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E I N S<br />

2002<br />

JURISTEN<br />

DURCHLEUCHTEN<br />

SICHERHEIT<br />

OFT IST MEHR DRIN ALS MAN GLAUBT<br />

TITEL<br />

SICHERHEITSPAKET II<br />

JURISTEN BEI DER POLIZEI<br />

UNSICHERHEIT IM INTERNET<br />

INTERVIEW<br />

US-BÜRGERRECHTLERIN IM KONFLIKT<br />

NEUE SERIE<br />

DIE SCHÖNSTEN WAHLSTATIONEN DER WELT:<br />

MALLORCA, COSTA RICA, NAMIBIA<br />

SERVICE<br />

KOHLE, ASCHE, KIES:<br />

REFERENDARSENTLOHNUNG<br />

ISSN 1615-4800<br />

EINE ZEITSCHRIFT VON


Inhalt<br />

Titelthema<br />

Georg Prasser 6<br />

Überwachungsstaat oder wehrhafte Demokratie<br />

Wohin entwickelt sich die Bundesrepublik?<br />

Helmut Bäumler 8<br />

Besorgniserregende Denkweise<br />

Wie durch schnelle Gesetzesentscheidungen<br />

Werte aufs Spiel gesetzt werden<br />

René Hoffmann 10<br />

Die kleine Begleitung – in Wahrheit ein „Big Brother“?<br />

Mit Erlass der TKÜV sind die Voraussetzungen<br />

zur Handyüberwachung gelegt<br />

Ayhan Halat 14<br />

Zeige mir dein Klingelschild, und ich sage dir, wer du bist!<br />

Der Versuch, einen Berliner Referendar als Schläfer zu enttarnen<br />

Kristina Orthmann 16<br />

Der Verbraucher im rechtsleeren Raum des Internet?<br />

Über die vermeintliche Sicherheit im Internet<br />

Nicola Rothärmel 18<br />

Aktiv werden!<br />

Eine Karriere bei der Schutzpolizei Berlin<br />

<strong>Service</strong><br />

Krankenversicherungen: Vorsicht vor dem Beihilfenloch 36<br />

Was passiert nach dem Referendariat<br />

...wer ist die Begehrteste im ganzen Land? 38<br />

Studenten „ranken“ die begehrtesten<br />

Kanzleien ihrer Zukunft<br />

News 39<br />

Kohle, Asche, Kies 40<br />

Referendarsentlohnung im Überblick<br />

Veranstaltungskalender 41<br />

Interview<br />

„U.S.A. P.A.T.R.I.O.T.“ 20<br />

Das Sicherheitspaket made in USA.<br />

Ein Gespräch mit Nadine Strossen, Präsidentin der<br />

American Civil Liberties Union (ACLU)<br />

und danach<br />

Michael Bartsch 24<br />

Gute Anwälte<br />

Welche Eigenschaften zeichnen<br />

eigentlich einen guten Anwalt aus?<br />

Ausbildung<br />

Christoph Tismer 22<br />

Full <strong>Service</strong> statt nur Highend-Geschäft<br />

Kanzleireport CMS Hasche Sigle<br />

Christian Gerboth 26<br />

Vamos a la playa<br />

Beim Rechtsanwalt auf Mallorca<br />

Anton Baumann 28<br />

Eine „wüste“ Angelegenheit<br />

Juristisches Praktikum in Namibia – Nur für Naturfreaks<br />

Ingo Werner 29<br />

IT-Recht unter Palmen<br />

Wahlstation in Costa Rica<br />

Humor<br />

Philipp Heinisch 34<br />

Runter mit der Augenbinde<br />

Wie es zur Darstellung der Justitia kam<br />

Literatur<br />

Jürgen Habermas, Die Zukunft der menschlichen Natur 30<br />

Heinrich Hannover, Die Republik vor Gericht 32<br />

Markus Gehrlein, Zivilprozessrecht nach der ZPO-Reform 32<br />

Rolf Stober, Jus mit Jux 35<br />

Editorial 4<br />

Impressum 42<br />

justament vier 2001<br />

3


Editorial<br />

„Sicher is’, daß nix sicher is’,<br />

drum bin i vorsichtshalber mißtrauisch“<br />

Karl Valentin<br />

4 justament eins 2002 E<br />

Deo oder Sprengsatz<br />

twas mit Röntgenstrahlen zu durchleuchten bringt Sicherheit. Wir sehen<br />

durch die Dinge hindurch und so auf deren Grund, nur leider damit nicht unbedingt<br />

klar. Bildlich gesprochen: Ein gläsernes Buch mit durchsichtigen Seiten<br />

liegt geschlossen vor uns. Es zu lesen bereitet Schwierigkeiten: Wir wollen davon<br />

ausgehen, dass der Setzer gute Arbeit geleistet hat und so schichten sich die<br />

Worte zu kleinen Babylonischen Türmen der Verständnislosigkeit und zwischen<br />

den Zeilen klaffen tiefe sinnentleerende Schluchten. In diesem Durcheinander<br />

von Zeichen zu lesen ist nicht möglich. Durchsichtige Dinge können uns die Sicht<br />

verstellen.<br />

Und ähnlich ist es auch beim Durchleuchten von Koffern und anderen Dingen.<br />

Wir brauchen technische Hilfe: Einfärben der verschiedenen räumlichen<br />

Ebenen und unterschiedliche Farben für unterschiedliche Materialien. Wir brauchen<br />

Software, die Formen erkennen und sortieren kann. Und wenn alles perfekt<br />

ist, dann brauchen wir schließlich noch ein geschultes Auge. Kurz: In der Welt<br />

der Durchleuchteten brauchen wir Struktur und zwar jede Menge davon. Erkenntnis<br />

braucht Kategorien, das gilt allgemein –meint Immanuel Kant - und in<br />

unserem besonderem Zusammenhang heißt das: Wenn es kompliziert wird, brauchen<br />

wir Juristen. Das ist wieder einfach, aber noch nicht ganz einleuchtend.<br />

Also weiter:<br />

Was nämlich vor allem Struktur braucht, ist die Sicherheit selbst. Und diese<br />

Struktur bekommt sie durch Gesetze und diese Gesetze werden gemacht, beschlossen<br />

und durchgesetzt von wem? – Von den Juristen, genau.<br />

Für die Praxis der jungen Juristinnen und Juristen heißt das zweierlei:<br />

Auch Sicherheitsgesetze müssen durchleuchtet und strukturiert werden. Das<br />

Prinzip lernten wir schon im Studium: Schutzbereich, Eingriff, Schranken... Wie<br />

man damit nun Tägliches durchleuchtet, lernt man zwar nicht, der Transfer ist<br />

aber gar nicht so schwer. Man muss sich nur informieren. Und will man Gesetze<br />

mitgestalten, müssen sie bekannt sein.<br />

Für Juristen gibt es nach der „veränderten Sicherheitslage“ jede Menge zu<br />

tun. Jede Kehrseite hat eben auch ihre Medaille. Ob sie für ein privates Sicherheitsunternehmen<br />

tätig sind oder für eine staatliche Behörde. Juristen sichern<br />

nicht nur mit Gesetzen, sondern auch mit Verträgen ab. Es wird also keiner von<br />

der Gestaltung der Sicherheit verschont bleiben und da ist es doch besser, wir<br />

wissen was wir tun. Auf unser Bild übertragen: Juristen sind diejenigen, die Ebenen<br />

definieren, die unterscheiden müssen und verschiedenen Materialien verschiedene<br />

Farben geben müssen. Haben wir alles richtig gemacht, dann können<br />

wir ein „Deodorant“ sicher von einem „Sprengsatz“ unterscheiden und es entsteht<br />

so etwas wie Sicherheit. Das Deodorant<br />

wäre zum Beispiel die rechtmäßige<br />

Einschränkung eines Grundrechtes<br />

und der Sprengsatz deren<br />

willkürliche Verletzung. Für Juristen ist<br />

Sicherheit also immer auch Auftrag.<br />

Der Auftrag lautet: Erfassen, Systematisieren,<br />

Darstellen, Bewerten und<br />

schließlich Entscheiden.<br />

Information ist der erste Schritt,<br />

aber nicht der letzte. Es gibt viel zu<br />

tun, Leinen los.<br />

Jörg-Ulrich Weidhas<br />

Leitender Redakteur


Titelthema<br />

Überwachungsstaat oder<br />

wehrhafte Demokratie<br />

Seit kurz vor Weihnachten 2001, als das Sicherheitspaket II vom Gesetzgeber verabschiedet<br />

wurde, hat sich in Deutschland die (Rechts–)Welt verändert. Die größte „Verfassungsreform“,<br />

die wir je hatten, schlimmer als die Notstandsgesetzgebung für die einen, dringend<br />

nötig zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus für die anderen. Wird die<br />

Bundesrepublik durch die Regelungen des Sicherheitspakets zum Überwachungsstaat<br />

oder zur wehrhaften Demokratie?<br />

Georg Prasser<br />

Um eine Antwort auf diese Frage finden<br />

zu können, muß man sich zunächst<br />

vergegenwärtigen, was das Sicherheitspaket<br />

II alles beinhaltet: Es verschafft den<br />

Geheimdiensten (Bundesverfassungsschutz,<br />

Bundesnachrichtendienst und eingeschränkt<br />

auch dem militärischen Abschirmdienst)<br />

von allen Geheimdiensten<br />

der Welt – unabhängig vom 11. September<br />

– begehrte Befugnisse, nämlich umfassend<br />

Daten zum Brief– und Telekommunikationsverhalten<br />

sämtlicher Bürger zu erheben,<br />

Kontenstände und Kontobewegungen<br />

jeden Bürgers zu erheben und aufzuzeichnen,<br />

Bewegungsbilder jedes Bürgers<br />

herzustellen (mittels Handy–Überwachungsmaßnahmen<br />

und Auskünften über<br />

Flugreisen). Weiterhin ist die Aufnahme<br />

eines biometrischen Merkmals (beispielsweise<br />

des Fingerabdrucks) im Personalausweis<br />

und im Reisepass vorgesehen.<br />

Die Polizei (Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter)<br />

erhält, was sich weltweit<br />

jede Polizeibehörde wünscht, nämlich die<br />

Möglichkeit, auf die von den Geheimdiensten<br />

erhobenen Daten Zugriff nehmen zu<br />

können. Daneben beinhaltet das Sicherheitspaket<br />

II eine Vielzahl ausländerrechtlicher<br />

Regelungen, die schon auf den ersten<br />

Blick mit „Terrorismusbekämpfung“ nichts<br />

zu tun haben,<br />

sondern schon<br />

längst vor dem<br />

11. September<br />

2001 in den<br />

Schubladen mehrerer<br />

Innenminister<br />

(verschiede-<br />

im Gegenteil.<br />

ner Parteien) als Entwürfe lagerten.<br />

Sind diese Maßnahmen geeignet, den<br />

internationalen Terrorismus zu bekämpfen,<br />

sind sie dazu erforderlich und wie<br />

steht‘s um ihre Grundgesetz–Verträglichkeit?<br />

Bei manchen Regelungen sind diese<br />

Fragen schnell und leicht zu beantworten:<br />

Die Aufnahme eines Fingerabdrucks in<br />

Bundespersonalausweis und Reisepass ist<br />

zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus<br />

völlig ungeeignet. Welcher „internationale<br />

Terrorist“ verfügt über einen<br />

deutschen Personalausweis? Welcher<br />

Selbstmordattentäter möchte (zu welchem<br />

Zweck?) über seine Identität als Täter täuschen?<br />

Welche Effektivität soll der geplante<br />

Identifizierungs–Perfektionismus haben,<br />

wenn Großbritannien, immerhin EU–Mitglied,<br />

und die USA beispielsweise nicht<br />

einmal ein Melderegister kennen?<br />

Keiner der nunmehr Gesetz gewordenen<br />

Wünsche Otto Schillys hätte die Attentate<br />

des 11.September verhindert, keine<br />

Maßnahme hätte verhindert, daß langfristig<br />

denkende „Schläfer“, die sich unauffällig<br />

und angepasst verhalten, u.a. auf<br />

deutschem Boden auf den Tag X ihres Einsatzes<br />

warten.<br />

Tatsächlich werden durch die Maßnahmen<br />

des Sicherheitspakets II die Grundrechte,<br />

soweit diese auch Schutzrechte des<br />

Einzelnen gegenüber dem Staat sind, ausgehöhlt,<br />

so dass die Frage, ob sie in ihrer<br />

Substanz nicht abgeschafft wurden, erlaubt<br />

ist. Was bleibt beispielsweise von Artikel<br />

10 Abs.1, der bestimmt, „das Briefgeheimnis<br />

sowie das Post– und Fernmeldegeheimnis<br />

I„Vor allem ist es aber unsere Freiheit, die die<br />

islamischen Fundamentalisten als eine Bedrohung<br />

ihres totalitären Anspruchs empfinden“.<br />

Mit dem Sicherheitspaket II wurde aus dieser<br />

Erkenntnis leider keine Konsequenz gezogen –<br />

sind unverletzlich“,<br />

noch<br />

übrig? Die<br />

den Geheimdiensten<br />

im<br />

Sicherheitspaket<br />

II eingeräumten<br />

weitgehenden Befugnisse und die<br />

Zugriffsmöglichkeit der Polizeibehörden<br />

auf die von Geheimdiensten erhobenen<br />

Daten erschüttern auch das Gewaltenteilungsprinzip<br />

unserer Verfassung. Vieles,<br />

was seither nur repressiv, nämlich bei Verdacht<br />

bestimmter konkreter Straftaten und<br />

mit richterlicher Genehmigung ermittelt<br />

Rechtsanwalt Georg Prasser,<br />

Vizepräsident des DAV<br />

werden durfte, wird nunmehr präventiv,<br />

also vorbeugend gegenüber jedem unbescholtenen<br />

Bürger erlaubt, und zwar ohne<br />

jede richterliche Kontrolle. Diese wird ersetzt<br />

durch eine parlamentarische Kontrolle,<br />

was de facto zu einer teilweisen Entmachtung<br />

der dritten Gewalt führt. Können<br />

sich Parlamentarierer darüber<br />

wundern, wenn ihnen nur relativ wenig<br />

Vertrauen bezüglich ihrer Überwachungs–<br />

und Kontrollfunktion der Geheimdienste<br />

entgegengebracht wird, bedenkt man den<br />

Gang des Gesetzgebungsverfahrens, den<br />

das Sicherheitspaket II nahm? Das Sicherheitspaket<br />

I wurde unter dem Eindruck des<br />

11.Septembers kritiklos durch das Gesetzgebungsverfahren<br />

gepeitscht. Gegen die<br />

ersten Entwürfe des Sicherheitspakets II<br />

regte sich dann aber erheblicher Widerstand<br />

der Bündnisgrünen, des Deutschen<br />

6<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

Anwaltvereins, der Interessenvertretung<br />

der Richter und Staatsanwälte, der Bundesrechtsanwaltskammer,<br />

von Bürgerrechtlern<br />

und einigen Ur–Liberalen (Burkhart<br />

Hirsch, Gerhart Baum und Sabine<br />

Leutheusser–Schnarrenberger), aber auch<br />

des Bundesjustizministeriums, das sich als<br />

Wächter unseres<br />

Rechtsstaats verstand. Eine erzwungene<br />

Änderung des Sicherheitspakets II jagte<br />

die nächste und noch am Abend vor der<br />

letzten Lesung im Bundestag wurden im<br />

Sicherheitspaket II 80 Änderungen eingearbeitet.<br />

Welcher Parlamentarier hat überhaupt<br />

die 180 Seiten des Gesetzesentwurfs<br />

mit Begründung gelesen und gewußt,<br />

wozu er bei Verabschiedung des<br />

Sicherheitspakets II zugestimmt hat? Welchem<br />

Parlamentarier waren die Konsequenzen<br />

dessen, was er mit dem Sicherheitspaket<br />

II beschlossen hat, im Detail<br />

klar? Wird so auch bei der Überwachung<br />

und Kontrolle der Geheimdienste gearbei-<br />

tet? Da in Deutschland proportional zur<br />

Bevölkerung bereits heute 10 mal so häufig<br />

Telefone abgehört werden wie in den<br />

USA, scheint die Befürchtung, dass Geheimdienste<br />

und Polizeibehörden von den<br />

Befugnissen, die ihnen im Sicherheitspaket<br />

II eingeräumt werden, auch mit deutscher<br />

Gründlichkeit und deutschem Hang zum<br />

Perfektionismus Gebrauch machen, nicht<br />

fern liegend. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens<br />

hat die Bundestagsfraktion der<br />

CDU/CSU, der bekanntlich das Sicherheitspaket<br />

II nicht weit genug geht, einen Antrag<br />

eingebracht, in dem der Deutsche<br />

Bundestag folgendes feststellen sollte:<br />

„Vor allem ist es aber unsere Freiheit, die<br />

die islamischen Fundamentalisten als eine<br />

Bedrohung ihres totalitären Anspruchs<br />

empfinden“. Mit dem Sicherheitspaket II<br />

wurde aus dieser Erkenntnis leider keine<br />

Konsequenz gezogen – im Gegenteil. Zwar<br />

haben wir zweifellos noch keinen Überwachungsstaat,<br />

aber die gesetzlichen Grundlagen<br />

für einen Überwachungsstaat sind<br />

geschaffen. Die Regelungen des Sicherheitspakets<br />

II bewirken für den Bürger weniger<br />

Freiheit, ohne ihm ein wesentliches<br />

Mehr an Sicherheit zu bieten.<br />

Rechtsanwalt Georg Prasser, Stuttgart<br />

www.anwaltsverein.de/03/02/<br />

2001/40-01.html<br />

Informationen<br />

Auf der Website des deutschen Bundestages<br />

gibt es ein neues Diskussionsforum<br />

zum Thema „Sicherheitspaket II – Wie viel<br />

Sicherheit braucht Deutschland?“. Das<br />

Forum ist offen, das heißt alle Interessierten<br />

könnnen sich beteiligen.<br />

http://www.bundestag.de/cgi-bin/<br />

ldsplay.cgi?sicher<br />

Überblick über die wichtigsten Punkte des zweiten Maßnahmenbündels des<br />

Bundesministeriums zur inneren Sicherheit<br />

Biometrische Daten im Ausweis<br />

Das Gesetz schafft die Grundlage für insgesamt drei zusätzliche<br />

Merkmale (z.B.: Fingerabdrücke, Handform, Gestalt der Augeniris),<br />

die in verschlüsselter Form gespeichert werden können. Ob<br />

überhaupt und welche Merkmale gespeichert werden, entscheidet<br />

der Bundestag.<br />

Bundeskriminalamt<br />

Das BKA kann Informationen direkt von der Landespolizei und<br />

auch von den Geheimdiensten sammeln. Verdachtstunabhängige<br />

Ermittlungen soll es aber nicht geben.<br />

Geheimdienste<br />

Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll künftig auch stärker<br />

im Inland ermitteln, also von Banken, Luftfahrtunternehmen und<br />

Postdienstleistern Kundendaten anfordern dürfen. Die Regelungen<br />

werden zunächst auf fünf Jahre beschränkt.<br />

Sicherheitsprüfung<br />

Angestellte von sicherheitsrelevanten Einrichtungen wie etwa<br />

Krankenhäusern, Rundfunkanstalten oder Energieerzeugern sollen<br />

künftig einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden (auf<br />

fünf Jahre befristet).<br />

Bundesgrenzschutz<br />

Das Gesetz schafft die Grundlage für den Einsatz von „Skymarshals“<br />

an Bord von Flugzeugen.<br />

Ausländerrecht<br />

Ausländern soll dann das Aufenthaltsrecht entzogen werden,<br />

wenn sie die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands<br />

gefährden oder Gewalttätigkeiten mit politischen Zielen begehen.<br />

Der bloße Verdacht einer Straftat reicht aber entgegen den<br />

ursprünglichen Plänen Schilys nicht aus. Die Erteilung von Visa<br />

und Aufenthaltsgenehmigungen wird an strengere Kriterien geknüpft.<br />

justament eins 2002<br />

7


Titelthema<br />

Besorgniserregende Denkweise<br />

Die Anschläge vom 11. September haben bei einigen Politikern und nicht wenigen Bürgern<br />

geradezu reflexhaft den Wunsch nach einer starken Polizei verstärkt. Unter dem Beifall<br />

eines großen Teils des Publikums wurden Gesetzespakete vorgelegt und verabschiedet, die<br />

sich vornehmlich der Absenkung des Datenschutzniveaus widmen. Wenn es darum geht,<br />

