atp edition Mensch-Roboter-Kooperation (Vorschau)
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7-8 / 2011<br />
53. Jahrgang B3654<br />
Oldenbourg Industrieverlag<br />
Automatisierungstechnische Praxis<br />
Vergleichende Bewertung<br />
von Anlagenkonzepten | 30<br />
Testen verteilter<br />
Automatisierungssysteme | 38<br />
Modellgestützte<br />
Modernisierungsplanung | 46<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong> | 54<br />
Beschreibung mechatronischer<br />
Objekte durch Merkmale | 62
editorial<br />
„Die Zukunft kommt –<br />
ganz automatisch“<br />
So lautet der Titel unserer Broschüre, die wir im Rande des Kongresses Automation<br />
2011 in Baden-Baden erstmalig vorgestellt haben. Sie ist nicht gedacht<br />
für Ingenieure der Automatisierungstechnik – auch nicht für Experten anderer<br />
Fachrichtungen. Mit der Broschüre sprechen wir <strong>Mensch</strong>en aus der „allgemeinen“<br />
Öffentlichkeit an, um für sie ein positives Bild der Automation zu zeichnen<br />
und den vielfältigen Nutzen für jeden von uns nachvollziehbar und allgemein<br />
verständlich aufzuzeigen. Wir leisten damit einen weiteren Beitrag zu unserem<br />
Thesenpapier „Automation 2020“, welches wir vor zwei Jahren veröffentlicht<br />
haben. Unsere – unverändert gültigen – Thesen lauten:<br />
1 | Automation leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung<br />
anstehender gesellschaftlicher Herausforderungen.<br />
2 | Automation steht für „Technik mit dem <strong>Mensch</strong>en für den <strong>Mensch</strong>en“.<br />
3 | Automation ist Leitdisziplin für die Entwicklung, Optimierung<br />
und Anwendung neuer Produkte, Verfahren und Technologien.<br />
Wir haben uns gefragt, an welchen Stellen im alltäglichen Leben Automation eine<br />
wichtige Rolle spielt und beispielhaft erklärt werden kann. Wir alle sind es heute<br />
gewohnt, mit Geräten und Automaten unterschiedlichster Art nahezu selbsverständlich<br />
umzugehen. Wir erwarten geradezu, dass uns Arbeiten abgenommen<br />
werden, dass wir uns sicher fühlen und an vielen Stellen unterstützt werden. Dies<br />
beginnt im normalen Tagesablauf schon mit dem bequemen temperaturgeregelten<br />
Duschen und dem frischen Kaffee aus der Kaffeemaschine. Im Auto auf dem Weg<br />
zur Arbeit nehmen wir die vielen automatischen Funktionen kaum noch wahr:<br />
Zündung, Automatikgetriebe, ABS, ESP, Überwachung des Toten Winkels, aktive<br />
Geschwindigkeitsregelung und so fort. Beim Einfahren in die Tiefgarage erwarten<br />
wir, dass unsere Parkkarte erkannt wird und dass sich die Schranke automatisch<br />
für uns öffnet. Die hier genannten Beispiele sind ohne Automation undenkbar.<br />
Wir alle als Leser der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> wissen das.<br />
Wie aber vermitteln wir das unserem Nachbarn oder unserer Nachbarin? Die<br />
Antwort lautet: Mit Beispielen. Mit Bildern. Mit einfachen, zur Zielgruppe passenden<br />
Texten und Aussagen.<br />
Unsere Ergebnisse finden Sie in der GMA-Broschüre „Die Zukunft kommt ganz<br />
automatisch“ und auch unter www.ganz-automatisch.de. Gern können Sie Broschüren<br />
bei der GMA-Geschäftsstelle unter gma@vdi.de bestellen.<br />
Nutzen auch Sie die Publikation, beispielsweise im Bekannten- und Familienkreis,<br />
in Schulklassen, bei öffentlichen Veranstaltungen. Letztlich hilft Ihnen<br />
die Broschüre auch bei der Erklärung dessen, was Sie in Ihrem Berufsalltag<br />
machen.<br />
Nun aber darf ich Ihnen beim Studium der aktuellen <strong>atp</strong>-<strong>edition</strong> viel Freude<br />
wünschen. Die Hauptbeiträge dieser Ausgabe entstammen fast alle dem diesjährigen<br />
Kongress Automation 2011 – unserem jährlichen Netzwerk-Event für die<br />
Anwender, Hersteller und Forschungseinrichtungen der Automation, das auch<br />
in diesem Jahr ein voller Erfolg war. Ihnen allen, die daran beteiligt waren<br />
danke ich herzlich und freue mich bereits heute auf unser nächstes Treffen am<br />
13. und 14. Juni 2012.<br />
Dr. Kurt D.<br />
Bettenhausen<br />
Vorsitzender der VDI/VDE-<br />
Gesellschaft Mess- und<br />
Automatisierungstechnik (GMA)<br />
www.automatisierungskongress.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
3
Inhalt 7–8 / 2011<br />
Forschung<br />
06 | Nano-Magnetschalter bauen sich dank Trick<br />
aus der Natur selbst zusammen<br />
Wie ein ungelöstes Problem aus der Codierungstheorie<br />
RFID-Chips sicherer macht<br />
07 | Neue Steuerung ermöglicht Kombination aus Industrierobotern<br />
und mobilem Laserscanner<br />
Vom Internet der Dinge zum Internet der Dienste –<br />
Fraunhofer schafft in München sichere Systeme<br />
Verband<br />
08 | VDI ehrt Fraunhofer-Chef Hans-Jörg Bullinger<br />
VFAale wandelt sich um zum Trägerverein<br />
09 | Fachverband für Sensorik wählt Vorstand wieder<br />
IT-orientierte Hersteller engagieren sich immer stärker<br />
im ZVEI-Fachverband Energietechnik<br />
branche<br />
10 | Mario Hoernicke und Andreas Wiesner erhielten den <strong>atp</strong> Award<br />
für die besten Veröffentlichungen<br />
Querschnittsthema funktionale Sicherheit:<br />
VDE stellt Informationen gebündelt zur Verfügung<br />
11 | Prozessleittechnik: Namur-Hauptsitzung stellt die Trends<br />
und Herausforderungen der Zukunft vor<br />
Cyril Perducat bleibt Vorstandschef der ODVA<br />
12 | Wireless-Einsatzszenarien für Stellgeräte in der Prozessautomation<br />
16 | Berührungslose Sensoren sparen Kosten und steigern<br />
die Sicherheit der Kraftwerksteuerung<br />
26 | IEC 61508: So entwickeln Anfänger normgerechte Komponenten<br />
4<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7–8 / 2011
anche | Special industrial ethernet<br />
20 | Parallel Redundancy Protocol und High Availability Seamless<br />
Redundancy sichern doppelt ab<br />
24 | Mit Ethernet auf dem Teppich geblieben:<br />
Hersteller rüstet Färbelinie auf neue Technologie um<br />
Hauptbeiträge | Automation 2011<br />
30 | Vergleichende Bewertung von Anlagenkonzepten<br />
Dr.-Ing. E. Roos<br />
38 | Testen verteilter Automatisierungssysteme<br />
E. Noak, S. JovalekiC, B. Rist<br />
46 | Modellgestützte Modernisierungsplanung<br />
M. Strube, A. Fay, S. Truchat, H. Figalist<br />
54 | <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong><br />
Dipl.-Ing. C. Thomas, Prof. Dr.-Ing. B. Kuhlenkötter,<br />
Dipl.-Ing. F. Busch, Prof. Dr.-Ing. J. Deuse<br />
62 | Beschreibung mechatronischer Objekte durch Merkmale<br />
J. Prinz, A. Lüder, N. Suchold, R. Drath<br />
70 | Synergien zwischen Medizin- und Automatisierungstechnik<br />
K.-H. Niemann, O.Schmerling, F. Lüllau<br />
Praxis<br />
78 | Drahtlose Ortungssysteme maßgeschneidert:<br />
mobile Betriebsmittel per RFID überwachen<br />
80 | Sichere Verbindung in jeder Umgebung<br />
rubriken<br />
3 | Editorial<br />
66 | Impressum, <strong>Vorschau</strong><br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
5
forschung<br />
Nano-Magnetschalter bauen sich dank Trick<br />
aus der Natur selbst zusammen<br />
Die Arbeit mit riesigen Mengen magnetisch gespeicherter<br />
Daten, etwa auf Festplatten, gehört zum Alltag.<br />
Elektronische Bauteile mit hoher Empfindlichkeit<br />
sind dafür die Basis.<br />
Um die Datenkapazitäten zu erhöhen, sind noch kleinere<br />
Bauteile notwendig. Teilweise gibt es für die Herstellung<br />
dieser winzigen Teile jedoch keine Werkzeuge mehr.<br />
Die Lösung: Man bringt die Einzelteile dazu, sich eigenständig<br />
zu dem gewünschten Produkt zusammenzufügen.<br />
Das Forscherteam um Professor Mario Ruben vom Institut<br />
für Nanotechnologie (INT) am Karlsruher Institut für<br />
Technologie (KIT) hat sich für die Produktion eines Nano-<br />
Magnetschalters einen Trick bei der Natur abgeschaut: Die<br />
Wissenschaftler brachten synthetische Haftgruppen so an<br />
Magnetmoleküle an, dass diese von selbst an der richtigen<br />
Position auf einer Nanoröhre andocken. In der Natur entsteht<br />
in einem ähnlich selbst-organisierenden Prozess<br />
beispielsweise ein grünes Blatt – ohne den Eingriff einer<br />
übergeordneten Instanz.<br />
Den Nano-Magnetschalter hat ein europäisches Team<br />
aus Wissenschaftlern des Centre National de la Recherche<br />
Scientifique (CNRS) in Grenoble und des Institut de Physique<br />
et Chimie des Matériaux der Universität Straßburg<br />
und des INT gemeinsam konstruiert. Der Schalte besteht<br />
nicht aus konventionellen anorganischen Materialien wie<br />
Silizium, Metallen oder Oxiden, sondern aus weichen<br />
Materialien wie Kohlenstoffnanoröhren und Molekülen.<br />
Magnetisch ist ein einzelnes Metallatom, Terbium, welches<br />
in organisches Material eingebettet wird. Das Terbium<br />
reagiert hochempfindlich auf externe Magnetfelder.<br />
Die Information, wie dieses Atom sich entlang eines solchen<br />
Magnetfeldes ausrichtet, wird sehr effektiv an den<br />
durch die Nanoröhre fließenden Strom weitergegeben.<br />
So gelang es der CNRS-Forschungsgruppe um Dr. Wolfgang<br />
Wernsdorfer in Grenoble, den Magnetismus im Umfeld<br />
des Nano-Schalters elektrisch auszulesen. Dies ermöglicht<br />
prinzipiell den Zugang zu höheren Speicherdichten.<br />
Es öffnet zugleich Tore zu wesentlich leistungsfähigeren<br />
Methoden der Informationsverarbeitung,<br />
beispielsweise in Quantencomputern. Das Konsortium<br />
arbeitet nun darauf hin, die Arbeitstemperaturen des Bauteiles<br />
in naher Zukunft von -272 weiter steigern zu können.<br />
Die Nano-Magnetschalter, für die es<br />
keine Werkzeuge mehr gibt, bauen sich selbst<br />
zusammen. Terbium, ein einzelnes Metallatom.<br />
Macht es möglich. Bild: KIT<br />
Karlsruher Institut für Technologie (KIT),<br />
Kaiserstraße 12,D-76131 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 60 80,<br />
Internet: www.kit.edu<br />
6<br />
Wie ein ungelöstes Problem aus der<br />
Codierungstheorie RFID-Chips sicherer macht<br />
Die RFID-Technologie ist heute weit verbreitet, zu finden<br />
in Funktüröffnern oder elektronischen Reisepässen.<br />
Die Verschlüsselung der Daten und damit die Sicherheit<br />
der Technologie war lange Zeit ein Problem. Auf dem<br />
Chip fehlt der Raum für komplizierte kryptographische<br />
Algorithmen, die die sensiblen Daten wirksam schützen.<br />
Prof. Dr. Eike Kiltz, Leiter der Arbeitsgruppe „Foundations<br />
and Applications of Cryptographic Theory and der<br />
Ruhr-Universität Bochum, entwickelte mit einem internationalen<br />
Forschungsteam ein sicheres Authentifizierungsverfahren.<br />
Die Forscher griffen dabei auf ein bislang<br />
ungelöstes Problem aus der Codierungstheorie zurück.<br />
Selbst leistungsstarke Rechner bräuchten für die<br />
Lösung wohl mehrere Milliarden Jahre.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
Ein Prototyp des Chips mit der neuen Verschlüsselungstechnik<br />
entsteht nun am Lehrstuhl für eingebettete Sicherheit<br />
der Ruhr-Universität Bochum. Die Methode soll eine<br />
neue Generation RFID-Chips begründen. Der innovative<br />
Ansatz könne ebenfalls bei kryptographischen Aufgaben<br />
wie Verschlüsselungen weitere Anwendung finden.<br />
Ruhr-Universität Bochum,<br />
Fakultät für Mathematik<br />
Arbeitsgruppe „Foundations and Applications of<br />
Cryptographic Theory“,<br />
Universitätsstr. 150, D-44780 Bochum,<br />
Tel. +49 (0) 234 322 55 13,<br />
Internet: www.ruhr-uni-bochum.de
Neue Steuerung ermöglicht Kombination aus<br />
Industrierobotern und mobilem Laserscanner<br />
Ein Werkstück wird mit Laser bearbeitet, das Rückenlehnen-Teil<br />
eines Fahrersitzes. Langsam fährt der<br />
massige <strong>Roboter</strong> die Schweißnaht entlang. Insgesamt 45<br />
Sekunden dauert der Vorgang. Deutlich schneller geschieht<br />
dies unter Einsatz des neuen Steuerungskonzeptes<br />
LARISSA (Kurzform für: „LaserRobotik -Integration<br />
von Scan- und Fokussiereinheiten als hochdynamische<br />
System-Achsen“.<br />
Wissenschaftler der Hochschule Aschaffenburg haben<br />
gemeinsam mit den Projektpartnern Reis Robotics, Obernburg<br />
und Raylase AG, Weßling eine entscheidende Verbesserung<br />
im Bereich der Lasermaterialbearbeitung entwickelt.<br />
Bei Larissa wird der Laserstrahl durch eine vom<br />
<strong>Roboter</strong>arm mitgeführte Scannereinheit gezielt so abgelenkt,<br />
dass der <strong>Roboter</strong> nur relativ langsame und glatte<br />
Bewegungen ausführen muss und der Laserpunkt trotzdem<br />
schnell und präzise der vorgegebenen Bearbeitungskontur<br />
folgt. So lassen sich bei der Lasermaterialbearbeitung<br />
mit Industrierobotern deutlich höhere Geschwindigkeiten<br />
erzielen, ohne das Abstriche bei der Genauigkeit<br />
hingenommen werden müssten.<br />
Das Forschungsprojekt wurde von der Bayerischen<br />
Forschungsstiftung mit 450.000 € gefördert. Von den Fördermitteln<br />
flossen 200.000 € an die Hochschule Aschaffenburg,<br />
welche die Projektleitung innehatte und die auf<br />
einem Patent der Hochschule beruhenden grundlegenden<br />
Steuerungsalgorithmen auf einem sogenannten Rapid<br />
Control Prototyping System implementierte und<br />
erprobte. Bei der Raylase AG wurde der Prototyp eines<br />
neuen Scanners für den Einsatz an <strong>Roboter</strong>n entwickelt.<br />
Die Projektpartner (von links) Markus Lotz,<br />
Wilfried Diwischek, Eberhard Kroth, Hartmut Bruhm<br />
und Alexander Czinki sowie Erwin Wagner.<br />
Bild: Hochschule Aschaffenburg.<br />
Reis Robotics spezifizierte die Anforderungen an das zu<br />
entwickelnde Gesamtsystem, konzipierte und integrierte<br />
eigene Varianten der Steuerungsalgorithmen in die<br />
<strong>Roboter</strong>steuerung und übernahm die anwendungsnahe<br />
Erprobung. Die Firma arbeitet nun an der serientauglichen<br />
Umsetzung des entwickelten Konzeptes in ihrer<br />
industriellen <strong>Roboter</strong>steuerung.<br />
Hochschule Aschaffenburg<br />
Würzburger Strasse 45, D-63743 Aschaffenburg,<br />
Tel. +49 (0) 6021 31 45, Internet: www.h-ab.de<br />
Vom Internet der Dinge zum Internet der Dienste –<br />
Fraunhofer schafft in München sichere Systeme<br />
Die Münchner Projektgruppe Sicherheit<br />
und Zuverlässigkeit des Fraunhofer SIT<br />
(Institut für Sichere Informationstechnologie)<br />
ist seit 1. Juli eine selbstständige Einrichtung<br />
für Angewandte und Integrierte Sicherheit.<br />
Claudia Eckert, langjährige Leiterin des<br />
SIT in Darmstadt, wird die neue Einrichtung<br />
im München führen. Mit ihrem Team baute<br />
sie in den vergangenen zwei Jahren Forschungs-<br />
und Entwicklungsbereiche auf.<br />
Seit Juni 2010 wird Prof. Eckert von Prof.<br />
Georg Sigl, der 18 Jahre Industrieerfahrung<br />
im Design eingebetteter sicherer Systeme<br />
mitbringt, unterstützt. „Mit Informatikern,<br />
Elektrotechnik-Ingenieuren, Mathematikern<br />
und Betriebswirten bieten wir ein passendes<br />
Kompetenz- und Technologie-Profil für integrierte<br />
Systemsicherheit“, betont Eckert. Die Einrichtung<br />
kooperiert mit der TU München. An der Fakultät für<br />
Informatik hat Prof. Eckert den Lehrstuhl für Sicherheit<br />
in der Informatik inne. An der Fakultät für Elektrotechnik<br />
und Informationstechnik baut Prof. Sigl den Lehrstuhl<br />
für Sicherheit in der Informationstechnik auf.<br />
Claudia Eckert<br />
leitet das neue<br />
Institut für Sicherheit<br />
und Zuverlässigkeit<br />
ab 1. Juli.<br />
„Unsere Expertise in der integrierten Systemsicherheit<br />
wird in Zukunft stark gefordert<br />
und nachgefragt sein, wenn das Internet<br />
der Dinge mit dem Internet der Dienste<br />
zusammenwächst. Unternehmen, die bisher<br />
mit weitgehend isoliert betriebenen Systemen<br />
produziert haben, werden sich Cyber<br />
Physical Systems öffnen und verstärkt Sicherheitsinfrastrukturen<br />
aufbauen“, so<br />
Eckert und Sigl. „Zwei Schwerpunkte sind<br />
die Themen SmartGrid und SmartMobility<br />
inklusive Automotive-Security und Elektromobilität“,<br />
so Eckert. Die Test- und Demonstrationslabore<br />
für Hardware-Sicherheit,<br />
Netzwerksicherheit und Cloud-Sicherheit<br />
werden kontinuierlich erweitert.<br />
Fraunhofer-Gesellschaft<br />
zur Förderung der angewandten Forschung e.V.,<br />
Hansastraße 27c,<br />
D-80686 München,<br />
Tel. +49 (0) 89 120 50,<br />
Internet: www.fraunhofer.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
7
verband<br />
VDI ehrt Fraunhofer-Chef Hans-Jörg Bullinger<br />
Die höchste Auszeichnung, die der Verein Deutscher<br />
Ingenieure zu vergeben hat, erhielt kürzlich Prof. Dr.-<br />
Ing. Hans-Jörg Bullinger. Der VDI verlieh dem Präsidenten<br />
der Fraunhofer-Gesellschaft die Grashof-Denkmünze.<br />
VDI-Präsident Prof. Dr.-Ing. Bruno O. Braun überreichte<br />
die in Gold geprägte Münze, die an den Mitbegründer und<br />
ersten Direktor des VDI Prof. Franz Grashof erinnert, beim<br />
25. Deutschen Ingenieurtag.<br />
Braun würdigte Bullingers langjährige, herausragende<br />
Arbeit und seine Verdienste für das Ingenieurwesen. Er<br />
habe als Wissenschaftler, Hochschullehrer und Ideenmanager<br />
stets einen ganzheitlichen Ansatz bei der Behandlung<br />
von Problemen gefunden, begründete der VDI<br />
die Ehrung. Kennzeichen der Forschung von Prof. Hans-<br />
Jörg Bullinger sei die konsequente Ausrichtung auf den<br />
„<strong>Mensch</strong>en als Maß der Technik“.<br />
Bei allen Bestrebungen, die Wettbewerbsfähigkeit der<br />
deutschen Wirtschaft zu steigern, habe er frühzeitig die<br />
Bedeutung der menschengerechten Arbeitsgestaltung erkannt<br />
und setzte seine Forschungsergebnisse in die Praxis<br />
um. Damit habe er einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung<br />
der Arbeitsqualität in Deutschland geleistet.<br />
Als Vordenker und Initiator künftiger gesellschaftlicher<br />
Entwicklungen habe er unter anderem die öffentliche<br />
Diskussion über die Entwicklung der Industriegesellschaft<br />
hin zur Dienstleistungsgesellschaft entscheidend<br />
mitgeprägt. Als Brückenbauer zwischen Wissenschaft<br />
und Wirtschaft habe Bullinger in seiner Zeit als<br />
Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft<br />
und Organisation IAO eine der führenden Institutionen<br />
für technische und prozessuale Innovationen<br />
in Europa aufgebaut.<br />
Sein Wirken als Fraunhofer-Präsident seit 2002 stehe<br />
im Zeichen der Vernetzung von Forschung mit Industrie<br />
und Politik. Gleichzeitig sehe er die Verantwortung für<br />
den Standort Deutschland und stoße immer wieder Aktivitäten<br />
an, um die Innovationsfähigkeit zu stärken und<br />
das Innovationstempo zu steigern.<br />
FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT<br />
ZUR FÖRDERUNG DER ANGEWANDTEN FORSCHUNG E.V.,<br />
Hansastraße 27 c, D-80686 München,<br />
Tel. +49 (0) 89 120 50,<br />
Internet: www.fraunhofer.de<br />
Aus der Hand<br />
von VDI-Chef Prof.<br />
Bruno O. Braun (rechts)<br />
erhielt Prof. Hans-Jörg<br />
Bullinger die Grashof-<br />
Denkmünze des<br />
Ingenieurverbands.<br />
Bild: Fraunhofer.<br />
VFAale wandelt sich um zum Trägerverein<br />
Damit er künftig auch als Partner bei automatisierungstechnischen<br />
Events auftreten kann, soll aus dem Verein<br />
der Freunde und Föderer der Aale (VFAale) der Trägerverein<br />
der Aale werden. Das hat der Aale-Beirat auf seiner jüngsten<br />
Sitzung entschieden. Beschlossen werden soll die Satzungsänderung<br />
von der nächsten Mitgliederversamlung des<br />
FVAale. Ab 2012 wird zudem das Aale-Kolloquium umbenannt<br />
in „Konferenz für angewandte Automatisierungstechnik<br />
in Lehre und Entwicklung“. Diese Entscheidung<br />
trafen Aale-Beirat und der Vorstand des Fördervereins, da<br />
sich die Veranstaltung hinsichtlich Teilnehmerzahl und<br />
Qualität der Beiträge in den vergangenen Jahren zu einer<br />
Fachkonferenz entwickelt habe, was sich nun auch im Na-<br />
men widerspiegeln soll. Sie wird zum nächsten Mal am 3.<br />
und 4. Mai 2012 an der Fachhochschule Aachen stattfinden.<br />
Dort wird wieder der Aale Student Award verliehen.<br />
Alle Beiträge werden in einem Tagungsand veröffentlicht,<br />
den der Oldenbourg Industrieverlag herausgeben wird.<br />
VEREIN DER FREUNDE UND FÖRDERER DER<br />
ANGEWANDTEN AUTOMATISIERUNGSTECHNIK<br />
AN FACHHOCHSCHULEN (VFAALE E.V.),<br />
c/o Fachhochschule Düsseldorf,<br />
Fachbereich Elektrotechnik,<br />
Josef-Gockeln-Str. 9, D-40474 Düsseldorf,<br />
Tel. +49 (0) 211 435 13 08, Internet: www.vfaale.de<br />
8<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Fachverband für Sensorik wählt Vorstand wieder<br />
Der alte und<br />
gleichzeitig auch<br />
neue AMA-Vorstand<br />
(v. l. n. r.):<br />
Prof. Dr. Andreas<br />
Schütze, Peter<br />
Krause, Wolfgang<br />
Wiedemann; Johannes<br />
W. Steinebach<br />
und Peter Scholz.<br />
Bild: AMA/Manfred Gillert<br />
Die Mitglieder des AMA Fachverbands für Sensorik haben<br />
den kompletten Verbandsvorstand im Amt bestätigt.<br />
Den Vorstandsvorsitz führt für weitere zwei Jahre<br />
Wolfgang Wiedemann, STW Sensor-Technik Wiedemann<br />
GmbH. Sein Stellvertreter bleibt Peter Krause, First Sensor<br />
Technology GmbH. Johannes W. Steinebach, TWK-Elektronik<br />
GmbH, amtiert als Schatzmeister und Peter Scholz,<br />
Additive Soft- und Hardware GmbH, füllt für weitere zwei<br />
Jahre das Amt des Schriftführers aus. Ebenfalls im Amt<br />
bestätigt wurde Prof. Dr. Andreas Schütze, Universität des<br />
Saarlandes, der als Vorsitzender des Wissenschaftsrates<br />
dem AMA-Vorstand als Beisitzer angehört.<br />
Der AMA Fachverband für Sensorik wurde 1981 als<br />
Arbeitsgemeinschaft Messwertaufnehmer gegründet und<br />
zählt heute auf die Branchenkompetenz von 460 Mitgliedern<br />
aus Industrie und Wissenschaft. Vertreten sind dort<br />
85 Prozent Industrie- und 15 Prozent Institutsmitglieder.<br />
Etwa 2 300 Unternehmen der Sensor- und Messtechnik<br />
erwirtschaften mit 250 000 Beschäftigten einen Umsatz<br />
von zirka 35 Milliarden Euro.<br />
AMA FACHVERBAND FÜR SENSORIK E.V.<br />
Sophie-Charlotten-Str. 15, D-14059 Berlin,<br />
Tel. +49 (0) 30 221 90 36 20, www.ama-sensorik.de<br />
IT-orientierte Hersteller engagieren sich immer<br />
stärker im ZVEI-Fachverband Energietechnik<br />
Der ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie<br />
hat einen neuen Vorstand für die<br />
nächsten drei Jahre gewählt. Neu in dem 37-köpfigen<br />
Führungsgremium sind sieben Mitglieder: Uwe Bartmann<br />
(Siemens), Dr. Wolfgang Bochtler (Mektec), Peter<br />
Gresch (Brose Fahrzeugteile), Ute Poerschke (Elschukom),<br />
Dr. Martin U. Schefter (Eaton Industries Holding),<br />
Dr. Marc Schweizer (Schweizer Electronic) und Hans<br />
Wienands (Samsung Electronics). Die Wahl des Präsidiums<br />
durch die Vorstandsmitglieder steht noch aus.<br />
Neue Mitglieder hat auch der Vorstand des ZVEI-<br />
Fachverbands Energietechnik. Zu den neuen Vorstandsmitgliedern<br />
gehören Rada Rodriguez (Schneider Electric),<br />
Dr. Bernd Engel (SMA Solar Technology), Dr. Harald<br />
Schrimpf (PSI AG) und Dr. Martin Schumacher<br />
(ABB). Im Amt bestätigt wurden Herbert Brunner (Landis<br />
+ Gyr), Ralf Christian (Siemens AG, Energy Sector),<br />
Dieter Nieveler (Starkstrom-Gerätebau) und Dr. Wolfgang<br />
Voß (Alstom Grid). Ralf Christian, CEO der Power<br />
Distribution Division bei der Siemens AG, wurde zum<br />
neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt. Er löst Dr. Joachim<br />
Schneider (ehemals ABB) ab, der Gründungsmitglied<br />
des Fachverbands Energietechnik war und jetzt<br />
aus Altersgründen ausscheidet. Als stellvertretende<br />
Vorstandsvorsitzende wurden Herbert Brunner und Dr.<br />
Martin Schumacher gewählt.<br />
Der Vorstandsvorsitzende nannte als seine Hauptaufgabe,<br />
die beschleunigten Veränderungen in der bundesdeutschen<br />
Energieerzeugung hin zu erneuerbaren Energien<br />
und zum nachhaltigen Netzum-/ausbau zu begleiten<br />
und die Expertise des ZVEI der Politik zur Verfügung<br />
zu stellen. Es gebe einen Schub für Innovationen<br />
in der Energietechnik (HGÜ, Smart Grid, Lastmanagement,<br />
Elektromobilität, kommunikationsfähige Stromzähler)<br />
und neue, erfolgreiche Hersteller und Dienstleister<br />
im Energietechnikumfeld, sagte Christian. Eine<br />
neue Entwicklung sei, dass zunehmend IT-orientierte<br />
Hersteller im Fachverband Energietechnik aktiv mitarbeiteten.<br />
„Wir sehen insgesamt günstige Geschäftsaussichten<br />
für innovative Produkte in den nächsten Jahren“,<br />
betonte Christian.<br />
ZVEI - ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
9
10<br />
branche<br />
Mario Hoernicke und Andreas Wiesner erhielten<br />
den <strong>atp</strong> Award für die besten Veröffentlichungen<br />
Für Mario Hoernicke und Andreas Wiesner verlief der<br />
Kongress Automation 2011 besonders erfolgreich. Die<br />
beiden jungen Ingenieure wurden bei der Tagung in<br />
Baden-Baden mit dem <strong>atp</strong> Award für die besten Beiträge<br />
ausgezeichnet, die 2010 in <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> veröffentlicht wurden.<br />
Chefredakteur Prof. Leon Urbas überreichte den<br />
Die Gewinner des <strong>atp</strong> Awards: Andreas Wiesner (links)<br />
und Mario Hoernicke (Mitte). Prof. Leon Urbas (rechts),<br />
Chefredakteur der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>, überreichte die Auszeichnungen.<br />
Preisträgern die mit jeweils 2 000 Euro dotierten Auszeichnungen<br />
im Plenum des Kongresses.<br />
Mit dem Preis, der ideell an die kompletten Autorenteams<br />
geht, werden die besten Beiträge aus Hochschule<br />
und Industrie gewürdigt – den Geldpreis erhält das jüngste<br />
Teammitglied, das nicht älter als 35 Jahre sein darf.<br />
Mario Hoernicke und sein Kollege Rainer Drath erhielten<br />
die Auszeichnung in der Kategorie „Industrie“ für ihren<br />
in der Ausgabe 7-8/2010 der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> veröffentlichten<br />
Beitrag „Sichere SPS-Funktionsbausteine effizient<br />
entwickeln – Formale Funktionsbeschreibung von Automaten“.<br />
Der Beitrag überzeugte die Jury in allen vier Kategorien<br />
Wissenschaftlichkeit, Verständlichkeit, Neuigkeit<br />
und Praxisrelevanz. Beide Autoren sind bei ABB tätig.<br />
Andreas Wiesner hatte gemeinsam mit Michael<br />
Wiedau, Wolfgang Marquardt (alle RWTH Aachen), Heiner<br />
Temmen, Hannes Richert und Felix Anhäuser (alle<br />
Evonik Degussa) veröffentlicht. Ihr Beitrag hieß „Wissensbasierte<br />
Integration von Anlagenplanungsdaten –<br />
Semantische Technologien bieten großes Potenzial“.<br />
Wiesner erhielt den Preis in der Kategorie „Hochschule“.<br />
An der Tagung Automation 2011 nahmen deutlich<br />
mehr Besucher teil als im Jahr zuvor. Ihre Zahl stieg von<br />
350 auf 440, wie Dr. Kurt D. Bettenhausen, Vorsitzender<br />
der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik<br />
GMA betonte. Er nutzte die Tagung auch, um<br />
eine neue Image-Initiative des GMA vorzustellen. Die<br />
Broschüre „Die Zukunft kommt – ganz automatisch“ soll<br />
dazu beitragen, die Wahrnehmung der Automatisierung<br />
als Leittechnologie in der Öffentlichkeit zu stärken (siehe<br />
auch Editorial dieser Ausgabe).<br />
Querschnittsthema funktionale Sicherheit:<br />
VDE stellt Informationen gebündelt zur Verfügung<br />
Funktionale Sicherheit ist ein wichtiges Querschnittsthema,<br />
in dem Experten aus verschiedenen<br />
Fachgebieten eng zusammenarbeiten<br />
müssen. Deswegen bündelt der VDE auf<br />
seiner neuen Internetseite www.vde.com/funktionale-sicherheit<br />
zahlreiche Informationen,<br />
Links zu Komitees, Publikationen und Infos zu<br />
Veranstaltungen rund um dieses Thema.<br />
Mikro- oder Embedded-Rechner spielen<br />
eine immer bedeutendere Rolle und übernehmen<br />
stetig mehr Sicherheitsfunktionen.<br />
Sie wachen über die Sicherheit in zahlreichen<br />
Anwendungen von Industrie bis Alltag<br />
und verhindern Unfälle: Sie sorgen dafür,<br />
dass Maschinen im Fehlerfall in eine sichere<br />
Ausgangsposition fahren, Eisenbahnzüge<br />
auf das richtige Gleis mit der richtigen Geschwindigkeit<br />
gelenkt werden, sie kontrollieren die<br />
Umsetzung der Bremswirkung oder die der Lenkung<br />
im Automobil und lösen Airbags aus.<br />
„Wenn Mikrorechner in sicherheitsgerichteten Steuerungen<br />
ihre Sicherheitsfunktionen zuverlässig erbrin-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
Ingo Rolle,<br />
„Die funktionale<br />
Sicherheit zu<br />
gewährleisten,<br />
ist ein enorme<br />
Herausforderung.“<br />
Bild: VDE<br />
gen, sprechen wir von funktionaler Sicherheit“,<br />
erklärt VDE-Normungsexperte Ingo<br />
Rolle. Die Grundsätze für die Auslegung sicherheitsgerichteter<br />
Steuerungen finden sich<br />
in der Norm IEC 61508, in Deutschland übernommen<br />
als DIN EN 61508 (VDE 0803). Für<br />
die Industrie spielt die funktionale Sicherheit<br />
eine immer wichtigere Rolle, weil in den Anwendungen<br />
entsprechende Sicherheitsfunktionen<br />
realisiert werden müssen und dazu in<br />
Halbleiter- und Automobilindustrie, Automation<br />
oder IT die komplexen Technologien<br />
verknüpft werden müssen. „Für die Hersteller<br />
stellt es eine enorme Herausforderung dar,<br />
die funktionale Sicherheit mithilfe ihrer<br />
hochentwickelten Produkte, Systeme und<br />
Prozesse zu gewährleisten“, betont Rolle.<br />
VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK<br />
INFORMATIONSTECHNIK E.V.,<br />
Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com
Prozessleittechnik: Namur-Hauptsitzung stellt die<br />
Trends und Herausforderungen der Zukunft vor<br />
Die Prozessleittechnik hat sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />
permanent weiterentwickelt und ist dabei zu<br />
einem unverzichtbaren Faktor der Wertschöpfung in der<br />
Produktion der Prozessindustrie geworden. Sie wird sich<br />
auch in Zukunft fortentwickeln, zum einen, weil die technologische<br />
Entwicklung bei Prozessleitsystemen, bei Sensoren<br />
und Aktoren neue Anwendungen ermöglichen<br />
wird, zum anderen, weil die sich abzeichnenden Entwicklungen<br />
in der Verfahrenstechnik diese erfordern werden.<br />
Die Namur hat sich für ihre 74. Hauptsitzung am 10./11.<br />
November in Bad Neuenahr vorgenommen, einen Blick in<br />
die Zukunft der Prozessleittechnik zu werfen. Als Partner<br />
für die Hauptsitzung konnte die Namur die Firma ABB<br />
gewinnen. Welche Möglichkeiten die Prozessleittechnik<br />
der Gegenwart bietet und welche Richtung die Entwicklung<br />
in naher Zukunft aus Sicht von ABB nehmen kann,<br />
wird der Vorstandsvorsitzende der deutschen ABB AG, Dr.<br />
Peter Terwiesch, in seinem Plenarvortrag erläutern.<br />
Doch die Automatisierung verfahrenstechnischer Anlagen<br />
als zweifelsohne zentraler Bestandteil der Leittechnik<br />
ist nur ein Aspekt, den die Betreiber und Ausrüster derartiger<br />
Anlagen zu betrachten haben. Die Herausforderungen<br />
unter Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen,<br />
Effizienzsteigerungen, des globalen Wettbewerbs,<br />
aber verstärkt auch umweltrelevanter Faktoren verlangen<br />
eine ganzheitliche Betrachtung, die bei der Planung einer<br />
leittechnischen Anlage beginnt und erst nach vielen Jahren<br />
mit der Außerbetriebnahme einer Produktionsanlage endet.<br />
Ein entsprechendes Life-Cycle-Management inklusive<br />
Indexierung, Migrations- und Evolutionsstrategien sorgt<br />
dafür, dass die leittechnische Ausrüstung einer Prozessanlage<br />
zuverlässig, zukunftssicher und einfach bedienbar<br />
bleibt, während sie gleichzeitig vom technischen Fortschritt<br />
in der Informations- und Kommunikationstechnik<br />
profitiert. „Für ABB ist die Veranstaltung eine hervorragende<br />
Gelegenheit, über zwei Tage hinweg mit den Anwendern<br />
die aktuellen Möglichkeiten der modernen Prozess-<br />
leittechnik und über Trends und Zukunftsperspektiven zu<br />
diskutieren“, freut sich Rüdiger Jung, Leiter der deutschen<br />
ABB-Geschäftseinheit Chemie, Öl & Gas. „Das hilft uns,<br />
die Bedürfnisse des Marktes aufzunehmen und diese in<br />
unseren Produkten und Systemen umzusetzen“.<br />
Die Namur wird in Ko-Referaten in der Plenarsitzung<br />
am Donnerstag den Standpunkt der Anwender mit Vorträgen<br />
zu Themenbereichen wie „Leitsysteme als Produktionsfaktor“<br />
und der „Akzeptanz von gehobenen Regelungsstrategien<br />
in der Anwendung“ darlegen. Zudem wird<br />
in dieser Sitzung über die Ergebnisse einer Umfrage unter<br />
Herstellern und Anwendern von Leitsystemen berichtet.<br />
Dr. Peter Terwiesch,<br />
Vorstandschef von ABB Deutschland,<br />
wird bei der Namur-Hauptsitzung<br />
erläutern, welche Möglichkeiten<br />
die Prozessleittechnik der Gegenwart<br />
bietet und welche Richtung<br />
die Entwicklung in naher Zukunft<br />
nehmen kann. Bild: ABB<br />
Ein weiterer Themenschwerpunkt ist die FDI-Technologie,<br />
die kurz vor der Marktreife steht. Mit ihrer Hilfe<br />
wird die langjährige Anwenderforderung erfüllt, mit möglichst<br />
geringem Aufwand Instrumentierung und Leitsysteme<br />
unterschiedlicher Hersteller beliebig zu kombinieren.<br />
Mit anderen führenden Leittechnik-Ausrüstern hat<br />
ABB federführend einen Standard für die notwendigen<br />
Engineering-Werkzeuge erarbeitet und zeigt in der begleitenden<br />
Ausstellung erstmalig ein Funktionsmodell, welches<br />
die Interoperabilität demonstriert.<br />
NAMUR – GESCHÄFTSSTELLE,<br />
c/o Bayer Technology Services GmbH,<br />
Gebäude K 9, D-51368 Leverkusen,<br />
Tel. +49 (0) 214 307 10 34, Internet: www.Namur.de<br />
Cyril Perducat bleibt Vorstandschef der ODVA<br />
ODVA, die Organisation, zur Unterstützung von Netzwerktechnologien<br />
auf Basis von Common Industrial Protocol<br />
(CIP) – DeviceNet, EtherNet/IP, CompoNet und ControlNet,<br />
hat den Vorstand neu bestimmt. Bei der Mitgliederversammlung<br />
in Litchfield Park (USA) wurden wiedergewählt: Cyril<br />
Perducat (Senior Vice President for Plant Solutions and System<br />
Consistency, Schneider Electric), Frank Kulaszewicz<br />
(Senior Vice President for Architecture and Software, Rockwell<br />
Automation), Michael Höing (Vice President for Electronics<br />
Business, Weidmüller Interface), Chet Namboodri<br />
(Global Director for Manufacturing for Industry Solutions<br />
and Marketing, Cisco Systems), Ryuji Yamasaki (General<br />
Manager for Drives Development, Industrial Automation<br />
Business, Omron. Neu im Vorstand ist Bernd-Josef Schäfer,<br />
Executive Vice President for Engineering and Manufacturing<br />
(Electric Drives and Controls) bei Bosch Rexroth.<br />
Der ODVA-Vorstand ernannte Cyril Perducat erneut<br />
zum Vorstandsvorsitzenden, Frank Kulaszewicz zum<br />
Schatzmeister sowie Richard Harwell von Eaton Electrical<br />
zum technischen Direktor (CTO). Außerdem<br />
wurde die langjährige ODVA-Mitarbeiterin, Katherine<br />
Voss erneut zum Executive Director ernannt.<br />
Als CTO ist Harwell Vorstand des Technical Review<br />
Boards (TRB), das sich aus Vertretern von ODVA-Mitgliedern<br />
zusammensetzt und für die technischen Standards<br />
der Netzwerke zuständig ist. Das TRB der ODVA<br />
setzt sich nun aus den bisherigen Mitgliedern David<br />
VanGompel von Rockwell Automation, Jeff Jurs von Omron,<br />
Paul Didier von Cisco Systems, Rudy Belliardi von<br />
Schneider Electric und Damien Leterrier von Molex zusammen.<br />
Ludwig Leurs von Bosch Rexroth und Joakim<br />
Wiberg von HMS Industrial Networks stoßen neu hinzu.<br />
ODVA,<br />
Ann Arbor, Michigan USA, Tel. +1 734 975 88 40<br />
Internet: www.odva.org<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
11
anche<br />
Wireless-Einsatzszenarien für Stellgeräte<br />
in der Prozessautomation<br />
Welche Infrastruktur lohnt sich und ist technisch möglich?<br />
Die Anforderungen an die wireless-Technolgie für den<br />
Einsatz im verfahrenstechnischen Umfeld weichen<br />
in wesentlichen Punkten von denen im privaten oder<br />
Bürobereich ab. Mittlerweile stehen mit Wireless Hart,<br />
ISA SP100, ZigBee und anderen Lösungen auch für den<br />
