atp edition Prozesssimulation im Automatisierungssystem (Vorschau)
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11 / 2013<br />
55. Jahrgang B3654<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />
Automatisierungstechnische Praxis<br />
<strong>Prozesss<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Automatisierungssystem</strong> | 26<br />
Handlungsorientiertes<br />
Werkzeugmaschinen-HMI | 32<br />
Fähigkeiten adaptiver<br />
Produktionsanlagen | 42<br />
Plug-and-produce von<br />
Feldbuskomponenten | 50<br />
Geräteintegration und<br />
-management | 58
VigilantPlant:<br />
das Automatisierungskonzept von Yokogawa<br />
Im Sinne der klassischen Automatisierungspyramide stellen die vier Initiativen<br />
von VigilantPlant Ihren Weg zur Operational Excellence sicher.<br />
Besuchen Sie uns vom 26.11. bis 28.11.<br />
auf der Fachmesse SPS IPC Drives 2013<br />
in Nürnberg, Stand 7-170<br />
Yokogawa Deutschland GmbH · Broichhofstraße 7-11 · D-40880 Ratingen<br />
Telefon +49(0)2102- 4983-0 · Telefax +49(0)2102- 4983-22<br />
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EDITORIAL<br />
Wachsam sein, denn:<br />
„Only the paranoid survive“<br />
Diesen Ausspruch soll Andrew S. Grove, früherer CEO von Intel Corp, getan<br />
haben. Er meinte damit, um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen<br />
gewisse „neurotische“ Wahrnehmungen entwickeln, also auf der Hut<br />
sein und aktuelle Entwicklungen verfolgen.<br />
Die Namur-Hauptsitzung 2013 dreht sich um das Thema Integrated Engineering,<br />
das die Siemens AG als Hauptsponsor ausdrücklich unterstützen möchte.<br />
Konkret geht es bei der diesjährigen Sitzung um die Integration von Engineering-Werzeugen.<br />
Die Namur-Empfehlung NE 139 „Informationsschnittstellen<br />
in der Prozessautomatisierung“ enthält Kriterien für diese Integration und<br />
die dazugehörigen Schnittstellen. Integrated Engineering hat sich zum Schwerpunkt<br />
für die gesamte Automatisierungstechnik entwickelt. Alle Prozess- und<br />
Anlagendaten einmalig einzugeben, diese über alle Gewerke und den gesamten<br />
Lebenszyklus in allen Tools konsistent zu halten, eröffnet ungeahnte Effizienzpotenziale.<br />
Eine Schnittstelle zwischen CAE (Computer Aided Engineering)<br />
und DCS (Prozessleitsystem) haben wir mit Integrated Engineering zwischen<br />
Comos und S<strong>im</strong>atic PCS 7 geschaffen.<br />
Auch wird Integrated Engineering mit der Vision „Industrie 4.0“ verknüpft,<br />
was laut Studien zu einem Produktivitätszuwachs in der Fertigung von bis zu<br />
50 Prozent führen soll. Andere US-Quellen behaupten, dass das „industrielle<br />
Internet“ Wachstum von drei Prozent generieren und die Einkommen der<br />
Menschen um bis zu 30 Prozent erhöhen könnte. Und der Ansatz „Cyber-<br />
Physical Systems“ der digitalen Fertigung soll Produktion und Arbeitswelt<br />
revolutionieren. Wer möchte bei der Ausschöpfung dieser wirtschaftlichen<br />
Möglichkeiten nicht dabei sein?<br />
„Industrie 4.0“ ist aber eine Vision und der Weg dahin noch lang und voller<br />
Herausforderungen. Das weltweite Datenvolumen wird sich in fünf Jahren um<br />
das 25-Fache erhöhen. Das Breitbandnetz zur stabilen Datenkommunikation<br />
mit hoher Verfügbarkeit und Informationssicherheit muss dazu erst noch eingeführt<br />
werden. Auch Themen wie digitale Spionage, Hackerangriffe <strong>im</strong> Netz<br />
oder in der Cloud müssen wir uns in den nächsten Jahren stellen.<br />
Technisch bietet Integrated Engineering großen Reiz für Ingenieure wie für<br />
Informatiker, denn die Integration aller an der Produktion beteiligten Komponenten<br />
ist noch lange nicht abgeschlossen. Es wird <strong>im</strong>mer wieder neue Komponenten,<br />
Technologien, Standards und andere Fachgebiete geben, die in die<br />
Automatisierung zu integrieren sind: Denken wir beispielsweise an das Gerätemanagement<br />
mit PDM, eCl@ss oder die Integration mit EDDL und FDT zu<br />
FDI oder <strong>im</strong> Bereich der Kommunikation an Profibus, Profinet, Fieldbus oder<br />
Wireless. Was ist mit Rohrleitungen, Stromlaufplänen und den vielen nicht<br />
intelligenten Geräten einer Anlage (Pumpe, Wärmetauscher)? Bis diese realen<br />
Komponenten ein digitales Abbild haben, alle miteinander vernetzt sind und<br />
dann noch problemlos miteinander kommunizieren, haben wir noch viele<br />
Hausaufgaben zu machen. Und damit nenne ich nur einige der Themen, mit<br />
denen wir uns auf der Namur-Hauptsitzung beschäftigen.<br />
Sie sehen, die Betätigungsfelder gehen uns nicht aus – und hoffentlich auch<br />
nicht die Kreativität. Es braucht „wahnsinnig“ viele gute Ideen, die Herausforderungen<br />
ganzheitlicher Kommunikation, einheitlicher Datenbasis, integrierter<br />
Workflows oder autonomer Entscheidungen in der Produktion zu meistern.<br />
Es bleibt also spannend!<br />
Ich freue mich auf die Diskussionen.<br />
AXEL LORENZ,<br />
Siemens AG,<br />
Leiter Prozessautomatisierung,<br />
Industrial Automation Division<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
3
INHALT 11 / 2013<br />
VERBAND<br />
6 | Zweites Treffen europäischer Anwender der<br />
Automatisierungstechnik in der Prozessindustrie<br />
Achema 2015: Wasser, Prozessanalytik und<br />
Biobased World werden die Schwerpunkte<br />
7 | Jürgen Amedick und Roland Bent stehen ZVEI-Fachbereichen vor /<br />
Security wird ZVEI-Thema auf der SPS<br />
BRANCHE<br />
8 | Kumpfmüller steigt mit guten Nachrichten ein:<br />
Aufschwung in der Prozessautomation hält an<br />
Call for <strong>atp</strong> experts: Schutzziele und Schutzkonzepte<br />
9 | Wo stehen wir auf dem Weg zur Smart Factory?<br />
Pickhardt Leiter des GMA-Ausschusses 6.22<br />
FORSCHUNG<br />
10 | Wie Uhrzeit synchronisiert wird – Standard<br />
IEEE-1588 in Ostwestfalen-Lippe weiterentwickelt<br />
11 | AALE 2014 ruft zur Beitragseinreichung<br />
rund um Ideen in der Automatisierung auf<br />
Kommunikation in der Automation: Jahreskolloquium<br />
tagt am 13. und 14. November 2013<br />
12 | Computational Intelligence – Einführung in<br />
Probleme, Methoden und technische Anwendungen<br />
RUBRIKEN<br />
3 | Editorial<br />
66 | Impressum, Vorschau<br />
4<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
PRAXIS<br />
13 | Kompletteinsatz <strong>im</strong> Gasbereich: Gas speicher<br />
mit Automatisierungstechnik ausgerüstet<br />
14 | Energieversorgungsunternehmen modernisiert<br />
sichere Stromerzeugung aus Wasserkraft<br />
18 | Grün zahlt sich aus: Kanadischer Papierhersteller<br />
spart Energie mit modernisiertem<br />
Antriebssystem<br />
20 | Dosiereinheiten Dos<strong>im</strong>ass inklusive Steuerung<br />
für Vakuumprozessanlagen in Brasilien<br />
22 | Flexibel und verbindlich:<br />
Agiles V-Modell bündelt Vorteile bei<br />
der Entwicklung von Software<br />
24 | Innovation spart 40 Prozent Bauraum<br />
<strong>im</strong> Schalt schrank verglichen mit den<br />
vorherigen Baugrößen<br />
Produkte,<br />
Systeme<br />
und Service<br />
für die<br />
Prozessindustrie?<br />
Natürlich.<br />
HAUPTBEITRÄGE<br />
26 | <strong>Prozesss<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Automatisierungssystem</strong><br />
M. SEITZ<br />
32 | Handlungsorientiertes<br />
Werkzeugmaschinen-HMI<br />
W. HERFS, D. KOLSTER UND W. LOHSE<br />
42 | Fähigkeiten adaptiver Produktionsanlagen<br />
J. PFROMMER, M. SCHLEIPEN UND J. BEYERER<br />
50 | Plug-and-produce von<br />
Feldbuskomponenten<br />
K. KRÜNING UND U. EPPLE<br />
58 | Geräteintegration und -management<br />
H. RACHUT, S. RUNDE, A. JUSTUS, J. FICKER, R. LANGE,<br />
K. SCHNEIDER UND H. RICHTER<br />
Zum Beispiel der magnetischinduktive<br />
Durchflussmesser<br />
ProcessMaster. Er setzt neue<br />
Maßstäbe mit umfangreichen<br />
Diagnosemöglichkeiten, einer<br />
Messabweichung von 0,2 %,<br />
Explosionsschutz sowie der<br />
ScanMaster-Software. Erfahren<br />
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der Durchflussmessung für die<br />
Prozessindustrie:<br />
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prozessautomatisierung<br />
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Tel.: 0800 111 44 11<br />
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VERBAND<br />
Zweites Treffen europäischer Anwender der<br />
Automatisierungstechnik in der Prozessindustrie<br />
Erneut haben sich am 9. September 2013 in Brüssel Vorstandsmitglieder<br />
und Geschäftsführer der europäischen<br />
Anwender-Verbände der Automatisierungstechnik<br />
in der Prozessindustrie getroffen. Die Vertreter von EI,<br />
Exera, WIB und Namur besprachen in ihrem zweiten Treffen<br />
den aktuellen Status der <strong>im</strong> Vorjahr identifizierten<br />
gemeinsamen Handlungsfelder.<br />
Nach einem kurzen Update zu allen beteiligten Organisationen<br />
ermittelten die Experten in einer gemeinsamen<br />
Swot-Analyse Stärken und Schwächen der heutigen Verbände.<br />
Mögliche gemeinsame Betätigungsfelder aber auch<br />
aktuelle Hindernisse wurden erfasst. Die intensive Diskussion<br />
galt unter den Beteiligten als Zeichen für das<br />
bereits gebildete Vertrauen zueinander.<br />
Die Beteiligten stellten bei ihrem Treffen fest, dass auf<br />
operativer Ebene <strong>im</strong> vergangenen Jahr der intensive Austausch<br />
auf gemeinsamen Handlungsfeldern vorangetrieben<br />
wurde. So steckt ein zusammen erarbeitetes Dokument<br />
zu Functional Safety bereits in der Entwicklung,<br />
das Steuerungstreffen zu IT Security fand statt und der<br />
Erfahrungsaustausch zur Auswahl von Durchflussmessern<br />
ist bereits erfolgreich abgeschlossen. Außerdem<br />
konnten die Entscheider be<strong>im</strong> Alarm Management Einfluss<br />
auf die internationale Normung nehmen.<br />
Im Ergebnis der Sitzung best<strong>im</strong>mten die Beteiligten<br />
weitere gemeinsame Themen. Sie bestätigten die Zusammenarbeit<br />
in den Gebieten Effective Engineering Tools,<br />
Final Elements und Process Control. Bei MES und BPCS<br />
(Basic Process Control Systems) gilt es nun neue Ansprechpartner<br />
zusammenzubringen, um gemeinsame<br />
Arbeitsgruppen zu gründen.<br />
Um das Bestreben nach einer engeren Zusammenarbeit<br />
zu unterstreichen, beschlossen die internationalen Verbände<br />
eine gemeinsame Kooperationsvereinbarung zu<br />
erarbeiten. Die Namur sieht dies als Beweis dafür, dass<br />
alle Partner von der Bündelung internationaler Kräfte<br />
überzeugt sind, um die Interessen der Anwender der Automatisierungstechnik<br />
in der Prozessindustrie gemeinsam<br />
zu vertreten. <br />
(ahü)<br />
NAMUR – NUTZEN AUS PROZESSLEITTECHNIK,<br />
Geschäftsstelle, Bayer Technology Services GmbH,<br />
OSS-Liaison, D-51368 Leverkusen, K 9,<br />
Tel.+49 (0) 214 307 10 34, Internet: www.namur.de<br />
Achema 2015: Wasser, Prozessanalytik und<br />
Biobased World werden die Schwerpunkte<br />
AM STAND DER<br />
INITIATIVE<br />
BIOTECHNIKUM des<br />
Bundesministeriums<br />
für Bildung und<br />
Forschung auf der<br />
Achema 2012.<br />
Bild: Veranstalter<br />
Mit drei Schwerpunktthemen tragen wir der Breite der<br />
Achema Rechnung und richten gleichzeitig den<br />
Scheinwerfer auf Entwicklungen, die die Prozesstechnologie<br />
grundlegend verändern“, sagt Dr. Thomas Scheuring,<br />
Geschäftsführer der Dechema Ausstellungs-GmbH.<br />
Prozessanalytik, industrielle Wassertechnik und die biobasierte<br />
Produktion sind Schwerpunkte der Messe für die<br />
Prozessindustrie, die vom 15. bis 19. Juni 2015 in Frankfurt<br />
am Main stattfindet. Sonderpublikationen und das<br />
Kongressprogramm sollen einen besonderen Fokus auf<br />
Innovationen in diesen Bereichen quer durch alle Ausstellungsgruppen<br />
legen. Auch Themen der Labor- und<br />
Analysentechnik bis zu Verpackungsmaschinen, Pumpen<br />
und Armaturen sowie alle Bereiche der Verfahrenstechnik<br />
bis zum Anlagenbau stehen auf der Agenda.<br />
Prozessanalytik liefert Informationen für die Prozessopt<strong>im</strong>ierung<br />
und Prozessautomation und macht so Veränderungen<br />
in der Prozessführung wie die Einführung von „Quality<br />
by design“ möglich. Von der Labor- und Analysentechnik<br />
über die Mess- und Regeltechnik bis hin zu den Verfahrensentwicklern<br />
und den Zulieferern ist der Beitrag vieler Disziplinen<br />
gefragt, um die Möglichkeiten voll auszuschöpfen.<br />
Ob „zero liquid discharge“ oder emissionsarme Produktion,<br />
längst schon geht es bei der industriellen Wassertechnik<br />
nicht mehr darum, einen Filter ans Abwasserrohr zu<br />
setzen. Stattdessen stehen Konzepte für ein kosten- und<br />
energieeffizientes integriertes Wassermanagement <strong>im</strong> Fokus<br />
der Entwicklungen. Die Rückgewinnung von Energie, Rohund<br />
Wertstoffen, der Umgang mit Konzentraten und die<br />
Planung und Steuerung von Wasser- und Stoffströmen sind<br />
zentrale Fragen. Sie treiben Verfahrenstechniker und Materialwissenschaftler<br />
ebenso um wie Chemiker, Anlagenplaner<br />
und Steuerungsexperten. Zusätzliche Herausforderungen<br />
schaffen neue Produktionsprozesse und wachsende<br />
Sparten wie die industrielle Biotechnologie, die ganz neue<br />
Anforderungen an die industrielle Wassertechnik stellen.<br />
Die „BiobasedWorld“ bildet wie schon 2012 die biobasierte<br />
Produktion ab, die nach wie vor ein wesentliches<br />
Thema für Forschung und Industrie ist. Der Übergang in<br />
eine biobasierte Wirtschaft ist ohne biotechnologische<br />
Methoden nicht denkbar. Neben der Forschung und der<br />
Prozessentwicklung sind aber auch die Hersteller von Komponenten,<br />
die Anlagenbauer und die Mess- und Regeltechniker<br />
gefragt, um die Vision einer Bioökonomie Wirklichkeit<br />
werden zu lassen.<br />
(ahü)<br />
DECHEMA AUSSTELLUNGS-GMBH,<br />
Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 756 41 00, Internet: www.achema.de<br />
6<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Jürgen Amedick und Roland Bent stehen ZVEI-<br />
Fachbereichen vor / Security wird ZVEI-Thema auf der SPS<br />
Jürgen Amedick ist neuer Vorsitzender des ZVEI-Fachbereichs<br />
Elektrische Antriebe. Der Geschäftsführer des<br />
Geschäftsgebiets Large Drives der Siemens AG folgt damit<br />
Klaus Helmrich, ebenfalls Siemens AG. „Meine Aufgabe<br />
ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese<br />
starke Branche auch zukünftig wettbewerbsfähig ist.<br />
So wird zum Beispiel bei der Energieeffizienz mehr das<br />
Antriebssystem <strong>im</strong> Fokus stehen. Ziel unserer Arbeit ist<br />
auch, die Antriebstechnik auf Herausforderungen wie<br />
Industrie 4.0 vorzubereiten“, erklärt Amedick. Neu in den<br />
Vorstand gewählt wurden Jürgen Sander (Geschäftsführer<br />
der VEM Motors GmbH), Karl-Peter S<strong>im</strong>on (Geschäftsführer<br />
und Vorstand der Bauer Gear Motor GmbH) und Christian<br />
Wendler (Mitglied des Vorstands der Lenze SE). Im<br />
Fachbereich Elektrische Antriebe sind alle führenden<br />
Hersteller von Elektromotoren und Hersteller von Antriebsstromrichtern<br />
(Frequenzumrichter) organisiert. Im<br />
Mittelpunkt steht der Meinungs- und Erfahrungsaustausch<br />
über die Produkt- und Marktentwicklung sowie<br />
über Richtlinien und Normen.<br />
Außerdem hat die Mitgliederversammlung des ZVEI-<br />
Fachbereichs Schaltgeräte, Schaltanlagen, Industriesteuerungen<br />
Roland Bent (Phoenix Contact) für weitere drei<br />
Jahre als Vorsitzenden bestätigt. Zum stellvertretenden<br />
Vorsitzenden neu gewählt wurde Rudolf Cater (Hensel)<br />
und <strong>im</strong> Amt bestätigt wurde Eckard Eberle (Siemens).<br />
„Mittelfristig erwarten wir in unserem Segment wieder<br />
Wachstum", gibt sich Bent opt<strong>im</strong>istisch. „Die anstehenden<br />
Herausforderungen wie Elektromobilität, Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien, Umbau der heutigen Stromnetzinfrastruktur<br />
zu Smart Grids und die Sicherung einer leistungsfähigen<br />
Transportinfrastruktur werden ohne unsere<br />
Anlagen und die dazugehörende Sensorik nicht<br />
möglich sein." Cater unterstreicht diese Einschätzung:<br />
„Eigenstromverbrauch und Energiespeicherung werden<br />
an Bedeutung gewinnen – auch in der Industrie. Dies wird<br />
das Geschäft mit Energieverteilungsanlagen beleben.“<br />
JÜRGEN AMEDICK<br />
ist neuer Vorsitzender<br />
des<br />
ZVEI-Fachbereichs<br />
Elektrische Antriebe.<br />
Aktuelle Themen greift<br />
der Zentralverband Elektrotechnik-<br />
und Elektronikindustrie<br />
übrigens auf der bevorstehenden<br />
Messe SPS<br />
IPC Drives auf. Der Verband<br />
will mithilfe des Bundesamts<br />
für Sicherheit in der<br />
Informationstechnik (BSI)<br />
auf seinem Stand in Halle 10<br />
das Thema Security in den<br />
Mittelpunkt rücken. Dazu<br />
wird in Nürnberg das ICS<br />
(Industrial Control Systems)-<br />
Security-Kompendium vorgestellt.<br />
Das Dokument soll eine gemeinsame Basis für<br />
IT-Sicherheits- und ICS-Experten schaffen und ihnen<br />
den Zugang zum Thema IT-Sicherheit in der Produktion<br />
ermöglichen.<br />
Weitere Schwerpunkthemen der Diskussionsrunden<br />
auf der Messe sind Industrie 4.0 und Energieeffizienz.<br />
Täglich stellt der Verband dazu erste Projektansätze und<br />
Praxisbeispiele verschiedener Industrie-4.0-Projekte vor.<br />
Die Veranstaltungsreihe ‚Security meets Industry‘ beinhaltet<br />
Kurzvorträge und Live-Demonstrationen mit den<br />
Schwerpunkten ‚Basismaßnahmen für IT-Sicherheit in<br />
der Produktion‘, ‚Internet-verbundene Systeme <strong>im</strong> Produktionsumfeld‘<br />
und ‚Security-Audits <strong>im</strong> Produktionsumfeld‘.<br />
Um die internationale Standardisierung geht es<br />
unter dem Titel ‚IT Security Anforderungen aus Industrie<br />
4.0 – was leistet die IEC 62443?‘ am Donnerstag. (ahü)<br />
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK-<br />
UND ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, E-Mail: zvei@zvei.org,<br />
Internet: www.zvei.org<br />
ROLAND BENT<br />
führt weiter den<br />
ZVEI-Fachbereich<br />
Schaltgeräte an.<br />
Bilder: ZVEI<br />
INTELLIGENT FIELdbus<br />
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<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
7
BRANCHE<br />
Kumpfmüller steigt mit guten Nachrichten ein:<br />
Aufschwung in der Prozessautomation hält an<br />
DIE CHEMIEINDUSTRIE und ihre Anlagen<br />
gehören zum Umsatztreiber bei der elektrischen<br />
Automation. Bild: Torsten Bogdenand / pixelio.de<br />
HANS-GEORG KUMPFMÜLLER folgt auf<br />
Michael Ziesemer als Fachbereichsvorsitzender<br />
Messtechnik und Prozessautomatisierung<br />
<strong>im</strong> ZVEI. Bild: ZVEI<br />
Das fünfte Wachstumsjahr in Folge für die elektrische<br />
Prozessautomation erwarten die Experten des ZVEI-<br />
Fachbereichs Messtechnik und Prozessautomatisierung.<br />
„Wir rechnen dieses Jahr mit einem Wachstum von vier bis<br />
fünf Prozent bei den weltweiten Auftragseingängen", sagte<br />
der neu gewählte Fachbereichsvorsitzende Hans-Georg<br />
Kumpfmüller <strong>im</strong> Rahmen der Mitgliederversammlung.<br />
Kumpfmüller (CEO der Business Unit Sensors und Communication<br />
der Siemens AG Industry Automation) folgt<br />
als Fachbereichsvorsitzender auf Michael Ziesemer<br />
(Endress+Hauser), der sich als designierter ZVEI-Präsident<br />
nicht wieder zur Wahl stellte. Neu <strong>im</strong> Vorstand vertreten<br />
sind Nikolaus Krüger (Endress+Hauser), Dr. Dirk Steinmüller<br />
(Knick) und Johannes Kalhoff (Phoenix Contact).<br />
Im Vorstand bestätigt wurden Daniel Huber (ABB), Stephan<br />
Neuburger (Krohne) und Günter Kech (Vega).<br />
Das Thema ‚Industrie 4.0‘ möchte Kumpfmüller besonders<br />
vorantreiben und fordert eine stärkere Auseinandersetzung<br />
mit den Herausforderungen der modularisierten<br />
Produktion für die Prozessautomation. „Das Thema bietet<br />
neben Risiken vor allem auch große Chancen für die Prozessautomatisierer“,<br />
so Kumpfmüller.<br />
Derzeit ist das Wachstum der Hersteller von Geräten<br />
und Lösungen der Prozessautomation weltweit verteilt.<br />
Spitzen liegen in Brasilien, Kolumbien, Australien und<br />
Südostasien. Auch das China-Geschäft hat wieder angezogen.<br />
Die USA und Russland tragen ebenfalls zum<br />
Wachstum bei. Afrika gewinnt an Bedeutung für die<br />
Prozessautomation, vor allem die öl- und rohstoffreichen<br />
Länder in West-, Zentral- und Südafrika. Das Geschäft<br />
in Deutschland weist wie in Gesamteuropa ganz leichtes<br />
Wachstum auf.<br />
Für das weltweite Wachstum sind vor allem die Branchen<br />
Öl und Gas, Chemie sowie Pharma verantwortlich. Die Segmente<br />
Nahrungsmittel sowie Wasser/Abwasser liegen <strong>im</strong><br />
mittleren Wachstumsbereich. Eher schlecht laufen die Geschäfte<br />
in den Bereichen Papier- und Zellstoffherstellung<br />
sowie der Hüttenindustrie. Der Blick auf die Produktgruppen<br />
zeigt leicht überdurchschnittliches Wachstum bei der<br />
Prozessanalytik, insbesondere der Gasanalyse. (ahü)<br />
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND<br />
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,<br />
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt am Main,<br />
Tel. +49 (0) 69 630 20, Internet: www.zvei.org<br />
Call for <strong>atp</strong> experts: Schutzziele und Schutzkonzepte<br />
IN AUSGABE 56(5) DER ATP EDITION <strong>im</strong><br />
Mai 2014 befasst sich mit Schutzzielen und<br />
Schutzkonzepten. Die Erfüllung von Schutzzielen<br />
durch die Ableitung, Entwicklung und<br />
Implementierung von effektiven und effizienten<br />
Schutzkonzepten ist ein wichtiges<br />
Element der Automation. Die Ausgabe 56(5)<br />
der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> <strong>im</strong> Mai 2014 diskutiert aktuelle<br />
Innovationen bei Beschreibungsmitteln,<br />
Methoden, Werkzeugen und Werkzeugketten<br />
in diesem Umfeld. Ihre Beiträge beschreiben<br />
beispielsweise Herausforderungen<br />
und Anforderungen, stellen neuartige<br />
Sicherheitsarchitekturen oder Ansätze<br />
zur formalen Beschreibung von Schutzzielen<br />
und Schutzanforderungen zur Verifikation<br />
von Konzept und Implementierung vor,<br />
diskutieren Potenzial und Grenzen innovativer<br />
modellbasierter Schutzkonzepte, integrierter<br />
Engineeringansätze, Methoden und<br />
Vorgehensmodelle die das gesamte Lebenzyklusmanagement<br />
abdecken .<br />
Wir bitten Sie bis zum 20.12.2013 zu diesem<br />
Themenschwerpunkt einen gemäß den<br />
Autorenrichtlinien der <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ausgearbeiteten<br />
Hauptbeitrag per eMail an<br />
urbas@di-verlag.de einzureichen.<br />
Die <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist die hochwertige Monatspublikation<br />
für Fach- und Führungskräfte der<br />
Automatisierungsbranche. In den Hauptbeiträgen<br />
werden die Themen mit hohem wissenschaftlichem<br />
und technischem Anspruch<br />
vergleichsweise abstrakt dargestellt. Im<br />
Journalteil werden praxisnahe Erfahrungen<br />
von Anwendern mit neuen Technologien,<br />
Prozessen oder Produkten beschrieben.<br />
Alle Beiträge werden von einem Fachgremium<br />
begutachtet. Sollten Sie sich selbst aktiv<br />
an dem Begutachtungsprozess beteiligen<br />
wollen, bitten wir um kurze Rückmeldung.<br />
Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen<br />
selbstverständlich gerne zur Verfügung.<br />
Redaktion <strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
Leon Urbas, Anne Purschwitz,<br />
Aljona Hartstock<br />
CALL FOR<br />
Aufruf zur Beitragseinreichung<br />
Thema: Schutzziele und Schutzkonzepte<br />
Kontakt: urbas@di-verlag.de<br />
Termin: 20. Dezember 2013<br />
8<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Wo stehen wir auf dem<br />
Weg zur Smart Factory?<br />
Big Data, Industrie 4.0, Konsum 2020 und Sustainability<br />
sind einige der Trends in der Elektronikindustrie.<br />
Bei den Idea/FBDi-Trendtagen 2013 am 28. und<br />
29. November 2013 in München sollen dazu nun die<br />
Fragen beantwortet werden: Wo stehen wir wirklich auf<br />
dem Weg zur digitalen „Smart Factory“? Wie ist Europas<br />
sinkende Bedeutung <strong>im</strong> globalen High-Tech zu bewerten,<br />
und wann wacht die europäische Elektronikindustrie<br />
endlich aus ihrem Dornröschenschlaf auf?<br />
Das Expertentreffen bündelt dazu, laut dem veranstaltenden<br />
Fachverband der Bauelemente Distribution<br />
(FBDi e.V.), umfangreiches Wissen aus unterschiedlichen<br />
Branchen und zeigt Lösungsstrategien, mit denen<br />
Unternehmen Herausforderungen meistern. Neben industriespezifischen<br />
Vorträgen stehen auch gesellschaftliche<br />
Themen auf dem Programm. So skizziert Trendanalytiker<br />
Dr. David Bosshart vom Gottlieb Duttweiler<br />
Institute in Zürich, wie sich die Konsumgesellschaft<br />
der Zukunft radikal verändern wird. Individualisierung,<br />
Nachhaltigkeit und Convenience rücken in den<br />
Mittelpunkt des Verbraucherdenkens, so dass sich Unternehmen<br />
mehr und mehr über wirklich neue Produkte<br />
und relevante Dienstleistungen etablieren müssen.<br />
Prof. Dr. Norbert Bolz von der TU Berlin greift in seiner<br />
Keynote das viel diskutierte Phänomen Big Data auf<br />
und zeigt wie die Datenflut Prognosen über Kaufverhalten<br />
ermöglicht. Die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt<br />
sollen die Agenda abrunden. So dreht sich in der Podiumsdiskussion<br />
alles um die Frage, wie politische Regularien<br />
die europäische Elektronikindustrie in Sachen<br />
Innovation ausbremsen oder antreiben werden. (ahü)<br />
Unser<br />
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Sankt Margaretenweg 9, D-85375 Neufahrn,<br />
Tel. +49 (0) 8165 67 02 33,<br />
Internet: www.fbdi.de/trendtage<br />
Pickhardt Leiter des<br />
GMA-Ausschusses 6.22<br />
Prof. Dr.-Ing. Rainer Pickhardt leitet nun den Fachausschuss<br />
6.22 Prozessführung und gehobene Regelungsverfahren<br />
des Fachbereichs Engineering und<br />
Betrieb automatisierter Anlagen der VDI/VDE-Gesellschaft<br />
Mess- und Automatisierungstechnik (GMA). Dr.-<br />
Ing. Sebastian Gaulocher wurde zu seinem Stellvertreter<br />
gewählt. Pickhardt ersetzt Dr.-Ing. Karsten Schulze,<br />
der wegen seiner Auslandstätigkeit nicht mehr zur<br />
Verfügung steht. Der Fachausschuss verabschiedete die<br />
Richtlinie VDI/VDE 3685 Blatt 2 Adaptive Regler-Erläuterungen<br />
und Beispiele. Sie wird voraussichtlich <strong>im</strong><br />
Dezember 2013 veröffentlicht.<br />
(ahü)<br />
Mit über 50 weitgehend selbstständigen<br />
Tochtergesellschaften<br />
und über 220 Ingenieur- und Verkaufsbüros<br />
ist SAMSON auf allen<br />
Kontinenten kundennah vertreten.<br />
Um Ihnen die gesamte Regeltechnik<br />
in höchster Qualität zu<br />
bieten, hat SAMSON mit hochspezialisierten<br />
Unternehmen die<br />
SAMSON GROUP gebildet.<br />
VDI/VDE-GESELLSCHAFT MESS- UND<br />
AUTOMATISIERUNGSTECHNIK,<br />
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf,<br />
Tel. +49 (0) 211 621 40, Internet: www.vdi.de<br />
A01120DE<br />
SAMSON AG · MESS- UND REGELTECHNIK<br />
Weismüllerstraße 3 · 60314 Frankfurt am Main<br />
Telefon: 069 4009-0 · Telefax: 069 4009-1507<br />
E-Mail: samson@samson.de · www.samson.de<br />
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FORSCHUNG<br />
Wie Uhrzeit synchronisiert wird – Standard<br />
IEEE-1588 in Ostwestfalen-Lippe weiterentwickelt<br />
Leistungssteigernde Protokollfunktionen auf Sitzung des IEEE-Arbeitskreises diskutiert<br />
AUCH DRUCK-<br />
MASCHINEN<br />
können dank<br />
hochgenauer<br />
Uhrzeitsynchronisation<br />
leistungsfähiger<br />
werden.<br />
Bilder: Veranstalter<br />
PLUGFEST: Einer großen LAN-Party gleich vernetzen Hersteller<br />
und Wissenschaftler neue Geräte um die Kompatibilität zu testen.<br />
Das gemeinsame Zeitverständnis vernetzter Systeme<br />
ist in vielfältigen Anwendungsbereichen eine<br />
substanzielle Grundfunktion – in intelligenten Energienetzen,<br />
in der Telekommunikation, bei Finanztransaktionen<br />
an der Börse und natürlich auch in der industriellen<br />
Automation. So lassen sich beispielsweise<br />
koordinierte Bewegungsabläufe mit Hilfe vernetzter<br />
synchroner Antriebe sehr viel flexibler realisieren als<br />
mit einer mechanischen Königswelle.<br />
Mit dem Standard IEEE-1588 (Standard for a Precision<br />
Clock Synchronization Protocol for Networked Measurement<br />
and Control Systems) steht für die hochgenaue<br />
Uhrzeitsynchronisation ein etabliertes und leistungsfähiges<br />
Protokoll zur Verfügung.<br />
Da sich durch die zunehmende Vernetzung technischer<br />
Systeme die Anforderungen an die Uhrzeitsynchronisation<br />
weiter erhöhen, wird die Weiterentwicklung<br />
dieses Verfahrens kontinuierlich vorangetrieben.<br />
Daher wurde in diesem Jahr eine neue Revision der<br />
IEEE-1588 angestoßen. Die oben genannten Anwendungsgebiete<br />
wurden dabei zum Beispiel um die Audiound<br />
Videoübertragung sowie Automotive- und Avionik-<br />
Anwendungen erweitert. Diese stellen hohe Anforderungen<br />
in Bezug auf extreme Umgebungseinflüsse wie<br />
mechanische Belastungen (Vibrationen) und Temperaturschwankungen.<br />
Während einer Standardisierungssitzung<br />
des entsprechenden IEEE-Arbeitskreises wurden<br />
diese Aspekte nun in Lemgo diskutiert.<br />
Der zweitägigen Sitzung ging das vom Fraunhofer-<br />
Anwendungszentrum Industrial Automation (IOSB-<br />
INA) veranstaltete IEEE International Symposium on<br />
Precision Clock Synchronization, kurz ISPCS, voraus.<br />
Während der einwöchigen Veranstaltung konnten die<br />
über 140 Experten aus 23 Ländern auf einem Plugfest<br />
ihre Geräte und Anwendungen auf Funktionalität und<br />
Interoperabilität testen. Im Anschluss folgte eine Kon-<br />
ferenz, deren Ergebnisse die Diskussionsgrundlage für<br />
den IEEE-Arbeitskreis bildeten. Während der Sitzung<br />
erörterten die beteiligten Experten neue leistungssteigernde<br />
Protokollfunktionen, die zukünftig die technische<br />
Welt noch etwas synchroner machen werden.<br />
AUTOREN<br />
M.Sc. SEBASTIAN SCHRIEGEL<br />
ist Gruppen leiter Kogni tive<br />
Systeme für die Automation.<br />
Fraunhofer-Anwendungszentrum<br />
Industrial Automation (IOSB-INA),<br />
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,<br />
Tel. +49 (0) 5261 702 59 25,<br />
E-Mail: sebastian.schriegel@<br />
iosb-ina.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN JASPER-<br />
NEITE leitet das Fraunhofer-<br />
Anwendungszentrum Industrial<br />
Automation (IOSB-INA).<br />
Fraunhofer-Anwendungszentrum<br />
Industrial Automation (IOSB-INA),<br />
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,<br />
Tel. +49 (0) 5261 70 25 72,<br />
E-Mail: juergen.jasperneite@<br />
iosb-ina.fraunhofer.de<br />
10<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
AALE 2014 ruft zur Beitragseinreichung<br />
rund um Ideen in der Automatisierung auf<br />
Das Diskussionsforum rund um Konzepte, Entwicklungen<br />
und Lehre der Automatisierungstechnik, die<br />
AALE (Angewandte Automatisierungstechnik in Lehre<br />
und Entwicklung), ruft Autoren auf, Beiträge für die<br />
kommende Veranstaltung am 8. und 9. Mai 2014 einzureichen.<br />
Gewünscht sind Aufsätze oder Posterbeiträge<br />
über Trends der Automatisierungstechnik, Forschungsund<br />
Entwicklungsarbeiten, Kooperationen zwischen<br />
Hochschulen und der Industrie oder Lehre und Ausbildung,<br />
Didaktik und MINT-Projekte (Mathematik, Informatik,<br />
Naturwissenschaft, Technik). Seinen Aufsatz<br />
trägt der Autor nach erfolgreichem Durchlaufen des<br />
Reviewprozesses in einer 15-minütigen Präsentation<br />
dem AALE-Publikum vor. Ausrichter ist <strong>im</strong> kommenden<br />
Jahr die Ostbayerisch Technische Hochschule Regensburg<br />
(OTH Regensburg).<br />
Zunächst sollte die Idee in einem zweiseitigen Paper<br />
skizziert werden. Das PDF laden Interessenten auf<br />
www.hs-regensburg.de/aale2014 bis zum 31. Dezember<br />
2013 hoch. Unter dieser Adresse haben die Veranstalter<br />
bereits weitere Hinweise zum Procedere der Einreichung<br />
hinterlassen. Nach Begutachtung und Freigabe<br />
des Programmkomitees werden die Aufsätze <strong>im</strong> AALE-<br />
Tagungsband veröffentlicht. Sie sollten in der finalen<br />
Version nicht länger als zehn Seiten sein. Die schriftliche<br />
Erläuterung der Poster sollte sich auf vier Seiten beschränken.<br />
Die Autoren werden über die Annahme Ihrer<br />
Beiträge bis zum 31. Januar 2014 informiert. Ansprechpartner<br />
für das Programm zur 11. AALE 2014 ist Prof.<br />
Dr.-Ing. Ralph Schneider (Telefon +49 (0)941 943 51 66,<br />
E-Mail: aale2014@hs-regensburg.de).<br />
(ahü)<br />
DIE PREISTRÄGER DER AALE aus dem<br />
vergangenen Jahr. Bild: Anne Purschwitz<br />
AALE-KONFERENZ 2014 AN DER OSTBAYERISCHEN<br />
TECHNISCHEN HOCHSCHULE (OTH) REGENSBURG,<br />
Prüfeninger Str. 58, D-93049 Regensburg,<br />
Ansprechpartner: Dr.-Ing. Ralph Schneider,<br />
Tel. +49 (0) 941 943 51 66,<br />
E-Mail: aale2014@hs-regensburg.de,<br />
Internet: www.hs-regensburg.de/aale2014<br />
Kommunikation in der Automation:<br />
Jahreskolloquium tagt am 13. und 14. November 2013<br />
Am 13 und 14. November 2013 lädt das Jahreskolloquium<br />
Komma, kurz für Kommunikation in der Automation,<br />
zur Diskussion rund um die industrielle Kommunikation<br />
ein. Die Veranstaltung, die wechselweise<br />
am Institut für Automation und Kommunikation e.V.,<br />
Magdeburg (Ifak) und am Centrum Industrial IT (CIIT)<br />
in Lemgo stattfindet, wird dieses Jahr von den Magdeburgern<br />
ausgerichtet. Der Expertentreff unter der Leitung<br />
von Prof. Ulrich Jumar und Prof. Jürgen Jasperneite<br />
dreht sich um die Frage, wie der Übergang in die geforderte<br />
intelligente Automation sinnvoll gestaltet werden<br />
kann. Echtzeit-, System- und Engineeringaspekte<br />
zählen zu den Kernthemen des jährlich veranstalteten<br />
Kolloquiums. Gespannt wird ein Bogen von technologischen<br />
Entwicklungen der industriellen Kommunikation<br />
über den Lebenszyklus von Komponenten und Systemen<br />
bis hin zu Anwendungserfahrungen verschiedener<br />
Branchen. Die Aufteilung der Tagung auf den 13.<br />
und 14. November 2013 ermöglicht eine Abendveranstaltung,<br />
die ausgiebig Gelegenheit zum informellen<br />
Gedankenaustausch bietet. Weitere Informationen sind<br />
abrufbar unter www.ifak.eu/komma2013. (ahü)<br />
DAS THEMA IN<br />
MAGDEBURG<br />
wird die<br />
Umsetzung der<br />