Polizeiarbeit „effizient“ und „reibungslos“ zu gestalten, dann stehen zentrale Werte auf<br />

dem Spiel, weit über den Datenschutz hinaus.<br />

Helmut Bäumler<br />

Dr. Helmut Bäumler<br />

Leiter des Unabhängigen Landeszentrums<br />

für Datenschutz Schleswig-Holstein<br />

Holstenstraße 98 / 24103 Kiel<br />

Telefon: 0431/9 88 12 00<br />

Telefax: 0431/9 88 12 23<br />

E-Mail: mail@datenschutzzentrum.de<br />

Homepage: www.datenschutzzentrum.de<br />

Ist es nicht eine glänzende Idee, die Polizei<br />

und alle anderen Sicherheitsbehörden<br />

von juristischen, namentlich datenschutzrechtlichen<br />

Hemmnissen zu befreien und<br />

das Ziel einer reibungslosen, glatten Kooperation<br />

zwischen Polizei und Geheimdiensten<br />

zu verfolgen? Wer sollte etwas<br />

dagegen haben, dass unsere Sicherheitsbehörden<br />

möglichst effizient arbeiten und<br />

uns von der Plage der Kriminalität befreien?<br />

Die Anschläge vom 11. September<br />

haben bei einigen Politikern und nicht wenigen<br />

Bürgern geradezu reflexhaft den<br />

Wunsch nach einer starken Polizei verstärkt.<br />

Unter dem Beifall eines großen Teils<br />

des Publikums wurden Gesetzespakete<br />

vorgelegt und verabschiedet, die sich vornehmlich<br />

der Absenkung des Datenschutzniveaus<br />

widmen. Dies hat in Deutschland<br />

inzwischen fast schon Tradition, denn allein<br />

in den letzten 20 Jahren wurden die<br />

Gesetze immer wieder verschärft, sei es zur<br />

besseren Bekämpfung des Terrorismus<br />

alter Prägung, sei es im Hinblick auf die<br />

organisierte Kriminalität, sei es ganz allgemein<br />

wegen der Entwicklung der Kriminalstatistik.<br />

Dabei ist ohnehin kein anderer<br />

staatlicher Bereich im Datenschutzrecht so<br />

umfassend privilegiert wie die Strafverfolgung.<br />

Auch wer sich für Datenschutzfragen<br />

nicht sonderlich interessiert, sollte bei den<br />

Begründungen für die diversen Antiterrorgesetze<br />

der letzten Monate genau hinhören:<br />

Wenn es darum geht, Polizeiarbeit<br />

„effizient“ und „reibungslos“ zu gestalten,<br />

dann stehen noch ganz andere Werte auf<br />

dem Spiel, weit über den Datenschutz hinaus.<br />

Ist nicht die gesamte Strafprozessordnung<br />

eine einzige Behinderungsorgie? Wie<br />

viel effizienter und reibungsloser könnte<br />

die Polizei arbeiten, wenn sie vor Hausdurchsuchungen<br />

und Telefonüberwachungen<br />

nicht umständlich richterliche Genehmigungen<br />

einholen müsste! Wie häufig<br />

werden strafprozessuale Rechte, z. B.<br />

Zeugnisverweigerungsrechte, genutzt, um<br />

den Täter der gerechten Strafe zu entziehen<br />

und die mühevolle Ermittlungsarbeit<br />

der Polizei zunichte zu machen. Wer sich<br />

einmal aufgemacht hat, nach „Hinderlichem“<br />

für die Polizei zu suchen, der findet<br />

in der Strafprozessordnung reichlich<br />

Beute. Sie ist geradezu darauf angelegt,<br />

der glatten Effizienz rechtsstaatliche Barrieren<br />

entgegenzustellen. Dem Staat des<br />

Grundgesetzes war es bislang nicht egal,<br />

nach welchem Reglement ein Verdächtiger<br />

überführt und verurteilt wurde. Eher, so<br />

der liberalstaatliche Ansatz, sollte ein Täter<br />

ungeschoren davonkommen, als ein Unschuldiger<br />

ins Gefängnis gesteckt werden.<br />

Gilt all dies nach dem 11. September<br />

nicht mehr? Niemand hat bislang, soweit<br />

ersichtlich, dafür plädiert, die rechtsstaatlichen<br />

Sicherungen der Strafprozessordnung<br />

über Bord zu werfen. Aber wer sich<br />

reibungslose Effizienz auf die Fahnen<br />

schreibt, der legt die Axt an den Stamm.<br />

Der legt, ob er das will oder nicht, den<br />

Grundstein für ein Großreinemachen ganz<br />

anderen Zuschnitts.<br />

Nicht alles am Antiterrorgesetz der<br />

Bundesregierung ist gravierend und aus<br />

rechtsstaatlicher Sicht wirklich beunruhigend.<br />

Manches ist tatsächlich geeignet,<br />

unvorhergesehene Lücken, etwa bei der<br />

Identifizierung von Ausländern, zu<br />

schließen. Besorgnis macht die Tendenz<br />

und die daraus ersichtliche Denkweise: Sicherheit<br />

um jeden Preis, wenn es sein muss<br />

auch um den Preis der Freiheit. Bürger, die<br />

jederzeit mit dem staatlichen Zugriff rechnen<br />

müssen, weil schwammige Generalklauseln<br />

das polizeiliche Handeln steuern<br />

und die sich nicht wehren können, weil<br />

Beschwerdemöglichkeiten und Rechtsmittel<br />

als übertriebene Hindernisse abgeschafft<br />

wurden, werden sich statt der versprochenen<br />

Sicherheit eine bedrohliche<br />

Unsicherheit gegenüber dem Staat einhandeln.<br />

Noch nicht einmal für die versprochene<br />

Sicherheit vor Kriminellen besteht<br />

Aussicht: Trotz Hochrüstung der Polizei<br />

mit moderner Informationstechnik, trotz<br />

einer jahrelangen Politik der Gesetzesverschärfungen<br />

und Instrumenten wie Rasterfahndung,<br />

Schleierfahndung, Schleppnetzfahndung,<br />

Großer Lauschangriff, Telekommunikationsüberwachung<br />

usw.<br />

steigen die Zahlen der Kriminalstatistik<br />

immer weiter an.<br />

Dabei hatte der damalige Präsident des<br />

Bundeskriminalamtes, Horst Herold, schon<br />

bei der Inbetriebnahme des allerersten<br />

Fahndungscomputers im Jahre 1972 glauben<br />

machen wollen: „Dies ist der entscheidende,<br />

tödliche Schlag gegen das organisierte<br />

Verbrechen“. Dreißig Jahre später<br />

wissen wir, dass er leider grundlegend Unrecht<br />

hatte. Aber wir wissen anscheinend<br />

immer noch nicht, dass der stetige Abbau<br />

rechtsstaatlicher Sicherungen nicht zu<br />

mehr Sicherheit führt.<br />

8<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

Auch die Deutsche<br />

Polizeigewerkschaft<br />

äußert Kritik<br />

Wie die Deutsche Polizeigewerkschaft<br />

in einer Pressemitteilung verlauten<br />

ließ, ist Schilys Sicherheitspaket II nach<br />

Ansicht des für den Bundesgrenzschutz<br />

zuständigen Vorsitzenden des Fachverbandes<br />

Bundespolizei der Deutschen Polzeigewerkschaft,<br />

Hans-Joachim Zastrow, nicht<br />

ausreichend.<br />

Obwohl in vielen Punkten gute Ansätze<br />

zur Verbesserung der Sicherheitslage in<br />

Deutschland sichtbar würden, seien vor<br />

allem im Bereich Flugsicherheit weitere<br />

Aufstockungen nötig. So müsste laut Zastrow<br />

der geplante Aufbau von Flugbegleitereinheiten<br />

(Skymarshalls) mindestens<br />

2000 Kräfte umfassen, um wirkliche Sicherheit<br />

im Flugzeug zu garantieren. Zastrow:<br />

„Wenn ein Flugzeug von Hamburg<br />

nach München fliegt, muss es genauso geschützt<br />

werden, wie ein Flug von Frankfurt<br />

nach New York. Denn im Prinzip kann<br />

jedes Flugzeug zu terroristischen Zwecken<br />

missbraucht werden.“<br />

Zufrieden zeigt sich Zastrow über die<br />

Abkehr von der Privatisierung der Fluggastkontrollkräfte.<br />

Die Fluggastkontrolle<br />

gehöre zur Sicherheit der Fluggäste ausschließlich<br />

in staatliche Hände. In den vergangenen<br />

Jahren ist es außerdem nicht<br />

gelungen, die tatsächliche Struktur der Polizei<br />

des Bundes an die der Länder anzugleichen.<br />

Dieses gelte sowohl für die<br />

Struktur im mittleren als auch im gehobenen<br />

Dienst. Es gelte nach Ansicht von Zastrow<br />

dieses Ungleichgewicht schnellstens<br />

zu beseitigen.<br />

Schily dürfe sich in diesem Zusammenhang<br />

nicht wundern, wenn Bundesgrenzschützer<br />

zu den Landespolizeien abwandern,<br />

weil sie dort eher befördert werden.<br />

Die vorgesehenen Beförderungsmöglichkeiten<br />

im Haushalt 2002 könnten nur ein<br />

erster Schritt sein. Weitere müssten folgen,<br />

um den Polizistinnen und Polizisten des<br />

Bundes auch das Gefühl zu geben, dass<br />

ihre Arbeit geachtet wird.<br />

www.dpolg.de/pressemitteilungen/<br />

sicherheitspaket<br />

justament eins 2002<br />

9


Titelthema<br />

Die kleine Begleitung–<br />

in Wahrheit ein „Big Brother”?<br />

Nach über fünf Jahren hat sich das Wortmonstrum „Telekommunikationsüberwachungsverordnung“<br />

(TKÜV) fast unbemerkt von der umstrittenen Kabinettsvorlage zu<br />

einem Gesetz gemausert. Die juristisch-technischen Voraussetzung zur<br />

Handyüberwachung sind nun gelegt.<br />

René Hoffmann<br />

Der Aufschrei von Datenschutzexperten<br />

und Telekommunikationsanbietern bei<br />

bekannt werden des ersten Entwurfes<br />

einer Telekommunikationsüberwachungsverordnung<br />

(TKÜV) im Frühjahr 1998 ließ<br />

aufhorchen. Manch einer sah gar die Verwirklichung<br />

Orwellscher Fiktionen auf sich<br />

zukommen. Wenn man einmal davon absieht,<br />

dass der monströse Verordnungstitel<br />

wohl kaum den Anforderungen der funktionalen<br />

manipulativen Ästhetik der Neusprache<br />

aus „1984“ genügt hätte, ist zu<br />

fragen, wie viel von dieser Prognose eines<br />

umfassend überwachten Staatsbürgers<br />

ohne geschützte Privatsphäre die am<br />

24.10.2001 wirksam gewordene Verordnung<br />

wirklich mit sich bringt.<br />

Die Verordnung hatte in ihrer ursprünglichen,<br />

noch der Feder des Rexrodtschen<br />

Wirtschaftsministeriums der Ära<br />

Kohl entsprungenen Fassung sowie vor<br />

den Ereignissen des 11. Septembers 2001<br />

keine Chance, Teil der Rechtsordnung zu<br />

werden. Doch hat die allgemeine Angst<br />

vor Terror und Gewalt den zunächst eindringlichen<br />

Appell von Datenschützern<br />

und Telekommunikationsanbietern nahezu<br />

verstummen lassen, so dass die Verordnung<br />

nun ohne große Nebengeräusche<br />

vom Gesetzgeber durchgewunken wurde.<br />

Ziel der Verordnung<br />

Ziel der TKÜV ist es, die technischen und<br />

organisatorischen Voraussetzungen für die<br />

Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung<br />

der Telekommunikation zu regeln.<br />

Mit der TKÜV wird die bislang geltende<br />

Fernmeldeverkehr-Überwachungs-Verordnung<br />

von 1995 (FÜV) ersetzt. Die Verordnung<br />

soll eine Angleichung an die Begriffe<br />

und Definitionen des Telekommunikationsgesetzes<br />

mit sich bringen. Überdies<br />

sollen die bestehenden Eingriffsbefugnisse<br />

in das Post- und Fernmeldegeheimnis der<br />

Strafprozessordnung (StPO), des Gesetzes<br />

zur Beschränkung des Brief-, Post- und<br />

Fernmeldegeheimnisses (G10) und des<br />

Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) den<br />

neuen technischen Gegebenheiten angepasst<br />

werden.<br />

Im Kern werden mit der TKÜV die Anbieter<br />

von Telekommunikations- und<br />

Internetdiensten verpflichtet, die bei<br />

ihnen anfallenden Kommunikationsvorgänge<br />

über eine Schnittstelle<br />

in ihren Anlagen den Sicherheitsbehörden<br />

zugänglich<br />

zu machen, und zwar, wenn<br />

möglich, ohne Zeitverzug, auf eigene<br />

Kosten und mit der Auflage,<br />

diese Maßnahmen gegenüber den<br />

Betroffenen geheim zu halten.<br />

Grundrechtseinschränkungen<br />

Abhören bleibt auch künftig nur im Einzelfall<br />

beim Verdacht bestimmter schwerer<br />

Straftaten möglich. In der Regel wird dazu<br />

eine richterliche Anordnung benötigt. Neu<br />

ist lediglich, dass nun auch für neue elektronische<br />

Dienste geregelt ist, wie Abhöraktionen<br />

stattfinden sollen.<br />

Datenschützer glaubten zunächst, in<br />

der TKÜV eine Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses<br />

zu erkennen.<br />

Überdies warnte man davor,<br />

dass die Überwachungsschnittstellen<br />

für Hacker und<br />

Wirtschaftsspionage<br />

Tür und Tor<br />

öffnen würden.<br />

Auch aus<br />

einer anderen<br />

Richtung kam<br />

deutlich vernehmbarer<br />

Protest. Die Internetprovider<br />

und Telekommunikationsanbieter<br />

wehrten sich vehement dagegen, finanziell<br />

für Aufgaben der Gefahrenabwehr<br />

und der Strafverfolgung in Anspruch genommen<br />

zu werden. So erscheint es auf<br />

den ersten Blick auch wenig einsichtig,<br />

wieso sie für originär staatliche Aufgaben<br />

die Kosten tragen sollen.<br />

10<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

Die Wirtschaftsverbände prognostizierten<br />

1998 für das Regierungsvorhaben das<br />

immense Investitionsvolumen von 40 Milliarden<br />

Mark, das Provider und sonstige<br />

Netzbetreiber bei der technischen Umsetzung<br />

der Verordnung aufzubringen hätten<br />

– wohl kaum einer der kleineren Anbieter<br />

hätte die Umsetzung wirtschaftlich überlebt.<br />

Daher meinte der Vorsitzende des<br />

Verbandes der deutschen Internet-Wirtschaft<br />

eco Michael Rotert: „Wir müssen<br />

nicht den Hilfssheriff der Nation auf eigene<br />

Kosten spielen.“<br />

Die Verbandsvertreter ließen sich nun<br />

aber auf einen Kompromiss ein, der den<br />

Kreis der Unternehmen einschränkt, der<br />

die Überwachungstechnik bereithalten<br />

muss. Freigestellt werden nun die Betreiber<br />

nichtöffentlicher Telekommunikationsanlagen<br />

(z.B. unternehmensinterne Netzwerke<br />

oder Nebenstellenanlagen in Hotels<br />

und Krankenhäusern). Auch die Anbieter<br />

reiner Verbindungsnetze und die Betreiber<br />

von Zugangsknoten zum Internet sind<br />

nunmehr von der Mitwirkungspflicht ausgenommen.<br />

Die Skepsis von eco ist geblieben, dennoch<br />

erklärte man, „angesichts der akuten<br />

Gefährdungslageç seine grundsätzlichen<br />

Bedenken zurückzustellen. Dieser Diktion<br />

schlossen sich auch andere Verbände wie<br />

die Initiative D21 an und akzeptierten die<br />

geänderte Fassung. Rechtspolitisch bedenklich<br />

erscheint, dass damit die Telekommunikationsanbieter<br />

gegen ihren Willen<br />

zum verlängerten Arm der Strafverfolgungsbehörden<br />

gemacht werden.<br />

Was bleibt also vom ursprünglichen<br />

Aufschrei?<br />

Nicht viel. Das liegt aber auch schlicht<br />

daran, dass die TKÜV an sich keine Ausweitung<br />

der Überwachung mit sich bringt.<br />

Sie regelt lediglich, wie der Staat an die<br />

benötigten Daten gelangt. Über das „Ob“<br />

einer Überwachung hat vielmehr der einzelne<br />

Richter zu entscheiden.<br />

Probleme ergeben sich insbesondere<br />

aufgrund der noch nicht gefestigten Begrifflichkeiten<br />

des Telekommunikationsrechts<br />

und der technischen Eigenheiten<br />

moderner Kommunikationsgeräte. So werden<br />

die Positionsdaten eines Mobiltelefons<br />

nicht nur während eines Telefonats oder<br />

des Versendens einer SMS gesendet, sondern<br />

auch während der gesamten Betriebsbereitschaft<br />

des Gerätes.<br />

In einem vom Generalbundesanwalt<br />

geführten Ermittlungsverfahren (Az.: 2<br />

BGs 42/01) gestattete ein Ermittlungsrichter<br />

des BGH gem. §§ 100 a, 100 b,<br />

169 StPO die Überwachung und Aufzeichnung<br />

der Telekommunikation hinsichtlich<br />

des Mobiltelefons des Beschuldigten<br />

„einschließlich der Mitteilung der regelmäßig<br />

erfolgenden Positionsmeldungen<br />

(Bewegungsdaten)“. Dagegen wandte der<br />

Netzbetreiber ein, dass diese Daten jedenfalls<br />

dann nicht von § 100 a StPO erfasst<br />

würden, wenn sie nicht innerhalb eines<br />

Telefongesprächs anfielen. Fraglich ist in<br />

dem Fall, was eigentlich noch alles Teil der<br />

Kommunikation sein soll.<br />

Neue Qualität der Überwachung<br />

Der Ermittlungsrichter vertritt unter Verweis<br />

auf die § 89 II Nr. 1 b TKG und § 2<br />

Nr. 4 TDSV den Standpunkt, dass das Fernmeldegeheimnis<br />

nicht nur den Schutz des<br />

Kommunikationsinhaltes, sondern auch<br />

der äußeren Kommunikationsumstände erfasse.<br />

Somit gehöre es zu den Kommunikationsumständen,<br />

wann und wo die Betriebs-<br />

und Empfangsbereitschaft im<br />

Stand-by-Modus sichergestellt werde. Des<br />

Weiteren erlaube Telekommunikationsüberwachung<br />

nach § 100 a StPO gerade<br />

auch die Ermittlung des Aufenthaltsortes<br />

des Beschuldigten. Darüber hinaus stelle<br />

eine solche Überwachung im Vergleich zur<br />

Überwachung des Inhalts von Kommunikationsvorgängen<br />

eine wesentlich weniger<br />

eingriffsintensive Maßnahme dar.<br />

Damit wurde den Ermittlungsbehörden<br />

eine Überwachungsqualität erschlossen,<br />

die weit über die klassische hinausgeht. Es<br />

ist möglich, ein umfassendes Bewegungsprofil<br />

des nur potentiell Kommunizierenden<br />

zu schaffen. Dies wird regelmäßig mit<br />

Erkenntnissen der tatsächlich geführten<br />

Kommunikation ein substantiiertes Persönlichkeitsbild<br />

eines lediglich Beschuldigten<br />

hervorbringen. Eine so weite Auslegung<br />

des Begriffes Telekommunikation ist<br />

wegen des Gebotes der restriktiven Auslegung<br />

strafprozessualer Eingriffsbefugnisse<br />

überaus bedenklich. Das Fernmeldegeheimnis<br />

droht bei einer solchen Auslegung<br />

zu einer reinen Farce zu geraten.<br />

Die Gefahren der Telekommunikationsüberwachung<br />

liegen also nicht in der<br />

neuen TKÜV, sondern in der Ausgestaltung<br />

richterlicher Handlungsspielräume.<br />

Es bleibt daher zu hoffen, dass das berechtigte<br />

Interesse an einer wirkungsvollen<br />

Verfolgung schwerer Kriminalität nicht mit<br />

der faktischen Aufgabe rechtsstaatlicher<br />

Grundprinzipien bezahlt wird. Dies gilt<br />

umso mehr, wenn man die internationalen<br />

Bestrebungen der „Cybercrime-Konvention“<br />

wahrnimmt, die neben dem internationalen<br />

Austausch von Ermittlungsergebnissen<br />

auch vorsieht, dass Daten vollständig<br />

und automatisch erfasst werden<br />

können. Diese Bestrebungen gehen weit<br />

über die bisherige Rechtslage hinaus, da so<br />

die Überwachung praktisch nicht mehr auf<br />

Anordnung und im Einzelfall erfolgen<br />

müsste. Dann wäre der große Bruder<br />

tatsächlich überaus gegenwärtig...<br />

Informationen<br />

Die Verordnung ist am 29.1.2002 in Kraft getreten. Sie wurde bereits im Oktober 2001 verabschiedet<br />

und ist im Bundesgesetzblatt Nr. 5 vom 28. Januar 2002 veröffentlicht worden.<br />

http://www.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_60593.htm<br />

12<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

Zeige mir dein Klingelschild,<br />

und ich sage dir, wer du bist!<br />

Ein Berliner Rechtsreferendar soll in den Wirren nach dem 11. September von seinen<br />

Nachbarn als “Schläfer” enttarnt werden. In einer spannungsgeladenen Zeit passieren<br />

sonderbare Dinge und wofür Klingelschilder gut sein können.<br />

von Ayhan Halat<br />

Wenn man sich gerade dafür entschieden<br />

hat, einen nicht unerheblichen<br />

Teil seines Referendargehalts in die Miete<br />

einer frisch sanierten Altbauwohnung in<br />

Prenzlauer Berg zu investieren, geht einem<br />

so einiges durch den Kopf, aber es gibt<br />

Dinge, die kann einfach niemand ahnen.<br />

Am 30. September, ich wohnte noch<br />

keine zwei Monate in der neuen Wohnung,<br />

kam ich abends nach hause, da klingelte<br />

das Telefon. Und es schien so, als<br />

hätte es schon ziemlich lange geklingelt.<br />

Es war der Hausmeister. Warum denn an<br />

meiner Tür noch kein Namensschild sei,<br />

wollte er wissen. Eine einfache Frage,<br />

könnte man denken, auf die es eine einfache<br />

Antwort gibt: Ich hatte noch immer<br />

kein Namensschild an der Tür, weil die<br />

Hausverwaltung es bisher nicht geschafft<br />

hatte, Namensschilder an die Türen zu<br />

machen. Hatte er mir nicht erklärt, dass die<br />

Hausverwaltung Namensschilder für alle<br />

Mieter anbringen wollte, damit dann alles<br />

schön einheitlich aussieht? Ich fragte ihn,<br />

was denn das Problem sei. Ihm schien das<br />

Problem offensichtlich. Schließlich würde<br />

ich ja auch „etwas dunkler“ aussehen.<br />

Außerdem wäre ihm zu Ohren gekommen,<br />

dass ich ziemlich oft Besuch erhalten<br />

würde, von Leuten, die ebenfalls etwas<br />

dunkler aussehen. Andere Mieter im Haus<br />

hätten deswegen Angst.<br />

Es ist immer wieder erstaunlich, wie<br />

ruhig der Mensch in Extremsituationen<br />

bleiben kann. Ich versuchte ihm also zu erklären,<br />

dass er sich keine Sorgen zu machen<br />

brauche. Dem Großteil der Nachbarn<br />

habe ich mich sogar vorgestellt, so dass<br />

auch die sich eigentlich keine Sorgen machen<br />

müssten. Auch würden mich nicht irgendwelche<br />

„dunkle“ Gestalten besuchen.<br />

Aber der Hausmeister war fest entschlossen,<br />

für „Ordung“ zu sorgen. Auf ein zumindest<br />

provisorisches Namensschild<br />

müsse er bestehen, anderenfalls sehe er<br />

sich gezwungen, den Vorfall „zu melden“.<br />

Wenn ich die Geschichte abends in der<br />

Kneipe erzähle, finden sie immer alle witzig.<br />

Was ich dann meistens nicht mehr erzähle,<br />

ist, dass ich deswegen ein paar<br />

schlaflose Nächte verbracht und mit dem<br />

Gedanken gespielt habe, auszuziehen, weil<br />

man mit solchen Nachbarn dann doch<br />

nicht unter einem Dach wohnen will. Nur<br />

würde auszuziehen in diesem Fall auch bedeuten,<br />

vor einem Problem davonzulaufen.<br />

Und wirklich sicher, dass nicht die<br />

gleiche Geschichte in einer neuen Wohnung<br />

von vorne anfängt, bin ich mir auch<br />

nicht mehr.<br />

Ich lebe nun seit siebzehn Jahren in Berlin,<br />

habe in Berlin Abitur gemacht und studiert.<br />

Ich bin hier zu hause. Der überwiegende<br />

Teil meiner Familie lebt in Deutschland,<br />

meine Freunde sowieso. Wenn einem<br />

so was dann passiert, hat man das Gefühl,<br />

dass das alles auf einmal in Frage gestellt<br />

ist.<br />

Eine besondere Ironie ist noch - und das<br />

klingt jetzt fast wie ausgedacht, ist es aber<br />

nicht -, dass dieser 30. September der 40.<br />

Jahrestag des Anwerbeabkommens zwischen<br />

der BRD und der Türkei war. Seit<br />

vierzig Jahren sind Migranten ein fester<br />

Bestandteil dieser Gesellschaft und aus<br />

dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.<br />

Aber sobald man von den Nachbarn verdächtigt<br />

und beim Hausmeister denunziert<br />

wird, dann darf man nur noch froh sein,<br />

nicht sofort wegen Terrorismusverdachts<br />

abgeschoben zu werden. Denn der Verdacht<br />

soll ja zumindest bei der Abweisung<br />

von Ausländern schon ausreichend sein.<br />

Ayhan Halat ist Referendar am Kammergericht<br />

Berlin und arbeitet für eine überregionale<br />

Wirtschaftskanzlei.<br />

14<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

Über den Wolken –<br />

Der Verbraucher im rechtsleeren<br />

Raum des Internet?<br />

Sicherheit im Internet? Was gibt uns Rechtssicherheit im Internet? Gibt es überhaupt<br />