Einsatz im industriellen Umfeld verschiedene Funkstandards<br />
zur Verfügung, und erste Feldversuche haben gezeigt,<br />
dass das Übertragungsmedium „Luft“ hier durchaus<br />
geeignet ist, wenn entsprechende Randbedingungen<br />
eingehalten werden [1] [6]. Doch unter welchen Voraussetzungen<br />
ist hier eine drahtlose Infrastruktur technisch<br />
und wirtschaftlich sinnvoll, und welche Geräte lassen<br />
sich überhaupt wirklich drahtlos betreiben?<br />
1. Wireless in der Prozessautomation sinnvoll<br />
einsetzen<br />
Die Installation eines drahtlosen Übertragungssystems<br />
macht dort Sinn, wo keine geeignete andere Kommunikationsinfrastruktur<br />
bereits zur Verfügung steht oder<br />
mit vertretbarem Aufwand hergestellt werden kann.<br />
Oft wird als Szenario für den Einsatz von Wireless<br />
Hart das Nachrüsten von Hart über Wireless Adapter<br />
genannt, um in Verbindung mit nicht Hart-fähigen Systemen<br />
einen temporären oder permanenten Zugriff auf<br />
die Feldgeräte über Engineering Tools oder Asset Management<br />
Systeme zu ermöglichen. Hier sollte zuvor<br />
betrachtet werden, ob nicht die Nachrüstung von Hart-<br />
Multiplexern die technisch oder wirtschaftlich bessere<br />
oder einfachere Lösung darstellt. Versuche zeigten, dass<br />
die verfügbaren Wireless-Hart-Komponenten keine bessere<br />
Performance bezüglich der Netto-(Nutzdaten-) Übertragungsrate<br />
bieten als die am Markt verfügbaren Multiplexerlösungen<br />
(bei gleichem Mengengerüst).<br />
Beim Überbrücken großer Distanzen oder Hindernisse<br />
wie beispielsweise Wasser- oder Schienenwege kann der<br />
Einsatz von Funktechnik wirtschaftlich sinnvoll sein.<br />
Hier kommen keine Mesh-Netzwerke wie etwa Wireless<br />
Hart zum Einsatz, sondern besser WLAN-Richtfunkstrecken.<br />
Der Einsatz drahtloser Übertragung sollte dann<br />
erwogen werden, wenn Teile der Installation auf beweglichem<br />
oder rotierendem Equipment angeordnet sind. Hier<br />
ist zu prüfen, ob die Anzahl und Topologie der anzubindenden<br />
Prozess- oder Steuersignale den Einsatz eines<br />
komplexen standardisierten Netzwerks rechtfertigt. Gerade<br />
wenn nur einzelne dieser Signale „beweglich“ angeordnet<br />
sind, kann es sinnvoll sein, das Mess- oder Stellgerät<br />
aufzuteilen in einen ortsfesten und einen nicht ortsfesten<br />
Teil. Der nicht ortsfeste Teil beinhaltet die eigentliche<br />
Messung oder den Aktor. Über eine geeignete nicht<br />
drahtgebundene Verbindung wird das Mess- oder Steuersignal<br />
an den ortsfesten Teil des Geräts übertragen. Dieser<br />
wird dann über die in der Anlage genutzte Infrastruktur<br />
(4-20 mA, Hart, Feldbus) standardisiert in das Leit- oder<br />
Asset Management System eingebunden.<br />
2. Anforderungen der Aktorik<br />
Stellgeräte als komplexe Feldgeräte erfüllen neben ihrer<br />
Hauptaufgabe, dem Verändern von Stoffströmen, zunehmend<br />
Diagnose- und Asset Management-Funktionen [3]<br />
[5]. Damit wird gerade ihre Einbindung in die Leit- und<br />
Asset-Management-Systeme zur zentralen Herausforderungen<br />
hin zur durchgängigen Informationsarchitektur<br />
[2] [4]. Sollen Geräteeinstellung, Diagnose- und Asset<br />
Management Daten drahtlos übertragen werden und soll<br />
der Stellwert des Aktor über die Funkverbindung übermittelt<br />
werden, stellen Stellgeräte hohe Anforderungen<br />
an die Sicherheit und Verfügbarkeit der Übertragungsstrecke.<br />
Im Gegensatz zu Messgeräten haben Stellgeräte<br />
einen permanenten Eingriff in den Prozess und benötigen<br />
permanent Energie, um einen bestimmten Ausgangszustand<br />
(zum Beispiel die Ventilstellung) aufrecht<br />
zu erhalten. Daher stellen sie andere Anforderungen an<br />
die Energieversorgung als etwa eine drahtlose Temperaturmessung,<br />
die nur einmal innerhalb mehrerer Minuten<br />
einen Messwert liefern muss.<br />
3. Einsatzszenarien für Aktoren<br />
Grundsätzlich sind für den Einsatz von Stellgeräten in<br />
drahtlosen Netzwerken drei verschiedene Szenarien<br />
denkbar. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch<br />
die Art der übertragenen Informationen und die Art der<br />
Versorgung mit elektrischer Hilfsenergie.<br />
3.1 Wireless Konfiguration und Diagnose im Feld<br />
Das Stellgerät ist über einen im Wireless Adapter oder<br />
eine im Stellungsregler integrierte Funkanschaltung an<br />
das Funknetz angebunden. Der Stellungsregler sowie die<br />
Funkanschaltung werden über die Stromschleife mit<br />
mindestens 4 mA versorgt Der Prozesswert (der Sollwert<br />
der Ventilstellung) wird ebenfalls über die Stromschleife<br />
übertragen (Bild 1). Die elektrische Energieversorgung<br />
des Stellungsreglers und der Funkanschaltung erfolgen<br />
aus der Stromschleife. Für jedes Gerät ist eine Leitung<br />
erforderlich. Das Funknetzwerk bietet den temporären<br />
oder permanenten Zugriff für das Engineering Tool oder<br />
Asset-Management-System.<br />
3.2 Wireless Control<br />
Die elektrische Energieversorgung des Stellgeräts mit<br />
Stellungsregler mit integriertem Funkmodul erfolgt<br />
“Field Powered” aus einer zentralen Versorgung (Bild 2).<br />
„Eine“ Leitung versorgt so alle Geräte mit elektrischer<br />
Hilfsenergie. Der Prozesswert (der Sollwert der Ventilstellung)<br />
wird ebenso wie die Engineering- und Diagnoseinformationen<br />
über das Funknetzwerk übertragen. Die<br />
Übertragung des Ventilsollwerts stellt besondere Anforderungen<br />
an das verwendete Funknetzwerk. In der Regel<br />
sind bei Closed Loop Anwendungen Updateraten von 1<br />
Sekunde oder kürzer erforderlich. Dies schränkt die Verwendung<br />
von Wireless Hart auf Open-Loop-Anwendungen<br />
mit deutlich langsameren Updateraten ein.<br />
3.3 “Real” Wireless Control<br />
Im nächsten Schritt wird elektrische Hilfsenergie entweder<br />
aus einer Batterie entnommen oder zum Beispeil<br />
aus der pneumatischen Hilfsenergieversorgung erzeugt.<br />
12<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Zugriff auf die diagnoseinformationen<br />
Zentral über Asset Management System<br />
des Betreibers über Gateway<br />
Lokal über Maintenance Tools<br />
(z.B. Notebook mit Adapter)<br />
Mobil über PDA oder Hand Held<br />
Bild 1:<br />
„Wireless Engineering“<br />
mit „Wired Control<br />
& Energy“<br />
4 ... 20 mA<br />
Zentrale<br />
Versorgung<br />
z.B. 24V<br />
Mögliche Energieversorgung für<br />
„Wireless“ Stellugsregler<br />
„Field Powered“ aus zentraler Versorgung<br />
z.B. 24V DC<br />
Elektrische Energieversorgung des Stellungsreglers<br />
und der Wireless Anschaltung aus der<br />
zentralen Versorgung<br />
„Eine“ Leitung versorgt alle Geräte<br />
Prozesswert über Wireless<br />
Bild 2:<br />
„Wireless Control“<br />
mit „Wired Energy“<br />
Zentrale<br />
Versorgung<br />
z.B. 24V<br />
Auch andere Arten von „Energy Harvesting“ sind denkbar.<br />
Diese elektrische Energie versorgt sowohl den Stellungsregler<br />
als auch die Wireless-Anschaltung. Eine<br />
Verkabelung im Feld ist nicht notwendig (Bild 3). Der<br />
Prozesswert (der Sollwert der Ventilstellung) wird ebenso<br />
wie die Engineering- und Diagnoseinformationen über<br />
das Funknetzwerk übertragen. Bezüglich der Updateraten<br />
gelten die gleichen Randbedingungen wie unter 3.2.<br />
4. Einordnung der Einsatzszenarien für Aktoren<br />
Das unter 3.1. beschriebene Szenario ist mit den heutigen<br />
Standards umsetzbar. Allerdings macht es nur Sinn,<br />
wenn die Kommunikation zu den Feldgeräten (etwa<br />
durch Nachrüstung von Hart-Multiplexern) aus technischen<br />
oder räumlichen Gründen nicht realisierbar ist<br />
oder mehr Aufwand bedeutet. Es werden nur Zusatzinformationen<br />
über Funk übertragen. Das Prozesssignal<br />
vermittelt weiterhin die Stromschleife. Es ist somit von<br />
einem Ausfall der Funkverbindung nicht betroffen.<br />
Bei dem unter 3.2. beschriebenen Szenario handelt es<br />
sich um das klassische 4-Leiter-Prinzip, die Energieversorgung<br />
erfolgt über eine Standard-Versorgung, lediglich<br />
das Signalkabel wird durch das Funknetzwerk ersetzt.<br />
Es werden Prozess- und Zusatzinformationen drahtlos<br />
übertragen. Hier stellt sich die Frage, ob diese Lösung<br />
wirtschaftlich ist oder nicht der Einsatz eines Feldbusses<br />
vorzuziehen ist.<br />
Bei dem Szenario unter 3.3. schließlich entfällt die<br />
drahtgebundene Energieversorgung. Die Versorgung mit<br />
elektrischer Energie obliegt der jeweiligen Messstelle.<br />
Prozess- als auch Zusatzinformationen werden drahtlos<br />
übertragen.<br />
Die Szenarien unter 3.2. und 3.3. sind kombinierbar,<br />
sie unterscheiden sich in der Art der Energieversorgung.<br />
Bezüglich der Sicherheit und Verfügbarkeit der Übertragungsstrecke<br />
als auch der Update-Raten stellen sie jedoch<br />
ganz andere Anforderungen an die eingesetzte<br />
Funktechnologie als das erste Szenario. So sind Update-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
13
anche<br />
mögliche energieversorgung für<br />
„Wireless“ Stellungsregler<br />
Batterie oder „Energy Harvesting“<br />
Elektrische Energieversorgung des Stellungsreglers<br />
und der Wireless Anschaltung aus der<br />
lokalen Erzeugung<br />
Keine Verkabelung im Feld notendig<br />
Prozesswert über Wireless<br />
Zentrale<br />
Versorgung<br />
z.B. 24V<br />
Bild 3: „Real Wireless Control“ ohne Kabel<br />
Bild 4: Faceplate eines Stellungsreglers,<br />
Anzeige von zusätzlichen<br />
Messwerten und dem NAMUR Status<br />
im PLS über Wireless HART<br />
Zyklen der Mess- und Stellwerte im Sekundenbereich<br />
oder kürzer gefordert, die von den zurzeit verfügbaren<br />
Standards nur schwer oder gar nicht erreichbar sind. Die<br />
Verfügbarkeit des Netzwerks unter Einfluss von sich ändernden<br />
Strukturen (Fahrzeuge, Gerüste) oder nicht eingeplanten<br />
Störsendern muss anders bewertet werden.<br />
5. Anwendernutzen durch Zugang zu<br />
zusätzlichen Geräteinformationen<br />
Moderne smarte Stellungsregler bieten viele erweitertete<br />
Diagnose- und Überwachungsfunktionen [3]. In vielen<br />
Fällen ist der Zugriff auf diese Möglichkeiten ist über<br />
das vorhandene Leitsystem nicht möglich. Es muss dann<br />
unter hohem Aufwand lokal auf die Geräte zugegriffen<br />
und die Daten im wahrsten Sinne des Wortes „eingesammelt“<br />
werden. Eine drahtlose Infrastruktur (3.1) bietet<br />
einen Ausweg, diese Daten und Funktionen einem Asset-<br />
Management-System durchgängig zur Verfügung zu stellen,<br />
ohne das bestehende System zu verändern.<br />
Die entstehenden Möglichkeiten reichen von aktuellen<br />
Informationen über Zustand und Performance eines gesamten<br />
Stellgeräts bis hin zur anlagenweiten Auswertung<br />
der Zustandsinformationen der Stellgeräte. In einer<br />
anlagenweiten Datenbank werden diese Zustandsinformationen<br />
zugeordnet zu den Messstellen gesammelt, um<br />
über geeignete Analyse- und Reporting-Funktionen noch<br />
weitergehende Aussagen über den Zustand und die Performance<br />
der Stellgeräte und damit auch über die Anlage<br />
selbst zu erhalten.<br />
Stellungsregler bieten die Möglichkeit, unter Nutzung<br />
eines patentierten Verfahrens auf Basis intern gemessener<br />
Signale den Differenzdruck am Ventil zu ermitteln.<br />
In Kombination mit weiteren Informationen zum Stellgerät<br />
(unter anderem Ventilkennlinie) ermöglichen die<br />
Stellungsregler die gute Abschätzung des Durchfluss<br />
durch das Ventil direkt im Stellungsregler. Entweder<br />
leitungsgebunden oder über eine drahtlose Kommunikationsverbindung<br />
kann dieser Durchflusswert sowie<br />
weitere Prozess- und Statusinformationen direkt zyklisch<br />
an das System übermittelt werden. Mit geringem<br />
Aufwand wird eine zusätzliche Messgröße aus dem Prozess<br />
gewonnen. Diese kann zur Optimierung der Anlagenfahrweise<br />
herangezogen werden (Bild 4).<br />
6. Zusammenfassung<br />
Die Entscheidung, drahtlose Kommunikationstechnologien<br />
in der Prozessautomation einzusetzen, muss im<br />
Einzelfall entschieden werden. Sie macht nur dort Sinn,<br />
wo sich ein wirtschaftlicher Vorteil daraus ergibt. In<br />
vielen Fällen mag das auf einzelne Bereiche einer Installation<br />
zutreffen, aber sicher nicht den flächendeckenden<br />
Einsatz in einer gesamten Anlage rechtfertigen.<br />
Der durchgängige Zugang zu erweiterten Funktionen<br />
von Feldgeräten wie den unter 5 beschriebenen smarten<br />
Stellgeräten kann in vielen Fällen einen solchen Vorteil<br />
darstellen.<br />
So werden sich sicher hybride Strukturen ausbilden,<br />
wie auch heute schon im „drahtgebundenen“ Bereich<br />
einer Anlage in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche<br />
Übertragungsmedien eingesetzt werden.<br />
Entscheidend ist nicht eine durchgehende Übertragungsphysik,<br />
sondern der durchgängige Informationsfluss hin<br />
zur durchgängigen Informationsarchitektur.<br />
14<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
eferenzen<br />
[1] Schwibach, M., Klettner, Ch.: Praxisbericht:<br />
WirelessHART im Feldtest, <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> 1-2 / 2010<br />
[2] Kiesbauer, J., Erben, S.: Integration kommunikationsfähiger<br />
Stellgeräte in Leitsysteme.<br />
Vortrag Automation 2008, <strong>atp</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis, Heft 8, 2008<br />
[3] Kiesbauer, J., Erben, S., Hoffmann, D.: Neue Asset<br />
Management-Konzepte bei Stellventilen (Aktorik).<br />
Vortrag Automation 2010, <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> 3 / 2011<br />
[4] NAMUR Empfehlung NE 105: Anforderungen an die<br />
Integration von Feldbusgeräten in Engineering Tools<br />
für Feldgeräte<br />
[5] NAMUR Empfehlung NE 107: Selbstüberwachung und<br />
Diagnose von Feldgeräten<br />
[6] NAMUR Empfehlung NE 124: Anforderungen an<br />
Wireless Automation<br />
Die Referenzklasse für die<br />
Automatisierungstechnik<br />
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Autoren<br />
Dr.-Ing. Jörg Kiesbauer<br />
(geb. 1960) ist Mitglied des<br />
Vorstandes Forschung und<br />
Entwicklung der Samson AG.<br />
Samson AG,<br />
Weismüllerstraße 3, D-60314 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 40 09 13 00,<br />
E-Mail: drjkiesbauer@samson-ag.com<br />
Dipl.-Ing. Stefan Erben<br />
(geb. 1964) leitet die Entwicklung<br />
Elektronik Industrie der<br />
Samson AG. Seine Hauptarbeitsfelder<br />
umfassen die<br />
Forschung und Entwicklung<br />
auf dem Gebiet der intelligenten<br />
Feldgeräte sowie der<br />
elektronischen Prozessregler<br />
für den industriellen Einsatz, die Integration<br />
dieser Geräte in offene Systeme sowie die<br />
Mitarbeit in Gremien verschiedener herstellerunabhängiger<br />
Organisationen (Profibus Nutzerorganisation,<br />
Fieldbus Foundation, Hart Communication<br />
Foundation, FDT-Group).<br />
Samson AG,<br />
Weismüllerstraße 3, D-60314 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 40 09 11 20, E-Mail: serben@samson.de<br />
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anche<br />
Berührungslose Sensoren sparen Kosten und<br />
steigern die Sicherheit der Kraftwerksteuerung<br />
Magnetostriktive Messtechnik registriert robust und zuverlässig Ventilstellungen<br />
m ägyptischen Dampfkraftwerk Shoubra El Kheima erfassen<br />
nach einer Modernisierurng magnetostriktive<br />
I<br />
Temposonics Positionssensoren von MTS die Stellung<br />
der Umleit- und Einspritzventile. Ihre robuste Wegmessung<br />
und die komfortable Programmierung mit einem<br />
Einbau-Programmer führen zu einer deutlichen Zeitund<br />
Kostenersparnis. Für alle 28 Sensoren an den Umleit-<br />
und Einspritzventilen bedeutet das fast 12 Stunden<br />
weniger Aufwand. Auch bei der Inbetriebnahme der<br />
einzelnen Kraftwerksblöcke nach der Modernisierung<br />
konnte durch die komfortable Programmierung sehr viel<br />
Zeit eingespart werden.<br />
Zuverlässigkeit und hohe Verfügbarkeit spielten eine<br />
große Rolle, als der Energiebereich der Siemens AG im<br />
Jahr 2005 den Auftrag erhielt, die Leittechnik im<br />
Dampfkraftwerk Shoubra El-Kheima in Kairo zu modernisieren.<br />
Das Wärmekraftwerk erzeugt eine Leistung<br />
von insgesamt 1260 MW aufgeteilt auf vier Blöcke mit<br />
je 315 MW. Für die Positionsmessung an den verschiedenen<br />
Ventilen wählte Siemens magnetostriktive Temposonics-Positionssensoren<br />
von MTS aus.<br />
Im Kraftwerk Shoubra El-Kheima sitzen an jedem<br />
Kraftwerksblock ein Hochdruck- und zwei Niederdruck-<br />
Umleitventile, die im Normalbetrieb der Dampfturbine<br />
geschlossen sind. Bei Turbinenschnellschluss – etwa bei<br />
einer Netzstörung – kann die Turbine den erzeugten<br />
Dampf nicht mehr übernehmen. In diesem Fall wird der<br />
Dampf über das Bypasssystem in den Zwischenüberhitzer<br />
beziehungsweise bis in den Kondensator umgeleitet.<br />
Die Einlass- und Abfangventile vor den Turbinen fahren<br />
innerhalb von 200 ms zu, und die Umleitventile öffnen<br />
sich, um den überschüssigen Dampf in den Kondensator<br />
umzuleiten und Turbinenschäden durch Überdrehzahl<br />
zu vermeiden.<br />
BYPASSSYSTEM SCHONT DIE ANLAGEN<br />
Im laufenden Betrieb erfasst ein Druckgeber den Druck<br />
im Kessel als Eingangsgröße für den Stellungsregelkreis<br />
des Hochdruck-Umleitventils. Entsprechend der Abweichung<br />
dieses Signals vom Sollwert bei Turbinenschnellschluss<br />
öffnet sich das Hochdruck-Umleitventil und<br />
regelt den Kesseldruck. Die Niederdruck-Umleitventile<br />
regulieren den Druck im Zwischenüberhitzer-System.<br />
Neben der Dampfabführung bei Turbinenschnellschluss<br />
ist eine Hauptaufgabe des Bypasssystems, beim<br />
Anfahren des Kessels den Dampf so lange umzuleiten,<br />
bis er sauber genug ist, um in die Turbine zu strömen.<br />
Auch spannungsbedingte Risse, die während des Anfahrvorgangs<br />
durch hohe Temperaturunterschiede zwischen<br />
dem äußeren und inneren Bereich der Turbine<br />
entstehen, werden so vermieden.<br />
Hinter dem Hochdruck-Umleitventil befinden sich<br />
zwei Ventile für die Wassereinspritzung. Das erste Ventil<br />
führt eine Druckreduzierung des Speisewassers herbei,<br />
während das zweite für die Temperaturregelung des<br />
Dampfs sorgt. Die Niederdruck-Umleitventile besitzen je<br />
ein Einspritzventil. Das eingespritzte Kondensat enthitzt<br />
den Umleitdampf vor Eintritt in den Kondensator.<br />
BERÜHRUNGSLOS UND VERSCHLEISSFREI<br />
Für die Aufnahme der Ventilstellung sitzen im Kraftwerk<br />
Shoubra El-Kheima an den Umleitventilen und an den<br />
Einspritzventilen Positionssensoren der Temposonics-R-<br />
Serie in Profilbauform (Modell RP). Der Sensor ist von<br />
außen fest an der Laterne des Ventils montiert. Sein Positionsmagnet<br />
ist über eine Schubstange mit der Ventilkupplung<br />
verbunden und bewegt sich über das Sensorprofil,<br />
sobald sich die Ventilstellung ändert. Die Sensoren<br />
arbeiten nach dem magnetostriktiven Messprinzip, sodass<br />
die Positionserfassung berührungslos und verschleißfrei<br />
erfolgt. Der Magnet überträgt die Positionsinformation<br />
ohne Kontakt über magneto-mechanische Effekte<br />
ins Innere des Sensors.<br />
Da die Hydraulikzylinder der Umleit- und Einspritzventile<br />
bei der Modernisierung des Kraftwerks nicht<br />
ausgetauscht wurden, konnte Siemens die RP-Sensoren<br />
durch den äußeren Anbau an den Zylinder einfach nachrüsten.<br />
Für den Neubau oder den Austausch der Antriebstechnik<br />
gibt es im Produktprogramm von MTS<br />
zudem Sensoren in Stabform, die sich besonders gut für<br />
die direkte Integration in den Zylinder eignen.<br />
Neben den RP-Sensoren an den Umleit- und Einspritzventilen<br />
sind im Dampfkraftwerk weitere 64 Positionssensoren<br />
des Modells Temposonics EP an den verschiedenen<br />
Regelventilen im Kesselhaus verteilt. Diese Ventile<br />
waren vor der Modernisierung nicht mit kontinuierlicher<br />
Positionserfassung ausgestattet und konnten nur<br />
die Endstellungen anzeigen. Jetzt sind sie kontinuierlich<br />
regelbar. Hinter der Speisewasserpumpe geben die neu<br />
montierten Sensoren zum Beispiel Rückmeldungen über<br />
den Ventilhub für die Speisewasserzufuhr. Auch an den<br />
Ventilen für die Zuführung des Schweröls, an den Wassereinspritzventilen<br />
für den Zwischenüberhitzer und<br />
das Frischdampfsystem sowie an den Durchfluss-Regelventilen<br />
für die Einleitung des Dieselkraftstoffs in das<br />
Zündsystem melden die Sensoren die Ventilposition an<br />
den Leitstand.<br />
„GEBERSTERBEN“ FÜHRTE ZU HERSTELLERWECHSEL<br />
Während der Modernisierung der Umleit- und Einspritzventile<br />
stellte Siemens fest, dass die bisher eingesetzten<br />
Drehgeber aufgrund eines Produktauslaufs preislich nicht<br />
mehr tragbar waren. Bereits in anderen Kraftwerken hatten<br />
sie bei der Hubmessung an Regelventilen gute Erfahrungen<br />
mit den Positionssensoren von MTS gemacht.<br />
Magnetostriktive Sensoren eines anderen Herstellers<br />
konnten dagegen die Anforderungen nach einer robusten<br />
und zuverlässigen Wegmessung nicht erfüllen. Das<br />
Schwingen der Ventile und die damit verbundenen Vibrationen,<br />
denen die Sensoren ausgesetzt sind, führten zu<br />
einem regelrechten „Gebersterben“.<br />
Ein Herstellerwechsel schaffte Abhilfe. Die seit<br />
mehr als 35 Jahren weiterentwickelte und ausgereifte<br />
Technologie der Temposonics-Sensoren konnte durch<br />
ihre störfeste Positionsrückmeldung überzeugen. Das<br />
hohe Signal-Rauschverhältnis und die damit verbundene<br />
gute Signalqualität machen die Sensoren weit-<br />
16<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Von auSSen an die Ventile montierte Sensoren erfassen berührungslos<br />
deren Position. Bild: Siemens AG Energy Sector<br />
Einsatz in Ägypten: Nach der Modernisierung der Leittechnik<br />
im Kraftwerk Soubra El Kheima sorgen magnetostriktive Positionssensoren<br />
für Zuverlässigkeit und hohe Verfügbarkeit.<br />
Bild: Lahmeyer International<br />
Dampferzeuger<br />
Überhitzer<br />
HD Umleitventil<br />
ca. 500 °C<br />
Zwischenüberhitzer<br />
Frischdampf-<br />
Schnellschluss-<br />
Ventile<br />
Regelventile<br />
Zwischenüberhitzer-<br />
Schnellschluss-<br />
Ventile<br />
Abfangventile<br />
ND Umleit-<br />
Stop-Ventile<br />
ND Umleit-<br />
Regelventile<br />
Ventil zur<br />
Druckreduzierung<br />
Einspritzwasser<br />
Ventil zur Dampfkühler<br />
Temperaturkontrolle<br />
380 °C<br />
HD<br />
MD<br />
ND<br />
ND<br />
HD Abdampf-<br />
Rückschlagventil<br />
Kessel- Kondens<strong>atp</strong>umpe<br />
Speisepumpe<br />
Kondensator<br />
ND Einspritzventile<br />
ND Umleitdampf-<br />
Enthitzer<br />
Der Temposonics RP-Sensor<br />
liefert hochpräzise Messergebnisse<br />
und verfügt über ein robustes<br />
Aluminiumprofil.<br />
Bild: MTS Sensor<br />
Technologie<br />
Schemazeichnung eines Kraftwerkblocks<br />
mit Hochdruck- und Niederdruckumleitventilen<br />
Bild: Siemens AG Energy Sector<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
17
anche<br />
gehend unabhängig von äußeren Einwirkungen und<br />
reduzieren das Rauschen auf ein Minimum. Die robuste<br />
Konstruktion und die berührungslose Wegaufnahme<br />
garantieren eine lange Lebensdauer selbst in<br />
einem extremen Umfeld wie der Kraftwerkstechnik.<br />
Mit dem Umstieg auf die Sensoren von MTS hat Siemens<br />
nach eigenen Angaben im Kraftwerksbau sehr<br />
gute Erfahrungen gemacht.<br />
ZUVERLÄSSIGKEIT DIE WICHTIGSTE ANFORDERUNG<br />
Bei der Auswahl der Positionssensorik für das Kraftwerk<br />
Shoubra El-Kheima spielte die Genauigkeit der Sensoren<br />
eine zweitrangige Rolle. Oberste Anforderung war, dass<br />
das Regelungssignal sicher verwertet werden kann und<br />
die Positionsrückmeldung sehr zuverlässig erfolgt. Die<br />
vibrationsfeste Ausführung der Temposonics-R-Serie-<br />
Sensoren erfüllt mit einer Vibrationsfestigkeit bis 30 g<br />
und einer Schockfestigkeit bis 100 g alle Forderungen<br />
nach Langlebigkeit. Die leistungsstarke, integrierte Elektronik<br />
garantiert in Kombination mit bester Störfestigkeit,<br />
Schutzart IP67 und EMV-Schutz sehr zuverlässige<br />
Messergebnisse – was sie für den harten Dauereinsatz<br />
prädestiniert. Auch von Temperaturschwankungen im<br />
Bereich von -40° C bis +75° C bleiben die Sensoren unbeeindruckt.<br />
Dank der kontinuierlichen Wegmessung<br />
mag netostriktiver Positionssensoren können die Ventile<br />
stufenlos geregelt werden. Mit einer Wiederholgenauigkeit<br />
von ± 2,5 µm ist das exakte Anfahren einer jeden<br />
Ventilstellung möglich.<br />
Temposonics-Positionssensoren arbeiten berührungslos<br />
und wartungsfrei mit einer sehr guten Wiederholgenauigkeit,<br />
so dass sie keine Nachkalibrierung benötigen.<br />
Allerdings verändern sich die Ventile durch Alterung<br />
aufgrund der hohen Temperaturunterschiede (bis<br />
zu 540° C), sodass im Kraftwerk Shoubra El Kheima eine<br />
gelegentliche Nachkalibrierung der Sensoren erforderlich<br />
ist.<br />
Um die Installation und Wartungsarbeiten zu vereinfachen<br />
und erheblich zu verkürzen, hat MTS den sogenannten<br />
Einbau-Programmer entwickelt. Mit diesem<br />
Programmiergerät ist es möglich, einen in der Anlage<br />
montierten Sensor bequem vom Klemmenkasten aus zu<br />
programmieren. So können der Start- und Endpunkt der<br />
Messstrecke und die Messrichtung im Feld neu eingestellt,<br />
die Sensoren leichter an die Bedingungen vor Ort<br />
anpasst und bei Bedarf rekalibriert werden.<br />
PROGRAMMIERUNG IN NUR FÜNF MINUTEN<br />
Die Sensoren im Kraftwerk Shoubra El-Kheima besitzen<br />
einen genormten und werkseitig eingestellten 4..20 mA-<br />
Spannungsausgang. Bei einem Sensorsignal von 4 mA ist<br />
das Ventil geschlossen und bei 20 mA komplett geöffnet.<br />
Für die Rekalibrierung nach dem Anfahren der Turbine<br />
sind 28 der Programmiergeräte zwischen Sensor und<br />
Steuerung dauerhaft in den Klemmenkästen neben den<br />
Ventilen verbaut. Der Einstellmodus kann jederzeit ohne<br />
zusätzliche Einstellwerkzeuge aktiviert werden. Das Ventil<br />
wird in die gewünschte Anfangs- oder Endstellung<br />
verfahren, seine Position mit der 0 %- beziehungsweise<br />
100 %-Taste des Programmiergeräts bestätigt und per<br />
Teach-In in der Steuerung gespeichert.<br />
Bevor Siemens die Einbau-Programmer installierte,<br />
wurde bei jeder Rekalibrierung ein mobiler Handprogrammer<br />
mit dem Sensor und der Steuerung verbunden.<br />
Allerdings sind die Sensoren oft an unwegsamen Stellen<br />
angebracht, Schmutz und Hitze vor Ort erschweren<br />
die Arbeit. Es war eine Herausforderung, beispielsweise<br />
den Handprogrammer bei Dunkelheit an die Kabelenden<br />
des Sensors anzuschließen. So dauerte die Programmierung<br />
bis zu einer halben Stunde pro Sensor.<br />
Mit dem Einbau-Programmer reduzierte sich die Zeit,<br />
inklusive Wegezeiten und Verfahrzeiten für die Ventile,<br />
auf gerade einmal fünf Minuten. Die Programmierung<br />
vom Klemmenkasten aus erleichtert die Arbeit vor Ort<br />
sehr und spart bei jeder Turbinenwartung wertvolle<br />
Zeit. Für alle 28 Sensoren an den Umleit- und Einspritzventilen<br />
bedeutet das eine Zeitersparnis von fast zwölf<br />
Stunden und auch die Inbetriebnahme der Kraftwerksblöcke<br />
nach der Modernisierung verlief schneller. Auch<br />
bei der Inbetriebnahme der einzelnen Kraftwerksblöcke<br />
nach der Modernisierung konnte durch die komfortable<br />
Programmierung sehr viel Zeit eingespart werden.<br />
Zum Einsatz kommen die magnetostriktiven Temposonics-Positionssensoren<br />
auch in anderen Anwendungen<br />
der Energietechnik. In Gasturbinen werden sie bei der<br />
Steuerung der Regelventile für die Gaszufuhr eingesetzt.<br />
In Wasserturbinen erfassen sie die Positionen der Laufrad-<br />
und Leitschaufelverstellung. In Windanlagen bestimmen<br />
sie bei der Pitch Control den Anstellwinkel der<br />
Rotorblätter oder überwachen die Position des Bolzens<br />
bei der Rotorverriegelung.<br />
Autor<br />
Hanserdmann von<br />
Biedersee ist Leiter<br />
Technisches Marketing<br />
Industriesensorik bei MTS<br />
Sensor Technologie.<br />
MTS Sensor Technologie GmbH & Co. KG,<br />
Auf dem Schüffel 9, D-58513 Lüdenscheid,<br />
Tel. +49 (0) 2351 958 729,<br />
E-Mail: H.v.Biedersee@mtssensor.de<br />
18<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Herausforderung<br />
Automatisierungstechnik<br />
Mit dem <strong>atp</strong>-award werden zwei Autoren der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
für hervorragende Beiträge ausgezeichnet. Ziel dieser<br />
Initiative ist es, Wissenschaftler und Praktiker der<br />
Automatisierungstechnik anzuregen, ihre Ergebnisse<br />
und Erfahrungen in Veröffentlichungen zu fassen und<br />
die Wissenstransparenz in der Automatisierungstechnik<br />
zu fördern.<br />
Teilnehmen kann jeder Autor der zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre ist. Nach<br />
Veröffentlichung eines Beitrags ist der Autor, wenn er<br />
die Bedingung erfüllt, automatisch im Pool. Die Auswahl<br />
des Gewinners übernimmt die <strong>atp</strong>-Fachredaktion.<br />
Derjenige Autor, der im Autorenteam der jüngste ist,<br />
erhält stellvertretend für alle Autoren die Auszeichnung.<br />
Der Preis wird in zwei Kategorien ausgelobt:<br />
Industrie und Hochschule. Die Kategorien ermittlung<br />
ergibt sich aus der in dem Beitrag angegebenen Adresse<br />
des jüngsten Autors.<br />
Veröffentlichungen – Beitrag zum Wissenspool<br />
im Fachgebiet Automatisierungstechnik<br />
Die Entwicklung eines Wissensgebietes erfolgt durch<br />
einen kooperativen Prozess zwischen wissenschaftlicher<br />
Grundlagenforschung, Konzept- und Lösungsentwicklung<br />
und Anwendung in der Praxis. Ein solcher<br />
Prozess bedarf einer gemeinsamen Informationsplattform.<br />
Veröffentlichungen sind die essentielle Basis<br />
eines solchen Informationspools.<br />
Der <strong>atp</strong>-award fördert den wissenschaftlichen Austausch<br />
im dynamischen Feld der Automationstechnik.<br />
Nachwuchsingenieure sollen gezielt ihre Forschungen<br />
präsentieren können und so leichter den Zugang zur<br />
Community erhalten. Der Preis ist mit einer Prämie<br />
von jeweils 2000€ dotiert.<br />
Die Auswahl erfolgt in zwei Stufen:<br />
Voraussetzung für die Teilnahme ist die Veröffentlichung<br />
des Beitrags in der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong>. Jeder Aufsatz,<br />
der als Hauptbeitrag für die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> eingereicht<br />
wird, durchläuft das Peer-Review-Verfahren. Die<br />
letzte Entscheidung zur Veröffentlichung liegt beim<br />
Chefredakteur. Wird ein Beitrag veröffentlicht, kommt<br />
er automatisch in den Pool der <strong>atp</strong>-award-Bewerber,<br />
vorausgesetzt einer der Autoren ist zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung nicht älter als 35 Jahre. Ausgezeichnet<br />
wird der jüngste Autor stellvertretend für alle<br />
Autoren der Gruppe. Eine Jury aus Vertretern der <strong>atp</strong>-<br />
Fachredaktion und des -Beirats ermittelt schließlich<br />
den Gewinner in den jeweiligen Kategorien Hochschule<br />
und Industrie. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Beiträge richten Sie bitte an:<br />
Oldenbourg Industrieverlag GmbH<br />
Herrn Prof. Leon Urbas<br />
Chefredakteur <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> / automatisieren! by <strong>atp</strong><br />
Rosenheimer Straße 145<br />
81761 München<br />
Tel. +49 (0) 89 45051 418<br />
E-Mail: urbas@oiv.de<br />
Beachten Sie die Autorenhinweise der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> für<br />
Hauptbeiträge unter folgendem Link:<br />
http://www.<strong>atp</strong>-online.de<br />
Bitte senden Sie Ihre Beiträge an:<br />
urbas@oiv.de<br />
Vom Wettbewerb ausgeschlossen sind Mitarbeiter des Oldenbourg Industrieverlags. Wird ein Beitrag von mehreren Autoren eingereicht, gelten die Bedingungen für den Erstautor. Der Preis<br />
als ideeller Wert geht in diesem Fall an die gesamte Autorengruppe, die Dotierung geht jedoch exklusiv an den jüngsten Autor. Grundlage der Teilnahme am Wettbewerb ist die Einsendung<br />
eines Hauptaufsatz-Manuskriptes an die <strong>atp</strong>-Chefredaktion.<br />
www.<strong>atp</strong>-online.de
anche | Special Industrial Ethernet<br />
Parallel Redundancy Protocol und High Availability<br />
Seamless Redundancy sichern doppelt ab<br />
Die Entwicklung deterministischer Redundanzverfahren verhalf Ethernet zum Durchbruch<br />
Ein aktuelles Beispiel für neue Anwendungsgebiete von<br />
Ethernet ist die Automatisierung von Umspannwerken<br />
nach IEC 61850 [1]. Insbesondere der IEC 61850-Prozessbus<br />
ist hierbei eine Herausforderung. Dieser Bus ist<br />
ein Netzwerk, über das mit einer typischen Frequenz von<br />
4 kHz die so genannten Sampled Values (SV), also Abtastwerte<br />
von Strom und Spannung der unterschiedlichen<br />
Phasen, übertragen werden. Dabei dürfen nahezu<br />
keine Abtastwerte verloren gehen. Um solche Netzwerke<br />
fehlertolerant auslegen zu können, bedarf es jedoch neuer<br />
Redundanztechnologien.<br />
Die im Bereich der Industrieautomatisierung bewährten<br />
Redundanz-Kontrollprotokolle MRP [2] und RSTP<br />
(Rapid Spanning Tree Protocol) [3] ermöglichen den Aufbau<br />
fehlertoleranter Ethernet-Netzwerke. Ohne diese<br />
Technologien ist beispielsweise ein solches Netzwerk mit<br />
Medienredundanz nicht möglich. Aufgrund der Rundrufcharakteristik<br />
von Ethernet erzeugt jede zusätzliche<br />
Medienverbindung eine Netzwerkschleife und verursacht<br />
damit ein unkontrolliertes Kreisen der Ethernet<br />
Frames. Dies legt das Netzwerk lahm. MRP und RSTP<br />
verhindern dies, indem sie zusätzliche physikalische<br />
Pfade logisch abschalten und nur bei Bedarf aktivieren<br />
– beispielsweise wenn der ursprüngliche Pfad durch einen<br />
Defekt ausgefallen ist. Die Aktivierung des alternativen<br />
Pfades sowie der Umschaltvorgang nehmen Zeit in<br />
Anspruch, in der die Netzwerkkommunikation unterbrochen<br />
ist. Ein schneller MRP-Ring schaltet unter Normalbedingungen<br />
in circa 5 ms um: Für die Anwendung im<br />
Prozessbus immer noch zu langsam. Bei einer Umschaltzeit<br />
von 5 ms gehen bei der bereits erwähnten 4 kHz Senderate<br />
von SV rund 20 Abtastwerte pro Sender verloren.<br />
Ein ähnliches Bild ergibt sich im Anwendungsbereich<br />
der synchronisierten Achsen: Hier wird mit Zykluszeiten<br />
der Steuerungen im niedrigen Milli- bis Mikrosekundenbereich<br />
gearbeitet, wodurch Umschaltzeiten im Millisekundenbereich<br />
oft nicht toleriert werden können.<br />
Spezifikation zweier Redundanzprotokolle<br />
Um diesen neuen Herausforderungen zu begegnen,<br />
sind im Internationalen Standard IEC 62439-3 [4] zwei<br />
Redundanz-Kontrollprotokolle spezifiziert: das Parallel<br />
Redundancy Protocol (PRP) für parallele, redundante<br />
Netze und die High Availability Seamless Redundancy<br />
(HSR) für Ringnetzwerke. Beide Protokolle<br />
basieren auf der Idee, ein von einem Netzwerkknoten<br />
erzeugtes Datenframe zu verdoppeln und auf zwei redundanten<br />
Netzwerkpfaden gleichzeitig zu versenden.<br />
Dabei werden sowohl das Original als auch das Duplikat<br />
am Ziel empfangen. Nach dem Empfang wird allerdings<br />
nur das erste Frame ausgewertet, während<br />
das Duplikat verworfen wird.<br />
Der Vorteil: Im Fehlerfall ist kein Umschaltvorgang<br />
notwendig, der die Kommunikation unterbricht. Falls<br />
Bild 1:Neue Anforderungen in der Automatisierung fordern die Weiterentwicklung der Ethernet-Technologie.<br />
20<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
einer der beiden Netzwerkpfade ausfällt, ist die Kommunikation<br />
über den zweiten Pfad weiterhin gewährleistet.<br />
Bild 2 zeigt ein exemplarisches PRP-Netzwerk. Das<br />
PRP-Protokoll ist in den Endknoten implementiert.<br />
Diese Knoten werden auch als DANP (Dual Attached<br />
Node for PRP) bezeichnet. Ein von einer Applikation<br />
