> bietet im Sinne einer umfassenden<br />
Rechtsberatung, wird die Konjunkturanfälligkeit<br />
eingegrenzt. Die Kanzlei<br />
widmet sich Bereichen wie dem Arbeitsrecht,<br />
dem gewerblichen Rechtsschutz,<br />
Steuerrecht, Kartellrecht, Vertragsänderungsrecht,<br />
Bau- und Immobilienrecht,<br />
Biotechnologie sowie der Insolvenzverwaltung.<br />
Auch „exotische“ Rechtsgebiete, wie<br />
zum Beispiel das Seerecht (vor allem am<br />
Standort Hamburg), werden abgedeckt.<br />
Junge Anwälte<br />
Neueinsteiger bei CMS Hasche Sigle befinden<br />
sich in ihrem ersten Jahr noch in der<br />
„Ausbildung“. Sie werden dazu einem<br />
Mentor zugewiesen, der zuständig ist für<br />
die fachliche Zusammenarbeit und Ausbildung.<br />
Vom ersten Tag an wird der neue<br />
Anwalt zusammen mit seinem Mentor<br />
nach außen hin tätig, dass heißt er ist bei<br />
allem dabei (Mandantenkontakt und –beratung<br />
etc.). Die Ausbildung erfolgt also<br />
nach dem Motto „Learning by doing“.<br />
Halbjährlich wird ein institutionalisiertes<br />
Mentorengespräch geführt. Dabei wird<br />
anhand eines vorgegebenen Fragebogens<br />
eruiert, welche Leistungen sowohl der<br />
Kandidat als auch die Kanzlei bisher erbracht<br />
haben und was sie in Zukunft von<br />
einander erwarten, auch in Hinblick auf<br />
eine eventuelle Partnerschaft bei CMS.<br />
Kontakt<br />
CMS Hasche Sigle<br />
Dr. Wolf-Georg Freiherr v. Rechenberg<br />
Markgrafenstrasse 36, 10117 Berlin<br />
Tel.: 030/2 03 60-29 0<br />
Wolf-Georg.vonRechenberg@cmslegal.de<br />
22<br />
justament eins 2002
und danach<br />
Gute Anwälte<br />
Gute Anwälte sind so unterschiedlich wie gute Gitarristen. Einer der berühmten Rock-Gitarristen<br />
hat den Beinamen „slowhand“; wer gut spielt, muß nicht schnell spielen. Es können<br />
also unterschiedliche, sogar konträre Eigenschaften sein, die ein guter Anwalt hat.<br />
Aber ein paar Konstanten gibt es.<br />
Michael Bartsch<br />
Ein guter Anwalt ist nicht käuflich, aber<br />
mietbar. Wer käuflich ist, stellt seine<br />
Person zur Disposition. Wer mietbar ist,<br />
stellt seine Dienste zur Verfügung. Mit der<br />
Kaufsache darf der Kunde nach Belieben<br />
verfahren. Die Mietsache muß er pfleglich<br />
behandeln; er hat nur eine temporäre Benutzungsmöglichkeit.<br />
Als ich Anwalt werden wollte, war Advokatur<br />
ziemlich gleichbedeutend mit<br />
Selbständigkeit und Unabhängigkeit.<br />
Rechtsanwalt wurde, wer keinen Chef<br />
haben wollte. Große Kanzleien sind so<br />
nicht zu organisieren; hier muß es Überund<br />
Unterordnungen geben. Das hat<br />
(auch) gute Gründe, aber (auch) negative<br />
Wirkungen. Jedenfalls prägt es die Personen<br />
deutlich. Ich halte dafür, daß der Anwalt,<br />
der als Mitglied des großen Büros für<br />
den Mandanten dieses Büros handelt, in<br />
anderer Verfassung handelt und also anders<br />
handelt als der selbständige Anwalt,<br />
der für den eigenen Mandanten arbeitet.<br />
Der Mandant hat die Wahl.<br />
Anwälte und Richter<br />
Die Berufsfrage an den Richter ist: Wie ist<br />
die Rechtslage? Die Berufsfrage an den<br />
Anwalt ist: Was machen wir jetzt? Das verführt<br />
manchen Richter zur Auffassung, der<br />
Fall bestehe nur aus juristischer Subsumption,<br />
und manchen Anwalt zur Auffassung,<br />
so viel Recht müsse man nicht unbedingt<br />
wissen. Das sind komplementäre<br />
Fehler.<br />
Der Aspekt, den der Richter zu beurteilen<br />
hat, liegt typischerweise in der Vergangenheit:<br />
Welches sind die Tatsachen, und<br />
wie sind sie rechtlich einzuordnen? Der<br />
Aspekt des Anwalts liegt in der Zukunft:<br />
Werde ich die Behauptung beweisen können?<br />
Wieviel muß ich bieten, damit der<br />
Gegner auf meinen Vergleichsvorschlag<br />
eingeht? Ist die Berufung chancenreich?<br />
Prophet haben wir alle nicht gelernt. Aber<br />
die Prognosefähigkeit der Anwälte ist sehr<br />
unterschiedlich.<br />
Hinzu kommt etwas Vertracktes, nämlich<br />
die drei Stufen der Wahrheit: die<br />
Wahrheit, die reine Wahrheit, und wie es<br />
wirklich gewesen ist. Das Gericht kommt<br />
selten über die zweite Stufe hinaus und<br />
begnügt sich auch gerne damit. Auch Anwälte<br />
müssen sich gelegentlich vor der<br />
dritten Stufe hüten; nach der alten Devise:<br />
„Machen Sie mich bitte nicht bösgläubig“.<br />
Pauschal gesprochen sind die Richter also<br />
die erkennenden Juristen und die Anwälte<br />
die gestaltenden Juristen. Wer gestalten<br />
will, braucht Ziele, Phantasie und Energie.<br />
Kreativität<br />
Eine Anekdote: Ich besuche Geoffrey,<br />
Rechtsanwalt in Cambridge. Wir gehen<br />
essen. Beim Betreten des Lokals bleibt<br />
Geoffrey etwas zurück, ich bin schon beim<br />
Tisch. Es fährt, geschoben von seiner Frau,<br />
Stephen Hawking vorbei; man erkennt ihn<br />
ja gleich. Geoffrey spricht ihn an und<br />
macht sich bekannt. Nun beginnt die<br />
Peinlichkeit, daß er mich herbeiruft; der<br />
Mann im Rollstuhl muß sich wie vorgeführt<br />
vorkommen: „Sieh mal, Michael, das<br />
ist der berühmte Stephen Hawking“. Ganz<br />
falsch.<br />
Umgekehrt wäre es richtig. Aber wie<br />
könnte Stephen Hawking Interesse an diesem<br />
deutschen Juristen haben? Geoffrey<br />
sagt zu ihm: „May I introduce to you<br />
Michael Bartsch, Michael is a law professor<br />
at the same University of Karlsruhe, where<br />
Heinrich Hertz verified by experiments<br />
Maxwell’s theories about electromagnetic<br />
waves“. Er spielt auf diesen großen deutschen<br />
Physiker an, um dem vor ihm sitzenden<br />
Physiker eine Kontaktmöglichkeit zu<br />
mir zu bauen. Das muß einem einfallen.<br />
Kreativität kann man üben.<br />
Erfassen der Situation<br />
Noch eine Anekdote: Der junge Anwalt ist<br />
noch nicht beim Oberlandesgericht zugelassen,<br />
führt aber dort einen erbitterten<br />
Prozeß und braucht den alten Anwalt für<br />
die Unterschriften und die Termine. In der<br />
entscheidenden Senatssitzung ist klar, daß<br />
die Sache verglichen werden muß. Der<br />
junge Anwalt und sein Kontrahent argumentieren<br />
heftig aufeinander ein, die Parteien<br />
bauschen sich auf, der Senatsvorsitzende<br />
traut sich nicht recht, einen Vorschlag<br />
zu machen.<br />
Der alte Anwalt, ohnehin nicht Sachbearbeiter,<br />
hört nur zu; bis er dann aufsteht,<br />
dem Senat mitteilt, es gebe ja ohnehin keinen<br />
Vergleich, die Anträge seien gestellt,<br />
seine Anwesenheit nicht mehr erforderlich,<br />
er gehe in die Bibliothek; verläßt zur Verblüffung<br />
aller den Raum und schließt<br />
ruhig die Türe; öffnet sie nach zwei Sekunden<br />
wieder, streckt den Kopf herein<br />
und fragt: „Oder wollen wir uns doch vergleichen?“,<br />
und jetzt kam es ganz einfach<br />
zur Einigung.<br />
Was war der Punkt? Offenbar fehlte ein<br />
klimatischer Ruck, um Einigungsbereitschaft<br />
zu bewirken.<br />
Schnittstellenkompetenz<br />
Es gibt selten Fälle, die nur aus Jura<br />
bestehen; Probleme mit relativen Rangverhältnissen<br />
im Grundbuch und ähnliche Eskapaden<br />
des Rechts sind rar; die meisten<br />
Fälle bestehen auch aus Leben.<br />
Das kann trivial und unaufklärbar sein<br />
wie die Streitigkeiten nach durchschnittlich<br />
unglücklicher Ehe. Es kann aber auch<br />
um Lebens- und Fachwelten gehen, die<br />
uns Juristen sehr fremd sind. Wenn ich berichte,<br />
daß ich im Computerrecht arbeite,<br />
werde ich gelegentlich gefragt, ob ich programmieren<br />
könne. Nein, das ist auch<br />
nicht notwendig, vielleicht nicht einmal<br />
nützlich. Aber ich muß für die Vorgänge,<br />
um die es geht, entlang der schönen Juristenformulierung,<br />
„ein Parallelverständnis<br />
in der Laiensphäre“ haben.<br />
Andernfalls ist die Sache nur ein<br />
Rechtsfall, das Leben bleibt ausgesperrt.<br />
Ich muß aber versuchen, dem Richter beizubringen,<br />
worum es wirklich geht, und<br />
dazu muß ich es selbst verstehen. In manchen<br />
Bauprozessen hat der Anwalt die<br />
Nase vorn, der dem Gericht sagen kann,<br />
daß er das Haus gesehen hat.<br />
Das ist die inhaltliche Seite. Hinzu<br />
kommt die funktionale Seite. Der Anwalt<br />
hat in wohlverstandenem Sinn eine Dolmetscheraufgabe<br />
vom Mandanten zum<br />
Gericht und vom Gericht zum Mandanten,<br />
auch vom Gegenanwalt zum Mandanten.<br />
Jede Übersetzung ist ein bißchen „Stille<br />
Post“: Einiges geht verloren, anderes<br />
24<br />
justament eins 2002
und danach<br />
kommt hinzu. Das scheint zwingend ein<br />
Nachteil zu sein, bietet aber auch seriös<br />
wahrnehmbare Chancen und gehört zum<br />
Beruf. Hier wird nur kompetent sein, wer<br />
sich der Konstellation und des Vorgangs<br />
bewußt ist.<br />
Problemlösungskompetenz<br />
Wir Juristen bilden uns zuviel ein, wenn<br />
wir denken, dass wir Probleme lösen. Wir<br />
lösen sie nicht, sondern wir beenden sie<br />
durch Entscheidung. Die beteiligten Menschen<br />
fühlen sich oft wie Teile des Spiels,<br />
wie Halmakegel. Die eigentlichen Probleme<br />
bleiben für sie oft ungelöst; man muss<br />
sich dreinschicken, denn die Sache ist nun<br />
einmal entschieden. Niklas Luhmann hat<br />
den Vorgang des Rechtsstreites sehr plastisch<br />
als trichterförmig beschrieben:<br />
Spielfeld und Aktionsmöglichkeiten werden<br />
immer kleiner, und irgendwann ist der<br />
unterste Punkt im Trichter erreicht. Für<br />
den Juristen ist die Sache damit auf den<br />
Punkt gebracht, entschieden und außer<br />
Sicht. Für die Beteiligten, die verloren<br />
haben, geht es jetzt abwärts.<br />
Wer ein Problem lösen will, muß es zuerst<br />
erkennen. Die juristische Ausbildung<br />
verbildet uns zu der Meinung, die an uns<br />
herangetragenen Probleme seien Rechtsprobleme;<br />
der bis in die Formulare der Referendarzeugnisse<br />
abgestiegene Appell an<br />
die Juristen, wirtschaftliche Lösungen zu<br />