Recht im Internet oder gar ein Internetrecht? Und wen interessiert das schon – solange<br />

der Computer läuft?!<br />

Kristina Orthmann<br />

Wie wichtig ist Rechtssicherheit im Internet<br />

und wie gut sollte man sich<br />

selbst damit auskennen? Nehmen wir zum<br />

Beispiel e-bay: ist nun nach Erhalt des Zuschlags<br />

ein Vertrag via Internet zustande<br />

gekommen, oder nicht? Und kennt nicht<br />

jeder die Situation, in der er beim Kauf im<br />

Internet gezögert hat, als die Kreditkartennummer<br />

angegeben werden sollte? Zu<br />

Recht, denn nach wie vor ist der Verbraucher<br />

bei Rechtsgeschäften im Internet zu<br />

wenig geschützt.<br />

Cyberlaw<br />

Zwar ist das Internet kein rechtsleerer<br />

Raum, doch fällt es zunehmend schwerer,<br />

das existierende Recht auf Sachverhalte im<br />

Internet zu übertragen und anzuwenden.<br />

Eine Alternative wäre ein eigenes weltweit<br />

geltendes Internetrecht, doch hat ein solches<br />

„Cyberlaw“ bisher noch keinen Konsens<br />

gefunden.<br />

Allein die unterschiedlichen Auffassungen<br />

von USA und EU hinsichtlich einer<br />

staatlichen Regulierung des Internets machen<br />

das Finden einer gemeinsamen Basis<br />

schwer. Die USA lassen grundsätzlich den<br />

Verbraucher- und Datenschutz gegenüber<br />

wirtschaftlichen Interessen zurücktreten.<br />

Eine staatliche Regulierung des Internets<br />

und somit auch der im Internet geschlossenen<br />

Rechtsgeschäfte wird sogar als ungerechtfertigter<br />

Eingriff in die Informationsfreiheit<br />

gesehen. Eine eigenständige<br />

Regulierung des Internets soll durch freiwillige<br />

Verhaltensregeln realisiert werden.<br />

Die EU wiederum stellt den Verbraucherschutz<br />

in den Vordergrund und sieht hinsichtlich<br />

freiwilliger Verhaltensregeln zu<br />

Recht die Gefahr mangelnder Rechtsverbindlichkeit.<br />

Der User im Internet<br />

Das größte Problem des Users ist die Ubiquität<br />

des Mediums, das er zu beherrschen<br />

versucht. Während er nämlich zu Hause<br />

am Computer sitzt und munter Verträge<br />

schließt, kann es sein, dass sein Vertragspartner<br />

in Spanien weilt und dessen Hostrechner<br />

wiederum in Polen. Welches Recht<br />

ist nun anwendbar? Vielleicht erscheint<br />

dies für den Anwender zunächst unwichtig,<br />

doch spätestens, wenn die Abwicklung<br />

des Vertrages nicht so läuft, wie vorgesehen<br />

oder Verbraucherschutzrechte wie Widerruf<br />

und dergleichen geltend gemacht<br />

werden sollen, wird die Frage auch für den<br />

User interessant. Natürlich hat der Verbraucher<br />

immer noch den Schutz des<br />

Art. 29 EGBGB und seit kurzem auch noch<br />

den erweiterten Schutz des Art. 29a<br />

EGBGB. Diese garantieren die Anwendung<br />

des Rechts seines gewöhnlichen Aufenthalts<br />

oder zumindest die Anwendung von<br />

nationalem Verbraucherschutzrecht. Der<br />

Verbraucher könnte sich nun in Sicherheit<br />

wiegen – so meint man. Leider wird dabei<br />

jedoch häufig auch von bekannten Autoren<br />

vergessen, dass das Internet nicht so<br />

einfach unter die jeweilige materielle<br />

Rechtsordnung zu subsumieren ist. Denn<br />

das Medium hat seine eigenen Regeln.<br />

Fernabsatzgesetz<br />

Zur Regulierung dieser Probleme verweist<br />

nun der Art. 29 a EGBGB auf die Fernabsatzrichtlinie,<br />

die in Deutschland in Form<br />

des Fernabsatzgesetzes umgesetzt wurde.<br />

Mit dem Fernabsatzgesetz hat der Gesetzgeber<br />

die Rechte des Verbrauchers erheblich<br />

gestärkt. Er hat eine Widerrufsfrist von<br />

zwei Wochen, die aber erst beginnt, wenn<br />

der Online-Händler explizit auf die Möglichkeit<br />

zur Rückgängigmachung hingewiesen<br />

hat. Geschieht dies nicht, kommt<br />

der Kunde in den Genuss einer Widerrufsfrist<br />

von 4 Monaten. Die Beweislast hat<br />

hier der Unternehmer. Es reicht also nicht<br />

aus, dass der Händler irgendwo auf seiner<br />

Webseite seine Geschäftsbedingungen versteckt,<br />

sondern der Kunde muss zum Beispiel<br />

durch Anklicken einer Schaltfläche im<br />

Bestellformular bestätigen, dass er von<br />

den Geschäftsbedingungen Kenntnis ge-<br />

nommen hat. Verbraucherfreundlich beginnt<br />

bei Warenlieferungen die Widerspruchsfrist<br />

erst nach dem Eingang der<br />

Ware beim Kunden; bei Teillieferungen<br />

beginnt sie mit der ersten Lieferung.<br />

Im Zusammenhang mit Internet-Auktionen<br />

wirft die Anwendbarkeit des Fern-<br />

AbsG allerdings Probleme auf, da das<br />

Widerrufsrecht für Versteigerungen im § 3<br />

Abs. 2 Nr. 5 FernAbsG ausgeschlossen ist.<br />

Es ist jedoch bereits höchst umstritten, ob<br />

eine Online-Auktion dem Begriff der Versteigerung<br />

des BGB überhaupt unterfällt.<br />

Wird eine Online-Auktion als Versteigerung<br />

angesehen, so hat der Kunde kein<br />

Widerrufsrecht. Sieht man diese Auktion<br />

nicht als Versteigerung an, kann er den geschlossenen<br />

Vertrag nach den Regeln der<br />

FernAbsG widerrufen. Allerdings tut sich<br />

die Rechtsprechung sehr schwer, Online-<br />

Auktionen in diesem Zusammenhang einzuordnen.<br />

Hier wurde durch die Gerichte<br />

so gut wie alles vertreten. Eine pauschale<br />

Einordnung ist schon deshalb nicht möglich,<br />

weil es zu viele verschiedene Arten<br />

von Internet-Auktionen gibt. Die Frage<br />

wie und ob bei Online-Auktionen ein Vertrag<br />

zustande kommt ist durch das Urteil<br />

des OLG Hamm nun endlich geklärt. Das<br />

Berufungsgericht hat einen wirksamen<br />

Vertragsschluss bei Online-Auktionen bejaht.<br />

Das Angebot des Händlers wird in der<br />

Freischaltung der Seite für die Auktion gesehen.<br />

Dieses Angebot wird durch das<br />

höchste wirksame Gebot angenommen.<br />

Mit Urteil vom 11. November 2001 hat<br />

auch der BGH die Gültigkeit solcher bei<br />

Online-Auktionen geschlossenen Verträge<br />

bestätigt. Der BGH hatte dieses Urteil<br />

Allgemein zur Sicherheit im Internet:<br />

www.bsi.de<br />

Website des Bundesamts für<br />

Informationstechnik<br />

Links<br />

16<br />

justament eins 2002


Titelthema<br />

wegen der grundsätzlichen Bedeutung<br />

zur Revision zugelassen und damit einen<br />

Schlussstrich unter den jahrelangen<br />

Rechtsstreit gezogen.<br />

Zusammenfassend kann man sagen:<br />

Der Verkäufer einer Online-Auktion gibt<br />

ein Angebot ab, dieses Angebot wird durch<br />

den Käufer, der das höchste Gebot abgegeben<br />

hat, angenommen. Es gelten also in<br />

den meisten Fällen von Online-Auktionen<br />

die üblichen Regeln des Kaufrechtes.<br />

Kreditkarten –<br />

Risiko beim Online-Einkauf?<br />

Während insbesondere im angelsächsischen<br />

Wirtschaftsraum die Kreditkarte vorherrschendes<br />

Zahlungsmittel für Bestellungen<br />

über das Internet ist, stehen in<br />

Deutschland Bezahlverfahren wie Rechnung<br />

und Nachnahme auf der Beliebtheitsliste<br />

ganz oben. Medienberichte über<br />

Betrugsfälle haben dazu geführt, dass Kreditkartenzahlungen<br />

über das Internet in<br />

Deutschland einen sehr schlechten Ruf<br />

haben. Verschiedene Maßnahmen auf Seiten<br />

des Gesetzgebers und der Kreditkartenaussteller<br />

könnten aber der Kreditkarte<br />

hierzulande zu einer stärkeren Präsenz als<br />

Zahlungsmittel verhelfen.<br />

Damit Kunden beim Shopping nicht<br />

ihre Kreditkartendaten herausgeben müssen,<br />

hat American Express („Amex“) ein<br />

neues System entwickelt, das derzeit in<br />

den USA und Kanada getestet wird. Der<br />

Kunde erhält von der Kreditkartenfirma<br />

PIN-Nummern, die ähnlich wie beim Online-Banking<br />

jeweils nur zu einer Transaktion<br />

berechtigen. Sollte American Express<br />

das System weltweit einführen, dürften<br />

auch die anderen Kartenausgeber mit ähnlichen<br />

Systemen folgen. Auch das Cyber-<br />

Cash-Verfahren ermöglicht das Zahlen mit<br />

Kreditkarte, wobei während der gesamten<br />

Zahlungsabwicklung keine Bekanntgabe<br />

der Kreditkartennummer durch den Kunden<br />

erfolgt. Der CyberCash Standard unterstützt<br />

alle wichtigen Kreditkarten. Beim<br />

Kauf einer Ware sendet der Kunde aus seinem<br />

virtuellen Portemonnaie eine elektronische<br />

Zahlungsbestätigung, die vom Server<br />

des Händlers signiert und an die Abwicklungsstelle<br />

geleitet wird. Dort wird die<br />

Authentizität der Zahlungsbestätigung<br />

überprüft und der Betrag dem Händler<br />

gutgeschrieben bzw. vom Kreditkartenkonto<br />

des Käufers abgebucht. Der Händler<br />

bekommt bei CyberCash also keine Kreditkartendaten<br />

zu sehen. Vom Gesetzgeber<br />

wurde zudem das Bürgerliche Gesetzbuch<br />

(BGB) um den Paragrafen 676h erweitert,<br />

der den Online-Verbraucherschutz bei Kreditkartenzahlungen<br />

erhöht. Bei Missbrauch<br />

durch Dritte trägt nun die Bank<br />

beziehungsweise der Kartenaussteller das<br />

Risiko.<br />

E-Commerce-Richtlinie verbraucherfeindlich?<br />

Die E-Commerce-Richtlinie könnte einige<br />

entscheidende Änderungen im Internetrecht<br />

herbeiführen. Sie muss bis zum<br />

17.1.2002 in nationales Recht umgesetzt<br />

werden und sieht einige bedeutende Änderungen<br />

für den Rechtsverkehr im Internet<br />

vor. Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />

für ein Elektronisches- Geschäftsverkehr–Gesetz<br />

(EGG) existiert bereits.<br />

Die Richtlinie geht vom „Herkunftslandprinzip“<br />

aus, welches immer das Heimatrecht<br />

des Diensteanbieters als verbindliche<br />

Rechtsordnung festlegt. Mit dem<br />

Herkunftslandsprinzip in der E-Commerce-Richtlinie<br />

soll also der Handel über das<br />

Medium Internet erleichtert werden,<br />

indem von vornherein eindeutig feststeht,<br />

welches innerstaatliche Recht auf das Verhältnis<br />

zwischen Diensteanbieter und Nutzer<br />

anwendbar ist. Der Diensteanbieter soll<br />

sich darauf verlassen können, dass sein<br />

Heimatrecht, welches er kennt, Anwendung<br />

findet. Hierdurch wird also keine Lö-<br />

sung für Kollisionsfälle geschaffen wie<br />

durch das internationale Privatrecht. Vielmehr<br />

schafft die Richtlinie quasi einen einheitlichen<br />

Rechtsraum. Einleuchtend ist<br />

zwar, dass dadurch Rechtssicherheit geschaffen<br />

wird, da das anzuwendende<br />

Recht von vornherein festgelegt wird, jedoch<br />

bleibt der Verbraucher wieder einmal<br />

auf der Strecke. Zwar wird er durch das geplante<br />

EGG nicht seiner Verbraucherschutzrechte<br />

beraubt, da das Gesetz die<br />

„Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse<br />

in Bezug auf Verbraucherverträge“<br />

vom Herkunftslandprinzip ausnimmt.<br />

Dennoch bedeutet die Anwendung des<br />

Herkunftslandsprinzips, dass der Verbraucher<br />

immer mit der Rechtsordnung des<br />

Anbieters konfrontiert wird. Verbrauchern<br />

bleibt also zu raten, bei ausländischen Anbietern<br />

besonders vorsichtig zu sein.<br />

Zukunft<br />

„Die Juristen sollen reagieren, und wenn<br />

sie vor der Aushöhlung des Verbraucherschutzes<br />

warnen, dann heißt es, sie bremsen<br />

den E-Commerce und seine Marktpotentiale<br />

aus“, so kritisierte schon Thomas<br />

Hoeren, Professor an der Universität Münster<br />

und Richter am OLG Düsseldorf.<br />

Tatsächlich drängt sich einem der Gedanke<br />

auf, dass es ausschließlich der Verbraucher<br />

ist, der dem Medium Internet unterlegen<br />

und deshalb besonders schützenswert<br />

ist. Doch auch der Anbieter ist<br />

mittelbar von dieser Rechtunsicherheit betroffen.<br />

Denn nichts ist hinderlicher für die<br />

Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs,<br />

als das fehlende Vertrauen der<br />

Verbraucher. Ohne dieses Vertrauen würde<br />

das Internet nämlich lediglich für die<br />

Suche nach Informationen und Preisvergleichen<br />

benutzt. Sein Potential für den<br />

elektronischen Geschäftsverkehr bleibe ungenutzt.<br />

Insofern muss an einem ausreichenden<br />

Verbraucherschutzniveau auch<br />

die Industrie und somit der Anbieter ein<br />

Interesse haben.<br />

justament eins 2002<br />

17


Titelthema<br />

Aktiv werden!<br />

Eine juristische Karriere bei der Schutzpolizei Berlin<br />

Von Kindesbeinen an ist der Gedanke an Sicherheit mit dem Polizeiberuf verbunden. Der<br />

Glaube, dass ein grün-weißes Fahrrad eigentlich schneller sein müsste, sitzt tief. Spätestens<br />

in der Pubertät verschwimmen die Träume und die Antwort auf die Frage, was wir<br />

werden wollen, fällt anders aus. Im Jurastudiumwird der Polizist zum abstrakten „Beamten<br />

im Vollzugsdienst“, der entweder repressiv oder präventiv tätig wird. Was die fertigen<br />

Juristen und Juristinnen oft vergessen ist, dass ihnen der Weg zum alten Traumberuf noch<br />

offen steht.<br />

Nicola Rothärmel<br />

Vielleicht kennen einige auch das Gefühl,<br />

die Referendarstationen zu der Durchführung der Einsätze ist man als<br />

Einsatzvorbereitung im Stab kennen. Bei<br />

18 justament eins 2002 durchlaufen und nach jeder einzelnen zu<br />

denken: schön, wieder ein Job den ich<br />

nicht machen will. Das berühmte Ausschlussprinzip,<br />

bei dem am Ende nichts<br />

mehr übrig bleibt. Auf der Suche nach<br />

einer echten Alternative zu den klassischen<br />

juristischen Berufen stolperte ich<br />

über eine Anzeige der Berliner Polizei in<br />

der NJW. Ein/-e Volljurist/-in als Polizeirat/-rätin<br />

wurde gesucht. Ich erinnerte<br />

mich an ein Praktikum vor einigen Jahren<br />

beim LKA Bayern, das sehr interessant war<br />

und bewarb mich kurzer Hand. Nach zwei<br />

Jahren als „klassische Rechtsanwältin“<br />

wollte ich unbedingt etwas anderes, vielseitigeres<br />

machen. Wie sich jetzt herausstellt,<br />

war diese Entscheidung richtig. An<br />

Vielseitigkeit mangelt es nicht.<br />

Begleiter des Polizeiführers und Einsatzleiters<br />

mit vor Ort. In der Vorbereitung<br />

dazu darf man schon mal die ein oder andere<br />

juristische Frage v.a. zum Versammlungsrecht,<br />

Polizeirecht oder Ausländerrecht<br />

in einer schriftlichen Ausarbeitung<br />

beantworten.<br />

Der Schwerpunkt liegt eindeutig im<br />

Verwaltungsrecht. Bereits hier wird jedoch<br />

klar, dass die später ausgeübte Tätigkeit<br />

mit Jura und den klassischen Betätigungsfeldern<br />

des Juristen nicht viel zu<br />

tun hat.<br />

Im Anschluss an dieses Praktikum erfolgt<br />

eine theoretische Ausbildung an der<br />

Polizeiführungsakademie in Münster. Zusammen<br />

mit den Aufstiegsbeamten aller<br />

Bundesländer, dem Bundesgrenzschutz<br />

und des Bundeskriminalamtes bekommt<br />

Wie gestaltet sich<br />

man Unterricht in den Fächern Einsatzlehre,<br />

Führungs-, Organisations- und<br />

der Weg dahin?<br />

Im ersten Jahr durchläuft man die Polizeibehörde<br />

Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft,<br />

in einer Art Praktikum. Man kann<br />

alle Bereiche wie Abschnitt, Direktion, Bereitschaftspolizei,<br />

LKA und die Stäbe des<br />

Landesschutzpolizeiamtes und des Präsidenten<br />

kennen lernen. Eine Fülle von Informationen,<br />

mit denen man auf den ersten<br />

Blick wenig anfangen kann. Mit Beginn<br />

der eigentlichen Tätigkeit lernt man<br />

diese Zeit jedoch zu würdigen. Das erste<br />

Jahr ist sehr wertvoll, um schon mal ein<br />

paar Kontakte zu knüpfen und die verschiedenen<br />

Bereiche einer Polizeibehörde<br />

kennen zu lernen.<br />

Zu Beginn erfolgt eine Ausbildung im<br />

Funken, dem polizeiinternen Computersystem<br />

und im Schießen. Danach geht’s in<br />

die Praxis. In einer örtlichen Patendirektion<br />

durchläuft man jeden einzelnen Bereich.<br />

Man lernt also „Polizei“ vom Funkwagen<br />

fahren, Vorgangsbearbeitung, Verkehrsdienst,<br />

Kriminologie und Kriminalistik,<br />

Verkehrslehre, Sozialwissenschaft und Berufsethik.<br />

Diese Ausbildung dauert ein<br />

halbes Jahr und man wohnt während dieser<br />

Zeit direkt auf dem Campus der Polizeiführungsakademie.<br />

Dank des zweiten<br />

Staatsexamens muss man im Gegensatz zu<br />

den Aufstiegsbeamten keine Abschlussprüfung<br />

schreiben.<br />

Auch dieses halbe Jahr ist ein wichtiger<br />

Baustein auf dem Weg in die Praxis.<br />

So erlernt man im Schnelldurchgang einige<br />

polizeiliche Handwerkstheorien, lernt<br />

den Vorschriftenwust der Polizeidienstvorschriften<br />

kennen und bekommt noch<br />

mal einen Crashkurs im Eingriffsrecht.<br />

An das eine oder andere wird man sich<br />

in Ernstfall garantiert erinnern. Nach Beendigung<br />

des Lehrganges geht es dann ab<br />

ins „wahre Leben“, die erste Dienststelle.<br />

örtliche Kriminalpolizei<br />

und<br />

Erfahrungen aus dem<br />

„polizeirätlichen“ Alltag<br />

Nicola Rothärmel<br />

Als Rat/ Rätin bekleidet man den Einstiegsdienstgrad<br />

in die höhere Laufbahn der Polizei.<br />

Die erste Tätigkeit ist meist eine Referententätigkeit<br />

auf einem Polizeiabschnitt,<br />

d.h. stellvertretende/r Dienststellenleiter/ -<br />

in einer größeren Polizeidienststelle. Auch<br />

in meinem Fall ist das so. Eine wunderbare<br />

Tätigkeit, da man hier Einblick in die tägliche<br />

Polizeiarbeit bekommt. Als Referentin<br />

besteht meine Aufgabe vor allem im Personalgeschäft.<br />

Beurteilungen, Personalentwicklung<br />

und Personalplanung für insgesamt<br />

180 Mitarbeiter – keine leichte Aufgabe.<br />

So bleibt es nicht aus, dass einige<br />

Mitarbeiter auch mit privaten Problemen<br />

zum „Chef“ kommen und sich entspre-


Titelthema<br />

chende Hilfe erhoffen. Außerdem gilt es,<br />

den täglichen Dienst eines Polizeiabschnittes<br />

zu planen. Wo soll beispielsweise eine<br />

Verkehrskontrolle eingerichtet werden, wo<br />

sind Kriminalitätsbrennpunkte und was<br />

kann man zur Steigerung der Aufklärungsrate<br />

oder zur Senkung der Fallzahlen unternehmen?<br />

Daneben gilt es noch diverse Einsätze,<br />

wie Veranstaltungen und Versammlungen<br />

zu planen und auszuführen. In meinem<br />

Abschnittsbereich liegt das gesamte Regierungsviertel,<br />

das Brandenburger Tor und<br />

der Potsdamer Platz. Ein Mekka für alle<br />

Versammlungsteilnehmer, denn fast alle<br />

wollen in diesem Bereich demonstrieren.<br />

Da muss man dann Gespräche mit den Anmeldern<br />

der Versammlungen führen, die<br />

notwendigen Polizeikräfte für den Schutz<br />

der Versammlung berechnen und anfor-<br />

dern und einen<br />

Durchführungsplan<br />

für die Versammlung<br />

selbst schreiben. Hierfür<br />

hat man einen Stab zur Seite, der nur für<br />

die Planung dieser Dinge zuständig ist. Im<br />

vergangenen Jahr hatte mein Abschnitt 37<br />

Führungsgruppeneinsätze zu bewältigen.<br />

Das heißt natürlich des Öfteren auch<br />

Wochenend- oder Nachtdienste einlegen.<br />

Alles in allem macht jedoch gerade diese<br />

Einsatzplanung und -durchführung viel<br />

Spaß, so dass man diese kleinen Unannehmlichkeiten<br />

gerne in Kauf nimmt.<br />

Hin und wieder gibt es natürlich auch<br />

gerade im Zusammenhang mit Veranstaltungen<br />

und Versammlungen rechtliche<br />

Fragen zu bewerten. Als Juristin wird man<br />

für alle möglichen juristischen Fragen zu<br />

Rate gezogen. Dennoch sollte man nicht<br />

mit dem Wunsch, als<br />

Justitiar bei einer<br />

Behörde zu fungieren zur<br />

Polizei kommen. Auch Juristen<br />

werden genau wie Aufstiegsbeamte<br />

zunächst mit „richtiger Polizeiarbeit“ betraut.<br />

Neben der oben geschilderten Tätigkeit<br />

kann das auch Stabsarbeit in den Beiden<br />

großen Stäben des Landesschutzpolizeiamtes<br />

oder des Polizeipräsidenten oder<br />

Projektgruppenleiter sein.<br />

Insgesamt bleibt festzustellen, dass die<br />

Möglichkeiten und die Aufgabenvielfalt in<br />

der Polizei wirklich beispielhaft sind und<br />

auch für Juristen ein spannendes und interessantes<br />

Tätigkeitsfeld darstellen.<br />

Nicola Rothärmel ist Polizeirätin bei der<br />

Schutzpolizei Berlin<br />

Einstellungsvoraussetzungen<br />

In die Berliner Polizei werden regelmäßig Hochschulabsolventen<br />

für den höheren Dienst der Schutz- sowie auch der Kriminalpolizei<br />

– bei Juristen mit 1. bzw. 2. Staatsexamen – eingestellt. Die<br />

Einstellungen erfolgen zum 1. Juli eines jeden Jahres.<br />

Hier die Voraussetzungen für eine Bewerbung bei der Berliner<br />

Schutzpolizei:<br />

• Sie haben die erste oder zweite juristische Staatsprüfung mit<br />

Prädikat bestanden, oder ein anderes geeignetes wissenschaftliches<br />

Hochschulstudium (Wirtschafts-, Sozial-, Politik- Betriebswissenschaften<br />

etc.) mit überdurchschnittlichem Erfolg<br />

absolviert. Absolventen von Fachhochschulen erfüllen diese<br />

Voraussetzung im übrigen nicht.<br />

• Sie haben das 32. Lebensjahr noch nicht vollendet.<br />

• Sie sind voll sporttauglich und besitzen einen Schwimmfähigkeitsnachweis<br />

• Sie sind „polizeitauglich“ (das heißt z. B.: eine Augenfehlleistung<br />

darf nicht mehr als –2,0dpt bzw. +2,5 dpt betragen)<br />

• Sie haben eine Körpergröße von mindestens 1,60 m (Frauen)<br />

bzw. 1,65 m (Männer) und<br />

• Sie besitzen den Führerschein entsprechend der ehemaligen<br />

Klasse 3 besitzen (aktuell: Klasse B)<br />

Sie sollten das Potenzial mitbringen, Mitarbeiter kompetent und<br />

kooperativ zu führen, tragfähige Entscheidungen auch in belastenden<br />

Situationen erarbeiten und umsetzen können und sich<br />

für den Erhalt der inneren Sicherheit und der Demokratie voll eineinsetzen.<br />

