atp edition Virtuelle inbetriebnahme von Transportsystemen (Vorschau)
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6 / 2011
53. Jahrgang B3654
Oldenbourg Industrieverlag
Automatisierungstechnische Praxis
Virtuelle Inbetriebnahme
von Transportsystemen | 26
Inline-Check texturierter
Kunststoffoberflächen | 34
Holistic Workspace – Den Leitstand
der Zukunft gestalten! | 44
Tests von Feldgeräten mit
Profibus PA-3.02 | 52
editorial
Wie real ist die virtuelle
Inbetriebnahme?
Die „digitale Fabrik“ bietet Nutzungsmöglichkeiten über den gesamten Lebenszyklus
von Produkten und Anlagen. Die Automatisierungstechnik kann
dabei in vielerlei Hinsicht profitieren, etwa bei der Anforderungsermittlung,
beim modellbasierten Entwurf von Regelungen und Steuerungen, beim Test
oder bei der Fehlerdetektion und -diagnose. Beim Engineering automatisierter
Anlagen liegt es gedanklich nahe, die Automatisierungsfunktionen anhand
eines digitalen Modells der Anlage per Simulation zu testen, als „virtuelle
Inbetriebnahme“ (VIBN), um Fehler im vorangegangenen Entwicklungs- beziehungsweise
Engineeringprozess zu erkennen. Die methodischen Grundlagen
dafür sind inzwischen gelegt. Beispielsweise wurden am 13. Mai an der
TU Dresden die Ergebnisse des Verbundprojekts „OMSIS“ präsentiert: eine
durchgängige Werkzeugkette für eine integrierte Test-Simulationsumgebung,
welche die Teilaufgaben Simulation, Datenerfassung (Monitoring), Testfallgenerierung
und -ausführung sowie Systemanalyse und -diagnose erleichtert.
Virtuelle Anlagenmodelle werden auch in zwei Hauptbeiträgen dieser Ausgabe
der atp edition behandelt.
Welche Fehler bei der VIBN gefunden werden, hängt wesentlich davon ab, wie
„real“ das Modell ist, das heißt, welche Aspekte des Produktionsprozesses, speziell
der „Physik“, im Modell berücksichtigt werden. Bei fertigungstechnischen Prozessen
liegt die Grenze in der Praxis derzeit bei der Berücksichtigung von Massenträgheit,
Reibung und Schwingungen, bei verfahrenstechnischen Prozessen bei der
Abbildung der chemischen und energetischen Abläufe. Grundsätzlich könnten alle
diese Effekte mitmodelliert werden, dies bedeutet aber Aufwand. Dieser Aufwand
hinsichtlich Zeit und Kosten für die Erstellung des Simulationsmodells der Produktionsanlage
ist bislang das Haupthindernis für den systematischen Einsatz der
VIBN in der Anlagenplanung und -realisierung; daher ist die VIBN in der Praxis
noch nicht so „real“, wie es ihrem potenziellen Nutzen entspricht.
Wie können die Kosten für die Modellerstellung reduziert werden?
Prof. Dr.-Ing.
Alexander Fay,
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-
Universität/Universität der
Bundeswehr Hamburg
Durch Nutzung von vorhandenen Modellen aus früheren Phasen
des Engineerings, etwa aus der Verfahrenstechnik- oder Materialflusssimulation?
Durch Mehrfachnutzung der Modelle in späteren Phasen, beispielsweise
für die Schulung der Anlagenfahrer, für Optimierung und
Diagnose?
Durch zumindest teilweise automatische Generierung der Modelle,
etwa aus Anlagenplanungsdaten?
Diesen Fragen wird im GMA-Fachausschuss 6.11 nachgegangen. Die Entwickler
von CAE-Systemen sind zur Mitarbeit eingeladen wie auch die Hersteller
von Anlagenkomponenten, die künftig die dazugehörigen Simulationsmodelle
zuliefern könnten, sobald es einen akzeptierten Standard gibt, mit dessen
Hilfe Modellbibliotheken angelegt und verbreitet werden können. Wer daran
mitarbeiten möchte, wende sich bitte an die GMA-Geschäftsstelle oder direkt
an den FA-Leiter, Prof. Schumann (reimar.schumann@fh-hannover.de) – damit
die VIBN bald reale Praxis wird!
atp edition
6 / 2011
3
SIL
Sprechstunde
3. SIL-Sprechstunde
Funktionale Sicherheit
15. + 16.9.2011, Mannheim, Pepperl+Fuchs GmbH
www.sil-sprechstunde.de
Veranstaltungskonzept
Thema
Sie fragen – Experten antworten!
Die SIL-Sprechstunde ist eine offene Dialogveranstaltung,
bei der Sie aufgefordert sind, Fragen und Themen
einzubringen. Diese werden im Expertenkreis diskutiert
oder in interaktiver Gruppenarbeit bearbeitet.
Kleinere Unternehmen bearbeiten oft Aufträge von großen
Anwendern, die in vollem Umfang die Erfüllung der
einschlägigen Sicherheitsnormen (z.B. Functional Safety
Management) einfordern.
Die 3. SIL-Sprechstunde behandelt den Themenbereich
Funktionale Sicherheit in kleinen und mittelständischen
Unternehmen – insbesondere rund um die
Umsetzung der EN 61508/61511.
Zielgruppe & Referenten
Diese SIL-Sprechstunde richtet sich besonders an kleine
und mittelgroße Unternehmen.
Die Veranstaltung wird von profilierten Experten aus
der Praxis moderiert und begleitet, die in renommierten
Unternehmen oder Institutionen tätig sind.
Nutzen Sie Ihre Chance!
Machen Sie die 3. SIL-Sprechstunde zu Ihrer
Veranstaltung und reichen Sie schon jetzt unter
www.sil-sprechstunde.de Ihre individuellen Fragen ein.
Termin & Ort
Die SIL-Sprechstunde ist eine Zweitagesveranstaltung am:
• Donnerstag, 15.9.2011
11:30-17:00 Uhr: Fachreferate
18:30-22:00 Uhr: Abendveranstaltung
• Freitag, 16.9.2011
9:00-14:00 Uhr: Workshops
Pepperl+Fuchs GmbH
Lilienthalstr. 200
68307 Mannheim
Programmablauf
Am ersten Tag stehen Fachvorträge der Referenten auf der
Agenda, während am zweiten Tag die im Vorfeld eingereichten
Diskussionsthemen und Fragestellungen in parallel
laufenden Workshops erarbeitet werden.
Im Rahmen der Veranstaltung finden Sie ausreichend Zeit für
den Meinungs- und Erfahrungsaustausch im Kollegenkreis.
Teilnahmegebühr
Abonnenten der atp edition: € 540,-
auf Firmenempfehlung: € 590,-
reguläre Gebühr: € 690,-
Im Preis sind die Tagungsunterlagen sowie die Verpflegung
im Rahmen der Veranstaltung (Kaffeepausen, Mittagessen,
GetTogether) enthalten.
Veranstalter
Detaillierte Informationen zur Veranstaltung, das
vollständige Programm sowie die Online-
Anmeldung finden Sie im Internet unter
www.sil-sprechstunde.de
SOFORTANMELDUNG PER FAX: +49 (0) 201 / 8 20 02 40
Ja, ich melde mich verbindlich für die 3. SIL-Sprechstunde am 15.-16.9.2011 bei Pepperl+Fuchs in Mannheim an.
Ich beziehe atp edition im Abonnement
Ich beziehe atp edition nicht im Abonnement
Ich komme auf Empfehlung von der Firma: .....................................................................................................................................................................
Firma/Institution
Telefon
Telefax
Titel, Vorname, Nachname
E-Mail
Straße/Postfach
Land, PLZ, Ort
Nummer
Branche/Wirtschaftszweig
✘
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Nutzung personenbezogener Daten: Für die Auftragsabwicklung und zur Pflege der laufenden Kommunikation werden personenbezogene Daten erfasst und gespeichert. Mit dieser
Anmeldung erkläre ich mich damit einverstanden, dass ich vom Oldenbourg Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht
über interessante, fachspezifische Medien- und Informationsangebote informiert und beworben werde. Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
in eigener sache
Stabwechsel: Prof. Schiller übergibt
Chefredaktion an Prof. Urbas
Liebe Leser,
die letzten Jahre waren nicht nur für Sie spannend. Auch bei uns in der Redaktion
wurde viel diskutiert, um die angestoßenen Änderungen in der inhaltlichen Ausrichtung
und des Layouts erfolgreich fortzuführen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen,
die Reaktionen der Leser und der Autoren sind durchweg positiv. Auf der Basis dieses
Zuspruchs wird unsere Zeitschrift ihr einzigartiges Profil als Informationsplattform
von Forschung und Industrie weiter schärfen können.
Die Artikel der atp edition beschreiben aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und
Industrie. Wie ich oft erfahren konnte, leiten sie häufig, zum Teil auch kontroverse,
Diskussionen in der Fachwelt ein und fördern den firmen- und verbandsübergreifenden
Informations- und Erfahrungsaustausch. Um eine solche Zeitschrift, in der Entwickler,
Anwender und Technische Manager auf der einen und Doktoranden, Doktoren und
Professoren auf der anderen Seite gleichermaßen das Wort ergreifen, beneidet uns die
internationale Fachwelt.
Prof. Dr.-Ing. Frank
Schiller wechselt in
die Industrie und gibt
die Chefredaktion ab.
Ich habe eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Leiter in der Industrie angenommen.
Daher war es notwendig, einen neuen Chefredakteur zu finden. Glücklicherweise konnte
Prof. Urbas, Inhaber der Professur für Prozessleittechnik an der TU Dresden, für
diese herausfordernde und schöne Aufgabe gewonnen werden. Ich werde der atp weiter
eng verbunden bleiben und als Fachredakteur zur Verfügung stehen.
Mit der Unterstützung der Herausgeber, der Beiräte, der Fachredakteure, des Verlags
und natürlich auch der Unterstützung durch Sie als Leser und Autoren wird es uns
gelingen, unsere Zeitschrift ständig weiterzuentwickeln.
Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und wünsche Prof. Urbas viel Freude
und Erfolg als Chefredakteur!
Frank Schiller
Prof. Dr.-Ing. Leon
Urbas, neuer Chefredakteur,
wird sich in
einer der nächsten
Ausgaben vorstellen.
Liebe Leser,
Herr Prof. Schiller hat zusammen mit dem atp-Team in den letzten zwei Jahren sehr
erfolgreich gearbeitet. Ohne seinen unermüdlichen Einsatz für das Blatt und die Leser,
seinen Mut zur Erneuerung und das hohe Qualitätsstreben wäre die atp edition in der
Wirtschaftskrise untergegangen. Heute steht die Zeitschrift wieder hervorragend da.
Wir gewinnen kontinuierlich neue Abonnenten.
Über die reine Sachebene hinaus war die Kooperation mit Prof. Schiller für uns ebenfalls
ein Vergnügen. Schließlich soll das Blattmachen den Beteiligten Spaß bringen. Dann
fällt das Ergebnis auch im Sinne der Leser erfreulich aus. Wir sind Herrn Prof. Schiller
zu großem Dank verpflichtet.
Mit Herrn Prof. Urbas haben wir nach intensiver Suche einen Nachfolger für die Chefredaktion
gefunden, der fachlich und als Mensch sehr gut zum atp-Team passt. Ich bin
sicher, dass er sich rasch einarbeiten und das erfolgreiche Konzept fortführen wird.
Fortführen allein reicht aber nicht, weil sich die Technik und der Markt voranbewegen.
Herr Prof. Urbas bringt für die kontinuierliche Weiterentwicklung die besten Voraussetzungen
mit. Ich habe ihn in den Gesprächen als hervorragenden Wissenschaftler,
vielseitig interessierten Ingenieur und klugen Geist kennen gelernt. Wünschen wir ihm
alle gemeinsam viel Glück und Erfolg bei dieser spannenden Aufgabe.
Hans-Joachim Jauch,
Geschäftsführer des
Oldenbourg Industrieverlags:
„Mit Prof. Urbas
wird atp edition die
hervorragende Entwicklung
fortsetzen.“
Hans-Joachim Jauch
atp edition
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5
Inhalt 6 / 2011
Forschung
8 | Ausgezeichnet: Roboter arbeitet ohne
Schutzzaun mit Menschen sicher zusammen
Lauron löst auf sechs Beinen brenzlige Situationen
9 | Optische 3D-Messsysteme ebnen den Weg zum
Null-Fehler-Konzept im Produktionsprozess
Hochstapler: Hersteller, Produzenten und Anwender
forschen an Einbett-Technologien für Module
Verband
10 | Wenn die Amortisationsrechnung versagt –
ZVEI-Tool zur Berechnung der Lebenszykluskosten
Interbus-Club integriert seine Technologie in die
Profibus-Nutzerorganisation und löst sich auf
branche
11 | VDE fordert neues Energieversorgungssystem
mit automatisierten Verteilungsnetzen
Deutsche Automatisierer gewinnen Marktanteile
Roboter: mit optimierter Steuerung Energie sparen
12 | Die Fertigungsmesstechnik der Zukunft:
schneller, sicherer, genauer, flexibler
14 | Distanzmessung mit PDM-Sensoren sorgt für
größere Stabilität in automatischem Prozess
16 | Italienisches Walzwerk formt Stahl
mithilfe von schwedischen Drehgebern
18 | Common Components gewährleisten eine
„eingebaute“ Interoperabilität bei FDT 2.0
22 | Die Fabrik auf dem Büroschreibtisch:
virtuelle Lösungen für den Erfolg realer Anlagen
6
atp edition
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Hauptbeiträge
26 | Virtuelle Inbetriebnahme von Transportsystemen
J. RoSSmann, O. Stern, R. Wischnewski
34 | Qualitätskontrolle texturierter Kunststoffoberflächen
W. Michaeli, K. Berdel
44 | Holistic Workspace – Den Leitstand
der Zukunft gestalten!
T. Schwarz, H. Oortmann, H. Reiterer
52 | Tests von Feldgeräten mit Profibus PA-3.02
M. Pelz, S. Seintsch, S. Ochsenreither
Praxis
60 | Universelle Kommunikationsanbindung
sorgt für verbesserte Prozesse
62 | Beschichtung von Verstärkungsfasern:
Präzisionsprozess übersichtlicher gesteuert
64 | Einfach wie ein Relais, aber genauso flexibel
wie eine sichere SPS
rubriken
3 | Editorial
5 | In eigener Sache
66 | Impressum, Vorschau
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7
forschung
Ausgezeichnet: Roboter arbeitet ohne
Schutzzaun mit Menschen sicher zusammen
Er ist der erste Roboter, der ohne Schutzzaun mit Menschen
arbeiten kann – der Leichtbauroboter von Kuka
und dem DLR-Institut für Robotik und Mechatronik sicherte
sich beim euRobotics Technology Transfer Award
Anfang April in Västerås (Schweden) die Spitzenposition.
Der Leichtbauroboter ist dem menschlichen Arm nachempfunden:
Die Entwickler legten Wert auf Sensivität und
Nachgiebigkeit. Er ist leicht zu programmieren und gut
geeignet für eine enge Mensch-Roboter-Interaktion. Dank
des geringen Gewichts lässt er sich einfach transportieren.
Er arbeitet energiesparend, was ihn für mobile Einsätze
prädestiniert.
Die Maschine sei für Roboteranwendungen in den Bereichen
Dienstleistung und Medizin einsetzbar, so Ralf Koeppe,
Leiter Forschung und Entwicklung bei Kuka Laboratories,
der den Preis mit Dr. Alin Albu-Schaeffer (DLR) stellvertretend
für ihre Entwickler-Teams entgegennahm. Der
zweite Preis ging an SIMone, einen auf Robotertechnologie
basierenden und interaktiven Geburtssimulator, der von
der der ETH Zürich, der TU München und 3B Scientific zu
Trainingszwecken für Ärzte entwickelt wurde. SIMone soll
die Rate von Kaiserschnitten und zerebralen Lähmungen
verringern, die infolge falschen Anlegens von Zange und
Saugglocke auftreten. Herzstück von SIMone bildet eine
kraftgeregelte Kinematik, die die Bewegung des Babykopfes
im mütterlichen Becken und im Geburtskanal realitätsnah
simuliert. Der Simulator ist mit Positions- und Kraftsensoren
ausgestattet.
Zu den weiteren Finalisten gehörten Fits me, ein estländisches
Unternehmen, das mit den Universitäten Tallinn
und Tartu eine Online-Anprobe für Kleidung entwickelt
hat sowie Surgenius, ein Operationsroboter, der gemeinsam
von Surgica Robotica und der Universität von Verona
entwickelt wurde. Auch Workerbot trat an, ein dem Menschen
nachempfundener zweiarmiger Roboter für die
industrielle Handhabung und Montage, der einer Forschungskooperation
von Pi4Robotics und dem Fraunhofer-Institut
für Produktionssysteme (IPK) entstammt.
Der Tech-Transfer-Award fand in diesem Jahr zum achten
Mal statt mit dem Ziel, die Innovationskraft und wirtschaftliche
Auswirkung von erfolgreichen Forschungskooperationen
zwischen Industrie und Wirtschaft zu fördern.
EUnited Robotics,
Diamant Building,
Boulevard A. Reyers 80,
B-1030 Brüssel, Tel. +32 2706-8209,
Internet: www.eu-nited.net
Lauron löst auf sechs Beinen brenzlige Situationen
Lauron:
Die sechsbeinige
Laufmaschine
ist eine von der
Natur motivierte
Ent wicklung.
Das Vorbild: Die indische Stabheuschrecke.
Bilder: Faulhaber
Die Bergung von Verschütteten in teileingestürzten
Gebäuden, die Erkundung von Vulkanen oder das
Räumen von Minenfeldern – das alles sind gefährliche
Situationen, die für Menschen oder für rad- und kettengetriebene
Systeme nur schwer passierbar sind.
Die mit dem Faulhaber-Uni-Projekt-Award ausgezeichnete
sechsbeinige Laufmaschine Lauron soll nun Abhilfe
schaffen. Den Bewegungsmechanismus schauten sich die
Konstrukteure vom FZI (Forschungszentrum Informatik
aus Karlsruhe) bei der indischen Stabheuschrecke ab. Wie
dieses Vorbild besitzt Lauron sechs Beine an einem länglichen
Zentralkörper, in dem die notwendige Steuerungselektronik
untergebracht ist. Jedes der sechs 50 cm
langen Beine hat einen federgedämpften Fuß und wird
mithilfe von drei Gelenken bewegt. Die Blickrichtung
des Kopfes wird durch zwei unabhängige Achsen
(Schwenken und Neigen) verändert, sodass die Bewegungsmaschine
über 20 Freiheitsgrade verfügt.
In jedem Fuß befinden sich 3D-Kraftsensoren und Federkraft-Messsysteme,
die zusammen mit einer Motorstrommessung
genutzt werden, um Kollisionen und den
Kontakt mit dem Boden zu erkennen. Bei der Antriebslösung
für die dreigelenkigen Einzelbeine war hohe Leistung
bei vergleichsweise geringem Gewicht gefordert.
Deshalb entschied sich das Projektteam der Gruppe Interaktive
Planungstechnik des FZI für eine Motor-/Getriebekombination,
bestehend aus einem DC-Kleinstmotor-Serie
2657 … IE2 mit Planetengetriebe Serie 26/1 von Faulhaber.
Um die bewegte Masse zu reduzieren, platzierte man
die Antriebe möglichst nah am Körper. Getriebe und
Seilzüge übertragen die Kraft der 20 graphitkommutierten
DC-Antriebe von dort aus auf die Gelenke. Das erreichbare
Nenndrehmoment liegt bei etwa 20 Nm (kurzzeitig
40 Nm). Die Gelenkwinkel der Beine werden durch
hochpräzise, optische Encoder erfasst. Jeder Motor verfügt
über einen hochauflösenden Encoder, der zusätzliche
Informationen über die Gelenkwinkel liefert.
Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG,
Daimlerstr. 23/25, D-71101 Schönaich,
Tel. +49 (0) 7031 63 80, Internet: www.faulhaber.com
8
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Optische 3D-Messsysteme ebnen den Weg zum
Null-Fehler-Konzept im Produktionsprozess
Zu den Forderungen der GMA-Roadmap „Fertigungsmesstechnik
2020“ (siehe Seite 12-13) hielt die Fraunhofer-Allianz
Vision in Stuttgart Antworten bereit: Sie
präsentierte Entwicklungen auf dem Gebiet der prozessintegrierten
optischen Mess- und Prüfsysteme anlässlich
der internationalen Leitmesse Control.
Wie die Roadmap betont, ist Qualitätssicherung zum
unverzichtbaren Bestandteil des Produktionsprozesses
geworden. Null-Fehler-Konzepte streben die frühzeitige
und vollständige Kontrolle aller qualitätsrelevanten
Schritte an. Den Anspruch erfüllt der Einsatz industrieller
Bildverarbeitung und berührungsloser Mess- und
Prüftechnik. Auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Allianz
Vision zeigten die Experten des Fraunhofer-Instituts
für Fabrikbetrieb und Automatisierung
optische 3D-Messsysteme zur geometrischen Qualitätsprüfung
in der industriellen Fertigung. Ihre Grundlage
ist die Mess- und Prüftechnologie „OptoInspect 3D“.
Sie erlaubt die Erkennung von Qualitätsabweichungen
bei der Entstehung und ermöglicht die rechtzeitige Reaktion
auf Veränderungen innerhalb der Produktion. Zusätzlich
präsentierte die Vision-Allianz Entwicklungen zur
Inspektion von Oberflächen. Die Verfahren ermöglichen
eine schnelle Bewertung der Oberflächeneigenschaften
und helfen dabei, Veränderungen der Oberfläche und
Oberflächenfehler zu erkennen.
Das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik
entwickelte ein Messsystem, mit dem sich im Drahtziehprozess
Oberflächenfehler wie Kratzer oder Riefen
erkennen und analysieren lassen. Defektgrößen von
unter 100 μm nimmt das System wahr. Voraussetzung
für die Regelung in Echtzeit ist die extrem schnelle Bild-
aufnahme mit Belichtungszeiten von 10 μs bei Drahtgeschwindigkeiten
von bis zu 50 m/s. Die Inline-Inspektion
von Draht ist ein Beispiel für den Einsatz einer
Kameraarchitektur, basierend auf optischen zellularen
neuronalen Netzwerken. Die eingesetzte Technologie
bietet sich dort an, wo hochdynamische Prozesse per
Bildverarbeitung in Echtzeit analysiert und geregelt werden
müssen. Einen dritten Forschungsschwerpunkt bilden
Thermographie, Ultraschall, Röntgen und Shearographie.
So werden unter der Oberfläche liegende Fehler
wie Mikro risse identifiziert.
Fraunhofer-Allianz Vision,
Am Wolfsmantel 33, D-91058 Erlangen,
Tel. +49 (0) 9131 776 58 00, Internet: www.vision.fraunhofer.de
Das Prüfsystem
zur automatisierten
3D-Geometriemessung
von
Eisenbahnradsätzen
ermöglicht
die fehlerfreie
Qualitäts prüfung
im Produktionsprozess.
Bild: Berndt Liebl/
Fraunhofer IFF
Hochstapler: Hersteller, Produzenten und Anwender
forschen an Einbett-Technologien für Module
Hochstapeln ausdrücklich erwünscht! Das Forschungsprojekt
Manos befasst sich mit der Einbett-Technologie,
die mittels Oberflächenbeschichtungen auf Nanopartikelbasis
und Klebeverfahren optimiert werden soll.
Manos steht für das vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt
„Modularer Aufbau von Systemen mit nanomodifizierten
Oberflächen für Automobil- und Industrie-Sensorik“. Acht
Firmen engagieren sich innerhalb von drei Jahren in dem
Projekt. Mithilfe von nanostrukturierten und nanomodifizierten
Oberflächenbeschichtungen werden Verbindungstechniken
auf Leiterplattenbasis geschaffen und
Wege für das Stapeln modularer Systemkonzepte eröffnet.
Ziel ist es, neue Techniken zu entwickeln, sie serientauglich
zu machen und unter Berücksichtigung der Fertigungskosten
zu optimieren.
Die Firma Kerona entwickelt nanomodifizierte Oberflächenschutzschichten,
die unterschiedliche Modifikationen
aufweisen. Diese dienen dem Einsatz an optischen
Sensoren sowie Temperatur- und Ortssensoren.
Die Entwicklung unterschiedlicher Klebstoffe übernimmt
Delo Industrie-Klebstoffe. Die Klebstoffe benötigt
man für das Self-Assembly der Chips in die Leiterplatte
und für das Stacking der Sensormodule. Die
Klebstoffe sollen die elektrische oder thermische Leitfähigkeit
übernehmen. Mit Embedding-Technologien
bringt sich Würth Elektronik ein.
Roodmicrotec ist für die Prozessbewertung über Kurzqualifikationen
und die Zuverlässigkeitsuntersuchungen
der Sensorsysteme zuständig. Dabei kommt es auf die
Standardisierung von Qualifikationskonzepten an. Continental
und Sick setzen die Systeme in unterschiedlichen
Anwendungen ein. Continental baut Multisensorsysteme
für automobile Getriebesteuerungen. Beide Hersteller sind
auf die Standardisierung der Schnittstellen unter dem
Aspekt der Wirtschaftlichkeit fokussiert. Unterstützung
erhalten alle Projektpartner vom Fraunhofer IZM.
Würth Elektronik GmbH & Co. KG,
Salzstraße 21, D-74676 Niedernhall,
Tel. +49 (0) 79 40 94 60,
Internet: www.we-online.de
atp edition
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9
Ein einfaches
Programm
zur Berechnung
der Lebenszykluskosten
bietet der ZVEI
zum kostenlosen
Download
an. Bild: ZVEI
10
verband
Wenn die Amortisationsrechnung versagt –
ZVEI-Tool zur Berechnung der Lebenszykluskosten
Der ZVEI will Unternehmen beim Sparen helfen und
hat dafür ein neues Software-Tool zur Berechnung
der Lebenszykluskosten von Komponenten oder Anlagen
vorgestellt. Das Potenzial: Laut ZVEI-Berechnungen können
in Anlagen der deutschen Industrie und im kommunalen
Bereich 10 bis 25 Prozent Energieeinsparung allein
durch anforderungsgerechte Automatisierungstechnologie
erreicht werden. Somit könnten in Deutschland
jährlich bis zu 88 Mrd. Kilowattstunden an Energie-
Äquivalenten, entsprechend sieben Mrd. Euro Energiekosten,
eingespart werden.
Mit dem von ZVEI und Deloitte entwickelten generischen
Berechnungsmodell ‚Lifecycle Cost Evaluation‘
Interbus-Club integriert seine Technologie in die
Profibus-Nutzerorganisation und löst sich auf
Der Interbus-Club Deutschland und die Profibus-Nutzerorganisation
(PNO) werden die Interbus-Technologie
in die PNO integrieren. Bei den Anwendern ist ein starker
Wandel von den Feldbustechnologien in Richtung Ethernet
zu erkennen. Der Interbus-Club hatte sich daher frühzeitig
entschieden, auf Profinet als zukünftigen Ethernetbasierten
Standard zu setzen und in den entsprechenden
Arbeitskreisen der PNO ein Integrationskonzept erstellt.
Da die Interbus-Technologie als ausgereift betrachtet wird,
haben die Mitglieder des Interbus-Clubs beschlossen, die
Technologie an die PNO zu übertragen und den Verein
nach Erreichung seines Vereinszwecks aufzulösen.
Stefan Körte, bislang 1. Vorsitzender des Interbus Clubs
betont: „Durch die einfache und wirtschaftliche Einbindung
in Profinet ist sichergestellt, dass die Investitionen
der Anwender in die Interbus-Technologie geschützt
werden.“ Jörg Freitag, Vorstandsvorsitzender der PNO,
atp edition
6 / 2011
(LCE) können Barwert und Annuität einer Investition errechnet
werden. So lässt sich auf einfache Weise nachweisen,
wie sich der Einsatz von energieeffizienten Geräten
und Lösungen betriebswirtschaftlich rechnet. Das Tool ist
downloadbar unter www.zvei.org/Lebenszykluskosten.
Das Konzept ist aufgrund seines generischen Aufbaus
für unterschiedlichste Anwendungsfälle und Industrien
geeignet und erlaubt eine sehr detaillierte Bewertung.
So sind zum Beispiel in der verfahrenstechnischen Industrie
neben der unmittelbaren Kalkulation einzelner
Komponenten – wie drehzahlgeregelter Pumpen, energieeffizienter
Motoren oder hochwertiger Messinstrumente
zur Prozessoptimierung – die Auswirkungen auf
eine ganze Anlage berechenbar. Dadurch wird die Bedeutung
von Einzelinvestitionen im Gesamtzusammenhang
transparent gemacht.
Helfen kann das Tool auch bei Aufträgen im öffentlichen
Bereich. Denn weil bei Investitionsentscheidungen die reine
Betrachtung von Anschaffungskosten oder die Amortisationsrechnung
oft unzureichend sind, spricht unter anderem
die öffentliche Vergabeverordnung davon, Lebenszykluskosten
und Energieeffizienz als Auswahlkriterium
zu berücksichtigen. Dies findet in der Praxis oft nicht statt,
weil bislang keine praktikablen Berechnungsmöglichkeiten
vorhanden waren. Das LCE-Tool löst dieses Problem.
Als Berechnungsbeispiel präsentiert der ZVEI eine Investition
an der Kläranlage Böblingen-Sindelfingen, bei
der eine Umrüstung an den Pumpen erfolgte. Der einmaligen
Investitionssumme von 25 000 Euro steht über einen
Lebenszeitraum von 24 Jahren eine Energiekosteneinsparung
von 200 000 Euro gegenüber.
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org
ergänzt: „Die PNO hat in den vergangenen Jahren Profinet
mit heute mehr als drei Millionen installierten Geräten
als Marktführer unter den Ethernet-basierten Systemen
etabliert. Durch die bereits erfolgte Migration von
Interbus in Profinet liegt es nahe, die Technologie in die
PNO zu integrieren.“
Der Interbus-Club hat seit seiner Gründung vor mehr
als 20 Jahren unter aktiver Mitwirkung seiner Mitglieder
die Weiterentwicklung des Interbus-Systems gefördert
und dieses als ausgereifte Technologie erfolgreich am
Markt etabliert. Interbus ist in der IEC 61158 und IEC
61784 standardisiert und heute weltweit in zahlreichen
Applikationen im Einsatz.