suchen, ist nur ein Feigenblatt. So verkürzen<br />
wir die Problemlage auf eine einzige<br />
Dimension, nämlich die, in der wir uns einigermaßen<br />
auskennen. Und dann behaupten<br />
wir, dass das die maßgebliche Dimension<br />
sei. Der gute Anwalt erfasst auch<br />
die anderen Dimensionen, kann so das<br />
Problem tiefer analysieren und neue Lösungs-<br />
oder Erfolgsmöglichkeiten finden.<br />
Die Kuchenvergrößerung, über die man in<br />
der Verhandlungsstrategie spricht, kann<br />
nicht nur durch Vergrößerung der Themen<br />
geschehen, sondern auch durch Vermehrung<br />
der Aspekte.<br />
Wer schnell spielt, muss nicht gut spielen.<br />
Menschenkenntnis<br />
Menschenkenntnis bedeutet auch, die<br />
Ziele des Mandanten von seinen eigentlichen<br />
Beweggründen zu unterscheiden und<br />
dies auch bei den Mitspielern auf der Gegenseite<br />
zu tun. Geht es den Leuten wirklich<br />
ums Geld? Oder nicht eher darum, sich<br />
zu behaupten, nicht nachzugeben, dem<br />
anderen nichts zu gönnen, vor der eigenen<br />
Gruppe gut da zu stehen? Geht es um<br />
Schmerzensgeld für fehlinvestiertes Vertrauen?<br />
Um Not geht es selten; arme Leute<br />
sind großzügiger als reiche Leute.<br />
Man glaubt übrigens nach Jahren der<br />
Advokatur, man könne die anständigen<br />
Leute von den anderen unterscheiden oder<br />
jedenfalls die Schurken aussortieren. Ich<br />
glaube sogar, dass das stimmt. Die Fähigkeit,<br />
nach der Erkenntnis zu handeln,<br />
kennzeichnet den guten Anwalt; das<br />
gehört zum Kapitel „Anstand“.<br />
Anstand<br />
Ich wähle dieses altmodische Wort mit Bedacht.<br />
Der Anwalt bekommt Honorar, Ehrensold.<br />
Er muss sich nicht als Zuflucht der<br />
Entrechteten empfinden. Aber die Freiheit<br />
des Berufes, die Stellung als Organ der<br />
Rechtspflege und die für gute Anwälte bislang<br />
immer guten Verdienstmöglichkeiten<br />
führen dazu, dass man sich Anstand leisten<br />
soll und kann. Die Frage, wie der anständige<br />
Anwalt den unanständigen behandelt,<br />
ist einfach zu beantworten: durch<br />
Distanz, und wo die Distanz nicht groß<br />
genug ist mit nichts als Korrektheit.<br />
Summe<br />
Die Anwaltsfähigkeit sollte die sein: einen<br />
komplexen Sachverhalt, zu dem auch die<br />
beteiligten Menschen und ihre Ziele<br />
gehören, erfassen, systematisieren, darstellen<br />
und bewerten und hieraus einen Handlungsvorschlag<br />
ableiten. Das ist ein anspruchsvolles<br />
Programm, in dem Rechtsfragen<br />
nicht vorkommen müssen. Die<br />
spezifische juristische Qualifikation ist<br />
nicht die Kunst, Gesetzesbücher zu verstehen,<br />
auch wenn unsere Systematisierungsund<br />
Bewertungsfähigkeit am Recht geschult<br />
ist. Sie muß aber sachverhaltsbezogen<br />
sein, also auf das Leben orientiert,<br />
oder sie wird schlecht, unnütz oder<br />
störend sein.<br />
Dieses Arbeitsprogramm steht in keinem<br />
Lehrbuch. Und das macht, richtig gehandhabt,<br />
das Spiel ein ganzes Berufsleben<br />
lang interessant.<br />
Grafik: David Fuchs<br />
justament eins 2002<br />
25
Ausbildung<br />
Neue Serie:<br />
Die schönsten<br />
Wahlstationen der Welt<br />
Vamos a la playa<br />
Christian Gerboth<br />
Die Kollegen der Kanzlei im sonnigen Palma<br />
Die Mandanten eines deutschen Rechtsanwalts<br />
in Spanien sind hauptsächlich<br />
Deutsche, die das ganze Jahr über in Spanien<br />
leben und auch geschäftlich tätig<br />
sind. Sie benötigen unsere Unterstützung<br />
bei der Gründung und Verwaltung von<br />
Gesellschaften, beim Bau oder Kauf von<br />
Immobilien, sowie bei allen behördlichen<br />
und steuerlichen Problemen. Das Spektrum<br />
eines Anwalts in Spanien reicht daher<br />
vom Handels- und Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht,<br />
über das Erbrecht bis zum<br />
internationalen Steuerrecht und dessen<br />
Feinheiten in Spanien und Deutschland.<br />
Für einen deutschen Anwalt ist es verständlicherweise<br />
schwieriger, vor einem<br />
spanischen Gericht aufzutreten, weshalb<br />
dies anfangs besser dem spanischen Partner<br />
in der Kanzlei überlassen werden sollte.<br />
Der Rechtsanwalt in Spanien ist daher<br />
weniger ein Prozessanwalt, als ein auf die<br />
deutschen Mandanten spezialisierter Berater<br />
für spanisches und deutsches Recht.<br />
Ein grosser Teil der Arbeit besteht in der<br />
Vermittlungstätigkeit zwischen dem Mandanten<br />
und der spanischen, oft auch deutschen<br />
Gegenpartei. Er muss seine Mandantschaft<br />
auf die Unterschiede zwischen<br />
deutschem und spanischem Recht hinweisen.<br />
Von sehr grosser Bedeutung ist auch<br />
die steuerliche Beratung, da jeder Ausländer,<br />
der in Spanien eine Immobilie besitzt<br />
oder geschäftlich tätig wird, unbedingt<br />
steuerrechtlich beraten werden sollte.<br />
Voraussetzungen<br />
für diese Tätigkeit<br />
Um als deutscher Jurist in Spanien tätig zu<br />
werden, sollte man dies schon während<br />
des Studiums vorbereiten. Wichtig ist<br />
zunächst die sehr gute Beherrschung der<br />
spanischen Sprache und der Rechtsterminologie.<br />
Es sollte daher im Studium ein<br />
ERASMUS-Jahr in Spanien absolviert werden.<br />
Während des Referendariats ist es ratsam,<br />
die Wahlstation in einer Kanzlei mit<br />
deutschen Mandanten in Spanien abzuleisten.<br />
Als Ort der Stage ist die Rechtsanwaltskanzlei<br />
einer Firma vorzuziehen, da<br />
hier ein größerer Überblick über das Arbeitsspektrums<br />
eines Anwalts in Spanien<br />
erzielt werden kann. Vor allem sieht der<br />
Referendar, ob für ihn diese Tätigkeit<br />
überhaupt in Frage kommt, denn die Arbeit<br />
als deutscher Anwalt in Spanien hat<br />
auch einige negative Seiten.<br />
Oft ist man als Übersetzer für den<br />
Mandanten tätig und die Schriftsätze erfordern<br />
die doppelte Arbeit, da diese meistens<br />
in beiden Sprachen getätigt werden<br />
müssen. Auch müssen viele administrative<br />
und nicht-juristische Aufgaben übernommen<br />
werden, da die Mandanten des Spanischen<br />
nicht mächtig sind.<br />
Eigener Werdegang:<br />
Ich selbst habe nach dem 1. Staatsexamen<br />
ein Master of European Law am Europainstitut<br />
der Universidad Autonoma de Barcelona<br />
absolviert. An diesem Master nahmen<br />
hauptsächlich spanische Juristen teil und<br />
die Vorlesungen wurden meist in Castellano<br />
abgehalten. Durch das Master war ich<br />
gezwungen, eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen<br />
in Spanisch zu lesen, da die<br />
Prüfungen ebenfalls in Castellano abgehalten<br />
wurden. Im Referendariat arbeitete<br />
ich teilweise am Lehrstuhl an spanischen<br />
Rechtsgebieten und meine Wahlstation<br />
absolvierte ich in der Wirtschaftsrechtskanzlei<br />
Globus Ius in Barcelona. Danach<br />
arbeitete ich als angestellter Anwalt in<br />
einer Kanzlei auf Mallorca, bis ich schliesslich<br />
zusammen mit drei spanischen Anwälten<br />
und der European Tax & Law Gruppe<br />
eine eigene Kanzlei in Palma de Mallorca<br />
gründete.<br />
Anwaltliche Zulassung<br />
Nach der Richtlinie 98/5/EU (vom 16.Februar<br />
1998) darf man in einem anderen<br />
Mitgliedstaat der Europäischen Union als<br />
Rechtsanwalt dauerhaft tätig werden. Im<br />
März 2000 lief die Umsetzungsfrist für<br />
diese Richtlinie ab, sie wurde in Spanien<br />
26<br />
justament eins 2002
jedoch erst durch das Real Decreto<br />
936/2001 zum 3.August 2001 umgesetzt.<br />
Danach kann man nun als deutscher<br />
Rechtsanwalt bei der spanischen Anwaltskammer<br />
zugelassen werden und erhält die<br />
gleichen Rechte und Pflichten wie die spanischen<br />
Anwälte, wobei die Bezeichnung<br />
„Abogado“ erst nach drei Jahren praktischer<br />
Tätigkeit ab der Zulassung geführt<br />
werden darf. Es gibt natürlich auch die<br />
Möglichkeit, den Titel früher zu erhalten,<br />
indem eine Anerkenntnisprüfung in Madrid<br />
ablegt wird.<br />
Als angestellter Anwalt in Spanien zu<br />
arbeiten ist leider mit schlechten Gehaltsaussichten<br />
verbunden. Das Gehaltsniveau<br />
der spanischen Anwälte ist sehr niedrig<br />
und bei den ausländischen Anwälten wird<br />
meist kein wesentlicher Unterschied gemacht.<br />
Eine Selbständigkeit ist daher langfristig<br />
vorzuziehen, wobei diese allerdings<br />
auch größere Hürden mit sich bringt. Wie<br />
in Deutschland sind ein gutes Marketing<br />
und reichliche Kontakte unbedingt notwendig.<br />
Wichtig sind dabei gute Verbindungen<br />
zu deutschen Rechts- und Steuerberatungskanzleien,<br />
mit denen man kooperieren<br />
kann. Man sollte jedoch auch die<br />
notwendigen Kontakte zu den spanischen<br />
Partnern haben. Allein deshalb und aufgrund<br />
der prozessualen Tätigkeiten ist es<br />
notwendig, die Kanzlei zusammen mit<br />
spanischen Anwälten zu gründen. Des<br />
Weiteren sollte in der Kanzlei auch ein Anwalt<br />
tätig sein, der sich auf spanisches<br />
Steuerrecht spezialisiert hat. Einen Steuerberater,<br />
wie wir ihn von Deutschland kennen,<br />
gibt es in Spanien nicht, denn dessen<br />
Aufgaben erfüllen Abogados oder Wirtschaftswissenschaftler,<br />
die sich mittels<br />
eines Masters im Steuerrecht spezialisiert<br />
haben.<br />
Fazit<br />
Die Lebensqualität ist höher, jedoch ist<br />
trotz aller sonnigen Vorteile die Pionierzeit<br />
für deutsche Anwälte in Spanien vorbei,<br />
denn die Konkurrenz unter den Anwälten,<br />
die auf deutsche Mandanten spezialisiert<br />
sind, ist inzwischen sehr gross. Es ist daher<br />
nur zu empfehlen, diesen Schritt in die<br />
Selbständigkeit zu wagen, wenn man die<br />
notwendigen Kontakte und das Kapital<br />
mitbringt, um die Finanzierung der Kanzlei<br />
über mindestens zwei Jahre hinaus sicherzustellen<br />
oder aber die Möglichkeit<br />
besteht, als Partner in eine schon funktionierende<br />
Kanzlei einzusteigen.<br />