Nähere Informationen unter:<br />

Der Polizeipräsident in Berlin<br />

Stab des Polizeipräsidenten<br />

St PM 12<br />

Herr Fechner Tel.: 030/69 93 44 52 oder<br />

Herr Woelm Tel.: 030/69 93 44 51<br />

justament eins 2002<br />

19


Das Interview<br />

„U.S.A. P.A.T.R.I.O.T.“<br />

Das Sicherheitspaket made in USA<br />

„Civil Liberties im Zeichen der Terrorbekämpfung“ – so lautete das Thema, zu dem kürzlich<br />

Nadine Strossen auf Einladung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union in Berlin<br />

sprach. Strossen ist Präsidentin der American Civil Liberties Union (ACLU) und Professorin<br />

für Verfassungsrecht an der New York Law School. Ihr Lehrstuhl befindet sich in unmittelbarer<br />

Nähe zu dem, was jetzt „ground zero“ genannt wird.<br />

Anders als in Deutschland, wo die Kritik<br />

am Sicherheitspaket von Otto Schily<br />

eher verhalten klingt, hat die ACLU mit<br />

ihren 200.000 Mitgliedern in Amerika eine<br />

parteiübergreifende Koalition für Bürgerrechte<br />

und gegen den USA PATRIOT Act<br />

(USA PATRIOT = Uniting and Strengthening<br />

America by Providing Appropriate<br />

Tools Required to Intercept and Obstruct<br />

Terrorism) auf die Beine gestellt. Die amerikanischen<br />

Maßnahmen gehen über das<br />

Schily-Paket noch hinaus: Ausländer können<br />

auf unbegrenzte Zeit festgehalten<br />

werden, auch wenn sie lediglich wegen<br />

Verstoßes gegen<br />

das Einwanderungsrecht<br />

verdächtigt<br />

werden.<br />

„Sneak-andpeek-warrants“,<br />

d.h. Hausdurchsuchungen ohne Benachrichtigung<br />

der Betroffenen, sind möglich.<br />

Die Überwachung von E-Mails und Bankkonten<br />

ist von einer gerichtlichen Kontrolle<br />

entbunden. Für Furore hat auch eine<br />

Verordnung von Präsident Bush, dem<br />

obersten Befehlshaber, gesorgt, auf deren<br />

Grundlage die Militärgerichte eingesetzt<br />

werden, die ohne Einhaltung von Justizgrundrechten,<br />

auf Verdacht des Präsidenten<br />

hin, Personen anklagen und Todesurteile<br />

verhängen können.<br />

Strossen bezeichnet diese Maßnahmen<br />

als unverhältnismäßig, weil ungeeignet<br />

oder sogar „kontraproduktiv“. Es sei an der<br />

Zeit, dass sich die bürgerliche Mitte entschieden<br />

dagegen wendet. Gegen die Geheimhaltung<br />

der bereits erfolgten Verhaftungen<br />

– weder die Namen, noch der<br />

Haftort der Festgenommenen sind bekannt<br />

– hat die ACLU Klagen eingereicht.<br />

Strossen zufolge komme es jetzt aber vor<br />

allem auf „grass-root activities“ an. Darunter<br />

versteht sie auch ganz praktische<br />

Hilfe. So hat die ACLU ein booklet („Know<br />

Your Rights“) herausgegeben und ins Arabische<br />

übersetzt. Für den Fall, dass jemand<br />

von Polizei oder FBI angehalten wird, kann<br />

eine Hotline angerufen werden. Rechtsanwälte<br />

bieten kostenlos ihre Dienste an.<br />

justament: Die ACLU kritisiert den harten<br />

Kurs bei der inneren Sicherheit als unverhältnismäßig.<br />

Zeigen die Umfragen nicht<br />

aber, dass die überwiegende Mehrheit der<br />

Bevölkerung bereit ist, ihre Freiheit für mehr<br />

Sicherheit zu opfern?<br />

N. Strossen: Ich habe sehr viele Umfragen<br />

analysiert, was dabei herauskommt, hängt<br />

immer sehr von der Fragestellung ab.<br />

Wenn Sie die Leute abstrakt fragen: „Sind<br />

Sie bereit, Freiheiten aufzugeben, um<br />

mehr Sicherheit zu erhalten?“, dann werden<br />

alle natürlich „Ja“ sagen. Auch ich<br />

IDie Menschen müssen wissen, welche ihre<br />

Rechte sind, um zu wissen, dass sie, wenn diese<br />

verletzt werden, sich auf Unterstützung berufen<br />

können und sich trauen, dagegen anzugehen.<br />

würde „Ja“<br />

sagen. Würde<br />

ich gerne am<br />

Leben bleiben?<br />

Natürlich. Aber<br />

wenn Sie dann<br />

konkreter werden und fragen: „Wären Sie<br />

bereit, der Regierung zu erlauben, Ihre E-<br />

Mails zu lesen, Ihre Kontobewegungen zu<br />

überwachen?“, dann nimmt die Zustimmung<br />

rapide ab. Die erste Meinungsumfrage<br />

eine Woche nach dem 11. September,<br />

als die öffentliche Panik, die Angst und der<br />

Ärger an ihrem Höhepunkt waren, hat ergeben,<br />

dass 79 % der Amerikaner bereit<br />

wären, abstrakt Freiheiten für mehr Sicherheit<br />

zu opfern, aber nur 26 % haben gesagt,<br />

sie würden der Regierung Zugriff auf<br />

ihre E-Mails geben, nur 40 % waren bereit,<br />

ihr Bankkonto offenzulegen. Es wurde<br />

noch eine sehr interessante Frage gestellt:<br />

„Wovor haben Sie mehr Angst? Dass die<br />

Regierung nicht aggressiv genug gegen<br />

Terrorismus vorgeht? Oder dass die Regierung<br />

zu aggressiv vorgeht und dabei<br />

Grundrechte verletzt?“ Hier fürchtete nur<br />

eine ganz knappe Mehrheit das Erstere.<br />

Das große Problem ist wirklich nicht, dass<br />

die Menschen inständig darum flehen,<br />

man solle ihnen doch ihre Freiheiten wegnehmen.<br />

Das große Problem ist, dass die<br />

meisten Menschen einfach zu schlecht informiert<br />

und zu passiv sind. Wenn man<br />

ihnen erklärt, dass viele der Maßnahmen<br />

noch nicht mal geeignet sind, mehr Sicherheit<br />

zu bringen und selbst von Polizeibeamten<br />

und früheren Direktoren des CIA<br />

und des FBI kritisiert werden, hören sie<br />

auch zu und überdenken ihre Sicht der<br />

Dinge.<br />

justament: Wollen Sie damit sagen, die<br />

Mentalität habe sich gar nicht radikal verändert?<br />

N. Strossen: Ganz genau. Man muss sogar<br />

sagen, dass das Bewusstsein für Bürgerrechte<br />

heute sehr viel höher ist, als es<br />

1995-96 war, nach dem Attentat in Oklahoma<br />

City. Wir hatten damals eine ähnliche<br />

Koalition, aber viel kleiner. Und Sie hörten<br />

nicht die gleiche Freiheitsrhetorik von Seiten<br />

der Regierung. Jetzt redet sogar Ashcroft<br />

(Justizminister der USA, Anm.d.Red.)<br />

ständig davon, man müsse Bürgerrechte<br />

und die Verfassung respektieren. Die Rhetorik<br />

muss natürlich nicht unbedingt mit<br />

der Realität übereinstimmen, aber damals<br />

hörte man noch nicht mal irgend jemanden<br />

davon reden.<br />

justament: Woran liegt das?<br />

N. Strossen: Es herrscht große Skepsis was<br />

die Effektivität neuer Gesetze betrifft.<br />

Auch die Anti-Terrorismus-Gesetzgebung<br />

von 1996 hat uns offensichtlich nicht ausreichend<br />

schützen können. Vielleicht hat<br />

der Unterschied auch mit dem Internet zu<br />

tun. Vor sechs Jahren waren einfach noch<br />

nicht so viele Leute online. Heute sind sie<br />

es, und die Privatsphäre im Internet ist viel<br />

wichtiger geworden. Zur Jahrtausendwende<br />

wurden die Menschen in Amerika gefragt:<br />

„Was sind Ihre größten Sorgen?“<br />

Weitere Informationen über die veranstaltende<br />

Bürgerinitiative der Humbold<br />

Universität Berlin unter:<br />

www.humanistische-union.de<br />

Die amerikanische Organisation von<br />

Frau Strossen:<br />

www.aclu.de<br />

Info<br />

20<br />

justament eins 2002


Das Interview<br />

Und Nummer eins auf der Liste war nicht<br />

etwa der Terrorismus, auch nicht die Erderwärmung,<br />

nicht der Krieg, es war der<br />

Schutz der Privatsphäre.<br />

justament: Die Privatsphäre wird aber nicht<br />

nur von staatlicher Seite beeinträchtigt.<br />

N. Strossen: Wir waren stark damit beschäftigt,<br />

ein umfassendes Datenschutzgesetz<br />

auf den Weg zu bringen, was bei<br />

einem sehr breiten politischen Spektrum<br />

Unterstützung fand, innerhalb des Kongresses<br />

sowie ausserhalb. Das Problem ist<br />

natürlich, dass sich seit dem 11. September<br />

insofern schon die Koordinaten verschoben<br />

haben – nicht so sehr bei den Bürgerrechtlern,<br />

aber im Kongress. Dabei gibt es<br />

durchaus eine Verbindung zwischen den<br />

Überwachungsaktivitäten der Regierung<br />

und dem „data<br />

grabbing“ durch die<br />

private Wirtschaft.<br />

Als wir im Kongress<br />

versucht haben,<br />

Lobbyarbeit für Datenschutzgesetze<br />

zu machen, war eine<br />

immer wiederkehrende Antwort: „Ihr habt<br />

doch schon gar keine Privatsphäre mehr.<br />

Gewöhnt euch endlich daran“. Es ist wirklich<br />

tragisch, dass die Regierung mittlerweile<br />

sagen kann: „Weil wir es versäumt<br />

haben, eure Privatsphäre im Verhältnis<br />

zum privaten Sektor ausreichend zu schützen,<br />

nehmen wir das jetzt als Argument<br />

dafür, eure Privatsphäre auch noch einmal<br />

zu beeinträchtigen“.<br />

justament: Die ACLU hat bereits gegen einige<br />

der Maßnahmen der Bush-Regierung<br />

Klagen auf den Weg gebracht. In ihrem Vortrag<br />

haben Sie die Bedeutung von „grass<br />

root“ Aktivitäten für die jetzige politische<br />

Arbeit hervorgehoben. Würden Sie sagen,<br />

dass diese wichtiger sind, als gegen bestimmte<br />

Gesetze vor den Gerichten, mit den<br />

Instrumenten des Rechtssystems, vorzugehen?<br />

IUnd Nummer eins auf der Liste war nicht<br />

etwa Schutz vor der Terrorismus, auch<br />

nicht die Erderwärmung, nicht der Krieg,<br />

es war der Schutz der Privatsphäre.<br />

N. Strossen: Aktivitäten an der Basis sind<br />

die absolute Grundlage für alle Freiheit.<br />

Die Öffentlichkeit muss verstehen, was hier<br />

passiert, ansonsten werden Regierungen<br />

gewählt, die Freiheitsrechte mit Füßen treten.<br />

Und obwohl Richter ernannt und<br />

nicht gewählt werden, spielt auch hier die<br />

Politik eine große Rolle. Wenn Sie keinen<br />

Druck der Öffentlichkeit auf die Regierung,<br />

den Präsidenten und die Richter des<br />

Supreme Courts haben, Bürgerrechte zu<br />

achten, dann werden die es auch nicht<br />

tun. Das ist umso wahrer auf der lokalen<br />

Ebene. Wir können noch so viele Prozesse<br />

vor dem Supreme Court gewinnen, das<br />

heißt noch lange nicht, dass auch die örtliche<br />

Polizei oder der Lehrer an der High<br />

School die Grundrechte respektiert. Das<br />

sind doch die Punkte, wo die meisten<br />

Menschen mit ihrer Regierung in<br />

Berührung kommen.<br />

Die Menschen<br />

müssen<br />

wissen, welche<br />

ihre Rechte sind,<br />

um zu wissen,<br />

dass sie, wenn diese verletzt werden, sich<br />

auf Unterstützung berufen können und<br />

sich trauen, dagegen anzugehen.<br />

justament: Die Koalition, die die ACLU gegen<br />

die Anti-Terror-Maßnahmen gebildet hat,<br />

reichen von linken Bürgerrechtsgruppen bis<br />

hin zum rechten Spektrum, z.B. zu Gruppierungen,<br />

die sich hauptsächlich für „gun<br />

rights“, freie Waffen für alle, einsetzen. Die<br />

Fernziele der Gruppen in dieser Koalition<br />

sind zum Teil sehr unterschiedlich bis entgegengesetzt.<br />

Muss das nicht zu einer<br />

Schwächung Ihrer Bewegung führen?<br />

N. Strossen: Nein. Darin liegt genau der<br />

Schlüssel des Erfolges der ACLU. Wir versuchen<br />

immer, mit einer möglichst breiten<br />

Palette von Organisationen und Personen<br />

zusammen zu arbeiten. Es gibt nur eine<br />

einzige Bedingung: In der konkreten<br />

Sache, um die wir kämpfen, müssen wir<br />

uns einig sein. Darüber hinaus verlangen<br />

wir keine umfassende Übereinstimmung.<br />

Nadine Stossen<br />

Und manchmal können wir sogar unsere<br />

Partner dazu bringen, auch auf anderen<br />

Gebieten ihre Meinung zu ändern, weil sie<br />

in gemeinsamen Diskussionen mit uns erst<br />

die Verknüpfung bestimmter Sachverhalte<br />

feststellen. Lassen Sie mich ein Beispiel<br />

geben: Wir haben sehr stark für die studentische<br />

Meinungsfreiheit gekämpft und<br />

dabei mit einigen wichtigen sehr konservativen<br />

Republikanern zusammen gearbeitet,<br />

um ein Gesetz auf den Weg zu bringen,<br />

das auf allen Universitäten, auch privaten,<br />

die Meinungsfreiheit der Studenten sichern<br />

sollte. Die Konservativen wollten das<br />

natürlich aus einem völlig falschen Grund.<br />

Sie glaubten, dass ihre konservativen Ideale<br />

als nicht mehr „politisch korrekt“ in Gefahr<br />

waren. Nachdem wir sie aber einmal<br />

richtig für die Idee der Meinungsfreiheit<br />

begeistert hatten, war das nächste, was wir<br />

hörten, dass sie plötzlich ihre Unterstützung<br />

eines Gesetzes aufgegeben hatten,<br />

das das Verbrennen der amerikanischen<br />

Flagge unter Strafe stellen sollte. Sie hatten<br />

verstanden, wie wichtig es ist, dass<br />

auch eine wirklich unpopuläre Meinung<br />

vertreten werden kann. Wissen Sie, wenn<br />

sie bei Bündnissen immer dogmatisch auf<br />

einer kompletten Übereinstimmung in<br />

allen Punkten bestehen, schneiden Sie sich<br />

Ihren gesamten politischen Einfluss ab.<br />

Das Interview wurde geführt von:<br />

Jan Freigang und Jörn Reinhardt<br />

justament eins 2002<br />

21


Kanzleireport<br />

CMS – Full <strong>Service</strong><br />

statt nur Highend-Geschäft<br />

Im Gespräch mit Dr. Wolf-Georg Freiherr von Rechenberg<br />

Christoph Tismer<br />

Die Kanzlei CMS Hasche Sigle kann<br />

ihren Namen aufgrund der Entscheidung<br />

vom Bundesgerichtshof behalten.<br />

Die Anwaltskammer Hamburg sah in dem<br />

vermeintlichen Fantasienamen CMS Hasche<br />

Sigle einen Verstoß gegen die Berufsordnung<br />

für Rechtsanwälte. Diese Behauptung<br />

wurde darauf gestützt, dass hier<br />

eine nicht rechtmäßige Firmierung vorliege,<br />

begründet durch das Verwenden des<br />

Logos CMS bei der Namensbildung der Sozietät.<br />

Der BGH gab der Kanzlei CMS Hasche<br />

Sigle mit seiner Entscheidung (Az.:<br />

AnwZ [B] 12/01) Recht. Das Kürzel CMS<br />

Dr. Wolf-Georg Freiherr von Rechenberg<br />

stellt laut Bundesgerichtshof somit keine<br />

Fantasiebezeichnung dar, sondern ist vielmehr<br />

als Hinweis auf eine internationale<br />

Zusammenarbeit zu sehen.<br />

Die Anwaltskanzlei<br />

Die Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche<br />

Sigle ist das Resultat einer Fusion der beiden<br />

Vorgängerkanzleien SLS–Sigle Lose<br />

Stuttgart und Hasche Eschenlohr Peltzer<br />

Riesenkamp. Aufgrund der Synergien bei<br />

der Zusammenarbeit dieser Kanzleien lag<br />

ein Zusammenschluss nahe. Durch die derzeit<br />

vorhandenen Standorte ist der deutsche<br />

Markt nach eigenen Angaben abgedeckt.<br />

Die Kanzlei steht ihren Klienten mit<br />

2000 Anwälten in allen Bereichen des<br />

Wirtschaftsrechts zur Verfügung,. hierbei<br />

wird besonderer Wert auf die Einbeziehung<br />

des wirtschaftlichen Realität in die<br />

juristische Beratung gelegt. Zu den Mandanten<br />

zählen Firmen aus den Bereichen<br />

der Industrie, des Handels, des Dienstleistungssektors<br />

sowie öffentliche Institutionen.<br />

Das Thema Referendare<br />

Vor dem Hintergrund einer praxisorientierten<br />

Referendarausbildung findet in der<br />

Kanzlei am Gendarmenmarkt eine Anwalts-AG<br />

für Referendare statt (Wir berichteten<br />

darüber in justament 2/2000). Hier<br />

wird schwerpunktmäßig darauf wert gelegt,<br />

den Teilnehmern die Praxis des Kanzleibetriebs<br />

mit allen seinen Problemen<br />

näher zu bringen. Dabei führen die „Spezialisten“<br />

unter den Anwälten der Kanzlei<br />

die Referendare in ihr Gebiet ein und zwar<br />

praxisnah.<br />

Die Referendare bekommen so einen<br />

genauen Einblick, wann ein Anwalt in welchen<br />

Bereichen zum Einsatz kommt, in das<br />

dazugehörige Zusammenspiel, sowie den<br />

direkten praktischen Umgang mit bestimmten<br />

Themen (zum Beispiel fertige<br />

Unternehmenskaufverträge und den daraus<br />

resultierenden Verhandlungen zu bestimmten<br />

Klauseln des Vertrages). Hierbei<br />

werden mit den Kursteilnehmern Verhandlungssituationen<br />

simuliert oder der praktische<br />

Ablauf einer einstweiligen Verfügung<br />

aufgeführt. Ziel dieser Anwalts-AG ist es,<br />

den Referendaren ein Bild über die tägliche<br />

Arbeit der Kanzlei zu vermitteln.<br />

Neben diesen Arbeitsgruppen gibt es<br />

natürlich auch Referendare, die direkt in<br />

der Kanzlei tätig sind. Referendariate sind<br />

dabei für die Kanzlei sowohl in den verschiedenen<br />

Stationen als auch in Nebentätigkeit<br />

der beste Weg, den Anwaltsnachwuchs<br />

zu rekrutieren. Auf diese Weise<br />

kann sich die Kanzlei ein Bild von dem<br />

Kandidaten und seinen Fähigkeiten machen,<br />

das vom „richtigen Leben“ geprägt<br />

ist und muss sich nicht auf Zeugnisse und<br />

Referenzen verlassen.<br />

Die Kanzlei in Zeiten schwankender<br />

Konjunktur<br />

Einstellungen stagnieren in Zeiten einer<br />

sinkenden Konjunktur. Da die Kanzlei CMS<br />

Hasche Sigle ihren Arbeitsradius nicht nur<br />

auf das Highend-Geschäft fokussiert (wie<br />

zum Beispiel die Beetreuung von Finanztransaktionen),<br />

sondern dem Mandanten<br />

Full-<strong>Service</strong> bietet im Sinne einer umfassenden<br />

Rechtsberatung, wird die Konjunkturanfälligkeit<br />

eingegrenzt. Die Kanzlei<br />

widmet sich Bereichen wie dem Arbeitsrecht,<br />

dem gewerblichen Rechtsschutz,<br />

Steuerrecht, Kartellrecht, Vertragsänderungsrecht,<br />

Bau- und Immobilienrecht,<br />

Biotechnologie sowie der Insolvenzverwaltung.<br />

Auch „exotische“ Rechtsgebiete, wie<br />

zum Beispiel das Seerecht (vor allem am<br />

Standort Hamburg), werden abgedeckt.<br />

Junge Anwälte<br />

Neueinsteiger bei CMS Hasche Sigle befinden<br />

sich in ihrem ersten Jahr noch in der<br />

„Ausbildung“. Sie werden dazu einem<br />

Mentor zugewiesen, der zuständig ist für<br />

die fachliche Zusammenarbeit und Ausbildung.<br />

Vom ersten Tag an wird der neue<br />

Anwalt zusammen mit seinem Mentor<br />

nach außen hin tätig, dass heißt er ist bei<br />

allem dabei (Mandantenkontakt und –beratung<br />

etc.). Die Ausbildung erfolgt also<br />

nach dem Motto „Learning by doing“.<br />

Halbjährlich wird ein institutionalisiertes<br />

Mentorengespräch geführt. Dabei wird<br />

anhand eines vorgegebenen Fragebogens<br />

eruiert, welche Leistungen sowohl der<br />

Kandidat als auch die Kanzlei bisher erbracht<br />

haben und was sie in Zukunft von<br />

einander erwarten, auch in Hinblick auf<br />

eine eventuelle Partnerschaft bei CMS.<br />

Kontakt<br />

CMS Hasche Sigle<br />

Dr. Wolf-Georg Freiherr v. Rechenberg<br />

Markgrafenstrasse 36, 10117 Berlin<br />

Tel.: 030/2 03 60-29 0<br />

Wolf-Georg.vonRechenberg@cmslegal.de<br />

22<br />

justament eins 2002


und danach<br />

Gute Anwälte<br />

Gute Anwälte sind so unterschiedlich wie gute Gitarristen. Einer der berühmten Rock-Gitarristen<br />

hat den Beinamen „slowhand“; wer gut spielt, muß nicht schnell spielen. Es können<br />

also unterschiedliche, sogar konträre Eigenschaften sein, die ein guter Anwalt hat.<br />

