atp edition Entwurfsassistenz in der Gebäudeautomation (Vorschau)
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9 / 2012
54. Jahrgang B3654
Oldenbourg Industrieverlag
Automatisierungstechnische Praxis
Entwurfsassistenz in der
Gebäudeautomation | 28
Systemkomplexität in der
Automation beherrschen | 36
Offenheitsmetrik für
Engineering-Werkzeuge | 46
Automatisierte Diagnose
für die Inbetriebnahme | 56
Print wirkt
„atp edition“ ist ein Printtitel auf höchster
Qualitätsstufe und mit Nachhaltigkeit im
Sinne wiederkehrender Nutzung. Der Titel
erfüllt den selbstgestellten Anspruch eines
anspruchsvollen und seriösen Magazins für
Top-Entscheider zwischen Wissenschaft
und Praxis konsequent.
Entsprechend der journalistischen Konzeption
ist Online hintenangestellt. Die Jury
sah hier „die beispielhafte Umsetzung einer
wissenschaftlich ausgerichteten Fachzeitschrift
mit Magazincharakter“.
EDITORIAL
Assistenzsysteme als Herausforderung
für die Automatisierung
Deutschland hat bei der derzeit proklamierten vierten industriellen Revolution
„Industrie 4.0“ ausgezeichnete Voraussetzungen. Warum? Weil wir
seit langem die Möglichkeiten der industriellen Kommunikations- und Informationstechnologie
(IKT) für die Anwendung in der Automatisierungstechnik
konsequent und systematisch entwickeln und nutzen. Die derzeitige Entwicklung
im Hinblick auf Vernetzung und Allgegenwärtigkeit jeglicher Information
wird der Automation einen Schub geben und neue Möglichkeiten eröffnen.
Wir sollten weder dem Nutzer die ganze Komplexität des technischen Produktes
zumuten noch dem Ingenieur die Komplexität verketteter Engineering-Werkzeuge
bei der Produktentstehung oder dem Servicemitarbeiter beziehungsweise
Operator während des Betriebs. Andererseits sollten die vollständig vorhandenen
Informationen den verschiedenen Nutzern aber bei Bedarf und in geeigneter
Weise zugänglich gemacht werden, unter anderem dazu dienen Assistenzsysteme.
Eine Voraussetzung von Assistenzsystemen ist die Informationsanalyse und
-auswertung beziehungsweise Aggregation für eine bessere Aufnahme durch
den Menschen. Gerade die Informationsaggregation ist weiter zu erforschen. Nur
ein Beispiel: Die integrierte 3D-Darstellung der Drücke und der Distanzen einer
kontinuierlichen hydraulischen Presse in einem Bild unterstützen den Operator
bei der Fehlererkennung, da er nicht mehr zwischen getrennten Darstellungen
in zwei Bildern die Informationen „im Kopf“ integrieren muss. Fehler werden
jedoch erst besser erkannt, wenn der Operator die 3D-Bilder drehen, zoomen oder
ähnliches kann. Warum das so ist? Dies sind Fragen der Raumkognition, die wir
nur gemeinsam mit Psychologen beantworten können.
Die mobile Welt zeigt uns bereits täglich die permanente Informationsverfügbarkeit
und die sich damit ändernden Verhaltensweisen der Menschen. „Context
awareness“ bedeutet in der mobilen Welt, dass dem Nutzer nur diejenigen Informationen
angeboten werden, die für seine gerade durchzuführende Aufgabe
(Context) wichtig sind. Wir bezeichnen dies als adaptives System. Die Basis für
adaptive und adaptierbare Assistenzsysteme ist durch höhere Rechenleistung
und intelligentere Algorithmen, etwa Agenten, gelegt.
Die Herausforderung für die Automatisierungstechnik ist groß: Wie können in
Zukunft Mensch und Rechner optimal zusammenarbeiten? Wann soll der Rechner
unterstützen, wann nicht? Automatisierungssysteme sollen adaptiv sein, sich
selbständig anpassen, aber für den Menschen nachvollziehbar, nützlich und
durch den Menschen adaptierbar sein (Sheridan), beispielsweise auf seine Vorkenntnisse
und Fähigkeiten.
Um solche Systeme entwerfen zu können, benötigen wir unter anderem erweiterte
Menschmodelle und eine enge Kooperation mit Kollegen aus den Arbeitswissenschaften
und der Arbeitspsychologie. Diese Kooperation setzt die Erarbeitung
eines gemeinsamen Verständnisses voraus, um wirklich neue Ansätze
zu entwickeln, also im wahrsten Sinne des Wortes transdisziplinäre Ergebnisse
erbringen können.
PROF. DR.-ING. BIRGIT
VOGEL-HEUSER
Ordinaria, Lehrstuhlleitung
Lehrstuhl Automatisierung und
Informationssysteme
Technische Universität München
atp edition
9 / 2012
3
INHALT 9 / 2012
VERBAND
6 | ZVEI und VDMA fordern mehr Kontroll- und Durchgriffsrechte
zur Rettung des Euro
Frank Allgöwer neuer Vizepräsident der DFG
AALE: Jubiläumstagung 2013 in Stralsund
7 | Automatisierungstechnik assistiert dem Menschen
Ehrenplakette des VDI für Dr. Pirmin Netter
FORSCHUNG
10 | Uni Stuttgart und TU Delft rasen zum Sieg
Druck von nanoteiligen Funktionsmaterialien gelungen
12 | Nachwuchs-Ingenieurinnen steuern Roboter zum Erfolg
beim Regionalwettbewerb der First Lego League
BRANCHE
8 | Fachkongress stellt auf der „it-sa 2012“ fünf aktuelle Themen
zur Informationssicherheit vor
Beiträge zur Smart Systems Integration gesucht
Call for atp-Experts:
Apps und Smart Phones in der Automatisierungstechnik
9 | Eclass und Prolist schließen sich zusammen
Prozessleit-Messe findet in Bochum statt
16 | Erst zuverlässiger Datentransfer lässt das Erdöl in der
Sachalin-Pipeline sicher fließen
18 | So kann der Mobilfunk für die industrielle Automation
effizient genutzt werden
20 | Assistenzsystem hilft beim energiesparenden Einsatz
automatisierter Systeme
4
atp edition
9 / 2012
INTERVIEW
22 | Anwenderinteressen brauchen ein globales Austauschforum
HAUPTBEITRÄGE
28 | Entwurfsassistenz in der Gebäudeautomation
J. PLÖNNIGS, U. RYSSEL, H. DIBOWSKI, M. LEHMANN UND K. KABITZSCH
36 | Systemkomplexität in der Automation beherrschen
J. JASPERNEITE UND O. NIGGEMANN
46 | Offenheitsmetrik für Engineering-Werkzeuge
A. FAY, R. DRATH UND M. BARTH
56 | Automatisierte Diagnose für die Inbetriebnahme
M. OBDENBUSCH, W. HERFS UND W. LOHSE
RUBRIKEN
3 | Editorial
66 | Impressum, Vorschau
VERBAND
ZVEI und VDMA fordern mehr Kontroll- und
Durchgriffsrechte zur Rettung des Euro
ZVEI und VDMA wollen den Euro erhalten, fordern
aber zugleich eine harte Haltung. Nur dann habe der
Euro Bestand, heißt es in einem gemeinsamen Papier der
beiden Verbände. Die Weiterentwicklung der Stabilitätskriterien
des Mastricht-Vertrags im Rahmen des Fiskalpakts
sei zu begrüßen, die Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten
müssten aber noch konkretisiert und
„gehärtet“ werden. So dürften auch kurzfristige Hilfen für
europäische Länder nur gegen Auflagen gewährt und der
Reformdruck müsse aufrecht erhalten werden. Langfristig
müssten Haftung und Kontrolle in Einklang gebracht werden.
Jedes Euro-Land müsse die Kriterien des Fiskalpakts
erfüllen. Länder, die Vereinbarungen auch auf mittlere
Sicht nicht einhalten könnten oder wollten aus dem gemeinsamen
Währungsraum zu entlassen, solle kein Tabu sein.
Eine direkte oder indirekte Finanzierung von Staatsschulden
der Krisenländer durch die Europäische Zentralbank
lehnen die Verbände grundsätzlich ab. Eine Vergemeinschaftung
von Haftungsrisiken könne nur im Rahmen einer
politischen Union mit einer entsprechenden Übertragung
von Budget- und Kontrollrechten auf der europäischen Ebene
geregelt werden. Wichtig sei es, Haushaltskonsolidierung
und Zukunftsinvestitionen in die industrielle Infrastruktur
zu integrieren und das Wirtschaftswachstum unter einen
Hut zu bringen.
gz
ZVEI - ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,
Lyoner Straße 9, 60528 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 6302-0, www.zvei.org
Frank Allgöwer neuer Vizepräsident der DFG
Im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
DFG ist Prof. Frank Allgöwer, zum
Vizepräsidenten der DFG gewählt worden. Allgöwer ist
Direktor des Instituts für Systemtheorie und Regelungstechnik
der Universität Stuttgart. Der neu gewählte DFG-
Vizepräsident betont: „Die DFG spielt für die Ausgestaltung
des Wissenschaftsstandorts Deutschland, des europäischen
Forschungsraums sowie für die globale wissenschaftliche
Zusammenarbeit eine zentrale Rolle. Ich
möchte in dieses Gremium die Perspektive der Ingenieurwissenschaften
einbringen und werde mich für deren
Stärkung und Weiterentwicklung im Anwendungs- und
Grundlagenbereich einsetzen.“ Einen besonderen Akzent
möchte Allgöwer in den kommenden drei Jahren auf
die interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Forscherinnen
und Forschern sowie auf den
Dialog der Wissenschaft mit Wirtschaft
und Gesellschaft setzen. In der
VDI/VDE-Gesellschaft für Mess- und
Automatisierungstechnik leitet Prof.
Frank Allgöwer den Fachbereich 1
„Grundlagen und Methoden der Messund
Automatisierungstechnik“. gz
VDI/VDE – GESELLSCHAFT MESS- UND
AUTOMATISIERUNGSTECHNIK (GMA)
VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,
Tel. +49 (0) 211 621 40,
Internet: www.vdi.de
MIT PROF.
FRANK ALLGÖ-
WER übernahm
ein Automatisierer
die Vizepräsidentschaft
der DFG.
Bild: DFG
AALE: Jubiläumstagung 2013 in Stralsund
Mit ihrer Jubiläumskonferenz geht die AALE nach Stralsund.
Dort findet am 28. Februar und 1. März 2013 die
10. Konferenz für Angewandte Automatisierungstechnik
in Lehre und Forschung an Fachhochschulen (AALE) statt.
An der Fachhochschule Stralsund wird die Tagung vom
Fachbereich Elektrotechnik und Informatik organisiert
und durch den Verein der Freunde und Förderer der AALE
(VFAALE) unterstützt. Die Veranstaltung hat sich zu einem
bewährten Forum für Hochschulprofessoren und
Vertretern aus Wirtschaft und Industrie mit bis zu 170
Teilnehmern entwickelt. Sie dient neben der Kontaktanbahnung,
dem Erfahrungsaustausch über moderne Konzepte,
Entwicklungen und auch der Lehre in der Automatisierungstechnik.
In der begleitenden Ausstellung thematisieren
namhafte Firmen Trends in der Automatisierungstechnik,
Dienstleistungen und Applikationen mit neuen
Produkten, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, Kooperationen
zwischen Hochschule und Industrie sowie
Lehre und Ausbildung, Didaktik und MINT-Projekte.
Abstracts zu Trends und Forschungsprojekten in der
Automatisierungstechnik, können bis zum 1. Oktober
diesen Jahres eingereicht werden. Informationen unter
www.aale2013.fh-stralsund.de
gz
VEREIN DER FREUNDE UND FÖRDERER DER
ANGEWANDTEN AUTOMATISIERUNGSTECHNIK AN
FACHHOCHSCHULEN (VFAALE E.V.),
c/o Fachhochschule Düsseldorf, Fachbereich Elektrotechnik,
Josef-Gockeln-Straße 9, D-40474 Düsseldorf,
Tel. +49 (0) 211 435 13 08, Internet: www.vfaale.de
6
atp edition
9 / 2012
Automatisierungstechnik assistiert dem Menschen
Von automatisierten Assistenzsystemen können immer
mehr älter werdende Menschen profitieren. Schlagwort:
Ambient Assistet Living (AAL). Zu diesem Thema
veranstaltet der VDE den 6. Deutschen AAL-Kongress zu
technischen Assistenzsystemen. Er findet am 22. und 23.
Januar 2013 im Berliner Congress Center statt.
Unter dem Motto „Lebensqualität im Wandel von Demografie
und Technik“ stehen technische Assistenzsysteme
im Mittelpunkt. Besonders ältere Menschen und Menschen
mit körperlichen Beeinträchtigungen soll die Technik unterstützen:
von der Arbeitswelt über die soziale Teilhabe
bis zur Mobilität. Der Kongress zeigt praktische Anwendungsbeispiele,
Konzeptstudien von morgen und technische
Lösungen von heute. Neben Plenarbeiträgen und
Vorträgen werden erstmals auch Workshops angeboten.
Der Kongress bietet Forschern und Entwicklern, Herstellern
und Anwendern sowie Vertretern aus Politik, Wirtschaft
und Verbänden eine Plattform zum Meinungs-, Informations-
und Wissensaustausch. Kooperationspartner
sind die Fraunhofer-Allianz Ambient Assisted Living (AAL),
das DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche
Intelligenz) und der Sozialverband VdK Deutschland.
Bis zum 15. September können Interessierte Abstracts und
Paper sowie Workshopbeiträge einreichen. Mehr Informationen
unter www.aal-kongress.de und www.vde.com. gz
HOHE ANFORDERUNGEN an die Automatisierungstechnik
müssen Systeme erfüllen, die hilfsbdürftige Menschen
unterstützen sollen. Bild: VDE
VDE – VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK
INFORMATIONSTECHNIK E.V.,
Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com
Ehrenplakette des VDI für Dr. Pirmin Netter
Für sein Engagement zur Anlagensicherheit in der Chemie
zeichnete die VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und
Automatisierungstechnik (GMA) auf der Automation
2012 in Baden-Baden Dr. rer. nat. Pirmin Netter mit der
VDI-Ehrenplakette aus. Netter befasste sich während seiner
Zeit bei der Hoechst AG und deren Nachfolgeorganisationen
mit den Themen Sicherheitsüberwachung, Arbeitsschutz
und Anlagensicherheit. Netter ist ehrenamtlich in
technisch-wissenschaftlichen Organisationen tätig und
gestaltet die nationale und internationale Regelsetzung
mit. In der GMA wirkt er an der Aktualisierung und internationalen
Abstimmung der Richtlinienreihe VDI/VDE
2180 „Sicherung von Anlagen der Verfahrenstechnik mit
Mitteln der Prozessleittechnik“ mit.
gz
VDI – VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,
Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de
Durchflussmessung
auf engstem
Raum?
Der neue CoriolisMaster von ABB ist einer
der kompaktesten Coriolis Masse-Durchflussmesser.
Er benötigt keine Ein- und
Auslaufstrecken. Darum eignet er sich auch
für Installationen mit wenig Platz. Erfahren
Sie, warum der CoriolisMaster die bessere
Alternative ist: www.abb.de/durchfluss
Natürlich.
ABB Automation Products GmbH
Tel.: 0800 111 44 11
Fax: 0800 111 44 22
E-Mail: vertrieb.messtechnik-produkte@de.abb.com
atp edition
9 / 2012
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BRANCHE
DIE „IT-SA 2012“,
Spezialmesse für
IT-Security, findet
vom 16. bis 18.
Oktober 2012 in
Nürnberg statt.
Bild: NuernbergMesse/
Thomas Geiger
Fachkongress stellt auf der „it-sa 2012“ fünf
aktuelle Themen zur Informationssicherheit vor
Vom 16. bis 18. Oktober findet in Nürnberg die Messe
„it-sa 2012“ statt. Der dazugehörige Kongress „Industrielle
IT-Sicherheit“ bietet Vorträge zu fünf aktuellen
Informationssicherheits-Themen an. Das bayerische
IT-Sicherheitscluster – Arbeitsgruppe „Industrial IT Se-
curity“ richtet den Expertentreff unter dem Motto
„Industri elle IT-Sicherheit – Neue Angriffsziele, alte
Konzepte?“ aus.
Prof. Dr. Gordon T. Rohrmair, Vizepräsident für Forschung
und Wissenstransfer der Hochschule Augsburg,
referiert beispielsweise über das Thema „Spannungsfeld
IT-Sicherheit in Produktions-, Fertigungs- und Infrastruktureinrichtungen“.
Gefolgt wird er von dem Beitrag
„Security for Safety in der Industrieautomation“ von
Dr. Thomas Störtkuhl, Produktmanager Industrial IT
Security TÜV Süd AG. Weitere Themen sind die Anforderungen
der IT-Unternehmen im Bereich Industrial
IT-Security. Die Vortragsreihe runden Lösungsansätze
für Sicherheit in Fertigungsanlagen mit entsprechenden
Produktvorstellungen ab.
ahü
NÜRNBERG MESSE GMBH, MESSE SERVICE,
Messezentrum, D-90471 Nürnberg,
Tel. +49 (0) 911 86 06 80 00, Internet: www.it-sa.de
Beiträge zur Smart Systems Integration gesucht
Anlässlich der Veranstaltung Smart Systems Integration
(13. bis 14. März 2013) in Amsterdam werden
noch Beiträge gesucht. Die Frist für Einreichungen zu
Themen wie smart Systems for Automotive Applications/
green Car and Aeronautics, smart Medtech Systems and
Systems for Prognostics Health Management, smart Systems
in Logistics and Security Applications, smart Power,
smart Grids and smart Networks oder Cyber Physical
Systems, smart Communication, self-sufficient Sensor
Networks und manufacturing Technologies for smart
integrated System ist der 30. September 2012. Die Einreichung
der Beiträge ist sowohl auf deutsch als auch auf
englisch möglich.
ahü
MESAGO MESSE FRANKFURT GMBH,
Rotebuehlstraße 83-85, D-70178 Stuttgart,
Tel. +49 (0) 711 61 94 60,
Internet: www.smartsystemsintegration.com
Apps und Smart Phones in der Automatisierungstechnik
DIE AUSGABE 3/2013 DER ATP EDITION
diskutiert das Potenzial von Apps, den
kleinen hochspezialisierten Anwendungen,
die wesentlich zum Erfolg von
Smart Phone und Tablet PC beigetragen
haben, für die Gestaltung der Mensch-
Maschine-Nahtstellen in den herausfordernden
Umgebungen der Automatisierungstechnik
in Gebäude-, Fertigungsund
Prozessindustrie. Welche besonderen
Anpassungen sind für die industrielle
Nutzung notwendig oder sinnvoll? Wie
ändern sich Arbeitsabläufe, Verantwortlichkeiten
und Zuständigkeiten? Welche
Erfahrungen lassen sich aus ersten Einführungsprojekten
ableiten?
Wir bitten Sie, bis zum 1. Oktober 2012 zu
diesem Themenschwerpunkt einen gemäß
der Autorenrichtlinien der atp edition
ausgearbeiteten Hauptbeitrag per E-Mail
an urbas@oiv.de einzureichen.
Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation
für Fach- und Führungskräfte
der Automatisierungsbranche. In
den Hauptbeiträgen werden die Themen
mit hohem wissenschaftlichem und technischem
Anspruch vergleichsweise abstrakt
dargestellt. Im Journalteil schlägt
atp edition die Brücke zur Praxis. Hier
werden Erfahrungen von Anwendern mit
neuen Technologien, Prozessen oder Produkten
beschrieben.
Alle Beiträge werden von einem Fachgremium
begutachtet. Sollten Sie sich selbst
aktiv an dem Begutachtungsprozess beteiligen
wollen, bitten wir um kurze Rückmeldung.
Für weitere Rückfragen stehen
wir Ihnen selbstverständlich gerne zur
Verfügung.
Ihre Redaktion der atp edition:
Leon Urbas, Anne Hütter
CALL FOR
Aufruf zur Beitragseinreichung
Thema: Apps und Smart Phones in der
Automatisierungstechnik
Kontakt: urbas@oiv.de
Termin: 1. Oktober 2012
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atp edition
9 / 2012
Eclass und Prolist
schließen sich zusammen
Die beiden Kommunikationsstandards Eclass und Prolist
haben ihren Zusammenschluss perfekt gemacht.
Mit dem Ziel Prolist datentechnisch und organisatorisch
in Eclass zu integrieren, unterzeichneten beide Vereine
Mitte Juli den gemeinsamen Vertrag.
Die vorhandenen Technologien sollen nun unter dem
Dach des Eclass-Verbands weiterentwickelt werden.
Die Verschmelzung soll bis Ende 2012 abgeschlossen
sein. Prolist selbst soll dann ebenfalls unter dem Label
Eclass am Markt agieren. Mit dem
Eclass-Release 8.0 im November
2012 soll die Datenintegration abgeschlossen
sein. Nach Angaben der
Verbände werden die fachlichen
Arbeiten zur Prozessleit- und Automatisierungstechnik
bei Eclass
durch eine neu eingerichtete Fachgruppe
Prozessleittechnik/Prolist
koordiniert.
Die Veröffentlichung der Prozessleittechnik-spezifischen
Klassifizierungs-
und Merkmalsstrukturen
erfolgt integriert im Eclass-
Standard.
ahü
DR. GUNTHER
KEGEL
Vorsitzender von
Prolist International.
GESCHÄFTSSTELLE PROLIST INTERNATIONAL E.V.
C/O BAYER TECHNOLOGY SERVICES GMBH,
OSS-LIA, Gebäude K 9, D-51368 Leverkusen,
Tel. +49 (0) 214 305 78 52,
Internet: www.prolist.org
Prozessleit-Messe findet
in Bochum statt
Die MSR-Spezialmesse für Prozessleitsysteme, Mess-,
Regel- und Steuerungstechnik findet am 7. November
2012 im RuhrCongress in Bochum statt. Die Veranstalter
erwarten 145 Fachfirmen der Mess-, Steuer-, Regel- und
Automatisierungstechnik. Es werden Geräte, Systeme,
Engineering- und Service-Leistungen sowie neue Trends
im Bereich der Automatsisierung vorgestellt. Die Messe
wendet sich an Fachleute und Entscheidungsträger, die
in ihren Unternehmen für die Optimierung der Geschäfts-
und Produktionsprozesse entlang der gesamten
Wertschöpfungskette verantwortlich sind. Der Besuch
der Messe und die Teilnahme an den Workshops sind für
Teilnehmer kostenlos.
ahü
MEORGA GMBH,
Sportplatzstraße 27, D-66089 Nalbach,
Tel. +49 (0) 6838 896 00 35
Internet: www.meorga.de
Analog Input
±10 V, 0 / 4…20 mA 4-Kanal, Differenzeingänge, 16 Bit
Widerstandssensor
Thermoelement
4-Kanal, single-ended, 16 Bit
Analog Output
±10 V, 0 / 4…20 mA 4-Kanal, 16 Bit
Sonderfunktionen
Winkel-/Wegmessung
Kommunikation
Motion
4-Kanal, PT100, PT1000, Ni100 etc., 16 Bit
4-Kanal, Typ J, K, L , M etc., 16 Bit
4-Kanal, 2 Inputs, 2 Outputs, 16 Bit
Inkremental-Encoder
Serielle Schnittstelle
IO-Link-Master
Schrittmotormodul
DC-Motor-Endstufe
M12
M12
D-Sub M12
atp edition
6 / 2012
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FORSCHUNG
Uni Stuttgart und TU Delft rasen zum Sieg
Bei der Formula Student vom 31. Juli bis 6. August
2012 setzten sich die Universität Stuttgart und die
TU Delft durch. Die Mannschaft der Universität Stuttgart
verwies in der Formula Student Combustion (FSC),
dem traditionellen Wettbewerb mit Verbrennungs-
EIN JAHR LANG konstruierten Studenten Rennwagen
für den Wettbewerb Formula Student Germany.
Bild: FSG/Kroeger
motoren, die Teams der TU München und der Chalmers
University of Technology aus Schweden auf den zweiten
und dritten Platz. In der Klasse der Elektrofahrzeuge,
Formula Student Electric (FSE), siegte das niederländische
Team der TU Delft. Zweiter wurde die ETH
Zürich vor der Universität Stuttgart auf Rang drei. Bei
der Formula Student ist ein studentisches Team aufgefordert,
einen einsitzigen Rennwagen zu konstruieren.
Dafür haben die Studenten ein Jahr lang Zeit. Zum
Wettbewerb müssen die Nachwuchstüftler dann ihr
Können in Disziplinen wie Beschleunigung, Ausdauer,
Treibstoff-/Energieeffizienz, Design und Finanzplanung
unter Beweis stellen. In diesem Jahr nahmen
108 Teams aus 25 Nationen am internationalen Konstruktionswett
bewerb für Studenten teil. Insgesamt
76 Teams gingen bei der FSG an den Start. Der Konstruktionswettbewerb
„Formula Student“ begann 1981
in den USA. Mittler weile messen sich Studierende jährlich
weltweit bei ähnlichen Wettbewerben. ahü
UNIVERSITÄT STUTTGART,
Keplerstraße 7, D-70174 Stuttgart,
Tel. +49 (0) 711 68 58 22 11, Internet: www.uni-stuttgart.de
Druck von nanoteiligen Funktionsmaterialien gelungen
IM REINRAUM DES SPITZENCLUSTERS arbeiten
Forscher an den zukünftigen Anwendungen der gedruckten
Elektronik. Bild: Heidelberger Druckmaschinen AG
Der BASF, der TU Darmstadt und der Heidelberger
Druckmaschinen AG ist es gelungen, auf einer Rollendruckmaschine
erste funktionsfähige Bauelemente unter
Laborbedingungen herzustellen. Dieses Ergebnis wurde
im Rahmen des Projektes „Nanostrukturierung und Plastik-Elektronik
Printplattform“ (NanoPEP) erzielt. Bereits
seit Sommer 2009 arbeiten die Forscher an nanoteiligen
Funktionsmaterialien und den zugehörigen neuartigen
Druckverfahren, mit denen diese verarbeitet werden
können. Die Druckmaschine spielt dabei eine besondere
Rolle. Sie dient als Plattform für modifizierte oder völlig
neu entwickelte Druck- oder Beschichtungswerke und
somit als Integrator für die neuen Verfahren. Die Anforderungen
sind hoch: Bei Schichtdicken im Bereich weniger
Nanometer müssen die gedruckten Schichten extrem
homogen und defektfrei sein. In der ersten Projektphase
wurden bereits wichtige Fortschritte im Bereich
der Drucktechnik erzielt: Grundlage dafür bildete die
Inbetriebnahme einer Rollendruckmaschine auf Basis
einer Gallus RCS 330.
Die daraus entstehenden Anwendungen der organischen
Elektronik basieren auf leitfähigen Polymeren oder
auch kleineren Molekülen der organischen Chemie. Ihre
Einsatzgebiete reichen von organischen Schaltungen und
Speichern über die Photovoltaik bis hin zu organischen
Leuchtdioden. Parallel dazu untersuchen die BASF-Forscher
druckbare Suspensionen für die organische Elektronik,
die bei niedrigen Temperaturen verarbeitet werden
können. Dies stellt eine weitere große Herausforderung
an die Materialentwicklung dar, da die Komponenten
und deren Zusammenwirken auf diese Bedingungen
beim Druck komplett neu eingestellt werden müssen. Mit
diesen Materialien soll die Herstellung von Bauteilen auf
preiswerten flexiblen Polymerfolien mit dem Roll-to-roll-
Druckverfahren möglich werden.
ahü
TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT,
Karolinenplatz 5, D-64289 Darmstadt,
Tel. +49 (0) 6151 160, Internet: www.tu-darmstadt.de
10
atp edition
9 / 2012
Intelligenter
Überspannungsschutz
mit System
Schutzgerät O.K.
Leistungsgrenze erreicht,
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Immer wissen, was los ist
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atp edition
9 / 2012
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FORSCHUNG
Nachwuchs-Ingenieurinnen steuern Roboter zum
Erfolg beim Regionalwettbewerb der First Lego League
Initiative an der Hochschule Regensburg begeistert Schülerinnen für Roboterprogrammierung
Besprechung: Roboteraufbau für das Spielfeld 2011 der
First Lego League (FFL).
GROSSE FREUDE: Das Team „TechnoMädels“ wird
Gesamtsieger des FLL-Regionalwettbewerbes 2011 an der
Hochschule Regensburg. Bilder: Rösel
Sophia und Lina setzen den aus Legosteinen konstruierten
Roboter in die Base und starten das
Steuerungsprogramm „Mähdrescher“. Der Roboter, der
den Namen Primus trägt, fährt entlang der Spielfeldbande
bis der Lichtsensor die schwarze Linie erkennt
und folgt ihr bis zum Mähdrescher. Die Vorwärtsbewegung
des Roboters bringt „die Ernte ein“, das
heißt, die Körner in Form von Legosteinen, die sich auf
dem Mähdrescher befinden, werden in den Roboter
entleert. Anschließend stößt der Roboter zurück und
bewegt den Hebel eines anderen Objekts auf dem Spielfeld,
ein Virenbecken, dessen Beladung „desinfiziert“
werden soll. Auch hier müssen Legosteine, die nun
Viren darstellen, vom Roboter aufgefangen werden.
Nun fährt Primus zurück in die Base. Die Mission
ist erfolgreich abgeschlossen. Das Team „TechnoMädels“,
zu dem Sophia und Lina gehören, erhält
21 Punkte. Lina baut den Roboter für die Mission um
und Sophia startet das entsprechende Programm.
Primus soll in den verbleibenden zwei Minuten noch
viele weitere Punkte einsammeln.
TECHNISCHES SCHULWISSEN IN DER PRAXIS
ANWENDEN
Die beiden Mädchen im Alter von zwölf Jahren gehören
zum Team „TechnoMädels“, das 2011 erfolgreich am
First-Lego-League-(FLL)-Regionalwettbewerb an der
Hochschule Regensburg teilgenommen hat. Dieses
Team geht auf eine Initiative von Prof. Dr. Birgit Rösel
und Dipl.-Wirt.-Inf. (FH) Ulrike Stumvoll zurück. Dem
vorausgegangen ist die Erkenntnis, dass Jugendliche
das in der Schule vermittelte technische Wissen in der
Praxis nur schwer anwenden können. Die FLL bietet
die Möglichkeit, ingenieurmäßiges Arbeiten in einer
spielerischen aber dennoch realitätsnahen Projektumgebung
zu erfahren. Dies bewegte die Autorinnen dazu,
ein entsprechendes Team zu gründen und an dem Wettbewerb
teilzunehmen.
Die Idee zum reinen Mädchenteam entstand spontan.
Die ersten Teammitglieder waren im persönlichen
Freundeskreis schnell gefunden. Die Ergänzung des
Teams auf mindestens fünf Teilnehmerinnen gestaltete
sich allerdings schwierig. Viele Mädchen waren, trotz
persönlicher Kontakte zu den bereits gewonnenen
Teammitgliedern, von der Idee, sich in der Freizeit mit
dem Bau und der Programmierung eines Roboters zu
beschäftigen, abgeschreckt. Letztlich bildete sich ein
Team mit Mädchen aus verschiedenen Schulen des
Regensburger Stadtgebiets.
Obwohl sich die Jugendlichen kaum kannten, begannen
sie sofort mit der Vorbereitung auf den Wettbewerb.
Der erste Kontakt mit Lego-Mindstorm-Robotern
weckte schnell Interesse und Begeisterung für die
First Lego League.
MIT LEGO INTERESSE AN TECHNIK WECKEN
Die FLL ist ein Roboterwettbewerb für Kinder und Jugendliche
zwischen 10 und 16 Jahren und wird vom
Verein „Hands on Technology e.V.“ durchgeführt. Das
gemeinsame Ziel des Vereins, mit Vertreterinnen und
Vertretern aus Bildung, Medien, Wissenschaft und Wirtschaft
ist es, Kinder und Jugendliche für Wissenschaft
und Technik zu begeistern. Die Hochschule Regensburg
ist seit 2011 Regionalpartner im Rahmen der FLL.
