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Rolling S<strong>to</strong>nes • Roger Daltrey • Kevin Coyne • Bos<strong>to</strong>n • Johnny Winter • Yes • Ray Dorset • Rush • Status Quo<br />
D: € 6,50 • Schweiz CHF 12,00 • A • L • NL • I • B: € 7,00 • Nr. 1/2014 • Februar/März • www.goodtimes-magazin.de<br />
EXTRA:<br />
<strong>Kinks</strong><br />
• Beatles<br />
BBC: Ein Profi packt aus<br />
• Achim Reichel<br />
Auf der Palme (und darunter)<br />
• Jimmy Page<br />
Das mysteriöse Folk-Juwel<br />
Paul Rodgers • Mike Bloomfield • Eloy • David Garrick • Mike & The Mechanics • Cliff Richard • Everly Bro<strong>the</strong>rs
INHALT<br />
Ausgabe 128 · Februar/März 2014<br />
10 <strong>Kinks</strong> – 50 Jahre<br />
Suche nach Identität – wie alles begann<br />
13 Mick Avory<br />
Still und ungeliebt<br />
14 Jimmy Page<br />
Folkjuwel mit John & Jim<br />
16 Beatles<br />
Ein BBC-Pro packt aus<br />
18 Yes<br />
Mozart, Bach, Beethoven, Yes<br />
19 Rush<br />
Kult aus Kanada<br />
20 R&B Musik-Revolte, 2. Akt<br />
UK 1964: Rhythmus trifft auf Blues<br />
22 Bos<strong>to</strong>n<br />
Tom Scholz, Optimist<br />
24 Achim Reichel (70)<br />
Mal auf der Palme, mal darunter<br />
26 Rolling S<strong>to</strong>nes<br />
BEAT BEAT BEAT: Kult-Objekt<br />
28 Johnny Winter (70)<br />
Aufwärts mit Clap<strong>to</strong>n & Bonamassa<br />
29 Mike & The Mechanics<br />
CDs, ein Buch und ... Genesis?!<br />
66 <strong>GoodTimes</strong>-Tipp<br />
Gravelroad – Trampled Under Foot<br />
67 Eloy<br />
Livedokument & Oper in Arbeit<br />
68 Stilkunde (Folge 4)<br />
Neue Deutsche Welle<br />
72 Kevin Coyne<br />
Ein Großer lebt weiter<br />
73 Status Quo<br />
Niemand wird uns s<strong>to</strong>ppen!"<br />
"<br />
74 <strong>GoodTimes</strong>-Newcomer<br />
Doug Paisley – Thea Hjelmeland – Mojo Makers – Marshall X<br />
75 Paul Rodgers<br />
Memphis ... Stax ... Soul: Es hat sofort geklickt!"<br />
"<br />
78 Kolumne Christian Simon<br />
Ian Anderson: Perfektionist mit Heimweh<br />
79 Roger Daltrey (70)<br />
The Who & solo: weiter geht's!<br />
80 David Garrick<br />
Mr. Apfelbiene<br />
81 Everly Bro<strong>the</strong>rs / Billie Joe Armstrong & Norah Jones<br />
Aus alt mach neu<br />
82 Hits mit Hilfestellung<br />
Chart-Manipulation<br />
86 40 Jahre Rock-Lexikon"<br />
"<br />
Interview mit Siegfried Schmidt-Joos<br />
87 Pete Lincoln (Sweet)<br />
Mensch als Musikbox<br />
88 Es war einmal ...<br />
Ein Blick zurück auf Denkwürdiges<br />
93 Ray Dorset (Mungo Jerry)<br />
Kreuzverhör<br />
94 Mike Bloomfield<br />
Blues-Porträt No. 43<br />
95 Mick Ralphs<br />
Mott, Blues & Company<br />
96 Lee Hazlewood<br />
Vergessenes Label – neu entdeckt<br />
96 Cliff Richard<br />
LP Nr. 100: Rock'n'Roll-Verbeugung<br />
98 ... zuguterletzt<br />
Suzanne Vega – Flower Kings – Wet Wet Wet<br />
<strong>Kinks</strong>, S. 10<br />
Achim Reichel, S. 24<br />
RUBRIKEN<br />
4 Aktuell – Neues aus der Szene<br />
30 CD/Vinyl-Vorstellungen<br />
58 DVD/Blu-ray-Vorstellungen<br />
60 Buch-Vorstellungen<br />
62 <strong>GoodTimes</strong>-Shop<br />
64 Kleinanzeigen<br />
Edi<strong>to</strong>rial<br />
Jimmy Page, S. 14<br />
S. 68<br />
Beatles, S. 16<br />
Status Quo, S. 73<br />
66 Abo-Bestellschein<br />
73 Charts<br />
90 Konzertkalender<br />
97 Leserbriefe<br />
98 Impressum<br />
Fabian Leibfried<br />
-Herausgeber/Chefredakteur-<br />
Auch 2013 hieß es in der Adventszeit wieder, nicht nur über<br />
Weihnachtsgeschenke für die Liebsten zu sinnieren. Kopfzerbrechen<br />