Aber ein paar Konstanten gibt es.<br />

Michael Bartsch<br />

Ein guter Anwalt ist nicht käuflich, aber<br />

mietbar. Wer käuflich ist, stellt seine<br />

Person zur Disposition. Wer mietbar ist,<br />

stellt seine Dienste zur Verfügung. Mit der<br />

Kaufsache darf der Kunde nach Belieben<br />

verfahren. Die Mietsache muß er pfleglich<br />

behandeln; er hat nur eine temporäre Benutzungsmöglichkeit.<br />

Als ich Anwalt werden wollte, war Advokatur<br />

ziemlich gleichbedeutend mit<br />

Selbständigkeit und Unabhängigkeit.<br />

Rechtsanwalt wurde, wer keinen Chef<br />

haben wollte. Große Kanzleien sind so<br />

nicht zu organisieren; hier muß es Überund<br />

Unterordnungen geben. Das hat<br />

(auch) gute Gründe, aber (auch) negative<br />

Wirkungen. Jedenfalls prägt es die Personen<br />

deutlich. Ich halte dafür, daß der Anwalt,<br />

der als Mitglied des großen Büros für<br />

den Mandanten dieses Büros handelt, in<br />

anderer Verfassung handelt und also anders<br />

handelt als der selbständige Anwalt,<br />

der für den eigenen Mandanten arbeitet.<br />

Der Mandant hat die Wahl.<br />

Anwälte und Richter<br />

Die Berufsfrage an den Richter ist: Wie ist<br />

die Rechtslage? Die Berufsfrage an den<br />

Anwalt ist: Was machen wir jetzt? Das verführt<br />

manchen Richter zur Auffassung, der<br />

Fall bestehe nur aus juristischer Subsumption,<br />

und manchen Anwalt zur Auffassung,<br />

so viel Recht müsse man nicht unbedingt<br />

wissen. Das sind komplementäre<br />

Fehler.<br />

Der Aspekt, den der Richter zu beurteilen<br />

hat, liegt typischerweise in der Vergangenheit:<br />

Welches sind die Tatsachen, und<br />

wie sind sie rechtlich einzuordnen? Der<br />

Aspekt des Anwalts liegt in der Zukunft:<br />

Werde ich die Behauptung beweisen können?<br />

Wieviel muß ich bieten, damit der<br />

Gegner auf meinen Vergleichsvorschlag<br />

eingeht? Ist die Berufung chancenreich?<br />

Prophet haben wir alle nicht gelernt. Aber<br />

die Prognosefähigkeit der Anwälte ist sehr<br />

unterschiedlich.<br />

Hinzu kommt etwas Vertracktes, nämlich<br />

die drei Stufen der Wahrheit: die<br />

Wahrheit, die reine Wahrheit, und wie es<br />

wirklich gewesen ist. Das Gericht kommt<br />

selten über die zweite Stufe hinaus und<br />

begnügt sich auch gerne damit. Auch Anwälte<br />

müssen sich gelegentlich vor der<br />

dritten Stufe hüten; nach der alten Devise:<br />

„Machen Sie mich bitte nicht bösgläubig“.<br />

Pauschal gesprochen sind die Richter also<br />

die erkennenden Juristen und die Anwälte<br />

die gestaltenden Juristen. Wer gestalten<br />

will, braucht Ziele, Phantasie und Energie.<br />

Kreativität<br />

Eine Anekdote: Ich besuche Geoffrey,<br />

Rechtsanwalt in Cambridge. Wir gehen<br />

essen. Beim Betreten des Lokals bleibt<br />

Geoffrey etwas zurück, ich bin schon beim<br />

Tisch. Es fährt, geschoben von seiner Frau,<br />

Stephen Hawking vorbei; man erkennt ihn<br />

ja gleich. Geoffrey spricht ihn an und<br />

macht sich bekannt. Nun beginnt die<br />

Peinlichkeit, daß er mich herbeiruft; der<br />

Mann im Rollstuhl muß sich wie vorgeführt<br />

vorkommen: „Sieh mal, Michael, das<br />

ist der berühmte Stephen Hawking“. Ganz<br />

falsch.<br />

Umgekehrt wäre es richtig. Aber wie<br />

könnte Stephen Hawking Interesse an diesem<br />

deutschen Juristen haben? Geoffrey<br />

sagt zu ihm: „May I introduce to you<br />

Michael Bartsch, Michael is a law professor<br />

at the same University of Karlsruhe, where<br />

Heinrich Hertz verified by experiments<br />

Maxwell’s theories about electromagnetic<br />

waves“. Er spielt auf diesen großen deutschen<br />

Physiker an, um dem vor ihm sitzenden<br />

Physiker eine Kontaktmöglichkeit zu<br />

mir zu bauen. Das muß einem einfallen.<br />

Kreativität kann man üben.<br />

Erfassen der Situation<br />

Noch eine Anekdote: Der junge Anwalt ist<br />

noch nicht beim Oberlandesgericht zugelassen,<br />

führt aber dort einen erbitterten<br />

Prozeß und braucht den alten Anwalt für<br />

die Unterschriften und die Termine. In der<br />

entscheidenden Senatssitzung ist klar, daß<br />

die Sache verglichen werden muß. Der<br />

junge Anwalt und sein Kontrahent argumentieren<br />

heftig aufeinander ein, die Parteien<br />

bauschen sich auf, der Senatsvorsitzende<br />

traut sich nicht recht, einen Vorschlag<br />

zu machen.<br />

Der alte Anwalt, ohnehin nicht Sachbearbeiter,<br />

hört nur zu; bis er dann aufsteht,<br />

dem Senat mitteilt, es gebe ja ohnehin keinen<br />

Vergleich, die Anträge seien gestellt,<br />

seine Anwesenheit nicht mehr erforderlich,<br />

er gehe in die Bibliothek; verläßt zur Verblüffung<br />

aller den Raum und schließt<br />

ruhig die Türe; öffnet sie nach zwei Sekunden<br />

wieder, streckt den Kopf herein<br />

und fragt: „Oder wollen wir uns doch vergleichen?“,<br />

und jetzt kam es ganz einfach<br />

zur Einigung.<br />

Was war der Punkt? Offenbar fehlte ein<br />

klimatischer Ruck, um Einigungsbereitschaft<br />

zu bewirken.<br />

Schnittstellenkompetenz<br />

Es gibt selten Fälle, die nur aus Jura<br />

bestehen; Probleme mit relativen Rangverhältnissen<br />

im Grundbuch und ähnliche Eskapaden<br />

des Rechts sind rar; die meisten<br />

Fälle bestehen auch aus Leben.<br />

Das kann trivial und unaufklärbar sein<br />

wie die Streitigkeiten nach durchschnittlich<br />

unglücklicher Ehe. Es kann aber auch<br />

um Lebens- und Fachwelten gehen, die<br />

uns Juristen sehr fremd sind. Wenn ich berichte,<br />

daß ich im Computerrecht arbeite,<br />

werde ich gelegentlich gefragt, ob ich programmieren<br />

könne. Nein, das ist auch<br />

nicht notwendig, vielleicht nicht einmal<br />

nützlich. Aber ich muß für die Vorgänge,<br />

um die es geht, entlang der schönen Juristenformulierung,<br />

„ein Parallelverständnis<br />

in der Laiensphäre“ haben.<br />

Andernfalls ist die Sache nur ein<br />

Rechtsfall, das Leben bleibt ausgesperrt.<br />

Ich muß aber versuchen, dem Richter beizubringen,<br />

worum es wirklich geht, und<br />

dazu muß ich es selbst verstehen. In manchen<br />

Bauprozessen hat der Anwalt die<br />

Nase vorn, der dem Gericht sagen kann,<br />

daß er das Haus gesehen hat.<br />

Das ist die inhaltliche Seite. Hinzu<br />

kommt die funktionale Seite. Der Anwalt<br />

hat in wohlverstandenem Sinn eine Dolmetscheraufgabe<br />

vom Mandanten zum<br />

Gericht und vom Gericht zum Mandanten,<br />

auch vom Gegenanwalt zum Mandanten.<br />

Jede Übersetzung ist ein bißchen „Stille<br />

Post“: Einiges geht verloren, anderes<br />

24<br />

justament eins 2002


und danach<br />

kommt hinzu. Das scheint zwingend ein<br />

Nachteil zu sein, bietet aber auch seriös<br />

wahrnehmbare Chancen und gehört zum<br />

Beruf. Hier wird nur kompetent sein, wer<br />

sich der Konstellation und des Vorgangs<br />

bewußt ist.<br />

Problemlösungskompetenz<br />

Wir Juristen bilden uns zuviel ein, wenn<br />

wir denken, dass wir Probleme lösen. Wir<br />

lösen sie nicht, sondern wir beenden sie<br />

durch Entscheidung. Die beteiligten Menschen<br />

fühlen sich oft wie Teile des Spiels,<br />

wie Halmakegel. Die eigentlichen Probleme<br />

bleiben für sie oft ungelöst; man muss<br />

sich dreinschicken, denn die Sache ist nun<br />

einmal entschieden. Niklas Luhmann hat<br />

den Vorgang des Rechtsstreites sehr plastisch<br />

als trichterförmig beschrieben:<br />

Spielfeld und Aktionsmöglichkeiten werden<br />

immer kleiner, und irgendwann ist der<br />

unterste Punkt im Trichter erreicht. Für<br />

den Juristen ist die Sache damit auf den<br />

Punkt gebracht, entschieden und außer<br />

Sicht. Für die Beteiligten, die verloren<br />

haben, geht es jetzt abwärts.<br />

Wer ein Problem lösen will, muß es zuerst<br />

erkennen. Die juristische Ausbildung<br />

verbildet uns zu der Meinung, die an uns<br />

herangetragenen Probleme seien Rechtsprobleme;<br />

der bis in die Formulare der Referendarzeugnisse<br />

abgestiegene Appell an<br />

die Juristen, wirtschaftliche Lösungen zu<br />

suchen, ist nur ein Feigenblatt. So verkürzen<br />

wir die Problemlage auf eine einzige<br />

Dimension, nämlich die, in der wir uns einigermaßen<br />

auskennen. Und dann behaupten<br />

wir, dass das die maßgebliche Dimension<br />

sei. Der gute Anwalt erfasst auch<br />

die anderen Dimensionen, kann so das<br />

Problem tiefer analysieren und neue Lösungs-<br />

oder Erfolgsmöglichkeiten finden.<br />

Die Kuchenvergrößerung, über die man in<br />

der Verhandlungsstrategie spricht, kann<br />

nicht nur durch Vergrößerung der Themen<br />

geschehen, sondern auch durch Vermehrung<br />

der Aspekte.<br />

Wer schnell spielt, muss nicht gut spielen.<br />

Menschenkenntnis<br />

Menschenkenntnis bedeutet auch, die<br />

Ziele des Mandanten von seinen eigentlichen<br />

Beweggründen zu unterscheiden und<br />

dies auch bei den Mitspielern auf der Gegenseite<br />

zu tun. Geht es den Leuten wirklich<br />

ums Geld? Oder nicht eher darum, sich<br />

zu behaupten, nicht nachzugeben, dem<br />

anderen nichts zu gönnen, vor der eigenen<br />

Gruppe gut da zu stehen? Geht es um<br />

Schmerzensgeld für fehlinvestiertes Vertrauen?<br />

Um Not geht es selten; arme Leute<br />

sind großzügiger als reiche Leute.<br />

Man glaubt übrigens nach Jahren der<br />

Advokatur, man könne die anständigen<br />

Leute von den anderen unterscheiden oder<br />

jedenfalls die Schurken aussortieren. Ich<br />

glaube sogar, dass das stimmt. Die Fähigkeit,<br />

nach der Erkenntnis zu handeln,<br />

kennzeichnet den guten Anwalt; das<br />

gehört zum Kapitel „Anstand“.<br />

Anstand<br />

Ich wähle dieses altmodische Wort mit Bedacht.<br />

Der Anwalt bekommt Honorar, Ehrensold.<br />

Er muss sich nicht als Zuflucht der<br />

Entrechteten empfinden. Aber die Freiheit<br />

des Berufes, die Stellung als Organ der<br />

Rechtspflege und die für gute Anwälte bislang<br />

immer guten Verdienstmöglichkeiten<br />

führen dazu, dass man sich Anstand leisten<br />

soll und kann. Die Frage, wie der anständige<br />

Anwalt den unanständigen behandelt,<br />

ist einfach zu beantworten: durch<br />

Distanz, und wo die Distanz nicht groß<br />

genug ist mit nichts als Korrektheit.<br />

Summe<br />

Die Anwaltsfähigkeit sollte die sein: einen<br />

komplexen Sachverhalt, zu dem auch die<br />

beteiligten Menschen und ihre Ziele<br />

gehören, erfassen, systematisieren, darstellen<br />

und bewerten und hieraus einen Handlungsvorschlag<br />

ableiten. Das ist ein anspruchsvolles<br />

Programm, in dem Rechtsfragen<br />

nicht vorkommen müssen. Die<br />

spezifische juristische Qualifikation ist<br />

nicht die Kunst, Gesetzesbücher zu verstehen,<br />

auch wenn unsere Systematisierungsund<br />

Bewertungsfähigkeit am Recht geschult<br />

ist. Sie muß aber sachverhaltsbezogen<br />

sein, also auf das Leben orientiert,<br />

oder sie wird schlecht, unnütz oder<br />

störend sein.<br />

Dieses Arbeitsprogramm steht in keinem<br />

Lehrbuch. Und das macht, richtig gehandhabt,<br />

das Spiel ein ganzes Berufsleben<br />

lang interessant.<br />

Grafik: David Fuchs<br />

justament eins 2002<br />

25


Ausbildung<br />

Neue Serie:<br />

Die schönsten<br />

Wahlstationen der Welt<br />

Vamos a la playa<br />

Christian Gerboth<br />

Die Kollegen der Kanzlei im sonnigen Palma<br />

Die Mandanten eines deutschen Rechtsanwalts<br />

in Spanien sind hauptsächlich<br />

Deutsche, die das ganze Jahr über in Spanien<br />

leben und auch geschäftlich tätig<br />

sind. Sie benötigen unsere Unterstützung<br />

bei der Gründung und Verwaltung von<br />

Gesellschaften, beim Bau oder Kauf von<br />

Immobilien, sowie bei allen behördlichen<br />

und steuerlichen Problemen. Das Spektrum<br />

eines Anwalts in Spanien reicht daher<br />

vom Handels- und Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht,<br />

über das Erbrecht bis zum<br />

internationalen Steuerrecht und dessen<br />

Feinheiten in Spanien und Deutschland.<br />

Für einen deutschen Anwalt ist es verständlicherweise<br />

schwieriger, vor einem<br />

spanischen Gericht aufzutreten, weshalb<br />

dies anfangs besser dem spanischen Partner<br />

in der Kanzlei überlassen werden sollte.<br />

Der Rechtsanwalt in Spanien ist daher<br />

weniger ein Prozessanwalt, als ein auf die<br />

deutschen Mandanten spezialisierter Berater<br />

für spanisches und deutsches Recht.<br />

Ein grosser Teil der Arbeit besteht in der<br />

Vermittlungstätigkeit zwischen dem Mandanten<br />

und der spanischen, oft auch deutschen<br />

Gegenpartei. Er muss seine Mandantschaft<br />

auf die Unterschiede zwischen<br />

deutschem und spanischem Recht hinweisen.<br />

Von sehr grosser Bedeutung ist auch<br />

die steuerliche Beratung, da jeder Ausländer,<br />

der in Spanien eine Immobilie besitzt<br />

oder geschäftlich tätig wird, unbedingt<br />

steuerrechtlich beraten werden sollte.<br />

Voraussetzungen<br />

für diese Tätigkeit<br />

Um als deutscher Jurist in Spanien tätig zu<br />

werden, sollte man dies schon während<br />

des Studiums vorbereiten. Wichtig ist<br />

zunächst die sehr gute Beherrschung der<br />

spanischen Sprache und der Rechtsterminologie.<br />

Es sollte daher im Studium ein<br />

ERASMUS-Jahr in Spanien absolviert werden.<br />

Während des Referendariats ist es ratsam,<br />

die Wahlstation in einer Kanzlei mit<br />

deutschen Mandanten in Spanien abzuleisten.<br />

Als Ort der Stage ist die Rechtsanwaltskanzlei<br />

einer Firma vorzuziehen, da<br />

hier ein größerer Überblick über das Arbeitsspektrums<br />

eines Anwalts in Spanien<br />

erzielt werden kann. Vor allem sieht der<br />

Referendar, ob für ihn diese Tätigkeit<br />

überhaupt in Frage kommt, denn die Arbeit<br />

als deutscher Anwalt in Spanien hat<br />

auch einige negative Seiten.<br />

Oft ist man als Übersetzer für den<br />

Mandanten tätig und die Schriftsätze erfordern<br />

die doppelte Arbeit, da diese meistens<br />

in beiden Sprachen getätigt werden<br />

müssen. Auch müssen viele administrative<br />

und nicht-juristische Aufgaben übernommen<br />

werden, da die Mandanten des Spanischen<br />

nicht mächtig sind.<br />

Eigener Werdegang:<br />

Ich selbst habe nach dem 1. Staatsexamen<br />

ein Master of European Law am Europainstitut<br />

der Universidad Autonoma de Barcelona<br />

absolviert. An diesem Master nahmen<br />

hauptsächlich spanische Juristen teil und<br />

die Vorlesungen wurden meist in Castellano<br />

abgehalten. Durch das Master war ich<br />

gezwungen, eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen<br />

in Spanisch zu lesen, da die<br />

Prüfungen ebenfalls in Castellano abgehalten<br />

wurden. Im Referendariat arbeitete<br />

ich teilweise am Lehrstuhl an spanischen<br />

Rechtsgebieten und meine Wahlstation<br />

absolvierte ich in der Wirtschaftsrechtskanzlei<br />

Globus Ius in Barcelona. Danach<br />

arbeitete ich als angestellter Anwalt in<br />

einer Kanzlei auf Mallorca, bis ich schliesslich<br />

zusammen mit drei spanischen Anwälten<br />

und der European Tax & Law Gruppe<br />

eine eigene Kanzlei in Palma de Mallorca<br />

gründete.<br />

Anwaltliche Zulassung<br />

Nach der Richtlinie 98/5/EU (vom 16.Februar<br />

1998) darf man in einem anderen<br />

Mitgliedstaat der Europäischen Union als<br />

Rechtsanwalt dauerhaft tätig werden. Im<br />

März 2000 lief die Umsetzungsfrist für<br />

diese Richtlinie ab, sie wurde in Spanien<br />

26<br />

justament eins 2002


jedoch erst durch das Real Decreto<br />

936/2001 zum 3.August 2001 umgesetzt.<br />

Danach kann man nun als deutscher<br />

Rechtsanwalt bei der spanischen Anwaltskammer<br />

zugelassen werden und erhält die<br />

gleichen Rechte und Pflichten wie die spanischen<br />

Anwälte, wobei die Bezeichnung<br />

„Abogado“ erst nach drei Jahren praktischer<br />

Tätigkeit ab der Zulassung geführt<br />

werden darf. Es gibt natürlich auch die<br />

Möglichkeit, den Titel früher zu erhalten,<br />

indem eine Anerkenntnisprüfung in Madrid<br />

ablegt wird.<br />

Als angestellter Anwalt in Spanien zu<br />

arbeiten ist leider mit schlechten Gehaltsaussichten<br />

verbunden. Das Gehaltsniveau<br />

der spanischen Anwälte ist sehr niedrig<br />

und bei den ausländischen Anwälten wird<br />

meist kein wesentlicher Unterschied gemacht.<br />

Eine Selbständigkeit ist daher langfristig<br />

vorzuziehen, wobei diese allerdings<br />

auch größere Hürden mit sich bringt. Wie<br />

in Deutschland sind ein gutes Marketing<br />

und reichliche Kontakte unbedingt notwendig.<br />

Wichtig sind dabei gute Verbindungen<br />

zu deutschen Rechts- und Steuerberatungskanzleien,<br />

mit denen man kooperieren<br />

kann. Man sollte jedoch auch die<br />

notwendigen Kontakte zu den spanischen<br />

Partnern haben. Allein deshalb und aufgrund<br />

der prozessualen Tätigkeiten ist es<br />

notwendig, die Kanzlei zusammen mit<br />

spanischen Anwälten zu gründen. Des<br />

Weiteren sollte in der Kanzlei auch ein Anwalt<br />

tätig sein, der sich auf spanisches<br />

Steuerrecht spezialisiert hat. Einen Steuerberater,<br />

wie wir ihn von Deutschland kennen,<br />

gibt es in Spanien nicht, denn dessen<br />

Aufgaben erfüllen Abogados oder Wirtschaftswissenschaftler,<br />

die sich mittels<br />

eines Masters im Steuerrecht spezialisiert<br />

haben.<br />

Fazit<br />

Die Lebensqualität ist höher, jedoch ist<br />

trotz aller sonnigen Vorteile die Pionierzeit<br />

für deutsche Anwälte in Spanien vorbei,<br />

denn die Konkurrenz unter den Anwälten,<br />

die auf deutsche Mandanten spezialisiert<br />

sind, ist inzwischen sehr gross. Es ist daher<br />

nur zu empfehlen, diesen Schritt in die<br />

Selbständigkeit zu wagen, wenn man die<br />

notwendigen Kontakte und das Kapital<br />

mitbringt, um die Finanzierung der Kanzlei<br />

über mindestens zwei Jahre hinaus sicherzustellen<br />

oder aber die Möglichkeit<br />

besteht, als Partner in eine schon funktionierende<br />

Kanzlei einzusteigen.<br />

Rechtsanwalt Christian Gerboth<br />

zugelassen in Spanien und Deutschland<br />

Ausbildung<br />

ETL-Mallorca:<br />

Wir haben uns der European Tax & Law<br />

Gruppe angeschlossen, die in Europa<br />

550 Partnerkanzleien hat. Unsere Kanzlei<br />

liegt im Zentrum Palmas und unsere<br />

Spezialgebiete sind Gesellschafts- Immobilien<br />

und Erbrecht. Mehr von uns<br />

erfahren Sie unter:<br />

www.ETL-Mallorca.com<br />

Wahlstation bei ETL-Mallorca:<br />

Wir bieten ganzjährig Referendaren die<br />

Möglichkeit ihre Wahlstation bei uns abzuleisten.<br />

Eine Wohnung können wir<br />

vermitteln. Voraussetzung sind sehr gute<br />

Spanischkenntnisse. Ihre schriftliche Bewerbung<br />

bitte mit Foto an:<br />

ETL-Mallorca<br />

European Tax & Law Gruppe<br />

Paseo de Mallorca 18<br />

07012 Palma de Mallorca<br />

Tel.: 0034/97 12 14 70<br />

Fax.: 0034/9 71 21 30 28<br />

Palma@ETL-Mallorca.com<br />

www.ETL-Mallorca.com<br />

Adressen<br />

Willkie Farr & Gallagher ist eine internationale Sozietät mit über<br />

500 Anwälten und Niederlassungen in New York, Washington<br />

D.C., London, Paris, Frankfurt, Mailand und Rom. Unser Büro in<br />

Frankfurt wurde im Oktober 2000 eröffnet, inzwischen sind wir<br />

dort 24 Anwälte.<br />

Wir sind auf anspruchsvolle Private Equity Transaktionen und<br />

Restrukturierungen sowie alle Rechtsfragen im Bereich IT,<br />

Telekommunikation und Medien spezialisiert.<br />

Für unser Private Equity Team suchen wir junge Juristen mit<br />

starkem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht. Lernen Sie uns und<br />