in einem DANP erzeugtes Frame wird für den redundanten<br />
Versand von der PRP-Schnittstelle, der Link<br />
Redundancy Entity (LRE), verdoppelt. Anschließend<br />
wird es auf beiden Netzwerken, LAN A und LAN B,<br />
gleichzeitig versandt. Zuvor wird jedes Frame von der<br />
LRE mit einer Zusatzinformation, dem PRP Trailer,<br />
versehen. Dieser enthält unter anderem eine Sequenznummer,<br />
die mit jedem versandten Frame im DANP<br />
hochgezählt wird. Anhand der physikalischen Senderadresse<br />
und der Sequenznummer kann ein empfangender<br />
DANP die zwei zueinander gehörenden<br />
Frames identifizieren. Danach verarbeitet er das erste<br />
Frame und verwirft das Duplikat. Um Ethernet-<br />
Geräte ohne PRP-Schnittstelle redundant mit dem<br />
PRP-Netz zu verbinden, wird eine Redundancy Box,<br />
kurz RedBox, eingesetzt. Die LRE einer RedBox arbeitet<br />
für die Geräte ohne PRP-Schnittstelle als Stellvertreter,<br />
verdoppelt deren Frames und führt die<br />
Duplikaterkennung durch. Eine RedBox kann beispielsweise<br />
ein Ethernet Switch sein, der um eine<br />
PRP-Schnittstelle erweitert ist.<br />
Bild2: Ein exemplarisches<br />
PRP-Netzwerk.<br />
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7-8 / 2011
anche | Special Industrial Ethernet<br />
Bild3: Das High Availability Seamless<br />
Redundancy (HSR)-Netzwerk<br />
Bild4:<br />
Anwendungsbeispiel<br />
für die PRP- und<br />
HSR-Technologien.<br />
Bilder: Belden<br />
Ein Nachteil von PRP sind die vergleichsweise hohen<br />
Aufwände, etwa für die Installation, die durch<br />
die doppelt benötigte Netzwerkinfrastruktur entstehen.<br />
Aus diesem Grund wurde aus dem PRP-Prinzip<br />
der HSR-Ring weiterentwickelt. Bild 3 zeigt ein typisches<br />
HSR-Netzwerk. Anstatt die beiden Anschlüsse<br />
der HSR LRE mit Switchen in individuellen LANs zu<br />
verbinden, werden die HSR DANHs (Dual Attached<br />
Node for HSR) zu einem Ring verschaltet. HSR-Geräte<br />
leiten, im Gegensatz zu PRP-Geräten, Frames unter<br />
Verwendung von Cut-through Switching von einem<br />
Anschluss an den anderen weiter.<br />
Die Anbindung von Ethernet-Geräten ohne HSR-<br />
Schnittstelle erfolgt, genau wie bei PRP, über RedBoxen.<br />
Die Redundanz ohne Umschaltzeit wird dadurch<br />
realisiert, dass ein Frame nach der Verdoppelung<br />
durch die HSR LRE gleichzeitig in beiden Richtungen<br />
des Rings versandt wird. Genau wie bei PRP wird bei<br />
HSR jedes Frame mit einer Zusatzinformation beaufschlagt.<br />
Über diese Information wird auch das unkontrollierte<br />
Kreisen von Frames im HSR-Ring verhindert:<br />
Jeder HSR-Teilnehmer kann die von ihm in den<br />
Ring eingeleiteten Frames eindeutig identifizieren<br />
und nach einem Umlauf wieder vom Netz nehmen,<br />
wie in Bild 2 schematisch dargestellt.<br />
Beispiel: Substation Automation<br />
Bild 4 zeigt ein typisches Anwendungsbeispiel für die<br />
PRP- und HSR-Technologien. Ein Substation Automation-Netzwerk<br />
nach IEC 61850 kann mit PRP auf der Sta-<br />
22<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
tionsleitebene und HSR-Ringen auf der Prozessebene<br />
abgedeckt werden. PRP- und HSR-Netze sind hierbei<br />
durch spezielle PRP-HSR-RedBox-Einheiten gekoppelt.<br />
Dieses Anwendungsbeispiel zeigt, das die HSR- und<br />
PRP-Technologien neben der hohen Leistungsfähigkeit<br />
auch flexibel genug sind, um unterschiedlichen Installationsanforderungen<br />
zu erfüllen. Dies ist eine wichtige<br />
Voraussetzung, um den Herausforderungen zu begegnen,<br />
denen Ethernet-Netzwerke der Zukunft gewachsen<br />
sein müssen.<br />
Referenzen<br />
[1] International Standard IEC 61850 – Communication<br />
networks and systems for power utility automation;<br />
Zu beziehen über www.iec.ch<br />
[2] International Standard IEC 62439-2 (2010) – Industrial<br />
communication networks – High availability automation<br />
networks – Part 2: Media Redundancy Protocol;<br />
Zu beziehen über www.iec.ch<br />
[3] IEEE 802.1D-2004 – IEEE standard for local and<br />
metropolitan area networks – Media Access Control<br />
(MAC) bridges; Zu beziehen über GetIEEE802:<br />
http://standards.ieee.org/about/get/802/802.1.html<br />
[4] International Standard IEC 62439-3 (2010) – Industrial<br />
communication networks – High availability automation<br />
networks – Part 3: Parallel Redundancy Protocol<br />
(PRP) and High-availability Seamless Redundancy<br />
(HSR); Zu beziehen über www.iec.ch<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. (FH) Oliver<br />
Kleineberg ist Ingenieur<br />
im Advanced Development<br />
bei Hirschmann<br />
Automation&Control.<br />
Hirschmann - A Belden Brand<br />
Stuttgarter Straße 45-51,<br />
72654 Neckartenzlingen,<br />
Tel. +49 (0) 7127 14 10 35<br />
E-Mail: oliver.kleineberg@belden.com<br />
Unter dem Motto „Studiere Zukunft“ hat die Beuth Hochschule für<br />
Technik Berlin (zuvor Technische Fachhochschule Berlin) die Lehre,<br />
Forschung und Weiterbildung systematisch erneuert. Heute werden<br />
über 10.000 Studierende in 72 akkreditierten Bachelor- und Masterstudiengängen<br />
mit modernster Laborausstattung für eine Karriere in<br />
Wirtschaft und Wissenschaft ausgebildet.<br />
Für das nachstehend aufgeführte Fachgebiet ist folgende<br />
Professur (BesGr. W2) *<br />
zu besetzen:<br />
Kennziffer: 910<br />
Fachgebiet: Maschinenbau-Produktionsautomatisierung<br />
Anforderungen: Bewerber/innen auf diese Stelle verfügen über eine<br />
mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Regelungs- und Automatisierungstechnik<br />
im Bereich Maschinenbau. Es wird erwartet, dass<br />
der/die Bewerber/in in der Lage ist, in dem o. a. Fachgebiet die Grundlagen<br />
hervorragend zu vertreten.<br />
Die verstärkte Internationalisierung der Studiengänge erfordert gute<br />
englische Sprachkenntnisse von den Bewerbern und Bewerberinnen.<br />
Die Bewerberinnen/Bewerber müssen fähig sein, das gesamte Fachgebiet<br />
in der Lehre und der angewandten Forschung zu vertreten.<br />
Ebenso wird bei allen Bewerbern und Bewerberinnen vorausgesetzt,<br />
Aufgaben im Bereich der Grundlagenausbildung und im Service zu<br />
übernehmen und engagiert in der akademischen Selbstverwaltung<br />
mitzuarbeiten.<br />
Bei externen Bewerbern/Bewerberinnen wird ein Wohnungswechsel<br />
in den Raum Berlin zur Erfüllung der Dienstpflichten erwartet.<br />
Die Beuth Hochschule für Technik Berlin strebt eine Erhöhung des<br />
Anteils von Frauen im wissenschaftlichen Bereich an. Sie bittet qualifizierte<br />
Interessentinnen nachdrücklich um ihre Bewerbung. Schwerbehinderte<br />
werden bei gleicher Qualifikation bevorzugt.<br />
Voraussetzungen: Berufungsfähigkeit gem. § 100 des Berliner Hochschulgesetzes.<br />
Darüber hinaus kann in Ausnahmefällen auch berufen<br />
werden, wer fachbezogene Leistungen in der Praxis, die ganz besonderen<br />
Ansprüchen genügen, nachweist und über die erforderliche pädagogische<br />
Eignung verfügt. Die Berufung zum Professor/zur Professorin<br />
durch den Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung ist im<br />
Regelfall mit der Ernennung zur/zum Beamtin/Beamten auf Lebenszeit<br />
verbunden.<br />
Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen werden unter Angabe der<br />
Kennziffer innerhalb vier Wochen nach Erscheinen an den Präsidenten<br />
der Beuth Hochschule für Technik Berlin, Luxemburger Str. 10,<br />
13353 Berlin, erbeten. Originalunterlagen bitte nur auf besondere Anforderung<br />
einsenden.<br />
Wir bitten Sie, zusätzlich zu Ihrer schriftlichen Bewerbung ein Onlineformular<br />
auszufüllen unter www.beuth-hochschule.de/professur.<br />
* Je nach Qualifikation und Berufserfahrung können neben dem<br />
Grundgehalt der Besoldungsgruppe W2 Berufungs-Leistungsbezüge<br />
gewährt werden.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
23
anche | Special Industrial Ethernet<br />
Mit Ethernet auf dem Teppich geblieben: Hersteller<br />
rüstet Färbelinie auf neue Technologie um<br />
Geeignete Durchflussmessgeräte ließen Umrüstung zum Erfolg werden<br />
Bild 1: Der Teppichhersteller Shaw Industries ist der größte Lieferant<br />
von Bodenbelägen weltweit. Das US-amerikanische Unternehmen<br />
investierte in die Ethernet-Technologie und fand dank einer <strong>Kooperation</strong><br />
mit geeigneten Durchflussmessgeräten eine zukunftsorientierte Lösung.<br />
Bild 2: Die Zahl neuer Messgeräte steigt kontinuierlich in<br />
der Anlage. Der Durchflussbereich hat sich verdoppelt.<br />
Die Krise hat den amerikanischen Immobilienmarkt<br />
erschüttert. Shaw Industries, Marktführer bei Bodenbelägen<br />
für den Wohnbereich, bekam dies hart zu<br />
spüren. Doch das Unternehmen handelte, noch ehe<br />
die Rezession durchschlug – und suchte nach Wegen,<br />
flexibler und effizienter zu produzieren. „Dabei ist uns<br />
mit einer neuen Lösung für das Färben von Teppichböden<br />
ein großer Schritt nach vorn gelungen“, berichtet<br />
Jay McClure, Leiter Technologie und Integration<br />
der Abteilung für Computer-integrierte Fertigung bei<br />
Shaw Industries. Im Mittelpunkt dieser Lösung steht<br />
ein industrielles Ethernet-Netzwerk – und geeignete<br />
Durchflussmesstechnik. Doch der Reihe nach…<br />
Ein Großteil der Teppichböden für den Wohnbereich<br />
wird in einem Tauchbad gefärbt. Dazu werden konzentrierte<br />
Farb- und Zusatzstoffe mit Wasser vermischt.<br />
„Unsere Aufgabe war, eine Anlage so umzurüsten,<br />
dass wir mehr Produkte auf derselben Linie<br />
fertigen können“, erklärt Kevin Espy, leitender Projektingenieur<br />
bei Shaw Industries. Dazu war es nötig, die<br />
Zahl der Injektionskreisläufe auf 40 zu erhöhen.„Vor<br />
allem aber mussten wir die gesamte Anordnung so<br />
abändern, dass wir den Durchflussbereich der einzelnen<br />
Schleifen ausweiten konnten. Denn je nach Faser<br />
brauchen wir ganz unterschiedliche Farb- und Zusatzstoffe<br />
in ganz unterschiedlichen Mengen.“<br />
Zahlreiche Faktoren beeinflussen, wie viel Färbelösung<br />
benötigt wird. Je nachdem, wie lange der Teppich<br />
im Dampfbad vorbehandelt werden muss, läuft<br />
die Anlage mal schneller, mal langsamer. Dunkle<br />
Töne brauchen mehr Farbstoffe; das gleiche gilt für<br />
schwere Teppichqualitäten. Dazu kommen strenge<br />
Anforderungen an die Qualität. „Die Durchflussraten<br />
dürfen höchstens um ein Prozent vom Sollwert abweichen“,<br />
betont Kevin Espy.<br />
Schritt in die digitale Zukunft<br />
Rasch war klar, dass das Ziel mit analoger Signalübertragung<br />
nicht erreichbar war. „Die alte Technik beschränkte<br />
uns in unseren Möglichkeiten“, sagt Jay McClure. „Mit<br />
einem Signalbereich von 4 bis 20 Milliampere hätten wir<br />
nie die Messwertauflösung erreicht, die für einen so großen<br />
Durchflussbereich nötig ist.“ Der Wechsel auf das<br />
digitale Hart-Protokoll lag nahe – und doch kam es anders.<br />
Die neu entworfene Färbelinie sollte mit Plant Pax,<br />
einem Leitsystem von Rockwell Automation, gesteuert<br />
werden. Es arbeitet mit Ethernet/IP, einem auf die Anforderungen<br />
der Industrie abgestimmten und inzwischen in<br />
der Fabrikautomatisierung weit verbreiteten Ethernet-<br />
Protokoll. „Eines Tages“, berichtet Jay McClure, „kamen<br />
die Leute von Rockwell Automation auf uns zu. Sie machten<br />
uns auf ein Coriolis-Durchflussmessgerät mit Ethernet/IP-Anschluss<br />
aufmerksam: Den Promass 83 von<br />
Endress+Hauser.“<br />
„Das Konzept hat uns gleich begeistert“, erzählt<br />
Kevin Espy. Dennoch fiel die Entscheidung nicht<br />
leicht. „Der Wechsel eines Lieferanten ist immer eine<br />
große Sache. Das Personal ist geschult, die Geräte sind<br />
vertraut, die Ersatzteile liegen im Regal –da braucht<br />
es schon überzeugende Argumente.“ Geräte mehrerer<br />
24<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Bild 3: Jay McClure, Eddie Huitt und Kevin Espy<br />
(von links) haben Pioniergeist bewiesen als sie auf die<br />
moderne Ethernet-Technologie umgerüstet haben.<br />
Seither haben sie Ihre Leidenschaft für Daten entdeckt.<br />
Bilder: Endress+Hauser<br />
Hersteller wurden auf Herz und Nieren geprüft, in<br />
Funktion, Genauigkeit und Verlässlichkeit verglichen.<br />
Kommunikationsprotokolle, Gehäuseabmessungen<br />
und natürlich der Preis flossen ein in die Bewertung.<br />
„Der Promass ist dabei herausgestochen“, bringt Kevin<br />
Espy das Ergebnis auf den Punkt. So entschied sich<br />
Shaw Industries am Ende für das Messgerät und für<br />
die Ethernet-Technologie.<br />
„Erleichtert hat uns die Sache, dass im Hintergrund<br />
analoge Messgeräte als Ersatz bereitstanden“, berichtet<br />
Eddie Huitt, Leitsystem-Ingenieur bei Shaw Industries.<br />
„Schließlich waren wir gewissermaßen die Versuchskaninchen<br />
für die neue Technologie.“ Die Installation<br />
verlief, abgesehen von einem defekten Netzwerkstecker,<br />
reibungslos. „Alles ging viel schneller<br />
und einfacher als mit herkömmlicher Feldbus-Technologie“,<br />
fasst Eddie Huitt zusammen. Jedes Instrument<br />
verfügt über eine eigene IP-Adresse. Ist es angeschlossen,<br />
kann über das Netzwerk sofort darauf zugegriffen<br />
werden. „Vor allem bei der Konfiguration<br />
spart man viel Zeit.“<br />
Durchflussbereich hat sich verdoppelt<br />
Seit mehr als einem Jahr arbeitet die neue Anlage nun<br />
störungsfrei. Der Fortschritt ist frappierend: „Der Durchflussbereich<br />
hat sich mehr als verdoppelt. Wir können die<br />
Durchflussrate zwischen 0,5 und mehr als 50 Litern in<br />
der Minute variieren“, sagt Jay McClure. Statt bislang 48<br />
können heute 78 unterschiedliche Produkte auf der gleichen<br />
Linie gefärbt werden. Weil sich die Färbelösung nun<br />
exakt und spezifisch dosieren lässt, sind keine Zwischentanks<br />
mehr nötig. Das senkt den Aufwand und verringert<br />
den Verbrauch an Farb- und Zusatzstoffen. „Wir sparen<br />
Geld und tun etwas für die Umwelt.“ Längst ist die neue<br />
Anlage zum Vorzeigeobjekt geworden, weitere Produktionslinien<br />
sollen umgerüstet werden.<br />
„Letztlich hat uns die Allianz mit Rockwell Automation<br />
die Tür geöffnet“, fasst Paul Karpenko zusammen,<br />
der für den Endress+Hauser Repräsentanten AMJ<br />
Equipment das Unternehmen betreut. Schließlich<br />
garantieren die beiden Partner das reibungslose Zusammenspiel<br />
von Messgeräten und Leitsystemen. Inzwischen<br />
sind die blauen Gehäuse der Messumformer<br />
an vielen Stellen im Betrieb zu sehen. „Shaw Industries<br />
ist in kurzer Zeit zu einem meiner wichtigsten<br />
Kunden geworden.“ Demnächst will das Unternehmen<br />
die pH-Messung mit den im Labor vorkalibrierbaren<br />
Memosens-Elektroden testen, ebenso die Viskositätsmessung<br />
mit dem Coriolis-Instrument Promass I – und<br />
das magnetischinduktive Durchflussmessgerät Promag<br />
53, ebenfalls mit EtherNet/IP.<br />
„Wir haben eine Leidenschaft für Daten“, sagt Jay<br />
McClure. „Und mit Ethernet bekommen wir eine Fülle<br />
an Information geliefert.“ Monat für Monat werden<br />
eine Milliarde Datensätze auf den Festplatten der Automatisierungsspezialisten<br />
abgelegt. „Bislang werten<br />
wir diese Informationen kaum aus. Das wird sich in<br />
Zukunft sicher ändern“, meint der Leiter Technologie<br />
und Integration. Er ist überzeugt, dass sich in den<br />
Daten der Messgeräte frühzeitig Hinweise auf Fehlfunktionen<br />
finden ließen. „Wir könnten handeln, noch<br />
ehe es ein echtes Problem gibt.“<br />
Jay McClure hat deshalb keine Zweifel, dass sich die<br />
neue Technologie auf breiter Front durchsetzen wird.<br />
„Am liebsten“, sagt er, „hätten wir alle Messgeräte mit<br />
Ethernet!“<br />
Autor<br />
Martin Raab ist Corporate<br />
Public Relations Manager<br />
der Endress+Hauser Gruppe.<br />
Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG,<br />
Colmarer Straße 6, D-79576 Weil am Rhein<br />
Tel.+49 (0) 7621 97 55 56<br />
E-Mail: kerstin.loeffler@de.endress.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
25
anche<br />
IEC 61508: So entwickeln Anfänger<br />
normgerechte Komponenten<br />
Sicherheitsgerichtete Feldgeräteentwicklung für Hersteller<br />
Der Bedarf an sicheren Maschinenkomponenten in der<br />
Automatisierungstechnik und der Prozesstechnik<br />
wächst. Damit kommen auf Komponentenhersteller viele<br />
Anforderungen zu, bevor sie eine SIL-Komponente<br />
verkaufen dürfen. Für die Entwicklung nach IEC 61508,<br />
DIN EN 62061, DIN IEC 61511 stehen Ingenieure und<br />
Entscheider vor dem Problem, die Risiken, Kosten und<br />
den Einfluss auf ihre Organisation abzuschätzen. Die IEC<br />
61508 beschreibt Methoden und Anforderungen zur Minimierung<br />
des Risikos für Gesundheit und Kapital, das<br />
von einer Maschine oder Anlage ausgeht. Betroffen und<br />
daher verantwortlich ist jeder, der am Produktlebenszyklus<br />
in irgendeiner Form mitwirkt.<br />
Wer als Unerfahrener erstmals ein Produkt mit SIL am<br />
Markt vertreiben möchte, muss dieses nicht nur funktional<br />
sicher entwickeln, sondern auch das Functional<br />
Safety Management in seiner Organisation etablieren<br />
und nachweisbar leben, damit er die Beweislastumkehr<br />
im Schadensfall vor Gericht antreten kann. Es gibt viele<br />
Fallstricke und zu klärende Fragen bezüglich der Firmenprozesse<br />
und der Produktentwicklung. Folgende<br />
Bereiche müssen unter anderem untersucht werden:<br />
Firmenprozesse, Entwicklungsprozess, Qualitätswesen<br />
sowie Personalstruktur, Qualifikationen und Verantwortungen.<br />
Entlang des Produktlebenszyklus müssen<br />
nach der Phase Entwicklung auch Anforderungen an<br />
Fertigung, Inbetriebnahme, Wartung/Reparatur und Außerbetriebnahme<br />
erfüllt werden, um auch hier Fehlerquellen<br />
zu minimieren.<br />
1. In sechs Schritten zur sicheren Komponente<br />
So kann die Entwicklung für eine funktional sichere<br />
Komponente ablaufen:<br />
Schritt 1a:<br />
Schritt 1b:<br />
Safety Workshop (technisch)<br />
(Bild 1-Definition der Lasten)<br />
Functional Safety Grundlagenseminar<br />
(Management mit ins Boot nehmen)<br />
(Bild 1-Definition der Lasten)<br />
Schritt 1c: Sicherheitsanforderungen, Safety Plan,<br />
V&V-Plan (Bild 1-Sicherheitskonzept)<br />
Schritt 2: Concept Approval (Bild 1-Konzeptfreigabe)<br />
Schritt 3-5: Safety Hardware und<br />
Software Entwicklung<br />
(Design, Integration, Test)<br />
(Bild 1-Entwicklung, Bild 2)<br />
Schritt 6: Zertifizierung (Bild 1-FS Assessment)<br />
1.1 Schritt 1a: Safety Workshop<br />
In einem Safety Workshop können die übergeordneten<br />
Anforderungen des Produktmanagements gesammelt<br />
und eine erste Grob-Architektur mit einer System-<br />
FMEA auf Blockebene erstellt werden. Die sichere<br />
Funktion und der sichere Zustand des Produktes werden<br />
beschrieben. Bei komplexen Projekten ist es ratsam,<br />
bereits zu diesem Zeitpunkt einen unabhängigen<br />
Safety Assessor (zum Beispiel TÜV, IFA) für eine Vorkonzeptbesprechung<br />
einzubeziehen, um effizienter<br />
zur Konzeptfreigabe zu gelangen.<br />
Tipp: Ein unabhängiger Assessor hilft während der<br />
gesamten Entwicklung beim Aufbau und der Bewertung<br />
der benötigten Prozesse. Er sollte wenigstens in einer<br />
anderen Abteilung, besser in einer anderen Organisation,<br />
angestellt sein.<br />
1.2 Schritt 1b: Grundlagen – auch fürs Management<br />
Häufig bestimmt der Tunnelblick die Abläufe in Organisationen.<br />
Der Produktmanager sieht nur sein Produkt,<br />
die Entwickler sehen nur die ihnen zugewiesenen Aufgaben<br />
und das Management ist sich der Implikationen<br />
der funktionalen Sicherheit auf die gesamte Firma mit<br />
ihren Prozessen und Abläufen nicht bewusst. Hilfreich<br />
ist ein FS Grundlagenseminar, wie es vom TÜV angeboten<br />
wird. Hier wird entlang des zukünftigen Produktes<br />
das Thema Funktionale Sicherheit für alle Hierarchieebenen<br />
erklärt. Die mögliche Folge: Die Prozesse<br />
werden nun dokumentiert.<br />
1.3 Schritt 1c:<br />
Safety Plan, Sicherheitsanforderungen / Konzept<br />
Der Safety Plan legt dar, auf welcher Grundlage das<br />
Produkt sicher sein wird, beschreibt Prozesse und<br />
Verantwortungen sowie organisatorische Dinge (z. B.<br />
verweist auf das Qualitätshandbuch). Er ist ein zentrales<br />
Dokument und steht am Anfang jeder Entwicklung.<br />
Im Verification & Validation Plan (V&V-Plan)<br />
kann gelesen werden, wie, wann, von wem, was verifiziert<br />
und am Ende validiert wird. Entlang jeder Lebenszyklusphase<br />
werden so Verantwortungen, Qualitätsmanagement,<br />
Konfigurationsmanagement, Änderungsmanagement,<br />
Tooling und Maßnahmen zur<br />
Fehlervermeidung dokumentiert. Sicherheitsanforderungen<br />
und Sicherheitsintegritätsanforderungen<br />
(SRS) müssen systematisch (bei mittleren und großen<br />
Projekten besser mit einem datenbankbasierten Werkzeug)<br />
erfasst werden. Sicherheitskonzepte für Hardware<br />
und Firmware dokumentieren die Machbarkeit<br />
der SRS. Die Dokumente werden nach einer Review<br />
mit dem Ziel der Vollständigkeit und Verständlichkeit<br />
zur Konzeptprüfung eingereicht.<br />
1.4 Schritt 2: Die Konzeptprüfung<br />
Beurteilt werden neben dem Safety Plan die Sicherheitsanforderungen<br />
und der V&V-Plan. Inhalte sind unter anderem<br />
Safety Policy des Unternehmens<br />
Organisationsstruktur der Firma<br />
Personal, Verantwortungen, Qualifikation<br />
Prozessbeschreibungen<br />
Standards und Vorlagen<br />
Das Ergebnis ist ein Reviewbericht mit klassifizierten<br />
Punkten. Die Punkte müssen gemäß Änderungsprozess<br />
behoben werden. Betroffen sein kann die Ge-<br />
26<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Bild 1. Beispiel<br />
für den gemeinsamen<br />
Weg von<br />
Produkthersteller,<br />
Entwicklungsdienstleister<br />
und Zertifizierungsstelle<br />
bei einer<br />
Sicherheitsentwicklung<br />
nach<br />
IEC 61508 in sehr<br />
groben Schritten<br />
Bild 2: Entwicklungsprozess für Hardware und Software gemäß V-Modell<br />
schäftsführung, der Vertrieb, die Entwicklung und so<br />
weiter. Danach kann die eigentliche Entwicklung<br />
nach V-Modell beginnen.<br />
Parallel zu allen Phasen startet nun der Assessment<br />
Prozess mit geplanten Reviews und Berichten. Während<br />
aller Entwicklungsphasen muss das Vier-Augen-Prinzip<br />
gelten (geplante, protokollierte Reviews mit Freigabe<br />
durch benannte Personen). Dabei darf ein Autor nicht<br />
selbst sein Werk testen. Eigenschaften und Änderungen<br />
müssen nachvollziehbar sein (Traceability), im einfachsten<br />
Fall mit einer Traceabilitymatrix oder auch mit einem<br />
Datenbankwerkzeug.<br />
1.5 Schritt 3: Design<br />
Beim Firmware Design kann ein CASE-Tool mit möglicher<br />
Anbindung an die Anforderungen-Datenbank hilfreich<br />
verwendet werden. Hierdurch lassen sich weitere Fehler<br />
vermeiden und eine Nachvollziehbarkeit (Traceability)<br />
sicherstellen. Das fertige Firmware Design wird einer Software<br />
Kritikalitätsanalyse (FMECA oder SWCA) unterzogen.<br />
Hierbei werden alle Operationen klassifiziert in Bezug<br />
auf ihren Einfluss auf sicherheitskritische Funktionalität.<br />
Kontroll- und Datenfluss für jede Operation werden analysiert.<br />
Das Ergebnis sind Maßnahmen zur Fehlervermeidung<br />
oder -beherrschung, die im Design umzusetzen sind.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
27
anche<br />
Auch im Hardware Design kommen Tools für Berechnungen<br />
und Simulation zum Einsatz. Nach Erstellung der<br />
Hardware Schemas wird eine FMEDA auf Bauteilebene<br />
durchgeführt, um die erreichte PFH für jede Sicherheitsfunktion<br />
zu bestimmen. Das Design ist nun abgeschlossen.<br />
Testfälle werden spezifiziert mit Bezug auf die betroffenen<br />
Anforderungen, das heißt jeder Testfall zeigt, welche<br />
Anforderungen damit getestet werden. In der Regel wird<br />
man zuerst Black-Box-Tests definieren, um die Gerätefunktionalität<br />
sicherzustellen. Dann werden Anforderungen<br />
übrig bleiben, die weitere Testfälle erfordern. Werden alle<br />
Tests ebenfalls datenbankbasiert spezifiziert, kann die Testabdeckung<br />
automatisiert gewährleistet werden. Den Abschluss<br />
bildet eine Design Review durch eine qualifizierte<br />
Person mit dem Ziel der Erfüllung aller Anforderungen.<br />
1.6 Schritt 4: Design Integration<br />
Hier wird das Layout erstellt (Luft- und Kriechstrecken<br />
beachten!), Boards werden bestückt und vorab in Betrieb<br />
genommen. In der Firmware wird gemäß des Firmware<br />
Designs implementiert. Zur Qualitätssicherung sind statische<br />
Codeanalysen mit Softwaremetriken, Unit Testing<br />
und Code Coverage Tests unerlässlich. Defensive Programmierung<br />
sollte angestrebt werden. Ein Codierstandard<br />
wie MISRA-C 2004 hilft, Fehler zu vermeiden.<br />
Anschließend wird entwickelte Hardware mit einer<br />
Test-Firmware in Betrieb genommen, um Schnittstellentests<br />
durchzuführen. Die Integration ist beendet, wenn<br />
die Hardware beweisbar funktioniert. Erst jetzt wird die<br />
Hauptfirmware auf der neuen Hardware schrittweise<br />
integriert und verifiziert.<br />
1.7 Schritt 5: Test<br />
Black-Box-Tests auf Systemebene werden für alle Systemfunktionen<br />
durchgeführt, die sich auf externe Schnittstellen<br />
auswirken. Dazu gehören Funktionstests unter Normalbedingungen,<br />
Temperaturtests wie auch EMV-Tests und<br />
Umwelttests gemäß den anzuwendenden Normen. White-<br />
Box-Tests im Bereich Hardware sind die Charakterisierung<br />
an einem Muster (Signalpegel, -form, Ströme, Wärme) oder<br />
Firmware Verifikation (Timings, Interrupts, Belastung,<br />
Teil-Funktionalität). Fault Insertion Tests in Hard- und<br />
Software werden angewendet, um zu beweisen, dass sich<br />
Fehler auch wirklich funktional sicher beherrschen lassen.<br />
Tests werden in separaten Protokollen (nicht in der Testspezifikation)<br />
so dokumentiert, dass jeder Test reproduzierbar<br />
ist. Daraus folgt, dass automatisierte Tests in jedem Fall<br />
zu bevorzugen sind. Alle Berichte und Protokolle sind aufzubewahren.<br />
Mängel sind gemäß dem definierten Änderungsprozess<br />
zu bewerten und zu beseitigen. Funktioniert<br />
das Produkt nach allen Spezifikationen korrekt, so kann<br />
das Produkt zur Zertifizierung eingereicht werden.<br />
1.8 Schritt 6: Zertifizierung<br />
Während der Zertifizierung wird die gesamte Entwicklungsdokumentation<br />
begutachtet. Es wird nachvollzogen,<br />
inwieweit die Anforderungen der IEC 61508 eingehalten<br />
wurden. Stichprobenartig wird vom Assessor von der Einhaltung<br />
organisatorischer Anforderungen über das Projektvorgehen<br />
bis auf Einzelbauteilebene (Hardware) und Codezeile<br />
(Software) nach Konformität geprüft. Wenn diese in<br />
allen Punkten festgestellt wird, wird das Zertifikat erteilt.<br />
Fazit<br />
Keine Angst vor einer Funktional Safety Entwickung – es gibt<br />
einen erprobten Weg! Wenn alle Schritte beachtet werden und<br />
erfahrene Helfer einbezogen werden, kann man auch als Einsteiger<br />
mit wenig Erfahrung ein SIL-Produkt entwickeln und<br />
das Ziel – die Zertifizierung – erreichen. Die Unterstützung<br />
durch externe Dienstleister kann dabei den Weg von der<br />
IEC-Norm über das Sicherheitskonzept und dessen Umsetzung<br />
bis zum serienreifen Produkt erheblich erleichtern.<br />
Abkürzungsverzeichnis<br />
Autoren<br />
SIL<br />
SFF<br />
CASE<br />
FMEA<br />
FMECA<br />
FSM<br />
FW<br />
HW<br />
PFH<br />
SRS<br />
SWCA<br />
FMEDA<br />
Safety Integrity Level<br />
Safe Failure Fraction: Anteil aller Fehler, die zum sicheren Zustand<br />
führen. Design Größe<br />
Computer aided software engineering<br />
Failure mode and effect analysis<br />
Failure mode and effect criticality analysis<br />
Funktionales Sicherheitsmanagement:<br />
Baut auf QM-System auf<br />
Firmware (embedded Software)<br />
Hardware<br />
Probability of failure per hour:<br />
Fehlereintrittswahrscheinlichkeit pro Stunde<br />
Sicherheitsanforderungen Specification: Beinhaltet Sicherheitsanforderungen<br />
und Sicherheitsintegritätsanforderungen auf<br />
Produktebene<br />
Software criticality analysis<br />
Auch: Hardware FMEA – FMEA auf Bauteilebene<br />
Dipl.-Ing. Andreas Keller<br />
(geb. 1971) arbeitete an<br />
diversen Projekten in<br />
Deutschland sowie in den<br />
USA. Seit 2004 hat er sich<br />
auf das Thema Funktionale<br />
Sicherheit spezialisiert.<br />
Seit 2003 arbeitet er bei<br />
Mesco als TÜV-zertifizierter<br />
„Functional Safety Engineer“, Gruppenleiter,<br />
Projektleiter und Kundenberater für sicherheitskritische<br />
Entwicklungen.<br />
Mesco Engineering GmbH,<br />
Wiesentalstr. 74, D-79539 Lörrach,<br />
Tel. +49 (0)7621 89031-0,<br />
E-Mail: Andreas.Keller@mesco.de<br />
28<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
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Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
Vergleichende Bewertung<br />
von Anlagenkonzepten<br />
Werkzeugunterstützte Optimierung von Lebenszykluskosten<br />
Ein Verfahren zur vergleichenden Beurteilung von Investitionsalternativen in Bezug auf<br />
die Lebenszykluskosten (LCC) von Produktionsanlagen ist Thema dieses Beitrags. Das<br />
durch ein entsprechendes Werkzeug unterstützte Verfahren ermöglicht es Betreibern und<br />
Planern von Anlagen, technische Varianten in Bezug auf die über den Lebenszyklus der<br />
Anlagen zu erwartenden Gesamtkosten zu bewerten. Anhand von Beispielen werden<br />
Anwendungsmöglichkeiten aus dem Bereich von Anlagen der kommunalen Wasserwirtschaft<br />
vorgestellt.<br />
SCHLAGWÖRTER Energieeffizienz / Lebenszykluskosten / Investitionsentscheidung /<br />
Anlagenkonzepte<br />
Comparative Assessment of Plant Concepts<br />
Tool assisted optimization of life cycle costs<br />
A method is presented to evaluate and compare different concepts and investment alternatives<br />
with respect to the expected life cycle cost (LCC) of production plants. The method,<br />
which is also supported by a related tool, enables end-users and engineering companies<br />
to assess and compare different technological variants in a standardized procedure with<br />
respect to LCC. The applicability of the approach and the tool is presented based on examples<br />
of municipal water treatment plants in Germany.<br />
KEYWORDS Energy efficiency / Life cycle costs / investment decision / Plant concepts<br />
30<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Dr.-Ing. Eckhard Roos, Festo AG&Co KG<br />
Energieeffizienz und die Optimierung spezifischer<br />
Produktionskosten sind zentrale gesellschaftliche<br />
und betriebliche Themen, denen<br />
wir uns stellen müssen. Energieeffiziente<br />
Technologien sind in der Investitionsphase<br />
oftmals teurer als traditionelle Technologien. Über den<br />
gesamten Lebenszyklus einer Produktionsanlage zahlen<br />
sich Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und zur<br />
Senkung der Lebenszykluskosten einer Anlage (LCC)<br />
aber meistens aus.<br />
Die zu erwartenden Gesamtkosten von Produktionsanlagen<br />
über den Lebenszyklus, der bei Anlagen der<br />
kommunalen Wasser- und Abwasseraufbereitung und<br />
bei verfahrenstechnischen Produktionsanlagen bis zu<br />
25 Jahre betragen kann (Bild 1), können aber in Abhängigkeit<br />
der (verfahrens)technischen Auslegung der Anlagen<br />
und der eingesetzten Automatisierungskomponenten<br />
und -systeme stark variieren. Eine Anlagen- beziehungsweise<br />
Automatisierungsvariante mit niedrigsten<br />
Investitionskosten muss bei einer Betrachtung der Summe<br />
aller Kosten des Lebenszyklus nicht immer das betriebswirtschaftliche<br />
Optimum darstellen.<br />
Eine reine Betrachtung der Investitionskosten bei der<br />
Bewertung von Alternativtechnologien greift zu kurz<br />
und kann bei der Aufgabe der Senkung von LCC zu falschen<br />
Schlüssen führen. Leider werden Investitionsentscheidungen<br />
aber auch heute noch oftmals ausschließlich<br />
auf Basis der Investitionskosten getroffen, obwohl<br />
unter anderem die öffentliche Vergabeordnung fordert,<br />
dass auch LCC und Energieeffizienz bei der Evaluierung<br />
von Alternativtechnologien zu berücksichtigen sind.<br />
1. Potenziale der Energieeffizienzoptimierungen<br />
In der Gesamtkette des Energiestromes von der Primärenergieförderung<br />
bis zur Umwandlung von elektrischer<br />
Energie in Wärme, kinetische oder potentielle Energie<br />
treten Verluste auf wie zum Beispiel beim Transport<br />
durch Pipelines oder bei der Umwandlung der Primärenergie<br />
in elektrische Energie in Kraftwerken. Die größten<br />
Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz werden in<br />
den Produktionsprozessen der Verfahrenstechnik und der<br />
Fertigungstechnik gesehen [1].<br />
Das Potenzial kann dabei durch verschiedene Maßnahmen<br />
ausgeschöpft werden, wie zum Beispiel durch<br />
Anwendung energieeffizienter Einzelkomponenten<br />
(beispielsweise energieeffiziente Motoren)<br />
Automatisierungsstrukturen, die eine Anlagenfahrweise<br />
angepasst an die jeweiligen Anforderungen<br />
ermöglichen (wie Sauerstoffeintrag in Klärwerken<br />
in Abhängigkeit der aktuellen Parameter der<br />
Schmutzfracht)<br />
geänderte technische Auslegungen der Anlagen<br />
(siehe Beispiele in diesem Artikel)<br />
Weitere Kennwerte aus einer Studie des Bundesumweltamtes<br />
aus dem Jahre 2006 zeigen das enorme Potenzial<br />
an Möglichkeiten der Effizienzsteigerung am Beispiel<br />
kommunaler Kläranlagen [2]. Kommunale Kläranlagen<br />
verbrauchen im Durchschnitt 4400 GWh (pro Jahr), was<br />
0,7% des bundesweiten Verbrauchs an elektrischer<br />
Energie,<br />
20% des Verbrauchs elektrischer Energie der<br />
Kommunen und<br />
einem Äquivalent von 3 Mio t CO2 entspricht.<br />
Die größten Verbraucher der Energie in Klärwerken sind<br />
dabei<br />
Einrichtungen zur Belüftung<br />
Pump- und Rührwerke<br />
Schlammbehandlung.<br />
In Klärwerken gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten,<br />
die Energieeffizienz zu steigern. Zum einen werden<br />
laut [2] durch Faulgaserzeugung und dessen Verstromung<br />
schon etwa 865 GWh (zirka 20% des Gesamtbedarfs)<br />
in den Anlagen selbst erzeugt. Dieses Potenzial<br />
kann sicherlich noch weiter ausgebaut werden. Zum<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
31
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
BILD 1: Kosten über den Lebenszyklus von<br />
Produktionsanlagen, schematische Darstellung<br />
BILD 2: Potenziale für Energieeffizienzsteigerungen [1]<br />
anderen schätzen Experten die Möglichkeiten von Einsparungen<br />
der elektrischen Energie auf bis zu 20%.<br />
Wenn man dieses Potenzial in Relation zu den Steigerungsmöglichkeiten<br />
der Energieerzeugung aus Faulgas<br />
setzt, erkennt man, dass durch die Ausschöpfung von<br />
Maßnahmen der Energieeffizienzsteigerung energetisch<br />
gesehen das gleiche Ergebnis erreicht werden kann, wie<br />
durch eine Verdopplung der Erzeugung elektrischer<br />
Energie durch Faulgasverstromung.<br />
Dies bedeutet, Energieeffizienz sollte sich also rechnen.<br />
Gleichzeitig wird aber auch die Notwendigkeit der<br />
Nutzung von Systemen des Energiemonitoring deutlich,<br />
denn nur was messbar ist, kann auch optimiert werden.<br />
Und nur das ständige Monitoring der Auswirkungen von<br />
Maßnahmen der Energieeffizienz ermöglicht die Sensibilisierung<br />
des Betriebspersonals und die Implementierung<br />
eines dauerhaften Bewusstseins für das Thema<br />
Energieeffizienz. In jedem Fall ist jedoch ein stärkeres<br />
und vor allem auch konsequenteres Handeln in Richtung<br />
Energieeffizienz und LCC-Optimierung erforderlich.<br />
2. Toolunterstützung zur Bewertung von<br />
Alternativtechnologien nach LCC [1]<br />
Derzeit sind noch wesentliche Barrieren vorhanden, die<br />
eine Durchdringung/Implementierung der Bewertung<br />
von Maßnahmen zur Minimierung der LCC bei Investitionsentscheidungen<br />