Rechtsanwalt Christian Gerboth<br />
zugelassen in Spanien und Deutschland<br />
Ausbildung<br />
ETL-Mallorca:<br />
Wir haben uns der European Tax & Law<br />
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550 Partnerkanzleien hat. Unsere Kanzlei<br />
liegt im Zentrum Palmas und unsere<br />
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07012 Palma de Mallorca<br />
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Ausbildung<br />
Eine „wüste“ Angelegenheit<br />
Juristisches Praktikum in Namibia, Windhuk –<br />
Nur für Naturfreaks<br />
Anton Baumann<br />
Die wohl älteste und trockenste Wüste<br />
der Welt: die Namib. Der rote Sand, die<br />
zerklüfteten Schluchten, die ausgetrockneten<br />
Flüsse, die von Sonne und Wind gezeichneten<br />
Berge und die goldgelben<br />
Steppen liegen nun leider schon seit einigen<br />
Wochen hinter mir. Mittlerweile ist es<br />
Freitag morgen, 7.30 Uhr und ich sitze im<br />
13ten Stockwerk des „Frans Indongo Gardens”<br />
Gebäudes, Independence Avenue,<br />
Ecke Bülow St. in der Bibliothek der Anwaltskanzlei<br />
Lorentz & Bone (L&B) in<br />
Windhoek, wo ich seit 3 Wochen als Praktikant<br />
tätig bin. Die Sonne ist vor etwa<br />
einer Stunde aufgegangen und noch ist es<br />
mit 26 Grad Celsius angenehm kühl. Für<br />
einen deutschen Juristen mit erstem<br />
Staatsexamen ist es natürlich interessant<br />
ein anderes Rechtssystem kennen zu lernen.<br />
Doch muss man berechtigter Weise<br />
fragen, wie man sich denn überhaupt in<br />
einem derartig fremden Rechtssystem wie<br />
dem Namibianischen als deutscher Jurist,<br />
der an kodifizierte Gesetzte und eine strikte<br />
Normenhierarchie gewöhnt ist, betätigen<br />
kann. Das Rechtssystem hier stellt sich<br />
Lorentz & Bone<br />
Legal Practitioners for Applicants<br />
12th-15th Floor Frans Indongo Gardens<br />
Buelow Street, Windhoek, P-Box: 85<br />
Tel: 061/27 36 00<br />
Mail.in@lorentz.com.na<br />
The Law Society of Namibia<br />
Namlex Chambers 1st Floor<br />
333 Independence Avenue<br />
Windhoek, P-Box: 714<br />
Tel: 061/23 02 63<br />
Chris Brandt Attorneys<br />
Legal Praktitioners for Respondents<br />
29 Heinitzburg Street,Ludwigsdorf<br />
Windhoek<br />
Basil Bloch Attorneys<br />
Hindas Centre 14, 1st Floor<br />
Windhoek, P-Box 123<br />
Tel: 061/24 8100<br />
Attorney@law.com.na<br />
Adressen<br />
mir noch etwas konfus dar. Eine Unmenge<br />
an Normen aus alten Kolonialzeiten haben<br />
noch immer Geltung, genauso wie die<br />
Fülle an Gesetzen, die zur Zeit der südafrikanischen<br />
Verwaltung erlassen wurden<br />
und teilweise nur in Südafrika bekannt gemacht<br />
wurden. Dennoch kann man sich als<br />
deutscher Jurist hierzulande sehr gut bei<br />
der Lösung juristischer Probleme einbringen.<br />
Erforderlich ist lediglich ein gutes<br />
Rechtsverständnis und juristisches Denkvermögen,<br />
zumal die Quellen des Rechts<br />
oft dieselben sind. Besonders für Freunde<br />
des römischen Rechts bietet Namibia äusserst<br />
interessante Möglichkeiten, da es<br />
mitunter Gang und Gäbe ist, die Digesten<br />
und andere römische Rechtsquellen vor<br />
Gericht direkt zu zitieren.<br />
Meine Aufgaben bei L&B waren bisher<br />
sehr unterschiedlicher Natur. Mal galt es<br />
einen deutschen Vertag ins Englische zu<br />
übersetzen, mal Gesetze und entscheidungsrelevante<br />
Präzedenzfälle ausfindig<br />
zu machen.<br />
Oft bot sich mir die Gelegenheit, Anwälte<br />
von L&B zu Verhandlungen zu begleiten.<br />
Dabei galt es vorher die Akten<br />
durchzuarbeiten und in Zusammenarbeit<br />
mit einem Anwalt die Zeugen in Gesprächen<br />
auf den Zeugenstand vorzubereiten<br />
Am interessantesten war für mich eine Tagung<br />
von mehreren Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGOs) und 2 Anwälten von<br />
L&B. Thema war der neue „Anti – Corruption<br />
Act”, der demnächst erlassen werden<br />
wird. Dabei ging es hauptsächlich darum,<br />
Schwachstellen des Gesetzes aufzudecken<br />
und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten,<br />
um diese dem Parlament vorzulegen.<br />
Auch bereitete ich einen Fall vor, bei dem<br />
ein Manager der Namibian Broadcasting<br />
Corporation (NBC) entlassen wurde. Letzte<br />
Woche fand diesbezüglich eine Anhörung<br />
vor einer „Disciplinary Comission” statt,<br />
bei der eine Anwältin und ich den Manager<br />
vertreten haben. Da es sich hierbei<br />
nicht um ein formelles Gericht handelte,<br />
kam auch mir als „noch-nicht-Volljuristen”<br />
dabei eine wichtige Rolle zu, zumal<br />
ich bei der Vorbereitung des Falles beteiligt<br />
war. Die meisten der 12 Anwälte sind<br />
sehr jung und entsprechend ist das Arbeitsklima.<br />
Immer dynamisch, immer viel<br />
Arbeit, manchmal etwas chaotisch, aber<br />
immer äußerst kompetent. Nicht umsonst<br />
kann die Anwaltskanzlei mittlerweile auf<br />
eine 82-jährige erfolgreiche Geschichte<br />
zurückblicken. Warum ist dieses Praktikum<br />
nur für Naturfreaks geeignet? In meinen<br />
Augen sollte man von dem Plan, sich vier<br />
Wochen in eine namibisch Anwaltskanzlei<br />
zu setzen um danach gleich wieder nach<br />
hause zu fliegen, Abstand nehmen. Die<br />
hiesige Natur ist umwerfend, sie bietet<br />
eine Farben- und Formenpracht ganz eigener<br />
Art, die man auf keinen Fall verpassen<br />
sollte. Und wann bietet sich einem<br />
Mitteleuropäer schon einmal wieder die<br />
Gelegenheit, auf einem Spaziergang zwei<br />
28<br />
justament eins 2002
Ausbildung<br />
IT-Recht unter Palmen<br />
Ohne Zweifel handelt es sich um eine Wahlstation für Exoten. Die führende staatliche<br />
Universität Costa Ricas, die Universidad de Costa Rica in San José, betreibt ein juristisches<br />
Forschungsinstitut, an dem deutsche Referendare arbeiten können.<br />
Ingo Werner<br />
Man sollte sich vom Begriff „Forschungsinstitut“<br />
(instituto de investigaciones<br />
jurídicas) nicht in die Irre führen<br />
lassen. Die Universität koordiniert lediglich<br />
die Tätigkeit einzelner Forscher und stellt<br />
für deutsche Referendare einen Computerarbeitsplatz<br />
zur Verfügung. Die eigentliche<br />
Betreuung der Arbeit erfolgt durch Professor,<br />
Rechtsanwalt und Notar Guillermo<br />
Pérez Merayo, einen glühenden Anhänger<br />
der durch das Internet bewirkten elektronischen<br />
Revolution. Rechtsanwalt Pérez<br />
forscht in nahezu allen Bereichen des IT-<br />
Rechts, von staatsrechtlich orientierten<br />
Fragestellungen wie elektronischer Demokratie<br />
bis zum wirtschaftsrechtlich ausgerichteten<br />
„e-commerce“. Der Referendar<br />
kann nach seiner Wahl auf Englisch oder<br />
Spanisch in einem von ihm selbst mitbestimmten<br />
Schwerpunkt auf dem Gebiet<br />
der juristischen Aspekte des Internet arbeiten.<br />
Lic. Pérez ist auch sehr an Rechtslösungen<br />
durch die EU interessiert. Daher<br />
bietet sich die Station auch für Referendare<br />
mit dem Schwerpunkt Europarecht an.<br />
Erfahrungen<br />
Bisher haben zwei Referendare aus Berlin<br />
bei Rechtsanwalt Pérez gearbeitet. Unsere<br />
Erfahrungen waren durchwegs gut. Wir<br />
haben ein Dokument zu „e-government in<br />
Europe“ in englischer Sprache erarbeitet,<br />
welches demnächst zur Veröffentlichung<br />
ansteht. Dabei war es kein Hindernis, dass<br />
wir beide vor Beginn der Tätigkeit keine<br />
Vorkenntnisse auf dem Gebiet „e-government“<br />
vorzuweisen hatten. Das nötige<br />
(Hintergrund-) Wissen kann man sich<br />
während der Station aneignen. Da Arbeitsinhalte,<br />
Arbeitszeiteinteilung und Arbeitsweise<br />
vom Referendar entscheidend<br />
mitgestaltet werden können und Rechtsanwalt<br />
Pérez sich zumeist auf fachlich<br />
(ausgezeichnete) Aufsicht und inhaltliche<br />
Ermunterung beschränkt, hängt der Erfolg<br />
der Station zu einem großen Teil auch von<br />
Initiative und Gestaltungskraft des jeweiligen<br />
Referendars ab. Möglichkeiten gibt es<br />
jedenfalls genug, da der fachlich beschlagene<br />
und national angesehene Visionär<br />
Pérez den nötigen Freiraum, aber auch<br />
eine Reihe von Anregungen gibt. Neben<br />
der eigentlichen Forschungstätigkeit bietet<br />
Rechtsanwalt Pérez Referendaren die<br />
Möglichkeit, an Vorträgen, Schulungen<br />
und Forschungskolloquien teilzunehmen.<br />
Er ist sehr daran interessiert, die Zusammenarbeit<br />
mit deutschen Referendaren<br />
fortzusetzen.<br />
Schwerpunkte der Ausbildung<br />
Warum aber für eine Forschung über Internetfragestellungen<br />
nach Costa Rica reisen?<br />
Costa Rica versucht den Anschluss an<br />
die sog. 1. Welt zu halten und setzt hierbei<br />
– im Unterschied zu anderen Mittel- und<br />
Südamerikanischen Ländern – auf die<br />
„Neuen Technologien“. Dadurch kann man<br />
bei dem Praktikum visionären Pioniergeist<br />
mit (hoffentlich) kritisch reflektierter Erfahrung<br />
verbinden und so in der Auslandswahlstation<br />
tatsächlich etwas bewirken,<br />
statt nur in einem fremden Rechtssystem<br />
einem Rechtsanwalt hinterher zu laufen.<br />
Dafür spricht auch, dass Costa Rica ein<br />
wunderschönes und sympathisches Land<br />
ist. Die „Schweiz Zentralamerikas“ vereinigt<br />
die Vorzüge der mittelamerikanischen<br />
Natur und Lebensweise mit einem relativ<br />
großen Maß an westeuropäischem Lebensstandard,<br />
Verlässlichkeit und Sicherheit.<br />
Aus diesem Grund eignet sich die Wahlstation<br />
auch für solche ReferendarInnen, die<br />
die ausgetretenen Pfade in den USA und<br />
Westeuropa verlassen wollen, denen dafür<br />
aber bisher immer der Mut gefehlt hat.<br />
Costa Ricas Landschaft ist einzigartig: von<br />
– teilweise noch aktiven – Vulkanen im<br />
Zentraltal bis zu wunderschönen Sandstränden<br />
an Pazifik und Karibik bietet sich<br />
dem Besucher eine Fülle von Möglichkeiten.<br />
Einsamer Regenwalt mit üppiger tropischer<br />