intelligenten<br />
Automation sein.<br />
Bild: Veranstalter<br />
JAHRESKOLLOQUIUM KOMMUNIKATION<br />
IN DER AUTOMATION IN DER DENKFABRIK<br />
IM WISSENSCHAFTSHAFEN MAGDEBURG,<br />
Werner-Heisenberg-Straße 1, D-39106 Magdeburg,<br />
Tel. +49 (0) 391 990 14 10,<br />
Internet: www.ifak.eu/komma2013<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
11
FORSCHUNG<br />
Computational Intelligence – Einführung in<br />
Probleme, Methoden und technische Anwendungen<br />
Praxisbezogenes Lehrbuch von Andreas Kroll für Studenten, Lehrende und Praktiker<br />
Das Lehrbuch über Computational Intelligence (CI) mit<br />
Anwendungs- und gerechneten Übungsbeispielen<br />
adressiert Studierende technischer Studiengänge <strong>im</strong><br />
Hauptstudium. Die Anwendungs- und Praxiselemente<br />
erleichtern ebenso dem Praktiker den Einstieg in Analyse,<br />
Modellbildung, Entwurf und Opt<strong>im</strong>ierung technischer<br />
Systeme und zeigen die Industrieerfahrung des<br />
Autors Andreas Kroll auf.<br />
Schwerpunkte des Buches sind Erklärung der CI-Methoden<br />
Fuzzy-Systeme, künstliche neuronale Netze und<br />
evolutionäre Algorithmen wie auch die Kombination der<br />
Methoden zu Neuro-Fuzzy-Systemen bis hin zu evolutionären<br />
Neuro-Fuzzy-Systemen. Dabei spielen die Anwendungen<br />
Automatisierung und Regelung <strong>im</strong>mer eine<br />
besondere Rolle. Studierende und Lehrende können aus<br />
dem Online-Material zum Lehrbuch ebenfalls einen großen<br />
Mehrwert ziehen.<br />
In der Einführung baut der Autor nach einem Hinweis<br />
auf konventionelle Berechnungsmethoden für den Entwurf<br />
von komplexen Systemen eine Verbindung zu neuen<br />
naturinspirierten Berechnungsmethoden auf. Bionik,<br />
die moderne Verbindung zwischen Biologie und Technik,<br />
setzt er zu den CI-Methoden ins Verhältnis. Begriffe<br />
und Methoden (naturinspiriert und teilweise genormt<br />
nach VDI/VDE) werden erläutert und häufig grafisch in<br />
Zusammenhang gestellt. Hier spricht die Erfahrung von<br />
Andreas Kroll aus seiner Arbeit <strong>im</strong> gleichnamigen VDI-<br />
GMA Fachausschuss 5.14.<br />
Der Autor erläutert die Methoden und Ansätze kurz<br />
und treffend. Die Beispiele sind klar beschrieben, meistens<br />
durchgerechnet und mit grafischen Darstellungen<br />
untermauert. Am Ende eines Kapitels gibt der Verfasser<br />
nützliche Hinweise zur weiterführenden Literatur mit<br />
Tipps zu best<strong>im</strong>mten Schwerpunkten. Außerdem bewertet<br />
der Autor zusammenfassend die Methoden und ordnet<br />
den praktischen Nutzen der Genauigkeit und des<br />
Rechenzeitbedarfs zu. Oft wird zusammenfassend mit<br />
einer grafischen Übersicht erläutert, welche Methode<br />
(konventionell oder CI) sich für welchen Anwendungsfall<br />
eignet. In diesen Übersichten, die sich durch das<br />
gesamte Buch ziehen, sind die CI-Methoden kursiv dargestellt.<br />
Zahlreiche Abbildungen mit grafischer Darstellung<br />
der Ergebnisse von durchgerechneten Beispielen,<br />
erleichtern dem Leser den Zugang zu den beschriebenen<br />
Methoden.<br />
Den praktischen Nutzen des Buches als Nachschlagewerk<br />
erhöhen zahlreiche Tabellen mit Systemvergleichen<br />
und Gegenüberstellungen. Die Vergleiche sind klar<br />
und kurz formuliert. Ebenso hilfreich sind die Hinweise<br />
auf Normen und Richtlinien sowie Gremien und Ausschüsse,<br />
in denen die Methoden von Fachleuten aus Industrie,<br />
Hochschule und Wissenschaft behandelt und<br />
weiterentwickelt werden. Für den Praktiker eine Möglichkeit,<br />
Kontakt zu anderen Fachleuten aufzunehmen.<br />
Einige kleine Beispiele mit einfachen Problemschilderungen<br />
ziehen sich mit gleicher Aufgabenstellung<br />
durch mehrere Kapitel. Dadurch werden Lösungen, zum<br />
Beispiel für die Identifikation von Systemen auf Datenbasis,<br />
durch Anwendung verschiedener Methoden, miteinander<br />
vergleichbar. Für das Thema sind die Beispiele<br />
sehr anwendungsnah.<br />
AUTOR<br />
PROF. ANDREAS KROLL<br />
ist Leiter des Fachgebiets<br />
Mess- und Regelungstechnik<br />
an der Universität<br />
Kassel und ist aktiv <strong>im</strong><br />
GMA Fachausschuss 5.14<br />
Computational Intelligence.<br />
MSR UND INFORMATIK<br />
Computational Intelligence (CI) bewegt sich an der Schnittstelle<br />
zwischen Ingenieurwissenschaften und Informatik. Mess- und<br />
regelungstechnische Problemstellungen werden hier mithilfe<br />
ausgefeilter computergestützter Methoden gelöst. Das Buch ist eine<br />
anwendungsorientierte Einführung in das Thema und vermittelt<br />
Studenten und berufstätigen Ingenieuren das notwendige Wissen<br />
über die derzeit meist verbreiteten Ansätze der CI (Fuzzy-Systeme,<br />
neuronale Netze und evolutionäre Algorithmen).<br />
Computational Intelligence, Autor: Andreas Kroll,<br />
ET 4/2013, XVIII, 428 S., broschiert,<br />
ISBN 978-3-486-70976-6, LP 39,80 EUR<br />
12<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
PRAXIS<br />
Kompletteinsatz <strong>im</strong> Gasbereich: Gas speicher mit<br />
Automatisierungstechnik ausgerüstet<br />
Flexibler Erdgasspeicher nahm <strong>im</strong> Frühjahr in Norddeutschland den Betrieb auf<br />
Einen modernen und flexiblen Erdgasspeicher entwickelte<br />
die EWE Gasspeicher GmbH aus Oldenburg <strong>im</strong> niedersächsischen<br />
Jemgum zwischen Leer und Emden. Der<br />
Speicher nahm planmäßig in diesem Frühjahr den Betrieb<br />
auf. Den vollautomatischen und sicheren Ablauf gewährleistet<br />
das ABB-Prozessleitsystem 800xA mit Melody-<br />
Controllern, Messgeräten und Prozessgasanalysatoren.<br />
FUNDIERTES WISSEN BEI GASSPEICHERN GEFRAGT<br />
Im Februar 2010 hat EWE den Solprozess für die unterirdischen<br />
Kavernen aufgenommen. Bereits für diese Arbeiten<br />
installierte ABB ein Prozessleitsystem, das jetzt<br />
<strong>im</strong> laufenden Betrieb erweitert und auf den neuesten<br />
Stand der Technik gebracht wurde.<br />
„ABB ist für uns seit Jahren der Partner für Automatisierungstechnik.<br />
Dieser Anbieter verfügt über fundiertes<br />
Wissen um die speziellen Anforderungen in unseren<br />
Gasspeichern“, begründet André Fisse, EWE-Projektleiter<br />
für den Gasspeicher Jemgum, die Entscheidung für<br />
ABB-Systeme und -Services. Besonders der Umfang der<br />
Dienstleistungen geht über das übliche Maß bei derartigen<br />
Automatisierungsprojekten hinaus. Der Anbieter<br />
wurde schon während der frühen Engineeringphase<br />
eingebunden und trug so zur Punktlandung dieses Großprojektes<br />
bei.<br />
AUTOMATISIERUNGSPROJEKT BEGANN BEREITS 2012<br />
Das aktuelle Automatisierungsprojekt für den eigentlichen<br />
Betrieb des Speichers begann <strong>im</strong> Sommer 2012, die<br />
Loop Checks, TÜV-Abnahmen, Test und Inbetriebnahmen<br />
waren planungsgemäß Ende März 2013 abgeschlossen.<br />
Es umfasste neben der Planung, Installation und<br />
Konfiguration des Prozessleitsystems (Betriebsleitebene,<br />
Netzwerk und E/A-Ebene) auch die Einbindung der sicherheitsgerichteten<br />
Steuerung.<br />
Zum Einsatz kommen redundante Melody-Controller,<br />
die über I/O-Baugruppen (Remote I/Os) vom Typ S800<br />
die Prozesse erfassen, steuern und regeln. Die Remote-<br />
Anbindung an die Leitstelle erfolgt mittels Fernwirkanbindung<br />
und die Integration in die Unternehmens-IT mit<br />
dem „Information Manager“ (PGIM) von ABB.<br />
Das vorhandene Leitsystem erweiterten die Ingenieure<br />
ohne Stillstand. Sie spielten die aktuellen Software-<br />
Versionen ein ohne Unterbrechung des laufenden Betriebs.<br />
Die neue Client/Server-Architektur wurde einige<br />
Wochen in Vorfeld bei ABB vorinstalliert und anschließend<br />
auf der Baustelle in das System integriert.<br />
Die Automatisierung bietet aufgrund der redundanten<br />
Auslegung eine hohe Verfügbarkeit, unabdingbar für die<br />
zuverlässige Ein- und Ausspeicherung von Erdgas ohne<br />
Unterbrechungen. Durch eine flexible Umschaltung von<br />
Fahrwegen ist das System in der Lage, schnell auf unvorhergesehene<br />
Ereignisse zu reagieren.<br />
KOMPLETT-EINSATZ IM GAS-BEREICH<br />
Zum ABB-<strong>Automatisierungssystem</strong> gehört in Jemgum<br />
nicht nur die Leittechnik. Zahlreiche Druck- und Temperaturmessgeräte<br />
überwachen unter anderem die Kol-<br />
IM NIEDERSÄCHSISCHEN JEMGUM errichtete die EWE Gasspeicher<br />
GmbH aus Oldenburg einen Erdgasspeicher. Bild: ABB.<br />
benverdichter und die Gasregelstrecken. TZIDC-Stellantriebe<br />
steuern pneumatische Regelventile in den Messund<br />
Regelstrecken, Prozessgaschromatographen vom<br />
Typ PGC 5000 überwachen den Schwefelgehalt des Erdgases<br />
<strong>im</strong> Umfeld der eichfähigen Mengenmessungen.<br />
„Wir haben in mehreren der EWE-Gasspeicher die<br />
komplette Automatisierung installiert und sind seit mehr<br />
als 30 Jahren mit dem Thema Gasspeicherung vertraut“,<br />
fasst Peter Hortig, Leiter Chemie, Öl & Gas <strong>im</strong> Bereich<br />
Prozessautomation der ABB Deutschland, den Einsatz in<br />
der Gasbranche zusammen.<br />
AUTOR<br />
DIRK JUNGE betreut vom<br />
Regionalbüro Oldenburg<br />
aus die Gaskunden der<br />
ABB in Nordeutschland.<br />
ABB Automation GmbH,<br />
August-Wilhelm-Kühnholz Straße 4,<br />
D-26135 Oldenburg, Tel. +49 (0) 441 20 94 66 62,<br />
E-Mail: dirk.junge@de.abb.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
13
PRAXIS<br />
Energieversorgungsunternehmen modernisiert<br />
sichere Stromerzeugung aus Wasserkraft<br />
Steuerungs- und Informationslösung mit Prozessleitsystem und Zugriff auf Prozessinformationen<br />
DER BOX-CANYON-DAMM staut seit 1956 das Wasser<br />
des Pend Oreille <strong>im</strong> Bundesstaat Washington.<br />
ALLES NEU: Zum Arbeitsumfang gehört die<br />
komplette Demontage bis auf das Betonfundament.<br />
Anschließend werden die Turbine<br />
und der Generator erneuert und mit den<br />
Schalteinrichtungen, Relaisschutzsystemen,<br />
Pumpen und Rohren eingebaut.<br />
DIE PLANT-PAX-LÖSUNG mit zwei<br />
speicherprogrammierbaren Automatisierungssteuerungen<br />
des Typs Allen Bradley Control<br />
Logix <strong>im</strong> Einsatz. Bilder: Rockwell Automation<br />
Schon seit 1956 wandelt der Box-Canyon-Damm mit<br />
seinen vier Maschinensätzen die Strömung eines<br />
schmalen Abschnitts des Pend Oreille, des zweitgrößten<br />
Flusses des US-Bundesstaats Washington, in Energie<br />
um. Der Wasserpegel des Flusses schwankt jedoch<br />
täglich. Der Betreiber des Wasserkraftwerkes, der Pend<br />
Oreille County Public Utility District, will die Energieerzeugung<br />
möglichst nah am Spitzenwert halten,<br />
gleichzeitig aber für möglichst stabile Flusspegel sorgen.<br />
Das über 50 Jahre alte System <strong>im</strong> Wasserwerk<br />
wurde nun mit der Prozessautomatisierungssoftware<br />
Plant Pax modernisiert.<br />
GENAUE REGELUNG SICHERT ENERGIEVERSORGUNG<br />
UND UMWELT<br />
Derzeit versorgt das Wasserkraftwerk 8 500 Kunden mit<br />
Strom aus erneuerbarer Energie. Box Canyon ist ein Laufwasserkraftwerk,<br />
das heißt, seine Tauchturbinen werden<br />
durch die Wasserströmung des Oberlaufs angetrieben.<br />
Die meisten größeren Wasserkraftwerke erzeugen ihre<br />
Elektrizität dagegen durch kontrolliertes Ablassen von<br />
Wasser, das mittels eines Damms aufgestaut wird. Dennoch<br />
kommt es auch <strong>im</strong> Box Canyon auf eine genaue<br />
Regelung an, um das sensible Gleichgewicht zwischen<br />
opt<strong>im</strong>aler Elektrizitätserzeugung und dem Schutz des<br />
natürlichen Ökosystems zu wahren.<br />
Saisonal bedingte Regenfälle, Schneeschmelze sowie<br />
andere Naturgewalten lassen den Box Canyon anschwellen.<br />
Hohe Fließgeschwindigkeiten begünstigen die<br />
Stromerzeugung aus Wasserkraft, da sie die Turbinen<br />
antreiben. Sie bewegen wiederum Generatoren, die den<br />
Strom letztendlich erzeugen.<br />
Unterhalb des Box Canyon liegen jedoch staatlich geschützte<br />
Flächen, die keinesfalls überflutet werden dürfen.<br />
Zudem locken dort öffentliche Parks jährlich zahlreiche<br />
Besucher in die Gegend. Unablässig kontrollieren<br />
die Betreiber der Talsperre Box Canyon deshalb den<br />
Wasserdurchfluss des Kraftwerks und den Flusspegel<br />
unterhalb der Anlage.<br />
BISLANG MEISTENS MANUELL TARIERT<br />
Das Gleichgewicht zwischen Betrieb und Umwelt wurde<br />
am Box-Canyon-Damm bislang größtenteils manuell austariert.<br />
Denn die ursprünglichen mechanischen Stellvorrichtungen<br />
und hydroelektrischen Ausrüstungen<br />
befanden sich auch über 50 Jahre nach ihrer Installation<br />
noch <strong>im</strong> Einsatz, darunter die vier Turbinen, die Generatoren<br />
und die Hilfsausrüstungen.<br />
14<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Die durchschnittliche Durchflussrate in Box Canyon<br />
beträgt knapp 750 m³/s, kann aber durch die Schneeschmelze<br />
<strong>im</strong> Frühling und frühsommerliche Regenfälle<br />
auf 2 300 m³/s oder mehr ansteigen. Bei solchen seltenen<br />
Spitzenwerten stoppt das Bedienpersonal die Turbinen<br />
und öffnet die hydraulischen Schleusentore des Damms,<br />
so dass der rauschende Strom durch die Überlaufrinnen<br />
abfließen kann. Weit weniger dramatisch fallen dagegen<br />
die täglichen Schwankungen des Flusspegels aus, auch<br />
wenn durchaus erhebliche Änderungen möglich sind.<br />
Um mit diesen Schwankungen fertig zu werden, überwachen<br />
die Betreiber ständig die Durchflussrate und den<br />
Flusspegel unterhalb des Damms. Mit diesen Informationen<br />
steuern sie den Wasserfluss durch den Damm, indem<br />
sie die Leitschaufeln der Turbinen anpassen. Ziel<br />
ist es, die Energieerzeugung möglichst nah am Spitzenwert<br />
zu halten, gleichzeitig aber für möglichst stabile<br />
Flusspegel zu sorgen.<br />
STAATLICHE AUFFORDERUNG ZUR MODERNISIERUNG<br />
Die kritischen Daten, die für den Energieerzeugungsprozess<br />
relevant sind, wurden in der Vergangenheit großenteils<br />
auf manuellem Weg erfasst. Da es kein elektronisches<br />
Netzwerk zur Weiterleitung der Daten gab, mussten<br />
diese von den Verantwortlichen in Excel-Tabellen eingetragen,<br />
ausgedruckt und anschließend den anderen Abteilungen<br />
zur Verfügung gestellt werden. Die Mitarbeiter<br />
der Einkaufsabteilung etwa nutzen die monatlichen<br />
Trenddaten als Hilfestellung bei der Berechnung der<br />
Stromlieferverträge. „Eigentlich waren alle unsere Systeme<br />
veraltet“, sagt Terry Borden, Manager of Hydro Production<br />
in Box Canyon.<br />
Als die Verlängerung der Lizenz für die Talsperre Box<br />
Canyon um weitere 50 Jahre beantragt wurde, bestand<br />
die Federal Energy Regulatory Commission (FERC) auf<br />
Modernisierungsmaßnahmen, die den aktuellen staatlichen<br />
Vorgaben entsprechen. „Was wir brauchten war<br />
eine moderne Automatisierungslösung, um all unsere<br />
Anforderungen von integrierter Steuerung über Reporting<br />
in Echtzeit bis hin zu Anlagensicherheit zu erfüllen“,<br />
so Borden.<br />
ERFAHRUNG MIT DER ALLEN-BRADLEY-STEUERUNG<br />
„Wir hatten bereits in vier Steuerungen des Typs Allen-<br />
Bradley SLC investiert, mit denen das Leitschaufel-Regulierungssystem<br />
der vier Turbinen ausgestattet wurde.<br />
So konnten wir bereits Erfahrungen mit Rockwell Automation<br />
sammeln“, erläutert Borden. „Aufgrund unserer<br />
Tätigkeit in der Energiewirtschaft waren uns auch die<br />
Innovationen bekannt, die Rockwell Automation für die<br />
besonderen Anforderungen von Wasserkraftwerken entwickelt<br />
hatte“, erläutert Borden. Früh war klar, dass sie<br />
Rockwell Automation mit der Lieferung der für das<br />
Kraftwerk benötigten umfassenden Steuerungslösung<br />
beauftragen würden.<br />
Das Energieversorgungsunternehmen des Bezirks Pend<br />
Oreille entschied sich für das Prozessautomatisierungssystem<br />
Plant Pax. Diese integrierte Steuerungs- und In-
PRAXIS<br />
formationslösung kombiniert die Fähigkeiten eines Prozessleitsystems<br />
mit einem umfassenden Zugriff auf Prozessinformationen<br />
und trägt so zur anlagenweiten Opt<strong>im</strong>ierung<br />
bei. Die skalierbare, interdisziplinäre Plattform<br />
kommt jenen Anwendern entgegen, die eine Kombination<br />
aus Prozess- und Ablaufsteuerung benötigen, um die<br />
Gesamt-Betriebskosten zu senken und die ganze Anlage<br />
<strong>im</strong> Blick zu haben.<br />
Die Implementierung der Plant-Pax-Lösung <strong>im</strong> Box<br />
Canyon erfolgt stufenweise zusammen mit dem Rest des<br />
150-Millionen-Dollar-Projekts. Denn um weiterhin Elektrizität<br />
erzeugen zu können, müssen drei der vier Turbinen/Generatoren<br />
<strong>im</strong>mer laufen. Nachdem die erste Einheit<br />
umgerüstet wurde, befindet sich derzeit die zweite<br />
in Arbeit. Zum Arbeitsumfang gehört die komplette Demontage<br />
bis auf das Betonfundament. Anschließend<br />
werden die neue Turbine und der neue Generator mitsamt<br />
den neuen Schalteinrichtungen, Relaisschutzsystemen,<br />
Pumpen und Rohren eingebaut.<br />
ZENTRALE ÜBERWACHUNG UND KOORDINATION<br />
Zur Plant-Pax-Lösung gehören zwei speicherprogrammierbare<br />
Automatisierungssteuerungen des Typs Allen-<br />
Bradley Control Logix für jede Einheit. Eine steuert das<br />
Turbinenregelungs-System, während die andere für allgemeine<br />
Steuerungsaufgaben und Hilfspumpen sowie<br />
das Anhalten und Starten der Generatoren verwendet<br />
wird. In der Leitwarte steht eine Reihe von Bedienplätzen<br />
mit Factory Talk View Supervisory Edition zur Verfügung,<br />
an denen das Personal über Ethernet/IP wichtige<br />
Informationen und Diagnosedaten abrufen kann. Die<br />
Factory-Talk-SE-Server-Software bündelt für die Mensch-<br />
Maschine-Schnittstelle die Daten aus den Maschinensätzen<br />
und gibt den Bedienern in Box Canyon die Möglichkeit,<br />
Systemparameter wie Flusspegel und Durchflussraten<br />
zentral zu überwachen und zu koordinieren.<br />
Factory Talk Historian SE stellt zentralisierte Daten-,<br />
Ereignis- und Alarmdatenbanken bereit.<br />
„Die Architektur des Plant-Pax-Systems ermöglicht<br />
über Ethernet/IP außerdem die Kommunikation der programmierbaren<br />
Automatisierungssteuerungen mit Ausrüstungen<br />
von Drittherstellern, so dass wertvolle Informationen<br />
umgehend für alle Personen verfügbar sind,<br />
die sie benötigen”, so Borden.<br />
MEHR ECHZEITINFORMATIONEN FÜR TRENDANALYSEN<br />
Das modernisierte System hat durch die präzisere Überwachung<br />
der Maschinensätze dazu beigetragen, den<br />
Wirkungsgrad der Elektrizitätserzeugung des Kraftwerks<br />
zu steigern. Außerdem kann das Bedienpersonal mögliche<br />
Probleme wie etwa zu hohe Generatortemperaturen<br />
oder eine mangelnde Durchflussrate <strong>im</strong> Kühlsystem<br />
frühzeitiger erkennen und beheben.<br />
„Wir gehen davon aus, dass die verbesserte Zuverlässigkeit<br />
und Verfügbarkeit der Anlage zu einer Senkung<br />
der Betriebskosten führen wird, sobald das Projekt abgeschlossen<br />
ist“, erklärt Borden. „Das Personal wird außerdem<br />
zusätzliche Instandhaltungsmaßnahmen durchführen<br />
können, für die jetzt die Zeit fehlt.“<br />
Bereits jetzt profitiert der Box-Canyon-Damm von den<br />
Vorteilen der automatischen Datenerfassung durch das<br />
Plant-Pax-System. „Dank der nahtlosen Zusammenarbeit<br />
der Contol-Logix-Steuerung und der Factory-Talk-Software<br />
können wir mehr Echtzeitinformationen erfassen,<br />
um sie für künftige Analysen und Trendbest<strong>im</strong>mungen<br />
zu archivieren“, sagt Borden. „Darüber hinaus werden<br />
Systemdaten automatisch an eine Datenbank <strong>im</strong> Firmennetzwerk<br />
übermittelt. Anstatt Ausdrucke überbringen<br />
zu müssen, haben andere Abteilungen hierdurch ganz<br />
einfach Zugriff auf die Informationen.“<br />
Die Datensicherheits-Optionen der Factory-Talk-Asset-<br />
Centre-Software ermöglichen zudem die direkte Berichtserstellung<br />
und Dokumentation, wie es die Vorschriften<br />
für den Schutz kritischer Infrastrukturen der<br />
North American Electric Reliability Corporation (Nerc<br />
CIP) vorsehen.<br />
WEITERE KOOPERATIONEN GEPLANT<br />
Nach Abschluss des Modernisierungsprojekts beabsichtigen<br />
Borden und sein Team, die Fernüberwachungs-<br />
Funktionen des neuen Prozessleitsystems in vollem Umfang<br />
zu nutzen. Das Energieversorgungsunternehmen<br />
betreibt nämlich eine kleinere Talsperre und Pumpstationen<br />
außerhalb von Box Canyon und plant die Anbindung<br />
an das Scada-System des Unternehmens zu verbessern.<br />
Dazu Borden: „Unsere neuen Prozessleitfunktionen<br />
werden die Überwachung und Bedienung entfernter<br />
Standorte von einer zentralen Leitstelle aus ermöglichen,<br />
sodass Lohn- und Fahrtkosten gespart werden können.“<br />
Auf der Agenda des Unternehmens steht ferner der Bau<br />
einer Fischauf- und -abstiegsanlage, dank der Flusssaiblinge<br />
und andere Arten den Damm in beiden Richtungen<br />
passieren können. „Für dieses umfangreiche Projekt ist<br />
eine automatisierte Steuerung erforderlich, und wir werden<br />
dabei höchstwahrscheinlich wieder mit Rockwell<br />
Automation zusammenarbeiten“, so Borden. „Die hohe<br />
Qualität der Produkte und der hervorragende Support<br />
durch das Unternehmen, ob vor Ort oder durch die Zentrale<br />
in Milwaukee, haben uns überzeugt.“<br />
AUTOR<br />
NORBERT NOHR<br />
ist Sales Manager Process<br />
Automation bei Rockwell<br />
Automation.<br />
Rockwell Automation,<br />
Parsevalstr. 11, D-40468 Düsseldorf,<br />
Tel. +49 (0) 211 41 55 30,<br />
E-Mail: ragermany-info@ra.rockwell.com,<br />
Internet: www.rockwellautomation.de<br />
16<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Wireless hier und da einzusetzen ist eine Sache.<br />
Aber es für meinen gesamten Betrieb nutzen?<br />
Es gibt keinen, dem ich das<br />
würde.<br />
IT’Szutrauen<br />
IMPOSSIBLE<br />
Einfach flexibler und profitabler sein mit dem Partner für Wireless, dem die meisten<br />
vertrauen – Emerson. Emerson ist Ihr bewährter Partner für Smart Wireless in mehr<br />
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Das Emerson Logo ist ein Warenzeichen der Emerson Electric Co. © 2013 Emerson Electric Co.
PRAXIS<br />
Grün zahlt sich aus: Kanadischer Papierhersteller<br />
spart Energie mit modernisiertem Antriebssystem<br />
Mechatronische Antriebseinheiten verbessern den innerbetrieblichen Transport<br />
Verschwinden Kanadas legendäre Wälder langsam<br />
aber sicher in der Papiermühle? Nicht, wenn es nach<br />
Kruger geht, einem kanadischen Hersteller von Papierprodukten.<br />
Das Unternehmen mit Sitz in Montreal, der<br />
zweitgrößten Stadt Kanadas, wurde 1904 gegründet und<br />
genießt in der langen Geschichte der kanadischen Zellstoff-<br />
und Papierindustrie einen bedeutenden Ruf. Auf<br />
dem nordamerikanischen Markt ist das Unternehmen<br />
stark vertreten und bekannt für Druckpapier, Tissuepapier,<br />
Schnittholz und andere Holzprodukte, Wellpappe<br />
aus Recyclingfasern sowie für Recyclingpapier und Kartonprodukte.<br />
PAPIERPRODUKTION IN GATINEAU AUF 18 000 m 2<br />
Der Unternehmensbereich Kruger Products L. P. stellt<br />
zahlreiche Papierprodukte für den Haushaltsbereich<br />
her. Der Hersteller betreibt Papierfabriken in Kanada<br />
und den USA. Die Produktionsanlage in Gatineau in<br />
der Provinz Quebec trägt wesentlich zum Erfolg bei.<br />
Mit 8 700 m² für die Zellstofferzeugung sowie weiteren<br />
knapp 18 000 m² für die Papierherstellung erreicht die<br />
Papierfabrik in Gatineau eine Produktionskapazität<br />
von 87 500 Tonnen pro Jahr. Steven Sage, Vice President<br />
von Kruger Products und zuständig für Nachhaltigkeit<br />
und Innovation, erläutert: „Wir sind der kanadische<br />
Marktführer für Tissue-Produkte sowohl <strong>im</strong><br />
Haushalts- als auch <strong>im</strong> Industriebereich.“<br />
Der Produzent steht, wie alle Unternehmen in der energieintensiven<br />
Papierherstellung, vor erheblichen Herausforderungen.<br />
Die Verringerung der Umweltauswirkungen<br />
seiner Produktionstätigkeit ist eine Herausforderung,<br />
der sich das Unternehmen stellt. „Als Marktführer in<br />
Kanada n<strong>im</strong>mt Kruger Products seine Verantwortung<br />
auch in puncto Nachhaltigkeit wahr“, sagt Steven Sage.<br />
„Große Unternehmen können zur Erhaltung der Umwelt<br />
Großes beitragen.“<br />
ANTRIEBE VON SEW-EURODRIVE ermöglichen bei<br />
Kruger Products in der Papierfabrik Gatineau den<br />
effizienten Einsatz von Energie und Ressourcen.<br />
RÜCKGEWINNUNG SPART ELF PROZENT ENERGIE<br />
2010 wurde in der Papierfabrik Gatineau ein neues Wärmerückgewinnungssystem<br />
installiert. Damit wurde der<br />
Energieverbrauch der Fabrik um elf Prozent gesenkt und<br />
die THG-Emissionen um 15 Prozent. Die Wärme, die zuvor<br />
nach außen entwich, wird nun vollständig am Entstehungsort<br />
zurückgewonnen und zur Beheizung der<br />
Anlage <strong>im</strong> Winter sowie zum Aufheizen des Prozesswassers<br />
genutzt.<br />
Diese Maßnahme ist Teil eines vom Hersteller 2010<br />
aufgelegten Fünfjahresplans zur nachhaltigen Entwicklung,<br />
mit dem die Umweltauswirkungen des Unternehmens<br />
in neun Bereichen verbessert werden sollen. Hierzu<br />
gehören Energieverbrauch, THG-Emissionen, Wasserverbrauch,<br />
Abfallstoffe und Verpackung als wesentliche<br />
Bereiche. Steven Sage zufolge hat seine Firma große<br />
Erfolge zu verzeichnen, darunter die Verringerung des<br />
Gesamtenergieverbrauchs um 3,7 Prozent, die Verringerung<br />
der THG-Emissionen sowie die Steigerung der Effizienz<br />
in der Logistik. Im Sommer 2011 kaufte Kruger<br />
eine hocheffiziente Verarbeitungs- und Verpackungsanlage<br />
für das Werk Gatineau. Die Anlage ist seit Dezember<br />
in Betrieb. Der Vice President erläutert: „Um die steigende<br />
Nachfrage nach unseren Produkten zu befriedigen,<br />
brauchten wir neueste Technik, mit der wir unsere Prozesse<br />
verbessern und die Produktionsmenge unseres<br />
Werks erhöhen konnten.“ Projektingenieur Martin Levesque<br />
erzählt, dass Kruger Products <strong>im</strong> gesamten Betrieb<br />
rund 40 Förderbänder <strong>im</strong> Einsatz hat für den Transport<br />
von Kosmetikpapierkartons, Kartonmultiverpackungen<br />
und Toilettenpapiersäcken.<br />
DEUTLICHE ENERGIEEINSPARUNGEN DURCH ANTRIEBE<br />
Einer der ausschlaggebenden Faktoren bei der Wahl der<br />
neuen Förder- und Verpackungsanlage war der Kauf von<br />
40 mechatronischen Antriebseinheiten Movigear, die<br />
von SEW-Eurodrive Co. of Canada geliefert wurden. „Mit<br />
der Lösung des Fördertechnikspezialisten Span Tech<br />
hatten wir die Möglichkeit, ein Fördersystem zu schaffen,<br />
das genau zu unseren Bedürfnissen passt“, erklärt<br />
Levesque. „Nachdem Span Tech uns zum mechatronischen<br />
Antriebssystem Movigear geraten hatten, informierte<br />
ich mich über diese Produkte und traf mich mit<br />
Vertretern aus der SEW-Niederlassung Montreal. Danach<br />
fiel die Entscheidung zugunsten von Movigear aus.“<br />
Der Projektingenieur berichtet, dass Kruger je eine an<br />
der Förderwelle ansetzende Movigear-Antriebseinheit<br />
18<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
AUCH FÜR DIE INKJET-<br />
CODIERER BEI KRUGER GILT:<br />
geringer Verbrauch und min<strong>im</strong>aler<br />
Wartungsaufwand über die<br />
gesamte Lebensdauer sorgen für<br />
niedrige Betriebskosten.<br />
EIN ANTRIEBSCONTROLLER Movifit<br />
(<strong>im</strong> Bild) steuert die mechatronischen<br />
Antriebseinheiten an. Er verteilt die<br />
Energie und Kommunikation an bis zu<br />
zehn Movigear.<br />
STEVEN SAGE, Vice President für<br />
Nachhaltigkeit und Innovation: „Um<br />
die steigende Nachfrage nach unseren<br />
Produkten zu befriedigen, brauchten<br />
wir neueste Technik, mit der wir<br />
unsere Prozesse verbessern und die<br />
Produktionsmenge unseres Werks<br />
erhöhen konnten. Unsere Entscheidung<br />
fiel zugunsten von Movigear.“<br />
für jedes Förderband einsetzt. Die Antriebseinheiten<br />
werden durch einen Antriebscontroller Movifit angesteuert.<br />
Er verteilt die Energie und Kommunikation an bis<br />
zu zehn mechatronische Antriebe.<br />
Eines der wichtigsten Kaufargumente für die Firma<br />
Kruger war, dass das mechatronische Antriebssystem<br />
von SEW-Eurodrive als Bestandteil der Prozesslösung<br />
für deutliche Energieeinsparungen sorgt. Ingenieur Martin<br />
Levesque erläutert: „Weil bei Kruger rund um die Uhr<br />
und auch an den Wochenenden 25 Motoren gleichzeitig<br />
laufen, haben wir ermittelt, dass wir, <strong>im</strong> Vergleich zu<br />
einem Standard-Motorsystem, rund 4 000 kanadische<br />
Dollar jährlich einsparen. Jede Möglichkeit zum schlankeren<br />
Betrieb unserer Fertigungsstraße ist gut für das<br />
Unternehmen.“<br />
Steven Sage st<strong>im</strong>mt ihm zu: „Es steht in Einklang mit<br />
unserem Bestreben, unseren Energieverbrauch <strong>im</strong> Rahmen<br />
unserer Nachhaltigkeitsinitiative 'Sustainability<br />
2015' zu senken.“<br />
GRÜN ZAHLT SICH AUS<br />
Neben den Energieeinsparungen ergeben sich durch Movigear<br />
auch Einsparungen bei den CO 2<br />
-Emissionen, sagt<br />
Sage. „Industrie, Handel, Gastgewerbe und Verwaltung<br />
suchen nach grüneren Produkten von Herstellern, die<br />
auf die Umsetzung von Initiativen zur Nachhaltigkeit<br />
setzen, um ihre Position zu stärken“, fasst er zusammen.<br />
„Deswegen sind – neben der Fasergewinnung – Einsparungen<br />
bei Energie, Wasser, Emissionen, Abfällen und<br />
Verpackung für uns die Bereiche, auf die wir uns besonders<br />
konzentrieren.“<br />
AUTOR<br />
UDO MARMANN<br />
ist Marktmanager<br />
bei SEW-Eurodrive<br />
in Bruchsal.<br />
SEW-Eurodrive GmbH & Co KG,<br />
Ernst-Blickle-Str. 42, D-76646 Bruchsal,<br />
Tel. +49 (0) 7251 75 0,<br />
E-Mail: sew@sew-eurodrive.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
19
PRAXIS<br />
Dosiereinheiten Dos<strong>im</strong>ass inklusive Steuerung für<br />
Vakuumprozessanlagen in Brasilien<br />
Steuerung überwacht dosierte Mengen der Produktkomponenten<br />
KOMPLETTE, HOCHPRÄZISE<br />
DOSIEREINHEITEN mit integrierter<br />
Steuerung.<br />
TRI-CLAMP-PROZESSANSCHLUSS<br />
für hohe Hygieneansprüche und<br />
einfache Reinigung.<br />
VAKUUMPROZESSANLAGE DINEX<br />
von Fryma Koruma mit min<strong>im</strong>ierten<br />
Prozess- und Reinigungszeiten.<br />
Bild: Fryma Koruma<br />
MIT DEM DOSIMASS<br />
lassen sich hochgenaue<br />
Dosiermengen<br />
mit kurzen Dosierzeiten<br />
realisieren.<br />
KOMPAKTE, WARTUNGSARME<br />
Membranventile Typ Gemü 650.<br />
SAMUEL METTLER,<br />
Projektmanager<br />
bei Fryma Koruma.<br />
Bild: Fryma Koruma<br />
Eine Vakuumprozessanlage dient zur Produktion von<br />
Cremes, Lotionen, Gelen, Salben, Zahnpasta und jeglichen<br />
anderen Formen von Dispersionen. Die Planung<br />
und der Bau einer solchen Anlage erfordern viel Erfahrung<br />
und die Verwendung qualitativ hochwertiger Materialien<br />
und Komponenten. Typische Anforderungen<br />
der Betreiber sind Min<strong>im</strong>ierung der Prozess- und Reinigungszeiten,<br />
ein opt<strong>im</strong>aler Wärmeaustausch, eine schonende<br />
Verarbeitung der Inhaltsstoffe, Produkthygiene<br />
und aseptisches Anlagendesign sowie eine einfache,<br />
menügeführte Bedienung mit Rezepturverwaltung.<br />
Einer der Hersteller von Vakuumprozessanlagen ist<br />
die Firma Romaco Fryma Koruma mit Sitz in Rheinfelden<br />
(Schweiz) und Neuenburg (Deutschland). Sie stellt<br />
seit 2000 den Geschäftsbereich Processing der Romaco<br />
Group. Am Standort Neuenburg sind Vertrieb und Marketing<br />
sowie das Prozesstechnologie- und Schulungszentrum<br />
Protec angesiedelt. Das Produktmanagement,<br />
die Produktion, die allgemeine Verwaltung und der<br />
Kundenservice befinden sich in Rheinfelden. Die Technologie<br />
aus dem Hause Fryma Koruma wird zur Produktion<br />
verschiedener Produkte eingesetzt: Pharmazeutische<br />
Wirkstoffe, bunte Lippenstiftmassen, Cremes<br />
sowie Ketchup und Schokolade werden auf den Anlagen<br />
produziert.<br />
2011 erhielt das Unternehmen den Auftrag eines brasilianischen<br />
Kosmetikherstellers über die Lieferung von<br />
sechs Vakuumprozessanlagen. Jede dieser Anlagen hat<br />
ein Fassungsvermögen von 10 000 Litern und verfügt<br />
über eine zusätzliche Dosiereinheit zur Zudosierung der<br />
Rohstoffe, die zur Herstellung der kosmetischen Produkte<br />
benötigt werden. Das Gesamtprojekt war gemäß der<br />
GMP-Richtlinien zu realisieren.<br />
GENAUIGKEIT VON KLEINER ALS 0,6 % EINHALTEN<br />
Für die Lieferung der Dosiereinheiten wandte sich der<br />
Hersteller an Endress+Hauser. Die langjährige Erfahrung<br />
des dortigen Kompetenzcenters Life Sciences Industry <strong>im</strong><br />
GMP-Umfeld, <strong>im</strong> Bereich der Durchflussmesstechnik und<br />
die Referenzen bei der Realisierung von Dosiersteuerun-<br />
20<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
gen <strong>im</strong> Pharmaumfeld, haben die Firma überzeugt. Es<br />
wurde vereinbart, dass <strong>im</strong> ersten Schritt zunächst vier<br />
der sechs Dosiersteuerungen zu liefern seien.<br />
Folgende Anforderungen des Endkunden galt es für<br />
Endress+Hauser in enger Abst<strong>im</strong>mung mit Fryma Koruma<br />
zu erfüllen: Die Dosiereinheiten arbeiten mit autonomen<br />
Dosiersteuerungen basierend auf den Vorgaben der übergeordneten<br />
Steuerung der Vakuumprozessanlage. Die Dosierung<br />
von gleichzeitig zwe<strong>im</strong>al zwei Komponenten bei<br />
einer Genauigkeit von kleiner als 0,6 % soll realisiert werden.<br />
Die erreichte Genauigkeit ist ständig zu überwachen.<br />
Die Öffnungs- und Schließzeiten der Ventile sind automatisch<br />
zu opt<strong>im</strong>ieren und die Einflüsse der Ventilabnutzungen<br />
entsprechend auszugleichen. Dosiert wird direkt in<br />
die Homogenisierkammer der Vakuumprozessanlage.<br />
STEUERUNG ÜBERWACHT GENAUIGKEIT DER DOSIERUNG<br />
Jede der vier zu liefernden Dosiereinheiten umfasst die<br />
Messtechnik, die Dosierventile, die Steuerung und Verrohrung<br />
und ist auf jeweils zwei Skids aufgeteilt. Die<br />
Dosiereinheiten wurden für die Integration in die Vakuumprozessanlage<br />
von Fryma Koruma vorbereitet und<br />
vor der Auslieferung in einem Factory Acceptance Test<br />
(FAT) getestet.<br />
Aufgrund der Anzahl der zu dosierenden Komponenten<br />
erhielt jede Dosiereinheit insgesamt neun Durchflussmessgeräte<br />