PROFIBUS-NUTZERORGANISATION,
Haid-und-Neu-Straße 7, D-76131 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 965 85 90, Internet: www.profibus.com
VDE fordert neues Energieversorgungssystem
mit automatisierten Verteilungsnetzen
Branche
Von den Smart Grids, die für Elektromobilität und erneuerbare
Energien erforderlich sind, werden große
Impulse für die elektrische Automatisierungstechnik
erwartet. Der VDE fordert nun ein Smart System, das
weit über den Smart-Grids-Ansatz hinaus geht. Das VDE-
Konzept beinhaltet auch die Neudefinition von Verantwortlichkeiten,
Marktregeln, Geschäftsmodellen, Tarifstrukturen
und Anreizsystemen.
Diese Forderung resultiert aus zwei Studien, in denen
der Verband das Energiekonzept der Bundesregierung
auf den Prüfstand stellte. Die Schlussfolgerung des VDE:
„Um den für die nächsten Jahre geplanten deutlichen
Ausbau erneuerbarer Energien zu ermöglichen, müssen
bis zum Jahr 2020 alle Teile des Systems aus Erzeugung,
Übertragung, Verteilung und Nutzung elektrischer Energie
grundlegend weiter entwickelt werden, ansonsten
wird es eng mit der Energiewende.“
Nötig sei ein komplett neues, integriertes Gesamtsystem
– das Smart System –, um die horizontale und vertikale
Systemintegration voranzutreiben. Damit solle der
künftige europäische Verbundbetrieb ausgeweitet und
ein effizientes Lastmanagement über die Hierarchieebenen
Erzeugung, Übertragung und Verteilung hinweg
ermöglicht werden. Besonders dringlich sei der massive
Ausbau der Übertragungsnetze.
Hier empfiehlt der VDE, zügig ein leistungsstarkes,
europaweites Overlay-Netz zur Übertragung elektrischer
Energie über weite Strecken zu etablieren. Um die
Energiewende realisieren zu können, müssten über den
Netzausbau hinaus das integrierte Gesamtsystem optimiert,
die Verteilungsnetze automatisiert und auf allen
Systemebenen Speichertechnologien zur Verfügung
gestellt werden.
VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK
ELEKTRONIK INFORMATIONSTECHNIK E.V.,
Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com
Deutsche Automatisierer
gewinnen Marktanteile
Die deutsche Automatisierungsbranche steht nach der
Krise vermutlich besser da als zuvor. Dr. Gunther Kegel,
Vorsitzender des Fachverbands Automation im ZVEI
zeigt sich überzeugt: „Wir haben im Aufschwung deutliche
Marktanteile hinzugewonnen, vor allem gegenüber westlichen
Konkurrenten.“ Allerdings sieht er auch neue Herausforderungen
auf die Unternehmen zukommen. So werde
die Volatilität des Geschäfts zunehmen, es werde „häufigere
und kräftigere Ausschläge geben als bislang – darauf
müssen wir uns einstellen“, betont er gegenüber atp edition.
Wie stark die Schwankungen sein können, habe die
jüngste Krise gezeigt. So sei die Produktion im Mai 2009
im Vergleich zum Vorjahresmonat um 50 Prozent eingebrochen.
Ein Jahr später sei sie wieder höher als vor der
Krise gewesen, was im Vergleich zum Mai 2009 mehr als
eine Verdopplung bedeutet habe.
Aktuell wird das Wachstum der Elektroindustrie vor
allem vom Export getragen. Im ersten Quartal legten die
Auslandsbestellungen um 20, jene aus dem Inland um
zwölf Prozent zu. Allerdings zeigen sich Hinweise auf eine
Normalisierung des Wachstums. So nahmen die Auftragseingänge
im März – arbeitstäglich und saisonbereinigt
– um vier Prozent ab; die Inlandsorders gingen um vier
Prozent zurück, jene aus dem Ausland legten noch um
ein Prozent zu. Im Vergleich zum Vormonat stagnierte
laut ZVEI der Umsatz im März, die Produktion sank um
zwei Prozent.
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,
Lyoner Straße 9,
D-60528 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 630 20,
Internet: www.zvei.org
Roboter: mit optimierter
Steuerung Energie sparen
Erhebliche Potenziale zur Energieeinsparung
bei Robotern sieht der
VDMA Robotik und Automation. Dessen
Vorsitzender Dr. Michael Wenzel
erläutert: „Neben besonders effizienter
Antriebstechnik und Leichtbau
von schnell bewegten Teilen, wie zum
Beispiel Roboterarmen und Roboterwerkzeugen,
bietet insbesondere die
Steuerungstechnik ein großes Einsparpotenzial.
Waren bei den Robotern
Standby-Modi für Arbeitspausen Effiziente Antriebstechnik,
bislang nicht vorgesehen, erlauben Leichtbau und optimierte
neue Automatisierungskonzepte diese
nun und führen zu einer beträcht-
große Energieeinsparungen beim
Steuerungstechnik erlauben
lichen Energieeinsparung.“
Robotereinsatz. Bild: Reis/VDMA
Als positiver Nebeneffekt steige
die durchschnittliche Lebensdauer bestimmter Komponenten,
was zusätzlich Kosten senke. Hinzu kommen Strategien
zur energieeffizienten Roboterprogrammierung, die
Vermeidung unnötig hoher Beschleunigungen, die Rückführung
von Bremsenergie und die Simulation des Energiebedarfs.
Energieverbrauch wird auf diese Weise systematisch
an vielen Stellen erfasst und im komplexen Zusammenspiel
einer größeren Anlage ganzheitlich minimiert.
Robotik und Automation trügen aber auch zum
Energiesparen bei, indem sie optimierte Produktionsprozesse
zur wirtschaftlichen Fertigung „grüner“ Technologien
zur Verfügung stellten.
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UND ANLAGENBAU E.V.
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anche
Die Fertigungsmesstechnik der Zukunft:
schneller, sicherer, genauer, flexibler
GMA-Roadmap stellt Trends und Forderungen für die industrielle Produktion vor
Als Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts intensiv
über das Drei-Liter-Auto diskutiert wurde, war auch die
Messtechnik beteiligt. Erst durch Fortschritte, wie die Scanningtechnolgie
auf Koordinatenmessgeräten und den produktionsnahen
Einsatz von Messtechnik war es möglich,
Informationen zu gewinnen, um Produktionsprozesse in
engen Grenzen zu regeln. Damit werden Serienbauteile produziert,
die kleine Toleranzen einhalten und wesentlich
zur Reduzierung von Reibung in Motoren und Antriebskomponenten
beitragen.
Das Thema der Ressourceneffizienz spielt heute in der
Produktion eine wichtige Rolle. Neue Verfahren in der Fertigung
tragen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz bei.
Um sie zu beherrschen, ist der Einsatz von Messtechnik
erforderlich, da nur Messtechnik Informationen zur Bewertung
der Leistungsfähigkeit liefern kann. Die daraus resultierenden
Trends und Forderungen hat die Roadmap Fertigungsmesstechnik
2020 der GMA ermittelt.
Produktionstechnik vor Herausforderungen
Kundenforderungen nach individuell gestalteten Produkten
und schwankender Nachfrage begegnet die Produktion
durch durch größere Flexibilität. Das führt zur
erheblichen Verringerung der Losgrößen, die oft nur
durch verstärkten Einsatz von Messtechnik zu beherrschen
ist. Man kann sich lange dauernde Produktionsanläufe
und Vorserien kaum mehr leisten. Gleichzeitig
verlangen mehr Branchen die lückenlose Dokumentation
der Konformitätsbewertung aller gefertigten Produkte,
die ebenfalls nur durch den verstärkten Einsatz von
Messtechnik zu realisieren ist.
Die Aufgabe der Fertigungsmesstechnik ist es, valide Informationen
über das Produkt zur Absicherung der Prozessund
Produktqualität zu liefern. Vor dem Hintergrund der
Herausforderungen wird dazu in der Produktion in Zukunft
mehr gemessen. Der Einsatz von mehr Messtechnik muss
sich aber wirtschaftlich rechtfertigen lassen. Die Messtechnik
muss leistungsfähiger werden. Diese Steigerung der
Leistungsfähigkeit lässt sich zusammenfassend mit vier
Begriffen beschreiben:
Schneller
Sicherer
Genauer
Flexibler
Schneller
Mit Schnelligkeit ist einerseits die Entwicklung und Anwendung
messtechnischer Verfahren gemeint, mit denen
in kürzerer Zeit Informationen über die Produktqualität
gewonnen werden. Dabei kommt es weniger darauf an,
Verfahren neu zu entwickeln. Vielmehr werden bekannte
Messprinzipien zur Nutzung in der Produktion adaptiert.
Dabei spielen optische Verfahren eine bedeutende
Rolle. Andererseits gewinnt die Integration an Bedeutung
bei der Beschleunigung von Messtechnik. Transportzeiten
zu den Messeinrichtungen können verringert werden
oder ganz entfallen. Weiterhin stehen die Informationen
Trends in der Produktionstechnik
Ressourcen-
Flexibilität
effizienz
Erhöhung der
Integration
Zunehmende Vielfalt
an Messverfahren
Verringerung der
Messzeit
Transparenz
Herausforderungen und Trends der Fertigungsmesstechnik
Automatisierte
Datenverarbeitung
Verringerung von Messabweichungen/Messunsicherheit
Steigende Nachweispflicht der Messunsicherheit
Steigerung der
Informationsdichte
Neue Prozesse
Schneller
Genauer
Sicherer
Flexibler
Trends und Herausforderungen der Fertigungsmesstechnik
aus der Messtechnik unmittelbar in der Produktion, beispielsweise
zur Realisierung von Regelkreisen, zur Verfügung.
Durch die automatisierte Übertragung von Daten
wird die Regelung besonders effizient realisiert:
Beschleunigte Produktionstakte erfordern schnellere
Messverfahren mit deutlich erhöhtem Dynamikumfang.
Es erfolgt eine erhöhte Absicherung von einzelnen Prozessschritten
durch dezentrale Messtechnik, die fertigungsnah
oder -integriert eingesetzt wird. Dies führt zu
einer Steigerung des wirtschaftlichen Nutzens der Fertigungsmesstechnik.
Messdaten werden vermehrt in den Produktionsprozess
zur Steuerung und Regelung zurückfließen. Damit wird
die Fertigungsmesstechnik integraler Bestandteil des
Produktionsprozesses.
Die vermehrte Integration von Messsystemen in die Fertigung
ermöglicht die 100%-Prüfung der Produkte.
Die automatisierte Messdatenverarbeitung gewinnt vor
dem Hintergrund der zunehmenden Informationsdichte
an Bedeutung.
Sicherer
Der Nachweis der Messunsicherheit und ihre Berücksichtigung
bei der Konformitätsbewertung werden zunehmend
wichtiger. Die standardisierten Vorgehensweisen
zur Bestimmung der Messunsicherheit etablieren sich
weiter. Diese werden je nach Anwendung in unterschiedlicher
Detaillierung angewendet. Bei der Kalibrierung von
Normalen wird mehr Aufwand bei der Unsicherheitsbestimmung
zu rechtfertigen sein als bei der Prüfung einfacher
Produktmerkmale. Für die Produktion etablieren
sich vereinfachte Vorgehensweisen. Gerade bei sicherheitsrelevanten
Produkten, beispielsweise in der Luft-
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fahrtindustrie und der Medizintechnik, wird ein Nachweis
über die Messunsicherheitsbestimmung und ihre
Berücksichtigung bei der Prüfentscheidung zum Standard
und die Produktsicherheit verbessern:
Verbesserte Rechnerunterstützung und Methoden der
Simulation (virtuelles Messgerät) vereinfachen die Ermittlung
der Messunsicherheit.
Stabile Prozesse und damit der Eignungsnachweis sowohl
für den Fertigungs- als auch für den Messprozess
gewinnen an Bedeutung.
Überwachung der Produktion mittels sicherer Fertigungsmesstechnik
minimiert das Risiko von Stillstandzeiten
und trägt zur Ressourceneffizienz sowie zur
Wettbewerbsfähigkeit bei.
Genauer
Durch höhere Qualitätsanforderungen steigen die Anforderungen
an die Genauigkeit der Messtechnik. Eine besondere
Rolle spielt die Steigerung der Ressourceneffizienz:
Bauteile entwickeln sich dimensionell in zwei Richtungen:
sehr kleine Bauteile und Strukturen einerseits,
sowie sehr große Bauteile andererseits. Diese Spannbreite
erfordert hochflexible sowie dynamische Messsysteme,
um deren Merkmale genau zu erfassen.
Optische Scanningverfahren und tomographische
Messverfahren erhöhen deutlich die Messpunktdichte.
Somit eröffnen sich neue ganzheitliche Auswertemöglichkeiten
wie ein direkter Abgleich mit 3D-CAD-Daten,
womit auch die Genauigkeit gesteigert wird.
Der vermehrte Einsatz von Fertigungsmesstechnik verbessert
das Verständnis von Fertigungsprozessen und
damit erfolgt eine Steigerung der Produktqualität.
Flexibler
Die Vielfalt der zur Messung in der Produktion eingesetzten
Verfahren nimmt rasant zu. Vermehrt werden verschiedene
Verfahren in Messsystemen kombiniert und
damit ihre Flexibilität gesteigert:
Der konsequente Einsatz von Fertigungsmesstechnik
hat die transparente Produktion zur Folge. Diese begünstigt
die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen
und ermöglicht damit die Reaktion auf eine flexible,
vernetzte Gesellschaft.
Standardisierte Schnittstellen verbessern die Kommunikation
der Messsysteme untereinander sowie
die Kommunikation zur Prozesssteuerung und zu
anderen Bereichen der Produktion. Die Produktion
wird flexibler.
Intelligente Sensoren und Multisensorik gepaart mit
Lernvermögen der Messsysteme ermöglichen flexiblere
Einsatzszenarien sowie wirtschaftliche Fertigungsmesstechnik.
Die Bedienung der Messsysteme wird leichter.
Verbesserte Ausbildungsangebote im industriellen und
universitären Bereich einschließlich neuer Lerntechnik
wie E-Learning führen zu besser ausgebildeten Fachkräften.
Dadurch sind Messsysteme flexibler mit verbesserter
Sicherheit einsetzbar.
Neue Konzepte wie mobile, integrierbare Messsysteme
oder globale Koordinatensysteme wie Indoor-GPS
(iGPS) machen die Messtechnik flexibel.
Die Forderung der Wandlungsfähigkeit produzierender
Unternehmen nimmt zu. Werden flexible Mechanismen
etabliert um den Produktionsfluss sowie die Prozessqualität
sicherzustellen, kann die Produktion schneller
auf Veränderungen reagieren. Grundlage für die Sicherstellung
der Prozessqualität ist dabei eine angepasst
flexible Fertigungsmesstechnik.
Die Fertigungsmesstechnik ist eine Schlüsseltechnologie
für die prozesssichere und wirtschaftliche Produktion
und liefert damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung
des Standorts Deutschland.
Autoren
Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt ist Leiter des
Fachbereiches 3 der VDI/VDE-Gesellschaft
Mess- und Automatisierungstechnik (GMA)
„Sensoren und Messsysteme für die Fertigungstechnik“.
Seit September 2004 ist er
Inhaber des Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik
und Qualitätsmanagement am
Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH.
Außerdem ist er als Direktoriumsmitglied des
Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT tätig und
leitet die Abteilung Produktionsqualität und Messtechnik. Seit
2010 fungiert Schmitt als geschäftsführender Direktor des WZL.
RWTH Aachen,
Werkzeugmaschinenlabor, Steinbachstraße 53 B,
D-52074 Aachen, Tel. +49 (0) 241 802 02 83,
E-Mail: r.schmitt@wzl.rwth-aachen.de
Dr.-Ing. Dietrich Imkamp arbeitet seit 2010
als stellvertretender Leiter des Fachbereiches
3 der VDI/VDE Gesellschaft Mess- und
Automatisierungstechnik (GMA) „Sensoren
und Messsysteme für die Fertigungstechnik“
und und ist Mitglied des wissenschaftlichen
Beirats der GMA. Als Direktor Visual Systems
und Partnerprodukte ist Imkamp verantwortlich
für optische Koordinatenmessgeräte bei
der Carl Zeiss Industriellen Messtechnik in Oberkochen.
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH,
D-73446 Oberkochen, Tel. +49 (0) 7364 20 20 45,
E-Mail: imkamp@zeiss.de
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Distanzmessung mit PMD-Sensoren sorgt für
größere Stabilität in automatischem Prozess
Automobilzulieferer verhindert so Fehlschaltungen bei der Bearbeitung von Getriebegehäusen
Kompakt dank
der Zusammenfassung
von
Sensorelement
und der Elektronik
zur Signalauswertung
auf
einem einzigen
Siliciumchip:
die PMD-Abstandssensoren.
Bild: ifm
Mithilfe von PMD-Abstandssensoren konnte der Automobilzulieferer
Grüner Systemtechnik die Bearbeitung
von Getriebegehäusen zuverlässiger gestalten. Die
zuvor eingesetzten optischen Standardsensoren verursachten
oft Fehlschaltungen aufgrund von Verschmutzungen.
Die efector-pmd-Sensoren von ifm electronic hingegen sind
vor Verschmutzungen aus dem Bearbeitungsprozess weitgehend
sicher. Da sie exakte Messungen über große Distanzen
erlauben, konnte Grüner sie in sicherer Entfernung zu
Kühlschmiermittel- und Ölspritzern positionieren.
Zusätzlich zur Fertigung von Motorblöcken, Zylinderblöcken
und Kupplungsglocken hat sich die Grüner Systemtechnik
GmbH & Co. KG auf die Bearbeitung von Getriebegehäusen
für Getriebehersteller spezialisiert. Dabei muss
das Unternehmen in Bad Überkingen den Kunden aus der
Automobilindustrie eine konstant hohe Produktqualität
und eine Just-in-time-Lieferfähigkeit garantieren.
TONNENSCHWER UND HOCHPRÄZISE
Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssen die Bearbeitungszentren
für die Bearbeitung der Getriebegehäuse
absolut zuverlässig und wirtschaftlich arbeiten. Zur Erzielung
maximaler Produktivität sowie hoher Zuverlässigkeit,
konstruiert und baut Grüner Systemtechnik Bearbeitungszentren
selbst. Das Unternehmen auf der Schwäbischen
Alb greift dabei mittlerweile auf Erfahrungen und
Know-how von über drei Jahrzehnten zurück. Grüner
Systemtechnik rüstet die technisch anspruchsvollen Maschinen
mit Sensorik der ifm electronic gmbh aus. Neben
der bewährten ifm-Druck- und Strömungssensorik zur
Überwachung des Kühlschmiermittelkreislaufs und der
Hydraulikaggregate, setzt der Gehäusehersteller auch ifm-
Abstandssensoren mit innovativer PMD-Technologie ein.
Bei der Betrachtung der Bearbeitungszentren wird
recht schnell deutlich, welch technischer Aufwand und
welches Know-how erforderlich sind: Mit Abmessungen
von etwa 8 x 4 x 3 m und einem Gewicht von 22 t erzeugen
die Bearbeitungszentren hochpräzise Öffnungen, Bohrungen
sowie Gewinde an vorgegebenen Positionen im
µm-Bereich. Dabei ist die Bearbeitungszeit eines Getriebes
so gering wie möglich zu halten, da es sich um Massenprodukte
handelt.
Die Getriebegehäuse werden zunächst mit Hilfe von
Warenträgern über Förderbänder vor den Bearbeitungszentren
positioniert. Eine Zuführvorrichtung nimmt die
Gehäuse auf und befördert sie ins Innere der Maschine,
um sie dort spanabhebend zu bearbeiten. An vorgegebenen
Positionen werden Bohrungen, Öffnungen und Gewinde
gesetzt beziehungsweise geschnitten. Zu diesem
Zweck befinden sich in den Bearbeitungszentren Arbeitsspindeln,
welche die erforderlichen Werkzeuge automatisch
aufnehmen. Die Maschinen sind derart konstruiert,
dass sie eine Vielzahl von Bohrungen und Gewinden
zeitgleich erzeugen können. Somit lässt sich die Bearbeitungszeit
eines Getriebegehäuses erheblich verkürzen
und die Wirtschaftlichkeit der Maschine erhöhen.
EXAKTE POSITIONSÜBERWACHUNG UNERLÄSSLICH
Für einen sicheren Ablauf des Produktionsprozesses ist
die Positionsüberwachung der Getriebegehäuse unerlässlich.
Die ifm-Abstandssensoren detektieren, ob sich ein
Warenträger an der Übergabestation befindet und ob dieser
ein Getriebegehäuse trägt oder frei ist. Es würden erhebliche
Schäden an der Maschine beziehungsweise der
Zuführeinheit und damit auch Ausfallzeiten entstehen,
wenn ein Getriebegehäuse aus dem Bearbeitungszentrum
auf eine bereits belegte Übergabestation befördert würde
oder gar kein Warenträger bereit stünde.
Früher realisierte Grüner Systemtechnik die Überwachung
mit optischen Standardsensoren. Nachteil: Die
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Sensoren mussten relativ nah am Förderband angebracht
werden. Folge: Spritzendes Kühlschmiermittel und Öl
gelangten häufig auf die Optiken der Sensoren, was Fehlschaltungen
verursachte. Dazu kam, dass man bedingt
durch die geforderte Genauigkeit der Positionsabfrage
und der großen Reichweiten, auf die Verwendung von
Einweglichtschranken angewiesen war. Bei den großen
Reichweiten war die Justage von Sender und Empfänger
zueinander besonders zeitraubend.
IN SICHERER ENTFERNUNG VOM FÖRDERBAND
Grüner Systemtechnik entschied sich, den efector pmd
der ifm electronic einzusetzen. Dabei handelt es sich
um einen optischen Abstandssensor. Seine Besonderheit:
Im Bereich von 0,2 bis 10 m lassen sich Abstände
millimetergenau erfassen. Mit diesem Leistungsmerkmal
ist es nun möglich, die Sensoren in sicherer Entfernung
vom Förderband zu betreiben. Geschützt vor
spritzendem Öl und Kühlschmiermittel können sie ihre
Aufgabe optimal erfüllen. Hinzu kommt, dass sich die
Abstände auch dann sicher erfassen lassen, wenn der
Lichtstrahl nicht senkrecht auf die Objektoberfläche
auftrifft. Bei nicht glänzenden Oberflächen, wie sie die
Getriebegehäuse aufweisen, darf der Einfallwinkel des
Lichtstrahls bis zu 45° betragen. Der Kundennutzen ist
klar: Im Vergleich zu optischen Standardsensoren ist
man bei der Wahl der Montageorte der Sensoren besonders
flexibel.
MILLIMETERGENAU BEI HOHEN REICHWEITEN
Der Abstandssensor efector pmd dient zur millimetergenauen
Abstandsmessung bei hohen Reichweiten.
Konventionelle Sensoren, die ebenfalls das Lichtlaufzeitverfahren
verwenden, benutzen als Empfangseinheit
eine Fotodiode. Eine zusätzliche Elektronik dient
zur Signalerfassung und -verarbeitung. Nachteil: Dieses
Sensordesign ist aufwendig, groß dimensioniert
und daher oftmals nicht für industrielle Positionsabfragen
einsetzbar und teuer.
Im Vergleich dazu ist das Empfangselement des PMD-
Sensors ein System-on-Chip-Design: Sowohl Sensorelement
als auch die Elektronik zur Signalauswertung sind
in einem einzigen Siliciumchip, dem sogenannten Photonenmischdetektor
(PMD), integriert. Vorteil: Dieses
innovative Design ermöglicht eine hohe Performance in
einem kompakten, industrietauglichen Gehäuse und das
zu einem Bruchteil des Preises herkömmlicher Systeme.
Die gemessene Entfernung wird auf dem 4-stelligen Display
angezeigt und lässt sich als skalierbares Analogsignal
ausgeben. Der Anwender kann zwei Schaltausgänge parametrieren,
die beim Erreichen einer bestimmten Distanz
oder eines bestimmten Abstandsbereichs schalten. Bis zu
50 Messungen pro Sekunde sind möglich. Der Lichtfleckdurchmesser
beträgt 6 mm bei 10 m Abstand. Der Sensor
eignet sich auch für Applikationen, bei denen es auf exakte
Hintergrundausblendung ankommt.
Dank der innovativen Abstandsensoren efector pmd
der ifm electronic erfolgt die Positionsabfrage der Getrie-
begehäuse bei Grüner Systemtechnik besonders einfach
und robust. Zur Wirtschaftlichkeit trägt auch ein Preis
bei, der in der Klasse der optischen Abstandsmessung
neue Maßstäbe setzt.
Autor
Dipl.-Ing. Patric Kister
ist Produktmanager Optische
Sensoren bei der
ifm electronic GmbH.
ifm electronic GmbH,
Friedrichstr. 1,
D-45128 Essen,
Tel. +49 (0) 201 24 22 15 14,
E-Mail: patric.kister@ifm.com
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praxis
Italienisches Walzwerk formt Stahl
mithilfe von schwedischen Drehgebern
Praxislösung fordert unterschiedliche Geräteeigenschaften in der Anlage
Erdbebenfester Stahl ist das Geschäft von Pittini, einem
italienischen Eisenhütten-Unternehmen. Bei
Ferriere Nord, dem Geschäftsbereich Walzwerk, werden
die Drehgeber von Leine & Linde seit Jahren erfolgreich
eingesetzt. Begonnen im Wärmeofen, durchläuft der rohe
Stahl verschiedene Stationen im Walzwerk. Spezielle
Drehgeber kommen gemäß den abschnittsspezifischen
Anforderungen dabei an fast jeder entscheidenden Stelle
zum Einsatz.
Genauigkeit gelingt durch Drehgeber
Der Stahl wird in dem vor drei Jahren in Betrieb genommenen,
mit Erdgas beheizten Wärmeofen erhitzt, bis er
weiß glüht. Der Durchsatz der Heizmaschine beträgt
150 t/h bei kalter Beschickung und 200 t/h bei heißer
Beschickung. Multiturn-Absolutdrehgeber mit überstehender
Welle vom Typ RSA 608 (Bild 1) sind an der
Zuführungs- und Beschickungsanlage des Ofens angebracht,
um die Genauigkeit der Zubringungen zur
Maschine sicherzustellen. Bei der Wechselstrom-Motorisierung
in der Ofen-Zuführung sind inkrementale
Hohlwellen-Drehgeber der Serie RSI 503 (Bild 3) im
Einsatz, um eine Rückführung der Motordrehzahl
zu gewährleisten.
Für die Beschickung des Ofens bevorzugt der Anwender
den Einsatz einer Seilzug-Abwickelungseinrichtung
mit Drehgeber. Diese Technik kommt insbesondere bei
der Automatisierung des Beschickungstisches und des
Knüppel-Wahlschalters zum Einsatz.
Zur Vermeidung von Winkelpositionsmessungen werden
die Mechanismen mit Seilzug bei dieser Anwendung
eingesetzt. Sie ermöglichen eine höhere Genauigkeit.
Die lineare Bewegung des Seilzugs folgt direkt der
Achsbewegung und vermeidet somit Fehler. Zudem
erlaubt sie Einsparungen von Material und mechanischem
Projektierungsaufwand. Eine präzise Montage
ist notwendig, da der Seilzug ohne Winkelbildung abrollen
muss.
Auf Anwendungen in der rauen Umgebung der Eisenmetallurgie
hat Leine & Linde seine Drehgeber samt Zubehör
(Kupplungen, elektronische Geräte und Seilzug-Abwickelmechanismen)
bereits seit längerem spezialisiert. Der
schwedische Hersteller unterstützte die Konstrukteure der
Pittini-Walzanlage in langen Projektphasen mit seinem
Know-how. Über die Jahre entwickelte Leine & Linde gemeinsam
mit den Italienischen Anwendern eine werksorienterte
Lösung. Jeder Anlagenteil hat nämlich seine eigenen
Problematiken und benötigt eine gezielte Geräte-Auswahl
für seine optimale Funktionalität.
Motorisierte Vorwalzgerüste
Nachdem der weiß glühende Knüppel den Ofen verlassen
hat, beginnt sein Weg auf einem Rollenförderer zum Vorwalzen.
Dazu gelangt er in einen der zwei parallelen
Transportkanäle die zu den vier größeren Vorwalzgerüsten
der Anlage führen. Diese Gerüste bestehen aus zwei
Zylindern, durch die man den heißen Stahl passieren
lässt. Er reduziert sich beim Durchlauf und nimmt die
gewünschte Form an. Dabei spielt das „Zylinderlicht“ (der
Raum zwischen einem Zylinder und dem anderen, durch
den das Metall gezwungen wird) eine tragende Rolle. Es
wird immer kleiner, damit der Stahl letztendlich seine
genaue Passform erreicht. Für die Berechnung dieses
„Zylinderlichts“ in den Gerüsten und zur Festlegung der
Knüppel-Abmessungen, die man mit dem Walzen dieses
Gerüsts erreichen möchte, werden wieder die bereits
erwähnten Absolut-Drehgeber mit Hohlwelle vom
Typ RSA 608 (Bild 1) verwendet.
Die Gerüste selbst sind Gleichstrom-motorisiert mit
Rückführung durch Drehgeber des Typs RSI 503-52CLS
(Bild 3). Es handelt sich um robuste Drehgeber, die sich
zum Arbeiten mit Gleichstrom-Motorisierungen mit großen
Abmessungen eignen. Der technische Ausgang ist
strombegrenzt, um mit bestimmten DC-DC-Umrichtern
besser kommunizieren zu können.
Anbindung über Profibus DP
Die Anbindung erfolgt über Profibus DP, indem man herkömmliche
serielle Drehgeber mit EnDat-Schnittstelle in
abgesetzter Kombination mit einem Profibus-Gateway
einbaut, das der Anwendung gewidmet ist. Auf diese Art
kann Ferriere Nord auch bei dem Gerüste-Teil mit Profibus
arbeiten. Ohne den gewidmeten Drehgeber RHA 608 hätte
diese Anwendung mit einer seriellen Punkt-zu-Punkt
Verbindung entwickelt werden müssen, zulasten der Vorteile
der zentralisierten Steuerung und Diagnose.