Pflanzen- und Tierwelt ist ebenso<br />
vorhanden wie Strände, an denen Riesenschildkröten<br />
nachts ihre Eier legen. Für<br />
Wanderer gibt es eine Reihe von Bergen<br />
über 3.500 Metern, für Wassersportler und<br />
Taucher Wellen und Korallenriffe, für Tierund<br />
Pflanzenliebhaber eine Reihe von Nationalparks.<br />
Daneben gibt es auch Juristisches<br />
zu entdecken, wie etwa das Kriminalmuseum<br />
in der Hauptstadt San José<br />
und den Corte Supremo (Höchstes Gericht)<br />
und die Asamblea Legislativa (Gesetzgebende<br />
Versammlung), durch die Herr Lic.<br />
Perez gerne eine Führung organisiert.<br />
Einzige „Nachteile“ sind, dass die Zeit<br />
kaum ausreicht, um dieses wunderschöne<br />
Land kennenzulernen und dass die Preise<br />
mitteleuropäischem Standard entsprechen,<br />
so dass kein extrem billiger Aufenthalt auf<br />
den Referendar wartet. Aber auch diese<br />
Nachteile werden von der Freundlichkeit<br />
und Offenheit der Costa Ricaner (Ticos)<br />
wieder aufgewogen. Eine angenehmere<br />
Art, sein Spanisch zu verbessern, lässt sich<br />
kaum vorstellen.<br />
Fazit<br />
Wer Spanisch lernen, oder verbessern<br />
möchte, an der Thematik „e-government“<br />
zumindest Interesse hat und ein sympathisches<br />
mittelamerikanisches Land kennenlernen<br />
möchte, ist mit dieser Station sehr<br />
gut beraten.<br />
Kontakt<br />
Informationen im Internet:<br />
www.centrodeconocimiento.com<br />
Wir stehen euch gerne für die eine oder<br />
andere Frage zur Verfügung:<br />
ingowerner@web.de,<br />
stefansenkel@web.de,<br />
gapmerayo@centrodeconocimiento.com<br />
(englisch / spanisch)<br />
justament eins 2002<br />
29
Literatur<br />
Menschenwürde und Biotechnik<br />
Von der Stammzellenforschung zum Posthumanismus<br />
Jörn Reinhardt<br />
Es gibt Fragen, auf die findet sich irgendwie<br />
keine richtige Antwort. Die<br />
Bioethik-Debatte bietet dafür so ihre Beispiele.<br />
Welcher Umgang mit menschlichen<br />
Embryonen rechtlich und moralisch vertretbar<br />
ist, darüber haben Ethikrat, Enquetekommission<br />
und Feuilleton lange gestritten.<br />
Mit dem Ergebnis, dass jetzt wirklich<br />
allen klar ist, wie kompliziert diese<br />
Dinge sind. Wer kein Experte ist und auch<br />
nicht ideologisch vorbelastet, wird zu Projekten<br />
wie Stammzellenforschung und<br />
Präimplantationsdiagnostik schon mal die<br />
eine oder andere Meinung gehabt haben,<br />
nur um bei der nächsten Gelegenheit feststellen<br />
zu müssen, dass man scheinbar<br />
doch ganz falsch liegt.<br />
Jürgen Habermas,<br />
Die Zukunft der<br />
menschlichen Natur.<br />
Auf dem Weg zu einer<br />
liberalen Eugenik?,<br />
Suhrkamp Verlag,<br />
Frankfurt a. M., 2001.<br />
ISBN: 3-518-58315-8<br />
€14,80<br />
Die Politik geht auf ihre eigene Weise<br />
damit um. Wie erwartet hat der Bundestag<br />
über die Stammzellenforschung entschieden:<br />
am Ende stand ein Kompromiss, wo<br />
es eigentlich keine Kompromisse geben<br />
konnte. Import unter Umständen, Produktion<br />
auf keinen Fall. Wirklich konsequent<br />
ist das alles nicht, und doch scheint es zu<br />
leicht, es einfach zu diskreditieren. Kompromisse<br />
dieser Art haben die gute Funktion,<br />
allen Seiten ein Stück weit entgegenzukommen<br />
und so die Diskussion zu erhalten.<br />
Wie könnte also eine Antwort<br />
aussehen? Der Frankfurter Philosoph und<br />
Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels<br />
Jürgen Habermas hat sich in seinem<br />
Buch daran versucht. Die Biotechnik<br />
beschäftigt Habermas schon eine ganze<br />
Weile, befindet er sich doch mit Lieblingsfeind<br />
Sloterdijk („Regeln für den Menschenpark“)<br />
darüber in einem Dauerstreit,<br />
dessen unappetitliche Details zwischenzeitlich<br />
sogar die BILD Zeitung erreichten.<br />
Dass diese Fragen so heillos umstritten<br />
sind, liegt für Habermas an „weltanschaulich<br />
imprägnierten<br />
Beschreibungen“, die sich unversöhnlich<br />
gegenüberstehen, sobald es um den Embryo<br />
geht. Was der Gläubige als relevanten<br />
Anfang menschlichen Lebens ansieht, ist<br />
der Wissenschaft nichts weiter als ein<br />
bloßer Zellhaufen. Habermas‘ Pointe ist<br />
nun, dass diese stark normativen Weisen,<br />
sich die Welt zurecht zu legen, so unvereinbar<br />
wie gleichberechtigt sind. Auch die<br />
moderne Wissenschaft sei nicht näher dran<br />
an der Wirklichkeit als die von religiösen<br />
Hintergrundannahmen geprägte Beschreibung<br />
des Embryos. Die Realität gibt es hier<br />
überhaupt nur in ihren vielfältigen Interpretationen.<br />
Dieses Eingeständnis zieht eine ganze<br />
Reihe von Konsequenzen nach sich. Eine<br />
davon ist, dass ein vernünftiger Konsens<br />
der Diskursethik, sonst das Legitimitätskriterium<br />
schlechthin in gesamtgesellschaftlichen<br />
Fragen, ausgeschlossen erscheint.<br />
Schon aus diesem Grund soll die notwendige<br />
Diskussion von der Frage des moralischen<br />
Status des Embryos weg und in andere<br />
Bahnen gelenkt werden. Aber wohin?<br />
Ein Weg erscheint verschlossen. Die Moderne,<br />
so Habermas, die sich ihrer Selbstkonstruktion<br />
bewusst geworden sei, könne<br />
sich nicht einfach wieder künstliche Tabuschranken<br />
auferlegen. Die gesamte Geschichte<br />
des medizinischen Fortschritts,<br />
von der ersten Impfung über die erste<br />
Operation am Herzen bis hin zur Gentherapie,<br />
wurde von einer kontinuierlichen<br />
Skepsis begleitet, die sich im Nachhinein<br />
noch immer als ungerechtfertigt erwiesen<br />
hat. Daher käme es darauf an, die Einwände<br />
gegen biotechnische Eingriffe ohne<br />
eine schlichte Moralisierung des Embryos<br />
zu formulieren. Habermas bringt an dieser<br />
Stelle die Menschenwürde ins Spiel, von<br />
der er sagt, dass sie ihren Ort dort habe,<br />
wo „das Naturwesen zur vernunftbegabten<br />
Person“ werde, nämlich in der Gemeinschaft.<br />
Nur in der Beziehung zu anderen<br />
werde der Mensch das, was er ist. Mit der<br />
Menschenwürde zu argumentieren ist ein<br />
verständlicher Zug, denn die Freiheit von<br />
Wissenschaft, Forschung und Lehre ist<br />
schrankenlos gewährleistet. Habermas, der<br />
die soziale Dimension dieses Begriffs betont,<br />
die Idee unverzerrter interpersonaler<br />
Verhältnisse, auf die er angewiesen sei,<br />
setzt dabei die Akzente deutlich anders als<br />
das Bundesverfassungsgericht in seinen<br />
Entscheidungen zum Schwangerschaftskonflikt.<br />
In den biotechnischen Eingriffen<br />
sieht er eine strukturelle Gefahr für die<br />
Symmetrie der sozialen Beziehungen sich<br />
herausbilden, einen „Paternalismus eigener<br />
Art“. Es sei die Ideologie hinter Manipulation<br />
und Selektion, die das Selbstverständnis<br />
des Menschen nachhaltig zu verändern<br />
drohe. Im Lauf der technischen Entwicklung,<br />
wenn einmal das, was sich in der verbrauchenden<br />
Embryonenforschung<br />
ankündigt, zur vollen Entfaltung gekommen<br />
ist, werde sich der Mensch immer weniger<br />
als selbstbestimmt handelnde Person<br />
verstehen können und immer mehr als<br />
zielgerichtet programmiertes Produkt, als<br />
Teil einer sich selbst entfaltenden Biotechnologie.<br />
Habermas hat die Situation vor<br />
Augen, dass Eltern sich eines Tages zu<br />
ihrem Kind verhalten werden, wie der Designer<br />
zu seinem Produkt. Das ist sicher<br />
keine sehr beruhigende Vorstellung und<br />
wirft in Hinblick auf Art. 1 GG viele Fragen<br />
auf.<br />
Dennoch lässt sich bezweifeln, ob zwischen<br />
dem Posthumanismus - der „einen<br />
Schatten werfen“ soll auf alle Praktiken,<br />
die „den Weg dahin ebnen“ - und Projekten<br />
wie der Stammzellenforschung ein<br />
großer gleitender Übergang besteht. Hier<br />
käme es darauf an, die subtilen Zusammenhänge<br />
sehr genau nachzuweisen, auch<br />
weil der verfassungsrechtliche Begriff der<br />
Menschenwürde gegenüber seinen ethischen<br />
und moralischen Bestimmungen<br />
von begrenzter Reichweite ist.<br />
Dass Habermas sich seiner Sache selbst<br />
nicht immer ganz sicher ist, zeigen die<br />
Einwände mit denen er die eigene Argumentation<br />
ständig konfrontiert und die<br />
wiederkehrenden Schleifen, in denen er<br />
versucht die Dinge ein ums andere Mal zu<br />
präzisieren. Sein Buch versteht er dabei als<br />
den „Versuch, schwer entwirrbare Intuitionen<br />
etwas durchsichtiger zu machen. Ich<br />
selbst bin weit davon entfernt zu glauben,<br />
dass mir dieses Vorhaben nur halbwegs<br />
gelungen ist“. Vielleicht ist diese Selbsteinschätzung<br />
etwas zu bescheiden, die Zu-<br />
30<br />
justament eins 2002
Literatur<br />
Die Republik vor Gericht<br />
Ein unbequemer Anwalt packt aus.<br />
Katharina Mohr<br />
Erinnerungen eines unbequemen<br />
Rechtsanwalts“ ist der Untertitel des<br />
Buches von Heinrich Hannover. Hannover,<br />
als Anwalt seit 1954 zugelassen, war<br />
wahrlich ein unbequemer Geist, besonders<br />
für den deutschen Staat. Er vertrat Personen<br />
wie den Arzt Karl Hein Roth, Otto<br />
Schily (damals als Verteidiger von Gudrun<br />
Ensslin im „Baader-Meinhof-Prozess“<br />
tätig) und Professor Dr. Brückner, einer der<br />
48 Professoren, die den Mescalero-Nachruf<br />
nach der Ermordung des Generalbundesanwalts<br />
Buback in voller Länge herausgegeben<br />
hatten.<br />
Unbequem war Hannover vor allem<br />
deshalb, weil er sich vehement für Mandanten<br />
einsetzte, die dem deutschen Staat<br />
höchst unangenehm waren. So verteidigte<br />
er etwa Otto Schily – damals noch als<br />
Rechtsanwalt in Berlin tätig – in den Jahren<br />
1978-1984 in einem Prozess, in dem<br />
Schily wegen Verleumdung und Beleidigung<br />
angeklagt war. Schily hatte im „Baader-Meinhof-Prozess“<br />
in einem Schriftsatz<br />
formuliert, dass die Schussverletzungen,<br />
die Andreas Baader bei seiner Festnahme<br />