war für die <strong>GoodTimes</strong>-Mitarbeiter angesagt: Es<br />
galt, das zu Ende gehende Jahr Revue passieren zu lassen.<br />
Für die Top-Five-Kolumne der vorliegenden ersten Ausgabe<br />
des neuen Jahres waren außergewöhnliche (Studio-)Alben zu<br />
benennen. Eine schwierige Aufgabe angesichts der Flut von<br />
Veröffentlichungen. Und es war – wie immer – eine höchst<br />
subjektive Entscheidung, denn: Nach welchen Kriterien ist<br />
Musik zu beurteilen, die doch in erster Linie Geschmacksache ist? Deshalb geht es auch<br />
nicht um die „besten" Platten, sondern um persönliche Favoriten.<br />
Auffällig am Ende des Jahres 2013: Die Erprobten, Erfahrenen können es einfach (nicht<br />
lassen)! Viele Altmeister haben sich einmal mehr zu Gehör gemeldet: Woods<strong>to</strong>ck-<br />
Teilnehmer Leslie West ebenso wie die Bad-Company-Heroen Paul Rodgers und Mick<br />
Ralphs, Mastermind Tom Scholz mit Bos<strong>to</strong>n, Sammy Hagar, Sweet-Sänger Pete Lincoln<br />
als Solist und mit seiner aktuellen Combo – um nur einige wenige zu nennen. Außerdem<br />
kündigten (inter)nationale Größen wie Achim Reichel und Robert Plant Neues<br />
an. Neues? Viele von ihnen polieren alte Songs auf. Oft auch, weil die Fans nur ihre<br />
Hits hören wollen und wenig Offenheit für aktuelle Ideen an den Tag legen, wie so<br />
mancher Künstler deutlich beklagt. Viele Fans registrieren allerdings auch gar nicht,<br />
dass „ihre" Stars Frisches zu bieten haben: die Macht der Gewohnheit – unter anderem,<br />
weil im Radio stets die Gassenhauer laufen. Diese Entwicklung stimmt mehr und mehr<br />
nachdenklich. Weitere 30 Jahre lang immer dieselbe Leier, keine Frischblutzufuhr? Das<br />
kann es eigentlich nicht sein. Mehr Offenheit täte gut – bei den Medien ebenso wie<br />
den Konsumenten. Denn zu entdecken gab es auch 2013 wieder vieles, 2014 dürfte<br />
das nicht anders sein. Und dabei wird Ihnen das <strong>GoodTimes</strong>-Team weiterhin helfen!<br />
MUSIK-STILE<br />
Auch als eMagazine<br />
erhältlich. Infos unter:<br />
www.goodtimes-magazin.de<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> Seite 3
News<br />
Aktuell News Aktuell<br />
Als Lieferant von TV- und Filmmusiken<br />
tritt Paul Vincent (Ex-Gitarrist von Lindenberg,<br />
Kriwanek, Mercury u.v.m.) inzwischen<br />
kürzer, was ihm Freiräume eröffnet,<br />
eigene Songideen zu realisieren. Und die<br />
präsentiert er demnächst auf FORTUNE<br />
CAKE mit gleich vier unterschiedlich angelegten/eingefärbten<br />
CDs. Auf einer widmet<br />
er sich dem (Blues-)Rock, auf einer zweiten<br />
dominieren eher Popmelodien, ehe es<br />
ruhiger und auch akustisch wird. Und als<br />
Sahnehäubchen widmet er sich „Old Fashioned<br />
Lovesongs" im Stile der 20er, 30er<br />
und 40er Jahre. Und wer Vincent während<br />
seiner bald 40-jährigen Karriere verfolgt<br />
hat, weiß, dass er all dies mit höchstem<br />
Qualitätsanspruch getan hat+++<br />
Am 7. Februar 1964 waren die Beatles<br />
am New Yorker Flughafen JFK gelandet<br />
und unternahmen ihre ersten Schritte<br />
auf amerikanischem Boden. Den 50. Jahrestag<br />
dieses schon damals von Horden<br />
kreischender Fans gefeierten Ereignisses<br />
würdigt Universal mit der 13-CD-Box THE<br />
U.S. ALBUMS. Enthalten sind alle US-Albumversionen<br />
von MEET THE BEATLES<br />
(1964) bis HEY JUDE (1970). So werden<br />
die teils doch markanten Unterschiede zu<br />
den englischen LP-Versionen (Albumtitel,<br />
