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atp edition Entwurfsassistenz in der Gebäudeautomation (Vorschau)

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9 / 2012

54. Jahrgang B3654

Oldenbourg Industrieverlag

Automatisierungstechnische Praxis

Entwurfsassistenz in der

Gebäudeautomation | 28

Systemkomplexität in der

Automation beherrschen | 36

Offenheitsmetrik für

Engineering-Werkzeuge | 46

Automatisierte Diagnose

für die Inbetriebnahme | 56


Print wirkt

atp edition“ ist ein Printtitel auf höchster

Qualitätsstufe und mit Nachhaltigkeit im

Sinne wiederkehrender Nutzung. Der Titel

erfüllt den selbstgestellten Anspruch eines

anspruchsvollen und seriösen Magazins für

Top-Entscheider zwischen Wissenschaft

und Praxis konsequent.

Entsprechend der journalistischen Konzeption

ist Online hintenangestellt. Die Jury

sah hier „die beispielhafte Umsetzung einer

wissenschaftlich ausgerichteten Fachzeitschrift

mit Magazincharakter“.


EDITORIAL

Assistenzsysteme als Herausforderung

für die Automatisierung

Deutschland hat bei der derzeit proklamierten vierten industriellen Revolution

„Industrie 4.0“ ausgezeichnete Voraussetzungen. Warum? Weil wir

seit langem die Möglichkeiten der industriellen Kommunikations- und Informationstechnologie

(IKT) für die Anwendung in der Automatisierungstechnik

konsequent und systematisch entwickeln und nutzen. Die derzeitige Entwicklung

im Hinblick auf Vernetzung und Allgegenwärtigkeit jeglicher Information

wird der Automation einen Schub geben und neue Möglichkeiten eröffnen.

Wir sollten weder dem Nutzer die ganze Komplexität des technischen Produktes

zumuten noch dem Ingenieur die Komplexität verketteter Engineering-Werkzeuge

bei der Produktentstehung oder dem Servicemitarbeiter beziehungsweise

Operator während des Betriebs. Andererseits sollten die vollständig vorhandenen

Informationen den verschiedenen Nutzern aber bei Bedarf und in geeigneter

Weise zugänglich gemacht werden, unter anderem dazu dienen Assistenzsysteme.

Eine Voraussetzung von Assistenzsystemen ist die Informationsanalyse und

-auswertung beziehungsweise Aggregation für eine bessere Aufnahme durch

den Menschen. Gerade die Informationsaggregation ist weiter zu erforschen. Nur

ein Beispiel: Die integrierte 3D-Darstellung der Drücke und der Distanzen einer

kontinuierlichen hydraulischen Presse in einem Bild unterstützen den Operator

bei der Fehlererkennung, da er nicht mehr zwischen getrennten Darstellungen

in zwei Bildern die Informationen „im Kopf“ integrieren muss. Fehler werden

jedoch erst besser erkannt, wenn der Operator die 3D-Bilder drehen, zoomen oder

ähnliches kann. Warum das so ist? Dies sind Fragen der Raumkognition, die wir

nur gemeinsam mit Psychologen beantworten können.

Die mobile Welt zeigt uns bereits täglich die permanente Informationsverfügbarkeit

und die sich damit ändernden Verhaltensweisen der Menschen. „Context

awareness“ bedeutet in der mobilen Welt, dass dem Nutzer nur diejenigen Informationen

angeboten werden, die für seine gerade durchzuführende Aufgabe

(Context) wichtig sind. Wir bezeichnen dies als adaptives System. Die Basis für

adaptive und adaptierbare Assistenzsysteme ist durch höhere Rechenleistung

und intelligentere Algorithmen, etwa Agenten, gelegt.

Die Herausforderung für die Automatisierungstechnik ist groß: Wie können in

Zukunft Mensch und Rechner optimal zusammenarbeiten? Wann soll der Rechner

unterstützen, wann nicht? Automatisierungssysteme sollen adaptiv sein, sich

selbständig anpassen, aber für den Menschen nachvollziehbar, nützlich und

durch den Menschen adaptierbar sein (Sheridan), beispielsweise auf seine Vorkenntnisse

und Fähigkeiten.

Um solche Systeme entwerfen zu können, benötigen wir unter anderem erweiterte

Menschmodelle und eine enge Kooperation mit Kollegen aus den Arbeitswissenschaften

und der Arbeitspsychologie. Diese Kooperation setzt die Erarbeitung

eines gemeinsamen Verständnisses voraus, um wirklich neue Ansätze

zu entwickeln, also im wahrsten Sinne des Wortes transdisziplinäre Ergebnisse

erbringen können.

PROF. DR.-ING. BIRGIT

VOGEL-HEUSER

Ordinaria, Lehrstuhlleitung

Lehrstuhl Automatisierung und

Informationssysteme

Technische Universität München

atp edition

9 / 2012

3


INHALT 9 / 2012

VERBAND

6 | ZVEI und VDMA fordern mehr Kontroll- und Durchgriffsrechte

zur Rettung des Euro

Frank Allgöwer neuer Vizepräsident der DFG

AALE: Jubiläumstagung 2013 in Stralsund

7 | Automatisierungstechnik assistiert dem Menschen

Ehrenplakette des VDI für Dr. Pirmin Netter

FORSCHUNG

10 | Uni Stuttgart und TU Delft rasen zum Sieg

Druck von nanoteiligen Funktionsmaterialien gelungen

12 | Nachwuchs-Ingenieurinnen steuern Roboter zum Erfolg

beim Regionalwettbewerb der First Lego League

BRANCHE

8 | Fachkongress stellt auf der „it-sa 2012“ fünf aktuelle Themen

zur Informationssicherheit vor

Beiträge zur Smart Systems Integration gesucht

Call for atp-Experts:

Apps und Smart Phones in der Automatisierungstechnik

9 | Eclass und Prolist schließen sich zusammen

Prozessleit-Messe findet in Bochum statt

16 | Erst zuverlässiger Datentransfer lässt das Erdöl in der

Sachalin-Pipeline sicher fließen

18 | So kann der Mobilfunk für die industrielle Automation

effizient genutzt werden

20 | Assistenzsystem hilft beim energiesparenden Einsatz

automatisierter Systeme

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atp edition

9 / 2012


INTERVIEW

22 | Anwenderinteressen brauchen ein globales Austauschforum

HAUPTBEITRÄGE

28 | Entwurfsassistenz in der Gebäudeautomation

J. PLÖNNIGS, U. RYSSEL, H. DIBOWSKI, M. LEHMANN UND K. KABITZSCH

36 | Systemkomplexität in der Automation beherrschen

J. JASPERNEITE UND O. NIGGEMANN

46 | Offenheitsmetrik für Engineering-Werkzeuge

A. FAY, R. DRATH UND M. BARTH

56 | Automatisierte Diagnose für die Inbetriebnahme

M. OBDENBUSCH, W. HERFS UND W. LOHSE

RUBRIKEN

3 | Editorial

66 | Impressum, Vorschau


VERBAND

ZVEI und VDMA fordern mehr Kontroll- und

Durchgriffsrechte zur Rettung des Euro

ZVEI und VDMA wollen den Euro erhalten, fordern

aber zugleich eine harte Haltung. Nur dann habe der

Euro Bestand, heißt es in einem gemeinsamen Papier der

beiden Verbände. Die Weiterentwicklung der Stabilitätskriterien

des Mastricht-Vertrags im Rahmen des Fiskalpakts

sei zu begrüßen, die Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten

müssten aber noch konkretisiert und

„gehärtet“ werden. So dürften auch kurzfristige Hilfen für

europäische Länder nur gegen Auflagen gewährt und der

Reformdruck müsse aufrecht erhalten werden. Langfristig

müssten Haftung und Kontrolle in Einklang gebracht werden.

Jedes Euro-Land müsse die Kriterien des Fiskalpakts

erfüllen. Länder, die Vereinbarungen auch auf mittlere

Sicht nicht einhalten könnten oder wollten aus dem gemeinsamen

Währungsraum zu entlassen, solle kein Tabu sein.

Eine direkte oder indirekte Finanzierung von Staatsschulden

der Krisenländer durch die Europäische Zentralbank

lehnen die Verbände grundsätzlich ab. Eine Vergemeinschaftung

von Haftungsrisiken könne nur im Rahmen einer

politischen Union mit einer entsprechenden Übertragung

von Budget- und Kontrollrechten auf der europäischen Ebene

geregelt werden. Wichtig sei es, Haushaltskonsolidierung

und Zukunftsinvestitionen in die industrielle Infrastruktur

zu integrieren und das Wirtschaftswachstum unter einen

Hut zu bringen.

gz

ZVEI - ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND

ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,

Lyoner Straße 9, 60528 Frankfurt am Main

Tel. +49 69 6302-0, www.zvei.org

Frank Allgöwer neuer Vizepräsident der DFG

Im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

DFG ist Prof. Frank Allgöwer, zum

Vizepräsidenten der DFG gewählt worden. Allgöwer ist

Direktor des Instituts für Systemtheorie und Regelungstechnik

der Universität Stuttgart. Der neu gewählte DFG-

Vizepräsident betont: „Die DFG spielt für die Ausgestaltung

des Wissenschaftsstandorts Deutschland, des europäischen

Forschungsraums sowie für die globale wissenschaftliche

Zusammenarbeit eine zentrale Rolle. Ich

möchte in dieses Gremium die Perspektive der Ingenieurwissenschaften

einbringen und werde mich für deren

Stärkung und Weiterentwicklung im Anwendungs- und

Grundlagenbereich einsetzen.“ Einen besonderen Akzent

möchte Allgöwer in den kommenden drei Jahren auf

die interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Forscherinnen

und Forschern sowie auf den

Dialog der Wissenschaft mit Wirtschaft

und Gesellschaft setzen. In der

VDI/VDE-Gesellschaft für Mess- und

Automatisierungstechnik leitet Prof.

Frank Allgöwer den Fachbereich 1

„Grundlagen und Methoden der Messund

Automatisierungstechnik“. gz

VDI/VDE – GESELLSCHAFT MESS- UND

AUTOMATISIERUNGSTECHNIK (GMA)

VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,

Tel. +49 (0) 211 621 40,

Internet: www.vdi.de

MIT PROF.

FRANK ALLGÖ-

WER übernahm

ein Automatisierer

die Vizepräsidentschaft

der DFG.

Bild: DFG

AALE: Jubiläumstagung 2013 in Stralsund

Mit ihrer Jubiläumskonferenz geht die AALE nach Stralsund.

Dort findet am 28. Februar und 1. März 2013 die

10. Konferenz für Angewandte Automatisierungstechnik

in Lehre und Forschung an Fachhochschulen (AALE) statt.

An der Fachhochschule Stralsund wird die Tagung vom

Fachbereich Elektrotechnik und Informatik organisiert

und durch den Verein der Freunde und Förderer der AALE

(VFAALE) unterstützt. Die Veranstaltung hat sich zu einem

bewährten Forum für Hochschulprofessoren und

Vertretern aus Wirtschaft und Industrie mit bis zu 170

Teilnehmern entwickelt. Sie dient neben der Kontaktanbahnung,

dem Erfahrungsaustausch über moderne Konzepte,

Entwicklungen und auch der Lehre in der Automatisierungstechnik.

In der begleitenden Ausstellung thematisieren

namhafte Firmen Trends in der Automatisierungstechnik,

Dienstleistungen und Applikationen mit neuen

Produkten, Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, Kooperationen

zwischen Hochschule und Industrie sowie

Lehre und Ausbildung, Didaktik und MINT-Projekte.

Abstracts zu Trends und Forschungsprojekten in der

Automatisierungstechnik, können bis zum 1. Oktober

diesen Jahres eingereicht werden. Informationen unter

www.aale2013.fh-stralsund.de

gz

VEREIN DER FREUNDE UND FÖRDERER DER

ANGEWANDTEN AUTOMATISIERUNGSTECHNIK AN

FACHHOCHSCHULEN (VFAALE E.V.),

c/o Fachhochschule Düsseldorf, Fachbereich Elektrotechnik,

Josef-Gockeln-Straße 9, D-40474 Düsseldorf,

Tel. +49 (0) 211 435 13 08, Internet: www.vfaale.de

6

atp edition

9 / 2012


Automatisierungstechnik assistiert dem Menschen

Von automatisierten Assistenzsystemen können immer

mehr älter werdende Menschen profitieren. Schlagwort:

Ambient Assistet Living (AAL). Zu diesem Thema

veranstaltet der VDE den 6. Deutschen AAL-Kongress zu

technischen Assistenzsystemen. Er findet am 22. und 23.

Januar 2013 im Berliner Congress Center statt.

Unter dem Motto „Lebensqualität im Wandel von Demografie

und Technik“ stehen technische Assistenzsysteme

im Mittelpunkt. Besonders ältere Menschen und Menschen

mit körperlichen Beeinträchtigungen soll die Technik unterstützen:

von der Arbeitswelt über die soziale Teilhabe

bis zur Mobilität. Der Kongress zeigt praktische Anwendungsbeispiele,

Konzeptstudien von morgen und technische

Lösungen von heute. Neben Plenarbeiträgen und

Vorträgen werden erstmals auch Workshops angeboten.

Der Kongress bietet Forschern und Entwicklern, Herstellern

und Anwendern sowie Vertretern aus Politik, Wirtschaft

und Verbänden eine Plattform zum Meinungs-, Informations-

und Wissensaustausch. Kooperationspartner

sind die Fraunhofer-Allianz Ambient Assisted Living (AAL),

das DFKI (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche

Intelligenz) und der Sozialverband VdK Deutschland.

Bis zum 15. September können Interessierte Abstracts und

Paper sowie Workshopbeiträge einreichen. Mehr Informationen

unter www.aal-kongress.de und www.vde.com. gz

HOHE ANFORDERUNGEN an die Automatisierungstechnik

müssen Systeme erfüllen, die hilfsbdürftige Menschen

unterstützen sollen. Bild: VDE

VDE – VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK

INFORMATIONSTECHNIK E.V.,

Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com

Ehrenplakette des VDI für Dr. Pirmin Netter

Für sein Engagement zur Anlagensicherheit in der Chemie

zeichnete die VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und

Automatisierungstechnik (GMA) auf der Automation

2012 in Baden-Baden Dr. rer. nat. Pirmin Netter mit der

VDI-Ehrenplakette aus. Netter befasste sich während seiner

Zeit bei der Hoechst AG und deren Nachfolgeorganisationen

mit den Themen Sicherheitsüberwachung, Arbeitsschutz

und Anlagensicherheit. Netter ist ehrenamtlich in

technisch-wissenschaftlichen Organisationen tätig und

gestaltet die nationale und internationale Regelsetzung

mit. In der GMA wirkt er an der Aktualisierung und internationalen

Abstimmung der Richtlinienreihe VDI/VDE

2180 „Sicherung von Anlagen der Verfahrenstechnik mit

Mitteln der Prozessleittechnik“ mit.

gz

VDI – VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE E.V.,

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,

Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de

Durchflussmessung

auf engstem

Raum?

Der neue CoriolisMaster von ABB ist einer

der kompaktesten Coriolis Masse-Durchflussmesser.

Er benötigt keine Ein- und

Auslaufstrecken. Darum eignet er sich auch

für Installationen mit wenig Platz. Erfahren

Sie, warum der CoriolisMaster die bessere

Alternative ist: www.abb.de/durchfluss

Natürlich.

ABB Automation Products GmbH

Tel.: 0800 111 44 11

Fax: 0800 111 44 22

E-Mail: vertrieb.messtechnik-produkte@de.abb.com

atp edition

9 / 2012

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BRANCHE

DIE „IT-SA 2012“,

Spezialmesse für

IT-Security, findet

vom 16. bis 18.

Oktober 2012 in

Nürnberg statt.

Bild: NuernbergMesse/

Thomas Geiger

Fachkongress stellt auf der „it-sa 2012“ fünf

aktuelle Themen zur Informationssicherheit vor

Vom 16. bis 18. Oktober findet in Nürnberg die Messe

„it-sa 2012“ statt. Der dazugehörige Kongress „Industrielle

IT-Sicherheit“ bietet Vorträge zu fünf aktuellen

Informationssicherheits-Themen an. Das bayerische

IT-Sicherheitscluster – Arbeitsgruppe „Industrial IT Se-

curity“ richtet den Expertentreff unter dem Motto

„Industri elle IT-Sicherheit – Neue Angriffsziele, alte

Konzepte?“ aus.

Prof. Dr. Gordon T. Rohrmair, Vizepräsident für Forschung

und Wissenstransfer der Hochschule Augsburg,

referiert beispielsweise über das Thema „Spannungsfeld

IT-Sicherheit in Produktions-, Fertigungs- und Infrastruktureinrichtungen“.

Gefolgt wird er von dem Beitrag

„Security for Safety in der Industrieautomation“ von

Dr. Thomas Störtkuhl, Produktmanager Industrial IT

Security TÜV Süd AG. Weitere Themen sind die Anforderungen

der IT-Unternehmen im Bereich Industrial

IT-Security. Die Vortragsreihe runden Lösungsansätze

für Sicherheit in Fertigungsanlagen mit entsprechenden

Produktvorstellungen ab.

ahü

NÜRNBERG MESSE GMBH, MESSE SERVICE,

Messezentrum, D-90471 Nürnberg,

Tel. +49 (0) 911 86 06 80 00, Internet: www.it-sa.de

Beiträge zur Smart Systems Integration gesucht

Anlässlich der Veranstaltung Smart Systems Integration

(13. bis 14. März 2013) in Amsterdam werden

noch Beiträge gesucht. Die Frist für Einreichungen zu

Themen wie smart Systems for Automotive Applications/

green Car and Aeronautics, smart Medtech Systems and

Systems for Prognostics Health Management, smart Systems

in Logistics and Security Applications, smart Power,

smart Grids and smart Networks oder Cyber Physical

Systems, smart Communication, self-sufficient Sensor

Networks und manufacturing Technologies for smart

integrated System ist der 30. September 2012. Die Einreichung

der Beiträge ist sowohl auf deutsch als auch auf

englisch möglich.

ahü

MESAGO MESSE FRANKFURT GMBH,

Rotebuehlstraße 83-85, D-70178 Stuttgart,

Tel. +49 (0) 711 61 94 60,

Internet: www.smartsystemsintegration.com

Apps und Smart Phones in der Automatisierungstechnik

DIE AUSGABE 3/2013 DER ATP EDITION

diskutiert das Potenzial von Apps, den

kleinen hochspezialisierten Anwendungen,

die wesentlich zum Erfolg von

Smart Phone und Tablet PC beigetragen

haben, für die Gestaltung der Mensch-

Maschine-Nahtstellen in den herausfordernden

Umgebungen der Automatisierungstechnik

in Gebäude-, Fertigungsund

Prozessindustrie. Welche besonderen

Anpassungen sind für die industrielle

Nutzung notwendig oder sinnvoll? Wie

ändern sich Arbeitsabläufe, Verantwortlichkeiten

und Zuständigkeiten? Welche

Erfahrungen lassen sich aus ersten Einführungsprojekten

ableiten?

Wir bitten Sie, bis zum 1. Oktober 2012 zu

diesem Themenschwerpunkt einen gemäß

der Autorenrichtlinien der atp edition

ausgearbeiteten Hauptbeitrag per E-Mail

an urbas@oiv.de einzureichen.

Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation

für Fach- und Führungskräfte

der Automatisierungsbranche. In

den Hauptbeiträgen werden die Themen

mit hohem wissenschaftlichem und technischem

Anspruch vergleichsweise abstrakt

dargestellt. Im Journalteil schlägt

atp edition die Brücke zur Praxis. Hier

werden Erfahrungen von Anwendern mit

neuen Technologien, Prozessen oder Produkten

beschrieben.

Alle Beiträge werden von einem Fachgremium

begutachtet. Sollten Sie sich selbst

aktiv an dem Begutachtungsprozess beteiligen

wollen, bitten wir um kurze Rückmeldung.

Für weitere Rückfragen stehen

wir Ihnen selbstverständlich gerne zur

Verfügung.

Ihre Redaktion der atp edition:

Leon Urbas, Anne Hütter

CALL FOR

Aufruf zur Beitragseinreichung

Thema: Apps und Smart Phones in der

Automatisierungstechnik

Kontakt: urbas@oiv.de

Termin: 1. Oktober 2012

8

atp edition

9 / 2012


Eclass und Prolist

schließen sich zusammen

Die beiden Kommunikationsstandards Eclass und Prolist

haben ihren Zusammenschluss perfekt gemacht.

Mit dem Ziel Prolist datentechnisch und organisatorisch

in Eclass zu integrieren, unterzeichneten beide Vereine

Mitte Juli den gemeinsamen Vertrag.

Die vorhandenen Technologien sollen nun unter dem

Dach des Eclass-Verbands weiterentwickelt werden.

Die Verschmelzung soll bis Ende 2012 abgeschlossen

sein. Prolist selbst soll dann ebenfalls unter dem Label

Eclass am Markt agieren. Mit dem

Eclass-Release 8.0 im November

2012 soll die Datenintegration abgeschlossen

sein. Nach Angaben der

Verbände werden die fachlichen

Arbeiten zur Prozessleit- und Automatisierungstechnik

bei Eclass

durch eine neu eingerichtete Fachgruppe

Prozessleittechnik/Prolist

koordiniert.

Die Veröffentlichung der Prozessleittechnik-spezifischen

Klassifizierungs-

und Merkmalsstrukturen

erfolgt integriert im Eclass-

Standard.

ahü

DR. GUNTHER

KEGEL

Vorsitzender von

Prolist International.

GESCHÄFTSSTELLE PROLIST INTERNATIONAL E.V.

C/O BAYER TECHNOLOGY SERVICES GMBH,

OSS-LIA, Gebäude K 9, D-51368 Leverkusen,

Tel. +49 (0) 214 305 78 52,

Internet: www.prolist.org

Prozessleit-Messe findet

in Bochum statt

Die MSR-Spezialmesse für Prozessleitsysteme, Mess-,

Regel- und Steuerungstechnik findet am 7. November

2012 im RuhrCongress in Bochum statt. Die Veranstalter

erwarten 145 Fachfirmen der Mess-, Steuer-, Regel- und

Automatisierungstechnik. Es werden Geräte, Systeme,

Engineering- und Service-Leistungen sowie neue Trends

im Bereich der Automatsisierung vorgestellt. Die Messe

wendet sich an Fachleute und Entscheidungsträger, die

in ihren Unternehmen für die Optimierung der Geschäfts-

und Produktionsprozesse entlang der gesamten

Wertschöpfungskette verantwortlich sind. Der Besuch

der Messe und die Teilnahme an den Workshops sind für

Teilnehmer kostenlos.

ahü

MEORGA GMBH,

Sportplatzstraße 27, D-66089 Nalbach,

Tel. +49 (0) 6838 896 00 35

Internet: www.meorga.de

Analog Input

±10 V, 0 / 4…20 mA 4-Kanal, Differenzeingänge, 16 Bit

Widerstandssensor

Thermoelement

4-Kanal, single-ended, 16 Bit

Analog Output

±10 V, 0 / 4…20 mA 4-Kanal, 16 Bit

Sonderfunktionen

Winkel-/Wegmessung

Kommunikation

Motion

4-Kanal, PT100, PT1000, Ni100 etc., 16 Bit

4-Kanal, Typ J, K, L , M etc., 16 Bit

4-Kanal, 2 Inputs, 2 Outputs, 16 Bit

Inkremental-Encoder

Serielle Schnittstelle

IO-Link-Master

Schrittmotormodul

DC-Motor-Endstufe

M12

M12

D-Sub M12

atp edition

6 / 2012

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FORSCHUNG

Uni Stuttgart und TU Delft rasen zum Sieg

Bei der Formula Student vom 31. Juli bis 6. August

2012 setzten sich die Universität Stuttgart und die

TU Delft durch. Die Mannschaft der Universität Stuttgart

verwies in der Formula Student Combustion (FSC),

dem traditionellen Wettbewerb mit Verbrennungs-

EIN JAHR LANG konstruierten Studenten Rennwagen

für den Wettbewerb Formula Student Germany.

Bild: FSG/Kroeger

motoren, die Teams der TU München und der Chalmers

University of Technology aus Schweden auf den zweiten

und dritten Platz. In der Klasse der Elektrofahrzeuge,

Formula Student Electric (FSE), siegte das niederländische

Team der TU Delft. Zweiter wurde die ETH

Zürich vor der Universität Stuttgart auf Rang drei. Bei

der Formula Student ist ein studentisches Team aufgefordert,

einen einsitzigen Rennwagen zu konstruieren.

Dafür haben die Studenten ein Jahr lang Zeit. Zum

Wettbewerb müssen die Nachwuchstüftler dann ihr

Können in Disziplinen wie Beschleunigung, Ausdauer,

Treibstoff-/Energieeffizienz, Design und Finanzplanung

unter Beweis stellen. In diesem Jahr nahmen

108 Teams aus 25 Nationen am internationalen Konstruktionswett

bewerb für Studenten teil. Insgesamt

76 Teams gingen bei der FSG an den Start. Der Konstruktionswettbewerb

„Formula Student“ begann 1981

in den USA. Mittler weile messen sich Studierende jährlich

weltweit bei ähnlichen Wettbewerben. ahü

UNIVERSITÄT STUTTGART,

Keplerstraße 7, D-70174 Stuttgart,

Tel. +49 (0) 711 68 58 22 11, Internet: www.uni-stuttgart.de

Druck von nanoteiligen Funktionsmaterialien gelungen

IM REINRAUM DES SPITZENCLUSTERS arbeiten

Forscher an den zukünftigen Anwendungen der gedruckten

Elektronik. Bild: Heidelberger Druckmaschinen AG

Der BASF, der TU Darmstadt und der Heidelberger

Druckmaschinen AG ist es gelungen, auf einer Rollendruckmaschine

erste funktionsfähige Bauelemente unter

Laborbedingungen herzustellen. Dieses Ergebnis wurde

im Rahmen des Projektes „Nanostrukturierung und Plastik-Elektronik

Printplattform“ (NanoPEP) erzielt. Bereits

seit Sommer 2009 arbeiten die Forscher an nanoteiligen

Funktionsmaterialien und den zugehörigen neuartigen

Druckverfahren, mit denen diese verarbeitet werden

können. Die Druckmaschine spielt dabei eine besondere

Rolle. Sie dient als Plattform für modifizierte oder völlig

neu entwickelte Druck- oder Beschichtungswerke und

somit als Integrator für die neuen Verfahren. Die Anforderungen

sind hoch: Bei Schichtdicken im Bereich weniger

Nanometer müssen die gedruckten Schichten extrem

homogen und defektfrei sein. In der ersten Projektphase

wurden bereits wichtige Fortschritte im Bereich

der Drucktechnik erzielt: Grundlage dafür bildete die

Inbetriebnahme einer Rollendruckmaschine auf Basis

einer Gallus RCS 330.

Die daraus entstehenden Anwendungen der organischen

Elektronik basieren auf leitfähigen Polymeren oder

auch kleineren Molekülen der organischen Chemie. Ihre

Einsatzgebiete reichen von organischen Schaltungen und

Speichern über die Photovoltaik bis hin zu organischen

Leuchtdioden. Parallel dazu untersuchen die BASF-Forscher

druckbare Suspensionen für die organische Elektronik,

die bei niedrigen Temperaturen verarbeitet werden

können. Dies stellt eine weitere große Herausforderung

an die Materialentwicklung dar, da die Komponenten

und deren Zusammenwirken auf diese Bedingungen

beim Druck komplett neu eingestellt werden müssen. Mit

diesen Materialien soll die Herstellung von Bauteilen auf

preiswerten flexiblen Polymerfolien mit dem Roll-to-roll-

Druckverfahren möglich werden.

ahü

TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT,

Karolinenplatz 5, D-64289 Darmstadt,

Tel. +49 (0) 6151 160, Internet: www.tu-darmstadt.de

10

atp edition

9 / 2012


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atp edition

9 / 2012

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FORSCHUNG

Nachwuchs-Ingenieurinnen steuern Roboter zum

Erfolg beim Regionalwettbewerb der First Lego League

Initiative an der Hochschule Regensburg begeistert Schülerinnen für Roboterprogrammierung

Besprechung: Roboteraufbau für das Spielfeld 2011 der

First Lego League (FFL).

GROSSE FREUDE: Das Team „TechnoMädels“ wird

Gesamtsieger des FLL-Regionalwettbewerbes 2011 an der

Hochschule Regensburg. Bilder: Rösel

Sophia und Lina setzen den aus Legosteinen konstruierten

Roboter in die Base und starten das

Steuerungsprogramm „Mähdrescher“. Der Roboter, der

den Namen Primus trägt, fährt entlang der Spielfeldbande

bis der Lichtsensor die schwarze Linie erkennt

und folgt ihr bis zum Mähdrescher. Die Vorwärtsbewegung

des Roboters bringt „die Ernte ein“, das

heißt, die Körner in Form von Legosteinen, die sich auf

dem Mähdrescher befinden, werden in den Roboter

entleert. Anschließend stößt der Roboter zurück und

bewegt den Hebel eines anderen Objekts auf dem Spielfeld,

ein Virenbecken, dessen Beladung „desinfiziert“

werden soll. Auch hier müssen Legosteine, die nun

Viren darstellen, vom Roboter aufgefangen werden.

Nun fährt Primus zurück in die Base. Die Mission

ist erfolgreich abgeschlossen. Das Team „TechnoMädels“,

zu dem Sophia und Lina gehören, erhält

21 Punkte. Lina baut den Roboter für die Mission um

und Sophia startet das entsprechende Programm.

Primus soll in den verbleibenden zwei Minuten noch

viele weitere Punkte einsammeln.

TECHNISCHES SCHULWISSEN IN DER PRAXIS

ANWENDEN

Die beiden Mädchen im Alter von zwölf Jahren gehören

zum Team „TechnoMädels“, das 2011 erfolgreich am

First-Lego-League-(FLL)-Regionalwettbewerb an der

Hochschule Regensburg teilgenommen hat. Dieses

Team geht auf eine Initiative von Prof. Dr. Birgit Rösel

und Dipl.-Wirt.-Inf. (FH) Ulrike Stumvoll zurück. Dem

vorausgegangen ist die Erkenntnis, dass Jugendliche

das in der Schule vermittelte technische Wissen in der

Praxis nur schwer anwenden können. Die FLL bietet

die Möglichkeit, ingenieurmäßiges Arbeiten in einer

spielerischen aber dennoch realitätsnahen Projektumgebung

zu erfahren. Dies bewegte die Autorinnen dazu,

ein entsprechendes Team zu gründen und an dem Wettbewerb

teilzunehmen.

Die Idee zum reinen Mädchenteam entstand spontan.

Die ersten Teammitglieder waren im persönlichen

Freundeskreis schnell gefunden. Die Ergänzung des

Teams auf mindestens fünf Teilnehmerinnen gestaltete

sich allerdings schwierig. Viele Mädchen waren, trotz

persönlicher Kontakte zu den bereits gewonnenen

Teammitgliedern, von der Idee, sich in der Freizeit mit

dem Bau und der Programmierung eines Roboters zu

beschäftigen, abgeschreckt. Letztlich bildete sich ein

Team mit Mädchen aus verschiedenen Schulen des

Regensburger Stadtgebiets.

Obwohl sich die Jugendlichen kaum kannten, begannen

sie sofort mit der Vorbereitung auf den Wettbewerb.

Der erste Kontakt mit Lego-Mindstorm-Robotern

weckte schnell Interesse und Begeisterung für die

First Lego League.

MIT LEGO INTERESSE AN TECHNIK WECKEN

Die FLL ist ein Roboterwettbewerb für Kinder und Jugendliche

zwischen 10 und 16 Jahren und wird vom

Verein „Hands on Technology e.V.“ durchgeführt. Das

gemeinsame Ziel des Vereins, mit Vertreterinnen und

Vertretern aus Bildung, Medien, Wissenschaft und Wirtschaft

ist es, Kinder und Jugendliche für Wissenschaft

und Technik zu begeistern. Die Hochschule Regensburg

ist seit 2011 Regionalpartner im Rahmen der FLL.

Die Teams bauen und programmieren für den Wettbewerb

einen autonomen Roboter, der auf einem vor-

12

atp edition

9 / 2012


gegebenen Spielfeld Missionen, passend zum jeweiligen

Thema, lösen soll. Im vergangenen Jahr lautete das Thema

„Food Factor – sichere Lebensmittel“. Mit diesem

Roboter muss das eingangs beschriebene Robot-Game

bestritten werden. Außerdem müssen die Teams im

Rahmen des Wettbewerbs in der Kategorie Robotdesign

den Aufbau und die Funktion des Roboters einer unabhängigen

Jury erklären.