erlitten hatte, von einem Dum-Dum-Geschoss<br />
verursacht worden seien. Dies war<br />
Grundlage für die Anklage. Dem Anwalt<br />
wurde der Vorwurf gemacht, der Antrag<br />
habe einen beleidigenden Inhalt gegenüber<br />
der Polizei gehabt. Der Prozess wurde<br />
durch mehrere Instanzen verhandelt, Schily<br />
und der mitangeklagte Verteidiger von<br />
Andreas Baader, Rechtsanwalt Dr. Hans<br />
Heinz Heldmann, schließlich freigesprochen.<br />
Hannover suchte mit seinem juristischen<br />
Handwerk und seiner vollen Überzeugung,<br />
die von ihm oft als äußert unrechtsstaatlich<br />
empfundene Behandlung<br />
seiner Mandanten zu unterbinden. Seine<br />
Schilderungen von Prozessen geben das<br />
Bild von Richtern und Staatsanwälten, die<br />
das Recht nahezu vergewaltigten. So zum<br />
Beispiel bei der Schilderung des Prozesses<br />
gegen den Arzt Karl Heinz Roth: Der Richter<br />
am Kölner Landgericht Dr. Draber ignoriert<br />
Anträge der Anwälte, stellt sich ihnen<br />
gegenüber taub, lässt Anwälte und Mandanten<br />
jeden Morgen aufs peinlichste<br />
durchsuchen und verwehrt die Untersuchung<br />
des schwerverletzten Roth durch<br />
einen Arzt, der die Haft- und Verhandlungsfähigkeit<br />
des Angeklagten feststellen<br />
soll. Roth war des Mordes an einem Polizisten<br />
angeklagt, der während einer Personenüberprüfung<br />
der Insassen von Roths‘<br />
Auto erschossen worden war. Roth selber<br />
jedoch hatte, wie Fotos bewiesen, Kopfüber<br />
aus seinem Auto herausgehangen, selber<br />
von mehreren Kugeln getroffen. Der<br />
Richter wurde schließlich wegen Befangenheit<br />
abgelehnt und Karl Heinz Roth<br />
von den Vorwürfen freigesprochen. Im<br />
Nachhinein stellte sich heraus, dass Polizisten,<br />
die als Zeugen aussagen mussten,<br />
vorher von ihren Vorgesetzten „geimpft“<br />
worden waren und dass Beweismittel vertuscht<br />
wurden. Es überrascht nicht, dass<br />
Hannover angesichts dieser Erlebnisse den<br />
Staat weniger als Rechts- denn als Unrechtsstaat<br />
beschreibt. Die Lektüre lohnt<br />
sich für Leser jeden Alters, besonders wichtig<br />
ist sie gerade für die jungen Juristen,<br />
die die Zeiten des RAF-Terrors nur aus Erzählungen,<br />
Filmen und Zeitungsausschnitten<br />
kennen. Die deutsche Rechtsgeschichte<br />
der Nachkriegszeit ist wohl von keinem<br />
anderen Ereignis so erschüttert worden,<br />
wie von den terroristischen Handlungen in<br />
den 60er und 70er Jahren. Umso wichtiger,<br />
sich über die Begebenheiten zu informieren<br />
und einen Eindruck davon zu gewinnen,<br />
dass es bei Gericht durchaus nicht<br />
immer „rechtens“ zuging. Dennoch muss<br />
gelten: Genau so kritisch, wie Hannover<br />
mit den Richtern, Staatsanwälten und<br />
Rechtsanwälten ins Gericht geht, so kritisch<br />
muss auch der Leser mit den Beschreibungen<br />
und Bewertungen umgehen<br />
und sich eine eigene Meinung über die Ereignisse<br />
dieser Zeit bilden. Es gibt schließlich<br />
immer zwei Seiten der Medaille.<br />
Heinrich Hannover, Die Republik vor Gericht<br />
1975-1995, Erinnerungen eines unbequemen<br />
Rechtsanwalts, Aufbau-Verlag 2001,<br />
ISBN 3-746-67032-2, € 10,–.<br />
eit dem 1. Januar 2002 gilt die geänderte ZPO. Nun heißt<br />
Ses, sich mit den geänderten Regeln vertraut zu machen.<br />
Markus Gehrlein hat mit seinem Buch einen Leitfaden sowohl<br />
für Juristen in der Ausbildung als auch für Praktiker geschrieben,<br />
die sich schnell in die Materie einarbeiten wollen.<br />
Gehrlein hat es geschafft, einen Grundriss zum Zivilprozess<br />
Markus Gehrlein, Zivilprozessrecht<br />
zu zeichnen, in den die Neuerungen eingebettet werden, ohne<br />
nach der ZPO-Reform 2002,<br />
dass er sich dabei mit langatmige Ausführungen zu Meinungskontroversen<br />
aufhält.<br />
Ein Leitfaden für<br />
Ausbildung und Praxis,<br />
Die Materie ist übersichtlich und anhand vieler Beispiele<br />
Verlag C. H. Beck 2001,<br />
aus der Rechtsprechung aufbereitet. Auch die Neuregelungen<br />
ISBN 3-406-48568-5 ,<br />
des Zustellungsrechts, die ab 1. Juli 2002 in Kraft treten werden,<br />
sind bereits enthalten.<br />
€ 20,50.<br />
32 justament eins 2002
<strong>Service</strong><br />
Justitia, runter mit<br />
der Augenbinde!<br />
Mit der Waage in der Linken „erwägt“ Justitia das Recht und der Schein soll sie nicht trügen,<br />
das symbolisiert die Binde. So denkt man sich das.<br />
Falsch gedacht, in Düreres Holzschnitt hat der Narr ihr die Binde übergelegt. Es ging nicht<br />
um Unparteilichkeit sondern um Kritik: Die Justizia seiner Zeit war blind gegenüber dem<br />
Wesentlichen.<br />
Philipp Heinisch<br />
Das Idealbild juristischer Tätigkeit ist gemeinhin<br />
die schöne Dame Justitia, als schrieben hatte, ließ er sie allesamt eben<br />
kommenen Tugenden ausführlich be-<br />
deren hervorstechende Eigenschaft die jenes „Narrenschiff“ besteigen und nach<br />
Unparteilichkeit gilt, die durch das Tuch „Narragonien“ segeln, wo sie nie ankommen<br />
werden und statt dessen irgendwo im<br />
vor den Augen symbolisiert wird. Weniger<br />
bekannt ist allerdings, dass ausgerechnet Schlamm stecken bleiben. Die Moral: Narren<br />
und Untugenden kommen nicht weit.<br />
diese Justiz-Gestalt auf eine Satire und<br />
Quasi-Karikatur zurückgeht, mit der wir Und zu diesen soll unsere Justitia<br />
uns jetzt beschäftigen wollen.<br />
gehören? Zu den Untugenden, die er aufs<br />
Justitia als Allegorie der Gerechtigkeit Korn nimmt, zählt Brant jene Justitia, die<br />
ist ein Gemisch aus den griechischen Gottheiten<br />
Dike, Errhynie und Pallas Athene. Rechts abgibt, statt für eine gerechte<br />
sich nur mit Theorien des römischen<br />
Diese werden im Laufe der Zeit gewissermaßen<br />
zusammengefaßt und mit einer stitia also als Tugend, die sich auf den<br />
Rechtsprechung im Alltag zu sorgen: Ju-<br />
Waage und einem Schwert versehen. Das Rechthaber-Narren einläßt und sich von<br />
Abwägen geht auf biblische Vorstellungen ihm die Augen verbinden läßt. So sieht sie<br />
vom jüngsten Gericht zurück, bei dem die nicht, was wirklich geschieht und ist selber<br />
Seelen auf der Waage gewogen werden, närrisch. Aber spätestens, wenn sie sich<br />
wobei meist ein Engel, ein Mittelding von vom Stuhl erhebt und auf die vor ihr liegenden<br />
„Hecheln“ tritt, dann wird sie<br />
Mann und Frau, die Waage hält.<br />
Als menschliche Tugend verliert die „wach“ und das wird weh tun. Hecheln<br />
Gerechtigkeit langsam ihre Flügel und wird sind scharfe Hakengeräte, mit denen der<br />
zu einer bodenständigen weltzugewandten<br />
Frau, die als Justitia über Recht und durchhecheln kommt daher ).<br />
Flachs zu Garn gezogen wird ( das Wort<br />
Gerechtigkeit wacht. Als solche finden wir Mit sehr hoher<br />
sie offenen Auges etwa in einem Relief im Wahrscheinlichkeit<br />
Dom zu Bamberg (1240 ) oder noch früher<br />
in alten Handschriften, aus dem 8. und 9. ist<br />
Jahrhundert, in denen die Lehre Platons<br />
von den vier Haupttugenden abgebildet<br />
wurde.<br />
Soweit so gut. Aber offensichtlich entsprach<br />
das Ideal immer weniger der Wirklichkeit,<br />
denn im Zeitalter der Renaissance<br />
stellten Männer mit Geist die Frage, was es<br />
denn mit der Gerechtigkeit auf sich habe,<br />
und beantworteten sie auch gleich und<br />
fanden: Wenig, sehr wenig. Einer von<br />
denen, die diese Frage stellten, war der<br />
Rechtsgelehrte und Dichter Sebastian<br />
Brant (1457 – 1521) der nur Narretei und<br />
Verfall der Werte am Werke sah und sich literarisch<br />
für die geistige Ordnung der Vergangenheit<br />
einsetzte, mit einem Buch, das<br />
man getrost als einen ersten Bestseller der<br />
Weltliteratur bezeichnen kann: „Das Narrenschiff“<br />
(1494). Nachdem er alle ver-<br />
34 justament eins 2002<br />
kein geringerer als Albrecht Dürer<br />
(1471 – 1528) der Schöpfer dieses Bildes,<br />
in dem erstmals in der Kulturgeschichte<br />
Justitia mit der vertrauten Binde vor den<br />
Augen erscheint. Brant hat seinerzeit wie<br />
in der Buchausstattung üblich einem<br />
Fachmann die Gestaltung seines Buches<br />
übertragen, und dieser Fachmann war der<br />
trotz seiner Jugend damals schon berühmte<br />
Albrecht Dürer. Er hat einige Holzschnitte<br />
im Narrenschiff signiert, andere –<br />
darunter Justitia – wiederrum nicht. Der<br />
qualitative Vergleich mit den anderen<br />
Zeichnungen zeigt aber eindeutig, dass die<br />
„Närrin Justitia“ nur von ihm stammen<br />
kann.<br />
Das Bild von der „typischen“ Weltfremdheit<br />
der Juristen traf erkennbar voll<br />
ins Schwarze. Aus dem Jahre 1524 stammt<br />
ein Bild mit dem ganzen<br />
(Narren-) Gericht<br />
mit
<strong>Service</strong><br />
Lachen über Humorlosigkeiten<br />
– Ein Klassiker –<br />
verbundenen Augen. Im gleichen Jahr finden<br />
wir aber auch die ersten „ernst zu<br />
nehmenden“ Darstellungen der Justitia<br />
mit verbundenen Augen in einer Zeichnung<br />
von Peter Vischer (1460 - 1529).<br />
Dort gibt Justitia ihre Binde an den Kaiser<br />
ab, damit dieser gerecht richte. Seitdem<br />
halten sich die Abbildungen von Justitia<br />
mit und ohne Binde vor den Augen – der<br />
Kalauer sei erlaubt – gewissermaßen die<br />
Waage.<br />
Wie es zu den unterschiedlichen Bedeutungen<br />
der Binde vor den Augen<br />
kommt, als Spott oder wenig später als<br />
Symbol von Unparteilichkeit, ist unklar. Es<br />
gibt dazu keine historische Quelle und wir<br />
müssen damit leben, dass beide Bedeutungen<br />
zeitgleich vorhanden sind, was durch<br />
die beiden Künstler Albrecht Dürer und<br />
Peter Vischer, Zeitgenossen und beide aus<br />
Nürnberg, hinreichend dokumentiert ist.<br />
Symbolisch drückt der Widerspruch vielleicht<br />
aus, dass Justitia schon von je her<br />
gar nicht eindeutig sein kann: Zum einen<br />
ist sie immer in Gefahr, dem Streit zu verfallen,<br />