unser junges Team näher kennen.<br />

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!<br />

M&A, Corporate Finance:<br />

theymann@willkie.com<br />

Telekommunikation und Medien:<br />

sheun@willkie.com<br />

IT, Gewerblicher Rechtsschutz:<br />

kscheja@willkie.com<br />

start@willkie.com<br />

Senckenberganlage 16<br />

60325 Frankfurt am Main<br />

Tel. (069) 79302-0


Ausbildung<br />

Eine „wüste“ Angelegenheit<br />

Juristisches Praktikum in Namibia, Windhuk –<br />

Nur für Naturfreaks<br />

Anton Baumann<br />

Die wohl älteste und trockenste Wüste<br />

der Welt: die Namib. Der rote Sand, die<br />

zerklüfteten Schluchten, die ausgetrockneten<br />

Flüsse, die von Sonne und Wind gezeichneten<br />

Berge und die goldgelben<br />

Steppen liegen nun leider schon seit einigen<br />

Wochen hinter mir. Mittlerweile ist es<br />

Freitag morgen, 7.30 Uhr und ich sitze im<br />

13ten Stockwerk des „Frans Indongo Gardens”<br />

Gebäudes, Independence Avenue,<br />

Ecke Bülow St. in der Bibliothek der Anwaltskanzlei<br />

Lorentz & Bone (L&B) in<br />

Windhoek, wo ich seit 3 Wochen als Praktikant<br />

tätig bin. Die Sonne ist vor etwa<br />

einer Stunde aufgegangen und noch ist es<br />

mit 26 Grad Celsius angenehm kühl. Für<br />

einen deutschen Juristen mit erstem<br />

Staatsexamen ist es natürlich interessant<br />

ein anderes Rechtssystem kennen zu lernen.<br />

Doch muss man berechtigter Weise<br />

fragen, wie man sich denn überhaupt in<br />

einem derartig fremden Rechtssystem wie<br />

dem Namibianischen als deutscher Jurist,<br />

der an kodifizierte Gesetzte und eine strikte<br />

Normenhierarchie gewöhnt ist, betätigen<br />

kann. Das Rechtssystem hier stellt sich<br />

Lorentz & Bone<br />

Legal Practitioners for Applicants<br />

12th-15th Floor Frans Indongo Gardens<br />

Buelow Street, Windhoek, P-Box: 85<br />

Tel: 061/27 36 00<br />

Mail.in@lorentz.com.na<br />

The Law Society of Namibia<br />

Namlex Chambers 1st Floor<br />

333 Independence Avenue<br />

Windhoek, P-Box: 714<br />

Tel: 061/23 02 63<br />

Chris Brandt Attorneys<br />

Legal Praktitioners for Respondents<br />

29 Heinitzburg Street,Ludwigsdorf<br />

Windhoek<br />

Basil Bloch Attorneys<br />

Hindas Centre 14, 1st Floor<br />

Windhoek, P-Box 123<br />

Tel: 061/24 8100<br />

Attorney@law.com.na<br />

Adressen<br />

mir noch etwas konfus dar. Eine Unmenge<br />

an Normen aus alten Kolonialzeiten haben<br />

noch immer Geltung, genauso wie die<br />

Fülle an Gesetzen, die zur Zeit der südafrikanischen<br />

Verwaltung erlassen wurden<br />

und teilweise nur in Südafrika bekannt gemacht<br />

wurden. Dennoch kann man sich als<br />

deutscher Jurist hierzulande sehr gut bei<br />

der Lösung juristischer Probleme einbringen.<br />

Erforderlich ist lediglich ein gutes<br />

Rechtsverständnis und juristisches Denkvermögen,<br />

zumal die Quellen des Rechts<br />

oft dieselben sind. Besonders für Freunde<br />

des römischen Rechts bietet Namibia äusserst<br />

interessante Möglichkeiten, da es<br />

mitunter Gang und Gäbe ist, die Digesten<br />

und andere römische Rechtsquellen vor<br />

Gericht direkt zu zitieren.<br />

Meine Aufgaben bei L&B waren bisher<br />

sehr unterschiedlicher Natur. Mal galt es<br />

einen deutschen Vertag ins Englische zu<br />

übersetzen, mal Gesetze und entscheidungsrelevante<br />

Präzedenzfälle ausfindig<br />

zu machen.<br />

Oft bot sich mir die Gelegenheit, Anwälte<br />

von L&B zu Verhandlungen zu begleiten.<br />

Dabei galt es vorher die Akten<br />

durchzuarbeiten und in Zusammenarbeit<br />

mit einem Anwalt die Zeugen in Gesprächen<br />

auf den Zeugenstand vorzubereiten<br />

Am interessantesten war für mich eine Tagung<br />

von mehreren Nichtregierungsorganisationen<br />

(NGOs) und 2 Anwälten von<br />

L&B. Thema war der neue „Anti – Corruption<br />

Act”, der demnächst erlassen werden<br />

wird. Dabei ging es hauptsächlich darum,<br />

Schwachstellen des Gesetzes aufzudecken<br />

und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten,<br />

um diese dem Parlament vorzulegen.<br />

Auch bereitete ich einen Fall vor, bei dem<br />

ein Manager der Namibian Broadcasting<br />

Corporation (NBC) entlassen wurde. Letzte<br />

Woche fand diesbezüglich eine Anhörung<br />

vor einer „Disciplinary Comission” statt,<br />

bei der eine Anwältin und ich den Manager<br />

vertreten haben. Da es sich hierbei<br />

nicht um ein formelles Gericht handelte,<br />

kam auch mir als „noch-nicht-Volljuristen”<br />

dabei eine wichtige Rolle zu, zumal<br />

ich bei der Vorbereitung des Falles beteiligt<br />

war. Die meisten der 12 Anwälte sind<br />

sehr jung und entsprechend ist das Arbeitsklima.<br />

Immer dynamisch, immer viel<br />

Arbeit, manchmal etwas chaotisch, aber<br />

immer äußerst kompetent. Nicht umsonst<br />

kann die Anwaltskanzlei mittlerweile auf<br />

eine 82-jährige erfolgreiche Geschichte<br />

zurückblicken. Warum ist dieses Praktikum<br />

nur für Naturfreaks geeignet? In meinen<br />

Augen sollte man von dem Plan, sich vier<br />

Wochen in eine namibisch Anwaltskanzlei<br />

zu setzen um danach gleich wieder nach<br />

hause zu fliegen, Abstand nehmen. Die<br />

hiesige Natur ist umwerfend, sie bietet<br />

eine Farben- und Formenpracht ganz eigener<br />

Art, die man auf keinen Fall verpassen<br />

sollte. Und wann bietet sich einem<br />

Mitteleuropäer schon einmal wieder die<br />

Gelegenheit, auf einem Spaziergang zwei<br />

28<br />

justament eins 2002


Ausbildung<br />

IT-Recht unter Palmen<br />

Ohne Zweifel handelt es sich um eine Wahlstation für Exoten. Die führende staatliche<br />

Universität Costa Ricas, die Universidad de Costa Rica in San José, betreibt ein juristisches<br />