Das Design des Roboters können die Schüler weitgehend

selbst gestalten, wobei ausschließlich Lego-Teile

verwendet werden dürfen. Der Kern des Roboters ist bei

allen Teams ein Lego-NXT-Baustein an den maximal

drei Motoren und bis zu vier Sensoren angeschlossen

werden können. Mögliche Sensoren, die die Teams verwenden

dürfen sind: Ultraschall-, Berührungs-, Lichtund

Farbsensor. Zusätzlich sind Regeln in Hinblick auf

die Größe des Roboters einzuhalten. Mit Hilfe einer

kindgerechten Lego-Software können die Jugendlichen

die Bewegungen und Sensoren beeinflussen, indem sie

einen entsprechenden Ablauf programmieren und auf

den Roboter überspielen.

MIT SELBST PROGRAMMIERTEM ROBOTER AUFGABEN

LÖSEN

Ein Highlight für die „TechnoMädels“ war der gemeinsame

Aufbau des Spielfelds Ende August. Das Spielfeld

ist für jedes Team gleich und wird zu einem bestimmten

Stichtag als Bausatz mit mehreren hundert Legosteinen

und einer Bauanleitung an die Teams versendet.

Durch den fünfstündigen Aufbau und das

abschließende, gemeinsame Pizzaessen entstand ein

Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mädchen.

Zudem wurde von den „TechnoMädels“ das Ziel formuliert,

unter die drei Besten des Regionalwettbewerbs

an der Hochschule Regensburg zu kommen. Um dieses

Ziel zu erreichen, trafen sich die Teilnehmerinnen wöchentlich

in ihrer Freizeit als ganzes Team und in kleinen

Projektgruppen am Wochenende. Dabei stand für

die Coaches die Anleitung und nicht die Problemlösung

im Vordergrund. Die Schülerinnen arbeiteten

weitgehend selbstständig am Aufbau des Roboters, den

Anbauten zur Erfüllung der einzelnen Aufgaben, sowie

der Programmierung.

Zusätzlich hatte das Team für die Kategorie Forschungspräsentation

des Wettbewerbs eine Problematik

in der Lebensmittelkette zu identifizieren und eine

innovative Lösung, basierend auf dem Stand der Technik,

zu erarbeiten.

Mit gemischten Gefühlen kamen die „TechnoMädels“

acht Wochen nach Ausschreibung der Aufgaben zum

Wettbewerb an die Hochschule Regensburg. Dies lag

einerseits daran, dass eine Unsicherheit bezüglich der

Leistungen der anderen Teams herrschte, anderseits

war unklar, wie der Wettbewerb im Detail abläuft und

welche Erwartungen die Juroren in den einzelnen

Kategorien haben werden.

Programm

SIL

Sprechstunde

Moderation: Jürgen George,

Pepperl+Fuchs GmbH

4. SIL-Sprechstunde

Funktionale Sicherheit

18. + 19.9.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

www.sil-sprechstunde.de

Wann und Wo?

PLT-Schutz-

einrichtung

Prinzip der SIL-Bewertung

Parameter der SIL-Bewertung

Vermeidung systematischer Fehler

Bewertung zufälliger Fehler

Gerätequalifikation aufgrund „früherer Verwendung“

Referenten

Dirk Hablawetz, BASF SE

Dr. Andreas Hildebrandt, Gerhard Jung, Pepperl+Fuchs GmbH

Udo Hug, BImSchG § 29a Sachverständiger

Dr. Thomas Karte, Samson AG

Dr. Gerold Klotz-Engmann, Endress+Hauser Messtechnik GmbH + Co. KG

Josef Kuboth, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW

Bernd Schroers, Bayer Technology Services

Heiko Schween, HIMA Paul Hildebrandt GmbH + Co KG

Johann Ströbl, TÜV Süd Industrie Service GmbH

Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.sil-sprechstunde.de

Termin

Dienstag, 18.09.2012

Veranstaltung (11:30 – 16:30 Uhr)

„Get-Together“ mit Abendessen (ab 17:30 Uhr)

Mittwoch, 19.09.2012

Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)

Ort

Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

Thema

SIL – Qualifizierung von PLT-Schutzeinrichtungen

Teilnahmegebühr

atp edition-Abonnenten 540 € zzgl. MwSt

Firmenempfehlung 590 € zzgl. MwSt

reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt

Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen

sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,

„Get-Together“ mit Abendessen).

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FORSCHUNG

Zu Beginn mussten die „TechnoMädels“ eine Teamaufgabe

lösen, ihren Roboter im Rahmen der Kategorie

Roboterdesign vorstellen und die Forschungsarbeit

präsen tieren. Dabei wurden die Ergebnisse dieser drei

Wettbewerbsteile streng geheim gehalten. Vor dem eigentlichen

Robot-Game war somit immer noch unklar,

wie die Ausgangssituation ist. In den drei Runden des

Robot-Games galt es, insbesondere für die zwei Mädchen

am Spielfeldtisch, die Nerven zu bewahren und

mit dem selbst gebauten Roboter möglichst viele Punkte

innerhalb von 2:30 Minuten zu erzielen. Im Rahmen

der spannenden Siegerehrung waren die „TechnoMädels“

überwältigt davon, dass sie den ersten Platz in

der Kategorie Team und auch in der Kategorie Forschungspräsentation

erzielt hatten.

SIEG SPORNT ZU MEHR ENGAGEMENT AN

Die Begeisterung der Mädchen kannte keine Grenzen als

sie erfuhren, dass sie auch Gesamtsieger des Regionalwettbewerbs

waren. Michael Staab, Vertreter des

Hauptsponsors Continental Regensburg und dort als Personalleiter

tätig, freute sich besonders über die Tatsache,

dass die FFL die Mädchen anspricht: „Ein toller Erfolg

und der beste Beweis, dass Lego und Technik nicht nur

für Jungen interessant sind. Wir werden das Thema weiter

und forciert unterstützen." Das Team wird auch von

weiteren Firmen und der Frauenbeauftragten der Hochschule

Regensburg finanziell und beispielsweise durch

die Bereitstellung von Räumen und Material für den

Spieltisch unterstützt.

Ihr Sieg qualifizierte die „TechnoMädels“ für das

FLL-Semifinale in München. Dort mussten sie sich

aber gegen Teams mit langjähriger Erfahrung in der

First Lego League geschlagen geben. Dennoch ist die

Motivation der Schülerinnen für die nächste Saison

ungebrochen.

Die Mädchen beschäftigten sich direkt im Anschluss

an die Wettbewerbssaison mit den Grundlagen des

Roboterbaus und dessen Programmierung, um für

die FLL-Saison 2012, die unter dem Motto „Senior

Solutions“ steht, gut ausgerüstet zu sein. Im Robot-

Game in der Saison 2011 hatte sich gezeigt, dass der

Roboter Primus nicht zuverlässig genug arbeitete.

Daher kam der Wunsch auf, präzise und wiederholbar

eine bestimmte Strecke zu fahren und die Programmierung

professionell zu gestalten. Mit Hilfe von Pair-

Teaching-Methoden haben die Coaches die Mädchen

beim Aufbau von fachspezifischem Wissen in den

Bereichen Mathematik, Getriebetechnik und Software

Engineering unterstützt. Das ursprüngliche Ziel der

Coaches war erreicht: Interesse für Theorie bei Schülerinnen

zu wecken und das Wissen in der Praxis

gewinnbringend einzusetzen.

ZUSAMMENFASSUNG

Durch die First Lego League werden Kinder und Jugendliche

in einer sportlichen Atmosphäre an die Bereiche

Mathematik/Informatik/Naturwissenschaften/Technik

(MINT) herangeführt. Das Besondere an der FFL ist, dass

neben technischen Facetten auch die heute so wichtigen

zusätzlichen „Soft Skills“ wie Teamwork, Projektmanagement,

Präsentation und Marketing von den Teams

geübt und auch abverlangt werden. Sowohl für die

Hochschule Regensburg als auch für Continental,

Hauptsponsor des FLL-Regionalwettbewerbes 2012 in

Regensburg, ist die First Lego League ein wichtiger Baustein

im Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des drohenden

Fachkräftemangels. MINT-Absolventen werden in

Zukunft besonders gefragt sein: Wirtschaftlicher Strukturwandel

und demografischer Wandel sind dafür die

wesentlichen Gründe.

Die Sicherung des MINT-Fachkräftenachwuchses

fängt nicht erst in der Hochschule an, sie beginnt spätestens

in der Schule. Hier wird Interesse für Naturwissenschaften

und Technik geweckt. Die Hochschule Regensburg

mit ihrem Projektbüro „Junge Hochschule“

verfügt über ein breites Angebot an MINT-Aktivitäten

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften & Technik)

für Kinder- und Jugendliche. Dadurch wird ein

nachhaltiger Bogen im Prozess des lebenslangen Lernens

gespannt. Beginnend mit dem Vorschulangebot „LITT-

LEtech – Technik in der Frühpädagogik“, mit dessen

Erweiterung auf die Grundschule, bis hin zu den

„P-Seminaren für die gymnasiale Oberstufe“, dem

„Schnupperstudium“ und weiteren Angeboten, ist somit

jede Alterskategorie abgebildet.

AUTOREN

Dipl.-Wirt.-Inf. (FH) ULRIKE STUMVOLL arbeitet

als Process Consultant bei der Continental

Automotive GmbH. Weiterhin promoviert Sie

am IHI Zittau und ist Lehrbeauftragte an der

Hochschule Regensburg.

Continental Automotive GmbH,

Siemensstraße 12, D-93055 Regensburg,

Tel. +49 (0) 941 970 54 11,

E-Mail: ulrike.stumvoll@continental-corporation.com

Prof. Dr.-Ing. BIRGIT RÖSEL seit 1. September 2012

Professorin für Regelungstechnik an der

Hochschule Regensburg. Davor arbeitete sie bei

der Continental Automotive GmbH als Systemingenieur

in verschiedenen Projekten.

Hochschule Regensburg,

Fakultät Elektro- und Informationstechnik

Seybothstraße 12, D-93053 Regensburg,

Tel. +49 (0) 941 943 98 71,

E-Mail: birgit.roesel@hs-regensburg.de

Dipl.-Päd. Univ. ARMIN GARDEIA ist Projektreferent

der Hochschule Regensburg.

Hochschule Regensburg,

Fakultät Elektro- und Informationstechnik

Galgenbergstraße 30, D-93053 Regensburg,

Tel. +49 (0) 941 943 11 38,

E-Mail: armin.gardeia@hs-regensburg.de

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BRANCHE

Erst zuverlässiger Datentransfer lässt das Erdöl

in der Sachalin-Pipeline sicher fließen

1600 Kilometer lange Leitung wird mit Netzwerk-Backbone von Moxa überwacht

ÜBER 1600 KILOMETER Kilometer transportiert die Trans-Sachalin-

Pipeline Öl aus dem Piltun-Astokhskoye-Feld in den asiatisch-pazifischen

Raum. Bilder: Moxa

DIE STRUKTUR DES SYSTEMS: Moxa konstruierte ein

Gigabit-Ethernet-Netzwerk mit über 1000 Switches und

integrierte es in den SDH-Backbone.

Die 1600 Kilometer lange Trans-Sachalin-Ölpipeline

versorgt von der russischen Halbinsel Sachalin aus

den asiatisch-pazifischen Raum mit Öl. Zum zuverlässigen

Funktionieren dieser für die Abnehmer lebenswichtigen

Versorgungsader trägt ein Netzwerk-Backbone mit

mehr als tausend Switches von Moxa wesentlich bei.

Die Prozesse innerhalb des Sachalin-II-Projektes, von

dem ganze Wirtschaftszweige abhängig sind, werden aus

einer Leitstelle in Prigorodnoye heraus permanent überwacht.

Damit die Experten in diesem OET (Oil Export

Terminal) stets alle erforderlichen Informationen bekommen,

muss die zuverlässige Datenübertragung über die

gesamte Strecke hinweg sichergestellt werden.

LANGSTRECKENÜBERTRAGUNG PER LICHTLEITER

Übermittelt werden beispielsweise Geräte-Statusdaten

wie aktuelle Leistung der Lüftung oder zur Funktionsfähigkeit

der Feuermelder. Zudem werden Messwerte

von Sensoren ausgelesen und an die Leitstelle gesendet,

so etwa die Temperatur in der Pipeline, damit die Klimaanlage

entsprechend geregelt werden kann. Umgekehrt

gehen Befehlsdaten aus der Leitstelle an die einzelnen

Geräte zurück, um beispielsweise die Klimaanlage

zu regeln.

Die Grundvoraussetzung für die effiziente Überwachung

und Steuerung aller Systeme und Geräte in einer

Ölpipeline ist daher die Netzwerkstruktur, über die Daten

übermittelt werden. Damit sie sicher durch mehrere

Länder fließen können, musste der Betreiber zunächst

über die gesamten 1600 Kilometer hinweg einen Glasfaser-Backbone

installieren, der mithilfe von SDH-Multiplexern

Standard-E1-Datenströme (Bitrate E1 = 2 Mbit/s)

übermittelt. Die Lichtleitertechnik eignet sich optimal

für die Langstrecken-Datenübertragung.

Die Übertragungsgeschwindigkeiten von Glasfaserleitungen

sind von der Art der Kabel beziehungsweise Fasern

abhängig. In Multimodefasern können sich mehrere

tausend Moden ausbreiten, in Singlemodefasern, die

einen sehr kleinen Kerndurchmesser haben, kann sich

nur die sogenannte Grundmode ausbreiten. Die Anzahl

der auftretenden Moden beeinflusst die Signalübertragung,

da jede Mode einen unterschiedlich langen Lichtweg

nimmt. Deshalb zeigen Multimodefasern mit zunehmender

Länge eine stärkere Signalverfälschung als Singlemodefasern,

die somit zur Signalübertragung über

weite Strecken besser geeignet sind.

HOHE BANDBREITE UND DATENFLUSS IN ECHTZEIT

Im zweiten Schritt mussten alle Geräte und Systeme innerhalb

der Pipeline, wie Lüftung, Klimaanlage und

Feueralarmsystem an den Backbone angeschlossen werden.

Die Daten dieser Geräte mussten immer zeitaktuell

und akkurat übertragen werden. Dazu konstruierte Moxa

ein Gigabit-Ethernet-Netzwerk mit über 1000 Switches,

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RING COUPLING: Anstelle eines großen redundanten

Rings werden die Netzwerkbereiche in verschiedene

kleinere Ringe aufgeteilt, und zwar so, dass jeder der

kleinen Ringe mit dem anderen kommunizieren kann.

und integrierte es in den SDH-Backbone. Moxas Gigabit

Ethernet Switch EDS-510A bietet bis zu drei Gigabit

Ethernet Ports und eignet sich deshalb optimal zur Konstruktion

eines Gigabit-Ethernet-Netzwerks mit großer

Bandbreite für die Echtzeit-Datenübertragung.

Darüber hinaus unterstützen die Switches die Datenübertragung

über Lichtwellenleiter bis zu einer Streckenlänge

von 80 Kilometer. Dadurch reduziert sich

die Zahl der erforderlichen Geräte und die Kosten sinken.

Dank ihres großen Betriebstemperaturbereichs

von – 40 bis 75 ˚C arbeiten die Switches reibungslos und

zuverlässig auch unter den rauen russischen Umgebungsbedingungen.

RING COUPLING ALS SICHERSTE LÖSUNG

Um jederzeit ununterbrochene Netzwerkverfügbarkeit

zu garantieren, wurden die Switches in einer Turbo-

Ring-Topologie installiert. Diese redundante Topologie

sorgt bei Ausfall eines Switches für minimale Wiederherstellungszeiten

unter 20 ms. Mit fortschrittlichen

Management-Funktionen, einschließlich IEEE 1588 PTP

(Precision Time Protocol, nanosekundengenauer Zeitstempel),

PTP, IGMP Snooping und GMRP sorgen die

Switches für die sichere und zeitgerechte Steuerung der

Datenübertragung.

Zum Einsatz kommt bei der Trans-Sachalin-Pipeline

die Ring-Coupling-Topologie. Denn sofern sich, wie im

Fall der Ölpipeline, viele Geräte innerhalb eines Systems

an entfernt gelegenen Orten befinden, ist es nicht sonderlich

vorteilhaft, sie alle mit einem großen redundanten

Ring zu verbinden. Stattdessen wurden die verteilten

Geräte per Ring-Coupling in viele verschiedene, kleinere

Ringe zusammengefasst, die miteinander kommunizieren

können. Für die große Distanz von 1600 Kilometer

ist dies die sicherste Lösung. Außerdem benötigt diese

Topologie keine Steuerleitung, was die Kosten reduziert.

An jedem Netzwerk-Knotenpunkt wurde zusätzlich zu

den Switches ein Active Ethernet I/O Controller für die

Kommunikation zwischen Sensoren und Ethernet-Netzwerk

installiert. Moxas ioLogik E2210 sorgt für die präzise

Echtzeit-Information über Ereignisse mit Zeitstempel

und überträgt den Status von E/A-Geräten für die

Verwaltung von Echtzeit-Alarmen, sodass die Leitstelle

bei unerwarteten Vorfällen sofort handeln kann. Mit 12

digitalen Eingängen und 8 digitalen Ausgängen ist die

Anbindung aller Geräte und Systeme innerhalb der Pipeline

sichergestellt. Der Controller sendet aktiv Datenberichte

mit Echtzeitstempel per SMS, SNMP Trap mit

E/A-Status, TCP oder Email. Dabei unterstützt er die

Protokolle SNMPv1/v2c/v3.

BANDBREITENBEDARF SINKT AUF EIN BRUCHTEIL

Mithilfe der Active-Ethernet-I/O-Technologie lässt sich

effektiv die Netzwerk-Bandbreitennutzung reduzieren.

Denn weil hier ein Statusreport nur im Ausnahmefall

gesendet wird, reduziert sich die Netzwerkbelastung

auf einen Bruchteil. Die Peer-to-Peer-I/O-Funktion von

ioLogik E2210 ist überdies eine Lösung, die die Verkabelung

ersetzt, indem Input-Signale über das Ethernet-

Netzwerk an entfernte Outputs gesendet werden. Entfernte

Sensoren und andere Geräte können so über das

Netzwerk an die Leitstelle angebunden werden, ohne

sie zu verkabeln – die Übertragungsentfernung ist dabei

praktisch unbegrenzt.

AUTOR

CHIH-HONG LIN ist

Business Development

Manager Industrial Ethernet

bei Moxa in Unterschleißheim.

Moxa Europe,

Einsteinstraße 7, D-85716 Unterschleißheim,

Tel. +49 (0) 89 370 03 99 55,

E-Mail: chihhong.lin@moxa.com

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BRANCHE

So kann der Mobilfunk für die industrielle

Automation effizient genutzt werden

Die Chancen der weltweiten Funkstandards und das Potenzial von LTE (Long Time Evolution)

WELCHER

MOBILFUNKSTANDARD

ist am besten für die

Fernüberwachung von

industriellen Anlagen

geeignet? Weltweit

existieren zahlreiche

Mobilfunknetze mit unterschiedlicher

Auslastung.

DIE MOBILFUNK-TECHNOLOGIE GSM (Global System

for Mobile Communications) besitzt einen Weltmarkt

anteil von mehr als 80 Prozent und ist somit für

indus trielle Anwendungen interessant, insbesondere

wenn Daten weltweit übertragen werden sollen.

Der Wunsch, Maschinen und Anlagen aus der Ferne

zu warten, wächst kontinuierlich. Dafür gibt es unterschiedliche

Gründe, die von der einfachen Kostenreduzierung

bis zum Aufbau neuer Geschäftsmodelle reichen.

Die Kommunikation über das Mobilfunknetz bietet

sich in vielen Fällen an, beispielsweise wenn das

Zielgerät in einer mobilen Einheit installiert oder am

geplanten Standort kein Festnetzanschluss vorhanden

ist. Dabei fragen sich zahlreiche Anwender, ob das

schnelle 3G-Mobilfunknetz grundsätzlich besser als das

ältere GSM-Netz zu ihrer Applikation passt.

DATENÜBERTRAGUNG ERFORDERTE DIE

ERWEITERUNG DER 2G-NETZE

Die Anforderungen, die an Mobilfunknetze gestellt werden,

steigen stetig. Aus diesem Grund werden ältere Mobilfunknetze

modifiziert oder durch neue Versionen

ersetzt. Aktuell lassen sie sich grob in Mobilfunknetze

der zweiten, dritten und vierten Generation unterteilen.

Der Übergang ist hier fließend. Derzeit werden die Mobilfunk-Technologien

der zweiten bis vierten Generation

parallel und überlappend betrieben, wobei die GSM-

Technologien, zu der auch GPRS und EDGE gehören, mit

mehr als 80 Prozent international noch den größten

Marktanteil hat.

Das GSM-Mobilfunknetz (Global System for Mobile

Communications) wurde Anfang der 1990er-Jahre in Europa

und später dann weltweit aufgebaut. GSM zählt zu

den Technologien der zweiten Generation. Damals lautete

das Ziel, Sprache zu übertragen.

Erst Ende der 1990er-Jahre erhöhte sich durch den Internet-Boom

der Bedarf, ebenfalls Daten über das bestehende

Mobilfunknetz weiterzuleiten. Deshalb wurden

die GSM-Mobilfunknetze ab diesem Zeitpunkt um

GPRS (General Packet Radio Service) und später um

EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) erweitert.

Bei den mit GPRS oder EDGE modernisierten GSM-

Netzen spricht man auch von Netzen der Generation 2.5.

Selbst wenn die technischen Unterschiede auf den ersten

Blick nicht sofort ersichtlich sind, erweisen sie sich als

gravierend, wie die Grafik auf der nächsten Seite zeigt.

So werden die Daten bei GSM leitungsvermittelnd, bei

GPRS/EDGE hingegen paketorientiert übertragen. Für die

GSM/GPRS-EDGE-Mobilfunknetze stehen weltweit vier

Frequenzen zur Verfügung: 850, 900, 1800 und 1900 MHz.

Welches Frequenzband lokal verwendet wird, variiert

von Land zu Land und Netzwerkbetreiber zu Netzwerkbetreiber.

Ein Mobilfunk-Modem, das alle vier Frequenzbänder

unterstützt, hat den Vorteil, dass es nahezu weltweit

eingesetzt werden kann. Eine Ausnahme bilden lediglich

Südkorea und Japan. Die beiden Länder haben

sich seinerzeit für einen Mobilfunk-Standard entschieden,

der nicht zu GSM kompatibel ist. Mit einem internationalen

Marktanteil von mehr als 80 Prozent ist die

Mobilfunk-Technologie GSM somit für industrielle Anwendungen

weiterhin interessant. Dies gilt insbesondere

dann, wenn die Datenübertragung weltweit erfolgen soll.

NETZE DER DRITTEN GENERATION ERMÖGLICHEN

HÖHERE ÜBERTRAGUNGSRATEN

Rund acht Jahre nach der Einführung von GSM wurden

die Mobilfunknetze der dritten Generation aufgebaut. Im

Gegensatz zu GSM ist dabei neben der Telefonie auch die

Datenkommunikation stärker berücksichtigt worden. Die

Technologien innerhalb der 3G-Netze ermöglichen erheblich

höhere Übertragungsraten als bei GSM, GPRS

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3G-Netze dort ausgebaut, wo viele Menschen leben und

arbeiten. Dazu zählen Städte, Urlaubsorte und Autobahnen.

Im ländlichen Raum ist die Abdeckung allerdings

nicht immer sichergestellt. Deshalb sollte der Anwender

von Fernwartung prüfen, ob eine kostengünstige GPRS/

EDGE-Lösung nicht die bessere Wahl ist.

DIE GESCHICHTE der Mobilfunk-Technologien.

Bilder: Phoenix Contact

und EDGE. Während GSM bei den Mobilfunknetzen der

zweiten Generation weltweit die wesentliche Mobilfunk-

Technologie darstellt, gibt es im Bereich der Mobilfunknetze

der dritten Generation keine eindeutige Tendenz.

Auf den internationalen Märkten konkurrieren mehrere

Technologien, die nicht kompatibel zueinander

sind. Aus wirtschaftlichen und politischen Gründen

konnten sich die Beteiligten nicht auf eine gemeinsame

3G-Mobilfunk-Technologie einigen.

Die in Bezug auf die Verbreitung wichtigsten 3G-Technologien

sind UMTS (Universal Mobile Telecommunications

System) und CDMA (Code Division Multiple

Access) mit den entsprechenden Erweiterungen. Stark

vereinfacht lässt sich feststellen, dass UMTS und seine

Erweiterungen wie HSPA (High Speed Packet Access)

den europäischen Markt beherrschen. In den USA und

Asien hat sich CDMA etabliert.

China fördert wiederum mit TD-SCDMA (Time Division

Synchronous Code Division Multiple Access) einen

eigenen nationalen Mobilfunk-Standard, der aktuell weltweit

noch keine entscheidende Rolle spielt. Welche Technologie

im jeweiligen Land eingesetzt wird, entscheidet

der regionale Netzbetreiber. So nutzt der nordamerikanische

Netzbetreiber AT&T die Mobilfunk-Technologie

UMTS, sein Wettbewerber Verizon hingegen CDMA.

Daher verfolgen derzeit mehrere Hersteller von Mobilfunk-Engines

das Ziel, beide Technologien in einen Chipsatz

zu integrieren. Die Internet-Seiten www.mobileworldlive.com

(für UMTS) und www.cdg.org (für CDMA)

erteilen Auskunft, ob die gewünschte 3G-Technologie

im jeweiligen Zielland verwendet wird und welche Netzbetreiber

es dort gibt. Außerdem werden deren Frequenzen

und die Netzabdeckung genannt. Häufig sind die

UNTERSTÜTZUNG DES 4G-NETZES BIETET

INTERNATIONALES POTENZIAL

Die vierte Mobilfunk-Generation LTE (Long Time Evolution)

besitzt gemäß einer Datenerhebung aus 2010 weltweit

noch keinen entscheidenden Marktanteil. LTE wird

gemeinhin als neuer 4G-Mobilfunk-Standard beschrieben,

was unter anderem aus dem schnellen Netzausbau

seit 2010 resultiert. Darüber hinaus bietet der Standard

dem Endkunden und auch dem Netzbetreiber zahlreiche

Vorteile. Hierzu gehören eine höhere Datenübertragungsrate,

kürzere Latenzzeiten und eine bessere Energieeffizienz.

Ferner wird LTE sowohl von der CDG (CDMA

Development Group) unterstützt, die sich für den CDMA-

Standard stark macht, als auch von der GSMA (GSM

Association) als Protagonist der UMTS-Technologie.

Ein aktuelles Problem bei der Entwicklung von LTE-

Modulen besteht darin, dass LTE weltweit auf den unterschiedlichsten

Frequenzen betrieben werden soll.

Eine Mobilfunk-Engine zu konzipieren, die international

funktioniert, stellt somit eine technische Herausforderung

dar, die es zu lösen gilt. LTE könnte aber die globale

Highspeed-Mobilfunk-Technologie werden. Wann jedoch

erste industrietaugliche LTE-Komponenten auf den

Markt kommen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht

zuverlässig vorausgesagt werden.

Der Hersteller Phoenix Contact hat zum Thema Mobilfunk

unlängst ein Buch mit praxisnahen Beispielen heraus

gegeben. „Mobilfunk – Datenübertragung in der

Industrie“ richtet sich an Projektplaner, die einen Datenaustausch

in der industriellen Anwendung erstmals

über Mobilfunk umsetzen möchten.

AUTOR

M.Eng. GERRIT BOYSEN

ist im Produktmarketing

Communication Interfaces

bei der Phoenix Contact

Electronics GmbH in

Bad Pyrmont tätig.

Phoenix Contact Electronics GmbH,

Dringenauer Straße 30, D-31812 Bad Pyrmont,

Tel. +49 (0) 5281 94 60,

E-Mail: gboysen@phoenixcontact.com

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BRANCHE

Assistenzsystem hilft beim energiesparenden

Einsatz automatisierter Systeme

Modellbasierter Ansatz ermittelt in drei Schritten Optimierungsvorschläge für den Anwender

ANALYSEANSATZ IN DER ÜBERSICHT: Zunächst wird

das situationsunabhängige Wissen über automatisierte

Systeme und deren Umgebung für eine rechnerbasierte

Verarbeitung verfügbar gemacht. Danach folgt die Analyse

einer konkreten Situation. Im dritten Schritt werden die

Betriebsprofile aus dem Ist-Zustand iterativ bezüglich

zeitlichem Verlauf und Werteverlauf verändert. Quelle: IAS

Um die künftigen Herausforderungen bei der Energieversorgung

zu meistern, muss auch der Stromverbrauch

automatisierter Systeme optimiert werden. Aber

die dafür erforderliche Energiekostenanalyse derart

komplexer Systeme stellt weiterhin eine große Herausforderung

dar. Der in diesem Beitrag vorgestellte modellbasierte

Ansatz für ein Assistenzsystem zur automatisierten

nutzerzentrierten Energiekostenanalyse automatisierter

Systeme unterstützt die Anwender bei der Reduktion

ihrer Energiekosten.

Automatisierte Systeme sind heutzutage im Alltag

weit verbreitet. Ob im privaten Bereich, im Arbeitsleben

oder in sich überschneidenden Bereichen, wie dem öffentlichen

oder privaten Nah- und Fernverkehr – die

Nutzer müssen mit einer Vielzahl unterschiedlicher

und zunehmend komplexer automatisierter Systemen

zurecht kommen.

INDIVIDUELLE SITUATION WIRD BERÜCKSICHTIGT

Diese Allgegenwärtigkeit und die steigende Komplexität

erfordern einen wachsenden Anteil der Aufmerksamkeit

der Nutzer, was durch eine zusätzliche Aufgabe,

wie die energieoptimierte Nutzung, schnell zu einer

Überforderung führt. Zudem werden die automatisierten

Systeme in einer Vielzahl individuell unterschiedlicher

Umgebungen eingesetzt, die Einfluss auf die

Energiekosten haben können und bei der Energiekostenanalyse

berücksichtigt werden müssen. Daher benötigen

die Nutzer Unterstützung bei der Identifikation von

Optimierungsmaßnahmen und deren Umsetzung.

Das hier vorgestellte modellbasierte Konzept, ermöglicht

die Analyse der Energiekosten zur Laufzeit automatisierter

Systeme und berücksichtigt hierbei die individuelle

Situation der Nutzer. Prinzipiell besteht eine

Energieanalyse aus folgenden Teilschritten:

Ermittlung des energetischen Ist-Zustands

Erstellung von Optimierungsvorschlägen

Anwendung von Optimierungsmaßnahmen

Den Ausgangspunkt bildet ein energetischer Ist-Zustand,

der analysiert und optimiert werden muss. Die dynamische

Optimierung von Systemen im Allgemeinen befasst

sich mit der Ermittlung eines bestimmten Satzes an zeitlichen

Verläufen von Eingangsparametern, sodass die

zeitlichen Verläufe der Ausgangsparameter unter Berücksichtigung

von einschränkenden Nebenbedingungen

ein Optimum hinsichtlich einer definierten Zielgröße

erreichen. Bei der Energiekostenanalyse automatisierter

Systeme ist dieses Optimierungsziel die Reduktion

der Energiekosten. Nebenbedingungen hierbei sind einerseits

technische, physikalische oder ökonomische

Gesetze oder Anforderungen, die sich aus der Anwendung

oder aus den Wünschen der Nutzer an die Leistung

des automatisierten Systems ergeben.

SITUATIONSUNABHÄNGIGE MODELLE ALS BASIS

Die Grafik auf dieser Seite stellt den modellbasierten,

nutzerzentrierten Analyseansatz in einer Übersicht dar.

In einem ersten Schritt wird das situationsunabhängige

Wissen über automatisierte Systeme und deren Umgebung

(Raum, Leitungen, Energieversorgung) für eine

rechnerbasierte Verarbeitung verfügbar gemacht. Dazu

wird das Wissen gemäß vorgegebener Meta-Modelle in

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situations-unabhängigen Modellen des Zusammenhangs

zwischen den Eingangs- und den Ausgangsparametern

einzelner automatisierter Systeme und einzelner Elemente

in der Umgebung abgebildet.

Die resultierenden situations-unabhängigen Modelle

enthalten das interne Verhalten, die Schnittstellen und

die Parameterspezifikation der Systeme beziehungsweise

der Umgebungselemente unabhängig von einer

konkreten Situation. Verwendet man in konkreten

Situationen erfasste zeitliche Werteverläufe der Eingangsparameter

als Eingangsgrößen der Modelle, kann

man die zeitlichen Verläufe der Ausgangsparameter

des modellierten Systems für beliebige Situationen

berechnen.