Schopfscheren fordern robuste Sensoren
Der Stahl durchfährt nun die mittelgroßen und schließlich
die Feinbearbeitungs-Gerüste. Die Linie wird entsprechend
dem Produktionstyp, den man erhalten möchte,
zweigeteilt. Es geht durch zwei Danieli-Monoblöcke mit
synchroner Motorisierung. Dies wird durch zwangsbelüftete
Asynchronmotoren von ABB und Leine & Linde-Inkremental-Drehgeber
vom Typ 861 (Bild 4) realisiert.
Die Drehgeber der Baureihe 861 besitzen ein robustes
Aluminiumgehäuse der Schutzart IP 66. Sie verfügen
über 6 oder 3 kurzschlussfeste Ausgänge und eine elektrisch
isolierte Hohlwelle mit einem Durchmesser von
12 oder 16 mm. Die für eine Versorgungsspannung von
5 V beziehungsweise 9...30 V ausgelegten Drehgeber
sind mit dem Advanced Diagnostic System ADS ausgestattet.
Die Strichzahl ist in feinen Abstufungen von
500 bis 10 000 wählbar oder auch an die jeweiligen Anforderungen
anpassbar. Die Anzahl der Messschritte
entspricht der 4-fachen Strichzahl und erreicht maximal
40 000 Messschritte pro Umdrehung. Die Betriebstemperatur
darf zwischen -20 °C und +80 °C betragen.
Mit 10 g ist die Schwingfestigkeit angegeben. Die Stoßfestigkeit
liegt bei 100 g.
Nach dem Durchlauf der Gerüste hat das Produkt die
gewünschten Eigenschaften und Abmessungen erreicht.
Es folgt die Stahlbearbeitung durch die zwei Schopfscheren.
An Spitze und Ende des Stahlknüppels können Fehler
im Walzprozess entstanden sein. Die Drehgeber in
den Scheren müssen robust sein. Die Bearbeitung des
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Bild1: Die Drehgeber werden häufig durch
Metallgehäuse geschützt. Hier handelt es sich um
einen Absolutdrehgeber vom Typ RSA 608.
Bild 2:
Funkenflug, harte
Bearbeitungsstöße,
schwieriges
Material: In Stahlwerken
sind die
Umgebungsbedingungen
rau.
Bild 3: Ein Inkrementaldrehgeber der Serie RSI
503 mit Abwickelmechanismus mit 5 m langem
Seilzug in einer Spulenwickel-Anwendung.
Bild 4: Inkrementaldrehgeber der Baureihe 861,
der vom Motorhersteller neu lackiert wurde.
Bilder: Leine & Linde
Metalls versetzt der Maschine, einschließlich des Sensors,
beachtliche Stöße. Den Anlagen-Entwicklern werden
daher für diese Einsätze die Heavy-Duty-Produkte
empfohlen. Der normalerweise am meisten verwendete
Typ ist ein Drehgeber der Serie 850 mit vorstehender
Welle. Es handelt sich um ein Produkt mit Wellenkeil
für eine bessere Verbindung mit der Kupplung und einem
Euro-Flansch mit guten Kenndaten bezüglich der möglichen
axialen oder radialen Belastungen, die sich aus
den Maschinenkräften ergeben.
Nach dem Abschopfen trifft der geformte Stahlknüppel
auf seinem Weg auf einen neuen Zug von vier als mittelgroß
definierten Gerüsten, die ebenfalls Gleichstrommotorisiert
sind.
Abkühlung und Auslieferung
Schließlich wird das Metall auf Kühlteppichen abgelegt.
Die Teppiche sind ebenfalls motorisiert, jedoch mit kleinen
Gleichstrom-Motoren, bei denen keine Drehgeber
nötig sind. Nach dem Abkühlen gelangt das Metall in die
Endphase. Es wird zu Coils geformt, verdichtet und auslieferungsfertig
gebundend. Bei Pittini ist auch diese Phase
in der Belieferungsanlage, einer Sund-Anlage, vollständig
automatisiert. Die vorgestellten Drehgeber kommen
dort ebenfalls zum Einsatz.
Der Pittini-Stahl gilt wegen seiner Duktilität als erdbebenfest.
Nicht nur in Italien ist er aufgrund seiner Eigenschaften
daher so beliebt.
Autor
Klaus Korger
(Techn. Betriebswirt) ist
Geschäftsführer der Leine &
Linde (Deutschland GmbH)
in Aalen.
Leine & Linde (Deutschland),
Bahnhofstraße 36,
73430 Aalen,
Tel.: +49 (0) 7361 78 09 30,
E-Mail: k.korger@leinelinde.de
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anche
Common Components gewährleisten eine
„eingebaute“ Interoperabilität bei FDT 2.0
Toolkit für Rahmenapplikation bereits verfügbar – Entwicklung für die DTM-Seite läuft
Um die Interoperabilität von FDT-2.0-Produkten von
Anfang an zu gewährleisten, stellt die FDT Goup ihren
Mitgliedern sogenannte Common Components (CC)
als Toolkit zur Vefügung. Diese Komponenten bilden die
Basis für Produkte, die die neue FDT-2.0-Spezifikation
unterstützen. Neben der hohen Qualiät durch intensive
Tests ermöglichen die Komponenten die Reduktion des
Entwicklungsaufwands und eine schnellere Bereitstellung
von Produkten. Durch die eingebaute Interoperabilität
reduziert sich der Aufwand für die Zertifizierung
und die Inbetriebnahme im Feld.
FDT GROUP STELLT BASISKOMPONENTEN BEREIT
Nach Abschluß der FDT-2.0-Spezifikation hat die FDT
Group das nächste Projekt in Angriff genommen: die Bereitstellung
von Komponenten für die Entwicklung von
FDT-2.0-Produkten. Damit soll von Anfang an die Basis
gelegt werden für eine hohe Produktqualität und eine
hohe Interoperabilität zwischen den Produkten. Bei FDT
1.x lag der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von Testund
Zertifizierungswerkzeugen. Mit FDT 2.0 geht die FDT
Group nun einen Schritt weiter und stellt Basiskomponenten
für ihre Mitgliedsfirmen bereit.
Das Objektmodell in FDT 2.0 wurde gegenüber FDT
1.x vereinfacht und auf die wesentlichen Teile konzentriert
(Bild 1). Das Objekt „Frame Application“ repräsentiert
die FDT-Rahmenapplikation, oft auch FDT-
Container genannt. Es stellt die Schnittstelle zur Verfügung,
damit ein DTM (Device Type Manager) in der
Applikationsumgebung ausführbar ist. Der DTM repräsentiert
das entsprechende Feldgerät und besteht
üblicherweise aus zwei Teilen, dem „DTM User Interface“
und der „DTM Business Logic“. Das Objekt „Communication
Channel“ kommt bei Kommunikationsund
Gateway-DTMs zum Tragen. Das in FDT 1.x verwendete
Objekt „Process Channel“ steht für Prozessdaten
und wird jetzt durch eine Datenstruktur ersetzt
(„Process Data Info“).
INTERAKTION LÄUFT ÜBER RAHMENAPPLIKATION
Die Interaktion zwischen den DTM-Objekten erfolgt gemäß
Bild 2 immer über die Rahmenapplikation und nicht
mehr direkt zwischen DTMs. Dadurch wird unter anderem
die Anzahl der Interfaces reduziert und die Verteilung
der DTM-Komponenten auf unterschiedliche Systeme
wird möglich, ohne dass die jeweiligen DTM-Objekte
Kenntnis davon haben müssen (Bild 3).
Das Konzept der Bereitstellung von Basiskomponenten
für die Entwicklung von FDT-2.0-Produkten nennt sich
Common Components. Dieses Konzept fußt auf der oben
vorgestellten Architektur. Dabei sind jeweils die beiden
Gegenstücke Rahmenapplikation und DTM zu betrachten.
In Bild 4 ist die prinzipielle Struktur bei der Nutzung
der Common Components dargestellt. Auf jeder
Seite gibt es jeweils eine CC, die die FDT-2.0-Schnittstellen
abdeckt. Auf der Seite der Rahmenapplikation
kommt noch die Unterstützung von FDT 1.x hinzu
zwecks Gewährleistung der Rückwärtskompabilität.
Aufbauend auf der jeweiligen CC werden dann die produktspezifischen
Anteile implementiert. Die CC stellen
eine Abstraktionsebene dar, die sicherstellt, dass sich
die Komponenten gemäß der FDT-2.0-Spezifikation verhalten.
Diese Vorgehensweise bringt enorme Vorteile
sowohl für die Hersteller von FDT-Produkten als auch
für die Endanwender:
Sicherstellung der Interoperabilität durch einheitliche
Nutzung der FDT-2.0-Schnittstellen und
gemeinsame Tests während der Entwicklung
höhere Qualität durch vorgefertigte und intensiv
getestete Komponenten
schnellere Entwicklung von FDT-Produkten
(Time-to-Market)
Reduzierter Testaufwand (sowohl Einzeltests als
auch Interoperabilitätstests verschiedener Hersteller)
Reduktion des Entwicklungsaufwands (Kosten)
Konzentration auf die Implementierung der
applikationsspezifischen Produktanteile
Vereinfachung der Zertifizierung von FDT-2.0-
Produkten
Reduzierter Aufwand bei der Kommisionierung
im Feld
AUFBAU DER RAHMENAPPLIKATION
Die Struktur der CC für Rahmenapplikationen zeigt
Bild 5. Der blaue Kasten beinhaltet die Funktionalität
der CC. Mithilfe dieser Komponenten kann eine FDT-
Rahmenapplikation entwickelt werden, die DTMs der
Versionen 1.x und 2.0 unterstützt. Es werden Basisfunktionen
zur Verfügung gestellt, die jede Rahmenapplikation
üblicherweise benötigt. Die CC ist bereits seit einigen
Jahren für FDT 1.x am Markt verfügbar und wird
jetzt um FDT-2.0-Funktionalitäten erweitert. Ein Prototyp
ist bereits verfügbar und wird bei der Entwicklung
der DTM-CC zum Testen verwendet. Da bereits heute
viele FDT-Group-Mitglieder diese Komponente in ihren
Produkten einsetzten, hat die FDT Group auf eine Neuentwicklung
im Rahmen von FDT 2.0 verzichtet. Stattdessen
wird die Komponente als Common Component
für Rahmenapplikationen von der FDT Group zertifiziert
und mit einer vertraglichen Vereinbarung rechtlich
abgesichert.
Um den Firmen, die die Komponente heute nicht in
ihren Produkten einsetzen, die Migration zu FDT 2.0 zu
erleichtern, werden Teile der Rahmenapplikation CC als
sogenannte Low Level-Komponente zur Verfügung gestellt.
Hierbei handelt es sich um die im Bild 5 mit rötlicher
Farbe dargestellten Blöcke.
LOW-LEVEL-KOMPONENTE ERLEICHTERT WECHSEL
Interaction Manager: Dieser Block ist die Schnittstelle
zwischen Rahmenapplikation und DTM, da der
Datenaustausch immer hierüber erfolgt. Der Interaction
Manager entkoppelt die FDT-2.0-Objekte. Dadurch
wird die Interoperabilität verbessert. Die Regeln
für die Synchronisation und die parallele Ab-
18
atp edition
6 / 2011
BILD 1: Das Objektmodell in FDT 2.0 wurde gegenüber FDT 1.x
vereinfacht und auf die wesentlichen Teile konzentriert.
BILD 2: Die Interaktion zwischen den DTM-Objekten
erfolgt immer über die Rahmenapplikation und nicht
mehr direkt zwischen DTMs.
Bild 4: Das Konzept der Common Components
System
FDT 1.x-Schnittstelle
Rahmenapplikation
Rahmenapplikation CC
Rahmenappl. CC-Schnittstelle
FDT 2.0-Schnittstelle
DTM
FDT 1.x
DTM CC
DTM
FDT 2.0
DTM CC-
Schnittstelle
BILD 3: Durch die neue Strutkur wird unter anderem
die Anzahl der Interfaces reduziert.
BILD 4: Das Konzept der Common Components: Auf jeder Seite
befindet sich jeweils eine CC, die die FDT 2.0 Schnittstellen abdeckt.
wicklung von Tasks gemäß Spezifikation können hier
geprüft werden. Durch die Entkopplung wird auch die
Verteilung von Komponenten auf unterschiedliche
Systeme unterstützt („Remoting“, Bild 3). Weiterhin
ist hier das Logging aller FDT-2.0-Aufrufe möglich,
was insbesondere für den Test der Objektinteraktionen
hilfreich ist.
Surrogate/Proxy (CLR Extension Concept): Dieser
Block ermöglicht die Verwendung von DTMs, die eine
andere .NET-Laufzeitumgebung erwarten, als die der
Rahmenapplikation (Common Language Runtime). Dieser
Block stellt den Stellvertreter (Proxy) des DTM dar,
der eine andere .NET-Laufzeitumgebung benötigt. Der
DTM läuft dann in einem eigenen Betriebssystem-Prozess
(Surrogate genannt), der unabhängig von dem der
Rahmenapplikation ist.
Data Type Converters: Dieser Teil stellt Funktionen
bereit, die es DTMs der Version 1.x und 2.0 erlauben,
miteinander zu kommunizieren. (Rückwärts-Kompatibilität).
Hier werden die XML-Dokumente aus FDT
1.x in Datentypen von FDT 2.0 transformiert und umgekehrt.
atp edition
6 / 2011
19
anche
Bild 6: DTM CC - Architektur
IDtmUiFunction
IDtmUiFunction
DTMUI
Container
IFrameUi
Custom
DTM UI
IDtm
IDtm
IDeviceModel
DTMBO
Container
DTMBO
Core
IDtmCC
Device
Model
ICommunicationChannel
DTM
Channel
BILD 5: Die Struktur der CC für Rahmenapplikationen: Der blaue
Kasten beinhaltet die Funktionalität der CC. Mihilfe dieser
Komponenten kann eine FDT Rahmenapplikation entwickelt
werden, die DTMs der Versionen 1.x und 2.0 unterstützt.
Bild 7: DTM BO Core
BILD 6: Die CC deckt alle FDT-2.0-Schnittstellen eines
DTM ab (gestrichelter Kasten). „Customer DTM UI“
und „Device Model“stellen den herstellerzifischen
Implementierungsanteil dar.
IDtm
ISignal
ISignal
Incoming
Call /
Signal
Adapter
Execution
Engine
Incoming
Signal /
Call
Adapter
Lifetime
Manager
Configuration
Manager
BILD 7: Eine Verfeinerung
der Architektur
der Kernkomponente:
Im Zentrum der
Komponente steht die
Ausführung von
FDT-2.0-Aufrufen
(Execution Engine) im
Zusammenspiel mit
der Zustandsmaschine
eines DTM.
DTMBO
Container
IFrame
Outgoing
Signal /
Call
Adapter
ISignal
ISignal
State Machine
ISignal
Outgoing
Call /
Signal
Adapter
Parameter
Manager
Function
Manager
Communication
Manager
Topology
Manager
Device
Model
COMMON COMPONENT FÜR ALLE SCHNITTSTELLEN
Die Architektur für die DTM CC zeigt Bild 6. Die CC deckt
alle FDT-2.0-Schnittstellen eines DTM ab (gestrichelter
Kasten). Der herstellerspezifische Implementierungsanteil
ist durch die beiden Elemente „Customer DTM UI“
(grafische Benutzeroberfläche eines DTM) und „Device
Model“ (gerätespezifische Funktionen) dargestellt. Der
Block „DTM BOCore“ ist der wesentliche Teil der DTM CC
und implementiert die Logik der Common Compent. Der
Block „DTMBO Container“ repräsentiert das Objekt
„DTM Business Logic“ nach außen und offeriert der Rahmenapplikation
die FDT-2.0-Schnittstelle eines DTM
(Bild 2 und 3). Eine Verfeinerung der Architektur der
Kernkomponente zeigt das Bild 7. Im Zentrum der Kom-
20
atp edition
6 / 2011
ponente steht die Ausführung von FDT-2.0-Aufrufen
(Execution Engine) im Zusammenspiel mit der Zustandsmaschine
eines DTM. Eingehende Aufrufe von der Rahmenapplikation
beziehungsweise des Gerätemodells
werden in Signale umgewandelt, die von der Verarbeitungseinheit
weiterverarbeitet werden.
Bei ausgehenden Aufrufen werden Signale als Ergebnis
der Verarbeitung in entsprechende Funktionsaufrufe
umgesetzt. Im zentralen Teil werden die Signale in Warteschlangen
verwaltet und in der entsprechenden Reihenfolge
in der Zustandsmaschine verarbeitet. Die Verarbeitungseinheit
ermöglicht die parallele Verarbeitung
von ein- und ausgehenden Aufrufen, sowie die Handhabung
von Asynchronität durch eigenständige Tasks.
Durch diese Struktur ist gewährleistet, dass die synchrone
und asynchrone Verarbeitung gemäß der Spezifikation
vonstatten geht.
MANAGER REALISIEREN WEITERE FUNKTIONEN
Weitere Funktionen eines DTMs werden durch entsprechende
Verwaltungskomponenten („Manager“) realisiert:
Lifetime Manager für das Starten und Beenden des
DTM inklusive der Initialisierung des Gerätemodells
Configuration Manager für die Konfigurierung des
DTMs und die Bereitstellung dieser Daten für die
Rahmenapplikation
Parameter Manager für die Verwaltung der DTM-
Datensätze (Transaktionen, Online/Offline)
Function Manager für die Ausführung von DTM-
Funktionen, das Öffnen/Schliessen von User-Interfaces
Communication Manager für die Kommunikation zu
über- beziehungsweise untergeordneten Objekten
Topology Manager für die Durchführung von Operationen,
die mit der Topologie zusammenhängen
(etwa Netzwerk-Scan, Protokollinformation, Erzeugung
von „Kinder“-DTMs)
ENTWICKLUNGSPROJEKT FÜR DIE DTM-SEITE
Während für die Rahmenapplikation bereits eine verfügbare
CC existiert, muss auf der DTM-Seite eine solche
Komponente noch entwickelt werden. Dafür hat die
FDT Group ein Projekt ins Leben gerufen. Die DTM-CC
soll dann den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden.
Zur Finanzierung haben sich zwanzig FDT-Group-
Mitgliedsfirmen in einem Konsortium zusammengeschlossen
und die Implementierung an einen Dienstleister
vergeben. Alle teilnehmenden Firmen erhalten
am Ende des Projekts die Entwicklungsergebnisse
(Source Code, Dokumente, Test Skripts), um daraus ihre
gerätespezifischen DTMs zu erstellen (Geräte-, Kommunikations-
und Gateway-DTM). Die Rechte der Entwicklung
liegen bei der FDT Group, sodass sichergestellt ist,
dass jedes FDT-Group-Mitglied die Komponente erwerben
und einsetzen kann.
Das Entwicklungsprojekt wurde Anfang des Jahres
gestartet und hat eine Laufzeit von zirka einem Jahr.
Der Entwicklungsprozess folgt den Prinzipien von
Scrum. Die Entwicklung ist also in sogenannte
„Sprints“ unterteilt, die jeweils einen Monat dauern.
Am Ende eines jeden Sprints stehen installierbare
und lauffähige Software sowie automatisierte Tests
zur Verfügung. So können sich die teilnehmenden
Firmen in einem frühen Stadium mit der Software
vertraut machen und entsprechendes Feedback geben.
Das Projekt wird begleitet von einem Team von FDT-
Experten, die nach jedem Sprint ein umfassendes
Review durchführen.
Die während der Entwicklung entstehenden Tests können
später auch von den Entwicklern von DTMs für Regressiontests
genutzt und erweitert werden. Bereits nach
zwei Sprints waren zirka 200 Testfälle erstellt worden.
Im Rahmen des Projekts erfolgt auch eine enge Zusammenarbeit
mit dem Entwicklungsteam der Rahmenapplikation
CC. Intensive Tests stellen sicher, daß die Interoperabilität
zwischen Rahmenapplikation und DTM für
FDT 2.0 von Anfang an gewährleistet ist.
NEUS GREMIUM STEUERT WEITERENTWICKLUNG
Neben Qualität und Entwicklungseffizienz, ist Interoperabilität
der wichtigste Erfolgsfaktor für Technologien,
die auf offenen Standards basieren. Der Einsatz der
Common Components reduziert dramatisch die Komplexität,
die durch die unzähligen Kombinationsmöglichkeiten
von Systemen und Geräten entsteht.
Nach der Entwicklung der Komponenten geht die Qualitätssicherung
durch die FDT Group weiter. Es wird ein
„Change Control Board“ installiert, das die Wartung und
Weiterentwicklung der Common Components Toolkit
steuert. Dadurch wird sichergestellt, daß die Qualität
und Konsistenz der Komponenten über die gesamten
Lebenszyklus erhalten bleibt.
Autor
Dipl.Ing. (FH) Manfred
Brill (geb. 1954) ist bei
Schneider Electric, Unternehmensbereich
Industrie,
für die Harmonisierung von
Softwarewerkzeugen tätig.
Brill ist seit 2005 Mitglied
im Executive Committee der
FDT Group. Er ist auch
Projektleiter der FDT Group für die Entwicklung
der in diesem Beitrag beschriebenen
Komponenten für FDT 2.0.
Schneider Electric Automation GmbH,
Steinheimer Strasse 117,
D-63500 Seligenstadt,
Tel. +49 (0) 6182 81 22 73,
E-Mail: manfred.brill@schneider-electric.com
atp edition
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21
anche
Die Fabrik auf dem Büroschreibtisch: virtuelle
Lösungen für den Erfolg realer Anlagen
Simulation vereinfacht die Inbetriebnahme und bildet das Bedienungspersonal besser aus
Was vor einigen Jahren kaum denkbar war, wird immer
mehr zum Standard. Die Fabrik auf dem
Schreibtisch im Büro ist Wirklichkeit geworden: Die
Software zur Automatisierung einer realen Anlage wird
mittels einer simulierten, virtuellen Anlage im Büro erstellt
und getestet. Und auch die Steuerungsumgebung
kann virtuell generiert und getestet werden. Diese virtuellen
Systeme lassen sich auch leicht für Schulungen
der Bediener oder für weitere Zwecke einsetzen.
Wesentliche Gründe für den Einsatz einer Simulation
in der Automatisierung sind das Einsparen von Zeit und
Geld, das Ersetzen von im Büro nicht vorhandenen Systemen
und das Training von Personal für kritische Situationen.
In der Vergangenheit – teilweise sogar noch
heute – treffen Automatisierungssoftware und die Anlage
erst bei der Inbetriebnahme aufeinander. Lange Inbetriebnahmezeiten
aufgrund ungenügender oder fehlerhafter
Abbildung der Anlage in der Software sind dabei
oft die Realität, während der Endkunde die Anlage schon
zum Produzieren nutzen möchte. Im Extremfall kann es
wegen der noch fehlenden Qualität zu Fehlverhalten
kommen und Geräte und Anlagenteile können dadurch
beschädigt oder zerstört werden. Ein solches Fehlverhalten
kann auch deswegen entstehen, weil die Simulation
direkt in den Automatisierungscode geschrieben und
dieser auf der Anlage nicht eliminiert oder komplett ausgeschaltet
wird.
Doch mit einer Simulation sollten auch Qualität ausgeliefert
und Fehler minimiert werden. Denn wenn der
Stecker des Simulationssystems erst mal gezogen wird,
ist jeglicher Simulationsmodus auf der realen Anlage
nicht mehr vorhanden.
Schon beim Engineering
wird die Anlage simuliert und die
Auto matisierungssoftware getestet.
Es entsteht eine komplette
virtuelle Umgebung im Büro.
Visualisierungs-
Visualisierungsoder
Processoder
Process-
Control-System
Control-System
Simulations-System
Simulations-System
Fabrik/Fertigung, Ihr Prozess
Fabrik/Fertigung, Ihr Prozess
Geräte (Simit)
Geräte (Simit)
beliebig im Netzwerk verteilbar / realtime
beliebig im Netzwerk verteilbar realtime
Engineering-
Engineering-
System
System
(Simatic-Manager)
(Simatic-Manager)
Simatic-
Simatic-
Steuerungen
Steuerungen
(Simit-Emu)
(Simit-Emu)
1 bis > 60
bis 60
Zur Absicherung
der Softwarequalität,
wird die Simulation
beispielsweise
in der Zementindustrie
eingesetzt.
Bilder: Siemens
22
atp edition
6 / 2011
Zwei in Einem
VIRTUELLES ENGINEERING STEIGERT DIE QUALITÄT
Das Engineering für die Automatisierung findet in der
Regel in einer Büroumgebung statt. Dort gibt es jedoch
keine automatisierenden Geräte und Anlagen. Wenn es
sich um eine Neuanlage handelt, ist diese auch in der
Realität noch nicht vorhanden. Simulation macht hier
ein qualitativ hochwertiges Engineering erst möglich
und liefert sozusagen die Anlage auf den Schreibtisch
– mit all ihren Motoren, Lichtschranken, Pumpen, Ventilen
und so weiter.
Bedeutsam ist die Simulation auch für Trainingszwecke.
Denn Personal, das ungenügend trainiert
wurde, wird in vielen Fällen falsch reagieren. Dies
kann zu Produktions- und Qualitätsverlusten führen
oder eventuell sogar zur Gefährdung von Anlagen,
Personen oder der Umwelt. Mit einer Simulation gewinnt
der Bediener Erfahrung in einer sicheren Umgebung
und reagiert auf der realen Anlage richtig.
AUTOMATISIERUNGSTEST UND TRAINING
Wollte man früher seine Automatisierung in einer annähernd
realen Umgebung testen, wurden je nach Größe
der Applikation mehrere Schaltschränke oder Racks
aufgebaut. Im Extremfall und bei Platzmangel musste
man vielleicht sogar eine Halle anmieten. Und dann
galt es die Technik zu verkabeln. Zur Simulation wurden
Testboxen angeschlossen, über die per Knopfdruck
oder Potenziometer Werte vorgegeben werden konnten.
Komplexe oder schnelle Signalabläufe ließen sich so
aber nicht testen. Die Testtiefe blieb extrem gering und
auf der realen Anlage war noch viel zu tun.
Darüber hinaus durften die Bediener erst kurz vor
Ende der Inbetriebnahme an die Anlage. Oftmals benötigten
sie dann viele Wochen, bis sie mit der neuen
Automatisierung vertraut waren und die volle Verfügbarkeit
und Produktivität der Anlage erreicht war. Da
sie nicht in allen Belangen ausgebildet waren, reagierten
sie bei Fehlern falsch. Dies führte zu Ausfallzeiten
der Anlage sowie zu Mängeln an den Produkten.
BIS ZUR VOLLEN VERHALTENSSIMULATION
Mit den heute verfügbaren Lösungen wird die Anlage
bereits beim Engineering simuliert und die Automatisierungssoftware
getestet. Szenarien und Situationen
für die Abnahme können schon im Büro definiert und
gespeichert werden. Per Knopfdruck ruft man diese
beim Abnahmetest mit dem Kunden wieder auf. Beide
Seiten, Lieferant und Kunde, können so sehen, was die
Software leistet und ob die Erwartungen erfüllt wurden.
Damit kann die Software bereits mit einer hohen
Qualität in die Anlage integriert werden, was zu wesentlich
kürzeren Inbetriebnahmezeiten führt. Die
erreichten Werte bewegen sich in der Regel zwischen
30 und 80 %. In einigen Fällen kam es sogar zu einer
Einschaltinbetriebnahme. Das heißt, es wurden keine
Fehler mehr festgestellt. Da es wesentlich weniger Unstimmigkeiten
gibt, wird das Kunde-Lieferanten-Verhältnis
gestärkt.
A01095DE
• Industrieregler TROVIS 6495-2
Viele Regelanwendungen benötigen zwei
Regelkreise, die der neue Industrieregler
TROVIS 6495-2 beherrscht. Er ist kinderleicht
zu bedienen und führt mit seinen gut
strukturierten Klartextmenüs bis in detaillierteste
Funktionen.
Fachkundigen sei verraten, dass der Regler
u. a. die Strukturumschaltung gleitend
fahren, seinen I-Anteil begrenzen und Störgrößen
vielseitig aufschalten kann.
Natürlich lassen sich die Einstellungen
auch mit der kostenfreien Software
TROVIS-VIEW vornehmen.
Zum Schnuppern dient ein kostenfreier
Software-Emulator mit identischer Bedienung.
Am besten gleich mal ausprobieren
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anche
Zur Simulation bietet Siemens Industry Solutions zwei
Systeme: Mit Simit werden sowohl die Signale als auch
die Aktoren (zum Beispiel Motor) und Sensoren (beispielsweise
Lichtschranke) simuliert. Das Ganze kann
ausgebaut werden und ist skalierbar bis zur vollen Verhaltenssimulation.
Die Projektierung der Simulation
geschieht grafisch und ist leicht zu erlernen. Damit lässt
sich eine simulierte Anlage über Orginalbussysteme wie
Profinet und Profibus an eine echte Steuerung anschließen.
Failsafe-Signale können ebenfalls simuliert werden,
das heißt, die Steuerungssoftware bleibt unverändert.
Simit-Emu emuliert Steuerungen des Typs Simatic-S7.
Das heißt, die Anwendersoftware der Steuerungen läuft
auf einer PC-Plattform. Diese Plattform emuliert zusätzlich
das Verhalten und viele Eigenschaften einer Steuerung,
beispielsweise bezüglich Failsafe oder der Kommunikation
mit weiteren emulierten Steuerungen, aber
auch in einer gemischten Konfiguration mit echten Steuerungen.
Das größte bisher emulierte System umfasst 59
Steuerungen.
TRAININGSSZENARIEN MIT ECHTER APPLIKATION
In kleineren Fällen kann ein solches System sogar auf nur
einem PC installiert werden. Bei größeren Systemen lassen
sich die einzelnen Applikationen frei im Netzwerk
verteilen. Ein Knopfdruck genügt, um den Zustand aller
Steuerungen und der Simulation gleichzeitig und zu jeder
Zeit zu speichern und wieder aufzurufen. Dabei kann der
Zeitpunkt der zu speichernden Situation auch in der Vergangenheit
liegen. Die Vorbereitung, Speicherung und
Durchführung von Test-, Debugging- und Abnahmeszenarien
werden damit sehr einfach. Vor allem Szenarien,
die auf der Anlage möglichst nicht durchgeführt werden
sollten (Gefährdung von Mensch, Maschine oder Umwelt),
lassen sich so gefahrlos abnehmen.