Tracklists, Artwork) wieder in Erinnerung<br />
gerufen. Geliefert werden Mono- und<br />
Stereoversionen. Abgerundet wird das<br />
Paket mit einem 64-seitigen Booklet. Für<br />
einen begrenzten Zeitraum werden die<br />
Scheiben einzeln erhältlich sein (Ausnahme:<br />
das Audio Documentary Album THE<br />
BEATLES STORY)+++<br />
Wiederholt war an dieser Stelle über Bob<br />
Daisleys Au<strong>to</strong>biografie berichtet worden.<br />
Jetzt ist der Bassist von Ozzy Osbourne,<br />
Gary Moore, Uriah Heep, Mungo Jerry,<br />
Rainbow, Black Sabbath und Chicken Shack<br />
fertig – und „For Facts Sake" ist in engli-<br />
scher Fassung (via Internet) erhältlich. Erste<br />
Lese proben haben den Lesehunger geweckt<br />
– ebenso die Hoffnung, dass ein deutscher<br />
Verlag erkennt, wie viel interessante Fakten<br />
in dem Buch stecken+++<br />
Der „Blues Caravan" feiert Jubiläum:<br />
Zum zehnten Mal schicken Tom Ruf und<br />
sein Label Ruf Records drei ihrer Acts auf<br />
eine ausgedehnte Tour durch ganz Europa,<br />
um den Blues-Liebhabern vielversprechende<br />
eigene neue Künstler vorzustellen<br />
(und den Plattenverkauf auf diesem Wege<br />
gleich mit anzukurbeln). In diesem Jahr<br />
sind es Christina Skjolberg, Albert Castiglia<br />
und Laurence Jones, die am 23. Januar zu<br />
16 gemeinsamen Gigs in deutschen Landen<br />
aufbrechen, ehe es ins Ausland geht.<br />
„Christina strahlt tierischen Sex aus, wenn<br />
sie die Gitarre malträtiert", schwärmt der<br />
Labelboss von der Norwegerin. „Laurence<br />
Jones kommt aus England und erinnert<br />
an den jungen Oli Brown", beschreibt er<br />
den 21 Jahre alten zweiten Caravan-Teilnehmer.<br />
Albert Castiglia, ein 44-jähriger<br />
Gitarrist mit kubanischen und italienischen<br />
Wurzeln, spielte in den 90er Jahren in der<br />
Band von Junior Wells, ehe er 2002 mit<br />
BURN solo debütierte. Von allen drei Acts<br />
dürfte es rechtzeitig zum Tourstart wohl<br />
auch eigene neue Tonträger geben+++<br />
Am 18. Februar ist es soweit, dass man sich<br />
den ersten Durchgang der zur festen Institution<br />
gewordenen New-York-Gastspiele<br />
der Allman Bro<strong>the</strong>rs Band zu Gemüte<br />
führen kann. Als Doppel-CD ist dann<br />
PLAY ALL NIGHT: LIVE AT THE BEACON<br />
THEATER 1992 zum ersten Mal überhaupt<br />
erhältlich. Parallel erscheint dann auch die<br />
DVD LIVE GREAT WOODS, die 1991 in Massachusetts<br />
mitgeschnitten wurde und das<br />
Konzert erstmals in voller Länge in diesem<br />
Format präsentiert+++<br />
Als „Legacy Edition" veröffentlicht Sony<br />
<strong>Music</strong> das wegweisende Americana-Album<br />
NO DEPRESSION von Uncle Tupelo von<br />
1990. Sony <strong>Music</strong> verspricht 24 Bonus-<br />
Tracks, darunter das 1989er Demotape<br />
NOT FOREVER, JUST FOR NOW, dessen<br />
zehn Songs Gitarrist/Sänger Jay Farrar und<br />
Drummer Mike Heidorn (beide später Son<br />
Volt) sowie Jeff Tweedy (b, voc; Wilco) aufgenommen<br />
hatten, sowie diverse „No Depression<br />
Era Odds & Ends". Und für Hardcore-Fans<br />
fast noch interessanter: Es gibt dazu<br />
noch sieben Songs von 1987 und 1988 auf<br />
selbst veröffentlichten Cassetten+++<br />
Rock + Pop<br />
Memorabilia<br />
Wall Of Fame • P.O. Box 1950 • 48580 Gronau<br />
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Goldene Schallplatten, Signaturen etc. von Abba<br />
bis Zappa. Das weltweit größte Angebot an Raritä ten<br />
aus dem Bereich Rock+Pop Memorabilia.<br />
Anfragen bitte telefonisch.<br />