Die Teams bauen und programmieren für den Wettbewerb
einen autonomen Roboter, der auf einem vor-
12
atp edition
9 / 2012
gegebenen Spielfeld Missionen, passend zum jeweiligen
Thema, lösen soll. Im vergangenen Jahr lautete das Thema
„Food Factor – sichere Lebensmittel“. Mit diesem
Roboter muss das eingangs beschriebene Robot-Game
bestritten werden. Außerdem müssen die Teams im
Rahmen des Wettbewerbs in der Kategorie Robotdesign
den Aufbau und die Funktion des Roboters einer unabhängigen
Jury erklären.
Das Design des Roboters können die Schüler weitgehend
selbst gestalten, wobei ausschließlich Lego-Teile
verwendet werden dürfen. Der Kern des Roboters ist bei
allen Teams ein Lego-NXT-Baustein an den maximal
drei Motoren und bis zu vier Sensoren angeschlossen
werden können. Mögliche Sensoren, die die Teams verwenden
dürfen sind: Ultraschall-, Berührungs-, Lichtund
Farbsensor. Zusätzlich sind Regeln in Hinblick auf
die Größe des Roboters einzuhalten. Mit Hilfe einer
kindgerechten Lego-Software können die Jugendlichen
die Bewegungen und Sensoren beeinflussen, indem sie
einen entsprechenden Ablauf programmieren und auf
den Roboter überspielen.
MIT SELBST PROGRAMMIERTEM ROBOTER AUFGABEN
LÖSEN
Ein Highlight für die „TechnoMädels“ war der gemeinsame
Aufbau des Spielfelds Ende August. Das Spielfeld
ist für jedes Team gleich und wird zu einem bestimmten
Stichtag als Bausatz mit mehreren hundert Legosteinen
und einer Bauanleitung an die Teams versendet.
Durch den fünfstündigen Aufbau und das
abschließende, gemeinsame Pizzaessen entstand ein
Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mädchen.
Zudem wurde von den „TechnoMädels“ das Ziel formuliert,
unter die drei Besten des Regionalwettbewerbs
an der Hochschule Regensburg zu kommen. Um dieses
Ziel zu erreichen, trafen sich die Teilnehmerinnen wöchentlich
in ihrer Freizeit als ganzes Team und in kleinen
Projektgruppen am Wochenende. Dabei stand für
die Coaches die Anleitung und nicht die Problemlösung
im Vordergrund. Die Schülerinnen arbeiteten
weitgehend selbstständig am Aufbau des Roboters, den
Anbauten zur Erfüllung der einzelnen Aufgaben, sowie
der Programmierung.
Zusätzlich hatte das Team für die Kategorie Forschungspräsentation
des Wettbewerbs eine Problematik
in der Lebensmittelkette zu identifizieren und eine
innovative Lösung, basierend auf dem Stand der Technik,
zu erarbeiten.
Mit gemischten Gefühlen kamen die „TechnoMädels“
acht Wochen nach Ausschreibung der Aufgaben zum
Wettbewerb an die Hochschule Regensburg. Dies lag
einerseits daran, dass eine Unsicherheit bezüglich der
Leistungen der anderen Teams herrschte, anderseits
war unklar, wie der Wettbewerb im Detail abläuft und
welche Erwartungen die Juroren in den einzelnen
Kategorien haben werden.
Programm
SIL
Sprechstunde
Moderation: Jürgen George,
Pepperl+Fuchs GmbH
4. SIL-Sprechstunde
Funktionale Sicherheit
18. + 19.9.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
www.sil-sprechstunde.de
Wann und Wo?
PLT-Schutz-
einrichtung
Prinzip der SIL-Bewertung
Parameter der SIL-Bewertung
Vermeidung systematischer Fehler
Bewertung zufälliger Fehler
Gerätequalifikation aufgrund „früherer Verwendung“
Referenten
Dirk Hablawetz, BASF SE
Dr. Andreas Hildebrandt, Gerhard Jung, Pepperl+Fuchs GmbH
Udo Hug, BImSchG § 29a Sachverständiger
Dr. Thomas Karte, Samson AG
Dr. Gerold Klotz-Engmann, Endress+Hauser Messtechnik GmbH + Co. KG
Josef Kuboth, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
Bernd Schroers, Bayer Technology Services
Heiko Schween, HIMA Paul Hildebrandt GmbH + Co KG
Johann Ströbl, TÜV Süd Industrie Service GmbH
Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.sil-sprechstunde.de
Termin
Dienstag, 18.09.2012
Veranstaltung (11:30 – 16:30 Uhr)
„Get-Together“ mit Abendessen (ab 17:30 Uhr)
Mittwoch, 19.09.2012
Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)
Ort
Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
Thema
SIL – Qualifizierung von PLT-Schutzeinrichtungen
Teilnahmegebühr
atp edition-Abonnenten 540 € zzgl. MwSt
Firmenempfehlung 590 € zzgl. MwSt
reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt
Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen
sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,
„Get-Together“ mit Abendessen).
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FORSCHUNG
Zu Beginn mussten die „TechnoMädels“ eine Teamaufgabe
lösen, ihren Roboter im Rahmen der Kategorie
Roboterdesign vorstellen und die Forschungsarbeit
präsen tieren. Dabei wurden die Ergebnisse dieser drei
Wettbewerbsteile streng geheim gehalten. Vor dem eigentlichen
Robot-Game war somit immer noch unklar,
wie die Ausgangssituation ist. In den drei Runden des
Robot-Games galt es, insbesondere für die zwei Mädchen
am Spielfeldtisch, die Nerven zu bewahren und
mit dem selbst gebauten Roboter möglichst viele Punkte
innerhalb von 2:30 Minuten zu erzielen. Im Rahmen
der spannenden Siegerehrung waren die „TechnoMädels“
überwältigt davon, dass sie den ersten Platz in
der Kategorie Team und auch in der Kategorie Forschungspräsentation
erzielt hatten.
SIEG SPORNT ZU MEHR ENGAGEMENT AN
Die Begeisterung der Mädchen kannte keine Grenzen als
sie erfuhren, dass sie auch Gesamtsieger des Regionalwettbewerbs
waren. Michael Staab, Vertreter des
Hauptsponsors Continental Regensburg und dort als Personalleiter
tätig, freute sich besonders über die Tatsache,
dass die FFL die Mädchen anspricht: „Ein toller Erfolg
und der beste Beweis, dass Lego und Technik nicht nur
für Jungen interessant sind. Wir werden das Thema weiter
und forciert unterstützen." Das Team wird auch von
weiteren Firmen und der Frauenbeauftragten der Hochschule
Regensburg finanziell und beispielsweise durch
die Bereitstellung von Räumen und Material für den
Spieltisch unterstützt.
Ihr Sieg qualifizierte die „TechnoMädels“ für das
FLL-Semifinale in München. Dort mussten sie sich
aber gegen Teams mit langjähriger Erfahrung in der
First Lego League geschlagen geben. Dennoch ist die
Motivation der Schülerinnen für die nächste Saison
ungebrochen.
Die Mädchen beschäftigten sich direkt im Anschluss
an die Wettbewerbssaison mit den Grundlagen des
Roboterbaus und dessen Programmierung, um für
die FLL-Saison 2012, die unter dem Motto „Senior
Solutions“ steht, gut ausgerüstet zu sein. Im Robot-
Game in der Saison 2011 hatte sich gezeigt, dass der
Roboter Primus nicht zuverlässig genug arbeitete.
Daher kam der Wunsch auf, präzise und wiederholbar
eine bestimmte Strecke zu fahren und die Programmierung
professionell zu gestalten. Mit Hilfe von Pair-
Teaching-Methoden haben die Coaches die Mädchen
beim Aufbau von fachspezifischem Wissen in den
Bereichen Mathematik, Getriebetechnik und Software
Engineering unterstützt. Das ursprüngliche Ziel der
Coaches war erreicht: Interesse für Theorie bei Schülerinnen
zu wecken und das Wissen in der Praxis
gewinnbringend einzusetzen.
ZUSAMMENFASSUNG
Durch die First Lego League werden Kinder und Jugendliche
in einer sportlichen Atmosphäre an die Bereiche
Mathematik/Informatik/Naturwissenschaften/Technik
(MINT) herangeführt. Das Besondere an der FFL ist, dass
neben technischen Facetten auch die heute so wichtigen
zusätzlichen „Soft Skills“ wie Teamwork, Projektmanagement,
Präsentation und Marketing von den Teams
geübt und auch abverlangt werden. Sowohl für die
Hochschule Regensburg als auch für Continental,
Hauptsponsor des FLL-Regionalwettbewerbes 2012 in
Regensburg, ist die First Lego League ein wichtiger Baustein
im Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des drohenden
Fachkräftemangels. MINT-Absolventen werden in
Zukunft besonders gefragt sein: Wirtschaftlicher Strukturwandel
und demografischer Wandel sind dafür die
wesentlichen Gründe.
Die Sicherung des MINT-Fachkräftenachwuchses
fängt nicht erst in der Hochschule an, sie beginnt spätestens
in der Schule. Hier wird Interesse für Naturwissenschaften
und Technik geweckt. Die Hochschule Regensburg
mit ihrem Projektbüro „Junge Hochschule“
verfügt über ein breites Angebot an MINT-Aktivitäten
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften & Technik)
für Kinder- und Jugendliche. Dadurch wird ein
nachhaltiger Bogen im Prozess des lebenslangen Lernens
gespannt. Beginnend mit dem Vorschulangebot „LITT-
LEtech – Technik in der Frühpädagogik“, mit dessen
Erweiterung auf die Grundschule, bis hin zu den
„P-Seminaren für die gymnasiale Oberstufe“, dem
„Schnupperstudium“ und weiteren Angeboten, ist somit
jede Alterskategorie abgebildet.
AUTOREN
Dipl.-Wirt.-Inf. (FH) ULRIKE STUMVOLL arbeitet
als Process Consultant bei der Continental
Automotive GmbH. Weiterhin promoviert Sie
am IHI Zittau und ist Lehrbeauftragte an der
Hochschule Regensburg.
Continental Automotive GmbH,
Siemensstraße 12, D-93055 Regensburg,
Tel. +49 (0) 941 970 54 11,
E-Mail: ulrike.stumvoll@continental-corporation.com
Prof. Dr.-Ing. BIRGIT RÖSEL seit 1. September 2012
Professorin für Regelungstechnik an der
Hochschule Regensburg. Davor arbeitete sie bei
der Continental Automotive GmbH als Systemingenieur
in verschiedenen Projekten.
Hochschule Regensburg,
Fakultät Elektro- und Informationstechnik
Seybothstraße 12, D-93053 Regensburg,
Tel. +49 (0) 941 943 98 71,
E-Mail: birgit.roesel@hs-regensburg.de
Dipl.-Päd. Univ. ARMIN GARDEIA ist Projektreferent
der Hochschule Regensburg.
Hochschule Regensburg,
Fakultät Elektro- und Informationstechnik
Galgenbergstraße 30, D-93053 Regensburg,
Tel. +49 (0) 941 943 11 38,
E-Mail: armin.gardeia@hs-regensburg.de
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BRANCHE
Erst zuverlässiger Datentransfer lässt das Erdöl
in der Sachalin-Pipeline sicher fließen
1600 Kilometer lange Leitung wird mit Netzwerk-Backbone von Moxa überwacht
ÜBER 1600 KILOMETER Kilometer transportiert die Trans-Sachalin-
Pipeline Öl aus dem Piltun-Astokhskoye-Feld in den asiatisch-pazifischen
Raum. Bilder: Moxa
DIE STRUKTUR DES SYSTEMS: Moxa konstruierte ein
Gigabit-Ethernet-Netzwerk mit über 1000 Switches und
integrierte es in den SDH-Backbone.
Die 1600 Kilometer lange Trans-Sachalin-Ölpipeline
versorgt von der russischen Halbinsel Sachalin aus
den asiatisch-pazifischen Raum mit Öl. Zum zuverlässigen
Funktionieren dieser für die Abnehmer lebenswichtigen
Versorgungsader trägt ein Netzwerk-Backbone mit
mehr als tausend Switches von Moxa wesentlich bei.
Die Prozesse innerhalb des Sachalin-II-Projektes, von
dem ganze Wirtschaftszweige abhängig sind, werden aus
einer Leitstelle in Prigorodnoye heraus permanent überwacht.
Damit die Experten in diesem OET (Oil Export
Terminal) stets alle erforderlichen Informationen bekommen,
muss die zuverlässige Datenübertragung über die
gesamte Strecke hinweg sichergestellt werden.
LANGSTRECKENÜBERTRAGUNG PER LICHTLEITER
Übermittelt werden beispielsweise Geräte-Statusdaten
wie aktuelle Leistung der Lüftung oder zur Funktionsfähigkeit
der Feuermelder. Zudem werden Messwerte
von Sensoren ausgelesen und an die Leitstelle gesendet,
so etwa die Temperatur in der Pipeline, damit die Klimaanlage
entsprechend geregelt werden kann. Umgekehrt
gehen Befehlsdaten aus der Leitstelle an die einzelnen
Geräte zurück, um beispielsweise die Klimaanlage
zu regeln.
Die Grundvoraussetzung für die effiziente Überwachung
und Steuerung aller Systeme und Geräte in einer
Ölpipeline ist daher die Netzwerkstruktur, über die Daten
übermittelt werden. Damit sie sicher durch mehrere
Länder fließen können, musste der Betreiber zunächst
über die gesamten 1600 Kilometer hinweg einen Glasfaser-Backbone
installieren, der mithilfe von SDH-Multiplexern
Standard-E1-Datenströme (Bitrate E1 = 2 Mbit/s)
übermittelt. Die Lichtleitertechnik eignet sich optimal
für die Langstrecken-Datenübertragung.
Die Übertragungsgeschwindigkeiten von Glasfaserleitungen
sind von der Art der Kabel beziehungsweise Fasern
abhängig. In Multimodefasern können sich mehrere
tausend Moden ausbreiten, in Singlemodefasern, die
einen sehr kleinen Kerndurchmesser haben, kann sich
nur die sogenannte Grundmode ausbreiten. Die Anzahl
der auftretenden Moden beeinflusst die Signalübertragung,
da jede Mode einen unterschiedlich langen Lichtweg
nimmt. Deshalb zeigen Multimodefasern mit zunehmender
Länge eine stärkere Signalverfälschung als Singlemodefasern,
die somit zur Signalübertragung über
weite Strecken besser geeignet sind.
HOHE BANDBREITE UND DATENFLUSS IN ECHTZEIT
Im zweiten Schritt mussten alle Geräte und Systeme innerhalb
der Pipeline, wie Lüftung, Klimaanlage und
Feueralarmsystem an den Backbone angeschlossen werden.
Die Daten dieser Geräte mussten immer zeitaktuell
und akkurat übertragen werden. Dazu konstruierte Moxa
ein Gigabit-Ethernet-Netzwerk mit über 1000 Switches,
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RING COUPLING: Anstelle eines großen redundanten
Rings werden die Netzwerkbereiche in verschiedene
kleinere Ringe aufgeteilt, und zwar so, dass jeder der
kleinen Ringe mit dem anderen kommunizieren kann.
und integrierte es in den SDH-Backbone. Moxas Gigabit
Ethernet Switch EDS-510A bietet bis zu drei Gigabit
Ethernet Ports und eignet sich deshalb optimal zur Konstruktion
eines Gigabit-Ethernet-Netzwerks mit großer
Bandbreite für die Echtzeit-Datenübertragung.
Darüber hinaus unterstützen die Switches die Datenübertragung
über Lichtwellenleiter bis zu einer Streckenlänge
von 80 Kilometer. Dadurch reduziert sich
die Zahl der erforderlichen Geräte und die Kosten sinken.
Dank ihres großen Betriebstemperaturbereichs
von – 40 bis 75 ˚C arbeiten die Switches reibungslos und
zuverlässig auch unter den rauen russischen Umgebungsbedingungen.
RING COUPLING ALS SICHERSTE LÖSUNG
Um jederzeit ununterbrochene Netzwerkverfügbarkeit
zu garantieren, wurden die Switches in einer Turbo-
Ring-Topologie installiert. Diese redundante Topologie
sorgt bei Ausfall eines Switches für minimale Wiederherstellungszeiten
unter 20 ms. Mit fortschrittlichen
Management-Funktionen, einschließlich IEEE 1588 PTP
(Precision Time Protocol, nanosekundengenauer Zeitstempel),
PTP, IGMP Snooping und GMRP sorgen die
Switches für die sichere und zeitgerechte Steuerung der
Datenübertragung.
Zum Einsatz kommt bei der Trans-Sachalin-Pipeline
die Ring-Coupling-Topologie. Denn sofern sich, wie im
Fall der Ölpipeline, viele Geräte innerhalb eines Systems
an entfernt gelegenen Orten befinden, ist es nicht sonderlich
vorteilhaft, sie alle mit einem großen redundanten
Ring zu verbinden. Stattdessen wurden die verteilten
Geräte per Ring-Coupling in viele verschiedene, kleinere
Ringe zusammengefasst, die miteinander kommunizieren
können. Für die große Distanz von 1600 Kilometer
ist dies die sicherste Lösung. Außerdem benötigt diese
Topologie keine Steuerleitung, was die Kosten reduziert.
An jedem Netzwerk-Knotenpunkt wurde zusätzlich zu
den Switches ein Active Ethernet I/O Controller für die
Kommunikation zwischen Sensoren und Ethernet-Netzwerk
installiert. Moxas ioLogik E2210 sorgt für die präzise
Echtzeit-Information über Ereignisse mit Zeitstempel
und überträgt den Status von E/A-Geräten für die
Verwaltung von Echtzeit-Alarmen, sodass die Leitstelle
bei unerwarteten Vorfällen sofort handeln kann. Mit 12
digitalen Eingängen und 8 digitalen Ausgängen ist die
Anbindung aller Geräte und Systeme innerhalb der Pipeline
sichergestellt. Der Controller sendet aktiv Datenberichte
mit Echtzeitstempel per SMS, SNMP Trap mit
E/A-Status, TCP oder Email. Dabei unterstützt er die
Protokolle SNMPv1/v2c/v3.
BANDBREITENBEDARF SINKT AUF EIN BRUCHTEIL
Mithilfe der Active-Ethernet-I/O-Technologie lässt sich
effektiv die Netzwerk-Bandbreitennutzung reduzieren.
Denn weil hier ein Statusreport nur im Ausnahmefall
gesendet wird, reduziert sich die Netzwerkbelastung
auf einen Bruchteil. Die Peer-to-Peer-I/O-Funktion von
ioLogik E2210 ist überdies eine Lösung, die die Verkabelung
ersetzt, indem Input-Signale über das Ethernet-
Netzwerk an entfernte Outputs gesendet werden. Entfernte
Sensoren und andere Geräte können so über das
Netzwerk an die Leitstelle angebunden werden, ohne
sie zu verkabeln – die Übertragungsentfernung ist dabei
praktisch unbegrenzt.
AUTOR
CHIH-HONG LIN ist
Business Development
Manager Industrial Ethernet
bei Moxa in Unterschleißheim.
Moxa Europe,
Einsteinstraße 7, D-85716 Unterschleißheim,
Tel. +49 (0) 89 370 03 99 55,
E-Mail: chihhong.lin@moxa.com
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BRANCHE
So kann der Mobilfunk für die industrielle
Automation effizient genutzt werden
Die Chancen der weltweiten Funkstandards und das Potenzial von LTE (Long Time Evolution)
WELCHER
MOBILFUNKSTANDARD
ist am besten für die
Fernüberwachung von
industriellen Anlagen
geeignet? Weltweit
existieren zahlreiche
Mobilfunknetze mit unterschiedlicher
Auslastung.
DIE MOBILFUNK-TECHNOLOGIE GSM (Global System
for Mobile Communications) besitzt einen Weltmarkt
anteil von mehr als 80 Prozent und ist somit für
indus trielle Anwendungen interessant, insbesondere
wenn Daten weltweit übertragen werden sollen.
Der Wunsch, Maschinen und Anlagen aus der Ferne
zu warten, wächst kontinuierlich. Dafür gibt es unterschiedliche
Gründe, die von der einfachen Kostenreduzierung
bis zum Aufbau neuer Geschäftsmodelle reichen.
Die Kommunikation über das Mobilfunknetz bietet
sich in vielen Fällen an, beispielsweise wenn das
Zielgerät in einer mobilen Einheit installiert oder am
geplanten Standort kein Festnetzanschluss vorhanden
ist. Dabei fragen sich zahlreiche Anwender, ob das
schnelle 3G-Mobilfunknetz grundsätzlich besser als das
ältere GSM-Netz zu ihrer Applikation passt.
DATENÜBERTRAGUNG ERFORDERTE DIE
ERWEITERUNG DER 2G-NETZE
Die Anforderungen, die an Mobilfunknetze gestellt werden,
steigen stetig. Aus diesem Grund werden ältere Mobilfunknetze
modifiziert oder durch neue Versionen
ersetzt. Aktuell lassen sie sich grob in Mobilfunknetze
der zweiten, dritten und vierten Generation unterteilen.
Der Übergang ist hier fließend. Derzeit werden die Mobilfunk-Technologien
der zweiten bis vierten Generation
parallel und überlappend betrieben, wobei die GSM-
Technologien, zu der auch GPRS und EDGE gehören, mit
mehr als 80 Prozent international noch den größten
Marktanteil hat.
Das GSM-Mobilfunknetz (Global System for Mobile
Communications) wurde Anfang der 1990er-Jahre in Europa
und später dann weltweit aufgebaut. GSM zählt zu
den Technologien der zweiten Generation. Damals lautete
das Ziel, Sprache zu übertragen.
Erst Ende der 1990er-Jahre erhöhte sich durch den Internet-Boom
der Bedarf, ebenfalls Daten über das bestehende
Mobilfunknetz weiterzuleiten. Deshalb wurden
die GSM-Mobilfunknetze ab diesem Zeitpunkt um
GPRS (General Packet Radio Service) und später um
EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) erweitert.
Bei den mit GPRS oder EDGE modernisierten GSM-
Netzen spricht man auch von Netzen der Generation 2.5.
Selbst wenn die technischen Unterschiede auf den ersten
Blick nicht sofort ersichtlich sind, erweisen sie sich als
gravierend, wie die Grafik auf der nächsten Seite zeigt.
So werden die Daten bei GSM leitungsvermittelnd, bei
GPRS/EDGE hingegen paketorientiert übertragen. Für die
GSM/GPRS-EDGE-Mobilfunknetze stehen weltweit vier
Frequenzen zur Verfügung: 850, 900, 1800 und 1900 MHz.
Welches Frequenzband lokal verwendet wird, variiert
von Land zu Land und Netzwerkbetreiber zu Netzwerkbetreiber.
Ein Mobilfunk-Modem, das alle vier Frequenzbänder
unterstützt, hat den Vorteil, dass es nahezu weltweit
eingesetzt werden kann. Eine Ausnahme bilden lediglich
Südkorea und Japan. Die beiden Länder haben
sich seinerzeit für einen Mobilfunk-Standard entschieden,
der nicht zu GSM kompatibel ist. Mit einem internationalen
Marktanteil von mehr als 80 Prozent ist die
Mobilfunk-Technologie GSM somit für industrielle Anwendungen
weiterhin interessant. Dies gilt insbesondere
dann, wenn die Datenübertragung weltweit erfolgen soll.
NETZE DER DRITTEN GENERATION ERMÖGLICHEN
HÖHERE ÜBERTRAGUNGSRATEN
Rund acht Jahre nach der Einführung von GSM wurden
die Mobilfunknetze der dritten Generation aufgebaut. Im
Gegensatz zu GSM ist dabei neben der Telefonie auch die
Datenkommunikation stärker berücksichtigt worden. Die
Technologien innerhalb der 3G-Netze ermöglichen erheblich
höhere Übertragungsraten als bei GSM, GPRS
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atp edition
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3G-Netze dort ausgebaut, wo viele Menschen leben und
arbeiten. Dazu zählen Städte, Urlaubsorte und Autobahnen.
Im ländlichen Raum ist die Abdeckung allerdings
nicht immer sichergestellt. Deshalb sollte der Anwender
von Fernwartung prüfen, ob eine kostengünstige GPRS/
EDGE-Lösung nicht die bessere Wahl ist.
DIE GESCHICHTE der Mobilfunk-Technologien.
Bilder: Phoenix Contact
und EDGE. Während GSM bei den Mobilfunknetzen der
zweiten Generation weltweit die wesentliche Mobilfunk-
Technologie darstellt, gibt es im Bereich der Mobilfunknetze
der dritten Generation keine eindeutige Tendenz.
Auf den internationalen Märkten konkurrieren mehrere
Technologien, die nicht kompatibel zueinander
sind. Aus wirtschaftlichen und politischen Gründen
konnten sich die Beteiligten nicht auf eine gemeinsame
3G-Mobilfunk-Technologie einigen.
Die in Bezug auf die Verbreitung wichtigsten 3G-Technologien
sind UMTS (Universal Mobile Telecommunications
System) und CDMA (Code Division Multiple
Access) mit den entsprechenden Erweiterungen. Stark
vereinfacht lässt sich feststellen, dass UMTS und seine
Erweiterungen wie HSPA (High Speed Packet Access)
den europäischen Markt beherrschen. In den USA und
Asien hat sich CDMA etabliert.
China fördert wiederum mit TD-SCDMA (Time Division
Synchronous Code Division Multiple Access) einen
eigenen nationalen Mobilfunk-Standard, der aktuell weltweit
noch keine entscheidende Rolle spielt. Welche Technologie
im jeweiligen Land eingesetzt wird, entscheidet
der regionale Netzbetreiber. So nutzt der nordamerikanische
Netzbetreiber AT&T die Mobilfunk-Technologie
UMTS, sein Wettbewerber Verizon hingegen CDMA.
Daher verfolgen derzeit mehrere Hersteller von Mobilfunk-Engines
das Ziel, beide Technologien in einen Chipsatz
zu integrieren. Die Internet-Seiten www.mobileworldlive.com
(für UMTS) und www.cdg.org (für CDMA)
erteilen Auskunft, ob die gewünschte 3G-Technologie
im jeweiligen Zielland verwendet wird und welche Netzbetreiber
es dort gibt. Außerdem werden deren Frequenzen
und die Netzabdeckung genannt. Häufig sind die
UNTERSTÜTZUNG DES 4G-NETZES BIETET
INTERNATIONALES POTENZIAL
Die vierte Mobilfunk-Generation LTE (Long Time Evolution)
besitzt gemäß einer Datenerhebung aus 2010 weltweit
noch keinen entscheidenden Marktanteil. LTE wird
gemeinhin als neuer 4G-Mobilfunk-Standard beschrieben,
was unter anderem aus dem schnellen Netzausbau
seit 2010 resultiert. Darüber hinaus bietet der Standard
dem Endkunden und auch dem Netzbetreiber zahlreiche
Vorteile. Hierzu gehören eine höhere Datenübertragungsrate,
kürzere Latenzzeiten und eine bessere Energieeffizienz.
Ferner wird LTE sowohl von der CDG (CDMA
Development Group) unterstützt, die sich für den CDMA-
Standard stark macht, als auch von der GSMA (GSM
Association) als Protagonist der UMTS-Technologie.
Ein aktuelles Problem bei der Entwicklung von LTE-
Modulen besteht darin, dass LTE weltweit auf den unterschiedlichsten
Frequenzen betrieben werden soll.
Eine Mobilfunk-Engine zu konzipieren, die international
funktioniert, stellt somit eine technische Herausforderung
dar, die es zu lösen gilt. LTE könnte aber die globale
Highspeed-Mobilfunk-Technologie werden. Wann jedoch
erste industrietaugliche LTE-Komponenten auf den
Markt kommen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
zuverlässig vorausgesagt werden.
Der Hersteller Phoenix Contact hat zum Thema Mobilfunk
unlängst ein Buch mit praxisnahen Beispielen heraus
gegeben. „Mobilfunk – Datenübertragung in der
Industrie“ richtet sich an Projektplaner, die einen Datenaustausch
in der industriellen Anwendung erstmals
über Mobilfunk umsetzen möchten.
AUTOR
M.Eng. GERRIT BOYSEN
ist im Produktmarketing
Communication Interfaces
bei der Phoenix Contact
Electronics GmbH in
Bad Pyrmont tätig.
Phoenix Contact Electronics GmbH,
Dringenauer Straße 30, D-31812 Bad Pyrmont,
Tel. +49 (0) 5281 94 60,
E-Mail: gboysen@phoenixcontact.com
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BRANCHE
Assistenzsystem hilft beim energiesparenden
Einsatz automatisierter Systeme
Modellbasierter Ansatz ermittelt in drei Schritten Optimierungsvorschläge für den Anwender
ANALYSEANSATZ IN DER ÜBERSICHT: Zunächst wird
das situationsunabhängige Wissen über automatisierte
Systeme und deren Umgebung für eine rechnerbasierte
Verarbeitung verfügbar gemacht. Danach folgt die Analyse
einer konkreten Situation. Im dritten Schritt werden die
Betriebsprofile aus dem Ist-Zustand iterativ bezüglich
zeitlichem Verlauf und Werteverlauf verändert. Quelle: IAS
Um die künftigen Herausforderungen bei der Energieversorgung
zu meistern, muss auch der Stromverbrauch
automatisierter Systeme optimiert werden. Aber
die dafür erforderliche Energiekostenanalyse derart
komplexer Systeme stellt weiterhin eine große Herausforderung
dar. Der in diesem Beitrag vorgestellte modellbasierte
Ansatz für ein Assistenzsystem zur automatisierten
nutzerzentrierten Energiekostenanalyse automatisierter
Systeme unterstützt die Anwender bei der Reduktion
ihrer Energiekosten.
Automatisierte Systeme sind heutzutage im Alltag
weit verbreitet. Ob im privaten Bereich, im Arbeitsleben
oder in sich überschneidenden Bereichen, wie dem öffentlichen
oder privaten Nah- und Fernverkehr – die
Nutzer müssen mit einer Vielzahl unterschiedlicher
und zunehmend komplexer automatisierter Systemen
zurecht kommen.
INDIVIDUELLE SITUATION WIRD BERÜCKSICHTIGT
Diese Allgegenwärtigkeit und die steigende Komplexität
erfordern einen wachsenden Anteil der Aufmerksamkeit
der Nutzer, was durch eine zusätzliche Aufgabe,
wie die energieoptimierte Nutzung, schnell zu einer
Überforderung führt. Zudem werden die automatisierten
Systeme in einer Vielzahl individuell unterschiedlicher
Umgebungen eingesetzt, die Einfluss auf die
Energiekosten haben können und bei der Energiekostenanalyse
berücksichtigt werden müssen. Daher benötigen
die Nutzer Unterstützung bei der Identifikation von
Optimierungsmaßnahmen und deren Umsetzung.
Das hier vorgestellte modellbasierte Konzept, ermöglicht
die Analyse der Energiekosten zur Laufzeit automatisierter
Systeme und berücksichtigt hierbei die individuelle
Situation der Nutzer. Prinzipiell besteht eine
Energieanalyse aus folgenden Teilschritten:
Ermittlung des energetischen Ist-Zustands
Erstellung von Optimierungsvorschlägen
Anwendung von Optimierungsmaßnahmen
Den Ausgangspunkt bildet ein energetischer Ist-Zustand,
der analysiert und optimiert werden muss. Die dynamische
Optimierung von Systemen im Allgemeinen befasst
sich mit der Ermittlung eines bestimmten Satzes an zeitlichen
Verläufen von Eingangsparametern, sodass die
zeitlichen Verläufe der Ausgangsparameter unter Berücksichtigung
von einschränkenden Nebenbedingungen
ein Optimum hinsichtlich einer definierten Zielgröße
erreichen. Bei der Energiekostenanalyse automatisierter
Systeme ist dieses Optimierungsziel die Reduktion
der Energiekosten. Nebenbedingungen hierbei sind einerseits
technische, physikalische oder ökonomische
Gesetze oder Anforderungen, die sich aus der Anwendung
oder aus den Wünschen der Nutzer an die Leistung
des automatisierten Systems ergeben.
SITUATIONSUNABHÄNGIGE MODELLE ALS BASIS
Die Grafik auf dieser Seite stellt den modellbasierten,
nutzerzentrierten Analyseansatz in einer Übersicht dar.