Mit einer vollständig virtuellen Plattform und der
Möglichkeit, komplexeste Zustände auf Knopfdruck zu
speichern, lässt sich auch ein Trainings- und Know-how-
Managementsystem einfach aufbauen. Denn für jedes zu
trainierende Szenario wird der Anfangszustand gespeichert
und ist sofort wieder abrufbar. Damit ist das System
auch für kurze Trainingszeiten nutzbar, zum Beispiel
während einer Gerätewartung. Da auf der Plattform
die echten Applikationen der Steuerungsebene und der
Prozessleitebene laufen, lernt der Bediener genau mit
einer Replika seiner eigenen Anlage.
SIMULATION IST IN DER PRAXIS BEREITS REALITÄT
Somit lassen sich Szenarien testen, wie zum Beispiel das
Hoch- und Herunterfahren von Anlagen und Applikationen,
ein Produkt- oder Produktmixwechsel, ein Lastwechsel
oder verschiedene Fehlerszenarien. Das können
beispielsweise fehlende Rückmeldungen, Rohrleitungsleckagen,
Blockierung von Antrieben oder der Ausfall von
Messaufnehmern sein.
In einem weiteren Schritt kann jede Änderung am laufenden
System in der virtuellen Umgebung evaluiert und
die Installation gefahrlos ausprobiert werden. Da nur
evaluierte Veränderungen eingebracht werden, erhöht
sich dadurch auch die Verfügbarkeit der Anlage.
Beispiele zeigen die Vorteile in der Praxis. Beim Test
von Software in der Zementindustrie waren früher etwa
zwei Wochen Aufwand zur Vorbereitung für den Factory
Acceptance Test (FAT: Abnahmetest) notwendig. Für
die Entfernung aller Testmodifikationen musste eine
weitere Woche eingerechnet werden. Es blieb die Unsicherheit,
ob alle Testmodifikationen wieder entfernt
wurden, was auf der Anlage zu Fehlverhalten führen
konnte. In den eigentlichen Tests ließ sich nur eine geringe
Testtiefe erreichen. Zudem wurden nur Teiltests
durchgeführt.
Heute wird der Test mithilfe von Simulation durchgeführt.
Diese wird zu einem großen Teil generiert. Die
Vorbereitungszeit ist auf zirka zwei Tage geschrumpft. Da
mit dem Ziehen des Steckers alle Simulationsfunktionen
definitv entfernt sind, entfällt auch die Nachbereitung.
Der Fall des holländischen Wasserversorger PWN (Waterleidingsbedrijf
Noord-Holland) zeigt den Einsatz einer
kompletten virtuellen Plattform in der Wasseraufbereitung
(atp edition berichtete in Ausgabe 3/2011, S. 62-63).
Bei PWN wurde mit zehn virtuellen Steuerungen, dem
Simulationssystem und den realen Engineeringsystemen
die gesamte Software konzipiert, getestet und Trainingsszenarien
entwickelt.
Die virtuelle Fabrik und das virtuelle Automatisierungssystem
für die Softwareentwicklung, den Softwaretest
und die Bedienerschulung sind also bereits
Wirklichkeit, zum Beispiel in der Kohlevergasung, in
Kraftwerken, in der Chemie, Autoindustrie, Zementindustrie,
Marine, Metallindustrie und vielen Branchen
mehr. Und die Akzeptanz virtueller Systeme für obige
Aufgaben wächst ständig, da auch der Druck steigt, effizienter
zu entwickeln und zu testen.
Autor
Siemens Solutions Division,
Werner-von Siemens-Str. 60,
D-91052 Erlangen,
Tel. +49 (0) 9131 72 37 25,
E-Mail: ifflaender@siemens.com
Dipl. Ing. (FH) Bernhard
Iffländer leitet das
Simulation Center der
Siemens AG.
24
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6 / 2011
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hauptbeitrag
Virtuelle Inbetriebnahme
von Transportsystemen
Werkstückträgertransfersysteme simulieren
Die virtuelle Produktion kann insbesondere im Rahmen einer virtuellen Inbetriebnahme
dazu beitragen, Fertigungsanlagen mit hoher Qualität in kürzerer Zeit zu errichten. Zur
Realisierung wird idealerweise ein 3-D Modellierungs- und Simulationssystem eingesetzt.
Dabei liegt – wie dieser Beitrag beschreibt – ein Schwerpunkt auf der Integration von
werkstückträgerbasierten Transportsystemen, da diese hinsichtlich der in großem Umfang
genutzten Sensoren und Aktoren sehr komplex sind. Hier können Ingenieure mithilfe
eines digitalen Modells Steuerungsprogramme erstellen und verifizieren, lange bevor die
reale Anlage aufgebaut wird.
SCHLAGWÖRTER Virtuelle Produktion / Virtuelle Inbetriebnahme / Werkstückträgertransfersysteme
/ Modellierung / Simulation
Virtual Production for Carrier-based Transport Systems –
Modeling and Simulation for Virtual Commissioning
Virtual Production methods, especially Virtual Commissioning, are powerful means to
build high-quality production lines in less time. A common means to achieve this, is the
application of 3-D modeling and simulation systems. Here, the integration of carrier-based
transport systems is of special interest. This is because of their high complexity due to
the huge number of applied sensors and actors. With the help of Virtual Commissioning,
engineers can develop and verify the according control programs long before the actual
production line is built.
KEYWORDS Virtual Production / Virtual Commissioning / Transport Systems / Modeling /
Simulation
26
atp edition
6 / 2011
Jürgen RoSSmann, RWTH Aachen
Oliver Stern, Roland Wischnewski, RIF e.V., Dortmund
Automatisierte Fertigungsanlagen sind in vielen
Industriezweigen im Einsatz, wobei die Komplexität
des mechanischen und elektrischen
Aufbaus sowie der eingesetzten Steuerungsprogramme
die gemeinsame Problematik bilden.
Dies führt oft zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten
im Engineering, wodurch sich der Produktionsstart
erheblich verzögern kann. Methoden der virtuellen Produktion
werden von führenden Unternehmen hier bereits
angewandt, um solche Risiken zu reduzieren. Die
damit verbundenen zusätzlichen Planungsprozesse und
die daraus resultierenden Kosten werden akzeptiert, weil
über die gesamte Projektlaufzeit – insbesondere auch bei
der Inbetriebnahme der realen Anlage – eine Zeit- und
Kostenersparnis erwartet wird.
Ein generelles Problem dieses Ansatzes ist, dass in der
Regel nur große Unternehmen die teure PLM- und CAD-
Software anschaffen und das benötigte spezialisierte
Personal vorhalten können, um die virtuelle Produktion
im gesamten Anlagenlebenszyklus sinnvoll einsetzen
zu können. Im Gegensatz dazu nutzen kleine und mittlere
Unternehmen (KMU) das digitale Engineering nur
in ausgewählten Projektphasen. In diesem Beitrag wird
als Lösungsansatz eine Vorgehensweise präsentiert, die
insbesondere die Virtuelle Inbetriebnahme (VIBN) von
Fertigungsanlagen mit spurgeführten Werkstückträgertransfersystemen
[1] kostengünstig ermöglichen kann.
1. Virtuelle Produktion
Auch bei einem einfach gehaltenen Ansatz muss die virtuelle
Produktion notwendigerweise alle wesentlichen
Phasen im Lebenszyklus einer Fertigungsanlage unterstützen,
das heißt Planung, Konstruktion, Programmierung,
Inbetriebnahme und Wartung. Insbesondere KMU
setzen hier unterschiedliche Werkzeuge in den einzelnen
Phasen ein, was dazu führt, dass die digitalen Modelle
zwischen den Abteilungen und Projektphasen nur mit
sehr großem Konvertierungsaufwand und hohem Informationsverlust
ausgetauscht werden können. Um dies zu
vermeiden, muss ein entsprechendes Softwarewerkzeug
dazu in der Lage sein, alle Hauptphasen abzudecken [2].
Zusätzlich ist für eine hohe Akzeptanz ausschlaggebend,
dass sich vorhandene Prozesse im betrieblichen Arbeitsablauf
gut abbilden lassen. Da durch den Softwareeinsatz
üblicherweise eine strengere Einhaltung dieses Workflows
erzwungen wird, kann der Einsatz eines solchen
Werkzeugs schon von sich aus dazu beitragen, Probleme
in den einzelnen Projektphasen zu identifizieren.
Bild 1 zeigt den Ablauf der Phasen im Engineering einer
automatisierten Fertigungsanlage, die in einem umfassenden
Werkzeug für die virtuelle Produktion Berücksichtigung
finden müssen. Die Hauptaufgaben liegen dabei im
mechanischen Anlagendesign unter Berücksichtigung des
Fabriklayouts, der elektrischen Verdrahtung zum Verbinden
von Feldgeräten und Steuerungen sowie der Auslegung
der zugehörigen Steuerungsprogramme. Die dabei
entstehenden Lösungen können dann im Rahmen des virtuellen
Anlagenbetriebs ausführlich getestet werden.
Der durchgängige Einsatz eines solchen Softwarewerkzeugs
ermöglicht die einfache Rückführung kleinerer
Änderungen in vorgelagerte Engineeringphasen. Insbesondere
Ergebnisse des virtuellen Betriebs können sich
entsprechend auswirken, zum Beispiel müssen Hubeinheiten
eines Transportsystems neu auf dem Band positioniert
werden, wenn einzelne Positionen von Robotern
nicht erreicht werden können. Wenn die Änderungen
mittels eines neuen Simulationslaufs dann validiert sind,
können sie an das Inbetriebnahmeteam weitergegeben
werden. Während der VIBN können aber auch Probleme
aufgedeckt werden, die zu größeren Rückflüssen führen,
welche sich nicht mittels kleiner Anpassungen im digitalen
Modell lösen lassen. Für solche Varianten muss
dann unter Umständen ein neues Modell erstellt werden,
das erneut in allen Phasen überprüft wird.
Generell geht es bei der Modellierung immer darum, einen
Kompromiss zwischen einfacher und benutzerfreundlicher
Vorgehensweise einerseits und einem detaillierten
und exakten digitalen Modell andererseits zu finden. Um
beide Ziele gleichzeitig erreichen zu können, wurde ein
zweistufiges Modellierungskonzept entwickelt. Die sys-
atp edition
6 / 2011
27
Hauptbeitrag
temnahe Modellierung wird dabei von Simulationsexperten
durchgeführt, die genaue Kenntnisse über die abzubildenden
Geräte besitzen. Die eingesetzten Softwaresysteme
bieten zwar viele Möglichkeiten zum Aufbau realitätsnaher
Modelle, die Ingenieure benötigen aber dennoch ein gewisses
Maß an Training und – insbesondere bei komplexen
Komponenten – einige Erfahrung. Auf einer abstrakteren
Modellierungsebene können dann auch Anlageningenieure
ohne tiefes Simulationswissen solche systemnah vorgefertigten
Modelle einfach miteinander kombinieren.
1.1 Mechanisches und elektrisches Modell
Üblicherweise werden während der mechanischen Konstruktion
bekannte Bauteile aus Katalogen mittels 2-Doder
3-D-CAD-Werkzeugen positioniert und zu einer Gesamtanlage
zusammengesetzt. Im hier beschriebenen
Ansatz erfolgt dieser Schritt bereits innerhalb der Simulationssoftware.
Dazu stellen Bibliotheken optisch und
funktional korrekte Modelle wie zum Beispiel Transportbänder,
Werkstückträger zur Verfügung. Nicht vorhandene
Komponenten können aus einem CAD-System importiert
und dann mit funktionalem Verhalten ergänzt werden.
Viele mechanische Bewegungen können dabei auf
Linear- oder Drehachsen, kinematische Ketten, Greifmechanismen
oder beschränkte Freiheitsgrade abgebildet
werden. Verschiedene Modellzustände werden durch manuellen
Eingriff herbeigeführt oder durch simulierte Sensorsignale
erkannt, sodass bereits in einer frühen Projektphase
ein funktionsfähiges Simulationsmodell vorliegt.
Mithilfe eines solchen Modells kann schon eine erste
Taktzeitermittlung durchgeführt werden. Bild 2 zeigt
wie Aktoren und Aktionsinstanzen in Taktzeitdiagram-
BILD 1: Virtuelles Engineering
für eine Fertigungsanlage
BILD 2: Ermittlung von Taktzeiten
BILD 3: Verbindung einer externen
Steuerung mit dem Simulationssystem
via OPC: E/As von Steuerungen sind
direkt sichtbar und können mit E/As
von Komponenten verbunden werden.
28
atp edition
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men miteinander verbunden werden, um die gewünschte
Ausführungsreihenfolge festzulegen. Die Gesamttaktzeit
kann dann entlang des kritischen Pfades eines solchen
Netzes abgelesen werden. Diese Taktzeitdiagramme
können auch verwendet werden, um direkt das Simulationsmodell
zu steuern und um SPS-Programme zu erzeugen.
Versuche mit Modellvarianten helfen so, die
Produktionsprozesse bereits in einer frühen Engineeringphase
zu optimieren.
Auf Basis des funktionalen mechanischen Modells wird
in einem weiteren Schritt ein Stromlaufplan für die Fertigungsanlage
erstellt. Dazu werden im Rahmen der elektrischen
Modellierung E/A-Module sowie Ventilinseln definiert
und verschaltet. Manchmal besitzt das Modell eines
Feldgerätes hierbei nicht die originale E/A-Anschaltung.
In einem solchen Fall kann dem Simulationsmodell ein
Logikkonverter vorgeschaltet werden, der die Originalbelegung
herstellt, um so die realen Steuerungsprogramme
unverändert testen zu können. In diesem Engineeringschritt
ist es außerdem besonders wichtig, die einzelnen
E/As manuell schalten und das logische Verhalten detailliert
in der Simulation beobachten zu können.
1.2 Steuerungsprogramme
Ein wesentlicher Vorteil der virtuellen Produktion ist
die Möglichkeit, Steuerungsprogramme gegen ein realitätskonformes
Simulationsmodell testen zu können,
ohne den realen Anlagenaufbau zu benötigen. Die Programmierung
kann dann viel früher beginnen, was aufgrund
des Zeitvorteils beim Testen zu besseren Steuerungsprogrammen
zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme
führt. Dabei ist insbesondere entscheidend, dass die
Steuerungsprogramme im Simulationssystem in den
Originalsprachen verwendet werden können, um die
direkte Verwendbarkeit auf der realen Fertigungsanlage
ohne Konvertierung sicherzustellen.
SPS-Programme können hierbei in der originalen Entwicklungsumgebung
des jeweiligen Herstellers (zum Beispiel
Siemens STEP 7) erstellt und innerhalb des Simulationssystems
interpretiert werden [3]. Auch der Ablauf auf
der Originalhardware mit einer Simulationskopplung mittels
OPC [4] und Hardware-in-the-Loop (HiL) oder die Verbindung
mit einem SPS-Emulator wie beispielsweise Siemens
PLCsim sind möglich. Bild 3 zeigt, wie E/As einer
externen SPS mithilfe eines Steuerungsobjekts in die Simulationsumgebung
integriert werden. Für die Modelle
der einzelnen Feldgeräte ist die elektrische Anbindung
damit vollkommen transparent, das heißt eine Unterscheidung
je nach Art der elektrischen Ansteuerung ist nicht
nötig. Hierdurch wird es sehr einfach, die unterschiedlichen
Kopplungsarten zu verwenden und auszutauschen.
Eine weitere Möglichkeit zur Erstellung von SPS-Programmen
ist die Verwendung der beschriebenen Taktzeitdiagramme.
Diese Sequenzen definieren Aktionen von
Aktoren innerhalb des Modells und können die Simulation
direkt steuern. Dies funktioniert allerdings nur in eine
Richtung, da Systemantworten aus dem Modell in Form
von elektrischen Signalen (zum Beispiel digitale Ausgangswerte
eines Sensors) nicht ausgewertet werden. Um solche
Signale in die Taktzeitdiagramme zu integrieren, werden
die Aktionen der Aktoren mit Anfangs- und Endbedingungen
ergänzt, die erfüllt sein müssen, bevor eine Aktion
ausgeführt werden kann. Diese erweiterten Taktzeitdiagramme
enthalten dann alle notwendigen Informationen,
um bidirektional mit dem Simulationsmodell interagieren
zu können. Diese Darstellungsform kann automatisch in
die Ablaufsprache (AS) nach IEC 61131-3 überführt werden,
um damit die Simulation zu steuern. Außerdem ermöglicht
das eingesetzte Simulationssystem einen Export dieser
Ablaufdiagramme, um sie anschließend in eine SPS-Entwicklungsumgebung
zu importieren.
1.3 Virtuelle Inbetriebnahme
Nachdem die Phasen der mechanischen und elektrischen
Modellierung sowie der Steuerungsprogrammierung
durchlaufen wurden, kann das digitale Gesamtmodell
einer Fertigungsanlage im Rahmen einer VIBN eingehend
untersucht werden. Dazu wird die digitale Anlage in 3-D
realzeitsynchron simuliert, wobei die originalen Steuerungsprogramme
zum Einsatz kommen. Hiermit können
die einzelnen Planungsstände validiert und Fehler oder
Probleme aufgedeckt werden. Dabei umfasst die Simulation
die folgenden Möglichkeiten:
Mehrrobotersimulation mit den originalen Roboterprogrammen
SPS-Simulation mit Taktzeitdiagrammen, Ablaufdiagrammen
oder originalen Steuerungsprogrammen
Simulation von Aktoren und Sensoren
Transportsimulation für spurgeführte Werkstückträgertransfersysteme
Anbindung von originalen Mensch-Maschine-
Schnittstellen (HMI) an das Simulationsmodell
Die Simulation von Robotern und Transportsystemen erlaubt
die realitätsnahe Abbildung unterschiedlichster
Gerätetypen verschiedener Hersteller, wobei die Programmierung
der Roboter und SPSen in den Originalsprachen
erfolgt. Externe Steuerungen, zum Beispiel der Stäubli
CS8-Emulator oder Siemens PLCsim können ebenfalls an
die Simulation gekoppelt werden und Achswerte senden
oder E/A-Werte austauschen. Durch die Verwendung dieser
externen Steuerungen werden die erzielbaren Taktzeitaussagen
noch präziser. Insgesamt kann die VIBN so
Probleme bereits in frühen Projektphasen aufdecken, teure
Inbetriebnahmezeit vor Ort einsparen und einen früheren
Produktionsstart ermöglichen.
2. Integration von Transportsystemen
Da automatisierte Fertigungsanlagen oft spurgeführte
Transportsysteme beinhalten, muss das Simulationssystem
dazu in der Lage sein, diese zu modellieren, zu simulieren
und zu steuern. Ein Konzept, um dies zu erreichen,
wird in [5] und [6] detailliert dargestellt; das zugrunde
liegende Simulationssystem wird in [7] diskutiert.
Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich
deshalb auf die Anwendung dieser Technologie für die
VIBN, hier insbesondere bei der Simulation von Werkstückträgertransfersystemen.
2.1 Modellierung
Das erwähnte Konzept der zweistufigen Modellierung
lässt sich auch auf Transportsysteme anwenden. In der
systemnahen Modellierung werden dabei Transportkom-
atp edition
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29
Hauptbeitrag
ponenten technisch detailliert abgebildet. Bild 4 zeigt
die Kombination einer „toten“ CAD-Geometrie mit einem
„unsichtbaren“ funktionalen Bibliotheksmodell. Dieses
definiert ein Transportsegment zwischen zwei Knoten
und kann einfach skaliert werden, um die Länge dem
CAD-Modell anzupassen.
Wenn eine Komponente ohne Verzerrungen intuitiv
skalierbar sein soll, müssen die Einzelteile der Baugruppe
mit Regeln ausgestattet werden, die unscharfe Kommandos
wie zum Beispiel „Gesamtlänge 1200 mm“ interpretieren
können. Diese werden dann in exakte Angaben
für die einzelnen geometrischen und funktionalen
Teilelemente überführt. Bild 5 zeigt zwei Beispiele für
diese „intelligente“ Skalierung. Wenn das komplette
Transportband links in der Länge gestreckt wird, darf
der Motor nicht mitskaliert sondern er muss an eine neue
Position versetzt werden. Zusätzlich wird auch das funktionale
Transportsegment angepasst. Bei einer Längenanpassung
der Transportstrecke auf der rechten Seite
werden im richtigen Abstand neue Tragrollen auf dem
gestreckten Element repliziert.
Sobald das Modell einer Transportbaugruppe systemnah
modelliert und erfolgreich getestet wurde, kann es
in eine Bibliothek für die abstrakte Modellierung übernommen
werden. Bild 6 zeigt ein typisches Beispiel für
die Nutzung solcher vormodellierten Komponenten auf
einer höheren Modellierungsebene. Eine Transportband,
ein Kurvenelement, eine Hubeinheit und zwei Stopper
werden aus der Modellbibliothek instanziiert und dem
Gesamtmodell hinzugefügt. Anschließend werden diese
Baugruppen mit Hilfe der Maus an die gewünschte Stelle
im 3-D-Raum gezogen, wo sie automatisch mit den
weiteren Komponenten funktional und geometrisch verbunden
werden, wodurch ein voll funktionsfähiger
Transportabschnitt entsteht. Hierbei müssen keine zusätzlichen
Daten eingegeben werden, da die Gesamtfunktion
durch die Aggregation der Daten in den Baugruppenmodellen
bestimmt wird.
2.2 Simulation
Wenn das Transportsystem und die Werkstückträger
auf die beschriebene Art modelliert und zusammengesetzt
wurden, ist das Gesamtmodell komplett für die
Simulation vorbereitet, wobei das Simulationskonzept
dabei einen hybriden Ansatz verfolgt. Die Transportsimulation
wurde in ein Simulationssystem eingebettet,
dem ein zeitdiskreter Ansatz mit festen Zeitschritten
zugrunde liegt. Diese zeitbasierte Simulation wird
für alle Roboter, SPSen, Aktoren und Sensoren des Modells
eingesetzt. Da Transportprozesse sehr zeitkritisch
sind, nutzt die Transportsimulation eine ereignisbasierte
Simulation innerhalb jedes einzelnen Zeitschritts
des „umgebenden“ Simulationssystems. Dabei wird der
Zeitpunkt jedes einzelnen Transportereignisses exakt
berechnet. Ein solches Ereignis ist zum Beispiel das
Auffahren eines Werkstückträgers auf einen Stopper
oder einen weiteren Werkstückträger.
Da der Zustand des Gesamtmodells für jeden Zeitschritt
bestimmt und die 3-D-Szene dann neu gezeichnet
wird, kann die Simulation in Echtzeit direkt verfolgt
werden [8]. Während der laufenden Simulation werden
ständig Benutzereingaben abgefragt, sodass jederzeit die
Ansicht verändert oder mit der virtuellen Anlage interagiert
werden kann. Hierdurch kann beispielsweise ein
Träger vom Band entfernt und an einer anderen Stelle
wieder eingesetzt werden, um die Reaktion der Steuerung
zu überprüfen.
Bei der Simulation der Transportprozesse werden die
Bewegungen der Werkstückträger entlang von geometrischen
Pfaden berechnet. Dabei können den Transportbändern
und/oder den Werkstückträgern Antriebe mit
einer Maximalgeschwindigkeit v und einer Beschleunigung
a zugeordnet werden. Die Simulation berücksichtigt
dann auch physikalische Effekte wie Gravitation
und Gleitreibung. Letzteres erfordert die Vorgabe von
globalen oder lokalen Gleitreibungskoeffizienten µK. Die
hierfür entwickelte Berechnungsmethode benötigt keinerlei
Massen der Werkstückträger oder der transportierten
Objekte, sodass der Aufwand zur Erhebung der
Modellparameter gering ist. Das Kontaktverhalten der
Werkstückträger wird auf Basis der geometrischen Hülle
simuliert. Bild 7 zeigt hierzu den Ausschnitt eines
Transportmodells mit Werkstückträgern, die sich in einer
Kurve aufstauen.
3. Nutzung von virtueller Realität (VR)
Eine entscheidende Eigenschaft der virtuellen Produktion
ist die Möglichkeit, Ideen, Designs und Prozesse
mit Hilfe von hochwertigen digitalen 3-D-Modellen und
Simulationsergebnissen zu kommunizieren. Diese
Kommunikation kann noch weiter verbessert werden,
wenn die Präsentation der Modelle auf großen Bildschirmen
mit Hilfe von 3-D-Stereoprojektion erfolgt.
Derartige Systeme werden zum Beispiel im Rahmen des
Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) bereits
exemplarisch eingesetzt [9]. Die höchste Ausbaustufe
ist dann die Nutzung einer 360° Stereo-Projektionsumgebung,
in der sich der Betrachter frei bewegen und
dabei die gesamte Anlage beobachten und im Idealfall
auch mit ihr interagieren kann.
Allgemein werden die im Rahmen des virtuellen Engineering
erstellten Anlagenmodelle jedoch kaum in
VR-Anwendungen weiter genutzt. Stattdessen werden
einfache Teilmodelle für die VR parallel erstellt, was
eine VR-gestützte VIBN unmöglich macht. Eine Verwendung
funktionaler Modelle der virtuellen Produktion
in der VR kann jedoch deren gewinnbringenden
Einsatz weiter steigern.
Die Nebenläufigkeit der beiden Vorgehensweisen
kann beseitigt werden, indem beim virtual engineering
ein Simulationssystem verwendet wird, welches
auch die Methoden der VR unterstützt. Die durchgängige
Integration von Methoden der VR in das betriebliche
virtual engineering eröffnet Unternehmen so die
Möglichkeit, die VR in jeder Projektphase unkompliziert
zu nutzen. Sie begleiten durch die Unterstützung
etwa von Marketing, Schulung und Weiterentwicklung
das Fertigungssystem in seinem Lebenszyklus
deutlich über den Produktionsstart hinaus. Durch die
Minimierung von Schnittstellen gewährleistet diese
vereinheitlichende Betrachtung den nahtlosen Übergang
zwischen den einzelnen Phasen im Anlagenlebenszyklus
[10].
Eine wesentliche Anforderung an die virtuelle Realität
im Umfeld des Engineering von Fertigungsanlagen ist,
dass die Nutzer in intuitiver Weise mit dem digitalen
Modell interagieren müssen. Ein Simulationssystem das
hier zum Einsatz kommt, muss also über die Fähigkeit
30
atp edition
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BILD 4: Systemnahe Modellierung eines Transportbandes
durch Kombination einer „toten“ Geometrie mit einem
„unsichtbaren“ funktionalen Modell
BILD 5: Intelligente Skalierung von Transportkomponenten
BILD 6: Abstrakte Modellierung: automatisches
Verbinden von Bibliothekskomponenten in 3-D
BILD 7:
Abschnitt eines
Transportsystems:
Werkstückträger stauen
sich in einer Kurve.
verfügen, jederzeit während der laufenden Simulation
auf Änderungen des Modells von außen zu reagieren,
wobei unterschiedliche Methoden für die Benutzerinteraktion
verwendet werden können [11].
Möglichkeiten zur Manipulation des Simulationsmodells
beinhalten zum Beispiel das Drücken von virtuellen
Schaltern, den Umgang mit Fertigungseinrichtungen
oder das Bewegen von Werkstücken. Bild 8 zeigt im oberen
Bereich eine Aufnahme, die in einer siebenseitigen
Stereo-Rückprojektionsumgebung aufgenommen wurde.
Bei dem Modell handelt es sich um eine komplette Fabrik
mit einem Werkstückträgertransfersystem. Im Bild
nimmt der Anwender einen Werkstückträger von einem
Transportband, um ihn zu inspizieren und die Reaktion
des Steuerungsprogramms auf diese Aktion zu untersuchen.
Hier wird erkennbar, dass es für den Arbeitsfluss
von entscheidender Bedeutung ist, dass die Modelle und
Interaktionsmöglichkeiten in der VIBN und der VR übereinstimmen.
Dies wird durch die in Bild 8 dargestellte
Systemstruktur gewährleistet.
4. Anwendungsbeispiele
Bild 9 zeigt ein Transportsystem mit Bandstrecken, Kurven,
einem geneigten Band, einem Aufzug, Hubquereinheiten,
Hubpositioniereinheiten und einigen Werkstückträgern.
Die Steuerungsprogramme für alle Komponenten
wurden in der Entwicklungsumgebung für Siemens
Step7 erstellt und zur internen Interpretation in einer
virtuellen SPS in das Simulationssystem importiert.
Bild 10 stellt das Modell einer umlaufenden Produktionslinie
dar, die bei der Anlagenplanung aufgebaut wurde,
um eine VIBN durchzuführen. Die Methoden der
atp edition
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31
Hauptbeitrag
BILD 8: Systemstruktur mit VR für die VIBN
BILD 10: Virtuelle Fabrik: Werkstückträger transportieren
Material zu Roboterarbeitsstationen.
BILD 9: Modell eines
komplexen Transportsystems
Bild 11: Übergabe eines Werkstückträgers
an einen virtuellen Werker
Transportsimulation dienen dem Transport von Werkstückträgern
über ein Bandsystem zwischen den einzelnen
Roboterarbeitsstationen. Die Orientierung der Werkstückträger
kann anhand einer farblichen Markierung,
die in den Stationen von einem Farbsensor ausgelesen
wird, ermittelt werden. Es ist also möglich, einen Werkstückträger
an einer beliebigen Stelle zu entnehmen und
an einer anderen Stelle in beliebiger Orientierung wieder
einzulasten.
Bild 11 zeigt eine Möglichkeit zur Interaktion während
einer VIBN. Ein entnommener Werkstückträger kann zu
einem Werker in der virtuellen Welt hin bewegt werden.
Bei ausreichender Nähe erscheint vor dem Werker die
Metapher einer Ablageposition. Der Träger kann nun losgelassen
werden und wird automatisch dem Werker
übergeben. Dieser führt dann eine von verschiedenen
vordefinierten Aufgaben aus. Im Bild rechts wird der
entnommene Werkstückträger wieder in das Transportsystem
eingelastet.