vom Typ Endress+Hauser Dos<strong>im</strong>ass. Zur<br />
späteren Ankopplung der Dos<strong>im</strong>ass an die Ringleitungen,<br />
die den Maschinen die einzelnen Rohstoffe zuführen,<br />
sind Tri-Clamp-Prozessanschlüsse vorgesehen. Zwischen<br />
den zwei Skids einer Dosiereinheit befindet sich<br />
der Steuerschrank aus Edelstahl mit der speicherprogrammierbaren<br />
Steuerung. Die Steuerung erfasst die<br />
dosierten Mengen der einzelnen Produktkomponenten<br />
über Zähl<strong>im</strong>pulse der jeweiligen Dos<strong>im</strong>ass und gibt Steuerbefehle<br />
zum Öffnen oder Schließen an die Dosierventile.<br />
Die Dosiersteuerung überwacht selbstständig die<br />
erreichte Genauigkeit des Dosiervorgangs und passt die<br />
Öffnungs- beziehungsweise Schließzeiten der Ventile<br />
automatisch an. Ein weiterer Steuerschrank beinhaltet<br />
die Pneumatik zur Ansteuerung der Membranventile.<br />
DATENAUSTAUSCH MIT MASCHINENSTEUERUNG<br />
Neben den Dosiersteuerungen und der Maschinensteuerung<br />
der Vakuumprozessanlage gibt es ein übergeordnetes<br />
Prozessleitsystem, das be<strong>im</strong> Endkunden bereits<br />
installiert ist. Somit ist der Datenaustausch zwischen<br />
den Dosiersteuerungen und der Maschinensteuerung<br />
und parallel dazu zwischen dem Prozessleitsystem und<br />
der Maschinensteuerung zu koordinieren und sicherzustellen.<br />
Daher wurde von Endress+Hauser in einer Funktionsbeschreibung<br />
definiert, welche Daten mit der Maschinensteuerung<br />
ausgetauscht werden. Folgende Aspekte<br />
sind darin berücksichtigt: Freigabe oder Sperrung<br />
jeder einzelnen Dosierlinie, Hand- oder Automatikbetrieb,<br />
Vorgabe der zu dosierenden Menge, Prüfung jedes<br />
einzelnen Dosiervorgangs, Cleaning-in-Place(CIP)-Reinigung.<br />
Der Datenaustausch erfolgt über die Ethernetschnittstellen<br />
der Steuerungen. Bei den Dosiersteuerungen<br />
und bei der Maschinensteuerung kommen SPS vom<br />
Typ S<strong>im</strong>atic S7-315-2PN/DP zum Einsatz. Via Fernwartungszugang<br />
auf die Steuerungen kann der Endkunde<br />
unterstützt werden.<br />
DOSIMASS BENÖTIGT WENIG PLATZ<br />
In den Dosiereinheiten sind Massedurchflussmessgeräte<br />
vom Typ Dos<strong>im</strong>ass mit 3A-Zulassungen eingebaut. Aus<br />
der kompakten Geometrie des Dos<strong>im</strong>ass resultiert ein<br />
geringer Platzbedarf. Dies ist ein Vorteil bei solchen Dosieraufgaben.<br />
Hinzu kommen die hohe Messgenauigkeit<br />
und Robustheit dieses Massedurchflussmessgerätes. Außerdem<br />
ist bei dem Gerät eine CIP- und Sterilisation-in-<br />
Place(SIP)-Reinigung möglich. Weitere Vorteile des eingesetzten<br />
Coriolis-Messsystems: Es sind keine Ein- und<br />
Auslaufstrecken notwendig, es arbeitet unabhängig von<br />
den physikalischen Messstoffeigenschaften des Mediums<br />
und ist wartungsfrei.<br />
MEMBRANVENTILE FÜR DOSIERVORGÄNGE KONZIPIERT<br />
Einen wichtigen Einfluss auf die Dosiergenauigkeit und<br />
Reproduzierbarkeit der Rezeptur haben auch die eingesetzten<br />
Ventile. Endress+Hauser wählte für jede Dosierlinie<br />
ein Membranventil vom Typ Gemü 660. Das Membranventil<br />
ist jeweils unterhalb des Dos<strong>im</strong>ass mittels<br />
Tri-Clamp-Prozessanschlüssen montiert und wird pneumatisch<br />
angesteuert. Das Gemü 660 ist eine wartungsarme<br />
Konstruktion mit Edelstahlantrieb und einem Ventilkörper<br />
aus 316L Edelstahl. Es verfügt über eine visuelle<br />
Stellungsanzeige und ein EHEDG-zertifiziertes<br />
Dichtungskonzept, und wurde speziell für Dosier- und<br />
Abfüllvorgänge unterschiedlicher Produkte konzipiert.<br />
JEDES TECHNISCHE DETAIL IST WICHTIG<br />
„Gerade, wenn es um die Planung und Durchführung von<br />
Großprojekten geht, ist es absolut wichtig, dass wir uns<br />
auf unsere Lieferanten verlassen können. Bei der Konzeption<br />
von Vakuumprozessanlagen mit einem Fassungsvermögen<br />
von 10 000 Litern muss jedes technische Detail<br />
passen. Neben einem ausgereiften mechanischen Verfahren<br />
ist die exakte Steuerung der Rezeptur ein Muss“, sagt<br />
Samuel Mettler, Projektmanager bei Fryma Koruma.<br />
AUTOR<br />
RÜDIGER SETTELMEYER ist Marketingmanager<br />
Prozessautomatisierung bei<br />
Endress+Hauser in Reinach.<br />
Endress+Hauser Messtechnik GmbH & Co. KG,<br />
Colmarer Strasse 6, D-79576 Weil am Rhein,<br />
Tel. +49 (0) 762 19 75 01,<br />
E-Mail: info@de.endress.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
21
PRAXIS<br />
Flexibel und verbindlich: Agiles V-Modell bündelt<br />
Vorteile bei der Entwicklung von Software<br />
Neues Verfahren setzt auf enge Zusammenarbeit von Abteilungen und fördert Motivation<br />
Unternehmen aus der Industrie wie die Hersteller von<br />
Automatisierungstechnik generieren heute zunehmend<br />
aus Software Nutzen für ihre Kunden. Daher ist die<br />
Software <strong>im</strong>mer häufiger das wesentliche Entscheidungskriterium<br />
bei der Suche nach einem geeigneten Anbieter<br />
beziehungsweise der passenden Lösung. Die Industrieunternehmen<br />
sind jedoch keine typischen Software-Entwickler<br />
und -Lieferanten, da sich ihre Entwicklungsprozesse<br />
auf die Konzeption von Hardware ausrichten. Diese<br />
Abläufe entsprechen allerdings nicht der effizienten Entwicklung<br />
von Software. Um wettbewerbsfähig zu bleiben,<br />
müssen die Unternehmen daher ihre Software-relevanten<br />
Entwicklungsprozesse opt<strong>im</strong>ieren.<br />
V-MODELL LEGT VERANTWORTLICHKEITEN FEST<br />
In der klassischen Software-Entwicklung wird vielfach<br />
nach dem V-Modell gearbeitet. Der Ansatz beginnt mit<br />
der Anforderungsanalyse, einer Planung der Inkremente<br />
und dem Software-Entwurf, dem ein oder mehrere<br />
Implementierungsschritte folgen. Auf Seiten der Qualitätssicherung<br />
gibt es eine analoge Abfolge über Modul-,<br />
Integrations- sowie System- und Abnahmetests.<br />
Das V-Modell wird von einem Quality-Gate-Prozess<br />
überlagert, bei dem der jeweils nächste Schritt nur gestartet<br />
werden darf, wenn der aktuelle Schritt gemäß<br />
einer Checkliste abgeschlossen ist. Der Vorteil dieser<br />
Vorgehensweise liegt in einer durchgängigen Dokumentation<br />
des Projektfortschritts und der Terminplanung<br />
sowie der klaren Zuweisung von Rollen und Verantwortlichkeiten.<br />
Die Praxis zeigt jedoch, dass insbesondere<br />
bei der Software-Entwicklung Termine nicht <strong>im</strong>mer<br />
eingehalten werden können und die Ergebnisse<br />
unter Umständen nicht den Wünschen des Auftraggebers<br />
entsprechen.<br />
SCRUM-VERFAHREN STIMMT ERGEBNISSE AB<br />
Alternativ steht deshalb eine Reihe agiler Entwicklungsmethoden<br />
zur Verfügung, die hauptsächlich in kleinen<br />
Unternehmen genutzt werden. Die Methoden gehen davon<br />
aus, dass sich Anforderungen während des Projektverlaufs<br />
inhaltlich, aber auch in ihrer Priorität verändern<br />
können. Der Scrum-Prozess basiert dabei auf einem zentralen<br />
Lastenheft, dem Product Backlog. Hier sind alle<br />
Anforderungen an die Software aufgeführt und mit eindeutigen<br />
Prioritäten versehen. Die Verantwortung für<br />
das Dokument liegt in der Rolle des Product Owners.<br />
Umgesetzt wird das Lastenheft in so genannten<br />
Sprints. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um vier<br />
Wochen Inkremente, in denen ein Team die Anforderungen<br />
gemäß ihren Prioritäten abarbeitet. Für die Zuordnung<br />
der Arbeitsprozesse und deren Realisierung ist das<br />
Team zuständig und nicht eine Einzelperson. Am Ende<br />
des Sprints wird das Ergebnis dem Product Owner vorgestellt,<br />
Feedback eingeholt und dieses unter Umständen<br />
wieder in Form priorisierter Anforderungen in den Product<br />
Backlog geschrieben. Auf diese Weise nähern sich<br />
die Beteiligten aus der Entwicklungs- und Marketing-<br />
Abteilung in enger Abst<strong>im</strong>mung dem Software-Release.<br />
Als nachteilig erweist sich allerdings, dass der Endtermin<br />
für die Freigabe sowie der genaue Funktionsumfang<br />
nicht vorhersagbar sind. Dies ist in einer größeren Organisation<br />
insbesondere für Personen, die nicht direkt am<br />
Entwicklungsprozess beteiligt sind, nur schwer zu verstehen.<br />
Zudem erwarten die Vertriebsmitarbeiter und die<br />
Kunden eine höhere Verbindlichkeit.<br />
EINHALTUNG DES ENDTERMINS ALS TEAM-ZIEL<br />
Auf Basis der mehrjährigen Erfahrung mit beiden Entwicklungsabläufen<br />
haben die Mitarbeiter von Phoenix<br />
DAS V-MODELL dient als Basis für die<br />
klassische Produktentwicklung<br />
AGILE SOFTWARE-ENTWICKLUNG mit Scrum<br />
22<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Contact und KW-Software daher damit begonnen, die<br />
Vorteile beider Verfahren miteinander zu verbinden. Sie<br />
haben den Nutzen der agilen Entwicklung aufgrund der<br />
starken Team-Bildung und des gemeinsam verantworteten<br />
Ergebnisses und die nach außen klar kommunizierbare<br />
Verbindlichkeit des V-Modells zu einem opt<strong>im</strong>alen<br />
Ansatz kombiniert. Nach der Anforderungsanalyse werden<br />
hier die <strong>im</strong> Projekt umzusetzenden Anforderungen<br />
festgelegt, grob abgeschätzt und ein Abnahmetermin<br />
vereinbart. Die Anforderungen müssen jedoch weniger<br />
detailliert als <strong>im</strong> V-Modell aufgeschlüsselt sein. Das<br />
Pflichtenheft und eine Spezifikation entfallen.<br />
Die Entwicklung erfolgt nun nach dem Scrum-Prozess,<br />
wobei alle Beteiligten die Einhaltung des Endtermins<br />
und der zu realisierenden Anforderungen als<br />
Team-Ziel für die Marketing- und Entwicklungsabteilung<br />
<strong>im</strong> Auge behalten. Zur Abnahme und Freigabe werden<br />
die bekannten Quality Gates herangezogen. Die<br />
Mitarbeiter des Bereichs Software-Qualitätssicherung<br />
sind ebenfalls Teil des Teams, werden aber separat organisiert,<br />
um ihre Aufgabe als „unabhängige“ Instanz<br />
zu erfüllen. Sie erarbeiten entsprechende Tests parallel<br />
zu den einzelnen Sprints.<br />
Das kombinierte Entwicklungsverfahren verzichtet auf<br />
umfangreiche technische Spezifikationen. Stattdessen<br />
werden die Anforderungen während des Entwicklungsprozesses<br />
weiter gepflegt, sodass sie am Ende die tatsächliche<br />
Software in einer Außenansicht beschreiben. Dies<br />
ist sowohl für einen abgest<strong>im</strong>mten Test als auch den<br />
weiteren Lebenszyklus des Produkts wichtig. Die technische<br />
Dokumentation der Software-Architektur und der<br />
Komponenten geschieht in dem Maße, wie es für die<br />
Entwicklung und Pflege notwendig ist. Hier gibt es unabhängig<br />
vom Prozess gesonderte Festlegungen.<br />
ENGE ZUSAMMENARBEIT ERHÖHT DIE MOTIVATION<br />
Wie bereits erwähnt, weisen das V-Modell und der<br />
Scrum-Prozess Vor- und Nachteile auf. Das Manko des<br />
V-Modells resultiert aus den starren Verantwortlichkeiten<br />
und Abläufen. Dabei werden Lastenhefte erstellt und<br />
Projektergebnisse zum Projektende abgeholt. In diesen<br />
Fällen entspricht das Ergebnis oft nicht den Erwartungen<br />
des Auftraggebers, weil die Zwischenergebnisse nicht<br />
frühzeitig gemeinsam betrachtet und Entscheidungen<br />
zusammen getroffen wurden. In anderen Fällen wird der<br />
Planungstermin so lange verzögert, bis nahezu die gesamte<br />
Software umgesetzt und damit alle Entwicklungsrisiken<br />
min<strong>im</strong>iert sind. Damit erfolgt die Freigabe fast<br />
unmittelbar auf den Planungstermin, was dem Sinn einer<br />
Projektplanung zuwider läuft.<br />
Das von Phoenix Contact und KW-Software konzipierte<br />
agile V-Modell umgeht beide Nachteile. Dies liegt an<br />
der engen Zusammenarbeit zwischen Marketing-, Entwicklungs-<br />
und Testabteilung begründet. Denn die Projektergebnisse<br />
hinsichtlich Funktion, Termin und Qualität<br />
werden gemeinsam verantwortet. Dieses Vorgehen<br />
funktioniert, da sämtliche Parteien den weiteren Verlauf<br />
über den Entwicklungszyklus mit beeinflussen können.<br />
Den einzelnen Personen müssen trotzdem best<strong>im</strong>mte<br />
Rollen und Verantwortungen zugeordnet werden. Des<br />
Weiteren wird eine Zertifizierung des Entwicklungsprozesses<br />
gegenüber einem rein agilen Prozess erleichtert.<br />
Auch diesem Aspekt kommt besonders aus Sicht von<br />
Großkunden eine <strong>im</strong>mer höhere Bedeutung zu.<br />
Aufgrund der Erfahrung der Mitarbeiter ist es wichtig,<br />
dass ein solcher Prozess durch den Einsatz eines Application-Lifecycle-Management(ALM)-Tools<br />
unterstützt<br />
wird. Auf diese Weise lässt sich später jede Entscheidung,<br />
Erweiterung und Veränderung nachvollziehen.<br />
Das gilt zunächst für das Entwicklungsprojekt, aber auf<br />
lange Sicht auch für die gesamte Software und ihren<br />
Lebenszyklus. Eine weitere Folge der engen Zusammenarbeit<br />
in den Teams und dem hohen Maß an Selbstorganisation<br />
ist die gestiegene Motivation der Mitglieder<br />
sowie deren Identifikation mit dem Produkt.<br />
FAZIT<br />
Software wird zukünftig der Schlüssel zur Kundengewinnung<br />
und -bindung sein. Um innovative und erfolgreiche<br />
Tools zu entwickeln, müssen die Unternehmens- und Entwicklungsprozesse<br />
ebenfalls angepasst und opt<strong>im</strong>iert<br />
werden. Nur dann können die Industrieunternehmen den<br />
veränderten Anforderungen ihrer Kunden Rechnung tragen<br />
und sich einen Wettbewerbsvorteil sichern.<br />
AUTOREN<br />
JÖRG JESCHIN ist Leiter Software<br />
Plattform Entwicklung bei Phoenix<br />
Contact Electronics GmbH und<br />
KW-Software in Lemgo.<br />
JENS DREYER arbeitet <strong>im</strong> Produktmarketing<br />
Software bei Phoenix Contact Electronics<br />
GmbH in Bad Pyrmont.<br />
INTEGRIERTE SPRINTS erhöhen den<br />
Entwicklungserfolg des V-Modells<br />
Phoenix Contact GmbH & Co. KG,<br />
Flachsmarktstraße 8, D-32825 Blomberg,<br />
Tel. +49 (0) 523 53 00,<br />
E-Mail: jdreyer@phoenixcontact.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
23
PRAXIS<br />
Innovation spart 40 Prozent Bauraum <strong>im</strong> Schalt -<br />
schrank verglichen mit den vorherigen Baugrößen<br />
Digitale I/O-Module für das modulare LB-Remote-I/O-System sind nur noch halb so breit wie bisher<br />
DAS DIGITALE<br />
EINGANGSMODUL<br />
LB1109A, das nur<br />
noch halb so viel<br />
Platz <strong>im</strong> Schaltschrank<br />
benötigt,<br />
wie vergleichbare<br />
Modelle.<br />
VIELSEITIG: Remote-I/O-Systeme helfen unter anderem<br />
in der Chemiebranche, Signale zwischen den Feldgeräten<br />
<strong>im</strong> explosionsgefährdeten Bereich und dem Leitsystem<br />
anzupassen und weiterzuleiten.<br />
Der Platz in einem Schaltschrank ist bares Geld wert.<br />
Bei der Planung oder Modernisierung von Anlagen<br />
wird die Größe des Schrankes als Kostenfaktor mit einbezogen.<br />
Pepperl+Fuchs bietet nun seine analogen Remote-I/O-Module<br />
als digitale Version an. Sie sind mit 16<br />
Mill<strong>im</strong>etern nur noch halb so groß wie vergleichbare Geräte.<br />
Laut Anbieter reduzieren sie so die Kosten pro Kanal.<br />
PLATZERSPARNIS ALS WETTBEWERBSVORTEIL<br />
In Zeiten, in denen <strong>im</strong>mer umfangreichere Funktionen<br />
zunehmend mehr elektronische Komponenten benötigen,<br />
ist Platzersparnis ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.<br />
„Es macht schon einen Unterschied, ob auf einer Backplane<br />
mit 8, 16 oder noch mehr I/O-Modulen jedes Einzelne<br />
in der Breite 16 Mill<strong>im</strong>eter mehr oder weniger Platz<br />
benötigt“, rechnet Gerrit Lohmann, Leiter der Produktgruppe<br />
Remote Systems bei Pepperl+Fuchs vor. Daher verbessern<br />
er und seine Kollegen das Produktrange der bereits<br />
seit mehr als 15 Jahren erfolgreich am Markt etablierten<br />
Remote-I/O-Systeme kontinuierlich. Auch die Entwicklung<br />
neuer und kompakterer Gehäusebauformen für die<br />
I/O-Module gehört dazu. Sie best<strong>im</strong>men, entsprechend der<br />
Anzahl der darüber angebundenen Feldgeräte, zu mehreren<br />
kombiniert, die Gesamtgröße eines Systems erheblich.<br />
MIT REMOTE-I/O-SYSTEMEN SPAREN<br />
Modulare Remote-I/O-Systeme, von denen Pepperl+Fuchs<br />
die Varianten FB und LB anbietet, verbinden Feldgeräte<br />
aus explosionsgefährdeten und sicheren Bereichen mit<br />
Prozessleitgeräten über einen Feldbus.<br />
FB-Remote-I/O-Stationen werden in Zone 1 oder 21 und<br />
LB-Remote-I/O-Stationen in Zone 2/22, Class I, Division 2<br />
oder <strong>im</strong> sicheren Bereich montiert. Ihre Aufgabe ist die<br />
Signalanpassung zwischen Feldsignalen des explosionsgefährdeten<br />
und des sicheren Bereiches für Steuerungen und<br />
Leitsysteme. Sie führen eigensichere Eingänge und Ausgänge<br />
von Sensoren und Aktoren verschiedenen Feldbussen<br />
zu, nehmen Signale von Namur-Initiatoren oder mechanischen<br />
Kontakten entgegen und steuern IS-Leistungsspulen<br />
an. Darüber hinaus können über die Anschlusstechnik<br />
Aktoren mit erhöhter Sicherheit (Ex e) wie zum Beispiel<br />
Signalleuchten oder akustische Signalgeber angeschlossen<br />
werden, die eine größere Leistung benötigen.<br />
Ein Remote-I/O-System besteht aus ein- und/oder mehrkanaligen<br />
Modulen, die beliebig auf eine Backplane gesteckt<br />
sind. Die Backplane wiederum ist auf eine Montageplatte<br />
geschraubt oder auf einer DIN-Standardschiene<br />
eingerastet. Sie versorgt die Module mit Energie und bildet<br />
die Verbindung zwischen Modulen und dem Buskoppler.<br />
Die Backplanes bietet Pepperl+Fuchs in unterschiedlichen<br />
Größen an. Das erlaubt ebenfalls einen modularen<br />
und Platz sparenden Aufbau einer Remote-I/O-Station.<br />
In Remote-I/O-Modulen kommen verschiedene Bustechnologien<br />
zum Einsatz, um mit dem Master-Prozessleitsystem,<br />
einer SPS oder dem Scada-System zu kommunizieren.<br />
Die beliebtesten sind Profibus DP oder DP<br />
V1, Modbus RTU, Foundation Fieldbus H1 sowie Modubus<br />
TCP über Ethernet.<br />
Anwender sparen mit Remote-I/O-Systemen bei der<br />
Verdrahtung, der technischen Projektierung und den<br />
Montagekosten. Sie gewinnen mehr Kontroll- und Diagnosefunktionen<br />
und haben Fernzugriff auf Hart-Feldgeräte.<br />
Geeignet für sichere und explosionsgefährdete Bereiche<br />
sichern Remote-I/O-Systeme bei redundant ausgeführtem<br />
Feldbus sowie redundanten Buskopplern und<br />
Netzteilen die hohe Verfügbarkeit. Bei Ausfall einer Busleitung<br />
oder eines Buskopplers schaltet das übergeordnete<br />
System automatisch und stoßfrei auf den Redundanz-<br />
24<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
www.<strong>atp</strong>-<strong>edition</strong>.de<br />
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koppler um. Außerdem ist dank Netzteil-Redundanz<br />
sichergestellt, dass bei einem Netzteilausfall die Module<br />
und Buskoppler weiter versorgt werden.<br />
EFFIZIENTE RAUMNUTZUNG IM SCHALTSCHRANK<br />
Die nun entwickelten 8-kanaligen, digitalen Eingangsmodule<br />
hat der Anbieter durch ein neues, elektrisches<br />
Design ermöglicht. Mit lediglich 16 Mill<strong>im</strong>eter<br />
Breite sind die High-Density-Module nur noch<br />
halb so breit wie die Vorgängerbauform. Sie passen<br />
in vorhandene Backplanes und sind leicht zu konfigurieren.<br />
Ausgerüstet mit Status LEDs für die schnelle<br />
Diagnose vereinfachen sie die Inbetriebnahme.<br />
Mit den Modulen für digitale Eingänge ergänzt der<br />
Hersteller die Produktrange für besonders kompakte<br />
Installationen. Ergänzend zu der nun kompletten Reihe<br />
schmaler, mehrkanaliger Module für analoge und<br />
digitale I/Os passen auch die universellen I/O-Module<br />
in das Konzept für effiziente Raumnutzung <strong>im</strong><br />
Schaltschrank.<br />
Für die Verarbeitung analoger sowie binärer Einoder<br />
Ausgänge sind sie als analoger Hart-kompatibler<br />
Ein- oder Ausgang sowie als digitaler Kontakteingang<br />
oder Magnetventilausgang konfigurierbar. So reduzieren<br />
diese Geräte die auf Lager zu haltenden Varianten,<br />
was ebenfalls zur Kostensenkung beiträgt.<br />
Die Referenzklasse für die<br />
Automatisierungstechnik<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> ist das Fachmagazin für die Automatisierungstechnik.<br />
Die Qualität der wissenschaftlichen Hauptbeiträge<br />
sichert ein strenges Peer-Review-Verfahren. Bezug zur<br />
automatisierungstechnischen Praxis nehmen außerdem<br />
die kurzen Journalbeiträge aus der Fertigungs- und Prozessautomatisierung.<br />
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FAZIT<br />
„Bei einem kompletten LB-Remote-I/O-System inklusive<br />
Buskoppler und Netzteile, sparen die schmalen<br />
Module je nach Signalmix – <strong>im</strong> Vergleich zu den vorherigen<br />
Baugrößen – insgesamt rund 40 % Bauraum“,<br />
rechnet Lohmann vor. Das bedeutet je nach Konstellation<br />
erheblich kleinere Systeme oder doppelt so viele<br />
I/O-Module bei gleichem Platz. In jedem Fall geht die<br />
Platzeinsparung als erheblicher Faktor in die Kostenbetrachtung<br />
pro Kanal ein.<br />
AUTORIN<br />
SABRINA WEILAND,<br />
ist Produkt Marketing<br />
Manager <strong>im</strong> Geschäftsbereich<br />
Prozessautomation bei<br />
der Pepperl+Fuchs GmbH.<br />
Pepperl+Fuchs GmbH,<br />
Lilienthalstraße 200, D-68307 Mannhe<strong>im</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 621 776 22 22,<br />
E-Mail: pa-info@de.pepperl-fuchs.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> erscheint in der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München
HAUPTBEITRAG<br />
<strong>Prozesss<strong>im</strong>ulation</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Automatisierungssystem</strong><br />
Objektorientierte Strukturierung für Rezepte und Tests<br />
Höhere Anforderungen an die Anwendersoftware von <strong>Automatisierungssystem</strong>en verursachen<br />
wachsende Kosten für Programmierung, S<strong>im</strong>ulation und Test. Teure Rezeptpakete<br />
und S<strong>im</strong>ulationswerkzeuge unterstützen zwar die Softwareentwickler, lohnen sich<br />
jedoch zeitlich und finanziell nur für große Projekte. Dieser Beitrag untersucht, wie die<br />
wichtigsten Fähigkeiten dieser Systeme mit Bordmitteln der <strong>Automatisierungssystem</strong>e<br />
selbst nachgebildet werden können. Um eine solche kostengünstige Lösung für kleinere<br />
Projekte anzubieten, werden Funktionsbaustein-Bibliotheken entwickelt, die auf den<br />
Grundlagen von Rezeptfahrweise und objektorientierter SPS-Programmierung basieren.<br />
SCHLAGWÖRTER Grundoperationenkonzept / Objektorientierung / virtuelle Inbetriebnahme<br />
Process S<strong>im</strong>ulation in Smaller Automation Systems –<br />
Object Orientation and Recipe Method<br />
Increasing demands on the control system software of automation systems cause <strong>im</strong>mense<br />
costs for programming, s<strong>im</strong>ulation, and testing. Expensive batch systems and s<strong>im</strong>ulation<br />
tools support software developers but are only viable in big projects. This paper examines<br />
how to replicate the most <strong>im</strong>portant features of these systems with standard<br />
programming tools. To provide such a low-cost solution for smaller projects, function<br />
block libraries are developed on the basis of recipe method and object-oriented PLCprogramming.<br />
KEYWORDS recipe method / object-orientation / virtual commissioning<br />
26<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
MATTHIAS SEITZ, Hochschule Mannhe<strong>im</strong><br />
Die Anwendersoftware in <strong>Automatisierungssystem</strong>en<br />
basiert auf einer strukturierten Programmierung.<br />
Dabei werden Anwenderprogramme mit<br />
Hilfe von Funktionsbausteinen entwickelt, die<br />
sich für häufig auftretende Funktionen <strong>im</strong>mer<br />
wieder verwenden lassen [1,2]. Standardbausteine für Maschinen<br />
in der Fertigungsautomatisierung wurden von der<br />
PLCopen entwickelt [3], für Geräte in der Prozessautomatisierung<br />
bieten die Leitsystemhersteller Bausteinbibliotheken<br />
an [4,5]. Zurzeit wird diskutiert, welche Anforderungen<br />
Standardmodule erfüllen müssen, um das Engineering<br />
verfahrenstechnischer Anlagen zu vereinfachen [6].<br />
Infolge steigender Qualitätsanforderungen und kürzerer<br />
Inbetriebsetzungszeiten steigt der Aufwand für S<strong>im</strong>ulation<br />
und Test der Anwendersoftware. Vorhandene S<strong>im</strong>ulationssysteme<br />
[7,8] sind auf eine möglichst genaue,<br />
grafisch an<strong>im</strong>ierte Modellierung der Anlage fokussiert.<br />
Dies ist zwar anschaulich und für die Analyse des dynamischen<br />
Anlagenverhaltens und den Entwurf von Regelungen<br />
notwendig, hat aber zur Folge, dass das Anlagenverhalten<br />
aufwendig zu programmieren ist. Neben der<br />
Software zur Steuerung der Anlage, muss fast noch einmal<br />
so viel Software zur S<strong>im</strong>ulation der Anlage in einer<br />
zweiten Programmierumgebung entwickelt werden.<br />
In vielen verfahrenstechnischen Anlagen werden<br />
Standardregler eingesetzt und statt des Reglerentwurfs<br />
ist der Steuerungsentwurf für das komplexe Anlagenverhalten<br />
von größerer Relevanz. In diesem Beitrag wird<br />
deshalb das Anlagenverhalten mit Funktionsbausteinen<br />
<strong>im</strong> <strong>Automatisierungssystem</strong> selbst modelliert. Diese S<strong>im</strong>ulationsbausteine<br />
spielen dann als Software-in-theloop<br />
mit den Steuerbausteinen zusammen. Im Folgenden<br />
wird erläutert, wie allgemein verwendbare Funktionsbausteine<br />
durch eine geschickte Strukturierung der Anlage<br />
und des Verfahrens entwickelt werden können,<br />
welche Vorteile die objektorientierte SPS-Programmierung<br />
hierfür bietet und wie sich daraus Funktionsbausteine<br />
ergeben, mit denen die Steuerungssoftware automatisiert<br />
getestet werden kann. Ergänzend wird dem<br />
Leser die programmtechnische Umsetzung dokumentiert<br />
in [9] bereitgestellt.<br />
1. ENTWICKLUNG VON PROZESS- UND ANLAGENMODULEN<br />
Eine modulare Automatisierungssoftware besteht, wie<br />
in Bild 1 skizziert, aus drei Säulen mit Modulen zur Steuerung,<br />
S<strong>im</strong>ulation und Visualisierung. Im Zuge einer<br />
Anlagenzerlegung lassen sich allgemein verwendbare<br />
Funktionsbausteine für die wichtigsten Feldgerätetypen<br />
finden, die in prozesstechnischen Anlagen auftreten. Für<br />
ein S<strong>im</strong>ulations- und Testsystem sind zusätzlich S<strong>im</strong>ulations-<br />
und Visualisierungsbausteine als Pendant zu<br />
den Steuerbausteinen zu entwickeln.<br />
Die vierte Säule umfasst Grundfunktionen für Ablaufsteuerungen,<br />
die nicht <strong>im</strong>mer, aber insbesondere für die<br />
Automatisierung von Chargenprozessen benötigt werden<br />
[1]. Um möglichst allgemein wiederverwendbare Funktionsbausteine<br />
zu entwickeln, ist es notwendig, die Anlage<br />
und den Prozessablauf in Module zu zerlegen.<br />
Die Rezeptfahrweise nach ISA-88 [10] basiert auf der<br />
Idee, den verfahrenstechnischen Prozess in Grundoperationen<br />
und Grundfunktionen aufzuteilen, die als parametrierbare<br />
und wiederverwendbare Bausteine <strong>im</strong> <strong>Automatisierungssystem</strong><br />
abgebildet werden [11]. Im System nach<br />
Bild 1 sind Schrittketten für Dosieren, Heizen, Abfüllen<br />
und so weiter als geräteneutrale Grundfunktionen in Form<br />
wiederverwendbarer Funktionsbausteine bereitgestellt.<br />
Diese Grundfunktionen werden in dem hier betrachteten<br />
Alltagsbeispiel zunächst zu den Grundoperationen Wasserkochen,<br />
Kaffeeaufbrühen und Warmhalten zusammengesetzt.<br />
Aus den Grundoperationen wird dann der Ablauf<br />
des Rezepts zur Herstellung von Kaffee gebildet.<br />
1.1 Vorteile durch objektorientierte SPS-Programmierung<br />
Seit die SPS-Programmiersprachen eine objektorientierte<br />
Programmierung von <strong>Automatisierungssystem</strong>en ermöglichen<br />
[12], lässt sich die Rezeptfahrweise ohne Rezeptpaket<br />
mit Bordmitteln des Programmiersystems vergleichsweise<br />
einfach umsetzen [2]. Dabei werden die<br />
Feldgeräte, wie in Bild 2 gezeigt, über Methoden und Eigenschaften<br />
aus den Schrittketten der Grundoperationen<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
27
HAUPTBEITRAG<br />
und Grundfunktionen heraus angesprochen. In den Aktionen<br />
der Schrittketten werden Methoden, etwa zum<br />
Ein- und Ausschalten einer Pumpe, aufgerufen, während<br />
die Eigenschaften der Feldgeräte, wie zum Beispiel das<br />
Erreichen einer oberen Füllstandsgrenze, als Weiterschaltbedingung<br />
in den Transitionen ausgewertet werden.<br />
Die Ansteuerung über Methoden und Eigenschaften ist<br />
übersichtlicher und transparenter als die Ansteuerung<br />
durch Variablen. Der Umfang der Software wird durch Anwendung<br />
von Vererbung und Polymorphismus noch weiter<br />
reduziert. Ein weiterer Vorteil polymorpher Bausteine ist,<br />
dass sie für verschiedene Varianten von Anlagen- und Prozessmodulen<br />
eingesetzt werden können. Beispielsweise<br />
wirkt die Grundfunktion BF_TEMP in Bild 3 zum Heizen<br />
oder Kühlen von Medien auf einem Temperaturregler. Die<br />
Schnittstelle Control des Reglers, der die Methoden und<br />
Eigenschaften der Schnittstelle Sensor geerbt hat, umfasst<br />
zusätzlich folgende Methoden und Eigenschaften:<br />
INTERFACE Control EXTENDS Sensor<br />
METHOD AUT : BOOL (*Einschalten der Regelung*)<br />
METHOD MAN : BOOL (*Ausschalten der Regelung<br />
und Ausgabe eines manuellen<br />
Stellwerts*)<br />
METHOD EXT : BOOL (*Externe Sollwertvorgabe*)<br />
PROPERTY MV : REAL (*Rückmeldung des ausgegebenen<br />
Stellwerts*)<br />
PROPERTY SP : REAL (*Rückmeldung des eingestellten<br />
Sollwerts*)<br />
Die Implementierung dieser Methoden und Eigenschaften<br />
kann unterschiedlich sein. So ist der Temperaturregler<br />
T3107, der in der Anlage nach Bild 4 zum Wasserkochen<br />
eingesetzt wird, ein Zweipunktregler und basiert auf dem<br />
entsprechenden Funktionsbaustein TYP_2PT. Dagegen<br />
wird zum Warmhalten des Kaffees in Bild 4 der PID-Regler<br />
TIC3302 durch den Funktionsbaustein TYP_PID realisiert.<br />
Die Methoden und Eigenschaften dieser Reglerbausteine<br />
haben gleiche Namen und Übergabeparameter, der Regelalgorithmus<br />
ist jedoch unterschiedlich. Trotzdem kann in<br />
beiden Fällen die gleiche Grundfunktion BF_TEMP verwendet<br />
werden, da diese nur die Methoden und Eigenschaften<br />
der Schnittstelle Control aufruft, die unterschiedliche Implementierung<br />
jedoch in den Reglerbausteinen erfolgt.<br />
Bild 3 zeigt den Aufbau der Prozessmodule, die den Prozessablauf,<br />
hier das Kaffeekochen, in die Module Rezept,<br />
Grundoperationen und Grundfunktionen unterteilt.<br />
Grundfunktionen sind dabei als parametrierbare Funktionsbausteine<br />
realisiert, wie zum Beispiel BF_TEMP in Bild<br />
3. Grundoperationen sind als Aktionen des Rezeptprogramms<br />
<strong>im</strong>plementiert. Die Module sind so allgemein<br />
umgesetzt, dass sie in verschiedenen verfahrenstechnischen<br />
Prozessen <strong>im</strong>mer wieder verwendet werden können.<br />
1.2 Aggregierte Klassenbildung<br />
Ähnlich wie der Prozessablauf in Module zerlegt wird, sind<br />
die Geräte der Anlage zu modularisieren. Die Feldgeräte<br />
einer Anlage stellen Objekte dar, die sich in wenige Klassen<br />
einteilen lassen. Zum Beispiel stellen die Ventile und Motoren<br />
in Bild 4 die Klasse der Einzelsteuerfunktionen dar,<br />
die durch den Funktionsbaustein TYP_IDF1 angesteuert<br />
werden können. Genauso sind Funktionsbausteine für alle<br />
anderen Feldgerätetypen der Anlage zu entwickeln (siehe<br />
beispielsweise TYP_PID, TYP_AIN in Bild 1).<br />
Die Funktionsbausteine der Feldgeräteklassen werden<br />
nun zur Steuerung ganzer Anlagenteile (wie TYP_VES-<br />
SEL, TYP_HEATER) und Teilanlagen (wie TYP_FILTER,<br />
TYP_BOILER) zusammengesetzt. Die in der hier betracteten<br />
Anlage verwendeten Steuer- und S<strong>im</strong>ulationsbausteine<br />
sind in Bild 4 den gestrichelten Anlagenteilen<br />
zugeordnet. Alle blau gestrichelten Anlagenteile bilden<br />
die Teilanlage TYP_BOILER, die grün gestrichelten die<br />
Teilanlage TYP_FILTER und die rot gestrichelten die<br />
Teilanlage TYP_STORAGE. Die Teilanlagen werden von<br />
Programmen angesteuert, in denen die Steuer- und S<strong>im</strong>ulationsbausteine<br />
instanziiert sind. Die komplette<br />
Software zur Steuerung der Anlage nach Bild 4 wurde<br />
mit dem SPS-Programmiersystem CoDeSys 3.5 programmiert<br />
und steht unter [9] zum Download zur Verfügung.<br />
Durch dieses Bottom-up-Vorgehen entstehen neue übergeordnete<br />
Softwaremodule, sozusagen aggregierte Klassen,<br />
die große Teile einer Anlage ansteuern können. Die<br />
Bausteine sind geräteneutral und parametrierbar, sodass<br />
sie sich soweit möglich für gleiche Anlagenteile <strong>im</strong>mer<br />
wieder verwenden lassen. Somit ergibt sich ein Baukasten<br />
mit Funktionsbausteinen beziehungsweise Ansteuerprogrammen<br />
(Continuous Function Charts, CFC) für Feldgeräte,<br />
Anlagenteile und Teilanlagen sowie mit Grundfunktionsbausteinen<br />
für ihre verfahrenstechnische Verwendung<br />
in Ablaufketten (Sequential Function Charts, SFC).<br />
Dieser Baukasten mit CFC- und SFC-Bausteinen kann<br />
nach Bild 1 auf S<strong>im</strong>ulationsbausteine und Bausteine zur<br />
Prozessvisualisierung ausgedehnt werden. Für jeden Feldgerätetyp<br />
lassen sich beispielsweise <strong>im</strong> SPS-Programmiersystem<br />
CoDeSys ein Visualisierungssymbol und ein Faceplate<br />
als parametrierbare und wiederverwendbare Bedienungsbausteine<br />
anlegen. Diese können zu Grafikbildern<br />
von verfahrenstechnischen Teilanlagen und Fertigungsstraßen<br />
zusammengesetzt werden.<br />
2. STANDARDBAUSTEINE ZUR ANLAGENSIMULATION<br />
Um den Aufwand gering zu halten, ein S<strong>im</strong>ulationsmodell<br />
für verfahrenstechnische Anlagen zu erstellen, wurde<br />
die S<strong>im</strong>ulationssoftware genauso strukturiert wie die<br />
Steuerungssoftware (siehe Bild 1). Für jeden Feldgerätetyp<br />
wird ein Funktionsbaustein zur Ansteuerung und<br />
jeweils ein Funktionsbaustein zur S<strong>im</strong>ulation entwickelt.<br />
Mit der gewonnenen Bausteinbibliothek lassen<br />
sich die S<strong>im</strong>ulationsbausteine generisch zu einem S<strong>im</strong>ulationsmodell<br />