In einem ersten Schritt wird das situationsunabhängige
Wissen über automatisierte Systeme und deren Umgebung
(Raum, Leitungen, Energieversorgung) für eine
rechnerbasierte Verarbeitung verfügbar gemacht. Dazu
wird das Wissen gemäß vorgegebener Meta-Modelle in
20
atp edition
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situations-unabhängigen Modellen des Zusammenhangs
zwischen den Eingangs- und den Ausgangsparametern
einzelner automatisierter Systeme und einzelner Elemente
in der Umgebung abgebildet.
Die resultierenden situations-unabhängigen Modelle
enthalten das interne Verhalten, die Schnittstellen und
die Parameterspezifikation der Systeme beziehungsweise
der Umgebungselemente unabhängig von einer
konkreten Situation. Verwendet man in konkreten
Situationen erfasste zeitliche Werteverläufe der Eingangsparameter
als Eingangsgrößen der Modelle, kann
man die zeitlichen Verläufe der Ausgangsparameter
des modellierten Systems für beliebige Situationen
berechnen.
KONKRETE SITUATION WIRD ANALYSIERT
Im zweiten Schritt beginnt die Analyse einer konkreten
Situation. Eine Situation ist eine konkrete Kombination
automatisierter Systeme in der individuellen Umgebung
eines Nutzers. Voraussetzung für die Analyse ist ein
rechnerverarbeitbares Modell, das die Situation abbildet.
Dieses Modell wird durch die Eingabe von Wissen über
die konkrete Situation automatisiert erstellt. Die Struktur
und der Inhalt des Modells sind wiederum in einem
Meta-Modell definiert, das als Basis für Eingabedialoge
zur Vereinfachung der Modellierung dient. Resultat dieses
zweiten Schritts ist ein Situationsmodell, das die
Situation im energetischen Ist-Zustand statisch und dynamisch
abbildet.
Das Situationsmodell setzt sich aus den situationsunabhängigen
Modellen zusammen, die im vorherigen
Schritt, beispielsweise durch den Hersteller eines automatisierten
Systems, erstellt und bereitgestellt wurden.
Die Modelle der automatisierten Systeme und Umgebungselemente
werden über ihre Modellschnittstellen
gemäß ihrer Zusammenhänge in der realen Situation
miteinander verbunden und konfiguriert.
Das resultierende Gesamtmodell der statischen Zusammenhänge
in der konkreten Situation erlaubt die
Berechnung der Energiekosten für dynamische Betriebsprofile
der Eingangsparameter. Durch Verwendung
real erfasster Betriebsprofile als Eingangsgrößen
des Situationsmodells wird abschließend die Situationsdynamik,
einschließlich des Verlaufs der Energiekosten
im Ist-Zustand als Evaluationsreferenz für die
Optimierung berechnet.
OPTIMIERUNG WIRD AUTOMATISCH UMGESETZT
Im dritten Schritt werden die Betriebsprofile aus dem
Ist-Zustand iterativ bezüglich zeitlichem Verlauf und
Werteverlauf verändert. Die Veränderungen werden aus
dem Wertebereich für die einzelnen Parameter abgeleitet,
der in den im Modell hinterlegten Parameterspezifikationen
im ersten Schritt definiert wurde. Die resultierenden
Sätze zeitlicher Parameterverläufe entsprechen
den Optimierungsvorschlägen. Diese werden
durch Berechnung mit dem Situationsmodell bezüglich
der resultierenden Energiekosten und der Anforderungen
an die Leistung der automatisierten Systeme
evaluiert. Die Berechnung deckt dabei mögliche Inkonsistenzen
bezüglich technischer Einschränkungen oder
der Nutzerwünsche auf und liefert gleichzeitig die
Energiekosten für die optimierten zeitlichen Verläufe
der Eingangsparameter.
Abschließend wird der Optimierungsvorschlag mit
den geringsten Energiekosten und der besten Erfüllung
der Anforderungen, falls nötig, interaktiv durch
Korrektur der Bedieneingriffe oder automatisiert
durch Setzen des neuen Parameterverlaufs über Kommunikationseinrichtungen
der automatisierten Systeme
angewandt.
Diese grundlegenden Funktionalitäten und Schritte
des Konzepts werden zur Zeit an einem Prototypen evaluiert.
Der aufgrund der Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten
noch sehr rechenintensive Optimierungsschritt
wird parallel um Mechanismen genetischer Algorithmen
ergänzt, um die Zeit zu reduzieren und damit
die Effizienz des Gesamtverfahrens zu verbessern.
AUTOREN
Dipl.-Ing. ANDREAS BECK
arbeitet als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut
für Automatisierungs- und
Softwaretechnik (IAS) der
Universität Stuttgart.
Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,
Pfaffenwaldring 47, D-70550 Stuttgart,
Tel. +49 (0) 711 68 56 73 06,
E-Mail: andreas.beck@ias.uni-stuttgart.de
Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c.
PETER GÖHNER ist Leiter
des Instituts für Automatisierungs-
und Softwaretechnik
(IAS) der Univer sität
Stuttgart.
Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,
Pfaffenwaldring 47, D-70550 Stuttgart,
Tel. +49 (0) 711 68 56 73 01,
E-Mail: peter.goehner@ias.uni-stuttgart.de
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INTERVIEW
NORBERT KUSCHNERUS
(links) übergibt nach rund
zehn Jahren im Amt den Vorsitz
der Namur an Wilhelm Otten.
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atp edition
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Anwenderinteressen brauchen
ein globales Austauschforum
Norbert Kuschnerus und Wilhelm Otten im atp edition Interview
Anlässlich des Wechsels im Namur-Vorstand, lud atp edition-Chefredakteur Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas den neuen
Namur-Vorsitzenden Dr.-Ing. Wilhelm Otten (Leiter Business Line Technik Evonik Industries AG) und seinen Vorgänger
Dr. rer. nat. Norbert Kuschnerus (Senior Vice President Bayer Technology Services) zum Gespräch. Im Interview blickt
Kuschnerus auf rund zehn Jahre Vorstandsarbeit in der Namur als Verband von Anwendern der Automatisierung in
der Prozessindustrie zurück. Otten verknüpft dies mit zukünftigen Strategien der Interessengemeinschaft. Neben
voranschreitender Internationalisierung des Verbandes kamen Themen wie der Fachkräftemangel in der Prozessindustrie,
die stärkere Verzahnung von Automatisierung mit Verfahrenstechnik sowie der Einsatz der Namur gegen
den „Normendschungel“ zur Sprache.
Bilder: Anne Hütter
Leon Urbas: Dr. Kuschnerus, anlässlich des Wechsels im
Namur-Vorsitz von Ihnen zu Dr. Otten, blicken wir auf zehn
Jahre Namur-Arbeit zurück. Sowohl bei Anwendern als
auch bei Herstellern wird unisono Ihr Einsatz gewürdigt
und respektiert. Wie haben Sie es geschafft, die Lager zusammenzuführen?
NORBERT KUSCHNERUS: Damals haben wir die Namur
auf professionelle Füße gestellt. Den Geschäftsführer der
Namur, damals Dr. Hasso Drathen (zu der Zeit ebenfalls
bei Bayer Technology Services tätig, Anm. der Redaktion),
habe ich ganztags für die Namur-Aktivität freigestellt.
Das zweite Problem bildete das rituelle Feindbild, das die
Namur für die Hersteller inne hatte. Die Vorstandsitzungen
mit dem ZVEI waren Schauplätze großer Debatten.
Wir wollten einen anderen Stil in der Auseinandersetzung,
bei allen unterschiedlichen Interessen, die wir
nach wie vor pflegen. Das gemeinsame Ziel, die Automatisierung
nach vorne zu bringen, sollte im Mittelpunkt
stehen. Persönliche Kontakte und offene Türen beim ZVEI
ermöglichten schließlich die Zusammenarbeit. Ein historischer
Moment war der erste gemeinsame Stand von
ZVEI und Namur auf der Hannover Messe 2007.
WILHELM OTTEN: Ich glaube, der ZVEI hatte den Nutzen
aus der Diskussion zwischen Anwendern und Herstellern
erkannt. Wir freuen uns, Hersteller zu finden, die unsere
Wünsche erfüllen.
NORBERT KUSCHNERUS: Das haben wir als Namur-Team
geschafft. Wenn ich vom Team spreche, meine ich nicht nur
den Vorstand, sondern auch alle Arbeitskreise und Arbeitsfelder,
in denen inhaltliche Arbeit gemacht wird. Das sind
über 200 Personen, die ehrenamtlich arbeiten.
Leon Urbas: Die Namur lebt von ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Stellt die Interessengemeinschaft einen Rückgang an
Engagierten fest?
WILHELM OTTEN: Im Gegenteil. Der Verband profitiert von
den Umstrukturierungen großer Firmen. Diese stellen sich
heute eher geschäftsorientiert auf und nicht mehr funktional.
Die inhaltliche Arbeit findet nun auf Namur-Ebene
statt. Unter anderem deshalb steigt die Teilnehmerzahl
unserer Namur-Hauptsitzung stetig.
Leon Urbas: Vor rund zehn Jahren lernte ich die Namur als
deutsche Vereinigung kennen. Wie stand es um die Internationalisierung
der Namur vor zehn Jahren?
NORBERT KUSCHNERUS: Die Namur war damals recht
konservativ, obwohl wir rund 20 ausländische Mitgliedsfirmen
hatten. Als es um die Internationalisierung
ging, gab es unter den Mitgliedern eine riesige Angst
vor englischen Vorträgen und Unterlagen. Die englische
Sprache war vor zehn Jahren noch ungewohnt in den
Firmen. Noch heute müssen wir die Namur mit unseren
ehrenamtlichen Mitarbeitern Schritt für Schritt
internationalisieren.
WILHELM OTTEN: Dazu bilden wir ein Netzwerk mit lokalen
Bereichen, schließlich leben wir von funktionierenden
Arbeitskreisen in den Regionen. Der enge Austausch ohne
Sprachbarrieren ist extrem wichtig. Namur China soll auch
die lokalen Vorteile nutzen. Da drüber wird eine organisatorische
Ebene liegen, die international arbeitet.
Leon Urbas: Wie deutsch ist die Namur China eigentlich?
WILHELM OTTEN: Es handelt sich noch um deutsche Firmen,
obwohl chinesische bereits Interesse gezeigt haben.
Wir sind mit deutschen Ingenieuren in China gestartet.
Der Leiter der Namur China ist jedoch ein Chinese,
der bei BASF arbeitet. Wir holen verstärkt chinesische
Ingenieure in die Arbeitskreise. Mittlerweile gibt es auch
rein chinesische Arbeitskreise, in denen in der Landessprache
kommuniziert wird. Auch die Vorträge dürfen
künftig auf chinesisch präsentiert werden. Wir setzen
dann Simultanübersetzungen ein.
Leon Urbas: Sind weitere Namur-Aktivitäten in ausgewählten
Ländern denkbar?
WILHELM OTTEN: Wir unterscheiden unsere Internationalisierungsstrategie
zwischen der inner- und außereuropäischen
Ebene. In Europa haben wir bereits einen guten
Überblick und wichtige Kooperationen geschlossen. In
China ist das anders. Da ist eher grüne Wiese, daher die
Gründung von Namur China. Wenn es in USA, Südamerika
oder Osteuropa Verbände mit ähnlich gelagerten Interessen
gibt, sind Kooperationen angedacht. In Ländern ohne
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INTERVIEW
bestehende Inter essenvertretungen der Produzenten sind
weitere Namur-Aktivitäten sicher sinnvoll.
NORBERT KUSCHNERUS: In China waren Expats vor Ort,
die Namur-Mitglieder waren. Eine ideale Keimzelle, von
der aus wir starten konnten.
WILHELM OTTEN: Ja, sicherlich muss China aber seine
eigene Identität finden.
Leon Urbas: Ein Verbandstreffen mit weiteren Partnern
wie WIB fand im August statt. Wie weit ist dort die Zusammenarbeit
vorangeschritten?
NORBERT KUSCHNERUS: Wir arbeiten bisher bilateral mit
uns bekannten europäischen Verbänden zusammen, die
vergleichbare Interessen wie die Namur vertreten. Zusammenarbeit
bedeutet bisher einen relativ unverbindlichen
Austausch von Ideen und auf wenige Initiativen begrenzte
engere Kooperation. Das Treffen mit der WIB, EEMUA, EI
und EXERA war ein erstes multilaterales Treffen, auf dem
wir ausgelotet haben, wie wir auf europäischer Ebene enger
zusammenarbeiten. Solche Gespräche sind nicht einfach,
vor allem dann, wenn sie mit der Sorge um die verbandseigene
Identität verbunden sind.
Leon Urbas: Die Notwendigkeit zur internationalen Zusammenarbeit
besteht aber.
WILHELM OTTEN: Ja und das funktioniert bereits, etwa
beim Thema Wireless.
NORBERT KUSCHNERUS: Alle Namur-Mitgliedsfirmen
agieren global. Wenn ein Verband nur national arbeitet,
kann er den Prozess überhaupt nicht steuern. Anwenderinteressen
brauchen eine globale Plattform. Andere Verbände
haben mit uns den Offenen Brief zum Thema „Wireless“
unterzeichnet. Das Ziel sollte eine Kooperation auf
formaler Basis sein. Durch bilaterale Abkommen entsteht
doch eher ein komplexes Netzwerk. Die Namur wird beharrlich
und respektvoll diesen Prozess gestalten. Nachhaltige
Lösung steht im Mittelpunkt.
Leon Urbas: In Ihrer Zeit wurden auch die Fachhochschulen
mit der AALE enger eingebunden – wie bereichern die
Fachhochschulen die Arbeit?
NORBERT KUSCHNERUS: In einem technologisch orientierten
Land sind junge Leute mit technischer Ausbildung
Namur-Geschäftsführer Dr. rer. nat. Wolfgang Morr,
Dr. rer. nat. Norbert Kuschnerus, Dr.-Ing. Wilhelm Otten
und Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas (von links).
ein wichtiges Gut. Ich denke, dass sich der Nachwuchs
heute viel mehr einem Technik-Studium zuwendet. Uns ist
daran gelegen, den Fachhochschulen zu helfen so auszubilden,
wie es die Industrie benötigt. Mir gefällt das heutige
Ingenieurstudium wegen seiner zu starken Betonung des
Erlernens von Faktenwissen nicht. Wir brauchen heute
keine wandelnden Lexika.
WILHELM OTTEN: Wir brauchen die kreative Problemlösungskompetenz.
NORBERT KUSCHNERUS: Da ist ein Dialog erforderlich,
daher unterstützen wir Initiativen, in denen sich Fachhochschulen
zusammenschließen. Einen Verband wie die AALE
wünsche ich mir auch bei den Universitäten. Es ist ein Riesenvorteil,
wenn sich Professoren jährlich über die Lehre
unterhalten. Die Namur informiert dazu über die Bedürfnisse
der Prozesstechniker.
WILHELM OTTEN: Mit der Prozessleittechnik schaffen
wir in der Chemietechnik heute letzte, entscheidende
Wettbewerbsvorteile. Leider sind wir für die Automatisierer
von den Hochschulen nicht so interessant. Viele Verfahrenstechnik-Institute
machen beispielsweise keine
Regelungstechnik oder Automatisierungsinstitute keine
Prozesstechnik. Als Arbeitgeber konkurrieren wir mit der
Fertigungstechnik. Wir sind dafür da, der Lehre die Wichtigkeit
des interdisziplinären Know-hows zu vermitteln.
Außerdem muss unsere Branche wieder attraktiv für
Automatisierer werden.
Leon Urbas: Inwieweit fördert die Namur dies jetzt schon?
WILHELM OTTEN: Wir hatten ja bereits einen Arbeitskreis
zur Lehre. Wir haben den Arbeitskreis 4.14 gegründet mit
dem Ziel, eine Bestandsaufnahme an den Hochschulen zu
machen und überlegt, wie wir die Prozessautomatisierung
für die Institute wieder attraktiv machen. Dazu gehören
Aktivitäten an den Hochschulen, aber auch PR-Maßnahmen
für Automatisierung in der Verfahrenstechnik. Auch durch
den Namur-Award machen wir auf uns aufmerksam.
NORBERT KUSCHNERUS: Insofern haben wir da noch
einige Hausaufgaben zu machen.
WILHELM OTTEN: Auch Firmen hätten viel mehr Diplomarbeitsthemen
aus ihren Bereichen anbieten können. Das
schlägt jetzt zurück.
Leon Urbas: Wie denkt die Namur im Hinblick auf den europäischen
Bildungsraum?
NORBERT KUSCHNERUS: Wir begrüßen eine internationale
Ausbildung, wenn sie gut beurteilbar ist. Auf internationale
Arbeitnehmer sind wir angewiesen und schätzen Diversität
sowie unterschiedliche Sichtweisen. Die internationalen
Erfahrungen sind für uns und den Einsatz der
Fachkräfte enorm wichtig. Die Arbeit eines Ingenieurs ist
heute international.
WILHELM OTTEN: Leider funktionieren die internationalen
Bewertungsmaßstäbe ganz klar noch nicht. Man schaut
immer noch, wo und bei wem der Bewerber studiert hat.
Leon Urbas: Die Automatisierung ist noch gewichtiger für
die Wettbewerbsfähigkeit geworden. Welche Herausforderungen
kommen auf Sie zu?
WILHELM OTTEN: Die Lücke zwischen dem, was machbar
ist und was in der Praxis genutzt wird, ist groß. Je größer
der Deckungsbeitrag ist, desto mehr wird moderne Auto-
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matisierungstechnik umgesetzt. Bei den Kleinanlagen besteht
viel Optimierungsbedarf. Den Mehrwert zu schaffen
durch die Optimierung der Prozesstechnik ist nach wie vor
eine Herausforderung.
WILHELM OTTEN:
„Die Organisation lebt
vom regen Austausch –
deswegen die Öffnung
für weitere Industrien.“
Leon Urbas: Methoden und Technologien gibt es also genug,
aber kaum einen der sie anwendet?
NORBERT KUSCHNERUS: Wir sind hervorragend bei den
Methoden der Automatisierung. Was wir automatisieren ist
unklar. Automatisierung von Industrieanlagen wird selten
gelehrt. Es wäre zielführender, statt über Regelungsgrößen
wie Druck und Temperatur über chemische Zusammensetzung
des Produktes zur Zielqualität zu gelangen.
Wir benötigen Mess- und Regelungstechniker, die ein
Grundverständnis von Verfahrenstechnik besitzen. Das
nicht-konsekutive Studium war meine Hoffnung. Ein
Bachelor in Mess- und Regelungstechnik und ein Master
in der Verfahrenstechnik – das wären ideale Absolventen
für die Automatisierung in der Prozessindustrie.
WILHELM OTTEN: Das Manko findet sich in der Praxis wieder.
Sie brauchen ein kompetentes Team, das alle Kompetenzen
abdeckt und den Überblick wahrt. Wenn Know-how
und Erfahrung in den Nachbargebieten fehlen, werden die
Möglichkeiten der Prozessautomatisierung nicht richtig
umgesetzt.
Leon Urbas: Ist der Fokus auf den Prozess der Grund dafür,
dass die Namur immer noch ein Interessenverband der
Chemie- und Pharmaindustrie ist?
WILHELM OTTEN: Wir versuchen, uns über den traditionellen
Horizont hinweg zu öffnen. Einzelne Mitgliedsfirmen
etwa aus der Papier- oder der Öl- und Gasindustrie haben
die Vorteile erkannt.
NORBERT KUSCHNERUS: Jeder, auch die Öl- und Gasindustrie
ist willkommen. Aus dem Bereich der Petrochemie
haben wir jedoch schon zahlreiche Mitglieder.
Dass die meisten Mitgliedsfirmen aus Chemie- und
Pharmaindustrie kommen, liegt auch an den unterschiedlichen
Verfahren. Es gibt zahlreiche hochstandardisierte
Verfahren in der Prozessindustrie. Doch
die Verfahren in der Chemie und zur Herstellung der
Wirkstoffe in der Pharmaindustrie sind größtenteils
Unikate. In diesen Anlagen kann man die Automatisierung
nicht einfach replizieren, sondern muss, zwar
orientierend an bereits bestehenden Anlagen, jeweils
neu eine optimale Automatisierung entwickeln. Trotz
dieser Unterschiede ist jedes Anwenderunternehmen
aus der Prozessindustrie willkommen. Die Themen
in den Arbeitsfeldern werden dem Wandel der Mitgliedsstruktur
angepasst.
Leon Urbas: Nun, mit der Prozessleittechnik bietet sich die
gemeinsame Klammer für alle Industrien ja an.
WILHELM OTTEN: Der Gedanke der fachlichen Öffnung war
auch ein Grund für die Satzungsänderung der Namur im
Jahr 2011. Die Namur lebt vom regen Austausch,
wir würden jetzt auch Vertreter anderer Industriezweige
in den Vorstand berufen.
Leon Urbas: Wird der Markt in der Pharma- und
Chemieindustrie zu klein oder versprechen Sie sich
technische Synergien?
WILHELM OTTEN: Die Branchen, in denen die Automatisierung
bislang nicht stark war, profitieren
vom Know-how. Wir bekommen dadurch neue Impulse.
Mein strategisches Ziel ist, die durch die Satzungsänderung
proklamierte Öffnung der Namur voranzutreiben.
NORBERT KUSCHNERUS: Die Lieferanten beliefern auch
diese Industrien. Also haben wir hier eine größere gemeinsame
Stimme als Anwender, indem wir die Produktentwicklung
zu beeinflussen versuchen.
Leon Urbas: Neue Technologien und Methoden,
beispielsweise aus der Informatik, drängen
in die Automatisierung. Die Vision einer
Dienstleis tungswelt zwischen Anwendern und
Herstellern brachte Dr.-Ing. Peter Terwiesch,
Vorstandsvorsitzender von ABB Deutschland,
bei der Namur-Hauptsitzung 2011 aufs Tapet.
Wie selektiert die Namur den Veränderungsdruck
aus den verschiedenen Bereichen?
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INTERVIEW
WILHELM OTTEN: Wir haben uns vor einigen Jahren
gefragt, sind unsere Denkmuster noch die richtigen?
Die Diskussion ist noch nicht zu Ende. Die alte Strukturierung
hilft, bricht aber an einigen Stellen zusammen.
Unsere Arbeitskreise leisten die schwierige Aufgabe,
das Gesamtbild zu gestalten. Treibende Faktoren sind
die Veränderungen in der Verfahrenstechnik oder die
Miniaturisierung der Prozesse. Hier wird sich in Zukunft
noch einiges tun.
NORBERT KUSCHNERUS: Unsere Instrumentarien (Arbeitskreise
und Projektgruppen, Anm. der Redaktion)
werden gezielt eingesetzt, um Strategien für den Einsatz
moderner Leittechniken zu entwickeln. Das ist dann der
Fall, wenn ein Projekt den normalen Arbeitsrahmen überschreitet,
etwa aktuell bei der ZVEI-Roadmap „Nachhaltige
Rohstoff-Versorgung“. Wir nehmen hier gern ähnliche
Verbandsaktivitäten mit.
WILHELM OTTEN: Es geht um die Technik, aber auch um
den Umgang damit. Ich brauche die Regelungstechniker und
die Spezialisten für den Prozess an einem Tisch, die sich
verstehen.
Leon Urbas (rechts) im Interview mit Wilhelm Otten
(links), Namur-Geschäftsführer Wolfgang Morr (Mitte)
Leon Urbas: Sie hatten, Dr. Otten, die stärkere Verzahnung
von Automatisierungs- und Verfahrenstechnik angemahnt.
Gibt es Ansätze für Namur-Arbeitskreise mit dem Thema
„Digitale Anlage“?
WILHELM OTTEN: Schwierig. Wir haben das Thema als
Schwerpunkt definiert. Es gibt Ansätze bei der Verbindung
von CAE-Systemen mit dem Leitsystem.
NORBERT KUSCHNERUS: Wir finden es beispielsweise
wichtig und wünschenswert, wenn man vom RI-Fließbild
automatisiert einen Entwurf für ein Bedienbild des
Leitsys tems erhält. Im Endeffekt soll man Information, die
gebraucht wird, einmalig erzeugen. In den einzelnen Firmen
ist dies schon schwierig, über Unternehmensgrenzen
hinweg heute noch fast unmöglich. Letztendlich ist dies
ebenfalls der Lücke zwischen den einzelnen Fachdisziplinen
geschuldet.
Grob gesagt: Warum sollen die Verfahrenstechniker
mehr arbeiten, damit die Prozessleittechniker weniger
Arbeit haben? VDI 3682 war bereits sehr hilfreich, doch
finden wir solche guten Ansätze noch nicht realisiert in
CAE-Systemen. Da die Zeiten vorbei sind, in denen Chemieunternehmen
ihre eigenen CAE-Systeme entwickelten,
sind wir auf die Entwicklungsbereitschaft der
CAE-Lieferanten angewiesen. Im Moment sind die
Schmerzen bei den Planungsfirmen und Produzenten
noch nicht groß genug, einen größeren Druck zur Veränderung
auszuüben. Das liegt vielleicht auch daran, dass
der Design-Prozess 1,5 Jahre dauert, die Anlage selbst
wird 50 Jahre genutzt. Eine fortwährende Optimierung
der Produktionsanlage bringt den Produzenten größeren
Nutzen. Außerdem fehlt es mittlerweile in unseren
Unternehmen an Experten, die sich mit CAE-Systemen
detailliert auskennen.
WILHELM OTTEN: Die Schnittstelle zum Engineering ist
sehr wichtig. Wir bauen die Anlage und optimieren sie ständig.
Dafür fehlt letztendlich eine gute Datenbasis, wenn die
Anlagendaten nicht auf Stand gehalten werden. Das à-jour-
Halten ist da schon entscheidend. Wir müssen von dem
manuellen „Datenhandling“ weg zu einer rechnergestützten
Verarbeitung kommen.
NORBERT KUSCHNERUS: Dass die Integration von CAE
und Produktion in der Prozessindustrie noch nicht so fortgeschritten
ist, liegt einerseits daran, dass chemische
Verfahren deutlich abstrakter und komplexer als mechanische
Verfahren sind. Ein weiterer Unterschied besteht
darin, dass beispielsweise in der Automobilindustrie ein
Produkt designt und dann millionenfach hergestellt wird.
Da lohnt sich eine Integration von CAE zur Fertigung eher,
als wenn das CAE-Modell zur Errichtung einer einzigen
Anlage dient.
WILHELM OTTEN: Der Aufwand, der in Standardisierung
gesteckt wird, amortisiert sich nicht so einfach, wie etwa
beim Automobilbau.
Leon Urbas: Deswegen gibt es an den Hochschulen Ansätze
zur Modellierung, auch in der Anlage. Wie Herstellergetrieben
muss das sein?
NORBERT KUSCHNERUS: Mit der Prolist haben wir so
etwas angeboten. Dies ist eine abstrakte Beschreibung
der Merkmale für eine automatisierte Ausrüstung. Wie
der Report aussieht, ist völlig egal. Prolist bietet einen
Vereinheitlichungsgrad, weit über das einheitliche Stellenblatt
hinaus.
Leon Urbas: Eclass und Prolist wurden ja gerade unter
großen Mühen zusammengeführt. Wer setzt heute tatsächlich
Prolist ein?
NORBERT KUSCHNERUS: Im Wesentlichen arbeitet von
den Namur-Mitgliedsfirmen derzeit nur BASF damit, Wacker
und Evonik in einigen Bereichen.
Leon Urbas: Warum setzt Ihre Firma, Dr. Kuschnerus,
Bayer Technology Services, Prolist nicht ein?
NORBERT KUSCHNERUS: (seufzt) Das ist eine gute Frage.
Zum einen hängt das von der Organisation der Firma ab.
Bayer trennt Planung und Instandhaltung sehr stark, und
damit haben wir nicht eine einzelne Organisation, die für
sich alleine den Gewinn aus einer Life-Cycle-Optimierung
erzielen kann. Für einen zeitlichen Gewinn von zehn Minu-
26
atp edition
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ten pro PLT-Stelle bei der PLT-Planung lohnt es sich nicht,
sehr viel eigenen Entwicklungsaufwand hineinzustecken.
Die Methode muss integriert sein in die Standardplanungssysteme.
Die Idee ist großartig. Wir hoffen, dass sie bald
eingesetzt wird.
Leon Urbas: Im Bereich Normung muss ebenfalls etwas
passieren. Sie, Dr. Kuschnerus, haben sich mehrfach dazu
pointiert geäußert. Ist es ein strategisches Ziel der Namur,
Ordnung in das Chaos um die verschiedenen Standards und
Normen zu bringen?
WILHELM OTTEN: Die Betreiber brauchen keine drei Wireless-Standards!
Damit schotten sich die Hersteller ab, es
bringt die Anwender aber nicht weiter. Vorteile brächte ein
Standard, der Geräte austauschbar macht. Dies würde natürlich
den Wettbewerb unter die Hersteller bringen. Wir
machen weiter Druck, etwa indem wir in die Normungskreise
gehen. Wir müssen früher wissen, wenn etwas den Anwenderinteressen
entgegenläuft.
Dazu treffen wir uns einmal im Jahr auf der Namur-Hauptsitzung
mit Normungsexperten. Im Gespräch mit der DKE
stelle ich fest, dass es unterschiedliche Wahrnehmungen
über die Mechanismen gibt. Die Hersteller meinen, die Normung
funktioniert. Wir als Anwender finden, sie funktioniert
gar nicht. Wir als Anwender müssen irgendwann konsequent
sein: Wenn es keine Einigung bei den Herstellern gibt, setzen
wir eure Technik nicht ein!
NORBERT KUSCHNERUS: Wir können allerdings nur in
einigen wichtigen Gremien sitzen und den Dialog suchen.
Die Namur spricht sich gegen die Empfehlung eines Technologie-Einsatzes
aus, solange einheitliche Standards
fehlen. Wir diskutieren dazu auf allen Ebenen. Wenn es
gewünscht ist, nimmt die Namur die Rolle des Mediators
ein. Dazu setzt die Gemeinschaft erhebliche Personalressourcen
ehrenamtlich ein. Die Firma, die ihren Mitarbeiter
dafür abstellt, signalisiert ebenfalls Idealismus.
Leon Urbas: Zahlt sich der Einsatz nicht doch irgendwann
aus, wie bei FDI beispielsweise?
WILHELM OTTEN: Die einzelne Firma hat kaum einen
Vorteil davon, aber die Namur-Firmen insgesamt
sehr wohl.
NORBERT KUSCHNERUS: Wir hoffen, dass die Dialoge, die
wir führen, die Normungsgremien zur Vernunft bringen.
Dennoch: Selbst die nationale Politik fordert den Einsatz
von Normung für den Wettbewerbsvorteil. So warnt sie
etwa vor der chinesischen Normung statt zur internationalen
Zusammenarbeit aufzurufen. Wettbewerb ist wichtig,
aber davon können doch Protokolle für Wireless-Übertragungen
nicht abhängen.
WILHELM OTTEN: Andererseits werden wir immer mit
paralleler Technologie-Entwicklung leben müssen. Wenn
sich Ideen herausbilden, muss die Namur zum richtigen
Zeitpunkt aktiv werden.
Leon Urbas: In einer globalisierten Welt werden Organisationen
wie die Namur immer wichtiger. Dr. Otten, Sie
treten in große Fußstapfen und haben erhebliche Herausforderungen
vor sich. Dafür wünsche ich Ihnen viel Fortune
und viel Kraft. Dr. Kuschnerus, Dr. Otten – wir danken Ihnen
für das Gespräch.
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München
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HAUPTBEITRAG
Entwurfsassistenz in der
Gebäudeautomation
Planung, Entwurf und Inbetriebnahme automatisieren
Gebäudeautomationssysteme sind dezentrale Systeme mit mehreren hundert bis tausenden
Geräten. Sie automatisieren die Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung und Beschattung.
Der Entwurf solcher Systeme erfordert viel Aufwand und Expertenwissen über die Möglichkeiten
zu Energieeinsparungen und die Interoperabilität der Geräte. Der Beitrag stellt
eine Werkzeugkette vor, welche Planer, Integratoren und Installateure durch Beratung
und Automation des Entwurfes assistiert. Damit wird ein automatisierter Entwurf präsentiert,
der sich auch für andere Gebiete der Automation eignet.