Während die Interaktion mit dem Simulationsmodell
stattfindet, werden alle anderen Komponenten des Modells
normal weiter simuliert: Die Werkstückträger kreisen
im System und die Roboter bearbeiten Werkstücke
mit originalen Roboterprogrammen. So kann im Rahmen
einer VIBN auf die gleiche Art und Weise mit einem Simulationsmodell
interagiert werden wie mit der realen
Fertigungsanlage.
Zusammenfassung
Zur virtuellen Inbetriebnahme von Transportprozessen mit
einem 3-D-Simulationssystem wurden Verfahren zur Modellierung,
Simulation und Steuerung von spurgebundenen
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atp edition
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Transportsystemen vorgestellt. Ein zweistufiges Modellierungskonzept
ermöglicht dabei die detaillierte systemnahe
Modellierung und eine einfache abstrakte Modellierung
von Gesamtsystemen. Physikalische Effekte wie Gravitation,
Gleitreibung und Kontaktverhalten werden ohne zusätzlichen
Modellierungsaufwand in der Simulation berücksichtigt.
Durch ein hierarchisches Simulationsverfahren
erfolgt neben einer exakten Simulation der Transportprozesse
auch eine Berücksichtigung der Peripherie, insbeson-
dere auch von SPSen und Sensoren. Realitätskonforme E/A-
Schnittstellen ermöglichen die Verwendung originaler
Programme zur Steuerung der Simulationsmodelle. Während
der Simulation kann ein Anwender jederzeit mit dem
Modell interagieren und direkt die Reaktion der simulierten
Komponenten beobachten.
Manuskripteingang
31.01.2011
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Referenzen
Autoren
[1] Roßmann, J.; Stern, O.; Wischnewski, R.: Virtual Production
for Industrial Manufacturing Plants with Transport
Systems. 6th EUROSIM Congress on Modelling and
Simulation, Ljubljana, Slowenien, 9.-13. September 2007
[2] Roßmann, J.; Stern, O.; Wischnewski, R.: Eine
Systematik mit einem darauf abgestimmten Softwarewerkzeug
zur durchgängigen Virtuellen Inbetriebnahme
von Fertigungsanlagen – Von der Planung über die
Simulation zum Betrieb. atp Automatisierungstechnische
Praxis, Jahrgang 49, Heft 7, S. 52-56, Oldenbourg
Verlag, München, 2007
[3] Freund, E.; Hypki, A.; Heinze, F.; Bauer, R.: COSIMIR
PLC – 3D Simulation of PLC Programs. 6th IFAC
Symposium on Cost Oriented Automation, Berlin,
Oktober 2001
[4] Iwanitz, F.; Lange, J.: OPC – Grundlagen, Implementierung
und Anwendung. Hüthig Verlag, 2005
[5] Wischnewski, R.; Freund, E.: Modeling, Simulation and
Emulation of Modular Carrier Based Transport
Systems. Proceedings of the 2004 IEEE International
Conference on Robotics and Automation (ICRA); New
Orleans, USA, April 2004
[6] Wischnewski, R.; Roßmann, J.: A New Hybrid Time-
Based / Event-Based Simulation Method for Transport
Systems Considering Physical Effects, Proceedings of
the 2010 IEEE Conference on Robotics, Automation and
Mechatronics (RAM), Singapur, 28.-30. Juni 2010
[7] Roßmann, J.; Wischnewski, R.; Stern, O.: A Comprehensive
3-D Simulation System for the Virtual
Production, Proceedings of the 8th International
Industrial Simulation Conference (ISC), Budapest,
Ungarn, 7.-9. Juni 2010, S. 109-116
[8] Freund, E.; Feist, R.; Pensky, D.; Wischnewski, R.: 3-D
Graphical Simulation of Complete Manufacturing
Systems in Real-Time. Proceedings of the 6th IASTED
Conference on Control and Applications (CA 2004);
Marina del Rey, USA, März 2004
[9] Aurich, J. C.; Hagen, H.; Ostermayer, D.; Bertram, M.:
VR-unterstützter KVP-Workshop - Neues Anwendungsfeld
des virtual engineering. wt Werkstatttechnik
online, Jahrgang 96, Heft 1/2, 2006
[10] Roßmann, J.; Stern, O.; Wischnewski, R.: Ein Konzept
und ein Werkzeug für den durchgängigen Einsatz der
VR im virtual engineering. 11. IFF-Wissenschaftstage
2008; Magdeburg, 25.-26. Juni 2008
[11] Roßmann, J.; Wischnewski, R.: Realitätsnahe
Simulation und Visualisierung industrieller Transportprozesse
in VR-Anwendungen. 6. Workshop Augmented
& Virtual Reality in der Produktentstehung,
Paderborn, 14.-15. Juni 2007
Prof. Dr.-Ing. Jürgen
RoSSmann (geb. 1964) leitet
den Lehrstuhl und das
Institut für Mensch-Maschine-Interaktion
der RWTH
Aachen. Der Schwerpunkt
seiner Arbeit liegt in der
Verknüpfung von Forschungsergebnissen
aus den
Bereichen Robotik, Simulationstechnik und
virtuelle Realität zur Entwicklung neuer Konzepte
der Mensch-Maschine-Kommunikation.
Institut für Mensch-Maschine-Interaktion,
RWTH Aachen, Ahornstr. 55, D-52074 Aachen,
Tel. +49 (0) 241 802 61 01,
E-Mail: rossmann@mmi.rwth-aachen.de
Dipl.-Inform. Oliver Stern
(geb. 1969) leitet die Abteilung
Robotertechnik der Dortmunder
Initiative zur rechnerintegrierten
Fertigung. Er beschäftigt
sich hauptsächlich mit
der Integration von Steuerungs-
und Robotersimulationssystemen.
RIF e.V. Robotertechnik,
Joseph-von-Fraunhofer-Str. 20, D-44227 Dortmund,
Tel. +49 (0) 231 970 07 82, E-Mail: stern@rif-ev.de
Dr.-Ing. Dipl.-Inform.
Roland Wischnewski
(geb. 1971) leitet die Gruppe
Industrielle Simulationsverfahren
der Dortmunder
Initiative zur rechnerintegrierten
Fertigung. Sein
Arbeitsgebiet ist insbesondere
die 3-D-Echtzeitsimulation
komplexer Transportsysteme.
RIF e.V. Robotertechnik,
Joseph-von-Fraunhofer-Str. 20, D-44227 Dortmund,
Tel. +49 (0) 231 970 07 79,
E-Mail: wischnewski@rif-ev.de
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hauptbeitrag
Qualitätskontrolle texturierter
Kunststoffoberflächen
Inspektion von Bahnwaren nach dem Prägen oder Bedrucken
Bedruckte oder geprägte Kunststoffoberflächen sind insbesondere in der Möbel- und Autoindustrie
beliebte Dekorelemente. Mit den verfügbaren Bildverarbeitungssystemen ist
nur die Inspektion unstrukturierter Folien möglich. Bei unregelmäßigen Texturen, wie
zum Beispiel Kunstleder oder Holzimitat, können diese Systeme die Fehlstellen nicht von
der gewünschten Textur unterscheiden. Durch die Verwendung von Texturanalysealgorithmen
wird auch für diese Produkte eine durchgängige Qualitätskontrolle möglich. Die
Fehlstellen können in Echtzeit detektiert und klassifiziert werden.
SCHLAGWÖRTER Bahninspektion / Texturanalyse / Extrusion
Inline-inspection of textured plastics surfaces –
Subheadline Essay englisch
Embossed or printed plastic surfaces are widely used as decoration elements especially
in the automotive or furniture industry. However, no inspection systems exist that can
inspect products with irregular textures such as artificial leather or imitation wood.This
paper describes a system for the inline inspection of extruded surfaces with irregular
textures. By incorporating algorithms for texture analysis into an inspection system,
defects can be reliably detected and classified at real-time.
KEYWORDS web inspection / texture analysis / extrusion
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Walter Michaeli, Klaus Berdel, Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV), RWTH Aachen
Eine automatische, lückenlose Qualitätskontrolle
von Kunststoffhalbzeugen wie Folien oder
Profilen ist unter mehreren Gesichtspunkten
wichtig:
Die durchgängige Qualitätssicherung während der
gesamten Wertschöpfungskette eines Produkts ermöglicht
es, Fehler frühzeitig zu erkennen, Ausschuss
zu vermeiden sowie Kosten, Material und
Energie zu sparen.
Erst die genaue Kenntnis der Produktqualität erlaubt
es, den Herstellungsprozess zu optimieren. Dies ist
insbesondere bei Einfahrprozessen, häufigen Produktwechseln
oder Versuchsanlagen von Bedeutung [1].
In Märkten, in denen sich die Funktionalität konkurrierender
Produkte kaum unterscheidet, kann die
Qualität das kaufentscheidende Kriterium sein. Optische
Inspektionssysteme helfen, diese sicherzustellen
und vermeiden Reklamationen [2].
Die nach ISO 9000 ff. geforderte Qualitätsdokumentation
wird für Kunststoffverarbeiter, insbesondere
in der Automobilbranche, immer wichtiger [3].
Es ist für den Menschen ab einer Laufgeschwindigkeit
von zirka 30 m/min unmöglich, eine Oberfläche
von Bahnenware komplett zu überprüfen. Des Weiteren
lässt die Aufmerksamkeit bei langwieriger,
monotoner Arbeit stark nach. Daher ist eine automatische
Qualitätskontrolle in vielen Fällen sinnvoll
und notwendig.
Folieninspektionssysteme für transparente oder glatte,
unbedruckte Folien stellen den Stand der Technik dar und
sind aus Bereichen wie der Medizintechnik oder der Verpackungsbranche
nicht mehr wegzudenken [3]. Auch für
Oberflächen mit sehr regelmäßigen Texturmustern oder
textile Gewebe gibt es inzwischen zuverlässige Inspektionssysteme
[4,5]. Diese Systeme versagen jedoch, wenn
die Oberflächen eine unregelmäßige Textur aufweisen.
Bei der Produktion dekorativer Produkte soll der Eindruck
einer strengen Periodizität jedoch vermieden werden,
da er nicht „natürlich“ wirkt. Typische Beispiele
sind Holzimitat oder Kunstleder für die Möbel- beziehungsweise
Autoindustrie (Bild 1). Die entsprechenden
Texturen werden durch Prägen oder Bedrucken aufgebracht.
Dabei werden die Druck- oder Prägewalzen entweder
mit sehr langen Periodenlängen versehen, die
nicht mehr als periodisch wahrgenommen werden, oder
es werden mehrere Texturen mit unterschiedlichen Periodenlängen
überlagert.
Bei der Herstellung solcher Produkte können allerdings
Fehler auftreten. Einerseits sind das typische Extrusionsfehler
wie zum Beispiel Stippen, schwarze
Punkte, Löcher, Streifen oder sonstige Verschmutzungen
[6]. Andererseits treten auch beim Präge- oder Druckprozess
Fehler auf. Mögliche Ursachen können Ablagerungen
am Werkzeug sein, die sich lösen und dann an einer
Walze haften bleiben, Schmutz, der sich von den Absauganlagen
über den Walzen löst, Abnutzungserscheinungen
oder Farbspritzer. Die Fehler zeichnen sich dadurch
aus, dass sie nur sporadisch auftreten und so bei stichprobenartiger
Sichtprüfung durch den Maschinenbediener
nicht entdeckt werden.
Daher hat das Institut für Kunststoffverarbeitung
(IKV) an der RWTH Aachen im Rahmen eines durch
das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
(BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller
Forschungsvereinigungen e.V. (AiF) geförderten Forschungsvorhabens
(Nr. 15256 N) ein Verfahren zur Inline-Inspektion
unregelmäßig texturierter Kunststoffbahnwaren
entwickelt.
1. Stand der Technik
1.1 Aufbau von Inspektionssystemen
Die Prüfaufgaben eines Folien- und Profilinspektionssystems
sind die Erkennung der Position von Fehlstellen
sowie ihre Klassifikation und Dokumentation. Inspektionssysteme
bestehen aus einer oder mehreren Kameras,
einer Lichtquelle und der Bedien- beziehungsweise Re-
atp edition
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35
Hauptbeitrag
cheneinheit (Bild 2). Diese Komponenten werden in die
Anlage integriert. Für die Folien- und Profilinspektion
werden CCD-Zeilenkameras als Bildsensoren eingesetzt.
Um die Fehlstellen optimal abzubilden, wird eine Zeilenbeleuchtung
so angebracht, dass der Kontrast zwischen
Fehlstelle und Gutbereich im Bild maximal wird.
Die Bilddaten der Kamera werden durch einen Framegrabber
in ein digitales Format gewandelt und in den
Rechner übertragen. Häufig finden auch schon erste
Schritte der Bildauswertung auf dem Framegrabber statt.
Der Rechner stellt mit seiner Software die zentrale Analyseeinheit
eines Bildverarbeitungssystems dar. Er übernimmt
die Auswertung der Bilddaten und dient zur
Kommunikation mit Bediener und Qualitätsmanagementsystem.
1.2 Inspektion einfarbiger, glatter und
transparenter Folien
Bei Inspektionssystemen für glatte, einfarbige oder transparente
Folien erfolgt die Segmentierung, das heißt die
Detektion der Position der Fehlstellen, über einen Schwellwert.
Die Entscheidung, ob an einem Bildpunkt eine Fehlstelle
vorliegt, hängt direkt vom gemessenen Helligkeitswert
ab. Die Systeme speichern eine fehlerfreie Referenzzeile
und ziehen diese von der aktuell gemessenen Zeile
ab. Liegt die Differenz an einer Position über dem vom
Einrichter oder Anwender vorgegebenen Empfindlichkeitswert,
wird diese Position als fehlerhaft markiert.
Um die unterschiedlichen Fehlertypen, wie Stippen,
Brenner oder Fremdpartikel klassifizieren zu können,
berechnet das System Merkmale, zum Beispiel basierend
auf der Form der Fehlstelle. Anhand derer wird eine
Klassifikation vorgenommen [6]. Moderne Systeme können
selbst kleine Fehlstellen bei Abzugsgeschwindigkeiten
von über 200 m/min zuverlässig erkennen. Diese
Systeme versagen jedoch, wenn die Oberflächen mit einer
Textur versehen sind. Die Textur verhindert, dass die
Systeme eine geeignete Referenzzeile finden können.
1.3 Grundlagen der Texturanalyse
Es gibt keine einheitliche Definition für den Begriff der
Textur [7,8]. In einer verbreiteten Definition werden die
lokalen Feinstrukturen von Objekten, die sich durch
Oberflächen-Eigenschaften und Lichtreflexionen ergeben,
als Textur bezeichnet [7]. Texturen sind nur durch
die Betrachtung von Nachbarschaften um jeden Pixel zu
verstehen, da sie eine Beziehung zwischen benachbarten
Pixeln herstellen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Texturen zu kategorisieren
[7,8]. Eine verbreitete Einteilung besteht darin,
BILD 1:
Arten texturierter
Kunststoffoberflächen
BILD 2:
Aufbau und
Komponenten von
Folieninspektionssystemen
36
atp edition
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zwei Kategorien zu unterscheiden: Periodische (auch
reguläre oder regelmäßige) Texturen und komplexe (oder
auch irreguläre, statistische oder unregelmäßige) Texturen
[7]. Bei Ersteren kann ein Basiselement identifiziert
werden, durch dessen Wiederholung in horizontaler und
vertikaler Richtung die Textur beschrieben werden
kann. Bei komplexen Texturen ist es nicht möglich, ein
solches Basiselement zu extrahieren. Sie wirken scheinbar
zufällig (Bild 1).
Um Texturen beschreiben und unterscheiden zu können,
müssen aus den Bilddaten quantitativ erfassbare
Merkmale extrahiert werden. Sie werden zu einem Merkmalsvektor
zusammengefasst, der einen Bildpunkt oder
eine Nachbarschaft von Bildpunkten charakterisiert.
Nach Xie werden dazu vier grundsätzliche Ansätze unterschieden
[9]:
Strukturelle Ansätze können zur Beschreibung sehr
regelmäßiger Texturen verwendet werden. Sie basieren
darauf, dass es möglich ist, ein sich wiederholendes
Basiselement und die dazugehörende Wiederholungsregel
zu beschreiben.
Statistische Ansätze nutzen statistische Maße, die
die räumliche Verteilung der Bildpunkte charakterisieren.
Die einfachsten Vertreter dieser Klasse sind
die Berechnung des lokalen Mittelwerts oder der lokalen
Varianz sowie Statistiken höherer Ordnung.
Filterbasierte Ansätze gehen von der Annahme aus,
dass ähnliche Texturen ein ähnliches Fourierspektrum
aufweisen. Durch Verwendung von Filterbänken
werden charakteristische Merkmale berechnet.
Modellbasierte Ansätze versuchen, die Textur als
statistischen Prozess, wie zum Beispiel als Markov-
Kette, zu modellieren. Anhand der Parameter dieser
Modelle können verschiedene Texturen erkannt
werden.
Es gibt jedoch keinen Ansatz, der für alle möglichen Texturen
die besten Klassifikationsergebnisse liefert. Daher
ist der benötigte Rechenaufwand das wichtigste Kriterium
für die Auswahl eines Merkmalsextraktionsverfahrens
für Echtzeitanwendungen.
1.4 Klassifikation von Texturmerkmalen
Ein Inspektionssystem muss anhand der Texturmerkmale
zwischen Fehlstelle und Gut-Textur unterscheiden.
Der Klassifikator unterteilt den Merkmalsraum in
Bereiche, die einer Klasse zugeordnet werden. Merkmalsvektoren,
die in einen bestimmten Bereich fallen,
werden der entsprechenden Klasse zugeordnet. Es bieten
sich drei grundlegende Ansätze für die Klassifikation
an [9, 10]:
BILD 3:
Prüfstand zur Simulation
der Inspektion endloser
Halbzeuge
online
Merkmalsextraktion
Klassifikation
Kamerabild
Auswertung
Trainingsbild
Merkmalsextraktion
Training
BILD 4:
Aufbau der Software des
Inspektionssystems
Label
offline
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37
Hauptbeitrag
Bei der unüberwachten Klassifikation ist die Anzahl
der Klassen nicht bekannt und es gibt keine Beispielvektoren
für die einzelnen Klassen. Ausgehend von
der Annahme, dass sich Merkmalsvektoren einer
Klasse in räumlicher Nachbarschaft befinden, schätzt
der Klassifikator die Anzahl der Klassen und die
Klassenzugehörigkeit der Merkmalsvektoren ab.
Bei der überwachten Klassifikation wird der Klassifikator
sowohl mit der Gut-Textur als auch mit typischen
Fehlermustern trainiert. Anhand dieser Trainingsdaten
„lernt“ der Klassifikator den Unterschied
zwischen der Gut-Textur und den einzelnen Fehlerklassen.
Bei der semiüberwachten Klassifikation wird der
Klassifikator vom Einrichter des Systems nur mit der
Gut-Textur trainiert. Das Verfahren erkennt Abweichungen
von der gewünschten Textur automatisch.
Für die hier vorliegende Prüfaufgabe sind unüberwachte
Ansätze, wie zum Beispiel Clustering, nicht geeignet,
da sie zu rechenintensiv sind [10]. Semiüberwachte Ansätze
ermöglichen eine einfache Einrichtung des Inspektionssystems,
weil nur die Gut-Textur bekannt sein muss.
Sie eignen sich gut, wenn die zu erwartenden Fehlerklassen
unbekannt sind. Dabei weisen sie jedoch häufig höhere
Fehlalarmraten auf als überwachte Ansätze. Semiüberwachte
Ansätze können nur die zwei Klassen Gut-
Bereich und Fehlstelle unterscheiden. Die Bestimmung
der Art der Fehlstelle muss in einem gesonderten Schritt
erfolgen. Der Vorteil der überwachten Klassifikatoren
besteht neben der im Allgemeinen besseren Klassifikationsleistung
darin, dass sie direkt zwischen den einzelnen
Klassen unterscheiden können [9]. Um bisher unbekannte
Fehler zu erkennen, kann der Klassifikator auf
künstlich erzeugte Fehler trainiert werden [11].
1.5 Inspektion regelmäßig texturierter Oberflächen
Es gibt zahlreiche Ansätze für die automatische Inspektion
regelmäßig texturierter Oberflächen, insbesondere
für Textilbahnwaren, die auf den beschriebenen Ansätzen
beruhen. Ein guter Überblick dieser Ansätze findet
sich in [5].
Am IKV wurde ein Verfahren zur Inspektion regelmäßig
texturierter Kunststoffoberflächen entwickelt [4]. Es
wird ein struktureller Ansatz verfolgt, bei dem von einem
periodisch wiederholten Basiselement ausgegangen
wird. Dieses Element wird bei der Segmentierung durch
ein Template-Matching-Verfahren gesucht. Dadurch entstehen
Bildsegmente, die im fehlerfreien Fall alle dem
Basiselement entsprechen sollten. Anschließend wird
für jedes Segment ein Differenzbild berechnet. In diesem
können die Fehlstellen erkannt werden.
1.6 Inspektion komplex texturierter Oberflächen
In der Literatur finden sich mehrere Ansätze zur Inspektion
komplex texturierter Folien. Ein ausführlicher Überblick
über dieses Thema ist bei [9] zu finden. Die meisten
der Ansätze wurden für die Inspektion texturierter Oberflächen
aus anderen Materialien, wie zum Beispiel Holz,
Textil, Stahl, Stein, Papier oder Keramikfliesen entwickelt
oder sind nicht echtzeitfähig.
Für die Inspektion von Marmorimitaten aus Kunststoff
stellen Liu und MacGregor in [12] ein System vor. Hier liegt
der Fokus allerdings weniger auf der Detektion von Fehlstellen,
als auf der Bewertung des visuellen Gesamteindrucks.
Massen et al. stellen in [13] ein System zur Inline-
Inspektion texturierter Extrusionsartikel vor. Dort liegt
der Schwerpunkt weniger auf der Analyse der Texturen
als auf der Beleuchtungsstrategie. Die Fehlstellen werden
durch eine multisensorielle Beleuchtungsstrategie hervorgehoben,
bei der mehrere Beleuchtungs-/Kamera-Module
wie Farbkameras, UV-Kameras und Graustufenkameras
mit stark gerichteter Beleuchtung kombiniert werden.
2. Aufbau und Struktur des
InspektionS Systems
Für Entwicklungs- und Testzwecke werden die Komponenten
Kamera, Beleuchtung und Recheneinheit zu einem
Laborsystem zusammengestellt, welches zusätzlich über
eine angetriebene Probenaufnahme verfügt, die den kontinuierlich
laufenden Extrusionsprozesses simuliert (Bild
3). Eine LED-Linienleuchte wirft einen linienförmigen
Lichtstrahl quer zur Extrusionsrichtung auf die Produktoberfläche.
Ihr Winkel zur Probe und zur Kamera lässt
sich frei wählen. Eine Zeilenkamera bildet die Oberfläche
ab. Die Zeilenrate der Kamera wird mit der Abzugsgeschwindigkeit
über einen Inkrementaldrehgeber synchronisiert,
sodass die Pixelgröße in Extrusionsrichtung von
der Abzugsgeschwindigkeit unabhängig ist.
Bild 4 stellt den Ablauf des Bildverarbeitungsalgorithmus
der Auswertungssoftware schematisch dar. Das System
nutzt einen überwachten Klassifikator. Dabei gibt der
Einrichter dem System sowohl die Gut- als auch Fehlermuster
vor, mit denen der Klassifikator in einem Training,
das heißt offline, bei der Einrichtung des Systems, trainiert
wird. Im Inspektionsmodus (online) werden mehrere
aufeinanderfolgende Bildzeilen zu einem Bild (frame)
zusammengefasst. Aus diesen Bilddaten werden mit dem
gleichen Ansatz wie beim Training Merkmalsvektoren
bestimmt, anhand derer der zuvor trainierte Klassifikator
zwischen den einzelnen Klassen unterscheidet. Danach
können die Daten protokolliert oder als Fehlerkarte auf
dem Bildschirm dargestellt werden.
2.1 Merkmalsextraktion mit dem
Local Binary Pattern-Operator
Im Merkmalsextraktionsschritt werden aus den Bilddaten
Texturmerkmale extrahiert, die zu einem Merkmalsvektor
zusammengefasst werden. Dazu wird in diesem Projekt
ein statistischer Ansatz, das so genannte Local Binary
Pattern (LBP)-Verfahren, verwendet. Das Verfahren benötigt
wenige Rechenschritte und ist daher für die Echtzeitanwendung
geeignet. Des Weiteren ist es invariant
gegenüber langsamen Änderungen des Helligkeitsmittelwerts,
wie sie beispielsweise bei Änderungen der Umgebungsbeleuchtung
oder Vibrationen der Bahn auftreten.
Die Local Binary Patterns wurden in [14] vorgestellt.
Sie stellen ein statistisches Maß für den lokalen Bildkon-
38
atp edition
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BILD 5:
Merkmalsextraktion
mit dem LBP-Operator
Thread
Programmsteuerung
Thread
Bildaufnahme
Thread
Merkmalsextraktion
und Klassifikation
. . .
Thread
Merkmalsextraktion
und Klassifikation
. . .
Thread
Ausgabe,
Auswertung,
Kommunikation
Thread
Merkmalsextraktion
und Klassifikation
BILD 6:
Parallelisierung durch
Aufteilung auf Threads
trast dar. Für jedes Pixel des Bildes wird der LBP-Code
berechnet. Dabei wird um jeden Pixel ein 3 x 3 Pixel großes
Fenster betrachtet. Der Mittelpunkt dient als Referenzwert.
Alle Nachbarpixel mit einem höheren oder
gleichen Grauwert werden mit einer 1 markiert, die übrigen
mit einer 0. Die gewichtete Summe der Markierungen
ergibt den LBP-Code, wobei die Gewichte unterschiedliche
Zweierpotenzen in Abhängigkeit von ihrer
Position im Fenster sind (Bild 5, oben). Danach wird das
gesamte Bild gekachelt. Für jede Kachel wird die Häufigkeitsverteilung
der LBP-Codes gebildet und als Merkmalsvektor
verwendet (Bild 5, unten). So wird ein 256-dimensionaler
Merkmalsvektor für jede Bildkachel erzeugt.
Die optimale Größe der Bildkacheln ist abhängig von der
Textur und den Fehlern und wird experimentell ermittelt.
Durch die Kachelung wird die Anzahl der nötigen
Klassifikationen auf die Anzahl der Kacheln reduziert,
was einen Geschwindigkeitsvorteil mit sich bringt.
2.2 Klassifikation
Für die überwachte Klassifikation werden in der Literatur
zahlreiche Ansätze vorgestellt [10]. In diesem System
werden künstliche neuronale Netze mit der Multilayer-
Perzeptron-Topologie verwendet. Sie zeichnen sich dadurch
aus, dass sie auch nicht linear trennbare Merkmalsräume
trennen können und weisen unabhängig von
der Anzahl der Trainingsdaten eine hohe Ausführungsgeschwindigkeit
auf. Sie wurden am IKV bereits in früheren
Projekten erfolgreich eingesetzt [4,6].
Künstliche neuronale Netze sind in Analogie zum
menschlichen Gehirn aus Neuronen aufgebaut. Die
Neuronen sind untereinander über gewichtete Verbindungen
verknüpft. In Abhängigkeit dieser Gewichte
wird ein am Eingang gegebener Merkmalsvektor einer
bestimmten Klasse zugeordnet. Während der Lernphase
werden die Gewichte der Verbindungen solange angepasst
bis der Erkennungsfehler auf den Trainingsdaten
minimal wird.
2.3 Implementierung und Parallelisierungsstrategien
Die Auswertung läuft auf einem leistungsfähigen, handelsüblichen
Industrie-PC. In der Entwicklung neuer
Prozessoren werden in Zukunft immer häufiger Mehrkernprozessoren
statt höherer Taktraten für einen Prozessorkern
verwendet [15]. Diese verfügen über mehr als
einen Hauptprozessor auf einem einzigen Chip. Um die
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39
Hauptbeitrag
BILD 7:
Typische Fehlstellen
auf bedruckten oder
geprägten Extrudaten
BILD 8:
Manuell aufgebrachte
Fehlstellen auf komplex
texturierten Oberflächen
Möglichkeiten dieser Technologie effektiv zu nutzen,
werden die Komponenten der Auswertungsalgorithmik
auf Threads verteilt, das heißt Teile des Programms, die
parallel ablaufen können. Bild 6 stellt diese Aufteilung
dar. Dabei müssen jeweils ein Bildaufnahme-, ein Ausgabethread
sowie mehrere Arbeitsthreads, die die Analyse
parallel durchführen, vorhanden sein.
Die Bilddaten werden vom Bildaufnahmethread von der
Kamera in den Rechner übertragen und dann auf die Arbeitsthreads
verteilt, in denen die eigentliche Analyse der
Bilddaten parallel erfolgt. Ein weiterer Thread übernimmt
die Ausgabe, Auswertung und Kommunikation. Verfügt
ein Rechner über eine größere Anzahl an Prozessorkernen,
können auch mehr Analysen gleichzeitig stattfinden.
Dadurch können die Bilder in schnellerer Folge aufgenommen
werden. So profitiert das Inspektionssystem direkt
von neuen Entwicklungen im Bereich der PC Hardware.
3. Test und Bewertung des Systems
In Bild 7 sind typische Fehlstellen auf bedruckten oder
geprägten Extrudaten abgebildet. Dabei handelt es sich
um Fehler, die beim Prägen oder Bedrucken auftreten
können. Die Aufnahmen wurden in Zusammenarbeit mit
der Döllken-Kunststoffverarbeitung GmbH, Gladbeck,
bei einem Test des Inspektionssystems unter industriellen
Bedingungen erstellt.
Diese Fehlstellen treten nur sehr selten und sporadisch
auf, dennoch muss ein Inspektionssystem in der Lage
sein, sie zuverlässig zu detektieren. Für die Entwicklung
und Validierung des Inspektionssystems werden jedoch
mehrere Fehlstellen gleichen Typs benötigt. Daher werden
ähnliche Fehler verschiedener Größen auf Proben
mit Kunstleder- und Holzimitat aufgebracht (Bild 8). Auf
die 80 cm langen Proben werden jeweils 30 simulierte
Fehlstellen von zwei (Holzimitat) beziehungsweise drei
(Lederimitat) Fehlerklassen aufgebracht.