vor allem im öffentlichen Auftragswesen<br />
verhindern. Hierzu zählen:<br />
eine gewisse ‚Blaupausenmentalität‘, das heißt mögliche<br />
neue und effizientere Technologien werden<br />
nicht in den Planungsprozess eingebracht, da im<br />
Sinne der Optimierung von Planungskosten meistens<br />
auf traditionelle Lösungen, die der Planer und<br />
Betreiber kennt, zurückgegriffen wird.<br />
mangelnde Erfahrung in der Bewertung von Alternativtechnologien.<br />
Eine Investitionsentscheidung ist für<br />
die Betreiber von Wasser- beziehungsweise Abwasseranlagen<br />
keine häufig wiederkehrende Aufgabe.<br />
Oftmals steht diese Aufgabe nur einmal in fünf Jahren<br />
an. Die vorhandene Erfahrung zur Bewertung von<br />
Alternativtechnologien ist daher häufig nicht vorhanden<br />
und der Aufwand zur Einarbeitung in Methoden<br />
der Bewertung von Alternativtechnologien ist sehr<br />
hoch für diese sehr selten zu durchlaufenden Arbeitsschritte.<br />
Daher wird der Aufwand meistens nicht<br />
betrieben und auf bekannte Verfahren zurückgegriffen.<br />
Die Bewertung wird ausschließlich auf Basis der<br />
Investitionskosten vorgenommen.<br />
fehlende Anreizsysteme für die Optimierung der<br />
Anlagentechnologien. Die Planungsleistungen<br />
werden nach vorgegebenen Honorarordnungen ver-<br />
32<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
BILD 4: Übersicht über<br />
das Pumpwerk<br />
BILD 3: Eingabemaske und Ergebnispräsentation des<br />
Excel-basierten ZVEI-Tools zur Bewertung von Alternativtechnologien<br />
in Bezug auf Energieeffizienz und LCC<br />
BILD 5: Tropfkörperanlage<br />
gütet, die sich an der Gesamtsumme der Investitionskosten<br />
orientieren. Ein Anreiz, über die Honorarordnung<br />
auch Investitionen in Energieeffizienz<br />
und LCC Optimierung zu fördern, ist derzeit nicht<br />
vorhanden; das führt wiederum zur ‚Blaupausenmentalität‘.<br />
Um die Berücksichtigung von energieeffizienten Technologien<br />
und des LCC-Gedankens im Vergabeprozess<br />
– vor allem im öffentlichen Bereich – zu stärken, hat<br />
der ZVEI zusammen mit dem Unternehmen Deloitte ein<br />
anwendungsfreundliches Instrument entwickelt. Es<br />
stellt unterschiedlichste Alternativtechnologien unter<br />
Einbeziehung von Fragen der Energieeffizienz und der<br />
LCC und deren Auswirkungen transparent dar und<br />
macht sie über den Betrachtungszeitraum monetär vergleichbar.<br />
Das Excel-basierte Werkzeug wird dabei durch die folgenden<br />
Punkte charakterisiert [1] :<br />
Abbildung des vollständigen Lebenszyklus einer<br />
Anlage vom Engineering über die Installations- und<br />
Betriebsphase bis zur Deinstallationsphase<br />
Berücksichtigung aller relevanten betriebswirtschaftlichen<br />
Kostenfaktoren, wie zum Beispiel Personal,<br />
Material, Energie, Fremdleistungen, Finanzierung<br />
Möglichkeit der strukturierten Berücksichtigung<br />
und Analyse ausgewählter Kostenhaupt- und -unterkategorien<br />
Parametrierbarkeit von Merkmalen, die eine Vergleichbarkeit<br />
zu einem Stichtag ermöglichen, wie<br />
beispielsweise Diskontierungssatz<br />
Auswertung über Kennzahlen mit entsprechenden<br />
grafischen Aufbereitungen<br />
Der wesentliche Vorteil des Tools ist, dass es nicht nur<br />
die Betrachtung einzelner Komponenten (wie drehzahlgeregelte<br />
Antriebe, energieeffiziente Antriebe) ermöglicht,<br />
sondern es können auch völlig unterschiedliche Maßnahmen<br />
innerhalb einer Anlage einer ganzheitlichen Betrachtung<br />
unterzogen und entsprechend monetär über den<br />
Lebenszyklus bewertet werden.<br />
3. Beispiel: Pumpenkonfiguration<br />
Wie eine Anlagenmodernisierung konkret umgesetzt<br />
werden kann und welche Vorteile sie dem Betreiber bietet,<br />
lässt sich am Klärwerk Böblingen-Sindelfingen verdeutlichen;<br />
es reinigt die Abwässer von 250.000 Einwohnern.<br />
Neben der mechanischen und biologischen Reinigungsstufe<br />
sowie der Schlammbehandlung wird hier als<br />
zusätzliche Reinigungsstufe eine Flockungsfiltration<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
33
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
nachgeschaltet, um die Gewässergüte des Flusses<br />
Schwippe zu verbessern. Derzeit wird eine Aktivkohlebehandlung<br />
gebaut, die nach Fertigstellung der Flockungsfiltration<br />
noch vorgeschaltet wird.<br />
Das folgende Beispiel wurde im zentralen Pumpwerk<br />
der Kläranlage realisiert. Das Abwasser aus der Vorklärung<br />
wird in das Verteilungsbauwerk für die sieben<br />
Tropfkörper (Bild 4, 5) gepumpt.<br />
Dafür stehen sechs Kreiselpumpen im Pumpenkeller<br />
zur Verfügung. Davon sind je nach Belastungsgrad drei<br />
bis fünf Pumpen in Betrieb, eine Pumpe wird als Redundanz<br />
vorgehalten. Die Kenndaten jeder Pumpe sind:<br />
Nennleistung 90 kW, Nennspannung 400V, Förderleistung<br />
500 l/s bei einer Förderhöhe von 8-9 m. Die Nennweite<br />
der Druckleitung beträgt DN350. Das Pumpwerk<br />
war vor dem Umbau standardmäßig wie in Bild 6 dargestellt<br />
wird:<br />
Die Situation vor dem Umbau war durch folgende<br />
Merkmale gekennzeichnet:<br />
a) ständiger Druckverlust und damit Energieverlust<br />
über der Rückschlagklappe<br />
b) Reduzierung des effektiven Rohrleitungsquerschnitts<br />
durch die sich im Volumenstrom befindliche<br />
Klappe<br />
c) Wasserschläge beim Schließen der Klappe mit entsprechenden<br />
Schwingungen des Rohrleitungssystems<br />
d) Gasbildung vor der Klappe bei längerem Pumpenstillstand.<br />
Diese verhindert das automatische Öffnen<br />
der Rückschlagklappe beim Anlauf der Pumpe,<br />
manuelles Öffnen ist dann erforderlich<br />
e) größere Einbaumaßnahme wegen der erforderlichen<br />
Personenschutzeinrichtungen bedingt durch die<br />
beweglichen Teile der Rückschlagklappe<br />
Die Lebensdauer einer Rückschlagklappe beträgt erfahrungsgemäß<br />
etwa zwölf Jahre, der kontinuierliche Verschleiß<br />
ist aber nicht erkennbar, das heißt auftretende<br />
Undichtigkeiten werden nicht erkannt.<br />
Im Rahmen des nötigen Ersatzes der Rückschlagklappe<br />
wurde die Gesamtkonfiguration nochmals technologisch<br />
untersucht. Das Ergebnis führte dazu, dass die<br />
Rückschlagklappe vollständig und funktional ersetzt<br />
wurde durch eine pneumatische Automatisierung der<br />
bestehenden manuellen Absperrschieber (Bild 7). Ein<br />
zusätzlicher Druckluftspeicher wurde installiert, um<br />
auch im Notfall ausreichend Reserve zur Betätigung der<br />
Absperrschieber bereitzustellen.<br />
Die Anordnung der Aggregate nach dem Umbau zeigt<br />
Bild 7. Durch die modifizierte Pumpenkonfiguration werden<br />
die erwähnten Nachteile a - e der Ursprungsinstallation<br />
künftig vermieden und gleichzeitig wird eine<br />
längere Standzeit der Aggregate erreicht.<br />
Die Vorteile aus Sicht der Energieeffizienz sind ebenfalls<br />
erheblich. In Summe werden<br />
2% des Gesamtbedarfs an elektrischer Energie der<br />
Kläranlage pro Jahr eingespart<br />
4% des Gesamtbedarfs an elektrischer Energie der<br />
Pumpen pro Jahr eingespart.<br />
Die Investitionen betragen bei<br />
einem Ersatz der Rückschlagklappe durch<br />
eine neue Klappe min. 18.000 EUR<br />
einem Umbau wie beschrieben (Bild 7)<br />
etwa 25.000 EUR<br />
Die eingesparten Energiekosten betragen zirka 11.300<br />
EUR/a<br />
Der ROI ist < ein Jahr<br />
Bei günstigeren hydraulischen Verhältnissen in der<br />
Anlage können nach Abschätzungen des Betreibers<br />
bis zu 10% der jährlichen Pumpenenergie eingespart<br />
werden.<br />
Zudem ist die gesamte Struktur des Pumpwerkes (Bild 8)<br />
wesentlich übersichtlicher, auch konnte überall Platz gewonnen<br />
und der Lärmpegel deutlich gesenkt werden. Da<br />
die Absperrschieber dicht schließen, treten keine unerkannten<br />
Leckagen mehr im Betrieb auf.<br />
4. Beispiel: Antriebstechnologien<br />
Durch die Universität Braunschweig wurde für eine neue<br />
Teilanlage des Zweckverbandes Wasserversorgung Kleine<br />
Kinzig ein Vergleich unterschiedlicher Antriebstechnologien<br />
durchgeführt [3]. In der Studie wurde an dieser<br />
realen Anlage elektrische Antriebstechnik mit pneumatischer<br />
Antriebstechnik verglichen – auf Basis der für<br />
diese Anlage typischen Parameter. Der Anlagenteil der<br />
Vorreinigung besteht dabei aus acht Filterbecken angeordnet<br />
in zwei Ebenen.<br />
Jedes Filterbecken ist ausgerüstet mit sieben Auf/Zu-<br />
Ventilen und einem Regelventil. Die Schalthäufigkeit der<br />
Ventile ist extrem niedrig, unter Umständen nur einmal<br />
pro Tag. Innerhalb der Studie wurden die folgenden Parameter<br />
in den einzelnen Phasen des Lebenszyklus der<br />
Anlage berücksichtigt:<br />
Kosten in der Anschaffungs- und Installationsphase<br />
Projektierung<br />
Beschaffung<br />
Montage und IBS<br />
Nutzungsphase<br />
Energiekosten<br />
Inspektions- und Wartungskosten,<br />
Reparaturkosten<br />
Demontage und Entsorgungskosten<br />
Ein wesentlicher Punkt für Untersuchungen der Lebenszykluskosten<br />
von Anlagen ist die funktionale<br />
Abgrenzung des betrachteten Systems. Die Bilder 11<br />
und 12 zeigen die jeweilige Abgrenzung der Systeme<br />
aus Sicht der Automatisierungstechnik, der Energieversorgung<br />
und des Prozessanschlusses für das beschriebene<br />
Beispiel. Hierbei geht es unter anderem<br />
darum, auch Betriebsphilosophien und Anforderungen<br />
in diesem Vergleich abzubilden, da diese Anforderungen<br />
zum Beispiel Auswirkungen auf Investitions-<br />
und Betriebskosten haben können. In dem beschriebenen<br />
Beispiel wurde vorausgesetzt, dass bei<br />
Ausfall der elektrischen Energieversorgung die Anla-<br />
34<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
BILD 6: Schematische Darstellung der<br />
Pumpenkonfiguration vor dem Umbau<br />
BILD 7: Schematische Darstellung der<br />
Pumpenkonfiguration nach dem Umbau<br />
BILD 9:<br />
Prozessventile<br />
der Filterbecken<br />
BILD 10:<br />
Anlagenübersicht<br />
BILD 8: Pumpwerk nach dem Umbau<br />
BILD 11: Abgrenzung des<br />
pneumatischen Systems<br />
BILD 12: Abgrenzung des<br />
elektrischen Systems<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
35
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
BILD 13: Detailplanung<br />
pneumatische Lösung<br />
BILD 14: Detailplanung<br />
elektrische Lösung<br />
BILD 15: Vergleich der LCC (in<br />
EUR) über einen Betrachtungszeitraum<br />
von 25 Jahren<br />
Investitionsprojekt I:<br />
pneumatische Antriebstechnik<br />
oInvestitionsprojekt II:<br />
elektrische Antriebstechnik<br />
36<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
ge in jedem Fall noch bedienbar sein sollte. Dies ist in<br />
dem Vergleich durch eine entsprechende Notstromversorgung<br />
realisiert worden.<br />
Die Anlage wurde dann komplett in Bezug auf die zu<br />
erwartenden Engineering- und Montagekosten untersucht.<br />
Hierzu wurde ein Detailengineering durchgeführt<br />
einschließlich der Ermittlung von Kabel- und Schlauchlängen,<br />
erforderlicher Infrastruktur, Definition örtlicher<br />
Verteilungen und so weiter (Bild 13 und 14).<br />
Ein Vergleich der LCC (Bild 15) über einen Betrachtungszeitraum<br />
von 25 Jahren zeigt für diese Anlage, dass<br />
die Betriebskosten inklusive der Wartungskosten im<br />
Vergleich zu den Investitionskosten einen deutlich<br />
niedrigeren Stellenwert haben<br />
die Kosten für die elektrische und pneumatische<br />
Energie bei Anlagen, die eine entsprechend geringe<br />
Schalthäufigkeit aufweisen, vernachlässigbar sind.<br />
Derartige Ergebnisse spiegeln immer nur die Gegebenheiten<br />
der real untersuchten Anlage wider. Eine Übertragung<br />
auf Anlagen gleichartiger Charakteristik ist sicher<br />
möglich. Eine Übertragung auf Anlagen mit anderen Charakteristiken<br />
ist nicht zulässig, da hier andere Parameter<br />
eine deutlich gewichtigere Rolle spielen können. Der Verbrauch<br />
an Energie ist bei der untersuchten Anlage wegen<br />
der geringen Schalthäufigkeit der Ventile zu vernachlässigen.<br />
Dementsprechend sind die Kosten während der<br />
Betriebsphase deutlich geringer als die Investitionskosten.<br />
Bei Anlagen der Fertigungstechnik ist zumindest die<br />
letzte Aussage nicht per se zutreffend, da bei diesen Anlagen<br />
das Verhältnis von Energiekosten zu Investitionskosten<br />
deutlich größer ist. Eine Übertragbarkeit der Ergebnisse<br />
ist daher nicht ohne weiteres möglich.<br />
sich Energieeffizienz und LCC Optimierung<br />
auszahlen<br />
LCC Betrachtungen zu einem integralen Bestandteil<br />
des Planungs- und Vergabeprozesses bei<br />
Investitionsvorhaben wird<br />
Das Tool des ZVEI hat hier eine wesentliche Voraussetzung<br />
geschaffen, dass die aktuell noch vorhandenen Barrieren,<br />
die die Betrachtung der LCC im Planungs- und<br />
Entscheidungsprozess behindern, abgebaut werden. Die<br />
Anwendung des Tools ist nicht auf Investitionsprojekte<br />
der öffentlichen Hand beschränkt, das Tool ist für Projekte<br />
aller Art nutzbar.<br />
Manuskripteingang<br />
30. mai 2011<br />
Referenzen<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
[1] ZVEI: Flyer Energieeffizienz rechnet sich!,<br />
Veröffentlichung April 2011<br />
[2] Umweltbundesamt: Studie ‚Steigerung der Energieeffizienz<br />
auf kommunalen Kläranlagen‘, 2006<br />
[3] Tobias Beck: Entwicklung und Implementierung eines<br />
Konzeptes zur lebenszyklusorientierten Bewertung<br />
von Antriebstechniken für Industriearmaturen,<br />
Diplomarbeit TU Braunschweig. Mai 2007<br />
Zusammenfassung<br />
In der Steigerung der Energieeffizienz und der Optimierung<br />
der LCC liegt ein wesentlicher Schlüssel zur zukünftigen<br />
Verringerung der CO2 Emissionen<br />
Verringerung des Bedarfs an installierter Kraftwerksleistung<br />
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie<br />
Voraussetzung für die Optimierung ist das Wissen über<br />
die aktuelle Situation des (effizienten) Energieverbrauchs,<br />
denn Wissen schafft Bewusstsein. Und nur das, was messbar<br />
ist, kann auch optimiert werden. Transparenz in den<br />
Energieverbräuchen ist künftig ein absolutes Muss in allen<br />
Produktionsanlagen.<br />
Wir benötigen aber für einen größeren Schritt in Richtung<br />
LCC Optimierung auch einen Wandel im Denken<br />
und Handeln, weg von der Blaupausenmentalität hin zu<br />
stärkerem Bewusstsein, dass<br />
Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit kein<br />
Widerspruch sind<br />
Autor<br />
Dr.-Ing. Eckhard Roos<br />
(geb. 1958) ist Leiter des<br />
Industry Segment Management<br />
Process Automation<br />
der Festo AG&Co KG in<br />
Esslingen. Er studierte<br />
Elektrische Energietechnik<br />
an der TH Darmstadt und<br />
promovierte auch auf diesem<br />
Gebiet. Nach mehrjähriger Tätigkeit im Corporate<br />
Engineering der Hoechst AG verantwortete<br />
er die Business Unit Chemicals, Oil&Gas der<br />
ABB AG in Deutschland, bevor er 2006 zu Festo<br />
wechselte.<br />
Festo AG&Co KG,<br />
Rechbergstraße 19, D-73770 Denkendorf,<br />
Tel. +49 (0) 711 34 77 60 04, E-Mail: ecrs@de.festo. com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
37
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
Testen verteilter<br />
Automatisierungssysteme<br />
Objektstruktur beschreiben um Testzuverlässigkeit zu erhöhen<br />
Bei vernetzten wertdiskreten Echtzeitsystemen helfen automatisierte Testverfahren, komponentenübergreifende<br />
Fehler während der Systemintegration und im laufenden Betrieb<br />
zu entdecken. Die Testfälle werden mit zeitbehafteten Ursache-Wirkungs-Graphen beschrieben.<br />
Mit grafischen Testfällen und Messungen des Busverkehrs wird der Informationsfluss<br />
im verteilten System verfolgt und auf Inhalt und Zeitbedingungen überprüft.<br />
Somit sind die Knotengruppen oder auch Knoten lokalisierbar, die am Fehlverhalten<br />
beteiligt sind. Bei der erweiterten Informationsflussverfolgung wird zusätzlich die Systemstruktur<br />
des Testobjektes, bestehend aus Knoten und Verbindungen, verwendet. Mit<br />
symbolischen Testplandaten und der Filterung der Rohdaten wird der White-Box Test auf<br />
einem hohen Abstraktionsniveau durchgeführt. Eine Komponentenbibliothek dient hierbei<br />
zur Zeitspezifikation der Netzknoten und der Verbindungen. Mit der Integration der<br />
Systemstruktur-Information in die Testplanung werden die Nachrichten für die Testfälle<br />
interaktiv generiert. Somit wird, wie im Beitrag dargestellt, die Testplanerstellung erleichtert<br />
und die Testzuverlässigkeit erhöht.<br />
SCHLAGWÖRTER Testobjekt Systemstruktur / Informationsflussverfolgung /<br />
White-box Systemtest / Konfigurationsabhängige Protokollanalyse /<br />
Nachrichtengenerierung<br />
System structure-based testing for distributed automation systems<br />
to increase testing reliability<br />
Automated testing procedures help to locate distributed errors in networked real-time<br />
systems during system integration and operation. The test cases are described with timedependent<br />
cause-and-effect graphs. The information flow in the distributed system is<br />
tracked for content and time conditions by means of graphical test cases and acquisition<br />
of bus traffic. Thus, defect node groups or nodes can be detected. System structure of the<br />
test object, consisting of nodes and connections, is used for extended information flow<br />
tracking. Symbolic test planning data and the filtering of the raw data supports white-box<br />
system testing at high abstraction level. A component library serves for time specifications<br />
of the network nodes and connections. The messages for the test cases are generated interactively<br />
using system structure information of the test object. Thus test plan generation<br />
is facilitated and testing reliability is increased.<br />
KEYWORDS Testobject systemstructure / information flow tracking /<br />
white-box system testing / configuration dependent protocol analysis /<br />
message generation<br />
38<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Eugen Noak, Silvije JovalekiC, Hochschule Albstadt-Sigmaringen,<br />
Bernd Rist, Honeywell Security Group<br />
Die industrielle System- und Softwareentwicklung<br />
ist durch immer komplexere Anwendungssysteme<br />
gekennzeichnet. Die fehlerfreie<br />
Auslieferung und eine qualifizierte,<br />
kostengünstige Wartung sind für die Qualität<br />
solcher Produkte entscheidend. Durch formale Methoden<br />
alleine können Fehler der Kommunikation und<br />
des Zeitverhaltens nicht lokalisiert werden. Zur Sicherstellung<br />
der Qualität ist das Testen sehr wichtig.<br />
Manuelles Testen ist sehr zeit- und kostenintensiv, sodass<br />
eine weitgehende Automatisierung der Testvorgänge<br />
notwendig ist. In der Kommunikationstechnik<br />
werden sehr leistungsfähige Testsprachen und Werkzeuge<br />
eingesetzt. In der Fahrzeugtechnik wird der<br />
Hardware-In-the-Loop-Test praktiziert. Bei verteilten<br />
Automatisierungssystemen und bei mechatronischen<br />
Systemen wurden grafische Methoden wie Sequenzdiagramme,<br />
Zustandsdiagramme oder Ursache-Wirkungs-Graphen<br />
zur Formulierung der Testfälle vorgeschlagen.<br />
Eine Ursache-Wirkungs-Analyse ermöglicht<br />
die Verfolgung des Informationsflusses im betrachteten<br />
System [1][2][3][4][5].<br />
Zur Unterstützung der White-Box-Systemtests wurde<br />
zusätzlich eine strukturelle Beschreibung des Testobjektes<br />
eingeführt. Dadurch lassen sich die erfassten<br />
Informationen auf einer höheren Abstraktionsebene<br />
interpretieren. Diese erweiterte Informationsflussverfolgung<br />
ermöglicht neue Auswertungen, die bei der<br />
Fehlersuche nützlich sind. Dazu gehören die konfigurationsabhängige<br />
Protokollanalyse, die Ereignisliste<br />
und das Impulsdiagramm [6][7][8].<br />
Im Beitrag werden wir die Beschreibungsmöglichkeiten<br />
der Zeiteigenschaften der Testobjekte und die<br />
Auswertungen während der Testplanung behandeln.<br />
Eine häufige Fehlerquelle in der Testplanung ist die<br />
Spezifikation der Nachrichtenmasken. Die Struktur<br />
der Nachrichten ist in den Filtern der Protokollanalyse<br />
beschrieben. Zur Reduktion der Planungsfehler<br />
wurde deshalb eine halbautomatische Nachrichtengenerierung<br />
aus den Filterspezifikationen vorgeschlagen<br />
und erprobt.<br />
1. Testplanung mit zeitbehafteten<br />
Ursache-Wirkungs-Graphen<br />
Die Testfälle werden mit dem zeitbehafteten Ursache-<br />
Wirkung Graphen beschrieben. Die Kommunikationskanäle,<br />
Zeitbedingungen und die Ablaufstruktur ermöglichen<br />
die Beschreibung von diskreten verteilten<br />
Systemen. Die Elemente der grafischen Beschreibungssprache<br />
sind Testprojekte, Testfälle, Testoperationen<br />
und Testübergänge [5].<br />
Im BILD 1 wird die Testplansprache an einem Beispiel<br />
aus der Gebäudesicherungstechnik erläutert. Das<br />
Testobjekt besteht aus einem Bewegungsmelder, einem<br />
Glasbruchmelder, einem Ausgangsmodul, einer Sirene<br />
und einer Lichtanzeige, die über den Feldbus, den internen<br />
Bus, das Sicherheitsnetzwerk und den Backbone<br />
mit der Einbruchmeldezentrale kommunizieren.<br />
Der Nachrichtenverkehr wird mit drei Messwerkzeugen<br />
erfasst.<br />
Die Starttestoperation „Bewegungsmelder“ wartet auf<br />
die Nachricht „Bewegung“ vom Kanal „Feldbus“ und die<br />
empfangenden Testoperationen „Einbruch“ und „Lichtanzeige“<br />
warten jeweils auf die Nachrichten „Einbruch“<br />
und „Licht-ein“ von den Kommunikationskanälen<br />
„Backbone“ und „Sicherheitsnetzwerk“. Für den erfolgreichen<br />
Testfall (PASS) soll die Nachricht „Licht-ein“<br />
zum Zeitpunkt t < T 1 + T 2 nach dem Eintreffen der Nachricht<br />
„Bewegung“ erfasst werden. Wird dieser Zeitpunkt<br />
überschritten so ist der Testfall nicht erfolgreich (FAIL).<br />
Bei der Betriebsart „Aktiver Modus“ wird das Testobjekt<br />
über die Kommunikationskanäle mit definierten<br />
Nachrichten stimuliert. Diese Betriebsart ist für die Regressionstests<br />
während der Entwicklung und Integration<br />
geeignet. Beim „Beobachtermodus“ werden die Testfälle<br />
mit zuvor definierten Nachrichten in der Startoperation<br />
ausgelöst. Diese Betriebsart ist besonders für die Fehlerdiagnose<br />
während des Systemeinsatzes zu empfehlen.<br />
Mittels zeitbehafteter Ursache-Wirkungs-Graphen können<br />
die Knoten lokalisiert werden, die an einem Fehlverhalten<br />
beteiligt sind. Dieses Verfahren bezeichnen<br />
wir als Informationsflussverfolgung.<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
39
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
2. Beschreibung der Testobjekte<br />
Die Informationsflussverfolgung benutzt für die Testauswertungen<br />
die Systemstruktur-Informationen des Testobjektes,<br />
die aus der Konfiguration der Anlage gewonnen<br />
werden. Die Konfigurationen liegen oft in einem proprietären<br />
Format vor, aus diesem Grund wurde eine einfache<br />
neutrale Beschreibungssprache entwickelt. Diese besteht<br />
aus Modulen und Verbindungen [9][10].<br />
2.1 Beschreibungssprache<br />
Die Knoten werden als Module mit dem Namen, der Adresse<br />
und dem Teilnehmertyp gekennzeichnet. Die Adresse<br />
und der Teilnehmertyp dienen der Identifizierung<br />
des Moduls im Netzwerk und der Auswahl des Subfilters<br />
bei der Protokollanalyse. Jedes Modul kann mit weiteren<br />
Modulen und Verbindungen beschrieben werden.<br />
Die Verbindungen sind mit dem Namen und der Protokollidentifikation<br />
gekennzeichnet. Das Protokoll der<br />
Verbindung dient zur Auswahl des Filterprogramms zur<br />
Protokollanalyse. Zusätzlich kann eine Verbindung die<br />
Beschreibung des angeschlossenen Messwerkzeuges enthalten.<br />
Eine Verbindung enthält die Module, die an ihr<br />
angeschlossen sind (siehe Bild 2).<br />
Die Struktur des Testobjektes wird automatisch aus einer<br />
"proprietären Computer-aided engineering" (CAE)<br />
Beschreibung generiert. Um die Verständlichkeit der Konfiguration<br />
zu erhöhen, können automatisch vergebene<br />
Namen angepasst werden. Das BILD 2 zeigt die Beschreibung<br />
des im BILD 1 dargestellten Ausschnitts des Einbruchmeldesystems.<br />
Die Systemstruktur wird hierarchisch<br />
aufgebaut mit der Verbindung „Backbone“ als<br />
Basis. Das abstrakte Modul „Einbruchmeldesystem“ stellt<br />
das gesamte System dar. Das Feldkoppelmodul ist an dem<br />
internen Bus, am Feldbus sind der Bewegungsmelder, der<br />
Glasbruchmelder und das Ausgangsmodul angeschlossen.<br />
Links im BILD 3 steht die Systemstruktur-Beschreibung<br />
in Form eines Hierarchiebaums. Rechts im Bild werden<br />
die Attribute des Moduls oder der Verbindung angezeigt.<br />
2.2 Komponentenbibliothek<br />
Gebäudesicherheitsanlagen sind durch eine große Anzahl<br />
und Vielfalt von Komponenten gekennzeichnet. So<br />
kann eine Anlage mehrere hundert gleichartige Bewe-<br />
BILD 1:<br />
Exemplarische<br />
Erläuterung der<br />
Testplansprache<br />
Messw erkzeug<br />
Feldbuskoppelmodul<br />
Interner Bus<br />
27<br />
Backbone<br />
07<br />
Netzwerkinterface<br />
Sicherheitsnetzwerk<br />
01<br />
Bewegungsmelder<br />
Messwerkzeug<br />
Eibruchmeldezentrale<br />
Feldbus<br />
01 02<br />
Lichtanzeige<br />
02<br />
Aus gangsmodul<br />
Aktor<br />
Sens oren<br />
03<br />
Glas bruchssensor<br />
Aktoren<br />
Tes tobjekt<br />
Feldbus<br />
Backbone<br />
Testfall »Bew egungsalarm«<br />
S icherheitsnetzwerk<br />
Bewegungsmelder<br />
T1 < 200 ms<br />
Einbruch<br />
T2 < 300 ms<br />
Lichtanzeige<br />
Kanal: Feldbus<br />
Nachricht: Bewegung<br />
Testübergang<br />
(Zeitbedingung)<br />
Kanal: Backbone<br />
Nachricht: Einbruch<br />
Kanal: S icherheits netz..<br />
Nachricht: Licht- ein<br />
Testoperation<br />
BILD 1: Exemplarische Erläuterung der Testplansprache<br />
BILD 2:<br />
Ausschnittsweise<br />
Beschreibung<br />
eines Testobjektes<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
…<br />
<br />
<br />
<br />
40<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
gungsmelder enthalten. Jeden Bewegungsmelder der<br />
Anlage ausführlich zu beschreiben, würde zu einer großen<br />
und unübersichtlichen Konfiguration führen. Außerdem<br />
würde diese dann sehr viele redundante Informationen<br />
enthalten. Um diese Redundanzen zu vermeiden,<br />
wurden allgemeine Eigenschaften eines Moduls<br />
oder einer Verbindung in eine Bibliothek ausgelagert. Die<br />
Bibliothek wird der Übersichtlichkeit halber in mehrere<br />
Gruppen unterteilt (siehe BILD 4).<br />
Die Bibliothek besteht aus den Gruppen „sensors“ und<br />
„connections“. Für die Module vom Typ „Bewegungsmelder_Typ1“<br />
werden Verarbeitungszeiten im Intervall<br />
100 ms bis 300 ms angegeben. Für die Verbindung „Honeywell<br />
Bus 2“ werden die Übertragungsrate, der Protokolltyp<br />
und der Verweis auf das Filterprogramm zur<br />
Protokollanalyse der Nachrichten von dieser Verbindung<br />
spezifiziert. Die Verarbeitungs- und Übertragungszeiten<br />
werden bei den Plausibilitätsprüfungen während der<br />
Testplanung verwendet.<br />
Jede Komponente der Konfiguration bekommt einen<br />
Verweis auf den Eintrag in der Bibliothek, wie zum Beispiel<br />
der Typ des Bewegungsmelders. Das zusätzliche<br />
Attribut „ref“ gibt den Pfad zu den Informationen in der<br />
Bibliothek an. In dem Beispiel handelt es sich um den<br />
Verweis auf die Zusatzinformation zum Bewegungsmelder,<br />
siehe BILD 2.<br />
3. Protokollanalyse mittels Systemstruktur-<br />
Information<br />
3.1 Beschreibung der Nachrichten<br />
Eine manuelle Analyse der erfassten Rohdaten ist<br />
schwierig und zeitaufwendig. Die Struktur der Nachrichten<br />
ist vom Protokoll und den Teilnehmern abhängig.<br />
Mit der Protokollanalyse werden die Rohdaten automatisch<br />
in eine lesbare Form transformiert. Die Transformation<br />
wird mit einer allgemeinen Protokollspezifikationssprache<br />
basierend auf der Metasprache XML beschrieben.<br />
Die Sprache enthält Elemente für Textdarstellung,<br />
bedingte Verarbeitung, komplexe<br />
Fallunterscheidung, Verweise, Schleifen und längenabhängige<br />
Verarbeitungen (siehe Bild 5).<br />
Für jedes Protokoll und jeden Teilnehmer wird ein<br />
Filter in dieser Sprache erstellt, mit dem die Nachrichten<br />
zerlegt werden. Das Subfilter dient der Interpretation der<br />
teilnehmerspezifischen Nutzdaten.<br />
BILD 3:<br />
Konfiguration eines<br />
verteilten Systems<br />
Verbindung<br />
Module<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
…<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
…<br />
<br />
<br />
BILD 4:<br />
Auszug aus der<br />
Komponentenbibliothek<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
41
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
3.2 Analyse der Nachrichten<br />
Änderungen an der Systemstruktur der Anlage, zum<br />
Beispiel durch Hinzufügen eines neuen Teilnehmers,<br />
erfordern Änderungen am Filter, da dieses an die Konfiguration<br />
der Anlage gebunden ist. Die Lösung für<br />
dieses Problem ist eine konfigurationsabhängige Protokollanalyse.<br />
Diese greift auf die Systemstruktur-Beschreibung<br />
der Anlage zu und schafft eine dynamische<br />
Bindung zwischen den Filtern und der Systemstruktur-Beschreibung.<br />
Die empfangenen Nachrichten enthalten Adressen der<br />
kommunizierenden Teilnehmer. Mit Hilfe dieser Adressen<br />
und des Kommunikationskanals wird der Teilnehmer<br />
durch die Systemstruktur-Beschreibung eindeutig<br />
identifiziert. Der Teilnehmertyp dient der Identifikation<br />
des Subfilters [9][10].<br />
BILD 6 zeigt das Ergebnis der Interpretation einer<br />
Nachricht. Als erstes wird der Nachrichtenkopf interpretiert.<br />
Dieser enthält die Adresse des Empfängers, die<br />
mit dem Element „mask“ ermittelt wird. Das Adressabhängigkeitsfilter<br />
hat die Aufgabe, den Teilnehmertyp<br />
aus der Systemstruktur-Beschreibung zu ermitteln und<br />
das zugehörige Subfilter aufzurufen. Die Nutzdaten bestehen<br />
aus der Länge und dem Zustand der Ausgänge<br />
des Teilnehmers. Zum Schluss wird die Checksumme<br />
der Nachricht ausgegeben.<br />
4. Nachrichtengenerierung bei der Testplanung<br />
Nach der Integration der Systemstruktur-Informationen<br />
in die Testauswertung wurde deren Verwendung auch<br />
bei der Testplanung in Betracht gezogen. Eine der Fehlerquellen<br />
bei der Testplanung ist die Spezifikation der<br />
Nachricht in der Testoperation. Ist die angegebene<br />
Nachricht nicht richtig, dann ist auch der Testfall<br />
falsch. Um die richtige Nachricht zu spezifizieren, muss<br />
sich der Tester mit dem Protokoll und der Spezifikation<br />
des Empfängers beziehungsweise des Senders auseinandersetzen.<br />
Zur Unterstützung des Testers bei der Testplanung<br />
wurde ein Nachrichten-Generator konzipiert.<br />
Er basiert auf den bereits für die Protokollanalyse erstellten<br />
Filtern. Die Filter enthalten die Protokollbeschreibung<br />
und auch die Spezifikation der Teilnehmer.<br />
Über den Kommunikationskanal wird das Protokoll<br />
ermittelt. Danach werden alle an einer Verbindung angeschlossenen<br />
Teilnehmer zur Auswahl angeboten.<br />
BILD 5:<br />
Filter und Subfilter<br />
für den Teilnehmer<br />
„Ausgangsmodul“<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
...<br />
<br />
<br />
<br />
BILD 6:<br />
Protokollanalyse<br />
der Nachrichten<br />
42<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Nach der Auswahl des Empfängers wird das Subfilter<br />
identifiziert. Somit sind die zugehörigen Filter und Subfilter<br />
bekannt. Aus den Filtern wird eine Liste erzeugt,<br />
in der die Struktur der Nachricht beschrieben ist. Die<br />
bekannten Informationen, wie zum Beispiel die Adresse,<br />
werden in die Nachricht eingetragen. Der Benutzer<br />
hat die Möglichkeit, die Nutzdaten aus einer Auswahlliste<br />
festzulegen. Dadurch können Fehleingaben vermieden<br />
werden. Sind im Filter keine Werte spezifiziert,<br />
wird der Benutzer aufgefordert den Wert einzutragen.<br />
BILD 7 zeigt die Eingabemaske für eine Nachricht eines<br />
Ausgangsmoduls. Der Nachrichten-Generator erzeugt<br />
eine Maske, in der der Benutzer den Zustand der Ausgänge<br />
festlegt.<br />
5. Plausibilitätsprüfung der Zeiten<br />
Eine weitere Fehlerquelle während der Testplanung ist<br />
die Vorgabe der Zeitbedingung bei den Testübergängen.<br />
Trägt der Benutzer das falsche Zeitintervall ein, führt dies<br />
zwangsläufig zu einem fehlerhaften Testfall oder einem<br />
sinnlosen Test. Um die Zeitbedingung auf Plausibilität<br />
prüfen zu können, wurden die Verarbeitungszeiten T j der<br />
m Geräte in der Bibliothek abgelegt. Die Übertragungszeiten<br />
von L n Verbindungen T j werden aus der Nachrichten-<br />
= L[bit] und der Übertragungsrate f bit<br />
Tlänge [bit/s] mit<br />
fbit<br />
L<br />
der Formel T = berechnet.<br />
f<br />
bit<br />
m+<br />
n<br />
m+<br />
n<br />
MIN<br />
≤∑ MIN , j;<br />
∑ MAX,<br />
j<br />
≤<br />
MAX<br />
j=<br />
1<br />
j=<br />
1<br />
m+<br />
n<br />
m+<br />
n<br />
∑ , ∑ ,<br />
T T T T<br />
TMIN ≤ TMIN j;<br />
TMAX j<br />
≤TMAX<br />
Die Summe der Übertragungszeiten j=<br />
1<br />
j=<br />
1 der Verbindungen<br />
und der Verarbeitungszeiten der Knoten entlang<br />
eines Kommunikationspfades muss der Zeitbedingung<br />
des Testübergangs T MIN
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
6. Zusammenfassung und Ausblick<br />
Referenzen<br />
Mit Hilfe der beschriebenen Verfahren wird der gesamte<br />
Ablauf des automatisierten Testens von verteilten<br />
Systemen unterstützt. Auf Basis der Systemstruktur-<br />
Beschreibung des zu testenden Objektes können sowohl<br />
die Testplanung als auch die Testauswertung realitätsnah<br />
durchgeführt werden. Mit der konfigurationsabhängigen<br />
Protokollanalyse werden die Messdaten in<br />
einer lesbaren Form präsentiert. Die Plausibilitätsprüfung<br />
eingegebener Zeiten und die Nachrichtengenerierung<br />
für die Testoperationen erhöhen die Testzuverlässigkeit<br />
bei der Testplanung.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung ist die<br />
Entwicklung virtueller Teilnehmer, die sich wie reale verhalten<br />
sollen. Für die Fehleranalyse einer bestimmten,<br />
sich in Betrieb befindenden Anlage muss eine exakte Kopie<br />
der Anlage erstellt werden. Dies ist mit hohen Hardwarekosten<br />
und mit enormem Arbeitsaufwand verbunden.<br />
Mit virtuellen Teilnehmern lässt sich dieser Aufwand<br />
erheblich reduzieren.<br />
Manuskripteingang<br />
12. Mai 2011<br />
Autoren<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
[1] Bender, K.; Pöschl, M.; Danzer, B.; Kausler, B.; Spiegelberger,<br />
B.; Ivanova, N.: TeCom Testfallcompiler für den Funktionstest<br />
eingebetteter Systeme, Forschungsbericht Nr. 24/2006;<br />
Deutsche Forschungsgesellschaft für die Anwendung der<br />
Mikroelektronik e.V. (DFAM)<br />
[2] Bender, K. (Hrsg): Embedded Systems – qualitäts orientierte<br />
Entwicklung, Springer, Berlin Heidelberg New York, 2005<br />
[3] Methods for Testing and Specification (MTS);<br />
The Testing and Test Control Notation version 3; Part 1:<br />
TTCN-3 Core Language, ETSI ES 201 873-1 V2.2.1 (2003-02),<br />
ETSI Standard<br />
[4] DaimlerChrysler: Beschreibung der Testsprache<br />
für HIL-Testsysteme, Version 3.1, 11.05.2004,<br />
firmeninterne Veröffentlichung<br />
[5] Rist, B., Poganatz, D. und Jovalekic, S.: Testautomatisierung<br />
verteilter echtzeitfähiger Systeme basierend auf einer<br />
graphischen Testplanbeschreibung, in Haasis, Heinzl, Klumpp<br />
(Hrsg.), Aktuelle Trends in der Softwareforschung, doIT<br />
Software-Forschungstag 2006, S 241-255, dpunkt.verlag 2006<br />
[6] Drath, R.; Fedai, M.: CAEX – ein neutrales Datenaustauschformat<br />
für Anlagendaten Teil 1-2;<br />
<strong>atp</strong> 46 (2004) Heft 2; S. 52-56; Heft 3; S. 20-27<br />
[7] Dietrich, C.; Schmidt, D; Simon, R.; Thron, M;<br />
Wollschlaeger, M.: XML für Wartung und Engineering<br />
Busgekoppelter Komponenten, DFAM Forschungs bericht Nr.<br />