SCHLAGWÖRTER Automatisierter Entwurf / Gebäudeautomation / Interoperabilität
Engineering Assistance of Building Automation Systems –
Automating Planning, Design and Comissioning
Building automation systems are large, decentralized systems with hundreds to thousands
of devices. They automate heating, ventilation and air-conditioning as well as lighting
and shading. Engineering such systems requires large effort and expert knowledge about
potentially unlocked energy-savings and the interoperability of devices. The paper introduces
a tool chain for planers, system integrators and installers that advices and automates
many system design step. This presents an automated engineering approach that is
applicable also to other automation domains.
KEYWORDS automated design / building automation / interoperability
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atp edition
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JÖRN PLÖNNIGS, UWE RYSSEL, HENRIK DIBOWSKI, MATTHIAS LEHMANN, KLAUS KABITZSCH,
Technische Universität Dresden
Automationssysteme werden komplexer, von der
Anzahl an Geräten bis zu ihrer Interaktion. Ein
Beispiel bieten Gebäudeautomationssysteme
(GAS), die in Zweckbauten und Liegenschaften
bereits mehrere hunderttausend Datenpunkte
umfassen können, wie beispielsweise im Flughafen
München. GAS sind stark dezentralisiert vernetzt und
die Geräte kommunizieren ohne zentrale Steuerung einer
SPS direkt miteinander [3]. Die Vernetzung der Geräte
nimmt dabei stetig zu, sodass beispielsweise die
Heizung und Kühlung durch die Jalousiesteuerung und
Beleuchtung unterstützt werden können.
Um den Entwurf und die Installation effizient zu gestalten,
werden überwiegend vorgefertigte und bereits
programmierte Geräte eingesetzt [9]. Die Anwendungen
auf den Geräten sind in Form von Funktionsblöcken mit
Datenpunkten gekapselt, vergleichbar mit der IEC
61499 [5]. Der eigentliche Entwurf konzentriert sich auf
die Parametrisierung der Geräte und die Verknüpfung
der Datenpunkte zwischen den Geräten. Dies geschieht
mithilfe von grafischen oder textuellen Softwarewerkzeugen.
Die Werkzeuge unterstützen die Inbetriebnahme
dadurch, dass die Entwürfe direkt in das fertig installierte
System übertragen werden können. Auf diese
Weise lässt sich ein Großteil der typisch auftretenden
Funktionen schnell realisieren. Hiermit zeigen GAS
exemplarisch, wie komplexe Automationssyteme durch
Modularisierung und Werkzeuge effizient entworfen
werden können.
Dennoch birgt die effiziente Entwurfsweise neue Probleme.
Aufgrund der hohen Gerätezahl ist der Entwurfsaufwand
groß und rentiert sich für die Systemintegratoren
meist erst durch Service-Verträge. Unterschiedliche
Anforderungen und Gebäudearchitekturen führen
dazu, dass GAS meist Unikate sind. Bestärkt wird dies
durch die Heterogenität der Systeme. Teilgewerke, wie
das Heizungssystem oder die Beleuchtung, werden
meist separat ausgeschrieben und von unterschiedlichen
Integratoren mit unterschiedlichen Geräteherstellern
und Feldbussen realisiert [3]. Dementsprechend
groß sind die Interoperabilitätsprobleme [9]. Dies
führt im Entwurf dazu, dass sich die Interoperabilität
der Geräte nur schlecht einschätzen lässt und Probleme
meist erst bei der Inbetriebnahme des Systems
auffallen [6].
Assistenzsysteme können den Entwurf verbessern. In
diesem Beitrag wird ein modellgetriebener Entwurfsansatz
beschrieben, der in Bild 1 schematisch dargestellt
ist. Der Prozess startet mit einer Anforderungserhebung,
in der die funktionalen Eigenschaften des GAS spezifiziert
werden. Über einen Grobentwurf, welcher auch zur
Ausschreibung des Systems dient, wird ein Feinentwurf
erstellt. In diesem sind technologiespezifische Geräte
definiert. Der Prozess assistiert Planern bei der Erstellung
von Ausschreibungen und Systemintegratoren bei
der Geräteauswahl, dem Feinentwurf und der Inbetriebnahme.
Die Assistenzfunktionen nutzen eine ontologiebasierte
Wissensbasis, welche Information aus deutschen
und internationalen Normen und Richtlinien enthält.
Die folgenden Abschnitte erläutern die Details.
1. WERKZEUGE FÜR PLANER
1.1 Anforderungsanalyse
Den Entwurf von GAS regeln die VDI-Richtlinien 3813
Blatt 3 und 3814 Blatt 6. Zuerst erstellt ein Planer ein
Lastenheft. Es dient als Grundlage für eine Ausschreibung,
auf die verschiedene Systemintegratoren bieten.
Der Systemintegrator, welcher die Ausschreibung
gewinnt, führt im zweiten Schritt die Feinplanung
durch und definiert die zuvor genannten Verknüpfungen
zwischen den Geräten. Für die finale Installation
und Inbetriebnahme kann er einen Elektroinstallateur
beauftragen [11].
Da der Planer oft selbst kein Systemintegrator ist, fehlt
ihm zum Teil Detailwissen über GAS. Dies hat den Vorteil,
dass er Systeme unvoreingenommen ausschreiben
kann. Allerdings sind ihm manche Möglichkeiten gebäudetechnischer
Anlagen nicht bewusst, insbesondere
moderne Techniken, um Energie zu sparen.
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HAUPTBEITRAG
GAS können den Verbrauch eines Gebäudes um bis zu
30 % reduzieren [4]. Dies ist von besonderer Bedeutung,
da Gebäude mit 43 % der größte Energieverbraucher in
Europa sind. Der Planer kann sich bei der Planung an
der DIN EN 15232 [4] orientieren. Dieser Standard klassifiziert
die Gebäude in Energieeffizienzklassen A bis D.
Für jede Klasse schreibt er vor, welche GAS integriert
werden müssen, um eine Energieklasse zu erreichen.
Um den Planer bei der Anforderungserhebung eines
GAS zu unterstützen, wurde ein Assistenzwerkzeug entwickelt,
das die DIN EN 15232 zur Grundlage hat. Der
Planer kann mit dem Werkzeug einfach und schnell die
funktionalen Anforderungen für sein GAS festlegen.
Diese muss er nicht für jeden Raum einzeln erstellen,
sondern es können dafür Templates angelegt werden. Ein
Template, beziehungsweise eine Vorlage, definiert ein
Anforderungsprofil, das sich auf verschiedene Räume
oder Systemelemente anwenden lässt.
In Bild 2 wurde das Template „Büro“ angelegt. Der
Planer hat zwei Möglichkeiten, die Anforderungen an
ein Template zu definieren. Er wählt direkt die gewünschte
Energieeffizienzklasse des Gebäudes aus.
Dann werden notwendige Funktionen aktiviert oder unzulässige
deaktiviert. Alternativ kann er direkt im angezeigten
Funktionsbaum die gewünschten Funktionen
auswählen und sich die derzeitig erreichte Energieeffizienzklasse
anzeigen lassen. Zur ausgewählten Funktion
wird eine entsprechende Erläuterung links unten anzeigt.
Der Funktionsbaum ist im Hintergrund mit Ab-
hängigkeiten hinterlegt. Wird zum Beispiel eine Konstantlichtregelung
gewünscht, so werden automatisch ein
Beleuchtungssensor, ein Anwesenheitssensor und ein
dimmbarer Aktor ausgewählt. Wurde zuvor bereits ein
nicht-dimmbarer Aktor ausgesucht, so wird dieser Konflikt
farblich markiert. Zu bestimmten Funktionen kann
auch eine Anzahl angegeben werden, um die Menge der
Lichtkreise im Raum anzugeben.
Aus den geplanten Features wird eine Funktionsliste
erstellt und elektronisch gespeichert. Die Funktionsliste
fasst in einer Tabelle die einzelnen Funktionen, ihr Vorkommen
in den Templates und ihre Häufigkeit zusammen.
Einfache Mengenerhebungen sind damit in der
Praxis leicht möglich.
1.2 Grobentwurf als Automationsschema
Funktionslisten sind jedoch für eindeutige Ausschreibungen
allein nicht ausreichend. Deshalb werden zusätzlich
Automationsschemata verwendet, die GAS auf
einer technologieunabhängigen, abstrakten Ebene definieren.
Die neue VDI-Richtlinie 3813 [11] gibt vor, wie
solche Automationsschemata (hier auch: Grobentwürfe)
und Funktionslisten für Raumautomationssysteme zu
spezifizieren sind. Automationsschemata basieren auf
Funktionsblöcken, welche nicht eine spezifische Softwareimplementation
auf einem Gerät repräsentieren,
sondern die allgemeine, technologieunabhängige Funk-
BILD 1: Werkzeugkette für den automatischen Entwurf
und die Inbetriebnahme
BILD 2: Anforderungsanalyse für das Template einer
Beleuchtungs- und Heizungsregelung
30
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tion widerspiegeln. Die VDI 3813 definiert 48 verschiedene
Funktionsblöcke vorwiegend in den Klassen: Sensoren,
Aktoren, Anwendungsfunktion sowie Bedienund
Anzeigefunktionen. Für jeden Funktionsblock können
Ein- und Ausgänge sowie Parameter definiert sein.
Die Ein- und Ausgänge werden in dem Automationsschema
verbunden und definieren somit den Zusammenhang
der Funktionen. Bild 3 zeigt ein solches Automationsschema
für eine Beleuchtungs- und Heizungsregelung
in einem Raum. Für die Heizungsregelung sind auf der
linken Seite als Symbole der Temperatursensor, der
Temperatur-Sollwertsteller, der Fensterkontakt und der
Anwesenheitstaster zu sehen. Diese Sensorfunktionen
werden in der Mitte zu einer anwesenheitsabhängigen
Heizungsregelung verschaltet. Sie steuert den Heizungsaktor
auf der rechten Seite an. Nicht alle Ein- und Ausgänge
müssen belegt sein.
Das Beispiel in Bild 3 verdeutlicht, dass die Interaktion
der Funktionen aus dem Automationsschema klar ersichtlich
ist, wodurch die Qualität der Ausschreibungen verbessert
wird. Dem Planer ist es möglich, die funktionalen
Anforderungen an sein System klar zu definieren, ohne
Detailkenntnisse über die Implementation zu besitzen.
Dennoch muss er die 48 Funktionsblöcke und die Verschaltungsmöglichkeiten
kennen, um die Norm effizient zu
verwenden. Ein Assistenzssystem kann ihm dabei helfen.
Das in Bild 3 gezeigte Automationsschema ist aus den
Anforderungen in Bild 2 vollautomatisch generiert worden.
Es wurde durch einen Ansatz der Generativen Programmierung
erzeugt [8]. Dabei erzeugt ein Generator
das passende Automationsschema für die in der Anforderungsanalyse
definierten Funktionen aus einer generischen
Entwurfsvorlage. Konflikte und Redundanzen
werden dabei aufgelöst. Wird zum Beispiel die Beleuchtungs-
und Heizungsregelung um eine Jalousiesteuerung
ergänzt, so nutzt diese automatisch den vorhandenen
Anwesenheitsschalter und die Fensterkontakte.
Die VDI 3813 erhöht nicht nur die Verständlichkeit
der Ausschreibungen. Ihr großes Potenzial liegt außerdem
in der Verbesserung der Interoperabilität. Dies ist
die Fähigkeit zweier Geräte in verteilten Anwendungen,
funktionell und kooperativ zusammenzuwirken.
Dies setzt die syntaktische Möglichkeit der Kommunikation
und das semantische Verständnis von Nachrichten
voraus. Aufgrund der geschilderten Heterogenität
der Systeme mit unterschiedlichen Herstellern und
Technologien kommt es in den meisten Fällen zu Interoperabilitätsproblemen.
Zur Verbesserung der Situation
wurde bisher der Weg der Standardisierung bevorzugt.
Dies hat die Interoperabilitätsproblematik
jedoch nicht vollends gelöst, da die Standards von den
Herstellern als zu aufgeweicht oder zu restriktiv angesehen
werden, um ihre Produkte von den Mitbewerbern
abzugrenzen [3].
Die VDI 3813 ermöglicht neue Wege, die Interoperabilitätsproblematik
zu lösen, da sie eine technologieunabhängige,
semantische Definition der Funktionen und ihrer
Interaktionen ermöglicht. Gelingt es, diese Definition auf
BILD 3: Automationsschema für eine kombinierte Raumtemperatur- und Beleuchtungsregelung
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HAUPTBEITRAG
die Technologien abzubilden, lässt sich die Interoperabilität
verbessern, da eine eindeutige Spezifikation besteht,
um interoperable Geräte zu finden. Hierzu stellt der folgende
Abschnitt eine neue Assistenztechnologie vor.
2. WERKZEUGE FÜR SYSTEMINTEGRATOREN
2.1 Feinentwurf mit Verknüpfung von Geräten
Der Systemintegrator kann die zuvor vorgestellten Werkzeuge
auch nutzen, um ein Angebot oder den Systementwurf
zu erstellen. Entweder importiert er die Ausschreibung
oder setzt die Werkzeuge selbst ein, um das Automationsschema
zu erstellen.
Wenn der Systemintegrator auf eine Ausschreibung
bietet, muss er Aufwände und Mengengerüste abschätzen.
Die Herausforderung: Anzahl und Typ der Geräte
abzuschätzen, ohne einen vollständigen Systementwurf
zu erstellen. Dies verschärft das Interoperabilitätsproblem,
da Geräte bereits ausgewählt werden, ohne dass
ihre Interoperabilität geprüft werden kann.
Beim Systementwurf wiederum muss der Integrator
für alle Geräte die Verbindungen der Datenpunkte und
die Parameter definieren. Bei Automationssystemen mit
mehreren tausend Geräten ist dies ein großer Aufwand.
Hierbei nutzt er spezielle Softwarewerkzeuge. Die Werkzeuge
vereinfachen den Prozess jedoch nur geringfügig,
beispielweise durch einfache Copy&Paste-Funktionen
oder Templatebibliotheken auf Geräteebene.
Der Aufwand und die Probleme lassen sich durch ein
neuartiges automatisches Entwurfsvorgehen deutlich
reduzieren [2]. In diesem werden durch evolutionäre
Algorithmen, die ihr Vorbild in der biologischen Evolution
haben, verschiedene Entwürfe erzeugt, die ein
gegebenes Automationsschema erfüllen. Der Algorithmus
bewertet die Entwürfe multikriteriell nach Funktionserfüllung,
Gerätekosten, Interoperabilität, Herstellerhomogenität
und Vernetzung. In mehreren Generationen
versucht der Algorithmus durch Mutations- und
Rekombinationsopera tionen Geräte im Entwurf durch
andere auszutauschen, um so einen möglichst guten
Entwurf zu finden [7].
Der Algorithmus greift auf eine ontologiebasierte
Gerätedatenbank zurück [1]. Die Datenbank enthält
Gerätebeschreibungen verschiedener Hersteller und
Technologien. Jedes Gerät wird beschrieben mit seinen
realisierten Funktionen gemäß VDI 3813 sowie
mit all seinen Funktionsblöcken und Datenpunkten.
Ontologien sind eine Familie von Beschreibungssprachen,
welche es erlauben, Konzepte und ihre Relationen
auf formale, Computer-interpretierbare Art zu
beschreiben. Dies erlaubt leicht erweiterbare Modelle,
aus denen neue Kenntnisse durch automatisches
Schlussfolgern (Reasoning) abgeleitet werden können.
Die verwendete Ontologie hat eine hierarchische
Struktur, bei der sich technologieneutrale Aspekte, wie
Funktionen, von technologiespezifischen Elementen,
wie Datentypen der Datenpunkte, bis hinab zu herstellerspezifischen
Aspekten, wie Funktionsblöcken,
getrennt modellieren lassen. Das erhöht die Flexibilität
und erlaubt technologiespezifische Standards, wie
Geräteprofile, zu integrieren. Ferner reduziert es den
Modellierungsaufwand redundanter Geräteattribute.
Die Datenbank bewertet anhand der Informationen
die Interoperabilität der Geräte und evaluiert ver-
BILD 4: Feinentwurf für eine anwesenheitsabhängige Temperaturregelung
32
atp edition
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schiedene Gesichtspunkte, wie technische Kompatibilität,
Übereinstimmung der Datentypen und semantische
Konformität der Funktionsblöcke und ihrer
Datenpunkte [1]. Schließlich kann der Anwender selbst
in der Gerätedatenbank suchen, um entweder spezifische
Geräte auszuwählen oder die Suche bei der
Optimierung einzuschränken.
Bild 4 zeigt zum Beispiel einen resultierenden Feinentwurf
für das Automationsschema in Bild 3. Die
16 abstrakten Funktionen in dem Automationsschema
können in diesem Fall durch 12 Funktionsblöcke
auf 8 Geräten realisiert werden. Die gelb hinterlegten
Funktionsblöcke liegen auf drahtgebundenen LON-
Geräten und die violett hinterlegten sind drahtlose
EnOcean-Geräte. Der orangene Block stellt das Gateway
dar. Die Interoperabilität der Geräte wird durch
Einfärben der Verbindungen zwischen zwei Datenpunkten
im Feinentwurfswerkzeug angezeigt. Sind
sie interoperabel, so wird die Verbindung schwarz
gezeichnet, sonst ist die Verbindung rot. In ähnlicher
Weise werden Eingangsdatenpunkte kodiert: müssen
sie verbunden werden, sind sie rot, sonst sind sie
optional und blau dargestellt.
Der evolutionäre Optimierungsansatz erzeugt mehrere
unterschiedliche Entwürfe, welche pareto-optimal
in einigen Kriterien besser oder schlechter sein
können. Dadurch kann der Anwender selbst entscheiden,
welchen Entwurf er wählt und ob ihm dabei die
Kosten oder die Herstellerhomogenität wichtiger sind.
Bild 5 zeigt den Ergebnisdialog mit den Statistiken
dreier unterschiedlicher Entwürfe. Mit der Auswahl
wird dem Anwender bei der Auswahl der Geräte, der
Inter operabilitätsbewertung und bei der Erzeugung der
Verbindungen assistiert und ihm werden neue Möglichkeiten
eröffnet, die Vielfalt am Markt zu sondieren.
2.2 Assistenz bei der Parametrisierung
Die Parametrisierung ist ein weiterer Punkt, der einem
Systemintegrator viel Aufwand bereitet. Wichtige Parameter
können durch den automatischen Entwurf eingestellt
werden. So besitzen einige Geräte besondere Parameter,
die die Funktionalität eines Funktionsblocks
ändern, indem zwischen verschiedenen Operationsmodi
gewechselt wird. Als Beispiel sei eine Beleuchtungssteuerung
genannt, die von einer Steuerung auf
eine anwesenheitsabhängige Beleuchtungsregelung umschalten
kann. Da diese Parameter direkt die Funktionalität
des Gerätes beinflussen, werden sie bei der Optimierung
entsprechend so gesetzt, dass das Gerät die
benötigte Funktionalität erfüllt.
Das Zuweisen nichtfunktionaler Parameter, wie Reglerparameter,
lässt sich durch die Arbeit mit Templates
stark vereinfachen. So hat der Systemintegrator nach
der Auswahl eines Feinentwurfs die Möglichkeit, diesen
weiter zu bearbeiten und für einzelne Datenpunkte
passende Parameter zu definieren. Die Parameter werden
dann während der Inbetriebnahme automatisch
allen Geräten zugewiesen, welche das Template realisieren.
Dafür wird wieder ein generativer Ansatz verwendet,
welcher die Templates für alle Räume und
Gebäudeteile vervielfältigt, denen das Template zugewiesen
wurde. Der Entwurf wird in einer Datenbank
gespeichert, welche bei der Inbetriebnahme weiter verwendet
werden kann.
BILD 5: Ergebnisdialog der Optimierung
BILD 6: Webseite zur Unterstützung der Inbetriebnahme
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HAUPTBEITRAG
2.3 Assistenz bei der Inbetriebnahme
Das bisherige Vorgehen erleichtert einem Systemintegrator
oder Installateur auch die Inbetriebnahme. Für
einige Technologien wie LON oder KNX wird die Inbetriebnahme
durch Entwurfsdatenbanken unterstützt,
welche es erlauben, den Entwurf in ein installiertes
Netzwerk zu übertragen. Die Hauptaufgabe ist die Zuordnung
der einzelnen Geräte zum Entwurf. Hierfür
besitzen die Geräte Kommissionierungstaster, welche
bei Betätigung das Gerät veranlassen, eine Identifikationsnachricht
zu versenden. Durch sequenzielles Drücken
der Taster auf den Geräten und Zuweisen im Inbetriebnahmewerkzeug
kann das System nach und nach
kommissioniert werden. Da die Werkzeuge die Geräte
aber nach der Netzwerktopo logie verwalten und nicht
nach ihrem Installationsort, erfordert die Zuweisung
einigen Suchaufwand.
Der templatebasierte Entwurf bietet weitere Assistenzfunktionen
an. Zum einen unterstützt das vorgestellte
Vorgehen den Export des Entwurfes in die LNS-Datenbank
von LON-Systemen. Darüber hinaus wird in dem
EU- Projekt Scuba ein technologieübergreifender Ansatz
entwickelt. Der Ansatz nutzt eine Middleware, welche
verschiedene Feldbustechnologien unterstützt und auf
die im Entwurf erzeugte Datenbank zugreift. Damit ist
bekannt, in welchem Raum welche Geräte mit welchen
Verbindungen und Parametern installiert werden sollen.
Erkennt die Middleware ein Gerät, so weist sie diesem
die Einstellungen zu. Die Middleware übernimmt dabei
auch Gatewayfunktionalität. Tauschen Geräte ungleicher
Feldbustechnologien Nachrichten aus, so werden diese
automatisch konvertiert.
Die Middleware muss die Geräte nicht notwendigerweise
durch die Kommissionierungstaster identifizieren,
sondern kann auf einen Kommissionierungsdialog
im Entwurfssystem zurückgreifen. Der in Bild 6
gezeigte Dialog ist mit einem Smartphone oder
Tablet als Webseite aufrufbar und zeigt den Gebäudeplan
in 2D an. Wird ein neues Gerät von der Middleware
erkannt, so kann der Integrator den Raum angeben,
in dem er sich gerade befindet. Aus der Datenbank
kann auf das zu kommissionierende Gerät geschlossen
werden. Zusätzlich zeigt der Dialog die
Position der zu installierenden Geräte an, welche zuvor
in einem Platzierungswerkzeug festgelegt worden
sind. Damit kann sich der Installateur auf die
Installation konzentrieren.
FAZIT
In dem Beitrag wurden Assistenssysteme für den Entwurf
von GAS vorgestellt. Sie bieten Unterstützung bei der
Definition der Funktionen gemäß EN 15232
Definition technologieunabhängiger Automationsschemata
gemäß VDI 3813
Auswahl interoperabler Geräte
Erzeugung optimierter Entwürfe
Parametrierung der Geräte
Inbetriebnahme durch positionsbasierte Kommissionierung
Hinterlegt sind die Assistenzfunktionen in einer Kette
individueller Softwarewerkzeuge für Planer, Systemintegratoren
und Installateure. Sie nehmen ihnen die
Durchführung von Routineaufgaben ab, wie die Verknüpfung
und Parametrierung von Geräten, und beraten
bei der Erfüllung von Energieeffizienzklassen und der
Auswahl interoperabler Geräte.
Das beschriebene Vorgehen demonstriert, wie bei
großen heterogenen Automationssystemen der Entwurfsprozess
durch Assistenztechnologien automatisiert,
vereinfacht und qualitativ verbessert werden
kann. Das Vor gehen ist auch für andere Zweige der
Automation, wie die Fertigungs- und Prozessautomation,
denkbar [10].
MANUSKRIPTEINGANG
02.05.2012
AUTOREN
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Dr.-Ing. JÖRN PLÖNNIGS (geb. 1976) ist Leiter der
ESF Nachwuchsforschergruppe Energy Design am
Lehrstuhl für Technische Informationssysteme
(TIS). Hauptarbeitsgebiete: Automatischer Entwurf,
Drahtlose Sensornetzwerke, Smart Buildings.
Technische Universität Dresden,
Fakultät Informatik,
Institut für Angewandte Informatik,
Lehrstuhl für Technische Informationssysteme,
D-01062 Dresden,
Tel. +49 (0) 351 46 33 80 66,
E-Mail: joern.ploennigs@tu-dresden.de
Dipl.-Inf. UWE RYSSEL (geb. 1980) ist wissenschaftlicher
Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS. Er forscht auf
dem Gebiet der automatischen Migration von
Entwürfen, Generative Programmierung und
Anforderungsanalyse.
Technische Universität Dresden,
Fakultät Informatik,
Institut für Angewandte Informatik,
Lehrstuhl für Technische Informationssysteme,
D-01062 Dresden,
Tel. +49 (0) 351 46 33 85 02,
E-Mail: uwe.ryssel@tu-dresden.de
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atp edition
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REFERENZEN
[1] Dibowski, H., Kabitzsch, K.: Ontology-Based Device
Descriptions and Device Repository for Building Automation
Devices. EURASIP Journal on Embedded Systems (2011),
H. 2011, ISSN 1687-3955,
Article ID 623461
[2] Dibowski, H., Ploennigs, J., Kabitzsch, K.: Automatisierter
Entwurf von Gebäudeautomationssystemen. atp – Automatisierungstechnische
Praxis, 50(4),
S. 58–67, 2008
[3] Dietrich, D.; Bruckner, D.; Zucker, G.; Palensky, P.:
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Introduction and Overview. IEEE Trans. Ind. Electron.,
57(11), S. 3577–3584, 2010
[4] DIN EN 15232 – Energieeffizienz von Gebäuden –
Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement,
2012
[5] IEC 61499 – Function blocks – Part 1: Architecture, 2005
[6] Kabitzsch, K.; Naake, J.; Theiss, S.; Vasyutynskyy, V.:
Untersuchung zum Fernzugriff auf Automatisierungstechnik.
In: atp – Automatisierungstechnische Praxis,
48(7) 7, S. 33 37, 2006
[7] Oezluek, A. C., Ploennigs, J., Kabitzsch, K.: Designing
building automation systems using evolutionary
algorithms with semi-directed variations.
In: IEEE Int. Conf. on Systems Man and Cybernetics,
S. 2328 – 2335. IEEE, 2010
[8] Ryssel, U., Dibowski, H., Kabitzsch, K.: Generation of
function block based designs using semantic web
technologies. In: IEEE Int. Conf. on Emerging Technol.
and Factory Autom. S. 698–705. IEEE, 2009
[9] Runde, S.; Dibowski, H.; Fay, A.;Kabitzsch, K.:
Integrated automated design approach for building
automation systems. In: IEEE Int. Conf. on Emerging
Technologies and Factory Automation, S. 1488 –1495.
IEEE, 2008.
[10] Schmitz, S.; Schluetter, M.; Epple, U.: Automation of
Automation – Definition, Components and Challenges.
In: IEEE Int. Conf. on Emerging Technologies and Factory
Automation, S. 1 – 7. IEEE, 2009. doi:10.1109/ETFA.
2009.5347197
[11] VDI 3813 – Gebäudeautomation (GA) – Raumautomationsfunktionen
(RA-Funktionen), 2011
Dipl.-Inf. HENRIK DIBOWSKI (geb. 1979) ist
wissenschaft licher Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS.
Arbeitsgebiete sind der automatisierte Entwurf, die
semantische Spezifikation von Geräten und ihrer
Applikationen und die automatische Interoperabilitätsauswertung.
Technische Universität Dresden,
Fakultät Informatik,
Institut für Angewandte Informatik,
Lehrstuhl für Technische Informations systeme,
D-01062 Dresden,
Tel. +49 (0) 351 46 33 80 68,
E-Mail: henrik.dibowski@tu-dresden.de
Prof. Dr.-Ing. habil. KLAUS KABITZSCH (geb. 1953)
ist Inhaber des Lehrstuhls für Technische Informationssysteme
an der TUD mit Themen zu vernetzten
Automatisierungssystemen in Industrie und
Gebäude, Entwurf, Optimierung, Inbetriebnahme,
Test und Diagnose.
Technische Universität Dresden,
Fakultät Informatik,
Institut für Angewandte Informatik,
Lehrstuhl für Technische Informations systeme,
D-01062 Dresden,
Tel. +49 (0) 351 46 33 82 89,
E-Mail: klaus.kabitzsch@tu-dresden.de
Dipl.-Inf. MATTHIAS LEHMANN (geb. 1981) ist
wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS.
Spezialgebiete sind serviceorientierte Architekturen
und Optimierungsansätze.
Technische Universität Dresden,
Fakultät Informatik,
Institut für Angewandte Informatik,
Lehrstuhl für Technische Informations systeme,
D-01062 Dresden,
Tel. +49 (0) 351 46 33 83 62,
E-Mail: matthias.lehmann@tu-dresden.de
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HAUPTBEITRAG
Systemkomplexität in der
Automation beherrschen
Intelligente Assistenzsysteme unterstützen den Menschen
Die Integration der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und neue Anforderungen
der Produktionstechnik erhöhen die Komplexität der Automation und überfordern
den Menschen, womit die Arbeitseffektivität sinkt. Um dieser Situation zu begegnen,
werden in diesem Beitrag intelligente Assistenzsysteme hinterfragt, die die Menschen
bei fortschreitender Systemkomplexität während der Inbetriebnahme und beim Betrieb
unterstützen und nicht weiter von wertschöpfenden Tätigkeiten abhalten sollen. Am
Beispiel der Lemgoer Modellfabrik als Forschungsplattform werden typische Assistenzfunktionen
für die Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose und Selbstoptimierung in der
Automation vorgestellt sowie deren notwendige Fähigkeiten analysiert.
SCHLAGWÖRTER Assistenzsysteme / Intelligente technische Systeme / Beherrschung der
steigenden Komplexität
Intelligent Assistance Systems to control the Complexity
of industrial Automation Systems
Increasing integration of ICT and challenging requirements to production systems in crease
the complexity of automation systems continously. This leads to an excessive demand of
the involved people with the result of a decreasing work efficiency. To counter this situation,
in this paper the usage of intelligent assistant systems is described, to support
human users of automation systems to handle increasing system complexity and to avoid
non-value adding activities. With the Lemgo smart factory as an research and demonstration
platform typical assistance functions for self-configuration, self-diagnosis and
self-optimization of industrial automation systems are described and its requirements are
analyzed. Important research questions in this field are addressed.
KEYWORDS assistance systems / intelligent technical systems / control the increasing
system complexity
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atp edition
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JÜRGEN JASPERNEITE, OLIVER NIGGEMANN, Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation
Steigende Anforderungen aus der Produktionstechnik
und die fortschreitende IKT-Integration
führen zu einem erheblichen Anstieg der
Komplexität der Automatisierungssysteme [1].
Heute werden im Maschinenbau schon bis zu
50 Prozent des gesamten Entwicklungsaufwands investiert,
um die notwendige Software zu erstellen [2]. Forschungsrichtungen,
wie zum Beispiel das Internet der
Dinge, Industrie 4.0 oder Cyber Physical Systems (CPS),
werden die Systemkomplexität aufgrund der fortschreitenden
IKT-Integration und der Vernetzung der Systeme
noch verstärken [3].
Diese Ausgangssituation löst eine zunehmende
Überforderung der Menschen aus, die mit diesen Systemen,
zum Beispiel für die Aufgabenfelder Programmierung,
Bedienung, Instandhaltung und Service,
arbeiten. Das senkt die Arbeitseffektivität der Benutzer
von Automatisierungssystemen im Entwurf, im
Aufbau und in der Wartung von Anlagen. Die Folge:
lange Inbetriebnahmezeiten im Anlagenhochlauf,
hohe Fehleranfälligkeit durch verbleibende Hard- und
Softwarefehler und damit verbunden die Gefahr von
Stillstandzeiten sowie ein häufig nicht ressourcenoptimierter
Betrieb der automatisierten Anlagen. Ähnliche
Problemstellungen sind auch aus anderen hochtechnisierten
Bereichen bekannt; die Gesellschaft
für Informatik (GI) sieht dringenden Handlungsbedarf
zur besseren Beherrschbarkeit komplexer technischer
Systeme [4].