KONKRETE SITUATION WIRD ANALYSIERT

Im zweiten Schritt beginnt die Analyse einer konkreten

Situation. Eine Situation ist eine konkrete Kombination

automatisierter Systeme in der individuellen Umgebung

eines Nutzers. Voraussetzung für die Analyse ist ein

rechnerverarbeitbares Modell, das die Situation abbildet.

Dieses Modell wird durch die Eingabe von Wissen über

die konkrete Situation automatisiert erstellt. Die Struktur

und der Inhalt des Modells sind wiederum in einem

Meta-Modell definiert, das als Basis für Eingabedialoge

zur Vereinfachung der Modellierung dient. Resultat dieses

zweiten Schritts ist ein Situationsmodell, das die

Situation im energetischen Ist-Zustand statisch und dynamisch

abbildet.

Das Situationsmodell setzt sich aus den situationsunabhängigen

Modellen zusammen, die im vorherigen

Schritt, beispielsweise durch den Hersteller eines automatisierten

Systems, erstellt und bereitgestellt wurden.

Die Modelle der automatisierten Systeme und Umgebungselemente

werden über ihre Modellschnittstellen

gemäß ihrer Zusammenhänge in der realen Situation

miteinander verbunden und konfiguriert.

Das resultierende Gesamtmodell der statischen Zusammenhänge

in der konkreten Situation erlaubt die

Berechnung der Energiekosten für dynamische Betriebsprofile

der Eingangsparameter. Durch Verwendung

real erfasster Betriebsprofile als Eingangsgrößen

des Situationsmodells wird abschließend die Situationsdynamik,

einschließlich des Verlaufs der Energiekosten

im Ist-Zustand als Evaluationsreferenz für die

Optimierung berechnet.

OPTIMIERUNG WIRD AUTOMATISCH UMGESETZT

Im dritten Schritt werden die Betriebsprofile aus dem

Ist-Zustand iterativ bezüglich zeitlichem Verlauf und

Werteverlauf verändert. Die Veränderungen werden aus

dem Wertebereich für die einzelnen Parameter abgeleitet,

der in den im Modell hinterlegten Parameterspezifikationen

im ersten Schritt definiert wurde. Die resultierenden

Sätze zeitlicher Parameterverläufe entsprechen

den Optimierungsvorschlägen. Diese werden

durch Berechnung mit dem Situationsmodell bezüglich

der resultierenden Energiekosten und der Anforderungen

an die Leistung der automatisierten Systeme

evaluiert. Die Berechnung deckt dabei mögliche Inkonsistenzen

bezüglich technischer Einschränkungen oder

der Nutzerwünsche auf und liefert gleichzeitig die

Energiekosten für die optimierten zeitlichen Verläufe

der Eingangsparameter.

Abschließend wird der Optimierungsvorschlag mit

den geringsten Energiekosten und der besten Erfüllung

der Anforderungen, falls nötig, interaktiv durch

Korrektur der Bedieneingriffe oder automatisiert

durch Setzen des neuen Parameterverlaufs über Kommunikationseinrichtungen

der automatisierten Systeme

angewandt.

Diese grundlegenden Funktionalitäten und Schritte

des Konzepts werden zur Zeit an einem Prototypen evaluiert.

Der aufgrund der Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten

noch sehr rechenintensive Optimierungsschritt

wird parallel um Mechanismen genetischer Algorithmen

ergänzt, um die Zeit zu reduzieren und damit

die Effizienz des Gesamtverfahrens zu verbessern.

AUTOREN

Dipl.-Ing. ANDREAS BECK

arbeitet als wissenschaftlicher

Mitarbeiter am Institut

für Automatisierungs- und

Softwaretechnik (IAS) der

Universität Stuttgart.

Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,

Pfaffenwaldring 47, D-70550 Stuttgart,

Tel. +49 (0) 711 68 56 73 06,

E-Mail: andreas.beck@ias.uni-stuttgart.de

Prof. Dr.-Ing. Dr. h. c.

PETER GÖHNER ist Leiter

des Instituts für Automatisierungs-

und Softwaretechnik

(IAS) der Univer sität

Stuttgart.

Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik,

Pfaffenwaldring 47, D-70550 Stuttgart,

Tel. +49 (0) 711 68 56 73 01,

E-Mail: peter.goehner@ias.uni-stuttgart.de

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INTERVIEW

NORBERT KUSCHNERUS

(links) übergibt nach rund

zehn Jahren im Amt den Vorsitz

der Namur an Wilhelm Otten.

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Anwenderinteressen brauchen

ein globales Austauschforum

Norbert Kuschnerus und Wilhelm Otten im atp edition Interview

Anlässlich des Wechsels im Namur-Vorstand, lud atp edition-Chefredakteur Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas den neuen

Namur-Vorsitzenden Dr.-Ing. Wilhelm Otten (Leiter Business Line Technik Evonik Industries AG) und seinen Vorgänger

Dr. rer. nat. Norbert Kuschnerus (Senior Vice President Bayer Technology Services) zum Gespräch. Im Interview blickt

Kuschnerus auf rund zehn Jahre Vorstandsarbeit in der Namur als Verband von Anwendern der Automatisierung in

der Prozessindustrie zurück. Otten verknüpft dies mit zukünftigen Strategien der Interessengemeinschaft. Neben

voranschreitender Internationalisierung des Verbandes kamen Themen wie der Fachkräftemangel in der Prozessindustrie,

die stärkere Verzahnung von Automatisierung mit Verfahrenstechnik sowie der Einsatz der Namur gegen

den „Normendschungel“ zur Sprache.

Bilder: Anne Hütter

Leon Urbas: Dr. Kuschnerus, anlässlich des Wechsels im

Namur-Vorsitz von Ihnen zu Dr. Otten, blicken wir auf zehn

Jahre Namur-Arbeit zurück. Sowohl bei Anwendern als

auch bei Herstellern wird unisono Ihr Einsatz gewürdigt

und respektiert. Wie haben Sie es geschafft, die Lager zusammenzuführen?

NORBERT KUSCHNERUS: Damals haben wir die Namur

auf professionelle Füße gestellt. Den Geschäftsführer der

Namur, damals Dr. Hasso Drathen (zu der Zeit ebenfalls

bei Bayer Technology Services tätig, Anm. der Redaktion),

habe ich ganztags für die Namur-Aktivität freigestellt.

Das zweite Problem bildete das rituelle Feindbild, das die

Namur für die Hersteller inne hatte. Die Vorstandsitzungen

mit dem ZVEI waren Schauplätze großer Debatten.

Wir wollten einen anderen Stil in der Auseinandersetzung,

bei allen unterschiedlichen Interessen, die wir

nach wie vor pflegen. Das gemeinsame Ziel, die Automatisierung

nach vorne zu bringen, sollte im Mittelpunkt

stehen. Persönliche Kontakte und offene Türen beim ZVEI

ermöglichten schließlich die Zusammenarbeit. Ein historischer

Moment war der erste gemeinsame Stand von

ZVEI und Namur auf der Hannover Messe 2007.

WILHELM OTTEN: Ich glaube, der ZVEI hatte den Nutzen

aus der Diskussion zwischen Anwendern und Herstellern

erkannt. Wir freuen uns, Hersteller zu finden, die unsere

Wünsche erfüllen.

NORBERT KUSCHNERUS: Das haben wir als Namur-Team

geschafft. Wenn ich vom Team spreche, meine ich nicht nur

den Vorstand, sondern auch alle Arbeitskreise und Arbeitsfelder,

in denen inhaltliche Arbeit gemacht wird. Das sind

über 200 Personen, die ehrenamtlich arbeiten.

Leon Urbas: Die Namur lebt von ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Stellt die Interessengemeinschaft einen Rückgang an

Engagierten fest?

WILHELM OTTEN: Im Gegenteil. Der Verband profitiert von

den Umstrukturierungen großer Firmen. Diese stellen sich

heute eher geschäftsorientiert auf und nicht mehr funktional.

Die inhaltliche Arbeit findet nun auf Namur-Ebene

statt. Unter anderem deshalb steigt die Teilnehmerzahl

unserer Namur-Hauptsitzung stetig.

Leon Urbas: Vor rund zehn Jahren lernte ich die Namur als

deutsche Vereinigung kennen. Wie stand es um die Internationalisierung

der Namur vor zehn Jahren?

NORBERT KUSCHNERUS: Die Namur war damals recht

konservativ, obwohl wir rund 20 ausländische Mitgliedsfirmen

hatten. Als es um die Internationalisierung

ging, gab es unter den Mitgliedern eine riesige Angst

vor englischen Vorträgen und Unterlagen. Die englische

Sprache war vor zehn Jahren noch ungewohnt in den

Firmen. Noch heute müssen wir die Namur mit unseren

ehrenamtlichen Mitarbeitern Schritt für Schritt

internationalisieren.

WILHELM OTTEN: Dazu bilden wir ein Netzwerk mit lokalen

Bereichen, schließlich leben wir von funktionierenden

Arbeitskreisen in den Regionen. Der enge Austausch ohne

Sprachbarrieren ist extrem wichtig. Namur China soll auch

die lokalen Vorteile nutzen. Da drüber wird eine organisatorische

Ebene liegen, die international arbeitet.

Leon Urbas: Wie deutsch ist die Namur China eigentlich?

WILHELM OTTEN: Es handelt sich noch um deutsche Firmen,

obwohl chinesische bereits Interesse gezeigt haben.

Wir sind mit deutschen Ingenieuren in China gestartet.

Der Leiter der Namur China ist jedoch ein Chinese,

der bei BASF arbeitet. Wir holen verstärkt chinesische

Ingenieure in die Arbeitskreise. Mittlerweile gibt es auch

rein chinesische Arbeitskreise, in denen in der Landessprache

kommuniziert wird. Auch die Vorträge dürfen

künftig auf chinesisch präsentiert werden. Wir setzen

dann Simultanübersetzungen ein.

Leon Urbas: Sind weitere Namur-Aktivitäten in ausgewählten

Ländern denkbar?

WILHELM OTTEN: Wir unterscheiden unsere Internationalisierungsstrategie

zwischen der inner- und außereuropäischen

Ebene. In Europa haben wir bereits einen guten

Überblick und wichtige Kooperationen geschlossen. In

China ist das anders. Da ist eher grüne Wiese, daher die

Gründung von Namur China. Wenn es in USA, Südamerika

oder Osteuropa Verbände mit ähnlich gelagerten Interessen

gibt, sind Kooperationen angedacht. In Ländern ohne

atp edition

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INTERVIEW

bestehende Inter essenvertretungen der Produzenten sind

weitere Namur-Aktivitäten sicher sinnvoll.

NORBERT KUSCHNERUS: In China waren Expats vor Ort,

die Namur-Mitglieder waren. Eine ideale Keimzelle, von

der aus wir starten konnten.

WILHELM OTTEN: Ja, sicherlich muss China aber seine

eigene Identität finden.

Leon Urbas: Ein Verbandstreffen mit weiteren Partnern

wie WIB fand im August statt. Wie weit ist dort die Zusammenarbeit

vorangeschritten?

NORBERT KUSCHNERUS: Wir arbeiten bisher bilateral mit

uns bekannten europäischen Verbänden zusammen, die

vergleichbare Interessen wie die Namur vertreten. Zusammenarbeit

bedeutet bisher einen relativ unverbindlichen

Austausch von Ideen und auf wenige Initiativen begrenzte

engere Kooperation. Das Treffen mit der WIB, EEMUA, EI

und EXERA war ein erstes multilaterales Treffen, auf dem

wir ausgelotet haben, wie wir auf europäischer Ebene enger

zusammenarbeiten. Solche Gespräche sind nicht einfach,

vor allem dann, wenn sie mit der Sorge um die verbandseigene

Identität verbunden sind.

Leon Urbas: Die Notwendigkeit zur internationalen Zusammenarbeit

besteht aber.

WILHELM OTTEN: Ja und das funktioniert bereits, etwa

beim Thema Wireless.

NORBERT KUSCHNERUS: Alle Namur-Mitgliedsfirmen

agieren global. Wenn ein Verband nur national arbeitet,

kann er den Prozess überhaupt nicht steuern. Anwenderinteressen

brauchen eine globale Plattform. Andere Verbände

haben mit uns den Offenen Brief zum Thema „Wireless“

unterzeichnet. Das Ziel sollte eine Kooperation auf

formaler Basis sein. Durch bilaterale Abkommen entsteht

doch eher ein komplexes Netzwerk. Die Namur wird beharrlich

und respektvoll diesen Prozess gestalten. Nachhaltige

Lösung steht im Mittelpunkt.

Leon Urbas: In Ihrer Zeit wurden auch die Fachhochschulen

mit der AALE enger eingebunden – wie bereichern die

Fachhochschulen die Arbeit?

NORBERT KUSCHNERUS: In einem technologisch orientierten

Land sind junge Leute mit technischer Ausbildung

Namur-Geschäftsführer Dr. rer. nat. Wolfgang Morr,

Dr. rer. nat. Norbert Kuschnerus, Dr.-Ing. Wilhelm Otten

und Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas (von links).

ein wichtiges Gut. Ich denke, dass sich der Nachwuchs

heute viel mehr einem Technik-Studium zuwendet. Uns ist

daran gelegen, den Fachhochschulen zu helfen so auszubilden,

wie es die Industrie benötigt. Mir gefällt das heutige

Ingenieurstudium wegen seiner zu starken Betonung des

Erlernens von Faktenwissen nicht. Wir brauchen heute

keine wandelnden Lexika.

WILHELM OTTEN: Wir brauchen die kreative Problemlösungskompetenz.

NORBERT KUSCHNERUS: Da ist ein Dialog erforderlich,

daher unterstützen wir Initiativen, in denen sich Fachhochschulen

zusammenschließen. Einen Verband wie die AALE

wünsche ich mir auch bei den Universitäten. Es ist ein Riesenvorteil,

wenn sich Professoren jährlich über die Lehre

unterhalten. Die Namur informiert dazu über die Bedürfnisse

der Prozesstechniker.

WILHELM OTTEN: Mit der Prozessleittechnik schaffen

wir in der Chemietechnik heute letzte, entscheidende

Wettbewerbsvorteile. Leider sind wir für die Automatisierer

von den Hochschulen nicht so interessant. Viele Verfahrenstechnik-Institute

machen beispielsweise keine

Regelungstechnik oder Automatisierungsinstitute keine

Prozesstechnik. Als Arbeitgeber konkurrieren wir mit der

Fertigungstechnik. Wir sind dafür da, der Lehre die Wichtigkeit

des interdisziplinären Know-hows zu vermitteln.

Außerdem muss unsere Branche wieder attraktiv für

Automatisierer werden.

Leon Urbas: Inwieweit fördert die Namur dies jetzt schon?

WILHELM OTTEN: Wir hatten ja bereits einen Arbeitskreis

zur Lehre. Wir haben den Arbeitskreis 4.14 gegründet mit

dem Ziel, eine Bestandsaufnahme an den Hochschulen zu

machen und überlegt, wie wir die Prozessautomatisierung

für die Institute wieder attraktiv machen. Dazu gehören

Aktivitäten an den Hochschulen, aber auch PR-Maßnahmen

für Automatisierung in der Verfahrenstechnik. Auch durch

den Namur-Award machen wir auf uns aufmerksam.

NORBERT KUSCHNERUS: Insofern haben wir da noch

einige Hausaufgaben zu machen.

WILHELM OTTEN: Auch Firmen hätten viel mehr Diplomarbeitsthemen

aus ihren Bereichen anbieten können. Das

schlägt jetzt zurück.

Leon Urbas: Wie denkt die Namur im Hinblick auf den europäischen

Bildungsraum?

NORBERT KUSCHNERUS: Wir begrüßen eine internationale

Ausbildung, wenn sie gut beurteilbar ist. Auf internationale

Arbeitnehmer sind wir angewiesen und schätzen Diversität

sowie unterschiedliche Sichtweisen. Die internationalen

Erfahrungen sind für uns und den Einsatz der

Fachkräfte enorm wichtig. Die Arbeit eines Ingenieurs ist

heute international.

WILHELM OTTEN: Leider funktionieren die internationalen

Bewertungsmaßstäbe ganz klar noch nicht. Man schaut

immer noch, wo und bei wem der Bewerber studiert hat.

Leon Urbas: Die Automatisierung ist noch gewichtiger für

die Wettbewerbsfähigkeit geworden. Welche Herausforderungen

kommen auf Sie zu?

WILHELM OTTEN: Die Lücke zwischen dem, was machbar

ist und was in der Praxis genutzt wird, ist groß. Je größer

der Deckungsbeitrag ist, desto mehr wird moderne Auto-

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matisierungstechnik umgesetzt. Bei den Kleinanlagen besteht

viel Optimierungsbedarf. Den Mehrwert zu schaffen

durch die Optimierung der Prozesstechnik ist nach wie vor

eine Herausforderung.

WILHELM OTTEN:

„Die Organisation lebt

vom regen Austausch –

deswegen die Öffnung

für weitere Industrien.“

Leon Urbas: Methoden und Technologien gibt es also genug,

aber kaum einen der sie anwendet?

NORBERT KUSCHNERUS: Wir sind hervorragend bei den

Methoden der Automatisierung. Was wir automatisieren ist

unklar. Automatisierung von Industrieanlagen wird selten

gelehrt. Es wäre zielführender, statt über Regelungsgrößen

wie Druck und Temperatur über chemische Zusammensetzung

des Produktes zur Zielqualität zu gelangen.

Wir benötigen Mess- und Regelungstechniker, die ein

Grundverständnis von Verfahrenstechnik besitzen. Das

nicht-konsekutive Studium war meine Hoffnung. Ein

Bachelor in Mess- und Regelungstechnik und ein Master

in der Verfahrenstechnik – das wären ideale Absolventen

für die Automatisierung in der Prozessindustrie.

WILHELM OTTEN: Das Manko findet sich in der Praxis wieder.

Sie brauchen ein kompetentes Team, das alle Kompetenzen

abdeckt und den Überblick wahrt. Wenn Know-how

und Erfahrung in den Nachbargebieten fehlen, werden die

Möglichkeiten der Prozessautomatisierung nicht richtig

umgesetzt.

Leon Urbas: Ist der Fokus auf den Prozess der Grund dafür,

dass die Namur immer noch ein Interessenverband der

Chemie- und Pharmaindustrie ist?

WILHELM OTTEN: Wir versuchen, uns über den traditionellen

Horizont hinweg zu öffnen. Einzelne Mitgliedsfirmen

etwa aus der Papier- oder der Öl- und Gasindustrie haben

die Vorteile erkannt.

NORBERT KUSCHNERUS: Jeder, auch die Öl- und Gasindustrie

ist willkommen. Aus dem Bereich der Petrochemie

haben wir jedoch schon zahlreiche Mitglieder.

Dass die meisten Mitgliedsfirmen aus Chemie- und

Pharmaindustrie kommen, liegt auch an den unterschiedlichen

Verfahren. Es gibt zahlreiche hochstandardisierte

Verfahren in der Prozessindustrie. Doch

die Verfahren in der Chemie und zur Herstellung der

Wirkstoffe in der Pharmaindustrie sind größtenteils

Unikate. In diesen Anlagen kann man die Automatisierung

nicht einfach replizieren, sondern muss, zwar

orientierend an bereits bestehenden Anlagen, jeweils

neu eine optimale Automatisierung entwickeln. Trotz

dieser Unterschiede ist jedes Anwenderunternehmen

aus der Prozessindustrie willkommen. Die Themen

in den Arbeitsfeldern werden dem Wandel der Mitgliedsstruktur

angepasst.

Leon Urbas: Nun, mit der Prozessleittechnik bietet sich die

gemeinsame Klammer für alle Industrien ja an.

WILHELM OTTEN: Der Gedanke der fachlichen Öffnung war

auch ein Grund für die Satzungsänderung der Namur im

Jahr 2011. Die Namur lebt vom regen Austausch,

wir würden jetzt auch Vertreter anderer Industriezweige

in den Vorstand berufen.

Leon Urbas: Wird der Markt in der Pharma- und

Chemieindustrie zu klein oder versprechen Sie sich

technische Synergien?

WILHELM OTTEN: Die Branchen, in denen die Automatisierung

bislang nicht stark war, profitieren

vom Know-how. Wir bekommen dadurch neue Impulse.

Mein strategisches Ziel ist, die durch die Satzungsänderung

proklamierte Öffnung der Namur voranzutreiben.

NORBERT KUSCHNERUS: Die Lieferanten beliefern auch

diese Industrien. Also haben wir hier eine größere gemeinsame

Stimme als Anwender, indem wir die Produktentwicklung

zu beeinflussen versuchen.

Leon Urbas: Neue Technologien und Methoden,

beispielsweise aus der Informatik, drängen

in die Automatisierung. Die Vision einer

Dienstleis tungswelt zwischen Anwendern und

Herstellern brachte Dr.-Ing. Peter Terwiesch,

Vorstandsvorsitzender von ABB Deutschland,

bei der Namur-Hauptsitzung 2011 aufs Tapet.

Wie selektiert die Namur den Veränderungsdruck

aus den verschiedenen Bereichen?

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INTERVIEW

WILHELM OTTEN: Wir haben uns vor einigen Jahren

gefragt, sind unsere Denkmuster noch die richtigen?

Die Diskussion ist noch nicht zu Ende. Die alte Strukturierung

hilft, bricht aber an einigen Stellen zusammen.

Unsere Arbeitskreise leisten die schwierige Aufgabe,

das Gesamtbild zu gestalten. Treibende Faktoren sind

die Veränderungen in der Verfahrenstechnik oder die

Miniaturisierung der Prozesse. Hier wird sich in Zukunft

noch einiges tun.

NORBERT KUSCHNERUS: Unsere Instrumentarien (Arbeitskreise

und Projektgruppen, Anm. der Redaktion)

werden gezielt eingesetzt, um Strategien für den Einsatz

moderner Leittechniken zu entwickeln. Das ist dann der

Fall, wenn ein Projekt den normalen Arbeitsrahmen überschreitet,

etwa aktuell bei der ZVEI-Roadmap „Nachhaltige

Rohstoff-Versorgung“. Wir nehmen hier gern ähnliche

Verbandsaktivitäten mit.

WILHELM OTTEN: Es geht um die Technik, aber auch um

den Umgang damit. Ich brauche die Regelungstechniker und

die Spezialisten für den Prozess an einem Tisch, die sich

verstehen.

Leon Urbas (rechts) im Interview mit Wilhelm Otten

(links), Namur-Geschäftsführer Wolfgang Morr (Mitte)

Leon Urbas: Sie hatten, Dr. Otten, die stärkere Verzahnung

von Automatisierungs- und Verfahrenstechnik angemahnt.

Gibt es Ansätze für Namur-Arbeitskreise mit dem Thema

„Digitale Anlage“?

WILHELM OTTEN: Schwierig. Wir haben das Thema als

Schwerpunkt definiert. Es gibt Ansätze bei der Verbindung

von CAE-Systemen mit dem Leitsystem.

NORBERT KUSCHNERUS: Wir finden es beispielsweise

wichtig und wünschenswert, wenn man vom RI-Fließbild

automatisiert einen Entwurf für ein Bedienbild des

Leitsys tems erhält. Im Endeffekt soll man Information, die

gebraucht wird, einmalig erzeugen. In den einzelnen Firmen

ist dies schon schwierig, über Unternehmensgrenzen

hinweg heute noch fast unmöglich. Letztendlich ist dies

ebenfalls der Lücke zwischen den einzelnen Fachdisziplinen

geschuldet.

Grob gesagt: Warum sollen die Verfahrenstechniker

mehr arbeiten, damit die Prozessleittechniker weniger

Arbeit haben? VDI 3682 war bereits sehr hilfreich, doch

finden wir solche guten Ansätze noch nicht realisiert in

CAE-Systemen. Da die Zeiten vorbei sind, in denen Chemieunternehmen

ihre eigenen CAE-Systeme entwickelten,

sind wir auf die Entwicklungsbereitschaft der

CAE-Lieferanten angewiesen. Im Moment sind die

Schmerzen bei den Planungsfirmen und Produzenten

noch nicht groß genug, einen größeren Druck zur Veränderung

auszuüben. Das liegt vielleicht auch daran, dass

der Design-Prozess 1,5 Jahre dauert, die Anlage selbst

wird 50 Jahre genutzt. Eine fortwährende Optimierung

der Produktionsanlage bringt den Produzenten größeren

Nutzen. Außerdem fehlt es mittlerweile in unseren

Unternehmen an Experten, die sich mit CAE-Systemen

detailliert auskennen.

WILHELM OTTEN: Die Schnittstelle zum Engineering ist

sehr wichtig. Wir bauen die Anlage und optimieren sie ständig.

Dafür fehlt letztendlich eine gute Datenbasis, wenn die

Anlagendaten nicht auf Stand gehalten werden. Das à-jour-

Halten ist da schon entscheidend. Wir müssen von dem

manuellen „Datenhandling“ weg zu einer rechnergestützten

Verarbeitung kommen.

NORBERT KUSCHNERUS: Dass die Integration von CAE

und Produktion in der Prozessindustrie noch nicht so fortgeschritten

ist, liegt einerseits daran, dass chemische

Verfahren deutlich abstrakter und komplexer als mechanische

Verfahren sind. Ein weiterer Unterschied besteht

darin, dass beispielsweise in der Automobilindustrie ein

Produkt designt und dann millionenfach hergestellt wird.

Da lohnt sich eine Integration von CAE zur Fertigung eher,

als wenn das CAE-Modell zur Errichtung einer einzigen

Anlage dient.

WILHELM OTTEN: Der Aufwand, der in Standardisierung

gesteckt wird, amortisiert sich nicht so einfach, wie etwa

beim Automobilbau.

Leon Urbas: Deswegen gibt es an den Hochschulen Ansätze

zur Modellierung, auch in der Anlage. Wie Herstellergetrieben

muss das sein?

NORBERT KUSCHNERUS: Mit der Prolist haben wir so

etwas angeboten. Dies ist eine abstrakte Beschreibung

der Merkmale für eine automatisierte Ausrüstung. Wie

der Report aussieht, ist völlig egal. Prolist bietet einen

Vereinheitlichungsgrad, weit über das einheitliche Stellenblatt

hinaus.

Leon Urbas: Eclass und Prolist wurden ja gerade unter

großen Mühen zusammengeführt. Wer setzt heute tatsächlich

Prolist ein?

NORBERT KUSCHNERUS: Im Wesentlichen arbeitet von

den Namur-Mitgliedsfirmen derzeit nur BASF damit, Wacker

und Evonik in einigen Bereichen.

Leon Urbas: Warum setzt Ihre Firma, Dr. Kuschnerus,

Bayer Technology Services, Prolist nicht ein?

NORBERT KUSCHNERUS: (seufzt) Das ist eine gute Frage.

Zum einen hängt das von der Organisation der Firma ab.

Bayer trennt Planung und Instandhaltung sehr stark, und

damit haben wir nicht eine einzelne Organisation, die für

sich alleine den Gewinn aus einer Life-Cycle-Optimierung

erzielen kann. Für einen zeitlichen Gewinn von zehn Minu-

26

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ten pro PLT-Stelle bei der PLT-Planung lohnt es sich nicht,

sehr viel eigenen Entwicklungsaufwand hineinzustecken.

Die Methode muss integriert sein in die Standardplanungssysteme.

Die Idee ist großartig. Wir hoffen, dass sie bald

eingesetzt wird.

Leon Urbas: Im Bereich Normung muss ebenfalls etwas

passieren. Sie, Dr. Kuschnerus, haben sich mehrfach dazu

pointiert geäußert. Ist es ein strategisches Ziel der Namur,

Ordnung in das Chaos um die verschiedenen Standards und

Normen zu bringen?

WILHELM OTTEN: Die Betreiber brauchen keine drei Wireless-Standards!

Damit schotten sich die Hersteller ab, es

bringt die Anwender aber nicht weiter. Vorteile brächte ein

Standard, der Geräte austauschbar macht. Dies würde natürlich

den Wettbewerb unter die Hersteller bringen. Wir

machen weiter Druck, etwa indem wir in die Normungskreise

gehen. Wir müssen früher wissen, wenn etwas den Anwenderinteressen

entgegenläuft.

Dazu treffen wir uns einmal im Jahr auf der Namur-Hauptsitzung

mit Normungsexperten. Im Gespräch mit der DKE

stelle ich fest, dass es unterschiedliche Wahrnehmungen

über die Mechanismen gibt. Die Hersteller meinen, die Normung

funktioniert. Wir als Anwender finden, sie funktioniert

gar nicht. Wir als Anwender müssen irgendwann konsequent

sein: Wenn es keine Einigung bei den Herstellern gibt, setzen

wir eure Technik nicht ein!

NORBERT KUSCHNERUS: Wir können allerdings nur in

einigen wichtigen Gremien sitzen und den Dialog suchen.

Die Namur spricht sich gegen die Empfehlung eines Technologie-Einsatzes

aus, solange einheitliche Standards

fehlen. Wir diskutieren dazu auf allen Ebenen. Wenn es

gewünscht ist, nimmt die Namur die Rolle des Mediators

ein. Dazu setzt die Gemeinschaft erhebliche Personalressourcen

ehrenamtlich ein. Die Firma, die ihren Mitarbeiter

dafür abstellt, signalisiert ebenfalls Idealismus.

Leon Urbas: Zahlt sich der Einsatz nicht doch irgendwann

aus, wie bei FDI beispielsweise?

WILHELM OTTEN: Die einzelne Firma hat kaum einen

Vorteil davon, aber die Namur-Firmen insgesamt

sehr wohl.

NORBERT KUSCHNERUS: Wir hoffen, dass die Dialoge, die

wir führen, die Normungsgremien zur Vernunft bringen.

Dennoch: Selbst die nationale Politik fordert den Einsatz

von Normung für den Wettbewerbsvorteil. So warnt sie

etwa vor der chinesischen Normung statt zur internationalen

Zusammenarbeit aufzurufen. Wettbewerb ist wichtig,

aber davon können doch Protokolle für Wireless-Übertragungen

nicht abhängen.

WILHELM OTTEN: Andererseits werden wir immer mit

paralleler Technologie-Entwicklung leben müssen. Wenn

sich Ideen herausbilden, muss die Namur zum richtigen

Zeitpunkt aktiv werden.

Leon Urbas: In einer globalisierten Welt werden Organisationen

wie die Namur immer wichtiger. Dr. Otten, Sie

treten in große Fußstapfen und haben erhebliche Herausforderungen

vor sich. Dafür wünsche ich Ihnen viel Fortune

und viel Kraft. Dr. Kuschnerus, Dr. Otten – wir danken Ihnen

für das Gespräch.

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atp edition

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München

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HAUPTBEITRAG

Entwurfsassistenz in der

Gebäudeautomation

Planung, Entwurf und Inbetriebnahme automatisieren

Gebäudeautomationssysteme sind dezentrale Systeme mit mehreren hundert bis tausenden

Geräten. Sie automatisieren die Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung und Beschattung.

Der Entwurf solcher Systeme erfordert viel Aufwand und Expertenwissen über die Möglichkeiten

zu Energieeinsparungen und die Interoperabilität der Geräte. Der Beitrag stellt

eine Werkzeugkette vor, welche Planer, Integratoren und Installateure durch Beratung

und Automation des Entwurfes assistiert. Damit wird ein automatisierter Entwurf präsentiert,

der sich auch für andere Gebiete der Automation eignet.

SCHLAGWÖRTER Automatisierter Entwurf / Gebäudeautomation / Interoperabilität

Engineering Assistance of Building Automation Systems –

Automating Planning, Design and Comissioning

Building automation systems are large, decentralized systems with hundreds to thousands

of devices. They automate heating, ventilation and air-conditioning as well as lighting

and shading. Engineering such systems requires large effort and expert knowledge about

potentially unlocked energy-savings and the interoperability of devices. The paper introduces

a tool chain for planers, system integrators and installers that advices and automates

many system design step. This presents an automated engineering approach that is

applicable also to other automation domains.

KEYWORDS automated design / building automation / interoperability

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atp edition

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JÖRN PLÖNNIGS, UWE RYSSEL, HENRIK DIBOWSKI, MATTHIAS LEHMANN, KLAUS KABITZSCH,

Technische Universität Dresden

Automationssysteme werden komplexer, von der

Anzahl an Geräten bis zu ihrer Interaktion. Ein

Beispiel bieten Gebäudeautomationssysteme

(GAS), die in Zweckbauten und Liegenschaften

bereits mehrere hunderttausend Datenpunkte

umfassen können, wie beispielsweise im Flughafen

München. GAS sind stark dezentralisiert vernetzt und

die Geräte kommunizieren ohne zentrale Steuerung einer

SPS direkt miteinander [3]. Die Vernetzung der Geräte

nimmt dabei stetig zu, sodass beispielsweise die

Heizung und Kühlung durch die Jalousiesteuerung und

Beleuchtung unterstützt werden können.