- zum anderen ist sie das Sinnbild<br />
für Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit.<br />
Beide Aspekte von Justiz reichen<br />
zurück bis ins Altertum und sind heute<br />
noch genauso aktuell wie damals. Es gibt<br />
Sinn, diesen Aspekten reflektierend und<br />
graphisch nachzuspüren.<br />
Wen der Symbolgehalt von Justitia interessiert,<br />
dem sei die klassische Monographie<br />
von Otto Kissel „Die Justitia“, München<br />
1984, dringend ans Herz gelegt.<br />
Jus mit Jux:<br />
Heiteres von und über Juristen<br />
Rolf Stober<br />
Nomos Verlag 2001,<br />
ISBN 3-7890-7503-5<br />
€ 15,–<br />
Der Schmunzelband ist nun in der<br />
dritten Auflage erschienen. Ein Verkaufsschlager,<br />
Dauerbrenner ungebrochen:<br />
Kein 50igster Anwaltsgeburtstag,<br />
keine Professorenverabschiedung und<br />
keine Juristen-WG-Einzugfeier, ohne<br />
dass sich nicht irgendwo auf dem Mitbringseltisch<br />
dieses kleine Büchlein finden<br />
würde. Und das ist ein Grund, es<br />
endlich zu besprechen.<br />
Klar, wer eine eigene Denkweise hat –<br />
die Juristen nämlich – hat natürlich auch<br />
einen eigenen Humor. Sehr eigen, wie<br />
man befürchtet. Nicht gemeint und in<br />
diesem Buch auch nicht erwähnt, sind<br />
die Witze über Juristen. Diese stereotypen<br />
Diskriminierungswitze, die von<br />
Blutsaugern und Menschenverachtern<br />
handeln und die<br />
man aus einschlägigen amerikanischen<br />
Fernsehserien zum<br />
Überdruss kennt. Um die geht<br />
es nicht. Nein, der Autor versucht<br />
dem Phänomen Juristenhumor<br />
im „wahrhaften“<br />
Sinne in die Spur zu helfen:<br />
heiteres von und über Juristen.<br />
Das sind vor allem Zitate.<br />
Zitate aus Urteilen, Verordnungen,<br />
Zeitungen oder juristischer<br />
Literatur. Freiwillige und unfreiwillige<br />
Komik und dabei ist nicht alles<br />
wirklich zum Lachen. Die Hinführung zu<br />
den Zitaten ist sehr knapp gehalten, so<br />
dass es für den Laien eine wohl mühsame<br />
Lektüre ist. Das hat Methode: Es schafft<br />
eine wohlige Atmosphäre beim halbgebildeten<br />
Fachpublikum (lat.: sapienti<br />
sat), man hat das Gefühl, dazu zugehören<br />
und trainiert sich in Selbstironie.<br />
Eines wird bei diesem zarten Umgang<br />
mit dem Humor klar, mit diesem vorsichtigen<br />
Versuch, dem juristischen Ernst zu<br />
entkommen. Die Juristerei ist eben doch<br />
in beträchtlichem Maße humorlos. Viel<br />
wichtiger ist zu fragen, was daran so<br />
schlimm sein soll.<br />
yt<br />
justament eins 2002<br />
35
<strong>Service</strong><br />
Krankenversicherungen:<br />
Vorsicht vor dem Beihilfeloch!<br />
Das Referendariat ist beendet, eine Anstellung noch nicht gefunden, eigentlich Zeit für<br />
einen prima Urlaub. Doch Vorsicht: die private Krankenversicherung wird teurer, da die<br />
Beihilfe wegfällt. Doch das Loch in der Urlaubskasse kann man vermeiden.<br />
Jürgen Stüwe<br />
Nachdem in der Ausgabe 4/2001 über<br />
das Thema „Rechtsreferendare und<br />
private Krankenversicherung“ berichtet<br />
wurde, nachfolgend nun eine Überblick<br />
über die in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
geltenden Regelungen für<br />
Rechtsreferendare.<br />
In den meisten Bundesländern stehen<br />
Rechtsreferendare in einem öffentlichrechtlichen<br />
Ausbildungsverhältnis als Beamte<br />
auf Widerruf und sind daher<br />
grundsätzlich versicherungsfrei in der<br />
Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslo-<br />
senversicherung. Während dieser Zeit<br />
haben die Referendare einen Anspruch auf<br />
Beihilfe gegenüber ihrem Dienstherren.<br />
Soziale Sicherung im Anschluss<br />
an die Referendarzeit<br />
Bei der Beendigung der Referendarzeit<br />
ohne nahtlose Anstellung ergeben sich erhebliche<br />
Nachteile im Bereich der sozialen<br />
Absicherung. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />
besteht im Regelfall nicht. Hinzu<br />
kommt, dass der bisherige, meist durch<br />
eine private Krankenversicherung abgedeckte<br />
Versicherungsschutz teurer wird, da<br />
mit Beendigung des Beamtenverhältnisses<br />
auch der Beihilfeanspruch entfällt. Vielfach<br />
sind ehemalige Referendare daher gezwungen,<br />
Leistungen der Sozialhilfe in<br />
Anspruch zu nehmen.<br />
Unterschiedliche Regelungen in<br />
den einzelnen Bundesländern<br />
Dieser besonderen Problematik im Hinblick<br />
auf die soziale Absicherung nach der Beendigung<br />
des Beamtenverhältnisses auf<br />
Widerruf Rechnung tragend, haben sich<br />
Grafik: David Fuchs<br />
36<br />
justament eins 2002
<strong>Service</strong><br />
die Bundesländer Baden-Württemberg,<br />
Bayern und Nordrhein-Westfalen dazu<br />
entschieden, Referendare als Arbeitnehmer<br />
gegen Entgelt zu beschäftigen. Hier besteht<br />
Versicherungspflicht zur Kranken-,<br />
Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Einzig<br />
in der Rentenversicherung besteht auf<br />
Grund der Anwartschaft auf lebenslängliche<br />
Versorgung Versicherungsfreiheit.<br />
Durch diese veränderten Einstellungsbedingungen<br />
wird den Rechtsreferendaren<br />
nicht nur ein adäquater Versicherungsschutz<br />
in der gesetzlichen Kranken- und<br />
Pflegeversicherung geboten. Gleichzeitig<br />
ist auch eine – allerdings zeitlich befristete<br />
– Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit<br />
nach Beendigung des Referendariats gewährleistet.<br />
Referendariat als<br />
Beamtin/Beamter<br />
Bei den „verbeamteten“ Rechtsreferendaren,<br />
die nicht im Anschluss an ihre Referendarzeit<br />
tätig werden können, sieht die<br />
soziale Absicherung anders aus:<br />
Durch den Wegfall des § 191 SGB III<br />
(Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für Antragssteller,<br />
die die zeitlichen Voraussetzungen<br />
für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe<br />
nicht erfüllt haben) kann es nicht<br />
zu einer Zahlung von Arbeitslosenhilfe<br />
kommen.<br />
Durch den Wegfall des Beihilfeanspruches<br />
reicht die bisherige private Ergänzungsleistung<br />
eigentlich nicht mehr aus,<br />
diese sollte daher neu geregelt werden.<br />
Durch die Änderung des privaten Krankenversicherungsvertrages<br />
erhöhen sich<br />
die monatlichen Beiträge; eine Übernahme<br />
beispielsweise durch das Sozialamt ist<br />
grundsätzlich nicht möglich.<br />
Eine vorzeitige Kündigung des privaten<br />
Versicherungsvertrages dürfte nur in Ausnahmefällen<br />
mit dem Versicherer zu vereinbaren<br />
sein, häufig wird ein Ruhen der<br />
Vertragsleistungen vereinbart.<br />
Gelegentlich kommt es durch die Einschreibung<br />
als Student in einer anderen<br />
Studienfachrichtung zu einer versicherungspflichtigen<br />
Mitgliedschaft bei einer<br />
gesetzlichen Krankenkasse. In diesen Fällen<br />
kann der private Versicherungsvertrag<br />
ohne Einhalt einer Kündigungsfrist ab Beginn<br />
der Versicherungspflicht gekündigt<br />
werden. Entsprechende Bescheinigungen<br />
stellt die Krankenkasse aus. Nachteilig<br />
wirkt sich aus, dass in diesen Fällen<br />
grundsätzlich ein Anspruch auf Sozialhilfe<br />
nicht (mehr) besteht, bei Anspruchsberechtigung<br />
jedoch eine Unterstützung nach<br />
den Vorschriften des BAFÖG gewährt wird.<br />
Private Krankenversicherung:<br />
Kein Weg zurück<br />
Die Wahl zwischen der gesetzlichen und<br />
privaten Krankenversicherung sollte –<br />
möglichst schon vor Beginn der Referendariatszeit<br />
– gut überlegt sein. Häufig ist<br />
die Entscheidung in jungen Jahren eine<br />
Entscheidung auf Lebenszeit. Ein Zurück<br />
in die gesetzliche Krankenversicherung auf<br />
freiwilliger Basis ist nicht möglich, lediglich<br />
bei Eintritt einer Versicherungspflicht<br />
(z.B. als Arbeitnehmer) würde eine<br />
Rückkehr zur gesetzlichen Krankenversicherung<br />
denkbar sein.<br />
Untereinander können private Krankenversicherungen<br />
zwar gewechselt werden.<br />
Folge ist hier jedoch der Wegfall der<br />
sogenannten Altersrückstellung. Diese<br />
Rückstellungen werden von den Privatversicherern<br />
vorgenommen, um den Beitrag<br />
auch im Alter stabil halten zu können.<br />
Diese Rückstellungen sind jedoch an das<br />
Versicherungsunternehmen gebunden,<br />
eine Auszahlung an den Versicherten oder<br />
gar eine Mitnahme zur neuen Versicherung<br />
ist nicht möglich.<br />
Ein neuer Versicherungsvertrag kann<br />
aber darüber hinaus mit neuen Gesundheitsprüfungen<br />
(und damit auch Risikozuschlägen)<br />
verbunden sein, sogar Ablehnungen<br />
durch den Versicherer sind möglich.<br />
Ein Entscheidung für die private Krankenversicherung<br />
ist also nicht nur eine<br />
Entscheidung auf Lebenszeit, sondern<br />
kann aus den genannten Gründen auch<br />
eine lebenslange Bindung an die selbe private<br />
Versicherungsgesellschaft darstellen.<br />
Gesetzliche Krankenversicherung:<br />
Wechsel jederzeit möglich<br />
Ganz anders sieht es aus, wenn man sich<br />
für die gesetzliche Krankenversicherung<br />
entscheidet. Ist man mit seiner Krankenkasse<br />
nicht zufrieden, kann man diese<br />
unter Einhaltung einer Kündigungsfrist<br />
von zwei Monaten und einer Bindungsfrist<br />
von 18 Monaten problemlos kündigen und<br />
sich ohne Gesundheitsprüfung und der<br />
Gefahr von Risikozuschlägen für eventuell<br />
vorliegende Vorerkrankungen bei einer anderen<br />
Krankenkasse versichern.<br />
Über die Möglichkeiten einer Versicherung<br />
in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
nach abgeschlossenem Referendariat<br />
(z.B. Versicherungspflicht als Student /<br />
Praktikant ohne Arbeitsentgelt) gibt die<br />
BKK für steuerberatende und juristische<br />
Berufe gerne Auskünfte.<br />
Jürgen Stüwe ist Referent bei der BKK<br />
Information<br />
BKK für steuerberatende und<br />
juristische Beufe<br />