Dieser steigenden Komplexität der Automatisierungssysteme
lässt sich auf zweierlei Weise begegnen:
1 | Reduktion der Komplexität der Automatisierungssysteme
durch Reduzierung der enthaltenen Systemelemente
und deren Relationen. Dieser Weg ist in
Anbetracht der steigenden Anforderungen nicht
vielversprechend.
2 | Die wachsende Systemkomplexität zuzulassen, aber
gleichzeitig deren Wirkung auf den Menschen durch
neuartige Assistenzsysteme als weniger kompliziert
erscheinen zu lassen.
Als Lösung bietet sich der Einsatz von intelligenten
Assistenzsystemen an. Der Begriff intelligent wird dabei
aus dem Forschungsgebiet der Künstlichen Intelligenz
und der Kognition entnommen und auf die industrielle
Automation angewendet. Intelligenz bezeichnet dabei
nach dem amerikanischen Forscher Marvin Lee Minsky
die Fähigkeit von Assistenzsystemen, „Aufgaben zu
lösen, zu deren Lösung Intelligenz notwendig ist, wenn
sie vom Menschen durchgeführt werden“. Intelligente
Assistenzsysteme sollen also zunehmend Aufgaben von
menschlichen Experten übernehmen, um diese zu unterstützen
oder zu entlasten.
Das Grundprinzip ist in Bild 1 zu sehen: Informationen
über das technische System und dessen aktuellen Zustand
werden von der Automatisierungstechnik erfasst
(linke Seite von Bild 1) und müssen vom Anwender verstanden
werden (rechte Seite von Bild 1), zum Beispiel,
um Fehler oder ein Optimierungspotenzial zu erkennen.
Da diese Informationen immer komplexer werden, sollen
Assistenzsysteme dem Anwender helfen, die Informationen
zu interpretieren und zu nutzen (Mitte Bild 1). Intelligente
Assistenzsysteme verstecken die Systemkomplexität
vor dem Anwender und erlauben eine abstraktere,
das heißt menschenzentrierte, Sicht auf die Systeme.
In diesem Beitrag geht es vor allen Dingen um
Assistenzsysteme, die zur Laufzeit einer automatisierten
Maschine oder Anlage zum Einsatz kommen und nicht
um unterstützende Systeme in der Planungs- und Entwurfsphase.
Die Produktionstechnik ist seit Längerem ein wichtiges
Anwendungsgebiet für intelligente oder kognitive
technische Systeme, wobei die Intelligenz beziehungsweise
Kognition dabei zumeist in den Automatisierungssystemen
umgesetzt wird. Der gemeinsame Nenner dieser
Arbeiten ist nach [8]: „[...] the application of Artificial
Intelligence (AI) methods and techniques.“
Der Schwerpunkt der meisten Arbeiten in diesem Gebiet
liegt auf Planungs- und Optimierungsschritten, zumeist
auf Ebene der Manufacturing-Execution-Systeme
(MES) und vor allem unter Verwendung von symbolischem
Wissen über die Produkte und die Produktions-
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37
HAUPTBEITRAG
technik [7, 8]. Basis sind im Allgemeinen kognitive Referenzarchitekturen
wie SOAR [7], oft unter Erweiterung
um Architekturen mit mehrschichtigen, aufeinander
aufbauenden kognitiven Fähigkeiten [9,10]. Der Lernaspekt
zielt in der Mehrheit auf Parameteroptimierungen
oder Regleranpassungen [11], das Lernen von symbolischem
Wissen ist eher selten anzutreffen [15]. Warum
gerade das Lernen ein offenes Problem darstellt, erklärt
zum Beispiel Brachman [12]: „Learning in the context of
a full-blown cognitive system is not a unitary thing. There
are many types of learning – whether or not they are
based on some common mechanism, I can’t tell you – but
skill learning and language learning and discovering patterns
in data and learning to build things are all different.“
Generell fehlt eine Kategorisierung der in der Automation
benötigten kognitiven Fähigkeit inklusive der Abbildung
auf die entsprechenden Anwendungsfälle und Herausforderungen
in der Automation. Zur Veranschaulichung
eignen sich entsprechende Forschungs- und Demonstrationsplattformen,
wie beispielsweise die
Smartfactory KL des Deutschen Forschungszentrums für
Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserlautern [5] oder
die gemeinsam von Fraunhofer und der Hochschule Ostwestfalen-Lippe
betriebene Lemgoer Modellfabrik [6].
1. KONFIGURATIONSASSISTENTEN UND ADAPTIVITÄT
Während moderne Produktionsanlagen aus Sicht des
Maschinenbaus oft schon modular aufgebaut sind und
dadurch schnelle Rekonfigurationen prinzipiell unterstützen,
stellen die statisch programmierten Automatisierungssysteme
den Engpass dar.
So müssen bei einem Anlagenumbau Steuerungsprogramme
umprogrammiert, Netzwerke neu konfiguriert
und Leitsysteme angepasst werden. Diese Schritte erfolgen
häufig direkt an der Maschine oder Anlage und kosten
Zeit und bergen das Risiko von Fehlern. Intelligente
Konfigurationsassistenten sollen diese Aufgaben im Sinne
eines Plug-and-Play oder Plug-and-Produce (PnP) in
Zukunft weitestgehend automatisch durchführen und
damit die Inbetriebnahme- und Umbauphasen von Anlagen
signifikant verkürzen (Bild3).
Assistenzfunktionen im Bereich der Selbstkonfiguration
sind ein Beispiel für intelligente technische Systeme
mit der Fähigkeit zur Adaptivität: Adaptive Systeme
sind in der Lage, Lösungsstrategien in sich ändernden
Umgebungen selbstständig zu entwickeln. Dies steht im
Gegensatz zum aktuellen Stand der Technik, so werden
zum Beispiel in der Automation Lösungsstrategien noch
fest in Form von Steuerungsprogrammen vom Menschen
vorgegeben.
So besteht der Hauptunterschied zwischen der konventionellen
Automation und den intelligenten Konfigurationsassistenten
in der Verwendung von explizitem
Domänenwissen durch die Assistenzsysteme (siehe
auch Bild 2). Solch explizites, formalisiertes Domänenwissen,
zum Beispiel über die Maschine oder Anlage,
über das Automatisierungssystem oder über physikalische
Hintergründe, ist von Rechnern verarbeitbar. Hierzu
werden Methoden des maschinellen Schließens verwendet
[13]. So können die Algorithmen mit deskriptiven
Zielvorgaben (wie „Produziere ein Produkt in einer
vorgegebenen Güte und Zeit“) arbeiten, anstatt auf heute
übliche statische, durch den Menschen vorgegebene
Handlungsabläufe (beispielsweise „bewege Roboter auf
Position A, starte Transportband für 5 sec, ....“) angewiesen
zu sein. Es werden also statische, lösungsorientierte
Handlungsvorgaben durch abstrakte ergebnisorientierte
Zielvorgaben ersetzt. Das erhöht die Flexibilität der
Automatisierungssysteme und verringert den Aufwand
beim Menschen.
Die Konfigurationsunterstützung umfasst dabei zwei
Schritte:
1 | Zuerst muss die Planung des angestrebten Produktionsablaufes
auf MES-Ebene (MES: Manufacturing-
Execution-System) durchgeführt werden [9,11].
Der Produktionsablauf legt fest, in welcher zeitlichen
Reihenfolge die Einzelmaschinen arbeiten,
um das Endprodukt zu erzeugen. Aktuell werden
Beschreibungen der zur Verfügung stehenden
Ressourcen/Geräte und die Zielvorgabe als Modell
genutzt. Algorithmisch kommen zumeist Suchverfahren,
maschinelles Schließen und Optimierungsverfahren
zum Einsatz.
2 | Im nächsten Schritt identifiziert das Automatisierungsmodul,
bestehend aus Steuerung, Feldgeräten
und so weiter, selbststständig seine Rolle im Gesamtablauf
der Produktion inklusive aller benötigter
Kommunikationsbeziehungen für die notwendige
Systemintegration [22, 23, 28].
Für die Integration von Anlagenmodulen auf Feld- und
Steuerungsebene (Schritt 2) sind im Wesentlichen drei
Aufgaben zu leisten:
1 | Herstellen einer grundsätzlichen Konnektivität durch
Realisierung eines Ad-hoc-Kommunikationskanals
zwischen einer Managementinstanz für die PnP-Funktionalität
und dem neuen Anlagenmodul ( Bild 3).
2 | Infrastruktur zur Herstellung einer Interaktionsfähigkeit
zwischen dem Automatisierungsmodul und
der Umgebung (Middleware).
3 | Selbstbeschreibung der Funktionalität des Anlagenmoduls
(Semantik).
Zu 1: In der Automation sind Echtzeit-Ethernetsysteme
(RTE) Stand der Technik. Bei jeder Anpassung der Netzkonfiguration
aufgrund von Anlagenumbauten sind
heute manuelle Konfigurations- und Planungsschritte
notwendig, die einer Selbstkonfiguration im Wege stehen.
Heutige RTE-Systeme bieten neben der zeitkritischen
Prozessdatenübertragung auch einen parallel
nutzbaren IP-basierten Kommunikationskanal an, der
sich für den Austausch der Informationen zur Selbstkonfiguration
anbietet [20].
Für diesen IP-basierten Kommunikationskanal ist
zunächst die Adressvergabe und das Discovery zu lösen.
Hierzu stehen auf OSI-Schicht 2 standardisierte Protokolle,
wie LLDP (IEEE 802.1 AB) oder Vorschläge für
38
atp edition
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effiziente Autokonfigurationsverfahren auf Basis topologiebasierter
MAC-Adressen [19] zur Verfügung. Auf der
Netzwerkschicht sind Verfahren, wie Auto-IP oder DHCP
bekannt.
Zu 2: Für die Realisierung der notwendigen Interaktionsfähigkeit
bietet sich der Einsatz einer Middleware an,
die eine Abstraktion von der eingesetzten Kommunikationstechnik
ermöglicht und zum Beispiel über Web
Services (wie OPC-UA, DPWS) standardisierte Dienste
für die Erkundung der Umgebung und den Nachrichtenaustausch
bietet [29, 30, 40]. Über diese Infrastruktur
werden auch alle Parameter für die Konfiguration des
RTE-Protokollstapels übertragen. Hierdurch kann die
eigentliche Prozessdatenkommunikation mit ihren Echtzeitanforderungen
über das RTE erfolgen. Diese Verfahren
werden derzeit zum Beispiel in dem EU-Projekt IOT@
Work [21] an der Lemgoer Modellfabrik auch vor dem
Hintergrund der notwendigen IT-Sicherheit untersucht
und erprobt. Der Lösungsansatz einer Trennung der
Übertragung der Echtzeitdaten und der für die Selbstkonfiguration
notwendigen Informationen ist mit allen
RTEs möglich, die eine IP-Kommunikation zulassen, die
nicht projektiert werden muss. Am Beispiel des RTE Profinet
ließ sich die Tragfähigkeit nachweisen [25].
Zu 3: Für eine vollständige Selbstkonfiguration im hier
dargestellten Sinne muss jedes Anlagenmodul nach dem
Umbau identifizieren, welche Signale es anderen Anlagenmodulen,
übergeordneten Steuerungen oder dem Leitsystem
zur Verfügung stellen muss beziehungsweise welche
es aus seiner Umgebung braucht. Dafür ist eine Definition
der Semantik aller Signale mittels einer maschinell
auswertbaren, funktionsbeschreibenden Anlagen-Modulbeschreibung
notwendig. Auf der Feld- und Steuerungsebene
stellt dieser Schritt noch eine offene Forschungsfrage
dar [22]. Generell existieren hierzu zwei Ansätze:
1 | Eine Identifikation der Signale über eindeutige Namen
setzt eine zentrale Planung oder eine Standardisierung
der Automatisierungssysteme voraus und
würde damit direkt dem Ziel der Wandlungsfähigkeit,
das heißt der Unabhängigkeit bei der Entwicklung
eines Anlagenmoduls, widersprechen. Daher
stellen Lastra und Delamer in [31] die Frage: „How
to enable two devices with no previous knowledge
on each other’s type, conceived using different paradigms
and interaction models but still with complementary
skill sets, to interact autonomously?“
2 | Eine Definition der Semantik aller Signale mittels
eines maschinell auswertbaren, funktionsbeschreibenden
Informationsmodells könnte die
Funktion eines Signals im Kontext der Anlage modellieren.
Ein Konfigurationsservice in der Steuerung
des Anlagenmoduls könnte dann anhand
dieses Informationsmodells und eines Schlussfolgerungsalgorithmus
identifizieren, welche Signale
es mit anderen Modulen austauschen muss.
Dieser Ansatz entspricht der allgemeinen Idee von
intelligenten technischen Systemen: Wissen wird
explizit und damit vom Computer verarbeitbar
gemacht, das heißt es entstehen adaptive und flexible
Systeme.
BILD 1: Assistenzsysteme unterstützen den Benutzer künftig
beim Umgang mit komplexen Automationssystemen.
BILD 2: Das Grundprinzip adaptiver Systeme
BILD 3: Automatische Systemintegration eines Anlagenmoduls
in der Lemgoer Modellfabrik
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HAUPTBEITRAG
Herausforderung beim zweiten Ansatz ist die Modellierung
der Semantik in Form von Informationsmodellen.
Diese müssen zum einen ausdrucksstark genug sein, um
die notwendige Semantik abzubilden. Anderseits müssen
effiziente Schlussfolgerungsmechanismen für den
Formalismus existieren. Eine allgemeine Übersicht zu
Informationsmodellen findet sich in [32]. In [31] werden
zum Beispiel Semantic Web Services und Web Ontology
Language (OWL) als Lösung vorgeschlagen. Loskyll et al.
verwenden Semantic Annotations for Web Services Description
Language (SAWSDL) und OWL [33]. Einen
interessanten Ansatz stellt die Verwendung von OPC-
UA-kompatiblen Informationsmodellen in Kombination
mit OWL dar [34]. Generell besteht also ein erster Trend
bezüglich der zu verwendenden Formalismen für die
Informationsmodelle, während zu den notwendigen Inhalten
der Modelle und der Schlussfolgerungsmechanismen
noch offene Fragen existieren.
2. DIAGNOSEASSISTENTEN UND DIE LERNFÄHIGKEIT
Intelligente Diagnoseassistenten helfen dem Benutzer,
frühzeitig Probleme und Verschleiß (Anomalieerkennung)
zu erkennen und entsprechende Fehlerursachen
(Diagnose) zu identifizieren und bei der Anlagenreparatur.
Diese drei Schritte bauen dabei üblicherweise aufeinander
auf.
Generell ist in der Produktionstechnik die Zuverlässigkeit
der Maschinen und Anlagen ein wichtiges Ziel.
Produktionsausfall durch Anlagenstillstände führt zu
hohen Kosten. Gerade in verteilten Produktionsanlagen
und in vernetzten Automatisierungssystemen ist die Fehlersuche
aber sehr aufwendig, da der Ort eines Fehlersymptoms
nicht gleich dem Ort der Fehlerursache sein
muss. Das Bedien- und Instandhaltungspersonal steht
daher bei auftretenden Fehlern unter hohem Zeit- und
Erfolgsdruck, um die Anlage wieder anzufahren. Hier
können Diagnoseassistenten helfen (siehe Bild 4).
Grundlage der Diagnoseassistenten ist die Verfügbarkeit
von formalisiertem Wissen über den automatisierten
Produktionsprozess, zumeist in Form von Modellen.
Diese Modelle werden zur Erkennung von Anomalien
und von Fehlerursachen verwendet. Alle erkannten Probleme
werden dem Fachpersonal über geeignete Mensch-
Maschine-Interaktionstechnologien (Leitsysteme, mobile
Plattformen) mitgeteilt.
Solche Diagnoseassistenten werden aus zwei Gründen
bislang wenig in der Industrie eingesetzt: Zum einen ist
die Modellerstellung arbeitsintensiv und kann oft nur
von Experten ausgeführt werden. Zum anderen ist der
Genauigkeit von manuell erstellten Modellen oft eine
Grenze gesetzt: Anlagen verändern sich häufig, zum Beispiel
durch Verschleißprozesse, durch Umwelteinflüsse
oder durch Umbauten.
Hier bietet das maschinelle Lernen einen Ausweg:
Durch Beobachtung des Prozesses in Echtzeit kann das
Modell und damit das notwendige Diagnosewissen maschinell
erlernt werden. Grundlage hierfür ist die Verfügbarkeit
der Prozessdaten, die zum Betriebszeitpunkt
in ausreichender Menge erfasst werden können.
Solche Assistenzfunktionen sind ein Beispiel für
intelligente technische Systeme basierend auf einer
Lernfähigkeit: Wie in Bild 5 zu sehen, erlernt der Diagnoseassistent,
basierend auf der erfassten Anlagensituation
(Situationserfassung), Wissen über das Anlagenverhalten
in Normal- und Fehlersituationen und über die
Wirkzusammenhänge in der Anlage.
Mittels dieses gelernten Wissens analysiert der Diagnoseassistent
das Anlagenverhalten im Betrieb und
erkennt Anomalien und Fehlerursachen, die dann dem
Benutzer mitgeteilt werden.
Das Lernen von Modellen zur Anomalieerkennung
und Diagnose ist ein typisches Anwendungsgebiet des
maschinellen Lernens. Wie in Bild 6 zu sehen, wird generell
zwischen dem Lernen von Klassifikatoren für
phänomenologische Diagnoseansätze und dem Lernen
von Modellen für modellbasierte Diagnoseansätze
unterschieden.
1 | Phänomenologische Ansätze klassifizieren Beobachtungen
direkt als korrekt oder inkorrekt beziehungsweise
klassifizieren sie gemäß der Fehlerursachen.
2 | Modellbasierte Ansätze ermitteln zunächst Anomalien
durch einen Vergleich eines Modells des Normalverhaltens
mit aktuellen Beobachtungen. Fehlerursachen
werden anschließend durch ein Suchverfahren
ermittelt, wobei solange Hypothesen für die
Fehlerursachen in das Modell integriert werden, bis
Prognose und Beobachtung wieder übereinstimmen.
Das Lernen für phänomenologische Ansätze kann also
auf das Lernen von Klassifikatoren zurückgeführt werden.
Typisch für phänomenologische Ansätze ist die
statische Behandlung des wichtigen Faktors Zeit: Im
Allgemeinen wird zunächst ein statischer Eigenschaftsvektor
berechnet, der dann als Eingabe der Klassifikationsfunktion
verwendet wird. Beispiele sind Funktionsapproximationsansätze
(wie Neuronale Netze, Regression,
Fuzzy-basierte Ansätze), Support-Vektor-Maschinen,
fallbasierte Ansätze oder regelbasierte Methoden
(zum Beispiel induktive Lernverfahren oder das Lernen
von Entscheidungsbäumen).
Neben der für technische Systeme unzureichenden
Behandlung des Faktors Zeit haben phänomenologische
Ansätze ein grundsätzliches Problem: Sie schliessen gegen
die Kausalität des ursprünglichen Systems, das heißt
sie schließen von Symptomen/Beobachtungen auf Anomalien
und Fehlerursachen. Für komplexe Anlagen mit
vielen Abhängigkeiten zwischen Komponenten und komplizierten
Wirkzusammenhängen führt dies zu diversen
Problemen: (1.) Die Klassifikationsalgorithmen müssen
viele Signale inklusive ihrer Historie im Eigenschaftsvektor
berücksichtigen. (2.) Die Klassifikationsansätze
müssen eine hohe Anzahl von Wertkombinationen im
Eigenschaftsvektor abbilden, dies verhindert letztendlich
die Lernbarkeit dieser Modelle. Aus diesen Gründen
sind phänomenologische Ansätze zwar aus Sicht der
Lernbarkeit dankbare Ansätze, für komplexe technische
Systeme aber oft ungeeignet.
Das Lernen von modellbasierten Ansätzen ist zunächst
grundsätzlich schwieriger. Es muss ein vollständiges
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BILD 4: Unterstützung des Benutzers bei der Fehlersuche
durch Diagnoseassistenten
BILD 5: Maschinelles Lernen als Grundlage für Diagnoseassistenten
BILD 6: Phänomenologische (oben) und modellbasierte
Ansätze (unten) zur Anomalieerkennung und Diagnose
BILD 7: Lernphase des Assistenten zur
Anomalieerkennung
BILD 8: Ausschnitt eines gelernten hybriden zeitlichen
Automaten für den Abfüllprozess der Lemgoer Modellfabrik
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HAUPTBEITRAG
Modell des Systemverhaltens gelernt werden und dies
nur durch Beobachtung des Systems. Auf der anderen
Seite sind solche Modelle aber in der Lage, das Zeitverhalten
genau abzubilden (zum Beispiel in Form von Differenzialgleichungen)
und eine große Kombination von
Wirkzusammenhängen kompakt zu erfassen (beispielsweise
in Form von endlichen Automaten).
Bisherige Arbeiten zum Modelllernen haben sich auf
die Parametrisierung von vorgegebenen Differenzialgleichungssystemen
[35], auf das Lernen von Regeln für
diskrete Ereignisse [36, 38] oder auf die Ermittlung von
lokalen Zusammenhängen zwischen kontinuierlichen
Variablen eines Teilsystems [37] konzentriert. Für komplexe
technische Systeme liegt daher die aktuelle Herausforderung
auf dem Lernen von Modellen mit den
folgenden Eigenschaften:
BILD 9: Diagnoseassistent aus den Projekten Initial
und AVA [16, 17]
BILD 10: Energieoptimierter Betrieb eines Hochregallagers
in der Lemgoer Modellfabrik
BILD 11: Prinzip der Optimierungsassistenten
1 | Es sollte möglichst wenig A-priori-Wissen zum Lernen
notwendig sein. Optimal ist eine Beschränkung
auf die Erfassung von asynchronen Teilsystemen.
Daraus folgt, dass eine reine Modellparametrisierung
unzureichend ist.
2 | Das Zeitverhalten sollte explizit modelliert sein.
3 | Es sollten hybride Systeme, das heißt Systeme mit
Wert-diskreten und Wert-kontinuierlichen Variablen,
erfasst werden. Hierbei ist zu beachten, dass
Wert-diskrete Variablen oft radikale Änderungen des
Systemverhaltens (Mode-Wechsel, [39]) nach sich
ziehen. Beispiele sind das Öffnen eines Ventils oder
das Einschalten eines Antriebs.
In den Projekten Initial und AVA wurden entsprechende
Ansätze an der Lemgoer Modellfabrik und an realen
Industrieanlagen entwickelt und validiert [16, 17]. Der
Fokus lag dabei auf der Erkennung von Anomalien und
auf dem Lernen von Modellen des Normalverhaltens
mit einer expliziten Erfassung des Zeitverhaltens für
hybride Systeme.
Der in diesen Projekten entwickelte Diagnoseassistent
unterscheidet generell zwei unterschiedliche Phasen.
In der Lernphase (Bild 7) werden zunächst alle Daten
der Anlage durch Messungen von Prozesssignalen gesammelt
(Schritt 1). Herausforderungen sind hierbei die
Erfassung der Daten in heterogenen, verteilten Automationssystemen
und die zeitliche Synchronisation der
Messstellen. Aus diesen Daten wird in Schritt 2 ein Modell
des Normalverhaltens der Anlage gelernt.
Generell kann nicht das komplette Modell des Normalverhaltens
erlernt werden, wo immer möglich wird daher
auf A-priori-Wissen zurückgegriffen. Dieses A-priori-
Wissen umfasst zumeist Strukturinformationen der Anlage
und der Automationslösung, minimal müssen zumindest
asynchrone Teilsysteme ausgewiesen werden.
Beispiele für solches a-priori-Wissen sind vorhandene
Anlagenmodelle in Form von AutomationML-Dateien
[14] oder in Form von CAD-Modellen.
Das Verhalten der einzelnen, synchronen Teilsysteme
wird in Form eines hybriden, zeitbehafteten Automaten
gelernt [15]. Solche Automaten bilden das Normalverhalten
(das heißt das fehlerfreie Verhalten) der Anlage
als Abfolge von Zuständen ab, wobei innerhalb eines
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Zustandes ein einfacher zeitlicher und funktionaler
Zusammenhang zwischen den Signalen besteht, zum
Beispiel beschreibbar durch gewöhnliche Differenzialgleichungen
oder durch ein neuronales Netz. Bei dem
Auftreten eines Ereignisses, wie Einschalten einer
Pumpe oder Schalten einer Lichtschranke, wechselt
der Automat innerhalb einer definierten Zeitspanne in
einen neuen Zustand.
Bild 8 zeigt einen solchen gelernten Automaten für
die Abfüllstation der Lemgoer Modellfabrik: Erkennbar
sind Grundzustände (Kreise in der Abbildung) bei der
Abfüllung von Schüttgut und die Zustandsübergänge,
das heißt die Transitionen. An jeder Transition sind die
auslösenden Ereignisse (Prozesssignale) und die Zeitspanne
seit dem letzten Ereignis annotiert. Solche
Automaten haben auch den Vorteil, dass Experten sie gut
verstehen und somit zu Verifikationszwecken mit dem
Verhalten der Anlage vergleichen können (rote Annotationen
in Bild 8).
Der Diagnoseassistent kann nun in der Betriebsphase
(Bild 9) das von dem gelernten Automaten prognostizierte
Verhalten (Schritt 3) mit dem beobachteten Verhalten
der realen Anlage vergleichen und so Anomalien
erkennen (Schritt 4). Diese werden dem Benutzer über
geeignete Mensch-Maschine-Interaktionstechnologien
mitgeteilt (Schritt 5).
Die in [15, 17] entwickelten Algorithmen sind in der
Lage, das Normalverhalten hybrider Systeme korrekt zu
erlernen und so falsches Zeitverhalten aufgrund von Verschleiß,
suboptimaler Energieverbräuche oder unerwarteter
Prozesssignale zu erkennen und dem Benutzer
frühzeitig Hinweise auf Probleme zu liefern.
3. OPTIMIERUNGSASSISTENTEN UND
DIE PROGNOSEFÄHIGKEIT
Ein weiteres Anwendungsfeld sind Assistenzsysteme für
die Selbstoptimierung. Sie helfen dem Benutzer dabei,
die Anlagenleistung und Effizienz kontinuierlich zu analysieren,
zu verbessern und einen möglichst optimalen
Betriebspunkt anzustreben (Bild 10).
Hierdurch lässt sich beispielsweise der Energieverbrauch
von produktionstechnischen Anlagen optimieren.
Um neben der Grundfunktion auch eine energieoptimierte
Betriebsführung durchführen zu können, muss
ein Rechnermodell der Maschine oder Anlage aus energie-
und automatisierungstechnischer Sicht vorhanden
sein. Algorithmen der Selbstoptimierung übernehmen
nun auf Basis dieses Modells wiederkehrend und in
Echtzeit Aufgaben des Programmierers [18], indem sie
das Ablaufverhalten im Modell kontinuierlich derart
anpassen, dass zum einen die Grundfunktion gewährleistet
bleibt und gleichzeitig die gesetzten Energieziele
erfüllt werden können.
Solche Assistenzfunktionen sind ein Beispiel für intelligente
technische Systeme mit einer Prognosefähigkeit.
Wie in Bild 11 zu sehen ist, basiert jede automatische
Optimierung eines technischen Systems auf einer
Prognosefähigkeit. Nur durch die hypothetische Analyse
der Auswirkung von Änderungen im Ablaufverhalten
durch Simulation der angepassten Modelle kann mittels
einer gesteuerten Suche im Optimierungsraum eine gute
Anlagenkonfiguration ermittelt werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Künftige Automatisierungssysteme müssen sich selbstständig
vernetzen, diagnostizieren und optimal anpassen.
Hierfür existieren derzeit viele Teil-, aber noch keine
ganzheitlichen Lösungen in der Automation. Technische
Grundlage der vorgestellten intelligenten Assistenten
sind neben einer durchgängigen Vernetzung die explizite,
rechnerverarbeitbare Modellierung des Wissens der
automatisierten Prozesse sowie entsprechende wissensbasierte
Algorithmen zur Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose
und Selbstoptimierung.
Derzeit fehlen Modellformalismen und Semantikinformationen,
die dann mittelfristig (1.) die Grundlage für
das maschinelle Schließen von Anlageninformationen
bilden (zum Beispiel für die Konfigurationsassistenten),
die (2.) das Lernen der Modelle unterstützen (beispielsweise
für die Diagnoseassistenten) und die (3.) eine Prognose
des Systemverhaltens erlauben (zum Beispiel für
die Optimierungsassistenten). Langfristig ermöglichen
diese Grundlagen die Entwicklung der Anomalie- und
Diagnosealgorithmen, der Methoden zur Anlagensynthese
und der Verfahren zur Anlagenoptimierung.
Dieser Beitrag zeigt mit den intelligenten Assistenzsystemen
ein Handlungsfeld auf, dessen Forschungsfragen
von der automatisierungstechnischen Forschungswelt
aufgegriffen werden sollten, um die zunehmende
Komplexität der Automatisierungssysteme beherrschbar
zu machen und damit die technologisch führende
Position der deutschen Automation zu sichern und
auszubauen.
MANUSKRIPTEINGANG
05.05.2012
DANKSAGUNG
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Das Projekt Initial wird im Rahmen der Förderlinie
„Hightech-NRW“ vom Ministerium für
Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie
des Landes Nordrhein-Westfalen (Förderkennzeichen
z0903ht015a) gefördert. Das Projekt
AVA wird vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung unter dem Förderkennzeichen
17N1211 gefördert.
Die Bereiche Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose
und Selbstoptimierung von technischen
Systemen sind ein Schwerpunkt des BMBF-
Spitzenclusters „Intelligente Technische Systeme
Ostwestfalen-Lippe it’s OWL“, in dem das
Fraunhofer-An wendungszentrum für Industrielle
Automation (IOSB-INA) in Lemgo eine der beteiligten
Forschungseinrichtungen ist.
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HAUPTBEITRAG
REFERENZEN
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2012 – Bedeutung der Informations- und Automatisierungstechnik
in den Produkten des Maschinen- und Anlagenbaus,
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[2] BMBF: Software in Maschinen und Produkten, 2009.
(http://www.produktionsforschung.de)
[3] acatech (Hrsg.): agendaCPS – Innovationsmotor für Mobilität,
Gesundheit, Energie und Produktion, Dezember 2011
[4] Gesellschaft für Informatik (GI): 38. Jahrestagung „INFOR-
MATIK 2008 – Beherrschbare Systeme – dank Informatik
(http://www.informatik2008.de/371.html)
[5] Smartfactory am DFKI (http://www.smartfactory-kl.de)
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(http://www.smartfactory-owl.de)
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AUTOREN
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In: Proceedings 9th IEEE International Conference
on Industrial Informatics, S. 346– 351. IEEE, 2011
Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN JASPER-
NEITE (geb. 1964) leitet in Personalunion
das Fraunhofer IOSB-
INA in Lemgo und das Institut
für industrielle Informationstechnik
(inIT) der Hochschule
Ostwestfalen-Lippe. Sein derzeitiges
Forschungsinteresse
liegt im Bereich IKT-basierter
Automatisierungstechnologien.
Fraunhofer-Anwendungszentrum
Industrial Automation (IOSB-INA),
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 70 25 72,
E-Mail: juergen.jasperneite@iosb-ina.fraunhofer.de
Prof. Dr. rer. nat. OLIVER
NIGGEMANN (geb. 1971) ist
stellvetretender Leiter des
Fraunhofer IOSB-INA und
Professor an der Hochschule
Ostwestfalen-Lippe. Seit 2008
ist er Vorstandsmitglied des
Instituts für industrielle
Informationstechnik (inIT).
Sein derzeitiges Forschungsinteresse liegt im
Bereich der intelligenten Automationssysteme.
Fraunhofer-Anwendungszentrum
Industrial Automation (IOSB-INA),
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,
E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de
Sprechstunde
3. Explosionsschutz-Sprechstunde
Explosionsschutz
14. + 15.11.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
www.explosionsschutz-sprechstunde.de
Save the date!