20, 2003<br />
[8] Noak, E.; Jovalekic, S.; Grochowski, H.: Protokoll analyse und<br />
Informationsflussverfolgung zur Fehlerdiagnose in verteilten<br />
Echtzeitsystemen, Informatik aktuell, W. A. Halang, P.<br />
Holleczek (Hrsg.), Echtzeit 2009, Fachtagung des GI/GMA-<br />
Fachaus schusses Echtzeitsysteme, Boppard, 19-20.11.2009,<br />
S. 129-138<br />
[9] Noak, E.: CAE unabhängige Systemstruktur<br />
Beschreibung zur Testausführung wertdiskreter verteilter<br />
Echtzeitsysteme, Diplomarbeit WS 2008/2009, Hochschule<br />
Albstadt-Sigmaringen<br />
[10] Jovalekic, S.; Rist. B.: Test Automation of Distributed Embedded<br />
Systems Based on Test Object Structure Information, 25th<br />
Convention of Electrical and Electronics Engineers in Israel,<br />
Anthony J. Weiss (Hrsg.), IEEE 2008, S. 343-347<br />
[11] Jovalekic, S.; Nguyen, T.: Specification and Verification of Time<br />
Properties in Distributed Automation Systems during Test<br />
Planning Phase, 3rd IEEE International Workshop on Software<br />
Test Automation, Munich, Germany, July 18, angenommener<br />
Beitrag.<br />
Hochschule Albstadt-Sigmaringen,<br />
Jakobstraße 6, D-72458 Albstadt,<br />
Tel. +49 (0) 7571 732 95 40,<br />
E-Mail: eugen.noak@gmx.de<br />
Hochschule Albstadt-Sigmaringen,<br />
Jakobstraße 6, D-72458 Albstadt,<br />
Tel. +49 (0) 7571 732 91 48,<br />
E-Mail: jovalekic@hs-albsig.de<br />
Dipl.-Ing. (FH) Eugen Noak<br />
(geb. 1982) ist Mitarbeiter im<br />
Institut für Echtzeitsysteme<br />
und Softwaretechnik der<br />
Hochschule Albstadt-Sigmaringen.<br />
Seine Arbeitsschwerpunkte<br />
sind Test und Diagnose<br />
in verteilten Systemen.<br />
Prof. Dr.-Ing. Silvije<br />
Jovalekic (geb. 1948) vertritt<br />
die Fachgebiete Softwaretechnik<br />
und Echtzeitsysteme in<br />
der Fakultät Engineering der<br />
Hochschule Albstadt-Sigmaringen.<br />
Hauptarbeitsfelder:<br />
Test und Diagnose verteilter<br />
Systeme, Vernetzung in<br />
Fahrzeugen.<br />
Dipl.-Ing.(FH) Bernd Rist<br />
(geb. 1969) leitet die Abteilung<br />
R&D / Software bei Honeywell<br />
Security Group in Albstadt.<br />
Hauptarbeitsfelder: Protokolle<br />
und Software zur Vernetzung<br />
von Komponenten in der<br />
Gebäudesicherungstechnik.<br />
Honeywell Security Group,<br />
Johannes-Mauthe-Str. 14, D-72458 Albstadt,<br />
Tel. +49 (0) 7431 801 13 45,<br />
E-Mail: bernd.rist@honeywell.com<br />
44<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Mit komplettem<br />
eBook<br />
auf CD-ROM<br />
Mit komplettem<br />
eBook<br />
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Armaturen in<br />
Wärmekraftwerken<br />
Armaturen in<br />
Wärmekraftwerken<br />
Dieses auf dem deutschsprachigen Markt einzigartige Buch<br />
bringt alle Voraussetzungen mit, um sich in der Branche zu<br />
Dieses auf dem deutschsprachigen Markt einzigartige Buch<br />
einem Standardwerk zu entwickeln.<br />
bringt alle Voraussetzungen mit, um sich in der Branche zu<br />
Das Werk einem stellt Standardwerk die Funktionsweise zu entwickeln. von Armaturen und Armaturenantrieben<br />
in Wärmekraftwerken vor, wobei der inhaltliche Schwerpunkt<br />
auf den Hochtemperaturkreisläufen liegt. Zudem werden<br />
Das Werk stellt die Funktionsweise von Armaturen und Armaturenantrieben<br />
in Wärmekraftwerken vor, wobei der inhaltliche Schwerpunkt<br />
auf den Hochtemperaturkreisläufen liegt. Zudem werden<br />
Armaturen in kraftwerksspezifi schen Nebenkreisläufen vorgestellt.<br />
Nach einer<br />
Armaturen<br />
ausführlichen<br />
in kraftwerksspezifi<br />
Einführung<br />
schen<br />
in die<br />
Nebenkreisläufen<br />
Grundbauarten werden<br />
vorgestellt.<br />
Problemlösungen<br />
Nach einer ausführlichen<br />
mit Armaturen<br />
Einführung<br />
in Kraftwerkskreisläufen<br />
in die Grundbauarten<br />
erläutert.<br />
werden<br />
Armaturenantriebe, Problemlösungen Service, mit Armaturen Regelwerksanforderungen in Kraftwerkskreisläufen und weitere erläutert.<br />
Informationen Armaturenantriebe, runden das Service, Themenspektrum Regelwerksanforderungen ab. und weitere<br />
Alle Autoren Informationen sind erfahrene runden das Mitarbeiter Themenspektrum von renommierten ab.<br />
Unternehmen Alle Autoren der Kraftwerksarmaturenbranche.<br />
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Hrsg.: Unternehmen T. Wiesner, W. der Mönning Kraftwerksarmaturenbranche.<br />
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Vorteilsanforderung per Fax: +49 (0) 201 / 820 02 - 34 oder im Fensterumschlag einsenden<br />
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Ja, ich bestelle gegen Rechnung 3 Wochen zur Ansicht<br />
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___ Ex. Armaturen in Wärmekraftwerken<br />
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Die bequeme und sichere Bezahlung per Bankabbuchung wird mit einer Gutschrift<br />
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von € 3,- auf die erste Rechnung belohnt.<br />
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Antwort Antwort<br />
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Vorname/Name des Empfängers<br />
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Land, PLZ, Ort<br />
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Branche/Wirtschaftszweig<br />
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Bevorzugte Zahlungsweise<br />
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□<br />
□ Bankabbuchung<br />
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PAAWKW2011 PAAWKW2011<br />
Widerrufsrecht: Widerrufsrecht: Sie können Sie Ihre können Vertragserklärung Ihre Vertragserklärung innerhalb innerhalb von zwei von Wochen zwei Wochen ohne Angabe ohne Angabe von Gründen von Gründen in Textform in Textform (z.B. Brief, (z.B. Brief, Fax, E-Mail) Fax, E-Mail) oder oder durch durch Rücksendung Rücksendung der Sache der Sache widerrufen. widerrufen.<br />
Die Frist beginnt Die Frist nach beginnt Erhalt nach dieser Erhalt Belehrung dieser Belehrung in Textform. in Textform. Zur Wahrung Zur Wahrung der Widerrufsfrist Widerrufsfrist genügt genügt die rechtzeitige die rechtzeitige Absendung Absendung des Widerrufs des Widerrufs oder oder Sache der Sache an die an Vulkan-Verlag die Vulkan-Verlag GmbH, GmbH, Versandbuchhandlung, Postfach Postfach 10 10 39 39 62, 62, 45039 45039 Essen. Essen.<br />
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Oldenbourg Oldenbourg Industrieverlag Industrieverlag oder vom oder Vulkan-Verlag vom Vulkan-Verlag □ per Post, □ per □ Post, per Telefon, □ per Telefon, □ per Telefax, □ per Telefax, □ per □ E-Mail, per E-Mail, □ nicht □ nicht über interessante über interessante Fachangebote Fachangebote informiert informiert und und beworben beworben werde. werde. Diese Diese Erklärung Erklärung kann kann ich ich mit mit Wirkung Wirkung für für die die Zukunft Zukunft jederzeit widerrufen.<br />
✘ ✘
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
Modellgestützte<br />
Modernisierungsplanung<br />
Ist-Zustand mit CAEX abbilden<br />
Mit dem wachsenden Markt für die Modernisierung automatisierter industrieller Produktionsanlagen<br />
gewinnen die Abwicklung von Modernisierungsprojekten und die Optimierung<br />
der Abläufe im Anlagen-Reengineering zunehmend an Bedeutung. Aufbauend auf<br />
einer funktionalen Anlagenbeschreibung wird in diesem Beitrag gezeigt, wie sich der Ist-<br />
Zustand einer zu modernisierenden Anlage mit Hilfe von CAEX formalisiert abbilden lässt.<br />
Gleichzeitig wird beschrieben, welche Möglichkeiten sich daraus für eine frühzeitige Softwareunterstützung<br />
in der Angebotsphase von Modernisierungsprojekten ergeben.<br />
SCHLAGWÖRTER Modernisierungsplanung / funktionale Anlagenbeschreibung /<br />
Modellierung / CAEX<br />
Model-driven plant modernization<br />
As the market for the modernization of automated industrial production plants is growing,<br />
the management of modernization projects and thus the optimization of plant reengineering<br />
processes have become increasingly important. Based on a functional description of<br />
a plant, this article shows how CAEX can be used to produce a formalized image of the<br />
actual state of a plant that has to be modernized and the resulting possibilities for an<br />
early software support during the tendering phase of modernization projects.<br />
KEYWORDS Modernization / Functional Plant Description / Modeling / CAEX<br />
46<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Martin Strube, Alexander Fay, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg<br />
Sébastien Truchat, Helmut Figalist, Siemens AG, Erlangen<br />
Der Zeit- und Kostendruck im internationalen<br />
Wettbewerb erfordert vermehrt die Verkürzung<br />
der Abwicklungszeiten und Reduzierung der<br />
Projektkosten im Anlagenbau. Dadurch gewinnt<br />
eine effiziente und durchgängige Anlagenplanung<br />
zunehmend an Bedeutung [1]. Insbesondere<br />
der Entwurfprozess komplexer Automatisierungssysteme<br />
bietet erhebliches Optimierungspotenzial, da dieser<br />
durch eine Vielzahl von Abhängigkeiten zu den Engineering-Ergebnissen<br />
und damit auch Planungsdaten<br />
verschiedener am Projekt beteiligter Gewerke geprägt ist.<br />
Dabei sind „modellbasierte Ansätze ein wesentlicher<br />
Hebel zur Integration und Optimierung der Engineering-<br />
Prozesse im industriellen Anlagenbau.“ [2]<br />
Die Ergebnisse einer quantitativen Literaturstudie haben<br />
gezeigt, dass ein Großteil der Forschungsaktivitäten in<br />
diesem Kontext auf die frühen Phasen im Anlagenlebenszyklus<br />
fokussiert – im Gegensatz dazu findet zum Beispiel<br />
die Anlagenmodernisierung kaum Beachtung [3]. Diese<br />
Entwicklung steht in starkem Kontrast zur rückläufigen<br />
Entwicklung des Marktes für den Neubau automatisierter<br />
industrieller Produktionsanlagen in Nordamerika und<br />
Mitteleuropa und dem wachsenden Markt für die Modernisierung<br />
bestehender Anlagen in diesen Regionen [4]. Um<br />
der zunehmenden Bedeutung von Modernisierungsprojekten<br />
automatisierter industrieller Produktionsanlagen<br />
gerecht zu werden, gilt es, Methoden, Modelle und Werkzeuge<br />
zu entwickeln, die den speziellen Herausforderungen<br />
dieser Modernisierungsprojekte gewachsen sind und<br />
eine durchgängige Modellunterstützung ermöglichen.<br />
1. Besonderheiten von<br />
Modernisierungsprojekten<br />
Modernisierungsprojekte für automatisierte industrielle<br />
Produktionsanlagen unterscheiden sich in zwei wesentlichen<br />
Aspekten von den Greenfield-Projekten. Zum einen<br />
müssen die Planungsingenieure bereits in der Angebotsphase<br />
eines Modernisierungsprojektes prognostizieren,<br />
welche Auswirkungen die einzelnen Veränderungen an<br />
der bestehenden Automatisierungslösung auf die Gesamtfunktionalität<br />
der Anlage haben – was eine Aufnahme<br />
des Ist-Zustandes der zu modernisierenden Anlage voraussetzt.<br />
Zum anderen werden die Planungsingenieure<br />
bei der Aufnahme des Ist-Zustandes der zu modernisierenden<br />
Anlage mit einer Vielzahl heterogener, über Jahre<br />
hinweg gewachsener Planungsdokumente konfrontiert.<br />
1.1 Heutige Vorgehensweise<br />
Die Herangehensweise ist dadurch gekennzeichnet, dass<br />
erfahrene Planungsingenieure eine Vielzahl heterogener<br />
Planungsdokumente auswerten, um daraus eine strukturierte<br />
Anlagenübersicht zu erstellen. Die Ergebnisse werden<br />
in der Regel mit Hilfe von Office-Werkzeugen, wie<br />
zum Beispiel Microsoft Excel, Microsoft Visio und ähnlichem<br />
erfasst. Auf dieser Grundlage wird ein Angebot<br />
für die Realisierung des Modernisierungsvorhabens erstellt.<br />
Werden bei dieser Aufwandsabschätzung funktionale<br />
Abhängigkeiten übersehen, können die daraus resultierenden<br />
Folgekosten eines einzelnen Projektes die Gewinne<br />
mehrerer erfolgreicher Modernisierungsprojekte<br />
egalisieren. Je komplexer das zu modernisierende Automatisierungssystem<br />
ist, desto wahrscheinlicher ist das<br />
Auftreten von Fehlern bei dieser Vorgehensweise.<br />
Wenn ein Angebot angenommen wird, werden die Erkenntnisse<br />
über den Ist-Zustand der Anlage und über die<br />
angestrebte Automatisierungslösung manuell in die für<br />
das Engineering von Neuanlangen-Projekten ausgelegte<br />
Werkzeuglandschaft übertragen.<br />
2. Durchgängige Modellunterstützung<br />
Sowohl Greenfield-Projekte als auch Anlagenmodernisierungsprojekte<br />
lassen sich in die in Bild 1 dargestellten<br />
Projektphasen strukturieren, wobei sich beide Projektarten<br />
in der Akquisitionsphase wesentlich unterscheiden.<br />
Für die Phasen Planung, Realisierung und Inbetriebnahme<br />
gibt es meist klar definierte Werkzeuge, Model-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
47
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
BILD 1: Projektbezogene<br />
Phasen [5]<br />
BILD 2: Modell<br />
der funktionalen<br />
Anlagenbeschreibung<br />
[8]<br />
le und Sichten, die in einem unternehmensspezifischen<br />
Vorgehensmodell strukturiert sind. Im Gegensatz dazu<br />
ist das Vorgehen in der Akquisitions- beziehungsweise<br />
Angebotsphase von Modernisierungsprojekten oft wenig<br />
strukturiert.<br />
Die Angebotsleiter sammeln und strukturieren in der<br />
Angebotsphase Informationen, um das Angebot daraus<br />
abzuleiten. Die dabei entstandene Dokumentation ist<br />
sozusagen das erste Modell der Anlage. Es wird im Folgenden<br />
Anlagengrobmodell genannt. Wird ein Angebot<br />
angenommen, beginnen die Ingenieure der Planungsphase<br />
ihrerseits damit, die für das Modernisieren der Automatisierungslösung<br />
benötigten Informationen zu sammeln<br />
und strukturieren, um sie in den verfügbaren CAE-<br />
Werkzeugen abzubilden. Auch dabei entsteht ein Modell<br />
der Anlage, welches im Folgenden als Engineering-Modell<br />
bezeichnet wird.<br />
Zwischen dem Anlagengrobmodell und dem Engineering-Modell<br />
besteht naturgemäß eine große inhaltliche<br />
Überlappung. Allerdings werden die Informationen<br />
im Engineering-Modell anders strukturiert und<br />
dargestellt, das heißt die Informationen aus dem Anlagengrobmodell<br />
können nicht 1:1 übernommen werden.<br />
Die fehlende Möglichkeit, Engineering-Daten<br />
werkzeugneutral, Workflow-begleitend und gewerkeübergreifend<br />
auszutauschen, führt dazu, dass Engineering-Daten<br />
mehrfach manuell konvertiert, übertragen<br />
und bearbeitet werden, was zu einem Mehraufwand<br />
und Zeit- und Qualitätsverlust führt [6].<br />
Um einerseits die Möglichkeiten für eine frühzeitige<br />
Werkzeugunterstützung in der Angebotsphase zu schaffen<br />
und andererseits den Übergang von der Angebotsphase<br />
in die Engineeringphase zu optimieren, gilt es, ein<br />
Modellierungskonzept für die Anlagengrobmodellierung<br />
in der Angebotsphase zu definieren und ein für den Datenaustausch<br />
mit den CAE-Werkzeugen der Engineeringphase<br />
geeignetes Beschreibungsmittel zu wählen. Ein<br />
modellbasierter Ansatz ermöglicht dabei:<br />
den Anlagen-Ist-Zustand in der Angebotsphase in<br />
Form eines formalisierten Anlagengrobmodells zu<br />
erfassen.<br />
das Risiko in der Angebotsphase mit Hilfe einer<br />
Werkzeug-Unterstützung zu minimieren.<br />
48<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
die Ergebnisse aus der Angebotsphase semi-automatisch<br />
in die Werkzeuge der Engineering-Phase zu<br />
übertragen.<br />
3. Funktionale Anlagenbeschreibung<br />
Da der technologische Prozess durch das Zusammenwirken<br />
von technologischen Ressourcen, Automatisierungsgeräten<br />
und Steuerungssoftware realisiert wird, erfordert<br />
das Re-Engineering komplexer Automatisierungssysteme<br />
eine ganzheitliche Betrachtung der Anlage. Anhand einer<br />
gewerkeübergreifend strukturierten Anlagenarchitektur<br />
können Fehler frühzeitig erkannt und Auswirkungen von<br />
Änderungen auf andere Gewerke sofort nachvollzogen<br />
werden, wodurch sich Folgekosten reduzieren lassen [7].<br />
Das in [8] vorgestellte Konzept der funktionalen Anlagenbeschreibung<br />
beschreibt eine Methodik, die das systematische<br />
Überführen der Informationen aus den heterogenen<br />
Planungsdokumenten in eine funktionale Anlagenbeschreibung<br />
ermöglicht. Weiterhin definiert es ein geeignetes<br />
Beschreibungsmodell für die Modellierung der<br />
funktionalen Zusammenhänge zwischen Prozess, technologischen<br />
Ressourcen, Automatisierungshardware und<br />
Steuerungssoftware. Dieses Beschreibungsmodell entspricht<br />
dem in Abschnitt 2 geforderten Modellierungskonzept<br />
und bildet einen Grundbaustein für das Konzept<br />
zur durchgängigen Modellunterstützung bei der Modernisierung<br />
komplexer Automatisierungssysteme.<br />
Das Beschreibungsmodell der funktionalen Anlagenbeschreibung<br />
sieht eine vierstufige Grobmodellierung der<br />
zu modernisierenden Anlage vor. Die erste Stufe beschreibt<br />
den technologischen Prozess in Anlehnung an<br />
die formalisierte Prozessbeschreibung [9], die zweite Stufe<br />
das Anlagenlayout (die technologischen Ressourcen),<br />
die dritte Stufe die Automatisierungsfunktionen (die Steuerungssoftware)<br />
und die vierte Stufe die Automatisierungsgeräte.<br />
Die einzelnen Elemente jeder Stufe werden<br />
mit Hilfe von Attributen und Schnittstellen spezifiziert,<br />
wobei auch den Schnittstellen Attribute zugeordnet werden<br />
können. Die funktionalen Zusammenhänge zwischen<br />
diesen Elementen werden durch die stufenübergreifende<br />
Verknüpfung ihrer Schnittstellen abgebildet. Dabei werden<br />
zwei Arten von Verknüpfungen unterschieden, zum<br />
einen die Kommunikationsbeziehungen und zum anderen<br />
die Wirkbeziehungen. Kommunikationsbeziehungen<br />
bestehen zwischen Schnittstellen, die Informationen miteinander<br />
austauschen, wie zum Beispiel dem digitalen<br />
Ausgang eines Sensors und dem zugehörigen digitalen<br />
Eingang einer Speicherprogrammierbaren Steuerung<br />
(SPS). Eine Wirkbeziehung besteht zum Beispiel zwischen<br />
einer Automatisierungsfunktion und der SPS, auf der diese<br />
Automatisierungsfunktion läuft, da sich die Leistungsfähigkeit<br />
der SPS auf die Performance der Automatisierungsfunktion<br />
auswirkt. Bild 2 verdeutlicht das Modell<br />
der funktionalen Anlagenbeschreibung.<br />
Detaillierte Informationen zur funktionalen Anlagenbeschreibung<br />
als Basis der Modernisierungsplanung<br />
können [8] entnommen werden.<br />
4. CAEX-basierte Aufnahme des<br />
Anlagen-Ist-Zustandes<br />
Bei den heute eingesetzten Office-Werkzeugen zur Aufnahme<br />
des Anlagen-Ist-Zustandes sind die Planungsingenieure<br />
an keine feste Syntax und Semantik gebunden.<br />
Diese Art der Beschreibung des Anlagen-Ist-Zustandes<br />
erschwert nicht nur die Softwareunterstützung in der<br />
Angebotsphase, sondern behindert auch die automatisierte<br />
Weiterverarbeitung der Ergebnisse aus der Angebotsphase<br />
in den darauffolgenden Projektphasen. Diese beiden<br />
Nachteile sollten durch die Wahl eines geeigneten Beschreibungsmittels<br />
für die funktionale Anlagenbeschreibung<br />
beseitigt werden. Des Weiteren führt die wachsende<br />
Vielfalt phasenspezifischer Werkzeuge und die damit verbundene<br />
Zunahme möglicher Schnittstellenkombinationen<br />
zur Notwendigkeit der Standardisierung von Datenformaten<br />
[10]. Daher sollte das Beschreibungsmittel für<br />
die funktionale Anlagenbeschreibung auch diesem Aspekt<br />
gerecht werden. Um optimale Voraussetzungen für<br />
die Softwareunterstützung in der Angebotsphase zu<br />
schaffen, muss das Beschreibungsmittel zusätzlich die<br />
computergestützte Interpretierbarkeit der Objekte und<br />
Strukturen des Anlagenmodells gewährleisten.<br />
Die zuvor geschilderten Anforderungen erfüllt das Beschreibungsmittel<br />
Computer Aided Engineering Exchange<br />
(CAEX), welches sich bereits in verschiedenen<br />
Domänen der Automatisierungstechnik, wie zum Beispiel<br />
der Prozess-, Fertigungs- und Gebäudeautomatisierung<br />
[11], [12] bewährt hat. Detaillierte Informationen zu<br />
CAEX können [13] entnommen werden.<br />
4.1 Abbilden der funktionalen<br />
Anlagenbeschreibung auf CAEX<br />
Jedes Element der funktionalen Anlagenbeschreibung<br />
wird in CAEX durch ein Internal Element repräsentiert.<br />
Diesem Internal Element können sowohl Schnittstellen<br />
und Attribute als auch Rollen-Klassen zugewiesen werden.<br />
Da jedem Internal Element wiederum Internal Elements<br />
als Kind-Elemente zugeordnet werden können,<br />
besteht die Möglichkeit der Dekomposition. Dadurch<br />
kann die Granulierung des Anlagengrobmodells im fortschreitenden<br />
Projektverlauf beliebig verfeinert werden.<br />
Bild 3 veranschaulicht die Möglichkeit der Dekomposition<br />
am Beispiel des CAEX-Modells eines Walzgerüstes,<br />
welches mit Hilfe der Software AutomationML Editor<br />
[14] erstellt wurde.<br />
Die Wirk- und Kommunikationsbeziehungen zwischen<br />
den Elementen der funktionalen Anlagenbeschreibung<br />
bildet CAEX in Form von Internal Links zwischen den<br />
Interfaces der zugehörigen Internal Elements ab. Da<br />
CAEX das Konzept der Bibliotheken unterstützt, besteht<br />
bei der Aufnahme des Anlagen-Ist-Zustandes die Möglichkeit,<br />
Werkzeuge zu nutzen, die eine effiziente Modellierung<br />
per drag and drop unterstützen. Bild 4 zeigt<br />
exemplarisch für die Modellierung von CAEX-Bibliotheken<br />
eine Schnittstellenbibliothek, die mit Hilfe des Au-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
49
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
tomationML Editors erstellt wurde. In der unteren rechten<br />
Ecke von Bild 4 sind die Attribute dargestellt, die der<br />
Schnittstellen-Klasse OPC-Tag zugeordnet wurden.<br />
5. Softwareunterstützung in<br />
der Angebotsphase<br />
BILD 3: CAEX-Modell eines Walzgerüstes<br />
BILD 4: CAEX-Schnittstellenbibliothek<br />
Erfolgt die Aufnahme des Anlagen-Ist-Zustandes CAEXbasiert<br />
auf der Grundlage des in Abschnitt 3 vorgestellten<br />
Modellierungskonzeptes, so ergibt sich daraus ein computerinterpretierbares<br />
Anlagengrobmodell, welches zahlreiche<br />
Ansatzpunkte für eine frühzeitige Softwareunterstützung<br />
bietet. Das daraus resultierende Optimierungspotenzial<br />
wurde im Rahmen einer Fallstudie zur Risikominimierung<br />
bei der Modernisierungsplanung für die<br />
Automatisierungslösung von Warmbandwalzwerken untersucht.<br />
Dabei wurden zwei typische Fehlerquellen betrachtet.<br />
Zum einen sollten Inkonsistenzen und Lücken<br />
im aufgenommenen Anlagengrobmodell softwaregestützt<br />
identifiziert werden, um eine fundierte Grundlage für die<br />
Modernisierungsplanung zu schaffen. Zum anderen sollte<br />
das Fehlerpotenzial bei der Aufwandsabschätzung der<br />
notwendigen Soft- und Hardwareanpassungen durch eine<br />
modellgestützte Auswertung der Auswirkungen von Veränderungen<br />
der bestehenden Automatisierungslösung<br />
minimiert werden.<br />
Im ersten Schritt der Fallstudie erfolgte die Grobmodellierung<br />
der Fertigstraße eines Warmbandwalzwerkes<br />
mit Hilfe des zuvor beschriebenen Ansatzes.<br />
Im nächsten Schritt wurde ein Softwareprototyp zur<br />
Analyse dieses CAEX-basierten Anlagenmodells entwickelt.<br />
Als wesentliches Kernelement der softwaretechnischen<br />
Realisierung fand dabei die Language Integrated<br />
Query (LINQ) Architektur Anwendung. Als Bestandteil<br />
des Microsoft .NET Framework ist LINQ eine Abfragesprache<br />
für verschiedene Datenquellen, wie Datenbanken,<br />
XML-Dokumente und Excel-Dateien, die ein effizientes<br />
Handling XML-basierter Datenaustauschformate ermöglicht<br />
[15]. Mit Hilfe dieser Technologie wurden regelbasierte<br />
Abfragen zur Konsistenzprüfung im Anlagengrobmodell<br />
implementiert. Die folgenden zwei Regeln verdeutlichen<br />
diesen Ansatz:<br />
Wenn eine Kommunikationsbeziehung zwischen zwei<br />
Schnittstellen vom Typ Bus Interface besteht,<br />
dann müssen deren Attribute Bus Protokoll identische<br />
Werte besitzen.<br />
Wenn zwischen zwei Automatisierungsfunktionen,<br />
die nicht auf der gleichen SPS laufen, eine Wirkbeziehung<br />
besteht,<br />
dann muss auch zwischen den zugehörigen SPS eine<br />
Kommunikationsbeziehung bestehen.<br />
BILD 5: Softwaregestütztes Aufstellen der<br />
Mengengerüste<br />
Die erste Regel dient der Identifikation einer inkonsistenten<br />
Kommunikationsbeziehung und die zweite Regel der<br />
Identifikation einer logischen Inkonsistenz. Zur Identifikation<br />
von Lücken im Anlagengrobmodell wurden Abfragen<br />
implementiert, die ungenutzte Schnittstellen und<br />
nicht befüllte Schlüsselattribute herausfiltern. Durch die<br />
softwaretechnische Umsetzung dieses Konzeptes konnte<br />
die Grundlage für ein automatisiertes Identifizieren von<br />
50<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Lücken und Inkonsistenzen im aufgenommenen Anlagen-<br />
Ist-Zustand geschaffen werden.<br />
Basierend auf der gleichen Technologie wurde der Softwareprototyp<br />
im dritten Teil der Fallstudie dahingehend<br />
erweitert, dass eine quantitative Darstellung der Auswirkungen<br />
von Veränderungen an der Automatisierungslösung<br />
im Anlagengrobmodell möglich ist. Die dazu realisierte<br />
Umsetzung basiert auf einem vergleichenden Ansatz,<br />
bei dem der aufgenommene Anlagen-Ist-Zustand mit<br />
einem Anlagenmodell verglichen wird, in dem die zu<br />
modernisierenden Elemente der Automatisierungslösung<br />
entfernt wurden. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Auswirkungen<br />
verschiedener Modernisierungsstrategien miteinander<br />
zu vergleichen. Sobald die im Rahmen der Modernisierungsmaßnahme<br />
zu ersetzenden Komponenten<br />
aus dem Anlagengrobmodell entfernt werden, ändert sich<br />
nicht nur die Anzahl der Elemente im Anlagenmodell,<br />
wie Schnittstellen, Sensoren und Steuerschränke, sondern<br />
es werden auch bestehende Wirk- und Kommunikationsbeziehungen<br />
unterbrochen. Durch den Vergleich der<br />
Mengengerüste des ursprünglich aufgenommenen Anlagen-Ist-Zustandes<br />
und des geänderten Anlagenmodells<br />
werden die (quantitativen) Auswirkungen der geplanten<br />
Veränderungen deutlich (siehe Bild 5).<br />
Der in Bild 5 dargestellte Screenshot zeigt die mit Hilfe<br />
des Softwareprototypen generierte Gegenüberstellung<br />
der Mengengerüste zweier verschiedener Anlagenmodelle.<br />
Dabei ist in der linken Hälfte das Mengengerüst des<br />
ursprünglichen Anlagen-Ist-Zustandes abgebildet und<br />
in der rechten Hälfte das des veränderten Anlagenmodells.<br />
Die Gegenüberstellung der Mengengerüste untergliedert<br />
sich in einen Überblick zur Automatisierungshardware<br />
und einen Überblick zur Anzahl der Schnittstellen<br />
und Verknüpfungen im Anlagenmodell. Die im<br />
oberen Bereich platzierte Auflistung der Automatisierungshardware<br />
verdeutlicht in vergleichender Betrachtung,<br />
wie viele automatisierungstechnische Ressourcen<br />
von der Modernisierungsmaßnahme betroffen sind. Bei<br />
vergleichender Betrachtung der in Bild 5 gegenübergestellten<br />
Auflistungen der Automatisierungshardware<br />
fällt auf, dass sich die Anzahl der SPS von sieben auf<br />
sechs und die Anzahl der Sensoren von drei auf zwei<br />
reduziert hat.<br />
Ein Vergleich der im unteren Bereich von Bild 5 dargestellten<br />
Auflistungen zeigt, wie sich diese Änderung<br />
auf die Anzahl der Schnittstellen und Verknüpfungen<br />
im Anlagenmodell auswirkt. Dazu wird die Summe der<br />
Schnittstellen im Anlagenmodell aufgelistet und in die<br />
Referenzen<br />
[1] Siemens AG – Industry Automation: White Paper: Effizienzsteigerung<br />
im Anlagen-Engineering, Karlsruhe, 2010.<br />
Verfügbar unter: http://www.automation.siemens.com/w2/<br />
efiles/pcs7/support/marktstudien/Whitepaper_Anlagenengineering_v5.pdf",<br />
letzter Abruf am 25.02.2011<br />
[2] T. Wagner, U. Löwen: Modellierung: Grundlage für<br />
integriertes Engineering, Tagungsband „Automation 2010“,<br />
Baden-Baden, 2010<br />
[3] M. Amberg, T. Holm, B. Bartosch, T. Tetzner: Benefits of<br />
Mechatronic Modelling assocciated with Plant Lifecyle<br />
Phases: - A Literature Pre-Study, Proceedings of the 12th<br />
International Business Information Management Conference<br />
(IBIMA2009), Kuala Lumpur, Malaysia, 2009<br />
[4] U. Löwen, R. Achatz: Industrieautomation, Buchbeitrag in<br />
„Liggesmeyer, P., Rombach, D.: Software Engineering<br />
eingebetteter Systeme – Grundlagen - Methodik - Anwendungen,<br />
Spektrum Akademischer Verlag, 2005.<br />
[5] Verein Deutscher Ingenieure – Verband der Elektrotechnik,<br />
Elektronik und Informationstechnik: Richtlinie VDI/VDE<br />
3695 Blatt 1: Engineering von Anlagen – Evaluieren und<br />
Optimieren des Engineerings – Grundlagen und Vorgehensweisen,<br />
Beuth Verlag Berlin, 2010<br />
[6] K. Güttel, A. Fay: Beschreibung von fertigungstechnischen<br />
Anlagen mittels CAEX, Automatisierungstechnische Praxis<br />
(<strong>atp</strong>), Heft 5/2008, Oldenbourg-Industrieverlag<br />
[7] Verein Deutscher Ingenieure – Verband der Elektrotechnik,<br />
Elektronik und Informationstechnik: Richtlinie VDI/VDE<br />
3695 Blatt 3: Engineering von Anlagen – Evaluieren und<br />
Optimieren des Engineerings – Themenfeld Methoden,<br />
Beuth Verlag Berlin, 2010<br />
[8] M. Strube, A. Fay, S. Truchat, H. Figalist: Funktionale<br />
Anlagenbeschreibung als Basis der Modernisierungsplanung,<br />
Tagungsband „Automation 2010“, Baden-Baden, 2010<br />
[9] Verein Deutscher Ingenieure – Verband der Elektrotechnik,<br />
Elektronik und Informationstechnik: Richtlinie VDI/VDE<br />
3682: Formalisierte Prozessbeschreibung, Beuth Verlag<br />
Berlin, 2005<br />
[10] R. Drath: Die Zukunft des Engineering – Herausforderungen<br />
an das Engineering von fertigungs- und verfahrenstechnischen<br />
Anlagen, Tagungsband Karlsruher Leittechnisches<br />
Kolloquium (KLK), Karlsruhe, 2010<br />
[11] M. Ebel, R. Drath, O. Sauer: Automatische Projektierung<br />
eines Produktionsleitsystems der Fertigungstechnik mit<br />
Hilfe des Datenaustauschformates CAEX, Automatisierungstechnische<br />
Praxis (<strong>atp</strong>) 5/2008<br />
[12] T. Schmidberger, A. Fay, R. Drath: Automatische Erstellung<br />
von Verriegelungssteuerungen auf der Basis von Anlagenstruktur-Informationen,<br />
GMA-Kongress 2005, Baden-<br />
Baden, 2005<br />
[13] DIN EN 62424: Darstellung von Aufgaben der Prozessleittechnik<br />
– Fließbilder und Datenaustausch zwischen<br />
EDV-Werkzeugen zur Fließbilderstellung und CAE-Systemen<br />
(IEC 62424:2008); Deutsche Fassung EN 62424:2009,<br />
Beuth Verlag, Berlin, 2010<br />
[14] The AutomationML association, www.automationml.org,<br />
letzter Abruf am 25.03.2011<br />
[15] M. Barth, A. Fay: Efficient use of data exchange formats in<br />
engineering projects by means of language integrated<br />
queries: Engineers LINQ to XML. Tagungsband "IEEE IECON<br />
2010”, Glendale, Arizona, USA, 2010<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
51
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
Autoren<br />
Dipl.-Ing. Martin Strube (geb. 1981) ist als Rüstungsoffizier<br />
im Logistikamt der Bundeswehr tätig und<br />
beschäftigt sich seit 2008 im Rahmen seiner berufsbegleitenden<br />
Promotion mit der funktionalen Beschreibung<br />
von Produktionsanlagen.<br />
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr<br />
Hamburg, Institut für Automatisierungstechnik,<br />
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,<br />
Tel. +049 (0) 40 65 41 22 54, E-Mail: martin.strube@hsu-hh.de<br />
Prof. Dr.-Ing. Alexander Fay (geb. 1970) leitet das<br />
Institut für Automatisierungstechnik der Helmut-<br />
Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr<br />
Hamburg.<br />
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr<br />
Hamburg, Institut für Automatisierungstechnik,<br />
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,<br />
Tel. +49 (0) 40 65 41 27 19, E-Mail: alexander.fay@hsu-hh.de.<br />
Dr.-Ing. Sébastien Truchat (geb. 1973) ist Consultant<br />
für Systems Engineering bei der Siemens AG, Corporate<br />
Research and Technologies, Technical Consulting, CT T<br />
DE TC4. Tätigkeitsschwerpunkte: Mitarbeit in und<br />
Projektleitung von Consulting Projekten zur Modellierung<br />
und Automatisierung industrieller Anlagen.<br />
Siemens AG, Corporate Technology,<br />
San-Carlos-Str. 7, D-91058 Erlangen,<br />
Tel. +49 (0) 9131 7316 96,<br />
E-Mail: sebastien.truchat@siemens.com<br />
Dr. rer. nat. Helmut Figalist (geb. 1959) war jahrelang<br />
als Projekteur und Projektleiter in verschiedenen<br />
industriellen Branchen tätig. Sein besonderes Interesse<br />
galt stets der Verbesserung des Engineeringsprozesses.<br />
Neben dem Engineering von Prozessleitsystemen<br />
beschäftigte er sich vor allem mit der Zusammenarbeit<br />
der Gewerke im Anlagenengineering. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte<br />
waren die Standardisierung von Automationslösungen<br />
und Plattformen insbesondere auch die<br />
branchenubergreifende Benutzung von Lösungskernen.<br />
Heute ist er als Principal Automation bei Siemens Metals<br />
Technology verantwortlich für die Entwicklung im<br />
Bereich Automation.<br />
Anzahl der Wirk- beziehungsweise Kommunikationsschnittstellen<br />
untergliedert. Die Veränderung der Anzahl<br />
unterbrochener Wirk- und Kommunikationsbeziehungen<br />
wird durch die Differenz inkonsistenter Links<br />
deutlich. Die Auflistung der inkonsistenten Links wird<br />
ergänzt um die Information, wie viele dieser Verknüpfungen<br />
sich in der „Grenzschicht“ des Anlagenmodells<br />
befinden. In der „Grenzschicht“ liegen alle funktionalen<br />
Verknüpfungen, von denen nur ein Verknüpfungspartner<br />
bei der Modernisierungsplanung ersetzt wird.<br />
Diese Information ist für die Planungsingenieure von<br />
besonderer Bedeutung, da sie veranschaulicht, wie viele<br />
der verbleibenden Komponenten direkt von der Modernisierungsmaßnahme<br />
betroffen sind, wodurch sie<br />
ein wesentliches Indiz für den zu erwartenden Integrationsaufwand<br />
darstellt.<br />
Durch die softwaretechnische Gegenüberstellung der<br />
Mengengerüste verschiedener Anlagenmodelle entsteht<br />
für die Planungsingenieure die Möglichkeit, die Auswirkungen<br />
von Veränderungen der bestehenden Automatisierungslösung<br />
zu simulieren und auch unterschiedliche<br />
Modernisierungsszenarien miteinander zu<br />
vergleichen.<br />
Neben der in Bild 5 dargestellten Grobübersicht der<br />
Mengengerüste bietet der Softwareprototyp auch ein Fehlerprotokoll,<br />
dem die detaillierten Analyseergebnisse zu<br />
entnehmen sind und eine Editor-Funktionalität, um erkannte<br />
Inkonsistenzen oder Lücken zu bearbeiten.<br />
Zusammenfassung und Ausblick<br />
Basierend auf einem Konzept für die funktionale Beschreibung<br />
automatisierter industrieller Produktionsanlagen<br />
wurde gezeigt, wie sich der Ist-Zustand einer zu<br />
modernisierenden Anlage mit Hilfe von CAEX modellieren<br />
lässt. Auf dieser Grundlage wurde eine Fallstudie<br />
durchgeführt. Die im Rahmen dieser Fallstudie erzielten<br />
Ergebnisse konnten das Potenzial einer frühzeitigen Modellunterstützung<br />
zur Risikominimierung in der Angebotsphase<br />
von Modernisierungsprojekten für Automatisierungslösungen<br />
verdeutlichen.<br />
Manuskripteingang<br />
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Tel. +49 (0) 9131 74 29 12 ,<br />
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52<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
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Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<br />
<strong>Kooperation</strong><br />
Humansicherheit im robotergestützten Assistenzsystem<br />
Die Entwicklung eines Mehrroboter-Assistenzsystems zur Reduzierung arbeitsintensiver<br />
manueller Handhabungsaufgaben von schweren und sperrigen Schweißbaugruppen beschreibt<br />