der Anlage zusammensetzen, womit die<br />
Steuerungssoftware vor der Inbetriebnahme mit der realen<br />
Anlage automatisiert getestet werden kann.<br />
Die S<strong>im</strong>ulationsbausteine wirken statt eines realen Anlagenteils<br />
<strong>im</strong> Steuerkreis als Software-in-the-loop. Dabei<br />
steht das Beherrschen der Komplexität der Steuerungssoftware<br />
<strong>im</strong> Mittelpunkt und weniger die exakte dynamische<br />
Modellierung der Anlage, denn das Zeitverhalten<br />
der Anlage und die Reglereinstellungen müssen später<br />
bei der Inbetriebnahme ohnehin noch opt<strong>im</strong>iert werden.<br />
Durch das Ineinandergreifen von Steuerungs- und S<strong>im</strong>ulationsbausteinen<br />
wird erreicht, dass der grundsätzliche<br />
Prozessablauf vor der Inbetriebnahme ohne Anlage<br />
getestet werden kann. Dies hilft dem Programmierer bei<br />
der Entwicklung der Steuerungssoftware, dient als Nach-<br />
28<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
BILD 1: Softwarestruktur<br />
mit Modulen zur Steuerung und<br />
S<strong>im</strong>ulation einer Beispielanlage<br />
TYP_Vessel,<br />
S<strong>im</strong>_Vessel<br />
TYP_Heater,<br />
SIM_Heater<br />
TYP_Feed, SIM_Feed<br />
TYP_Tank,<br />
SIM_Tank<br />
TYP_Tank<br />
SIM_Tank<br />
BILD 2: Ansteuerung von Methoden in Aktionen der<br />
Schrittketten (SFC) und Auswertung von Eigenschaften<br />
als Weiterschaltbedingung<br />
TYP_Vessel,<br />
SIM_Vessel<br />
TYP_Temp, SIM_Temp<br />
Rezept<br />
Grundoperation<br />
Grundfunktion<br />
BILD 4: Zuordnung der<br />
Ansteuer- und S<strong>im</strong>ulationsbausteine<br />
zu einer<br />
verfahrenstechnischen<br />
Anlage, die in der Ausbildungsabteilung<br />
von BASF zur<br />
Herstellung von Tee und<br />
Kaffee eingesetzt wird.<br />
BILD 3: Aufbau von Prozessmodulen für<br />
den Beispielprozess des Kaffeekochens<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
29
HAUPTBEITRAG<br />
Ansteuerbaustein<br />
BILD 5: Mapping der E/A-Signale %IW9 und %QX0.4 wahlweise<br />
auf den S<strong>im</strong>ulationsbaustein SIM_Heater und/oder auf den<br />
Steuerbaustein TYP_Heater<br />
S<strong>im</strong>ulationsbaustein<br />
Mapping auf E/A-Kanäle<br />
BILD 6: Test der Sensoren und Aktoren<br />
mit Hilfe der S<strong>im</strong>ulationsprogramme<br />
und einer Schrittkette (SFC)<br />
weis der prinzipiellen Funktionalität bei Factory Acceptance<br />
Test (FAT) und erlaubt es, die Auswirkungen von<br />
Änderungen nach der Inbetriebnahme auf die bestehende<br />
Steuerungssoftware vorab in der S<strong>im</strong>ulation zu testen.<br />
Voraussetzung für das reibungslose Umschalten zwischen<br />
S<strong>im</strong>ulationsumgebung und realer Anlage ist, dass<br />
das <strong>Automatisierungssystem</strong> ein Mapping der E/A-Kanäle<br />
auf Variablen ermöglicht. Im SPS-Programmiersystem<br />
CoDeSys können die E/A-Kanäle, wie in Bild 5 dargestellt,<br />
auf Variablen der Funktionsbausteine gemappt<br />
werden. Solange an den E/A-Kanälen noch keine Feldgeräte<br />
angeschlossen sind, werden die Adressen mit Variablen<br />
verbunden. Dies wird genutzt, um die Ausgangskanäle<br />
durch S<strong>im</strong>ulationsbausteine einzulesen und<br />
daraufhin die Eingangskanäle zu s<strong>im</strong>ulieren.<br />
Im Beispiel von Bild 5 wird das Stellsignal E3108.OUT1<br />
einer Heizung durch den S<strong>im</strong>ulationsbaustein SIM_Heater<br />
eingelesen. Ist die Heizung eingeschaltet, s<strong>im</strong>uliert der<br />
Baustein den Temperaturanstieg durch ein Verzögerungsglied<br />
erster Ordnung und gibt den s<strong>im</strong>ulierten Temperaturwert<br />
als Datenwort an den Reglereingang T3107.X_W<br />
aus. Ohne S<strong>im</strong>ulation wird der Eingang von einem Sensor<br />
der realen Anlage über den Eingangskanal %IW9 gespeist.<br />
Der Ansteuerbaustein TYP_Heater registriert nicht, ob<br />
er die Daten vom S<strong>im</strong>ulationsbaustein oder direkt vom<br />
Eingangskanal erhält. In jedem Fall kann die Steuerung<br />
ausgeführt und getestet werden. In ähnlicher Weise lassen<br />
sich weitere Übertragungsglieder für typische Steuer-<br />
und Regelstrecken der Verfahrenstechnik s<strong>im</strong>ulieren.<br />
Natürlich wäre es möglich, die S<strong>im</strong>ulation als Methoden<br />
in die Ansteuerbausteine zu integrieren. Dann wären aber<br />
S<strong>im</strong>ulations- und Steuerungssoftware miteinander verwoben.<br />
Die meisten Anlagenbetreiber fordern jedoch aus Sicherheitsgründen<br />
eine sichere Deaktivierung der S<strong>im</strong>ulation,<br />
um versehentliche Reaktionen der Steuerung auf die<br />
S<strong>im</strong>ulation anstatt auf die reale Anlage zu verhindern.<br />
Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass S<strong>im</strong>ulations- und<br />
Ansteuersoftware sauber voneinander getrennt sind. Die<br />
vorgeschlagenen Standardbausteine werden in eigenen<br />
S<strong>im</strong>ulationsprogrammen instanziiert und von einer S<strong>im</strong>ulationstask<br />
abgearbeitet, die getrennt von der Steuerungssoftware<br />
in das Zielsystem geladen oder vor der<br />
Inbetriebnahme einfach deaktiviert beziehungsweise<br />
gelöscht werden können. Die Steuerungssoftware kann<br />
so ohne Änderungen vom S<strong>im</strong>ulationsbetrieb auf den<br />
realen Anlagenbetrieb umgeschaltet werden.<br />
3. MODELLBASIERTES TESTEN<br />
Mit Hilfe der entwickelten S<strong>im</strong>ulationsbausteine lässt<br />
sich der spezifizierte Prozessablauf automatisch testen.<br />
Viele Ansätze haben zum Ziel, die Installationsprüfung<br />
während der Inbetriebnahme zu automatisieren [13,14].<br />
In diesem Beitrag steht dagegen nicht Site Acceptance Test<br />
(SAT), sondern der FAT der Software <strong>im</strong> Mittelpunkt. Dies<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr.-Ing. MATTHIAS<br />
SEITZ (geb. 1967) vertritt<br />
das Fach gebiet Elektronische<br />
Steuerungstechnik<br />
am Institut für <strong>Automatisierungssystem</strong>e<br />
der<br />
Hoch schule Mannhe<strong>im</strong>.<br />
Haupt arbeitsfelder:<br />
Engineering von <strong>Automatisierungssystem</strong>en<br />
(SPS, PLS), Entwicklung<br />
adaptiver und lernfähiger Steuerungen.<br />
Hochschule Mannhe<strong>im</strong>,<br />
Paul-Wittsack-Straße 10,<br />
D-68163 Mannhe<strong>im</strong>,<br />
Tel. +49 (0) 6151 60 62 33,<br />
E-Mail: m.seitz@hs-mannhe<strong>im</strong>.de<br />
30<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
REFERENZEN<br />
hilft auch dem Programmierer, der seine Software während<br />
der Erstellung mehrfach testen möchte und muss.<br />
Der Aufwand hierfür ist überschaubar. Für jeden Ansteuerbaustein<br />
aus Bild 1 muss der Entwickler nur den dazugehörigen<br />
S<strong>im</strong>ulationsbaustein als Pendant aus der S<strong>im</strong>ulationsbibliothek<br />
hinzufügen. Dadurch wird der Loop zwischen<br />
Sensor und Aktor auch ohne Anlage geschlossen und<br />
die Software kann vor der Inbetriebnahme getestet werden.<br />
Durch die Aggregation von Klassen können ganze Anlagenteile<br />
durch einen Steuer- und einen S<strong>im</strong>ulationsbaustein<br />
modelliert werden, was die Softwareerstellung noch effizienter<br />
macht. Voraussetzung ist natürlich, dass die modellierten<br />
Bausteine auf den konkreten Anlagenteil passen.<br />
Mit den beschriebenen S<strong>im</strong>ulations- und Visualisierungsbausteinen<br />
können die Feldgeräte in der Betriebsart Manuell<br />
getestet werden. Durch diese Modultests wird die prinzipielle<br />
Funktionsweise der Feldgeräteansteuerung vor der Installation<br />
überprüft. In den meisten Fällen ist dieser Test nicht<br />
nötig, wenn die Typicals der Funktionsbausteine schon ausreichend<br />
getestet wurden. Jedes einzelne Feldgerät wird während<br />
der Inbetriebnahme ohnehin durch Loop-Checks <strong>im</strong><br />
Zusammenspiel mit der realen Anlage untersucht.<br />
Wichtiger ist der automatische Test des spezifizierten Prozessablaufs.<br />
Durch Integration der Rezeptsteuerung werden<br />
die CFC dann, wie in Bild 6 dargestellt, in der Betriebsart<br />
Automatik gemäß dem vorgesehenen Ablauf durch die SFC<br />
angesteuert. Läuft die Schrittkette ohne Fehler durch, ist der<br />
Test der CFC automatisch ausgeführt. Ist eine Ansteuerung<br />
nicht erfolgreich, wird die Weiterschaltbedingung in der<br />
Regel nicht erfüllt. Die Schrittkette bleibt dann an dieser<br />
Stelle stehen und muss vom Bediener abgebrochen werden.<br />
Die SFC müssen <strong>im</strong> Rahmen der Designverifizierung<br />
gegen die Spezifikation reviewed werden, stellen oft aber<br />
in der grafischen Ablaufsprache schon eine genehmigungsfähige<br />
Spezifikation dar. Für Anlagenteile oder Feldgeräte,<br />
die nicht von Schrittketten angesteuert werden, sind eigene<br />
Testschrittketten zu entwickeln, um die CFC testweise<br />
anzusteuern und die Auswirkungen zu prüfen.<br />
Auch die Protokollierung der Tests kann automatisiert erfolgen,<br />
indem die Namen der erfolgreich ausgeführten Schritte<br />
als Testergebnis in eine xml-Datei geschrieben werden. Die<br />
spezifierte Schrittkette kann als Akzeptanzkriterium ebenfalls<br />
in eine xml-Datei exportiert werden. Aus beiden xml-<br />
Dateien lässt sich so automatisiert ein Testprotokoll erstellen<br />
[15]. Dies dient dem Entwickler als Nachweis, dass seine<br />
Software bei Übergabe spezifikationsgemäß funktioniert hat.<br />
Durch diesen Integrationstest kann die Funktion nahezu<br />
der gesamten Software <strong>im</strong> Zusammenspiel mit der Prozessvisualisierung<br />
vor der Inbetriebsetzung getestet werden,<br />
was die Zeiten für die Inbetriebsetzung erheblich reduziert.<br />
Die E/A-Kanäle werden dabei nicht getestet, was aber später<br />
bei der Installationsprüfung und <strong>im</strong> Rahmen von Loop-<br />
Checks an realen Anlagen umfangreich getestet wird.<br />
SCHLUSSFOLGERUNGEN<br />
Eine durchgängige Softwarestrukturierung vereinfacht<br />
Programmierung, S<strong>im</strong>ulation und Test der Automatisierungssoftware<br />
erheblich. Das Ziel, die Anwendersoftware<br />
einfach durch Verbinden einiger weniger vorkonfektionierter<br />
Bausteine zu erstellen, bekam durch die<br />
Möglichkeiten der objektorientierten SPS-Programmierung<br />
neue Impulse, da die Bausteine für verschiedene<br />
Varianten polymorph genutzt werden können [9]. Um die<br />
Software während und nach der Programmierung zu<br />
testen, bedarf es der S<strong>im</strong>ulation der Anlage.<br />
Die vorgestellte S<strong>im</strong>ulationsmethode stellt sicher, dass<br />
die Software ohne installierte Anlage in sich schlüssig<br />
funktioniert. Die anschließende Inbetriebnahme verläuft<br />
dann mit deutlich weniger Verzögerungen. Die S<strong>im</strong>ulation<br />
basiert auf Funktionsbausteinen für Feldgeräte und Anlagenteile,<br />
durch die die Software generisch zusammengesetzt<br />
werden kann. Eventuell passen die bislang entwickelten<br />
Bausteine für neue Anlagenteile nicht, für die dann<br />
neue Bausteine erstellt werden müssen. Somit wächst die<br />
Bausteinbibliothek und die allgemeine Einsatzfähigkeit<br />
wird allmählich verbessert.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
09.07.2013<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
[1] Uhlig, R., Bruns, M.: Automatisierung von Chargenprozessen.<br />
Oldenbourg 1995<br />
[2] Seitz, M.: Speicherprogrammierbare Steuerungen für die Fabrik- und<br />
Prozessautomation: Strukturierte und objektorientierte SPS-Programmierung,<br />
Motion Control, Sicherheit, vertikale Integration. Hanser Verlag 2012<br />
[3] PLCopen: Function Blocks for Motion Control, http://www.plcopen.org<br />
[4] Siemens: New standards in process control,<br />
http://www.automation.siemens.com<br />
[5] ABB: ABB 800XA Extended Automation,<br />
http://www.abb.de/product/us/9AAC115756.aspx<br />
[6] Urbas, L., Bleuel, S., Jäger, T., Schmitz, S., Evertz, L., Nekolla, T.: Automatisierung<br />
von Prozessmodulen - Von Package-Unit-Integration zu modularen<br />
Anlagen. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische Praxis 54(1-2), S. 44-53, 2012<br />
[7] Siemens: SIMIT - S<strong>im</strong>ulation & Testing,<br />
http://www.automation.siemens.com<br />
[8] Mewes und Partner: S<strong>im</strong>ulation, Virtualisierung, Kommunikation und<br />
Interaktion in Echtzeit mit WinMOD, http://www.mewes-partner.de<br />
[9] Seitz, M.: Projektbeispiele zur S<strong>im</strong>ulation und zum automatischen<br />
Testen in speicherprogrammierbaren Steuerungen,<br />
http://www.es.hs-mannhe<strong>im</strong>.de/sps/S<strong>im</strong>AT<br />
[10] ISA-88: Batch Control, 2010<br />
[11] Christmann, U.: BatchMon - Monitoring and S<strong>im</strong>ulation of Recipe<br />
Driven Batch Processes in Disturbance Situations. Logos 2000<br />
[12] Vogel-Heuser, B., Wannagat, A.: Modulares Engineering und<br />
Wiederverwendung mit CoDeSys V3. Oldenbourg 2009<br />
[13] Klausler, B., Pöschl, M.: Automatisierter Testprozess für Software<br />
in technischen Produkten der Investitionsgüterindustrie (ATTEST).<br />
In: A&D-Kompendium, S. 87. publish-industry Verlag 2005<br />
[14] V. Ehret, A. Ziegler, M. Seitz, E. Kruschitz: Flexible Testautomatisierung<br />
für sicherheitsgerichtete Steuerungen. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> –<br />
Automatisierungs technische Praxis 51(12), S. 54-61, 2009<br />
[15] Steck, T.: Entwicklung von Bausteinen zum generischen Aufbau<br />
eines S<strong>im</strong>ulations- und Testsystems für speicherprogrammierbare<br />
Steuerungen. Bachelorarbeit Hochschule Mannhe<strong>im</strong>, 2012<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
31
HAUPTBEITRAG<br />
Handlungsorientiertes<br />
Werkzeugmaschinen-HMI<br />
Vernetzte Apps steigern Benutzerfreundlichkeit der Maschinen<br />
Werkzeugmaschinen zeichnen sich aufgrund steigender Anlagenkomplexität durch eine<br />
hohe Informationsdichte aus. Die funktionsorientierten Navigationsstrukturen sowie nicht<br />
mehr zeitgemäße Eingabegeräte tragen dazu bei, dass die Einarbeitungszeit in die Maschinen-HMIs<br />
stetig wächst und einen hohen Schulungsaufwand verursacht. Bedienkonzepte<br />
aus der Informations- und Telekommunikationstechnologie, die nicht pr<strong>im</strong>är für den<br />
Maschinenbau entwickelt wurden, bergen ein großes Potenzial für eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit<br />
und höhere Intuitivität von Produktionsmaschinen. Wegen der strikten<br />
Sicherheitsanforderungen und einer ungleich höheren Informationsdichte ergeben<br />
sich jedoch viele Fragen in Bezug auf anknüpfende Bedienkonzepte. In diesem Beitrag<br />
wird ein Ansatz für eine handlungsorientierte Werkzeugmaschinen HMI-Strukturierung<br />
vorgestellt, mit der sich die Systemkomplexität und die kognitive Belastung der Bediener<br />
erheblich reduzieren lässt. Der Bediener der Anlage wird weiterhin in seinen Arbeitsabläufen<br />
unterstützt und kann durch angepasste Eingabegeräte seine Effizienz steigern.<br />
SCHLAGWÖRTER Benutzerzentrierte Navigation / Intuitive Eingabegeräte / Reduzierung<br />
der Systemkomplexität<br />
Workflow-oriented Machine Tool HMI-Panels –<br />
Apps can enhance the Usability of Machine Tools<br />
Increasingly complex machine tools confront operators with a heavy information load.<br />
At the same t<strong>im</strong>e, the navigation structures are function-oriented and input devices fail<br />
to offer appropriate support for human-machine-interaction, extending initial training<br />
and making daily operations less efficient. Modern HCI approaches used in information<br />
and mobile technology, though not designed with production engineering in mind, can<br />
enhance machine usability and offer more intuitive machine tool handling. But due to<br />
higher security requirements and system complexity, most HCI concepts require extensive<br />
adaptation. This article presents an approach for a task-oriented HMI structure a<strong>im</strong>ed<br />
at reducing the overall system complexity and related cognitive load for human operators.<br />
Furthermore, the machine supports individual workflows and increases human efficiency<br />
by integrating adapted user input devices.<br />
KEYWORDS user centred navigation / intuitive input devices / reduction of system<br />
complexity<br />
32<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
WERNER HERFS, DANIEL KOLSTER, WOLFRAM LOHSE, WZL RWTH Aachen<br />
Seit ihrer Markteinführung in den 1960er Jahren<br />
ist die Funktionalität von Werkzeugmaschinensteuerungen<br />
stetig gewachsen. Die zunehmende<br />
Komplexität mechatronischer Komponenten<br />
führt in Summe zu einer umfangreichen Funktionsvielfalt.<br />
Diese muss durch den Menschen gehandhabt<br />
werden. Dafür kommen Human-Machine-Interface-Systeme<br />
(HMI) zum Einsatz, die die Schnittstelle zwischen<br />
dem Bediener und der Werkzeugmaschine bilden. Neben<br />
einfachen Überwachungsfunktionen ermöglichen sie die<br />
Parametrierung und die komplette Steuerung der Anlage.<br />
Die wachsende Maschinenkomplexität muss <strong>im</strong> HMI abgebildet<br />
werden. Dies führte Software-seitig zu <strong>im</strong>mer<br />
komplexeren hierarchischen Navigationsstrukturen und<br />
zahlreicheren niedrigd<strong>im</strong>ensionalen Eingabeelementen<br />
(beispielsweise Buttons) auf Hardwareseite. Trotz eines<br />
<strong>im</strong>mer größeren Ungleichgewichts zwischen der Informationsdichte<br />
und geeigneten Bedienkonzepten wurden<br />
keine wesentlichen Anstrengungen unternommen, diesem<br />
Dilemma mittels neuer Bedienkonzepte beizukommen.<br />
Die Industrie scheint jedoch inzwischen Handlungsbedarf<br />
erkannt zu haben. Laut dem VDI repräsentiert die<br />
Mensch-Maschine-Interaktion hinter der Ressourceneffizienz<br />
und Umweltschonung für die Produktionstechnik<br />
das wichtigste Thema der kommenden Jahre [1]. Von vielen<br />
Seiten wird deshalb ein Umdenken hin zu einer stärker<br />
benutzerorientierten HMI-Entwicklung gefordert [2].<br />
Zahlreiche Beispiele aus der Informationstechnologie<br />
(IT) zeigen, wie sich die Benutzerfreundlichkeit technischer<br />
Systeme durch innovative Eingabegeräte <strong>im</strong> Zusammenspiel<br />
mit intelligenten Software-seitigen Bedienkonzepten<br />
verbessern lässt [3]. Im Bereich der Telekommunikation<br />
reduzieren spezialisierte Programme<br />
(application, kurz: app) die bis dato hohe Softwarekomplexität<br />
und bieten dem Benutzer überschaubare Funktionspakete<br />
als kompakte, modulare Anwendungen an.<br />
Die breite Akzeptanz, die sich durch unterschiedliche<br />
demografische Bevölkerungsschichten zieht, motiviert<br />
zur Weiterentwicklung dieses Paradigmas für die Produktionstechnik.<br />
Der Bereich Steuerungstechnik und<br />
Automatisierung des Werkzeugmaschinenlabors (WZL)<br />
der RWTH Aachen beschäftigt sich mit Fragestellungen<br />
um neue Bedienkonzepte für die Produktionstechnik.<br />
In diesem Beitrag wird ein erweitertes und für die Anwendungsdomäne<br />
der Werkzeugmaschinen konzipiertes<br />
App-Konzept vorgestellt.<br />
1. STAND DER TECHNIK<br />
Die Gemeinsamkeit aller Mensch-Maschine-Systeme besteht<br />
darin, dass der Mensch über bereitgestellte Benutzerschnittstellen<br />
eine Interaktion durchführen sowie<br />
entsprechendes Feedback als Reaktion des Systems auf<br />
seine Eingaben wahrnehmen kann. Dadurch wird der Regelkreis<br />
der Mensch-Maschine-Interaktion nach [4] geschlossen.<br />
Zu diesem Zweck bieten Hersteller Bedienpanels<br />
(HMIs) für Werkzeugmaschinen an. Mit dem Einzug<br />
der Mikroprozessortechnik in den 1970er Jahren ergab<br />
sich die Fähigkeit, maschinenspezifische Software zu<br />
betreiben. Die Funktionen zuvor physikalisch umgesetzter<br />
Schaltelemente fanden sich nun in Softwaremenüs,<br />
wodurch die Anzahl physikalischer Bedienelemente<br />
kurzzeitig sank. Parallel zur mechanischen Varianz konnte<br />
seitdem zusätzlich eine Software-seitige Komplexität<br />
in der Handhabung festgestellt werden, deren Umfang<br />
ständig zunahm [5]. Dieser enorme Anstieg der Funktionalität<br />
bei gleichbleibender Interaktionsmöglichkeit führte<br />
zu einer erhöhten Informationsdichte innerhalb des<br />
Maschinen-HMI. Diesem Problem begegneten die Hersteller<br />
mit größeren Bildschirmen und sowohl Hardware- als<br />
auch Software-seitig zahlreicheren Eingabeelementen.<br />
Wie in Bild 1 dargestellt, ergab ein Vergleich der ersten<br />
Werkzeugmaschinen-HMIs aus den 1960er und 1970er<br />
Jahren mit heutigen Geräten eine Zunahme der physikalischen<br />
Eingabeelemente um durchschnittlich etwa 300 %<br />
(Quelle: Erhebung des WZL basierend auf der Anwenderdokumentation<br />
von Werkzeugmaschinensteuerungen<br />
zweier führender HMI-Hersteller).<br />
Einen weiteren Entwicklungsschritt leitete die Touchbedienung<br />
ein. Die zunächst als Singletouch ausgeführten<br />
Geräte setzten sich pr<strong>im</strong>är <strong>im</strong> Bereich der Vor-Ort-Bedi-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
33
HAUPTBEITRAG<br />
enpanel, auch Webpanel genannt, durch. Laut einer<br />
Marktstudie aus dem Jahr 2009 verfügten bereits 99 %<br />
der vorgestellten Geräte über einen Touchscreen [6].<br />
Auch Werkzeugmaschinensteuerungen sind heute vereinzelt<br />
mit Singletouch-Lösungen erhältlich. In den vergangenen<br />
Jahren sind bei den Webpanels auch Singleund<br />
Multitouch-Konzepte umgesetzt worden, die lediglich<br />
eine Zwei-Finger-Bedienung vorsehen. Einfache<br />
Bediengesten, die bereits von Smartphones bekannt sind,<br />
werden dabei für Aktionen wie Zoomen verwendet. Eine<br />
umfassende Validierung der Einsatzmöglichkeiten von<br />
Dual- oder True-Multitouch (Erkennung von mehr als<br />
zwei Fingern) inklusive einer umfassenden Gestenbedienung<br />
für Werkzeugmaschinensteuerungen wurde<br />
noch nicht erbracht.<br />
Visualisierungsseitig setzten sich bei Webpanel die<br />
Webtechnologien (überwiegend Microsoft Silverlight [7,<br />
8] und HTML5/AJAX [9]) für dynamische und verlustfrei<br />
skalierbare grafische Benutzerschnittstellen durch. Profibus<br />
und Sercos erweiterten zudem das Schnittstellenangebot<br />
sowie die vereinfachte Anbindung von Antrieben<br />
und weiterer Anlagenperipherie, wie beispielsweise<br />
Feldgeräten. Gleichzeitig erkannte die Industrie das Potenzial<br />
von Internetschnittstellen für Teleservice und<br />
Remote-Unterstützung während der Inbetriebnahme,<br />
Diagnose und Anlagenwartung.<br />
Die verfügbaren kleinformatigen Webpanels kommen<br />
jedoch nicht als Werkzeugmaschinensteuerungen <strong>im</strong><br />
engeren Sinne zum Einsatz und sind softwareseitig auf<br />
einfache Scada-basierte Condition Monitoring Aufgaben<br />
spezialisiert. Dementsprechend eingeschränkt sind der<br />
abgebildete Funktionsumfang und die zur Verfügung<br />
stehenden GUI-Eingabeelemente, vergleiche [10].<br />
Unabhängig vom HMI-Typ ist herstellerübergreifend<br />
feststellbar, dass heutige Maschinen-HMIs stark funktionsgetrieben<br />
sind. Entgegen psychologischer Erkenntnisse,<br />
nach denen Menschen in Handlungen und nicht<br />
Funktionen oder Datentypen denken, stellen Navigationsstrukturen<br />
dahingehend keine kognitiv unterstützende<br />
Umsetzung dar. Stattdessen erfordern sie eine permanente<br />
Transferleistung [11]. Die Handhabung wird durch<br />
bis zu zehn Navigationshierarchien erschwert, die der<br />
Bediener stets überblicken muss [12].<br />
Hinsichtlich einer handlungsorientierten Funktionsstrukturierung<br />
wurden <strong>im</strong> Bereich der Anlagensteuerung<br />
bereits erste Anstrengungen unternommen. Die Arbeiten<br />
von [13, 14] demonstrieren ein Konzept zur modellbasierten<br />
Generierung von Workflows auf mobilen Endgeräten.<br />
Der Fokus liegt auf automatisierte Anlagen. Basierend auf<br />
ontologischen Modellen (hinsichtlich der Aufgaben, dem<br />
Arbeitsfluss- und Kontext) erfahren eine Reihe generischer<br />
Basis-Apps ihre handlungsspezifische Ausrichtung<br />
und werden anschließend zu einem Gesamtworkflow verknüpft<br />
und in jedem Schritt um Zusatzinformationen<br />
angereichert (wie Positionsdaten und Wartungspläne).<br />
Das Konzept wurde jedoch pr<strong>im</strong>är für die Ausgabe auf<br />
mobilen Endgeräten und damit für einen sehr eingeschränkten<br />
Funktionsumfang und wenige darzustellende<br />
Informationen ausgelegt. Des Weiteren steht nicht die<br />
Steuerung von Produktionsmaschinen inklusive sicherheitsrelevanter<br />
Fragestellungen sowie ein hohes Maß an<br />
kontextsensitiver Filterung (der Interaktionselemente) <strong>im</strong><br />
Vordergrund. Zusätzlich erfordern die vorhandenen Ansätze<br />
einen hohen Modellierungsaufwand, der über die<br />
reine Festlegung der Workflowschrittfolge hinausgeht und<br />
nicht zur Laufzeit erfolgen kann. Dadurch entstehen zusätzliche<br />
Maschinenstillstandszeiten.<br />
Heutige Maschinensteuerungen unterstützen den Bediener<br />
nicht opt<strong>im</strong>al. Angesichts verfügbarer innovativer<br />
Eingabegeräte und dem Vorbild intuitiver Consumerprodukte<br />
folgend, besteht ein großes Potenzial, die Benutzerfreundlichkeit<br />
von Maschinen-HMI zu verbessern. Die<br />
für eine Restrukturierung zu berücksichtigenden Anforderungen<br />
werden <strong>im</strong> folgenden Abschnitt vorgestellt.<br />
2. ANFORDERUNGSANALYSE<br />
Es gibt zahlreiche Standards und Richtlinien, die den<br />
Entwicklungsprozess von Anlagenschnittstellen und<br />
Softwareergonomie regeln, unter anderem die ISO 9241<br />
[15] und die VDI 3850 [16]. Darin enthalten sind Anforderungen<br />
an Typografie und Farbgestaltung für grafische<br />
Benutzeroberflächen (GUI), gängige Dialogsysteme und<br />
typische ergonomische Aspekte, wie zulässige Reaktionszeiten<br />
des Systems, vergleiche auch [17, 18, 19, 20]. Die<br />
Benutzerakzeptanz hängt wesentlich von diesen Faktoren<br />
ab. Um neuartige Werkzeugmaschinen-HMIs zu konzipieren<br />
und aufzubauen, sind aufgrund der erwähnten<br />
strikten Sicherheitsstandards einige Randbedingungen<br />
zu berücksichtigen. Dazu zählen:<br />
Handlungsorientierte Strukturierung der Funktionalität:<br />
Maschinenbediener gehen während der Maschinenbedienung<br />
handlungsorientiert vor, nicht<br />
funktionsorientiert [11]. Die stark hierarchischen<br />
Navigationsstrukturen sind daher durch handlungsorientierte<br />
Workflows zu ersetzen. Gleichzeitig muss<br />
ein Bediener stets, gemäß geltender Usability-Richtlinien,<br />
den Überblick haben, wo er sich gerade befindet,<br />
woher er kommt und welche Interaktionsmöglichkeiten<br />
sich ihm bieten [21].<br />
Reduzierung der Systemkomplexität: Abhängig vom<br />
jeweiligen Kontext sind, <strong>im</strong> Gegensatz zu heutigen<br />
Systemen, nur die Schaltelemente anzubieten, die<br />
für die Handlungsabsicht zielführend sind [22]. Zusätzliche<br />
optionale Funktionen sind für erfahrene<br />
Benutzer in anderen Bedienbereichen beziehungsweise<br />
einer Expertenansicht zu verbergen [23, 24].<br />
Angemessene Eingabemöglichkeiten: Der Bedienablauf<br />
darf nicht durch eine permanent sequenzielle<br />
Auswahl niedrigd<strong>im</strong>ensionaler Eingabeelemente<br />
verzögert werden [25]. Das Tragen zusätzlicher<br />
Komponenten am Körper wird als störend empfunden<br />
und ist zu vermeiden [26].<br />
Benutzerunabhängigkeit: Die Bedienung von Werkzeugmaschinen<br />
erfolgt sequenziell durch unterschiedliche<br />
Personen. Abhängig vom Kenntnisstand<br />
des Benutzers, besteht ein individueller Bedarf der<br />
Anpassbarkeit und zügigerer Bedienmöglichkeiten<br />
der Benutzerschnittstellen [27, 28].<br />
Einsatz von Schutzhandschuhen: Dem Schutz der Haut<br />
vor chemischen Schadstoffen (Kühlschmiermittel, Öle/<br />
34<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Fette) und mechanischen Verletzungen durch Späne<br />
steht eine leicht reduzierte Beweglichkeit, sowie eine<br />
verminderte haptische Wahrnehmung gegenüber, vergleiche<br />
[29, 30].<br />
3. HANDLUNGS-ORIENTIERTES BEDIENKONZEPT<br />
Für eine erfolgreiche Abkehr vom funktionsgetriebenen<br />
Ansatz heutiger Maschinen-HMIs hin zu einer stärkeren<br />
Handlungsorientierung muss das funktionale HMI-Gefüge<br />
komplett umstrukturiert werden. Eine Inspiration dazu<br />
bietet die Telekommunikation. Das Prinzip der Bedienung<br />
von Smartphones ist eng mit der App-Kultur verwoben. Im<br />
Gegensatz zu Programmen der gängigen Betriebssysteme<br />
für PC oder Maschinen-HMIs, die in der Regel über einen<br />
sehr großen funktionalen Umfang verfügen, zeichnen sich<br />
Smartphone-Apps durch eine min<strong>im</strong>alistische Struktur<br />
aus. Das Konzept beruht darauf, dass jede App nur einem<br />
Zweck dient. Auf der ersten Bedienebene (Desktop) steigt<br />
die Komplexität durch die Ansammlung von App-Icons<br />
einerseits an. Gleichzeitig ist es durch das schlanke Bedien-<br />
Interface und die auf das Wesentliche reduzierte Funktionsvielfalt<br />
entsprechend schnell zu überblicken und stellt<br />
eine niedrige Hemmschwelle für das allgemeine Systemverständnis<br />
dar. Dieser Ansatz eignet sich jedoch nur sehr<br />
eingeschränkt für eine Maschinenbedienung, da keine Bedienabläufe<br />
abgebildet werden können. Um dieses Konzept<br />
auf die Domäne der Werkzeugmaschinen zu übertragen,<br />
sind nach der Vorgehensweise von [31] zur Entwicklung von<br />
Benutzerschnittstellen für technische Systeme zunächst<br />
die genauen Anwendergruppen und deren spezifische Anforderungen<br />
und Bediengewohnheiten zu identifizieren.<br />
3.1 Anwendergruppen<br />
Der OSACA/HÜMNOS-Styleguide [32] definiert folgende<br />
Benutzerklassen, die in Expertengesprächen validiert<br />
werden konnten:<br />
Inbetriebnehmer/Instandhalter: Maschine, Antriebe<br />
und andere Komponeten projektieren und parametrieren,<br />
Anlauf der Maschine durchführen (voller<br />
Zugriff)<br />
Einrichter: Verantwortlich für die Behebung<br />
größerer Störungen (eingeschränkter Zugriff)<br />
Maschinenbediener: Involviert in den täglichen<br />
Produktionsprozess (l<strong>im</strong>itiert auf die wesentlichen<br />
Bedienelemente)<br />
Der Bediener der Maschine verwendet häufig nur einen<br />
geringen Teil der Anlagenfunktionalität, zugeschnitten<br />
auf die ihm übertragenen Aufgaben [33]. Mit steigender<br />
Erfahrung und erlaubter Eingriffstiefe ändert sich die<br />
Vorgehensweise der Bediener während der Maschinenhandhabung<br />
nur geringfügig. Abhängig von der jeweiligen<br />
Unternehmensgröße und -struktur können Anwender<br />
mit Querschnittsfunktionen auftreten. Auch<br />
wenn mit steigendem Benutzerlevel der abzubildende<br />
Funktionsumfang zun<strong>im</strong>mt, so bleibt das handlungsorientierte<br />
Vorgehen eine Gemeinsamkeit aller Benutzergruppen.<br />
3.2 Virtuelle konfigurierbare Workflows<br />
Zur handlungsorientierten Aufteilung der Maschinenfunktionen<br />
müssen für jede Anwenderklasse deren genaue<br />
Handlungsfelder identifiziert werden. Im Falle des<br />
Maschinenbedieners, der in den produktiven Alltag eingebunden<br />
ist und keine inbetriebnahme- oder wartungsbezogenen<br />
Aufgaben durchführt, beschränken sich die<br />
Aktionen auf:<br />
NC-Programmierung: laden/erstellen/modifizieren/abfahren/s<strong>im</strong>ulieren/Zyklen<br />
einbinden<br />
Werkzeuge: einsehen/Korrektur vornehmen/<br />
Messzyklen abfahren<br />
Sonstige Aktionen: Fehler einsehen/einfache<br />
Diagnose/Achsen manuell verfahren<br />
Diese Auflistung zeigt, dass eine direkte Übertragung<br />
des App-Konzepts von Smartphones auf Werkzeugmaschinen<br />
nicht zielführend ist, da die Apps schnell einen<br />
unüberschaubaren Umfang annehmen würden. Des Weiteren<br />
lassen sich komplexere Handlungsabläufe nicht<br />
abbilden. Der <strong>im</strong> Beitrag vorgestellte Ansatz unterscheidet<br />
deshalb zwei unterschiedliche App-Varianten, die<br />
zur Umsetzung des Konzepts erforderlich sind.<br />
BILD 1: Zeitliche<br />
Entwicklung<br />
der Anzahl von<br />
Eingabeelementen<br />
(Quelle: WZL-Erhebung)<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
35
HAUPTBEITRAG<br />
Die atomaren Apps stellen Einzelhandlungen dar, die<br />
nicht weiter unterteilt und dementsprechend als eigenständige<br />
Handlung angesehen werden können (beispielsweise<br />
das manuelle Verfahren von Maschinenachsen).<br />
Zur Beschreibung komplexer Bedienabläufe lassen<br />
sich mehrere atomare Apps zu Container-Apps kombinieren.<br />
Ein Beispiel ist die NC-Programmierung, die<br />
mehrere sequenzielle, teils iterative Handlungsstränge<br />
beinhaltet: NC-Programm öffnen/erstellen, G-Code modifizieren,<br />
Programm s<strong>im</strong>ulieren, Programm abfahren.<br />
Atomare Apps sind modulare Programmeinheiten, die<br />
zur Laufzeit in eine HMI-Umgebung integriert werden<br />
können. Unterschiedliche Standardschnittstellen zwischen<br />
den Apps und dem umgebenden HMI-Framework<br />
ermöglichen eine plug-and-play-artige Integration neuer<br />
Apps zur Laufzeit und eine reibungslose Kommunikation<br />
zwischen allen Parteien.<br />
Ein Beispiel für eine Container-App ist die NC-Programmierung<br />
mit der erwähnten Schrittsequenz. Die<br />
Zusammenstellung kann zur einfachen Durchführung<br />
in einem Editor erfolgen. Bild 2 veranschaulicht, wie aus<br />
einer Liste atomarer Apps (A) individuelle Abläufe generiert<br />
werden können (B), die sich anschließend als<br />
neue Container-App <strong>im</strong> Benutzerinterface wiederfinden,<br />
siehe Bild 4.<br />
Die generierten Container-Apps enthalten eine Workflowübersicht,<br />
siehe Bild 3, die sich direkt an der Namensgebung<br />
der kombinierten atomaren Apps orientiert<br />
und den Bediener in mehrfacher Hinsicht unterstützt,<br />
da sie:<br />
als Navigationshilfe fungiert,<br />
eine Übersicht des gesamten Ablaufs gibt und<br />
die Orientierung unterstützt (Letzte Position /<br />
Aktuelle Position / Mögliche weitere Positionen).<br />
3.3 Kommunikationskonzept<br />
Das Konzept stützt sich auf eine Architektur, in der das<br />
Basissystem und die Apps Standardschnittstellen zum<br />
Informationsaustausch bereitstellen. Die Schnittstellenbeschreibung<br />
definiert das erwartete Format für einen<br />
Eingangskanal und eine Schnittstellenbeschreibung für<br />