Forschungsinstitut, an dem deutsche Referendare arbeiten können.<br />

Ingo Werner<br />

Man sollte sich vom Begriff „Forschungsinstitut“<br />

(instituto de investigaciones<br />

jurídicas) nicht in die Irre führen<br />

lassen. Die Universität koordiniert lediglich<br />

die Tätigkeit einzelner Forscher und stellt<br />

für deutsche Referendare einen Computerarbeitsplatz<br />

zur Verfügung. Die eigentliche<br />

Betreuung der Arbeit erfolgt durch Professor,<br />

Rechtsanwalt und Notar Guillermo<br />

Pérez Merayo, einen glühenden Anhänger<br />

der durch das Internet bewirkten elektronischen<br />

Revolution. Rechtsanwalt Pérez<br />

forscht in nahezu allen Bereichen des IT-<br />

Rechts, von staatsrechtlich orientierten<br />

Fragestellungen wie elektronischer Demokratie<br />

bis zum wirtschaftsrechtlich ausgerichteten<br />

„e-commerce“. Der Referendar<br />

kann nach seiner Wahl auf Englisch oder<br />

Spanisch in einem von ihm selbst mitbestimmten<br />

Schwerpunkt auf dem Gebiet<br />

der juristischen Aspekte des Internet arbeiten.<br />

Lic. Pérez ist auch sehr an Rechtslösungen<br />

durch die EU interessiert. Daher<br />

bietet sich die Station auch für Referendare<br />

mit dem Schwerpunkt Europarecht an.<br />

Erfahrungen<br />

Bisher haben zwei Referendare aus Berlin<br />

bei Rechtsanwalt Pérez gearbeitet. Unsere<br />

Erfahrungen waren durchwegs gut. Wir<br />

haben ein Dokument zu „e-government in<br />

Europe“ in englischer Sprache erarbeitet,<br />

welches demnächst zur Veröffentlichung<br />

ansteht. Dabei war es kein Hindernis, dass<br />

wir beide vor Beginn der Tätigkeit keine<br />

Vorkenntnisse auf dem Gebiet „e-government“<br />

vorzuweisen hatten. Das nötige<br />

(Hintergrund-) Wissen kann man sich<br />

während der Station aneignen. Da Arbeitsinhalte,<br />

Arbeitszeiteinteilung und Arbeitsweise<br />

vom Referendar entscheidend<br />

mitgestaltet werden können und Rechtsanwalt<br />

Pérez sich zumeist auf fachlich<br />

(ausgezeichnete) Aufsicht und inhaltliche<br />

Ermunterung beschränkt, hängt der Erfolg<br />

der Station zu einem großen Teil auch von<br />

Initiative und Gestaltungskraft des jeweiligen<br />

Referendars ab. Möglichkeiten gibt es<br />

jedenfalls genug, da der fachlich beschlagene<br />

und national angesehene Visionär<br />

Pérez den nötigen Freiraum, aber auch<br />

eine Reihe von Anregungen gibt. Neben<br />

der eigentlichen Forschungstätigkeit bietet<br />

Rechtsanwalt Pérez Referendaren die<br />

Möglichkeit, an Vorträgen, Schulungen<br />

und Forschungskolloquien teilzunehmen.<br />

Er ist sehr daran interessiert, die Zusammenarbeit<br />

mit deutschen Referendaren<br />

fortzusetzen.<br />

Schwerpunkte der Ausbildung<br />

Warum aber für eine Forschung über Internetfragestellungen<br />

nach Costa Rica reisen?<br />

Costa Rica versucht den Anschluss an<br />

die sog. 1. Welt zu halten und setzt hierbei<br />

– im Unterschied zu anderen Mittel- und<br />

Südamerikanischen Ländern – auf die<br />

„Neuen Technologien“. Dadurch kann man<br />

bei dem Praktikum visionären Pioniergeist<br />

mit (hoffentlich) kritisch reflektierter Erfahrung<br />

verbinden und so in der Auslandswahlstation<br />

tatsächlich etwas bewirken,<br />

statt nur in einem fremden Rechtssystem<br />

einem Rechtsanwalt hinterher zu laufen.<br />

Dafür spricht auch, dass Costa Rica ein<br />

wunderschönes und sympathisches Land<br />

ist. Die „Schweiz Zentralamerikas“ vereinigt<br />

die Vorzüge der mittelamerikanischen<br />

Natur und Lebensweise mit einem relativ<br />

großen Maß an westeuropäischem Lebensstandard,<br />

Verlässlichkeit und Sicherheit.<br />

Aus diesem Grund eignet sich die Wahlstation<br />

auch für solche ReferendarInnen, die<br />

die ausgetretenen Pfade in den USA und<br />

Westeuropa verlassen wollen, denen dafür<br />

aber bisher immer der Mut gefehlt hat.<br />

Costa Ricas Landschaft ist einzigartig: von<br />

– teilweise noch aktiven – Vulkanen im<br />

Zentraltal bis zu wunderschönen Sandstränden<br />

an Pazifik und Karibik bietet sich<br />

dem Besucher eine Fülle von Möglichkeiten.<br />

Einsamer Regenwalt mit üppiger tropischer<br />

Pflanzen- und Tierwelt ist ebenso<br />

vorhanden wie Strände, an denen Riesenschildkröten<br />

nachts ihre Eier legen. Für<br />

Wanderer gibt es eine Reihe von Bergen<br />

über 3.500 Metern, für Wassersportler und<br />

Taucher Wellen und Korallenriffe, für Tierund<br />

Pflanzenliebhaber eine Reihe von Nationalparks.<br />

Daneben gibt es auch Juristisches<br />

zu entdecken, wie etwa das Kriminalmuseum<br />

in der Hauptstadt San José<br />

und den Corte Supremo (Höchstes Gericht)<br />

und die Asamblea Legislativa (Gesetzgebende<br />

Versammlung), durch die Herr Lic.<br />

Perez gerne eine Führung organisiert.<br />

Einzige „Nachteile“ sind, dass die Zeit<br />

kaum ausreicht, um dieses wunderschöne<br />

Land kennenzulernen und dass die Preise<br />

mitteleuropäischem Standard entsprechen,<br />

so dass kein extrem billiger Aufenthalt auf<br />

den Referendar wartet. Aber auch diese<br />

Nachteile werden von der Freundlichkeit<br />

und Offenheit der Costa Ricaner (Ticos)<br />

wieder aufgewogen. Eine angenehmere<br />

Art, sein Spanisch zu verbessern, lässt sich<br />

kaum vorstellen.<br />

Fazit<br />

Wer Spanisch lernen, oder verbessern<br />

möchte, an der Thematik „e-government“<br />

zumindest Interesse hat und ein sympathisches<br />

mittelamerikanisches Land kennenlernen<br />

möchte, ist mit dieser Station sehr<br />

gut beraten.<br />

Kontakt<br />

Informationen im Internet:<br />

www.centrodeconocimiento.com<br />

Wir stehen euch gerne für die eine oder<br />

andere Frage zur Verfügung:<br />

ingowerner@web.de,<br />

stefansenkel@web.de,<br />

gapmerayo@centrodeconocimiento.com<br />

(englisch / spanisch)<br />

justament eins 2002<br />

29


Literatur<br />

Menschenwürde und Biotechnik<br />

Von der Stammzellenforschung zum Posthumanismus<br />

Jörn Reinhardt<br />

Es gibt Fragen, auf die findet sich irgendwie<br />

keine richtige Antwort. Die<br />

Bioethik-Debatte bietet dafür so ihre Beispiele.<br />

Welcher Umgang mit menschlichen<br />

Embryonen rechtlich und moralisch vertretbar<br />

ist, darüber haben Ethikrat, Enquetekommission<br />

und Feuilleton lange gestritten.<br />

Mit dem Ergebnis, dass jetzt wirklich<br />

allen klar ist, wie kompliziert diese<br />

Dinge sind. Wer kein Experte ist und auch<br />

nicht ideologisch vorbelastet, wird zu Projekten<br />

wie Stammzellenforschung und<br />

Präimplantationsdiagnostik schon mal die<br />

eine oder andere Meinung gehabt haben,<br />

nur um bei der nächsten Gelegenheit feststellen<br />

zu müssen, dass man scheinbar<br />

doch ganz falsch liegt.<br />

Jürgen Habermas,<br />

Die Zukunft der<br />

menschlichen Natur.<br />

Auf dem Weg zu einer<br />

liberalen Eugenik?,<br />

Suhrkamp Verlag,<br />

Frankfurt a. M., 2001.<br />

ISBN: 3-518-58315-8<br />

€14,80<br />

Die Politik geht auf ihre eigene Weise<br />

damit um. Wie erwartet hat der Bundestag<br />

über die Stammzellenforschung entschieden:<br />

am Ende stand ein Kompromiss, wo<br />

es eigentlich keine Kompromisse geben<br />

konnte. Import unter Umständen, Produktion<br />

auf keinen Fall. Wirklich konsequent<br />

ist das alles nicht, und doch scheint es zu<br />

leicht, es einfach zu diskreditieren. Kompromisse<br />

dieser Art haben die gute Funktion,<br />

allen Seiten ein Stück weit entgegenzukommen<br />

und so die Diskussion zu erhalten.<br />

Wie könnte also eine Antwort<br />

aussehen? Der Frankfurter Philosoph und<br />

Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels<br />

Jürgen Habermas hat sich in seinem<br />

Buch daran versucht. Die Biotechnik<br />

beschäftigt Habermas schon eine ganze<br />

Weile, befindet er sich doch mit Lieblingsfeind<br />

Sloterdijk („Regeln für den Menschenpark“)<br />

darüber in einem Dauerstreit,<br />

dessen unappetitliche Details zwischenzeitlich<br />

sogar die BILD Zeitung erreichten.<br />

Dass diese Fragen so heillos umstritten<br />

sind, liegt für Habermas an „weltanschaulich<br />

imprägnierten<br />

Beschreibungen“, die sich unversöhnlich<br />

gegenüberstehen, sobald es um den Embryo<br />

geht. Was der Gläubige als relevanten<br />

Anfang menschlichen Lebens ansieht, ist<br />

der Wissenschaft nichts weiter als ein<br />

bloßer Zellhaufen. Habermas‘ Pointe ist<br />

nun, dass diese stark normativen Weisen,<br />

sich die Welt zurecht zu legen, so unvereinbar<br />

wie gleichberechtigt sind. Auch die<br />

moderne Wissenschaft sei nicht näher dran<br />

an der Wirklichkeit als die von religiösen<br />

Hintergrundannahmen geprägte Beschreibung<br />

des Embryos. Die Realität gibt es hier<br />

überhaupt nur in ihren vielfältigen Interpretationen.<br />

Dieses Eingeständnis zieht eine ganze<br />

Reihe von Konsequenzen nach sich. Eine<br />

davon ist, dass ein vernünftiger Konsens<br />

der Diskursethik, sonst das Legitimitätskriterium<br />

schlechthin in gesamtgesellschaftlichen<br />

Fragen, ausgeschlossen erscheint.<br />

Schon aus diesem Grund soll die notwendige<br />

Diskussion von der Frage des moralischen<br />

Status des Embryos weg und in andere<br />

Bahnen gelenkt werden. Aber wohin?<br />

Ein Weg erscheint verschlossen. Die Moderne,<br />

so Habermas, die sich ihrer Selbstkonstruktion<br />

bewusst geworden sei, könne<br />

sich nicht einfach wieder künstliche Tabuschranken<br />

auferlegen. Die gesamte Geschichte<br />

des medizinischen Fortschritts,<br />

von der ersten Impfung über die erste<br />

Operation am Herzen bis hin zur Gentherapie,<br />

wurde von einer kontinuierlichen<br />

Skepsis begleitet, die sich im Nachhinein<br />

noch immer als ungerechtfertigt erwiesen<br />

hat. Daher käme es darauf an, die Einwände<br />

gegen biotechnische Eingriffe ohne<br />

eine schlichte Moralisierung des Embryos<br />

zu formulieren. Habermas bringt an dieser<br />

Stelle die Menschenwürde ins Spiel, von<br />

der er sagt, dass sie ihren Ort dort habe,<br />

wo „das Naturwesen zur vernunftbegabten<br />

Person“ werde, nämlich in der Gemeinschaft.<br />

Nur in der Beziehung zu anderen<br />

werde der Mensch das, was er ist. Mit der<br />

Menschenwürde zu argumentieren ist ein<br />

verständlicher Zug, denn die Freiheit von<br />

Wissenschaft, Forschung und Lehre ist<br />

schrankenlos gewährleistet. Habermas, der<br />

die soziale Dimension dieses Begriffs betont,<br />

die Idee unverzerrter interpersonaler<br />

Verhältnisse, auf die er angewiesen sei,<br />

setzt dabei die Akzente deutlich anders als<br />

das Bundesverfassungsgericht in seinen<br />

Entscheidungen zum Schwangerschaftskonflikt.<br />

In den biotechnischen Eingriffen<br />

sieht er eine strukturelle Gefahr für die<br />

Symmetrie der sozialen Beziehungen sich<br />

herausbilden, einen „Paternalismus eigener<br />

Art“. Es sei die Ideologie hinter Manipulation<br />

und Selektion, die das Selbstverständnis<br />

des Menschen nachhaltig zu verändern<br />

drohe. Im Lauf der technischen Entwicklung,<br />

wenn einmal das, was sich in der verbrauchenden<br />

Embryonenforschung<br />

ankündigt, zur vollen Entfaltung gekommen<br />

ist, werde sich der Mensch immer weniger<br />

als selbstbestimmt handelnde Person<br />

verstehen können und immer mehr als<br />

zielgerichtet programmiertes Produkt, als<br />

Teil einer sich selbst entfaltenden Biotechnologie.<br />

Habermas hat die Situation vor<br />

Augen, dass Eltern sich eines Tages zu<br />

ihrem Kind verhalten werden, wie der Designer<br />

zu seinem Produkt. Das ist sicher<br />

keine sehr beruhigende Vorstellung und<br />

wirft in Hinblick auf Art. 1 GG viele Fragen<br />

auf.<br />

Dennoch lässt sich bezweifeln, ob zwischen<br />

dem Posthumanismus - der „einen<br />

Schatten werfen“ soll auf alle Praktiken,<br />

die „den Weg dahin ebnen“ - und Projekten<br />

wie der Stammzellenforschung ein<br />

großer gleitender Übergang besteht. Hier<br />

käme es darauf an, die subtilen Zusammenhänge<br />

sehr genau nachzuweisen, auch<br />

weil der verfassungsrechtliche Begriff der<br />

Menschenwürde gegenüber seinen ethischen<br />

und moralischen Bestimmungen<br />

von begrenzter Reichweite ist.<br />

Dass Habermas sich seiner Sache selbst<br />

nicht immer ganz sicher ist, zeigen die<br />

Einwände mit denen er die eigene Argumentation<br />

ständig konfrontiert und die<br />

wiederkehrenden Schleifen, in denen er<br />

versucht die Dinge ein ums andere Mal zu<br />

präzisieren. Sein Buch versteht er dabei als<br />

den „Versuch, schwer entwirrbare Intuitionen<br />

etwas durchsichtiger zu machen. Ich<br />

selbst bin weit davon entfernt zu glauben,<br />

dass mir dieses Vorhaben nur halbwegs<br />

gelungen ist“. Vielleicht ist diese Selbsteinschätzung<br />

etwas zu bescheiden, die Zu-<br />

30<br />

justament eins 2002


Literatur<br />

Die Republik vor Gericht<br />

Ein unbequemer Anwalt packt aus.<br />

Katharina Mohr<br />

Erinnerungen eines unbequemen<br />

Rechtsanwalts“ ist der Untertitel des<br />

Buches von Heinrich Hannover. Hannover,<br />

als Anwalt seit 1954 zugelassen, war<br />

wahrlich ein unbequemer Geist, besonders<br />

für den deutschen Staat. Er vertrat Personen<br />

wie den Arzt Karl Hein Roth, Otto<br />

Schily (damals als Verteidiger von Gudrun<br />

Ensslin im „Baader-Meinhof-Prozess“<br />

tätig) und Professor Dr. Brückner, einer der<br />

48 Professoren, die den Mescalero-Nachruf<br />

nach der Ermordung des Generalbundesanwalts<br />

Buback in voller Länge herausgegeben<br />

hatten.<br />

Unbequem war Hannover vor allem<br />

deshalb, weil er sich vehement für Mandanten<br />

einsetzte, die dem deutschen Staat<br />

höchst unangenehm waren. So verteidigte<br />

er etwa Otto Schily – damals noch als<br />

Rechtsanwalt in Berlin tätig – in den Jahren<br />

1978-1984 in einem Prozess, in dem<br />

Schily wegen Verleumdung und Beleidigung<br />

angeklagt war. Schily hatte im „Baader-Meinhof-Prozess“<br />

in einem Schriftsatz<br />

formuliert, dass die Schussverletzungen,<br />

die Andreas Baader bei seiner Festnahme<br />

erlitten hatte, von einem Dum-Dum-Geschoss<br />

verursacht worden seien. Dies war<br />

Grundlage für die Anklage. Dem Anwalt<br />

wurde der Vorwurf gemacht, der Antrag<br />

habe einen beleidigenden Inhalt gegenüber<br />

der Polizei gehabt. Der Prozess wurde<br />

durch mehrere Instanzen verhandelt, Schily<br />

und der mitangeklagte Verteidiger von<br />

Andreas Baader, Rechtsanwalt Dr. Hans<br />

Heinz Heldmann, schließlich freigesprochen.<br />

Hannover suchte mit seinem juristischen<br />

Handwerk und seiner vollen Überzeugung,<br />

die von ihm oft als äußert unrechtsstaatlich<br />

empfundene Behandlung<br />

seiner Mandanten zu unterbinden. Seine<br />

Schilderungen von Prozessen geben das<br />

Bild von Richtern und Staatsanwälten, die<br />

das Recht nahezu vergewaltigten. So zum<br />

Beispiel bei der Schilderung des Prozesses<br />

gegen den Arzt Karl Heinz Roth: Der Richter<br />

am Kölner Landgericht Dr. Draber ignoriert<br />

Anträge der Anwälte, stellt sich ihnen<br />

gegenüber taub, lässt Anwälte und Mandanten<br />

jeden Morgen aufs peinlichste<br />

durchsuchen und verwehrt die Untersuchung<br />

des schwerverletzten Roth durch<br />

einen Arzt, der die Haft- und Verhandlungsfähigkeit<br />

des Angeklagten feststellen<br />

soll. Roth war des Mordes an einem Polizisten<br />

angeklagt, der während einer Personenüberprüfung<br />

der Insassen von Roths‘<br />

Auto erschossen worden war. Roth selber<br />

jedoch hatte, wie Fotos bewiesen, Kopfüber<br />

aus seinem Auto herausgehangen, selber<br />

von mehreren Kugeln getroffen. Der<br />

Richter wurde schließlich wegen Befangenheit<br />

abgelehnt und Karl Heinz Roth<br />

von den Vorwürfen freigesprochen. Im<br />

Nachhinein stellte sich heraus, dass Polizisten,<br />

die als Zeugen aussagen mussten,<br />

vorher von ihren Vorgesetzten „geimpft“<br />

worden waren und dass Beweismittel vertuscht<br />

wurden. Es überrascht nicht, dass<br />

Hannover angesichts dieser Erlebnisse den<br />

Staat weniger als Rechts- denn als Unrechtsstaat<br />

beschreibt. Die Lektüre lohnt<br />

sich für Leser jeden Alters, besonders wichtig<br />

ist sie gerade für die jungen Juristen,<br />

die die Zeiten des RAF-Terrors nur aus Erzählungen,<br />

Filmen und Zeitungsausschnitten<br />

kennen. Die deutsche Rechtsgeschichte<br />

der Nachkriegszeit ist wohl von keinem<br />

anderen Ereignis so erschüttert worden,<br />

wie von den terroristischen Handlungen in<br />

den 60er und 70er Jahren. Umso wichtiger,<br />

sich über die Begebenheiten zu informieren<br />

und einen Eindruck davon zu gewinnen,<br />

dass es bei Gericht durchaus nicht<br />

immer „rechtens“ zuging. Dennoch muss<br />

gelten: Genau so kritisch, wie Hannover<br />

mit den Richtern, Staatsanwälten und<br />

Rechtsanwälten ins Gericht geht, so kritisch<br />

muss auch der Leser mit den Beschreibungen<br />

und Bewertungen umgehen<br />

und sich eine eigene Meinung über die Ereignisse<br />

dieser Zeit bilden. Es gibt schließlich<br />

immer zwei Seiten der Medaille.<br />

Heinrich Hannover, Die Republik vor Gericht<br />

1975-1995, Erinnerungen eines unbequemen<br />

Rechtsanwalts, Aufbau-Verlag 2001,<br />

ISBN 3-746-67032-2, € 10,–.<br />

eit dem 1. Januar 2002 gilt die geänderte ZPO. Nun heißt<br />

Ses, sich mit den geänderten Regeln vertraut zu machen.<br />

Markus Gehrlein hat mit seinem Buch einen Leitfaden sowohl<br />

für Juristen in der Ausbildung als auch für Praktiker geschrieben,<br />

die sich schnell in die Materie einarbeiten wollen.<br />

Gehrlein hat es geschafft, einen Grundriss zum Zivilprozess<br />

Markus Gehrlein, Zivilprozessrecht<br />

zu zeichnen, in den die Neuerungen eingebettet werden, ohne<br />

nach der ZPO-Reform 2002,<br />

dass er sich dabei mit langatmige Ausführungen zu Meinungskontroversen<br />

aufhält.<br />

Ein Leitfaden für<br />

Ausbildung und Praxis,<br />

Die Materie ist übersichtlich und anhand vieler Beispiele<br />

Verlag C. H. Beck 2001,<br />

aus der Rechtsprechung aufbereitet. Auch die Neuregelungen<br />

ISBN 3-406-48568-5 ,<br />

des Zustellungsrechts, die ab 1. Juli 2002 in Kraft treten werden,<br />

sind bereits enthalten.<br />

€ 20,50.<br />

32 justament eins 2002


<strong>Service</strong><br />

Justitia, runter mit<br />

der Augenbinde!<br />

Mit der Waage in der Linken „erwägt“ Justitia das Recht und der Schein soll sie nicht trügen,<br />

das symbolisiert die Binde. So denkt man sich das.<br />

Falsch gedacht, in Düreres Holzschnitt hat der Narr ihr die Binde übergelegt. Es ging nicht<br />

um Unparteilichkeit sondern um Kritik: Die Justizia seiner Zeit war blind gegenüber dem<br />

Wesentlichen.<br />

Philipp Heinisch<br />

Das Idealbild juristischer Tätigkeit ist gemeinhin<br />

die schöne Dame Justitia, als schrieben hatte, ließ er sie allesamt eben<br />

kommenen Tugenden ausführlich be-<br />

deren hervorstechende Eigenschaft die jenes „Narrenschiff“ besteigen und nach<br />

Unparteilichkeit gilt, die durch das Tuch „Narragonien“ segeln, wo sie nie ankommen<br />

werden und statt dessen irgendwo im<br />

vor den Augen symbolisiert wird. Weniger<br />

bekannt ist allerdings, dass ausgerechnet Schlamm stecken bleiben. Die Moral: Narren<br />

und Untugenden kommen nicht weit.<br />

diese Justiz-Gestalt auf eine Satire und<br />

Quasi-Karikatur zurückgeht, mit der wir Und zu diesen soll unsere Justitia<br />

uns jetzt beschäftigen wollen.<br />

gehören? Zu den Untugenden, die er aufs<br />

Justitia als Allegorie der Gerechtigkeit Korn nimmt, zählt Brant jene Justitia, die<br />

ist ein Gemisch aus den griechischen Gottheiten<br />

Dike, Errhynie und Pallas Athene. Rechts abgibt, statt für eine gerechte<br />

sich nur mit Theorien des römischen<br />

Diese werden im Laufe der Zeit gewissermaßen<br />

zusammengefaßt und mit einer stitia also als Tugend, die sich auf den<br />

Rechtsprechung im Alltag zu sorgen: Ju-<br />

Waage und einem Schwert versehen. Das Rechthaber-Narren einläßt und sich von<br />

Abwägen geht auf biblische Vorstellungen ihm die Augen verbinden läßt. So sieht sie<br />

vom jüngsten Gericht zurück, bei dem die nicht, was wirklich geschieht und ist selber<br />

Seelen auf der Waage gewogen werden, närrisch. Aber spätestens, wenn sie sich<br />

wobei meist ein Engel, ein Mittelding von vom Stuhl erhebt und auf die vor ihr liegenden<br />

„Hecheln“ tritt, dann wird sie<br />

Mann und Frau, die Waage hält.<br />

Als menschliche Tugend verliert die „wach“ und das wird weh tun. Hecheln<br />

Gerechtigkeit langsam ihre Flügel und wird sind scharfe Hakengeräte, mit denen der<br />

zu einer bodenständigen weltzugewandten<br />

Frau, die als Justitia über Recht und durchhecheln kommt daher ).<br />

Flachs zu Garn gezogen wird ( das Wort<br />

Gerechtigkeit wacht. Als solche finden wir Mit sehr hoher<br />

sie offenen Auges etwa in einem Relief im Wahrscheinlichkeit<br />

Dom zu Bamberg (1240 ) oder noch früher<br />

in alten Handschriften, aus dem 8. und 9. ist<br />

Jahrhundert, in denen die Lehre Platons<br />

von den vier Haupttugenden abgebildet<br />

wurde.<br />

Soweit so gut. Aber offensichtlich entsprach<br />

das Ideal immer weniger der Wirklichkeit,<br />

denn im Zeitalter der Renaissance<br />

stellten Männer mit Geist die Frage, was es<br />

denn mit der Gerechtigkeit auf sich habe,<br />

und beantworteten sie auch gleich und<br />

fanden: Wenig, sehr wenig. Einer von<br />

denen, die diese Frage stellten, war der<br />

Rechtsgelehrte und Dichter Sebastian<br />

Brant (1457 – 1521) der nur Narretei und<br />

Verfall der Werte am Werke sah und sich literarisch<br />

für die geistige Ordnung der Vergangenheit<br />

einsetzte, mit einem Buch, das<br />

man getrost als einen ersten Bestseller der<br />

Weltliteratur bezeichnen kann: „Das Narrenschiff“<br />

(1494). Nachdem er alle ver-<br />

34 justament eins 2002<br />

kein geringerer als Albrecht Dürer<br />

(1471 – 1528) der Schöpfer dieses Bildes,<br />

in dem erstmals in der Kulturgeschichte<br />

Justitia mit der vertrauten Binde vor den<br />

Augen erscheint. Brant hat seinerzeit wie<br />

in der Buchausstattung üblich einem<br />

Fachmann die Gestaltung seines Buches<br />

übertragen, und dieser Fachmann war der<br />

trotz seiner Jugend damals schon berühmte<br />

Albrecht Dürer. Er hat einige Holzschnitte<br />

im Narrenschiff signiert, andere –<br />

darunter Justitia – wiederrum nicht. Der<br />

qualitative Vergleich mit den anderen<br />

Zeichnungen zeigt aber eindeutig, dass die<br />

„Närrin Justitia“ nur von ihm stammen<br />

kann.<br />

Das Bild von der „typischen“ Weltfremdheit<br />

der Juristen traf erkennbar voll<br />

ins Schwarze. Aus dem Jahre 1524 stammt<br />

ein Bild mit dem ganzen<br />

(Narren-) Gericht<br />

mit


<strong>Service</strong><br />

Lachen über Humorlosigkeiten<br />

– Ein Klassiker –<br />

verbundenen Augen. Im gleichen Jahr finden<br />

wir aber auch die ersten „ernst zu<br />

nehmenden“ Darstellungen der Justitia<br />

mit verbundenen Augen in einer Zeichnung<br />

von Peter Vischer (1460 - 1529).<br />

Dort gibt Justitia ihre Binde an den Kaiser<br />

ab, damit dieser gerecht richte. Seitdem<br />

halten sich die Abbildungen von Justitia<br />

mit und ohne Binde vor den Augen – der<br />

Kalauer sei erlaubt – gewissermaßen die<br />

Waage.<br />

Wie es zu den unterschiedlichen Bedeutungen<br />

der Binde vor den Augen<br />

kommt, als Spott oder wenig später als<br />

Symbol von Unparteilichkeit, ist unklar. Es<br />

gibt dazu keine historische Quelle und wir<br />

müssen damit leben, dass beide Bedeutungen<br />

zeitgleich vorhanden sind, was durch<br />

die beiden Künstler Albrecht Dürer und<br />

Peter Vischer, Zeitgenossen und beide aus<br />

Nürnberg, hinreichend dokumentiert ist.<br />

Symbolisch drückt der Widerspruch vielleicht<br />

aus, dass Justitia schon von je her<br />

gar nicht eindeutig sein kann: Zum einen<br />

ist sie immer in Gefahr, dem Streit zu verfallen,<br />

- zum anderen ist sie das Sinnbild<br />

für Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit.<br />

Beide Aspekte von Justiz reichen<br />

zurück bis ins Altertum und sind heute<br />

noch genauso aktuell wie damals. Es gibt<br />

Sinn, diesen Aspekten reflektierend und<br />

graphisch nachzuspüren.<br />

Wen der Symbolgehalt von Justitia interessiert,<br />

dem sei die klassische Monographie<br />

von Otto Kissel „Die Justitia“, München<br />

1984, dringend ans Herz gelegt.<br />

Jus mit Jux:<br />

Heiteres von und über Juristen<br />

Rolf Stober<br />

Nomos Verlag 2001,<br />

ISBN 3-7890-7503-5<br />

€ 15,–<br />

Der Schmunzelband ist nun in der<br />

dritten Auflage erschienen. Ein Verkaufsschlager,<br />

Dauerbrenner ungebrochen:<br />

Kein 50igster Anwaltsgeburtstag,<br />

keine Professorenverabschiedung und<br />

keine Juristen-WG-Einzugfeier, ohne<br />

dass sich nicht irgendwo auf dem Mitbringseltisch<br />

dieses kleine Büchlein finden<br />

würde. Und das ist ein Grund, es<br />

endlich zu besprechen.<br />

Klar, wer eine eigene Denkweise hat –<br />

die Juristen nämlich – hat natürlich auch<br />

einen eigenen Humor. Sehr eigen, wie<br />

man befürchtet. Nicht gemeint und in<br />

diesem Buch auch nicht erwähnt, sind<br />

die Witze über Juristen. Diese stereotypen<br />

Diskriminierungswitze, die von<br />

Blutsaugern und Menschenverachtern<br />

handeln und die<br />

man aus einschlägigen amerikanischen<br />

Fernsehserien zum<br />

Überdruss kennt. Um die geht<br />

es nicht. Nein, der Autor versucht<br />

dem Phänomen Juristenhumor<br />

im „wahrhaften“<br />

Sinne in die Spur zu helfen:<br />

heiteres von und über Juristen.<br />

Das sind vor allem Zitate.<br />

Zitate aus Urteilen, Verordnungen,<br />

Zeitungen oder juristischer<br />

Literatur. Freiwillige und unfreiwillige<br />

Komik und dabei ist nicht alles<br />

wirklich zum Lachen. Die Hinführung zu<br />

den Zitaten ist sehr knapp gehalten, so<br />

dass es für den Laien eine wohl mühsame<br />

Lektüre ist. Das hat Methode: Es schafft<br />

eine wohlige Atmosphäre beim halbgebildeten<br />

Fachpublikum (lat.: sapienti<br />

sat), man hat das Gefühl, dazu zugehören<br />

und trainiert sich in Selbstironie.<br />

Eines wird bei diesem zarten Umgang<br />

mit dem Humor klar, mit diesem vorsichtigen<br />

Versuch, dem juristischen Ernst zu<br />

entkommen. Die Juristerei ist eben doch<br />

in beträchtlichem Maße humorlos. Viel<br />

wichtiger ist zu fragen, was daran so<br />

schlimm sein soll.<br />

yt<br />

justament eins 2002<br />

35


<strong>Service</strong><br />

Krankenversicherungen:<br />

Vorsicht vor dem Beihilfeloch!<br />

Das Referendariat ist beendet, eine Anstellung noch nicht gefunden, eigentlich Zeit für<br />

einen prima Urlaub. Doch Vorsicht: die private Krankenversicherung wird teurer, da die<br />

Beihilfe wegfällt. Doch das Loch in der Urlaubskasse kann man vermeiden.<br />

Jürgen Stüwe<br />

Nachdem in der Ausgabe 4/2001 über<br />

das Thema „Rechtsreferendare und<br />

private Krankenversicherung“ berichtet<br />

wurde, nachfolgend nun eine Überblick<br />

über die in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

geltenden Regelungen für<br />

Rechtsreferendare.<br />

In den meisten Bundesländern stehen<br />

Rechtsreferendare in einem öffentlichrechtlichen<br />

Ausbildungsverhältnis als Beamte<br />

auf Widerruf und sind daher<br />

grundsätzlich versicherungsfrei in der<br />

Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslo-<br />

senversicherung. Während dieser Zeit<br />

haben die Referendare einen Anspruch auf<br />

Beihilfe gegenüber ihrem Dienstherren.<br />

Soziale Sicherung im Anschluss<br />

an die Referendarzeit<br />

Bei der Beendigung der Referendarzeit<br />

ohne nahtlose Anstellung ergeben sich erhebliche<br />

Nachteile im Bereich der sozialen<br />

Absicherung. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />

besteht im Regelfall nicht. Hinzu<br />

kommt, dass der bisherige, meist durch<br />

eine private Krankenversicherung abgedeckte<br />

Versicherungsschutz teurer wird, da<br />

mit Beendigung des Beamtenverhältnisses<br />

auch der Beihilfeanspruch entfällt. Vielfach<br />

sind ehemalige Referendare daher gezwungen,<br />

Leistungen der Sozialhilfe in<br />

Anspruch zu nehmen.<br />

Unterschiedliche Regelungen in<br />

den einzelnen Bundesländern<br />

Dieser besonderen Problematik im Hinblick<br />

auf die soziale Absicherung nach der Beendigung<br />

des Beamtenverhältnisses auf<br />

Widerruf Rechnung tragend, haben sich<br />

Grafik: David Fuchs<br />

36<br />

justament eins 2002


<strong>Service</strong><br />

die Bundesländer Baden-Württemberg,<br />

Bayern und Nordrhein-Westfalen dazu<br />

entschieden, Referendare als Arbeitnehmer<br />

gegen Entgelt zu beschäftigen. Hier besteht<br />

Versicherungspflicht zur Kranken-,<br />

Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Einzig<br />

in der Rentenversicherung besteht auf<br />

Grund der Anwartschaft auf lebenslängliche<br />

Versorgung Versicherungsfreiheit.<br />

Durch diese veränderten Einstellungsbedingungen<br />

wird den Rechtsreferendaren<br />

nicht nur ein adäquater Versicherungsschutz<br />

in der gesetzlichen Kranken- und<br />

Pflegeversicherung geboten. Gleichzeitig<br />

ist auch eine – allerdings zeitlich befristete<br />

– Absicherung im Falle der Arbeitslosigkeit<br />

nach Beendigung des Referendariats gewährleistet.<br />

Referendariat als<br />

Beamtin/Beamter<br />

Bei den „verbeamteten“ Rechtsreferendaren,<br />

die nicht im Anschluss an ihre Referendarzeit<br />

tätig werden können, sieht die<br />

soziale Absicherung anders aus:<br />

Durch den Wegfall des § 191 SGB III<br />

(Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für Antragssteller,<br />

die die zeitlichen Voraussetzungen<br />

für den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe<br />

nicht erfüllt haben) kann es nicht<br />

zu einer Zahlung von Arbeitslosenhilfe<br />

kommen.<br />

Durch den Wegfall des Beihilfeanspruches<br />

reicht die bisherige private Ergänzungsleistung<br />

eigentlich nicht mehr aus,<br />

diese sollte daher neu geregelt werden.<br />

Durch die Änderung des privaten Krankenversicherungsvertrages<br />

erhöhen sich<br />

die monatlichen Beiträge; eine Übernahme<br />

beispielsweise durch das Sozialamt ist<br />

grundsätzlich nicht möglich.<br />

Eine vorzeitige Kündigung des privaten<br />

Versicherungsvertrages dürfte nur in Ausnahmefällen<br />

mit dem Versicherer zu vereinbaren<br />

sein, häufig wird ein Ruhen der<br />

Vertragsleistungen vereinbart.<br />

Gelegentlich kommt es durch die Einschreibung<br />

als Student in einer anderen<br />

Studienfachrichtung zu einer versicherungspflichtigen<br />

Mitgliedschaft bei einer<br />

gesetzlichen Krankenkasse. In diesen Fällen<br />

kann der private Versicherungsvertrag<br />

ohne Einhalt einer Kündigungsfrist ab Beginn<br />

der Versicherungspflicht gekündigt<br />

werden. Entsprechende Bescheinigungen<br />

stellt die Krankenkasse aus. Nachteilig<br />

wirkt sich aus, dass in diesen Fällen<br />

grundsätzlich ein Anspruch auf Sozialhilfe<br />

nicht (mehr) besteht, bei Anspruchsberechtigung<br />

jedoch eine Unterstützung nach<br />

den Vorschriften des BAFÖG gewährt wird.<br />

Private Krankenversicherung:<br />

Kein Weg zurück<br />

Die Wahl zwischen der gesetzlichen und<br />

privaten Krankenversicherung sollte –<br />

möglichst schon vor Beginn der Referendariatszeit<br />

– gut überlegt sein. Häufig ist<br />

die Entscheidung in jungen Jahren eine<br />

Entscheidung auf Lebenszeit. Ein Zurück<br />

in die gesetzliche Krankenversicherung auf<br />

freiwilliger Basis ist nicht möglich, lediglich<br />

bei Eintritt einer Versicherungspflicht<br />

(z.B. als Arbeitnehmer) würde eine<br />

Rückkehr zur gesetzlichen Krankenversicherung<br />

denkbar sein.<br />

Untereinander können private Krankenversicherungen<br />

zwar gewechselt werden.<br />

Folge ist hier jedoch der Wegfall der<br />

sogenannten Altersrückstellung. Diese<br />

Rückstellungen werden von den Privatversicherern<br />

vorgenommen, um den Beitrag<br />

auch im Alter stabil halten zu können.<br />

Diese Rückstellungen sind jedoch an das<br />

Versicherungsunternehmen gebunden,<br />

eine Auszahlung an den Versicherten oder<br />

gar eine Mitnahme zur neuen Versicherung<br />

ist nicht möglich.<br />

Ein neuer Versicherungsvertrag kann<br />

aber darüber hinaus mit neuen Gesundheitsprüfungen<br />

(und damit auch Risikozuschlägen)<br />

verbunden sein, sogar Ablehnungen<br />

durch den Versicherer sind möglich.<br />

Ein Entscheidung für die private Krankenversicherung<br />

ist also nicht nur eine<br />

Entscheidung auf Lebenszeit, sondern<br />

kann aus den genannten Gründen auch<br />

eine lebenslange Bindung an die selbe private<br />

Versicherungsgesellschaft darstellen.<br />

Gesetzliche Krankenversicherung:<br />

Wechsel jederzeit möglich<br />

Ganz anders sieht es aus, wenn man sich<br />

für die gesetzliche Krankenversicherung<br />

entscheidet. Ist man mit seiner Krankenkasse<br />

nicht zufrieden, kann man diese<br />

unter Einhaltung einer Kündigungsfrist<br />

von zwei Monaten und einer Bindungsfrist<br />

von 18 Monaten problemlos kündigen und<br />

sich ohne Gesundheitsprüfung und der<br />

Gefahr von Risikozuschlägen für eventuell<br />

vorliegende Vorerkrankungen bei einer anderen<br />

Krankenkasse versichern.<br />

Über die Möglichkeiten einer Versicherung<br />

in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

nach abgeschlossenem Referendariat<br />

(z.B. Versicherungspflicht als Student /<br />

Praktikant ohne Arbeitsentgelt) gibt die<br />

BKK für steuerberatende und juristische<br />

Berufe gerne Auskünfte.<br />

Jürgen Stüwe ist Referent bei der BKK<br />

Information<br />

BKK für steuerberatende und<br />

juristische Beufe<br />

Die BKK für steuerberatende und juristische<br />

Berufe ist seit 1996 bundesweit<br />

geöffnet. Das gesamte Leistungsspektrum<br />

für die mehr als 120.000 Versicherten<br />

orientiert sich fast ausschließlich an<br />

den Interessen der steuerberatenden und<br />

juristischen Berufe.<br />

Kontakt:<br />

Fragen zu versicherungsrechtlichen Beurteilung<br />

von Rechtsreferendaren beantwortet<br />

BKK Mitarbeiter Christian Bösing.<br />

Tel.: 0 28 71-21 94 17 54<br />

Allgemeine Informationen zur BKK:<br />

Tel.: 0 18 02-25 53 53<br />

www.bkkk-stjb.de<br />

justament eins 2002<br />

37


<strong>Service</strong><br />

… wer ist die Begehrteste<br />

im ganzen Land?<br />

Jura-Studenten „ranken“ die begehrtesten Anwaltskanzleien ihrer Zukunft.<br />

Sie wollen am liebsten bei international renommierten Kanzleien arbeiten. An der Spitze<br />

steht Freshfields Bruckhaus Deringer, gefolgt von Clifford Chance Pünder. Überraschend<br />

das gute Abschneiden der Law Units von Andersen und PricewaterhouseCoopers auf den<br />

Plätzen drei und vier. Dies sind die Ergebnisse der Studie „Das Absolventenbarometer<br />

2002 – Deutsche Law Edition“, einer erstmals von trendence und e-fellows.net im<br />