Die BKK für steuerberatende und juristische<br />
Berufe ist seit 1996 bundesweit<br />
geöffnet. Das gesamte Leistungsspektrum<br />
für die mehr als 120.000 Versicherten<br />
orientiert sich fast ausschließlich an<br />
den Interessen der steuerberatenden und<br />
juristischen Berufe.<br />
Kontakt:<br />
Fragen zu versicherungsrechtlichen Beurteilung<br />
von Rechtsreferendaren beantwortet<br />
BKK Mitarbeiter Christian Bösing.<br />
Tel.: 0 28 71-21 94 17 54<br />
Allgemeine Informationen zur BKK:<br />
Tel.: 0 18 02-25 53 53<br />
www.bkkk-stjb.de<br />
justament eins 2002<br />
37
<strong>Service</strong><br />
… wer ist die Begehrteste<br />
im ganzen Land?<br />
Jura-Studenten „ranken“ die begehrtesten Anwaltskanzleien ihrer Zukunft.<br />
Sie wollen am liebsten bei international renommierten Kanzleien arbeiten. An der Spitze<br />
steht Freshfields Bruckhaus Deringer, gefolgt von Clifford Chance Pünder. Überraschend<br />
das gute Abschneiden der Law Units von Andersen und PricewaterhouseCoopers auf den<br />
Plätzen drei und vier. Dies sind die Ergebnisse der Studie „Das Absolventenbarometer<br />
2002 – Deutsche Law Edition“, einer erstmals von trendence und e-fellows.net im<br />
Januar 2002 durchgeführten Online-Befragung.<br />
Großkanzleien gelten als Karriere-<br />
Sprungbrett. Rund 27% der Befragten<br />
wollen dort ihre Karriere starten, gefolgt<br />
von kleinen/mittleren Kanzleien mit 15%.<br />
Die Europäische Union mit 12,3% liegt vor<br />
dem öffentlichen Dienst mit 9,4%. Unternehmensberatungen<br />
schneiden mit 8,5%<br />
vor Industrie- und Handelsunternehmen<br />
mit 6,3% ab.<br />
Überstunden sind eingeplant. Im<br />
Durchschnitt sind die Juristen bereit, 53<br />
Stunden pro Woche zu arbeiten. Rund<br />
30% der Befragten rechnen mit mehr als<br />
56 Wochenarbeitsstunden. Anfangsgehalt<br />
soll im Durchschnitt bei € 51.500 liegen.<br />
Erwartungen an die Höhe des Anfangsgehalts<br />
spiegeln die lange Ausbildung und<br />
Zusatzqualifikationen wie Auslandsstudium<br />
oder Promotion wider. Immerhin 10%<br />
der Befragten erwarten Anfangsgehälter<br />
von über € 70.000.<br />
An der Befragung nahmen 1.368 Studierende<br />
der Rechtswissenschaften teil.<br />
Nahezu 60% der Befragten studieren mindestens<br />
im 6. Semester, ein gutes Viertel<br />
hat bereits das 1. Staatsexamen absolviert.<br />
Befragt wurden überdurchschnittlich engagierte<br />
Studenten: 37% weisen ein Auslandsstudium<br />
vor, 5% einen internationalen<br />
LLM-Abschluss und 52% sind auch<br />
außerhalb des Studiums engagiert.<br />
„Zum ersten Mal werden Jurastudenten<br />
spezifisch nach ihren Arbeitgeber-Vorstellungen<br />
befragt. Es zeigt sich, dass Bekanntheit<br />
und Größe einer Kanzlei starken<br />
Einfluss auf die Attraktivität als Arbeitgeber<br />
haben.“ kommentiert Carl Kjellberg<br />
von trendence die Ergebnisse.<br />
„Die Befragung zeigt deutlich, dass<br />
sehr gute Juristen bereit sind, viel zu arbeiten,<br />
aber dafür ein hohes Gehalt und<br />
eine renommierte Kanzlei mit Aufstiegschancen<br />
bevorzugen.“ so e-fellows.net<br />
Geschäftsführer Michael Hies. Die Umfrage<br />
wurde von e-fellows.net und trendence<br />
durchgeführt.<br />
Rang<br />
Anwaltskanzlei<br />
1 Freshfields Bruckhaus Deringer<br />
2 Clifford Chance Pünder<br />
3 Andersen Legal/Andersen Luther<br />
4 PricewaterhouseCoopers Veltins<br />
5 Linklaters Oppenhoff & Rädler<br />
6 Baker & McKenzie Döser Amereller Noack<br />
7 KPMG Treuhand & Goerdeler GmbH<br />
8 Hengeler Mueller<br />
9 Gleiss Lutz Hootz Hirsch<br />
10 Allen & Overy<br />
10 Lovells Boesebeck Droste<br />
12 Shearman & Sterling<br />
13 Haarmann, Hemmelrath & Partner<br />
14 White & Case, Feddersen<br />
15 Graf von Westphalen Fritze & Modest<br />
16 CMS Hasche Sigle Eschenlohr Peltzer Schäfer<br />
17 Wessing Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater<br />
18 BBLP Beiten Burkhardt Mittl & Wegener<br />
19 Rödl & Partner<br />
20 FLICK GOCKE SCHAUMBURG<br />
21 Nörr Stiefenhofer Lutz<br />
22 Norton Rose Vieregge<br />
23 Menold & Aulinger Anwaltssozietät<br />
23 Heuking Kühn Lüer Wojtek<br />
23 Jones, Day, Reavis & Pogue<br />
Das Karrierenetzwerk e-fellows.net schafft<br />
Verbindungen zwischen den besten Studierenden<br />
aller Fachrichtungen und führenden<br />
Unternehmen. E-fellows.net vergibt das<br />
erste Online-Stipendium in Europa an derzeit<br />
9.800 Stipendiaten.<br />
Damit identifiziert und fördert das Unternehmen<br />
die Fach- und Führungskräfte<br />
von morgen. Trendence Institut für Personalmarketing<br />
GmbH hat es sich zur Aufgabe<br />
gemacht, Unternehmen bei ihren<br />
Bemühungen zu unterstützen, mit vorhandenen<br />
und mit potentiellen Mitarbeitern zu<br />
kommunizieren.<br />
Quelle: Das Absolventenbarometer 2002 –<br />
Deutsche Law Edition<br />
38<br />
justament eins 2002
News<br />
Bucerius Law School in Hamburg<br />
Konzept der privaten<br />
Bucerius Law School setzt sich durch<br />
In die erste private Hochschule<br />
für Rechtswissenschaften in<br />
Deutschland, über die in der<br />
vorletzten <strong>Justament</strong> schon<br />
ausführlich berichtet wurde,<br />
werden wieder neue Studenten<br />
aufgenommen.<br />
Mit angenehmen und effizientem<br />
Arbeitsklima in kleinen<br />
Gruppen wurde ein persönliche<br />
Atmosphäre zwischen Dozent<br />
Lernenden geschaffen die sich<br />
nun auszuzahlen scheint. Nach<br />
Angaben des Pressesprechers<br />
Benedikt Landgrebe ist die Resonanz<br />
bei den Studenten<br />
durchweg positiv, was auch<br />
durch die ersten Leistungsnachweise<br />
belegt wurde und<br />
sich in den Bewerberzahlen<br />
niederschlägt. Bemerkenswert<br />
ist die konsequente praxisnahe<br />
und vor allem auch internationale<br />
Ausrichtung der Schule.<br />
Auslandsaufenthalte sind fest<br />
im curriculum integriert und<br />
Kontakt der Schule zur Wirtschafts-<br />
und Rechtswelt wird<br />
gepflegt. Sie stellt einen – privaten<br />
- Beitrag zu einer Reform<br />
der Juristenausbildung dar und<br />
will zum Wettbewerb zwischen<br />
den Hochschulen anregen.<br />
Die Studiengebühr beträgt<br />
€ 2.650.– im Trimester, die<br />
über Stipendien, Bafög oder<br />
generationsvertragliche Darlehen<br />
finanziert werden können.<br />
Die Idee, dass sich die<br />
Hochschulen ihre Studenten<br />
selbst aussuchen können, ist<br />
eine Forderung, die auch schon<br />
von den entsprechenden staatlichen<br />
Gremien erhoben wurde<br />
und die deswegen berechtigt<br />
ist, weil sie funktioniert. yt<br />
Bewerbungsschluss ist der<br />
31.März 2002<br />
www.law-school.de<br />
Ansprechpartner:<br />
Benedikt Landgrebe<br />
E-Mail: Benedikt.Landgrebe@<br />
law-school.de<br />
Röntgenscanner beschädigen Urlaubsfilme<br />
Die Sicherheit bei internationalen<br />
Flughäfen geht auf Kosten<br />
der Urlaubsfilme. Eine neue Generation<br />
von Röntgenscannern<br />
durchleuchtet das Gepäck mit<br />
einer 300-mal höheren Energiedosis.<br />
Dias und Negativstreifen<br />
bekommen einen grauen<br />
Schleier und werden oft sogar<br />
unbrauchbar. Es ist daher ratsam<br />
– vor allem bei Flügen in<br />
die USA - die Filme in das<br />
Handgepäck zu nehmen und sicherheitshalber<br />
nachzufragen.<br />
Bei entsprechend starken Geräten<br />
- man erkennt sie an ihrem<br />
trommelförmigen Gehäuse<br />
sowie an dem Label „InVision<br />
Technologies“ oder „L3“ – sollte<br />
man die Filme besser herausnehmen<br />
und in der Hand tragen.<br />
Quelle: fotomedico<br />
Baden-Württemberg:<br />
Durchfallquote im<br />
Zweiten Examen<br />
sinkt deutlich<br />
Nach den vom baden-württembergischen<br />
Justizministerium<br />
veröffentlichten Ergebnisse<br />
der zweiten Juristischen<br />
Staatsprüfung lag die Durchfallquote<br />
im Herbsttermin 2001<br />
erstmals bei lediglich 9,48 Prozent.<br />
Das liegt deutlich unter<br />
dem bundesweiten Durchschnitt<br />
von 15 Prozent. Auch<br />
wurde zum ersten Mal die<br />
Traumnote „sehr gut“ von<br />
einer 26-jährigen Referendarin<br />
erreicht. Zum Vergleich: Im<br />
Vorjahr wurde diese Note im<br />
gesamten Bundesgebiet lediglich<br />
zweimal erreicht. JuS 1/2002<br />
Rechtsreferendare aktiv<br />
Wie lernt man eigentlich im<br />
Referendariat Leute kennen?<br />
Ok, man hat seinen Intensiv-<br />
Einführungskurs und mit viel<br />
Glück bleiben von diesen ersten<br />
paar Tagen einige Namen und<br />
aktuell:<br />
günstig:<br />
gratis:<br />
genial:<br />
Telefonnummern hängen und<br />
mit noch mehr Glück trifft man<br />
sich dann auch in der AG wieder.<br />
Dass es auch anders geht,<br />
zeigt der Verein Junge Juristen<br />
Karlsruhe e.V.: Der Verein<br />
wurde 2000 von Referendaren<br />
am Landgericht Karlsruhe gegründet.<br />
Heute sind rund 40<br />
junge Juristen Mitglied in diesem<br />
Verein. Zweck des Vereins<br />
ist es, zur Verbesserung der<br />
Ausbildung in Karlsruhe sowie<br />
zur Entwicklung und Pflege<br />
des juristischen Lebens in Karlsruhe<br />
beizutragen. Hierzu veranstaltet<br />
er insbesondere die<br />
Vortragsreihe „Karlsruher Kolloquien“<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit dem Institut für Informationsrecht<br />
der Universität Karlsruhe.<br />
Mitglied des Vereins kann<br />
werden, wer das vierzigste Lebensjahr<br />
noch nicht vollendet<br />
hat, die Erste Juristische<br />
Staatsprüfung erfolgreich abgelegt<br />
hat oder als Student der<br />
Rechtswissenschaften an einer<br />
Hochschule immatrikuliert ist.<br />
Info: www.junge-juristen.de<br />
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Kohle, Asche, Kies<br />
Wer bekommt in Deutschland unter den Referendaren das meiste Geld?<br />
Das Geld, das den Referendaren<br />
und Referendarinnen<br />
während ihrer Ausbildung zu<br />
Verfügung steht, ist von Bundesland<br />