Nach seinem Hörsturz musste der deutsche<br />
Bluesveteran Richard Bargel die Men In<br />
Blues, seine gemeinsame Band mit dem<br />
früheren Bap-Gitarristen Klaus „Major"<br />
Heuser, auflösen. Doch er tritt nicht kürzer,<br />
allenfalls etwas leiser, wie der vielseitige<br />
Künstler mit seinem neuen Album IT'S<br />
CRAP beweist (Besprechung in der nächsten<br />
Ausgabe)+++<br />
Eine Europa-Veröffentlichung ist noch<br />
nicht absehbar, doch eingefleischte<br />
Foghat- Anhänger können sich ja via Internet<br />
weiterhelfen: Die Boogie-Rockveteranen<br />
haben mit LIVE IN ST. PETE einen<br />
neuen DVD-Konzertmitschnitt am Start –<br />
unter den zehn Songs sind auch Bandklassiker<br />
wie "Road Fever", "Fool For The City",<br />
"Slow Ride" oder "I Just Want To Make<br />
Love To You" enthalten+++<br />
Die Hamburgerin Carolin Fortenbacher<br />
ist <strong>Music</strong>al-erfahren, hat als Schauspielerin<br />
(Theater/TV) gearbeitet, war mit Gregorian<br />
auf Tour – und sie singt vorzüglich,<br />
wie sie auf ihrem neuen Album KAMIONKA<br />
demonstriert. Unbeschwert stimmt sie folkloristischen<br />
Chanson-Folk-Pop an, macht<br />
sich gehaltvolle Gedanken über das Älterwerden,<br />
Familie und das Verhältnis zu ihrer<br />
Mutter+++<br />
„Wir kennen uns seit Jahren, kommen<br />
gegenseitig zu uns auf die Bühne, wenn<br />
wir uns über den Weg laufen", sagte UK-<br />
Blues-Rocker Aynsley Lister mit Blick auf<br />
seinen gemeinsamen Auftritt bei den „23.<br />
Ro<strong>the</strong>r Bluestagen" mit King King.<br />
Nicht auszuschließen, dass es am 4. April<br />
zu einer Jamsession kommt. Inzwischen<br />
wurden auch die Gastspiele von Popa<br />
Chubby, der Mick Ralphs Blues Band,<br />
der British Blues All Stars (mit Dave Kelly,<br />
Zoot Money, Gary Fletcher und Pick<br />
Wi<strong>the</strong>rs; Julian Dawson ist wegen anderweitiger<br />
Verpflichtungen verhindert)<br />
sowie Nick Woodland, Siggi Schwarz und<br />
des Lisa Doby Acoustic Trios bestätigt.<br />
Die Gastspiele von Duke Robillard, Uriah<br />
Heep, Ruthie Foster, Edo Zanki und Cassie<br />
Taylor hatte <strong>GoodTimes</strong> bereits zuvor<br />
vermeldet+++<br />
Auch mit 70 tritt Jack Bruce nicht kürzer.<br />
Der einstige Bassist/Sänger von Cream,<br />
der solistisch seit Jahrzehnten als Wanderer<br />
zwischen Rock und Jazz unterwegs ist,<br />
auch mit Robin Trower und BBM spielte,<br />
liegt in den letzten Zügen mit der Arbeit an<br />
Unsere Gewinner aus<br />
Heft 5/2013<br />
10x Rush-7-CD-Box<br />
– Ingo Eggert, Soders<strong>to</strong>rf<br />
– Rolf Limbeck, Ketsch<br />
– Dietmar Groeger, Bad Wünnenberg<br />
– Johanna Wagner, Teupitz<br />
– Michael Sandfort, Fulda<br />
– Guido Lentz, Bonn<br />
– Julian Thelonious Hermeyer,<br />
Weinsberg<br />
– Michael Kollmeyer, Hamburg<br />
– Thomas Beck, Klingenmünster<br />
– Helga Borrmann, Kempen<br />
einem neuen Album. Eine Veröffentlichung<br />
ist für März angepeilt. Als Gäste waren die<br />
Gitarristen Robin Trower, Uli Jon Roth und<br />
John Medeski mit Bruce in den Abbey Road<br />
Studios+++<br />
Johnny Winter veröffentlicht nicht nur<br />
ein neues Studiowerk (siehe S<strong>to</strong>ry im Heft),<br />
im Frühjahr soll auch das 4-CD-Boxset<br />
TRUE TO THE BLUES: THE JOHNNY WIN-<br />
TER STORY erscheinen und den Veteranen<br />
zu seinem 70. Geburtstag ehren. 56 Songs<br />
ab dem Jahr 1968 zeichnen seine Karriere<br />
nach. Unter den beigefügten Live-Aufnahmen<br />