ausgehende Daten. Somit wird sichergestellt, dass<br />
Apps modular und neu hinzugefügt werden<br />
können und Anweisungen und Daten in die<br />
Steuerung einspeisen (Fehlermeldungen, Hinweise,<br />
App-bezogene Daten),<br />
Apps, die zur Laufzeit benötigten Informationen<br />
aus dem Maschinen-HMI lesen und verwerten<br />
können (beispielsweise Prozessdaten, Fehlercodes<br />
und Maschinenparameter) und<br />
Apps auch untereinander ohne Konfigurationsaufwand<br />
Daten austauschen können.<br />
In Autorenumgebungen, wie dem zuvor beschriebenen Editor<br />
für virtuelle Workflows, kann somit zur Laufzeit eine<br />
Validitätsprüfung während der Modellierung durchgeführt<br />
werden, um nicht zulässige Verknüpfungen zwischen Apps<br />
zu sperren.<br />
3.4 Grundlegendes Bedieninterface<br />
Konsistenz wird häufig als wichtiges Kriterium <strong>im</strong> Interface-Design<br />
genannt. Das bedeutet, dass sich zum einen<br />
der grundlegende Aufbau (Position, Anordnung,<br />
Aussehen) des Benutzerinterfaces während der Bedienung<br />
nicht verändert. Gleichzeitig sind zum anderen die<br />
gezeigten Inhalte konsistent zu präsentieren, da sie sonst<br />
falsch gedeutet werden können. Das trifft auch auf Bedienoberflächen<br />
von Maschinen zu. Angelehnt an die<br />
Aufteilung des OSACA/HÜMNOS-Styleguide [32] für<br />
Werkzeugmaschinen, wird <strong>im</strong> Folgenden eine modifizierte<br />
Variante vorgestellt. Diese berücksichtigt die modernen<br />
Einflüsse handlungsorientierter Strukturen und<br />
neuartiger hochd<strong>im</strong>ensionaler Eingabegeräte.<br />
Wie in Bild 4 zu sehen, sieht das neue Bedienkonzept<br />
vier unterschiedliche Bereiche vor. Der Status-/Infobereich<br />
A beinhaltet Informationen zu Datum/Zeit, Maschinenstatus,<br />
Verbindungsstatus, Betriebsmodus sowie<br />
eingeloggtem Benutzerlevel (vergleiche Abschnitt 3) und<br />
ist permanent sichtbar. In Bereich B verbirgt sich die als<br />
integrierter Funktionsbereich (IFB) global erreichbare,<br />
aber standardmäßig min<strong>im</strong>ierte Fehler-/Meldungshistorie.<br />
Diese lässt sich bei Bedarf über eine aktive Ecke max<strong>im</strong>ieren<br />
und verdeckt damit temporär den darunterliegenden<br />
Bereich C. In diesem sind die eigentlichen Anwendungen<br />
(Apps) dargestellt.<br />
Bereich D, der ebenfalls ständig sichtbar ist, jedoch<br />
unterschiedliche a priori definierte Layouts einnehmen<br />
kann, siehe Abschnitt 4, definiert eine Software-Tastatur<br />
inklusive Maschinensteuertafel.<br />
Sobald mehrere Anwendungen parallel geöffnet sind,<br />
kann mittels einer Bediengeste, siehe Abschnitt 5, entweder<br />
durch offene Apps geblättert werden, oder gemäß<br />
Bild 5 global erreichbar eine radiale Übersicht offener<br />
Apps mit zentralem Vorschaufenster und direkter Sprungoption<br />
gestartet werden.<br />
4. KONTEXTBASIERTE FILTER<br />
Eine handlungsorientierte Strukturierung des Benutzerinterfaces<br />
muss neben der reinen Navigation die Benutzereingaben<br />
berücksichtigen, um die Systemkomplexität<br />
zu reduzieren und individuelle handlungsgerechte Inhalte<br />
zu präsentieren. Schlüsselschalter sind heute der<br />
Stand der Technik zur Benutzeridentifikation an Werkzeugmaschinen-HMIs.<br />
Zwar lassen sich dadurch variierende<br />
Benutzer- und Zugriffsebenen umschalten, jedoch<br />
genügen derartige Systeme keiner individuellen Erkennung<br />
für größere Nutzergruppen. Dies ist erforderlich,<br />
um zur Laufzeit auch persönliche Einstellungen in einem<br />
Profil abspeichern zu können. Dazu zählen unter<br />
anderem die Fensterpositionen und Größen, Schriftgrößen,<br />
persönlicher Arbeitsbereich mit individualisierten<br />
Apps oder die Intensität des haptischen Feedbacks bei<br />
Touchbedienung. Seit wenigen Jahren werden auch<br />
RFID-basierte Lösungen (Radio Frequency Identification)<br />
zur Benutzeridentifikation eingesetzt, die diese Einschränkung<br />
auflösen können. Unabhängig von der verwendeten<br />
Technologie stellt die Benutzeridentifikation<br />
einen ersten Schritt in Richtung reduzierter Systemkom-<br />
36<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
BILD 2: Grafisches Modellieren<br />
virtueller Workflows<br />
BILD 4:<br />
Grundlegender Aufbau<br />
der neuartigen<br />
Bedienoberfläche<br />
nach [32]<br />
Status-/<br />
Infobereich<br />
(A/B)<br />
Verwaltungsoperationen<br />
Arbeitsbereich<br />
(C)<br />
Auflistung<br />
atomarer Apps<br />
Aufruf-Eingang<br />
Atomare App<br />
Hyperlink<br />
Daten-Eingang<br />
Visuelle<br />
Tastatur und<br />
Maschinensteuertafel<br />
BILD 3: Container-App mit integrierter<br />
Workflowübersicht<br />
Vorschauansicht der selektierten App<br />
Aktiver Schritt<br />
Workflowübersicht<br />
(inkl. deaktivierter<br />
Schritte)<br />
App-Inhalte<br />
BILD 5:<br />
Globale Übersicht<br />
laufender<br />
Anwendungen<br />
Fenstervorschau<br />
(mit App-Icon)<br />
Unkenntlicher Hintergrund<br />
für visuelle Entlastung<br />
plexität dar. Dem Bediener die richtige Information zur<br />
richtigen Zeit in einer einfach zu handhabenden Form<br />
zu präsentieren, wird künftig einen höheren Stellenwert<br />
einnehmen müssen [24]. Untersuchungen bestätigten,<br />
dass die Aufmerksamkeit gesteigert und Fehlerrate eines<br />
Bedieners reduziert werden kann, wenn relevante von<br />
nicht relevanter Information visuell getrennt werden<br />
[18]. Für einen benutzerzentrierten App-HMI-Ansatz hat<br />
das folgende Konsequenzen:<br />
Ausschließliche Bereitstellung der Apps, die der<br />
Benutzer für seine Arbeitsabläufe benötigt und die<br />
daher für ihn freigeschaltet sind.<br />
Während der App-Ausführung: Ausblenden aller<br />
Bedienelemente, die <strong>im</strong> aktuellen Bedienkontext<br />
nicht relevant oder zulässig sind.<br />
Eine grundlegende Freischaltung von Apps kann kurzfristig<br />
durch einen administrativen Anwender erfolgen<br />
(zum Beispiel den Instandhalter). Zur Laufzeit kann sich<br />
die Bedienoberfläche direkt nach einer durchgeführten<br />
Benutzeridentifikation selbständig aktualisieren und<br />
benutzerspezifische Inhalte darstellen.<br />
Das Ausblenden der nicht benötigten Bedienelemente<br />
auf der virtuellen Tastatur setzt eine Untersuchung der<br />
involvierten Bedienabläufe sowie eine rein softwareba-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
37
HAUPTBEITRAG<br />
sierte Umsetzung der zuvor rein hardwareseitig ausgeführten<br />
Eingabeelemente voraus. Es konnte dabei festgestellt<br />
werden, dass drei unterschiedliche Keyboard-<br />
Schablonen ausreichend sind, um alle Bediensituationen<br />
abzudecken, dargestellt in Bild 6. Diese enthalten jeweils<br />
einen statischen und einen dynamischen Teil. Der<br />
statische Teil, der zur Laufzeit permanent und unverändert<br />
sichtbar ist, enthält Bedienelemente, die in wechselnden<br />
Kontexten und global erreichbar sein müssen<br />
(unter anderem Späneförderer ein/aus, Kühlschmierstoff<br />
ein/aus, Reset-Taste). Der dynamische Teil vereint Bedienelemente,<br />
die nur für einen speziellen Bedienkontext<br />
benötigt werden (beispielsweise die aus dem Consumerund<br />
Bürobereich gängige QWERTZ-Tastatur für Dateneingabe).<br />
Redundant werden jegliche Arten von physikalischen<br />
Softkeys, da sie durch Software-Derivate ersetzt<br />
und damit ausgeblendet werden können. Bei Bedarf<br />
können die Schablonen auf Tastenebene kaskadierend<br />
zur Laufzeit über eine Standardschnittstelle zum HMI-<br />
Framework maskiert werden, wenn benutzerspezifische<br />
Anforderungen dies erfordern.<br />
Eine direkte Anwahl des Betriebsmodus wird hinfällig,<br />
da sich dieser aus dem Bedienkontext der jeweils aktiven<br />
App ergibt, die das System in den erforderlichen Betriebs-<br />
Layout 1<br />
Layout 2<br />
Statischer Bereich<br />
QWERTZ-Tastatur<br />
Ziffernblock<br />
Dateneingabe<br />
Statischer Bereich<br />
Achsanwahl<br />
Inkrementauswahl<br />
Prozesssteuerung<br />
BILD 7:<br />
(A) Grobkonzept<br />
für ein touchbasiertes<br />
Funktionsmapping,<br />
(B)<br />
Drehdrücksteller<br />
als alternatives<br />
Eingabegerät<br />
Layout 2<br />
Statischer Bereich<br />
Prozessbeobachtung<br />
BILD 6: Schablonendesigns für ein virtuelles<br />
kontextsensitives Eingabegerät<br />
BILD 9: Grobkonzept des prototypischen Demonstrators<br />
BILD 8: Funktionales Mapping auf Multitouch-Gesten<br />
38<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
modus umschaltet (und blockiert) und über eine Standardschnittstelle<br />
des Systems die virtuelle Tastatur umgestaltet.<br />
Auch wenn eine handlungsorientierte Ausrichtung des<br />
Systems näher am menschlichen Denkprozess liegt, stellt<br />
dies nur den ersten Schritt dar, den Mensch-Maschine-<br />
Dialog zu verbessern. Die Handhabung der Maschinenkomplexität<br />
wird maßgeblich durch die bereitgestellten<br />
Eingabegeräte beeinflusst und unterstützt dadurch zusätzlich<br />
das handlungsorientierte Bedienkonzept.<br />
5. HOCHDIMENSIONALE EINGABEGERÄTE<br />
Die Systemkomplexität lässt sich zusätzlich reduzieren,<br />
wenn häufig verwendete Navigationspfade verkürzt werden.<br />
Gleichzeitig sind Benutzereingaben möglichst schnell<br />
durchführbar zu gestalten. Vielfach haben sich bei selektionsgerichteten<br />
Handlungen koordinatengebende Eingabegeräte<br />
(beispielsweise Touchscreen, Maus, Trackball)<br />
als deutlich performanter erwiesen, als nichtkoordinatengebende<br />
(wie Schalter) [34, 35]. Auch komplexere Manipulationsaktionen<br />
können von einer touchgetriebenen Interaktion<br />
profitieren [36]. Gleichzeitig verzeichnet die Touchtechnologie<br />
ein starkes Wachstum aufgrund der guten<br />
Benutzerakzeptanz und eines hohen Grades an Intuitivität<br />
[37, 38, 39]. Die technologische Übertragung des Touchkonzepts<br />
auf mehrere Finger (Multitouch) wird in anderen<br />
Industriezweigen bereits gewinnbringend eingesetzt (zum<br />
Beispiel Telekommunikation, Tablet-PC). Das Potenzial<br />
konnte jedoch noch nicht an Werkzeugmaschinensteuerungen<br />
validiert werden. Zur nominellen Anzahl von ursprünglich<br />
zwei Freiheitsgraden bei Touchgeräten (X,Y-<br />
Achse) lassen sich konzeptuell weitere Freiheitsgrade<br />
modulieren – abhängig von der involvierten Anzahl der<br />
Finger und der Komplexität der ausgeführten Bewegungen<br />
<strong>im</strong> zweid<strong>im</strong>ensionalen Touch-Koordinatensystem. Eine<br />
vergleichbar hohe Eingabed<strong>im</strong>ensionalität ist derzeit <strong>im</strong><br />
Produktionsumfeld gegenwärtig nicht verfügbar. Neben<br />
der Touchbedienung bieten Drehdrücksteller mit vier Freiheitsgraden<br />
(Translation in X/Y/Z, Rotation um γ) ebenfalls<br />
eine hohe Eingabed<strong>im</strong>ensionalität, weisen jedoch Schwächen<br />
bei der Eingabe großer Datenmengen auf. Dadurch<br />
eignen sie sich für eine ganzheitliche, ergonomische Maschinenbedienung<br />
nur eingeschränkt, siehe Bild 7. Möglich<br />
ist hingegen der komplementäre Einsatz in Kombination<br />
mit der Touch-Technologie, um pr<strong>im</strong>är die benutzerzentrierte<br />
Navigation zu unterstützen [40].<br />
Sicherheitskritische Aktionen, wie das Steuern von<br />
Achsen, müssen gemäß EN 954 bei einer touchbasierten<br />
Bedienung durch zusätzliche Mechanismen gesichert<br />
werden, da es keinen vollständigen Schutz gegen fehlerhafte<br />
oder ungewollte Eingaben (versehentliches Berühren)<br />
gibt. Eine Verbesserung kann durch globale Quittierungsschalter<br />
erzielt werden, die an einer einheitlichen<br />
Position (ausgeführt als weitere Touchfläche oder als<br />
physikalischer Taster am Drehdrücksteller) während der<br />
Ausführung einer sicherheitskritischen Funktion ebenfalls<br />
betätigt werden müssen. Eine Übersicht der gegenwärtig<br />
integrierten touchseitigen Bediengesten enthält<br />
Bild 8. Das Design der Touchgesten basiert auf Quasi-<br />
Standards, die sich aus dem Consumerbereich bereits<br />
etabliert haben und auf Designrichtlinien für Touchgesten,<br />
keine ausladenden Bewegungen ausführen zu lassen<br />
und die Muster einfach und damit leicht einprägsam zu<br />
halten [41, 42, 43].<br />
6. VALIDIERUNG DES HMI-KONZEPTS<br />
Zu Validierungszwecken ist am WZL ein prototypischer<br />
Demonstrator entwickelt worden, dessen Grobaufbau<br />
zeigt Bild 9.<br />
Das HMI besteht aus einem zweiteiligen Grundgerüst<br />
mit einem entkoppelten oberen Korpus, der das 30“ Display<br />
und die Eingabegeräte enthält. Die Höhe des Korpus<br />
kann über ein Bedienpanel für Personen zwischen 160<br />
und 190 cm Körpergröße eingestellt werden. Die Identifikation<br />
erfolgt über ein RFID-Lesegerät für passive Tags<br />
mit 13,56 MHz auf kurze Distanz.<br />
Redundant zur systemweiten Multitouchbedienung<br />
(bis zu sechs Finger Infrarottracking) kann auch der (für<br />
Links- und Rechtshänder geeignete) seitlich verschiebbare<br />
Drehdrücksteller für einfache Navigationsaufgaben<br />
und zur Freischaltung sicherheitskritischer Touchaktionen<br />
verwendet werden.<br />
Das Systemkonzept wurde mit dem aktuellen Stand<br />
der Implementierung mit zwei repräsentativen Referenzabläufen<br />
durch einen Experten an zwei kommerziellen<br />
HMI-Systemen verglichen. Für die Szenarien wurde ein<br />
Ablauf zur NC-Programmierung (vorhandenes Programm<br />
öffnen, nach Vorgabe unter Anwendung von Zyklenprogrammierung<br />
modifizieren und ablaufen lassen)<br />
und eine Werkzeugkorrektur (vorgegebene Parameter<br />
eines gezielten Werkzeugs anpassen) gewählt.<br />
Bei einem direkten Systemvergleich mit zwei heute<br />
erhältlichen HMI-Systemen ergeben sich folgende Beobachtungen.<br />
Die Anzahl der Eingabeelemente (sowohl<br />
soft- als auch hardware-seitig) ließ sich in den Versuchsszenarien<br />
durch die dynamische, kontextsensitive Tastatur<br />
um bis zu 91 % verringern. Gleichzeitig sind für<br />
das erste Bedienszenario durchschnittlich 29 % und für<br />
das zweite 20 % weniger Benutzereingaben erforderlich.<br />
In einer Vorstudie mit 56 Probanden (47 männliche,<br />
9 weiblich) erhöhte sich darüber hinaus mit einem kontextsensitiven<br />
haptischen Feedbackmechanismus für die<br />
Touchinteraktion [44] die Eingabesicherheit und die Anzahl<br />
der Fehleingaben verringerte sich um bis zu 26 %.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />
Der Beitrag vermittelt, inwieweit eine handlungsorientierte<br />
HMI-Strukturierung gewinnbringend für die vereinfachte<br />
Handhabung von Werkzeugmaschinen eingesetzt<br />
werden kann, und welche Randbedingungen dabei zu<br />
beachten sind. Die hohe Systemkomplexität sowie strikte<br />
Sicherheitsanforderungen machen tiefgreifende Anpassungen<br />
des App-Konzepts aus dem Consumerbereich unumgänglich.<br />
Der Ansatz sieht eine modulare Einteilung<br />
der Maschinenfunktionen in atomare Programmeinheiten<br />
(Apps) vor, die über Standardschnittstellen mit wenigen<br />
Handgriffen in einer Autorenumgebung zu virtuellen<br />
Workflows (Container-Apps) verknüpft werden können.<br />
Dadurch sind beliebige aufgaben- und personenspezifische<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
39
HAUPTBEITRAG<br />
Bedienabläufe an Werkzeugmaschinen abbildbar. Ein direkter<br />
Vergleich mit heutigen kommerziellen Systemen<br />
ergab, dass das entwickelte Verfahren zur vereinfachten<br />
und intuitiveren Maschinenhandhabung beiträgt und die<br />
soft- und hardware-seitige Komplexität erheblich reduziert.<br />
In vielen Aspekten entspricht das konzipierte System<br />
den menschbezogenen mentalen Vorgehensweisen und<br />
unterstützt den Bediener durch eine erhöhte Übersichtlichkeit<br />
und verringerte kognitive Belastung.<br />
Der prototypische Aufbau zeigte außerdem, dass mit<br />
der Stabilität der eingesetzten Technologien ein enger<br />
Zusammenhang zur Akzeptanz der Benutzer besteht. Die<br />
Touchtechnologie lässt sich zwar mit beliebigen Gegenständen<br />
bedienen, weist jedoch technologiebedingte<br />
Nachteile auf, wie visuelle Parallaxeneffekte, Empfindlichkeit<br />
gegen raue Umgebungsbedingungen und Erkennung<br />
von Touchinteraktion ohne physikalischen Kontakt<br />
zur Touchoberfläche. Dies kann den Bediener verwirren<br />
und die Akzeptanz verringern.<br />
Mit der Weiterentwicklung der verfügbaren Touchtechnologien<br />
werden die genannten Einschränkungen des jetzigen<br />
Systems verschwinden. Ein Forschungsbedarf besteht<br />
in der domänengerechten Auslegung und Anpassung<br />
sicherer Multitouchbedienelemente, die ein versehentliches<br />
Ausführen ausschließen. Dabei müssen sie ergonomisch<br />
bedienbar bleiben (beispielsweise über Einhand-<br />
Bedienung) und den Benutzer nicht durch eine umständliche<br />
Handhabung in seinen Abläufen behindern.<br />
Die nächsten Schritte der Entwicklung beinhalten eine<br />
Ausdetaillierung und Umsetzung des App-Konzepts hinsichtlich<br />
der erforderlichen Datenmodelle. Das betrifft<br />
die erforderlichen Schnittstellen zur Kommunikation<br />
zwischen Apps und dem unterlagerten HMI-Framework.<br />
Das schließt die beschriebene Editorumgebung zur Modellierung<br />
virtueller Workflows ein, die maßgeblich in<br />
diesen Informationsfluss eingebunden ist. Nach der Umsetzung<br />
des vorgestellten Ansatzes folgt eine Validierung<br />
mit weiteren Probanden aus dem Produktionsumfeld,<br />
um die bisher getroffenen Aussagen zur Benutzerakzeptanz<br />
zusätzlich zu untermauern.<br />
Durch den höheren Grad der Vernetzung wird das Thema<br />
Maschinen- und Datensicherheit <strong>im</strong> Kontext der Apps<br />
an Bedeutung gewinnen müssen. Die beschriebenen Standardschnittstellen<br />
ermöglichen Plug-and-Play-Konzepte<br />
mit zur Laufzeit downloadbaren, kundenspezifischen<br />
Apps aus einem firmeneigenen Softwarepool oder externen<br />
Quellen. Derartige Apps stellen jedoch ein potenzielles<br />
Risiko für die Betriebsstabilität der Maschinen und<br />
damit für die Sicherheit der Bediener dar. Umfangreiche<br />
Rechte-/Zugriffsmodelle und Signaturmechanismen für<br />
Apps werden erforderlich sein, um den sicheren Datenaustausch<br />
und eine gleichbleibend hohe Systemstabilität<br />
und Integrität zu gewährleisten.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
08.08.2013<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
REFERENZEN<br />
[1] VDI e.V.: Ergebnisse der Umfrage der VDI/<br />
VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik<br />
2010. http://www.vdi.de/<br />
uploads/media/2010-06-15-Umfrage_<br />
GMA_2010_Charts_05.pdf<br />
[2] Klocke, F., Pritschow, G.: Autonome<br />
Produktion. Springer 2004.<br />
[3] Schilling, B.: HMI - wo liegt die Zukunft bei<br />
Bediengeräten? MSR Magazin 2011(1-2), S. 8,<br />
2011<br />
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Systeme: Prinzipien, Werkzeuge,<br />
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Springer 2005<br />
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http://www.inosoft.com/VisiWinNET/<br />
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http://webfactory-world.de/de/Produkte/<br />
Editionen/WEBfactory2010Ult<strong>im</strong>ate.aspx<br />
[9] Certec: atvise Produktwebseite. http://www.<br />
atvise.com/en/vendors/<strong>im</strong>plementation-sdk<br />
[10] Copa Data: ZENON HMI Scada Produktwebseite.<br />
www.copadata.com/de/ger/produkte/automation-solutions/zenon-hmi-scada-anwendungenmit-multitouch-am-operator-panel.html<br />
[11] Mayhew, D. J.: Principles and guidelines in<br />
software user interface design. Prentice 1992<br />
[12] Luczak, H., Weck, M.: Teilprojekt 3: Benutzerschnittstellen.<br />
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(SFB 368). RWTH Aachen 2002<br />
[13] Ziegler, J., Graube, M., Pfeffer, J., Urbas, L.:<br />
Beyond App-Chaining: Mobile App Orchestration<br />
for Efficient Model Driven Software Generation.<br />
In: Proc. Int. Conf. Emerging Technologies &<br />
Factory Automation (ETFA), S. 1-8. : IEEE 2012<br />
[14] Pfeffer, J., Graube, M., Ziegler, J., Urbas, L.:<br />
Vernetzte Apps für komplexe Aufgaben in der<br />
Industrie. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis 54(3), S. 34-41, 2012<br />
[15] ISO 9241-171: Ergonomie der Mensch-System-Interaktion:<br />
Leitlinien für die Zugänglichkeit<br />
von Software, 2008<br />
[16] VDI 3850-1: Nutzergerechte Gestaltung von<br />
Bediensystemen für Maschinen, 2000<br />
[17] Kaaresoja, T., Anttila, E., Hoggan, E.: The<br />
effect of tactile feedback latency in touchscreen<br />
interaction. In: Proc. 2011 IEEE World<br />
Haptics Conference, S. 65–70. IEEE 2011<br />
[18] Ware, C.: Information Visualization. Perception<br />
for Design. Morgan Kaufmann 2004<br />
[19] Pre<strong>im</strong>, B., Dachselt, R.: Interaktive Systeme.<br />
Springer 2010<br />
[20] Shneiderman, B., Plaisant, C.: Designing the<br />
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human-computer interaction. Pearson<br />
Higher Education 2004<br />
[21] Schmidtke, H., Bernotat, R.: Ergonomie.<br />
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[22] Heinecke, A. M.: Mensch-Computer-Interaktion.<br />
Fachbuchverlag Leipzig <strong>im</strong> Carl-Hanser-Verlag<br />
2004.<br />
[23] Wadewitz, F.: Einfach einfach. <strong>im</strong>pulse<br />
2011(08), S. 16–24, 2011<br />
[24] Kempf, F.: Mult<strong>im</strong>ediale Fertigungsunterstützung<br />
- Pilotprojekt zur Konzeption, Entwicklung<br />
und Anwendung eines mult<strong>im</strong>edialen<br />
Lern- und Informationssystems für die<br />
40<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
AUTOREN<br />
Dr.-Ing.<br />
WERNER HERFS<br />
MBA (geb. 1975) hat<br />
zwischen 2007 und<br />
2012 die Abteilung<br />
Steuerungstechnik<br />
und Automatisierung<br />
geleitet und<br />
ist seit März 2012<br />
geschäftsführender Oberingenieur<br />
und akademischer Rat des Lehrstuhls<br />
für Werkzeugmaschinen an der<br />
RWTH Aachen.<br />
MInfTech.<br />
DANIEL KOLSTER<br />
(geb. 1981) arbeitet<br />
seit 2007 als<br />
wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am<br />
Lehrstuhl für<br />
Werkzeugmaschinen<br />
der RWTH<br />
Aachen. Seit April 2012 leitet er die<br />
Gruppe Automatisierung.<br />
Sein Forschungsgebiet umfasst die<br />
Mensch-Maschine-Interaktion <strong>im</strong><br />
Produktionsumfeld.<br />
Dipl.-Ing.<br />
WOLFRAM LOHSE<br />
(geb. 1981) war von<br />
2007 bis 2012 als<br />
wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am<br />
Lehrstuhl für<br />
Werkzeugmaschinen<br />
der RWTH<br />
Aachen tätig. Seit März 2012 leitet er<br />
die Abteilung Steuerungstechnik und<br />
Automatisierung.<br />
RWTH Aachen,<br />
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),<br />
Steinbachstr. 19,<br />
D-52074 Aachen,<br />
Tel. +49 (0) 241 802 74 10,<br />
E-Mail: w.herfs@wzl.rwth-aachen.de<br />
RWTH Aachen,<br />
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),<br />
Steinbachstr. 19,<br />
D-52074 Aachen,<br />
Tel. +49 (0) 241 802 74 57,<br />
E-Mail: d.kolster@wzl.rwth-aachen.de<br />
RWTH Aachen,<br />
Werkzeugmaschinenlabor (WZL),<br />
Steinbachstr. 19,<br />
D-52074 Aachen,<br />
Tel. +49 (0) 241 802 74 55,<br />
E-Mail: w.lohse@wzl.rwth-aachen.de<br />
betriebliche Praxis. In: Tagungsband<br />
Fertigungstechnisches Kolloqium (FTK '97),<br />
S. 441-453. Springer 1997<br />
[25] Schmauder, M.: WNF - werkstattgerechte<br />
Nutzerunterstützung bei der Freiformflächenbearbeitung.<br />
Abschlussergebnisse eines<br />
Forschungsverbundvorhabens. Inst. für<br />
Arbeitsingenieurwesen 2002<br />
[26] Zühlke, D.: Bedienung komplexer Maschinen<br />
heute, morgen und übermorgen. In: Marzi, R.,<br />
Karavezyris, V., Erbe, H.-H., T<strong>im</strong>pe, K.-P. (Hrsg.)<br />
Bedienen und Verstehen, S. 42–54. VDI 2002<br />
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Dissertation TU München 2004<br />
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benutzerfreundlichen Website. Dpunkt-Verlag<br />
2001<br />
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Fraunhofer IRB Verlag 1997.<br />
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- Applications - Trends. Springer 2009<br />
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Internet <strong>im</strong> Maschinenbau. VDMA Nachrichten<br />
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RWTH Aachen 2005<br />
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wirtschaftlichen Fabrikbetrieb 106(7-8), S.<br />
553–556, 2011<br />
[41] Lao, S., Heng, X., Zhang, G., Ling, Y., Wang, P.:<br />
A Gestural Interaction Design Model for<br />
Multi-touch Displays. In: Proc. 23rd British<br />
HCI Group Annual Conference on People and<br />
Computers: Celebrating People and<br />
Technology, S. 440-446. British Computer<br />
Society 2009<br />
[42] Wang, F., Ren, X.: Empirical Evaluation for<br />
Finger Input Properties In Multi-touch<br />
Interaction. In: Proc. 27th int. conf. Human<br />
factors in computing systems (CHI '09),<br />
S. 1063-1072. ACM 2009<br />
[43] Wroblewski, L.: Touch Gesture Reference<br />
Guide. http://www.lukew.com/touch/<br />
TouchGestureGuide.pdf<br />
[44] Brecher, C., Kolster, D., Herfs, W.: Audio-<br />
Tactile Feedback Mechanisms for Multi-<br />
Touch HMI Panels of Production Engineering<br />
Systems. International Journal of Automation<br />
Technology 6(3), S. 369-375, 2012<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
41
HAUPTBEITRAG<br />
Fähigkeiten adaptiver<br />
Produktionsanlagen<br />
Verbindung von Produkt, Prozess und Ressource<br />
In einer idealen Umsetzung von Plug-and-produce würde eine noch unbekannte Anlagenkomponente<br />
während des laufenden Betriebs angekoppelt, automatisch erkannt und<br />
funktional in die Produktionsabläufe integriert; und das ohne manuellen Integrationsaufwand.<br />
Ein Ansatz dafür ist die Modellierung von Fähigkeiten in der Produktion. Sind<br />
die Fähigkeiten einer Anlagenkomponente bekannt, können diese mit den Anforderungen<br />
an einen Produktionsschritt abgeglichen und gezielt eingesetzt werden. In diesem Beitrag<br />
werden die Fähigkeiten technischer Anlagen über ihre Relationen zu Produkt, Prozess<br />
und Ressource definiert. Das Spannungsfeld des resultierenden Frameworks entsteht<br />
durch die Notwendigkeit, Fähigkeiten sehr allgemein zu definieren, um alle potentiellen<br />
Einsatzmöglichkeiten zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu müssen für die Automatisierung<br />
eines konkreten Produktionsschritts spezifische Details operationalisiert werden.<br />
SCHLAGWÖRTER Plug-and-produce / Adaptive Produktionsanlagen / Fähigkeiten in der<br />
Produktion<br />
Skills in Adaptive Production Systems –<br />
Combining Products, Processes and Resources<br />
In an ideal plug-and-produce <strong>im</strong>plementation, new components would be plugged in while<br />
operations were running, and integrated automatically on a functional level. We pursue<br />
this goal by modelling the skills provided by production resources. Production skills are<br />
defined on the basis of their relations to product, process, and resources. The resulting<br />
framework makes it possible to model generic skills to capture all possible use cases while<br />
providing the detailed information necessary to automate the production hardware.<br />
KEYWORDS plug and produce / adaptive production systems / production skills<br />
42<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
JULIUS PFROMMER, Karlsruher Institut für Technologie<br />
MIRIAM SCHLEIPEN, Fraunhofer IOSB<br />
JÜRGEN BEYERER, Fraunhofer IOSB, Karlsruher Institut für Technologie<br />
Durch volatile, globale Märkte sowie kürzere<br />
Produktlebenszyklen bei steigender Variantenzahl,<br />
werden die Anforderungen an die Wandlungsfähigkeit<br />
von Produktionsanlagen (gerade<br />
in der diskreten Fertigung) <strong>im</strong>mer bedeutender<br />
[1]. In der Produktionstechnik wird nun seit einiger<br />
Zeit an der Unterstützung häufiger Produktwechsel<br />
und der Herstellung vieler Produktvarianten auf derselben<br />
Anlage geforscht. Auch neue Themen der letzten<br />
Jahre, etwa der Einsatz von mobilen Robotern oder 3D-<br />
Druckern zielen in diese Richtung. Diese sind (hardwareseitig)<br />
nicht mehr an die Herstellung eines best<strong>im</strong>mten<br />
Produkts gebunden, sondern lassen sich adhoc<br />
für unterschiedliche Aufgaben einsetzen.<br />
Parallel dazu entwickelt sich die softwareseitige Steuerung<br />
von Produktionsanlagen weiter, um die Adaptivität<br />
der Systeme zu erhöhen [2]. Unter Plug-and-produce<br />
[3] wird dabei die vereinfachte Integration von Anlagenkomponenten<br />
durch standardisierte Kommunikation<br />
und Mechanismen der Selbstbeschreibung verstanden.<br />
Das SkillPro-Projekt (http://www.skillpro-project.eu),<br />
gefördert durch das 7. Rahmenprogramm der Europäischen<br />
Kommission, forscht an diesem Thema ausgehend<br />
von der Modellierung der Fähigkeiten von Anlagenkomponenten.<br />
Als Grundlage für die einheitliche Beschreibung<br />
von Produktionsanlagen wird AutomationML [4]<br />
verwendet. Dieser Beitrag stellt einen Ansatz zur Modellierung<br />
der Fähigkeiten technischer Anlagen vor. Diese<br />
sind über ihren Bezug zu den bekannten Konzepten Produkt,<br />
Prozess und Ressource (PPR) definiert.<br />
1. PRODUKT, PROZESS UND RESSOURCE<br />
Die Aufteilung in Produkt, Prozess und Ressource ist in<br />
der Produktionstechnik weit verbreitet [5, 6]. Auch in<br />
AutomationML wird PPR für die Modellierung verwendet<br />
[7] (siehe Bild 1).<br />
Produkt: Der Begriff Produkt bezeichnet die Werkstücke<br />
(End- und Zwischenprodukte), die auf einer<br />
Anlage verarbeitet werden. Es ist zu beachten, dass<br />
hier oftmals ein Produkttyp beschrieben wird und<br />
kein physisch existentes Objekt. In diesem Beitrag<br />
wird davon ausgegangen, dass für alle vorkommenden<br />
(Zwischen-) Produkte ein entsprechender Typ<br />
existiert, auf den referenziert werden kann.<br />
Prozess: Ein Prozess ruft gezielt Änderungen von<br />
Produkteigenschaften hervor. Prozesse definieren<br />
zum Beispiel die Bearbeitung eines Werkstücks, einen<br />
logistischen Transport innerhalb der Anlage,<br />
oder das Fügen mehrerer Werkstücke. Ein Prozess<br />
besteht dabei aus einem oder mehreren (geordneten)<br />
Ausführungsschritten (siehe [6] für eine Übersicht<br />
der Definitionen von Prozess in verschiedenen Normen<br />
und Standards).<br />
Ressource: Als Ressource werden alle materiellen<br />
und <strong>im</strong>materiellen Anlagenkomponenten bezeichnet,<br />
die bei der Ausführung eines Prozesses und der<br />
Fertigung eines Produkts zum Einsatz kommen. Beispiele<br />
für Ressourcen sind Roboter, Werkzeugmaschinen,<br />
Software oder Logistikinfrastruktur.<br />
2. FÄHIGKEITEN VON PRODUKTIONSANLAGEN<br />
In den vergangenen Jahren wurden vermehrt Fähigkeiten<br />
in der Produktion untersucht. Die Autoren des SIARAS-<br />
Projekts [8, 9, 10] verwenden eine Ontologie, um Fähigkeiten<br />
und ihre Relationen für die automatische Konfiguration<br />
eines Produktionssystems zu verwenden. Das<br />
ROSETTA-Projekt [11, 12, 13] zielt darauf ab, Roboter und<br />
ihre Fähigkeiten in einer Umgebung einzusetzen, in der<br />
sie mit menschlichen Arbeitskräften direkt zusammenarbeiten.<br />
Für das AutoPnP-Projekt [14, 15] wurde ebenfalls<br />
eine Beschreibung der Fähigkeiten von Plug-andproduce-Anlagenkomponenten<br />
entwickelt. Die Autoren<br />
bezeichnen zum einen generelle Bearbeitungsverfahren,<br />
wie Bohren oder Transportieren, als Fähigkeiten. Zum<br />
anderen können diesen Fähigkeiten Attribute, wie der<br />
Durchmesser des Bohrers, zugewiesen werden. In [16]<br />
wird eine Taxonomie von Fähigkeiten speziell für das<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
43
HAUPTBEITRAG<br />
Fügen von Bauteilen definiert. Die Autoren von [17] stellen<br />
eine Ontologie für Fähigkeiten in der Produktion auf<br />
und ordnen, gemäß entsprechend definierter Anforderungen,<br />
Ressourcen einzelnen Produktionsschritten zu.<br />
Das OZONE-Projekt [6] definiert Aktivitäten als zentrales<br />
Element. Über die Verbindung zu Produkten und Ressourcen<br />
wird eingeschränkt, welche Aktivitäten <strong>im</strong> Rahmen<br />
eines Herstellungsvorgangs ausgeführt werden können.<br />
In [18] werden die PPR-Konzepte <strong>im</strong> Kontext von<br />
Fähigkeiten genutzt. Fähigkeiten werden als endliche<br />
Automaten modelliert, die mit allen drei PPR-Konzepten<br />
in Verbindung stehen. Die Urheber von [19] und [20] modellieren<br />
Fähigkeiten als agentenbasierte Systeme. Diese<br />
können ihre Fähigkeiten dynamisch kombinieren, um<br />
komplexere Aufgaben zu bewältigen. In der englischen<br />
Ausgabe der ISA-95/DIN EN 62264 [21] wird zwar von<br />
Capabilities gesprochen, dieser Begriff bezieht sich aber<br />
auf die Kapazität von Produktionsanlagen und nicht auf<br />
ihre Fähigkeiten. Das RoboEarth-Projekt [22, 23] beschäftigt<br />
sich mit dem Austausch von Informationen zwischen<br />
Robotern. Ziel ist das gemeinsame Erforschen und Beschreiben<br />
der Umwelt, ein Austausch erlernter Problemlösungsstrategien<br />
und die Kollaboration von Robotern<br />
in Situationen, die ein gemeinsames Handeln erfordern.<br />
Dafür werden in der RoboEarth-Ontologie auch Fähigkeiten<br />
von Robotern definiert. Deren Geltungsbereich ist<br />
dabei nicht auf das Produktionsumfeld beschränkt.<br />
In den genannten Ansätzen werden identische Begriffe<br />
bezüglich Fähigkeiten teilweise semantisch unterschiedlich<br />
besetzt. Weitere Unterschiede gibt es in der<br />
Granularität (low-level, wie Arm bewegen, <strong>im</strong> Gegensatz<br />
zu high-level, wie Motorhaube lackieren). Auch sind die<br />
bisherigen Definitionen von Fähigkeiten meist stark in<br />
einer best<strong>im</strong>mten informationstechnischen Verarbeitung<br />
verhaftet, zum Beispiel Ontologien oder objektorientierte<br />
Modellierung. Zusammengenommen sind drei Sichtweisen<br />
auf Fähigkeiten erkennbar:<br />
1 | Eine Fähigkeit beschreibt das Potenzial, eine Tätigkeit<br />
aus einer best<strong>im</strong>mten Domäne durchzuführen<br />
und kann einer technischen Anlage beschreibend<br />
zugewiesen werden. (Weder Subjekt noch Objekt<br />
sind bekannt.)<br />
2 | Eine Fähigkeit beschreibt das Potenzial einer konkreten<br />