Bei dem Versuch mit den Lederimitat-Testdaten wurde
das System mit je zwei Fehlermustern pro Fehlerklasse
trainiert, das heißt insgesamt sechs Fehlermuster. Für die
Versuche mit dem Holzimitat wird mit insgesamt sieben
Fehlermustern bei zwei verschiedenen Klassen trainiert.
Für den LBP-Operator wird eine Kachelgröße von 32 x 32
Pixeln verwendet. Das künstliche neuronale Netz wird
mit 64 Eingangsneuronen und einer verdeckten Schicht
40
atp edition
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Anzahl [ - ]
35
30
25
20
15
10
5
Gesamtzahl der
Fehlstellen
korrekt erkannt
Fehlalarme
BILD 9:
Untersuchung der
Klassifikationsleistung
des Systems
0
Holzimitat
Lederimitat
BILD 10:
Untersuchung der
Klassifikationsgenauigkeit
mit 32 Neuronen eingerichtet. Die Ergebnisse dieser Versuche
sind in Bild 9 dargestellt. Bei dem Holzimitat-Datensatz
werden 26 von 30 Fehlstellen korrekt erkannt. Es
gibt keinen Fehlalarm, also keine Stelle, an der ein Gut-
Bereich als fehlerhaft markiert wird. Bei dem Lederimitat-
Datensatz werden bei zwei Fehlalarmen 27 von 30 Fehlstellen
als solche erkannt. Damit kann gezeigt werden,
dass eine zuverlässige, überwachte Detektion von Fehlstellen
auf texturierten Kunststoffbahnwaren machbar ist.
Zur Untersuchung des Auflösungsvermögens des Systems
werden mit einem Grafikprogramm synthetische
Fehlstellen verschiedener Größen in eine Aufnahme der
Lederimitatprobe gezeichnet. Die Größe der Fehlstellen
ist 5 x 5 Pixel, 8 x 8 Pixel, 10 x 10 Pixel, 20 x 20 Pixel,
40 x 40 Pixel und 80 x 80 Pixel. Zum einen wird ein Gaußsches
Rauschen und zum anderen eine homogene Fläche
über die Textur gelegt. Der Klassifikator wird mit einem
Bild trainiert, das eine 100 x 100 Pixel große Fehlstelle
zeigt. Bild 10 zeigt die beiden Testbilder zusammen mit
den Segmentierungsergebnissen bei einer Kachelgröße
von 4 x 4 Pixeln, 8 x 8 Pixeln, und 16 x 16 Pixeln.
Die kleinste detektierbare Fehlergröße hängt dabei
sowohl von der gewählten Kachelgröße für den LBP-
Operator als auch vom Verhältnis zwischen Fehlstelle
und Struktur ab. Wird die Kachelgröße klein gewählt
(4 x 4 Pixel), können auch sehr kleine Fehlstellen noch
detektiert werden, der Preis dafür ist jedoch eine sehr
hohe Fehlalarmrate. Ab einer Kachelgröße von 8x8 Pixeln
können alle eingebauten Fehlstellen ab einer Größe
von 8x8 Pixeln gefunden werden. Wird eine größere
Kachelgröße gewählt, können kleinere Fehler nicht
mehr detektiert werden.
Um die Echtzeitfähigkeit zu testen, werden auf dem
in Bild 3 dargestellten Prüfstand Versuche bei unterschiedlichen
Abzugsgeschwindigkeiten durchgeführt.
Bei diesen Versuchen kann bei einer eingestellten Auflösung
von 137 µm/Pixel auf einem Intel-Xeon-Prozessor
mit vier Prozessorkernen und Verwendung einer
Kachelgröße von 32 x 32 Pixel bei einem neuronalen
Netz mit 64 Eingangsneuronen und einer verdeckten
Schicht mit 32 Neuronen eine Abzugsgeschwindigkeit
von 30 m/min in Echtzeit untersucht werden. Da es sich
bei diesem Aufbau jedoch nur um ein Funktionsmodell
handelt, ist bei weiterer Optimierung von Hard- und
Software die Inline-Inspektion bei weit höheren Geschwindigkeiten
möglich.
atp edition
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41
Hauptbeitrag
Fazit und Ausblick
Mit dem beschriebenen System wird gezeigt, dass die
zuverlässige Detektion von Fehlstellen auf Kunststoffhalbzeugen
mit komplexen Texturmustern auch bei
hohen Abzugsgeschwindigkeiten machbar ist. Das System
wurde mit Standard-Hardwarekomponenten realisiert,
sodass eine einfache Übertragung der Ergebnisse
in die Praxis durch Integration der vorgestellten Algorithmen
in Folieninspektionssysteme möglich ist. Es ist
im Laboreinsatz und unter industriellen Bedingungen
getestet worden und hat sich als wenig anfällig gegen
Störungen und Umwelteinflüsse gezeigt. Durch Laborversuche
an Praxisbauteilen bei Geschwindigkeiten,
wie sie bei Extrusionsprozessen mit Prägung oder Bedruckung
üblich sind, wurden gute Klassifikationsergebnisse
erzielt.
Durch die Verteilung der Aufgaben auf mehrere Prozessorkerne
kann das System direkt von Entwicklungen
im Bereich der Hardware profitieren und die Inspektion
in Zukunft auch bei höheren Extrusionsgeschwindigkeiten
beziehungsweise Auflösungen durchführen.
Manuskripteingang
11.06.2010
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Autoren
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h.
Walter Michaeli
(geb. 1946) leitet seit 1988
das Institut für Kunststoffverarbeitung
(IKV) an der
RWTH Aachen.
Dipl.-Ing. Klaus Berdel
(geb. 1978) ist seit 2006
wissenschaftlicher Mitarbeiter
am IKV und leitet dort
die Arbeitsgruppe digitale
Bildverarbeitung/Qualitätssicherung.
Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)
an der RWTH Aachen,
Pontstr. 49, D-52062 Aachen,
Tel. +49 (0) 2 41 802 72 77,
E-Mail: berdel@ikv.rwth-aachen.de
Referenzen
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Bahnwarenmaterialien. Automatisierungstechnik 45 (1997)
12, S. 566-576
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Dynamically Heterogeneous Multicore Processors on
Thread Scheduling. IEEE Micro 28 (2008) 3, S. 17-25
42
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NEU
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hauptbeitrag
Holistic Workspace – Den
Leitstand der Zukunft gestalten!
Wie neue Technologien die Operatoren unterstützen
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität der Mensch-Maschine-Schnittstelle
in der Arbeitsumgebung von Leitwartenoperatoren stellt der Beitrag eine domänenübergreifende
Nutzungskontextanalyse vor: Was wird wann, wie und warum benutzt beziehungsweise
sollte benutzbar sein? Auf Basis der erhobenen Daten werden neue Möglichkeiten
entwickelt, um die Arbeitsumgebung von Operatoren zu optimieren. Die Konzepte
berücksichtigen gleichermaßen die Gestaltungsebenen der Interaktion, der sozialen Kommunikation,
die Unterstützung der Workflows sowie die physische Arbeitsumgebung.
SCHLAGWÖRTER Mensch-Maschine-Interaktion / Nutzungskontextanalyse / Interaktionstechnologien
Holistic Workspace – Designing the Future Control Room –
How New Technologies Assist Operators
This article presents an inter-domain context-of-use analysis that addresses the challenge
posed by the constantly increasing complexity of the human-computer interface in the work
environment of control room operators: what is when, how, and why used or should be
usable, respectively? The data gathered are taken as a basis to develop new ways of optimizing
the operators‘ work environment. These concepts consider likewise the design levels
of interaction, social communication, workflow support, and physical surroundings.
KEYWORDS Human-Machine-Interaction / Contextual Inquiry / Interaction Technologies
44
atp edition
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Tobias Schwarz, Holger Oortmann, Siemens AG
Harald Reiterer, Universität Konstanz
Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist die Komplexität der
Arbeitsumgebung eines Operators durch immer mehr
Informationen und die Anzahl der technischen Geräte
gestiegen. Die zunehmende Automatisierung erleichtert
es Operatoren, die einzelnen Vorgänge zu beherrschen,
doch sie erschwert es ihnen, ein ganzheitliches
mentales Modell der zu überwachenden Prozesse zu bilden.
Dabei ist gerade die Generierung eines mentalen Modells
für die Überwachung des aktuellen Systemstatus,
im Speziellen beim Feststellen von Veränderungen in der
Prozessdynamik, essenziell wichtig [1]. Das Überwachen
und Kontrollieren von komplexen Prozessen, wie beispielsweise
in der Energieerzeugung, erfordert eine hohe
kognitive Beanspruchung von Operatoren [1]. Nach Künzler
(2002) lassen sich 70 % bis 90 % aller Unfälle in Produktionsprozessen
auf menschliche Fehler zurückführen
[2]. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Mensch mit
seinen angeborenen kognitiven Fähigkeiten beim Entwurf
der Systeme nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
Dieses Problem lässt sich lösen, indem man nutzer- und
arbeitsorientierte Konzepte entwickelt. Diese zielen darauf
ab, Arbeitssysteme ganzheitlich zu gestalten, das heißt der
soziotechnischen Tradition folgend die Entwicklung und
den Einsatz von Technik, Organisation und Qualifikation
der Nutzer gemeinsam zu optimieren. Anstatt also die Anpassung
des Menschen an die Technik zu fordern, muss
sich die Technik an den Menschen anpassen, „human
pull“ statt „technology push“, oder „human driven“ statt
„technology driven“. Ausgangspunkt für eine soziotechnische
Systemgestaltung ist das Verständnis vom Denken
und Handeln des Benutzers. So müssen schon in frühen
Phasen eines anwenderorientierten Entwicklungsprozesses
(User Centred Product Innovation) Bedürfnisse und
Anforderungen der Benutzer evaluiert werden. Häufig enstehen
Probleme bei der Produktakzeptanz dadurch, dass
die Produkte nicht ausreichend auf die Aufgaben (Workflows)
der Benutzer ausgerichtet sind [3].
Im Rahmen des Beitrags werden erste Ergebnisse des
Forschungsprojektes „Holistic Workspace“ vorgestellt
und diskutiert. Ziel ist die Gestaltung einer holistischen
Arbeitsumgebung für Leitwartenmitarbeiter unter der
Berücksichtigung neuer Technologien und Ansätze aus
der Mensch-Maschine-Interaktion. In einer ersten Phase
sind neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch die
Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer über verschiedene
Domänen hinweg, wie beispielsweise Kraftwerke,
Flugsicherung und Tagebau, mittels einer Nutzungskontextanalyse
vor Ort erhoben worden. Der Beitrag erläutert
den Ablauf der Analyse, stellt die bedeutendsten Ergebnisse
vor und leitet daraus Grundsätze für die zukünftige
Gestaltung von Leitwarten ab.
1. Grundlagen Mensch-Computer-Interaktion
Erkenntnisse aus der Kognitionswissenschaft bestätigen,
dass eine enge Verbindung zwischen Denkprozessen, der
Wahrnehmung und körperlichen sowie sozialen Handlungen
besteht [4]. Daraus folgt für das Design von interaktiven
Systemen, dass der Mensch mit seinen physischen
und kognitiven Fähigkeiten, seinem Kontext und seinem
sozialen Umfeld zu betrachten ist [4]. Die Erkenntnisse aus
der Kognitionspsychologie, der multimodalen Interaktion
sowie des Tangible [5] und Social Computing werden zu
einem neuen Paradigma unter dem Begriff Reality-Based
Interaction [6] zusammengefasst. Dabei orientiert sich die
Interaktion zwischen Mensch und Maschine an der realen
Welt. Somit können gelernte und evolutionsbedingte Charakteristiken
des Menschen genutzt werden, um Interaktion
begreifbarer zu gestalten. Weiser veröffentlichte 1991
seine Vision vom Computer des 21. Jahrhunderts [7]. Die
Vision ist in der Wissenschaft unter den Paradigmen Ubiquitous
Computing bekannt. Das menschliche Handeln
soll allgegenwärtig durch eine Vielzahl von vernetzten,
kontextsensitiven, interaktiven Geräten mit unterschiedlichen
Formfaktoren (Pads und Boards) wie beispielsweise
Smartphones, Tablet PCs oder hochauflösenden Großdisplays
unterstützt werden [7].
Die dritte Phase in der Evolution der Mensch-Computer-Interaktion
ist von dem Ziel geprägt, die Interaktion
mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Endgeräten im
Sinne des Ubiquitous Computing an den Prinzipien der
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45
Hauptbeitrag
Realitiy-Based Interaction zu orientieren [8]. Benutzer
interagieren dabei allein oder in Teams an gleichen oder
unterschiedlichen Orten und wechseln dabei nahtlos
zwischen realweltlicher Interaktion und Kommunikation
sowie computergestützter Interaktion und Kommunikation.
Dabei kommt es zu einer Vermischung (Blend)
von realer und digitaler Welt in vielfältigen Bereichen.
Die Arbeitsgruppe Mensch-Computer-Interaktion der
Universität Konstanz bezeichnet dieses neue Interaktionsparadigma
daher als Blended Interaction [8]. Bild 1
zeigt die Gestaltungsebenen des Blended Interaction.
Im Bereich der persönlichen Interaktion soll eine möglichst
intuitive Bedienung erreicht werden, da die Benutzer
an ihre Alltagserfahrungen bezüglich der Interaktion
mit Objekten in der realen Welt anknüpfen können.
Das Schreiben beispielsweise mit digitalen Stiften
auf Papier bewirkt eine analoge und digitale Darstellung.
Soziale Kommunikation kann zum Beispiel durch Multitouch-Systeme
unterstützt werden. Der Einsatz der
Systeme ermöglicht eine gleichberechtigte (demokratisierte)
Form der Kommunikation, da mehrere Benutzer
gleichzeitig interagieren und soziale Konventionen unmittelbare
Berücksichtigung finden können.
Im Rahmen der computergestützten Abläufe (Geschäftsprozesse)
geht es um die Gestaltung der organisatorischen
Einbettung von Abläufen in umfassende Prozesse sowie
deren Unterstützung durch Informationstechnologie. Dabei
sollte die Organisationsgestaltung an die Abläufe des Mitarbeiters
angepasst sein. So wird beispielsweise in komplexen
Prozessen meist nicht nur individuell, sondern verstärkt
in Teams gearbeitet. Teammitglieder können durch den
Einsatz digitaler Möglichkeiten, wie der Digital Pen & Paper-
Technologie, sofort die Schichtprotokolle betrachten und
per Suchfunktion in den Dokumenten suchen. Die Gestaltung
der physischen Arbeitsumgebung bezeichnet McCullough
(2004) als Digital Ground. Dabei werden Tische, Stühle,
Wände, aber auch Ton und Licht in die Gestaltung der
Interaktion miteinbezogen [9]. Ein- und Ausgabemedien
werden ebenfalls an die räumlichen Gegebenheiten optimal
angepasst (zum Beispiel gebogene Displays).
Die alleinige Steigerung des Realitätsbezuges der Interaktion
reicht hierbei nicht aus [8]. Die besondere Herausforderung
und der vom Standpunkt des Operators entscheidende
Vorteil besteht im sinnvollen Ineinandergreifen der
erprobten Möglichkeiten der realen Welt und den digitalen
Äquivalenten. In Anbetracht dessen ist es notwendig, einen
aufeinander abgestimmten holistischen Ansatz für einen
Operatorenarbeitsplatz zu gestalten, der sowohl die technische
Infrastruktur (Benutzungsoberfläche, Eingabe-, Ausgabe-,
Kommunikationsgeräte), die Arbeitsabläufe als auch
die physischen Räumlichkeiten und sozialen Interaktionen
sowie Kommunikation berücksichtigt. Der Ausgangspunkt
für die Gestaltung einer holistischen Arbeitsumgebung ist
die breit angelegte Nutzungskontextanalyse.
2. Untersuchung
2.1 Methodisches Vorgehen
Die Nutzungskontextanalyse beschreibt ausführlich die
realen Nutzungsbedingungen der Operatoren sowie die
BILD 1: Die vier
Gestaltungsebenen
des
Blended
Interaction
46
atp edition
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funktionellen Anforderungen an das System. Hierbei werden
typische Arbeitsschritte (Workflows) aufgedeckt und
kontextspezifische Schwierigkeiten berücksichtigt. Um
eine hohe Ergebnisqualität zu erreichen, ist es erforderlich,
die Experten in der natürlichen Arbeitsumgebung
direkt vor Ort zu befragen. Der Nutzungskontext wurde
aufgaben- und systemorientiert analysiert, folglich mit
Hilfe eines Methodenmix aus Cognitive Work Analysis
[10, 11] und Contextual Design [12]. Aufgrund der Besonderheiten
bei der Analyse von komplexen Systemen,
im Speziellen für Kraftwerke, wurde die Cognitive Work
Analysis (CWA) entwickelt. Die CWA bildete den theoretischen
Rahmen – die konkrete Anwendung der Methode
erfordert jedoch eine langwierige und tiefgreifende Auseinandersetzung
mit dem System. Gerade für einen Vergleich
mehrerer Domänen sind daher die Instrumente des
Contextual Design [12] (ethnographischer Ansatz) – teilnehmende
Beobachtungen und Experteninterviews – besser
geeignet. Bild 2 zeigt den Ablauf der Untersuchung
vor Ort. Insgesamt wurden die jeweiligen Domänen zwischen
sechs und acht Stunden vor Ort analysiert.
Insgesamt konnten 12 unterschiedliche Operatorenarbeitsplätze
in den 6 untersuchten Leitständen (Feuerwehrleitstand,
Postautomatisierung, Tagebau, Flugsicherung und
zwei Kraftwerksleitwarten) identifiziert werden. Die Arbeitsplätze
unterscheiden sich durch jeweils andere Zuständigkeitsbereiche
und andere Kernaufgaben innerhalb des
Gesamtprozesses. Im Rahmen der Nutzungskontextanalysen
wurden Interviews mit insgesamt 13 männlichen Mitarbeitern
(7 Operatoren und 6 Schichtleitern) durchgeführt.
Die Befragten waren durchschnittlich 47,38 (Standardabweichung,
SD = 5,92) Jahre alt. Die selbst berichtete Computer-Expertise
lag bei durchschnittlich 3,59 (SD = 0.92) auf
einer Ratingskala von 1 = keine Kenntnisse bis 5 = ausgezeichnete
Kenntnisse. Die besuchten Leitstände waren im
Durchschnitt M = 3,48 (SD = 3,26) Jahre alt, der jüngste besuchte
Leitstand ein halbes, der älteste 10 Jahre alt.
2.2 Ergebnisse
Im Rahmen der teilnehmenden Beobachtungen zeigte sich,
dass für einen reibungslosen Ablauf des Prozesses eine
ständige Kommunikation der beteiligten Personen erforderlich
ist. Nachts und an Wochenenden arbeiten bis zu 4
Personen (M = 2,55; SD = 1,04), tagsüber sogar bis zu 8 Personen
gleichzeitig (M = 3,73; SD = 2,24) mit demselben System
am gleichen Prozess. Derzeitige Systeme scheinen
diese zwingende Kollaboration aber nur wenig zu unterstützen,
da meist nur Eingabemöglichkeiten wie Maus und
Tastatur zur Verfügung stehen. Kollaboration ist jedoch
nicht nur zwischen den Mitarbeitern innerhalb der Leitwarte
erforderlich. Zum Beispiel ist auch die Koordination
von Technikern vor Ort eine wichtige Aufgabe. Gerade bei
anormalen Betriebszuständen findet die Kommunikation
über verschiedene Kanäle parallel statt – während der
Techniker vor Ort über Funk kontaktiert werden kann, ist
zur Kommunikation mit der Betriebszentrale ein Handy
oder Telefon erforderlich. Dazu kommt die Kommunikation
zwischen den Mitarbei tern, die meist von Angesicht
zu Angesicht stattfindet, aber auch indirekt über papierbasierte
Artefakte wie Notizen, Memos oder Warnschilder.
Einführung in
die Systeme
1 bis 2 h
Erste
teilnehmende
Beobachtung
2 h
Experten -
interview
45 min
Zweite
teilnehmende
Beobachtung
2 bis 3 h
Abschluss -
interview
30 min
BILD 2: Ablauf der Untersuchung vor Ort
36
32
34
28
Anzahl der Geräte
24
20
16
12
8
4
0
22
17
18,67
9
7
9
6,25
4
3,42
3
1
Eingabe Ausgabe Kommunikation Gesamt
Mittelwert
BILD 3: Eingabe-,
Ausgabe- und
Kommunikationsgeräte
an den
Arbeitsplätzen
atp edition
6 / 2011
47
Hauptbeitrag
BILD 4: Ergebnisse der
Experteninterviews bezüglich
der Optimierungspotenziale
4
Personalisierung
7%
5
Geräte am
Arbeitsplatz
9%
12
Sonstige
21%
10
Bildschirme
17%
13
Physische
Arbeitsumgebung
23%
13
Informationsvisualisierung
23%
Anzahl Nennungen
14
12
10
8
6
4
2
0
Mobile-Devices
Multitouch
Digital Pen&Paper
Laser-Pointer
Gesture-Interaction
Eye-Tracking
Voice-Control
Nein
Vielleicht
Ja
BILD 5: Bewertung der Nützlichkeit von Technologien durch Operatoren
Die vielfältigen digitalen und analogen Kommunikationsmöglichkeiten
führen zu einer entsprechenden Zahl
an Geräten – bis zu 7 Kommunikationsgeräte wie Telefone,
Handys und Funkgeräte befinden sich an einem
Arbeitsplatz. Hinzu kommen Mäuse, Tastaturen, Joysticks,
Bildschirme und so weiter, sodass ein durchschnittlicher
Leitwartenmitarbeiter bei seiner täglichen
Arbeit durchschnittlich bis zu M = 18,67 Geräte bedienen
und beobachten muss (siehe Bild 3).
Gleichermaßen verhält es sich bei der Verwendung von
Software. Operatoren verwenden durchschnittlich
M = 1,57 (SD = 2,23) Softwareprodukte. Schichtleiter hingegen
sind bei ihrer täglichen Arbeit auf M = 7 (SD = 1,26)
Software angewiesen. Erklärbar wird der Unterschied
durch zusätzliche Verwaltungsaufgaben der Schichtleiter
wie das Führen von Schichtplänen. Für diese Art von
Aufgaben wird Bürosoftware wie beispielsweise MS
Word oder MS Excel eingesetzt.
Die hohe Zahl an unterschiedlichen Geräten und Softwareprodukten
ist nach Aussagen der Mitarbeiter historisch
gewachsen. Tatsächlich lässt sich beobachten, dass
zwei oder mehr Softwareprogramme für identische Aufgaben
genutzt werden. In Bezug auf die Informationsvisualisierung
der Branchensoftware – vor allem die Darstellung
von Meldungen – konnte mehrfach beobachtet
werden, dass eine Vielzahl von Meldungen beim Operator
angezeigt werden (bis zu 12 Meldungen pro Minute).
Hinzu kommt der Umgang mit nicht einheitlich gestalteten
Farbcodierungen, was auf die unterschiedlichen
Softwareprodukte zurückzuführen ist.
Im Rahmen der halbstandardisierten Experteninterviews
wurden die Mitarbeiter zu Optimierungspotenzialen
an ihren eigenen Arbeitsplätzen befragt. Es ergaben
sich 57 Nennungen, die inhaltsanalytisch ausgewertet
und aggregiert wurden. Nach Aussagen der Mitarbeiter
besteht Handlungsbedarf in den Punkten physische Arbeitsumgebung,
Informationsvisualisierung, Bildschirme,
Anzahl der Geräte am Arbeitsplatz und Personalisierung
(siehe Bild 4).
In der physischen Arbeitsumgebung steht besonders
der Wunsch nach besseren akustischen, vereinzelt auch
Licht- und Klimaverhältnissen, im Vordergrund. In der
Kategorie Informationsvisualisierung wünschen sich die
Mitarbeiter eine verbesserte Prozessdarstellung und effizientere
Anzeigen im Bereich Alarmmanagement. Neben
der deutlichen Reduzierung von Einzelgeräten wünschen
sich Operatoren und Schichtleiter größere Bildschirme
mit höherer Auflösung. Die Befragten vermissen auch
Funktionen zur Personalisierung von Systemen, also zum
Beispiel die Möglichkeit, Oberflächen und Einstellungen
stärker nach ihren Bedürfnissen zu konfigurieren.
Ferner wurden neue Interaktionstechnologien für zukünftige
Entwicklungen vorgestellt und deren Vor- und
Nachteile für den spezifischen Arbeitskontext (N = 12)
diskutiert. Über 80 % der Befragten beurteilten die Technologien
Gesture-Interaction, Voice-Control und Eye-
Tracking als nicht hilfreich im Kontext der Leitstände.
Mobile-Devices würden sich 75 % der Befragten als Ergänzung
in ihrer derzeitigen Arbeitsumgebung wünschen,
da sich die Leitwartenmitarbeiter während der
Schicht nicht oder nur sehr begrenzt von ihrem Arbeitsplatz
entfernen dürfen (siehe Bild 5).
Nach Aussagen der Mitarbeiter würde ein mobiles Gerät
eine räumliche Flexibilität unterstützen. Die teilnehmende
Beobachtung zeigte, dass sich zwei Operatoren
vom Arbeitsplatz entfernen müssen, um beispielsweise
Systemanzeigen außerhalb der Leitwarte zu überprüfen.
Der Workflow der Mitarbeiter kann hier durch den Einsatz
eines mobilen Geräts unterstützt werden. Das Gerät
könnte beispielsweise jeweils die wichtigsten Meldungen
visualisieren. Multitouch-Systeme wurden mit erleichterter
Kollaboration und intuitiver Bedienung in
Zusammenhang gebracht und daher von der Hälfte der
Befragten als vorteilhaft für den eigenen Arbeitskontext
48
atp edition
6 / 2011
BILD 6:
Die holistische Arbeitsumgebung
für Operatoren
gesehen. Auch einen Einsatz der Digital Pen & Paper-
Technologie konnten sich die meisten Befragten durchaus
vorstellen. Die Mitarbeiter zweifelten jedoch an der
Alltagstauglichkeit der Geräte. Die großen Wandbildschirme
dienen lediglich der Überwachung von Teiloder
Gesamtprozessen, daher wird im Arbeitskontext
nur selten mit ihnen interagiert. So wurde der Laser-
Pointer als wenig nützlich beurteilt.
3. Diskussion der Ergebnisse
Die Ergebnisse aus der Studie liefern wertvolle Erkenntnisse
für die Gestaltung einer holistischen Arbeitsumgebung.
Es zeigte sich, dass bei heutigen Entwicklungen
immer das einzelne Produkt im Mittelpunkt steht, aber
nie die Komposition aller Geräte am Arbeitsplatz. So müssen
Operatoren beispielsweise Sammelsurien von bis zu
34 Geräten beherrschen. Folglich findet der Operator keinen
homogenen Arbeitsplatz vor sich, sondern eine Ansammlung
von vielen verschiedenen Einzelgeräten. Die
Vielzahl unterschiedlicher Geräte und Softwareprodukte
könnte gerade bei anormalem Betrieb zu einer kognitiven
Überforderung (cognitive overload) führen [13]. Folglich
wird die Wahrscheinlichkeit von fehlerhaften Entscheidungen
erhöht [14].
Eine konsistente Gestaltung der Benutzungsoberfläche
und ein durchgängiges Bedienkonzept ermöglicht es dem
Benutzer, Informationen schnell und effizient aufzufinden.
Die Informationsvisualisierung und das Meldungsmanagement
innerhalb der Softwaresysteme tragen derzeit
wenig dazu bei, die Operatoren kognitiv zu entlasten
– stattdessen werden häufig alle eingehenden Meldungen
in Form von unübersichtlichen Listen angezeigt. Im Bereich
der Informationsvisualisierung kann beispielsweise
durch den gezielten Einsatz von Zoomingkonzepten
eine Verbesserung erreicht werden. Des Weiteren sind
Kollaboration und Kommunikation innerhalb der Leitwarte
oder mit Technikern vor Ort essenzielle Bestandteile
alltäglicher Arbeitsabläufe. Operatoren werden derzeit
von den eingesetzten Technologien im Bereich der
kollaborativen Arbeit durch die Maus oder Tastatur nicht
ausreichend unterstützt. Dies wird auch von den Leitwartenmitarbeitern
gesehen, die Informationsvisualisierung
und Vereinheitlichung von Geräten am Arbeitsplatz als
Optimierungspotenziale erkennen. Zukünftige Entwicklungen
im Leitwartenkontext sollten sich daher stärker
um einheitliche und nachhaltige Konzepte bemühen, die
auf die kognitiven Informationsverarbeitungskapazitäten
der Operatoren zugeschnitten sind.
Die Experteninterviews haben gezeigt, dass der Einsatz
neuer Technologien, wie beispielsweise die Multitouch-
Technologie, von den Operatoren akzeptiert würde. Es
gilt jedoch zu beachten, dass es sich bei der Stichprobe
der befragten Operatoren um Personen mittleren Alters
handelte, die aus sehr unterschiedlichen Berufen stammen.
Beide Faktoren stellen, trotz der hohen Selbsteinschätzung
der Probanden bezüglich ihrer Computerexpertise,
besondere Anforderungen an die Gestaltung.
4. Ausblick
Im folgenden Abschnitt wird ein erstes Konzept für eine
holistische Arbeitsumgebung vorgestellt, das als Grundlage
für den Operatorenarbeitsplatz von Morgen angesehen
werden kann (siehe Bild 6). Ziel ist dabei, durch Einsatz
neuer technologischer Möglichkeiten der computergestützten
Interaktion und Kommunikation, Menschen
in ihren realen Abläufen zu entlasten. Dabei wird besonders
Wert auf den nahtlosen Wechsel zwischen realweltlicher
sowie computergestützter Interaktion gelegt (siehe
Abschnitt 1). Die Interaktion zwischen Operator und System,
die Kommunikation zwischen den Operatoren, die
atp edition
6 / 2011
49
Hauptbeitrag
BILD 7:
Digital Pen &
Paper-Technologie
am
Beispiel
Schichtbuch
Arbeitsabläufe sowie die Gestaltung des physischen Arbeitsumfelds
werden gleichermaßen beachtet. So schafft
beispielsweise die ergonomische Gestaltung der Räumlichkeiten
und des Arbeitsplatzes (physisches Arbeitsumfeld)
eine Atmosphäre, in der ein produktives Arbeiten
unterstützt wird [15].