werden auch zwei bislang unveröffentlichte<br />
Nummern sein+++<br />
THE CLASSICS hat US-Entertainer und<br />
Crooner Tony Bennett sein am 31.1.<br />
erscheinendes Album betitelt, auf der 20<br />
seiner Klassiker zu hören sind. Enthalten<br />
sind auch Duette<br />
mit Frank Sinatra, Ray<br />
Charles, Stevie Wonder,<br />
Barbra Streisand,<br />
Amy Winehouse, Diana<br />
Krall, kd lang, Christina<br />
Aguilera, Lady Gaga, John Mayer und Michael<br />
Bublé sowie Juanes+++<br />
Manchmal hat man ja doch einen Riecher<br />
– so im Falle Andreas Kümmert: In der<br />
Ausgabe 6/2012 hatte <strong>GoodTimes</strong> seine<br />
letzte CD THE MAD HATTER'S NEIGHBOUR<br />
besprochen und in 2/2013 den Künstler<br />
selbst in der Rubrik Newcomer vorgestellt.<br />
Jetzt hat der Sänger aus dem unterfränkischen<br />
Gemünden bei „Voice Of Germany"<br />
gewonnen und die Konkurrenz mit seiner<br />
Hammerstimme förmlich an die Wand gesungen+++<br />
Erinnert sich noch jemand an die hessischen<br />
Dialektrocker Rodgau Mono<strong>to</strong>nes, die<br />
Mitte der 80er Jahre sogar als Opener von<br />
Deep Purple bei deren Comeback-Open-<br />
Air-Auftritten einheizten? Ihr Songtitel<br />
"Erbarmen, die Hesse komme" wurde sogar<br />
zu einem geflügelten Wort. Bei Rockport<br />
erscheint demnächst die DVD BERGFEST –<br />
35 JAHRE LIVE+++<br />
Zwölf bislang unveröffentlichte Songs<br />
sind auf OUT AMONG THE STARS zu hören,<br />
einem „verlorengegangenen" Album<br />
von Johnny Cash. Der Country-Superstar<br />
hatte sie 1981 und 1984 in Nashville<br />
eingespielt, inklusive je eines Duetts<br />
mit Gattin June Carter Cash und seinem<br />
Rebellenfreund Waylon Jennings. Die in<br />
einem Archivtresor gelagerten Bänder gerieten<br />
in Vergessenheit – erst Cashs Sohn<br />
John Carter Cash entdeckte sie 2012, als<br />
er mit Experten des Labels Legacy das<br />
musikalische Archiv seiner Eltern katalogisierte.<br />
Näheres dazu in der nächsten<br />
Ausgabe. Laut seiner Plattenfirma liefert<br />
OUT AMONG THE STARS einen Brückenschlag<br />
vom frühen<br />
Rockabilly der Zeit<br />
bei Sun Records<br />
zu seinen späten<br />
„American Recordings"+++<br />
Seite 4 <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News Aktuell News Aktuell<br />
Seine Serie der musikalischen Bearbeitung<br />
der vier Jahreszeiten setzt der in Essen lebende<br />
Gitarrist, Sänger und Songschmied<br />
Zlatko Manojlovic alias Zed Mitchell mit<br />
AUTUMN IN BERLIN fort. Wieder auf eigene<br />
Faust bringt er die blues-rockige Fortsetzung<br />
von SPRINGTIME IN PARIS (2008)<br />
und SUMMER IN L.A (2010) mit zwölf Eigenbauten<br />
heraus+++<br />
Zum fünften Mal ist die „Rock Meets<br />
Classic”-Tour durch Deutschland unterwegs<br />
und präsentiert bei dem ambitionierten<br />
Crossover-Projekt ein hochkarätiges,<br />
dreistündiges Liveprogramm: Die<br />
Headliner heißen 2014 Alice Cooper (begleitet<br />
von<br />
Gitarristin<br />
Orianthi,<br />
die schon<br />
für Michael<br />
Jackson<br />
spielte) und<br />
Mick Box/Bernie Shaw als Uriah-Heep-<br />
Vertreter. Die Rolle des Special Guest übernimmt<br />
Kim Wilde. Für die Abrundung des<br />
Programms sorgen Ultravox-Frontmann<br />
Midge Ure und Sänger Joe Lynn Turner<br />
(Rainbow, Deep Purple). Begleitet werden<br />
sie einmal mehr von der Mat Sinner Band<br />
und dem Bohemian Symphony Orchester<br />
Prag, die Evergreens wie "School's Out",<br />
"Lady In Black", "I Surrender", "Vienna"<br />