dieser Beitrag. Im Mittelpunkt stehen die sichere und ergonomische <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong><br />
im gemeinsamen Arbeitsraum und die technischen Möglichkeiten zur<br />
Gewährleistung der Arbeitssicherheit. Die vorgestellten Forschungsarbeiten sind Teil des<br />
Projektes „rorarob“ und werden an einem Demonstrator an der TU Dortmund validiert.<br />
SCHLAGWÖRTER <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong> / robotergestütztes Assistenzsystem /<br />
Sicherheitstechnik / Ergonomie<br />
Human-Robot-Interaction –<br />
Human Safety in a robot-based assistance system<br />
The paper discusses the development of a multi-robot assistance system to reduce labourintensive<br />
manual handling of heavy parts in welding processes. It focuses on a safe and<br />
ergonomic human-robot-interaction with overlapping workspaces and discusses technical<br />
means to ensure work safety. The research is part of the project "rorarob" and is supported<br />
by a demonstrator at TU Dortmund University. The paper will be presented at VDI Kongress<br />
Automation 2011 and printed in the proceedings.<br />
KEYWORDS Human-Robot-Interaction / robot-based assistance system /<br />
safety technology / ergonomics<br />
54<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Dipl.-Ing. Carsten Thomas, Prof. Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter,<br />
Dipl.-Ing. Felix Busch, Prof. Dr.-Ing. Jochen Deuse, TU Dortmund<br />
Schweißen stellt im Maschinen- und Anlagenbau<br />
aufgrund der geringen Stückzahlen bis hin zur<br />
Einzelteilfertigung einen arbeitsintensiven Produktionsprozess<br />
dar. Die Fertigung und Anpassung<br />
der schweren, nur schlecht handhabbaren<br />
und komplexen Rohr- und Rahmengeometrien erfolgt<br />
dabei häufig manuell sowie unter erheblichen körperlichen<br />
Belastungen für die Mitarbeiter. Neben der Schweißaufgabe<br />
muss der Mitarbeiter zusätzliche Aufgaben, wie<br />
das Handhaben und Ausrichten der Bauteile durchführen.<br />
Bei der Arbeit wird der Schweißer durch Restriktionen<br />
seitens der Bauteilgeometrie und der Arbeitsplatzgestaltung<br />
eingeschränkt. Deshalb sind belastende Arbeitssituationen<br />
wie das Schweißen über Kopf, kniende<br />
oder verdrehte Körperhaltungen häufig unvermeidbar.<br />
Die bei Unternehmen durchgeführten ergonomischen<br />
Analysen an manuellen Schweißarbeitsplätzen haben<br />
bestätigt, dass die körperliche Belastung im Vergleich zu<br />
anderen Tätigkeiten deutlich erhöht ist [4]. Neben der<br />
Belastung für den Mitarbeiter kann das Schweißen in<br />
Zwangslagen auch zu einer geringeren Schweißnahtqualität<br />
führen oder Nachbearbeitungen aufgrund nicht<br />
eingehaltener Toleranzvorgaben erfordern.<br />
Um die ergonomischen Bedingungen derartiger Arbeitssituationen<br />
zu verbessern und den Prozess zu optimieren,<br />
wird im Rahmen des Forschungsprojektes<br />
„rorarob“ ein <strong>Roboter</strong>assistenzsystems entwickelt, das<br />
in der Lage ist, in einer direkten <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Kollaboration<br />
Schweißaufgaben zu erfüllen [1], [2], [3]. Das<br />
robotergestützte Assistenzsystem soll dem Mitarbeiter<br />
die Bauteile in einer ergonomisch günstigen und korrekten<br />
Anordnung bereitstellen, sodass die Schweißnaht<br />
durch das Mehrrobotersystem an der Schweißposition<br />
bewegt wird.<br />
1. Stand der Technik<br />
Die Industrie benötigt neue automatisierte und flexible<br />
Produktionssysteme, die eine direkte Integration der<br />
menschlichen Arbeitskraft ermöglichen. Eine Vielzahl<br />
an Forschungsarbeiten befasst sich mit roboterbasierten<br />
Assistenzsystemen. Beispiele sind LISA [2], Assistor<br />
[3] oder <strong>Roboter</strong> für Montageaufgaben [4]. Diese Systeme<br />
wurden für geringe Gewichte und Kräfte sowie eine<br />
hohe Mobilität entwickelt. Im Projekt RAAS wurde ein<br />
<strong>Roboter</strong>arm konstruiert, der für die Positionierung von<br />
Schweißbaugruppen geeignet ist [5]. Der <strong>Roboter</strong> positioniert<br />
das Blech und der menschliche Bediener führt<br />
im Anschluss die Schweißaufgabe durch. Die DLR entwickelt<br />
einen Leichtbauroboter für eine direkte<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Interaktion mit einer menschähnlichen<br />
Armkinematik [6].<br />
Die wichtigste Voraussetzung für den Einsatz von Industrierobotern<br />
in überlappenden Arbeitsräumen ist,<br />
dass beide Partner in keinem Fall verletzt oder beschädigt<br />
werden können. Die aktuellen Normen DIN EN ISO 10218-<br />
1 [7] und der Normentwurf DIN EN ISO 10218-2 [8] ermöglichen<br />
erstmals solche Hybridsysteme.<br />
2. Optische Arbeitsraumüberwachung<br />
<strong>Roboter</strong> werden fast ausschließlich in vollautomatisierten<br />
Prozessen eingesetzt. Die schnellen Bewegungen der<br />
<strong>Roboter</strong> stellen für <strong>Mensch</strong>en ein hohes Gefährdungspotenzial<br />
dar, sodass <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong> räumlich getrennt<br />
werden. Durch eine geänderte Normungslage sowie<br />
technische Fortschritte wurden in den letzten Jahren<br />
Weiterentwicklungen zu einer direkten <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<br />
<strong>Kooperation</strong> (MRK) ermöglicht.<br />
Diese Kollaboration lässt sich in unterschiedlichen<br />
Modi ausführen. Entscheidende Kriterien sind die räumliche<br />
Trennung des gemeinsam von <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong><br />
genutzten Arbeitsraumes sowie die zeitliche Trennung<br />
( BILD 2). Nachfolgend werden die MRK-Modi beschrieben<br />
und verschiedenen Prozessschritten des robotergestützten<br />
Schweißassistenzsystems zugeordnet.<br />
Der MRK-Modus 2 ist sicherheitstechnisch ähnlich<br />
einer rein manuellen Fertigung (Modus 1). Im Modus 2<br />
ist ausschließlich der Mitarbeiter aktiv in den Prozess<br />
eingebunden. Das <strong>Roboter</strong>system hingegen ist zwar pro-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
55
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
grammtechnisch aktiv, wird aber in seiner Stillstandsposition<br />
überwacht. Dieser Modus wird zum Beispiel<br />
in der Prozessvorbereitung oder während des Befüllens<br />
der Bauteilbereitstellung genutzt.<br />
Eine direkte Kollaboration zwischen <strong>Mensch</strong> und<br />
<strong>Roboter</strong> stellt der Modus 3 dar. Zeitgleich und ohne<br />
räumliche Trennung arbeiten <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong> zusammen.<br />
In diesem Modus darf die kontrollierte Geschwindigkeit<br />
des <strong>Roboter</strong>s maximal 250 mm/s betragen.<br />
Es muss sichergestellt sein, dass auch seitens der<br />
bewegten Bauteile keine Gefahr für den <strong>Mensch</strong>en besteht,<br />
zudem muss der Mitarbeiter vor Scher- und<br />
Quetschstellen geschützt werden. Im Rahmen des robotergestützten<br />
Assistenzsystems wird dieser Modus<br />
während den wertschöpfenden Prozessschritten des<br />
Schweißens verwendet.<br />
Eine weitere Möglichkeit der zeitgleichen Arbeit von<br />
<strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong> im Arbeitsraum ist der Modus 4.<br />
Im Gegensatz zum Modus 3 arbeiten beide in separierten<br />
Bereichen des von beiden Komponenten erreichbaren,<br />
aber sicherheitstechnisch unterteilten Arbeitsraums.<br />
Mögliche Prozesssituationen sind Arbeitsvorbereitungen<br />
seitens des Schweißers, wie das Reinigen des Brenners<br />
oder das Anlegen seiner Schutzausrüstung, während das<br />
<strong>Roboter</strong>system weitere Bauteile mit hohen Geschwindigkeiten<br />
dem Prozess zuführt. Hierbei kann der Arbeitsraum<br />
des <strong>Roboter</strong>s steuerungstechnisch reduziert werden.<br />
Das Trennen der Arbeitsräume kann auch während<br />
des Schweißprozesses erforderlich sein. Insbesondere<br />
bei großen und komplexen Bauteilgeometrien sind beim<br />
Umorientieren hohe Geschwindigkeiten und Verfahrwege<br />
erforderlich, um die statische Schweißposition zu<br />
ermöglichen (vergleiche Abschnitt 4).<br />
Im Modus 5 ist ausschließlich das <strong>Roboter</strong>system aktiv.<br />
Würde sich der Mitarbeiter den sich schnell bewegenden<br />
<strong>Roboter</strong>n nähern, wird dies im ersten Schritt<br />
dem Mitarbeiter signalisiert und das System verlangsamt.<br />
Nähert sich der Mitarbeiter dem <strong>Roboter</strong> noch<br />
weiter, werden alle bewegten Anlagenkomponenten<br />
gestoppt.<br />
BILD 1:<br />
Manuelles Schweißen<br />
von Rohr- und<br />
Rahmenkons truktionen<br />
BILD 2:<br />
Betriebsmodi für<br />
die <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<br />
<strong>Kooperation</strong> (MRK)<br />
56<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
3. Sicherheitskonzept<br />
Zur Handhabung von Rohr- und Rahmenkonstruktionen<br />
in Schweißanwendungen sind <strong>Roboter</strong> mit hohen<br />
Traglasten und Reichweiten erforderlich. Große <strong>Roboter</strong><br />
weisen hohe bewegte Massen und Geschwindigkeiten<br />
auf und sind so durch die hohe kinetische Energie ein<br />
großes Gefahrenpotenzial für <strong>Mensch</strong>en. Folglich ist<br />
das Assistenzsystem so zu gestalten, dass eine Kollision<br />
zwischen <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong> zu jedem Prozessschritt<br />
ausgeschlossen werden kann.<br />
Um den Arbeitsraum in einer von <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong><br />
zeitparallel genutzten Schweißzelle abzusichern und so<br />
eine direkte <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Kollaboration zum Schweißen<br />
von Rohr- und Rahmenkonstruktionen zu ermöglichen,<br />
wird mit Partnern der Industrie an der TU Dortmund<br />
ein Konzept zur optischen Überwachung des<br />
Arbeitsraums erprobt. Der Arbeitsraum wird im Projekt<br />
mit dem Safety Eye realisiert, dessen Sicherheits-SPS im<br />
Falle einer Warn- oder Schutzraumverletzung digitale<br />
Signale ausgibt. Diese Signale werden genutzt, um Überwachungsfunktionen<br />
der sicheren <strong>Roboter</strong>steuerung zu<br />
aktivieren oder einen Einfluss auf das Programm des<br />
<strong>Roboter</strong>s zu nehmen, wie zum Beispiel die Reduktion<br />
der Bewegungsgeschwindigkeit oder das Stoppen des<br />
Assistenzsystems. Die <strong>Roboter</strong>steuerung kann auch die<br />
Konfiguration des Safety Eyes umschalten.<br />
Im folgenden Absatz werden im Projekt verwendete<br />
Layoutvarianten für eine sichere <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong><br />
dargestellt und anhand der in BILD 2 beschriebenen<br />
Modi 3 und 4 erläutert.<br />
BILD 3 zeigt im linken Teil die Draufsicht auf den<br />
realen Demonstrator. Die Handhabungsroboter bewegen<br />
sich zur Bauteilbereitstellung, um dort die ersten<br />
beiden Bauteile der zu schweißenden Baugruppe aufzunehmen.<br />
Da sich die <strong>Roboter</strong> in diesem Modus mit<br />
normaler Geschwindigkeit bewegen, muss sichergestellt<br />
sein, dass sich kein <strong>Mensch</strong> im zulässigen Bewegungsraum<br />
des <strong>Roboter</strong>s aufhält. Nachdem der Mitarbeiter<br />
außerhalb der Raumanordnung seine Position<br />
BILD 3:<br />
Abbildung des<br />
Demonstrators und<br />
Konfiguration des<br />
Safety Eyes einer<br />
räumlich getrennten<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<br />
<strong>Kooperation</strong><br />
(Modus 4)<br />
BILD 4:<br />
Abbildung des<br />
Demonstrators und<br />
Konfiguration des<br />
Safety Eyes in einer<br />
direkten <strong>Mensch</strong>-<br />
<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong><br />
(Modus 3)<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
57
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
quittiert hat, wird die in BILD 3 rechts dargestellte<br />
Konfiguration des Safety Eyes aktiviert. Dies wird<br />
durch das sichere Sensorsystem Safety Eye (Kameraeinheit<br />
oben mittig in BILD 3 links) sichergestellt, das<br />
sich an den schwarz-weißen Kreisen referenziert. Im<br />
rechten Bild ist aus der identischen Perspektive die<br />
gleiche Momentaufnahme des Prozesses aus Sicht des<br />
Safety Eyes dargestellt. Zusätzlich zur Position der <strong>Roboter</strong><br />
sind die Warn- und Schutzräume zu sehen. Der<br />
in der Abbildung unten rechts zu sehende Mitarbeiter<br />
hat die Möglichkeit, prozessvorbereitende Tätigkeiten,<br />
wie das Einstellen der Schweißparameter, Anlegen der<br />
persönlichen Schutzausrüstung oder Reinigen seines<br />
Brenners, durchzuführen, während die <strong>Roboter</strong> die<br />
Bauteile in die Schweißposition bringen.<br />
Eine direkte <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong>, in welcher<br />
der Schweißer und das <strong>Roboter</strong>assistenzsystem<br />
ohne räumliche Trennung zusammenarbeiten, ist in<br />
Bild 4 dargestellt und vergleichbar mit dem Modus 3.<br />
Die Konfiguration des Safety Eyes zeigt der rechte Teil<br />
der Abbildung, wobei sich der Mitarbeiter innerhalb<br />
einer virtuellen Arbeitsraumtrennung befindet. Diese<br />
Konfiguration ist dann erforderlich, wenn weitere,<br />
nicht in das Assistenzsystem eingewiesene, Mitarbeiter<br />
den Arbeitsbereich betreten könnten. Da sich die<br />
<strong>Roboter</strong> während der <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong> im<br />
Modus 3 nur mit einer geringen Geschwindigkeit bewegen<br />
dürfen, kann die Konfiguration der Warn- und<br />
Schutzräume mit geringerer Breite erfolgen. Im Bereich<br />
vor der Bauteilbereitstellung ist zudem ein<br />
Schutzraum definiert. Dieser ist zum Schutz des Prozesses<br />
vor dem Mitarbeiter, damit dieser nicht selbstständig<br />
Bauteile aus der Bereitstellung nimmt. Dies<br />
würde nicht nur den vorgeplanten Prozess behindern,<br />
sondern stellt auch im Falle eines schweißtechnischen<br />
Verbindens mit der Baugruppe eine Kollisionsgefahr<br />
im Prozess dar.<br />
Das robotergestützte Assistenzsystem ermöglicht dem<br />
Schweißer eine ergonomisch günstige, statische<br />
Schweißposition, sodass sich der Mitarbeiter auf die<br />
Schweißaufgabe konzentrieren kann. Die Bewegung der<br />
Schweißnaht entlang der Fügestelle wird durch das<br />
<strong>Roboter</strong>system realisiert. Um mit der DIN EN ISO 10218-<br />
2 konform zu sein, dürfen die Bewegungen der <strong>Roboter</strong><br />
nicht schneller als 250 mm/s sein. Diese Geschwindigkeit<br />
ist für die Bewegung der Schweißstelle mehr als<br />
ausreichend, wenn zum Beispiel Rohrabschnitte orbital<br />
miteinander verschweißt werden. Schweißprozesse wie<br />
diese sind konform mit der Richtlinie, da sich die <strong>Roboter</strong>achsen<br />
nur langsam bewegen oder stillstehen.<br />
Beim Umorientieren der zum Teil großen und komplexen<br />
Baugruppen können jedoch deutlich höhere Geschwindigkeiten<br />
erforderlich sein, wenn zum Beispiel<br />
die Ausrichtung der <strong>Roboter</strong>flansche nicht fluchtend<br />
ist. Derartige Situationen stellen zwar keine Gefährdung<br />
für den Mitarbeiter dar, wenn der Abstand zwischen<br />
dem Schweißer und den sich bewegenden Teilen<br />
groß genug ist, werden von der Norm jedoch nicht berücksichtigt.<br />
Auf der anderen Seite können auch Prozessschritte<br />
mit einer <strong>Roboter</strong>geschwindigkeit<br />
< 250 mm/s ein Gefährdungspotenzial bieten, wenn<br />
große Bauteile umorientiert werden. Die Erkennung der<br />
Gefahrenstellen muss bereits während der Offline-Programmierung<br />
erfolgen.<br />
Sind bei einer konstanten Bewegung der Schweißnaht<br />
höhere Geschwindigkeiten der <strong>Roboter</strong> erforderlich,<br />
gibt es zwei Ausweichstrategien beabsichtigt:<br />
Die Bewegungsgeschwindigkeit der Schweißnaht<br />
wird reduziert. Der Schweißer muss sich durch eine<br />
Reduktion der Schweißgeschwindigkeit oder durch ein<br />
Bewegen der Schweißpistole entlang der Schweißnaht<br />
anpassen. Das System verbleibt im Modus 3.<br />
Um den Mitarbeiter vor erhöhten Geschwindigkeiten<br />
der <strong>Roboter</strong> während der Umorientierung zu schützen,<br />
tritt der Mitarbeiter aus dem Arbeitsbereich des <strong>Roboter</strong>s<br />
zurück und quittiert dies. Die Sicherheitskonfiguration<br />
des Systems wechselt in den Modus 4 mit einer<br />
räumlich getrennten <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong>, sodass<br />
die Umorientierung der teilgeschweißten Baugruppe<br />
erfolgen kann, ohne dass der Mitarbeiter im Gefahrenbereich<br />
ist.<br />
Neben dem Schutz vor schnellen Bewegungen des<br />
<strong>Roboter</strong>systems muss der Mitarbeiter vor Scher- und<br />
Quetschstellen geschützt werden. Diese können zwischen<br />
Armteilen der <strong>Roboter</strong>kinematik oder zwischen<br />
zwei gegriffenen Bauteilen auftreten. Nach Möglichkeit<br />
sollen Scher- und Quetschstellen im Prozess bereits<br />
während der Planungsphase im Offline-Programmiersystem<br />
vermieden werden. In Rahmen des Projektes<br />
rorarob ist geplant, die zu schweißenden Bauteile<br />
durch die Handhabungsroboter in eine Vorposition<br />
nahe der statischen Schweißposition zu bringen. Die<br />
exakte Positionierung soll dann durch den Mitarbeiter<br />
über eine anwenderfreundliche <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<br />
Schnittstelle erfolgen. Dies ist notwendig, um bauteilbedingte<br />
oder prozessbedingte Toleranzen auszugleichen.<br />
Insbesondere während dieser Phase besteht eine<br />
erhöhte Quetschgefahr zwischen den Bauteilen. Um<br />
zu verhindern, dass sich während des Ausrichtens<br />
Extremitäten des Mitarbeiters (z. B. Finger, Hand oder<br />
Arm) im Gefahrenbereich befinden, muss in dieser<br />
Phase eine sichere Position der Extremitäten sicher<br />
gestellt sein. Technisch ist die Nutzung von Zustimmschaltern<br />
vorgesehen.<br />
4. Prospektive Planung durch Offlinesimulation<br />
Für die Planung und Programmierung von automatisierten<br />
Systemen, wie <strong>Roboter</strong>zellen, ist Software zur Offline-<br />
Programmierung und Simulation der Anlagen weit verbreitet.<br />
Um nun hybride Systeme mit einer direkten <strong>Kooperation</strong><br />
zwischen <strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong> in einer solchen<br />
Simulationsumgebung abbilden zu können, muss diese<br />
um ein digitales <strong>Mensch</strong>modell erweitert werden. Erst<br />
dies ermöglicht es dem Anwender, eine Simulation des<br />
gesamten Systems, einschließlich der menschlichen Kinematik,<br />
durchzuführen, um Kollisionsgefahren und<br />
weitere ergonomische Aspekte, wie belastende Körperhaltungen<br />
des Mitarbeiters, zu analysieren und zu bewerten.<br />
Die im beschriebenen Projekt verwendete Offline-Programmiersoftware<br />
ist Famos, entwickelt von Carat Ro-<br />
58<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
BILD 5: Visualisierung der hybriden <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Zelle in Famos<br />
BILD 6: Gelenkpunkte des implementierten <strong>Mensch</strong>modells (A) / Beispiel für einen OWAS-Haltungscode (B)<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
59
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
botic Innovation GmbH (www.carat-robotic.de). Bisher<br />
ist diese Software in der Lage, <strong>Roboter</strong>-Anwendungen in<br />
einer virtuellen Arbeitsumgebung abzubilden und zu<br />
simulieren. Der innerhalb des Projektes verfolgte Ansatz<br />
ist, ein „Character Animation System“ (CAS) aus der Unterhaltungsindustrie<br />
zu verwenden, um ein bewegtes<br />
<strong>Mensch</strong>modell in die bestehende Lösung zu integrieren<br />
(BILD 5). In diesem Fall wird EmotionFX von MGD<br />
(www.mysticgd.com) verwendet, ein CAS welches für<br />
Videospiel-Anwendungen entwickelt wurde.<br />
Die Hauptaufgaben, die das <strong>Mensch</strong>modell in der<br />
Offline-Programmierung der hybriden <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Zelle<br />
übernehmen soll, sind die Vermeidung von<br />
Kollisionen und die Bewertung der ergonomischen<br />
Bedingungen während der Bewegungssequenz beziehungsweise<br />
der Bahnplanung. Um zu verhindern, dass<br />
der Mitarbeiter durch direkten Kontakt zwischen dem<br />
<strong>Roboter</strong> einem Verletzungsrisiko ausgesetzt wird, müssen<br />
in der Bahnplanung bereits prospektiv die Bewegungen<br />
des Mitarbeiters während des Schweißens<br />
berücksichtigt werden. Mit einem <strong>Mensch</strong>modell in<br />
der Offline-Programmierumgebung ist es möglich, den<br />
Bewegungspfad der <strong>Roboter</strong> mit den Bewegungen des<br />
Mitarbeiters abzustimmen, um so eine sichere und<br />
bewegungsökonomische <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong><br />
sicherzustellen.<br />
Neben der Vermeidung von unmittelbaren Gefahren<br />
ist zusätzlich die langfristige Erhaltung der Gesundheit<br />
und Arbeitskraft des Mitarbeiters durch frühe ergonomische<br />
Analyse zu gewährleisten. Zusätzlich zur Simulation<br />
der menschlichen Bewegungen, einschließlich<br />
der anthropometrischen Anpassung des Modells, wird<br />
ein ergonomisches Bewertungsverfahren zur Beurteilung<br />
der auf den Mitarbeiter wirkenden Belastung bei<br />
der Arbeitsausführung in die Offline-Programmierumgebung<br />
integriert.<br />
Eine dieser Bewertungsmethoden ist das Owako Work<br />
Analyse System (OWAS) [14]. Die Methodik beinhaltet<br />
insgesamt 252 mögliche Kombinationen aus Haltung<br />
und Belastung, unterteilt in vier Rückenhaltungen, drei<br />
Armhaltungen und sieben Beinstellungen mit jeweils<br />
drei Lastdimensionen. Innerhalb der Simulation kann<br />
aus den Gelenkpositionen des Modells die Körperhaltung<br />
zu jedem Zeitpunkt identifiziert werden und in<br />
einen Haltungscode überführt werden (Bild 6).<br />
Die Gelenkkoordinaten und Bewegungsdaten können<br />
aus der Simulation extrahiert werden. Mit diesen<br />
Informationen ist es möglich, über die Haltungsart<br />
und -zeit eine Bewertung nach der OWAS-Methodik<br />
abzuleiten. Systematisch wird dabei die Zeitdauer<br />
der einzelnen Körperhaltung in der gesamten analysierten<br />
Bewegungssequenz ermittelt und die resul-<br />
Referenzen<br />
[1] Thomas, C., Busch, F., Kuhlenkötter, B., Deuse, J.: Safe and<br />
Ergonomic Collaboration of Humans and Robots for Welding<br />
of Assemblies. In: Proceedings of 3rd CIRP Conference on<br />
Assembly Technologies and Systems (CATS) 2010 “Responsive,<br />
customer demand driven, adaptive assembly”, 01.<br />
–03.06.2010, Trondheim (Norwegen), S. 121–125<br />
[2] Thomas, C., Kuhlenkötter, B.: Sichere und kollaborierende<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-Interaktion – Entwicklung eines robotergestützten<br />
Assistenzsystems für das Handling im Schweißprozess.<br />
In: Internationales Forum Mechatronik (IFM) 2010<br />
Conference volume, 03./04.11.2010, Winterthur (Schweiz)<br />
[3] www.autonomik.de, Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Technologie (18.04.2011)<br />
[4] Busch, F., Deuse, J.: Ergonomische Bewertung von<br />
manuellen Schweißarbeitsplätzen mittels Automotive<br />
Assembly Work Sheet (AAWS). In: 57. Arbeitswissenschaftlicher<br />
Kongress, Gesellschaft für Arbeitswissenschaft, 23.<br />
–25.03.2011, Chemnitz, GfA-Press, S. 585–588<br />
[5] Fritzsche M., Schulenburg E., Elkmann N., Girstl A., Stiene<br />
S., Teutsch, C.: Safe Human-Robot Interaction in a Life<br />
Science Environment, Proc. of the IEEE International<br />
Workshop on Safety Security and Rescue Robotics, 2007<br />
[6] Schraft, R. D., Helms, E., Hans, M., Thiemermann, S.:<br />
Man-Machine-Interaction and Co-Operation for Mobile and<br />
Assisting Robots, Proceedings of EIS 2004<br />
[7] Reinhart, G., Roesel, W.: Interactive Robotassistant in<br />
Production Environments – Safety Aspects in Human-<br />
Robot Cooperation. In: Zeitschrift für wirtschaftlichen<br />
Fabrikbetrieb Jahrgang 105, 2010, S. 80–83<br />
[8] Hueppi, R., Grueninger, R., Nielsen, E.: Effizienter<br />
<strong>Roboter</strong>einsatz schon bei kleineren und mittleren Serien.<br />
Proceedings ifm 2006 Mechatronic-Cluster Clusterland<br />
Oberösterreich GmbH, Linz, 2006<br />
[9] Albu-Schaeffer, A., Haddadin, S, Ott, Ch., Stemmer, A.,<br />
Wimkoeck, T., Hirzinger, G.: The DLR lightweight robot:<br />
design and control concepts for robots in human environments.<br />
In: Industrial Robot: An international Journal, Vol.<br />
34 (5), 2007, S. 376–385<br />
[10] Beumelburg, K.: Fähigkeitsorientierte Montageablaufplanung<br />
in der direkten <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong>.<br />
Dissertation, Institut für industrielle Fertigung und<br />
Fabrikbetrieb, Universität Stuttgart, 2005<br />
[11] Thiemermann, S.: Direkte <strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong> in<br />
der Kleinteilemontage mit einem SCARA-<strong>Roboter</strong>.<br />
Dissertation, Institut für industrielle Fertigung und<br />
Fabrikbetrieb, Universität Stuttgart, 2005<br />
[12] DIN EN ISO 10218, Teil 1: Industrieroboter – Sicherheitsanforderungen<br />
– Teil 1: <strong>Roboter</strong>. Beuth Verlag, Berlin, 2009<br />
[13] DIN EN ISO 10218, Teil 2: Industrieroboter – Sicherheitsanforderungen<br />
– Teil 2: <strong>Roboter</strong>system und Integration. Beuth<br />
Verlag, Berlin, 2008<br />
[14] Mattila, M.: Analysis of working postures in hammering<br />
tasks on building construction sites using the computerized<br />
OWAS method, Applied ergonomics; 24/6, S. 405, 1993<br />
60<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
tierende Belastung auf den Bewegungsapparat für<br />
Rücken, Arme und Beine ermittelt. Im Anschluss<br />
können daraus abgeleitete Korrekturmaßnahmen,<br />
zum Beispiel bezogen auf die aktuelle Bahnplanung,<br />
durchgeführt werden.<br />
5. Fazit<br />
Ziel des Projektes ist es, eine industriell anwendbare<br />
Lösung für die Kombination der Fähigkeiten von<br />
<strong>Mensch</strong> und <strong>Roboter</strong>n zu entwickeln. Um dies zu erreichen,<br />
ist es notwendig, Sicherheitskonzepte für überlappende<br />
Arbeitsräume mit nicht trennenden Schutzeinrichtungen<br />
aufzubauen und aus den bestehenden<br />
Insellösungen heraus zu kombinieren. Die Umsetzung<br />
der Lösung in einem Demonstrator an der TU Dortmund<br />
verlief bisher mit großem Erfolg und zeigte hinsichtlich<br />
der Eignung für den Einsatz bereits einen<br />
hohen Reifegrad der eingesetzten technischen Lösungen.<br />
Es zeigte sich auch, dass die Norm DIN EN ISO 10218-<br />
1 und der Normentwurf DIN EN ISO 10218-2 zwar nun<br />
die verschiedenen Möglichkeiten und Grenzen einer<br />
<strong>Mensch</strong>-<strong>Roboter</strong>-<strong>Kooperation</strong> definieren, für eine industriell<br />
nutzbare Lösung jedoch insbesondere die maximale<br />
Geschwindigkeit von 250 mm/s, die derzeit für<br />
eine direkte <strong>Kooperation</strong> vorgeschrieben ist, in Bezug<br />
auf einen sicheren Betrieb noch differenzierter analysiert<br />
werden muss.<br />
Manuskripteingang<br />
00.00.2010<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Autoren<br />
Dipl.-Ing. Carsten Thomas (geb. 1979) studierte an der<br />
TU Dortmund Maschinenbau. Seit seinem Abschluss als<br />
Diplom Ingenieur arbeitet er als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Lehrstuhl IRPA. Derzeitige Tätigkeiten<br />
sind <strong>Mensch</strong>-und Prozesssicherheit sowie Handhabungsaufgaben<br />
für ein robotergestütztes Assistenzsystem.<br />
TU Dortmund,<br />
Lehrstuhl für Industrielle Robotik und<br />
Produktionsautomatisierung (IRPA),<br />
Leonhard-Euler-Str. 2, D-44227 Dortmund,<br />
Tel. +49 (0) 231 755 56 15,<br />
E-Mail: mail@irpa.de<br />
Dipl.-Ing. Felix Busch (geb. 1982) ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Arbeits und Produktionssysteme<br />
an der Technischen Universität Dortmund. Als<br />
Industrial Engineer liegen seine Arbeitsschwerpunkte<br />
insbesondere in den Bereichen Montagesystemgestaltung,<br />
Zeitwirtschaft, digitale Fabrik und schlanke Produktion.<br />
TU Dortmund,<br />
Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme (APS),<br />
Leonhard-Euler-Str. 5, D-44227 Dortmund,<br />
Tel. +49 (0) 231 755 26 52,<br />
E-Mail: sekretariat.aps.mb@tu-dortmund.de,<br />
Prof. Dr.-Ing. Bernd Kuhlenkötter (geb. 1971) leitet den<br />
Lehrstuhl IRPA an der TU Dortmund. Schwerpunkte sind<br />
industrielle <strong>Roboter</strong>systeme, Simulation von robotergestützten<br />
Handhabungs- und Bearbeitungsprozessen sowie<br />
benutzerfreundliche Programmier- und Simulationssysteme<br />
für die Robotik. Zuvor verantwortete er den Bereich<br />
Product Management & Technology bei der ABB Robotics.<br />
TU Dortmund,<br />
Lehrstuhl für Industrielle Robotik und<br />
Produktionsautomatisierung (IRPA),<br />
Leonhard-Euler-Str. 2, D-44227 Dortmund,<br />
Tel. +49 (0) 231 755 56 15,<br />
E-Mail: mail@irpa.de<br />
Förderhinweis<br />
und Danksagung<br />
Der Beitrag basiert auf dem Forschungsprojekt<br />
„rorarob“, gefördert durch das Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Technologie auf Beschluss des<br />
Bundestages. Ferner danken wir dem Deutschen<br />
Luft- und Raumfahrt e. V. als Projektträger und den<br />
beteiligten Projektpartnern Carat Robotic Innovation<br />
GmbH, Dortmund); Böcker Maschinenwerke GmbH,<br />
Werne, und MAN Turbo & Diesel SE, Oberhausen.<br />
Prof. Dr.-Ing. Jochen Deuse (1967) ist Inhaber des Lehrstuhls<br />
APS an der TU Dortmund. Arbeitsschwerpunkte sind<br />
Themen rund um das Industrial Engineering, wie Arbeitssystemgestaltung<br />
und Digitale Fabrik. Umfangreiche praktische<br />
Erfahrungen sammelte er über mehrere Jahre innerhalb der<br />
Bosch Gruppe.<br />
TU Dortmund,<br />
Lehrstuhl für Arbeits- und Produktionssysteme (APS),<br />
Leonhard-Euler-Str. 5, D-44227 Dortmund,<br />
Tel. +49 (0) 231 755 26 52,<br />
E-Mail: sekretariat.aps.mb@tu-dortmund.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
61
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
Beschreibung mechatronischer<br />
Objekte durch Merkmale<br />
Integriertes Engineering<br />
Dieser Beitrag beschreibt einen Ansatz zur Merkmalsmodellierung mittels AutomationML<br />
unter Nutzung des CAEX-Rollenkonzeptes. Die Semantik der Merkmale wird über wiederverwendbare<br />
Rollenbibliotheken definiert, die abstrakte Begriffe für deren Beschreibung<br />
enthalten. Dieser Ansatz wird anhand von Merkmalen für mechatronische Systeme<br />
und Einheiten demonstriert. Die dabei definierten Rollen unterstützen die Übersetzung<br />
zwischen verschiedenen Planungssystemen und Datenmodellen und den Aufbau von<br />
systemunabhängigen Komponentenbibliotheken.<br />
SCHLAGWÖRTER AutomationML / Mechatronik / Engineering<br />
Integrated Engineering –<br />
Description of mechatronic objects by characteristic properties<br />
This paper describes a comprehensive approach to modeling of system characteristics<br />
using AutomationML and the CAEX-role concept. The semantic definition has to be done<br />
on reusable role libraries, containing, models of abstract concepts for the description of<br />
characteristic properties. This approach is demonstrated by the basis of features for mechatronic<br />
systems and units. The roles defined here support the translation between<br />
different planning systems and data models and the development of system-independent<br />
component libraries.<br />
KEYWORDS AutomationML / Mechatronics / Engineering<br />
62<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Josef Prinz, INPRO<br />
Arndt Lüder, Otto-v.-Guericke Universität Magdeburg<br />
Nico Suchold, IFAK<br />
Rainer Drath, ABB AG<br />
AutomationML ist ein Datenaustauschformat für<br />
die konsistente Weitergabe von Planungsdaten<br />
im Engineering von Produktionssystemen. AutomationML<br />
ermöglicht die Abbildung von<br />
Anlagenstrukturen, Geometrien, Kinematiken<br />
und Verhalten von Anlagenkomponenten. Anlagenbeschreibungen<br />
im AutomationML-Format sind hierarchische<br />
Objektstrukturen, die alle Anlagenelemente, wie<br />
Linien, Zellen, Funktionseinheiten, bis zu integrierten<br />
Komponenten und Geräten, sowie deren Schnittstellen<br />
umfassen. Informationsflüsse, Energieflüsse oder<br />
Stoffflüsse werden über Relationen zwischen den<br />
Schnittstellen abgebildet, charakteristische Merkmale<br />
von Anlagenelementen über zugeordnete Attribute beschrieben.<br />
Die Verfeinerungstiefe einer Objekthierarchie und die<br />
Struktur einzelner AutomationML-Objekte sowie die<br />
beschreibenden Attribute sind abhängig von der jeweiligen<br />
Planungsphase und dem erreichten Detaillierungsgrad<br />
der geplanten Anlage. Durch objektorientierte Beschreibungskonzepte<br />
sind konsistente iterative Verfeinerungen<br />
und Spezifizierungen möglich. Die Autoren<br />
stellen ein Konzept vor, wie mit AutomationML neben<br />
Objekten auch Merkmale abgebildet werden können.<br />
Dies erfolgt beispielhaft für mechatronische Objekte und<br />
ermöglicht die Beschreibung eines mechatronischen<br />
Systems über den gesamten Lebenszyklus.<br />
1. Daten mechatronischer Objekte im Engineering<br />
Der Begriff der Mechatronik entstand in den 70er-Jahren<br />
als Synonym für die Integration von Mechanik und Elektronik<br />
zu einem ganzheitlich entworfenen Produkt [1]. Seit<br />
dieser Zeit wurden weitere Technologiebereiche in den<br />
Mechatronikbegriff integriert, sodass Mechatronik heute<br />
als Synonym für die Betrachtung aller relevanten Entwurfsdisziplinen<br />
und Technologien im Rahmen eines Entwurfs-<br />
beziehungsweise Engineeringprozesses steht [2].<br />
Diesem Gedanken folgend wurden in diversen Arbeiten<br />
Vorgehensweisen zum mechatronischen Entwurf<br />
von Systemen beschrieben [2 bis 5] und in Standards<br />
überführt [6]. In allen diesen Arbeiten werden mechatronische<br />
Systeme und die sie bildenden mechatronischen<br />
Einheiten ähnlich definiert. Grundlage ist dabei<br />
immer die Kombination von mechanischen, elektrischen<br />
und informationsverarbeitenden Systemen. Dementsprechend<br />
ist eine mechatronische Einheit eine gezielte,<br />
gegebenenfalls hierarchische Kombination aus<br />
mechanischen, elektrischen und informationsverarbeitenden<br />
Bestandteilen zur Lösung eines spezifischen<br />
Problems oder zur Erbringung spezifischer Funktionalitäten.<br />
Ein mechatronisches System wird durch die<br />
hierarchische Kombination von mechatronischen Einheiten<br />
gebildet.<br />
Jede mechatronische Einheit und damit jedes mechatronische<br />
System lässt sich über die für diese Einheit<br />
beziehungsweise dieses System charakteristischen<br />
Eigenschaften beschreiben. Diese charakteristischen<br />
Eigenschaften bilden gezielte Abstraktionen<br />
der realen mechatronischen Einheiten / Systeme und<br />
können in weiten Bereichen gemäß [7] als Merkmale<br />
aufgefasst werden. Die für mechatronische Einheiten<br />
/ Systeme charakteristischen Eigenschaften umfassen<br />
den gesamte Lebenszyklus und damit alle in ihm relevanten<br />
Informationen einschließlich konstruktiver<br />
und anwendungsspezifischer Informationen der verschiedenen<br />
Gewerke. Die Herausforderung bei der Anlagenplanung<br />
im Vergleich zu der klassischen CAD-<br />
Konstruktion besteht in der größeren Anzahl von<br />
Merkmalen und zum Teil komplexen Abhängigkeiten<br />
der Merkmale untereinander. Nach [2, 4] können diese<br />
Eigenschaften und Merkmalsmengen wie in Bild 1<br />
dargestellt klassifiziert werden.<br />
Die topologischen Informationen umfassen charakteristische<br />
Eigenschaften zur Beschreibung der hierarchischen<br />
Struktur von Anlagen. Die steuerungstechnischen<br />
Informationen beinhalten Eigenschaften und Merkmale<br />
zum gesteuerten Verhalten, Steuerungssignale, SPS-Programmorganisationseinheiten,<br />
Kommunikationssystemstrukturen,<br />