Um den Entwurf und die Installation effizient zu gestalten,

werden überwiegend vorgefertigte und bereits

programmierte Geräte eingesetzt [9]. Die Anwendungen

auf den Geräten sind in Form von Funktionsblöcken mit

Datenpunkten gekapselt, vergleichbar mit der IEC

61499 [5]. Der eigentliche Entwurf konzentriert sich auf

die Parametrisierung der Geräte und die Verknüpfung

der Datenpunkte zwischen den Geräten. Dies geschieht

mithilfe von grafischen oder textuellen Softwarewerkzeugen.

Die Werkzeuge unterstützen die Inbetriebnahme

dadurch, dass die Entwürfe direkt in das fertig installierte

System übertragen werden können. Auf diese

Weise lässt sich ein Großteil der typisch auftretenden

Funktionen schnell realisieren. Hiermit zeigen GAS

exemplarisch, wie komplexe Automationssyteme durch

Modularisierung und Werkzeuge effizient entworfen

werden können.

Dennoch birgt die effiziente Entwurfsweise neue Probleme.

Aufgrund der hohen Gerätezahl ist der Entwurfsaufwand

groß und rentiert sich für die Systemintegratoren

meist erst durch Service-Verträge. Unterschiedliche

Anforderungen und Gebäudearchitekturen führen

dazu, dass GAS meist Unikate sind. Bestärkt wird dies

durch die Heterogenität der Systeme. Teilgewerke, wie

das Heizungssystem oder die Beleuchtung, werden

meist separat ausgeschrieben und von unterschiedlichen

Integratoren mit unterschiedlichen Geräteherstellern

und Feldbussen realisiert [3]. Dementsprechend

groß sind die Interoperabilitätsprobleme [9]. Dies

führt im Entwurf dazu, dass sich die Interoperabilität

der Geräte nur schlecht einschätzen lässt und Probleme

meist erst bei der Inbetriebnahme des Systems

auffallen [6].

Assistenzsysteme können den Entwurf verbessern. In

diesem Beitrag wird ein modellgetriebener Entwurfsansatz

beschrieben, der in Bild 1 schematisch dargestellt

ist. Der Prozess startet mit einer Anforderungserhebung,

in der die funktionalen Eigenschaften des GAS spezifiziert

werden. Über einen Grobentwurf, welcher auch zur

Ausschreibung des Systems dient, wird ein Feinentwurf

erstellt. In diesem sind technologiespezifische Geräte

definiert. Der Prozess assistiert Planern bei der Erstellung

von Ausschreibungen und Systemintegratoren bei

der Geräteauswahl, dem Feinentwurf und der Inbetriebnahme.

Die Assistenzfunktionen nutzen eine ontologiebasierte

Wissensbasis, welche Information aus deutschen

und internationalen Normen und Richtlinien enthält.

Die folgenden Abschnitte erläutern die Details.

1. WERKZEUGE FÜR PLANER

1.1 Anforderungsanalyse

Den Entwurf von GAS regeln die VDI-Richtlinien 3813

Blatt 3 und 3814 Blatt 6. Zuerst erstellt ein Planer ein

Lastenheft. Es dient als Grundlage für eine Ausschreibung,

auf die verschiedene Systemintegratoren bieten.

Der Systemintegrator, welcher die Ausschreibung

gewinnt, führt im zweiten Schritt die Feinplanung

durch und definiert die zuvor genannten Verknüpfungen

zwischen den Geräten. Für die finale Installation

und Inbetriebnahme kann er einen Elektroinstallateur

beauftragen [11].

Da der Planer oft selbst kein Systemintegrator ist, fehlt

ihm zum Teil Detailwissen über GAS. Dies hat den Vorteil,

dass er Systeme unvoreingenommen ausschreiben

kann. Allerdings sind ihm manche Möglichkeiten gebäudetechnischer

Anlagen nicht bewusst, insbesondere

moderne Techniken, um Energie zu sparen.

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HAUPTBEITRAG

GAS können den Verbrauch eines Gebäudes um bis zu

30 % reduzieren [4]. Dies ist von besonderer Bedeutung,

da Gebäude mit 43 % der größte Energieverbraucher in

Europa sind. Der Planer kann sich bei der Planung an

der DIN EN 15232 [4] orientieren. Dieser Standard klassifiziert

die Gebäude in Energieeffizienzklassen A bis D.

Für jede Klasse schreibt er vor, welche GAS integriert

werden müssen, um eine Energieklasse zu erreichen.

Um den Planer bei der Anforderungserhebung eines

GAS zu unterstützen, wurde ein Assistenzwerkzeug entwickelt,

das die DIN EN 15232 zur Grundlage hat. Der

Planer kann mit dem Werkzeug einfach und schnell die

funktionalen Anforderungen für sein GAS festlegen.

Diese muss er nicht für jeden Raum einzeln erstellen,

sondern es können dafür Templates angelegt werden. Ein

Template, beziehungsweise eine Vorlage, definiert ein

Anforderungsprofil, das sich auf verschiedene Räume

oder Systemelemente anwenden lässt.

In Bild 2 wurde das Template „Büro“ angelegt. Der

Planer hat zwei Möglichkeiten, die Anforderungen an

ein Template zu definieren. Er wählt direkt die gewünschte

Energieeffizienzklasse des Gebäudes aus.

Dann werden notwendige Funktionen aktiviert oder unzulässige

deaktiviert. Alternativ kann er direkt im angezeigten

Funktionsbaum die gewünschten Funktionen

auswählen und sich die derzeitig erreichte Energieeffizienzklasse

anzeigen lassen. Zur ausgewählten Funktion

wird eine entsprechende Erläuterung links unten anzeigt.

Der Funktionsbaum ist im Hintergrund mit Ab-

hängigkeiten hinterlegt. Wird zum Beispiel eine Konstantlichtregelung

gewünscht, so werden automatisch ein

Beleuchtungssensor, ein Anwesenheitssensor und ein

dimmbarer Aktor ausgewählt. Wurde zuvor bereits ein

nicht-dimmbarer Aktor ausgesucht, so wird dieser Konflikt

farblich markiert. Zu bestimmten Funktionen kann

auch eine Anzahl angegeben werden, um die Menge der

Lichtkreise im Raum anzugeben.

Aus den geplanten Features wird eine Funktionsliste

erstellt und elektronisch gespeichert. Die Funktionsliste

fasst in einer Tabelle die einzelnen Funktionen, ihr Vorkommen

in den Templates und ihre Häufigkeit zusammen.

Einfache Mengenerhebungen sind damit in der

Praxis leicht möglich.

1.2 Grobentwurf als Automationsschema

Funktionslisten sind jedoch für eindeutige Ausschreibungen

allein nicht ausreichend. Deshalb werden zusätzlich

Automationsschemata verwendet, die GAS auf

einer technologieunabhängigen, abstrakten Ebene definieren.

Die neue VDI-Richtlinie 3813 [11] gibt vor, wie

solche Automationsschemata (hier auch: Grobentwürfe)

und Funktionslisten für Raumautomationssysteme zu

spezifizieren sind. Automationsschemata basieren auf

Funktionsblöcken, welche nicht eine spezifische Softwareimplementation

auf einem Gerät repräsentieren,

sondern die allgemeine, technologieunabhängige Funk-

BILD 1: Werkzeugkette für den automatischen Entwurf

und die Inbetriebnahme

BILD 2: Anforderungsanalyse für das Template einer

Beleuchtungs- und Heizungsregelung

30

atp edition

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tion widerspiegeln. Die VDI 3813 definiert 48 verschiedene

Funktionsblöcke vorwiegend in den Klassen: Sensoren,

Aktoren, Anwendungsfunktion sowie Bedienund

Anzeigefunktionen. Für jeden Funktionsblock können

Ein- und Ausgänge sowie Parameter definiert sein.

Die Ein- und Ausgänge werden in dem Automationsschema

verbunden und definieren somit den Zusammenhang

der Funktionen. Bild 3 zeigt ein solches Automationsschema

für eine Beleuchtungs- und Heizungsregelung

in einem Raum. Für die Heizungsregelung sind auf der

linken Seite als Symbole der Temperatursensor, der

Temperatur-Sollwertsteller, der Fensterkontakt und der

Anwesenheitstaster zu sehen. Diese Sensorfunktionen

werden in der Mitte zu einer anwesenheitsabhängigen

Heizungsregelung verschaltet. Sie steuert den Heizungsaktor

auf der rechten Seite an. Nicht alle Ein- und Ausgänge

müssen belegt sein.

Das Beispiel in Bild 3 verdeutlicht, dass die Interaktion

der Funktionen aus dem Automationsschema klar ersichtlich

ist, wodurch die Qualität der Ausschreibungen verbessert

wird. Dem Planer ist es möglich, die funktionalen

Anforderungen an sein System klar zu definieren, ohne

Detailkenntnisse über die Implementation zu besitzen.

Dennoch muss er die 48 Funktionsblöcke und die Verschaltungsmöglichkeiten

kennen, um die Norm effizient zu

verwenden. Ein Assistenzssystem kann ihm dabei helfen.

Das in Bild 3 gezeigte Automationsschema ist aus den

Anforderungen in Bild 2 vollautomatisch generiert worden.

Es wurde durch einen Ansatz der Generativen Programmierung

erzeugt [8]. Dabei erzeugt ein Generator

das passende Automationsschema für die in der Anforderungsanalyse

definierten Funktionen aus einer generischen

Entwurfsvorlage. Konflikte und Redundanzen

werden dabei aufgelöst. Wird zum Beispiel die Beleuchtungs-

und Heizungsregelung um eine Jalousiesteuerung

ergänzt, so nutzt diese automatisch den vorhandenen

Anwesenheitsschalter und die Fensterkontakte.

Die VDI 3813 erhöht nicht nur die Verständlichkeit

der Ausschreibungen. Ihr großes Potenzial liegt außerdem

in der Verbesserung der Interoperabilität. Dies ist

die Fähigkeit zweier Geräte in verteilten Anwendungen,

funktionell und kooperativ zusammenzuwirken.

Dies setzt die syntaktische Möglichkeit der Kommunikation

und das semantische Verständnis von Nachrichten

voraus. Aufgrund der geschilderten Heterogenität

der Systeme mit unterschiedlichen Herstellern und

Technologien kommt es in den meisten Fällen zu Interoperabilitätsproblemen.

Zur Verbesserung der Situation

wurde bisher der Weg der Standardisierung bevorzugt.

Dies hat die Interoperabilitätsproblematik

jedoch nicht vollends gelöst, da die Standards von den

Herstellern als zu aufgeweicht oder zu restriktiv angesehen

werden, um ihre Produkte von den Mitbewerbern

abzugrenzen [3].

Die VDI 3813 ermöglicht neue Wege, die Interoperabilitätsproblematik

zu lösen, da sie eine technologieunabhängige,

semantische Definition der Funktionen und ihrer

Interaktionen ermöglicht. Gelingt es, diese Definition auf

BILD 3: Automationsschema für eine kombinierte Raumtemperatur- und Beleuchtungsregelung

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HAUPTBEITRAG

die Technologien abzubilden, lässt sich die Interoperabilität

verbessern, da eine eindeutige Spezifikation besteht,

um interoperable Geräte zu finden. Hierzu stellt der folgende

Abschnitt eine neue Assistenztechnologie vor.

2. WERKZEUGE FÜR SYSTEMINTEGRATOREN

2.1 Feinentwurf mit Verknüpfung von Geräten

Der Systemintegrator kann die zuvor vorgestellten Werkzeuge

auch nutzen, um ein Angebot oder den Systementwurf

zu erstellen. Entweder importiert er die Ausschreibung

oder setzt die Werkzeuge selbst ein, um das Automationsschema

zu erstellen.

Wenn der Systemintegrator auf eine Ausschreibung

bietet, muss er Aufwände und Mengengerüste abschätzen.

Die Herausforderung: Anzahl und Typ der Geräte

abzuschätzen, ohne einen vollständigen Systementwurf

zu erstellen. Dies verschärft das Interoperabilitätsproblem,

da Geräte bereits ausgewählt werden, ohne dass

ihre Interoperabilität geprüft werden kann.

Beim Systementwurf wiederum muss der Integrator

für alle Geräte die Verbindungen der Datenpunkte und

die Parameter definieren. Bei Automationssystemen mit

mehreren tausend Geräten ist dies ein großer Aufwand.

Hierbei nutzt er spezielle Softwarewerkzeuge. Die Werkzeuge

vereinfachen den Prozess jedoch nur geringfügig,

beispielweise durch einfache Copy&Paste-Funktionen

oder Templatebibliotheken auf Geräteebene.

Der Aufwand und die Probleme lassen sich durch ein

neuartiges automatisches Entwurfsvorgehen deutlich

reduzieren [2]. In diesem werden durch evolutionäre

Algorithmen, die ihr Vorbild in der biologischen Evolution

haben, verschiedene Entwürfe erzeugt, die ein

gegebenes Automationsschema erfüllen. Der Algorithmus

bewertet die Entwürfe multikriteriell nach Funktionserfüllung,

Gerätekosten, Interoperabilität, Herstellerhomogenität

und Vernetzung. In mehreren Generationen

versucht der Algorithmus durch Mutations- und

Rekombinationsopera tionen Geräte im Entwurf durch

andere auszutauschen, um so einen möglichst guten

Entwurf zu finden [7].

Der Algorithmus greift auf eine ontologiebasierte

Gerätedatenbank zurück [1]. Die Datenbank enthält

Gerätebeschreibungen verschiedener Hersteller und

Technologien. Jedes Gerät wird beschrieben mit seinen

realisierten Funktionen gemäß VDI 3813 sowie

mit all seinen Funktionsblöcken und Datenpunkten.

Ontologien sind eine Familie von Beschreibungssprachen,

welche es erlauben, Konzepte und ihre Relationen

auf formale, Computer-interpretierbare Art zu

beschreiben. Dies erlaubt leicht erweiterbare Modelle,

aus denen neue Kenntnisse durch automatisches

Schlussfolgern (Reasoning) abgeleitet werden können.

Die verwendete Ontologie hat eine hierarchische

Struktur, bei der sich technologieneutrale Aspekte, wie

Funktionen, von technologiespezifischen Elementen,

wie Datentypen der Datenpunkte, bis hinab zu herstellerspezifischen

Aspekten, wie Funktionsblöcken,

getrennt modellieren lassen. Das erhöht die Flexibilität

und erlaubt technologiespezifische Standards, wie

Geräteprofile, zu integrieren. Ferner reduziert es den

Modellierungsaufwand redundanter Geräteattribute.

Die Datenbank bewertet anhand der Informationen

die Interoperabilität der Geräte und evaluiert ver-

BILD 4: Feinentwurf für eine anwesenheitsabhängige Temperaturregelung

32

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schiedene Gesichtspunkte, wie technische Kompatibilität,

Übereinstimmung der Datentypen und semantische

Konformität der Funktionsblöcke und ihrer

Datenpunkte [1]. Schließlich kann der Anwender selbst

in der Gerätedatenbank suchen, um entweder spezifische

Geräte auszuwählen oder die Suche bei der

Optimierung einzuschränken.

Bild 4 zeigt zum Beispiel einen resultierenden Feinentwurf

für das Automationsschema in Bild 3. Die

16 abstrakten Funktionen in dem Automationsschema

können in diesem Fall durch 12 Funktionsblöcke

auf 8 Geräten realisiert werden. Die gelb hinterlegten

Funktionsblöcke liegen auf drahtgebundenen LON-

Geräten und die violett hinterlegten sind drahtlose

EnOcean-Geräte. Der orangene Block stellt das Gateway

dar. Die Interoperabilität der Geräte wird durch

Einfärben der Verbindungen zwischen zwei Datenpunkten

im Feinentwurfswerkzeug angezeigt. Sind

sie interoperabel, so wird die Verbindung schwarz

gezeichnet, sonst ist die Verbindung rot. In ähnlicher

Weise werden Eingangsdatenpunkte kodiert: müssen

sie verbunden werden, sind sie rot, sonst sind sie

optional und blau dargestellt.

Der evolutionäre Optimierungsansatz erzeugt mehrere

unterschiedliche Entwürfe, welche pareto-optimal

in einigen Kriterien besser oder schlechter sein

können. Dadurch kann der Anwender selbst entscheiden,

welchen Entwurf er wählt und ob ihm dabei die

Kosten oder die Herstellerhomogenität wichtiger sind.

Bild 5 zeigt den Ergebnisdialog mit den Statistiken

dreier unterschiedlicher Entwürfe. Mit der Auswahl

wird dem Anwender bei der Auswahl der Geräte, der

Inter operabilitätsbewertung und bei der Erzeugung der

Verbindungen assistiert und ihm werden neue Möglichkeiten

eröffnet, die Vielfalt am Markt zu sondieren.

2.2 Assistenz bei der Parametrisierung

Die Parametrisierung ist ein weiterer Punkt, der einem

Systemintegrator viel Aufwand bereitet. Wichtige Parameter

können durch den automatischen Entwurf eingestellt

werden. So besitzen einige Geräte besondere Parameter,

die die Funktionalität eines Funktionsblocks

ändern, indem zwischen verschiedenen Operationsmodi

gewechselt wird. Als Beispiel sei eine Beleuchtungssteuerung

genannt, die von einer Steuerung auf

eine anwesenheitsabhängige Beleuchtungsregelung umschalten

kann. Da diese Parameter direkt die Funktionalität

des Gerätes beinflussen, werden sie bei der Optimierung

entsprechend so gesetzt, dass das Gerät die

benötigte Funktionalität erfüllt.

Das Zuweisen nichtfunktionaler Parameter, wie Reglerparameter,

lässt sich durch die Arbeit mit Templates

stark vereinfachen. So hat der Systemintegrator nach

der Auswahl eines Feinentwurfs die Möglichkeit, diesen

weiter zu bearbeiten und für einzelne Datenpunkte

passende Parameter zu definieren. Die Parameter werden

dann während der Inbetriebnahme automatisch

allen Geräten zugewiesen, welche das Template realisieren.

Dafür wird wieder ein generativer Ansatz verwendet,

welcher die Templates für alle Räume und

Gebäudeteile vervielfältigt, denen das Template zugewiesen

wurde. Der Entwurf wird in einer Datenbank

gespeichert, welche bei der Inbetriebnahme weiter verwendet

werden kann.

BILD 5: Ergebnisdialog der Optimierung

BILD 6: Webseite zur Unterstützung der Inbetriebnahme

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HAUPTBEITRAG

2.3 Assistenz bei der Inbetriebnahme

Das bisherige Vorgehen erleichtert einem Systemintegrator

oder Installateur auch die Inbetriebnahme. Für

einige Technologien wie LON oder KNX wird die Inbetriebnahme

durch Entwurfsdatenbanken unterstützt,

welche es erlauben, den Entwurf in ein installiertes

Netzwerk zu übertragen. Die Hauptaufgabe ist die Zuordnung

der einzelnen Geräte zum Entwurf. Hierfür

besitzen die Geräte Kommissionierungstaster, welche

bei Betätigung das Gerät veranlassen, eine Identifikationsnachricht

zu versenden. Durch sequenzielles Drücken

der Taster auf den Geräten und Zuweisen im Inbetriebnahmewerkzeug

kann das System nach und nach

kommissioniert werden. Da die Werkzeuge die Geräte

aber nach der Netzwerktopo logie verwalten und nicht

nach ihrem Installationsort, erfordert die Zuweisung

einigen Suchaufwand.

Der templatebasierte Entwurf bietet weitere Assistenzfunktionen

an. Zum einen unterstützt das vorgestellte

Vorgehen den Export des Entwurfes in die LNS-Datenbank

von LON-Systemen. Darüber hinaus wird in dem

EU- Projekt Scuba ein technologieübergreifender Ansatz

entwickelt. Der Ansatz nutzt eine Middleware, welche

verschiedene Feldbustechnologien unterstützt und auf

die im Entwurf erzeugte Datenbank zugreift. Damit ist

bekannt, in welchem Raum welche Geräte mit welchen

Verbindungen und Parametern installiert werden sollen.

Erkennt die Middleware ein Gerät, so weist sie diesem

die Einstellungen zu. Die Middleware übernimmt dabei

auch Gatewayfunktionalität. Tauschen Geräte ungleicher

Feldbustechnologien Nachrichten aus, so werden diese

automatisch konvertiert.

Die Middleware muss die Geräte nicht notwendigerweise

durch die Kommissionierungstaster identifizieren,

sondern kann auf einen Kommissionierungsdialog

im Entwurfssystem zurückgreifen. Der in Bild 6

gezeigte Dialog ist mit einem Smartphone oder

Tablet als Webseite aufrufbar und zeigt den Gebäudeplan

in 2D an. Wird ein neues Gerät von der Middleware

erkannt, so kann der Integrator den Raum angeben,

in dem er sich gerade befindet. Aus der Datenbank

kann auf das zu kommissionierende Gerät geschlossen

werden. Zusätzlich zeigt der Dialog die

Position der zu installierenden Geräte an, welche zuvor

in einem Platzierungswerkzeug festgelegt worden

sind. Damit kann sich der Installateur auf die

Installation konzentrieren.

FAZIT

In dem Beitrag wurden Assistenssysteme für den Entwurf

von GAS vorgestellt. Sie bieten Unterstützung bei der

Definition der Funktionen gemäß EN 15232

Definition technologieunabhängiger Automationsschemata

gemäß VDI 3813

Auswahl interoperabler Geräte

Erzeugung optimierter Entwürfe

Parametrierung der Geräte

Inbetriebnahme durch positionsbasierte Kommissionierung

Hinterlegt sind die Assistenzfunktionen in einer Kette

individueller Softwarewerkzeuge für Planer, Systemintegratoren

und Installateure. Sie nehmen ihnen die

Durchführung von Routineaufgaben ab, wie die Verknüpfung

und Parametrierung von Geräten, und beraten

bei der Erfüllung von Energieeffizienzklassen und der

Auswahl interoperabler Geräte.

Das beschriebene Vorgehen demonstriert, wie bei

großen heterogenen Automationssystemen der Entwurfsprozess

durch Assistenztechnologien automatisiert,

vereinfacht und qualitativ verbessert werden

kann. Das Vor gehen ist auch für andere Zweige der

Automation, wie die Fertigungs- und Prozessautomation,

denkbar [10].

MANUSKRIPTEINGANG

02.05.2012

AUTOREN

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

Dr.-Ing. JÖRN PLÖNNIGS (geb. 1976) ist Leiter der

ESF Nachwuchsforschergruppe Energy Design am

Lehrstuhl für Technische Informationssysteme

(TIS). Hauptarbeitsgebiete: Automatischer Entwurf,

Drahtlose Sensornetzwerke, Smart Buildings.

Technische Universität Dresden,

Fakultät Informatik,

Institut für Angewandte Informatik,

Lehrstuhl für Technische Informationssysteme,

D-01062 Dresden,

Tel. +49 (0) 351 46 33 80 66,

E-Mail: joern.ploennigs@tu-dresden.de

Dipl.-Inf. UWE RYSSEL (geb. 1980) ist wissenschaftlicher

Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS. Er forscht auf

dem Gebiet der automatischen Migration von

Entwürfen, Generative Programmierung und

Anforderungsanalyse.

Technische Universität Dresden,

Fakultät Informatik,

Institut für Angewandte Informatik,

Lehrstuhl für Technische Informationssysteme,

D-01062 Dresden,

Tel. +49 (0) 351 46 33 85 02,

E-Mail: uwe.ryssel@tu-dresden.de

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REFERENZEN

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Descriptions and Device Repository for Building Automation

Devices. EURASIP Journal on Embedded Systems (2011),

H. 2011, ISSN 1687-3955,

Article ID 623461

[2] Dibowski, H., Ploennigs, J., Kabitzsch, K.: Automatisierter

Entwurf von Gebäudeautomationssystemen. atp – Automatisierungstechnische

Praxis, 50(4),

S. 58–67, 2008

[3] Dietrich, D.; Bruckner, D.; Zucker, G.; Palensky, P.:

Communication and Computation in Buildings: A Short

Introduction and Overview. IEEE Trans. Ind. Electron.,

57(11), S. 3577–3584, 2010

[4] DIN EN 15232 – Energieeffizienz von Gebäuden –

Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement,

2012

[5] IEC 61499 – Function blocks – Part 1: Architecture, 2005

[6] Kabitzsch, K.; Naake, J.; Theiss, S.; Vasyutynskyy, V.:

Untersuchung zum Fernzugriff auf Automatisierungstechnik.

In: atp – Automatisierungstechnische Praxis,

48(7) 7, S. 33 37, 2006

[7] Oezluek, A. C., Ploennigs, J., Kabitzsch, K.: Designing

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algorithms with semi-directed variations.

In: IEEE Int. Conf. on Systems Man and Cybernetics,

S. 2328 – 2335. IEEE, 2010

[8] Ryssel, U., Dibowski, H., Kabitzsch, K.: Generation of

function block based designs using semantic web

technologies. In: IEEE Int. Conf. on Emerging Technol.

and Factory Autom. S. 698–705. IEEE, 2009

[9] Runde, S.; Dibowski, H.; Fay, A.;Kabitzsch, K.:

Integrated automated design approach for building

automation systems. In: IEEE Int. Conf. on Emerging

Technologies and Factory Automation, S. 1488 –1495.

IEEE, 2008.

[10] Schmitz, S.; Schluetter, M.; Epple, U.: Automation of

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In: IEEE Int. Conf. on Emerging Technologies and Factory

Automation, S. 1 – 7. IEEE, 2009. doi:10.1109/ETFA.

2009.5347197

[11] VDI 3813 – Gebäudeautomation (GA) – Raumautomationsfunktionen

(RA-Funktionen), 2011

Dipl.-Inf. HENRIK DIBOWSKI (geb. 1979) ist

wissenschaft licher Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS.

Arbeitsgebiete sind der automatisierte Entwurf, die

semantische Spezifikation von Geräten und ihrer

Applikationen und die automatische Interoperabilitätsauswertung.

Technische Universität Dresden,

Fakultät Informatik,

Institut für Angewandte Informatik,

Lehrstuhl für Technische Informations systeme,

D-01062 Dresden,

Tel. +49 (0) 351 46 33 80 68,

E-Mail: henrik.dibowski@tu-dresden.de

Prof. Dr.-Ing. habil. KLAUS KABITZSCH (geb. 1953)

ist Inhaber des Lehrstuhls für Technische Informationssysteme

an der TUD mit Themen zu vernetzten

Automatisierungssystemen in Industrie und

Gebäude, Entwurf, Optimierung, Inbetriebnahme,

Test und Diagnose.

Technische Universität Dresden,

Fakultät Informatik,

Institut für Angewandte Informatik,

Lehrstuhl für Technische Informations systeme,

D-01062 Dresden,

Tel. +49 (0) 351 46 33 82 89,

E-Mail: klaus.kabitzsch@tu-dresden.de

Dipl.-Inf. MATTHIAS LEHMANN (geb. 1981) ist

wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehrstuhls TIS.

Spezialgebiete sind serviceorientierte Architekturen

und Optimierungsansätze.

Technische Universität Dresden,

Fakultät Informatik,

Institut für Angewandte Informatik,

Lehrstuhl für Technische Informations systeme,

D-01062 Dresden,

Tel. +49 (0) 351 46 33 83 62,

E-Mail: matthias.lehmann@tu-dresden.de

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HAUPTBEITRAG

Systemkomplexität in der

Automation beherrschen

Intelligente Assistenzsysteme unterstützen den Menschen

Die Integration der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und neue Anforderungen

der Produktionstechnik erhöhen die Komplexität der Automation und überfordern

den Menschen, womit die Arbeitseffektivität sinkt. Um dieser Situation zu begegnen,

werden in diesem Beitrag intelligente Assistenzsysteme hinterfragt, die die Menschen

bei fortschreitender Systemkomplexität während der Inbetriebnahme und beim Betrieb

unterstützen und nicht weiter von wertschöpfenden Tätigkeiten abhalten sollen. Am

Beispiel der Lemgoer Modellfabrik als Forschungsplattform werden typische Assistenzfunktionen

für die Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose und Selbstoptimierung in der

Automation vorgestellt sowie deren notwendige Fähigkeiten analysiert.

SCHLAGWÖRTER Assistenzsysteme / Intelligente technische Systeme / Beherrschung der

steigenden Komplexität

Intelligent Assistance Systems to control the Complexity

of industrial Automation Systems

Increasing integration of ICT and challenging requirements to production systems in crease

the complexity of automation systems continously. This leads to an excessive demand of

the involved people with the result of a decreasing work efficiency. To counter this situation,

in this paper the usage of intelligent assistant systems is described, to support

human users of automation systems to handle increasing system complexity and to avoid

non-value adding activities. With the Lemgo smart factory as an research and demonstration

platform typical assistance functions for self-configuration, self-diagnosis and

self-optimization of industrial automation systems are described and its requirements are

analyzed. Important research questions in this field are addressed.

KEYWORDS assistance systems / intelligent technical systems / control the increasing

system complexity

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JÜRGEN JASPERNEITE, OLIVER NIGGEMANN, Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation

Steigende Anforderungen aus der Produktionstechnik

und die fortschreitende IKT-Integration

führen zu einem erheblichen Anstieg der

Komplexität der Automatisierungssysteme [1].

Heute werden im Maschinenbau schon bis zu

50 Prozent des gesamten Entwicklungsaufwands investiert,

um die notwendige Software zu erstellen [2]. Forschungsrichtungen,

wie zum Beispiel das Internet der

Dinge, Industrie 4.0 oder Cyber Physical Systems (CPS),

werden die Systemkomplexität aufgrund der fortschreitenden

IKT-Integration und der Vernetzung der Systeme

noch verstärken [3].

Diese Ausgangssituation löst eine zunehmende

Überforderung der Menschen aus, die mit diesen Systemen,

zum Beispiel für die Aufgabenfelder Programmierung,

Bedienung, Instandhaltung und Service,

arbeiten. Das senkt die Arbeitseffektivität der Benutzer

von Automatisierungssystemen im Entwurf, im

Aufbau und in der Wartung von Anlagen. Die Folge:

lange Inbetriebnahmezeiten im Anlagenhochlauf,

hohe Fehleranfälligkeit durch verbleibende Hard- und

Softwarefehler und damit verbunden die Gefahr von

Stillstandzeiten sowie ein häufig nicht ressourcenoptimierter

Betrieb der automatisierten Anlagen. Ähnliche

Problemstellungen sind auch aus anderen hochtechnisierten

Bereichen bekannt; die Gesellschaft

für Informatik (GI) sieht dringenden Handlungsbedarf

zur besseren Beherrschbarkeit komplexer technischer

Systeme [4].

Dieser steigenden Komplexität der Automatisierungssysteme

lässt sich auf zweierlei Weise begegnen:

1 | Reduktion der Komplexität der Automatisierungssysteme

durch Reduzierung der enthaltenen Systemelemente

und deren Relationen. Dieser Weg ist in

Anbetracht der steigenden Anforderungen nicht

vielversprechend.

2 | Die wachsende Systemkomplexität zuzulassen, aber

gleichzeitig deren Wirkung auf den Menschen durch

neuartige Assistenzsysteme als weniger kompliziert

erscheinen zu lassen.

Als Lösung bietet sich der Einsatz von intelligenten

Assistenzsystemen an. Der Begriff intelligent wird dabei

aus dem Forschungsgebiet der Künstlichen Intelligenz

und der Kognition entnommen und auf die industrielle

Automation angewendet. Intelligenz bezeichnet dabei

nach dem amerikanischen Forscher Marvin Lee Minsky

die Fähigkeit von Assistenzsystemen, „Aufgaben zu

lösen, zu deren Lösung Intelligenz notwendig ist, wenn

sie vom Menschen durchgeführt werden“. Intelligente

Assistenzsysteme sollen also zunehmend Aufgaben von

menschlichen Experten übernehmen, um diese zu unterstützen

oder zu entlasten.

Das Grundprinzip ist in Bild 1 zu sehen: Informationen

über das technische System und dessen aktuellen Zustand

werden von der Automatisierungstechnik erfasst

(linke Seite von Bild 1) und müssen vom Anwender verstanden

werden (rechte Seite von Bild 1), zum Beispiel,

um Fehler oder ein Optimierungspotenzial zu erkennen.

Da diese Informationen immer komplexer werden, sollen

Assistenzsysteme dem Anwender helfen, die Informationen

zu interpretieren und zu nutzen (Mitte Bild 1). Intelligente

Assistenzsysteme verstecken die Systemkomplexität

vor dem Anwender und erlauben eine abstraktere,

das heißt menschenzentrierte, Sicht auf die Systeme.