Januar 2002 durchgeführten Online-Befragung.<br />

Großkanzleien gelten als Karriere-<br />

Sprungbrett. Rund 27% der Befragten<br />

wollen dort ihre Karriere starten, gefolgt<br />

von kleinen/mittleren Kanzleien mit 15%.<br />

Die Europäische Union mit 12,3% liegt vor<br />

dem öffentlichen Dienst mit 9,4%. Unternehmensberatungen<br />

schneiden mit 8,5%<br />

vor Industrie- und Handelsunternehmen<br />

mit 6,3% ab.<br />

Überstunden sind eingeplant. Im<br />

Durchschnitt sind die Juristen bereit, 53<br />

Stunden pro Woche zu arbeiten. Rund<br />

30% der Befragten rechnen mit mehr als<br />

56 Wochenarbeitsstunden. Anfangsgehalt<br />

soll im Durchschnitt bei € 51.500 liegen.<br />

Erwartungen an die Höhe des Anfangsgehalts<br />

spiegeln die lange Ausbildung und<br />

Zusatzqualifikationen wie Auslandsstudium<br />

oder Promotion wider. Immerhin 10%<br />

der Befragten erwarten Anfangsgehälter<br />

von über € 70.000.<br />

An der Befragung nahmen 1.368 Studierende<br />

der Rechtswissenschaften teil.<br />

Nahezu 60% der Befragten studieren mindestens<br />

im 6. Semester, ein gutes Viertel<br />

hat bereits das 1. Staatsexamen absolviert.<br />

Befragt wurden überdurchschnittlich engagierte<br />

Studenten: 37% weisen ein Auslandsstudium<br />

vor, 5% einen internationalen<br />

LLM-Abschluss und 52% sind auch<br />

außerhalb des Studiums engagiert.<br />

„Zum ersten Mal werden Jurastudenten<br />

spezifisch nach ihren Arbeitgeber-Vorstellungen<br />

befragt. Es zeigt sich, dass Bekanntheit<br />

und Größe einer Kanzlei starken<br />

Einfluss auf die Attraktivität als Arbeitgeber<br />

haben.“ kommentiert Carl Kjellberg<br />

von trendence die Ergebnisse.<br />

„Die Befragung zeigt deutlich, dass<br />

sehr gute Juristen bereit sind, viel zu arbeiten,<br />

aber dafür ein hohes Gehalt und<br />

eine renommierte Kanzlei mit Aufstiegschancen<br />

bevorzugen.“ so e-fellows.net<br />

Geschäftsführer Michael Hies. Die Umfrage<br />

wurde von e-fellows.net und trendence<br />

durchgeführt.<br />

Rang<br />

Anwaltskanzlei<br />

1 Freshfields Bruckhaus Deringer<br />

2 Clifford Chance Pünder<br />

3 Andersen Legal/Andersen Luther<br />

4 PricewaterhouseCoopers Veltins<br />

5 Linklaters Oppenhoff & Rädler<br />

6 Baker & McKenzie Döser Amereller Noack<br />

7 KPMG Treuhand & Goerdeler GmbH<br />

8 Hengeler Mueller<br />

9 Gleiss Lutz Hootz Hirsch<br />

10 Allen & Overy<br />

10 Lovells Boesebeck Droste<br />

12 Shearman & Sterling<br />

13 Haarmann, Hemmelrath & Partner<br />

14 White & Case, Feddersen<br />

15 Graf von Westphalen Fritze & Modest<br />

16 CMS Hasche Sigle Eschenlohr Peltzer Schäfer<br />

17 Wessing Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater<br />

18 BBLP Beiten Burkhardt Mittl & Wegener<br />

19 Rödl & Partner<br />

20 FLICK GOCKE SCHAUMBURG<br />

21 Nörr Stiefenhofer Lutz<br />

22 Norton Rose Vieregge<br />

23 Menold & Aulinger Anwaltssozietät<br />

23 Heuking Kühn Lüer Wojtek<br />

23 Jones, Day, Reavis & Pogue<br />

Das Karrierenetzwerk e-fellows.net schafft<br />

Verbindungen zwischen den besten Studierenden<br />

aller Fachrichtungen und führenden<br />

Unternehmen. E-fellows.net vergibt das<br />

erste Online-Stipendium in Europa an derzeit<br />

9.800 Stipendiaten.<br />

Damit identifiziert und fördert das Unternehmen<br />

die Fach- und Führungskräfte<br />

von morgen. Trendence Institut für Personalmarketing<br />

GmbH hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, Unternehmen bei ihren<br />

Bemühungen zu unterstützen, mit vorhandenen<br />

und mit potentiellen Mitarbeitern zu<br />

kommunizieren.<br />

Quelle: Das Absolventenbarometer 2002 –<br />

Deutsche Law Edition<br />

38<br />

justament eins 2002


News<br />

Bucerius Law School in Hamburg<br />

Konzept der privaten<br />

Bucerius Law School setzt sich durch<br />

In die erste private Hochschule<br />

für Rechtswissenschaften in<br />

Deutschland, über die in der<br />

vorletzten <strong>Justament</strong> schon<br />

ausführlich berichtet wurde,<br />

werden wieder neue Studenten<br />

aufgenommen.<br />

Mit angenehmen und effizientem<br />

Arbeitsklima in kleinen<br />

Gruppen wurde ein persönliche<br />

Atmosphäre zwischen Dozent<br />

Lernenden geschaffen die sich<br />

nun auszuzahlen scheint. Nach<br />

Angaben des Pressesprechers<br />

Benedikt Landgrebe ist die Resonanz<br />

bei den Studenten<br />

durchweg positiv, was auch<br />

durch die ersten Leistungsnachweise<br />

belegt wurde und<br />

sich in den Bewerberzahlen<br />

niederschlägt. Bemerkenswert<br />

ist die konsequente praxisnahe<br />

und vor allem auch internationale<br />

Ausrichtung der Schule.<br />

Auslandsaufenthalte sind fest<br />

im curriculum integriert und<br />

Kontakt der Schule zur Wirtschafts-<br />

und Rechtswelt wird<br />

gepflegt. Sie stellt einen – privaten<br />

- Beitrag zu einer Reform<br />

der Juristenausbildung dar und<br />

will zum Wettbewerb zwischen<br />

den Hochschulen anregen.<br />

Die Studiengebühr beträgt<br />

€ 2.650.– im Trimester, die<br />

über Stipendien, Bafög oder<br />

generationsvertragliche Darlehen<br />

finanziert werden können.<br />

Die Idee, dass sich die<br />

Hochschulen ihre Studenten<br />

selbst aussuchen können, ist<br />

eine Forderung, die auch schon<br />

von den entsprechenden staatlichen<br />

Gremien erhoben wurde<br />

und die deswegen berechtigt<br />

ist, weil sie funktioniert. yt<br />

Bewerbungsschluss ist der<br />

31.März 2002<br />

www.law-school.de<br />

Ansprechpartner:<br />

Benedikt Landgrebe<br />

E-Mail: Benedikt.Landgrebe@<br />

law-school.de<br />

Röntgenscanner beschädigen Urlaubsfilme<br />

Die Sicherheit bei internationalen<br />

Flughäfen geht auf Kosten<br />

der Urlaubsfilme. Eine neue Generation<br />

von Röntgenscannern<br />

durchleuchtet das Gepäck mit<br />

einer 300-mal höheren Energiedosis.<br />

Dias und Negativstreifen<br />

bekommen einen grauen<br />

Schleier und werden oft sogar<br />

unbrauchbar. Es ist daher ratsam<br />

– vor allem bei Flügen in<br />

die USA - die Filme in das<br />

Handgepäck zu nehmen und sicherheitshalber<br />

nachzufragen.<br />

Bei entsprechend starken Geräten<br />

- man erkennt sie an ihrem<br />

trommelförmigen Gehäuse<br />

sowie an dem Label „InVision<br />

Technologies“ oder „L3“ – sollte<br />

man die Filme besser herausnehmen<br />

und in der Hand tragen.<br />

Quelle: fotomedico<br />

Baden-Württemberg:<br />

Durchfallquote im<br />

Zweiten Examen<br />

sinkt deutlich<br />

Nach den vom baden-württembergischen<br />

Justizministerium<br />

veröffentlichten Ergebnisse<br />

der zweiten Juristischen<br />

Staatsprüfung lag die Durchfallquote<br />

im Herbsttermin 2001<br />

erstmals bei lediglich 9,48 Prozent.<br />

Das liegt deutlich unter<br />

dem bundesweiten Durchschnitt<br />

von 15 Prozent. Auch<br />

wurde zum ersten Mal die<br />

Traumnote „sehr gut“ von<br />

einer 26-jährigen Referendarin<br />

erreicht. Zum Vergleich: Im<br />

Vorjahr wurde diese Note im<br />

gesamten Bundesgebiet lediglich<br />

zweimal erreicht. JuS 1/2002<br />

Rechtsreferendare aktiv<br />

Wie lernt man eigentlich im<br />

Referendariat Leute kennen?<br />

Ok, man hat seinen Intensiv-<br />

Einführungskurs und mit viel<br />

Glück bleiben von diesen ersten<br />

paar Tagen einige Namen und<br />

aktuell:<br />

günstig:<br />

gratis:<br />

genial:<br />

Telefonnummern hängen und<br />

mit noch mehr Glück trifft man<br />

sich dann auch in der AG wieder.<br />

Dass es auch anders geht,<br />

zeigt der Verein Junge Juristen<br />

Karlsruhe e.V.: Der Verein<br />

wurde 2000 von Referendaren<br />

am Landgericht Karlsruhe gegründet.<br />

Heute sind rund 40<br />

junge Juristen Mitglied in diesem<br />

Verein. Zweck des Vereins<br />

ist es, zur Verbesserung der<br />

Ausbildung in Karlsruhe sowie<br />

zur Entwicklung und Pflege<br />

des juristischen Lebens in Karlsruhe<br />

beizutragen. Hierzu veranstaltet<br />

er insbesondere die<br />

Vortragsreihe „Karlsruher Kolloquien“<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit dem Institut für Informationsrecht<br />

der Universität Karlsruhe.<br />

Mitglied des Vereins kann<br />

werden, wer das vierzigste Lebensjahr<br />

noch nicht vollendet<br />

hat, die Erste Juristische<br />

Staatsprüfung erfolgreich abgelegt<br />

hat oder als Student der<br />

Rechtswissenschaften an einer<br />

Hochschule immatrikuliert ist.<br />

Info: www.junge-juristen.de<br />

km<br />

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welcher Anwalt in dem ihn interessierenden<br />

Bereich forensisch erfolgreich war. Wie das geht? Sie schicken uns<br />

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<strong>Service</strong><br />

Kohle, Asche, Kies<br />

Wer bekommt in Deutschland unter den Referendaren das meiste Geld?<br />

Das Geld, das den Referendaren<br />

und Referendarinnen<br />

während ihrer Ausbildung zu<br />

Verfügung steht, ist von Bundesland<br />

zu Bundesland unterschiedlich.<br />

Die Zahlen sind ständig in<br />

Bewegung, so dass man letztendliche<br />

Gewissheit über die genaue<br />

Höhe seines Einkommens<br />

wohl erst bei Antritt der Ausbildung<br />

erhält. Bei den unten aufgeführten<br />

Zahlen handelt es sich<br />

also lediglich um Orientierungswerte,<br />

für deren Richtigkeit und<br />

Vollständigkeit wir leider keine<br />

Gewähr übernehmen können.<br />

Grundsätzlich muss unterschieden<br />

werden, ob in dem betreffenden<br />

Bundesland die Referendare<br />

noch den Beamtenstatus<br />

genießen oder ob sie in einem<br />

öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis<br />

stehen. Während<br />

Beamte nach BBesG besoldet<br />

werden(A 13), bekommen die öffentlich-rechtlich<br />

Angestellten<br />

eine Unterhaltsbeihilfe. Meist ist<br />

die Unterhaltsbeihilfe (brutto)<br />

höher, es kommen jedoch auch<br />

mehr Abzüge auf einen zu. Vom<br />

Besamtensold werden in der<br />

Regel nur Krankenkasse (ca.<br />

€ 60) und Lohnsteuer (ca. € 30)<br />

abgezogen. Von der Unterhaltsbeihilfe<br />

gehen außer Steuer und<br />

Krankenversicherung noch Arbeitslosen-<br />

und Sozialversicherung<br />

weg, Rentenversicherung in<br />

der Regel aber nicht, da die meisten<br />

Bundesländer die Unterhaltsbeihilfe<br />

nach „beamtenrechtlichen<br />

Grundsätzen regeln“.<br />

In den neuen Bundesländern ist<br />

der im Gesetz geregelte Sold um<br />

10% niedriger als im Westen. Im<br />

Westen ist aber der Beamtenstatus<br />

ohnehin fast abgeschafft. Bei<br />

den Ausnahmen, Hessen, Hamburg<br />

und Berlin, sind aber entsprechende<br />

Änderungen schon<br />

in Planung. Vor allem in Hessen<br />

und Berlin ist mit dem öffentlich-rechtlichen<br />

Ausbildungsverhältnis<br />

spätestens im Sommer zu<br />

rechnen. Die Unterhaltsbeihilfen<br />

im Westen hat man von vorneherein<br />

gleich am niedrigen<br />

Oststandart orientiert oder ist<br />

sogar noch darunter geblieben.<br />

In Meck-Pomm und Thüringen<br />

kann man wählen, ob man Beamter<br />

auf Widerruf oder Angestellter<br />

werden will. Ohnehin gibt<br />

es immer wieder Zuschläge, wie<br />

Familienzuschlag oder Ortszuschlag,<br />

die man im Einzelfall erfragen<br />

muss. Dann allerdings<br />

wird man erleben, dass auch die<br />

zuständigen Stellen ab und zu<br />

den Überblick über diesen Zahlenwirrwarr<br />

verlieren.<br />

yt<br />

money, money, money must be funny …<br />

Grafik: David Fuchs<br />

40<br />

Nordrhein-Wesfalen 1.969,00 DM 1007,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />

Niedersachsen 1.969,00 DM 1007,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />

Hamburg 1.969,00 DM 1007,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />

Berlin 1.969,00 DM 1007,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />

Hessen 1.870,00 DM 956,00 € Beamte auf Widerruf (noch) Krankenkasse, Steuer<br />

Thüringen 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf, wahlweise je nach dem<br />

Brandenburg 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />

Sachsen 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />

Sachsen-Anhalt 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf Krankenkasse, Steuer<br />

Mecklenburg- Vorpom 1772,00 DM 906,00 € Beamte auf Widerruf, wahlweise je nach dem<br />

Rheinland-Pfalz 1.768,00 DM 904,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />

Bayern 1.739,00 DM 889,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />

Schleswig-Holstein 1.660,00 DM 849,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis nur Krankenkasse<br />

Baden-Württemberg 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis kompl. Abzüge<br />

Bremen 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis ––<br />

Saarland 1.658,00 DM 848,00 € öffentl.-rechtl. Ausbildungsverhältnis ––<br />

alle Angaben ohne Gewähr<br />

justament eins 2002


Veranstaltungen<br />

Anwaltswerbung in Bewegung<br />

Voller Hoffnung schielen die<br />

großen Lawfirms immer wieder<br />

zum EuGH, er möge doch<br />

die Werbe-Beschränkungen der Zunft<br />

lockern. Doch obwohl er in den letzten<br />

Tagen die Möglichkeit hierzu hatte, ließ er<br />

alles beim Alten. Der EuGH hatte über die<br />

Vereinbarkeit bestimmter Regelungen der<br />

niederländischen und italienischen Berufsordnung<br />

mit dem EG-Vertrag zu entscheiden.<br />

Die dort gemachten Beschränkumgen<br />

wurden für zulässig erklärt.<br />

Gerade in Deutschland unterliegt die<br />

anwaltliche Werbung strengen Regeln. In<br />

§ 43b BRAO heißt es: „Werbung ist dem<br />

Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie über<br />

die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt<br />

sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung<br />

eines Auftrags im Einzelfall gesichtet<br />

ist.“ In der Berufsordnung, die sich die<br />

Anwälte durch ihr Organ, die Bundesrechtsanwaltskammer,<br />

selber gegeben hat,<br />

ist dies detaillierter geregelt. Dazu gehören<br />

Regelungen, wie Briefköpfe von Kanzleien<br />

beschaffen sein müssen und unter welcher<br />

Bezeichnung sie in der Öffentlichkeit auftreten<br />

dürfen.<br />

Eine neue Lösung für dringend notwendiges<br />

anwaltliches Marketing bietet<br />

das Engagement in Urteilsdatenbanken.<br />

Gerade junge Anwälte nutzen immer mehr<br />

die Möglichkeit, ihre eigenen erstrittenen<br />

Urteile auch im Namen ihrer Kanzlei zu<br />

veröffentlichen. Das ist keineswegs selbstverständlich.<br />

Kaum eine Datenbank kann<br />

den Namen des einsendenden<br />

Anwalts und seiner<br />

Kanzlei mit dem Urteil verknüpfen.<br />

Außerdem werden die meisten<br />

Urteile der einschlägigen Zeitschriften von<br />

Anwälten veröffentlicht, die eigentlich<br />

nichts mit dem Urteil zu tun hatten. Der<br />

eigene Erfolg ist jedoch das beste und aussagekräftigste<br />

Werbemittel. Schließlich ist<br />

es im Rahmen der BO auch ohne weiteres<br />

zulässig. Die einzige Datenbank in der die<br />

Verbindung von Anwalt und Urteil möglich<br />

ist, ist die des Lexxion Verlags: LexxionPro.<br />

Die von den Kanzleien eingesandten<br />

Urteile, werden mit dem Namen der<br />

Prozessbevollmächtigtem verknüpft und<br />

veröffentlich. Das ist ein neuer Weg der<br />

Erfolg verspricht.<br />

yt<br />

Veranstaltungskalender<br />

Datum Thema Ort Kontakt<br />

2.3.2002 Einstweiliger Rechtsschutz Bonn Tel.: 030 / 7 26 15 31 81<br />

in Zivilsachen<br />

5.3.2002 Kanzleigründung - Hamburg Hamburger Anwaltverein,<br />

Der Einstieg in die Selbständigkeit Tel.: 040 / 27 02 21 7<br />

7.-9.3.2002 Intensivrecht Europarecht Berlin Deutsches Anwaltsinstitut,<br />

Tel.: 0234 / 97 06 40<br />

8.+.9.3.2002 Das arbeitsrechtliche Mandat Gelsenkirchen Deutsches Anwaltsinstitut,<br />

Tel.: 0234 / 97 06 40<br />

28.3.2002 JURAcon Messe München JURAcon,<br />

Tel.: 069 / 79 409 555<br />

12.-13.4.2002 XVII Forum – „Erfolgreicher Wiesbaden Tel.: 030 / 7 26 15 31 81<br />

Einstieg in den Anwaltsberuf“<br />

ab 20.4.2002 Praktikerseminar für junge Anwälte Stuttgart Deutsches Anwaltsinstitut<br />

u.a. Orte, Tel.: 0234/97 06 40<br />

ab 23.4.2002 Einführung in den Anwaltsberuf, Köln Universität Köln<br />

Ringvorlesung der Universität Köln Tel.: 0221 / 4 70 57 11<br />

29.4.2002 career venture Frankfurt www.career-venture.de<br />

jura Frankfurt<br />

9.5.2002 Praxis Karriere-Messe München Tel.: 089 / 82 08 59 50<br />

Dr. von Göler Verlagsgesellschaft<br />

24.5.2002 Bayerische München Tel.: 089 / 45 45 16 80<br />

Juristenmesse<br />

justament eins 2002<br />

41


<strong>Service</strong><br />

justament abonnieren<br />

Name, Vorname<br />

Herausgeber<br />

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Andreae und Diplom-Volkswirt Fritz Neske.<br />

Firma / Kanzlei / Universität<br />

Verlag<br />

Lexxion Verlag – NP NewLaw Publishers GmbH.<br />

Straße<br />

Redaktion<br />

Jörg-Ulrich Weidhas, MA (yt., v.i.S.d.P.), weidhas@lexxion.de,<br />

Katharina Mohr (km.), mohr@lexxion.de.<br />

Telefon<br />

Redaktionelle Mitarbeiter<br />

Kristina Orthmann (ko.), Jörn Reinhardt (jr.), Ingo Sparmann (is.), ), René Hoffmann (rh.),<br />

Fax<br />

Christoph Tismer (ct.), alle Berlin.<br />

Layout, Grafik<br />

Andreas Müller, andreasm@epost.de<br />

Unterschrift<br />

David Fuchs, fuchsda@aol.com<br />

Abbildungen<br />

Faxen oder schicken Sie<br />

Wir danken der Firma TechnoLog Scan-Systems GmbH für die zur verfügung gestellten Bilder.<br />

diesen Coupon an:<br />

Anschrift der Redaktion<br />

NP NewLaw Publishers GmbH<br />

justament, Lexxion Verlag – NP NewLaw Publishers GmbH, Marienstr. 19/20, 10117 Berlin,<br />

Telefon 030 - 28 87 93 32, Fax 030 - 28 87 93 34, redaktion@justament.de, www.justament.de.<br />

Marienstr. 19/20<br />

10117 Berlin<br />

Manuskripte<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Programme, Datenbanken und Geräte wird keine<br />

Telefon: 030 - 28 87 93 32<br />

Haftung übernommen. Der Autor überträgt dem Verlag nicht nur das übliche Verlagsrecht an seinem<br />

Fax: 030 - 28 87 93 34<br />

Beitrag für die Zeitschrift justament, sondern auch für etwaige andere, z.B. elektronische Formen<br />

der Publikation. Nachdrucke müssen vom Verlag genehmigt werden. Die Redaktion behält sich vor,<br />

Leserbriefe zu kürzen.<br />

Ich wünsche<br />

Anzeigen<br />

Nils Olhorn, Dankwartstraße 18, 23966 Wismar, olhorn@lexxion.de,<br />

❍ die nächste Ausgabe<br />

Telefon 03841- 22 79 51, Fax 03841-22 79 53.<br />

für € 3,– inkl. MwSt.<br />

Erscheinungsweise<br />

❍ ein Jahresabo<br />

jeden zweiten Monat<br />

für € 13,– inkl. MwSt. zzgl. Versand<br />

Bezugspreise<br />

Jahresabonnement € 13,– inkl. MwSt. zzgl.Versandkosten,<br />

Zahlung jeweils per Rechnung<br />

kostenfreie Verteilung an Referendare und Studenten.<br />

Druck<br />

Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht innerhalb<br />

einer Woche schriftlich gegenüber dem Ver-<br />

Druckhaus Köthen GmbH, Postfach 1152, 06351 Köthen<br />

lag NP New Publishers GmbH widerrufen wird.<br />

ISSN 1615 - 4800<br />

Das Abo verlängert sich, um ein weiteres Jahr, wenn<br />

es nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf gekündigt<br />

wird. Ich bestätige durch meine Unterschrift,<br />

Gründungsherausgeberin ist Susann Braecklein.<br />

über dieses Widerrufsrecht belehrt worden zu sein. Einem Teil der Auflage ist eine Beilage der GERLING Versicherung beigefügt.<br />

<strong>Justament</strong> sucht engagierte Juristen!<br />

Wir suchen Juristen in ganz Deutschland, die Spaß an journalistischer<br />

Tätigkeit haben und die unsere Redaktion gerne unterstützen<br />

möchten. Im Vordergrund steht dabei eine engagierte Recherchearbeit,<br />

die interessante Themen aufgreift und das Juristenleben<br />

von innen her beschreibt. Grundsätzlich arbeiten unsere<br />

Autoren unentgeltlich, eine geringe Aufwandsentschädigung ist<br />

im Einzelfall jedoch möglich. Auch einmalige Beiträge sind jederzeit<br />

willkommen!<br />

E-Mail: redaktion@justament.de oder:<br />

In der kommenden Nummer, die Anfang Mai erscheint, wird das Redaktion justament<br />

Rahmenthema voraussichtlich „Europa“ sein. Wer Lust hat sich zu Lexxion Verlag, NP NewLaw Publishers GmbH<br />

beteiligen, aktiv zu werden, sollte sich bis Ende März bei uns melden.<br />

10117 Berlin<br />

Marienstr. 19/20<br />

42 justament eins 2002

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