Kommunikationssystemparameter und andere.<br />
Demgegenüber enthalten die funktionsbeschrei-<br />
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Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
benden Informationen Eigenschaften und Merkmale zu<br />
den Funktionalitäten der mechatronischen Einheit wie<br />
funktionale Parameter, Beschreibungen technologischer<br />
Prozesse und Beschreibungen des Verhaltens. Die mechanischen<br />
Informationen umfassen Eigenschaften und<br />
Merkmale der gesamten mechanischen Konstruktion mit<br />
Geometrie und Kinematik, die elektrischen, pneumatischen<br />
und hydraulischen Informationen beinhalten Eigenschaften<br />
und Merkmale der elektrischen, pneumatischen<br />
und hydraulischen Konstruktion mit Rohrleitungs-<br />
und Verkabelungsplänen sowie Verbindungslisten.<br />
Betriebswirtschaftliche Informationen umfassen<br />
Merkmale zur betriebswirtschaftlichen Nutzung der<br />
mechatronischen Einheit wie Sachnummern, Informationen<br />
zum Hersteller, Kosten, Flächenbedarf und ähnliches.<br />
Die letzte Klasse bilden sonstige technische Informationen.<br />
Sie beinhalten Zusatzinformationen in<br />
Bedienungs-, Installations- oder Wartungsanleitungen<br />
sowie technische Daten wie Material, Gewicht oder Leistungsaufnahme.<br />
Nicht alle charakteristischen Eigenschaften mechatronischer<br />
Einheiten können Merkmalen zugeordnet<br />
werden. Beispielsweise kann die Existenz einer spezifischen<br />
Programmeinheit zur Steuerung einer mechatronischen<br />
Einheit als Merkmal aufgefasst werden, wohingegen<br />
die Programmeinheit selbst und ihre Programmierung<br />
nicht eindeutig als Merkmale aufzufassen sind.<br />
Zudem können einzelne Merkmale mehreren Informa-<br />
Steuerungstechnische<br />
Informationen<br />
Signale<br />
SPS Programmorganisationseinheiten<br />
…<br />
Mechanische<br />
Informationen<br />
3D CAD<br />
Kinematik<br />
…<br />
Elekrtr., Pneum.,<br />
Hydraul. Informationen<br />
Verkabelung<br />
Verbindungen<br />
Rohrleitungen<br />
...<br />
Topologische<br />
Informationen<br />
Anlagen- und<br />
Geräteaufbau<br />
Layout<br />
Schnittstellen<br />
Mechatronische<br />
Einheit<br />
Funktionsbeschreib.<br />
Informationen<br />
Funktionsbeschreibungen<br />
Funktionale Parameter<br />
Technologische Prozesse<br />
….<br />
Betriebswirtschaftliche<br />
Informationen<br />
Herstellerangaben<br />
Artikelnummer<br />
Preis<br />
…<br />
Sonstige techn.<br />
Informationen<br />
Gewicht<br />
Energieverbrauch<br />
techn. Dokumentation<br />
BILD 1: Informationsmengen zur Beschreibung<br />
einer mechatronischen Einheit<br />
BILD 2: CAEX-Rollenkonzept nach [8]<br />
RoleClassLibs<br />
AutomationML-<br />
BaseRole<br />
AutomationML-<br />
BaseRoleClassLib<br />
…<br />
Property-<br />
Set<br />
Commercial<br />
Administrative<br />
Technical<br />
…<br />
…<br />
Mechanical<br />
Electrical<br />
Functional<br />
AutomationML-<br />
PropertySetRoleClassLib<br />
Robot-<br />
Mechanical<br />
Robot-<br />
Technical<br />
Robot-<br />
Functional<br />
UserDefined-<br />
PropertySet-<br />
RoleClassLib<br />
Geltungsbereich<br />
Automation Engineering<br />
(generell)<br />
Mechatronische Einheiten<br />
(generell)<br />
spezifisch<br />
BILD 3: Rollenbibliotheken und Gültigkeitsbereiche<br />
BILD 4: Verwendung der PropertySet-Rolle und Anpassung<br />
an Anforderungen konkreter Katalogobjekte<br />
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tionsmengen dieser Klassifikation zugerechnet werden.<br />
So kann ein Flächenbedarfsmerkmal in der mechanischen<br />
Konstruktion und auch in der betriebswirtschaftlichen<br />
Sichtweise sinnvoll genutzt werden. Beide Probleme<br />
stellen jedoch keinen Widerspruch zur nachfolgenden<br />
Nutzung der Merkmale im Engineering dar. Im<br />
Gegenteil, der bewusste Einsatz von Merkmalen ermöglicht<br />
weitreichende Vorteile.<br />
2. Durchgängigkeit durch AutomationML Rollen<br />
Rollen sind ein Schlüsselkonzept von CAEX und wurden<br />
zur herstellerunabhängigen Planung von Anlagen entwickelt.<br />
Neben Objektinstanzen und SystemUnit-Klassen<br />
stellen Rollenklassen eine dritte Säule der objektorientierten<br />
CAEX-Konzepte dar. Instanzen beschreiben individuelle<br />
Planungsobjekte, beispielsweise einen „<strong>Roboter</strong>21“,<br />
während SystemUnit-Klassen Typen konkreter<br />
Anlagenkomponenten eines Herstellers beschreiben und<br />
als Herstellerkatalog verstanden werden können. Rollen<br />
hingegen spielen eine Vermittlerrolle zwischen Instanzen<br />
und SystemUnit-Klassen.<br />
Die Idee hinter dem Rollenkonzept besteht darin, bei<br />
der Anlagenplanung zunächst Objektinstanzen zu erzeugen<br />
und ihnen nur eine Rolle zuzuweisen. Diese<br />
Rolle beschreibt die „Bedeutung“ der Instanz, geht jedoch<br />
nicht auf die technische Implementierung ein.<br />
Dies entspricht einer technischen Grobplanung, die Instanzen<br />
dienen als Platzhalter. Dies fördert das schrittweise<br />
iterative Engineering. Prozesstechnische oder<br />
fertigungstechnische Anlagen lassen sich mit einem<br />
überschaubaren Satz von Rollen planen, ohne konkrete<br />
technische Details planen zu müssen.<br />
Im Rahmen des Planungsfortschritts werden die Instanzen<br />
schrittweise miteinander verknüpft, Anforderungen<br />
spezifiziert und anschließend jeweils eine technische<br />
Implementierung ausgewählt: eine SystemUnit-<br />
Klasse. Eine Rollenbibliothek stellt somit eine Sammlung<br />
bedeutungsbehafteter Platzhalter dar und erlaubt<br />
später eine automatische Interpretation der Funktionen<br />
von Objektinstanzen. Rollen sind herstellerunabhängig<br />
und lassen sich daher standardisieren. Sie bilden somit<br />
ein semantisches Grundgerüst für die Bedeutung von<br />
Objekten beziehungsweise Funktionen und unterstützen<br />
die intuitive Vorgehensweise des Planers.<br />
Bild 2 verdeutlicht dies an einem Beispiel: der <strong>Roboter</strong><br />
„RB_100“ (1) wird als CAEX InternalElement in der Instanzhierarchie<br />
platziert. Über eine Assoziation zur Rolle<br />
„Robot“ (2) wird dieser Instanz eine Bedeutung verliehen.<br />
Erst mit einer Zuordnung einer SystemUnit-Klasse<br />
(3) erfolgt die Auswahl eines konkreten <strong>Roboter</strong>s eines<br />
konkreten Herstellers.<br />
Jeder SystemUnit-Klasse kann optional zugeordnet werden,<br />
welche Rolle sie unterstützt. Dies ermöglicht ein explizites<br />
Mapping zwischen herstellerunabhängigen Rollen<br />
und herstellerspezifischen Komponenten. Dieses Mapping<br />
kann beispielsweise genutzt werden, um teilautomatisiert<br />
geeignete Kandidaten aus der SystemUnit-Bibliothek eines<br />
Herstellers für die Erfüllung einer Funktion auszuwählen.<br />
Rollen sind somit ein Schlüssel zur automatischen Interpretation<br />
der Bedeutung von Objekten.<br />
3. Die Rolle PropertySet<br />
Das ursprüngliche Rollenkonzept diente ausschließlich<br />
dazu, die Bedeutung von herstellerspezifischen<br />
Objekten oder Klassen neutral zu beschreiben. Das<br />
vorgestellte Konzept erweitert diese Idee auf Attribute.<br />
Dazu definieren die Autoren die Rolle „PropertySet“.<br />
Ein PropertySet ist eine Gruppe von semantisch und<br />
syntaktisch wohldefinierten Merkmalen für einen bestimmten<br />
Geltungsbereich. Jede dieser Attributgruppen<br />
wird als eigene Rollenklasse modelliert und ist<br />
von der Standard-Rolle „PropertySet“ abgeleitet. Solche<br />
Rollenklassen lassen sich in Rollenbibliotheken<br />
zusammenfassen, wodurch Attributwörterbücher definiert<br />
werden können.<br />
Das Konzept der PropertySets ist die Basis, um relevante<br />
Merkmale von Objekten in einer einheitlichen<br />
Form beschreiben und austauschen zu können. Die<br />
beschriebene AutomationML-PropertySetRoleClass-<br />
Lib deckt allgemeine Merkmalbeschreibungen mechatronischer<br />
Einheiten ab. Erweiterungen und Spezialisierungen<br />
des Geltungsbereichs können von<br />
AutomationML-Anwendern selbst durch Spezialisierungen<br />
der Standardrollen prozess- und domänenspezifisch<br />
oder auch gerätespezifisch in eigenen Rollenbibliotheken<br />
entwickelt werden, wie in Bild 3<br />
beispielhaft dargestellt.<br />
Die Rollenbibliothek der PropertySet-Rollen enthält<br />
eine Sammlung grundlegender Attribute von mechatronischen<br />
Objekten, wie technische, administrative und<br />
kaufmännische Attribute. Der Aufbau der Rollenbibliothek<br />
ist so gewählt, dass über die hierarchische Ordnungsstruktur<br />
eine Kategorisierung der Merkmale vorgenommen<br />
wird. In dieser Struktur sind die Informationsaspekte<br />
eines mechatronischen Systems [4], die in<br />
Abschnitt 1 erläutert wurden, enthalten.<br />
In einer PropertySet-Rolle werden einzelne Merkmale,<br />
oder eine Gruppe von Merkmalen definiert. Merkmale<br />
einer PropertySet-Rolle werden der Rolle über<br />
CAEX-Attribute zugeordnet. Bei der Definition der Attribute<br />
von PropertySet-Rollen werden dort, wo es möglich<br />
ist, SI-Einheiten eingesetzt. Bei der Verwendung<br />
einer Rolle kann eine Selektion der benötigten Attribute<br />
erfolgen (Bild 4). Ein Kostenmerkmal könnte zum<br />
Beispiel über einen Wert in Euro oder alternativ über<br />
einen Faktor angegeben werden, in der realen Komponente<br />
wird aber nur der Euro-Wert benötigt. Dieselbe<br />
Rolle kann mehrfach verwendet werden, um beispielsweise<br />
mehrere Preise abzubilden oder eine Unterscheidung<br />
zwischen unterschiedlichen Gewichtsangaben<br />
wie dem Gesamtgewicht und der zulässigen Achslast<br />
eines Objektes zu treffen.<br />
Die Entwicklung von SystemUnit-Klassen für den Aufbau<br />
von Merkmalsgruppen mit einer Kombination verschiedener<br />
PropertySet-Rollen ist möglich. Damit können<br />
Eigenschaften einer spezifischen Kategorie von<br />
Komponenten (eine Geräteklasse) einheitlich definiert<br />
werden.<br />
Rollen unterstützen die iterative Vorgehensweise in<br />
der Planung und die schrittweise Spezifizierung von<br />
abstrakten und generischen Konzepten und Objekten<br />
zu konkreten und spezifischen Objekten. Auch die in<br />
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der Planung verwendeten Objektbibliotheken spiegeln<br />
die schrittweise Vorgehensweise wider. In der Grobplanung<br />
werden Bibliotheken mit generischen Komponenten<br />
verwendet, wohingegen Bibliotheken in der<br />
Konstruktion und Inbetriebnahme, Modelle realer<br />
Komponenten enthalten.<br />
Objekte, die in einer vorgelagerten Planungsstufe<br />
verwendet werden, enthalten in der Regel Anforderungsdefinitionen,<br />
die erst in einem folgenden Planungsschritt<br />
konkretisiert werden. Verknüpft man die<br />
Anforderungsdefinitionen mit standardisierten Rollen<br />
entsteht aus einer allgemeinen Beschreibung eine formale<br />
Spezifikation. Auf Basis dieser Spezifikation kann<br />
im nachfolgenden Planungsschritt die Selektion spezifischer<br />
Bibliotheksobjekte erfolgen. Diese Objekte<br />
können in einzelnen Details wieder nur grob beschrieben<br />
sein und eine weitere Spezifizierung durch konkretere<br />
Objekte verlangen. Dieser Prozess ist in Bild 5<br />
schematisch dargestellt.<br />
Mit dieser Art der Anforderungsdefinition ist es möglich,<br />
die Umsetzung einer Eigenschaft über den gesamten<br />
Planungsprozess zu verfolgen. Beispielsweise kann eine<br />
geometrische Eigenschaft, wie der Platzbedarf von der<br />
ersten groben Anforderung bis zum mechanischen und<br />
elektrischen Einzelteil konsistent weitergereicht werden,<br />
wenn die entsprechende Eigenschaft mit derselben PropertySet-Rolle<br />
charakterisiert ist. In der ausgewählten<br />
Komponente kann die Anforderung auf untergeordnete<br />
grob spezifizierte Elemente weiterverteilt werden, die<br />
ihrerseits die Anforderungen durch Zuweisung konkreterer<br />
Elemente erfüllen.<br />
Wird eine Rolle von einem Bibliotheksobjekt unterstützt,<br />
wird das CAEX-Element SupportedRoleClass verwendet.<br />
Wird eine Anforderung mittels einer Rolle spezifiziert,<br />
wird das CAEX-Element RoleRequirements<br />
verwendet. Bild 6 enthält eine Darstellung der verwendeten<br />
CAEX-Elemente.<br />
PropertySets unterstützen den Datenaustausch zwischen<br />
verschiedenen Planungssystemen. Über ein Mapping<br />
können Zuordnungen zwischen proprietären, systemspezifischen<br />
Eigenschaften und standardisierten<br />
Eigenschaften der vordefinierten Rollenbibliothek gemacht<br />
werden. CAEX stellt dazu ein spezielles Mapping-<br />
Objekt zur Verfügung. Ein Datenimporter, der eine AutomationML<br />
formatierte Datei erzeugt, kann mit Hilfe<br />
des Mapping-Objekts und den standardisierten PropertySet-Rollen<br />
diese Zuordnungen erzeugen, wie in Bild 7<br />
schematisch dargestellt ist.<br />
Das Mapping auf ein anderes Merkmalssystem (zum<br />
Beispiel Prolist [10]) würde in genau derselben Weise funktionieren.<br />
Das Mapping in CAEX ist auf eine Namenszuordnung<br />
eingeschränkt, Einheitenkonvertierungen oder<br />
andere Umrechnungen sind Leistungen der verwendeten<br />
Softwaretools. Durch die Verwendungen von SI-Einheiten<br />
in der Definition der Standardrollen kann zumindest eine<br />
Einheitenumrechnung automatisch erfolgen.<br />
Planungsobjekt<br />
kt<br />
Anforderung durch Rolle<br />
definiert<br />
Spezifizierung<br />
im nächsten<br />
Schritt<br />
unterstützte Rolle<br />
Planungsobjekt<br />
kt<br />
Anforderung durch Rolle<br />
definiert<br />
Spezifizierung<br />
im nächsten<br />
Schritt<br />
unterstützte Rolle<br />
Planungsobjekt<br />
kt<br />
Anforderung durch Rolle<br />
definiert<br />
Spezifizierung<br />
im nächsten<br />
Schritt<br />
SystemUnitClass:<br />
MechatronicUnit<br />
InternalElement:<br />
Electrical Part<br />
RoleRequirement:<br />
„PropertySet/…/Size“<br />
Gefordertes<br />
Merkmal<br />
SupportedRoleClass:<br />
„PropertySet/…/Size“<br />
Erfülltes<br />
Merkmal<br />
generisch …….. konkret<br />
InternalElement:<br />
Electrical Part<br />
RoleRequirement:<br />
„PropertySet/…/Size“<br />
Gefordertes<br />
Merkmal<br />
Planungsstandard<br />
Mechatronische Komponenten<br />
Geräte<br />
Funktion und<br />
Struktur<br />
Merkmale<br />
Erfüllte Merkmale<br />
Mechanische<br />
Baugruppen<br />
Merkmale<br />
Elektrische<br />
Baugruppen<br />
Merkmale<br />
Steuerung<br />
Merkmale<br />
Erfüllte Merkmale<br />
BILD 6: Struktur einer Mechatronischen Einheit<br />
in einer Planungsbibliothek<br />
Konzeption …….. Realisierung<br />
BILD 5: Unterstützung der schrittweisen Spezifizierung durch Rollen<br />
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4. Verwandtschaften zu Merkmalsystemen<br />
Wie bereits erwähnt, ist die Beschreibung von Geräten<br />
und Systemen auf Basis von Merkmalen mittlerweile<br />
Stand der Technik. Das Handling, die Strukturierung und<br />
die Klassifizierung dieser Merkmale werden in standardisierten<br />
Merkmalsystemen beschrieben. Die Normreihe<br />
IEC 61360 und ISO 13584 haben dabei eine besondere<br />
Bedeutung. Sie bilden die strukturelle Basis für die Merkmalsysteme<br />
[9], vor allem für ecl@ss und Prolist [10]. Die<br />
Ordnung der Inhalte wird dabei in Form von Merkmalsleisten<br />
beschrieben, welche in der Praxis als lineare Zusammenstellung<br />
von Merkmalen verstanden werden und<br />
in der Namur-Empfehlung NE 100 und der Norm IEC<br />
61987-1 detaillierter beschrieben ist [11]. Insbesondere die<br />
Typisierung von Merkmalsleisten zur Berücksichtigung<br />
und Unterscheidung administrativer (AML; nicht zu verwechseln<br />
mit AutomationML), kommerzieller (KML),<br />
geräte- (GML) und umgebungsspezifischer (BML) Merkmalsaspekte<br />
spielt in der Praxis eine bedeutende Rolle.<br />
Neben den verschiedenen Aspekten der Merkmalsleisten<br />
gibt es mit dem Konzept der Blockstruktur eine weitere<br />
Möglichkeit, die Überschaubarkeit, ab einer gewissen<br />
Anzahl von Merkmalen, in einer Merkmalsleiste zu gewährleisten.<br />
Ein Block ist dabei nach Empfehlung der<br />
Namur (NE 100) eine „ … Zusammenfassung von Merkmalen,<br />
die eine Abstraktion einer komplexen Eigenschaft<br />
eines Gerätetyps beschreiben.“ [11]<br />
Ein Merkmal hat charakterisierende Attribute. Die<br />
Kennung ist eine eindeutige Identifikation eines Merkmals,<br />
weil in unterschiedlichen Domänen und sprachabhängig<br />
die Benennung variieren kann. Die Bedeutung<br />
des Merkmals wird durch die Definition und/oder einen<br />
Verweis auf eine Norm oder andere Quelle festgelegt. Die<br />
quantitative Aussage ist in einer Werteliste und dem<br />
Werteformat hinterlegt, die durch die Maßeinheit vervollständigt<br />
wird. Die Normreihe IEC 61360 beschreibt<br />
weitere Attribute wie Formelzeichen, Symbol oder Beziehung<br />
zu anderen Merkmalen.<br />
Es gibt eine Vielzahl von standardisierten Merkmalsystemen<br />
für verschiedene Aspekte von zumeist industriellen<br />
Produkten (das heißt Betriebsmitteln, zum Beispiel Elektrogeräte<br />
und Materialien, mechanische Konstruktionselemente).<br />
Entstanden sind diese Merkmalsysteme zur Unterstützung<br />
für die elektronische Abwicklung von Beschaffungsprozessen<br />
und um eine gemeinsame Sprache zur<br />
Kunden-Lieferanten-Kommunikation zu etablieren. Ein<br />
besonderer Wert liegt in der Definition und damit semantisch<br />
eindeutigen, produktunabhängigen Festlegung tausender<br />
Merkmale, die die Eigenschaften der Betriebsmittel<br />
abbilden. Dadurch können diese standardisierten Merkmale<br />
auch in Engineering-Lebenszyklusphasen außerhalb des<br />
Beschaffungsprozesses eingesetzt werden und bieten insbesondere<br />
CAE-Integratoren (zum Beispiel Systemhersteller,<br />
Planungsdienstleiser) großes Potenzial, den Austausch<br />
von Planungsinformationen effizienter zu gestalten.<br />
SystemUnitClass: Robot<br />
Attribute: Weight<br />
InternalElement:<br />
PropertySet<br />
BILD 7:<br />
Attribut-Mapping<br />
MappingObject<br />
RoleRequirement :<br />
RoleClassRef: PropertySet<br />
Weight<br />
Gewicht<br />
Attribute: Gewicht<br />
Basic<br />
Engineering<br />
•AML<br />
•BML<br />
•GML<br />
•KML<br />
Anfrage<br />
•AML<br />
•BML<br />
•GML<br />
•KML<br />
Angebot<br />
•AML<br />
•BML<br />
•GML<br />
•KML<br />
Auswahl<br />
•AML<br />
•BML<br />
•GML<br />
•KML<br />
Detail<br />
Engineering<br />
•AML<br />
•BML<br />
•GML<br />
•KML<br />
BILD 8: Nutzung der<br />
Typen von Merkmalsleisten<br />
im Projektfortschritt<br />
[11]<br />
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Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
So werden bereits bei einigen Herstellern die Produktdatenbanken<br />
auf der Basis von Merkmalen aufgebaut, um die<br />
engen Beziehungen zwischen der technischen Dokumentation,<br />
der Produktion und den Bestellvorgängen besser<br />
handhaben zu können. Beispiele dafür sind die Auslegung<br />
von Kommunikationsnetzwerken auf der Basis der Merkmale<br />
der Kommunikationsteilnehmer (wie unterstützte<br />
Baudraten, Antwortzeiten und Datenlängen von Mess-,<br />
Steuerungs- und Stellgeräten), die Ermittlung der Taktzeit<br />
von Fertigungszellen auf der Basis der Merkmale der eingesetzten<br />
Betriebsmittel und des Fertigungsprozessablaufes.<br />
Das in den Abschnitten 1 und 3 behandelte Konzept<br />
zur Beschreibung mechatronischer Objekte baut darauf<br />
auf und unterstützt neben einem strukturierten Vorgehen<br />
bei der Planung auch die semantisch validierte Beschreibung<br />
und den Austausch dieser Planungsobjekte [12].<br />
Unabhängig vom Anwendungsfeld verfolgt die Idee der<br />
Rolle „PropertySet“ den gleichen Grundgedanken wie<br />
die Merkmalsysteme ecl@ss und Prolist, nämlich die<br />
Nutzung und Verbreitung standardisierter technischer<br />
Daten in Form von Merkmalen. Die Verwendung der Rolle<br />
„PropertySet“ unterstützt dabei den Umgang mit standardisierten<br />
Merkmalsystemen teilweise in struktureller<br />
und auch in semantischer Hinsicht. Die durch das Rollenkonzept<br />
implizierte Klassifikation lässt sich auf<br />
oberster Ebene der AutomationML-PropertySetRole-<br />
ClassLib auf die Typisierung der Merkmalsleisten abbilden.<br />
In den darunter liegenden Ebenen wird die Verfeinerung<br />
der Merkmale durch generelle oder spezifische<br />
Rollen ähnlich der Bildung von Merkmalsleisten mit<br />
Blockstruktur abgebildet. Ein Teil der in der IEC 61360<br />
beschriebenen Attribute, die ein Merkmal mit einer<br />
quantitativen Aussage belegen, finden sich ebenfalls im<br />
AutomationML Rollenkonzept wieder und können somit<br />
genutzt werden, um die Ausprägung der Merkmale zu<br />
beschreiben.<br />
Referenzen<br />
Autoren<br />
[1] M. Tomizuka: Mechatronics: from the 20th to 21st Century, Control<br />
Engineering Practice, Vol.10, no.8, pp.877-886, Aug. 2004<br />
[2] A. Lüder, L. Hundt, M. Foehr, T. Wagner, J.-J. Zaddach: Manufacturing<br />
System Engineering with Mechatronical Units, 15th IEEE International<br />
Conference on Emerging Technologies and Factory Automation<br />
(ETFA 2010), Bilbao, Spain, September 2010, Proceedings-CD<br />
[3] M. Gehrke: Entwurf mechatronischer Systeme auf Basis von Funktionhierarchien<br />
und Systemstrukturen, Promotion, Paderborn, Oktober 2005<br />
[4] J. Kiefer: Mechatronikorientierte Planung automatisierter Fertigungs -<br />
zellen im Bereich Karosserierohbau, Promotion, Univ. des Saarlandes,<br />
Saarbrücken, 2007<br />
[5] K. Thramboulidis: “Challenges in the Development of Mechatronic<br />
Systems: The Mechatronic Component”, 13th IEEE Int. Conf. on Emerging<br />
Technologies and Factory Automation (ETFA’08), Sept. 2008, Hamburg,<br />
Germany, Proceedings<br />
[6] Verein Deutscher Ingenieure: VDI-Richtlinie 2206 - Entwicklungsmethodik<br />
für mechatronische Systeme, Düsseldorf, 2004<br />
[7] DIN 2342 - Begriffe der Terminologielehre, Beuth Verlag, September 2004<br />
[8] Drath R.; Weidemann D.; Lips S.; Hundt L.; Lüder A.; Schleipen M.;<br />
Datenaustausch in der Anlagenplanung mit AutomationML . - Heidelberg<br />
[u.a.]: Springer, ISBN 978-3-642-04673-5, S. 221-305, 2010<br />
[9] International Electrotechnical Commission: IEC 61360 - Standard data<br />
element types with associated classification scheme for electric<br />
components - Part 1: Definitions - Principles and methods.<br />
Edition 2.1, Part 2: Component Data Dictionary (2004)<br />
[10] Ahrens, W.: Eine Gegenüberstellung von VDI/VDE 3682, Prolist,<br />
eCl@ss – Kapitel 2 - <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> 9/2010<br />
[11] Namur – Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie;<br />
NE 100 - Nutzung von Merkmalleisten im PLT-Engineering-<br />
Workflow - Version 3 (2006)<br />
[12] Muehlhause M.; Suchold N.; Diedrich, Chr.: Application of semantic<br />
technologies in engineering processes for manufacturing systems.<br />
10th IFAC Workshop on Intelligent Manufacturing Systems, Lisbon/<br />
Portugal, 1.-2.07.2010. Proceedings<br />
Dipl.-Inform. Josef Prinz (geb. 1957) studierte von<br />
1978 bis 1984 Diplom-Informatik an der Universität<br />
Dortmund. Seit 1987 ist er Mitarbeiter der INPRO<br />
GmbH in Berlin. Er betreut Projekte für die Automobilindustrie<br />
im Bereich Anlagenplanung und Planung<br />
und Optimierung von Logistiksystemen. Sein fachlicher<br />
Schwerpunkt liegt in der Material flusssimulation,<br />
der Datenintegration und der Digitalen Fabrik.<br />
INPRO Innovationsgesellschaft für fortgeschrittene<br />
Produktionssysteme in der Fahrzeugindustrie mbH,<br />
Hallerstraße 1; D-10587 Berlin,<br />
Tel. +49 (0) 30 39 99 71 61, E-Mail: Josef.Prinz@inpro.de<br />
PD Dr.-Ing. habil. Arndt Lüder (1968) arbeitete von<br />
1995 bis 2000 an der Otto-von-Guericke Universität<br />
Magdeburg und später an der Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg. An letzterer erlangte er 2000 den Titel<br />
eines Dr.-Ing. Seit 2001 arbeitet er am IAF und IMS der<br />
Otto-von Guericke Universität, wo er 2007 zum Thema<br />
"Verteilte Steuerungssysteme" habilitierte. Das Hauptarbeitsgebiet<br />
von Arndt Lüder ist die Anwendung innovativer<br />
Technologien auf dem Gebiet der Fabrikautomation.<br />
Neben diesen Forschungsarbeiten ist er in die<br />
Arbeit der Arbeitsgruppe "Agenten in der Automation"<br />
der GMA sowie als Vorstand in die Arbeit des AutomationML<br />
e.V. involviert.<br />
Otto-v.-Guericke Universität Magdeburg,<br />
Fakultät Maschinenbau, Institut für Mobile Systeme<br />
& Institut für Arbeitswissenschaft, Fabrikautomatisierung<br />
und Fabrikbetrieb Center Verteilte Systeme, Gebäude 10,<br />
Raum 437, Universitätsplatz 2, D-39106 Magdeburg,<br />
Tel. +49 (0) 391 6 71 18 26, E-Mail: arndt.lueder@ovgu.de<br />
68<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
5. Fazit und Ausblick<br />
Ziel von AutomationML ist, die Schaffung eines durchgängigen<br />
Engineerings durch ein standardisiertes Datenaustauschformat.<br />
Spezielle PropertySet-Rollen für die<br />
Charakterisierung von mechatronischen Einheiten erlauben<br />
es künftig, Anforderungen und Spezifikationen<br />
mechatronischer Einheiten auszutauschen und so<br />
Schnittstellen zwischen der Anlagenplanung und den<br />
Beschaffungsprozessen zu realisieren. Der systemunabhängige<br />
Aufbau mechatronischer, modularer Komponentenkataloge<br />
wird unterstützt, die Verwendung der<br />
Kataloge im Planungsprozess und die Integration in die<br />
verwendeten Planungssysteme über spezifische Mappings<br />
sind möglich.<br />
Manuskripteingang<br />
06.Juni 2011<br />
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Dipl.-Wirt.-Inform. Nico Suchold (geb. 1977)<br />
arbeitet seit 2007 am ifak – Institut für Automation<br />
und Kommunikation e.V. Magdeburg<br />
und leitet dort den Forschungsschwerpunkt<br />
„Angewandte Informationstechnologien“ im<br />
Bereich „IT & Automation“. Im Umfeld der<br />
Automatisierungssysteme beschäftigt er sich<br />
mit der modellbasierten Integration digitaler<br />
Planungsergebnisse für eine optimierte<br />
virtuelle Inbetriebnahme.<br />
ifak -Institut f. Automation<br />
und Kommunikation e.V.<br />
Magdeburg Werner-Heisenberg-Str. 1<br />
D-39106 Magdeburg,<br />
Tel. +49 (0) 391 9901474,<br />
E-Mail: nico.suchold@ifak.eu<br />
Dr.-Ing. Rainer Drath (geb. 1970) ist Senior<br />
Principal Scientist im ABB Forschungszentrums<br />
Deutschland in Ladenburg. Er beschäftigt sich<br />
mit der Entwicklung neuer Konzepte und<br />
Methoden zur Verbesserung des Engineerings<br />
von Automatisierungssystemen<br />
ABB Forschungszentrum Deutschland<br />
Wallstadter Straße 59,<br />
D-68526 Ladenburg,<br />
Tel. +49 (0) 6203 71 64 71,<br />
E-Mail: rainer.drath@de.abb.com<br />
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hauptbeitrag<br />
Synergien zwischen Medizinund<br />
Automatisierungstechnik<br />
am Beispiel UV-Behandlung von Hautkrankheiten<br />
Der Beitrag stellt eine neuartige Behandlung vor, bei der über ein Bilderkennungsverfahren<br />
erkrankte Hautpartien erkannt und dann über eine Bestrahlungseinheit nur diese erkrankten<br />
Partien mit UV-Licht bestrahlt werden. Die gesunden Partien werden nicht bestrahlt<br />
und somit geschont. Aus der Automatisierungstechnik gewonnene Verfahren und Erkenntnisse<br />
sind erfolgreich auf ein Projekt der Medizintechnik angewandt worden.<br />
SCHLAGWÖRTER Synergie / Medizintechnik / Automatisierungstechnik / UV-Behandlung /<br />
Hautkrankheit<br />
Synergies between Automation Technology and Medical Engineering<br />
using the example of UV-treatment of skin diseases<br />
This article describes how experience gained in the automation domain was successfully<br />
used for the development of the medical device for the UV treatment of skin diseases.<br />
KEYWORDS synergy / medical engineering / automation technology / UV treatment /<br />
skin diseases<br />
70<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Karl-Heinz Niemann, Oliver Schmerling, Fachhochschule Hannover,<br />
Friedrich Lüllau, Lüllau Engineering GmbH<br />
In der Bundesrepublik Deutschland sind, laut Angabe<br />
des statistischen Bundesamtes, 2 bis 3% der Bevölkerung,<br />
also etwa 2 Millionen <strong>Mensch</strong>en an Schuppenflechte<br />
(Psoriaris) erkrankt [1]. Bei dieser Krankheit<br />
bilden sich auf der Haut unregelmäßige Erkrankungsherde.<br />
Bild 1 zeigt ein typisches Erkrankungsbild.<br />
Eine der möglichen Behandlungsmethoden sieht die<br />
Bestrahlung der Haut mit UV-Licht vor. Bisher wurde<br />
hierbei in der Regel der gesamte Körper der zu behandelnden<br />
Person bestrahlt. Dies hat zur Folge, dass sowohl<br />
die erkrankte als auch die gesunde Haut der UV-<br />
Strahlung ausgesetzt wird. Da die Behandlung üblicherweise<br />
regelmäßig wiederholt werden muss, führt<br />
die regelmäßige aber ungewollte Bestrahlung der gesunden<br />
Hautpartien zu Hautalterung und gegebenenfalls<br />
auch zur Entwicklung von Hautkrebs. Im Folgenden<br />
wird ein neuartiges Behandlungsverfahren beschrieben,<br />
bei dem über ein Bilderkennungsverfahren<br />
erkrankte Hautpartien erkannt und dann über eine Bestrahlungseinheit<br />
nur diese erkrankten Partien mit UV-<br />
Licht bestrahlt werden. Die gesunden Partien werden<br />
nicht bestrahlt und werden somit geschont.<br />
1. Technisches Konzept<br />
Bild 2 zeigt das realisierte Bestrahlungsgerät. Der zu behandelnde<br />
Patient liegt auf einer Liege. Darüber ist der<br />
Bestrahlungskopf mit integrierter Kamera platziert.<br />
Der obere waagerechte Holm lässt sich über Gelenke positionieren<br />
und zusätzlich neigen. In den Holm integriert<br />
ist die Belichtungseinheit. Diese besteht aus einer modulierbaren<br />
UV-Strahlenquelle und einem Kamerasystem.<br />
Durch die realisierten Freiheitsgrade lässt sich die Belichtungseinheit<br />
über der zu behandelnden Person verfahren,<br />
um so den Patienten, bei großflächigen Erkrankungen, in<br />
mehreren Teilvorgängen bestrahlen zu können.<br />
Die in der Belichtungseinheit integrierte Kamera erfasst<br />
die Hautoberfläche. Über einen Erkennungsalgorithmus<br />
werden die erkrankten Hautpartien identifiziert<br />
und es wird daraus eine Belichtungsmaske berechnet.<br />
Diese Belichtungsmaske definiert auf welche Hautpartien<br />
UV-Licht appliziert werden soll und auf welche nicht.<br />
Diese Belichtungsmaske wird einem Digital Mirror Device<br />
(DMD) in der Belichtungseinheit übergeben. Die in<br />
Bild 3 dargestellte Belichtungseinheit besteht neben dem<br />
DMD aus der UV-Lichtquelle, einem Kondensor zur Bündelung<br />
des Lichtes und einem Projektionsobjektiv.<br />
Das UV-Licht der Lichtquelle wird auf das DMD projiziert.<br />
Dieses besteht aus einer Matrix von 1024 mal 768<br />
mikroskopisch kleinen Spiegeln. Die Spiegelmatrix kann<br />
durch die Software des Steuerrechners so beeinflusst werden,<br />
dass entweder das Licht des Pixels auf den Patienten<br />
fällt, oder durch Drehung des Spiegels in einen Absorber<br />
geleitet wird. Mit Hilfe dieser Anordnung kann die aus<br />
dem Bild berechnete Belichtungsmaske auf den Patienten<br />
projiziert werden. DMDs kommen heute in Videoprojektoren<br />
zum Einsatz (DLP-Projektoren) und erzeugen dort<br />
in Verbindung mit einem Farbrad farbige Bilder. In diesem<br />
Projekt erzeugt das DMD ein einfarbiges Bild (Licht / kein<br />
Licht) Durch eine zeitliche Modulation der Spiegelneigung<br />
eines jeden einzelnen Spiegels können bis zu 256<br />
unterschiedliche Helligkeitswerte erzeugt werden. Da<br />
herkömmliche DMDs der UV-Strahlung nicht standhalten,<br />
kommen spezielle UV-feste DMD-Typen zum Einsatz.<br />
Während des Bestrahlungsvorganges überwacht die<br />
Kamera Bewegungen der zu behandelnden Person und<br />
führt die Belichtungsmaske entsprechend nach. Ein<br />
Streifenprojektionsverfahren soll künftig zusätzlich die<br />
Höhentopologie der zu behandelnden Person erfassen<br />
und ein entsprechender Software-Algorithmus wird<br />
dann unter Kenntnis des Höhenprofils Intensitätsunterschiede<br />
in der Bestrahlung ausgleichen.<br />
2. Synergien zwischen Medizin- und<br />
Automatisierungstechnik<br />
Das technische Prinzip des Gerätes wurde im Rahmen<br />
des BMBF-Projektes UVUV [2] erarbeitet. Die derzeitige<br />
Entwicklung des ersten seriennahen Prototypen<br />
wird über das BMWi Projekt UVST gefördert. Momen-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
71
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
BILD 1: Erscheinungsbild der Schuppenflechte<br />
BILD 2:<br />
Bestrahlungsgerät<br />
BILD 4:<br />
Verfahren zum<br />
Erkennen erkrankter<br />
Hautpartien<br />
Chroma (Farbsättigung)<br />
Hue (Farbtonwinkel)<br />
BILD 3: Strahlengang im<br />
Bestrahlungskopf.<br />
BILD 5: Vereinfachte Klassifizierung von<br />
Bildpixeln in gesunde und kranke Haut<br />
72<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Aufgabe<br />
Erfassung der erkrankten Hautpartien<br />
über Kamerasystem<br />
Verfolgung von Patientenbewegungen<br />
in Echtzeit<br />
Ermitteln der Höhentopologie der<br />
zu behandelnden Person<br />
Entwicklung der PC-basierten<br />
Steuer software, Integration von<br />
Kamera und DMD-Treibern<br />
Hardwareentwicklung des Steuer-<br />
Rechners für die Erfassung von<br />
Messsignalen und für die Ansteuerung<br />
der Antriebe über seriellen<br />
Bus sowie zur Kommunikation<br />
über seriellen Bus mit dem<br />
Leitrechner<br />
Entwicklung von Software gemäß<br />
den sicherheitstechnischen<br />
Anforderungen der Medizintechnik<br />
Beherrschung des Softwarelebenszyklus<br />
für sicherheitsgerichtete<br />
Systeme<br />
Verwaltung der Patienten- und<br />
Bilddaten in einer Datenbank<br />
Erfassung von Messsignalen für<br />
Temperaturen, Positionen,<br />
Strahlungsdichten<br />
Integration komplexer Hard- und<br />
Softwaresysteme<br />
Erforderliche Kompetenz<br />
im Projekt<br />
Kenntnisse in der Bildverarbeitung.<br />
Erkennung von Kanten und<br />
Strukturen<br />
Kenntnisse in der Echtzeit-<br />
Bilddaten verarbeitung<br />
Verfahren zur optischen Messung<br />
von Höhenprofilen über Streifenprojektiontion<br />
Kenntnisse in der Programmierung<br />
von SW-Systemen in C# unter<br />
Windows für die Visualisierung von<br />
Prozessdaten und die Entwicklung<br />
grafischer Bedienoberflächen<br />
Kenntnisse in der Hardware-Entwicklung<br />
eingebetteter Systeme<br />
mit serieller Kommunikation zum<br />
überlagerten System<br />
Beherrschung des einschlägigen<br />
Normenwerkes, z.B. Anwendung<br />
des Risikomanagements für<br />
Medizinprodukte DIN EN ISO<br />
14971, Anwendung der Gebrauchstauglichkeit<br />
auf Medizin produkte<br />
DIN EN 62366<br />
Beherrschung der entsprechenden<br />
Normen für Software-<br />
Lebenszyklus nach DIN EN 62304<br />
Datenbankanwendung unter<br />
Nutzung eines SQL-Servers<br />
Beherrschung der entsprechenden<br />
Messverfahren zur Einbindung der<br />
Messstellen<br />
Integration von Mechanik, Elektronik,<br />
Echtzeitsoftware und PC-Software<br />
zu einem funktionierenden<br />
Gesamtgerät<br />
Verwandtes Arbeitsgebiet in der<br />
Automatisierungstechnik<br />
Optische Prüfung von Werkstücken<br />
in der Fertigungstechnik<br />
Erfassung und Verfolgung von<br />
Bauteilen in Fertigungsprozessen<br />
in Echtzeit über Kamerasysteme<br />
Optische Vermessung von Werkstücken<br />
mittels Streifenprojek<br />
Entwicklung von Bedien- und<br />
Beobachtungsstationen für<br />
Prozessleitsysteme. Einbindung<br />
von Kamerasystemen für die<br />
Prozessüberwachung und von<br />
Projektionssystemen für die<br />
Prozessvisualisierung<br />
Entwicklung von echtzeitfähigen<br />
eingebetteten Systemen mit<br />
serieller Kommunikation zu<br />
unter- und über geordneten<br />
Systemen<br />
Entwicklung von sicherheitsgerichteten<br />
Systemen nach IEC 61508<br />
Realisierung des Software<br />
Leben szyklus für die Entwicklung<br />
von sicherheitsgerichteten<br />
Systemen nach IEC 61508 Teil 3<br />
Datenbankapplikationen zur<br />