oder "Kids In America" um neue Facetten<br />
bereichern werden. Der Tourtross bricht<br />
nach den mehrtätigen Proben in der Bundeshauptstadt<br />
am 9.3. in Berlin (Tempodrom)<br />
auf und ist bis zum 5.4. (Dresden)<br />
unterwegs. „Ich wäre am liebsten auch<br />
wieder dabei", sagte übrigens Paul Rodgers,<br />
der 2013 für Highlights sorgte, im<br />
<strong>GoodTimes</strong>-Interview+++<br />
Vier Jahre lang hatte der Keyboarder<br />
Hendrik Schaper mit Klaus Doldingers<br />
Band Passport gespielt, ehe er sich 1981<br />
entschloss, ein eigenes Album aufzunehmen.<br />
Mit einem Minimoog, einem Roland-<br />
Syn<strong>the</strong>sizer und einem ARP Quadra nahm<br />
er erste Instrumentalspuren auf, holte sich<br />
dann Schlagzeuger Bertram Engel von Udo<br />
Lindenbergs Panikorchester und den schottischen<br />
Sänger Eddie McGrogan dazu und<br />
stellte mit ihnen ein Album fertig, das dann<br />
allerdings nicht erschien, sondern in Vergessenheit<br />
geriet. Sireena-Mastermind Tom<br />
Redecker grub das Teil jetzt wieder aus und<br />
bringt es mit dem Titel ONE OR ZERO erstmals<br />
heraus+++<br />
In den Reviews ist das Album LIVE IM LOGO<br />
besprochen, jetzt steht ein neues Studiowerk<br />
der Hamburger Combo Bad News Reunion<br />
ins Haus: LOST AND FOUND ist das erste<br />
richtig neue Album der Band seit über 30<br />
Jahren! Daneben hat Sireena weitere Highlights<br />
in der Pipeline: Live-Alben der Keef<br />
Hartley Band sowie von Mombasa und Tribute.<br />
Außerdem sollen BOAT OF THOUGHTS<br />
von Oc<strong>to</strong>pus und NEW VIEWS von Tribute<br />
auf Vinyl erscheinen. Die Veröffentlichungstermine<br />
stehen aber noch nicht fest+++<br />
Reichlich interessante „Rockpalast"-<br />
Veröffentlichungen verspricht Reper<strong>to</strong>ire<br />
Records: Als nächste Mitschnitte stehen<br />
die Auftritte der Streetwalkers mit Roger<br />
Chapman (DVD & 2CD), Rockpile (endlich!,<br />
je eine CD und DVD) und Dr. Feelgood<br />
(DVD/CD) ins Haus. Dazu steht TAYLOR<br />
MADE des englischen Meistertgitarristen<br />
Terry Taylor (Tucky Buzzard, Bill Wyman's<br />
Rhythm Kings) auf dem Plan. Und im Laufe<br />
des Jahres sollen auch noch „Rockpalast"-<br />
Gastspiele von Robben Ford, The Fixx,<br />
Snowy White und Roger Chapman & The<br />
Shortlist folgen sowie ein Album des Colin<br />
Cooper Project mit FROM THE VAULT+++<br />
Was lange währt, wird endlich gut: Starfo<strong>to</strong>graf<br />
Bubi Heilemann hat nach zwei<br />
Jahren Konzeption und Produktion seine<br />
Multivisionsshow „Abba hautnah – Mein<br />
Leben mit Abba" auf den Weg gebracht<br />
und bietet damit eine Zeitreise mit Fo<strong>to</strong>s,<br />
TV-Ausschnitten und Musik. Die Vorpremiere<br />
in Delmenhorst lief schon mal sehr<br />
gut und stieß auf begeisterte Reaktionen<br />
und dürfte das Interesse an der Präsentation<br />
des Abba-Leibfo<strong>to</strong>grafen weiter<br />
steigern. Zumal sich 2014 der Sieg des<br />
schwedischen Quartetts beim Eurovision-<br />
Song Contest zum 40. Mal jährt und Heilemann<br />
in einige Aktivitäten der Gruppe<br />
aus diesem Anlass involviert ist+++<br />
Wilko Johnson, einst bandprägender<br />
Gitarrist bei Dr. Feelgood, arbeitet an seinem<br />
letzten Album. Hilfe leistet ihm dabei<br />
Who-Sänger Roger Daltrey. Der 66-jährige<br />
Johnson hatte im letzten Frühjahr seine<br />
Abschieds<strong>to</strong>urnee gespielt, nachdem er die<br />
Diagnose „unheilbarer Bauchspeicheldrüsenkrebs"<br />