Themen
Installation und Betrieb explosionsgeschützter Anlagen
Typische Fehler bei unterschiedlichen Zündschutzarten
Der korrekte Nachweis der Eigensicherheit
Fachgerechte Reparatur und Prüfung von
explosionsgeschützten Betriebsmitteln
Termin
Mittwoch, 14.11.2012
Veranstaltung (11:30 – 17:30 Uhr)
„Get-Together“ mit Abendessen (ab 18:30 Uhr)
Donnerstag, 15.11.2012
Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)
Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.explosionsschutz-sprechstunde.de
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HAUPTBEITRAG
Offenheitsmetrik für
Engineering-Werkzeuge
Die Fähigkeit zur Interoperabilität bewerten
Dieser Beitrag stellt eine Methodik zur Bewertung der Offenheit von Engineering-Werkzeugen
vor. Unter dem Begriff Offenheit werden die Möglichkeiten eines Engineering-
Werkzeugs zusammengefasst, seine Daten anderen Engineering-Werkzeugen zur Verfügung
zu stellen beziehungsweise – im bidirektionalen Austausch – Daten aus anderen
Werkzeugen zu nutzen. Offenheit stellt eine Voraussetzung für die Interoperabilität und
damit für die Gebrauchstauglichkeit von unabhängigen Engineering-Werkzeugen dar.
Die Autoren haben eine Metrik entwickelt, die es ermöglicht, die Offenheit von Engineering-Werkzeugen
systematisch zu bewerten, zu vergleichen, die Eignung für die Nutzung
für eigene Aufgaben abzuschätzen und Verbesserungsmöglichkeiten bei den Werkzeugen
aufzuzeigen. Sie stützt sich auf durch Anwender wie Hersteller feststellbare
Kriterien, die ein Engineering-Werkzeug erfüllen muss, um offen im Sinne der Interoperabilität
zu sein.
SCHLAGWÖRTER Gebrauchstauglichkeit von Engineering-Werkzeugen /
Engineering-Workflow / Datenaustausch / Schnittstellen
Assessment of Engineering Tools regarding their Interoperability
by Means of an Openness Metric
The authors propose a novel method for the assessment of engineering tools regarding
their openness. Openness is understood as the possibility of an engineering tool to provide
data for other software tools and to make use of the data provided by other tools.
In this sense, openness is a prerequisite for the interoperability of independent engineering
tools. The authors have developed a metric to systematically assess and compare the
openness of engineering tools. Thus, users can estimate better whether an engineering
tool is suitable for a particular need within an engineering use case, and suppliers might
find interesting hints towards possible improvements. The openness metric is based on
criteria which can easily be examined by users and developers alike and which are
indispensable for an engineering tool to allow interoperability within a tool chain of
independent engineering tools.
KEYWORDS usability of engineering tools / engineering workflow / data exchange /
interfaces
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RAINER DRATH, MIKE BARTH, ABB Forschungszentrum
ALEXANDER FAY, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
Das Engineering automatisierter industrieller
Anlagen oder deren automatisierungstechnischer
Ausstattung steht vor allem in Deutschland
unter erheblichem Kostendruck. Daher
haben die Leiter von Engineering-Projekten
oder -Organisationen Interesse an Möglichkeiten, das
Engineering effizient zu gestalten [1]. Dazu zählt, Projekte
innerhalb der vorgegebenen beziehungsweise zugesagten
Projektdauer erfolgreich abschließen zu können.
In der Praxis stellt sich die Situation jedoch oft so dar,
dass zum geplanten Projektabschlusstermin die Leistungen
nur teilweise erbracht sind und das Projekt signifikant
später fertig gestellt wird (siehe Bild 1). Es ist zu
vermuten, dass die Effizienz der Engineering-Arbeit (im
Sinne eines erzielten Projektfortschritts pro Zeiteinheit)
nicht hoch genug gewesen ist (orangene Linie in Bild 1)
und durch geeignete Maßnahmen gesteigert werden
muss (grüne Linie in Bild 1).
Um die Engineering-Effizienz zu steigern, sind in den
letzten Jahren zahlreiche Engineering-Methoden und
-Werkzeuge optimiert worden [2]. Dabei wurden beachtliche
Fortschritte erzielt. Aufgrund des stetig steigenden
Drucks durch Auftraggeber und Wettbewerber wird
jedoch weiterhin häufig die in Bild 1 orange dargestellte
Situation beobachtet.
Das Engineering automatisierter Anlagen ist durch ein
stark arbeitsteiliges Vorgehen gekennzeichnet, bei dem
Experten verschiedener Fachdisziplinen (Gewerke) Engineering-Leistungen
erbringen [3]. Dabei bauen sie jeweils
auf den Ergebnissen vorangegangener Engineering-
Phasen und anderer Gewerke auf. Dazu müssen jedoch
deren Ergebnisse zunächst beschafft, analysiert, verstanden
und gegebenenfalls in eigene Engineering-Software-
Werkzeuge übertragen werden, bevor mit der eigenen
Engineering-Aufgabe begonnen werden kann [4]. Bei den
Übergaben entsteht ein Zeitverlust, der sich auch bei
effizienter Durchführung der einzelnen Engineering-
Aufgaben aufsummiert und insgesamt zu signifikanten
Verzögerungen führt (siehe orange Linie in Bild 2).
Üblicherweise können an den Schnittstellen zwischen
Phasen und Gewerken nicht alle Engineering-Ergebnisse
verlustfrei übergeben werden. Das hängt unter anderem
mit Verständnisschwierigkeiten bei der Interpretation
der Ergebnisse anderer und unzulänglichen Möglichkeiten
zusammen, die Ergebnisse in eigene Engineering-
Werkzeuge zu überführen beziehungsweise in diesen
abzubilden. Der Engineering-Fortschritt ist also durch
zeitweilige Rückschritte an den Übergabepunkten zwischen
den Phasen und Gewerken gekennzeichnet (rote
Linie in Bild 2). Um die Effizienz des Engineerings zu
steigern, ist es erforderlich, die Schnittstellen zwischen
Engineering-Werkzeugen zu verbessern, um so Zeitverluste
und Informationsverluste zu vermeiden.
Bezüglich der zwischen den Werkzeugen auszutauschenden
Inhalte sind in der Vergangenheit eine Reihe
von Standards (zum Beispiel ISO 15926 [5], STEP [6]),
Empfehlungen (wie NE 100 [7], PlantXML [8]) und Beispielimplementierungen
(wie OntoCAPE [9], Engineering-Service-Bus
[10]) erarbeitet worden. Während sich
die vorgenannten Ansätze mit der Entwicklung eines
allgemeingültigen Datenmodells oder mit der Implementierung
von Datenaustauschszenarien befassen, liegt der
Schwerpunkt dieses Beitrages auf der grundsätzlichen
Eignung von Engineering-Werkzeugen zum Datenaustausch,
insbesondere in einer heterogenen Werkzeuglandschaft.
Das Engineering industrieller Anlagen erfordert den
Einsatz von Planungswerkzeugen von zum Teil unterschiedlichen
Herstellern, die nicht für eine Zusammenarbeit
vorbereitet sind. Dies ist vor allem darin begründet,
dass für die einzelnen Schritte des Engineerings
Speziallösungen mit für ihren Bereich möglichst optimalen
Ergebnissen im Fokus der Software-Entwickler
und -Anwender stehen.
Für die Zusammenarbeit zwischen diesen heterogenen
Werkzeugen ist die Fähigkeit zur Interoperabilität, das
heißt deren Fähigkeit zur Zusammenarbeit über Werkzeuggrenzen
und Planungsphasen hinweg, entscheidend.
„Interoperabilität zwischen Engineering-Werkzeugen
verfolgt das Ziel, Konsistenz zwischen den Daten
einer Werkzeugkette computergestützt, systematisch und
wiederholt herstellen zu können.“ [11].
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47
HAUPTBEITRAG
Aus Sicht des Anwenders, das ist im Fall der Engineering-Werkzeuge
ein Planer einer Anlage oder eines
Teil(gewerk)s einer Anlage, ist die Fähigkeit zur Interoperabilität
ein wesentlicher Aspekt der Gebrauchstauglichkeit
(usability) eines Engineering-Werkzeugs. Die
ISO 9241 definiert in Teil 11: „Usability: Extent to which
a product can be used by specified users to achieve specified
goals with effectiveness, efficiency and satisfaction“
[12]. Wenn ein Engineering-Werkzeug es dem Anwender
nicht ermöglicht, Daten mit anderen Engineering-Werkzeugen
im Planungsablauf verlustfrei, schnell
und einfach auszutauschen, wird die Gebrauchstauglichkeit
signifikant beeinträchtigt.
1. ZIEL: INTEROPERABILITÄT VON WERKZEUGEN
Als Voraussetzung für Interoperabilität gelten die
durch den GMA-Fachausschuss 6.12 (heute: „Durchgängiges
Engineering von Leitsystemen“) hinsichtlich
des Informationsaustausches definierten Attribute
durchgängig, vernetzt und offen. „Die Vernetzung der
Werkzeuge über offene Schnittstellen offeriert die
Möglichkeit eines durch gängigen Engineerings entlang
des Engineering-Workflows, gewerke- und unternehmensübergreifend“
[13].
Interoperabilität lässt sich technisch am einfachsten
im Rahmen einer integrierten Werkzeuglandschaft umsetzen.
Diese (auch als Tool-Suite bezeichnet) besteht aus
aufeinander zugeschnittenen und somit voneinander
abhängigen Werkzeugen aus der Hand eines Herstellers,
bei denen der Hersteller dafür Sorge getragen hat, dass
der Datenaustausch systemintern bewerkstelligt wird.
Dabei wird durch syntaktische und semantische Konsistenz
[14] sichergestellt, dass keine Informationen verloren
gehen. Trotz dieser zunächst verlockenden Perspektive
fehlt in der Praxis oft die Bereitschaft, diesen
Weg zu verfolgen: sei es,
weil vorhandene Einzelwerkzeuge aufgrund von
damit gemachten Erfahrungen und darin gespeichertem
Wissen weiter verwendet werden sollen,
weil bestimmte Einzelwerkzeuge hinsichtlich
bestimmter Funktionen und Fähigkeiten als vorteilhaft
angesehen werden,
weil bestimmte Projektpartner auf der Nutzung
bestimmter Werkzeuge bestehen, oder auch
aufgrund der Befürchtung, sich in zu große Abhängigkeit
von einem Hersteller zu begeben.
Daher sind Engineering-Projekte typischerweise durch
die Nutzung unabhängiger, nicht aufeinander abgestimmter
Werkzeuge mit jeweils eigener Datenbasis gekennzeichnet
[15]. Um dennoch Informationen möglichst
verlustfrei zwischen Gewerken und beteiligten Engineering-Organisationen
austauschen zu können, weisen die
Engineering-Werkzeuge Schnittstellen auf, mit denen
Engineering-Daten importiert oder exportiert werden
können. Diese Schnittstellen erfordern es, eine bestimmte
Syntax einzuhalten, der Import ist aber im Allgemeinen
unabhängig von der Semantik der importierten Daten.
Die semantische Konsistenz ist dann vom Anwender
sicherzustellen. Dies kann durch die werkzeugneutrale
Erstellung von Meta-Modellen erreicht werden; dies ist
die Hauptmotivation für die Entwicklung von AutomationML,
CAEX oder PLCopen XML.
Eine ähnliche Aufgabe stellt sich, wenn im Rahmen
eines Produktentwicklungsprojekts die aufeinanderfolgenden
Herstellungsschritte (zum Beispiel, spanende
Bearbeitung, Härten) mit dafür jeweils optimierten
Werkzeugen simuliert werden sollen: Auch dabei müssen
die in einem Werkzeug generierten Simulationsergebnisse
syntaktisch und semantisch korrekt in ein anderes
Werkzeug (oder mehrere) übertragen werden. Die
Problematik der Interoperabilität von solchen Simulationswerkzeugen
und ein Ansatz zur Integration von
Werkzeugen werden in [16] dargestellt.
Unabhängig vom verwendeten Datenaustauschformat
muss sichergestellt werden, dass sich die Werkzeuge
überhaupt zum iterativen Datenaustausch eignen.
Diese Offenheit von Engineering-Werkzeugen ist dabei
wesentlich durch die Ausprägung ihrer Daten-Schnittstellen-Funktionalitäten
charakterisiert. Einfache Exund
Import funktionalitäten werden zwar angeboten,
jedoch stoßen die Anwender bei mehreren Iterationsschritten,
wie sie im Engineering notwendig und
üblich sind, schnell an die Grenzen. Dies behindert
die Interoperabilität.
Um fundiert eine Auswahlentscheidung für ein Engineering-Werkzeug
im Rahmen eines heterogenen Werkzeugverbunds
treffen zu können, ist eine objektive Bewertung
der Offenheit von Engineering-Werkzeugen
hilfreich. Hierzu haben die Autoren eine Offenheitsmetrik
entwickelt, die es erstmals ermöglicht, die Interoperabilität
von Engineering-Werkzeugen systematisch und
objektiv zu bewerten, zu vergleichen und Verbesserungen
anzuregen. Die Offenheitsmetrik detailliert die in
[11] skizzierte „Bewertung der Offenheit von Engineering-Werkzeugen“
und ist damit eine Weiterentwicklung
der in [17] beschriebenen Zielzustände hinsichtlich der
Durchgängigkeit einer Werkzeugkette:
Zielzustand A: Planungsdaten einer Anlage beziehungsweise
Aspekte davon liegen im Rechner vor,
sind jedoch nicht rechnergestützt auswertbar.
Zielzustand B: Die Planungsdaten einer Anlage liegen
als rechnergestützt auswertbare Daten vor. Die
jeweiligen Formate sind von Projekt zu Projekt gleich.
Beispiele hierfür sind in XML-Dateien oder Excel-
Tabellen überführbare Messstellen- oder Gerätelisten
mit stets gleichem Aufbau. Die zugrundeliegenden
Datenmodelle sind Teil der Excel-Tabellen oder der
XML-Schemendefinition.
Zielzustand C: Die Planungsdaten einer Anlage können
direkt zwischen den Engineering-Werkzeugen
ausgetauscht werden. Der Fortschritt gegenüber Zielzustand
B ist, dass die eingesetzten Werkzeuge auch
einen Daten-Import leisten können. Damit ist ein
durchgängiger, verlustfreier und effizienter Datenaustausch
möglich. Der Austausch wird dabei manuell
angestoßen. Der Ingenieur wird bei der Konsistenzsicherung
und Datenzuweisung unterstützt.
48
atp edition
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Über diese Anforderungen hinausgehende Aspekte für
einen dateibasierten Datenaustausch sind in [18] beschrieben
worden.
2. DATENAUSTAUSCH-BEDARFE IM ENGINEERING
Wie zuvor dargelegt, müssen Daten in Engineering-Projekten
einerseits zwischen aufeinanderfolgenden Projektphasen
übergeben werden, weil dabei der Abstraktionsgrad,
damit meist die bearbeitende Instanz und damit
häufig das eingesetzte Engineering-Werkzeug wechselt,
andererseits zwischen verschiedenen Gewerken, die
nacheinander oder auch parallel (simultaneous engineering)
an verschiedenen Aspekten des Projekts mit verschiedenen
Werkzeugen arbeiten. In jedem Fall werden
grundsätzliche Anforderungen an den Datenaustausch
zwischen Werkzeugen gestellt, die in Abschnitt 3 detailliert
betrachtet werden. Zuvor soll der in Bild 3 dargestellte
Ausschnitt einer automatisierten Produktionslinie
als Beispiel für den Informationsaustausch zwischen
Werkzeugen benachbarter Gewerke erläutert werden.
Bestandteile der Automatisierungseinrichtung dieser
Produktionslinie sind unter anderem
eine Zellen-SPS zur Steuerung des Materialtransports
und einiger Handhabungsaufgaben,
eine Roboter-Steuerung für den Handhabungsroboter,
Antriebsmodule für die elektrischen Antriebe der
Fördertechnik,
eine Safety-SPS für Einrichtungen, die der funktionalen
Sicherheit dienen, wie zum Beispiel Schutztüren,
eine Linien-SPS für Koordinationsaufgaben (Kopfsteuerung),
ein Bedienpult.
BILD 1: Steigerung der Effizienz der Durchführung von
Engineering-Aufgaben
BILD 2: Verzögerungen (orange) und Rückschritte (rot)
bei der Übergabe von Engineering-Ergebnissen
Diese sechs Automatisierungsgeräte werden typischerweise
jeweils mithilfe getrennter Engineering-Werkzeuge
konfiguriert. Die Datenbestände dieser Engineering-
Werkzeuge überlappen sich teilweise, da die Automatisierungsgeräte
miteinander über (digitale) Kommunikationsmittel
verbunden sind. Hierzu zählen:
die Konfiguration der eingesetzten Hardware (zum
Beispiel Feldbus-Geräte und deren Einstellungen)
sowie
die Definition von Signalen.
Die Schnittmengen sind in diesem Beispiel sehr klein,
bei größeren Anlagenprojekten können sie jedoch großen
Umfang annehmen, sodass eine werkzeugunterstützte
Handhabung dieser Daten zur Aufwandsreduzierung
und Fehlervermeidung erstrebenswert ist.
Ein einfacher Engineering-Ablauf könnte so aussehen,
dass bei der Erstellung der HW-Konfiguration der
Linien-SPS zunächst alle Kommunikationssignale
angelegt und im Anschluss über eine entsprechende
Schnittstelle exportiert werden. Die Engineering-Werkzeuge
der anderen Automatisierungsgeräte übernehmen
daran anschließend die für sie jeweils relevanten
Daten per Import.
BILD 3: Typische Produktionslinie (exemplarischer
Betrachtungsbereich)
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HAUPTBEITRAG
Ein komplexerer Engineering-Ablauf könnte beinhalten,
dass Planer in den Engineering-Werkzeugen der Peripheriegeräte
zusätzliche Signale anlegen, die zwischen diesem
Gerät und der Linien-SPS ausgetauscht werden sollen. Diese
Signale müssen aus den Engineering-Werkzeugen exportiert
und wieder in das Engineering-Werkzeug der Linien-
SPS importiert werden. Dieser Engineering-Ablauf könnte
sich auch mehrfach wiederholen. Bei diesem Ablauf müssen
die beteiligten Engineering-Werkzeuge jeweils über
Im- und Exportfunktionen verfügen und auch über Mechanismen
zur Erhaltung der Konsistenz ihrer Datenbasis beim
mehrfachen Import. Ähnliche Engineering-Aufgaben stellen
sich auch in der Prozess- und Gebäudeautomatisierung.
Die in der ISO 9241-11 vorgenommene Definition der
Gebrauchstauglichkeit weist darauf hin, dass die Gebrauchstauglichkeit
keine absolute Eigenschaft eines
Software-Werkzeugs ist: „The usability of products can
be improved by incorporating features and attributes
known to benefit the users in a particular context of use.
[…] A product can have significantly different levels of
usability when used in different contexts.“ (aus [12], Hervorhebung
durch die Autoren). Ein Engineering-Werkzeug
mit einer sehr guten Export-Schnittstelle, aber ohne
Import-Möglichkeit kann beispielsweise im zuvor skizzierten
einfachen Engineering-Ablauf als HW-Konfigurationswerkzeug
aus Benutzersicht hervorragend geeignet
sein, ist aber wenig tauglich für die Nutzung im dargestellten
komplexeren Engineering-Ablauf. Diese und
weitere Aspekte der Offenheit der Werkzeug-Schnittstellen
sind in der Offenheitsmetrik berücksichtigt.
3. METRIK ZUR BEWERTUNG DER OFFENHEIT
3.1 Übersicht
Bild 4 zeigt das Ergebnis dieser Forschungsarbeit – eine
tabellarische Offenheitsmetrik. Die Bewertung der Offenheit
eines Engineering-Werkzeugs basiert auf einem in der
Metrik integrierten Zahlensystem. Die Metrik ist hierzu in
drei unabhängige Kategorien unterteilt: Export, Import
und Dokumentation. Diese Gliederung erlaubt eine einsatzfallspezifische
Bewertung innerhalb einer Bewertungsskala
von 0 Prozent (geringe Offenheit) bis 100 Prozent
(vollständige Offenheit) für jede der genannten Hauptkategorien.
Die Gesamtbewertung für ein Engineering-Werkzeug
besteht somit aus drei unabhängigen Teilergebnissen
und gilt nur für den jeweils betrachteten Anwendungsfall.
Jede der drei Hauptkategorien enthält mehrere Einzelkriterien.
Um eine größtmögliche Objektivität wahren
zu können, basiert die Bewertung der Einzelkriterien auf
wahr/falsch- beziehungsweise ja/nein-Aussagen; lediglich
die Bewertung der fallspezifischen Vollständigkeit
wird in Prozent angegeben.
3.2 Offenheit bezüglich des Exports
Die Beurteilung der Offenheit eines Werkzeugs bezüglich
des Exports erfordert die Untersuchung folgender Teilkriterien:
Exportformat: Hierbei wird bewertet, ob die Exportfunktionalität
eines Werkzeugs
a) dateibasiert unter Verwendung eines standardisierten
Datenformates erfolgt (zum Beispiel PLCopen
XML, AutomationML),
b) dateibasiert unter Verwendung eines zugänglichen
proprietären Datenformats erfolgt (beispielsweise
Excel-Liste, proprietäre XML-Datei),
c) softwarebasiert über eine Soft-API realisiert wird.
Ein eventuell möglicher softwarebasierter Direktzugriff
auf die Datenbank des Werkzeugs wird von den Autoren
nicht als Offenheit bewertet. Die Einzelbewertungen
werden zu einem Blockergebnis in Form einer Ampel
zusammengeführt, wobei eine positive Bewertung von
a) und c) „grün“ ergibt, b) hingegen „gelb“. „Grün“ wird
durch den Wert „1“ abgebildet, „rot“ durch den Wert „0“
und „gelb“ durch den Wert „0,5“. Falls keines der Kriterien
(a – c) zutrifft (=„0“), ergibt sich das Blockergebnis
zu „rot“. Es handelt sich hierbei nicht um eine exklusivoder-Entscheidung,
da ein Werkzeug prinzipiell alle drei
Möglichkeiten bereitstellen kann.
Identifikator: Hierbei wird bewertet,
a) ob die Datenobjekte mit einem eindeutigen Identifikator
(ID) versehen sind,
b) ob die in (a) verlangte ID stabil ist.
Viele Werkzeuge verwenden den Objektnamen als ID-
Namen, sind jedoch sehr einfach durch den Benutzer veränderbar.
Ohne einen stabilen Identifikator ist jedoch keine
eindeutige Zuordnung der Objekte zwischen den Werkzeugen
möglich. Wird a) mit wahr bewertet, ergibt sich als
Blockergebnis „gelb“, werden sowohl a) als auch b) mit wahr
bewertet, ergibt sich „grün“; anderenfalls ergibt sich „rot“.
Formale Kriterien: Hierbei wird bewertet, ob
a) der Export die Ermittlung des Exportdatums ermöglicht,
b) die Daten auf Verfälschung geprüft werden können,
beispielsweise über eine Prüfsumme.
Da beide Kriterien voneinander unabhängig sind, resultieren
diese in zwei unabhängigen Blockergebnissen
(wiederum mit den Bewertungen „grün“ oder „rot“).
Objektbibliothek: Hierbei wird bewertet, ob
a) jedes exportierte Datenobjekt Auskunft über seine
zugrundeliegenden Typen beziehungsweise Klassen
geben kann,
b) die zugehörigen Klassen in Form einer Klassenbibliothek
exportierbar sind.
Ohne eine Typauskunft sind Massendaten nicht effizient
zu handhaben. Wird a) mit wahr bewertet, ergibt sich als
Blockergebnis der Wert „gelb“, werden a) und b) mit wahr
bewertet, ergibt sich der Wert „grün“; anderenfalls „rot“.
50
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BILD 4: Offenheitsmetrik
1.) Export Format
Exportformat Identifizierung Formales Objektbibliothek Vollständigkeit
a) Export of
Open format
(PLCOpen,
Automation
ML, …)
b) Export of
Proprietary
data format
(XML-
Proprietary-
Scheme,
binary code,
…)
b) API for
remote tool
control
0,5 0,5 1 1 0,5 100 %
78 %
BILD 6: Beispielhafte Bewertung des fiktiven Engineering-Werkzeugs
0 1 0
true/false true/false true/false
0,5
BILD 5: Bewertung des
Exportformats
Import Format
Daten: ändern,
löschen, hinzufügen
Import Bewertung
Datenmanipulation
Rückmeldung zu
Import
Vollständigkeit
0,5 1 0,5 100
85 %
BILD 7: Bewertung des Imports des fiktiven Engineering-Werkzeugs
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51
HAUPTBEITRAG
Vollständigkeit: Als letzte Gruppe für die Bewertung des
Exports wird die Vollständigkeit herangezogen. Im Gegensatz
zu den vorangehend erläuterten Kriterien wird
die Vollständigkeit nicht binär (wahr/falsch) bewertet,
sondern – abhängig vom jeweiligen Benutzer und Einsatzfall
– mit einer Skala von 0–100 Prozent.
Die Gesamtbewertung der Offenheit in Bezug auf den
Export basiert auf der Zusammenführung der Einzelbewertungen.
Hierbei wird eine Gewichtung vorgenommen.
Ein Beispiel für diese Gewichtung ist die Priorisierung
der Gruppen Exportformat, Identifizierung und Objektbibliothek.
Wird eine dieser Gruppen mit „0“ bewertet,
zum Beispiel weil kein Export möglich ist, keine Identifizierung
der Objekte möglich ist oder keine Typreferenzen
zur Verfügung stehen, so wird das Gesamt ergebnis
für den Export mit „0“ bewertet. Sind alle drei Kriterien
mindestens „gelb“ (0,5), trägt dies mit 50 Prozentpunkten
zur Gesamtbewertung bei. Weitere 40 Prozentpunkte werden
auf das Blockergebnis „Identifikator“ vergeben, die
übrigen Kriterien werden auf die restlichen 10 Prozentpunkte
gleichverteilt. Das Kriterium Vollständigkeit geht
linear in die Gesamtberechnung ein. Die Gesamtbewertung
ergibt eine Zahl zwischen 0 % und 100 %, die im
Sinne einer Ampel weiter vereinfacht wird: Werte über
80 % werden mit „grün“, Werte zwischen 50 % und 80 %
mit „gelb“, Werte darunter mit „rot“ bewertet.
3.3 Offenheit bezüglich des Imports
Importformat: Die Kriterien für diese Bewertungsgruppe
entsprechen exakt denjenigen des Exports – auf eine gesonderte
Erläuterung wird dahingehend verzichtet.
Manipulation: Hierbei wird bewertet, ob das zu untersuchende
Werkzeug
a) ermöglicht, Datenobjekte im Rahmen eines Imports
zu manipulieren (zu erzeugen, zu ändern oder zu
löschen),
b) eine Rückmeldung über den Erfolg der Importaktionen
(Objekte erzeugen, ändern oder löschen) gibt.
Da beide Kriterien unterschiedlich gewichtet werden,
sind sie in der Auswertung mit eigenständigen Blockergebnissen
versehen. Werden a) beziehungsweise b) mit
wahr bewertet, ergibt sich jeweils der Wert „grün“. Ist a)
mit falsch bewertet, ergibt sich der Wert „rot“, b) führt
hingegen zu „gelb“.
Vollständigkeit: Mit diesem Kriterium wird die Vollständigkeit
der importierten Daten im jeweils betrachteten
Anwendungsfall bewertet. Wie bereits bei der Bewertung
der Exportvollständigkeit wird hierbei mit einer Skala
von 0–100 Prozent bewertet.
Die Gesamtbewertung des Imports erfolgt ebenfalls
gewichtet. Die Kriterienblöcke Importformat und Manipulation
(Teil a) sind Muss-Kriterien: wird ein Kriterium
nicht erfüllt, ergibt die Gesamtbewertung des Imports
„0“ Punkte. Sind beide Kriterien nicht „rot“, trägt dies
mit 70 Prozentpunkten zur Gesamtbewertung bei. Die
übrigen Kriterien werden auf die restlichen 30 Prozentpunkte
verteilt, wobei die Vollständigkeit linear in das
Gesamtergebnis eingeht.
3.4 Offenheit bezüglich der Dokumentation
Dokumentation: dieses Kriterium bewertet, ob
a) alle zum Export der Engineering-Daten benötigten
Aktionen dokumentiert sind,
b) ob das Export/Import-Format dokumentiert ist,
c) ob alle für den Import relevanten Benutzeraktionen
beschrieben sind.
Alle drei Kriterien sind unabhängig und führen zu eigenständigen
Blockergebnissen (wiederum mit den Bewertungen
„grün“ oder „rot“).
3.5 Zusammenfassende Bewertung der Offenheit
Die Gesamtbewertung der Dokumentation erfolgt ausgeglichen.
Alle Kriterienblöcke gehen zu je einem Drittel in
die Gesamtbewertung ein. Die Offenheitsmetrik ermöglicht
(entsprechend den in [12], Kapitel 4 aufgeführten
Nutzungsmöglichkeiten zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit)
eine Bewertung aus Anwendersicht, welches
von mehreren aufgrund ihrer Funktionalität grundsätzlich
infrage kommenden Engineering-Werkzeugen den Anwender
am besten hinsichtlich Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit
in einem bestimmten Engineering-Szenario
unterstützt. Sie ermöglicht darüber hinaus eine Bewertung
aus Herstellersicht, ob ein neu konzipiertes oder verändertes
Engineering-Werkzeug den im Lastenheft spezifizierten
Grad an Gebrauchstauglichkeit erreicht.
4. BEWERTUNGSBEISPIEL UND EMPFEHLUNGEN
4.1 Ein repräsentatives Engineering-Werkzeug
Für die beispielhafte Erläuterung der Metrik wird ein
fiktives, aber typisches Engineering-Werkzeug herangezogen.
Es bietet die Möglichkeit, die Hardware-Struktur
eines Automatisierungssystems (zum Beispiel eine Master-SPS,
die über ein Profibus-Netzwerk mit mehreren
Remote-IO-Modulen kommuniziert) zu konfigurieren.
Des Weiteren lassen sich die im Steuerungscode verwendeten
Variablen den Aus- und Eingabebaugruppen zuordnen.
Im Sinne der Offenheit eines Engineering-Werkzeugs
ist nun zu prüfen, wie und in welcher Form beziehungsweise
Vollständigkeit die projektierten Engineering-Aspekte
exportiert werden können oder durch einen
Import geändert werden können.
4.2 Bewertung des Hauptkriteriums ‚Exportformat‘
Das betrachtete Werkzeug besitzt die Möglichkeit, seine
Daten in ein proprietäres Datenformat zu exportieren.
52
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Der Datenzugriff über eine offene Programmierschnittstelle
(API) oder der Export in ein standardisiertes Datenformat
sind nicht möglich. Die entsprechende Bewertung
ist in Bild 5 dargestellt und ergibt gemäß Abschnitt
3.2 ein Resultat von 0,5 (= „gelb“).
4.3 Bewertung der Kriterien ‚Identifikator‘, ‚Formale
Kriterien‘ und ‚Objektbibliothek‘
Im nächsten Schritt wird der Aspekt der eindeutigen und
stabilen Identifizierung eines Engineering-Objektes (zum
Beispiel eines Signals oder einer IO-Karte) bewertet.
Das betrachtete fiktive (jedoch repräsentative) Engineering-Werkzeug
hat zwar eine Identifizierung für jedes
Objekt (= „1“), jedoch ist diese, wie in der Mehrzahl der
untersuchten Werkzeuge, der vergebene Objektname
(zum Beispiel Variablenname). Da sich der Name – wenngleich
auch nur marginal, beispielsweise in der Schreibweise
– ändern kann, bedeutet dieser keine stabile ID (= 0),
sodass diese Gruppe gemäß Abschnitt 3.2 mit insge samt
0,5 (= „gelb“) bewertet wird. Die Metrik bewertet eine
fehlende ID in gleicher Weise wie eine fehlende Exportmöglichkeit
mit einer Gesamtabwertung des Exports.