Innovative Lösungen erleichtern und beschleunigen
die Arbeitsabläufe und reduzieren Fehlentscheidungen
und Kosten. Insbesondere die Multitouch-Technologien
ermöglichen die gemeinsame Eingabe mehrerer Personen
und fördern damit kollaboratives Arbeiten. Gemeinsamer
Zugriff erlaubt soziale Interaktionen wie Gesprächsführung,
Gestik und Organisation. Durch die direkte Manipulation
wird zugleich die Bedienung natürlicher.
Das kollaborative Arbeiten beispielsweise bei Schichtübergaben
kann durch große berührempfindliche Wandbildschirme
unterstützt werden. Diese können zusätzlich
mit der Ambient-Light-Technologie ausgestattet werden und
je nach Status eine andere Farbgebung der Hintergrundbeleuchtung
annehmen. So könnte sich im Störfall die Umrandung
beispielsweise rot einfärben (siehe Bild 6).
Im Bereich der Informationsdarstellung können durch
den Einsatz von speziellen Visualisierungstechniken erhebliche
Verbesserungen bei der Präsentation von großen
Datenmengen erzielt werden. So werden beispielsweise
mit der Fisheye-Technik Informationen im Fokus klar lesbar
und vergrößert angezeigt, der Kontext wird zwar sichtbar
aber nur auszugsweise abgebildet und dient somit der
Referenzen
[1] Wickens, C. D. und Holland, J. G.: Engineering psychology and
human performance. Prentice Hall, New Jersey 2000
[2] Künzler, C.: Kompetenzförderliche Sicherheitskultur,
Ganzheitliche Gestaltung risikoreicher Arbeitssysteme
Mensch, Technik, Organisation. Band 36. vdf Hochschulverlag,
Zürich 2002
[3] Schwichtenberg, B., Knapp, B., Oortmann, H.: Wokflow
Analyse für Investitionsgüter. Usability Professionals (UPA),
München 2010
[4] Dourish, P.: Where The Action Is: The Foundations of
Embodied Interaction. MIT Press, Cambridge 2001
[5] Ishii, H., und Ullmer, B.: Tangible Bis: Towards Seamless
Interfaces between People, Bits and Atoms. In Proceedings
of the SIGCHI conference on Human factors in Computing
Systems CHI 2007. ACM Press, New York, S. 234-241
[6] Jacob, R. J., Girouard, A., Hirshfield, L. M., Horn, M. S., Shaer,
O., Solovey, E. T., Zigelbaum, J.: Reality-based interaction:
a framework for post-WIMP interfaces. In Twenty-Sixth
Annual SIGCHI Conference on Human Factors in Computing
Systems CHI 2008. ACM Press, New York, S. 201-210
[7] Weiser, M.: The Computer for the Twenty-First Century. In
Scientific American Vol. 265, No.3 1991, S. 94-100
[8] Arbeitsgruppe Mensch-Computer Interaktion Universität
Konstanz (2010). (http://hci.uni-konstanz.de/index.
php?a=research&lang=en), Zugriff 04.04. 2010
[9] McCullough, M.: Digital Ground: Architecture, Pervasive
Computing, and Environmental Knowing. MIT Press,
Cambridge 2004
[10] Rasmussen, J.: Information Processing and Human-Machine
Interaction. North-Holland, New York 1986
50
atp edition
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Orientierung. Ferner werden bei semantischen Zoomverfahren
die darzustellenden Inhalte beim Zoomen berücksichtigt,
das heißt der Operator kann beispielsweise unter
Erhalt des Kontextes in einer Kartendarstellung zoomen.
Dabei bleibt der Überblick bei der Navigation im Kontext
erhalten, und die Menge der dargestellten Information
orientiert sich am verfügbaren Platz.
Des Weiteren können spezifische Arbeitsabläufe durch
Nomadic Devices wie beispielsweise Smartphones unterstützt
werden. Die Visualisierung der wichtigsten Informationen
auf diesen Geräten ermöglicht es, Aufgaben durchgängig
an verschiedensten Orten, auch abseits des eigenen
Arbeitsplatzes, verantwortungsvoll wahrzunehmen.
Das Schichtbuch kann beispielsweise mittels der Digital
Pen & Paper-Technologie geführt werden, wodurch
die Daten sowohl in analoger als auch in digitaler Form
vorliegen (siehe Bild 7). Somit findet nahezu ein nahtloser
Übergang zwischen digitaler Welt und physischem
Arbeitsbereich statt.
5. Fazit
Die erarbeiteten Konzepte einer holistischen Arbeitsumgebung
werden auf Basis der domänenübergreifenden
Untersuchungen im nächsten Schritt weiter umgesetzt.
Dabei soll ein nahtloser Wechsel zwischen der realen und
der computergestützten Interaktion sowie Kommunikation
möglich sein, um die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter
zu steigern. Neue Interaktionstechnologien können
einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der Zusammenarbeit
von Mensch und Technik leisten. Innovative und
intuitive Lösungen erleichtern und beschleunigen die Arbeitsabläufe
und reduzieren Fehlentscheidungen sowie
Kosten im Unternehmen.
Manuskripteingang
26.05.2010
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Autoren
M. Sc. Tobias Schwarz
(geb. 1980) ist Doktorand
der Siemens AG (Corporate
Technology). Er ist verantwortlich
für das Forschungsprojekt
„Holistic
Workspace“ mit den
Schwerpunkten Usability
Engineering und Interaction
Design. Das Projekt wird in Kooperation mit
der Universität Konstanz durchgeführt.
Siemens AG,
Corporate Research and Technologies
(CT T DE IT 2),
Otto-Hahn-Ring 6,
D-81739 München,
Tel. +49 (0) 89 63 64 96 53,
E-Mail: schwarz.tobias.ext@siemens.com
Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-
Ing. Holger Oortmann
(geb. 1970) ist als Program
Manager verantwortlich für
das Thema Usability
Engineering bei der Corporate
Technology der Siemens
AG. Seit 1997 ist er
auf dem Gebiet Usability
Engineering für technische Systeme aktiv.
Siemens AG,
Corporate Research and Technologies
(CT T DE IT 2),
Otto-Hahn-Ring 6,
D-81739 München,
Tel. +49 (0) 89 63 64 63 42,
E-Mail: holger.oortmann@siemens.com
[11] Vicente, K. J.: Cognitive Work Analysis: Towards Safe,
Productive, and Healthy Computer-Based Work. L.
Erlbaum Associates Inc, Hillsdale 1999
[12] Beyer, H. und Holtzblatt, K.: Contextual design: defining
customer-centered systems. Morgan Kaufmann Publishers
Inc, San Francisco 1998
[13] Wittenberg, C.: Virtuelle Prozessvisualisierung am Beispiel
eines verfahrenstechnischen Prozesses. Fortschritt-
Bericht VDI Verlag, Düsseldorf 2001
[14] Grams, T.: Bedienfehler und ihre Ursachen (Teil 1).
atp-Automatisierungstechnische Praxis 40 (3). Oldenbourg
Verlag, München 1998, S. 53-56
[15] Hettinger, T., Kaminsky, G., Schmale, H.: Ergonomie am
Arbeitsplatz. Daten zur menschengerechten Gestaltung der
Arbeit (2. Aufl.). Kiehl Friedrich Verlag, Ludwigshafen 1989
Prof. Dr. Harald
Reiterer (geb. 1961) leitet
die Arbeitsgruppe Mensch-
Computer Interaktion im
Fachbereich Informatik
und Informationswissenschaft
der Universität
Konstanz.
Seine Forschungsschwerpunkte
liegen in den Bereichen Interaction
Design, Usability Engineering und Information
Visualization.
Universität Konstanz,
Arbeitsgruppe Mensch-Computer Interaktion,
Universitätsstr. 10, D 73,
D-78457 Konstanz,
Tel. +49 (0) 7531 88 37 04,
E-Mail: Harald.Reiterer@uni-konstanz.de
atp edition
6 / 2011
51
hauptbeitrag
Tests von Feldgeräten
mit Profibus PA-3.02
Praxisrelevante Versuche bestätigen Profilfunktionalität
Unter Anwendern in der Prozessautomatisierung wächst die Nachfrage nach Feldgeräten
mit den neuen Funktionalitäten des Profibus PA-Profils 3.02. Die Standardisierungsarbeiten
und die Umsetzung des Profils in den Zertifizierungsprozess wurden 2009 in der
Profibus Nutzer Organisation (PNO) erfolgreich abgeschlossen. Nun sollten – vom Standpunkt
der Anwender aus gesehen – praxisrelevante Tests die Umsetzung und die Auswirkungen
der neuen Funktionalitäten in den im Markt verfügbaren Feldgeräten und Hostsystemen
aufzeigen. Der Beitrag beschreibt, wie erstmals herstellerunabhängig Feldgeräte
im Prüflabor von BIS Prozesstechnik in Frankfurt am Main auf die Funktionalität des
PA-Profils 3.02 hin getestet wurden.
SCHLAGWÖRTER Profibus / Prozessautomation / PA Profil 3.02 / Asset Management /
Life Cycle Management / Geräteintegration
Tests of Field Devices with Profibus PA 3.02 –
Practice-oriented Examinations Confirm Profile Functionality
Users in process automation are more and more asking for field devices with implemented
Profibus PA Profile 3.02. After finishing the standardization works and the implementation
of the PA Profile 3.02 into the certification process of PI (Profibus & Profinet International)
in 2009, practice-oriented examinations should demonstrate the realization and
the impact of the new functionalities. The paper describes how field devices according to
PA Profile 3.02 of different manufacturers have been tested at the test lab of BIS Prozesstechnik
in Frankfurt/Main, Germany.
KEYWORDS Profibus / Process Automation / PA Profile 3.02 / Asset Management /
Life Cycle Management / Device Integration
52
atp edition
6 / 2011
Michael Pelz, Clariant Produkte
Sven Seintsch, BIS Prozesstechnik
Steffen Ochsenreither, PNO
Der gewohnte Umgang mit der konventionellen
4-20-mA-Technologie diente als Maßstab für
das Profibus PA Profil 3.02. Die Innovationen
des Profils zielen vor allem auf eine vereinfachte
Handhabung der Feldbustechnologie in
der industriellen Praxis ab. Die wesentlichen Neuerungen
im Profil 3.02 sind die grundlegenden Maßnahmen
zur Vereinfachung der Geräteintegration über den Lebenszyklus
einer Produktionsanlage. Es handelt sich
beispielsweise um Vorschriften zur Kennzeichnung der
Software-Variante am Gerät, die automatische Anpassung
an Funktionalität von Vorgängerversionen im zyklischen
Verkehr, herstellerübergreifende Richtlinien
für Änderungen der Gerätesoftware und deren Auswirkung
auf Kompatibilität. Darüber hinaus definiert das
Profil 3.02 die verpflichtende Abbildung der spezifischen
Diagnoseinformationen von Feldgeräten auf standardisierte
Kategorien (NE107 – Selbstüberwachung
und Diagnose von Feldgeräten) und den deutlich
schnelleren Transfer von Feldgerätedaten, zum Beispiel
bei der Übertragung von parametrierten Daten während
eines Gerätetauschs.
1. Praxisrelevante Testszenarien
Nach Verabschiedung des Profils 3.02 galt es, die Praxistauglichkeit
zu beweisen. Dafür wurden im Prüflabor
der BIS Prozesstechnik verschiedene Testfälle durchgespielt,
in denen die neuen Geräte ihre Einsatzfähigkeit
beweisen mussten. Für die praktischen Tests wurden
zwei Geräte verwendet: ein Stellungsregler der Firma
Samson sowie ein Temperaturtransmitter der Firma
Endress+Hauser. Bei diesem handelt es sich zwar um ein
Profil-3.01-Gerät, jedoch wurde hier die Funktionalität
des neuen Profils 3.02 bereits vom Hersteller implementiert.
Die Feldgeräte wurden in fünf verschiedenen Aufbauten
mit Leitsystemen der Hersteller Siemens, ABB
und Schneider getestet. Im Fokus stand dabei der Austausch
eines Altgerätes gegen ein Neugerät; ein Fall, wie
er häufig in der Praxis auftritt, wenn in einer bestehenden
Anlage ein Gerät ausfällt und durch ein Gerät mit
einer neueren Version ersetzt werden muss.
Im betrieblichen Alltag lässt sich die Gerätekonfiguration
im Leitsystem ohne einen Stopp des zyklischen Datenaustauschs
und somit einer Unterbrechung der Prozessführung
oft nicht ändern. Hierfür ist es wichtig, dem
Anwender eine Lösung zur Verfügung zu stellen, bei der
der zyklische Teil des Automatisierungssystems beim
Gerätewechsel nicht betroffen ist. Ein Testszenario ist
im Bild 1 dargestellt.
2. Aufbau und Vorgehen
An allen Leitsystemen wurde ein PA-Strang mit Feldgeräten
konfiguriert und in Betrieb genommen. Daraufhin
erfolgte der Austausch des konfigurierten Gerätes
gegen ein Gerät neuerer Version mit der entsprechenden
Busadresse. Überwacht wurde sowohl die zyklische
Messwertübertragung als auch der Status des
Messwertes. Um möglichst viele Einsatzfälle abdecken
zu können, erstreckte sich der Test über verschiedene
Konfigurationen:
So kann der Stellungsregler beispielsweise nur zur
Übertragung des Stellsignals vorgesehen sein oder
aber auch zusätzlich die aktuelle Ventilstellung und
die diskreten Ventilpositionen übertragen. Weitere
Konfigurationen sind möglich.
Auch der Temperaturtransmitter wurde auf verschiedene
Weise getestet: So wurde das Gerät mit
der Konfigurationsdatei des Herstellers sowie mit
der Profil-GSD eingebunden. In allen genannten
Fällen muss sich der neue Transmitter, der das installierte
Gerät ersetzt, automatisch auf die im Leitsystem
verwendete Ident.-Nummer adaptieren und
die Konfiguration, das heißt die Einstellung, welche
Werte übertragen werden sollen, übernehmen (siehe
Bild 2). Bei Geräteanlauf wird überprüft ob die
Ident.-Nummer der GSD, welche im Leitsystem verwendet
wird, und die Ident.-Nummer des Feldgerä-
atp edition
6 / 2011
53
Hauptbeitrag
BILD 1: Aufbau eines
Testszenarios im
Projektierungstool
Bild 2:
Automatische Adaption
der Ident.-Nummer
des Feldgerätes
Tabelle 1:
Verschiedene Varianten
von Gerätekombinationen
decken ein breites Spektrum
in der Praxis ab
*Keine automatische Adaption
der Ident.-Nummern möglich.
Änderung der Ident.-Nummer
muss am Feldgerät oder über
einen Master Klasse 2 erfolgen.
Gerätetyp
Bestehende
Konfiguration
Neugerät SK1 SK2 SK3
Link/
Koppler
Temperaturtransmitter TMT 184 TMT 84 ✓ ✗* ✓ ✓
Profil 1AI TMT 84 ✓ ✗* ✓ ✓
Stellungsregler 3785 Profil 2 3730-4 ✓ ✗* ✓ ✓
3785 Profil 3 3730-4 ✓ ✗* ✓ ✓
Bild 3:
Die Versuchsanlage
vor und nach
dem Tausch des
Stellungsreglers
54
atp edition
6 / 2011
Lernen Sie die
kennen!
Jetzt noch
schneller
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tes übereinstimmen. Nur wenn dies der Fall ist,
funktioniert der zyklische Datenaustausch zwischen
Feldgerät und Leitsystem.
Dabei ist die Ident.-Nummer (Identifikationsnummer) eine
eindeutige Nummer, welche einem zertifizierten Gerät
einmalig zugewiesen wird. In Verbindung mit der im Leitsystem
hinterlegten Konfigurationsdatei, der GSD, wird
das Feldgerät eindeutig identifiziert.
Ein Feldgerät kann sowohl mit einer herstellerspezifischen
Konfigurationsdatei als auch mit der Profil-GSD
in das Leitsystem eingebunden werden. Mit der Profil-
GSD können dabei, unabhängig vom Hersteller, die wesentlichen
Funktionalitäten der Geräte im Leitsystem
abgebildet werden.
Ein wesentlicher Teil der Profibus-PA-Infrastruktur ist
der Segmentkoppler, welcher Profibus DP und Profibus
PA miteinander verbindet und in jedem PA-Segement
vorhanden sein muss. Er wandelt die unterschiedlichen
Physical Layer und passt die Busgeschwindigkeiten an.
Derzeit finden vier Geräte ihren Einsatz in der Industrie:
Link/Koppler (Siemens), Segment-Koppler SK1, SK2
(nicht mehr kommerziell erhältlich) und SK3 (alle
Pepperl+Fuchs). Diese Segmentkoppler bieten unterschiedliche
Funktionalitäten und unterscheiden sich in
ihrem Verhalten am Bus. Aus diesem Grund wurden
während des Tests alle genannten Typen verwendet.
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3. Vereinfachter Gerätetausch im Praxistest
Der Test wurde an allen Leitsystemen mit den Segmentkopplern
SK1, SK2 und SK3 durchgeführt, am Leitsystem
der Firma Siemens kam zusätzlich die Link/Koppler-
Kombination zum Einsatz. An einem Leitsystem wurde
die bestehende Konfiguration DTM-basiert durchgeführt,
das heißt die in den DTM vorhandene GSD verwendet.
4. Volle Funktionalität –
Direkt nach dem Austausch
Die Adaption der Ident.-Nummer verlief bei beiden getesteten
Geräten, gleich welche Konfiguration verwendet
wurde, automatisch und ohne Probleme. Einzige
Ausnahme stellen die Testsysteme mit SK2 dar: Hier
erfolgte die Adaption der Ident.-Nummer erst nach einem
manuellen Eingriff am Gerät. Zum Zeitpunkt der
Entwicklung des SK2 berücksichtigte die damals gültige
Feldbusnorm IEC 61158 nicht die Möglichkeit, mehrere
Ident.-Nummern einem Feldgerät zuzuordnen. Der
SK2 wurde inzwischen durch den SK3 abgelöst der
uneingeschränkt die automatische Adaption von Ident.-
Nummern durch Feldgeräte mit Profibus PA 3.02 Profil
unterstützt.
Der Adaptierungsvorgang ist ebenso unabhängig von
der verwendeten DP-Baudrate: Getestet wurde sowohl
mit 93,75 kBit/s und, bei Segmentkopplern, die höhere
DP-Geschwindigkeiten erlauben, auch mit 12 MBit/s
auf der DP-Seite. Auch hier erfolgte die Adaption auto-
Programm-Download
und Online-Registrierung
im Internet unter
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Die atp-mediathek ist ein Angebot der Oldenbourg Industrieverlag GmbH,
Rosenheimer Str. 145, 81671 München, GF: Hans-Joachim Jauch
Hauptbeitrag
Bild 4:
Zuordnung der
Statussignale
(Condensed Status)
nach NE 107
Bild 5: NE107 Baustein
matisch und dies unabhängig vom verwendeten Leitsystem
und von der Art der Geräteintegration (GSD
oder DTM-basiert).
Beide Testgeräte wurden mit der Einstellung „Auto-
Adaptieren“ ausgeliefert. Ein unterschiedliches Verhalten
zeigte sich bei der Umsetzung der Adaption: Der
Temperaturtransmitter speichert die automatisch adaptierte
Ident.-Nummer nicht und adaptiert sich bei jedem
Busanlauf/Power-Reset neu, während der Stellungsregler
die automatisch adaptierte Ident.-Nummer nichtflüchtig
speichert. Dadurch ist kein erneutes Adaptieren
nach Busanlauf/Power-Reset nötig.
Die GSD-Dateien der Altgeräte funktionieren mit den
Neugeräten weiter, das heißt es sind keine Änderungen
im Leitsystem nötig, und es findet kein ungeplanter Stop
der Anlage statt. Eine manuell eingestellte Ident.-Nummer
wird bei beiden Testgeräten nichtflüchtig gespeichert.
Der Anwender hat somit die Möglichkeit, die automatische
Adaptierung zu umgehen und die Ident.-
Nummer des alten Gerätes per Hand einzustellen.
Da die automatische Adaption in Anlagen, in denen ein
SK2 verwendet wird, nicht funktioniert, kann das Gerät
mit diesem zusätzlichen Schritt auch hier einfach getauscht
werden. Die Option, die Ident.-Nummer direkt am
Display des Gerätes einzustellen, vereinfacht den Tausch
von Alt- gegen Neugerät nochmals um ein Vielfaches.
Zu keinem Zeitpunkt des Tests, weder beim „Ausfall“
des Alt-Gerätes noch beim Tausch oder der Anpassung
an die Ident.-Nummer, gingen die Leitsysteme in den
Stop. Für den Anwender bedeutet dies einen unterbrechungsfreien
Betrieb der Anlage; über die Dauer des
Ausfalls bis zum Austausch des defekten Gerätes hinweg.
Damit ist eine der wesentlichen Anforderungen an
das Profil 3.02 erfüllt.
Bild 3 zeigt ein Beispiel für einen Gerätetausch.
5. Die richtigen Informationen am richtigen Ort
Eine weitere Neuerung des Profils 3.02 ist die Übertragung
eines Sammelstatus nach Namur-Empfehlung NE
107. Dabei beschränkt sich der Status auf die Informationen
„Ausfall“, „Funktionskontrolle“, „Außerhalb der
Spezifikation“ und „Wartungsbedarf“. Das Ziel ist, den
Anlagenfahrer zu entlasten und ihm nur die Informationen
zur Verfügung zu stellen, die er für eine sichere
Prozessbedienung benötigt. Zur Auswertung der Statusinformationen
ist im Prozessleitsystem ein Funktionsbaustein
nötig, mit dem die Bitinformationen des
Statusbytes mit dem richtigen Statussymbol verknüpft
werden. Zum Test der Diagnosemeldungen wurden Fehlerfälle
simuliert und die richtige Zuordnung zu den
Statussignalen kontrolliert (Bild 4).
Im Vorfeld wurde für jedes System ein Funktionsplan
erstellt, um den Status entsprechend der Profil-Codierung
auszuwerten. Für das System von Schneider ist ein
56
atp edition
6 / 2011
derartiger Baustein bereits vorhanden, für die anderen
Systeme wurde ein eigener Baustein programmiert, der
durch die Vereinheitlichung des Statusbits für alle Profibus
PA Geräte nach Profil 3.02 verwendet werden kann
(siehe Bild 5).
Zur Prüfung wurden verschiedene Fehler simuliert:
Am Temperaturtransmitter unter Anderem die „Ausfälle“
Sensorkurzschluss, Sensorbruch sowie der Zustand
„Außerhalb der Spezifikation“ mittels Umgebungstemperaturüberschreitung.
Das Gerät ordnet den Fehlern
den jeweiligen passenden Status zu. Dieser wird dann
im Leitsystem dargestellt. Die Statusinformationen der
Fehler sind fest codiert, können somit vom Anwender
nicht geändert werden.
Im Unterschied zum Temperaturtransmitter kann
beim Stellungsregler die Zuordnung der Statusinformationen
zum jeweiligen Gerätefehler vom Anwender mittels
DTM oder der herstellerspezifischen Software der
Applikation entsprechend festgelegt werden. Bei den am
Stellungsregler simulierten Zuständen handelte es sich
Breite Akzeptanz – NAMUR-Arbeitskreis 2.6 „Feldbus“
„Nach der guten Zusammenarbeit zwischen PNO und Namur-
AK 2.6 „Feldbus“, bei der Erstellung des PA-Profils 3.02, war es
wichtig, die Auswirkungen der neuen Funktionalitäten in einem
praxisrelevanten Test zu prüfen.
Der Test hat verdeutlicht, dass durch die Funktionalität
„automatische Ident-Nummer-Adaption“ des PA-Profils 3.02
der Feldgerätetausch wesentlich vereinfacht werden kann,
ohne die Verfügbarkeit der restlichen Anlage zu beeinflussen.
Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass es möglich ist, Funktionalitäten
für Endanwender zu vereinfachen und die Handhabung
praxisnäher zu gestalten. Nun sollte diese Vorgehensweise
auch in anderen Bereichen etabliert werden, um die Komplexität
für Endanwender weiter zu minimieren (zum Beispiel bei der
Geräteintegration, FDI).
Durch die nun verpflichtend gewordene Standardisierung der
Status- und Diagnoseinformationen von Geräten nach den Kategorien
der Namur-Empfehlung 107 „Selbstüberwachung und
Diagnose von Feldgeräten“, erhält der Anwender eine
herstellerübergreifende, standardisierte und einfach handhabbare
Gerätediagnose. Dank dieser Harmonisierung lassen sich
die Vorteile einer aktiven Gerätediagnose nun wesentlich
effizienter nutzen.
Noch offen sind die Untersuchung der Kennzeichnung der
Software-Variante direkt am Gerät und der wesentlich
schnellere Datentransfer zwischen Feldgerät und übergeordnetem
System (zum Beispiel PLS). Diese beiden Funktionalitäten
des PA-Profils 3.02 bieten das Potenzial, den Gerätetausch
und das Gerätemanagement noch weiter zu verbessern. Umso
wichtiger ist es, die Testergebnisse für diese beiden Funktionalitäten
zu einem späteren Zeitpunkt nachzureichen.
Das beschriebene positive Testergebnis zeigt deutlich, dass
eine frühe und offene Kommunikation zwischen Herstellern
und Anwendern eine lohnenswerte Investition für alle
Beteiligten darstellt.
Stefan Erben, Entwicklungsleiter
Elektronik, Samson AG:
„Wesentlich für die Akzeptanz und die
Verbreitung von Feldbustechnik in der
Prozessautomatisierung ist neben der
problemlosen Geräteintegration die
Einfachheit eines Gerätetauschs im
laufenden Betrieb einer verfahrenstechnischen
Anlage. Als Maßstab gilt hier die 4-20-mA-Technologie.
Nur wenn ein Gerätetausch ebenso einfach zu bewerkstelligen
ist wie bei 4-20 mA, wird auch der Feldbus diese
Akzeptanz finden. Das Profibus PA Profil 3.02 hat diese
Anwenderanforderungen aufgegriffen und eine gute
Plattform für Geräte der Prozessautomatisierung geschaffen.
Um dies zu unterstützen, hat Samson an der Spezifikation
mitgearbeitet und diese Erweiterungen des bewährten
PA-Profils in seine Geräte implementiert. Der Test bei BIS
Prozesstechnik hat eindrucksvoll gezeigt, wie Anforderungen
aus der Praxis der Prozessautomatisierung sinnvoll in eine
Spezifikation aufgenommen und anschließend durch einen
praxisnahen Test verifiziert werden können.“
Dr. Jochen Müller, Head of Global Plant
Asset Management Business,
Endress+Hauser Process Solutions AG:
„Seit Jahren erhebt der digitale Feldbus
den Anspruch, die in der Prozessindustrie
verbreitete 4-20-mA-Technologie
abzulösen. In der industriellen Praxis
impliziert dies aber auch einen Vergleich
des praktischen Umgangs der Feldbustechnologie mit der
einfachen Handhabung der 4-20-mA-Technologie. Gerade der
Gerätetausch gestaltete sich problematisch, auch aufgrund
der ständig fortschreitenden technischen Entwicklung. Mit
dem PA Profil 3.02 ist es nun endlich möglich, Feldgeräte
nach Jahren problemlos zu tauschen und dennoch von den
Weiterentwicklungen der Hersteller zu profitieren. Durch die
Mitarbeit von Endress+Hauser an der Erstellung des Profils
haben beide Seiten, sowohl die Anwender als auch die
Hersteller, voneinander gelernt und profitiert. Das Ergebnis
des Tests bei BIS Prozesstechnik beweist nun eindrucksvoll
wie die Kundenanforderungen konsequent in den Geräten
umgesetzt wurden.“
atp edition
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57
Hauptbeitrag
zum Beispiel um Nullpunktabweichung, Blockierung
des Antriebs als „Wartungsbedarf“ und die „Funktionskontrolle“
durch Initialisierung. Auch diese Fehler wurden,
entsprechend der Voreinstellung im Gerät, passend
zugeordnet.
Fazit
Die Testresultate überzeugten: In den Multi-Vendor Anlagen
bei BIS Prozesstechnik in Frankfurt erfüllten die
Feldgeräte die Anforderungen der Anwender durchweg
mit positivem Ergebnis. Somit ist ein großer Schritt in
Richtung der einfachen Geräteintegration getan. Sowohl
der Gerätetausch als auch die zusammengefassten Diagnosemeldungen
ermöglichen dem Anwender einen
noch einfacheren und intuitiveren Umgang mit der bewährten
Technologie. Feldgeräte können nun getauscht
werden, ohne die Anlage stoppen zu müssen. Durch die
Reduzierung der Diagnosemeldungen auf die notwendigen
Informationen kann der Leitstand schnell und
gezielt auf Fehler reagieren.
Das Profil 3.02 hat nun endgültig den Weg in die Feldgeräte
gefunden: Den Anwendern stehen bereits ein
Druck- sowie in Kürze ein Füllstandsmessgerät der Firma
Endress+Hauser zur Verfügung. Durch die schnelle Implementierung
des Profils in die Feldgeräte durch die
Hersteller können die Anwender im Laufe des Jahres 2011
mehr als 12 Geräte mit 3.02 Funktionalität einsetzen.
Manuskripteingang
29.04.2010
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
Autoren
Dipl.-Ing. Sven Seintsch
(geb. 1969) leitet das Prüflabor
der BIS Prozesstechnik
GmbH. Er ist Mitglied des
Namur-Arbeitskreises 2.6
„Feldbus“. In der IGR leitet
er das Arbeitsfeld „EMR
Prüftechnik“.
BIS-Prozesstechnik GmbH,
Industriepark Höchst, D710,
D-65926 Frankfurt am Main, Tel. +49 (0) 69 3 05 26 63,
E-Mail: sven.seintsch@BIS.bilfinger.com
Dipl.-Ing. Michael Pelz
(geb. 1966) ist EMR-Betriebsingenieur
und Ansprechpartner
für Feldbusthemen
im Bereich der Business
Unit Pigments der Clariant
Produkte (Deutschland)
GmbH. Er ist Obmann des
Namur-Arbeitskreises 2.6
„Feldbus“, Leiter der Prolist-Arbeitsgruppe
„Feldbustechnik“ und Mitglied des IGR- (Interessengemeinschaft
Regelwerke Technik)
Arbeitskreises „Feldbus“.