In diesem Beitrag geht es vor allen Dingen um

Assistenzsysteme, die zur Laufzeit einer automatisierten

Maschine oder Anlage zum Einsatz kommen und nicht

um unterstützende Systeme in der Planungs- und Entwurfsphase.

Die Produktionstechnik ist seit Längerem ein wichtiges

Anwendungsgebiet für intelligente oder kognitive

technische Systeme, wobei die Intelligenz beziehungsweise

Kognition dabei zumeist in den Automatisierungssystemen

umgesetzt wird. Der gemeinsame Nenner dieser

Arbeiten ist nach [8]: „[...] the application of Artificial

Intelligence (AI) methods and techniques.“

Der Schwerpunkt der meisten Arbeiten in diesem Gebiet

liegt auf Planungs- und Optimierungsschritten, zumeist

auf Ebene der Manufacturing-Execution-Systeme

(MES) und vor allem unter Verwendung von symbolischem

Wissen über die Produkte und die Produktions-

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37


HAUPTBEITRAG

technik [7, 8]. Basis sind im Allgemeinen kognitive Referenzarchitekturen

wie SOAR [7], oft unter Erweiterung

um Architekturen mit mehrschichtigen, aufeinander

aufbauenden kognitiven Fähigkeiten [9,10]. Der Lernaspekt

zielt in der Mehrheit auf Parameteroptimierungen

oder Regleranpassungen [11], das Lernen von symbolischem

Wissen ist eher selten anzutreffen [15]. Warum

gerade das Lernen ein offenes Problem darstellt, erklärt

zum Beispiel Brachman [12]: „Learning in the context of

a full-blown cognitive system is not a unitary thing. There

are many types of learning – whether or not they are

based on some common mechanism, I can’t tell you – but

skill learning and language learning and discovering patterns

in data and learning to build things are all different.“

Generell fehlt eine Kategorisierung der in der Automation

benötigten kognitiven Fähigkeit inklusive der Abbildung

auf die entsprechenden Anwendungsfälle und Herausforderungen

in der Automation. Zur Veranschaulichung

eignen sich entsprechende Forschungs- und Demonstrationsplattformen,

wie beispielsweise die

Smartfactory KL des Deutschen Forschungszentrums für

Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserlautern [5] oder

die gemeinsam von Fraunhofer und der Hochschule Ostwestfalen-Lippe

betriebene Lemgoer Modellfabrik [6].

1. KONFIGURATIONSASSISTENTEN UND ADAPTIVITÄT

Während moderne Produktionsanlagen aus Sicht des

Maschinenbaus oft schon modular aufgebaut sind und

dadurch schnelle Rekonfigurationen prinzipiell unterstützen,

stellen die statisch programmierten Automatisierungssysteme

den Engpass dar.

So müssen bei einem Anlagenumbau Steuerungsprogramme

umprogrammiert, Netzwerke neu konfiguriert

und Leitsysteme angepasst werden. Diese Schritte erfolgen

häufig direkt an der Maschine oder Anlage und kosten

Zeit und bergen das Risiko von Fehlern. Intelligente

Konfigurationsassistenten sollen diese Aufgaben im Sinne

eines Plug-and-Play oder Plug-and-Produce (PnP) in

Zukunft weitestgehend automatisch durchführen und

damit die Inbetriebnahme- und Umbauphasen von Anlagen

signifikant verkürzen (Bild3).

Assistenzfunktionen im Bereich der Selbstkonfiguration

sind ein Beispiel für intelligente technische Systeme

mit der Fähigkeit zur Adaptivität: Adaptive Systeme

sind in der Lage, Lösungsstrategien in sich ändernden

Umgebungen selbstständig zu entwickeln. Dies steht im

Gegensatz zum aktuellen Stand der Technik, so werden

zum Beispiel in der Automation Lösungsstrategien noch

fest in Form von Steuerungsprogrammen vom Menschen

vorgegeben.

So besteht der Hauptunterschied zwischen der konventionellen

Automation und den intelligenten Konfigurationsassistenten

in der Verwendung von explizitem

Domänenwissen durch die Assistenzsysteme (siehe

auch Bild 2). Solch explizites, formalisiertes Domänenwissen,

zum Beispiel über die Maschine oder Anlage,

über das Automatisierungssystem oder über physikalische

Hintergründe, ist von Rechnern verarbeitbar. Hierzu

werden Methoden des maschinellen Schließens verwendet

[13]. So können die Algorithmen mit deskriptiven

Zielvorgaben (wie „Produziere ein Produkt in einer

vorgegebenen Güte und Zeit“) arbeiten, anstatt auf heute

übliche statische, durch den Menschen vorgegebene

Handlungsabläufe (beispielsweise „bewege Roboter auf

Position A, starte Transportband für 5 sec, ....“) angewiesen

zu sein. Es werden also statische, lösungsorientierte

Handlungsvorgaben durch abstrakte ergebnisorientierte

Zielvorgaben ersetzt. Das erhöht die Flexibilität der

Automatisierungssysteme und verringert den Aufwand

beim Menschen.

Die Konfigurationsunterstützung umfasst dabei zwei

Schritte:

1 | Zuerst muss die Planung des angestrebten Produktionsablaufes

auf MES-Ebene (MES: Manufacturing-

Execution-System) durchgeführt werden [9,11].

Der Produktionsablauf legt fest, in welcher zeitlichen

Reihenfolge die Einzelmaschinen arbeiten,

um das Endprodukt zu erzeugen. Aktuell werden

Beschreibungen der zur Verfügung stehenden

Ressourcen/Geräte und die Zielvorgabe als Modell

genutzt. Algorithmisch kommen zumeist Suchverfahren,

maschinelles Schließen und Optimierungsverfahren

zum Einsatz.

2 | Im nächsten Schritt identifiziert das Automatisierungsmodul,

bestehend aus Steuerung, Feldgeräten

und so weiter, selbststständig seine Rolle im Gesamtablauf

der Produktion inklusive aller benötigter

Kommunikationsbeziehungen für die notwendige

Systemintegration [22, 23, 28].

Für die Integration von Anlagenmodulen auf Feld- und

Steuerungsebene (Schritt 2) sind im Wesentlichen drei

Aufgaben zu leisten:

1 | Herstellen einer grundsätzlichen Konnektivität durch

Realisierung eines Ad-hoc-Kommunikationskanals

zwischen einer Managementinstanz für die PnP-Funktionalität

und dem neuen Anlagenmodul ( Bild 3).

2 | Infrastruktur zur Herstellung einer Interaktionsfähigkeit

zwischen dem Automatisierungsmodul und

der Umgebung (Middleware).

3 | Selbstbeschreibung der Funktionalität des Anlagenmoduls

(Semantik).

Zu 1: In der Automation sind Echtzeit-Ethernetsysteme

(RTE) Stand der Technik. Bei jeder Anpassung der Netzkonfiguration

aufgrund von Anlagenumbauten sind

heute manuelle Konfigurations- und Planungsschritte

notwendig, die einer Selbstkonfiguration im Wege stehen.

Heutige RTE-Systeme bieten neben der zeitkritischen

Prozessdatenübertragung auch einen parallel

nutzbaren IP-basierten Kommunikationskanal an, der

sich für den Austausch der Informationen zur Selbstkonfiguration

anbietet [20].

Für diesen IP-basierten Kommunikationskanal ist

zunächst die Adressvergabe und das Discovery zu lösen.

Hierzu stehen auf OSI-Schicht 2 standardisierte Protokolle,

wie LLDP (IEEE 802.1 AB) oder Vorschläge für

38

atp edition

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effiziente Autokonfigurationsverfahren auf Basis topologiebasierter

MAC-Adressen [19] zur Verfügung. Auf der

Netzwerkschicht sind Verfahren, wie Auto-IP oder DHCP

bekannt.

Zu 2: Für die Realisierung der notwendigen Interaktionsfähigkeit

bietet sich der Einsatz einer Middleware an,

die eine Abstraktion von der eingesetzten Kommunikationstechnik

ermöglicht und zum Beispiel über Web

Services (wie OPC-UA, DPWS) standardisierte Dienste

für die Erkundung der Umgebung und den Nachrichtenaustausch

bietet [29, 30, 40]. Über diese Infrastruktur

werden auch alle Parameter für die Konfiguration des

RTE-Protokollstapels übertragen. Hierdurch kann die

eigentliche Prozessdatenkommunikation mit ihren Echtzeitanforderungen

über das RTE erfolgen. Diese Verfahren

werden derzeit zum Beispiel in dem EU-Projekt IOT@

Work [21] an der Lemgoer Modellfabrik auch vor dem

Hintergrund der notwendigen IT-Sicherheit untersucht

und erprobt. Der Lösungsansatz einer Trennung der

Übertragung der Echtzeitdaten und der für die Selbstkonfiguration

notwendigen Informationen ist mit allen

RTEs möglich, die eine IP-Kommunikation zulassen, die

nicht projektiert werden muss. Am Beispiel des RTE Profinet

ließ sich die Tragfähigkeit nachweisen [25].

Zu 3: Für eine vollständige Selbstkonfiguration im hier

dargestellten Sinne muss jedes Anlagenmodul nach dem

Umbau identifizieren, welche Signale es anderen Anlagenmodulen,

übergeordneten Steuerungen oder dem Leitsystem

zur Verfügung stellen muss beziehungsweise welche

es aus seiner Umgebung braucht. Dafür ist eine Definition

der Semantik aller Signale mittels einer maschinell

auswertbaren, funktionsbeschreibenden Anlagen-Modulbeschreibung

notwendig. Auf der Feld- und Steuerungsebene

stellt dieser Schritt noch eine offene Forschungsfrage

dar [22]. Generell existieren hierzu zwei Ansätze:

1 | Eine Identifikation der Signale über eindeutige Namen

setzt eine zentrale Planung oder eine Standardisierung

der Automatisierungssysteme voraus und

würde damit direkt dem Ziel der Wandlungsfähigkeit,

das heißt der Unabhängigkeit bei der Entwicklung

eines Anlagenmoduls, widersprechen. Daher

stellen Lastra und Delamer in [31] die Frage: „How

to enable two devices with no previous knowledge

on each other’s type, conceived using different paradigms

and interaction models but still with complementary

skill sets, to interact autonomously?“

2 | Eine Definition der Semantik aller Signale mittels

eines maschinell auswertbaren, funktionsbeschreibenden

Informationsmodells könnte die

Funktion eines Signals im Kontext der Anlage modellieren.

Ein Konfigurationsservice in der Steuerung

des Anlagenmoduls könnte dann anhand

dieses Informationsmodells und eines Schlussfolgerungsalgorithmus

identifizieren, welche Signale

es mit anderen Modulen austauschen muss.

Dieser Ansatz entspricht der allgemeinen Idee von

intelligenten technischen Systemen: Wissen wird

explizit und damit vom Computer verarbeitbar

gemacht, das heißt es entstehen adaptive und flexible

Systeme.

BILD 1: Assistenzsysteme unterstützen den Benutzer künftig

beim Umgang mit komplexen Automationssystemen.

BILD 2: Das Grundprinzip adaptiver Systeme

BILD 3: Automatische Systemintegration eines Anlagenmoduls

in der Lemgoer Modellfabrik

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HAUPTBEITRAG

Herausforderung beim zweiten Ansatz ist die Modellierung

der Semantik in Form von Informationsmodellen.

Diese müssen zum einen ausdrucksstark genug sein, um

die notwendige Semantik abzubilden. Anderseits müssen

effiziente Schlussfolgerungsmechanismen für den

Formalismus existieren. Eine allgemeine Übersicht zu

Informationsmodellen findet sich in [32]. In [31] werden

zum Beispiel Semantic Web Services und Web Ontology

Language (OWL) als Lösung vorgeschlagen. Loskyll et al.

verwenden Semantic Annotations for Web Services Description

Language (SAWSDL) und OWL [33]. Einen

interessanten Ansatz stellt die Verwendung von OPC-

UA-kompatiblen Informationsmodellen in Kombination

mit OWL dar [34]. Generell besteht also ein erster Trend

bezüglich der zu verwendenden Formalismen für die

Informationsmodelle, während zu den notwendigen Inhalten

der Modelle und der Schlussfolgerungsmechanismen

noch offene Fragen existieren.

2. DIAGNOSEASSISTENTEN UND DIE LERNFÄHIGKEIT

Intelligente Diagnoseassistenten helfen dem Benutzer,

frühzeitig Probleme und Verschleiß (Anomalieerkennung)

zu erkennen und entsprechende Fehlerursachen

(Diagnose) zu identifizieren und bei der Anlagenreparatur.

Diese drei Schritte bauen dabei üblicherweise aufeinander

auf.

Generell ist in der Produktionstechnik die Zuverlässigkeit

der Maschinen und Anlagen ein wichtiges Ziel.

Produktionsausfall durch Anlagenstillstände führt zu

hohen Kosten. Gerade in verteilten Produktionsanlagen

und in vernetzten Automatisierungssystemen ist die Fehlersuche

aber sehr aufwendig, da der Ort eines Fehlersymptoms

nicht gleich dem Ort der Fehlerursache sein

muss. Das Bedien- und Instandhaltungspersonal steht

daher bei auftretenden Fehlern unter hohem Zeit- und

Erfolgsdruck, um die Anlage wieder anzufahren. Hier

können Diagnoseassistenten helfen (siehe Bild 4).

Grundlage der Diagnoseassistenten ist die Verfügbarkeit

von formalisiertem Wissen über den automatisierten

Produktionsprozess, zumeist in Form von Modellen.

Diese Modelle werden zur Erkennung von Anomalien

und von Fehlerursachen verwendet. Alle erkannten Probleme

werden dem Fachpersonal über geeignete Mensch-

Maschine-Interaktionstechnologien (Leitsysteme, mobile

Plattformen) mitgeteilt.

Solche Diagnoseassistenten werden aus zwei Gründen

bislang wenig in der Industrie eingesetzt: Zum einen ist

die Modellerstellung arbeitsintensiv und kann oft nur

von Experten ausgeführt werden. Zum anderen ist der

Genauigkeit von manuell erstellten Modellen oft eine

Grenze gesetzt: Anlagen verändern sich häufig, zum Beispiel

durch Verschleißprozesse, durch Umwelteinflüsse

oder durch Umbauten.

Hier bietet das maschinelle Lernen einen Ausweg:

Durch Beobachtung des Prozesses in Echtzeit kann das

Modell und damit das notwendige Diagnosewissen maschinell

erlernt werden. Grundlage hierfür ist die Verfügbarkeit

der Prozessdaten, die zum Betriebszeitpunkt

in ausreichender Menge erfasst werden können.

Solche Assistenzfunktionen sind ein Beispiel für

intelligente technische Systeme basierend auf einer

Lernfähigkeit: Wie in Bild 5 zu sehen, erlernt der Diagnoseassistent,

basierend auf der erfassten Anlagensituation

(Situationserfassung), Wissen über das Anlagenverhalten

in Normal- und Fehlersituationen und über die

Wirkzusammenhänge in der Anlage.

Mittels dieses gelernten Wissens analysiert der Diagnoseassistent

das Anlagenverhalten im Betrieb und

erkennt Anomalien und Fehlerursachen, die dann dem

Benutzer mitgeteilt werden.

Das Lernen von Modellen zur Anomalieerkennung

und Diagnose ist ein typisches Anwendungsgebiet des

maschinellen Lernens. Wie in Bild 6 zu sehen, wird generell

zwischen dem Lernen von Klassifikatoren für

phänomenologische Diagnoseansätze und dem Lernen

von Modellen für modellbasierte Diagnoseansätze

unterschieden.

1 | Phänomenologische Ansätze klassifizieren Beobachtungen

direkt als korrekt oder inkorrekt beziehungsweise

klassifizieren sie gemäß der Fehlerursachen.

2 | Modellbasierte Ansätze ermitteln zunächst Anomalien

durch einen Vergleich eines Modells des Normalverhaltens

mit aktuellen Beobachtungen. Fehlerursachen

werden anschließend durch ein Suchverfahren

ermittelt, wobei solange Hypothesen für die

Fehlerursachen in das Modell integriert werden, bis

Prognose und Beobachtung wieder übereinstimmen.

Das Lernen für phänomenologische Ansätze kann also

auf das Lernen von Klassifikatoren zurückgeführt werden.

Typisch für phänomenologische Ansätze ist die

statische Behandlung des wichtigen Faktors Zeit: Im

Allgemeinen wird zunächst ein statischer Eigenschaftsvektor

berechnet, der dann als Eingabe der Klassifikationsfunktion

verwendet wird. Beispiele sind Funktionsapproximationsansätze

(wie Neuronale Netze, Regression,

Fuzzy-basierte Ansätze), Support-Vektor-Maschinen,

fallbasierte Ansätze oder regelbasierte Methoden

(zum Beispiel induktive Lernverfahren oder das Lernen

von Entscheidungsbäumen).

Neben der für technische Systeme unzureichenden

Behandlung des Faktors Zeit haben phänomenologische

Ansätze ein grundsätzliches Problem: Sie schliessen gegen

die Kausalität des ursprünglichen Systems, das heißt

sie schließen von Symptomen/Beobachtungen auf Anomalien

und Fehlerursachen. Für komplexe Anlagen mit

vielen Abhängigkeiten zwischen Komponenten und komplizierten

Wirkzusammenhängen führt dies zu diversen

Problemen: (1.) Die Klassifikationsalgorithmen müssen

viele Signale inklusive ihrer Historie im Eigenschaftsvektor

berücksichtigen. (2.) Die Klassifikationsansätze

müssen eine hohe Anzahl von Wertkombinationen im

Eigenschaftsvektor abbilden, dies verhindert letztendlich

die Lernbarkeit dieser Modelle. Aus diesen Gründen

sind phänomenologische Ansätze zwar aus Sicht der

Lernbarkeit dankbare Ansätze, für komplexe technische

Systeme aber oft ungeeignet.

Das Lernen von modellbasierten Ansätzen ist zunächst

grundsätzlich schwieriger. Es muss ein vollständiges

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BILD 4: Unterstützung des Benutzers bei der Fehlersuche

durch Diagnoseassistenten

BILD 5: Maschinelles Lernen als Grundlage für Diagnoseassistenten

BILD 6: Phänomenologische (oben) und modellbasierte

Ansätze (unten) zur Anomalieerkennung und Diagnose

BILD 7: Lernphase des Assistenten zur

Anomalieerkennung

BILD 8: Ausschnitt eines gelernten hybriden zeitlichen

Automaten für den Abfüllprozess der Lemgoer Modellfabrik

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HAUPTBEITRAG

Modell des Systemverhaltens gelernt werden und dies

nur durch Beobachtung des Systems. Auf der anderen

Seite sind solche Modelle aber in der Lage, das Zeitverhalten

genau abzubilden (zum Beispiel in Form von Differenzialgleichungen)

und eine große Kombination von

Wirkzusammenhängen kompakt zu erfassen (beispielsweise

in Form von endlichen Automaten).

Bisherige Arbeiten zum Modelllernen haben sich auf

die Parametrisierung von vorgegebenen Differenzialgleichungssystemen

[35], auf das Lernen von Regeln für

diskrete Ereignisse [36, 38] oder auf die Ermittlung von

lokalen Zusammenhängen zwischen kontinuierlichen

Variablen eines Teilsystems [37] konzentriert. Für komplexe

technische Systeme liegt daher die aktuelle Herausforderung

auf dem Lernen von Modellen mit den

folgenden Eigenschaften:

BILD 9: Diagnoseassistent aus den Projekten Initial

und AVA [16, 17]

BILD 10: Energieoptimierter Betrieb eines Hochregallagers

in der Lemgoer Modellfabrik

BILD 11: Prinzip der Optimierungsassistenten

1 | Es sollte möglichst wenig A-priori-Wissen zum Lernen

notwendig sein. Optimal ist eine Beschränkung

auf die Erfassung von asynchronen Teilsystemen.

Daraus folgt, dass eine reine Modellparametrisierung

unzureichend ist.

2 | Das Zeitverhalten sollte explizit modelliert sein.

3 | Es sollten hybride Systeme, das heißt Systeme mit

Wert-diskreten und Wert-kontinuierlichen Variablen,

erfasst werden. Hierbei ist zu beachten, dass

Wert-diskrete Variablen oft radikale Änderungen des

Systemverhaltens (Mode-Wechsel, [39]) nach sich

ziehen. Beispiele sind das Öffnen eines Ventils oder

das Einschalten eines Antriebs.

In den Projekten Initial und AVA wurden entsprechende

Ansätze an der Lemgoer Modellfabrik und an realen

Industrieanlagen entwickelt und validiert [16, 17]. Der

Fokus lag dabei auf der Erkennung von Anomalien und

auf dem Lernen von Modellen des Normalverhaltens

mit einer expliziten Erfassung des Zeitverhaltens für

hybride Systeme.

Der in diesen Projekten entwickelte Diagnoseassistent

unterscheidet generell zwei unterschiedliche Phasen.

In der Lernphase (Bild 7) werden zunächst alle Daten

der Anlage durch Messungen von Prozesssignalen gesammelt

(Schritt 1). Herausforderungen sind hierbei die

Erfassung der Daten in heterogenen, verteilten Automationssystemen

und die zeitliche Synchronisation der

Messstellen. Aus diesen Daten wird in Schritt 2 ein Modell

des Normalverhaltens der Anlage gelernt.

Generell kann nicht das komplette Modell des Normalverhaltens

erlernt werden, wo immer möglich wird daher

auf A-priori-Wissen zurückgegriffen. Dieses A-priori-

Wissen umfasst zumeist Strukturinformationen der Anlage

und der Automationslösung, minimal müssen zumindest

asynchrone Teilsysteme ausgewiesen werden.

Beispiele für solches a-priori-Wissen sind vorhandene

Anlagenmodelle in Form von AutomationML-Dateien

[14] oder in Form von CAD-Modellen.

Das Verhalten der einzelnen, synchronen Teilsysteme

wird in Form eines hybriden, zeitbehafteten Automaten

gelernt [15]. Solche Automaten bilden das Normalverhalten

(das heißt das fehlerfreie Verhalten) der Anlage

als Abfolge von Zuständen ab, wobei innerhalb eines

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Zustandes ein einfacher zeitlicher und funktionaler

Zusammenhang zwischen den Signalen besteht, zum

Beispiel beschreibbar durch gewöhnliche Differenzialgleichungen

oder durch ein neuronales Netz. Bei dem

Auftreten eines Ereignisses, wie Einschalten einer

Pumpe oder Schalten einer Lichtschranke, wechselt

der Automat innerhalb einer definierten Zeitspanne in

einen neuen Zustand.

Bild 8 zeigt einen solchen gelernten Automaten für

die Abfüllstation der Lemgoer Modellfabrik: Erkennbar

sind Grundzustände (Kreise in der Abbildung) bei der

Abfüllung von Schüttgut und die Zustandsübergänge,

das heißt die Transitionen. An jeder Transition sind die

auslösenden Ereignisse (Prozesssignale) und die Zeitspanne

seit dem letzten Ereignis annotiert. Solche

Automaten haben auch den Vorteil, dass Experten sie gut

verstehen und somit zu Verifikationszwecken mit dem

Verhalten der Anlage vergleichen können (rote Annotationen

in Bild 8).

Der Diagnoseassistent kann nun in der Betriebsphase

(Bild 9) das von dem gelernten Automaten prognostizierte

Verhalten (Schritt 3) mit dem beobachteten Verhalten

der realen Anlage vergleichen und so Anomalien

erkennen (Schritt 4). Diese werden dem Benutzer über

geeignete Mensch-Maschine-Interaktionstechnologien

mitgeteilt (Schritt 5).

Die in [15, 17] entwickelten Algorithmen sind in der

Lage, das Normalverhalten hybrider Systeme korrekt zu

erlernen und so falsches Zeitverhalten aufgrund von Verschleiß,

suboptimaler Energieverbräuche oder unerwarteter

Prozesssignale zu erkennen und dem Benutzer

frühzeitig Hinweise auf Probleme zu liefern.

3. OPTIMIERUNGSASSISTENTEN UND

DIE PROGNOSEFÄHIGKEIT

Ein weiteres Anwendungsfeld sind Assistenzsysteme für

die Selbstoptimierung. Sie helfen dem Benutzer dabei,

die Anlagenleistung und Effizienz kontinuierlich zu analysieren,

zu verbessern und einen möglichst optimalen

Betriebspunkt anzustreben (Bild 10).

Hierdurch lässt sich beispielsweise der Energieverbrauch

von produktionstechnischen Anlagen optimieren.

Um neben der Grundfunktion auch eine energieoptimierte

Betriebsführung durchführen zu können, muss

ein Rechnermodell der Maschine oder Anlage aus energie-

und automatisierungstechnischer Sicht vorhanden

sein. Algorithmen der Selbstoptimierung übernehmen

nun auf Basis dieses Modells wiederkehrend und in

Echtzeit Aufgaben des Programmierers [18], indem sie

das Ablaufverhalten im Modell kontinuierlich derart

anpassen, dass zum einen die Grundfunktion gewährleistet

bleibt und gleichzeitig die gesetzten Energieziele

erfüllt werden können.

Solche Assistenzfunktionen sind ein Beispiel für intelligente

technische Systeme mit einer Prognosefähigkeit.

Wie in Bild 11 zu sehen ist, basiert jede automatische

Optimierung eines technischen Systems auf einer

Prognosefähigkeit. Nur durch die hypothetische Analyse

der Auswirkung von Änderungen im Ablaufverhalten

durch Simulation der angepassten Modelle kann mittels

einer gesteuerten Suche im Optimierungsraum eine gute

Anlagenkonfiguration ermittelt werden.

ZUSAMMENFASSUNG

Künftige Automatisierungssysteme müssen sich selbstständig

vernetzen, diagnostizieren und optimal anpassen.

Hierfür existieren derzeit viele Teil-, aber noch keine

ganzheitlichen Lösungen in der Automation. Technische

Grundlage der vorgestellten intelligenten Assistenten

sind neben einer durchgängigen Vernetzung die explizite,

rechnerverarbeitbare Modellierung des Wissens der

automatisierten Prozesse sowie entsprechende wissensbasierte

Algorithmen zur Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose

und Selbstoptimierung.

Derzeit fehlen Modellformalismen und Semantikinformationen,

die dann mittelfristig (1.) die Grundlage für

das maschinelle Schließen von Anlageninformationen

bilden (zum Beispiel für die Konfigurationsassistenten),

die (2.) das Lernen der Modelle unterstützen (beispielsweise

für die Diagnoseassistenten) und die (3.) eine Prognose

des Systemverhaltens erlauben (zum Beispiel für

die Optimierungsassistenten). Langfristig ermöglichen

diese Grundlagen die Entwicklung der Anomalie- und

Diagnosealgorithmen, der Methoden zur Anlagensynthese

und der Verfahren zur Anlagenoptimierung.

Dieser Beitrag zeigt mit den intelligenten Assistenzsystemen

ein Handlungsfeld auf, dessen Forschungsfragen

von der automatisierungstechnischen Forschungswelt

aufgegriffen werden sollten, um die zunehmende

Komplexität der Automatisierungssysteme beherrschbar

zu machen und damit die technologisch führende

Position der deutschen Automation zu sichern und

auszubauen.

MANUSKRIPTEINGANG

05.05.2012

DANKSAGUNG

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

Das Projekt Initial wird im Rahmen der Förderlinie

„Hightech-NRW“ vom Ministerium für

Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie

des Landes Nordrhein-Westfalen (Förderkennzeichen

z0903ht015a) gefördert. Das Projekt

AVA wird vom Bundesministerium für Bildung

und Forschung unter dem Förderkennzeichen

17N1211 gefördert.

Die Bereiche Selbstkonfiguration, Selbstdiagnose

und Selbstoptimierung von technischen

Systemen sind ein Schwerpunkt des BMBF-

Spitzenclusters „Intelligente Technische Systeme

Ostwestfalen-Lippe it’s OWL“, in dem das

Fraunhofer-An wendungszentrum für Industrielle

Automation (IOSB-INA) in Lemgo eine der beteiligten

Forschungseinrichtungen ist.

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HAUPTBEITRAG

REFERENZEN

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In: Proceedings 9th IEEE International Conference

on Industrial Informatics, S. 346– 351. IEEE, 2011

Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN JASPER-

NEITE (geb. 1964) leitet in Personalunion

das Fraunhofer IOSB-

INA in Lemgo und das Institut

für industrielle Informationstechnik

(inIT) der Hochschule

Ostwestfalen-Lippe. Sein derzeitiges

Forschungsinteresse

liegt im Bereich IKT-basierter

Automatisierungstechnologien.

Fraunhofer-Anwendungszentrum

Industrial Automation (IOSB-INA),

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 70 25 72,

E-Mail: juergen.jasperneite@iosb-ina.fraunhofer.de

Prof. Dr. rer. nat. OLIVER

NIGGEMANN (geb. 1971) ist

stellvetretender Leiter des

Fraunhofer IOSB-INA und

Professor an der Hochschule

Ostwestfalen-Lippe. Seit 2008

ist er Vorstandsmitglied des

Instituts für industrielle

Informationstechnik (inIT).

Sein derzeitiges Forschungsinteresse liegt im

Bereich der intelligenten Automationssysteme.

Fraunhofer-Anwendungszentrum

Industrial Automation (IOSB-INA),

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,

E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de

Sprechstunde

3. Explosionsschutz-Sprechstunde

Explosionsschutz

14. + 15.11.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

www.explosionsschutz-sprechstunde.de

Save the date!

Themen

Installation und Betrieb explosionsgeschützter Anlagen

Typische Fehler bei unterschiedlichen Zündschutzarten

Der korrekte Nachweis der Eigensicherheit

Fachgerechte Reparatur und Prüfung von

explosionsgeschützten Betriebsmitteln

Termin

Mittwoch, 14.11.2012

Veranstaltung (11:30 – 17:30 Uhr)

„Get-Together“ mit Abendessen (ab 18:30 Uhr)

Donnerstag, 15.11.2012

Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)

Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.explosionsschutz-sprechstunde.de

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HAUPTBEITRAG

Offenheitsmetrik für

Engineering-Werkzeuge

Die Fähigkeit zur Interoperabilität bewerten

Dieser Beitrag stellt eine Methodik zur Bewertung der Offenheit von Engineering-Werkzeugen

vor. Unter dem Begriff Offenheit werden die Möglichkeiten eines Engineering-

Werkzeugs zusammengefasst, seine Daten anderen Engineering-Werkzeugen zur Verfügung

zu stellen beziehungsweise – im bidirektionalen Austausch – Daten aus anderen

Werkzeugen zu nutzen. Offenheit stellt eine Voraussetzung für die Interoperabilität und

damit für die Gebrauchstauglichkeit von unabhängigen Engineering-Werkzeugen dar.

Die Autoren haben eine Metrik entwickelt, die es ermöglicht, die Offenheit von Engineering-Werkzeugen

systematisch zu bewerten, zu vergleichen, die Eignung für die Nutzung

für eigene Aufgaben abzuschätzen und Verbesserungsmöglichkeiten bei den Werkzeugen

aufzuzeigen. Sie stützt sich auf durch Anwender wie Hersteller feststellbare

Kriterien, die ein Engineering-Werkzeug erfüllen muss, um offen im Sinne der Interoperabilität

zu sein.

SCHLAGWÖRTER Gebrauchstauglichkeit von Engineering-Werkzeugen /

Engineering-Workflow / Datenaustausch / Schnittstellen

Assessment of Engineering Tools regarding their Interoperability

by Means of an Openness Metric

The authors propose a novel method for the assessment of engineering tools regarding

their openness. Openness is understood as the possibility of an engineering tool to provide

data for other software tools and to make use of the data provided by other tools.

In this sense, openness is a prerequisite for the interoperability of independent engineering

tools. The authors have developed a metric to systematically assess and compare the

openness of engineering tools. Thus, users can estimate better whether an engineering

tool is suitable for a particular need within an engineering use case, and suppliers might

find interesting hints towards possible improvements. The openness metric is based on

criteria which can easily be examined by users and developers alike and which are

indispensable for an engineering tool to allow interoperability within a tool chain of

independent engineering tools.

KEYWORDS usability of engineering tools / engineering workflow / data exchange /

interfaces

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RAINER DRATH, MIKE BARTH, ABB Forschungszentrum

ALEXANDER FAY, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg

Das Engineering automatisierter industrieller

Anlagen oder deren automatisierungstechnischer

Ausstattung steht vor allem in Deutschland

unter erheblichem Kostendruck. Daher

haben die Leiter von Engineering-Projekten

oder -Organisationen Interesse an Möglichkeiten, das

Engineering effizient zu gestalten [1]. Dazu zählt, Projekte

innerhalb der vorgegebenen beziehungsweise zugesagten

Projektdauer erfolgreich abschließen zu können.