technischen Anlage, eine Tätigkeit aus einer<br />
best<strong>im</strong>mten Domäne durchzuführen. Durch den<br />
Bezug zu einer technischen Anlage sind Details<br />
(besonders L<strong>im</strong>itierungen) der Fähigkeit bekannt<br />
und können für logisches Schließen verwendet<br />
werden. Die Fähigkeit bleibt dabei generisch genug,<br />
um in unterschiedlichen Situationen Anwendung<br />
zu finden. (Das Subjekt ist bekannt, das Objekt noch<br />
unbekannt.)<br />
3 | Eine Fähigkeit beschreibt das Potenzial einer konkreten<br />
technischen Anlage in einer konkreten Situation<br />
(wie der Verarbeitung eines best<strong>im</strong>mten<br />
Produkttyps) eine best<strong>im</strong>mte Tätigkeit durchzuführen.<br />
(Subjekt und Objekt sind bekannt.)<br />
Diese Aufteilung fließt <strong>im</strong> Folgenden in die Entwicklung<br />
des Produkt, Prozess, Ressource und Skill-Frameworks<br />
(PPRS) ein. Beispiele und weitere Erläuterungen zu jeder<br />
Sichtweise finden sich bei den Definitionen von Prozess,<br />
Skill und Task <strong>im</strong> folgenden Abschnitt.<br />
3. DAS PPRS-FRAMEWORK<br />
Das PPRS-Framework wurde mit dem Ziel entwickelt,<br />
nicht eine weitere Definition von Fähigkeiten zur Liste<br />
existierender Ansätze hinzuzufügen, sondern die Unterschiede<br />
zwischen den drei Sichtweisen bezüglich Fähigkeiten<br />
explizit zu machen und in ein gemeinsames Modell<br />
zu integrieren. Dies geschieht über die Verbindungen zu<br />
den etablierten Konzepten Produkt, Prozess und Ressour-<br />
PPRConnector<br />
PRODUKT<br />
ExternalInterface<br />
InternalLink<br />
Prozesse<br />
• Schweißen<br />
(Gasschweißen,<br />
Elektroschweißen…)<br />
• Fräsen<br />
• Fügen, …<br />
Ressourcen<br />
Skills<br />
Zum Beispiel Gasschweißen<br />
auf<br />
Anlagenkomponente 1<br />
PPRConnector<br />
PROZESS<br />
Transport<br />
Prozess wird auf der<br />
Ressource ausgeführt<br />
RESSOURCE<br />
PPRConnector<br />
Produkte<br />
Ausführungsplan<br />
Produktionsziele<br />
Tasks<br />
Zum Beispiel Werkstücke 1<br />
und 2 zu einem fertigen<br />
Produkt 3 fügen (Vor- und<br />
Nachbedingungen)<br />
Nebenläufige Ausführung<br />
auf den verfügbaren<br />
Ressourcen<br />
BILD 1: Das Konzept von Produkt, Prozess und<br />
Ressource in AutomationML [7]<br />
BILD 2: Fähigkeiten von Produktionsanlagen in Relation<br />
zum Produkt-Prozess-Ressource-Konzept<br />
44<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
ce. Im Folgenden werden die Begrifflichkeiten von PPRS<br />
definiert. Bild 2 zeigt dazu einen grafischen Überblick.<br />
Produkt (product), Ressource: behalten ihre ursprüngliche<br />
Bedeutung.<br />
Prozess (process): Fertigungs- und Bearbeitungsverfahren<br />
(manufacturing processes), sowie unterstützende<br />
Vorgänge, werden in PPRS als Prozesse bezeichnet. Diese<br />
Verfahren haben noch keinen Bezug zu einem konkreten<br />
Anwendungsfall oder einer technischen Umsetzung<br />
durch eine Ressource. Prozesse können auch zu einer<br />
Hierarchie geordnet werden. Unterhalb des Prozesses<br />
Schweißen ließen sich so Gasschmelzschweißen und<br />
Lichtbogenschweißen ausdifferenzieren. In der DIN 8580<br />
[24] sind gängige Verfahren aus der Fertigungstechnik<br />
bereits in ähnlicher Form hierarchisch strukturiert. Weitere<br />
relevante Themenbereiche stammen aus der Logistik,<br />
der Robotik und dem Fügen von Werkstücken.<br />
Fähigkeit (skill): Ein Skill s ∈ S beschreibt das technische<br />
Potenzial einer Ressource r ∈ R, einen best<strong>im</strong>mten<br />
Prozess π ∈ Π umzusetzen.<br />
S ⊆ Π Í R (1)<br />
Angenommen eine Werkzeugmaschine stellt den Prozess<br />
Fräsen als Fähigkeit zur Verfügung. Das bedeutet nicht,<br />
dass jeder Fräsvorgang automatisch auf dieser Ressource<br />
ausführbar sein muss. Im Rahmen des Beispiels würde<br />
dies von der Größe des Werkstücks und dem verwendeten<br />
Werkstoff abhängen. Beschränkungen bezüglich der Anwendbarkeit<br />
sind als Metadaten mit dem Skill verknüpft.<br />
Ausführungsschritt (task): Als Task wird die Anwendung<br />
eines Skills in der Herstellung eines Produktes (auf<br />
einer best<strong>im</strong>mten Ressource) bezeichnet. Dazu enthalten<br />
Tasks alle Informationen, die für die Automatisierung<br />
der konkreten Aufgabe benötigt werden. Nach außen<br />
stellen sich Tasks als Blackbox dar. Bekannt sind nur<br />
Vorbedingungen und Nachbedingungen der Ausführung<br />
(wie der ein- und ausgehende Produkttyp und<br />
die Konfiguration beteiligter Ressourcen), sowie die<br />
zeitlichen Eigenschaften (die Ausführungsdauer und<br />
dadurch notwendiges Blockieren beteiligter Ressourcen;<br />
wird in diesem Beitrag zunächst nicht betrachtet).<br />
Diese Kapselung von Funktionalität n<strong>im</strong>mt Anleihen an<br />
den formalisierten Prozessbeschreibungen (FBP) nach<br />
VDI/VDE 3682, siehe auch [25, 26]. Eine wichtige Erweiterung<br />
gegenüber FBP ist, dass ein Task auch Auswirkungen<br />
auf die Ressource(n) selbst haben kann. Das automatisierte<br />
Wechseln eines Werkzeugs (Rüsten) oder<br />
das Verfahren mit einem mobilen Roboter ist also ebenfalls<br />
als Task beschreibbar. Ebenso wie FBPs können<br />
Tasks hierarchisch aufgebaut sein.<br />
Grundlegende Tasks: Grundlegende Tasks können über<br />
eine Steuereinheit ohne weitere Vorverarbeitung auf<br />
der Ressource ausgeführt werden. Die Implementierung<br />
grundlegender Tasks kann auf verschiedene Arten<br />
erfolgen:<br />
1 | Automatisierte Abläufe sind mit klassischen<br />
Werkzeugen etwa basierrend auf IEC 61131-3 oder<br />
DIN 66025/ISO 6983, auf den Anlagenkomponenten<br />
programmiert. Der entsprechende Task enthält<br />
dann eine Referenz, über die ein solches<br />
Programm angesteuert werden kann.<br />
2 | Gleichsam kann nach dem Teach-in eines Roboters<br />
der generierte Arbeitsgang mit einer eindeutigen<br />
Identifikation versehen und über einen Task<br />
zur Ausführung zugänglich gemacht werden.<br />
3 | Ausgehend von den modellierten Skills und detaillierte<br />
Daten zum Produkt wird ein ausführbarer<br />
Task automatisch generiert [10, 13].<br />
Zusammengesetzte Tasks: Ein zusammengesetzter Task<br />
besteht aus Untertasks, grundlegend oder wiederum<br />
zusammengesetzt, sowie Einschränkungen der Ausführungsreihenfolge,<br />
siehe auch Bild 3. Die Untertasks können<br />
sich auf verschiedene Skills beziehen. Zum Beispiel<br />
Objekt erkennen – Objekt greifen – Arm bewegen. Jeder<br />
Blattknoten der Hierarchie aus Tasks muss dabei ein<br />
grundlegender Task sein, um die Ausführbarkeit der<br />
gesamten Hierarchie zu gewährleisten. Einschränkungen<br />
der Ausführungsreihenfolge und die zeitlichen Relationen<br />
von Untertasks können zum Beispiel mittels<br />
der Intervallalgebra von Allen [27] beschrieben werden.<br />
Ein Beispiel aus der Lebensmittelindustrie: Der Task<br />
Teigmasse auf konstanter Temperatur halten muss vor<br />
dem Vorgang Rühren anlaufen und darf erst nach Beendigung<br />
von Rühren abgeschlossen werden.<br />
Formal definiert sind die Tasks τ ∈ T ein Übergang zwischen<br />
den Zuständen der beteiligten Ressourcen. Der Zustand<br />
ρ ∈ r einer Ressource r ∈ R bezieht sich dabei a)<br />
auf die Konfiguration der Ressource c ∈ C r , wie der Rüstzustand<br />
einer Maschine oder die Position eines mobilen<br />
Roboters, und b) auf den Zwischen-Produkttyp p ∈ P, der<br />
aktuell in der Ressource enthalten ist. Es kann auch kein<br />
Produkt, gekennzeichnet durch die leere Menge, in der<br />
Ressource enthalten sein. Die Menge<br />
init enthält den initialen<br />
Zustand aller Ressourcen des Gesamtsystems.<br />
r ⊆ C r Í (P ∪ ∅),<br />
init<br />
∈ Π r (2)<br />
Es können mehrere Ressourcen R τ an einem Task beteiligt<br />
sein. Zum Beispiel, um <strong>im</strong> Rahmen eines Transportprozesses<br />
ein Produkt zwischen zwei Ressourcen zu übergeben.<br />
Somit gilt für die Vor- und Nachbedingungen (die<br />
Zustände der beteiligten Ressourcen) τ pre und τ post , dass<br />
τ i ∈ Π r , ∀i ∈ {pre, post}. (3)<br />
Die Betrachtung von Tasks als Zustandsübergänge ermöglicht<br />
die Betrachtung mittels bekannter Formalismen<br />
zur Beschreibung diskreter dynamischer Systeme,<br />
wie diskrete Ereignissysteme (DES) [28] oder den Situationskalkül<br />
[29]. Somit steht eine Vielzahl von Techniken<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
45
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 3:<br />
Zusammengesetzte<br />
Tasks (gestrichelter<br />
Rahmen) bestehen<br />
aus grundlegenden<br />
oder wiederum<br />
zusammen gesetzten<br />
Tasks und einer<br />
Einschränkung<br />
der Ausführungsreihenfolge.<br />
Task<br />
Task Task<br />
Task Task<br />
Task<br />
BILD 4: Topologie der Beispiel-Produktionsanlage<br />
Lager<br />
Draht<br />
schneiden<br />
Biegen (2D)<br />
Biegen (3D)<br />
Ausgangspuffer<br />
für das logische Schließen über mögliches Systemverhalten<br />
und zur gezielten Ablaufsteuerung zur Verfügung.<br />
Ausführbarer Ablaufplan: Anhand der verfügbaren Tasks<br />
init<br />
T, dem initialen Systemzustand und der Produktionsziele<br />
kann von einem entsprechenden Planungswerkzeug<br />
ein ausführbarer Ablaufplan generiert werden. Tasks<br />
können sich dabei funktional, wie Gasschmelzschweißen<br />
gegenüber Lichtbogenschweißen, und auf Ebene der Ressourcen,<br />
etwa für zwei identische Werkzeugmaschinen,<br />
substituieren. Auf der Ebene individueller Produkte kann<br />
sich dadurch die Route innerhalb einer Produktionsanlage<br />
unterscheiden. Effiziente Pläne werden meist einen hohen<br />
Grad an Nebenläufigkeit aufweisen, also mehrere Tasks auf<br />
den verfügbaren Ressourcen parallel ausgeführt. Für die<br />
Beachtung der zeitlichen Effizienz von Plänen muss dafür<br />
die Ausführungsdauer von Tasks vorab bekannt sein.<br />
Nach dem Eintreten unvorhergesehener Ereignisse, wie<br />
der Ausfall einer Ressource, oder das Nachbearbeiten eines<br />
Werkstücks aufgrund von Qualitätsproblemen, wird<br />
auf Basis des aktuellen Systemzustands neu geplant, um<br />
die Ausführbarkeit und Effizienz des Ablaufplans zu gewährleisten.<br />
Damit durch die Neuplanung keine allzu<br />
langen Wartezeiten entstehen, sollten nur relevante Teile<br />
des Ablaufplans neu erzeugt werden. Es bietet sich zum<br />
Beispiel an, an den Puffern einer Produktionsanlage Teilbereiche<br />
des Plans voneinander zu entkoppeln.<br />
Das beschriebene Vorgehen wurde prototypisch umgesetzt.<br />
Die Beschreibung der Ressourcen und der Tasks ist<br />
dazu in der Planning Domain Description Language (PDDL)<br />
[30] ausgeführt. Mittels des frei verfügbaren Solvers OPTIC<br />
[31] wird dann, ausgehend von einem initialen Zustand<br />
und den Produktionszielen, ein Ablaufplan erzeugt.<br />
Die in PPRS definierten Begrifflichkeiten lassen sich<br />
auch in Anlagen ohne dynamische Ablaufplanung zur<br />
Laufzeit verwenden. Die Rolle von Tasks haben dann die<br />
fest vordefinierten lokalen "Reaktionen" von Anlagenkomponenten<br />
auf Ereignisse. Es sind auch hybride Anlagen<br />
möglich, bei denen nur Teilabläufe zur Laufzeit<br />
geplant werden. Der Übergang hin zu einer dynamischen<br />
Ablaufplanung kann demnach fließend erfolgen.<br />
Beispiel einer einfachen Produktionsanlage<br />
Das Anwendungsbeispiel ist Teil einer größeren Produktionsanlage,<br />
mit der Drahtkörbe gefertigt werden. Durch<br />
die hohe Anzahl an Varianten und niedrige Losgrößen<br />
musste die Anlage in der Vergangenheit oft umgerüstet<br />
werden. Weiterhin gab es eine Reihe von Arbeitsschritten,<br />
die durch die häufigen Produktwechsel nicht wirtschaftlich<br />
zu automatisieren waren.<br />
Im betrachteten Ausschnitt wird Metalldraht aus dem<br />
Eingangslager entnommen und zunächst in Stücke der<br />
geforderten Länge geschnitten. Die Drahtstücke können<br />
anschließend von zwei Anlagenkomponenten weiter verarbeitet<br />
werden, die den Draht in die gewünschte Form<br />
biegen. Die Maschinen beherrschen dabei entweder 2Doder<br />
3D-Biegen. Der Transport wird von einem Roboterarm<br />
bewerkstelligt, der auch die fertig gebogenen Drahtstücke<br />
in einen Ausgangspuffer legt. Die Topologie der<br />
Anlage ist in Bild 4 dargestellt.<br />
Prozesse: Π = { schneiden, biegen, transport }<br />
Ressourcen: R = { ds, b2D, b3D, ra, puffer }<br />
Die Benennung der Ressourcen ist aus Platzgründen<br />
abgekürzt, vergleiche Bild 4. Der Roboterarm ra kann<br />
sich in einer von vier Konfigurationen (Positionen) befinden,<br />
jeweils dem Drahtschneider, Biegen (2D/3D) oder<br />
dem Ausgangspuffer zugewandt C ra = { pos ds , ...}. Die<br />
restlichen Ressourcen haben nur eine mögliche Konfiguration<br />
(standard). Alle Ressourcen können egal welches<br />
Produkt oder auch kein Produkt enthalten.<br />
Produkte: P = { p 1 , ... , p 4 , p z1 , ... , p z3 }<br />
Die vier finalen Produkte sind { p 1 , p 2 , p 3 , p 4 }. Von<br />
ihnen sind p 1 und p 2 2D-gebogen, p 3 und p 4 3D-gebogen.<br />
Die Länge des Drahts von p 1 und p 3 ist jeweils<br />
identisch. Alle weiteren Produkte haben unterschiedliche<br />
Längen.<br />
Die Zwischenprodukte, geschnittene, aber noch<br />
ungebogene Drahtstücke, sind demnach { p z1 , p z2 ,<br />
p z3 }. Das Zwischenprodukt p z1 kann durch unter-<br />
46<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
schiedliches Biegen in p 1 oder p 3 weiter verarbeitet<br />
werden.<br />
Skills: S = { drahtschneiden, biegen2D, biegen3D,<br />
bewegen, entnehmen }<br />
drahtschneiden = (schneiden, ds)<br />
biegen2D = (biegen, b2D)<br />
biegen3D = (biegen, b3D)<br />
bewegen = (transport, ra)<br />
entnehmen = (transport, puffer)<br />
Die Metadaten, die einen Skill soweit beschreiben,<br />
dass ein ausführbarer Task (bezogen auf ein konkretes<br />
Produkt) automatisch generiert werden kann, werden in<br />
diesem Beispiel nicht betrachtet.<br />
Tasks: T = { schneiden 1 , bewegen 1 , bewegen 2 , biegen 1 ,<br />
entnehmen 1 }<br />
Die Auflistung der Tasks ist an dieser Stelle nicht vollständig,<br />
sondern in erster Linie repräsentativ. Tasks sind<br />
zur Identifikation benannt und durchnummeriert, dies<br />
hat jedoch keine funktionale Bedeutung.<br />
schneiden 1 : R schneiden1 = {ds}<br />
pre<br />
schneiden 1 = (standard, ∅ )<br />
post<br />
schneiden 1 = (standard, p z1 )<br />
bewegen 1 : R bewegen1<br />
pre<br />
bewegen 1<br />
bewegen 1<br />
post<br />
biegen 1 : R biegen1<br />
pre<br />
biegen 1<br />
post<br />
biegen 1<br />
bewegen 2 : R bewegen2<br />
pre<br />
bewegen 2<br />
bewegen 2<br />
post<br />
= {ds, ra, b2D}<br />
= ((standard, p z1 ), (pos ds , ∅ ),<br />
(standard, ∅ ))<br />
= ((standard, ∅ ), (pos b2D , ∅ ),<br />
(standard, p z1 ))<br />
= {b2D}<br />
= (standard, p z1 )<br />
= (standard, p 1 )<br />
= {b2D, ra, puffer}<br />
= ((standard, p 1 ), (pos b2D , ∅ ),<br />
(standard, ∅ ))<br />
= ((standard, ∅ ), (pos puffer ,<br />
∅ ), (standard, p 1 ))<br />
entnehmen 1 : R entnehmen1 = {puffer}<br />
pre<br />
entnehmen 1 = (standard, p 1 )<br />
post<br />
entnehmen 1 = (standard, ∅ )<br />
Werden die modellierten Tasks in der Reihenfolge der<br />
Auflistung ausgeführt, wird zunächst ein Produkt vom<br />
Typ p 1 erzeugt, in den Ausgangspuffer gelegt und dort<br />
für eine Weiterverwendung wieder entnommen. Dabei<br />
wird ein initialer Zustand<br />
init angenommen, in dem der<br />
Roboterarm dem Drahtschneider zugewandt ist und keine<br />
der Ressourcen ein Produkt enthält.<br />
Die Tasks bewegen 1 und bewegen 2 lassen sich in mehrere<br />
Teilschritte Produkt aufnehmen, Roboterarm bewegen,<br />
Produkt absetzen mit je zwei kooperierenden Ressourcen<br />
unterteilen. Diese können dann in der Definition zusammengesetzter<br />
Tasks wiederverwendet werden. Andernfalls<br />
würden sie über die Ablaufplanung ad-hoc aneinander<br />
gefügt. Die erzeugten Pläne wären dadurch aber entsprechend<br />
länger – mit Auswirkungen auf die Laufzeit<br />
der Planungsalgorithmen. Siehe [32] für eine Diskussion<br />
der Vor- und Nachteile feingranularer Modellierung gegenüber<br />
umfangreicheren, monolithischen Fähigkeiten.<br />
L<strong>im</strong>itierungen von Tasks und Themen<br />
für zukünftige Erweiterungen<br />
Falls an einem Task mehrere Ressourcen beteiligt sind, könnten<br />
eine oder mehrere Ressourcen noch beschäftigt sein,<br />
während die restlichen Ressourcen bereits auf die Ausführung<br />
des nächsten Tasks warten. In diesem Beitrag ist die<br />
zeitliche Dauer von Tasks zunächst nicht berücksichtigt.<br />
Dadurch wurde <strong>im</strong>plizit die Annahme getroffen, dass jede<br />
Ressource undefiniert lange auf eine Synchronisation mit<br />
beschäftigten Ressourcen warten kann. Diese Annahme<br />
muss aber nicht unbedingt zutreffen. Zum Beispiel in der<br />
Verarbeitung von erhitztem Metall oder in logistischen Ablaufketten.<br />
In diesem Fall müsste für die Erzeugung ausführbarer<br />
Pläne die Ausführungsdauer von Tasks bekannt sein<br />
und den Ressourcen ein Zeitstempel zugeordnet werden.<br />
Eine weitere L<strong>im</strong>itierung der aktuellen Modellierung<br />
ist, dass Ressourcen nur einen Produkttyp enthalten<br />
können. Dies kann durch die Vereinigung mehrerer Produkte<br />
zu einem kombinierten Produkttyp umgangen<br />
werden. Ein solches Vorgehen führt aber in den meisten<br />
Fällen zu einer Explosion der Anzahl von Produkttypen,<br />
die innerhalb einer Anlage auftreten können. Etwa bei<br />
der Modellierung großer Puffer oder Lager.<br />
4. NEUE MÖGLICHKEITEN IM PLUG-AND-PRODUCE<br />
Im Zusammenhang mit Plug-and-produce wird oft der Universal<br />
Serial Bus-Standard (USB) [33] aus der PC-Welt als<br />
Vorbild genannt. USB definiert die mechanische Verbindung,<br />
die Kommunikation und die Energieversorgung über<br />
den Bus, sowie eine Reihe grundlegender Geräteklassen. Die<br />
PC-Betriebssysteme enthalten passende Treiber, die für fast<br />
jede Peripherie Plug-and-play, die Integration ohne manuelle<br />
Konfiguration, und Hot-plugging, das Ein- und Ausstecken<br />
von Peripherie an ein laufendes System, ermöglichen.<br />
Analog zu USB findet in der Idealvorstellung von Plugand-produce<br />
die funktionale Integration von neuen oder<br />
ausgetauschten Anlagenkomponenten automatisch statt.<br />
Die Modellierung von Fähigkeiten mit PPRS könnte zur<br />
Grundlage für eine langfristige Umsetzung dieser Vision<br />
werden. Der Ablauf eines Plug-and-produce-Vorgangs<br />
wäre dann wie folgt:<br />
1 | Physische Kopplung der Komponente mit der<br />
Gesamtanlage (manuell)<br />
2 | Aufbau der Kommunikation und Bekanntmachen<br />
der Komponente innerhalb der Gesamtanlage<br />
(automatisiert)<br />
3 | Kommunikation der Komponenteneigenschaften<br />
an die Anlagensteuerung (automatisiert über<br />
Mechanismen der Selbstbeschreibung)<br />
4 | Definition der neu verfügbaren Tasks ausgehend<br />
von den zu fertigenden Produkten<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
47
HAUPTBEITRAG<br />
(entweder manuell programmiert oder automatisiert<br />
aus Skill-Beschreibungen abgeleitet)<br />
5 | Aktualisierung des Ablaufplans (wird nach dem<br />
Eintreten eines unerwarteten Ereignisses, wie einer<br />
Änderung der Anlagentopologie, automatisch neu<br />
erzeugt)<br />
6 | Ausführen des Ablaufplans durch die Anlagensteuerung<br />
und fortlaufende Kommunikation mit den<br />
Anlagenkomponenten zur Überwachung des Betriebszustands<br />
(automatisiert)<br />
Natürlich können nicht alle bestehenden Anlagenkomponenten<br />
ein solches Vorgehen nativ unterstützen. Ihnen<br />
würde ein Adapter, rein softwarebasiert oder als physische<br />
Hardware, vorgeschaltet werden. Eine einheitliche<br />
Schnittstelle, die ein solcher Adapter nach außen anbietet,<br />
könnte auf Grundlage der OPC Unified Architecture<br />
(OPC UA) [34] definiert sein.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Im Beitrag wurde gezeigt, wie sich die Fähigkeiten von<br />
Komponenten einer Produktionsanlage anhand ihrer Beziehung<br />
zu Produkt, Prozess und Ressource (PPR) beschreiben<br />
lassen. Anschließend illustrierten die Autoren die<br />
Modellierung von Fähigkeiten <strong>im</strong> resultierenden PPRS-<br />
Framework anhand eines Beispiels. Weiter ging es darum,<br />
REFERENZEN<br />
[1] Wiendahl, H. P., ElMaraghy, H. A., Nyhuis, P., Zäh, M. F.,<br />
Wiendahl, H. H., Duffie, N., Brieke, M.: Changeable<br />
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CIRP Annals-Manufacturing Technology 56(2),<br />
S. 783-809, 2007<br />
[2] Schleipen, M.: Adaptivität und semantische Interoperabilität<br />
von Manufacturing Execution Systemen (MES). KIT Scientific<br />
Publishing 2013<br />
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Manufacturing Technology 49(1), S. 1-4, 2000<br />
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Aware Aggregate Planning for the Distributed Manufacturing<br />
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Technology 51(1), S. 363-366, 2002<br />
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Managing Modularity in Production Management.<br />
Concurrent Engineering 15(2), S. 217-235, 2007<br />
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[8] Angelsmark, O., Malec, J., Nilsson, K., Nowaczyk, S.,<br />
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[9] Malec, J., Nilsson, A., Nilsson, K., Nowaczyk, S.: Knowledgebased<br />
reconfiguration of automation systems. In: Proc. IEEE<br />
Int. Conf. Automation Science and Engineering (CASE’07),<br />
S. 170-175. IEEE 2007<br />
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(ReMAR), S. 689-695. ASME 2009<br />
[11] Björkelund, A., Edstrom, L., Haage, M., Malec, J., Nilsson, K.,<br />
Nugues, P., Robertz, S. G., Storkle, D., Blomdell, A.,<br />
Johansson, R.: On the integration of skilled robot motions<br />
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Interaction at ICRA 2013, S. 50-53. IEEE 2013<br />
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Pittschelis, R. Kärcher, B.: AutoPnP – Plug-and-Produce in<br />
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[15] Keddis, N., Kainz, G., Buckl, C., Knoll, A.: Towards adaptable<br />
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AAAI Conference on Artificial Intelligence, S. 94-101.<br />
AAAI 2012<br />
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to support production system adaptation.<br />
In: 2011 IEEE International Symposium on Assembly and<br />
Manufacturing (ISAM’11), S. 1-6. IEEE 2011<br />
[18] Björkelund, A., Malec, J., Nilsson, K., Nugues, P., Bruyninckx,<br />
H.: Knowledge for Intelligent Industrial Robots. In: AAAI<br />
Spring Symposium Series: Technical Report SS-12-02. AAAI<br />
2012. http://www.aaai.org/ocs/index.php/SSS/SSS12/paper/<br />
view/4340<br />
[19] Angerer, S., Pooley, R., Aylett, R.: Self-Reconfiguration of<br />
Industrial Mobile Robots. In: Proceedings of the 4th IEEE<br />
International Conference on Self-Adaptive and Self-Organizing<br />
Systems (SASO’10), S.64-73. IEEE 2010<br />
[20] Barata, J., Onori, M., Frei, R., Leitão, P.: Evolvable production<br />
systems in a RMS context: enabling concepts and technolo-<br />
48<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
wie sich über die Modellierung von Fähigkeiten eine funktionale<br />
Integration neuer Anlagenkomponenten <strong>im</strong> Rahmen<br />
von Plug-and-produce automatisieren lässt. Dabei<br />
verbleibt eine Reihe von Fragen. Wichtig für einen praktischen<br />
Einsatz sind insbesondere Garantien zur Einhaltung<br />
der nichtfunktionalen Anforderungen industrieller Steuerungssysteme<br />
(Echtzeitfähigkeit, Laufzeit von Planungsalgorithmen,<br />
Performanceeinbußen durch den Einsatz von<br />
Heuristiken). Und nicht zuletzt bleibt die Zusammenarbeit<br />
von Mensch und Maschine ein zentrales Thema.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
12.07.2013<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
AUTOREN<br />
Karlsruher Institut für Technologie,<br />
Lehrstuhl für Interaktive Echtzeitsysteme,<br />
Adenauerring 4, D-76131 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 6 09 12 86,<br />
E-Mail: julius.pfrommer@kit.edu<br />
JULIUS PFROMMER (geb. 1985) ist seit<br />
2013 wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
am Lehrstuhl für Interaktive Echtzeitsysteme<br />
des Karlsruher Instituts für<br />
Technologie (KIT) und arbeitet in<br />
enger Kooperation mit dem Fraunhofer<br />
IOSB. Davor hat er am KIT, am Institut<br />
National Polytechnique de Grenoble<br />
und an der ETH Zürich studiert.<br />
gies. In: Proc. 2nd Int. Conf. Changeable, Agile, Reconfigurable<br />
and Virtual Production, S. 239-244. CARV 2007<br />
[21] DIN EN 62264-1: Integration von Unternehmensführungsund<br />
Leitsystemen - Teil 1: Modelle und Terminologie<br />
(IEC 62264-1:2003), 2008<br />
[22] Waibel, M., Beetz, M., Civera, J., D'Andrea, R., Elfring, J.,<br />
Galvez-Lopez, D., et al.: Roboearth. IEEE Robotics & Automation<br />
Magazine 18(2), S. 69-82, 2011<br />
[23] Tenorth, M., Perzylo, A. C., Lafrenz, R., Beetz, M.: The<br />
RoboEarth language: Representing and exchanging knowledge<br />
about actions, objects, and environments.<br />
In: 2012 IEEE International Conference on Robotics and<br />
Automation (ICRA), S. 1284-1289. IEEE 2012<br />
[24] DIN 8580: Fertigungsverfahren - Begriffe, Einteilung, 2003<br />
[25] VDI/VDE 3682: Formalisierte Prozessbeschreibungen, 2005<br />
[26] Jäger, T., Christiansen, L., Strube, M., Fay, A.: Durchgängiges<br />
Engineering von der Anforderungserhebung bis<br />
zur Anlagenstrukturbeschreibung. at - Automatisierungstechnik<br />
61(2), S. 92-101, 2013<br />
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Communications of the ACM 26(11), S. 832-843, 1983.<br />
[28] Ramadge, P. J., Wonham, W. M.: Supervisory Control of a<br />
Class of Discrete Event Processes. SIAM Journal on Control<br />
and Opt<strong>im</strong>ization 25(1), S. 206-230, 1987<br />
[29] Reiter, R.: Knowledge in action: logical foundations for<br />
specifying and <strong>im</strong>plementing dynamical systems. MIT 2001<br />
[30] Fox, M., Long, D.: PDDL2. 1: An Extension to PDDL for<br />
Expressing Temporal Planning Domains. Journal of Artificial<br />
Intelligence Research (JAIR) 20, S. 61-124, 2003<br />
[31] Benton, J., Coles, A. J., Coles, A.: Temporal Planning with Preferences<br />
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Automated Planning and Scheduling (ICAPS), S. 2-10. AAAI 2012<br />
[32] Weser, M., Zhang, J.: Autonomous planning for mobile<br />
manipulation services based on multi-level robot skills.<br />
In: 2009 IEEE/RSJ International Conference on Intelligent<br />
Robots and Systems (IROS’09), S. 1999-2004. IEEE 2009<br />
[33] USB Implementers Forum: Universal Serial Bus 3.0<br />
Specification, 2008. http://www.usb.org/developers/docs<br />
[34] IEC/TR 62541-1: OPC Unified Architecture - Part 1: Overview<br />
and Concepts, 2010.<br />
Dr.-Ing. MIRIAM SCHLEIPEN<br />
(geb. 1983) arbeitet seit 2005 am<br />
Fraunhofer IOSB. Sie leitet die<br />
Gruppe Leitsysteme und Anlagenmodellierung.<br />
Ihr Hauptinteresse gilt<br />
der Adaptivität und Interoperabilität<br />
von Komponenten und Systemen in<br />
Produktionsanlagen speziell für die<br />
MES-Ebene.<br />
Fraunhofer IOSB,<br />
Fraunhoferstr.1, D-76131 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 6 09 13 82,<br />
E-Mail: miriam.schleipen@iosb.fraunhofer.de<br />
Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN BEYERER<br />
(geb. 1961) ist Inhaber des 2004<br />
eingerichteten Lehrstuhls für Interaktive<br />
Echtzeitsysteme an der Fakultät<br />
für Informatik des Karlsruher Instituts<br />
für Technologie (KIT). Gleichzeitig<br />
ist er Leiter des Fraunhofer-Instituts<br />
für Optronik, Systemtechnik und<br />
Bildauswertung (IOSB) in Karlsruhe.<br />
Prof. Beyerer studierte Elektrotechnik an der Universität<br />
Karlsruhe und promovierte 1994 am Institut für Messund<br />
Regelungstechnik (MRT). Anschließend baute er eine<br />
Forschungsgruppe zum Thema Automatische Sichtprüfung<br />
und Bildverar beitung am gleichen Institut auf. 1999<br />
habilitierte er sich für das Fach Messtechnik. Von 1999<br />
bis 2004 leitete er das Mannhe<strong>im</strong>er Mittelstands-Unternehmen<br />
Hottinger Systems GmbH (heute: inspectomation<br />
GmbH) und war stellvertretender Geschäftsführer des<br />
Schwester unternehmens Hottinger Maschinenbau GmbH.<br />
Fraunhofer IOSB,<br />
Fraunhoferstr.1, D-76131 Karlsruhe,<br />
E-Mail: juergen.beyerer@iosb.fraunhofer.de<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
49
HAUPTBEITRAG<br />
Plug-and-produce von<br />
Feldbuskomponenten<br />
Allgemeines Framework dargestellt am Beispiel Profinet IO<br />
Basierend auf dem herstellerneutralen und einheitlichen Feldbuszugang UniFeBu wurde<br />
von den Verfassern ein Framework entwickelt, um Ethernet-basierte Feldbusse plug-andproduce-fähig<br />
zu machen. Im Beitrag wird beschrieben, wie ein Erkundungsagent den<br />
Feldbus scannt und eine Basiskonfiguration vorn<strong>im</strong>mt, sodass eine einfache Kommunikation<br />
mit dem neuen Feldgerät ermöglicht wird. Mit Hilfe eines Dienstesystems auf dem<br />
Feldgerät und dem Controller wird anschließend die Echtzeitkommunikation eingerichtet.<br />
Die Funktion wird anhand einer prototypischen Umsetzung für Profinet IO gezeigt.<br />
SCHLAGWÖRTER UniFeBu / Profinet IO / Dienste / Plug-and-produce / Agent<br />
Plug and Produce with Fieldbus Components –<br />
A Common Framework Presented for the Example of Profinet IO<br />
A plug and produce capable framework has been designed based on UniFeBu, a manufacturer-neutral<br />
and uniform fieldbus access. An exploration agent scans the fieldbus and<br />
performs a basic configuration, offering s<strong>im</strong>ple communication with the new field device.<br />
A service system is then used to establish the real-t<strong>im</strong>e communication with the field<br />
device. The functionality is demonstrated with the help of a prototype <strong>im</strong>plementation<br />
for Profinet IO.<br />
KEYWORDS UniFeBu / Profinet IO / services / plug and produce<br />
50<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
KAI KRÜNING, ULRICH EPPLE, RWTH Aachen University<br />
S<br />
tetig kürzer werdende Zeiten für die Inbetriebnahme<br />
und der Wunsch nach flexiblen Anlagen<br />
erfordern einfache und automatisierte Lösungen<br />
für das Hinzufügen und Entfernen von Geräten<br />
und Modulen zur Anlage. Zu diesem Zweck<br />
wurde analog zum Plug-and-play-Begriff in der Computertechnik<br />
der Begriff Plug-and-produce (PnP) für die<br />
Fertigungsindustrie geprägt [1]. Auch in der Prozessindustrie<br />
werden modulare und flexible Ansätze für die<br />
Anlagenplanung intensiv verfolgt [2], um die Engineeringkosten<br />
zu senken und die Zeit bis zur Inbetriebnahme zu<br />
verkürzen. Um diese Ziele zu erreichen, muss <strong>im</strong> Bereich<br />
der industriellen Kommunikation, insbesondere <strong>im</strong> Feldbusbereich,<br />
PnP unterstützt werden [3]. Im Beitrag wird<br />
daher ein Framework für einen PnP-Ansatz auf Feldbusebene<br />
vorgestellt. Anders als in [2] beschrieben wird keine<br />
Life-Cycle-Betrachtung oder eine Bewertung auf<br />
Modulebene vorgenommen. Vielmehr ist das vorgestellte<br />
Framework als Beispiel für die Grundlagen zu verstehen,<br />
diese weitergehenden Betrachtungen anzustellen.<br />
Der universelle Feldbuskanal UniFeBu [4] ist ein einheitlicher<br />
und herstellerneutraler Zugang zum Datenhaushalt<br />
in Feldbusinstallationen. Wie bereits an anderer<br />
Stelle gezeigt wurde, eignet sich UniFeBu besonders für<br />
flexible, modulare Anlagenkonzepte [5]. Aus diesem<br />
Grund erläutern die Autoren zunächst einige Grundlagen<br />
von UniFeBu. Danach werden die Anforderungen an eine<br />
PnP-Funktionalität für ein Realt<strong>im</strong>e Ethernet untersucht.<br />
1. UNIFEBU<br />
Mit UniFeBu wurde ein Framework geschaffen, das in der<br />
Lage ist, von verschiedenen Feldbussen und herstellerspezifischen<br />
Programmierschnittstellen zu abstrahieren und den<br />
Datenhaushalt der Feldbusse über eine einheitliche, feldbusund<br />
herstellerunabhängige Schnittstelle zur Verfügung zu<br />
stellen. UniFeBu ist kein eigenständiges Netzwerkprotokoll,<br />
sondern nutzt die von den Herstellern vorgesehenen Funktionalitäten.<br />
UniFeBu ist eine reine Softwarelösung und am<br />
ehesten mit einer Middleware wie PAPAS [6] zu vergleichen.<br />
Anpassungen an den Feldgeräten oder an Kommunikationshardware<br />
müssen nicht vorgenommen werden.<br />
1.1 Rollen am Feldbus<br />
UniFeBu kann verschiedene Rollen am Feldbus einnehmen.<br />
Die Rollen sind dabei vergleichbar mit den Fieldbus<br />
Application Layer User (FAL user) der IEC 61158-1 [7]. Es<br />
wurden folgende Rollen identifiziert, in denen sich Uni-<br />
FeBu einsetzen lässt (siehe Bild 1):<br />
Die Rolle I beschreibt dabei UniFeBu als führenden<br />
Teilnehmer am Bus. Typische Aufgaben des führenden<br />
Teilnehmers sind der zyklische IO-Datenaustausch<br />
und das Auslesen von Diagnosen der Feldgeräte.<br />
Bei Profinet IO entspricht der IO Controller dem<br />
führenden Teilnehmer [8].<br />
UniFeBu als passiver Teilnehmer ist in Rolle II dargestellt.<br />
Dieser Teilnehmer kann zusätzliche Konfigurationsdaten<br />
übertragen und sammelt Diagnosedaten.<br />
Ein Beispiel für einen passiven Teilnehmer<br />
ist der IO Supervisor von Profinet IO [8].<br />
In der Rolle III wird UniFeBu als Feldgeräteemulation<br />
eingesetzt und ermöglicht so zum Beispiel, S<strong>im</strong>ulatoren<br />
mit direkter Feldbuskommunikation zu<br />
erstellen. Die Emulation tauscht zyklisch die IO-<br />
Daten mit dem führenden Teilnehmer aus und stellt<br />
diesem beispielsweise Diagnosedaten zur Verfügung.<br />
Bei Profinet IO verhält sich die Emulation gegenüber<br />
einem IO Controller wie ein IO Device [8].<br />
Durch diese Vielgestaltigkeit, bei gleichzeitig einheitlichem<br />
Anwenderinterface, ist UniFeBu sehr flexibel einsetzbar.<br />
1.2 Ebenenmodell<br />
Kernidee von UniFeBu ist die Abstraktion des realen Feldbusses<br />
durch die Verwendung eines Schichtenmodells ähn-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
51
HAUPTBEITRAG<br />
lich dem ISO/OSI Modell der Kommunikation [9], siehe Bild<br />
2. Das Modell unterscheidet dabei zwischen drei Ebenen:<br />