Erfassung von Daten in Produktionsprozessen,<br />
z. B. in MES-Systemen<br />
Messtechnik in Prozessautomatisierungssystemen<br />
Integration von mechatronischen<br />
Komponenten mit verteilten<br />
Automatisierungssystemen<br />
TABELLE 1: Synergien Medizin- und Automatisierungstechnik<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
73
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
BILD 6: Erkennung über dynamischen Schwellenwert<br />
BILD 7: Erkennung über Support Vector Machine<br />
BILD 8: Verfahren zur<br />
Patientenverfolgung<br />
tan ist ein erstes Muster des seriennahen Standes im<br />
Zulassungsverfahren.<br />
An dem bisher beschriebenen Funktionsprinzip lässt<br />
sich erkennen, dass sich ein solches Gerät nur in einem<br />
interdisziplinären Team entwickeln lässt. Neben<br />
Kenntnissen im Maschinenbau und in der technischen<br />
Optik sind auch Qualifikationen im Bereich der Elektronik,<br />
der Bildverarbeitung, des Software-Engineering<br />
und der Sicherheitstechnik gefragt. In der Regel sind<br />
Automatisierungstechniker nicht in Medizintechnikprojekten<br />
tätig. In der vorliegenden Projektkonstellation<br />
ergab es sich jedoch, dass sich das Fachgebiet Prozessinformatik<br />
und Automatisierungstechnik der FH-<br />
Hannover in das Projekt einbringen konnte, obwohl der<br />
bisherige Schwerpunkt der Aktivitäten nicht im Bereich<br />
der Medizintechnik lag. Nach einer ersten Analyse<br />
der Aufgabenstellung kristallisierten sich eine<br />
Reihe von Ansatzpunkten heraus, bei denen Kenntnisse<br />
aus dem Bereich Automatisierungstechnik in das<br />
Projekt nutzbringend eingesetzt werden konnten.<br />
Die Tabelle 1 zeigt, dass viele Aufgabenstellungen im<br />
Projekt Entsprechungen in der Automatisierungstechnik<br />
aufweisen. Hierdurch war es möglich, vorhandene Kompetenzen<br />
in das Projekt einzubringen, obwohl die Aufgabenstellung<br />
aus einer grundsätzlich anderen Problemdomäne<br />
stammt. Gerade die Kenntnisse im Bereich der<br />
Entwicklung sicherheitsgerichteter Hard- /Softwaresysteme<br />
konnten gut in das Projekt eingebracht werden. Hier<br />
sind die Anforderungen der Medizintechnik ähnlich denen<br />
der Sicherheitstechnik in der Prozessautomatisierung.<br />
In beiden Fällen geht es darum, Personen und Anlagen<br />
im Falle einer Fehlfunktion vor Schaden zu bewahren.<br />
3. Beispiele für angewandte Verfahren<br />
3.1 Erkennung erkrankter Hautpartien<br />
Die Erkennung der erkrankten Hautpartien über ein Bildverarbeitungssystem<br />
ist eine der wesentlichen Komponenten<br />
des Bestrahlungssystems. Die Bildinformation wird<br />
über ein Kamerasystem, welches auch in der industriellen<br />
Bildverarbeitung eingesetzt wird, eingelesen. Probleme bei<br />
der Erkennung der erkrankten Flächen sind dabei:<br />
Helligkeitsverläufe im Bild durch Kontur des<br />
menschlichen Körpers<br />
Fremdlichteinwirkung durch Tageslicht,<br />
Deckenlicht<br />
Unterschiedlichen Hauttypen (hell, dunkel)<br />
zeigen unterschiedliche Krankheitsbilder<br />
Bild 4 zeigt das implementierte Verfahren zur Erkennung<br />
der erkrankten Hautpartien. Ein Medianfilter glättet das<br />
Bild zunächst, um kleinere Hautunregelmäßigkeiten zu<br />
entfernen, welche bei den nachfolgenden Bearbeitungsschritten<br />
stören würden. Im nächsten Schritt wird nur<br />
der für die Erkennung relevante Farbbereich (Hauttöne)<br />
ausgewählt. Danach erfolgt über eine Support Vector Machine<br />
(SVM) [3] eine Klassifizierung der Bildpixel. Die<br />
SVM teilt über ein Klassifizierungsverfahren die Bildpixel<br />
in die zwei Klassen „gesunde Haut“ und „erkrankte Haut“<br />
ein. Hierbei werden die Bildpixel in einem Vektorraum<br />
abgelegt und durch eine Hyperebene getrennt.<br />
Bild 5 veranschaulicht an einem vereinfachten Beispiel,<br />
wie man die Bildinformationen durch eine Grade in zwei<br />
74<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Klassen trennen kann. Die Grade dient also zur Klassifizierung<br />
der Pixel in „gesund“ und „erkrankt“. Abschließend<br />
werden die gefundenen Hautpartien noch über die Auswahl<br />
bestimmter Sättigungswerte weiter verfeinert. Das vorgestellte<br />
Verfahren unter Nutzung der SVM ist einfachen Algorithmen,<br />
wie beispielsweise einem Schwellenwertverfahren,<br />
deutlich überlegen. Beleuchtungsabhängige Helligkeitsverläufe<br />
oder starke Körperbehaarung stören die Erkennung<br />
kaum. Darüber hinaus lässt sich das Verfahren auf<br />
unterschiedlichen Hauttypen (hell /dunkel) trainieren.<br />
Bild 6 zeigt die Erkennungsrate eines Schwellenwertverfahrens.<br />
Der Lichtabfall am rechten Bildrand und<br />
am Arm des Patienten führt zu Fehlerkennungen. Im<br />
Vergleich dazu ist in Bild 7 die Erkennung unter Nutzung<br />
der Support Vector Machine dargestellt. Die Erkennung<br />
ist deutlich verbessert, auch bei starker Körperbehaarung<br />
des Patienten. In automatisierungstechnischen<br />
Anwendungen kommen Support Vector Machines<br />
beispielsweise bei der nichtlinearen Modellbildung<br />
technischer Prozesse zum Einsatz [4].<br />
3.2 Patientenverfolgung<br />
Die Bestrahlung der erkrankten Hautpartien liegt im Minutenbereich<br />
und kann in Einzelfällen bis zu 20 Minuten<br />
andauern. Während dieser Zeit sind leichte Bewegungen<br />
der zu behandelnden Person nicht auszuschließen. Diese<br />
Bewegungen führen bei laufender Bestrahlung dazu, dass<br />
sich das Bestrahlungsfeld und die erkrankte Hautpartie<br />
nicht mehr decken. Gesunde und relativ UV-empfindliche<br />
Haut würde bestrahlt. Aus diesem Grund ist es erforderlich,<br />
Bewegungen des Patienten zu erfassen und die Belichtungsmaske<br />
der Bewegung nachzuführen. Um die im<br />
medizinischen Bereich nötige hohe Genauigkeit der Nachverfolgung<br />
zu gewährleisten, wird zurzeit mit einem markerbasierten<br />
Verfahren gearbeitet. Ein rechteckiger grüner<br />
Aufkleber (siehe Bild 7) mit definiertem Höhen-/Seitenverhältnis<br />
dient hierbei als Markierung zur Verfolgung<br />
der Patientenbewegungen.<br />
Das Verfahren zur Patientenverfolgung ist in Bild 8<br />
dargestellt. Da eine grüne Markierung verwendet<br />
wird, wird zunächst die Grüninformation aus dem<br />
Bild extrahiert und mit Hilfe der Rot- und Blaukanäle<br />
normalisiert, um eine Unabhängigkeit von der Beleuchtung<br />
zu erhalten. In einem weiteren Schritt werden<br />
über ein Kantenerkennungsverfahren (Difference<br />
Edge Detector) alle Kanten im Bild extrahiert. Eine<br />
nachgeschaltete Bilderkennung identifiziert zusammenhängende<br />
Objekte im Konturenbild und entfernt<br />
diejenigen, die nicht den spezifizierten Kriterien, wie<br />
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PAISO12010
Hauptbeitrag | Automation 2011<br />
zum Beispiel einer bestimmten Größe, entsprechen.<br />
Danach wird geprüft, ob das erkannte Gebilde die<br />
Form eines Recheckes mit einem definierten Höhen-/<br />
Seitenverhältnis aufweist. Ist die Form erkannt worden,<br />
wird die Position (beispielsweise die Mitte des<br />
Rechtecks) als Koordinate bestimmt.<br />
Um die Sicherheit des Verfahrens zu gewährleisten,<br />
werden während des Vorgangs laufend Plausibilitätskontrollen<br />
durchgeführt. Die erkannten Koordinaten werden<br />
nur übernommen, sofern ein genau passendes Objekt in<br />
dem aktuellen Bild gefunden wurde. Das Verfahren erlaubt<br />
die Verfolgung von Bewegungen der Markierfläche.<br />
Translation, Rotation und Entfernungsänderung werden<br />
erkannt. Die Grundidee für das Verfahren stammt aus<br />
der Glyphen-Erkennung- und Verfolgung. Glyphen können<br />
in der Robotik unter anderem zur Navigation und<br />
zur Übermittlung von Kommandos an <strong>Roboter</strong> verwendet<br />
werden [5]. Aber auch Anwendungen in der Automatisierungstechnik<br />
zum Beispiel bei der Produktidentifikation<br />
sind möglich. Hier können Scanner aus einem<br />
Kamerabild 2D-Barcodes extrahieren, die an einer beliebigen<br />
Stelle im Bild angebracht sein können.<br />
Zusammenfassung<br />
Methoden und Verfahren der Automatisierungstechnik<br />
sind auch für die Entwicklung medizintechnischer<br />
Geräte einsetzbar. Gerade die Verfahren zur Entwicklung<br />
komplexer, echtzeitfähiger Systeme lassen sich<br />
sinnvoll einsetzen. Know-how aus der Entwicklung<br />
von sicherheitsgerichteten Systemen konnte in ähnlicher<br />
Art wieder verwendet werden. Die Softwarelebenszyklen<br />
sind sehr ähnlich, die Anforderungen an<br />
die Software vergleichbar. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
zwischen Hochschulen und Firmen bietet<br />
eine Wissensbasis, in der die Teildisziplinen gut<br />
verzahnt werden konnten.<br />
Manuskripteingang<br />
10. Juni 2011<br />
Referenzen<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
[1] Traupe, H., Robra, B.-P.: Gesundheitsberichterstattung des<br />
Bundes, Heft 11, Schuppenflechte. Statistisches Bundesamt,<br />
Robert Koch Institut. 2002<br />
[2] Niemann, K.-H., Schmerling, O.: Abschlussbericht für das<br />
FH³-Forschungsprojekt: „Entwicklung eines umfeldschonenden<br />
Verfahrens zur UV-Behandlung von Hautkrankheiten<br />
(UVUV)“. Projekt gefördert vom BMBF, Förderkennzeichen<br />
1728A05. Hannover. 2009. Download: http://edok01.tib.<br />
uni-hannover.de/edoks/e01fb09/614271002.pdf<br />
[3] Abe, S.: Support Vector Machines for Pattern Classification.<br />
Springer Verlag, London. 2010<br />
[4] Vogt, M.: Support Vector Machines for Identification and<br />
Classification Problems in Control Engineering.<br />
VDI-Verlag, Düsseldorf , 2008<br />
[5] Kirillov, A.: Glyph’s Recognition.<br />
http://www.aforgenet.com/articles/glyph_recognition/<br />
Autoren<br />
Prof. Dr.-Ing. Karl-<br />
Heinz Niemann<br />
(Jahrgang 1959)<br />
vertritt seit dem Jahr<br />
2005 die Lehrgebiete<br />
Prozessinformatik<br />
und Automatisierungstechnik<br />
an der<br />
Fachhochschule<br />
Hannover. Von 2002 bis 2005 war er an<br />
der Fachhochschule Nordostniedersachsen<br />
für das Lehrgebiet Prozessdatenverarbeitung<br />
verantwortlich. Davor war er<br />
in leitender Stellung in der Entwicklung<br />
von Prozessleitsystemen unter anderem<br />
bei ABB, Elsag Bailey und Hartmann &<br />
Braun tätig.<br />
Dipl.-Ing. Friedrich<br />
Lüllau (Jahrgang<br />
1955) ist geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
der Lüllau<br />
Engineering GmbH.<br />
Seit 2009 betreibt er<br />
hauptberuflich das<br />
Ingenieurbüro<br />
Lüllau Engineering GmbH mit dem Ziel,<br />
daraus ein Industrieunternehmen der<br />
Medizintechnik zu formen. Seine<br />
Arbeitsschwerpunkte sind Technologie,<br />
Strategie und Produktdesign sowie<br />
Management, Marketing, Vertrieb und<br />
das Finanzwesen.<br />
Dipl.-Ing. (FH)<br />
Oliver<br />
Schmerling<br />
(Jahrgang 1978)<br />
arbeitet seit 2007 im<br />
Rahmen verschiedener<br />
Drittmittelprojekte<br />
als wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter<br />
an der Fachhochschule Hannover.<br />
Darunter auch an dem Projekt „Entwicklung<br />
eines medizinischen UV-<br />
Bestrahlungsgerätes mit Minimierung<br />
des Karzinomrisikos“ (UVST) sowie<br />
dem Forschungsprojekt „Umfeldschonende<br />
Behandlung von Hautkrankheiten<br />
mit UV-Licht“ (UVUV).<br />
Fachhochschule Hannover,<br />
Fachbereich Elektrotechnik,<br />
Postfach 92 02 61, D-30441 Hannover.<br />
Tel. +49 (0) 511 92 96 12 64,<br />
E-Mail: Karl-Heinz.Niemann@FH-Hannover.de<br />
Lüllau Engineering GmbH,<br />
Auf dem Schmaarkamp 21,<br />
D-21339 Lüneburg,<br />
Tel. +49 (0) 4131 70 97 99 71,<br />
E-Mail: fl@luellau-engineering.de<br />
Fachhochschule Hannover,<br />
Fachbereich Elektrotechnik,<br />
Postfach 92 02 61, D-30441 Hannover.<br />
Tel. +49 (0) 511 92 96 12 64,<br />
E-Mail: Oliver.Schmerling@FH-Hannover.de<br />
76<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
WISSEN für die ZUKUNFT<br />
Einzigartige Marktübersicht<br />
für PROFIBUS-Experten<br />
PROFIBUS<br />
Diagnose und Messungen<br />
Marktübersicht von Mess- und<br />
Diagnosegeräten für PROFIBUS DP/PA<br />
Dieses Anwenderhandbuch wendet sich an Errichter<br />
und Betreiber von PROFIBUS-basierten Automatisierungsanlagen,<br />
die eine Orientierung bei der Auswahl<br />
passender Mess- und Diagnosewerkzeuge benötigen.<br />
In diesem Werk werden Messgeräte beschrieben, die bei<br />
der Inbetriebnahme und Fehlersuche von PROFIBUS DP<br />
und PA-Netzwerken verwendet werden. Die am Markt<br />
erhältlichen Mess- und Diagnosegeräte werden in Klassen<br />
eingeteilt und in tabellarischer Form verglichen. Eine<br />
Kurzbeschreibung mit Abbildung für jedes Gerät ergänzt<br />
die Marktübersicht. Wegen der übersichtlichen Darstellung<br />
ist es einfach, detaillierte Informationen zu recherchieren<br />
und zu vergleichen, um das optimale Gerät auszuwählen.<br />
Sämtliche Messgeräte wurden eigens beschafft und<br />
eingehend getestet.<br />
Das Buch verschafft PROFIBUS-Anwendern einen einzigartigen<br />
Überblick, welche Messgerätetypen es gibt und<br />
wofür diese sinnvoll einzusetzen sind.<br />
K.-H. Niemann / T. Kröger<br />
1. Auflage 2010, 152 Seiten, Broschur, mit CD-ROM<br />
Fachbuch<br />
+ CD-ROM<br />
Über 1.600 Seiten nützliche,<br />
ergänzende Inhalte (z. B. Montage-,<br />
Inbetriebnahme- und Planungsrichtlinien<br />
sowie Systembeschreibungen)<br />
Oldenbourg Industrieverlag<br />
www.oldenbourg-industrieverlag.de<br />
Vorteilsanforderung per Fax: +49 (0) 201 / 820 02 - 34 oder im Fensterumschlag einsenden<br />
Ja, ich bestelle gegen Rechnung 3 Wochen zur Ansicht<br />
___ Ex. PROFIBUS – Diagnose und Messungen<br />
1. Aufl age 2010 für € 59,90 (zzgl. Versand)<br />
ISBN: 978-3-8356-3204-2<br />
Die bequeme und sichere Bezahlung per Bankabbuchung wird mit einer<br />
Gutschrift von € 3,- auf die erste Rechnung belohnt.<br />
Firma/Institution<br />
Vorname/Name des Empfängers<br />
Straße/Postfach, Nr.<br />
Land, PLZ, Ort<br />
Antwort<br />
Vulkan-Verlag GmbH<br />
Versandbuchhandlung<br />
Postfach 10 39 62<br />
45039 Essen<br />
Widerrufsrecht: Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch<br />
Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige<br />
Absendung des Widerrufs oder der Sache an die Vulkan-Verlag GmbH, Versandbuchhandlung, Postfach 10 39 62, 45039 Essen.<br />
Nutzung personenbezogener Daten: Für die Auftragsabwicklung und zur Pfl ege der laufenden Kommunikation werden personenbezogene Daten erfasst,<br />
gespeichert und verarbeitet. Mit dieser Anforderung erkläre ich mich damit einverstanden, dass ich □ per Post, □ per Telefon, □ per Telefax, □ per<br />
E-Mail vom Oldenbourg Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag über interessante Fachangebote informiert und beworben werde. Diese Erklärung kann ich<br />
mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.<br />
Telefon<br />
Telefax<br />
E-Mail<br />
Branche/Wirtschaftszweig<br />
Bevorzugte Zahlungsweise □ Bankabbuchung □ Rechnung<br />
Bank, Ort<br />
Bankleitzahl<br />
✘<br />
Datum, Unterschrift<br />
Kontonummer<br />
PDMdZ2010
praxis<br />
Drahtlose Ortungssysteme maßgeschneidert:<br />
mobile Betriebsmittel per RFID überwachen<br />
Die skalierbaren Lösungen eignen sich auf für die Kontrolle innerhalb geschlossener Hallen<br />
RFID-Lokalisierungssysteme erlauben einen effizienteren<br />
Einsatz beispielsweise von tragbaren Werkzeugen,<br />
mobilen Maschinen, Transportbehältern, Fahrzeugen.<br />
Zudem können Besucher, eigenes Personal und<br />
Betriebsmittel zuverlässig überwacht und gemanagt<br />
werden. Selbst für Ex-Bereiche sind derartige Lösungen<br />
verfügbar. Durch skalierbare Leistungsfähigkeit machen<br />
sie passgenaue und kostengünstige Implementierungen<br />
möglich.<br />
Lokalisierungssysteme können Funksignale unterschiedlicher<br />
Art verwenden. Grundbaustein aller Lösungen<br />
sind Transponder, die an Fahrzeugen oder Betriebsmitteln<br />
angebracht oder von Personen zum Beispiel an<br />
der Arbeitskleidung getragen werden. In der zu überwachenden<br />
Anlage werden außerdem gegebenenfalls erforderliche<br />
Controller installiert. Hardwareseitig nutzen<br />
gängige Lösungen entweder den Funkstandard RFID<br />
(Radio Frequency Identification) oder das Global Positioning<br />
System (GPS).<br />
Spezielle Systeme zur RFID-Ortung ermöglichen auch in<br />
Ex-Bereichen die Standortbestimmung von Personen, Fahrzeugen<br />
und anderer mobiler Betriebsmittel.<br />
Ein Edgeware-Server sorgt für den reibungslosen Datenaustausch<br />
zwischen dem RFID-Lokalisierungssystem und Anwendungen<br />
auf der übergeordneten IT-Ebene.<br />
RFID-Tags<br />
für das ISwireless-<br />
System sind in sehr<br />
rauer Umgebung<br />
einsetzbar und<br />
bleiben dank ihrer<br />
langlebigen Batterie<br />
viele Jahre wartungsfrei<br />
funktionstüchtig.<br />
Bilder: R. Stahl<br />
GPS EIGNET SICH NUR FÜR DEN AUSSENEINSATZ<br />
GPS bietet prinzipiell den Vorteil, dass kein eigenes Netzwerk<br />
von Empfängern in einer Anlage installiert werden<br />
muss. Für viele Prozessanlagen scheidet diese Option<br />
allerdings von vornherein aus, da sich das Satelliten-gestützte<br />
System nur für Außenbereiche eignet. Sehr oft soll<br />
aber auch das Innere von Gebäuden in die Überwachung<br />
einbezogen werden, wo sich eine ständige Verbindung<br />
zum Satellitensystem nicht gewährleisten lässt und GPS<br />
daher nicht einsetzbar ist.<br />
Im Gegensatz dazu ist ein Lokalisierungssystem auf<br />
Basis von aktiven RFID-Tags für Indoor- und Outdoor-<br />
Nutzung gleichermaßen geeignet. Solche Transponder<br />
übermitteln und empfangen Daten im Freien oft noch<br />
über weit mehr als 100 m. Auch Signale aktiver Tags in<br />
Gebäuden sind noch in beträchtlicher Entfernung zu<br />
empfangen, sogar durch mehrere Wände hindurch. Darüber<br />
hinaus liegen die Kosten pro Transponder-Einheit<br />
klar unter denen von GPS-Sendern in Industrieausführung.<br />
PASSGENAUE LÖSUNG FÜR JEDEN EINZELFALL<br />
Ein Echtzeitsystem zur Positionsbestimmung kann<br />
grundsätzlich gut auf die konkreten Bedürfnisse individueller<br />
Anwender abgestimmt werden. Berücksichtigt<br />
werden kann erstens die Größe des zu überwachenden<br />
Areals insgesamt. Außerdem kann nach Standorten mit<br />
Anlagen im Gebäudeinneren, solchen mit Anlagen ausschließlich<br />
im Freien und den recht häufigen gemischten<br />
Szenarien differenziert werden. Daneben unterscheidet<br />
sich je nach Anwendung auch die geforderte Ortungsgenauigkeit<br />
und -geschwindigkeit.<br />
Eine Rolle für Projektierung und Implementierung einer<br />
passgenauen Lösung spielen schließlich noch die<br />
Bewegungshäufigkeit und -geschwindigkeit der Betriebsmittel<br />
oder der Personen, die mit Lokalisierungs-Tags<br />
versehen werden sollen. Die einfachsten Systeme registrieren<br />
lediglich die Anwesenheit beobachteter Arbeits-<br />
78<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
mittel oder Personen an wenigen konkreten Orten. Objekte<br />
und Mitarbeiter mit Tags werden in diesem Fall nur<br />
jeweils dann identifiziert und geortet, wenn ihre Signale<br />
von den an den spezifischen Orten einzeln installierten<br />
RFID-Controllern empfangen werden. So kann beispielsweise<br />
bei Evakuierungen festgestellt werden, ob<br />
und wann alle im Gebäude anwesenden Mitarbeiter<br />
bestimmte Sammelpunkte erreicht haben. Das Container-Tracking<br />
wiederum lässt sich bei einer solchen Lösung<br />
zum Beispiel dazu nutzen, das Eintreffen eines<br />
leeren Tanks an einem Ankunfts- oder Abstellpunkt zu<br />
registrieren, ebenso dessen Erreichen einer Reinigungsstation<br />
sowie beispielsweise die Bereitstellung zur erneuten<br />
Befüllung und Verladung.<br />
GANZE ZONEN UNTER KONTROLLE<br />
Mit einem leistungsfähigeren System lassen sich weitergehende<br />
Überwachungsmöglichkeiten für ganze Zonen<br />
schaffen. Notwendig ist dazu die Installation einer Reihe<br />
fest installierter Controller, die als Verbund eine Zone<br />
bilden. Nützlich ist dies unter anderem für die laufend<br />
aktuelle Standortbestimmung von Arbeitsmitteln, die<br />
immer wieder mobil in unterschiedlichen Teilbereichen<br />
eingesetzt werden und deren aktueller Standort nicht immer<br />
absehbar und planbar ist. R. Stahl zum Beispiel bietet<br />
Systemlösungen zur Zonenlokalisierung an, die in<br />
einem Umkreis von bis zu 160 m anwesende RFID-Tags<br />
identifizieren und dem entsprechenden Anlagenteil zuordnen<br />
können.<br />
Im anspruchsvollsten Szenario kann eine exakte Lokalisierung<br />
beispielsweise von Personen in bestimmten<br />
Räumen oder Behältern auf bestimmten Stellflächen erfolgen.<br />
Eine entsprechend genaue Positionsbestimmung<br />
von RFID-Tags lässt sich auf der Grundlage der Signalfeldstärke<br />
eines Tags oder anhand von Laufzeitmessungen<br />
ermitteln. Um einen Einsatz auch in Anlagen mit<br />
gas- und staubexplosionsgefährdeten Bereichen zu ermöglichen,<br />
stellt R. Stahl aktive RFID-Tags in eigensicherer<br />
Bauart zur Verfügung und bietet die Controller<br />
des Systems in druckfest gekapselten Gehäusen an.<br />
GEEIGNET FÜR einen GROSSEN TEMPERATURBEREICH<br />
Die Komponenten sind auf einen sehr breiten Umgebungstemperaturbereich<br />
von -40 °C bis +50 °C (Transponder)<br />
beziehungsweise -20 °C bis +60 °C (Controller) ausgelegt.<br />
Die Controller in Schutzart IP66 sind für die Installation<br />
in Zone 1 und 2 sowie 21 und 22 geeignet. Die nicht einmal<br />
2 cm hohen Tags sind gerade für Außenbereiche noch<br />
robuster (Schutzart IP67) konstruiert – sie können zusätzlich<br />
auch in der Zone 0 beziehungsweise 20 verwendet<br />
werden. Ihre Batterie-Lebensdauer ermöglicht eine Nutzung<br />
über sechs bis zehn Jahre. Die Controller erlauben<br />
die Positionsüberwachung von bis zu 100 RFID-Tags pro<br />
Sekunde und über 1000 Tags an Geräten oder Personen<br />
insgesamt.<br />
Die RFID-Empfänger verfügen sowohl über eine Standard-100BaseTx-<br />
als auch über eine WLAN-Client-<br />
Schnittstelle, passen also physikalisch zur üblichen<br />
Ethernet-Infrastruktur. Bei der vorgestellten Lösung<br />
werden die von den RFID-Empfängern gesammelten Informationen<br />
über eine Edgeware von R. Stahl aufbereitet.<br />
Im einfachsten Fall bedeutet dies, dass die Informationen<br />
von den Controllern abgefragt und gefiltert werden:<br />
Redundante Informationen werden ausgesondert, nur<br />
die effektive Statusänderung wird an Kundenapplikationen<br />
weitergegeben.<br />
EDGEWARE SCHREIBT UND LIEST DIE DATEN<br />
Zusätzlich übernimmt die Edgeware das Schreiben und<br />
Lesen von Daten auf und von RFID-Tags. Jeder Transponder<br />
kann mit 112 Bytes zusätzlichen Nutzdaten beschrieben<br />
werden. Unter Edgeware ist eine Middleware zu verstehen,<br />
die auf einem sogenannten Edge Server läuft, das<br />
heißt einem strukturell am Netzwerk-Rand platzierten<br />
System. Es stellt den Übergangspunkt zwischen der RFID-<br />
Infrastruktur und der höheren IT-Ebene dar: Die Aufbereitung<br />
durch die Edgeware ermöglicht die Datenübergabe<br />
zwischen einer genormten Schnittstelle auf der einen<br />
und übergeordneten Softwareanwendungen auf der anderen<br />
Seite. Bei Letzteren kann es sich beispielsweise um<br />
spezielle Asset Tracking-Software, ERP-Systeme, Scada-<br />
Lösungen oder PLS handeln.<br />
Die Edgeware bedient sich der Protokollspezifikation<br />
SOAP. Diese Schnittstelle zum Web gewährleistet bei<br />
verschiedensten IT-Topologien sehr flexible Möglichkeiten<br />
zur Integration. Funktionen wie Gate Access, People<br />
Monitoring und Container Tracking lassen sich dank<br />
SOAP komfortabel über einen Browser nutzen. Erforderliche<br />
und gewünschte übergeordnete Software wird entsprechend<br />
der Kundenanwendung ausgewählt und üblicherweise<br />
von einem Systemintegrator implementiert.<br />
Dabei kann es sich um einen Dienstleister handeln, der<br />
bereits ERP-Systeme beim Anwender installiert hat.<br />
Autor<br />
Karl-Heinz Christoffel<br />
ist tätig im Vertrieb Automatisierung<br />
bei R. Stahl.<br />
R. Stahl AG,<br />
Am Bahnhof 30, D-74638 Waldenburg,<br />
Tel. +49 (0) 162 282 44 73<br />
E-Mail: karl-heinz.christoffel@stahl.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
79
praxis<br />
Sichere Verbindung in jeder Umgebung<br />
Bewährter Steckverbinder lässt sich nun auch unter extremen Bedingungen einsetzen<br />
Fit für extreme<br />
Umweltbedingungen:<br />
Für den Außeneinsatz in<br />
verschiedensten Einsatzfeldern<br />
wurde eine<br />
Outdoor-Version des<br />
M12-Steckverbinders<br />
entwickelt.<br />
Härtetest:<br />
Während ihrer Entwicklung<br />
mussten die neuen<br />
Steckverbinder auch<br />
Klimatests bestehen.<br />
egen seiner Robustheit und seiner hohen Marktdurchdringung<br />
ist der M12-Steckverbinder seit<br />
W<br />
langem eine gute Wahl für Signal- und Datensteckverbindungen.<br />
Schon heute wird das System in Outdoor-<br />
Applikationen eingesetzt. Eine neue Version des Verbinders<br />
mit modifizierten Materialien erlauben nun<br />
auch den langfristig zuverlässigen Einsatz unter extremen<br />
Bedingungen.<br />
Signal- und Datensteckverbinder aus dem industriellen<br />
Umfeld werden immer häufiger auch im Außenbereich<br />
eingesetzt. Die dort herrschenden Umweltbedin-<br />
gungen setzen den Komponenten, die nicht für den<br />
extremen Einsatz konzipiert wurden, oft schwer zu –<br />
ein sicherer Betrieb über einen längeren Zeitraum ist<br />
kaum möglich. Mit umfangreichen Tests und einer neuen<br />
Materialkombination hat Phoenix Contact den weit<br />
verbreiteten M12-Steckverbinder nun für den Extremeinsatz<br />
fit gemacht.<br />
Erneuerbare Energien, intelligente Systeme für Infrastruktur-Projekte,<br />
die Forderung nach hoher Verfügbarkeit<br />
von Maschinen und Anlagen – das sind die Trends,<br />
die den klassischen Industrie-Steckverbindern neue<br />
80<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011
Anwendungsfelder erschließen. Steckverbinder in<br />
Windkraftanlagen, in Solar-Nachführungs-Steuerungen<br />
oder auch im Nutz- und Sonderfahrzeugbau unterscheiden<br />
sich zunächst kaum von denen in Fabrikhallen.<br />
Das ist durchaus nachvollziehbar, da viele der<br />
praxisbewährten Eigenschaften und Funktionen aus<br />
dem Industrieumfeld auch im Extremeinsatz benötigt<br />
werden. Industrie-Steckverbinder bieten aufgrund ihrer<br />
Bauart Schutz gegen das Eindringen von Schmutz,<br />
Staub und Flüssigkeit. Zudem sind sie so robust ausgelegt,<br />
dass Schock und Vibration ihnen nichts anhaben<br />
können. Auf der anderen Seite können die extremen<br />
Anforderungen im Außenbereich die Lebenszyklen einzelner<br />
Bauteile verkürzen.<br />
Bei der Entwicklung und Auslegung von Komponenten<br />
für extreme Einsatzgebiete müssen zunächst die unterschiedlichsten<br />
Anforderungen exakt definiert werden.<br />
Denn es gibt weder eine Norm noch marktübliche Testvorgaben,<br />
nach denen sich ein Steckverbinder für den<br />
Outdoor-Einsatz konzipieren ließe. Allgemein gilt, dass<br />
Steckverbindungen im Außenbereich mit UV-Strahlung,<br />
Ozonbelastung, trockener und feuchter Wärme, Regen<br />
und Schnee sowie Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt<br />
zurecht kommen müssen. Besonders der extreme<br />
Wechsel zwischen Temperaturbereichen stellt eine hohe<br />
Belastung für die Materialien dar. Auch die mechanische<br />
Beanspruchung sowie die Forderung des Endanwenders<br />
nach leichter und flexibler Montage spielen in diesem<br />
Kontext eine Rolle.<br />
Der M12-Steckverbinder, seit Jahren Rückgrat in der<br />
Automatisierungstechnik, wird immer häufiger auch in<br />
den erwähnten Applikationen nachgefragt und eingesetzt.<br />
Einen Nachweis für die Outdoor-Tauglichkeit von<br />
M12-Steckverbindern fehlt aber bislang.<br />
Am Anfang der Entwicklung des Outdoor-M12 standen<br />
daher ein detailliertes Anforderungsprofil und ein umfassender<br />
Prüfplan, der neben den M12-Norm-Anforderungen<br />
gemäß IEC 61076-2-101 auch die spezifischen<br />
klimatischen und mechanischen Anforderungen der<br />
Outdoor-Bereiche widerspiegelt.<br />
Zunächst wurden die handelsüblichen M12-Steckverbinder<br />
gründlichen Tests unterzogen. Dabei kristallisierte<br />
sich heraus, dass viele der in konventionellen Steckverbindern<br />
verwendeten Materialien und Materialkombinationen<br />
den hohen Anforderungen des Outdoor-Einsatzes<br />
nicht genügten.<br />
Bei der neuen M12-Outdoor-Serie von Phoenix Contact<br />
kommen daher Gehäusematerialien wie PP (Polypropylen),<br />
PA (Polyamid) und PBT (Polybutylenterephthalat)<br />
zum Einsatz. Bei den umspritzten Steckverbindern wurde<br />
ein neues Dichtkonzept im Umspritzbereich entwickelt,<br />
das sich an Leitungskonzepte im Solarbereich<br />
anlehnt. Diese Anpassungen ermöglichen auch unter den<br />
widrigsten Witterungsbedingungen die Einhaltung der<br />
Schutzarten IP67 und IP69k. Zudem weisen die Leitungen<br />
auch bei hohen Temperaturen eine hohe Ölbeständigkeit<br />
auf – wovon zum Beispiel Mobilhydraulik-Applikationen<br />
profitieren. Spezielle Dichtungen verhindern<br />
ein Verspröden und eine mögliche Rissbildung und somit<br />
das vorzeitige Altern.<br />
Die Metallteile für die Verschraubungen sowie die<br />
Schirmungskomponenten bei den geschirmten Steckverbindern<br />
bestehen aus korrosionsbeständigen hochwertigen<br />
Edelstahl-Legierungen wie V4A oder einem neuartig<br />
beschichtetem Zink-Druckguss. So ist auch bei aggressiver<br />
Atmosphäre, etwa bei Seeklima, ein optimaler Korrosionsschutz<br />
über einen langen Zeitraum möglich. Bewähren<br />
mussten sich die neuen Verbinder in der Testphase<br />
unter anderem in: Witterungstest (UV), IP67, IP68,<br />
IP69k, Kesternich-Test, Salznebel-Sprüh-Test, schnelle<br />
Temperaturwechsel, konstante feuchte Wärme, trockene<br />
Hitze, korrosive Gase und Ozon-Beständigkeit.<br />
Das M12-Outdoor-Programm von Phoenix Contact umfasst<br />
Verteilerboxen, konfektionierbare Steckverbinder<br />
sowie vorkonfektionierte M12-Leitungen in unterschiedlichen<br />
Längen. Die M12-Leitungen sind geschirmt und<br />
ungeschirmt verfügbar, die Schirmelemente des Steckverbinders<br />
sind dabei erstmalig in Edelstahl ausgeführt.<br />
Die Anbindung des Schirmgeflechtes erfolgt nicht durch<br />
eine auf die Leitung gecrimpte Verbindung, sondern<br />
durch eine 360°-Verbindung direkt auf der Schirmhülse.<br />
Selbst bei hohen mechanischen Belastungen durch<br />
Schock und Vibration arbeitet die Schirmung sicher und<br />
unterbrechungsfrei. Damit sind auch CAN-Bus- oder<br />
Ethernet-Varianten möglich, die häufig für die Datenkommunikation<br />
in den beschriebenen Applikationen<br />
genutzt werden.<br />
Der Anwender muss stets die Umwelteinflüsse auf<br />
seine spezifische Applikation bewerten. Nicht immer<br />
ist eine Outdoor-Steckverbindung notwendig. Da aber<br />
zahlreiche Umwelteinflüsse die Materialien erst über<br />
einen längeren Zeitraum schädigen, ist eine nachgewiesene<br />
Outdoor-Tauglichkeit ein nicht zu unterschätzender<br />
Faktor – im Hinblick auf die Sicherheit und damit<br />
auch auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage.<br />
Autor<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Michael<br />
Lüdke ist im Produkt-<br />
Marketing Industrie-Steckverbinder<br />
Pluscon tätig.<br />
Phoenix Contact GmbH & Co. KG,<br />
Flachsmarktstr. 8, D-32825 Blomberg,<br />
Tel.: +49 (0) 5235 33 02 52,<br />
E-Mail: mluedke@phoenixcontact.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7-8 / 2011<br />
81
impressum / <strong>Vorschau</strong><br />
Impressum<br />
<strong>Vorschau</strong><br />
Verlag:<br />
Oldenbourg Industrieverlag GmbH<br />
Rosenheimer Straße 145<br />
D-81671 München<br />
Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-0<br />
Telefax + 49 (0) 89 4 50 51-3 23<br />
www.oldenbourg-industrieverlag.de<br />
Geschäftsführer:<br />
Carsten Augsburger<br />
Jürgen Franke<br />
Hans-Joachim Jauch<br />
Publisher:<br />
Wolfgang Mönning<br />
Herausgeber:<br />
Dr. V. Huck<br />
Dr. G. Kegel<br />
Dipl.-Ing. H. Kumpfmüller<br />
Dr. N. Kuschnerus<br />
Beirat:<br />
Dr.-Ing. K. D. Bettenhausen<br />
Prof. Dr.-Ing. Ch. Diedrich<br />
Prof. Dr.-Ing. U. Epple<br />
Prof. Dr.-Ing. A. Fay<br />
Prof. Dr.-Ing. M. Felleisen<br />
Prof. Dr.-Ing. G. Frey<br />
Prof. Dr.-Ing. P. Göhner<br />
Dipl.-Ing. Th. Grein<br />
Prof. Dr.-Ing. H. Haehnel<br />
Dr.-Ing. J. Kiesbauer<br />
Dipl.-Ing. R. Marten<br />
Dipl.-Ing. G. Mayr<br />
Dr. J. Nothdurft<br />
Dr.-Ing. J. Papenfort<br />
Dr. A. Wernsdörfer<br />
Dipl.-Ing. D. Westerkamp<br />
Dr. Ch. Zeidler<br />
Organschaft:<br />
Organ der GMA<br />
(VDI/VDE-Gesell schaft Messund<br />
Automatisierungs technik)<br />
und der NAMUR<br />
(Interessen gemeinschaft<br />
Automatisierungs technik der<br />
Prozessindustrie).<br />
Redaktion:<br />
Gerd Scholz (verantwortlich)<br />
Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-3 44<br />
Telefax + 49 (0) 89 4 50 51-3 23<br />
E-Mail: scholz@oiv.de<br />
Anne Hütter<br />
Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-4 18<br />
Telefax + 49 (0) 89 4 50 51-3 23<br />
E-Mail: huetter@oiv.de<br />
Einreichung von Hauptbeiträgen:<br />
Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas<br />
(Chefredakteur, verantwortlich<br />
für die Hauptbeiträge)<br />
Technische Universität Dresden<br />
Fakultät Elektrotechnik<br />
und Informationstechnik<br />
Professur für Prozessleittechnik<br />
D-01062 Dresden<br />
Telefon +49 (0) 351 46 33 96 14<br />
E-Mail: urbas@oiv.de<br />
Fachredaktion:<br />
M. Blum<br />
Prof. Dr. J. Jasperneite<br />
Dr. B. Kausler<br />
Dr. N. Kiupel<br />
Dr. W. Morr<br />
I. Rolle<br />
F. Schiller<br />
Bezugsbedingungen:<br />
„<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis“ erscheint<br />
monatlich mit einer Doppelausgabe im<br />
Januar/Februar und Juli/August.<br />
Bezugspreise:<br />
Abonnement (Deutschland):<br />
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Die Preise enthalten bei Lieferung<br />
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für alle übrigen Länder sind es<br />
Nettopreise. Mitglieder der GMA: 30%<br />
Ermäßigung auf den Heftbezugspreis.<br />
Bestellungen sind jederzeit über den<br />
Leserservice oder jede Buchhandlung<br />
möglich.<br />
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Telefon + 49 (0) 89 4 50 51-2 26<br />
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E-Mail: krawczyk@oiv.de<br />
Druck:<br />
Druckerei Chmielorz GmbH<br />
Ostring 13<br />
D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt<br />
Gedruckt auf chlor- und<br />
säurefreiem Papier.<br />
Die <strong>atp</strong> wurde 1959 als „Regelungstechnische<br />
Praxis – rtp“ gegründet.<br />
© 2011 Oldenbourg Industrieverlag<br />
GmbH München<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Mit Ausnahme<br />
der gesetzlich zugelassenen Fälle ist<br />
eine Verwertung ohne Ein willigung des<br />
Verlages strafbar.<br />
ISSN 2190-4111<br />
Die Ausgabe 9 / 2011 der<br />
erscheint am 29.8.2011<br />
Mit folgenden Beiträgen:<br />
Montagemaschinen simulieren<br />
– Automatisierte Erstellung von<br />
Verhaltensmodellen<br />
Life Cycle Support per<br />
Simulator – Konzept und<br />
Umsetzung für große Anlagen<br />
Informationstechnische<br />
Unterstützung der<br />
Arbeitsabläufe in der<br />
Anlagenplanung<br />
Von Zäunen befreit – <strong>Roboter</strong><br />
mit Ultraschall absichern<br />
...und vielen weiteren Themen.<br />
Aus aktuellem Anlass können sich die Themen<br />
kurzfristig verändern.<br />
LeserService<br />
e-Mail:<br />
leserservice@oiv.de<br />
Telefon:<br />
+ 49 (0) 931 4170-1615<br />
82<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
7–8/ 2011
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Marcus Plantenberg: Tel. +49 (0) 89 55 07 99 09<br />
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