zu Bundesland unterschiedlich.<br />
Die Zahlen sind ständig in<br />
Bewegung, so dass man letztendliche<br />
Gewissheit über die genaue<br />
Höhe seines Einkommens<br />
wohl erst bei Antritt der Ausbildung<br />
erhält. Bei den unten aufgeführten<br />
Zahlen handelt es sich<br />
also lediglich um Orientierungswerte,<br />
für deren Richtigkeit und<br />
Vollständigkeit wir leider keine<br />
Gewähr übernehmen können.<br />
Grundsätzlich muss unterschieden<br />
werden, ob in dem betreffenden<br />
Bundesland die Referendare<br />
noch den Beamtenstatus<br />
genießen oder ob sie in einem<br />
öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis<br />
stehen. Während<br />
Beamte nach BBesG besoldet<br />
werden(A 13), bekommen die öffentlich-rechtlich<br />
Angestellten<br />
eine Unterhaltsbeihilfe. Meist ist<br />
die Unterhaltsbeihilfe (brutto)<br />
höher, es kommen jedoch auch<br />
mehr Abzüge auf einen zu. Vom<br />
Besamtensold werden in der<br />
Regel nur Krankenkasse (ca.<br />
€ 60) und Lohnsteuer (ca. € 30)<br />
abgezogen. Von der Unterhaltsbeihilfe<br />
gehen außer Steuer und<br />
Krankenversicherung noch Arbeitslosen-<br />
und Sozialversicherung<br />
weg, Rentenversicherung in<br />
der Regel aber nicht, da die meisten<br />
Bundesländer die Unterhaltsbeihilfe<br />
nach „beamtenrechtlichen<br />
Grundsätzen regeln“.<br />
In den neuen Bundesländern ist<br />
der im Gesetz geregelte Sold um<br />
10% niedriger als im Westen. Im<br />
Westen ist aber der Beamtenstatus<br />
ohnehin fast abgeschafft. Bei<br />
den Ausnahmen, Hessen, Hamburg<br />
und Berlin, sind aber entsprechende<br />
Änderungen schon<br />
in Planung. Vor allem in Hessen<br />
und Berlin ist mit dem öffentlich-rechtlichen<br />
Ausbildungsverhältnis<br />
spätestens im Sommer zu<br />
rechnen. Die Unterhaltsbeihilfen<br />
im Westen hat man von vorneherein<br />
gleich am niedrigen<br />
Oststandart orientiert oder ist<br />
sogar noch darunter geblieben.<br />
In Meck-Pomm und Thüringen<br />
kann man wählen, ob man Beamter<br />
auf Widerruf oder Angestellter<br />
werden will. Ohnehin gibt<br />
es immer wieder Zuschläge, wie<br />
Familienzuschlag oder Ortszuschlag,<br />
die man im Einzelfall erfragen<br />
muss. Dann allerdings<br />
wird man erleben, dass auch die<br />
zuständigen Stellen ab und zu<br />
den Überblick über diesen Zahlenwirrwarr<br />
verlieren.<br />
yt<br />
money, money, money must be funny …<br />
Grafik: David Fuchs<br />
40<br />
Nordrhein-Wesfalen 1.969,00 DM 1007,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />
Niedersachsen 1.969,00 DM 1007,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />
Hamburg 1.969,00 DM 1007,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />
Berlin 1.969,00 DM 1007,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />
Hessen 1.870,00 DM 956,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />
Thüringen 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf, wahlweise je nach dem<br />
Brandenburg 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />
Sachsen 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />
Sachsen-Anhalt 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />
Mecklenburg- Vorpom 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf, wahlweise je nach dem<br />
Rheinland-Pfalz 1.768,00 DM 904,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />
Bayern 1.739,00 DM 889,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />
Schleswig-Holstein 1.660,00 DM 849,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis nur Krankenkasse<br />
Baden-Württemberg 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />
Bremen 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis ––<br />
Saarland 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis ––<br />
alle Angaben ohne Gewähr<br />
justament eins 2002
Veranstaltungen<br />
Anwaltswerbung in Bewegung<br />
Voller Hoffnung schielen die<br />
großen Lawfirms immer wieder<br />
zum EuGH, er möge doch<br />
die Werbe-Beschränkungen der Zunft<br />
lockern. Doch obwohl er in den letzten<br />
Tagen die Möglichkeit hierzu hatte, ließ er<br />
alles beim Alten. Der EuGH hatte über die<br />
Vereinbarkeit bestimmter Regelungen der<br />
niederländischen und italienischen Berufsordnung<br />
mit dem EG-Vertrag zu entscheiden.<br />
Die dort gemachten Beschränkumgen<br />
wurden für zulässig erklärt.<br />
Gerade in Deutschland unterliegt die<br />
anwaltliche Werbung strengen Regeln. In<br />
§ 43b BRAO heißt es: „Werbung ist dem<br />
Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über<br />
die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt<br />
sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung<br />
eines Auftrags im Einzelfall gesichtet<br />
ist.“ In der Berufsordnung, die sich die<br />
Anwälte durch ihr Organ, die Bundesrechtsanwaltskammer,<br />
selber gegeben hat,<br />
ist dies detaillierter geregelt. Dazu gehören<br />
Regelungen, wie Briefköpfe von Kanzleien<br />
beschaffen sein müssen und unter welcher<br />
Bezeichnung sie in der Öffentlichkeit auftreten<br />
dürfen.<br />
Eine neue Lösung für dringend notwendiges<br />
anwaltliches Marketing bietet<br />
das Engagement in Urteilsdatenbanken.<br />
Gerade junge Anwälte nutzen immer mehr<br />
die Möglichkeit, ihre eigenen erstrittenen<br />
Urteile auch im Namen ihrer Kanzlei zu<br />
veröffentlichen. Das ist keineswegs selbstverständlich.<br />
Kaum eine Datenbank kann<br />
den Namen des einsendenden<br />
Anwalts und seiner<br />
Kanzlei mit dem Urteil verknüpfen.<br />
Außerdem werden die meisten<br />
Urteile der einschlägigen Zeitschriften von<br />
Anwälten veröffentlicht, die eigentlich<br />
nichts mit dem Urteil zu tun hatten. Der<br />
eigene Erfolg ist jedoch das beste und aussagekräftigste<br />
Werbemittel. Schließlich ist<br />
es im Rahmen der BO auch ohne weiteres<br />
zulässig. Die einzige Datenbank in der die<br />
Verbindung von Anwalt und Urteil möglich<br />
ist, ist die des Lexxion Verlags: LexxionPro.<br />
Die von den Kanzleien eingesandten<br />
Urteile, werden mit dem Namen der<br />
Prozessbevollmächtigtem verknüpft und<br />
veröffentlich. Das ist ein neuer Weg der<br />
Erfolg verspricht.<br />
yt<br />
Veranstaltungskalender<br />
Datum Thema Ort Kontakt<br />
2.3.2002 Einstweiliger Rechtsschutz Bonn Tel.: 030 / 7 26 15 31 81<br />
in Zivilsachen<br />
5.3.2002 Kanzleigründung - Hamburg Hamburger Anwaltverein,<br />
Der Einstieg in die Selbständigkeit Tel.: 040 / 27 02 21 7<br />
7.-9.3.2002 Intensivrecht Europarecht Berlin Deutsches Anwaltsinstitut,<br />
Tel.: 0234 / 97 06 40<br />
8.+.9.3.2002 Das arbeitsrechtliche Mandat Gelsenkirchen Deutsches Anwaltsinstitut,<br />
Tel.: 0234 / 97 06 40<br />
28.3.2002 JURAcon Messe München JURAcon,<br />
Tel.: 069 / 79 409 555<br />
12.-13.4.2002 XVII Forum – „Erfolgreicher Wiesbaden Tel.: 030 / 7 26 15 31 81<br />
Einstieg in den Anwaltsberuf“<br />
ab 20.4.2002 Praktikerseminar für junge Anwälte Stuttgart Deutsches Anwaltsinstitut<br />
u.a. Orte, Tel.: 0234/97 06 40<br />
ab 23.4.2002 Einführung in den Anwaltsberuf, Köln Universität Köln<br />
Ringvorlesung der Universität Köln Tel.: 0221 / 4 70 57 11<br />
29.4.2002 career venture Frankfurt www.career-venture.de<br />
jura Frankfurt<br />
9.5.2002 Praxis Karriere-Messe München Tel.: 089 / 82 08 59 50<br />
Dr. von Göler Verlagsgesellschaft<br />
24.5.2002 Bayerische München Tel.: 089 / 45 45 16 80<br />
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justament eins 2002<br />
41
<strong>Service</strong><br />
justament abonnieren<br />
Name, Vorname<br />
Herausgeber<br />
Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Andreae und Diplom-Volkswirt Fritz Neske.<br />
Firma / Kanzlei / Universität<br />
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Lexxion Verlag – NP NewLaw Publishers GmbH.<br />
Straße<br />
Redaktion<br />
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Katharina Mohr (km.), mohr@lexxion.de.<br />
Telefon<br />
Redaktionelle Mitarbeiter<br />
Kristina Orthmann (ko.), Jörn Reinhardt (jr.), Ingo Sparmann (is.), ), René Hoffmann (rh.),<br />
Fax<br />
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Layout, Grafik<br />
Andreas Müller, andreasm@epost.de<br />
Unterschrift<br />
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der Publikation. Nachdrucke müssen vom Verlag genehmigt werden. Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe zu kürzen.<br />
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einer Woche schriftlich gegenüber dem Ver-<br />
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lag NP New Publishers GmbH widerrufen wird.<br />
ISSN 1615 - 4800<br />
Das Abo verlängert sich, um ein weiteres Jahr, wenn<br />
es nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf gekündigt<br />
wird. Ich bestätige durch meine Unterschrift,<br />
Gründungsherausgeberin ist Susann Braecklein.<br />
über dieses Widerrufsrecht belehrt worden zu sein. Einem Teil der Auflage ist eine Beilage der GERLING Versicherung beigefügt.<br />
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Tätigkeit haben und die unsere Redaktion gerne unterstützen<br />
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die interessante Themen aufgreift und das Juristenleben<br />
von innen her beschreibt. Grundsätzlich arbeiten unsere<br />
Autoren unentgeltlich, eine geringe Aufwandsentschädigung ist<br />
im Einzelfall jedoch möglich. Auch einmalige Beiträge sind jederzeit<br />
willkommen!<br />
E-Mail: redaktion@justament.de oder:<br />
In der kommenden Nummer, die Anfang Mai erscheint, wird das Redaktion justament<br />
Rahmenthema voraussichtlich „Europa“ sein. Wer Lust hat sich zu Lexxion Verlag, NP NewLaw Publishers GmbH<br />
beteiligen, aktiv zu werden, sollte sich bis Ende März bei uns melden.<br />
10117 Berlin<br />
Marienstr. 19/20<br />
42 justament eins 2002