In der Praxis stellt sich die Situation jedoch oft so dar,

dass zum geplanten Projektabschlusstermin die Leistungen

nur teilweise erbracht sind und das Projekt signifikant

später fertig gestellt wird (siehe Bild 1). Es ist zu

vermuten, dass die Effizienz der Engineering-Arbeit (im

Sinne eines erzielten Projektfortschritts pro Zeiteinheit)

nicht hoch genug gewesen ist (orangene Linie in Bild 1)

und durch geeignete Maßnahmen gesteigert werden

muss (grüne Linie in Bild 1).

Um die Engineering-Effizienz zu steigern, sind in den

letzten Jahren zahlreiche Engineering-Methoden und

-Werkzeuge optimiert worden [2]. Dabei wurden beachtliche

Fortschritte erzielt. Aufgrund des stetig steigenden

Drucks durch Auftraggeber und Wettbewerber wird

jedoch weiterhin häufig die in Bild 1 orange dargestellte

Situation beobachtet.

Das Engineering automatisierter Anlagen ist durch ein

stark arbeitsteiliges Vorgehen gekennzeichnet, bei dem

Experten verschiedener Fachdisziplinen (Gewerke) Engineering-Leistungen

erbringen [3]. Dabei bauen sie jeweils

auf den Ergebnissen vorangegangener Engineering-

Phasen und anderer Gewerke auf. Dazu müssen jedoch

deren Ergebnisse zunächst beschafft, analysiert, verstanden

und gegebenenfalls in eigene Engineering-Software-

Werkzeuge übertragen werden, bevor mit der eigenen

Engineering-Aufgabe begonnen werden kann [4]. Bei den

Übergaben entsteht ein Zeitverlust, der sich auch bei

effizienter Durchführung der einzelnen Engineering-

Aufgaben aufsummiert und insgesamt zu signifikanten

Verzögerungen führt (siehe orange Linie in Bild 2).

Üblicherweise können an den Schnittstellen zwischen

Phasen und Gewerken nicht alle Engineering-Ergebnisse

verlustfrei übergeben werden. Das hängt unter anderem

mit Verständnisschwierigkeiten bei der Interpretation

der Ergebnisse anderer und unzulänglichen Möglichkeiten

zusammen, die Ergebnisse in eigene Engineering-

Werkzeuge zu überführen beziehungsweise in diesen

abzubilden. Der Engineering-Fortschritt ist also durch

zeitweilige Rückschritte an den Übergabepunkten zwischen

den Phasen und Gewerken gekennzeichnet (rote

Linie in Bild 2). Um die Effizienz des Engineerings zu

steigern, ist es erforderlich, die Schnittstellen zwischen

Engineering-Werkzeugen zu verbessern, um so Zeitverluste

und Informationsverluste zu vermeiden.

Bezüglich der zwischen den Werkzeugen auszutauschenden

Inhalte sind in der Vergangenheit eine Reihe

von Standards (zum Beispiel ISO 15926 [5], STEP [6]),

Empfehlungen (wie NE 100 [7], PlantXML [8]) und Beispielimplementierungen

(wie OntoCAPE [9], Engineering-Service-Bus

[10]) erarbeitet worden. Während sich

die vorgenannten Ansätze mit der Entwicklung eines

allgemeingültigen Datenmodells oder mit der Implementierung

von Datenaustauschszenarien befassen, liegt der

Schwerpunkt dieses Beitrages auf der grundsätzlichen

Eignung von Engineering-Werkzeugen zum Datenaustausch,

insbesondere in einer heterogenen Werkzeuglandschaft.

Das Engineering industrieller Anlagen erfordert den

Einsatz von Planungswerkzeugen von zum Teil unterschiedlichen

Herstellern, die nicht für eine Zusammenarbeit

vorbereitet sind. Dies ist vor allem darin begründet,

dass für die einzelnen Schritte des Engineerings

Speziallösungen mit für ihren Bereich möglichst optimalen

Ergebnissen im Fokus der Software-Entwickler

und -Anwender stehen.

Für die Zusammenarbeit zwischen diesen heterogenen

Werkzeugen ist die Fähigkeit zur Interoperabilität, das

heißt deren Fähigkeit zur Zusammenarbeit über Werkzeuggrenzen

und Planungsphasen hinweg, entscheidend.

„Interoperabilität zwischen Engineering-Werkzeugen

verfolgt das Ziel, Konsistenz zwischen den Daten

einer Werkzeugkette computergestützt, systematisch und

wiederholt herstellen zu können.“ [11].

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47


HAUPTBEITRAG

Aus Sicht des Anwenders, das ist im Fall der Engineering-Werkzeuge

ein Planer einer Anlage oder eines

Teil(gewerk)s einer Anlage, ist die Fähigkeit zur Interoperabilität

ein wesentlicher Aspekt der Gebrauchstauglichkeit

(usability) eines Engineering-Werkzeugs. Die

ISO 9241 definiert in Teil 11: „Usability: Extent to which

a product can be used by specified users to achieve specified

goals with effectiveness, efficiency and satisfaction“

[12]. Wenn ein Engineering-Werkzeug es dem Anwender

nicht ermöglicht, Daten mit anderen Engineering-Werkzeugen

im Planungsablauf verlustfrei, schnell

und einfach auszutauschen, wird die Gebrauchstauglichkeit

signifikant beeinträchtigt.

1. ZIEL: INTEROPERABILITÄT VON WERKZEUGEN

Als Voraussetzung für Interoperabilität gelten die

durch den GMA-Fachausschuss 6.12 (heute: „Durchgängiges

Engineering von Leitsystemen“) hinsichtlich

des Informationsaustausches definierten Attribute

durchgängig, vernetzt und offen. „Die Vernetzung der

Werkzeuge über offene Schnittstellen offeriert die

Möglichkeit eines durch gängigen Engineerings entlang

des Engineering-Workflows, gewerke- und unternehmensübergreifend“

[13].

Interoperabilität lässt sich technisch am einfachsten

im Rahmen einer integrierten Werkzeuglandschaft umsetzen.

Diese (auch als Tool-Suite bezeichnet) besteht aus

aufeinander zugeschnittenen und somit voneinander

abhängigen Werkzeugen aus der Hand eines Herstellers,

bei denen der Hersteller dafür Sorge getragen hat, dass

der Datenaustausch systemintern bewerkstelligt wird.

Dabei wird durch syntaktische und semantische Konsistenz

[14] sichergestellt, dass keine Informationen verloren

gehen. Trotz dieser zunächst verlockenden Perspektive

fehlt in der Praxis oft die Bereitschaft, diesen

Weg zu verfolgen: sei es,

weil vorhandene Einzelwerkzeuge aufgrund von

damit gemachten Erfahrungen und darin gespeichertem

Wissen weiter verwendet werden sollen,

weil bestimmte Einzelwerkzeuge hinsichtlich

bestimmter Funktionen und Fähigkeiten als vorteilhaft

angesehen werden,

weil bestimmte Projektpartner auf der Nutzung

bestimmter Werkzeuge bestehen, oder auch

aufgrund der Befürchtung, sich in zu große Abhängigkeit

von einem Hersteller zu begeben.

Daher sind Engineering-Projekte typischerweise durch

die Nutzung unabhängiger, nicht aufeinander abgestimmter

Werkzeuge mit jeweils eigener Datenbasis gekennzeichnet

[15]. Um dennoch Informationen möglichst

verlustfrei zwischen Gewerken und beteiligten Engineering-Organisationen

austauschen zu können, weisen die

Engineering-Werkzeuge Schnittstellen auf, mit denen

Engineering-Daten importiert oder exportiert werden

können. Diese Schnittstellen erfordern es, eine bestimmte

Syntax einzuhalten, der Import ist aber im Allgemeinen

unabhängig von der Semantik der importierten Daten.

Die semantische Konsistenz ist dann vom Anwender

sicherzustellen. Dies kann durch die werkzeugneutrale

Erstellung von Meta-Modellen erreicht werden; dies ist

die Hauptmotivation für die Entwicklung von AutomationML,

CAEX oder PLCopen XML.

Eine ähnliche Aufgabe stellt sich, wenn im Rahmen

eines Produktentwicklungsprojekts die aufeinanderfolgenden

Herstellungsschritte (zum Beispiel, spanende

Bearbeitung, Härten) mit dafür jeweils optimierten

Werkzeugen simuliert werden sollen: Auch dabei müssen

die in einem Werkzeug generierten Simulationsergebnisse

syntaktisch und semantisch korrekt in ein anderes

Werkzeug (oder mehrere) übertragen werden. Die

Problematik der Interoperabilität von solchen Simulationswerkzeugen

und ein Ansatz zur Integration von

Werkzeugen werden in [16] dargestellt.

Unabhängig vom verwendeten Datenaustauschformat

muss sichergestellt werden, dass sich die Werkzeuge

überhaupt zum iterativen Datenaustausch eignen.

Diese Offenheit von Engineering-Werkzeugen ist dabei

wesentlich durch die Ausprägung ihrer Daten-Schnittstellen-Funktionalitäten

charakterisiert. Einfache Exund

Import funktionalitäten werden zwar angeboten,

jedoch stoßen die Anwender bei mehreren Iterationsschritten,

wie sie im Engineering notwendig und

üblich sind, schnell an die Grenzen. Dies behindert

die Interoperabilität.

Um fundiert eine Auswahlentscheidung für ein Engineering-Werkzeug

im Rahmen eines heterogenen Werkzeugverbunds

treffen zu können, ist eine objektive Bewertung

der Offenheit von Engineering-Werkzeugen

hilfreich. Hierzu haben die Autoren eine Offenheitsmetrik

entwickelt, die es erstmals ermöglicht, die Interoperabilität

von Engineering-Werkzeugen systematisch und

objektiv zu bewerten, zu vergleichen und Verbesserungen

anzuregen. Die Offenheitsmetrik detailliert die in

[11] skizzierte „Bewertung der Offenheit von Engineering-Werkzeugen“

und ist damit eine Weiterentwicklung

der in [17] beschriebenen Zielzustände hinsichtlich der

Durchgängigkeit einer Werkzeugkette:

Zielzustand A: Planungsdaten einer Anlage beziehungsweise

Aspekte davon liegen im Rechner vor,

sind jedoch nicht rechnergestützt auswertbar.

Zielzustand B: Die Planungsdaten einer Anlage liegen

als rechnergestützt auswertbare Daten vor. Die

jeweiligen Formate sind von Projekt zu Projekt gleich.

Beispiele hierfür sind in XML-Dateien oder Excel-

Tabellen überführbare Messstellen- oder Gerätelisten

mit stets gleichem Aufbau. Die zugrundeliegenden

Datenmodelle sind Teil der Excel-Tabellen oder der

XML-Schemendefinition.

Zielzustand C: Die Planungsdaten einer Anlage können

direkt zwischen den Engineering-Werkzeugen

ausgetauscht werden. Der Fortschritt gegenüber Zielzustand

B ist, dass die eingesetzten Werkzeuge auch

einen Daten-Import leisten können. Damit ist ein

durchgängiger, verlustfreier und effizienter Datenaustausch

möglich. Der Austausch wird dabei manuell

angestoßen. Der Ingenieur wird bei der Konsistenzsicherung

und Datenzuweisung unterstützt.

48

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Über diese Anforderungen hinausgehende Aspekte für

einen dateibasierten Datenaustausch sind in [18] beschrieben

worden.

2. DATENAUSTAUSCH-BEDARFE IM ENGINEERING

Wie zuvor dargelegt, müssen Daten in Engineering-Projekten

einerseits zwischen aufeinanderfolgenden Projektphasen

übergeben werden, weil dabei der Abstraktionsgrad,

damit meist die bearbeitende Instanz und damit

häufig das eingesetzte Engineering-Werkzeug wechselt,

andererseits zwischen verschiedenen Gewerken, die

nacheinander oder auch parallel (simultaneous engineering)

an verschiedenen Aspekten des Projekts mit verschiedenen

Werkzeugen arbeiten. In jedem Fall werden

grundsätzliche Anforderungen an den Datenaustausch

zwischen Werkzeugen gestellt, die in Abschnitt 3 detailliert

betrachtet werden. Zuvor soll der in Bild 3 dargestellte

Ausschnitt einer automatisierten Produktionslinie

als Beispiel für den Informationsaustausch zwischen

Werkzeugen benachbarter Gewerke erläutert werden.

Bestandteile der Automatisierungseinrichtung dieser

Produktionslinie sind unter anderem

eine Zellen-SPS zur Steuerung des Materialtransports

und einiger Handhabungsaufgaben,

eine Roboter-Steuerung für den Handhabungsroboter,

Antriebsmodule für die elektrischen Antriebe der

Fördertechnik,

eine Safety-SPS für Einrichtungen, die der funktionalen

Sicherheit dienen, wie zum Beispiel Schutztüren,

eine Linien-SPS für Koordinationsaufgaben (Kopfsteuerung),

ein Bedienpult.

BILD 1: Steigerung der Effizienz der Durchführung von

Engineering-Aufgaben

BILD 2: Verzögerungen (orange) und Rückschritte (rot)

bei der Übergabe von Engineering-Ergebnissen

Diese sechs Automatisierungsgeräte werden typischerweise

jeweils mithilfe getrennter Engineering-Werkzeuge

konfiguriert. Die Datenbestände dieser Engineering-

Werkzeuge überlappen sich teilweise, da die Automatisierungsgeräte

miteinander über (digitale) Kommunikationsmittel

verbunden sind. Hierzu zählen:

die Konfiguration der eingesetzten Hardware (zum

Beispiel Feldbus-Geräte und deren Einstellungen)

sowie

die Definition von Signalen.

Die Schnittmengen sind in diesem Beispiel sehr klein,

bei größeren Anlagenprojekten können sie jedoch großen

Umfang annehmen, sodass eine werkzeugunterstützte

Handhabung dieser Daten zur Aufwandsreduzierung

und Fehlervermeidung erstrebenswert ist.

Ein einfacher Engineering-Ablauf könnte so aussehen,

dass bei der Erstellung der HW-Konfiguration der

Linien-SPS zunächst alle Kommunikationssignale

angelegt und im Anschluss über eine entsprechende

Schnittstelle exportiert werden. Die Engineering-Werkzeuge

der anderen Automatisierungsgeräte übernehmen

daran anschließend die für sie jeweils relevanten

Daten per Import.

BILD 3: Typische Produktionslinie (exemplarischer

Betrachtungsbereich)

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HAUPTBEITRAG

Ein komplexerer Engineering-Ablauf könnte beinhalten,

dass Planer in den Engineering-Werkzeugen der Peripheriegeräte

zusätzliche Signale anlegen, die zwischen diesem

Gerät und der Linien-SPS ausgetauscht werden sollen. Diese

Signale müssen aus den Engineering-Werkzeugen exportiert

und wieder in das Engineering-Werkzeug der Linien-

SPS importiert werden. Dieser Engineering-Ablauf könnte

sich auch mehrfach wiederholen. Bei diesem Ablauf müssen

die beteiligten Engineering-Werkzeuge jeweils über

Im- und Exportfunktionen verfügen und auch über Mechanismen

zur Erhaltung der Konsistenz ihrer Datenbasis beim

mehrfachen Import. Ähnliche Engineering-Aufgaben stellen

sich auch in der Prozess- und Gebäudeautomatisierung.

Die in der ISO 9241-11 vorgenommene Definition der

Gebrauchstauglichkeit weist darauf hin, dass die Gebrauchstauglichkeit

keine absolute Eigenschaft eines

Software-Werkzeugs ist: „The usability of products can

be improved by incorporating features and attributes

known to benefit the users in a particular context of use.

[…] A product can have significantly different levels of

usability when used in different contexts.“ (aus [12], Hervorhebung

durch die Autoren). Ein Engineering-Werkzeug

mit einer sehr guten Export-Schnittstelle, aber ohne

Import-Möglichkeit kann beispielsweise im zuvor skizzierten

einfachen Engineering-Ablauf als HW-Konfigurationswerkzeug

aus Benutzersicht hervorragend geeignet

sein, ist aber wenig tauglich für die Nutzung im dargestellten

komplexeren Engineering-Ablauf. Diese und

weitere Aspekte der Offenheit der Werkzeug-Schnittstellen

sind in der Offenheitsmetrik berücksichtigt.

3. METRIK ZUR BEWERTUNG DER OFFENHEIT

3.1 Übersicht

Bild 4 zeigt das Ergebnis dieser Forschungsarbeit – eine

tabellarische Offenheitsmetrik. Die Bewertung der Offenheit

eines Engineering-Werkzeugs basiert auf einem in der

Metrik integrierten Zahlensystem. Die Metrik ist hierzu in

drei unabhängige Kategorien unterteilt: Export, Import

und Dokumentation. Diese Gliederung erlaubt eine einsatzfallspezifische

Bewertung innerhalb einer Bewertungsskala

von 0 Prozent (geringe Offenheit) bis 100 Prozent

(vollständige Offenheit) für jede der genannten Hauptkategorien.

Die Gesamtbewertung für ein Engineering-Werkzeug

besteht somit aus drei unabhängigen Teilergebnissen

und gilt nur für den jeweils betrachteten Anwendungsfall.

Jede der drei Hauptkategorien enthält mehrere Einzelkriterien.

Um eine größtmögliche Objektivität wahren

zu können, basiert die Bewertung der Einzelkriterien auf

wahr/falsch- beziehungsweise ja/nein-Aussagen; lediglich

die Bewertung der fallspezifischen Vollständigkeit

wird in Prozent angegeben.

3.2 Offenheit bezüglich des Exports

Die Beurteilung der Offenheit eines Werkzeugs bezüglich

des Exports erfordert die Untersuchung folgender Teilkriterien:

Exportformat: Hierbei wird bewertet, ob die Exportfunktionalität

eines Werkzeugs

a) dateibasiert unter Verwendung eines standardisierten

Datenformates erfolgt (zum Beispiel PLCopen

XML, AutomationML),

b) dateibasiert unter Verwendung eines zugänglichen

proprietären Datenformats erfolgt (beispielsweise

Excel-Liste, proprietäre XML-Datei),

c) softwarebasiert über eine Soft-API realisiert wird.

Ein eventuell möglicher softwarebasierter Direktzugriff

auf die Datenbank des Werkzeugs wird von den Autoren

nicht als Offenheit bewertet. Die Einzelbewertungen

werden zu einem Blockergebnis in Form einer Ampel

zusammengeführt, wobei eine positive Bewertung von

a) und c) „grün“ ergibt, b) hingegen „gelb“. „Grün“ wird

durch den Wert „1“ abgebildet, „rot“ durch den Wert „0“

und „gelb“ durch den Wert „0,5“. Falls keines der Kriterien

(a – c) zutrifft (=„0“), ergibt sich das Blockergebnis

zu „rot“. Es handelt sich hierbei nicht um eine exklusivoder-Entscheidung,

da ein Werkzeug prinzipiell alle drei

Möglichkeiten bereitstellen kann.

Identifikator: Hierbei wird bewertet,

a) ob die Datenobjekte mit einem eindeutigen Identifikator

(ID) versehen sind,

b) ob die in (a) verlangte ID stabil ist.

Viele Werkzeuge verwenden den Objektnamen als ID-

Namen, sind jedoch sehr einfach durch den Benutzer veränderbar.

Ohne einen stabilen Identifikator ist jedoch keine

eindeutige Zuordnung der Objekte zwischen den Werkzeugen

möglich. Wird a) mit wahr bewertet, ergibt sich als

Blockergebnis „gelb“, werden sowohl a) als auch b) mit wahr

bewertet, ergibt sich „grün“; anderenfalls ergibt sich „rot“.

Formale Kriterien: Hierbei wird bewertet, ob

a) der Export die Ermittlung des Exportdatums ermöglicht,

b) die Daten auf Verfälschung geprüft werden können,

beispielsweise über eine Prüfsumme.

Da beide Kriterien voneinander unabhängig sind, resultieren

diese in zwei unabhängigen Blockergebnissen

(wiederum mit den Bewertungen „grün“ oder „rot“).

Objektbibliothek: Hierbei wird bewertet, ob

a) jedes exportierte Datenobjekt Auskunft über seine

zugrundeliegenden Typen beziehungsweise Klassen

geben kann,

b) die zugehörigen Klassen in Form einer Klassenbibliothek

exportierbar sind.

Ohne eine Typauskunft sind Massendaten nicht effizient

zu handhaben. Wird a) mit wahr bewertet, ergibt sich als

Blockergebnis der Wert „gelb“, werden a) und b) mit wahr

bewertet, ergibt sich der Wert „grün“; anderenfalls „rot“.

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BILD 4: Offenheitsmetrik

1.) Export Format

Exportformat Identifizierung Formales Objektbibliothek Vollständigkeit

a) Export of

Open format

(PLCOpen,

Automation

ML, …)

b) Export of

Proprietary

data format

(XML-

Proprietary-

Scheme,

binary code,

…)

b) API for

remote tool

control

0,5 0,5 1 1 0,5 100 %

78 %

BILD 6: Beispielhafte Bewertung des fiktiven Engineering-Werkzeugs

0 1 0

true/false true/false true/false

0,5

BILD 5: Bewertung des

Exportformats

Import Format

Daten: ändern,

löschen, hinzufügen

Import Bewertung

Datenmanipulation

Rückmeldung zu

Import

Vollständigkeit

0,5 1 0,5 100

85 %

BILD 7: Bewertung des Imports des fiktiven Engineering-Werkzeugs

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51


HAUPTBEITRAG

Vollständigkeit: Als letzte Gruppe für die Bewertung des

Exports wird die Vollständigkeit herangezogen. Im Gegensatz

zu den vorangehend erläuterten Kriterien wird

die Vollständigkeit nicht binär (wahr/falsch) bewertet,

sondern – abhängig vom jeweiligen Benutzer und Einsatzfall

– mit einer Skala von 0–100 Prozent.

Die Gesamtbewertung der Offenheit in Bezug auf den

Export basiert auf der Zusammenführung der Einzelbewertungen.

Hierbei wird eine Gewichtung vorgenommen.

Ein Beispiel für diese Gewichtung ist die Priorisierung

der Gruppen Exportformat, Identifizierung und Objektbibliothek.

Wird eine dieser Gruppen mit „0“ bewertet,

zum Beispiel weil kein Export möglich ist, keine Identifizierung

der Objekte möglich ist oder keine Typreferenzen

zur Verfügung stehen, so wird das Gesamt ergebnis

für den Export mit „0“ bewertet. Sind alle drei Kriterien

mindestens „gelb“ (0,5), trägt dies mit 50 Prozentpunkten

zur Gesamtbewertung bei. Weitere 40 Prozentpunkte werden

auf das Blockergebnis „Identifikator“ vergeben, die

übrigen Kriterien werden auf die restlichen 10 Prozentpunkte

gleichverteilt. Das Kriterium Vollständigkeit geht

linear in die Gesamtberechnung ein. Die Gesamtbewertung

ergibt eine Zahl zwischen 0 % und 100 %, die im

Sinne einer Ampel weiter vereinfacht wird: Werte über

80 % werden mit „grün“, Werte zwischen 50 % und 80 %

mit „gelb“, Werte darunter mit „rot“ bewertet.

3.3 Offenheit bezüglich des Imports

Importformat: Die Kriterien für diese Bewertungsgruppe

entsprechen exakt denjenigen des Exports – auf eine gesonderte

Erläuterung wird dahingehend verzichtet.

Manipulation: Hierbei wird bewertet, ob das zu untersuchende

Werkzeug

a) ermöglicht, Datenobjekte im Rahmen eines Imports

zu manipulieren (zu erzeugen, zu ändern oder zu

löschen),

b) eine Rückmeldung über den Erfolg der Importaktionen

(Objekte erzeugen, ändern oder löschen) gibt.

Da beide Kriterien unterschiedlich gewichtet werden,

sind sie in der Auswertung mit eigenständigen Blockergebnissen

versehen. Werden a) beziehungsweise b) mit

wahr bewertet, ergibt sich jeweils der Wert „grün“. Ist a)

mit falsch bewertet, ergibt sich der Wert „rot“, b) führt

hingegen zu „gelb“.

Vollständigkeit: Mit diesem Kriterium wird die Vollständigkeit

der importierten Daten im jeweils betrachteten

Anwendungsfall bewertet. Wie bereits bei der Bewertung

der Exportvollständigkeit wird hierbei mit einer Skala

von 0–100 Prozent bewertet.

Die Gesamtbewertung des Imports erfolgt ebenfalls

gewichtet. Die Kriterienblöcke Importformat und Manipulation

(Teil a) sind Muss-Kriterien: wird ein Kriterium

nicht erfüllt, ergibt die Gesamtbewertung des Imports

„0“ Punkte. Sind beide Kriterien nicht „rot“, trägt dies

mit 70 Prozentpunkten zur Gesamtbewertung bei. Die

übrigen Kriterien werden auf die restlichen 30 Prozentpunkte

verteilt, wobei die Vollständigkeit linear in das

Gesamtergebnis eingeht.

3.4 Offenheit bezüglich der Dokumentation

Dokumentation: dieses Kriterium bewertet, ob

a) alle zum Export der Engineering-Daten benötigten

Aktionen dokumentiert sind,

b) ob das Export/Import-Format dokumentiert ist,

c) ob alle für den Import relevanten Benutzeraktionen

beschrieben sind.

Alle drei Kriterien sind unabhängig und führen zu eigenständigen

Blockergebnissen (wiederum mit den Bewertungen

„grün“ oder „rot“).

3.5 Zusammenfassende Bewertung der Offenheit

Die Gesamtbewertung der Dokumentation erfolgt ausgeglichen.

Alle Kriterienblöcke gehen zu je einem Drittel in

die Gesamtbewertung ein. Die Offenheitsmetrik ermöglicht

(entsprechend den in [12], Kapitel 4 aufgeführten

Nutzungsmöglichkeiten zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit)

eine Bewertung aus Anwendersicht, welches

von mehreren aufgrund ihrer Funktionalität grundsätzlich

infrage kommenden Engineering-Werkzeugen den Anwender

am besten hinsichtlich Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit

in einem bestimmten Engineering-Szenario

unterstützt. Sie ermöglicht darüber hinaus eine Bewertung

aus Herstellersicht, ob ein neu konzipiertes oder verändertes

Engineering-Werkzeug den im Lastenheft spezifizierten

Grad an Gebrauchstauglichkeit erreicht.

4. BEWERTUNGSBEISPIEL UND EMPFEHLUNGEN

4.1 Ein repräsentatives Engineering-Werkzeug

Für die beispielhafte Erläuterung der Metrik wird ein

fiktives, aber typisches Engineering-Werkzeug herangezogen.

Es bietet die Möglichkeit, die Hardware-Struktur

eines Automatisierungssystems (zum Beispiel eine Master-SPS,

die über ein Profibus-Netzwerk mit mehreren

Remote-IO-Modulen kommuniziert) zu konfigurieren.

Des Weiteren lassen sich die im Steuerungscode verwendeten

Variablen den Aus- und Eingabebaugruppen zuordnen.

Im Sinne der Offenheit eines Engineering-Werkzeugs

ist nun zu prüfen, wie und in welcher Form beziehungsweise

Vollständigkeit die projektierten Engineering-Aspekte

exportiert werden können oder durch einen

Import geändert werden können.

4.2 Bewertung des Hauptkriteriums ‚Exportformat‘

Das betrachtete Werkzeug besitzt die Möglichkeit, seine

Daten in ein proprietäres Datenformat zu exportieren.

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Der Datenzugriff über eine offene Programmierschnittstelle

(API) oder der Export in ein standardisiertes Datenformat

sind nicht möglich. Die entsprechende Bewertung

ist in Bild 5 dargestellt und ergibt gemäß Abschnitt

3.2 ein Resultat von 0,5 (= „gelb“).

4.3 Bewertung der Kriterien ‚Identifikator‘, ‚Formale

Kriterien‘ und ‚Objektbibliothek‘

Im nächsten Schritt wird der Aspekt der eindeutigen und

stabilen Identifizierung eines Engineering-Objektes (zum

Beispiel eines Signals oder einer IO-Karte) bewertet.

Das betrachtete fiktive (jedoch repräsentative) Engineering-Werkzeug

hat zwar eine Identifizierung für jedes

Objekt (= „1“), jedoch ist diese, wie in der Mehrzahl der

untersuchten Werkzeuge, der vergebene Objektname

(zum Beispiel Variablenname). Da sich der Name – wenngleich

auch nur marginal, beispielsweise in der Schreibweise

– ändern kann, bedeutet dieser keine stabile ID (= 0),

sodass diese Gruppe gemäß Abschnitt 3.2 mit insge samt

0,5 (= „gelb“) bewertet wird. Die Metrik bewertet eine

fehlende ID in gleicher Weise wie eine fehlende Exportmöglichkeit

mit einer Gesamtabwertung des Exports.

Eine weitere Gruppe für die Bewertung der Exportoffenheit

besteht aus den formalen Aspekten des Zeitstempels

sowie der Möglichkeit einer Prüfung (zum Beispiel

im Rahmen einer Prüfsumme). Im fiktiven Beispiel beinhaltet

der Export sowohl einen automatisch vergebenen

Zeitstempel (= „1“) als auch eine automatische Prüfung

eines korrekten Exportvorganges (= „1“).

Die in nahezu jedem modernen Engineering-Werkzeug

integrierte Nutzung von Objektbibliotheken (beispielsweise

werden Feldgeräte mit GSD-Dateien in Bibliotheken

geladen) bewirkt den aus der Objektorientierung

bekannten Aufbau einer projektspezifischen Instanzstruktur

(vergleiche Master-SPS mit zugeordneten Remote-IO-Baugruppen).

Jedes Objekt dieser Struktur hat

eine Referenz zum Bibliotheksobjekt, aus dem es instanziiert

wurde, sodass eine eindeutige Zuordnung zum

jeweiligen Objekttyp (wie SPS, Remote-IO-Baugruppe,

Sicherheitssteuerung, Motoreinheit) möglich ist.

Für den Export ist überaus wichtig, dass die Referenz

zum Bibliothekselement exportiert wird. Darüber hinaus

ist es von großem Nutzen, wenn das zugehörige Bibliothekselement

ebenfalls Teil des Exports ist. Bei dieser

Bewertungsgruppe kommt der Referenz darauf die führende

Rolle zu. Ist diese nicht vorhanden, kann keine

Aussage zum Objekttyp getroffen werden, unabhängig

davon, ob das Bibliotheksobjekt Teil des Exports ist. Im

betrachteten Werkzeug ist die Referenz zum Bibliotheksobjekt

vorhanden (= „1“), jedoch werden die Bibliotheksobjekte

selbst nicht exportiert (= „0“), sodass diese Gruppe

mit insgesamt 0,5 bewertet wird.

4.4 Gesamtbewertung der Export-Möglichkeit

Zur Berechnung des Gesamtergebnisses gemäß der Metrik

in Bild 4 werden die binären Teilergebnisse des

Werkzeugs wie in Bild 6 dargestellt zusammengefasst.

Zusätzlich wurde die Vollständigkeit als zu 100 Prozent

ausreichend für den betrachteten Anwendungsfall

bewertet. Es ergibt sich beispielhaft eine Offenheit von

78 Prozent, welche insgesamt „gelb“ entspricht. Die Bewertung

des Importteils sowie der Dokumentation erfolgt

analog zur für den Exportteil erläuterten Vorgehensweise.

4.5 Bewertung der Import-Möglichkeiten

Im Zuge eines iterativen Engineering Prozesses bilden

neben den Merkmalen des Exports auch die Fähigkeiten

zum Datenimport einen wesentlichen Offenheitsaspekt.

Analog zur Bewertung der Exportmöglichkeiten werden

auch beim Import das Datenformat und die Vollständigkeit

als Merkmale herangezogen. Im Beispiel importiert

das fiktive Engineering-Werkzeug ausschließlich das

proprietäre Importformat, welches es urspünglich exportiert

hat. Den Erläuterungen in Abschnitt 3.2 folgend,

ergibt dies 0,5 Punkte, welches der Farbe „gelb“ entspricht.

Zusätzlich zu den gemeinsamen Merkmalen des Exund

Imports müssen beim Import ferner die Möglichkeiten

zur Manipulation der bestehenden Engineering-Daten

bewertet werden. Ein Datenimport in ein Engineering-Werkzeug

verfolgt mindestens eines der folgenden

Ziele (vergleiche Abschnitt 3.3):

Ergänze Daten in einem bestehenden Datensatz

Verändere Daten eines bestehenden Datensatzes

Optional: Lösche Daten eines bestehenden Datensatzes

Das beispielhafte Engineering-Werkzeug bietet alle drei

Möglichkeiten zur Datenmanipulation mithilfe eines

Datenimports (= „1“). Weiterhin sollte der Import eine

Statusrückmeldung an den Bearbeiter geben, ob der

Import erfolgreich war oder nicht. Eine solche Rückmeldung

fehlt beim fiktiven Engineering-Werkzeug, was,

wie in Abschnitt 3.3 erläutert, zu einer Bewertung von

0,5 Punkten für dieses Merkmal führt. Die Vollständigkeit

des Imports erreicht dasselbe Niveau wie die des

Exports und kann dahingehend auf 100 Prozent gesetzt

werden.

