das dental labor Marketing im Unbewussten (Vorschau)
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Interview<br />
Das rechte Maß der Zeit<br />
„<br />
einmal eine relevante Größe. Folglich<br />
müssen Führungskräfte mit Zeitdruck<br />
leben und umgehen können. Um <strong>das</strong><br />
aber auf Dauer beruflich erfolgreich und<br />
gesundheitlich ohne Schaden zu nehmen<br />
zu können, müssen sie erkennen,<br />
<strong>das</strong>s dieses „Umgehen mit Zeitdruck“<br />
eine mehrd<strong>im</strong>ensionale Größe ist. Was<br />
schlicht und einfach heißt, sie müssen<br />
der Druckphase eine Entlastungsphase<br />
gegenüberstellen. Wer mit Zeit sinnvoll<br />
und produktiv umgehen will, muss<br />
die Zeit in ihrer Vielfältigkeit leben und<br />
nutzen, muss schnell sein können, langsam<br />
ebenso, muss warten können, Pausen<br />
machen, wiederholen, anfangen<br />
und Schluss machen können. Und – <strong>das</strong><br />
ist <strong>das</strong> Wichtigste – der braucht Maßstäbe<br />
fürs „Genug“. Die müssen nicht <strong>im</strong>mer<br />
gleich bleiben und können sich verändern,<br />
aber fehlen sie gänzlich, leben<br />
Führungskräfte „Maß-los.“<br />
Zeitdruck bedeutet<br />
einen Aderlass<br />
für die Leistungskraft<br />
“<br />
dl: Und <strong>das</strong> wird dann bedenklich?<br />
Karlheinz Geißler: Führungskräfte, die<br />
in diesem Sinne „Maß-los“ <strong>im</strong> Umgang<br />
mit Zeit leben, verrechnen mehr Zeit in<br />
Geld als ihrem Wohlergehen und ihrer<br />
sozialen Mitwelt gut tut. Und möglicherweise<br />
auch ihren Geschäften. Nicht<br />
nur Autofahrer können wegen überhöhtem<br />
Tempo aus der Kurve fliegen.<br />
Führungskräfte, die sich nicht die Zeit<br />
zum ausgleichenden Ausruhen nehmen<br />
und so nicht zur Besinnung kommen,<br />
riskieren <strong>das</strong> ebenso. Erfolg gründet<br />
nicht allein auf Können. Erfolg gründet<br />
in mindestens gleichem Maße auch auf<br />
Verhalten. Anderen gegenüber ebenso<br />
wie sich selber gegenüber. Wer sich als<br />
Führungskraft <strong>im</strong> Blick auf den Umgang<br />
mit Zeit „Maß-los“ verhält, erhöht sein<br />
Krankheits- und sein geschäftliches Unfallrisiko.<br />
Und, auch <strong>das</strong> gebe ich zu bedenken,<br />
ist und wird häufiger unzufrieden,<br />
hat oftmals schlechte Laune,<br />
fühlt sich vielfach gehetzt und setzt sich<br />
der Gefahr aus, inmitten oft unendlich<br />
vieler Menschen zu vereinsamen. Ein<br />
wirklicher Freundeskreis, eine Familie<br />
lässt sich nicht <strong>im</strong> Sinne eines entspannenden,<br />
regenerierenden Gegenpols<br />
unter permanentem Zeitdruck aufrechterhalten,<br />
speziell wenn kleinere<br />
Kinder dazugehören. Das gleiche gilt<br />
für alles <strong>das</strong>, was längerfristig stabil<br />
bleiben soll.<br />
dl: Das heißt, der ständig gehetzt lebende<br />
Vorgesetzte destabilisiert nicht<br />
nur sich selbst, sondern auch seine Umgebung?<br />
Karlheinz Geißler: Daran besteht kein<br />
Zweifel. So ist es. Und nicht nur <strong>das</strong>: Sie<br />
oder er beeinträchtigt dadurch auch die<br />
Leistungskraft ihres beziehungsweise<br />
seines Bereichs. Denn den Zeitdruck,<br />
dem man selber ausgesetzt ist oder,<br />
was wir ja bitte auch nicht vergessen<br />
wollen, den man sich selber macht, an<br />
andere weiterzugeben, andere damit ihrerseits<br />
unter Druck zu setzen, <strong>das</strong> ist<br />
Normalität. Und eine sehr unkluge Normalität.<br />
Denn sie führt zu Vervielfachung<br />
und zur Verbreitung der Zeitprobleme,<br />
aber nicht wie erhofft zu ihrer Reduktion.<br />
Schnell, schnell, schnell ist kein Lösungsmodus,<br />
weder sachlich noch<br />
menschlich. Wie ein Bumerang kommt<br />
der Zeitdruck zurück. Man wird ihn so<br />
wenig los wie einen Bumerang, den man<br />
wegzuwerfen versucht. Ich denke, es<br />
kann gar nicht oft genug wiederholt werden,<br />
Zeitdruck verschlechtert die St<strong>im</strong>mung<br />
und darunter leidet die Qualität<br />
der Zusammenarbeit. Zeitdruck bedeutet<br />
einen ständigen schleichenden Aderlass<br />
für die Leistungskraft.<br />
dl: Mit anderen Worten, wirklich zukunftsweisende,<br />
wirklich problemlösende<br />
Ergebnisse und Zeitdruck vertragen<br />
sich nicht?<br />
Karlheinz Geißler: Wie der Volksmund<br />
so richtig sagt: Es lässt sich nichts erzwingen.<br />
Gut Ding will Weile haben. Gute<br />
Gedanken wollen und müssen reifen.<br />
Tempo machen, Zeitdruck aufbauen –<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> der falsche Weg ist, wissen<br />
wir aus soliden Forschungen amerikanischer<br />
Spitzenuniversitäten. Zeitdruck<br />
führt zu konventionellen Lösungen und<br />
behindert kreative Entscheidungen. Der<br />
Grund: Unter Zeitdruck gesetzt, greift<br />
man auf bewährte, alte Handlungsmuster<br />
und Schemata zurück. Neues<br />
und neue kreative und originelle und<br />
264 <strong>das</strong> <strong>dental</strong> <strong>labor</strong> · LX · 3/2012 · www.dlonline.de