erhalten hatte. „Ich habe sei<strong>the</strong>r<br />
einige neue Songs geschrieben und hoffe,<br />
dass mir genug Zeit bleibt, sie einzuspielen",<br />
sagte Johnson. „Es sind keine morbiden<br />
Stücke – ich wollte schon immer Songs<br />
spielen, die eher zum Lachen als zum Weinen<br />
reizen", versprach der Gitarrist+++<br />
Ein Konzeptalbum wollen U2 voraussichtlich<br />
als Nachfolger ihres 2009er Werkes<br />
NO LINE veröffentlichen. Es gehe um<br />
das Aufeinanderprallen „hart erarbeiteter<br />
Lebensweisheit und ungestümen jugendlichen<br />
Hungers" sagten Sänger Bono und<br />
Gitarrist The Edge der „Los Angeles Times".<br />
Ausdruck des Willens, diesmal musikalisch<br />
„ein bisschen zu experimentieren", sei die<br />
Verpflichtung von Danger Mouse als Produzent.<br />
Zugleich wollen sie auch stärker zu<br />
ihren eigenen Wurzeln zurückkehren, „als<br />
wir uns viel The Clash, Sex Pis<strong>to</strong>ls, Kraftwerk<br />
und alten R&B anhörten" meinten die<br />
beiden eher kryptisch+++<br />
Filmkameras sollen für eine DVD-Veröffentlichung<br />
mitlaufen, wenn Uriah Heep am 4.<br />
März eine UK-Einzelshow im Londoner Club<br />
Koko spielen. Die Band kündigte an, neben<br />
ihren Klassikern auch mehrere Songs des<br />
letzten Studio-Albums INTO THE WILD von<br />
2011 live anzustimmen. Dazu möglicherweise<br />
auch bereits neue Nummern, an denen die<br />
Truppe für das nächste Album arbeitet, das<br />
noch in diesem Jahr herauskommen soll+++<br />
Kiss-Frontmann Paul Stanley wird seine Au<strong>to</strong>biografie<br />
„Face The <strong>Music</strong>: A Life Exposed”<br />
ín den USA am 22. April, exakt zwei Wochen<br />
nach der Aufnahme seiner Band in die<br />
Rock'n'Roll Hall Of Fame, auf den Markt bringen<br />
– gut 41 Jahre nachdem er gemeinsam<br />
mit Gene Simmons Kiss gegründet hat+++<br />
Stichwort Rock'n'Roll Hall Of Fame: Die<br />
Neuzugänge des Jahres 2014 heißen – neben<br />
Kiss – Peter Gabriel, Cat Stevens, Linda<br />
Ronstadt, Nirvana und Hall & Oates. Die E<br />
Street Band wird bei der Aufnahmezeremonie<br />
am 10. April in New York mit dem „<strong>Music</strong>al<br />
Excellence"-Award ausgezeichnet, posthum<br />
gibt es für die einstigen Manager der<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes und Beatles, Andrew Loog<br />
Oldham und Brian Epstein, den „Ahmet Ertegun<br />
Award" für Non-Performers+++<br />
Ein All-Star-Konzert zu Ehren des 1982 bei<br />
einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen<br />
Gitarristen Randy Rhoads ist für<br />
den 25. Januar im Observa<strong>to</strong>ry im kalifornischen<br />
Santa Ana angekündigt. Mitglieder<br />
von Guns N' Roses, Whitesnake, Extreme,<br />
Dio und weiterer Acts wollen an Rhoads<br />
erinnern, der seine Karriere bei Quiet Riot<br />
15.01. ÜBACH-<br />
PALENBERG<br />
22.01. TWIST<br />
23.01. KÖLN<br />
24.01. IDSTEIN<br />
25.01. KOBLENZ<br />
26.01. BOCHUM<br />
28.01. WIEN (A)<br />
startete und dann von Ozzy Osbourne verpflichtet<br />
wurde, als Co-Au<strong>to</strong>r und Gitarrist<br />
wesentlich zum Erfolg von dessen beiden<br />
ersten Solo-Alben BLIZZARD OF OZZ und<br />
DIARY OF A MADMAN beitrug. Alle Songs<br />
dieser beiden Scheiben sollen mit jeweils<br />
einem anderen Gitarristen bei der Show gespielt<br />
werden+++<br />
2012 war in der Offenbacher Stadthalle<br />
das vorerst letzte „beat beat beat"-Festival<br />
über die Bühne gegangen. Nach einem<br />
Jahr Pause geht es 2014 mit der auch als<br />