Wie in Bild 7 dargestellt, resultiert die Bewertung des

Imports in einer Offenheit von 85 Prozent.

4.6 Bewertung des Hauptkriteriums ‚Dokumentation‘

Wie in Abschnitt 3.4 erläutert, wird die Offenheit des

fiktiven Engineering-Werkzeugs auch in der Qualität der

Schnittstellendokumentation festgelegt. Hierfür werden

drei, in ihrer Wertigkeit gleichgestellte Aspekte betrachtet:

1 | Die Aktionen zur Durchführung eines Exports

aus dem Engineering-Werkzeug sind gut dokumentiert

(= „1“).

2 | Das proprietäre Datenformat für den Ex- und Import

ist in Form eines XML-Schemas sowie in Schriftform

dokumentiert (= „1“).

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HAUPTBEITRAG

3 | Die Aktionen zur Durchführung eines Imports

aus dem Engineering-Werkzeug sind gut dokumentiert

(= „1“).

Die jeweils höchstmögliche Bewertung aller drei Merkmale

resultiert in einer Gesamtbewertung von 100 Prozent

(=„grün“) für die Dokumentation.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Die zunehmende Zahl der Export- und Importschnittstellen

von Engineering-Werkzeugen unterstreicht das

wachsende Interesse der Hersteller und Anwender an

der Interoperabilität ihrer Werkzeuge und erweist sich

immer mehr als wesentlicher Garant ihrer Gebrauchsfähigkeit

im Sinne der ISO 9241 Teil 11. Jedoch entzieht

sich die im Rahmen der Interoperabilität notwendige

Offenheit bisher einer objektiven Messung und Beurteilung,

wodurch ein Vergleich – im Sinne eines Qualitätskriteriums

und einer Entscheidungshilfe – bislang ausgeschlossen

ist.

In diesem Beitrag wird erstmalig eine systematische

Bewertungsmetrik für die Beurteilung der Offenheit von

Engineering-Werkzeugen vorgestellt. Die Metrik erlaubt

die objektive Bewertung im Kontext eines iterativen Datenaustausches

in einer heterogenen Werkzeuglandschaft.

Über die Vorstellung der Metrik hinausgehend

ergibt sich, dass der iterative Datenaustausch innerhalb

einer heterogenen Werkzeugkette neuartige Anforderungen

stellt, deren sich viele Werkzeughersteller möglicherweise

nicht bewusst sind. So wird die Bedeutung eines

Identifikators beleuchtet, dessen Fehlen für die Offenheitsmetrik

eine Abwertung darstellt. Die vorgestellte

Metrik ermöglicht es Anwendern, die Interoperabilitäts-

Aussagen der Werkzeughersteller anhand objektiver Kriterien

zu hinterfragen.

Die Metrik wird derzeit durch die Autoren in exemplarischer

Anwendung evaluiert und verfeinert. Werkzeug-Hersteller

sowie -Anwender sind eingeladen, diese

Metrik – unterstützt durch die Autoren – auf ihre Werkzeuge

anzuwenden. Die Metrik kann über die Seite

http://aut.hsu-hh.de/offenheitsmetrik bezogen werden.

MANUSKRIPTEINGANG

30.04.2012

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

REFERENZEN

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Engineering-Prozess systematisch verbessern? atp – Automatisierungstechnische

Praxis, 51(1-2), S. 80– 85, 2009

[2] Löwen, U.; Bertsch, R.; Böhm, B.; Prummer, S.; Tetzner, T.:

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atp – Automatisierungstechnische Praxis, 47(4), S. 54–61. 2005

[3] Sokolov, S.; Diedrich, Ch.; Fichtner, H.-P.; Cihlar, Z.; Kaiser, M,:

Ein prozessorientiertes Vorgehensmodell zur Unterstützung

wissensintensiver Planungsaufgaben im Anlagenengineering.

In: Tagungsband Automation 2012, S.205-208. VDI-Verlag, 2012

[4] Fay, A.: Effizientes Engineering komplexer Automatisierungssysteme.

In: Schnieder (Hrsg.): Wird der Verkehr automatisch

sicherer? Beschreibungsmittel, Methoden und Werkzeuge des

integrierten Systementwurfs zur Fahrzeug- und Verkehrsautomatisierung.

S. 43–60. Verlag, 2009

[5] ISO 15926. Industrial automation systems and integration –

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and gas production facilities

[6] ISO 10303: Automation systems and integration – Product data

representation and exchange

[7] NE 100: Merkmalleisten zur Erstellung von PLT-Gerätespezifikationen.

Namur, 2003

[8] Anhäuser, F., Richert, H., Temmen, H.: Degussa PlantXML –

integrierter Planungsprozess mit flexiblen Bausteinen.

atp – Automatisierungstechnische Praxis, 46 (4), S. 63–72, 2004

[9] Wiesner A et.al.: Wissensbasierte Integration und Konsolidierung

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[12] ISO 9241-11: Ergonomic requirements for office work with

visual display terminals (VDTs) - Part 11: Guidance on

usability.

[13] Fay, A.: Engineering in vernetzten, offenen, durchgängigen

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[14] Diedrich, Ch.; Lüder, A.; Hundt, L.: Bedeutung der Interoperabilität

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[15] Weidemann, D.; Drath, R.: Übersicht von Softwarewerkzeugen

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production processes. In: Proceedings of the ASME 2011

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[17] VDI/VDE Richtlinie 3695: Engineering von Anlagen – Evaluieren

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[18] Drath, R.; Barth, M.: Concept for interoperability between

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In: Proceedings 16 th IEEE Conference on Emerging

Technologies and Factory Automation (ETFA 2011), S. 1-8.

IEEE, 2011. doi: 10.1109/ETFA.2011.6058975

54

atp edition

9 / 2012


AUTOREN

Dipl.-Ing. RAINER

DRATH (geb. 1970)

ist Senior Principal

Scientist im

ABB Forschungszentrum

in Ladenburg.

Er beschäftigt

sich mit der

Entwicklung neuer

Konzepte und Methoden zur Verbesserung

des Engineering von Automatisierungssystemen.

Dr.-Ing. MIKE BARTH

(geb. 1981) war von

2008 bis 2011 wissenschaftlicher

Mitarbeiter

von Prof. Fay

an der Helmut-

Schmidt-Universität/

Universität der

Bundeswehr, Hamburg.

Seit März 2011 ist er Mitarbeiter

am ABB Forschungszentrum in Ladenburg.

Seine Arbeitsgebiete umfassen das

Engineering und die Kollabora tion von

Automatisierungssystemen.

Prof. Dr.-Ing.

ALEXANDER FAY

(geb. 1970) ist

Professor für

Automatisierungstechnik

an der

Fakultät für Maschinenbau

der Helmut-

Schmidt-Universität/Universität

der Bundeswehr,

Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt

sind Beschreibungmittel, Methoden und

Werkzeuge für einen effizienten Entwurf

von Automatisierungssystemen.

ABB AG Forschungszentrum,

Wallstadter Straße 59, D-68526 Ladenburg,

Tel. +49 (0) 62 03 71 64 71,

E-Mail: rainer.drath@de.abb.com

Programm

BUS

Sprechstunde

Moderation: Jürgen George,

Pepperl+Fuchs GmbH

ABB AG Forschungszentrum,

Wallstadter Straße 59, D-68526 Ladenburg,

Tel. +49 (0) 62 03 71 64 61,

E-Mail: mike.barth@de.abb.com

Institut für Automatisierungstechnik,

Helmut-Schmidt-Universität/Universität der

Bundeswehr, Hamburg,

Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,

Tel. +49 (0) 40/65 41 27 19,

E-Mail: alexander.fay@hsu-hh.de

BUS

2. Feldbus-Sprechstunde

Feldbus in der Prozessindustrie

27. + 28.09.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

www.feldbus-sprechstunde.de

Wann und Wo?

Systemplanung: Auswahl der Geräte und Komponenten

Systemplanung: Feldbusinfrastruktur

Systemplanung: Einsatz von Planungstools

Systemplanung: Explosionsschutz und funktionale Sicherheit

Inbetriebnahme: Hardware-Installation und -Inbetriebnahme

Inbetriebnahme: Implementierung

Inbetriebnahme: Systematische Fehlersuche

Referenten

Ronny Becker, Prüflabor MSR u. Analysentechnik, BIS Prozesstechnik GmbH

Dr. Andreas Hildebrandt, Thomas Klatt,

Thomas Westers, Pepperl+Fuchs GmbH

Dr. Niels Kiupel, Degussa GmbH

Sven Seintsch, Prüflabor MSR u. Analysentechnik, BIS Prozesstechnik GmbH

Termin

Donnerstag, 27.09.2012

Veranstaltung (11:30 – 17:30 Uhr)

„Get-Together“ mit Abendessen (ab 18:30 Uhr)

Freitag, 28.09.2012

Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)

Ort

Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

Thema

Antworten zur Planung und Inbetriebnahme

von Feldbussen

Teilnahmegebühr

atp edition-Abonnenten

Firmenempfehlung

540 € zzgl. MwSt

590 € zzgl. MwSt

reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt

Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen

sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,

„Get-Together“ mit Abendessen).

Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter www.feldbus-sprechstunde.de

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HAUPTBEITRAG

Automatisierte Diagnose für

die Inbetriebnahme

Steuerungstechnisches Verhalten mit Codiac beurteilen

Der Inbetriebnahmeprozess stellt bei der Entwicklung von automatisierten Industrieanlagen

eine der aufwendigsten Phasen dar. Dies ist unter anderem dadurch begründet, dass

sie zeitlich am Ende des Montageprozesses eingeordnet ist und die korrekte Programmierung

erst nach der Gesamtintegration aller Module durch Tests verifiziert werden kann.

Die Überprüfung ist bisher wenig automatisiert und findet daher in zeitaufwendigen und

wenig systematisch angelegten manuell durchgeführten Einzeltests statt. Dieser Beitrag

beschreibt den Aufbau und die Funktion eines Testframeworks als erweiterten Ansatz,

mittels Werkzeugen der Informationstechnik den Inbetriebnahmeprozess von modularen

Montageautomaten ohne ein aufwendiges Anlagenmodell zu optimieren. Dies geschieht

mit einer automatisierten Testausführung, einer systemweiten Anlagendiagnose oder der

Anwendung von Signalanalyseverfahren.

SCHLAGWÖRTER Automatisierte Diagnose / Testframework für modulare Montageautomaten

/ Optimierung des Inbetriebnahmeprozesses

Optimized Commissioning by automated Diagnosis –

Evaluation of the technical Control System Behavior with Codiac

During the development of automated industrial assembly systems, commissioning is one

of the most complex phases.This is due to the fact that it usually does not start before the

development and construction process is completed. Furthermore, the verification of the

PLC-program by different diagnosis methods requires the integration of all modules in

the assembly line. Because of the fact that production times for different modules vary,

some of them can potentially be tested earlier than others. The analysis and validation of

a single module’s control functionalities, however, are not possible without a detailed

model of the system’s behaviour and a complex diagnosis framework. Verification is typically

accomplished manually, hardly automated and therefore rather time consuming and

non systematic. In order to deal with the challenge of shorter comissioning, this article

presents the structure and the function of an automated test framework. This framework

realizes an extended approach that utilizes various state-of-the-art IT tools, such as automated

test execution, system-wide assembly line diagnostics, as well as signal analysis

methods to fulfill the aim of optimizing commissioning of modular assembly lines without

complex models.

KEYWORDS automated diagnosis / testing framework for modularily constructed

assembly lines / optimizing of commissioning

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atp edition

9 / 2012


WERNER HERFS, MARKUS OBDENBUSCH, WOLFRAM LOHSE, RWTH Aachen

Die Produktion in Hochlohnländern stellt im

Zuge weltweit zunehmender Automatisierung

im Industriebereich unter wirtschaftlichen

Aspekten eine große Herausforderung dar [1].

Insbesondere technologisch führende Länder,

wie Deutschland, müssen dabei kontinuierlich den Maschinen-

und Anlagenbau analysieren, systematisieren

und gezielt optimieren, um den Technologievorsprung

in der vernetzten Weltwirtschaft zu halten.

Um dies weiter zu gewährleisten, liegt ein Fokus im

interdisziplinären Nutzen und Adaptieren von informationstechnischen

Entwicklungen zum Beispiel für

den Bereich der industriellen Automatisierungstechnik

[2]. Zur Integration technologischer Innovationen

im Maschinenbau bietet sich die Beobachtung verschiedener

Phasen im Produktlebenszyklus, wie Entwicklung,

Aufbau, Inbetriebnahme und Service, an.

Bei der Entwicklung von automatisierten Industrieanlagen

stellt dabei immer noch die Inbetriebnahme

eine der aufwendigsten Phasen dar [3]. Dies hat verschiedene

Ursachen.

Zu Projektbeginn wird als Bestandteil der Anforderungsanalyse

das Soll-Verhalten der zu fertigenden Anlage

festgelegt, allerdings in der Regel nicht in informationstechnisch

auswertbaren Softwarewerkzeugen. Die

Anforderungserfassung ist wichtig, da häufige Wechsel

des Programmierers oder unzureichende Absprachen

zwischen mechanischer Konstruktion und Steuerungstechnik

zu ungenauen Vorstellungen der Funktions- und

Arbeitsabläufe innerhalb der Produktionsanlage führen

können. Verbunden mit einer unzureichenden Umsetzung

des Pflichtenhefts ergeben sich negative Auswirkungen

auf die Inbetriebnahme.

Historisch bedingt existiert bei den meisten Herstellern

eine heterogene Struktur in der Ablage dieser

Daten. Um eine Spiegelung des Soll-Verhaltens an den

realen Prozessdaten und damit eine Validierung des

Anlagenverhaltens zu ermöglichen, liegt die Herausforderung

darin, heterogene Darstellungen auf Sollund

Ist-Zustandsseite automatisiert zu modellieren und

zu vergleichen.

Bei Industrieanlagen mit modularem Aufbau ist momentan

ohne eine vorgelagerte aufwendige Modellierung

des Anlagenverhaltens in weiteren Engineeringsystemen

eine Überprüfung der korrekten steuerungstechnischen

Funktion vor der Integration in die Gesamtanlage nur

sehr eingeschränkt möglich.

Wird das Anlagenverhalten in solchen Systemen hinterlegt,

dann ist dies für einen Gutablauf auch problemlos

realisierbar. Ein gezieltes Vorgeben von Fehlerfällen

bleibt jedoch weitgehend unbehandelt.

Eine der größten Herausforderungen einer steuerungstechnisch

umfassenden und frühzeitigen Verifikation

des Anlagenverhaltens sind die Wechselwirkungen zwischen

Mechanik und Software. Dies ist dadurch bedingt,

dass Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Materialzuführung,

wichtige Prozessdaten sowie Kommunikationsschnittstellen

in der später vorliegenden Komplexität

nicht gegeben sind oder aufwendig simuliert werden

müssen.

Hinzu kommt, dass auch die Entwicklung, Konstruktion

und Programmierung einzelner Anlagenteile durch

externe Firmen in besonderem Maße beeinflusst werden.

Treten beim Einbau der Station trotz korrekter Umsetzung

des Pflichtenhefts Fehler auf, bedeutet dies in der

Regel, dass der veranschlagte Auslieferungstermin nicht

eingehalten werden kann.

Am Ende des Inbetriebnahmeprozesses findet heute

aufgrund fehlender Datendurchgängigkeit oder nicht

verfügbarer IT-Werkzeuge häufig noch ein manuelles und

zum Beispiel aufgrund der Vielzahl von Inbetriebnehmern

nur bedingt systematisches Testen von Systemkomponenten

statt. Die zeitliche Einordnung am Ende eines

Montageprozesses wirkt sich wiederum negativ auf die

zur Verfügung stehende Zeit für Funktionstests aus, was

durch den hohen Aufwand für manuelle Tests zusätzlich

verschärft wird. Daher können lediglich einige exemplarische

Abläufe getestet werden, die nur bedingt Rückschlüsse

auf das Gesamtverhalten eines Montageautomaten

während der kontinuierlichen Produktion zulassen.

Im Beitrag wird daher das prototypische Testframework

Codiac (Control and Diagnosis Framework for

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HAUPTBEITRAG

Automated Commissioning) vorgestellt, welches mit

einem minimalen und inbetriebnahmezentrierten Modellierungsaufwand

eine Validierung der steuerungstechnischen

Funktionen einer Montageanlage ermöglicht.

Die hinterlegten Testdefinitionen werden automatisiert

als Testfälle in der Anlage ausgeführt, um charakteristische

Signalscharen aufzunehmen. Anschließend

erfolgt eine automatisierte Prüfung gegen das Pflichtenheft,

sodass die Inbetriebnehmer nur eine reduzierte

Auswertung detaillierter analysieren müssen. Dadurch

entsteht eine durchgehende Werkzeugkette zur Unterstützung

während des Entwicklungs- und Inbetriebnahmeprozesses.

1. ANFORDERUNGSANALYSE

Vor der Entwicklung des Werkzeugs wurden zunächst

im Rahmen einer Anforderungsanalyse disziplinübergreifende

Interviews mit dem deutschen Maschinenbauer

Phoenix Contact – stellvertretend für Hersteller und

Anwender von industriellen Montageanlagen – geführt.

Diese bildeten die Basis für Konzeptentwicklungen zur

Optimierung der industriellen Automatisierung.

Als die wesentlichen Primärziele zukünftiger Entwicklungen

konnten identifiziert werden:

die Verkürzung der Projektlaufzeiten,

die Erhöhung der Termin- und Kostentreue,

die verbesserte technische Leistungsfähigkeit und

geringe Modellierungsaufwände vor einer Inbetriebnahme.

Um differenziert Anforderungen für ein IT-Werkzeug

herauszuarbeiten, welches bei der Umsetzung

dieser Ziele unterstützt, wurde an einem Demonstrator

(siehe Abschnitt 4) stellvertretend die Struktur

von Montageanlagen analysiert. Dabei wurden verschiedene

Komplexitätsstufen gebildet, welche sich

durch unterschiedliche Anlagen- beziehungsweise

Systemebenen ergeben.

Bild 1 zeigt diese Stufen. Auf der Abszisse wird dabei

die Komplexität abgebildet, auf der Ordinate der Nutzen,

um im Engineering definierte Anforderungen und Ziele

zu erreichen. Der Nutzen korreliert dabei mit der Verknüpfung

des Teilsystems innerhalb der Anlage und der

Steuerung.

Die geringste Komplexität stellt Stufe 1 dar, in der

mechanische Tests von einzelnen gefertigten Baugruppen

innerhalb der Anlage durchgeführt werden können.

In der Regel werden lediglich die Schrittketten der

Station durchlaufen und diese mit dem Sollverhalten

aus Pflichtheft oder Referenzverlauf verglichen. Da nur

einzelne Baugruppen getestet werden, besteht keine

Verknüpfung zur übrigen Anlage oder zum Prozess,

sodass auch nur Gutabläufe getestet werden. Diese Art

zu testen ist für Stresstests zwar hilfreich, allerdings

ist der übergeordnete Nutzen aufgrund der genannten

Merkmale eher gering. Bestehende Ansätze setzen in

der Regel allerdings an dieser Stelle an, beschreiben

das Anlagenverhalten und beeinflussen einzelne Funktionsparameter

ohne übergeordnete Testsystematik

beziehungsweise Metrik.

In Stufe 2 werden weiterhin einzelnen Stationen betrachtet,

allerdings beinhaltet sie zusätzlich die Verknüpfung

mit dem Produktionsprozess oder mit dem Produkt,

wodurch die Komplexität steigt. Durch diese Tests lässt

sich das korrekte Verhalten, das heißt die korrekte Programmierung

einer Station abhängig von dem zu fertigenden

Produkt, überwachen. Bereits an dieser Stelle

bieten die eingesetzten bestehenden Werkzeuge zum systematischen

Test keine umfassende Unterstützung. Ein

automatisiertes Testen mit anlagentechnisch relevanten

Produktvarianten wird größtenteils nicht unterstützt, da

eine vollständige Modellierung zu aufwendig wäre.

Über die in Stufe 3 abgebildete Montageanlage laufen

meist verschiedene Steckertypen, sodass durch variierende

Testkonfigurationen geprüft werden kann, ob

innerhalb eines Werkstückträgers die richtige Steckerkonfiguration

wie zum Beispiel ein 5-poliger Stecker

oder zwei 3-polige Stecker gefertigt werden. Bei externen

Stationen wird durch die fehlende Zugänglichkeit

zum Steuerungscode das korrekte Verhalten durch

Kommunikationstests der Interface-I/Os verifiziert.

Die größte Komplexität stellt in Stufe 3 das Testen in

Verbindung mit dem prozesstechnischen Anlagenablauf

dar. Hierbei wird das Produkt mit einer Einzelstation

getestet und auch überprüft, ob die nachfolgende Montagestation

korrekt auf das Verhalten von Vorstationen

reagiert. Gleichzeitig bietet diese Form des Testens den

größten Nutzen, da die komplette Montagezelle auf eine

korrekte Funktion überprüft werden kann.

Durch die Analyse ergeben sich folgende durch die

Industrie definierte Kernanforderungen für ein Framework

zur Validierung der steuerungstechnischen Funktionen

einer Montageanlage:

Automatisiertes und damit systematisches Testen der

korrekten Funktionsweise von firmenintern gefertigten

Montagestationen vor und nach der Integration

in die Gesamtanlage (White-Box-Test)

Automatisiertes Testen der Kommunikation zu extern

gefertigten Modulen (Black-Box-Test)

Vorgabe von Signalscharen aus Zeitverläufen der I/O-

Signale, welche bereits im Betrieb aufgenommen

wurden

Keine aufwendige Anlagen- und Verhaltensmodellierung

in vorgelagerten und vom Engineering abhängigen

Werkzeugen

Testwiederholung zur Überprüfung der Anlagenrobustheit

Erstellung einer intuitiv bedienbaren Benutzerschnittstelle

Wenig Programmänderungen in der Steuerung

Keine Verwendung zusätzlicher Hardware

2. BESTEHENDE ANSÄTZE

Im vorherigen Abschnitt wurden vielfältige Ursachen

für aufwendige Inbetriebnahmen beschrieben. Im Wesentlich

treten folgende Probleme auf:

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atp edition

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Heutige Datenlogger stellen Signale lediglich über

eine Visualisierung (Oszilloskopfunktion) dar, es

folgt keine Signalanalyse oder -validierung.

Die Validierung der steuerungstechnischen Funktion

findet manuell statt und kann sich dadurch zeitlich

in die Länge ziehen.

Manuelle Tests und insbesondere die Signalanalyse

erfordern ein hohes Expertenwissen und die Synchronisation

mit dem Softwareentwickler.

Übergreifende Modultests können erst nach der Gesamtintegration

in die Anlage durchgeführt werden.

Die Qualitätssicherung von bereitgestellten Automatisierungseinrichtungen

kann erst sehr spät

im Entwicklungs- und Inbetriebnahmeprozess

erfolgen.

Es existieren heterogene und damit nicht direkt

vergleichbare Beschreibungen von Soll- und Ist-

Verhalten.

Betrachtet man die Summe dieser Herausforderungen,

so lassen sich zunächst drei Themengebiete identifizieren:

automatische Testsysteme, Aufzeichnung von Signalen

inklusive einer automatisierten Signalauswertung

sowie die skalierbare Modellierung.

Die folgende Betrachtung behandelt das Themenfeld

der Datenaufzeichnung nicht weiter, da in Abhängigkeit

des Steuerungs- und Engineeringanbieters unterschiedliche

Implementierungen existieren.

2.1 Automatisierte Testausführung

Schon Ende der 90er-Jahre wurden die genannten Themengebiete

zum Beispiel im Rahmen des Forschungsprojektes

Fusim erörtert. Der Fokus lag dabei auf der

Testfallspezifikation durch die Klassifikationsbaummethode

und Message-Sequence-Charts sowie der Konzeption

einer Testsystematik [4]. Der in [4] vorgestellte Ansatz

erfordert zum Beispiel eine vorgelagerte Definition

von Testdatenmengen und beinhaltet eine abstrakte Beschreibung

des Soll-Verhaltens. Um darüber hinaus langfristig

die Qualität der Testausführung von der fachlichen

Qualifikation des Inbetriebnehmers zu entkoppeln,

werden heute unterschiedliche Ansätze einer automatisierten

Diagnose verfolgt.

Hardware-in-the-Loop (HiL)

Motiviert durch die steigende Anlagenkomplexität sowie

die vermehrten Wechselwirkungen im Sensor-Aktor-

Verhalten wurde die HiL-Simulation geschaffen, um eine

frühzeitige Verifizierung und Validierung realer steuerungstechnischer

Komponenten zur Fehlererkennung

und Optimierung [5] unter Berücksichtigung geometrischer

und kinematischer Anlageneigenschaften sowie

der Echtzeit zu ermöglichen [6]. Daraus ergeben sich

Vorteile wie verkürzte Inbetriebnahmezeiten, Verifikation

der Anwendersoftware oder Identifikation des

Optimierungspotenzials.

Während man im Bereich der Embedded Systems zum

Beispiel automatische Testsysteme (ATE) zur Überprüfung

von ICs und Application-Specific-Integrated-Circuits

(ASIC) findet, ist eine durchgängige Werkzeugkette

für die höherwertige Modellierung im Maschinenbau

bisher aufgrund fehlender Verhaltensmodelle für komplexe

Umgebungseinflüsse nicht verfügbar. Für den reinen

Aufbau der für die HiLS erforderlichen Verhaltensmodelle

existieren jedoch einige am Markt etablierte

Softwarelösungen.

Während für den Anwender ein Zeitvorteil im Rahmen

der Inbetriebnahme entsteht, ergibt sich durch die Modellierung

wiederum ein signifikanter Zusatzaufwand,

der eine wirtschaftliche Umsetzung in der Regel gefährdet

[5]. Insbesondere für bestehende Anlagen, welche

erneut gefertigt beziehungsweise modifiziert und in Betrieb

genommen werden, ist die nachträgliche Modellierung

nicht vertretbar und in der Regel nicht durch einen

Inbetriebnehmer möglich.

Software-in-the-Loop (SiL)

Zur Verkürzung von Inbetriebnahmezeiten ist es möglich,

vorhandene Modelle aus vorgelagerten Entwicklungsschritten

zur simulativen Prüfung des Steuerprogramms

wiederzuverwenden [5], was vorwiegend aber

nur mit einer durchgängigen Engineeringkette und einer

vollständigen Beschreibung des Anlagenverhaltens darstellbar

ist. Daher wird bei SiL-Simulationen die Steuerung

und die Anlage selbst durch ein Verhaltensmodell

abgebildet. Hiermit ist eine Validierung der Funktionalität

und darauf aufbauend auch die Möglichkeit zur

Weiterentwicklung gegeben [7]. Teure Design- und Konzeptfehler

lassen sich so von Anfang an vermeiden. Neben

integrierten Simulationsfunktionen verbreiteter

Entwicklungstools (zum Beispiel PC Worx) existieren

eigenständige Testumgebungen, welche erweiterte Funktionen

wie die gleichzeitige Ausführung mehrerer Programminstanzen

bereitstellen.

Die wenigen am Markt verfügbaren SPS-Simulationsumgebungen

wie beispielsweise PLCSim simulieren

ein ausgeführtes Programm auf einer virtualisierten

Hardware, jedoch bieten sie zur Laufzeit weitgehend

keine Möglichkeit, Prozessparameter intuitiv und ohne

aufwendige Modellierung einer Prozesssimulation

einzustellen.

Um den entstehenden Modellierungsaufwand zu

minimieren, besteht eine Herangehensweise darin,

Softwaresysteme schon in der Planungs- und Engineeringphase

modellbasiert zu erstellen und fachlich dabei

so weit zu präzisieren, dass das notwendige Basissteuerungsprogramm

automatisch generiert werden

kann. Im Bereich der automatisierten Diagnose liegt

der Vorteil darin, dass auch Testfälle automatisiert

generiert werden können. Hierbei können allerdings

bislang die vielfältigen Interdependenzen nicht berücksichtigt

werden.

Neben dieser Modellierungsproblematik existiert, wie

in [8] und [5] zu lesen, für die Erzeugung von Testmodellen,

Testplanung, Testkonzept, Testspezifikation oder

Testausführung keine durchgängige Werkzeugkette. Erschwerend

kommt hinzu, dass die bestehenden Werkzeuge

kein einheitliches Austauschformat verwenden,

obwohl in [9] eine Grundlage für einen Testbeschreibungsstandard

gelegt wurde.

atp edition

9 / 2012

59


HAUPTBEITRAG

2.2 Sollverhalten in der Inbetriebnahmephase

Zu Beginn des Anlagenengineerings wird als Bestandteil

der Anforderungsanalyse das Soll-Verhalten der zu

fertigenden Anlage beschrieben beziehungsweise definiert.

In Gesprächen mit Industriepartnern wurde

festgestellt, dass historisch bedingt heterogene Darstellungsformen

zur Beschreibung des Anlagenverhaltens

existieren.

Das Soll-Verhalten kann beispielsweise in Word- und

PDF-Dokumenten festgehalten werden (siehe Bild 2). Alternativ

gibt es bereits einzelne Modellierungsansätze,

welche als Ergebnis einen Zustandsautomaten ausgeben.

Bestehen schon baugleiche Module in einer produzierenden

Anlage, sind in einer Datenbank gegebenenfalls gemessene

Referenzsignale verfügbar. Außerdem können

mündliche Absprachen zwischen den Entwicklern oder

Abteilungen existieren, die mangels fehlender Dokumentation

letztendlich nicht berücksichtigt werden.

Modellbasierte Beschreibungen versuchen, für die

heterogenen Darstellungen einen Konsens zu finden.

Während am Markt verfügbare Systeme hauptsächlich

zum modellbasierten Testen für Applikationen im Bereich

der Hochsprachen C++, C, Java und Ada angesiedelt

sind [8], finden sich bei [10] Ansätze, SPS-Programme aus

UML-Modellen heraus zu erzeugen. Durch den Ansatz

der automatischen Codegenerierung wird zwar der

Nutzen des Modells im Sinne eines wirtschaftlichen

Zeitbedarfs weitgehend maximiert, allerdings entstehen

entscheidende Nachteile bei dieser Vorgehensweise.

Beispielsweise müssen eine umfangreiche Modellierung

sowie neue Modellierungsverfahren in den Entwicklungsprozess

integriert werden. Zusätzlich bietet

diese Methode keine Möglichkeit, das Soll-Verhalten aus

bestehenden Lastenheften für die Anlage zu entnehmen,

ohne das System nachzumodellieren.

Ein von diesem Aufwand motivierter, vollständig

anderer Ansatz zum automatisierten Testen von Produktionsanlagen

wird in [11] beschrieben. Der Kern des

Forschungsansatzes besteht darin, die manuelle Modellierung

des Anlagenverhaltens durch das automatisierte

Lernen eines hybriden Automaten zu ersetzen. In [11]

heißt es, dass diese Methode primär in der Anomaliedetektion

während der Betriebsphase eingesetzt werden

kann, was die modellierungsfreie Erfassung des Soll-Verhaltens

ermöglicht. Für das automatisierte Lernen muss

allerdings eine funktionierende Anlage existie ren, um

das Verhalten zu erlernen, das heißt in einem Zustandsautomaten

abzubilden. Für eine initiale Inbetriebnahme

ist der Ansatz nur eingeschränkt geeignet. Dadurch entsteht

letztendlich eine Einschränkung bei Produkten mit

einem hohen Grad an Individualisierung. Geringe Stückzahlen

und damit verbunden eine häu fige Umkonfiguration

mit wechselnden Prozessanforderungen würden bei

dem in [11] vorgestellten Ansatz eine erneute Trainingsdurchführung

des Zustandsautomaten erfordern.

Unter Einbeziehung der vorgestellten Ansätze kann

abgeleitet werden, dass zur Beschreibung des Soll-Verhaltens

der Zeitaufwand für die Modellierung nur so

groß wie nötig und so gering wie möglich sein soll.