Eine weitere Gruppe für die Bewertung der Exportoffenheit
besteht aus den formalen Aspekten des Zeitstempels
sowie der Möglichkeit einer Prüfung (zum Beispiel
im Rahmen einer Prüfsumme). Im fiktiven Beispiel beinhaltet
der Export sowohl einen automatisch vergebenen
Zeitstempel (= „1“) als auch eine automatische Prüfung
eines korrekten Exportvorganges (= „1“).
Die in nahezu jedem modernen Engineering-Werkzeug
integrierte Nutzung von Objektbibliotheken (beispielsweise
werden Feldgeräte mit GSD-Dateien in Bibliotheken
geladen) bewirkt den aus der Objektorientierung
bekannten Aufbau einer projektspezifischen Instanzstruktur
(vergleiche Master-SPS mit zugeordneten Remote-IO-Baugruppen).
Jedes Objekt dieser Struktur hat
eine Referenz zum Bibliotheksobjekt, aus dem es instanziiert
wurde, sodass eine eindeutige Zuordnung zum
jeweiligen Objekttyp (wie SPS, Remote-IO-Baugruppe,
Sicherheitssteuerung, Motoreinheit) möglich ist.
Für den Export ist überaus wichtig, dass die Referenz
zum Bibliothekselement exportiert wird. Darüber hinaus
ist es von großem Nutzen, wenn das zugehörige Bibliothekselement
ebenfalls Teil des Exports ist. Bei dieser
Bewertungsgruppe kommt der Referenz darauf die führende
Rolle zu. Ist diese nicht vorhanden, kann keine
Aussage zum Objekttyp getroffen werden, unabhängig
davon, ob das Bibliotheksobjekt Teil des Exports ist. Im
betrachteten Werkzeug ist die Referenz zum Bibliotheksobjekt
vorhanden (= „1“), jedoch werden die Bibliotheksobjekte
selbst nicht exportiert (= „0“), sodass diese Gruppe
mit insgesamt 0,5 bewertet wird.
4.4 Gesamtbewertung der Export-Möglichkeit
Zur Berechnung des Gesamtergebnisses gemäß der Metrik
in Bild 4 werden die binären Teilergebnisse des
Werkzeugs wie in Bild 6 dargestellt zusammengefasst.
Zusätzlich wurde die Vollständigkeit als zu 100 Prozent
ausreichend für den betrachteten Anwendungsfall
bewertet. Es ergibt sich beispielhaft eine Offenheit von
78 Prozent, welche insgesamt „gelb“ entspricht. Die Bewertung
des Importteils sowie der Dokumentation erfolgt
analog zur für den Exportteil erläuterten Vorgehensweise.
4.5 Bewertung der Import-Möglichkeiten
Im Zuge eines iterativen Engineering Prozesses bilden
neben den Merkmalen des Exports auch die Fähigkeiten
zum Datenimport einen wesentlichen Offenheitsaspekt.
Analog zur Bewertung der Exportmöglichkeiten werden
auch beim Import das Datenformat und die Vollständigkeit
als Merkmale herangezogen. Im Beispiel importiert
das fiktive Engineering-Werkzeug ausschließlich das
proprietäre Importformat, welches es urspünglich exportiert
hat. Den Erläuterungen in Abschnitt 3.2 folgend,
ergibt dies 0,5 Punkte, welches der Farbe „gelb“ entspricht.
Zusätzlich zu den gemeinsamen Merkmalen des Exund
Imports müssen beim Import ferner die Möglichkeiten
zur Manipulation der bestehenden Engineering-Daten
bewertet werden. Ein Datenimport in ein Engineering-Werkzeug
verfolgt mindestens eines der folgenden
Ziele (vergleiche Abschnitt 3.3):
Ergänze Daten in einem bestehenden Datensatz
Verändere Daten eines bestehenden Datensatzes
Optional: Lösche Daten eines bestehenden Datensatzes
Das beispielhafte Engineering-Werkzeug bietet alle drei
Möglichkeiten zur Datenmanipulation mithilfe eines
Datenimports (= „1“). Weiterhin sollte der Import eine
Statusrückmeldung an den Bearbeiter geben, ob der
Import erfolgreich war oder nicht. Eine solche Rückmeldung
fehlt beim fiktiven Engineering-Werkzeug, was,
wie in Abschnitt 3.3 erläutert, zu einer Bewertung von
0,5 Punkten für dieses Merkmal führt. Die Vollständigkeit
des Imports erreicht dasselbe Niveau wie die des
Exports und kann dahingehend auf 100 Prozent gesetzt
werden.
Wie in Bild 7 dargestellt, resultiert die Bewertung des
Imports in einer Offenheit von 85 Prozent.
4.6 Bewertung des Hauptkriteriums ‚Dokumentation‘
Wie in Abschnitt 3.4 erläutert, wird die Offenheit des
fiktiven Engineering-Werkzeugs auch in der Qualität der
Schnittstellendokumentation festgelegt. Hierfür werden
drei, in ihrer Wertigkeit gleichgestellte Aspekte betrachtet:
1 | Die Aktionen zur Durchführung eines Exports
aus dem Engineering-Werkzeug sind gut dokumentiert
(= „1“).
2 | Das proprietäre Datenformat für den Ex- und Import
ist in Form eines XML-Schemas sowie in Schriftform
dokumentiert (= „1“).
atp edition
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HAUPTBEITRAG
3 | Die Aktionen zur Durchführung eines Imports
aus dem Engineering-Werkzeug sind gut dokumentiert
(= „1“).
Die jeweils höchstmögliche Bewertung aller drei Merkmale
resultiert in einer Gesamtbewertung von 100 Prozent
(=„grün“) für die Dokumentation.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Die zunehmende Zahl der Export- und Importschnittstellen
von Engineering-Werkzeugen unterstreicht das
wachsende Interesse der Hersteller und Anwender an
der Interoperabilität ihrer Werkzeuge und erweist sich
immer mehr als wesentlicher Garant ihrer Gebrauchsfähigkeit
im Sinne der ISO 9241 Teil 11. Jedoch entzieht
sich die im Rahmen der Interoperabilität notwendige
Offenheit bisher einer objektiven Messung und Beurteilung,
wodurch ein Vergleich – im Sinne eines Qualitätskriteriums
und einer Entscheidungshilfe – bislang ausgeschlossen
ist.
In diesem Beitrag wird erstmalig eine systematische
Bewertungsmetrik für die Beurteilung der Offenheit von
Engineering-Werkzeugen vorgestellt. Die Metrik erlaubt
die objektive Bewertung im Kontext eines iterativen Datenaustausches
in einer heterogenen Werkzeuglandschaft.
Über die Vorstellung der Metrik hinausgehend
ergibt sich, dass der iterative Datenaustausch innerhalb
einer heterogenen Werkzeugkette neuartige Anforderungen
stellt, deren sich viele Werkzeughersteller möglicherweise
nicht bewusst sind. So wird die Bedeutung eines
Identifikators beleuchtet, dessen Fehlen für die Offenheitsmetrik
eine Abwertung darstellt. Die vorgestellte
Metrik ermöglicht es Anwendern, die Interoperabilitäts-
Aussagen der Werkzeughersteller anhand objektiver Kriterien
zu hinterfragen.
Die Metrik wird derzeit durch die Autoren in exemplarischer
Anwendung evaluiert und verfeinert. Werkzeug-Hersteller
sowie -Anwender sind eingeladen, diese
Metrik – unterstützt durch die Autoren – auf ihre Werkzeuge
anzuwenden. Die Metrik kann über die Seite
http://aut.hsu-hh.de/offenheitsmetrik bezogen werden.
MANUSKRIPTEINGANG
30.04.2012
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
REFERENZEN
[1] Fay, A.; Schleipen, M.; Mühlhause, M.: Wie kann man den
Engineering-Prozess systematisch verbessern? atp – Automatisierungstechnische
Praxis, 51(1-2), S. 80– 85, 2009
[2] Löwen, U.; Bertsch, R.; Böhm, B.; Prummer, S.; Tetzner, T.:
Systematisierung des Engineerings von Industrieanlagen.
atp – Automatisierungstechnische Praxis, 47(4), S. 54–61. 2005
[3] Sokolov, S.; Diedrich, Ch.; Fichtner, H.-P.; Cihlar, Z.; Kaiser, M,:
Ein prozessorientiertes Vorgehensmodell zur Unterstützung
wissensintensiver Planungsaufgaben im Anlagenengineering.
In: Tagungsband Automation 2012, S.205-208. VDI-Verlag, 2012
[4] Fay, A.: Effizientes Engineering komplexer Automatisierungssysteme.
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S. 43–60. Verlag, 2009
[5] ISO 15926. Industrial automation systems and integration –
Integration of life-cycle data for process plants including oil
and gas production facilities
[6] ISO 10303: Automation systems and integration – Product data
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[7] NE 100: Merkmalleisten zur Erstellung von PLT-Gerätespezifikationen.
Namur, 2003
[8] Anhäuser, F., Richert, H., Temmen, H.: Degussa PlantXML –
integrierter Planungsprozess mit flexiblen Bausteinen.
atp – Automatisierungstechnische Praxis, 46 (4), S. 63–72, 2004
[9] Wiesner A et.al.: Wissensbasierte Integration und Konsolidierung
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Automatisierungstechnische Praxis, 52(4), S. 48 58, 2010.
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S. 1–8. IEEE, 2010. doi: 10.1109/ETFA.2010.5641343
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visual display terminals (VDTs) - Part 11: Guidance on
usability.
[13] Fay, A.: Engineering in vernetzten, offenen, durchgängigen
Systemen. In: at – Automatisierungstechnik 53(4-5),
S. 205 – 210, 2005
[14] Diedrich, Ch.; Lüder, A.; Hundt, L.: Bedeutung der Interoperabilität
bei Entwurf und Nutzung von automatisierten
Produktions systemen. at – Automatisierungstechnik, 59(7),
S. 426 – 438, 2011
[15] Weidemann, D.; Drath, R.: Übersicht von Softwarewerkzeugen
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production processes. In: Proceedings of the ASME 2011
International Mechanical Engineering Congress &
Exposition (IMECE 2011), ASME, 2011
[17] VDI/VDE Richtlinie 3695: Engineering von Anlagen – Evaluieren
und optimieren des Engineerings, Blatt 4: Hilfsmittel, 2010
[18] Drath, R.; Barth, M.: Concept for interoperability between
independent engineering tools of heterogeneous disciplines.
In: Proceedings 16 th IEEE Conference on Emerging
Technologies and Factory Automation (ETFA 2011), S. 1-8.
IEEE, 2011. doi: 10.1109/ETFA.2011.6058975
54
atp edition
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AUTOREN
Dipl.-Ing. RAINER
DRATH (geb. 1970)
ist Senior Principal
Scientist im
ABB Forschungszentrum
in Ladenburg.
Er beschäftigt
sich mit der
Entwicklung neuer
Konzepte und Methoden zur Verbesserung
des Engineering von Automatisierungssystemen.
Dr.-Ing. MIKE BARTH
(geb. 1981) war von
2008 bis 2011 wissenschaftlicher
Mitarbeiter
von Prof. Fay
an der Helmut-
Schmidt-Universität/
Universität der
Bundeswehr, Hamburg.
Seit März 2011 ist er Mitarbeiter
am ABB Forschungszentrum in Ladenburg.
Seine Arbeitsgebiete umfassen das
Engineering und die Kollabora tion von
Automatisierungssystemen.
Prof. Dr.-Ing.
ALEXANDER FAY
(geb. 1970) ist
Professor für
Automatisierungstechnik
an der
Fakultät für Maschinenbau
der Helmut-
Schmidt-Universität/Universität
der Bundeswehr,
Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt
sind Beschreibungmittel, Methoden und
Werkzeuge für einen effizienten Entwurf
von Automatisierungssystemen.
ABB AG Forschungszentrum,
Wallstadter Straße 59, D-68526 Ladenburg,
Tel. +49 (0) 62 03 71 64 71,
E-Mail: rainer.drath@de.abb.com
Programm
BUS
Sprechstunde
Moderation: Jürgen George,
Pepperl+Fuchs GmbH
ABB AG Forschungszentrum,
Wallstadter Straße 59, D-68526 Ladenburg,
Tel. +49 (0) 62 03 71 64 61,
E-Mail: mike.barth@de.abb.com
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-Universität/Universität der
Bundeswehr, Hamburg,
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,
Tel. +49 (0) 40/65 41 27 19,
E-Mail: alexander.fay@hsu-hh.de
BUS
2. Feldbus-Sprechstunde
Feldbus in der Prozessindustrie
27. + 28.09.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
www.feldbus-sprechstunde.de
Wann und Wo?
Systemplanung: Auswahl der Geräte und Komponenten
Systemplanung: Feldbusinfrastruktur
Systemplanung: Einsatz von Planungstools
Systemplanung: Explosionsschutz und funktionale Sicherheit
Inbetriebnahme: Hardware-Installation und -Inbetriebnahme
Inbetriebnahme: Implementierung
Inbetriebnahme: Systematische Fehlersuche
Referenten
Ronny Becker, Prüflabor MSR u. Analysentechnik, BIS Prozesstechnik GmbH
Dr. Andreas Hildebrandt, Thomas Klatt,
Thomas Westers, Pepperl+Fuchs GmbH
Dr. Niels Kiupel, Degussa GmbH
Sven Seintsch, Prüflabor MSR u. Analysentechnik, BIS Prozesstechnik GmbH
Termin
Donnerstag, 27.09.2012
Veranstaltung (11:30 – 17:30 Uhr)
„Get-Together“ mit Abendessen (ab 18:30 Uhr)
Freitag, 28.09.2012
Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)
Ort
Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
Thema
Antworten zur Planung und Inbetriebnahme
von Feldbussen
Teilnahmegebühr
atp edition-Abonnenten
Firmenempfehlung
540 € zzgl. MwSt
590 € zzgl. MwSt
reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt
Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen
sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,
„Get-Together“ mit Abendessen).
Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.feldbus-sprechstunde.de
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HAUPTBEITRAG
Automatisierte Diagnose für
die Inbetriebnahme
Steuerungstechnisches Verhalten mit Codiac beurteilen
Der Inbetriebnahmeprozess stellt bei der Entwicklung von automatisierten Industrieanlagen
eine der aufwendigsten Phasen dar. Dies ist unter anderem dadurch begründet, dass
sie zeitlich am Ende des Montageprozesses eingeordnet ist und die korrekte Programmierung
erst nach der Gesamtintegration aller Module durch Tests verifiziert werden kann.
Die Überprüfung ist bisher wenig automatisiert und findet daher in zeitaufwendigen und
wenig systematisch angelegten manuell durchgeführten Einzeltests statt. Dieser Beitrag
beschreibt den Aufbau und die Funktion eines Testframeworks als erweiterten Ansatz,
mittels Werkzeugen der Informationstechnik den Inbetriebnahmeprozess von modularen
Montageautomaten ohne ein aufwendiges Anlagenmodell zu optimieren. Dies geschieht
mit einer automatisierten Testausführung, einer systemweiten Anlagendiagnose oder der
Anwendung von Signalanalyseverfahren.
SCHLAGWÖRTER Automatisierte Diagnose / Testframework für modulare Montageautomaten
/ Optimierung des Inbetriebnahmeprozesses
Optimized Commissioning by automated Diagnosis –
Evaluation of the technical Control System Behavior with Codiac
During the development of automated industrial assembly systems, commissioning is one
of the most complex phases.This is due to the fact that it usually does not start before the
development and construction process is completed. Furthermore, the verification of the
PLC-program by different diagnosis methods requires the integration of all modules in
the assembly line. Because of the fact that production times for different modules vary,
some of them can potentially be tested earlier than others. The analysis and validation of
a single module’s control functionalities, however, are not possible without a detailed
model of the system’s behaviour and a complex diagnosis framework. Verification is typically
accomplished manually, hardly automated and therefore rather time consuming and
non systematic. In order to deal with the challenge of shorter comissioning, this article
presents the structure and the function of an automated test framework. This framework
realizes an extended approach that utilizes various state-of-the-art IT tools, such as automated
test execution, system-wide assembly line diagnostics, as well as signal analysis
methods to fulfill the aim of optimizing commissioning of modular assembly lines without
complex models.
KEYWORDS automated diagnosis / testing framework for modularily constructed
assembly lines / optimizing of commissioning
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atp edition
9 / 2012
WERNER HERFS, MARKUS OBDENBUSCH, WOLFRAM LOHSE, RWTH Aachen
Die Produktion in Hochlohnländern stellt im
Zuge weltweit zunehmender Automatisierung
im Industriebereich unter wirtschaftlichen
Aspekten eine große Herausforderung dar [1].
Insbesondere technologisch führende Länder,
wie Deutschland, müssen dabei kontinuierlich den Maschinen-
und Anlagenbau analysieren, systematisieren
und gezielt optimieren, um den Technologievorsprung
in der vernetzten Weltwirtschaft zu halten.
Um dies weiter zu gewährleisten, liegt ein Fokus im
interdisziplinären Nutzen und Adaptieren von informationstechnischen
Entwicklungen zum Beispiel für
den Bereich der industriellen Automatisierungstechnik
[2]. Zur Integration technologischer Innovationen
im Maschinenbau bietet sich die Beobachtung verschiedener
Phasen im Produktlebenszyklus, wie Entwicklung,
Aufbau, Inbetriebnahme und Service, an.
Bei der Entwicklung von automatisierten Industrieanlagen
stellt dabei immer noch die Inbetriebnahme
eine der aufwendigsten Phasen dar [3]. Dies hat verschiedene
Ursachen.
Zu Projektbeginn wird als Bestandteil der Anforderungsanalyse
das Soll-Verhalten der zu fertigenden Anlage
festgelegt, allerdings in der Regel nicht in informationstechnisch
auswertbaren Softwarewerkzeugen. Die
Anforderungserfassung ist wichtig, da häufige Wechsel
des Programmierers oder unzureichende Absprachen
zwischen mechanischer Konstruktion und Steuerungstechnik
zu ungenauen Vorstellungen der Funktions- und
Arbeitsabläufe innerhalb der Produktionsanlage führen
können. Verbunden mit einer unzureichenden Umsetzung
des Pflichtenhefts ergeben sich negative Auswirkungen
auf die Inbetriebnahme.
Historisch bedingt existiert bei den meisten Herstellern
eine heterogene Struktur in der Ablage dieser
Daten. Um eine Spiegelung des Soll-Verhaltens an den
realen Prozessdaten und damit eine Validierung des
Anlagenverhaltens zu ermöglichen, liegt die Herausforderung
darin, heterogene Darstellungen auf Sollund
Ist-Zustandsseite automatisiert zu modellieren und
zu vergleichen.
Bei Industrieanlagen mit modularem Aufbau ist momentan
ohne eine vorgelagerte aufwendige Modellierung
des Anlagenverhaltens in weiteren Engineeringsystemen
eine Überprüfung der korrekten steuerungstechnischen
Funktion vor der Integration in die Gesamtanlage nur
sehr eingeschränkt möglich.
Wird das Anlagenverhalten in solchen Systemen hinterlegt,
dann ist dies für einen Gutablauf auch problemlos
realisierbar. Ein gezieltes Vorgeben von Fehlerfällen
bleibt jedoch weitgehend unbehandelt.
Eine der größten Herausforderungen einer steuerungstechnisch
umfassenden und frühzeitigen Verifikation
des Anlagenverhaltens sind die Wechselwirkungen zwischen
Mechanik und Software. Dies ist dadurch bedingt,
dass Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Materialzuführung,
wichtige Prozessdaten sowie Kommunikationsschnittstellen
in der später vorliegenden Komplexität
nicht gegeben sind oder aufwendig simuliert werden
müssen.
Hinzu kommt, dass auch die Entwicklung, Konstruktion
und Programmierung einzelner Anlagenteile durch
externe Firmen in besonderem Maße beeinflusst werden.
Treten beim Einbau der Station trotz korrekter Umsetzung
des Pflichtenhefts Fehler auf, bedeutet dies in der
Regel, dass der veranschlagte Auslieferungstermin nicht
eingehalten werden kann.
Am Ende des Inbetriebnahmeprozesses findet heute
aufgrund fehlender Datendurchgängigkeit oder nicht
verfügbarer IT-Werkzeuge häufig noch ein manuelles und
zum Beispiel aufgrund der Vielzahl von Inbetriebnehmern
nur bedingt systematisches Testen von Systemkomponenten
statt. Die zeitliche Einordnung am Ende eines
Montageprozesses wirkt sich wiederum negativ auf die
zur Verfügung stehende Zeit für Funktionstests aus, was
durch den hohen Aufwand für manuelle Tests zusätzlich
verschärft wird. Daher können lediglich einige exemplarische
Abläufe getestet werden, die nur bedingt Rückschlüsse
auf das Gesamtverhalten eines Montageautomaten
während der kontinuierlichen Produktion zulassen.
Im Beitrag wird daher das prototypische Testframework
Codiac (Control and Diagnosis Framework for
atp edition
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57
HAUPTBEITRAG
Automated Commissioning) vorgestellt, welches mit
einem minimalen und inbetriebnahmezentrierten Modellierungsaufwand
eine Validierung der steuerungstechnischen
Funktionen einer Montageanlage ermöglicht.
Die hinterlegten Testdefinitionen werden automatisiert
als Testfälle in der Anlage ausgeführt, um charakteristische
Signalscharen aufzunehmen. Anschließend
erfolgt eine automatisierte Prüfung gegen das Pflichtenheft,
sodass die Inbetriebnehmer nur eine reduzierte
Auswertung detaillierter analysieren müssen. Dadurch
entsteht eine durchgehende Werkzeugkette zur Unterstützung
während des Entwicklungs- und Inbetriebnahmeprozesses.
1. ANFORDERUNGSANALYSE
Vor der Entwicklung des Werkzeugs wurden zunächst
im Rahmen einer Anforderungsanalyse disziplinübergreifende
Interviews mit dem deutschen Maschinenbauer
Phoenix Contact – stellvertretend für Hersteller und
Anwender von industriellen Montageanlagen – geführt.
Diese bildeten die Basis für Konzeptentwicklungen zur
Optimierung der industriellen Automatisierung.
Als die wesentlichen Primärziele zukünftiger Entwicklungen
konnten identifiziert werden:
die Verkürzung der Projektlaufzeiten,
die Erhöhung der Termin- und Kostentreue,
die verbesserte technische Leistungsfähigkeit und
geringe Modellierungsaufwände vor einer Inbetriebnahme.
Um differenziert Anforderungen für ein IT-Werkzeug
herauszuarbeiten, welches bei der Umsetzung
dieser Ziele unterstützt, wurde an einem Demonstrator
(siehe Abschnitt 4) stellvertretend die Struktur
von Montageanlagen analysiert. Dabei wurden verschiedene
Komplexitätsstufen gebildet, welche sich
durch unterschiedliche Anlagen- beziehungsweise
Systemebenen ergeben.
Bild 1 zeigt diese Stufen. Auf der Abszisse wird dabei
die Komplexität abgebildet, auf der Ordinate der Nutzen,
um im Engineering definierte Anforderungen und Ziele
zu erreichen. Der Nutzen korreliert dabei mit der Verknüpfung
des Teilsystems innerhalb der Anlage und der
Steuerung.
Die geringste Komplexität stellt Stufe 1 dar, in der
mechanische Tests von einzelnen gefertigten Baugruppen
innerhalb der Anlage durchgeführt werden können.
In der Regel werden lediglich die Schrittketten der
Station durchlaufen und diese mit dem Sollverhalten
aus Pflichtheft oder Referenzverlauf verglichen. Da nur
einzelne Baugruppen getestet werden, besteht keine
Verknüpfung zur übrigen Anlage oder zum Prozess,
sodass auch nur Gutabläufe getestet werden. Diese Art
zu testen ist für Stresstests zwar hilfreich, allerdings
ist der übergeordnete Nutzen aufgrund der genannten
Merkmale eher gering. Bestehende Ansätze setzen in
der Regel allerdings an dieser Stelle an, beschreiben
das Anlagenverhalten und beeinflussen einzelne Funktionsparameter
ohne übergeordnete Testsystematik
beziehungsweise Metrik.
In Stufe 2 werden weiterhin einzelnen Stationen betrachtet,
allerdings beinhaltet sie zusätzlich die Verknüpfung
mit dem Produktionsprozess oder mit dem Produkt,
wodurch die Komplexität steigt. Durch diese Tests lässt
sich das korrekte Verhalten, das heißt die korrekte Programmierung
einer Station abhängig von dem zu fertigenden
Produkt, überwachen. Bereits an dieser Stelle
bieten die eingesetzten bestehenden Werkzeuge zum systematischen
Test keine umfassende Unterstützung. Ein
automatisiertes Testen mit anlagentechnisch relevanten
Produktvarianten wird größtenteils nicht unterstützt, da
eine vollständige Modellierung zu aufwendig wäre.
Über die in Stufe 3 abgebildete Montageanlage laufen
meist verschiedene Steckertypen, sodass durch variierende
Testkonfigurationen geprüft werden kann, ob
innerhalb eines Werkstückträgers die richtige Steckerkonfiguration
wie zum Beispiel ein 5-poliger Stecker
oder zwei 3-polige Stecker gefertigt werden. Bei externen
Stationen wird durch die fehlende Zugänglichkeit
zum Steuerungscode das korrekte Verhalten durch
Kommunikationstests der Interface-I/Os verifiziert.
Die größte Komplexität stellt in Stufe 3 das Testen in
Verbindung mit dem prozesstechnischen Anlagenablauf
dar. Hierbei wird das Produkt mit einer Einzelstation
getestet und auch überprüft, ob die nachfolgende Montagestation
korrekt auf das Verhalten von Vorstationen
reagiert. Gleichzeitig bietet diese Form des Testens den
größten Nutzen, da die komplette Montagezelle auf eine
korrekte Funktion überprüft werden kann.
Durch die Analyse ergeben sich folgende durch die
Industrie definierte Kernanforderungen für ein Framework
zur Validierung der steuerungstechnischen Funktionen
einer Montageanlage:
Automatisiertes und damit systematisches Testen der
korrekten Funktionsweise von firmenintern gefertigten
Montagestationen vor und nach der Integration
in die Gesamtanlage (White-Box-Test)
Automatisiertes Testen der Kommunikation zu extern
gefertigten Modulen (Black-Box-Test)
Vorgabe von Signalscharen aus Zeitverläufen der I/O-
Signale, welche bereits im Betrieb aufgenommen
wurden
Keine aufwendige Anlagen- und Verhaltensmodellierung
in vorgelagerten und vom Engineering abhängigen
Werkzeugen
Testwiederholung zur Überprüfung der Anlagenrobustheit
Erstellung einer intuitiv bedienbaren Benutzerschnittstelle
Wenig Programmänderungen in der Steuerung
Keine Verwendung zusätzlicher Hardware
2. BESTEHENDE ANSÄTZE
Im vorherigen Abschnitt wurden vielfältige Ursachen
für aufwendige Inbetriebnahmen beschrieben. Im Wesentlich
treten folgende Probleme auf:
58
atp edition
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Heutige Datenlogger stellen Signale lediglich über
eine Visualisierung (Oszilloskopfunktion) dar, es
folgt keine Signalanalyse oder -validierung.
Die Validierung der steuerungstechnischen Funktion
findet manuell statt und kann sich dadurch zeitlich
in die Länge ziehen.
Manuelle Tests und insbesondere die Signalanalyse
erfordern ein hohes Expertenwissen und die Synchronisation
mit dem Softwareentwickler.
Übergreifende Modultests können erst nach der Gesamtintegration
in die Anlage durchgeführt werden.
Die Qualitätssicherung von bereitgestellten Automatisierungseinrichtungen
kann erst sehr spät
im Entwicklungs- und Inbetriebnahmeprozess
erfolgen.
Es existieren heterogene und damit nicht direkt
vergleichbare Beschreibungen von Soll- und Ist-
Verhalten.
Betrachtet man die Summe dieser Herausforderungen,
so lassen sich zunächst drei Themengebiete identifizieren:
automatische Testsysteme, Aufzeichnung von Signalen
inklusive einer automatisierten Signalauswertung
sowie die skalierbare Modellierung.
Die folgende Betrachtung behandelt das Themenfeld
der Datenaufzeichnung nicht weiter, da in Abhängigkeit
des Steuerungs- und Engineeringanbieters unterschiedliche
Implementierungen existieren.
2.1 Automatisierte Testausführung
Schon Ende der 90er-Jahre wurden die genannten Themengebiete
zum Beispiel im Rahmen des Forschungsprojektes
Fusim erörtert. Der Fokus lag dabei auf der
Testfallspezifikation durch die Klassifikationsbaummethode
und Message-Sequence-Charts sowie der Konzeption
einer Testsystematik [4]. Der in [4] vorgestellte Ansatz
erfordert zum Beispiel eine vorgelagerte Definition
von Testdatenmengen und beinhaltet eine abstrakte Beschreibung
des Soll-Verhaltens. Um darüber hinaus langfristig
die Qualität der Testausführung von der fachlichen
Qualifikation des Inbetriebnehmers zu entkoppeln,
werden heute unterschiedliche Ansätze einer automatisierten
Diagnose verfolgt.
Hardware-in-the-Loop (HiL)
Motiviert durch die steigende Anlagenkomplexität sowie
die vermehrten Wechselwirkungen im Sensor-Aktor-
Verhalten wurde die HiL-Simulation geschaffen, um eine
frühzeitige Verifizierung und Validierung realer steuerungstechnischer
Komponenten zur Fehlererkennung
und Optimierung [5] unter Berücksichtigung geometrischer
und kinematischer Anlageneigenschaften sowie
der Echtzeit zu ermöglichen [6]. Daraus ergeben sich
Vorteile wie verkürzte Inbetriebnahmezeiten, Verifikation
der Anwendersoftware oder Identifikation des
Optimierungspotenzials.
Während man im Bereich der Embedded Systems zum
Beispiel automatische Testsysteme (ATE) zur Überprüfung
von ICs und Application-Specific-Integrated-Circuits
(ASIC) findet, ist eine durchgängige Werkzeugkette
für die höherwertige Modellierung im Maschinenbau
bisher aufgrund fehlender Verhaltensmodelle für komplexe
Umgebungseinflüsse nicht verfügbar. Für den reinen
Aufbau der für die HiLS erforderlichen Verhaltensmodelle
existieren jedoch einige am Markt etablierte
Softwarelösungen.
Während für den Anwender ein Zeitvorteil im Rahmen
der Inbetriebnahme entsteht, ergibt sich durch die Modellierung
wiederum ein signifikanter Zusatzaufwand,
der eine wirtschaftliche Umsetzung in der Regel gefährdet
[5]. Insbesondere für bestehende Anlagen, welche
erneut gefertigt beziehungsweise modifiziert und in Betrieb
genommen werden, ist die nachträgliche Modellierung
nicht vertretbar und in der Regel nicht durch einen
Inbetriebnehmer möglich.
Software-in-the-Loop (SiL)
Zur Verkürzung von Inbetriebnahmezeiten ist es möglich,
vorhandene Modelle aus vorgelagerten Entwicklungsschritten
zur simulativen Prüfung des Steuerprogramms
wiederzuverwenden [5], was vorwiegend aber
nur mit einer durchgängigen Engineeringkette und einer
vollständigen Beschreibung des Anlagenverhaltens darstellbar
ist. Daher wird bei SiL-Simulationen die Steuerung
und die Anlage selbst durch ein Verhaltensmodell
abgebildet. Hiermit ist eine Validierung der Funktionalität
und darauf aufbauend auch die Möglichkeit zur
Weiterentwicklung gegeben [7]. Teure Design- und Konzeptfehler
lassen sich so von Anfang an vermeiden. Neben
integrierten Simulationsfunktionen verbreiteter
Entwicklungstools (zum Beispiel PC Worx) existieren
eigenständige Testumgebungen, welche erweiterte Funktionen
wie die gleichzeitige Ausführung mehrerer Programminstanzen
bereitstellen.
Die wenigen am Markt verfügbaren SPS-Simulationsumgebungen
wie beispielsweise PLCSim simulieren
ein ausgeführtes Programm auf einer virtualisierten
Hardware, jedoch bieten sie zur Laufzeit weitgehend
keine Möglichkeit, Prozessparameter intuitiv und ohne
aufwendige Modellierung einer Prozesssimulation
einzustellen.