Die unterste Ebene bildet die Hardwareabstraktionsschicht<br />
mit dem Card Controller (CC). Diese Schicht<br />
abstrahiert von der verwendeten Schnittstellenkarte.<br />
Der jeweilige CC übersetzt dabei die Funktionen<br />
der Programmierschnittstelle der Karte in eine<br />
busabhängige, aber herstellerneutrale Schnittstelle.<br />
In der Mitte befindet sich die Feldbusabstraktionsschicht.<br />
Der zentrale Bus Controller (BC) greift auf<br />
den CC der unterlagerten Schicht zu und organisiert<br />
die Feldbuskommunikation. Ferner wird in dieser<br />
Schicht ein allgemeines Feldbusmodell genutzt, um<br />
die Feldbusstruktur abzubilden. Damit und mit einem<br />
allgemeinen Gerätemodell werden die am Feldbus<br />
hängenden Geräte als eigene Objektstrukturen<br />
abgebildet (G0, G1). In den Objektstrukturen sind<br />
bereits die Gerätedaten, zum Beispiel aus der GSD,<br />
enthalten. Die Verwendung generischer Modelle in<br />
dieser Schicht erlaubt es, einen feldbusneutralen Zugang<br />
zum Datenhaushalt der Feldgeräte herzustellen.<br />
Die Anwendungsdiensteschicht stellt dem Anwender<br />
einfache Get-/Set-Methoden für den Zugriff auf den<br />
Feldbus bereit. Der Anwender benötigt somit für den<br />
Zugriff auf den Datenhaushalt keine Information über<br />
die Art oder Struktur des verwendeten Feldbusses.<br />
Wie Bild 2 zeigt, ist die Möglichkeit der automatischen<br />
Erstellung des Feldbusabbildes integraler Bestandteil<br />
von UniFeBu. Statt den weiterhin zur Verfügung stehenden,<br />
manuellen Konfigurationsfunktionen wird ein Erkundungsagent<br />
eingesetzt. Dieser technische Agent <strong>im</strong><br />
Sinne der VDI/VDE 2653 [10] kann den Feldbus erkunden<br />
und das UniFeBu-Feldbusmodell erstellen.<br />
Die in der Feldbusabstraktionsschicht genutzten Modelle<br />
werden in [4] beschrieben. Das Gerätemodell ist dabei<br />
eine Abstraktion der Gerätemodelle der einzelnen Feldbusse.<br />
Die Abbildung einiger Feldbus-Gerätemodelle (zum<br />
Beispiel Profinet IO, Foundation Fieldbus) auf das UniFeBu<br />
Gerätemodell wird ebenfalls in [4] gezeigt. Das Gerätemodell<br />
der IEC 61804 [11] kann abgebildet werden [5].<br />
Eine alternative Möglichkeit, die Geräte abzubilden,<br />
scheint mit dem OPC-UA-Informationsmodell OPC UA<br />
for Devices (OPC UA DI) gegeben, das in FDI [12] Verwendung<br />
findet. Da eine Nutzung von UniFeBu mit FDI möglich<br />
ist [5] und die UniFeBu Modelle frei verfügbar sind,<br />
wurde UniFeBu für die Implementierung genutzt.<br />
2. FELDBUS MIT PNP-FUNKTIONALITÄT<br />
Um <strong>im</strong> Unternehmensumfeld einheitliche Netzwerktechnologien<br />
einsetzen zu können, werden vermehrt<br />
Feldbusse auf Ethernetbasis verwendet. Sie erlauben<br />
hohe Datenübertragungsraten und durch die Nutzung<br />
von TCP/IP, gegebenenfalls zusätzlich zum Echtzeitdaten<br />
austausch, erweiterte Möglichkeiten für die vertikale<br />
Integration [13].<br />
Ethernet-basierte Feldbusse (zum Beispiel Modbus<br />
TCP, Ethercat, Profinet IO) eignen sich durch die Fähigkeit,<br />
parallel zu den Echtzeitdaten auch TCP/IP Daten zu<br />
transportieren, besonders gut für einen PnP-Ansatz, da<br />
sich Konfigurationsdaten ohne etablierte Echtzeitkommunikation<br />
einfach übermitteln lassen. Für entsprechende<br />
Ethernet-basierte Feldbusse wurden in [14] fünf<br />
Schritte für eine PnP-Integration eines neuen Gerätes in<br />
eine Feldbusinstallation definiert:<br />
Schritt 1: Physische Verbindung<br />
Das neue Gerät wird physikalisch mit dem Feldbus<br />
verbunden und es werden gegebenenfalls alle notwendigen<br />
Einstellungen am Gerät vorgenommen, sodass<br />
die folgenden Schritte automatisiert durchgeführt werden<br />
können.<br />
Schritt 2: Erkundung<br />
Der Feldbus wird erkundet, damit das neue Gerät gefunden<br />
werden kann. Die Existenz des Geräts ist nun<br />
dem führenden Teilnehmer bekannt und das Gerät<br />
kann in den Feldbus integriert werden.<br />
Schritt 3: Basiskommunikation<br />
Es wird eine Basiskommunikation, zum Beispiel über<br />
TCP/IP, mit dem neuen Gerät etabliert. Für diese Basiskommunikation<br />
wird keine Echtzeitfähigkeit benötigt.<br />
Schritt 4: Fähigkeitsbewertung<br />
Die Basiskommunikation aus Schritt 3 wird genutzt,<br />
um die notwendigen Daten vom neuen Gerät abzufragen.<br />
Unter den notwendigen Daten werden dabei vor<br />
allem Funktionen und Anforderungen des Geräts verstanden.<br />
Schritt 5: Konfiguration<br />
Die Daten aus Schritt 4 werden für die Integration des<br />
neuen Geräts in den Feldbus genutzt.<br />
Nachdem alle fünf Schritte durchlaufen wurden, ist das<br />
neue Gerät betriebsbereit.<br />
3. VORSTELLUNG DES FRAMEWORKS<br />
Im Folgenden wird gezeigt, wie mit UniFeBu ein Framework<br />
für PnP-Komponenten aufgebaut werden kann. Dazu<br />
wird zunächst das Dienstesystem für die Konfigurationsabfrage<br />
der Geräte beschrieben. Danach wird der Aufbau<br />
des Erkundungsagenten aus Bild 2 näher erläutert.<br />
Schließlich wird dargelegt, welche Aufgaben diese Werkzeuge<br />
in dem in Abschnitt 2 vorgestellten fünf Schritten<br />
einnehmen. Für die prototypische Implementierung wurde<br />
Profinet IO als Ethernet-basierter Feldbus ausgewählt.<br />
3.1 Dienstesystem<br />
Für eine PnP-Funktionalität muss das Feldgerät in der<br />
Lage sein, über sich selbst Auskunft zu geben, sodass es<br />
automatisch in den Feldbus integriert werden kann. Dieser<br />
Auskunftsmechanismus muss selbsterklärend und<br />
flexibel erweiterbar sein, damit sich zusätzliche Anforderungen<br />
von neuen Geräten ohne Änderungen der<br />
Schnittstelle hinzufügen lassen.<br />
Eine Implementierungsmöglichkeit für diesen Auskunftsmechanismus<br />
ist OPC UA [15]. Die Verfasser von [3]<br />
nutzen zum Beispiel einen OPC UA Server auf einem Profinet<br />
IO Device, um das Feldgerät mit der Fähigkeit zur<br />
Selbstauskunft zu versehen. Ein separater OPC UA Discovery<br />
Server erkundet die neuen Geräte und stellt die erkundeten<br />
Daten dem IO Controller zur Verfügung. Der IO<br />
Controller selbst agiert dazu als OPC UA Client. Obwohl<br />
IO Controller und Discovery Server eigenständig sind,<br />
können sie auf derselben Maschine <strong>im</strong>plementiert werden.<br />
52<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
BILD 1: Rollen am<br />
Feldbus (nach [4])<br />
BILD 2: UniFeBu Schichtenmodell (aus [4])<br />
Am Lehrstuhl für Prozessleittechnik der RWTH Aachen<br />
University wurde ein Dienstesystem entwickelt [16] und<br />
<strong>im</strong>plementiert [17], das eine integrierte Implementierung<br />
in den führenden Teilnehmer erlaubt. Da kein zusätzlicher<br />
Server für die Erkundung benötigt wird, wurde es<br />
für das vorgestellte Framework genutzt. Das System unterscheidet<br />
zwischen zwei Rollen, dem Service Provider,<br />
der die Dienste (Services) bereitstellt und dem Service<br />
Requester, der den Dienst nutzt. Für den Service Requester<br />
ist es dabei unwesentlich, wie ein Dienst umgesetzt<br />
wurde, einzig die Schnittstelle beziehungsweise die<br />
Dienstbeschreibung ist relevant. Ein Dienst enthält dabei<br />
Operationen, die die Funktionen des Dienstes umsetzen.<br />
Damit einfach weitere Dienste oder Operationen ergänzt<br />
werden können, wird in dem beschriebenen System<br />
für jeden Service Provider ein Exploration Service<br />
vorausgesetzt. Der Exploration Service hat die Aufgabe,<br />
Dienste und Operationen des jeweiligen Service Providers<br />
auszulesen und die Dienstbeschreibungen der vorhandenen<br />
Dienste zugänglich zu machen. Er stellt den<br />
geforderten Auskunftsmechanismus bereit.<br />
Bild 3 zeigt die genutzte Servicearchitektur und die<br />
Möglichkeit, Dienstzugriffe außerhalb der eigentlichen<br />
Feldbusteilnehmer zu realisieren. Der Service Provider<br />
ist auf dem Feldgerät installiert und stellt einen Dienst<br />
bereit, der eine Abfrage der Konfiguration des Feldgerätes<br />
erlaubt bei Profinet IO IO Device genannt. Wichtige Operationen<br />
dieses PnP-Service sind:<br />
GetDeviceData: Gibt wichtige Informationen über<br />
das Feldgerät zurück, die sonst in der zugehörigen<br />
Konfigurationsdatei (zum Beispiel GSD) zu finden<br />
sind. Diese Daten umfassen unter anderem Gerätetyp,<br />
Hersteller und Bestellnummer und dienen zur<br />
eindeutigen Identifikation des IO Devices. Sie entsprechen<br />
somit einer Teilmenge der Identificationand-Maintenance-Daten<br />
(I&M) [8]. Aufgrund dieser<br />
Daten können in UniFeBu die notwendigen Objekte<br />
instanziiert werden.<br />
GetModuleList: Gibt bei einem modularen Gerät die<br />
Liste der installierten Module zurück. Als Rückgabewert<br />
werden die Modul-Identitäten in Installationsreihenfolge<br />
gegeben. Mehrfach installierte Module<br />
werden entsprechend mehrfach zurückgegeben.<br />
So lassen sich die Module in UniFeBu abbilden.<br />
Für die Profinet IO-Implementierung werden aus Kompatibilitätsgründen<br />
zwei weitere Operationen genutzt,<br />
die die GSD-Daten als GSD-Datei zurückgeben. Diese<br />
Operationen können mit einem externen Service Requester<br />
abgefragt und die GSD-Dateien in nicht PnP-fähigen<br />
Tools genutzt werden.<br />
Get_GSD_Device: Gibt die GSD-Datei für genau das<br />
verwendete Gerät zurück. Es sind ausschließlich die<br />
Hardwarebeschreibungen für die vorhandene Gerätekonfiguration<br />
in der Datei enthalten, da die Daten aus<br />
dem Gerät selbst ausgelesen werden. Es wird keine<br />
fertige Datei auf dem Gerät gespeichert, sondern die<br />
Datei wird be<strong>im</strong> Dienstaufruf zur Laufzeit erzeugt. Der<br />
Inhalt dieser Datei muss für das betrachtete Gerät und<br />
die betrachteten Module mit der zur Gerätezertifizierung<br />
genutzten GSD-Datei übereinst<strong>im</strong>men.<br />
Get_GSD_Server: Wenn beispielsweise ein modulares<br />
Gerät häufig in unterschiedlichen Konfigurationen<br />
eingesetzt wird, ist eine gerätespezifische Beschreibung<br />
unpraktisch. Dieser Dienst liefert daher<br />
eine URL für die Hersteller-GSD zurück und erlaubt<br />
den Download der Datei aus der Cloud.<br />
Der führende Teilnehmer, bei Profinet IO der IO Controller,<br />
hat über eine zusätzliche Netzwerkverbindung Zugriff auf<br />
Service Provider, die nicht direkt mit dem Feldbus verbunden<br />
sind. So können externe Datenbasen angesprochen wer-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
53
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 3: Architektur<br />
des Dienstesystems<br />
BILD 4: Aufbau des<br />
Erkundungsagenten<br />
BILD 5: Typische Erkundungssequenz<br />
mit Aufbau des Gerätesystems<br />
den, die über Daten verfügen, die nicht auf dem Feldgerät<br />
gespeichert sind. Genutzt wird dieses Vorgehen, um die vergebenen<br />
Signalnamen den gefundenen Devices zuzuordnen.<br />
Dabei ist es egal, ob diese Namen bereits <strong>im</strong> CAE-Tool festgelegt<br />
wurden, in einer Excel-Tabelle hinterlegt sind oder in<br />
sonstiger Weise gespeichert sind. Der Service Provider muss<br />
befähigt werden, diese Daten abzurufen und dem Device<br />
zuzuordnen. Die Dienstbeschreibung aus Sicht des Service<br />
Requesters ist von der Art der Datenhaltung unabhängig.<br />
3.2 Erkundungsagent<br />
Der Erkundungsagent hat die Aufgabe, den Feldbus zu<br />
überwachen, neue Geräte zu erkennen und diese in den<br />
Feldbus zu integrieren. Der Erkundungsagent benötigt<br />
Wissen über den zu erkundenden Feldbus und ist daher<br />
selber feldbusspezifisch. Der Erkundungsagent selbst<br />
wurde in drei Objekten realisiert, siehe Bild 4:<br />
Das Netzwerk-Objekt<br />
Das Netzwerk-Objekt enthält die technologischen Funktionen<br />
für die Interaktion mit dem Feldbus. Für die Erkundung<br />
bei Profinet IO wird DCP (discovery and basic<br />
configuration protocol) genutzt, da jedes Profinet IO-Gerät<br />
dieses Protokoll unterstützt [8] und auch Nicht-PnP-Geräte<br />
erkannt werden können. Falls ein Gerät erkannt wurde,<br />
liefert ein Feldbus-Scan mit DCP die MAC-Adresse<br />
und den Gerätetyp der gefundenen Geräte zurück, siehe<br />
Bild 5. Sind die Geräte bereits konfiguriert, werden ferner<br />
der Gerätename und die IP-Adresse des Geräts erkannt.<br />
Das Netzwerk-Objekt speichert diese Daten für jedes gefundene<br />
Gerät. Sollte ein einmal gefundenes Gerät nicht<br />
mehr am Feldbus erkannt werden, werden seine Daten<br />
verworfen. Die IP-Adresse und der Gerätename können<br />
vom Netzwerkobjekt gesetzt werden.<br />
Da DCP <strong>im</strong> Nutzbetrieb nicht benötigt wird, sondern<br />
nur der Konfiguration dient, hat das Netzwerk-Objekt<br />
direkten Zugriff auf die Schnittstellenkarte des Feldbusses.<br />
So wird der Card Controller, siehe Bild 2, nicht<br />
mit weiteren Protokollen belastet.<br />
Das UniFeBu-Objekt<br />
Das UniFeBu-Objekt enthält die technologischen Funktionen<br />
für die Interaktion mit UniFeBu und kann<br />
Dienstanfragen anstoßen. Es erstellt das Feldbusmodell<br />
in der Feldbusabstraktionsschicht von UniFeBu und<br />
parametriert die abgebildeten Devices, siehe Bild 5.<br />
Dazu kann es über die Dienste die Gerätedaten vom<br />
Device selbst erfragen und über eine Dienstanfrage an<br />
die externe Datenbasis die Namen der Signale erfahren.<br />
Das PnP-Kontroll-Objekt<br />
In dem PnP-Kontroll-Objekt ist das Verhalten des<br />
Agenten verankert. Es steuert die beiden anderen Objekte<br />
und nutzt gegebenenfalls deren Daten. Weiterhin<br />
n<strong>im</strong>mt es die Handlungsaufträge vom Nutzer entgegen.<br />
Der Nutzer hat die Möglichkeit festzulegen, ob ein<br />
Feldbusscan durchgeführt wird und ob dies einmal<br />
oder in Intervallen geschieht. Die Pause zwischen den<br />
einzelnen Scans ist einstellbar. Weiterhin kann der<br />
Nutzer das Verhalten beeinflussen indem er vorgibt,<br />
ob automatisch IP-Adressen oder Gerätenamen vergeben<br />
werden sollen. Der automatische Aufbau des Feldbusmodells<br />
kann ebenfalls abgeschaltet werden.<br />
Die IP-Adressvergabe erfolgt aus einem Adress-Pool<br />
heraus, den der Nutzer vorgeben muss. Bei der automatischen<br />
Vergabe wird automatisch überprüft, ob das<br />
Device schon eine IP-Adresse hat oder ob die zu vergebende<br />
Adresse bereits in Benutzung ist.<br />
Die zu vergebenden Gerätenamen werden automatisch aus<br />
dem Gerätetyp und einer laufenden Nummer generiert,<br />
sodass jeder Name nur einmal vergeben wird. Sollte ein<br />
Device bereits einen Namen haben, wird er beibehalten.<br />
54<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Der Aufbau des Agenten in einzelne Objekte erlaubt die<br />
direkte Zuordnung von technologischen Funktionen.<br />
Andere Realisierungen technologischer Funktionen sind<br />
daher einfach möglich. Beispielsweise wird häufig vorgeschlagen,<br />
für die Erkennung und Basis-Konfiguration<br />
neuer Devices DHCP anstelle von DCP zu verwenden [3].<br />
Dies ließe sich durch den Austausch des Netzwerk-Objektes<br />
einfach realisieren. Da vorhandene Profinet IO<br />
Devices häufig kein DHCP beherrschen, wurde auf diese<br />
Lösung verzichtet.<br />
Ein fehlerhaftes Verhalten eines IO Devices wird vom<br />
Erkundungsagenten nicht detektiert. Ist ein IO Device<br />
einmal gefunden und in UniFeBu als Objektmodell hinterlegt,<br />
obliegt es den feldbusinternen Diagnosen, Fehler<br />
zu erkennen. Da es für den Erkundungsagenten nicht<br />
transparent ist, ob ein IO Device absichtlich vom Feldbus<br />
getrennt wurde oder ein Fehler vorliegt, wird das Objektmodell<br />
nicht automatisch gelöscht.<br />
3.3 Integration in UniFeBu<br />
Der vorgestellte Erkundungsagent und das Dienstesystem<br />
sind in das vorhandene UniFeBu integriert und für Profinet<br />
IO prototypisch umgesetzt worden. Dabei wurde<br />
ausgenutzt, dass UniFeBu als Controller und als Geräteemulation<br />
am Feldbus eingesetzt werden kann. Der<br />
Erkundungsagent und der Service Requester sind dabei<br />
in den Controller integriert, der Service Provider für die<br />
Feldgeräteerkundung in dem Device. Das so erstellte<br />
PnP-fähige Device lässt sich nun mit dem jetzt ebenfalls<br />
PnP-fähigen Controller mit dem 5-Schritte-Modell über<br />
PnP in den Feldbus integrieren:<br />
Schritt 1: Physische Verbindung<br />
Das neue Device wird an den Feldbus angeschlossen.<br />
Es sind keine weiteren Konfigurationsschritte erforderlich.<br />
Schritt 2: Erkundung<br />
Der Erkundungsagent scannt das Profinet-IO-Netzwerk.<br />
Dabei speichert das Netzwerk-Objekt MAC-Adresse,<br />
Gerätetyp und falls vorhanden IP-Adresse und<br />
Gerätename zu jedem angeschlossenen Device.<br />
Schritt 3: Basiskommunikation<br />
Das PnP-Kontroll-Objekt greift auf die Gerätedaten des<br />
Netzwerkobjektes zu und überprüft, ob jedes Gerät<br />
eine IP-Adresse und einen Namen hat. Findet es ein<br />
neues Device ohne diese Konfiguration, vergibt das<br />
Kontroll-Objekt automatisch eine IP-Adresse und einen<br />
Namen an das Device. Dazu nutzt es die Fähigkeiten<br />
des Netzwerk-Objektes. Nach dieser Basiskonfiguration<br />
ist das Device fähig, über TCP/IP eine nicht<br />
echtzeitfähige Basiskommunikation aufzubauen.<br />
Schritt 4: Fähigkeitsbewertung<br />
Das PnP-Kontroll-Objekt überprüft nun mit Hilfe des<br />
UniFeBu-Objektes, ob alle gefundenen Devices in dem<br />
Feldbusmodell abgebildet sind. Da das neue Device<br />
noch nicht abgebildet ist, werden über die Basiskommunikation<br />
Dienstaufrufe gestartet, um die Konfiguration<br />
des Devices zu ermitteln. Da die Basiskommunikation<br />
noch keine Profinet-IO-Dienste umfasst, können<br />
die Konfigurationsdaten noch nicht durch Auslesen der<br />
I&M-Daten erlangt werden. Das UniFeBu-Objekt erstellt<br />
mit den ermittelten Daten die Objektstruktur, die das<br />
Device in der Feldbusabstraktionsschicht abbildet.<br />
Schritt 5: Konfiguration<br />
In den in Schritt 4 erstellten Objekten ist bereits die<br />
Basiskonfiguration aus den GSD-Daten enthalten.<br />
Durch einen weiteren Dienstaufruf werden die Namen<br />
der vom IO Device zur Verfügung gestellten Signale<br />
(wie Prozesswerte, Geräterückmeldungen) erkundet<br />
und <strong>im</strong> Feldbusmodell den entsprechenden Kanälen<br />
des Feldgerätes zugewiesen.<br />
Mit diesen Erweiterungen ist UniFeBu in der Lage, neue<br />
Devices am Feldbus zu erkennen, zu konfigurieren und<br />
sie in das Feldbusmodell zu integrieren. Nicht PnP-fähige<br />
Devices werden ebenfalls erkannt und erhalten eine Konfiguration<br />
für die Basiskommunikation. Die Schritte 4<br />
und 5 entfallen in diesem Fall. An die Conformance-Klassen<br />
der Devices werden keine Anforderungen gestellt. Der<br />
Benutzer hat dabei jederzeit die Wahl, ob er keine Feldbusscans<br />
mehr durchführen möchte und welche Konfigurationseinstellungen<br />
(Name, IP-Adresse) automatisch<br />
gesetzt werden. Ein manuelles Setzen der Konfigurationseinstellungen<br />
ist möglich, indem der Nutzer direkt auf<br />
das Netzwerk-Objekt zugreift. Da auch für PnP-fähige<br />
Devices GSD-Dateien zur Verfügung gestellt werden, ist<br />
eine Nutzung mit nicht PnP-fähigen Controllern möglich.<br />
FAZIT UND AUSBLICK<br />
Wie in den anderen angesprochenen Lösungen für PnP<br />
<strong>im</strong> Feldbusbereich, ist bei dem vorgestellten Framework<br />
eine Erweiterung des Feldgerätes um Selbstauskunftsfähigkeiten<br />
nötig. PAPAS [6] ist dabei sehr nahe an der Idee<br />
der modularen Anlage, wie sie die Namur vertritt [2]. Für<br />
die betrachteten, über Ethercat verbundenen Roboter,<br />
bietet PAPAS eine PnP-Lösung an, die die funktionalen<br />
Aspekte berücksichtigt.<br />
Das Anwendungsbeispiel der Lösungen in [14] bezieht<br />
sich ebenfalls auf Roboter, verfolgt allerdings einen mehr<br />
auf die Feldbuskommunikation (hier: EPL) ausgerichteten<br />
Ansatz. Für die Realisierung der PnP-Funktionalität<br />
sind in diesem Fall entweder ein genau definierter Zustand<br />
des Feldgerätes oder ein zusätzlicher Konfigurationsmanager<br />
erforderlich.<br />
Diese zusätzliche Serverfunktionalität außerhalb der<br />
eigentlichen Feldbusteilnehmer nutzt auch [3]. Hier wird<br />
ein OPC UA Discovery Server eingesetzt, um die Datenabfrage<br />
von den Feldgeräten zu realisieren. Die IP-Adressvergabe<br />
für Profinet IO erfolgt mittels DHCP und<br />
benötigt ebenfalls einen zusätzlichen Server.<br />
Das <strong>im</strong> Beitrag vorgestellte Framework integriert die<br />
notwendigen Ergänzungen in die Feldbusteilnehmer,<br />
sodass keine zusätzliche Soft- oder Hardware benötigt<br />
wird. Der IO Controller wird um einen integrierten Erkundungsagenten<br />
und einen, ebenfalls integrierten, Service<br />
Requester ergänzt. Da der Feldbus-Protokollstack<br />
nicht verändert wird und für die Erkundungsaufgabe<br />
das bei Profinet IO verpflichtend vorhandene DCP genutzt<br />
wird, können auch vorhandene, nicht PnP-fähige<br />
IO Devices genutzt werden. Die Performance der Feldbuskommunikation<br />
wird ebenfalls nicht beeinflusst. Die<br />
vorgenommene Erweiterung gegenüber realen IO Devices<br />
betrifft einzig den ergänzten Serviceprovider mit den<br />
abzurufenden Daten. Die Realisierung erfolgt mit dem<br />
am Lehrstuhl für Prozessleittechnik entwickelten Uni-<br />
FeBu und dem Dienstesystem. Die hinter der PnP-Funk-<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
55
HAUPTBEITRAG<br />
AUTOREN<br />
tionalität liegende Struktur ist technologieneutral. Eine<br />
Umsetzung mit anderen Mitteln, zum Beispiel OPC UA,<br />
ist ebenfalls möglich.<br />
Das erstellte Framework bietet für die Zukunft eine<br />
solide Basis, auf der weitere Fragestellungen behandelt<br />
werden können. So bietet Profinet IO Funktionen und<br />
Modi, zum Beispiel IRT und Redundanz, die bei der vorgestellten<br />
Implementierung nicht berücksichtigt wurden.<br />
Hier müssen dann die Profinet-IO-Conformance-<br />
Klassen beachtet werden.<br />
Durch die Nutzung von TCP/IP für die eigentliche PnP-<br />
Funktionalität, bietet das Framework die Möglichkeit,<br />
weitere Ethernet-basierte Feldbusse Plug-and-producefähig<br />
zu gestalten. Auch die Nutzung des Frameworks<br />
als Feldbusanbindung für einen FDI Communication<br />
Server [15] kann untersucht werden.<br />
Das vorgestellte Dienstesystem bietet viel Potenzial für<br />
weitere Fortschritte <strong>im</strong> Bereich Plug-and-produce. Es<br />
gestattet durch die Selbstbeschreibung der <strong>im</strong>plementierten<br />
Dienste und den als verpflichtend vorausgesetzten<br />
Selbsterkundungsdienst einfache Möglichkeiten der<br />
flexiblen Erweiterung ohne Änderung der Schnittstellen.<br />
Eine vorstellbare Erweiterung ist beispielsweise die automatische<br />
Zuweisung von Namen, die der Nutzer selber<br />
festgelegt hat, zu den gefundenen Geräten aus einer externen<br />
Datenbasis heraus.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
16.09.2013<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Dipl.-Ing. KAI KRÜNING (geb. 1979) ist seit<br />
2008 wissenschaftlicher Mit arbeiter am<br />
Lehrstuhl für Prozessleittechnik/RWTH<br />
Aachen. Hauptarbeits gebiete: Universeller<br />
Feldbuszugang UniFeBu, Aufbau und<br />
Automatisierung eines Reformer-Brennstoffzellensystems.<br />
RWTH Aachen University,<br />
Lehrstuhl für Prozessleittechnik, Turmstraße 46, D-52064 Aachen,<br />
Tel. +49 (0) 241 809 76 19, E-Mail: kai.kruening@plt.rwth-aachen.de<br />
Prof. Dr.-Ing. ULRICH EPPLE (geb. 1953) war 1979<br />
bis 1985 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik<br />
Universität Stuttgart, 1985 bis 1990 Mitarbeiter<br />
<strong>im</strong> Ressort Prozessleittechnik in der Bayer<br />
AG, 1991 bis 1995 Geschäftsführer der Gesellschaft<br />
für Prozesstechnik GmbH, und leitet seit<br />
1995 den Lehrstuhl für Prozessleittechnik,<br />
RWTH Aachen. Hauptarbeitsgebiete: Modellbildung<br />
in der Leittechnik, formale Beschreibungsmethoden, Anwendung<br />
modellgetriebener Verfahren in der Prozessautomatisierung.<br />
Assistenzsysteme zur Unterstützung von Ingenieurprozessen.<br />
RWTH Aachen University,<br />
Lehrstuhl für Prozessleittechnik, Turmstraße 46, D-52064 Aachen,<br />
Tel. +49 (0) 241 809 43 39, E-Mail: u.epple@plt.rwth-aachen.de<br />
REFERENZEN<br />
[1] Arai T., Aiyama Y., Maeda Y., Sugi M., Ota J.: Agile<br />
Assembly System by „Plug and Produce“.CIRP<br />
Annals - Manufacturing Technology 49, S.1-4, 2000<br />
[2] Obst, M., Holm, T., Bleuel, S., Claussnitzer, U., Evertz,<br />
L., Jäger, T., Nekolla, T., Pech, S., Schmitz, S., Urbas,<br />
L.:Automatisierung <strong>im</strong> Life Cycle modularer Anlagen:<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> -Automatisierungstechnische Praxis<br />
55(1-2), S. 24-S31, 2013<br />
[3] Dürkop, L., Imtiaz, H., Wisniewski, L., Jasperneite, J,:<br />
Using OPC-UA for the Autoconfiguration of Real-t<strong>im</strong>e<br />
Ethernet Systems. In: Proc. INDIN 2013, S. 248-253,<br />
2013 ISBN: 978-1-4799-0751-9<br />
[4] Krüning, K, Epple, U.: Abschlussbericht des AiF-<br />
Forschungsvorhabens 15063N/1 „UniFeBu“, 2009.<br />
http://www.plt.rwth-aachen.de/unifebu<br />
[5] Krüning, K., Epple, U.: UniFeBu 2.0-Einheitliche<br />
Lösung für Feldbuszugang und FDI Geräteintegration.<br />
In: Tagungsband Automation 2013, S. 197-200.<br />
VDI 2013<br />
[6] Plank, G., Reintsma, D., Grunwald, G., Otter, M.,<br />
Kurze, M., Löhnuing, M. Reiner, M., Z<strong>im</strong>mermann, U.,<br />
Schreiber, G., Weiss, M., Bischoff, R., Fellhauer, B.,<br />
Nitheis, T., Barklage, T.: PAPAS – Plug and Play<br />
Antriebs- und Steuerungskonzepte für die Produktion<br />
von Morgen. Abschlussbericht BMBF Verbundprojekt<br />
PAPAS, 2006<br />
[7] IEC 61158-1: Industrial communication networks<br />
- Fieldbus specifications - Part 1: Overview and<br />
guidance for the IEC 61158 and IEC 61784 series, 2012.<br />
[8] IEC 61158-5-10: Industrial communication networks<br />
- Fieldbus specifications - Part 5-10: Application layer<br />
service definition - Type 10 elements, 2012.<br />
[9] Z<strong>im</strong>mermann, H.: http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/<br />
download?doi=10.1.1.136.9497&rep=rep1&type=pdf<br />
OSI Reference Model—The ISO Model of Architecture<br />
for Open Systems Interconnection. IEEE Transactions<br />
on Communications 28(4), S 425 –S 432, April 1980<br />
[10] VDI/VDE 2653-1: Agentensysteme in der Automatisierungstechnik,<br />
Grundlagen. Juni 2010.<br />
[11] IEC. 61804-3: Function Blocks (FB) for process control<br />
- Part 3: Electronic Device Description Language<br />
(EDDL) . 2010.<br />
[12] IEC 62769-5: Field device integration (FDI) - Part 5:<br />
FDI Information Model, Juni 2012.<br />
[13] Enste, U., Müller, J.: Datenkommunikation in der<br />
Prozessindustrie. Oldenbourg Industrieverlag 2007<br />
[14] Reinhart, G., Krug, S., Hüttner, S., Mari, Z., Riedelbauch,<br />
M. Schlögel, M.: Automatic Configuration<br />
(Plug & Produce) of Industrial Ethernet Networks.<br />
In: Proc. INDUSCON, S. 1.6 IEEE/IAS 2010.<br />
ISBN: 978-1-4244-8010-4<br />
[15] IEC 62769-1: Field device integration (FDI) - Part 1:<br />
Overwiew, Juni 2012.<br />
[16] Evertz, L., Epple, U.: Laying a Basis for Service<br />
Systems in Process Control. In: Proc. ETFA2013, [CD].<br />
IEEE 2013<br />
[17] Hansen, C.: Integration von dienstorientierter<br />
Interaktion in der operativen Prozessführung.<br />
Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Prozessleittechnik.<br />
RWTH Aachen 2013<br />
56<br />
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11 / 2013
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Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
HAUPTBEITRAG<br />
Geräteintegration und<br />
-management<br />
Teil 2: Integriertes Engineering mit S<strong>im</strong>atic PDM und FDI<br />
Teil 2 des Beitrags zeigt am Beispiel des um FDI-Funktionalität erweiterten Produkts S<strong>im</strong>atic<br />
PDM auf, wie Gerätemanagementaufgaben mit FDI gelöst werden. Dazu werden<br />
zunächst Aufgaben des Gerätemanagements in den Anlagenlebenszyklus eingeordnet und<br />
Anforderungen abgeleitet. An zwei Praxisbeispielen, der Erstinbetriebnahme eines Feldgeräts<br />
und des Feldgerätetauschs, werden die notwendigen Arbeitsschritte dargestellt und<br />
Bezüge zu den für die Anwender aufgrund der Integration weitgehenden unsichtbaren<br />
Komponenten des FDI Device Package.hergestellt.<br />
SCHLAGWÖRTER Geräteintegration / Gerätemanagement / EDDL / FDT / FDI<br />
Device Management and Integration –<br />
Part 2: Integrated Engineering with S<strong>im</strong>atic PDM and FDI<br />
Part 2 of the paper uses a prototype extension of S<strong>im</strong>atic PDM to show how FDI can be<br />
used for device management. The key tasks are arranged in the plant life cycle and requirements<br />
derived. The necessary steps are shown for two practical examples, commissioning<br />
a field device and exchanging field devices. The links to the components of the FDI<br />
device package are clarified.<br />
KEYWORDS device integration / device management / EDDL / FDT / FDI<br />
58<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
HOLGER RACHUT, STEFAN RUNDE, ALBERT JUSTUS, JÜRGEN FICKER, RONALD LANGE,<br />
KARSTEN SCHNEIDER, HERMANN RICHTER, Siemens<br />
Aufbauend auf Teil 1 des Beitrags werden zunächst<br />
Grundlagen des Gerätemanagements<br />
und entsprechende Aufgaben <strong>im</strong> Anlagenlebenszyklus<br />
skizziert. Der Schwerpunkt liegt auf<br />
der Darstellung des in der Produktentwicklung<br />
um FDI erweiterten Stand des Gerätemanagementwerkzeugs<br />
S<strong>im</strong>atic PDM, der auf der Namur-Hauptsitzung (7.-8.<br />
November 2013 in Bad Neuenahr) [11] gezeigt wird: Erstinbetriebnahme<br />
eines Feldgerätes und Feldgerätetausch<br />
unter Verwendung des um FDI erweiterten S<strong>im</strong>atic PDM<br />
Demonstrators.<br />
1. GERÄTEMANAGEMENT<br />
Mit einem Gerätemanagementwerkzeug müssen sich verschiedene<br />
Engineering-Aufgaben bei der Verwaltung von<br />
Feldgeräten lösen lassen. Basis sind die Empfehlungen<br />
der Namur zur Integration von Feldgeräten in <strong>Automatisierungssystem</strong>e<br />
und Parametrierwerkzeuge. Zu nennen<br />
ist vor allem die Namur-Empfehlung NE 105 „Anforderungen<br />
an die Integration von Feldbusgeräten in Engineering-Tools<br />
für Feldgeräte“ [2]. Diese beschreibt unter<br />
anderem die Anforderungen an die Integration, Inbetriebnahme<br />
und das Gerätemanagement von intelligenten<br />
Feldgeräten in <strong>Automatisierungssystem</strong>en.<br />
Nachfolgend sind typische Engineering-Aufgaben <strong>im</strong><br />
Kontext des Gerätemanagements hinsichtlich eines Anlagenlebenszyklus<br />
dargestellt. Dabei liegt der Fokus<br />
nicht auf einem best<strong>im</strong>mten Anlagenlebenszyklus, wie<br />
beispielsweise den der NA 35 [3], sondern es werden die<br />
grundsätzlich anfallenden Aufgaben beschrieben.<br />
Im Design der Anlage werden die Messstellentypen<br />
definiert, ohne dass die Geräte bereits <strong>im</strong> Detail beschrieben<br />
sind. Hierbei handelt es sich vor allem um die Technologieentscheidung<br />
– beispielsweise welches Messprinzip<br />
(wie magnetisch-induktiv, Ultraschall, Druck) eignet<br />
sich, um einen Durchfluss zu messen. Mit dem Engineering<br />
werden die Messstellen projektiert. Dabei ist das<br />
konkrete Feldgerät <strong>im</strong>mer noch unbekannt, aber die<br />
notwendigen Messspezifikationen (zum Beispiel Min-<br />
Max-Messwerte, Temperaturbereiche) sind vorhanden.<br />
Mit der Installation und Inbetriebsetzung, werden konkrete<br />
Feldgeräte (unter anderem Hersteller und Typ) den<br />
Messstellen zugeordnet und die notwendigen Parameter<br />
eingestellt, sodass die Anlage in Betrieb genommen werden<br />
kann. In der Betriebsphase, auch als Operation bezeichnet,<br />
kommt es vor, dass sich Prozessparameter ändern<br />
und Feldgeräte angepasst werden müssen. Darüber<br />
hinaus müssen die Feldgeräte überwacht werden, um<br />
Änderungen und Fehler frühzeitig zu ermitteln. In der<br />
Phase Instandhaltung, auch Maintenance genannt, fallen<br />
Engineering-Aufgaben an, wie die Aktualisierung einer<br />
Gerätebeschreibung und der Geräteersatz. Durch eine<br />
Aktualisierung werden beispielsweise vorhandene Fehler<br />
behoben. Be<strong>im</strong> Geräteersatz wird ein Feldgerät mit<br />
einem Gerät gleichen Typs und gleicher Version ausgetauscht.<br />
Vorteilhaft ist dabei, dass sich die Projektdaten<br />
nicht ändern und die Gerätebeschreibungsdateien identisch<br />
sind. Wenn eine Modernisierung ansteht, kann es<br />
unter anderem zum Umbau des jeweiligen <strong>Automatisierungssystem</strong>s<br />
kommen, was sich ebenfalls möglicherweise<br />
auf die Feldgeräte auswirkt.<br />
Selbstverständlich können in dieser Phase die zuvor<br />
genannten Aufgaben Aktualisierung einer Gerätebeschreibung<br />
und Geräteersatz anfallen; typisch ist jedoch die<br />
Hochrüstung von Feldgeräten. Die Gründe für eine Hochrüstung<br />
sind zum Beispiel eine erweiterte Überwachung<br />
und Diagnose <strong>im</strong> <strong>Automatisierungssystem</strong> mit den Feldgeräten.<br />
Bei der Hochrüstung handelt es sich um die Erneuerung<br />
eines Gerätes aufgrund einer inkompatiblen,<br />
weil funktionserweiterten Version, zu dem auszutauschenden<br />
Gerät. Diese Hochrüstung lässt sich in zwei Gruppen<br />
unterteilen: Be<strong>im</strong> Austausch von Geräten mit ungleichen<br />
Versionen müssen <strong>im</strong> Vergleich zum einfachen Geräteersatz<br />
zusätzlich die Gerätebeschreibungsdateien ausgetauscht<br />
und die Parameter übertragen werden. Be<strong>im</strong> Austausch<br />
von Geräten unterschiedlichen Typs – gegebenenfalls<br />
das Feldgerät eines anderen Herstellers – ist zusätzlich<br />
die Gerätebeschreibungsdatei auszutauschen.<br />
Weiterhin sind die Parameter, soweit kompatibel, zu übertragen<br />
und bei der Montage entsprechende Änderungen<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
59
HAUPTBEITRAG<br />
BILD 1: Inbetriebnahme des Profibus PA Gerätes<br />
Sipart PS 2 mit FDI und S<strong>im</strong>atic PDM<br />
BILD 2: Adressierdialog in S<strong>im</strong>atic PDM<br />
BILD 3: Parametrierdialog des prototypischen<br />
S<strong>im</strong>atic PDM bezüglich Sipart PS 2<br />
BILD 4: Tausch eines Profibus PA-Feldgerätes<br />