Clariant Produkte (Deutschland) GmbH,
BU Pigments, Operations Rhein–Main /
Department AZO, Industriepark Höchst, E632,
D-65926 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 30 52 94 94,
E-Mail: michael.pelz@clariant.com
Referenzen
[1] NE107: Selbstüberwachung und Diagnose von Feldgeräten,
Juni 2006
[2] NE105: Anforderungen an die Integration von Feldbusgeräten
in Engineering Tools für Feldgeräte, August
2004
[3] NE 53: Software von Feldgeräten und signalverarbeitenden
Geräten mit Digitalelektronik
[4] Pelz, Michael, Seintsch, Sven, Gerätekommunikation
im Wandel, atp 4/2008, S. 52-57
[5] Kiupel, Niels, Der Feldbus – eine Erfolgsgeschichte,
atp edition 3/2010, S. 30-37
Steffen Ochsenreither
(geb. 1984) ist Marketing
Manager Fieldbus,
Endress+Hauser Process
Solutions AG. Er studierte
Wirtschaftsingenieurwesen
mit der Vertiefung in Elektround
Informationstechnik und
schloss sein Studium als
Master of Engineering ab. Seitdem ist er bei
Endress+Hauser im Bereich Technology Marketing
verantwortlich für Profibus. Darüber hinaus leitet
er den PNO Arbeitskreis „Marketing Process
Automation“.
Endress+Hauser Process Solutions AG,
Kägenstraße 2, CH-4052 Basel,
Tel. +41 (0) 61 7 15 74 98,
E-Mail: steffen.ochsenreither@solutions.endress.com
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atp edition
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Mehr Diagnose
für intelligente
Sensoren und Aktoren
IO-Link
Intelligente Geräte brauchen
einfache Schnittstellen
Diese Neuerscheinung ist didaktisch so aufgebaut, dass es je
nach Qualifikation, verschiedene Einstiegs-Levels (Einsteiger,
Fortgeschrittene, Experten) gibt.
Das umfassende Kompendium beschreibt die neue, herstellerunabhängige
IO-Link-Schnittstelle. Diese kann über Sensoren und Aktuatoren
auf einfache Weise Daten mit der überlagerten Steuerung austauschen.
Anstatt vieler proprietärer Systeme muss der Anwender in
Zukunft also nur noch ein System kennen. Parametrierungen können
automatisch in die Geräte geladen und umgekehrt Diagnose- und
Wartungsinformationen an die Leitwarte gemeldet werden. Was sich
zunächst komplex anhört, funktioniert mit IO-Link ganz einfach.
Ergänzend zu den detaillierten, theoretischen Beschreibung und ihrer
Vorteile finden Ingenieure und Praktiker aus dem Maschinen- und
Anlagenbau, Betreiber, Instandhalter, Planer und Systemintegratoren
auch vertiefende Übungen und praktische Beispiele.
Autoren: P. Wienzek, J. R. Uffelmann
1. Auflage 2010, 310 Seiten, Broschur
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Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache an die Vulkan-Verlag GmbH, Versandbuchhandlung,
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Praxis
Universelle Kommunikationsanbindung
sorgt für verbesserte Prozesse
Schwedischer Möbelfabrikant Swedwood vereinfacht Datenaustausch und Systemverwaltung
Auch in der Möbelherstellung muss eine Reihe von
Prozessparametern exakt eingehalten werden. Temperatur,
Luftfeuchtigkeit, Luftqualität und andere Umweltbedingungen
spielen eine zentrale Rolle für eine
konstante Qualität. Mit einer OPC-Lösung von Matrikon
verbesserte der schwedische Ikea-Zulieferer Swedwood
seine Prozesse und realisierte eine universelle Kommunikationsanbindung.
Als einer der führenden für Ikea tätigen Hersteller fertigt
die Firma Swedwood in ihrer Produktionsstätte im
schwedischen Älmhult pro Jahr zirka 8 Millionen Küchenfronten
– 150 000 versandfertige Fronten pro Woche.
Der Fertigungsstandort ist eine von über 40 Produktionsstätten
weltweit und beschäftigt 350 Mitarbeiter. Die
größte Herausforderung für Swedwood besteht darin,
hochwertige Möbel in konstanter Qualität und mit
höchstem Tempo zu produzieren.
UMGEBUNGSBEDINGUNGEN EXAKT GEREGELT
Zahlreiche OPC-Server und über 50 speicherprogrammierbare
Steuerungen (SPS) sorgen am Standort Älmhult
für die exakte Überwachung und Regelung von Temperatur,
Luftfeuchtigkeit, Luftqualität und anderen Umweltbedingungen.
Jede Materialcharge, die das Werk durchläuft,
muss in einer bestimmten, kontrollierten Umgebung
verarbeitet werden. Schon ein einziger Fehler, etwa bei
der Verklebung, kann Kundenreklamationen nach sich
ziehen und dazu führen, dass weltweit ganze Chargen
aus den Regalen der Ikea-Einrichtungshäuser genommen
werden müssen.
Zur Verbesserung seiner Abläufe wollte Swedwood
daher eine universelle Kommunikationsanbindung an
seine speicherprogrammierbaren Steuerungen schaffen,
dabei jedoch vermeiden, dass diese durch Abfragen
einzelner OPC-Clients überlastet würden. Gesucht
wurde eine einheitliche Plattform mit einer einzigen,
leicht bedienbaren Schnittstelle, die bei Erweiterungen
um neue SPS weniger Unterstützungsaufwand
durch externe Systemintegratoren notwendig machte.
Außerdem musste das Unternehmen sicherstellen,
dass geschäftskritische Daten für mehrere seiner Unternehmenseinheiten
problemlos verfügbar sind, und
zu diesem Zweck den Datenaustausch zwischen seiner
Microsoft-SQL-Server-Datenbank und seinen OPC-
Servern ermöglichen.
Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftqualität
und andere Umweltbedingungen
müssen bei der industriellen Möbelfertigung exakt
gesteuert werden. Durch eine OPC-Lösung schuf
Swedwood eine universelle Kommunikations -
anbindung.
Bild: Matrikon
PRAXISNAHE LÖSUNG GESUCHT
Swedwood hatte mehrere andere Lösungen zur Umsetzung
des Projekts erwogen, bevor man sich für den MatrikonOPC
Universal Connectivity Server (UCS) und den
OPC Client für ODBC (siehe Abbildung 1) entschied. Die
Lösungen von MatrikonOPC boten die von Swedwood
benötigte Funktionalität und Skalierbarkeit zusammen
mit landessprachlichem Support.
„Wir haben das Internet durchforstet, um die beste Lösung
für unsere Anforderungen zu finden. Die Matrikon-
OPC-Lösungen haben uns hier sowohl durch den Preis
und die Qualität als auch durch die gut lesbaren Anwenderdokumentationen
überzeugt”, erklärt Johan
Sturve, IT-Techniker bei Swedwood. „Außerdem war
ich nach einigen Besprechungen sicher, dass Matrikon-
OPC über gute und langjährige Erfahrungen auf diesem
Gebiet und über qualifiziertes Personal verfügt.“
NUR NOCH EINE SCHNITTSTELLE
Der MatrikonOPC UCS ist die von Swedwood gewählte
Lösung. Mit einer einzigen bedienerfreundlichen Schnittstelle
kann das Unternehmen nun seine Plug-ins für Siemens,
Mitsubishi, Omron, Modbus und andere Systeme
verwalten. Zudem kann Swedwood bei künftig wachsendem
Bedarf mit wenigen einfachen Schritten weitere Protokolle
hinzufügen.
Die wichtigsten Funktionen des Universal Connectivity
Server von MatrikonOPC sind:
Vollständige Abdeckung der klassischen
OPC-Spezifikationen
OPC-UA-Unterstützung mit integriertem
Adressraum
Integrierte Sicherheit auf Einzelbenutzerund
Einzelelement-Ebene
Integrierte Redundanz auf Geräte-Ebene
Plug-ins für OPC-Clients
Swedwood nutzt ferner den MatrikonOPC-Client for
ODBC für den Datenaustausch zwischen seinen Steuerungssystemen
und seiner Microsoft-SQL-Server-Daten-
60
atp edition
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Die Swedwood-Lösung:
Der Möbelhersteller verwendet
den MatrikonOPC Universal
Connectivity Server (UCS)
und den OPC Client for ODBC.
Mit einer einzigen bedienerfreundlichen
Schnittstelle
kann das Unternehmen nun
seine Plug-ins für Siemens,
Mitsubishi, Omron, Modbus
und andere Systeme verwalten
und bei Bedarf weitere
Protokolle einfach hinzufügen.
bank. Damit kann Swedwood die vom UCS zur Verfügung
gestellten SPS-Daten direkt in seiner SQL-Datenbank archivieren
und Daten aus der SQL-Datenbank in die SPS-
Geräte zurückschreiben.
Der OPC-Client for ODBC kommuniziert auf der einen
Seite über OPC mit dem UCS und sendet mithilfe des
ODBC-Protokolls SQL-Befehle an die Datenbank. In umgekehrter
Richtung kann Swedwood nun Produktionsrezepte
aus der Datenbank an die SPS-Geräte senden.
Dank dieser Lösung sind auf der Steuerungsebene Produktionsdaten
für den täglichen Betrieb verfügbar. Zugleich
können den Verantwortlichen für Geschäfts- und
Qualitätskontrollzwecke wesentliche Leistungsdaten
zur Verfügung gestellt werden.
DIE OPC-LÖSUNG WÄCHST MIT DEM BEDARF
„Der OPC-Client for ODBC verhilft uns zu reibungslosen
Abläufen und verschafft allen unseren Unternehmenseinheiten
die Informationen, die sie brauchen, um schnell
und fehlerfrei zu arbeiten”, erläutert Sturve. Die Lösungen
von MatrikonOPC werden dem aktuellen Bedarf des Unternehmens
gerecht und sind dafür ausgelegt, auch bei
künftig steigenden Anforderungen mitzuwachsen. Überzeugt
wurde Swedwood auch diese Vorteile der Lösungen
von MatrikonOPC:
Eine einzige Schnittstelle für alle OPC-Server
Reibungslose Abläufe mit verbesserter Diagnose
und Qualitätskontrolle
Deutlich reduzierte Belastung der Steuerungssysteme
des Unternehmens
Heute sind die gesamten MatrikonOPC-Lösungen am Fertigungsstandort
Älmhult des Unternehmens erfolgreich
implementiert und in Betrieb.
Autor
Jason Fletcher
ist tätig als Regional Manager
MatrikonOPC EMEA.
Matrikon Deutschland AG,
Venloer Straße 25, D-50672 Köln,
Tel. +49 (0) 221 969 77 19,
E-Mail: jason.fletcher@matrikonopc.com
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61
Praxis
Beschichtung von Verstärkungsfasern:
Präzisionsprozess übersichtlicher gesteuert
Optimales Gleichgewicht zwischen flexibler Automatisierung und Bedienersicherheit
Präzise
Steuerung
erforderlich:
Bei rund 1300 °C
wird der extrem
dünne Wolframdraht
(glühend
in der Mitte) in
einem Vakuumrohr
mit Siliciumcarbid
beschichtet.
Bilder: Rockwell/Tisics
Die Lösung:
Der Kontrollstand
mit ControlLogix
Controllern sorgt
für die sichere
Steuerung des
Beschichtungsprozesses.
Belastbar wie temperaturfester
Stahl, aber viel leichter: Bauteile
aus Titan, dass mit Fasern aus Wolfram
und Siliciumcarbid verstärkt ist.
Tisics, britischer Hersteller von Spezialwerkstoffen,
gelang es, mit Allen-Bradley-Steuerungen ControlLogix,
RSLogix 5000 und FactoryTalk View SE, einen instabilen
Präzisionsprozess sicherer zu machen und zu
kontrollieren.
Das Unternehmen in Farnborough ist eines von nur
zwei Unternehmen weltweit, die Siliziumcarbid-Monofilamente
mit durchgehendem Kern herstellen – hauptsächlich
für den Einsatz als Verstärkungsfasern in Verbundbauteilen
aus Titan. Die Monofilamente verfügen über
Kerne aus Wolframdraht und besitzen in der Regel Durchmesser
von 0,1 oder 0,14 mm. Sie verleihen den Verbundbauteilen
die gleichen Stärken wie sie ähnlich temperaturfeste
Stahlbauteile besitzen. Allerdings wiegen sie
meist nur halb so viel, sind fester und beständiger gegen
Korrosion. Wichtige Anwendungsbereiche für diese Verbundmaterialien
sind die Luft- und Raumfahrt sowie andere
Anwendungen, in denen bei Festigkeit und Gewicht
keine Abstriche gemacht werden können. Und nicht zuletzt
tragen die sinkenden Titanpreise zur Attraktivität
der Verbundbauteile bei. So verzeichnet das Unternehmen
eine wachsende Nachfrage nach seinen Produkten – und
zwar sowohl nach Fasern als auch nach Titan-Bauteilen,
die Tisics ebenfalls herstellt. Zu den Kunden zählen ein
bekannter Hersteller von Flugzeugtriebwerken sowie ein
Unternehmen, das neuartige Solarzellen produziert.
Nach der jüngst erfolgten Verlagerung der Fertigungsstätte
in größere Räumlichkeiten in Farnborough wollte
Tisics die neuen Fertigungshallen optimal nutzen. Dies
wiederum erforderte eine Umstellung der manuellen
Rezepterstellungs- und Steuerungsprozesse auf ein Konzept,
das auf einer modernen Automatisierungslösung
von Rockwell Automation fußt. Gleichzeitig musste Tisics
den Faktor Sicherheit besonders berücksichtigen,
schließlich werden im Beschichtungsprozess für den
Wolframdraht Chemikalien verwendet.
CVD-PROZESS MUSS EXAKT ÜBERWACHT WERDEN
Den Prozess, den Tisics zur Beschichtung des Wolframdrahtes
verwendet, bezeichnet man als chemische Gas-
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atp edition
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phasenabscheidung (Chemical Vapour Deposition, CVD).
Das CVD-Verfahren setzt nicht nur sehr hohe Temperaturen
von zirka 1300 °C sowie Hochspannung voraus, sondern
es kommt auch Dichlormethylsilan zum Einsatz.
Diese Chemikalie kann äußerst gefährlich sein, wenn sie
unkontrolliert entweicht.
Zu den augenfälligen Sicherheitsaspekten kommt hinzu,
dass der Prozess extrem empfindlich auf Parameterschwankungen
reagiert. Vor der Umstellung auf eine Automatisierungsinfrastruktur
verwendete Tisics ein dezentrales manuelles
Verfahren zur Steuerung des Beschichtungsvorgangs.
Spannung und Chemikalien wurden getrennt gesteuert;
die Verdampfer arbeiteten ohne elektronische
Regelung mit direkten Potenziometereingaben des Heizers.
FEHLER ERST AM FERTIGEN PRODUKT ERKANNT
Renny Moss, Process Development Manager bei Tisics,
erinnert sich: „Das war ein einfacher manueller Ablauf,
der aber nicht den geringsten Fehler tolerierte. Das Hauptproblem
war, dass wir eine Störung im Abscheidungsprozess
erst dann feststellen konnten, wenn die Faser herauskam
und geprüft werden konnte.“
Noch schwieriger wird die Aufgabe dadurch, dass für
viele Anwendungen ganz spezifische Fasertypen gefertigt
werden müssen. Die Problematik besteht dann darin,
dass mehr Variablen den Prozess immer komplexer machen.
Zu Zeiten des manuellen Prozesses war außerdem
das Entwickeln und Ausprobieren neuer Rezepturen
extrem zeitaufwendig – nicht selten musste Tisics dafür
Jahre einkalkulieren. Denn der Prozess ist sehr sensibel
und die Parameter wie Temperatur, Geschwindigkeit
müssen exakt gesteuert werden.
Tisics entschied sich für einen Scada-Prozess auf Basis
der Integrated Architecture von Rockwell Automation.
Zum Einsatz kommt eine Allen-Bradley ControlLogix
PAC mit RSLogix 5000-Programmiersoftware und FactoryTalk
View SE zur Visualisierung. Für die Überwachung
und Steuerung reicht die ControlLogix PAC sämtliche
Prozessdaten an einen FactoryTalk View SE Server
weiter, der dem Bedienpersonal alle Parameter, die für
diesen Präzisionsprozess relevant sind, übersichtlich in
grafischer Form auf dem Bildschirm präsentiert. Hierfür
kommt eine HMI-Lösung zum Einsatz, die ein Systemintegrator
von Rockwell Automation entwickelt hat.
ALLE INFORMATIONEN AUF EINE BLICK
Renny Moss erläutert: „Die Hardware von Rockwell Automation
bringt alle für uns wichtigen Informationen auf
einen Bildschirm. Das System kennt und meldet die Zustände,
hält alle Prozessvariablen im zulässigen Bereich
und bietet uns ein erheblich höheres Maß an Sicherheit.
Eine zusätzliche äußerst nützliche Facette der Installation
ist ihre Erweiterungsfähigkeit, schließlich wollen wir
die Produktionskapazität in Zukunft weiter aufstocken.
Mit dem nun installierten ControlLogix-Steuerungs-Setup
haben wir die Gewissheit, dass wir einfach weitere
Produktionslinien hinzufügen können, ohne dass größere
Umprogrammierungen nötig sind.
„Der Großteil unserer Herausforderungen im Bereich
Sicherheit hat mit Gas zu tun“, erläutert der Process Development
Manager. Die ControlLogix PAC übernimmt
deshalb das Nachfüllen und Durchleiten der Reagenzien.
Indem sie Masse und Druck misst, erfasst sie die Materialmenge,
die das System durchläuft, verhindert ein
Überlaufen des Rührwerks und kontrolliert die Durchführung
aller Reinigungsarbeiten. Den Bedienern werden
dabei klar und knapp gefasste, schlüssige Anweisungen
gegeben. „War der Materialtransport bei uns einst
eine wichtige tagtägliche Aufgabe, können wir die Werkstoffe
nun in der Gewissheit in den Prozess geben, dass
unsere Sicherheits- und Steuerungstechnik sie unter
Kontrolle hat – einfach weil wir uns auf die präzise Überwachung
verlassen können. Wir waren nie darauf aus,
das Qualifikationsniveau unseres Personals zu senken,
sondern wollten dem Bedienpersonal vielmehr jegliche
Sicherheitsbedenken nehmen“, betont Moss.
NEUE REZEPTUREN SCHNELLER ENTWICKELT
Abgesehen von Vorteilen bei Sicherheit und Funktionalität
kann Tisics neue Rezepturen jetzt mit einem Bruchteil des
früheren Zeitaufwands entwickeln. Der Tisics-Manager
blickt zurück: „Was früher Jahre erforderte, ist jetzt in ein
paar Monaten geschafft. Dank der leistungsfähigen PAC ist
außerdem die Zahl der Variablen kein Thema mehr für uns.
Ich gebe ehrlich zu, dass ich nicht weiß, wie das Factory-
Talk View SE Scada-System und die PAC genau funktionieren.
Mir reicht die Gewissheit, dass alles unter Kontrolle
ist und dass die Bediener alles leichter ablesen können.
Das Fazit von Moss: „Kurzfristig haben uns die Produkte
von Rockwell Automation eine deutlich bessere Kontrolle
über unsere Prozesse gebracht, während wir mittelfristig
von ihrer Erweiterbarkeit profitieren. Ganz abgesehen
davon nimmt sich die Lösung all der sicherheitskritischen
Aspekte an, die uns früher Sorgen bereitet haben.“
Autor
Rockwell Automation,
Düsselberger Str. 15,
42781 Haan-Gruiten,
Tel. +49 (0) 2104 96 01 82,
E-Mail: nnohr@ra.rockwell.com
Norbert Nohr
ist Sales Manager Process
Automation bei Rockwell
Automation.
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63
praxis
Einfach wie ein Relais, aber genauso
flexibel wie eine sichere SPS
Konfigurierbare Sicherheitsschaltgeräte sind trotz reduzierter Komplexität programmierbar
Bild 1: Mit dem Sicherheitsmodul PSR-Trisafe
modular und der Software Safeconf lassen sich
die Anforderungen an die Sicherheitstechnik
schnell und wirtschaftlich umsetzen.
Bild 2: Die Überwachung der Schutzeinrichtung
gestaltet sich aufgrund verschiedener Diagnosemöglichkeiten
sowie der Integration von PSR-
Trisafe modular in Profibus-Netzwerke einfach.
Bilder: Phoenix Contact
Sichere Steuerungen bieten hohe Flexibilität, sind aber
in vielen Fällen zu komplex und für den Anwender
unnötig schwierig. Auf der anderen Seite sind Sicherheitsrelais
zwar sehr einfach zu nutzen, bieten aber oft
nicht die erforderliche Flexibilität. Für diese Fälle bieten
sich konfigurierbare Sicherheitsschaltgeräte an, die
ebenso einfach zu handhaben sind wie ein Relais, aber
genauso flexibel wie eine sichere SPS.
Die Maschinen- und Anlagenbauer können die Sicherheitsschaltgeräte,
die sie benötigen, um gestiegene Sicherheitsanforderungen
zu erfüllen, aus einem umfangreichen
Portfolio auswählen. Dabei sind sämtliche zertifizierte
Schaltgeräte grundsätzlich für eine sichere Auswertung
nutzbar. Sie lassen sich grob in die Klassen einfache
Sicherheitsrelais, konfigurierbare Sicherheitsmodule und
sichere Steuerungen einteilen. Die Wahl der geeigneten
Klasse ergibt sich zum einen aus den Anforderungen der
Sicherheitskreise und zum anderen aus den Wünschen
des Konstrukteurs. Sicherheitsrelais stellen sich immer
dann als beste Lösung dar, wenn in der Maschine oder
Anlagen nur wenige Sensoren ausgewertet werden müssen
und die Abhängigkeiten der verschiedenen Sicherheitskreise
überschaubar sind. Der Funktionsumfang der
einzelnen Sicherheitsrelais ist vom Hersteller vorgegeben
und kann nicht durch den Anwender angepasst werden.
Die am anderen Ende der Skala angesiedelten komplexen
Anwendungen erfordern häufig eine sichere
Steuerung. Aufgrund der Flexibilität der Hardware-
Konfiguration und der Programmierbarkeit wird die
sichere SPS auch hohen Ansprüchen in Bezug auf die
I/O-Zahl und Sicherheitslogik gerecht. Diese Möglich-
keiten erweisen sich jedoch für die meisten Applikationen
als zu komplex und erzeugen daher unnötige
Schwierigkeiten für den Anwender. Deshalb halten
viele Maschinen- und Anlagenbauer an Sicherheitsrelais
fest und möchten sich nicht mit Software-basierten
Sicherheitsschaltgeräten beschäftigen.
EINFACHE ZUSAMMENSTELLUNG AM PC
Eine große Zahl der weltweit verwendeten Maschinen
und Anlagen lässt sich hinsichtlich der Menge an Einund
Ausgängen sowie der Anforderungen an die Sicherheitslogik
zwischen dem klassischen Sicherheitsrelais
und einer sicheren Steuerung einordnen. In diesem Fall
bieten sich konfigurierbare Sicherheitsschaltgeräte an.
Entsprechende Module wie PSR-Trisafe modular sind
ebenso einfach zu handhaben wie ein Relais, aber genauso
flexibel wie eine sichere SPS. Bei der Entwicklung von
PSR-Trisafe und der Konfigurations-Software hat sich
Phoenix Contact an den Gewohnheiten der Anwender von
Sicherheitsrelais orientiert. So können die Sicherheitsfunktionen
einfach am PC zusammengestellt werden, wie
es der Nutzer vom Sicherheitsrelais kennt.
Aus Kostensicht wurde auf eine schnelle Amortisation
Wert gelegt. Die Erfahrung zeigt hier, dass sich der Einsatz
des konfigurierbaren Sicherheitsmoduls PSR-Trisafe
modular bereits ab einer Anzahl von drei bis vier
klassischen Sicherheitsrelais zur Auswertung der
Schutzeinrichtungen rechnet. Folgekosten fallen nicht
an, denn es gibt lediglich eine Bestellnummer für die
gesamte benötigte Hardware. Die Konfigurations-Software
ist kostenfrei als Vollversion erhältlich.
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atp edition
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Bedarfsgerechte Erweiterung
des Master-Moduls
PSR-Trisafe modular erlaubt die einfache und flexible
Kontrolle der sicherheitsgerichteten Funktionen. Mit dem
Sicherheitssystem lassen sich unterschiedliche Schutzeinrichtungen
auswerten. Ein Modul überwacht beispielsweise
den kompletten Sicherheitskreis von der Not-
Halt- über die Schutztürauswertung bis zum Muting-
Vorgang. Dazu stellt das erweiterbare Basismodul auf
einer Baubreite von nur 67,5 mm 20 sichere Eingangssignale
zur Analyse der sicheren Sensoren zur Verfügung.
Darüber hinaus sind vier sicherheitsgerichtete Ausgänge
bis Kat. 4 sowie Takt-, Melde- und Masseschaltausgänge
in das Master-Modul PSR-Trisafe-M integriert, das als
Einzelmodul nutzbar ist.
Sollte die vom Master-Modul vorgehaltene I/O-Zahl
nicht ausreichen oder im Lebenszyklus der Applikation
Ergänzungen notwendig sein, lässt sich das Trisafe-
System um bis zu zehn sichere Erweiterungsmodule
ausbauen. Diese werden einfach über den Tragschienen-Konnektor
TBus mit dem Master-Modul verbunden.
Dabei erfüllt PSR-Trisafe modular die höchsten
Sicherheitsanforderungen wie PL e oder SIL 3. Aufgrund
der internationalen Zertifizierungen können die
konfigurierbaren Sicherheitsschaltgeräte weltweit verwendet
werden.
INTUITIVE KONFIGURATION
Das intuitive Bedienkonzept von PSR-Trisafe modular
endet nicht mit der Hardware, sondern setzt sich bei der
Software Safeconf fort, mit der das Sicherheitsschaltgerät
konfiguriert wird. Das einfach einsetzbare Tool stellt alle
erforderlichen Funktionen direkt auf seiner Oberfläche
bereit. Hier kann der Anwender die gesamte Sicherheitslogik
per Drag & Drop aufbauen, ohne zwischen verschiedenen
Fenstern wechseln zu müssen. Safeconf gliedert
sich in eine Toolbox inklusive vom TÜV zertifizierter
Funktionsbausteine, den Hardware-Editor mit Ein- und
Ausgängen, der auch als interaktive Statusanzeige der
Hardware fungiert, sowie den Verdrahtungsbereich, in
dem die Sicherheitslogik aufgebaut wird. Der Anwender
wählt aus der Vielzahl sicherer Funktionen zunächst die
notwendigen Bausteine in der Toolbox aus und zieht sie
dann mit der Maus in den Verdrahtungsbereich. Dort
müssen die Funktionen lediglich mit den gewünschten
Ein- und Ausgängen verknüpft werden, die ebenfalls per
Drag & Drop in den Verdrahtungsbereich gezogen und mit
der Maus virtuell verdrahtet werden. Abschließend lädt
der Anwender die geprüfte Sicherheitslogik über ein
Standard-USB-Kabel in das Sicherheitsmodul herunter.
Da die Konfigurations-Software Safeconf intuitiv bedienbar
ist, benötigt der Nutzer keine Programmierkenntnisse,
um PSR-Trisafe modular an die jeweiligen
Anforderungen anzupassen. Sollten Fragen zu den Software-Funktionen
auftreten, bietet das Tool eine umfangreiche
Hilfefunktion, welche die Wünsche der Anwender
gezielt umsetzt. Neben den üblichen Beschreibungen
der Software-Funktionen umfasst die Hilfe zahlreiche
Applikationsbeispiele, die sich auf die entsprechende
Problemstellung sowohl hinsichtlich der Realisierung
in der Software als auch der Beschreibung der Verdrahtung
anwenden lassen.
KÜRZERE DURCHLAUFZEITEN DURCH SIMULATION
Das einfache Anschließen und flexible Erweitern der
Hardware sowie die intuitive Konfiguration der Sicherheitslogik
sind die wesentlichen Faktoren, die zur optimalen
Umsetzung eines Safety-Projekts beitragen. Als
Ergänzung der Grundfunktionen stellt Safeconf eine Simulation
sowie einen besonderen Modus zur Verfügung,
die die Inbetriebnahme der Maschinen oder Anlagen
erleichtern. Die Simulation erlaubt beispielsweise einen
vollständigen Funktionstest der aufgebauten Sicherheitslogik
ohne Hardware. Auf diese Weise können Logikfehler
bereits in der Planungsphase ausgeschlossen und Projektdurchlaufzeiten
verkürzt werden. Spätere Erweiterungen
lassen sich am PC nachstellen, ohne dass die Maschine
hierzu erforderlich ist. Bei konfigurierbaren Systemen
kommt der Security, also dem Schutz vor unbefugten
Zugriffen, neben der funktionalen Sicherheit eine große
Bedeutung zu. Deshalb arbeitet Safeconf mit verschiedenen
Passwort-Abfragen sowie Prüfsummen, die Manipulationsversuche
von vornherein verhindern.
DIAGNOSE REDUZIERT STILLSTANDSZEITEN
Online-Werte, zahlreiche Status-LEDs und zusätzliche
Meldeausgänge in der Hardware unterstützen den Anwender
bei der Diagnose. Die Meldeausgänge können
beispielsweise als Ausgang für I/O-Statusmeldungen mit
einer Steuerung verschaltet werden. PSR-Trisafe modular
lässt sich auch direkt in das Netzwerk integrieren. Dazu
wird ein Profibus-Gateway vor das Sicherheitsmodul auf
die Tragschiene aufgerastet und über den Tragschienen-
Konnektor TBus verbunden. So kann der Status aller
I/Os an die SPS gesendet werden.
Autor
Tjark Höltkemeier ist
Mitarbeiter im Produktmarketing
Interface Safety
der Phoenix Contact Electronics
GmbH, Bad Pyrmont.
Phoenix Contact Electronics GmbH,
D-31812 Bad Pyrmont,
Tel. +49 (0) 5281 94 60,
E-Mail: thoeltkemeier@phoenixcontact.com
atp edition
6 / 2011
65
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