Um den entstehenden Modellierungsaufwand zu
minimieren, besteht eine Herangehensweise darin,
Softwaresysteme schon in der Planungs- und Engineeringphase
modellbasiert zu erstellen und fachlich dabei
so weit zu präzisieren, dass das notwendige Basissteuerungsprogramm
automatisch generiert werden
kann. Im Bereich der automatisierten Diagnose liegt
der Vorteil darin, dass auch Testfälle automatisiert
generiert werden können. Hierbei können allerdings
bislang die vielfältigen Interdependenzen nicht berücksichtigt
werden.
Neben dieser Modellierungsproblematik existiert, wie
in [8] und [5] zu lesen, für die Erzeugung von Testmodellen,
Testplanung, Testkonzept, Testspezifikation oder
Testausführung keine durchgängige Werkzeugkette. Erschwerend
kommt hinzu, dass die bestehenden Werkzeuge
kein einheitliches Austauschformat verwenden,
obwohl in [9] eine Grundlage für einen Testbeschreibungsstandard
gelegt wurde.
atp edition
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59
HAUPTBEITRAG
2.2 Sollverhalten in der Inbetriebnahmephase
Zu Beginn des Anlagenengineerings wird als Bestandteil
der Anforderungsanalyse das Soll-Verhalten der zu
fertigenden Anlage beschrieben beziehungsweise definiert.
In Gesprächen mit Industriepartnern wurde
festgestellt, dass historisch bedingt heterogene Darstellungsformen
zur Beschreibung des Anlagenverhaltens
existieren.
Das Soll-Verhalten kann beispielsweise in Word- und
PDF-Dokumenten festgehalten werden (siehe Bild 2). Alternativ
gibt es bereits einzelne Modellierungsansätze,
welche als Ergebnis einen Zustandsautomaten ausgeben.
Bestehen schon baugleiche Module in einer produzierenden
Anlage, sind in einer Datenbank gegebenenfalls gemessene
Referenzsignale verfügbar. Außerdem können
mündliche Absprachen zwischen den Entwicklern oder
Abteilungen existieren, die mangels fehlender Dokumentation
letztendlich nicht berücksichtigt werden.
Modellbasierte Beschreibungen versuchen, für die
heterogenen Darstellungen einen Konsens zu finden.
Während am Markt verfügbare Systeme hauptsächlich
zum modellbasierten Testen für Applikationen im Bereich
der Hochsprachen C++, C, Java und Ada angesiedelt
sind [8], finden sich bei [10] Ansätze, SPS-Programme aus
UML-Modellen heraus zu erzeugen. Durch den Ansatz
der automatischen Codegenerierung wird zwar der
Nutzen des Modells im Sinne eines wirtschaftlichen
Zeitbedarfs weitgehend maximiert, allerdings entstehen
entscheidende Nachteile bei dieser Vorgehensweise.
Beispielsweise müssen eine umfangreiche Modellierung
sowie neue Modellierungsverfahren in den Entwicklungsprozess
integriert werden. Zusätzlich bietet
diese Methode keine Möglichkeit, das Soll-Verhalten aus
bestehenden Lastenheften für die Anlage zu entnehmen,
ohne das System nachzumodellieren.
Ein von diesem Aufwand motivierter, vollständig
anderer Ansatz zum automatisierten Testen von Produktionsanlagen
wird in [11] beschrieben. Der Kern des
Forschungsansatzes besteht darin, die manuelle Modellierung
des Anlagenverhaltens durch das automatisierte
Lernen eines hybriden Automaten zu ersetzen. In [11]
heißt es, dass diese Methode primär in der Anomaliedetektion
während der Betriebsphase eingesetzt werden
kann, was die modellierungsfreie Erfassung des Soll-Verhaltens
ermöglicht. Für das automatisierte Lernen muss
allerdings eine funktionierende Anlage existie ren, um
das Verhalten zu erlernen, das heißt in einem Zustandsautomaten
abzubilden. Für eine initiale Inbetriebnahme
ist der Ansatz nur eingeschränkt geeignet. Dadurch entsteht
letztendlich eine Einschränkung bei Produkten mit
einem hohen Grad an Individualisierung. Geringe Stückzahlen
und damit verbunden eine häu fige Umkonfiguration
mit wechselnden Prozessanforderungen würden bei
dem in [11] vorgestellten Ansatz eine erneute Trainingsdurchführung
des Zustandsautomaten erfordern.
Unter Einbeziehung der vorgestellten Ansätze kann
abgeleitet werden, dass zur Beschreibung des Soll-Verhaltens
der Zeitaufwand für die Modellierung nur so
groß wie nötig und so gering wie möglich sein soll.
BILD 1: Verschiedene Komplexitätsebenen in einer
Montageanlage
BILD 2: Heterogene Darstellungsformen für Soll- und
Ist-Verhalten
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atp edition
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2.3 Automatisierte Analyse von Prozessdaten
Grundsätzlich existieren Ansätze wie zum Beispiel die
Analyse im Zeitbereich, die Frequenzanalyse, die statistische
Modellierung oder Aspekte der künstlichen Intelligenz
zur automatisierten Auswertung von aufgezeichneten
Prozesswerten.
In [12] wird ein Lösungsansatz zu zustandsbasierter
Diagnose an Rollenketten von Verpackungsmaschinen
vorgestellt. Zur Bewertung des Verschleißzustandes
wird exemplarisch eine Schwingungsanalyse, unter anderem
im Frequenzbereich, durchgeführt. Die Frequenzanalyse
ist hier besonders geeignet, da periodische Signale
(die Schwingungen) betrachtet werden [13].
In der Praxis lassen sich allerdings Maschinenzustände
oft erst aus der Gesamtheit von Betriebsparametern wie
Öldruck, Temperatur, Schwingungsfrequenzen oder Wirkungsgrad
korrekt erfassen. Mittels statistischer Verfahren
ist es grundsätzlich möglich, zu diesen Parametern
einen Merkmalsraum aufzuspannen und anschließend in
Klassen zu unterteilen. Die Klassen wiederum stehen für
bestimmte Maschinenzustände und können zur Klassifizierung
neuer Merkmalsvektoren verwendet werden.
Ein Beispiel für künstliche Intelligenz – welche zudem
vollständig ohne Modellierung auskommt – ist der
zuvor genannte Ansatz zum automatisierten Lernen von
Anlagenmodellen [11]. Studien zur Benutzerakzeptanz
wurden bisher nicht durchgeführt, allerdings scheint
das System als Werkzeug zur Unterstützung während
der Inbetriebnahme nur bedingt geeignet. Dies liegt
hauptsächlich daran, dass der Inbetriebnehmer nicht
die für ihn bekannten Signalscharen sieht, sondern
eher ab strakte Anlagenzustände, wodurch eine schnelle
und intuitive Zuordnung von bestimmten Anlagenzuständen
in gewissen Arbeitssituationen nicht gewährleistet
ist. Des Weiteren ist das System als reaktiv
zu betrachten. Vom Modell abweichende Anomalien
können während der Produktion erkannt und in neuen
Zuständen gespeichert werden. Damit ist es jedoch
nicht möglich, differenzierte Testfälle zu erstellen, welche
Rahmenbedingungen, wie einzelne Anlagenzustände
oder während des Betriebs auftretende Produktvarianzen,
vorgeben können.
Für die Verifikation des steuerungstechnischen Verhaltens
von Produktionsanlagen werden insbesondere Binärsignale
stellvertretend für digitale Ein- und Ausgänge betrachtet.
Die Transformation von Binärsignalen und anschließende
Analyse im Frequenzbereich scheint nicht
geeignet, um die nötigen Analysemöglichkeiten zu bieten.
Bei der Frequenzanalyse stellt sich laut [13] die Frage nach
der Auftrittshäufigkeit eines bestimmten Merkmals und
nicht nach dem Zeitpunkt. Die betrachteten Anlagensignale
sind jedoch nicht periodisch und eignen sich daher
nicht für eine Analyse im Spektrum. Stattdessen sollen
diskrete zeitliche Signalmerkmale untersucht werden, wofür
die Analyse von Abläufen in der SPS im Zeitbereich
wesentlich besser anwendbar ist. Geeignete Algorithmen
sind dazu zum Beispiel die Differenzbildung oder Korrelationsuntersuchungen,
allerdings müssen bestehende Verfahren
für differenzierte lokale Aussagen erweitert werden.
BILD 3: Gesamtkonzept des
Testframeworks Codiac
atp edition
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61
HAUPTBEITRAG
Auch wenn Ansätze zur standardisierten Beschreibung
und Implementierung von Testfällen bestehen (siehe
[14]), kann aus der Analyse vorgestellter Lösungen
festgestellt werden, dass bisher keine Möglichkeit existiert,
in einer durchgängigen Werkzeugkette oder gar in
einem einzigen Testframework nach IEC 61131-3 implementierte
Steuerprogramme ohne erheblichen und komplexen
Modellierungsaufwand, differenziert und flexibel
zu testen. Für einzelne Problemstellungen gibt es Ansätze,
wobei ein allumfassendes Werkzeug zur vollständigen
Unterstützung während des Entwicklungs- und
Inbetriebnahmeprozesses im Sinne der definierten Zielkriterien
am Markt nicht vorhanden ist.
3. KONZEPT DES TESTFRAMEWORKS
Als Lösung zu den aufgelisteten Anforderungen aus Abschnitt
1 soll das Testframework Codiac, bestehend aus
einem Front-End und einem Back-End, konzipiert und
implementiert werden. Idealerweise zeichnet sich das
Front-End durch eine PC-basierte Engineering-Umgebung
aus, in welcher der Anwender auf Signale zurückgreifen,
sie als Referenzsignale neu erstellen oder Auswertealgorithmen
beziehungsweise Auswertungsmuster
definieren kann. Diese sollen später in einer intuitiven
Benutzerschnittstelle automatisiert ausgewertet und
visualisiert werden.
Das Back-End implementiert Test- und Diagnosebausteine
auf der Anlagensteuerung, um konfigurierte Testfälle
ausführen zu können. Das in Bild 3 visualisierte
Gesamtkonzept des entwickelten Testframeworks stellt
somit eine durchgängige Werkzeugkette mit Inbetriebnahmefokus
dar.
Als Bestandteil des Testfalleditors ermöglicht die Ablaufspezifikation
im Detail, Rahmenbedingungen für
einen Test zu definieren. Es werden alle für die SPS
beziehungsweise Montagezelle benötigten Einstellungen
wie der Maschinenstatus, aber auch Grundlagen für die
Testfallausführung, wie die aufzuzeichnenden Signale
oder die zu testende Station, festgelegt.
Im Rahmen der Anforderungsanalyse wurde gefordert,
dass auch verschiedene Produkte (zum Beispiel Stecker
mit unterschiedlicher Polkonfiguration) getestet werden
sollen. Diese Konfiguration kann ebenfalls im Testdateneditor
vorgenommen werden. Diese ersten Testfallkonfigurationen
sind für die Ausführung eines Testfalls hinreichend.
Allerdings kann so noch keine automatisierte
Signalanlyse und -auswertung erfolgen.
Für die Signalanalyse besteht die Herausforderung
darin, aus heterogenen Verhaltensbeschreibungen gemeinsame
Charakteristika beziehungsweise Patterns zu
entnehmen, die sich später zur automatisierten Signalanalyse
und Validierung der Anlagenfunktionalität
heranziehen lassen.
Die Patternspezifikation bietet dem Benutzer einen
Editor an, um Patterns zu definieren. Patterns sind dabei
charakteristische Signalmerkmale wie Flankenwechsel,
-anzahl oder -beziehungen, welche später zur automatisierten
Signalüberprüfung validiert werden. Patterns
können entweder frei, zum Beispiel auf Grundlage
eines Pflichtenheftes, erstellt oder aus bestehenden
Referenzsignalen automatisiert abgeleitet werden. Die
Charakteristika umfassen dabei einen Satz an zu definierenden
Attributen wie Sollwert, erlaubte Abweichung
oder Typ. Jedes Pattern besitzt außerdem ein Patternergebnis,
welches nach erfolgter Auswertung gesetzt wird.
Die Ablaufspezifikation und die Auswertung ergänzen
sich zusammen zum Testfalleditor. Die Ausgabe des Editors
ist ein vollständig konfigurierter Basistestfall, der
mit Anlagenmodulen beziehungsweise mit der Gesamtanlage
ausgeführt werden kann. Dazu wird die Ablaufspezifikation,
welche zur Testfallausführung auf der SPS
beziehungsweise dem Montageautomaten einen hinreichenden
Satz an Konfigurationen bildet, zum Beispiel
über OPC an die Anlagen-SPS gesendet. OPC bietet an
dieser Stelle den Vorteil, dass auf freigegebene steuerungsinterne
Variablen ohne weitere Konfiguration zugegriffen
werden kann. Nach der Übertragung der Ablaufspezifikation
wird der Testfall ausgeführt.
Ist der automatisierte Test beendet, werden die aufgezeichneten
Signalverläufe wieder automatisch über die
OPC-Schnittstelle in die Engineering-Umgebung geladen.
Durch die zeitliche Entkopplung bei der Kommunikation
entspricht die Signalauflösung dennoch der
SPS-Zykluszeit. Danach kommt das dritte Tool der Werkzeugsammlung
zum Einsatz: die Testfallauswertung.
Diese analysiert die Signalschar zum Teil vollautomatisiert,
indem zuvor definierte Patterns mittels geeigneter
Algorithmen validiert werden, teilweise aber auch in
Interaktion mit dem Inbetriebnehmer.
Zunächst wird jedes Pattern separat ausgewertet und
das jeweilige Patternergebnis aktualisiert. Sind alle definierten
Kriterien eines Signals ausgewertet, setzt sich
das Testergebnis selbst aus einer UND-Verknüpfung aller
Einzelergebnisse zusammen.
Die letzte Komponente in Bild 3 ist der Testfallmultiplikator.
Während das bei [8] beschriebene Werkzeug
automatisiert Testfälle beziehungsweise Testskripte mit
Varianzen zur Ausführung basierend auf einem Modell
des Systemverhaltens oder bestimmten Steuerinformationen
generiert, kann der Testfallmultiplikator in der
momentanen Version definierte Testfälle vervielfältigen.
Dies stellt eine enorme Vereinfachung zur bisherigen
manuellen unsystematischen Testvorgehensweise dar,
wenn zum Beispiel Systeme auf Robustheit getestet werden
sollen oder sehr oft der gleiche Testfall mit gleichen
Ausgangs- beziehungsweise Auswertungsbedingungen
ausführt werden soll. Wie in der Zusammenfassung beschrieben,
existieren verschiedene Ansatzpunkte, den
Testfallmultiplikator gemäß den Ansätzen aus [4] in
Richtung eines Testfallgenerators durch automatisch
einfließende Varianzen zu einer besseren Testabdeckung
weiterzuentwickeln.
4. VALIDIERUNG DER MONTAGEANLAGE
Zur Implementierung und zum Testen der Umsetzung
des vorgestellten Konzepts wurde – wie bereits in Bild 1
zu erkennen – von der Firma Phoenix Contact ein Steckermontage-Automat
zur Verfügung gestellt. Der Mon-
62
atp edition
9 / 2012
tageautomat realisiert ein modulares, stationsbasiertes
Längstaktsystem, bei dem die einzelnen Montagestationen
über die lineare Vorschubachse synchronisiert werden.
Den schematischen Aufbau verdeutlicht Bild 4.
Es wurden bereits alle im Konzept entworfenen Funktionen
implementiert und in einem Testframework, das
heißt der Engineering-Umgebung und den Diagnosefunktionen
auf der SPS, zusammengefasst.
4.1 Prototypische Werkzeugkette
Um die Lösung validieren zu können, wurden exemplarisch
Use-Cases für je einen White-Box- und einen Black-
Box-Test realisiert. Der White-Box-Test testet das steuerungstechnische
Verhalten der Station 3 „Stift einsetzen“.
Da der Programmcode bekannt ist und die Diagnosefunktionalität
direkt auf der Hauptanlagensteuerung
umgesetzt ist, können sämtliche internen Variablen zur
Auswertung verwendet werden.
Eine andere Kernanforderung bestand darin, durch
Zulieferer gefertigte Stationen frühzeitig, insbesondere
ohne die Integration in die Gesamtanlage, zu testen.
Dazu wurde ein Black-Box-Test zur Überprüfung der I/O-
Kommunikation realisiert.
Mit dem im Folgenden beschriebenen Black-Box-Test
soll daher exemplarisch gezeigt werden, wie mit Codiac
eine im Pflichtenheft definierte Kommunikationsschnittstelle
während der Inbetriebnahme überprüfbar ist. Die
Einbindung einer externen Station sowie die notwendige
Kommunikation zeigt Bild 5. Die externe Station muss
zunächst ein von der Hauptsteuerung gesendetes Vorbereitungssignal
quittieren, um zu bestätigen, dass sie sich
im Bereitschaftszustand befindet. Nach der Quittierung
wird – sobald die Hauptachse ihre Position erreicht hat
– ein Startsignal an die externe Steuerung gesendet. Die
externe Montagestation informiert die Anlagen-SPS über
den Fortschritt der beiden Montageprozesse. Abschließend
wird ein „Ende“-Signal an die Anlagen-SPS übermittelt,
damit der nächste Bearbeitungszyklus vorbereitet
werden kann.
Mit einem im Diagnose-Framework integrierten Datenlogger
wurde im Rahmen der Inbetriebnahme eine für
den beschriebenen Kommunikationsablauf charakteristische
und in Bild 6 dargestellte Signalschar aufgenommen.
Unter Verwendung der Patternspezifikation wurden
anhand der Signalschar sowie auf Basis der im Pflichtenheft
festgelegten Soll-Zeiten verschiedene Patterns
angelegt. Der Fokus lag dabei auf den Flankenbeziehungen,
also Reaktionszeiten zwischen dem Signaltrigger
durch die Anlagen-SPS und Antwort durch die externe
Station, welche durch lokale Patterns abgebildet werden
können. Zusätzlich wurden neben manuell angelegten
Patterns globale Charakteristika, wie die Anzahl der
Flankenwechsel, die Summe aller High-Intervalle oder
die Autokorrelation automatisch aus einer Referenzsignalschar
entnommen und ausgewertet.
Da insbesondere bei einer Station eines Zulieferers
nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Referenzsignalschar
zu Verfügung steht, wurden in einem
zweiten Ansatz die Patterns während der Inbetriebnah-
BILD 4: Schematischer Aufbau des Demonstrators
BILD 5: Schematischer Kommunikationsablauf
BILD 6: Signalschar der Kommunikation für einen
Montageablauf
atp edition
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63
HAUPTBEITRAG
me komplett manuell angelegt. Mittels der definierten
Patterns konnten anschließend weitere aufgezeichnete
Montageabläufe analysiert und bewertet werden.
4.2 Evaluierung
Durch die exemplarische Modellierung und Konfiguration
eines White- und eines Black-Box-Tests konnten
erste Erfahrungen im Umgang mit Codiac gesammelt
werden, welche sich allerdings im ersten Schritt auf die
Nutzergruppe der Entwickler beschränken.
Zur Erstellung von Ablaufspezifikationen stellt die
Engineering-Umgebung ein komfortables Tool bereit, bei
dem der Benutzer intuitiv Signale wählen oder Produktkonfigurationen
einstellen kann. Die Beschränkung auf
die Gruppe der Entwickler wurde deshalb gewählt, da
das Anlegen von Patterns ein komplexer Prozess ist, bei
dem aussagekräftige Merkmale gewählt und konfiguriert
werden müssen. Die spätere Inbetriebnahme an der Anlage
wird daher mit vorher definierten Grundpatterns
unterstützt. Darüber hinaus können auch in dieser Phase
der Anlagenentwicklung durch einfaches Markieren
Charakteristika überprüft oder Signalbeziehungen als
Patterns angelegt werden.
Eine Basis an globalen Pattern wird automatisiert
durch Codiac angelegt. Die Testausführung sowie
die Analyse und Validierung erfolgt anschließend
automatisiert. Die Visualisierung der Auswertung wurde
als hilfreich und differenziert bewertet, wobei sich die
geschachtelte Informationsdarstellung positiv auswirkt.
Der Anwender kann den Detailgrad der Visualisierung
von einer Übersicht über alle ausgeführten und bewerteten
Testfälle bis hin zu einer Ansicht der erfolgreichen
oder nicht erfolgreichen Patterns selbst wählen.
Darüber hinaus wurde die Möglichkeit zum Speichern
der Testfalleditor-Eingaben als hilfreich empfunden.
Einmal konfigurierte Spezifikationen lassen sich so problemlos
an weiteren Anlagen oder an den gleichen Anlagen
zur Überprüfung von Veränderungen im Lebenszyklus
wiederholen.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Um die geforderte Optimierung des Inbetriebnahmeprozesses
zu erzielen, wurde der Ansatz verfolgt, Werkzeuge
der Informationstechnik wie die automatisierte Testausführung,
die systemweite Anlagendiagnose oder
Signalanalyseverfahren konzeptionell auf die Domäne
der Anlagen- und Automatisierungstechnik zu übertragen
– ohne der Verhaltensmodellierung einen zu großen
Stellenwert beizumessen.
Der Fokus lag auf dem frühzeitigen Test der korrekten
Programmierung von eigens gefertigten Montagestationen
(White-Box-Test) und auf Kommunikationstests zwischen
Anlagenmodulen unterschiedlicher Hersteller
(Black-Box-Test).
Die entstandene integrierte Steuerungs- und Diagnoseplattform
Codiac erfüllt diese Anforderungen durchgängig.
Produktvarianten und veränderte Abläufe können
differenziert konfiguriert werden. Die Engineering-
Umgebung unterstützt den Benutzer zudem bei der Entwicklung
und Erstellung von Patterns und extrahiert
anhand von Referenzdaten automatisiert globale Charakteristika.
Nach der Ausführung des Testfalls werden
die aufgenommenen Daten weitgehend automatisiert
analysiert und validiert.
Darüber hinaus wurde ein Use-Case beschrieben, welcher
den Funktionsumfang der entwickelten Lösung
zum automatisierten Testen verdeutlicht. Durch Analyse
der Kommunikation mittels aus dem Pflichtenheft
abgeleiteten Patterns lässt sich ein Nachweis über die
Einhaltung der Spezifikation erbringen.
ZUKÜNFTIGE ARBEITEN
Die zu Beginn formulierten Anforderungen wurden in
dieser prototypischen Implementierung erfüllt. Dennoch
besteht in einigen Punkten die Möglichkeit, das Testframework,
zum Beispiel in Bezug auf eine intuitive
Oberflächengestaltung für das Inbetriebnahmepersonal,
weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus muss der Nutzer des Systems beim
Anlegen von Patterns bisher selbstständig Toleranzbereiche
für erlaubte Signalabweichungen festlegen.
Diese Zeitintervalle werden typischerweise zu klein
bemessen, um beispielsweise die statistischen Varianzen
mechanischer Prozesse abzudecken. Um diese Herausforderung
zu lösen, wurde ein Signal-Analyzer in
die Engineering-Umgebung integriert. Dieser ermöglicht
eine grafische Aufbereitung statistischer Varianzen
vieler Messungen, sodass Vorschläge für erlaubte
Abweichungsintervalle erzeugt werden können. Nach
Anwendung des Signal-Analyzers und der Neuparametrierung
der Patterns konnte eine Verbesserung der
Testergebnisse um 93 % gegenüber einer Konfiguration
ohne Vorschläge zu Sollwerten oder Abweichungen
beobachtet werden.
Durch eine Wiederholung von Testfällen des Vortages
wurde deutlich, dass die Einflüsse von kalten
und warmen Komponenten auf die Verschiebung der
zeitlichen Abläufe bei der Patternerstellung unterschätzt
wurden. Bei der statistischen Auswertung
von Messungen beziehungsweise dem Anlegen von
Patterns muss also der Anlagenzustand unbedingt
berücksichtigt werden.
In [15] wird beschrieben, dass Expertensysteme als
Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz „in Spezialgebieten
der Industrie“ eingesetzt werden, die automatisierte
Aus- und Bewertung von technisch hochkomplexen System
aber eine große Herausforderung darstellt. Dies ist
hauptsächlich auf die Generierung und Qualität der Wissensbasis
zurückzuführen. Durch die Weiterentwicklung
des Signal-Analyzers und den Einsatz von statistischen
Methoden zur genauen Berechnung von Sollwerten
und erlaubten Abweichungen soll dieser Herausforderung
begegnet werden.
Abschließend ist zu bedenken, dass das entwickelte
Testframework ein unterstützendes Werkzeug für Entwickler
zum Einsatz während der Inbetriebnahmephase
darstellt. Daher besteht der nächste Schritt darin, Codiac
in der Industrie einzusetzen, um praxisnahe Anforde-
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ungen zu finden, Schwachstellen aufzudecken und die
Akzeptanz der entwickelten Applikation bei der Anwenderzielgruppe
zu garantieren.
MANUSKRIPTEINGANG
16.03.2012
REFERENZEN
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
DANKSAGUNG
Das Forschungsvorhaben Initial wird im Rahmen der
Förderlinie „Hightech-NRW 2. Call“ vom Ministerium
für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie
des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
AUTOREN
[1] Brecher, C. (Hrsg.): Integrative Produktionstechnik für
Hochlohnländer. Springer, Heidelberg 2011
[2] Initial: Höhere Produktivität durch den modellbasierten
Entwurf und Betrieb von komplexen Automatisierungssystemen.
(http://www.inITial-projekt.de)
[3] Eversheim, W.: Inbetriebnahme komplexer Maschinen
und Anlagen. Strategien und Praxisbeispiele zur
Rationalisierung in der Einzel- und Kleinserienproduktion.
VDI-Verlag, Düsseldorf 1990
[4] Jack, P. und Koc: FUSIM. Funktionssicherung und
Testmethodik bei der Entwicklung eingebetteter
Systeme. DFAM, Frankfurt 2001
[5] Herfs, W.: Modellbasierte Software in the Loop Simulation
von Werkzeugmaschinen. Apprimus-Verlag, Aachen 2010
[6] Wünsch, G.; Zäh, M.: Schnelle Inbetriebnahme von
Produktionssystemen. Qualitätssicherung von
automatisierten Maschinen durch Simulation.
wt Werkstattstechnik online, 95(9), S. 699 – 704, 2005
[7] Murrenhoff, H.; von Dombrowski, R.; Verkoyen, T.:
Fluidtronic. Entwicklungsumgebung für fluidtechnischmechatronische
Systeme. wt Werkstattstechnik online,
99(1/2), S. 67 – 75, 2009
[8] Götz, H. und Nickolaus, M.: Modellbasiertes Testen.
Modellierung und Generierung von Tests. Grundlagen,
Kriterien für Werkzeugeinsatz, Werkzeuge in der
Übersicht. Heise Verlag, Hannover 2009
[9] IEEE 1641: IEEE Standard for Signal and Test Definition,
September 2010.
[10] Witsch, D.; Ricken, M.; Kormann, B.; Vogel-Heuser, B.:
PLC-statecharts. An approach to integrate uml statecharts
in open-loop control engineering. In: 8 th International
Conference on Industrial Informatics (INDIN), S.
915 – 920. IEEE, 2010. Doi: 10.1109/INDIN.2010.5549619
[11] Vodenčarević, A.; Kleine Buning, H.; Niggemann, O.; Maier, A.:
Identifying behavior models for process plants. In: 16 th Conference
on Emerging Technologies & Factory Automation
(ETFA), S. 1 – 8. IEEE, 2011. doi: 10.1109/ETFA.2011.6059080
[12] Brecher, C.; Pohlmann, G.; Herfs, W.: Zustandsbasierte
Diagnose an Rollenketten von Verpackungsmaschinen.
Höchste Beanspruchung bei 140 Takten/min. wt Werkstattstechnik
online, 99(7/8), S. 498 – 503, 2009
[13] Kolerus, J. und Wassermann, J.: Zustandsüberwachung
von Maschinen. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für den
Praktiker. Expert, Renningen 2008
[14] Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen:
TTCN-3: Testing and Test Control Notation Version 3.
(http://http://www.ttcn-3.org/)
[15] Brecher, C. und Weck, M.: Werkzeugmaschinen 3.
Springer, Berlin 2006
Dr.-Ing. WERNER HERFS MBA
(geb. 1975) hat zwischen 2007
und 2012 die Abteilung Steuerungstechnik
und Automatisierung
geleitet und ist seit
März 2012 der geschäftsführende
Oberingenieur des Lehrstuhls
für Werkzeugmaschinen
an der RWTH Aachen.
RWTH Aachen,
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),
Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,
Tel. +49 (0) 241 802 74 10,
E-Mail: w.herfs@wzl.rwth-aachen.de
Dipl.-Ing. MARKUS OBDEN-
BUSCH (geb. 1986) arbeitet
seit 2011 als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl
für Werkzeugmaschinen
der RWTH Aachen.
Seine Forschungsgebiete
umfassen die automatisierte
Anlagendiagnose und
Inbetriebnahme von Produktionsmaschinen im
Maschinenbau.
RWTH Aachen,
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),
Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,
Tel. +49 (0) 241 802 82 36,
E-Mail: m.obdenbusch@wzl.rwth-aachen.de
Dipl.-Ing. WOLFRAM LOHSE
(geb. 1981) war von 2007 bis
2012 als wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl für
Werkzeugmaschinen der
RWTH Aachen tätig. Seit
März 2012 leitet er die
Abteilung Steuerungstechnik
und Automatisierung.
RWTH Aachen,
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),
Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,
Tel. +49 (0) 241 802 74 55,
E-Mail: w.lohse@wzl.rwth-aachen.de
atp edition
9 / 2012
65
IMPRESSUM / VORSCHAU
IMPRESSUM
VORSCHAU
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Rosenheimer Straße 145
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Dr. T. Albers
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Beirat:
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Prof. Dr.-Ing. Ch. Diedrich
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Dr.-Ing. J. Kiesbauer
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Dipl.-Ing. G. Mayr
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Dipl.-Ing. D. Westerkamp
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Organschaft:
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(VDI/VDE-Gesell schaft Messund
Automatisierungs technik)
und der NAMUR
(Interessen gemeinschaft
Automatisierungs technik der
Prozessindustrie).
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Praxis“ erscheint
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Praxis – rtp“ gegründet.
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SIL
Sprechstunde
4. SIL-Sprechstunde
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PLT-Schutzeinrichtung
Programm
Moderation: Jürgen George,
Pepperl+Fuchs GmbH
Wann und Wo?
Prinzip der SIL-Bewertung
Parameter der SIL-Bewertung
Vermeidung systematischer Fehler
Bewertung zufälliger Fehler
Gerätequalifikation aufgrund „früherer Verwendung“
Referenten
Dirk Hablawetz, BASF SE
Dr. Andreas Hildebrandt, Pepperl+Fuchs GmbH
Udo Hug, BImSchG § 29a Sachverständiger
Gerhard Jung, Pepperl+Fuchs GmbH
Dr. Thomas Karte, Samson AG
Dr. Gerold Klotz-Engmann, Endress+Hauser Messtechnik
GmbH + Co. KG
Josef Kuboth, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz
Nordrhein-Westfalen
Bernd Schroers, Bayer Technology Services
Heiko Schween, HIMA Paul Hildebrandt GmbH + Co KG
Johann Ströbl, TÜV Süd Industrie Service GmbH
Termin
Dienstag, 18.09.2012
Veranstaltung (11:30 – 16:30 Uhr)
„Get-Together“ mit Abendessen
(ab 17:30 Uhr)
Mittwoch, 19.09.2012
Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)
Ort
Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
Thema
SIL – Qualifizierung von
PLT-Schutzeinrichtungen
Teilnahmegebühr
atp edition-Abonnenten 540 € zzgl. MwSt
Firmenempfehlung 590 € zzgl. MwSt
reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt
Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen
sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,
„Get-Together“ mit Abendessen).
Veranstalter
Schon wieder E/A-Änderungen? Na prima.
Also ein neuer Schaltplan.
Ein neuer Rangierentwurf.
Und ein neuer Schaltschrank…
Schluss damit!
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Ihre individuellen Fragen zu stellen und offen mit den praxiserfahrenen
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