durchzuführen. Im Rahmen einer Modernisierung muss<br />
die grundsätzliche Erweiterung der Anlage betrachtet werden,<br />
das heißt, das Hinzufügen zusätzlicher Feldgeräte.<br />
Diese Engineering-Aufgaben müssen von einem Parametrierwerkzeug<br />
unterstützt werden. Im Produktportfolio<br />
von Siemens ist dies das Gerätemanagementwerkzeug<br />
S<strong>im</strong>atic PDM [1].<br />
2. FDI-DEMONSTRATOR UND PRAXISBEISPIELE<br />
Siemens zeigt auf der Namur-Hauptversammlung (7. und<br />
8. November 2013) einen unter Berücksichtigung des aktuellen<br />
Status von FDI erweiterten Stand von S<strong>im</strong>atic<br />
PDM. Eine Multi-Vendor-Demonstrationswand verdeutlicht<br />
die Einbindung verschiedener Feldgeräte namhafter<br />
Hersteller. Vom Druck- und Temperaturtransmitter über<br />
den Füllstand zum Stellungsregler sind auf der Wand die<br />
unterschiedlichen Messgrößen und -prinzipien vereinigt.<br />
Für alle Geräte liegen FDI Device Packages vor, die mit<br />
dem <strong>im</strong> Rahmen der FDI Cooperation, LLC entwickelten<br />
Integrated Development Environment (IDE) [1] erarbeitet<br />
wurden. Als Gerätemanagementsoftware wird S<strong>im</strong>atic<br />
PDM mit allen Geräten kommunizieren. Jedes FDI Device<br />
Package wird in S<strong>im</strong>atic PDM auf Basis des neuen FDI-<br />
Binärformats geladen – zudem wird die UIP-Funktionalität<br />
von FDI demonstriert [1]. Die mittels der FDI Packages<br />
bereitgestellte Information bildet die Basis für<br />
weitere Engineering-Aufgaben.<br />
So werden in den beiden folgenden Abschnitten werden<br />
zwei typische Engineering-Aufgaben des Gerätemanagements<br />
beschrieben – als Basis dient das um FDI erweiterte<br />
S<strong>im</strong>atic PDM, um mögliche vorteilhafte FDI-Funktionalitäten<br />
[1] zu adressieren.<br />
2.1 Beispiel 1: Erstinbetriebnahme eines Feldgerätes<br />
In Bild 1 ist dargestellt, wie ein Profibus-PA-Feldgerät<br />
mit einem FDI Device Package in Betrieb genommen<br />
wird. Die Aufgabe fällt typischerweise in der Phase Instandhaltung<br />
an.<br />
60<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Der Aufbau besteht aus der Steuerung S<strong>im</strong>atic S7 400<br />
PA als Profibus Master und einem DP/PA-Link, an dessen<br />
Strang verschiedene Feldgeräte angeschlossen sind.<br />
In dem skizzierten Beispiel wird ein neues Gerät an den<br />
Profibus angeschlossen und in Betrieb genommen (Bild<br />
1). Der nachfolgende Ablauf ist typisch für die Erstinbetriebnahme<br />
eines Profibus-PA-Feldgerätes. Die in<br />
Bild 1 dargestellten Nummern illustrieren die bei der<br />
Erstinbetriebnahme durchzuführenden Schritte Verschiebung<br />
auf den technischen Platz und Parametrierung.<br />
Zuvor wird das FDI Device Package eingelesen.<br />
0. Einlesen des FDI Device Package<br />
Der Hersteller liefert das Feldgerät in einem unparametrierten<br />
Zustand mit der Auslieferadresse 126 (Default-Zustand).<br />
Mit dem Feldgerät wird ein FDI Device<br />
Package ausgeliefert, das alle Information zu diesem<br />
Gerät bündelt. Ein FDI Device Package beschreibt das<br />
Feldgerät bezogen auf seine Funktionen und Kommunikation.<br />
Zusätzlich können Dokumente, Beschreibungen<br />
der Parametrieroberfläche, Bilder und andere<br />
Information enthalten sein, wie <strong>im</strong> ersten Teil des [1]<br />
eingeführt.<br />
Zu Beginn wird das FDI Device Package des neuen<br />
Feldgerätes über den Device Integration Manager (DIM)<br />
von S<strong>im</strong>atic PDM eingelesen. Der DIM prüft das FDI Device<br />
Package auf Vollständigkeit und führt verschiedene<br />
Prüfungen bezogen auf die Syntax und Semantik der<br />
enthaltenen Electronic Device Description (EDD) durch.<br />
Damit werden dem Gerätemanagementwerkzeug und<br />
dem Engineeringsystem des übergeordneten <strong>Automatisierungssystem</strong>s<br />
(zum Beispiel S<strong>im</strong>atic PCS 7) alle notwendigen<br />
Geräteinformationen (wie Parameter, Funktionen,<br />
Kommunikations- und Zusatzinformation des<br />
Feldgerätes) verfügbar gemacht [1].<br />
1. Verschiebung des Feldgerätes auf den technologischen<br />
Platz<br />
Im Projekt wird in diesem Fall festgelegt, dass das Feldgerät<br />
auf der Adresse 20 betrieben werden soll. Mit<br />
dieser Festlegung und der Projektierung der verwendeten<br />
Prozesswerte <strong>im</strong> technologischen Projekt erfolgt die<br />
Beschreibung des technologischen Platzes. Der erste<br />
Schritt bei der Inbetriebnahme ist nun die Zuordnung<br />
des Feldgerätes zu diesem technologischen Platz. In<br />
unserem Beispiel muss das Feldgerät von der Auslieferungsadresse<br />
126 (Serviceadresse) auf die für den späteren<br />
Betrieb relevante Busadresse 20 verschoben werden.<br />
Diese Verschiebung erfolgt nach der Montage und<br />
Verkabelung des physikalischen Feldgeräts mit Hilfe<br />
des Adressierdialoges (Bild 2).<br />
In diesem Adressierdialog wird vor dem Verschieben<br />
geprüft, ob das projektierte Feldgerät und das angeschlossene<br />
Feldgerät übereinst<strong>im</strong>men. Erst nach der<br />
Verschiebung auf den vorgesehenen technologischen<br />
Platz kann die zyklische Kommunikation zwischen<br />
dem Profibus-Master und dem Feldgerät aufgebaut werden.<br />
Die Nutzung der Serviceadresse 126 stellt sicher,<br />
dass es nach dem Anschluss des Feldgerätes zu keinem<br />
Adresskonflikt mit <strong>im</strong> Projekt bereits verwendeten<br />
Feldgeräten kommt, da diese Serviceadresse laut Spezifikation<br />
in Projekten nicht verwendet werden darf.<br />
Engineering von<br />
Prozessleitsystemen<br />
– so geht‘s<br />
Das praxisorientierte Lehrbuch befasst sich mit der Einrichtung<br />
von Prozessleitsystemen. Anhand einer exper<strong>im</strong>entellen<br />
Forschungsanlage werden die Herausforderungen hinsichtlich<br />
Anlagensicherheit und Anlagenverfügbarkeit dargestellt. Auch<br />
auf Modularisierung und virtuelle Inbetriebnahme von Anlagen<br />
geht der Autor ein.<br />
Hrsg.: Leon Urbas<br />
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Das Buch erscheint <strong>im</strong> DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München
HAUPTBEITRAG<br />
2. Parametrierung des eingebundenen Feldgerätes<br />
Nach der Verschiebung des Feldgerätes auf den technologischen<br />
Platz werden die Parameter des Feldgerätes<br />
eingestellt. Dazu wird die Parametrieroberfläche<br />
des Feldgerätes in S<strong>im</strong>atic PDM geöffnet. Die Darstellung<br />
der Bedienoberfläche, die Menüstruktur, Dialoge<br />
und Inbetriebnahme-Wizards werden dem FDI Device<br />
Package entnommen. Mit Hilfe dieses Wizards werden<br />
Parameter (wie Einheit, Nenndrehwinkel) des Gerätes<br />
festgelegt. Nachdem der Parametersatz erstellt wurde,<br />
kann dieser in das Feldgerät geschrieben werden. Bild<br />
3 zeigt einen Parametrierdialog des Inbetriebnahme-<br />
Wizards.<br />
Die für Inbetriebnahme notwendige Information über<br />
die jeweiligen Parameter muss nicht umständlich aus<br />
einem Handbuch bezogen werden. Diese Information<br />
ist Bestandteil des FDI Device Packages und lässt sich<br />
jederzeit zu Rate ziehen.<br />
2.2 Beispiel 2: Feldgerätetausch<br />
Während der Lebenszeit einer Anlage kann es nötig sein,<br />
ein Feldgerät auszutauschen. Dies ist beispielsweise bei<br />
einer Funktionsstörung der Fall oder wenn ein Service<br />
nur in der Werkstatt ausgeführt werden kann.<br />
Bild 4 zeigt, wie ein Profibus-PA-Feldgerät mit einem<br />
FDI-Gerätepaket getauscht werden kann. Dabei ist es unerheblich,<br />
ob das Austauschgerät identisch oder kompatibel<br />
zu dem ursprünglichen Feldgerät ist.<br />
Nachfolgend wird in diesem Beispiel der Tausch eines<br />
Feldgerätes beschrieben, wiederum mit der Geräteintegrationstechnologie<br />
FDI und S<strong>im</strong>atic PDM. Der Aufbau<br />
ist identisch mit dem <strong>im</strong> vorhergehenden Beispiel . Das<br />
zu tauschende Gerät ist in Bild 4 mit einem roten X markiert.<br />
Der Tausch eines Feldgerätes ist vergleichbar mit<br />
der Erstinbetriebnahme.<br />
1. Feststellung, dass ein Gerätetausch notwendig ist<br />
Entweder das Feldgerät auf dem technologischen Platz<br />
(hier Busadresse 20) fällt aus oder es muss aufgrund<br />
eines festgestellten Mangels ausgetauscht werden, was<br />
der Phase Instandhaltung zuzuordnen ist. Der Tausch<br />
eines Gerätes kann jedoch ebenso <strong>im</strong> Rahmen einer<br />
Modernisierung gefordert werden, was dann als Hochrüstung<br />
bezeichnet wird (Abschnitt 1). In beiden Fällen<br />
wird die Messstelle in einem ersten Schritt deaktiviert,<br />
die Parameter werden mit der Exportfunktion in S<strong>im</strong>atic<br />
PDM gesichert und das auszutauschende Feldgerät<br />
demontiert.<br />
2. Einbindung eines Austauschgerätes<br />
Das neue Feldgerät wird zunächst montiert und an das<br />
Bussegment angeschlossen. Danach lässt sich mit der<br />
Lifelist prüfen, ob das Feldgerät unter der Adresse 126<br />
am Bussegment erreichbar ist.<br />
3. Verschieben des Ersatzgerätes auf den technologischen<br />
Platz<br />
Mit der Umadressierungsfunktion von S<strong>im</strong>atic PDM<br />
(Bild 2) wird das Tauschgerät nun auf den technologischen<br />
Platz 20 verschoben.<br />
4. Übertragung der Feldgeräteparameter in das<br />
Austauschgerät<br />
Hinsichtlich der Übertragung der Feldgeräteparameter<br />
in das Austauschgerät sind zwei Szenarien zu betrachten.<br />
Diese resultieren wiederum aus den Fällen Geräteersatz,<br />
Austausch von Geräten mit ungleichen Versionen<br />
und Austausch von Geräten unterschiedlichen Typs.<br />
REFERENZEN<br />
[1] Rachut, H., Richter, H., Runde, S., Lange, R., Justus, A., Ficker,<br />
J., Schneider, K.: Geräteintegration und –management – Teil 1:<br />
Von der Integration mit EDDL und FDT zu FDI. <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> –<br />
Automatisierungstechnische Praxis 55(10), S. 38-44, 2013<br />
[2] NE 105: Anforderungen an die Integration von<br />
Feldbusgeräten in Engineering-Tools für Feldgeräte.<br />
Namur 2008<br />
[3] NA 35: Abwicklung von PLT-Projekten. Namur 2003<br />
[4] Siemens AG: SIMATIC PDM – Der Process Device Manager.<br />
http://www.automation.siemens.com/w2/efiles/pcs7/<br />
pdf/00/prdbrief/kb_pdm_de.pdf, 2013.<br />
[5] Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie<br />
(ZVEI): Leitfaden Life Cycle-Management.<br />
http://www.zvei.org/Verband/Publikationen/Seiten/<br />
Leitfaden-Life-Cycle.aspx<br />
[6] Runde, S., Wolf, G., Braun, M.: EDDL and Semantic Web<br />
– from Field Device Integration (FDI) to Future Device<br />
Management (FDM). In: Proc. 18th IEEE Int. Conf.<br />
Emerging Technologies and Factory Automation (ETFA),<br />
[CD]. IEEE 2013<br />
[7] Urbas, L., Bleuel, S., Jäger, T., Schmitz, S., Evertz, L., Nekolla, T.:<br />
Automatisierung von Prozessmodulen - Von Package-Unit-<br />
Integration zu modularen Anlagen. In: <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis 54(1-2), S. 44-53, 2012<br />
[8] NAMUR AK 1.12: Anforderungen an die Automatisierungstechnik<br />
durch die Modularisierung verfahrenstechnischer Anlagen.<br />
http://www.namur.de/arbeitsfelder-af-und-projektgruppen-pg/<br />
arbeitsfeld-1-planung-und-errichtung/ak-112-anforderungenan-die-automatisierungstechnik-durch-die-modularisierungverfahrenstechnischer-anlagen/<br />
[9] Obst, M., Runde, S., Wolf, G., Urbas, L.: Integration Requirements<br />
of Package Units – a description approach with FDI.<br />
In: Proc. 18th IEEE Int. Conf. Emerging Technologies and Factory<br />
Automation (ETFA), [CD]. IEEE 2013<br />
[10] Tauchnitz, T.: Integriertes Engineering – wann, wenn nicht jetzt!<br />
Notwendigkeiten, Anforderungen und Ansätze. In: <strong>atp</strong> <strong>edition</strong> –<br />
Automatisierungstechnische Praxis 55(1-2), S. 48-55, 2013<br />
[11] Siemens: Siemes als Partner der NAMUR: http://www.industry.<br />
siemens.com/topics/global/de/magazine/process-news/Seiten/<br />
namur-hauptsitzung.aspx#Workshops, 2013<br />
62<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
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Process Control Systems Engineering<br />
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automation methods. This permits to capture features of highly<br />
specialized and integrated mono-product plants as well as<br />
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the text book’s theory is applicable for all PCS of different<br />
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PAPCSE2012
HAUPTBEITRAG<br />
Szenario A adressiert den Geräteersatz: Der Parameterdatensatz<br />
des bisherigen Feldgeräts ist in den Projektdaten<br />
hinterlegt und an die bisherige Gerätebeschreibung<br />
gebunden. Nach der Umadressierung kann der<br />
Parameterdatensatz des bisherigen Feldgerätes in das<br />
Ersatzgerät geladen werden. Nach einer Neuinitialisierung<br />
ist dieses Feldgerät betriebsbereit und übern<strong>im</strong>mt<br />
die Aufgabe des ausgetauschten Feldgerätes.<br />
Szenario B adressiert den Austausch von Geräten mit<br />
ungleichen Versionen beziehungsweise von Geräten unterschiedlichen<br />
Typs: In diesem Fall muss dem Ersatzgerät<br />
eine andere Gerätebeschreibung zugeordnet werden.<br />
Dies ist mit S<strong>im</strong>atic PDM über die Funktion Gerätbeschreibung/FDI<br />
Device Package neu zuordnen möglich.<br />
Nach der Neuzuordnung ist aber der Geräteparametersatz<br />
mit den Voreinstellwerten (Auslieferungszustand) hinterlegt.<br />
Jetzt werden die vor der Neuzuordnung über die<br />
Exportfunktion gesicherten Parameter <strong>im</strong>portiert und<br />
alle namensgleichen Parameter übernommen. Da sich<br />
beide Feldgeräte (Altgerät und Austauschgerät) in Teilfunktionen<br />
unterscheiden können, ist in einigen Fällen<br />
eine Nachparametrierung nötig. Anschließend werden<br />
die Parameter in das Feldgerät geladen. Nach der Initialisierung<br />
ist das Feldgerät betriebsbereit und übern<strong>im</strong>mt<br />
die Aufgaben des ausgetauschten Feldgerätes.<br />
Die Funktion Gerätbeschreibung/FDI Device Package<br />
neu zuordnen hat einen weiteren Vorteil. Sie gewährleistet,<br />
dass einem in der Anlage in Betrieb befindlichen Feldgerät<br />
jederzeit ein neues FDI Device Package zugeordnet<br />
werden kann, ohne dass das eigentliche Automatisierungsprojekt<br />
<strong>im</strong> übergeordneten <strong>Automatisierungssystem</strong><br />
geändert werden muss. Damit ist es möglich, die <strong>im</strong> FDI<br />
Device Package beschriebenen Funktionserweiterungen<br />
oder Fehlerkorrekturen in die Automatisierungsanlagen<br />
einzubringen, ohne den Betrieb zu unterbrechen.<br />
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />
Die FDI-Technologie vereint die Vorteile und Möglichkeiten<br />
von Electronic Device Description Language (EDDL)<br />
und Field Device Technology (FDT), wie in Teil 1 des Beitrags<br />
dargestellt. Es ist eine konsequente Weiterentwicklung<br />
dieser etablierten Technologien. Ferner erfüllt FDI<br />
in Kombination mit einer Implementierung (zum Beispiel<br />
S<strong>im</strong>atic PDM) die Herausforderungen hinsichtlich der<br />
Geräteintegration, wie sie beispielsweise die NA 105 beschreibt.<br />
Dahingehend ist zudem die von der Namur geforderte<br />
Rück-Kompatibilität sicherzustellen. Im Idealfall<br />
werden neben dem neuen FDI Standard gleichermaßen<br />
die existierenden Technologien (wie FDT oder EDDL) unterstützt<br />
und die Legacy-Ausprägungen der Gerätebeschreibungen<br />
von Foundation Fieldbus, Hart Communication<br />
Foundation und Profibus Nutzerorganisation [1].<br />
Der FDI-Demonstrator auf der Namur-Hauptversammlung,<br />
basierend auf dem um FDI-Funktionalität erweiterten<br />
Produkt S<strong>im</strong>atic PDM, zeigt den Fortschritt dieser<br />
Technologie. Dabei wurde in Teil 2 des Beitrags auf Basis<br />
des Namur-Demonstrators dargestellt, dass Engineering-<br />
Aufgaben <strong>im</strong> Kontext des Gerätemanagements und Anlagenlebenszyklus,<br />
wie die Erstinbetriebnahme eines Feldgerätes<br />
und der Gerätetausch mit FDI, in Kombination mit<br />
S<strong>im</strong>atic PDM ebenso einfach zu realisieren sind wie mit<br />
EDDL. Aufgrund der einheitlichen Gerätemanagementtechnologie<br />
FDI funktioniert nun die Parametrierung für<br />
alle Geräte einheitlich. Der Anwender hat nun weniger<br />
Aufwand be<strong>im</strong> Einsatz gemischter Feldgeräte. Der verpflichtende<br />
EDD-basierten Teil des FDI Device Packages<br />
[1] stellt sicher, dass nach der Inbetriebnahme die wesentlichen<br />
Informationen zur Verfügung stehen – Add-ons<br />
lassen sich mit den drei programmierbaren, optionalen<br />
UIP realisieren (zum Beispiel 3-D-An<strong>im</strong>ationen).<br />
Dieser Ansatz unterstützt insbesondere den Investitionsschutz:<br />
Nutzer von S<strong>im</strong>atic PDM können auf ihre<br />
Expertise <strong>im</strong> Umgang mit diesem Werkzeug zurückgreifen.<br />
Hinsichtlich eines künftigen integrierten Engineerings<br />
sind bei der Verwendung von S<strong>im</strong>atic PDM keine<br />
größeren Umstellungen (unter anderem bezüglich Bedienung<br />
und Darstellung) notwendig, da dies wie gewohnt<br />
mit EDDL auch mit FDI erfolgt.<br />
Neben Herausforderungen, wie der Realisierung von<br />
Basis- und Experten-Parametrierung sowie der Weiterent-<br />
AUTOREN<br />
Dipl.-Ing. HOLGER RACHUT (geb. 1957) ist seit<br />
2000 <strong>im</strong> Produktmanagement für das Prozessleitsystem<br />
S<strong>im</strong>atic PCS 7 in der Siemens AG<br />
tätig. Nach der Ausbildung zum Betriebs-<br />
Mess- und Regelungstechniker studierte er an<br />
der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg<br />
Automatisierungstechnik und technische<br />
Kybernetik. Im Produktmanagement ist er<br />
zuständig für die Themen Feldgeräteintegration/Diagnose<br />
und Assetmanagement.<br />
Siemens AG,<br />
Östliche Rheinbrückenstraße 50,<br />
D-76187 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 595 65 56,<br />
E-Mail: holger.rachut@siemens.com<br />
Dipl.-Ing. HERMANN RICHTER (geb. 1954) ist<br />
<strong>im</strong> globalen Produktmanagement der Prozessleittechnik<br />
in der Siemens AG tätig. Nach<br />
seinem Studium der Elektrotechnik an der<br />
Technischen Universität München arbeitete er<br />
bei Siemens in unterschiedlichen Funktionen<br />
und Regionen <strong>im</strong> Umfeld der Industrieautomation.<br />
Im Produktmanagement für das<br />
Prozessleitsystem S<strong>im</strong>atic PCS 7 leitet er die<br />
Fachgruppe System Hardware.<br />
Siemens AG,<br />
Östliche Rheinbrückenstraße 50,<br />
D-76187 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 595 68 74,<br />
E-Mail: hermann.richter@siemens.com<br />
64<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
wicklung von Geräteprofilen, bestehen weiterführende<br />
Herausforderungen was die Themen Geräteintegration<br />
und -management betrifft – dieser Komplex steht unmittelbar<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit aktuellen Themen wie Integriertes<br />
Engineering und Industrie 4.0. So n<strong>im</strong>mt beispielsweise<br />
die eindeutige semantische und syntaktische<br />
Beschreibung des <strong>Automatisierungssystem</strong>s unter Berücksichtigung<br />
des Aspektes Anlagen-Life-Cycle [5] eine<br />
Schlüsselrolle ein – diese Beschreibung adressiert das<br />
Engineering sowie das Laufzeitsystem. Technologien, wie<br />
FDI, OPC UA und eClass, sind voraussichtlich unverzichtbar<br />
und müssen weiter entwickelt werden – dabei n<strong>im</strong>mt<br />
die Standardisierung eine Schlüsselrolle ein. Zur Unterstützung<br />
werden gegebenenfalls Web-Technologien eingesetzt;<br />
zum Beispiel die Web Ontology Language (OWL)<br />
und Semantic Web Rule Language (SWRL). Diese können<br />
als Ausgangspunkt für Innovationen bei der Erstellung<br />
von Geräte-Firmware und der Gerätes<strong>im</strong>ulation dienen<br />
[6]. Abhängig vom Anlagentyp ist zudem ein Trend hin<br />
zu Modularisierung erkennbar [7].<br />
In der Prozessautomatisierung n<strong>im</strong>mt die Modularisierung<br />
anhand von Package Units [8] eine Schlüsselrolle ein.<br />
Die Ansätze aus dem Umfeld Geräteintegration <strong>im</strong> Allgemeinen<br />
und der Geräteintegrationstechnologie FDI <strong>im</strong> Speziellen<br />
helfen, die Package Units via Plug-and-produce in<br />
ein <strong>Automatisierungssystem</strong> einzubinden [9]. Diese Herausforderungen<br />
adressieren wiederum das in Tauchnitz [10]<br />
beschriebene Szenario zu integriertem Engineering und<br />
Industrie 4.0. Abhängig vom jeweiligen Automatisierungstechnik-<br />
und Host-Hersteller sind die Voraussetzungen und<br />
Randbedingungen unterschiedlich, was die Realisierung<br />
des beschriebenen Szenarios betrifft. Die entsprechende<br />
Werkzeuglandschaft ist bei Siemens bereits vorhanden und<br />
zu großen Teilen integriert. Es existieren bereits Kopplungen<br />
zwischen S<strong>im</strong>atic PDM und S<strong>im</strong>atic PCS 7, Comos und<br />
S<strong>im</strong>atic PCS 7 sowie S<strong>im</strong>it und S<strong>im</strong>atic PCS 7.<br />
MANUSKRIPTEINGANG<br />
01.08.2013<br />
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet<br />
Dr.-Ing. STEFAN RUNDE (geb. 1980) ist in der<br />
Vorfeldentwicklung des Sektors Industry der<br />
Siemens AG seit 2010 Projektleiter für das<br />
Thema Future DCS Architecture und seit 2012<br />
zudem Programm Manager für das Themenfeld<br />
PC-based Architecture. Nach der Ausbildung<br />
zum Energieelektroniker studierte er<br />
Elektro- und Informationstechnik an der FH<br />
Hannover und promovierte an der Helmut-<br />
Schmidt-Universität Hamburg. Aktuelle<br />
Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Verbesserung<br />
von Engineering und Architekturen <strong>im</strong><br />
Umfeld von Scada und DCS.<br />
Siemens AG,<br />
Östliche Rheinbrückenstraße 50,<br />
D-76187 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 595 79 77,<br />
E-Mail: stefan.runde@siemens.com<br />
Dipl.-Inf. RONALD LANGE (geb. 1965) ist seit<br />
1989 in der Siemens AG tätig. Er studierte<br />
Informatik an der Universität Erlangen. Seit<br />
1995 liegt sein Arbeitsschwerpunkt in der<br />
Systemarchitektur der <strong>Automatisierungssystem</strong>e.<br />
Aktuelle Arbeiten sind dabei die Geräteintegration<br />
in Engineeringsysteme sowie die<br />
Architektur des TIA-Portals.<br />
Siemens AG,<br />
Gleiwitzer Straße 555, D-90475 Nürnberg,<br />
Tel. +49 (0) 911 895 26 89,<br />
E-Mail: lange.ronald@siemens.com<br />
Dipl.-Ing. ALBERT JUSTUS (geb. 1960) arbeitet seit 2008 <strong>im</strong> globalen<br />
Produktmanagement <strong>im</strong> Bereich der Prozessinstrumentierung mit den<br />
Schwerpunkten Geräteintegration und Kommunikation. Nach seinem<br />
Studium an der Fachhochschule Bielefeld begann er 1987 seine berufliche<br />
Laufbahn als Ingenieur bei der Siemens AG. Er war mehrere Jahre als<br />
Inbetriebsetzer und Projektleiter <strong>im</strong> In- und Ausland tätig.<br />
Siemens AG,<br />
Östliche Rheinbrückenstraße 50, D-76187 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 595 51 08, E-Mail: albert.justus@siemens.com<br />
Dr. JÜRGEN FICKER (geb. 1971) ist seit 2012 <strong>im</strong> globalen Produktmanagement<br />
der Prozessinstrumentierung in der Siemens AG tätig. Nach seinem<br />
Physikstudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg<br />
promovierte er <strong>im</strong> Rahmen einer Industriepromotion an der technischen<br />
Universität Darmstadt in Zusammenarbeit mit Siemens. Im Produktmanagement<br />
beschäftigt er sich mit fachübergreifenden Themen der<br />
Prozessinstrumentierung aus Sicht des Marktes.<br />
Siemens AG,<br />
Östliche Rheinbrückenstraße 50, D-76187 Karlsruhe,<br />
Tel. +49 (0) 721 595 35 22, E-Mail: juergen.ficker@siemens.com<br />
Dipl.-Ing. KARSTEN SCHNEIDER (geb. 1969) absolvierte das Studium der<br />
Elektrotechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.<br />
Vor mehr als 15 Jahren startete er bei der Siemens AG in der zentralen<br />
Forschung und Entwicklung. Seitdem war er dort in verschiedenen<br />
Tätigkeitsfeldern beschäftigt. Im April 2012 wurde er in den Vorstand der<br />
Profibus Nutzerorganisation e.V. gewählt.<br />
Siemens AG,<br />
Gleiwitzer Straßse 555, D-90475 Nürnberg,<br />
Tel. +49 (0) 911 895 43 21, E-Mail: karsten.schneider@siemens.com<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013<br />
65
IMPRESSUM / VORSCHAU<br />
IMPRESSUM<br />
VORSCHAU<br />
Verlag:<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH<br />
Arnulfstraße 124, D-80636 München<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 0<br />
Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99<br />
www.di-verlag.de<br />
Geschäftsführer:<br />
Carsten Augsburger, Jürgen Franke<br />
Verlagsleiterin:<br />
Kirstin Sommer<br />
Spartenleiterin:<br />
Anne Purschwitz geb. Hütter<br />
Herausgeber:<br />
Dr.rer.nat. Thomas Albers<br />
Dr. Gunther Kegel<br />
Dipl.-Ing. Hans-Georg Kumpfmüller<br />
Dr.-Ing. Wilhelm Otten<br />
Beirat:<br />
Dr.-Ing. Kurt Dirk Bettenhausen<br />
Prof. Dr.-Ing. Christian Diedrich<br />
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Epple<br />
Prof. Dr.-Ing. Alexander Fay<br />
Prof. Dr.-Ing. Michael Felleisen<br />
Prof. Dr.-Ing. Georg Frey<br />
Prof. Dr.-Ing. Peter Göhner<br />
Dipl.-Ing. Thomas Grein<br />
Prof. Dr.-Ing. Hartmut Haehnel<br />
Dr.-Ing. Jörg Kiesbauer<br />
Dipl.-Ing. Rolf Marten<br />
Dipl.-Ing. Gerald Mayr<br />
Dr. Jörg Nothdurft<br />
Dr.-Ing. Josef Papenfort<br />
Dr. Andreas Wernsdörfer<br />
Dipl.-Ing. Dieter Westerkamp<br />
Dr.rer.nat. Christian Zeidler<br />
Organschaft:<br />
Organ der GMA<br />
(VDI/VDE-Gesell schaft Messund<br />
Automatisierungs technik)<br />
und der NAMUR (Interessengemeinschaft<br />
Automatisierungstechnik<br />
der Prozessindustrie).<br />
Redaktion:<br />
Anne Purschwitz geb. Hütter (ahü)<br />
(verantwortlich)<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 58<br />
Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99<br />
E-Mail: purschwitz@di-verlag.de<br />
Aljona Hartstock (aha)<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 78<br />
E-Mail: hartstock@di-verlag.de<br />
Gerd Scholz (gz)<br />
Einreichung von Hauptbeiträgen:<br />
Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas<br />
(Chefredakteur, verantwortlich<br />
für die Hauptbeiträge)<br />
Technische Universität Dresden<br />
Fakultät Elektrotechnik<br />
und Informationstechnik<br />
Professur für Prozessleittechnik<br />
D-01062 Dresden<br />
Telefon +49 (0) 351 46 33 96 14<br />
E-Mail: urbas@di-verlag.de<br />
Fachredaktion:<br />
Dr.-Ing. Michael Blum<br />
Dipl.-Ing. Heinrich Engelhard<br />
Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite<br />
Dr.-Ing. Bernhard Kausler<br />
Dr.-Ing. Niels Kiupel<br />
Prof. Dr.-Ing. Gerrit Meixner<br />
Dr.-Ing. Jörg Neidig<br />
Dipl.-Ing. Ingo Rolle<br />
Dr.-Ing. Stefan Runde<br />
Prof. Dr.-Ing. Frank Schiller<br />
Bezugsbedingungen:<br />
„<strong>atp</strong> <strong>edition</strong> – Automatisierungstechnische<br />
Praxis“ erscheint<br />
monatlich mit Doppelausgaben <strong>im</strong><br />
Januar/Februar und Juli/August.<br />
Bezugspreise:<br />
Abonnement jährlich: € 468,– + € 30,–/<br />
€ 35,– Versand (Deutschland/Ausland);<br />
Heft-Abonnement + Online-Archiv:<br />
€ 638,40; ePaper (PDF): € 468,–;<br />
ePaper + Online-Archiv: € 608,40;<br />
Einzelheft: € 55,– + Versand;<br />
Die Preise enthalten bei Lieferung<br />
in EU-Staaten die Mehrwertsteuer,<br />
für alle übrigen Länder sind es<br />
Nettopreise. Mitglieder der GMA: 30%<br />
Ermäßigung auf den Heftbezugspreis.<br />
Bestellungen sind jederzeit über den<br />
Leserservice oder jede Buchhandlung<br />
möglich.<br />
Die Kündigungsfrist für Abonnementaufträge<br />
beträgt 8 Wochen zum Bezugsjahresende.<br />
Abonnement-/<br />
Einzelheftbestellung:<br />
DataM-Services GmbH, Leserservice <strong>atp</strong><br />
Herr Marcus Zepmeisel<br />
Franz-Horn-Str. 2, 97082 Würzburg<br />
Telefon + 49 (0) 931 417 04 59<br />
Telefax + 49 (0) 931 417 04 94<br />
leserservice@di-verlag.de<br />
Verantwortlich für<br />
den Anzeigenteil:<br />
Inge Spoerel<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 22<br />
Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99<br />
E-Mail: spoerel@di-verlag.de<br />
Es gelten die Preise der Mediadaten 2013<br />
Anzeigenverwaltung:<br />
Brigitte Krawczyk<br />
Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 12<br />
Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99<br />
E-Mail: krawczyk@di-verlag.de<br />
Art Direction / Layout:<br />
deivis aronaitis design | dad |<br />
Druck:<br />
Druckerei Chmielorz GmbH,<br />
Ostring 13,<br />
D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt<br />
Gedruckt auf chlor- und<br />
säurefreiem Papier.<br />
Die <strong>atp</strong> wurde 1959 als „Regelungstechnische<br />
Praxis – rtp“ gegründet.<br />
DIV Deutscher Industrieverlag<br />
GmbH München<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Mit Ausnahme der<br />
gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />
Verwertung ohne Ein willigung des Verlages<br />
strafbar.<br />
Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8<br />
Abs. 3 PresseG i. V. m. Art. 2 Abs. 1c DVO<br />
zum BayPresseG geben wir die Inhaber<br />
und Beteiligungsverhältnisse am Verlag<br />
wie folgt an:<br />
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH,<br />
Arnulfstraße 124, D-80636 München.<br />
Alleiniger Gesellschafter des Verlages<br />
ist die ACM-Unternehmensgruppe,<br />
Ostring 13,<br />
D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt.<br />
ISSN 2190-4111<br />
DIE AUSGABE 12 / 2013 DER<br />
ERSCHEINT AM 02.12.2013<br />
MIT DEM SCHWERPUNKT<br />
„SCHUTZZIELE UND SCHUTZKONZEPTE“<br />
Datenkopplung mittels<br />
UML-Modellen – Kopplung<br />
von Engineering- und<br />
IT-Systemen als Basis für<br />
Industrie 4.0<br />
Ein Modell zur Beschreibung<br />
Cyber Physischer Systeme –<br />
Ein Beitrag zu Industrie 4.0<br />
Nur Befehle befolgt – CPS<br />
erfordern sichere Identitäten<br />
Komponentenkapselung –<br />
Integration von<br />
Automatisierungskomponenten<br />
Aus aktuellem Anlass können sich die Themen<br />
kurzfristig verändern.<br />
LESERSERVICE<br />
E-MAIL:<br />
leserservice@di-verlag.de<br />
TELEFON:<br />
+ 49 (0) 931 417 04 59<br />
66<br />
<strong>atp</strong> <strong>edition</strong><br />
11 / 2013
Die Serie 857 bringt jedes Signal in Form!<br />
Messumformer und Relaisbausteine -<br />
Eine komplette Produktfamilie!<br />
• Kompromisslos kompakt:<br />
Platzgewinn durch „echte“ 6,0mm-Baubreite<br />
• Brücken statt einzeln verdrahten:<br />
Brückbarkeit durch Konturengleichheit auf allen<br />
Anschlussebenen<br />
• Für extreme Anwendungen:<br />
Neue Einsatzgebiete durch erweiterten<br />
Temperaturbereich von -25° C bis + 70° C<br />
…adapts best<br />
• Höchste Sicherheit:<br />
„Sichere 3-Wege-Trennung“ mit 2,5kV-<br />
Prüfspannung<br />
• Flexibilität pur:<br />
Konfiguration per DIP-Schalter. Eine Vielzahl<br />
der Messumformer sind zusätzlich per Software<br />
einstellbar<br />
www.wago.com
WAGO-I/O-SYSTEM 750 –<br />
Feldbusunabhängig in den Ex-Bereich<br />
Kompakt, flexibel & modular:<br />
• Kleinste, feldbusunabhängige Steuerung (SPS)<br />
• Programmierbar gemäß IEC 61131-3<br />
• Über 400 verschiedene I/O-Module<br />
• Standard-I/O- und Ex-i-Module kombinierbar<br />
• Einspeisungen verschiedener Potentiale in<br />
einem Knoten<br />
• Unterstützung der Fernwirkprotokolle IEC<br />
60870 und IEC 61850<br />
WAGO-I/O-SYSTEM<br />
Automatisierung<br />
Unabhängig<br />
WAGO-I/O-IPC<br />
Safety meets Ex i<br />
• Vereint in einem Modul: Funktionale<br />
Sicherheit und Explosionsschutz<br />
Ausgelegt für den Ex-Bereich:<br />
• Zugelassen für den Einsatz in Zone<br />
2/22 und <strong>im</strong> Bergbau<br />
• Ex-i-I/O-Module zum Anschluss<br />
eigensicherer Sensorik/Aktorik<br />
• Zertifiziert gemäß ATEX, IECEx,<br />
UL ANSI/ISA 12.12.01, UL508,<br />
Schiffbau, GOST-R etc.<br />
CAGE CLAMP ® -Technologie:<br />
• Gasdichte Federklemmverbindung<br />
• Vibrationsfest und wartungsfrei<br />
• Hohe Anlagenverfügbarkeit und<br />
-zuverlässigkeit<br />
Programmierbare<br />
Feldbuscontroller (SPS)<br />
EPSITRON ® -<br />
Stromversorgungen<br />
Leiterpl
TOPJOB ® S-Reihenklemmen und<br />
das steckbare X-COM ® S-SYSTEM –<br />
vielfältig kombinierbar<br />
Reihenklemmenprogramm<br />
von<br />
0,14 – 95mm 2<br />
Alle TOPJOB ® S-Durchgangs- und Schutzleiterklemmen<br />
sowie X-COM ® S-Basisklemmen und<br />
Federleisten sind für den Bereich Ex e I/II geeignet.<br />
Die beste Verbindung bei anspruchsvollen<br />
Umgebungsbedingungen wie Gas, Staub oder<br />
Bergbau!<br />
Verbindungstechnik<br />
Flexibel<br />
• Zertifiziert gemäß ATEX, IECEx, UL, AEx,<br />
BRex, GOST-R etc.<br />
Hochstrom-Reihenklemmen<br />
POWER CAGE CLAMP<br />
Die Federklemmtechnik:<br />
• Das größte Reihenklemmensystem<br />
von 0,14 – 95 mm 2<br />
• Für alle Leiterarten geeignet<br />
• CAGE CLAMP ® S-Direktstecktechnik – für<br />
eindrähtige Leiter und feindrähtige Leiter mit<br />
Aderendhülse<br />
• Großes Brückersystem für alle Anwendungen<br />
• Schnellstes und wirtschaftlichstes Beschriftungssystem<br />
• TOPJOB ® S: rüttelsicher, schnell und<br />
wartungsfrei<br />
Verbindungsdosenklemmen<br />
attenklemmen
Feldbusunabhängig<br />
in den Ex-Bereich!<br />
Ausgelegt für den Ex-Bereich:<br />
• Zugelassen für den Einsatz in Zone 2/22<br />
• Ex i I/O-Module zum Anschluss eigensicherer Sensorik/Aktorik<br />
• Zertifiziert gemäß ATEX, IECEx, UL ANSI/ISA 12.12.01, UL508,<br />
Schiffbau, GOST-R, etc.<br />
Safety meets Ex i:<br />
• Vereint in einem Modul: Funktionale Sicherheit und Explosionsschutz<br />
Kompakt, Flexibel & Modular:<br />
• Kleinste, feldbusunabhängige Steuerung (SPS)<br />
• Programmierbar gemäß IEC 61131-3<br />
• Über 400 verschiedene I/O-Module<br />
• Standard-I/O- und Ex i-Module kombinierbar<br />
• Einspeisungen verschiedener Potentiale in einem Knoten<br />
• Unterstützung der Fernwirkprotokolle IEC 60870 und IEC 61850<br />
CAGE CLAMP ® -Technologie:<br />
• Gasdichte Federklemmverbindung<br />
• Vibrationsfest und wartungsfrei<br />
• Hohe Anlagenverfügbarkeit und -zuverlässigkeit<br />
www.wago.com/ex