BILD 1: Verschiedene Komplexitätsebenen in einer

Montageanlage

BILD 2: Heterogene Darstellungsformen für Soll- und

Ist-Verhalten

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2.3 Automatisierte Analyse von Prozessdaten

Grundsätzlich existieren Ansätze wie zum Beispiel die

Analyse im Zeitbereich, die Frequenzanalyse, die statistische

Modellierung oder Aspekte der künstlichen Intelligenz

zur automatisierten Auswertung von aufgezeichneten

Prozesswerten.

In [12] wird ein Lösungsansatz zu zustandsbasierter

Diagnose an Rollenketten von Verpackungsmaschinen

vorgestellt. Zur Bewertung des Verschleißzustandes

wird exemplarisch eine Schwingungsanalyse, unter anderem

im Frequenzbereich, durchgeführt. Die Frequenzanalyse

ist hier besonders geeignet, da periodische Signale

(die Schwingungen) betrachtet werden [13].

In der Praxis lassen sich allerdings Maschinenzustände

oft erst aus der Gesamtheit von Betriebsparametern wie

Öldruck, Temperatur, Schwingungsfrequenzen oder Wirkungsgrad

korrekt erfassen. Mittels statistischer Verfahren

ist es grundsätzlich möglich, zu diesen Parametern

einen Merkmalsraum aufzuspannen und anschließend in

Klassen zu unterteilen. Die Klassen wiederum stehen für

bestimmte Maschinenzustände und können zur Klassifizierung

neuer Merkmalsvektoren verwendet werden.

Ein Beispiel für künstliche Intelligenz – welche zudem

vollständig ohne Modellierung auskommt – ist der

zuvor genannte Ansatz zum automatisierten Lernen von

Anlagenmodellen [11]. Studien zur Benutzerakzeptanz

wurden bisher nicht durchgeführt, allerdings scheint

das System als Werkzeug zur Unterstützung während

der Inbetriebnahme nur bedingt geeignet. Dies liegt

hauptsächlich daran, dass der Inbetriebnehmer nicht

die für ihn bekannten Signalscharen sieht, sondern

eher ab strakte Anlagenzustände, wodurch eine schnelle

und intuitive Zuordnung von bestimmten Anlagenzuständen

in gewissen Arbeitssituationen nicht gewährleistet

ist. Des Weiteren ist das System als reaktiv

zu betrachten. Vom Modell abweichende Anomalien

können während der Produktion erkannt und in neuen

Zuständen gespeichert werden. Damit ist es jedoch

nicht möglich, differenzierte Testfälle zu erstellen, welche

Rahmenbedingungen, wie einzelne Anlagenzustände

oder während des Betriebs auftretende Produktvarianzen,

vorgeben können.

Für die Verifikation des steuerungstechnischen Verhaltens

von Produktionsanlagen werden insbesondere Binärsignale

stellvertretend für digitale Ein- und Ausgänge betrachtet.

Die Transformation von Binärsignalen und anschließende

Analyse im Frequenzbereich scheint nicht

geeignet, um die nötigen Analysemöglichkeiten zu bieten.

Bei der Frequenzanalyse stellt sich laut [13] die Frage nach

der Auftrittshäufigkeit eines bestimmten Merkmals und

nicht nach dem Zeitpunkt. Die betrachteten Anlagensignale

sind jedoch nicht periodisch und eignen sich daher

nicht für eine Analyse im Spektrum. Stattdessen sollen

diskrete zeitliche Signalmerkmale untersucht werden, wofür

die Analyse von Abläufen in der SPS im Zeitbereich

wesentlich besser anwendbar ist. Geeignete Algorithmen

sind dazu zum Beispiel die Differenzbildung oder Korrelationsuntersuchungen,

allerdings müssen bestehende Verfahren

für differenzierte lokale Aussagen erweitert werden.

BILD 3: Gesamtkonzept des

Testframeworks Codiac

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61


HAUPTBEITRAG

Auch wenn Ansätze zur standardisierten Beschreibung

und Implementierung von Testfällen bestehen (siehe

[14]), kann aus der Analyse vorgestellter Lösungen

festgestellt werden, dass bisher keine Möglichkeit existiert,

in einer durchgängigen Werkzeugkette oder gar in

einem einzigen Testframework nach IEC 61131-3 implementierte

Steuerprogramme ohne erheblichen und komplexen

Modellierungsaufwand, differenziert und flexibel

zu testen. Für einzelne Problemstellungen gibt es Ansätze,

wobei ein allumfassendes Werkzeug zur vollständigen

Unterstützung während des Entwicklungs- und

Inbetriebnahmeprozesses im Sinne der definierten Zielkriterien

am Markt nicht vorhanden ist.

3. KONZEPT DES TESTFRAMEWORKS

Als Lösung zu den aufgelisteten Anforderungen aus Abschnitt

1 soll das Testframework Codiac, bestehend aus

einem Front-End und einem Back-End, konzipiert und

implementiert werden. Idealerweise zeichnet sich das

Front-End durch eine PC-basierte Engineering-Umgebung

aus, in welcher der Anwender auf Signale zurückgreifen,

sie als Referenzsignale neu erstellen oder Auswertealgorithmen

beziehungsweise Auswertungsmuster

definieren kann. Diese sollen später in einer intuitiven

Benutzerschnittstelle automatisiert ausgewertet und

visualisiert werden.

Das Back-End implementiert Test- und Diagnosebausteine

auf der Anlagensteuerung, um konfigurierte Testfälle

ausführen zu können. Das in Bild 3 visualisierte

Gesamtkonzept des entwickelten Testframeworks stellt

somit eine durchgängige Werkzeugkette mit Inbetriebnahmefokus

dar.

Als Bestandteil des Testfalleditors ermöglicht die Ablaufspezifikation

im Detail, Rahmenbedingungen für

einen Test zu definieren. Es werden alle für die SPS

beziehungsweise Montagezelle benötigten Einstellungen

wie der Maschinenstatus, aber auch Grundlagen für die

Testfallausführung, wie die aufzuzeichnenden Signale

oder die zu testende Station, festgelegt.

Im Rahmen der Anforderungsanalyse wurde gefordert,

dass auch verschiedene Produkte (zum Beispiel Stecker

mit unterschiedlicher Polkonfiguration) getestet werden

sollen. Diese Konfiguration kann ebenfalls im Testdateneditor

vorgenommen werden. Diese ersten Testfallkonfigurationen

sind für die Ausführung eines Testfalls hinreichend.

Allerdings kann so noch keine automatisierte

Signalanlyse und -auswertung erfolgen.

Für die Signalanalyse besteht die Herausforderung

darin, aus heterogenen Verhaltensbeschreibungen gemeinsame

Charakteristika beziehungsweise Patterns zu

entnehmen, die sich später zur automatisierten Signalanalyse

und Validierung der Anlagenfunktionalität

heranziehen lassen.

Die Patternspezifikation bietet dem Benutzer einen

Editor an, um Patterns zu definieren. Patterns sind dabei

charakteristische Signalmerkmale wie Flankenwechsel,

-anzahl oder -beziehungen, welche später zur automatisierten

Signalüberprüfung validiert werden. Patterns

können entweder frei, zum Beispiel auf Grundlage

eines Pflichtenheftes, erstellt oder aus bestehenden

Referenzsignalen automatisiert abgeleitet werden. Die

Charakteristika umfassen dabei einen Satz an zu definierenden

Attributen wie Sollwert, erlaubte Abweichung

oder Typ. Jedes Pattern besitzt außerdem ein Patternergebnis,

welches nach erfolgter Auswertung gesetzt wird.

Die Ablaufspezifikation und die Auswertung ergänzen

sich zusammen zum Testfalleditor. Die Ausgabe des Editors

ist ein vollständig konfigurierter Basistestfall, der

mit Anlagenmodulen beziehungsweise mit der Gesamtanlage

ausgeführt werden kann. Dazu wird die Ablaufspezifikation,

welche zur Testfallausführung auf der SPS

beziehungsweise dem Montageautomaten einen hinreichenden

Satz an Konfigurationen bildet, zum Beispiel

über OPC an die Anlagen-SPS gesendet. OPC bietet an

dieser Stelle den Vorteil, dass auf freigegebene steuerungsinterne

Variablen ohne weitere Konfiguration zugegriffen

werden kann. Nach der Übertragung der Ablaufspezifikation

wird der Testfall ausgeführt.

Ist der automatisierte Test beendet, werden die aufgezeichneten

Signalverläufe wieder automatisch über die

OPC-Schnittstelle in die Engineering-Umgebung geladen.

Durch die zeitliche Entkopplung bei der Kommunikation

entspricht die Signalauflösung dennoch der

SPS-Zykluszeit. Danach kommt das dritte Tool der Werkzeugsammlung

zum Einsatz: die Testfallauswertung.

Diese analysiert die Signalschar zum Teil vollautomatisiert,

indem zuvor definierte Patterns mittels geeigneter

Algorithmen validiert werden, teilweise aber auch in

Interaktion mit dem Inbetriebnehmer.

Zunächst wird jedes Pattern separat ausgewertet und

das jeweilige Patternergebnis aktualisiert. Sind alle definierten

Kriterien eines Signals ausgewertet, setzt sich

das Testergebnis selbst aus einer UND-Verknüpfung aller

Einzelergebnisse zusammen.

Die letzte Komponente in Bild 3 ist der Testfallmultiplikator.

Während das bei [8] beschriebene Werkzeug

automatisiert Testfälle beziehungsweise Testskripte mit

Varianzen zur Ausführung basierend auf einem Modell

des Systemverhaltens oder bestimmten Steuerinformationen

generiert, kann der Testfallmultiplikator in der

momentanen Version definierte Testfälle vervielfältigen.

Dies stellt eine enorme Vereinfachung zur bisherigen

manuellen unsystematischen Testvorgehensweise dar,

wenn zum Beispiel Systeme auf Robustheit getestet werden

sollen oder sehr oft der gleiche Testfall mit gleichen

Ausgangs- beziehungsweise Auswertungsbedingungen

ausführt werden soll. Wie in der Zusammenfassung beschrieben,

existieren verschiedene Ansatzpunkte, den

Testfallmultiplikator gemäß den Ansätzen aus [4] in

Richtung eines Testfallgenerators durch automatisch

einfließende Varianzen zu einer besseren Testabdeckung

weiterzuentwickeln.

4. VALIDIERUNG DER MONTAGEANLAGE

Zur Implementierung und zum Testen der Umsetzung

des vorgestellten Konzepts wurde – wie bereits in Bild 1

zu erkennen – von der Firma Phoenix Contact ein Steckermontage-Automat

zur Verfügung gestellt. Der Mon-

62

atp edition

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tageautomat realisiert ein modulares, stationsbasiertes

Längstaktsystem, bei dem die einzelnen Montagestationen

über die lineare Vorschubachse synchronisiert werden.

Den schematischen Aufbau verdeutlicht Bild 4.

Es wurden bereits alle im Konzept entworfenen Funktionen

implementiert und in einem Testframework, das

heißt der Engineering-Umgebung und den Diagnosefunktionen

auf der SPS, zusammengefasst.

4.1 Prototypische Werkzeugkette

Um die Lösung validieren zu können, wurden exemplarisch

Use-Cases für je einen White-Box- und einen Black-

Box-Test realisiert. Der White-Box-Test testet das steuerungstechnische

Verhalten der Station 3 „Stift einsetzen“.

Da der Programmcode bekannt ist und die Diagnosefunktionalität

direkt auf der Hauptanlagensteuerung

umgesetzt ist, können sämtliche internen Variablen zur

Auswertung verwendet werden.

Eine andere Kernanforderung bestand darin, durch

Zulieferer gefertigte Stationen frühzeitig, insbesondere

ohne die Integration in die Gesamtanlage, zu testen.

Dazu wurde ein Black-Box-Test zur Überprüfung der I/O-

Kommunikation realisiert.

Mit dem im Folgenden beschriebenen Black-Box-Test

soll daher exemplarisch gezeigt werden, wie mit Codiac

eine im Pflichtenheft definierte Kommunikationsschnittstelle

während der Inbetriebnahme überprüfbar ist. Die

Einbindung einer externen Station sowie die notwendige

Kommunikation zeigt Bild 5. Die externe Station muss

zunächst ein von der Hauptsteuerung gesendetes Vorbereitungssignal

quittieren, um zu bestätigen, dass sie sich

im Bereitschaftszustand befindet. Nach der Quittierung

wird – sobald die Hauptachse ihre Position erreicht hat

– ein Startsignal an die externe Steuerung gesendet. Die

externe Montagestation informiert die Anlagen-SPS über

den Fortschritt der beiden Montageprozesse. Abschließend

wird ein „Ende“-Signal an die Anlagen-SPS übermittelt,

damit der nächste Bearbeitungszyklus vorbereitet

werden kann.

Mit einem im Diagnose-Framework integrierten Datenlogger

wurde im Rahmen der Inbetriebnahme eine für

den beschriebenen Kommunikationsablauf charakteristische

und in Bild 6 dargestellte Signalschar aufgenommen.

Unter Verwendung der Patternspezifikation wurden

anhand der Signalschar sowie auf Basis der im Pflichtenheft

festgelegten Soll-Zeiten verschiedene Patterns

angelegt. Der Fokus lag dabei auf den Flankenbeziehungen,

also Reaktionszeiten zwischen dem Signaltrigger

durch die Anlagen-SPS und Antwort durch die externe

Station, welche durch lokale Patterns abgebildet werden

können. Zusätzlich wurden neben manuell angelegten

Patterns globale Charakteristika, wie die Anzahl der

Flankenwechsel, die Summe aller High-Intervalle oder

die Autokorrelation automatisch aus einer Referenzsignalschar

entnommen und ausgewertet.

Da insbesondere bei einer Station eines Zulieferers

nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Referenzsignalschar

zu Verfügung steht, wurden in einem

zweiten Ansatz die Patterns während der Inbetriebnah-

BILD 4: Schematischer Aufbau des Demonstrators

BILD 5: Schematischer Kommunikationsablauf

BILD 6: Signalschar der Kommunikation für einen

Montageablauf

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63


HAUPTBEITRAG

me komplett manuell angelegt. Mittels der definierten

Patterns konnten anschließend weitere aufgezeichnete

Montageabläufe analysiert und bewertet werden.

4.2 Evaluierung

Durch die exemplarische Modellierung und Konfiguration

eines White- und eines Black-Box-Tests konnten

erste Erfahrungen im Umgang mit Codiac gesammelt

werden, welche sich allerdings im ersten Schritt auf die

Nutzergruppe der Entwickler beschränken.

Zur Erstellung von Ablaufspezifikationen stellt die

Engineering-Umgebung ein komfortables Tool bereit, bei

dem der Benutzer intuitiv Signale wählen oder Produktkonfigurationen

einstellen kann. Die Beschränkung auf

die Gruppe der Entwickler wurde deshalb gewählt, da

das Anlegen von Patterns ein komplexer Prozess ist, bei

dem aussagekräftige Merkmale gewählt und konfiguriert

werden müssen. Die spätere Inbetriebnahme an der Anlage

wird daher mit vorher definierten Grundpatterns

unterstützt. Darüber hinaus können auch in dieser Phase

der Anlagenentwicklung durch einfaches Markieren

Charakteristika überprüft oder Signalbeziehungen als

Patterns angelegt werden.

Eine Basis an globalen Pattern wird automatisiert

durch Codiac angelegt. Die Testausführung sowie

die Analyse und Validierung erfolgt anschließend

automatisiert. Die Visualisierung der Auswertung wurde

als hilfreich und differenziert bewertet, wobei sich die

geschachtelte Informationsdarstellung positiv auswirkt.

Der Anwender kann den Detailgrad der Visualisierung

von einer Übersicht über alle ausgeführten und bewerteten

Testfälle bis hin zu einer Ansicht der erfolgreichen

oder nicht erfolgreichen Patterns selbst wählen.

Darüber hinaus wurde die Möglichkeit zum Speichern

der Testfalleditor-Eingaben als hilfreich empfunden.

Einmal konfigurierte Spezifikationen lassen sich so problemlos

an weiteren Anlagen oder an den gleichen Anlagen

zur Überprüfung von Veränderungen im Lebenszyklus

wiederholen.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Um die geforderte Optimierung des Inbetriebnahmeprozesses

zu erzielen, wurde der Ansatz verfolgt, Werkzeuge

der Informationstechnik wie die automatisierte Testausführung,

die systemweite Anlagendiagnose oder

Signalanalyseverfahren konzeptionell auf die Domäne

der Anlagen- und Automatisierungstechnik zu übertragen

– ohne der Verhaltensmodellierung einen zu großen

Stellenwert beizumessen.

Der Fokus lag auf dem frühzeitigen Test der korrekten

Programmierung von eigens gefertigten Montagestationen

(White-Box-Test) und auf Kommunikationstests zwischen

Anlagenmodulen unterschiedlicher Hersteller

(Black-Box-Test).

Die entstandene integrierte Steuerungs- und Diagnoseplattform

Codiac erfüllt diese Anforderungen durchgängig.

Produktvarianten und veränderte Abläufe können

differenziert konfiguriert werden. Die Engineering-

Umgebung unterstützt den Benutzer zudem bei der Entwicklung

und Erstellung von Patterns und extrahiert

anhand von Referenzdaten automatisiert globale Charakteristika.

Nach der Ausführung des Testfalls werden

die aufgenommenen Daten weitgehend automatisiert

analysiert und validiert.

Darüber hinaus wurde ein Use-Case beschrieben, welcher

den Funktionsumfang der entwickelten Lösung

zum automatisierten Testen verdeutlicht. Durch Analyse

der Kommunikation mittels aus dem Pflichtenheft

abgeleiteten Patterns lässt sich ein Nachweis über die

Einhaltung der Spezifikation erbringen.

ZUKÜNFTIGE ARBEITEN

Die zu Beginn formulierten Anforderungen wurden in

dieser prototypischen Implementierung erfüllt. Dennoch

besteht in einigen Punkten die Möglichkeit, das Testframework,

zum Beispiel in Bezug auf eine intuitive

Oberflächengestaltung für das Inbetriebnahmepersonal,

weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus muss der Nutzer des Systems beim

Anlegen von Patterns bisher selbstständig Toleranzbereiche

für erlaubte Signalabweichungen festlegen.

Diese Zeitintervalle werden typischerweise zu klein

bemessen, um beispielsweise die statistischen Varianzen

mechanischer Prozesse abzudecken. Um diese Herausforderung

zu lösen, wurde ein Signal-Analyzer in

die Engineering-Umgebung integriert. Dieser ermöglicht

eine grafische Aufbereitung statistischer Varianzen

vieler Messungen, sodass Vorschläge für erlaubte

Abweichungsintervalle erzeugt werden können. Nach

Anwendung des Signal-Analyzers und der Neuparametrierung

der Patterns konnte eine Verbesserung der

Testergebnisse um 93 % gegenüber einer Konfiguration

ohne Vorschläge zu Sollwerten oder Abweichungen

beobachtet werden.

Durch eine Wiederholung von Testfällen des Vortages

wurde deutlich, dass die Einflüsse von kalten

und warmen Komponenten auf die Verschiebung der

zeitlichen Abläufe bei der Patternerstellung unterschätzt

wurden. Bei der statistischen Auswertung

von Messungen beziehungsweise dem Anlegen von

Patterns muss also der Anlagenzustand unbedingt

berücksichtigt werden.

In [15] wird beschrieben, dass Expertensysteme als

Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz „in Spezialgebieten

der Industrie“ eingesetzt werden, die automatisierte

Aus- und Bewertung von technisch hochkomplexen System

aber eine große Herausforderung darstellt. Dies ist

hauptsächlich auf die Generierung und Qualität der Wissensbasis

zurückzuführen. Durch die Weiterentwicklung

des Signal-Analyzers und den Einsatz von statistischen

Methoden zur genauen Berechnung von Sollwerten

und erlaubten Abweichungen soll dieser Herausforderung

begegnet werden.

Abschließend ist zu bedenken, dass das entwickelte

Testframework ein unterstützendes Werkzeug für Entwickler

zum Einsatz während der Inbetriebnahmephase

darstellt. Daher besteht der nächste Schritt darin, Codiac

in der Industrie einzusetzen, um praxisnahe Anforde-

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ungen zu finden, Schwachstellen aufzudecken und die

Akzeptanz der entwickelten Applikation bei der Anwenderzielgruppe

zu garantieren.

MANUSKRIPTEINGANG

16.03.2012

REFERENZEN

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

DANKSAGUNG

Das Forschungsvorhaben Initial wird im Rahmen der

Förderlinie „Hightech-NRW 2. Call“ vom Ministerium

für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie

des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

AUTOREN

[1] Brecher, C. (Hrsg.): Integrative Produktionstechnik für

Hochlohnländer. Springer, Heidelberg 2011

[2] Initial: Höhere Produktivität durch den modellbasierten

Entwurf und Betrieb von komplexen Automatisierungssystemen.

(http://www.inITial-projekt.de)

[3] Eversheim, W.: Inbetriebnahme komplexer Maschinen

und Anlagen. Strategien und Praxisbeispiele zur

Rationalisierung in der Einzel- und Kleinserienproduktion.

VDI-Verlag, Düsseldorf 1990

[4] Jack, P. und Koc: FUSIM. Funktionssicherung und

Testmethodik bei der Entwicklung eingebetteter

Systeme. DFAM, Frankfurt 2001

[5] Herfs, W.: Modellbasierte Software in the Loop Simulation

von Werkzeugmaschinen. Apprimus-Verlag, Aachen 2010

[6] Wünsch, G.; Zäh, M.: Schnelle Inbetriebnahme von

Produktionssystemen. Qualitätssicherung von

automatisierten Maschinen durch Simulation.

wt Werkstattstechnik online, 95(9), S. 699 – 704, 2005

[7] Murrenhoff, H.; von Dombrowski, R.; Verkoyen, T.:

Fluidtronic. Entwicklungsumgebung für fluidtechnischmechatronische

Systeme. wt Werkstattstechnik online,

99(1/2), S. 67 – 75, 2009

[8] Götz, H. und Nickolaus, M.: Modellbasiertes Testen.

Modellierung und Generierung von Tests. Grundlagen,

Kriterien für Werkzeugeinsatz, Werkzeuge in der

Übersicht. Heise Verlag, Hannover 2009

[9] IEEE 1641: IEEE Standard for Signal and Test Definition,

September 2010.

[10] Witsch, D.; Ricken, M.; Kormann, B.; Vogel-Heuser, B.:

PLC-statecharts. An approach to integrate uml statecharts

in open-loop control engineering. In: 8 th International

Conference on Industrial Informatics (INDIN), S.

915 – 920. IEEE, 2010. Doi: 10.1109/INDIN.2010.5549619

[11] Vodenčarević, A.; Kleine Buning, H.; Niggemann, O.; Maier, A.:

Identifying behavior models for process plants. In: 16 th Conference

on Emerging Technologies & Factory Automation

(ETFA), S. 1 – 8. IEEE, 2011. doi: 10.1109/ETFA.2011.6059080

[12] Brecher, C.; Pohlmann, G.; Herfs, W.: Zustandsbasierte

Diagnose an Rollenketten von Verpackungsmaschinen.

Höchste Beanspruchung bei 140 Takten/min. wt Werkstattstechnik

online, 99(7/8), S. 498 – 503, 2009

[13] Kolerus, J. und Wassermann, J.: Zustandsüberwachung

von Maschinen. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für den

Praktiker. Expert, Renningen 2008

[14] Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen:

TTCN-3: Testing and Test Control Notation Version 3.

(http://http://www.ttcn-3.org/)

[15] Brecher, C. und Weck, M.: Werkzeugmaschinen 3.

Springer, Berlin 2006

Dr.-Ing. WERNER HERFS MBA

(geb. 1975) hat zwischen 2007

und 2012 die Abteilung Steuerungstechnik

und Automatisierung

geleitet und ist seit

März 2012 der geschäftsführende

Oberingenieur des Lehrstuhls

für Werkzeugmaschinen

an der RWTH Aachen.

RWTH Aachen,

Werkzeugmaschinenlabor (WZL),

Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,

Tel. +49 (0) 241 802 74 10,

E-Mail: w.herfs@wzl.rwth-aachen.de

Dipl.-Ing. MARKUS OBDEN-

BUSCH (geb. 1986) arbeitet

seit 2011 als wissenschaftlicher

Mitarbeiter am Lehrstuhl

für Werkzeugmaschinen

der RWTH Aachen.

Seine Forschungsgebiete

umfassen die automatisierte

Anlagendiagnose und

Inbetriebnahme von Produktionsmaschinen im

Maschinenbau.

RWTH Aachen,

Werkzeugmaschinenlabor (WZL),

Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,

Tel. +49 (0) 241 802 82 36,

E-Mail: m.obdenbusch@wzl.rwth-aachen.de

Dipl.-Ing. WOLFRAM LOHSE

(geb. 1981) war von 2007 bis

2012 als wissenschaftlicher

Mitarbeiter am Lehrstuhl für

Werkzeugmaschinen der

RWTH Aachen tätig. Seit

März 2012 leitet er die

Abteilung Steuerungstechnik

und Automatisierung.

RWTH Aachen,

Werkzeugmaschinenlabor (WZL),

Steinbachstraße 19, D-52074 Aachen,

Tel. +49 (0) 241 802 74 55,

E-Mail: w.lohse@wzl.rwth-aachen.de

atp edition

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IMPRESSUM / VORSCHAU

IMPRESSUM

VORSCHAU

Verlag:

Oldenbourg Industrieverlag GmbH

Rosenheimer Straße 145

D-81671 München

Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-0

Telefax + 49 (0) 89 4 50 51-3 23

www.oldenbourg-industrieverlag.de

Geschäftsführer:

Carsten Augsburger, Jürgen Franke

Spartenleiter:

Jürgen Franke

Herausgeber:

Dr. T. Albers

Dr. G. Kegel

Dipl.-Ing. G. Kumpfmüller

Dr. N. Kuschnerus

Beirat:

Dr.-Ing. K. D. Bettenhausen

Prof. Dr.-Ing. Ch. Diedrich

Prof. Dr.-Ing. U. Epple

Prof. Dr.-Ing. A. Fay

Prof. Dr.-Ing. M. Felleisen

Prof. Dr.-Ing. G. Frey

Prof. Dr.-Ing. P. Göhner

Dipl.-Ing. Th. Grein

Prof. Dr.-Ing. H. Haehnel

Dr.-Ing. J. Kiesbauer

Dipl.-Ing. R. Marten

Dipl.-Ing. G. Mayr

Dr. J. Nothdurft

Dr.-Ing. J. Papenfort

Dr. A. Wernsdörfer

Dipl.-Ing. D. Westerkamp

Dr. Ch. Zeidler

Organschaft:

Organ der GMA

(VDI/VDE-Gesell schaft Messund

Automatisierungs technik)

und der NAMUR

(Interessen gemeinschaft

Automatisierungs technik der

Prozessindustrie).

Redaktion:

Anne Hütter (verantwortlich)

Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-4 18

Telefax + 49 (0) 89 4 50 51-2 07

E-Mail: huetter@oiv.de

Gerd Scholz

Einreichung von Hauptbeiträgen:

Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas

(Chefredakteur, verantwortlich

für die Hauptbeiträge)

Technische Universität Dresden

Fakultät Elektrotechnik

und Informationstechnik

Professur für Prozessleittechnik

D-01062 Dresden

Telefon +49 (0) 351 46 33 96 14

E-Mail: urbas@oiv.de

Fachredaktion:

Dr.-Ing. M. Blum

Prof. Dr.-Ing. J. Jasperneite

Dr.-Ing. B. Kausler

Dr.-Ing. N. Kiupel

Dr. rer. nat. W. Morr

Dr.-Ing. J. Neidig

Dipl.-Ing. I. Rolle

Dr.-Ing. S. Runde

Prof. Dr.-Ing. F. Schiller

Bezugsbedingungen:

atp edition – Automatisierungstechnische

Praxis“ erscheint

monatlich mit Doppelausgaben im

Januar/Februar und Juli/August.

Bezugspreise:

Abonnement jährlich: € 468,– + € 30,–/

€ 35,- Versand (Deutschland/Ausland);

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€ 638,40; ePaper (PDF): € 468,–;

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Die Preise enthalten bei Lieferung

in EU-Staaten die Mehrwertsteuer,

für alle übrigen Länder sind es

Nettopreise. Mitglieder der GMA: 30%

Ermäßigung auf den Heftbezugspreis.

Bestellungen sind jederzeit über den

Leserservice oder jede Buchhandlung

möglich.

Die Kündigungsfrist für Abonnementaufträge

beträgt 8 Wochen zum Bezugsjahresende.

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säurefreiem Papier.

Die atp wurde 1959 als „Regelungstechnische

Praxis – rtp“ gegründet.

© 2012 Oldenbourg Industrieverlag

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Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen

Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich

geschützt. Mit Ausnahme der

gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine

Verwertung ohne Ein willigung des Verlages

strafbar.

Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8

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zum BayPresseG geben wir die Inhaber

und Beteiligungsverhältnisse am Verlag

wie folgt an:

Oldenbourg Industrieverlag GmbH,

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Alleiniger Gesellschafter des Verlages

ist die ACM-Unternehmensgruppe,

Ostring 13,

65205 Wiesbaden-Nordenstadt.

ISSN 2190-4111

DIE AUSGABE 10 / 2012 DER

ERSCHEINT AM 01.10.2012

MIT FOLGENDEN BEITRÄGEN:

Safety und Security für

Feldbus-Anforderungen

Das Zeitverhalten

verteilter Anlagen

Plug and Prognose

Reifezeugnis für

mechatronische

Entwicklungsprozesse

...und vielen weiteren Themen.

Aus aktuellem Anlass können sich die Themen

kurzfristig verändern.

LESERSERVICE

E-MAIL:

leserservice@oiv.de

TELEFON:

+ 49 (0) 931 4170-1615

66

atp edition

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SIL

Sprechstunde

4. SIL-Sprechstunde

Funktionale Sicherheit

18. + 19.9.2012, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

www.sil-sprechstunde.de

PLT-Schutzeinrichtung

Programm

Moderation: Jürgen George,

Pepperl+Fuchs GmbH

Wann und Wo?

Prinzip der SIL-Bewertung

Parameter der SIL-Bewertung

Vermeidung systematischer Fehler

Bewertung zufälliger Fehler

Gerätequalifikation aufgrund „früherer Verwendung“

Referenten

Dirk Hablawetz, BASF SE

Dr. Andreas Hildebrandt, Pepperl+Fuchs GmbH

Udo Hug, BImSchG § 29a Sachverständiger

Gerhard Jung, Pepperl+Fuchs GmbH

Dr. Thomas Karte, Samson AG

Dr. Gerold Klotz-Engmann, Endress+Hauser Messtechnik

GmbH + Co. KG

Josef Kuboth, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz

Nordrhein-Westfalen

Bernd Schroers, Bayer Technology Services

Heiko Schween, HIMA Paul Hildebrandt GmbH + Co KG

Johann Ströbl, TÜV Süd Industrie Service GmbH

Termin

Dienstag, 18.09.2012

Veranstaltung (11:30 – 16:30 Uhr)

„Get-Together“ mit Abendessen

(ab 17:30 Uhr)

Mittwoch, 19.09.2012

Veranstaltung (9:00 – 15:00 Uhr)

Ort

Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH

Thema

SIL – Qualifizierung von

PLT-Schutzeinrichtungen

Teilnahmegebühr

atp edition-Abonnenten 540 € zzgl. MwSt

Firmenempfehlung 590 € zzgl. MwSt

reguläre Teilnahmegebühr 690 € zzgl. MwSt

Im Preis enthalten sind die Tagungsunterlagen

sowie das Catering (Kaffee, 2x Mittagsimbiss,

„Get-Together“ mit Abendessen).

Veranstalter

Schon wieder E/A-Änderungen? Na prima.

Also ein neuer Schaltplan.

Ein neuer Rangierentwurf.

Und ein neuer Schaltschrank…

Schluss damit!

SIE SCHAFFEN DAS!

Fragen Sie!

Die Explosionsschutz-Sprechstunde gibt Ihnen ausreichend Gelegenheit,

Ihre individuellen Fragen zu stellen und offen mit den praxiserfahrenen

Referenten zu diskutieren.

Stellen Sie Ihre Fragen rechtzeitig unter www.sil-sprechstunde.de

Weitere Informationen und Online-Anmeldung

unter www.sil-sprechstunde.de

Fax-Anmeldung: +49 (0) 89 45051-207 oder Online-Anmeldung: www.sil-sprechstunde.de

Ich habe die atp edition abonniert

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Ihre freiwilligen Angaben werden zusammen mit den für die Vertragsabwicklung erforderlichen Daten von uns und der Unternehmensgruppe, unseren Dienstleistern sowie anderen

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Wenn Sie dies nicht mehr wünschen, schreiben Sie bitte an: Oldenbourg Industrieverlag, Rosenheimer Str. 145, D-81671 München

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