„<strong>GoodTimes</strong>-Festival" bekannten Veranstaltung<br />
weiter. Zwar stand das neue<br />
Mot<strong>to</strong> des musikalischen Festes noch<br />
nicht definitiv fest, dafür aber Datum<br />
und der erste „Teilnehmer": Am Samstag,<br />
18.10., wird Albert Hammond als<br />
Headliner in der Stadthalle Offenbach dabei<br />
sei. Verhandlungen mit weiteren Acts<br />
laufen. Genaueres über weitere Akteure<br />
in der nächsten Ausgabe, ebenso zu den<br />
Modalitäten des Ticketverkaufs+++<br />
Eigentlich wollte die US-Band Shinedown<br />
Anfang 2014 ein Album mit akustisch gespielten<br />
Cover-Versionen von Clash, Phil<br />
Collins, Bon Jovi und Metallica veröffentlichen.<br />
Per Internet-Votum sollten die Fans<br />
der 2001 in Jacksonville, Florida, gegründeten<br />
Gruppe bestimmen, welche Songs sich<br />
Shinedown dafür vornehmen. Nachdem aber<br />
WISHBONE ASH<br />
29.01. MÜNCHEN<br />
30.01. NÜRNBERG<br />
31.01. BARBY<br />
01.02. AFFALTER<br />
02.02. FULDA<br />
04.02. OSNABRÜCK<br />
05.02. HAMBURG<br />
06.02. BERLIN<br />
DR FEELGOOD<br />
02.02. BONN<br />
04.02. NÜRNBERG<br />
„TAKE IT BACK“ TOUR 2014<br />
07.02. HANNOVER<br />
08.02. WORPSWEDE<br />
09.02. OBERHAUSEN<br />
11.02. ASCHAFFENBURG<br />
12.02. KONSTANZ<br />
13.02. AUGSBURG<br />
14.02. FREUDENBURG<br />
15.02. REICHENBACH<br />
05.02. KARLSRUHE<br />
06.02. HANNOVER<br />
„80th ANNIVERSARY“ TOUR 2014<br />
JOHN MAYALL<br />
27.03. HAMBURG<br />
28.03. OLDENBURG<br />
29.03. WORPSWEDE<br />
30.03. MÜNSTER<br />
31.03. LEIPZIG<br />
01.04. BERLIN<br />
02.04. HANNOVER<br />
03.04. ERFURT<br />
04.04. DRESDEN<br />
05.04. AFFALTER<br />
06.04. BOCHUM<br />
08.04. KÖLN<br />
09.04. ASCHAFFENBURG<br />
10.04. KAISERSLAUTERN<br />
18.02. MANNHEIM<br />
19.02. LÖRRACH<br />
20.02. BURGDORF (CH)<br />
21.02. ZUG (CH)<br />
22.02. RUBIGEN (CH)<br />
07.02. BERLIN<br />
08.02. HAMBURG<br />
09.02. DORTMUND<br />
11.04. KARLSRUHE<br />
12.04. FREIBURG<br />
13.04. MÜNCHEN<br />
15.04. NÜRNBERG<br />
16.04. STUTTGART<br />
ROBERT CRAY<br />
27.05. HAMBURG 29.05. MÜNCHEN 30.05. KARLSRUHE<br />
TICKETS UNTER 0 18 06 - 570 060<br />
(0,20 €/Anruf, Mobilfunkpreise max. 0,60 €/Anruf) www.assconcerts.com<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> Seite 5
News<br />
Aktuell News Aktuell<br />
Bon Jovi bei "Wanted Dead Or Alive" sowie<br />
ein zweiter nicht namentlich bekannter Act<br />
bei „seinem" Song ein Ve<strong>to</strong> einlegten, ist das<br />
Vorhaben erst einmal auf Eis gelegt+++<br />
Um noch kurz bei Bon Jovi zu bleiben:<br />
Gründungsgitarrist Richie Sambora hat erklärt,<br />
es seien keine „bösen Dinge" oder<br />
Streitigkeiten gewesen, die ihn dazu bewogen,<br />
bei der 2013er Welt<strong>to</strong>ur der Band<br />
auszusteigen. Er habe nach 30 Jahren in<br />
der Rock-Tretmühle einfach Abstand gebraucht.<br />
Er erwäge, 2014 wieder zurückzukehren,<br />
„auch wenn es noch nicht absolut<br />
sicher ist", sagte er dem „Hollywood Reporter".<br />
Er habe die freie Zeit mit seiner Tochter<br />
und auch mit seiner Mutter verbracht. Er sei<br />
zu Lehrern in die Sprechstunde gegangen,<br />
habe den Müll rausgebracht und einfach<br />
mal ein normales Familienleben geführt+++<br />
Chi Coltrane hat mit der Vorproduktion<br />
eines neuen Studio-Albums begonnen,<br />
das 2014 erscheinen soll. Ihre bis zum Redaktionsschluss<br />
drei gebuchten Deutschland-Gastspiele<br />
im März in Nürnberg<br />
(20.), Gummersbach (21.) und Winterbach<br />
(22.) dürften für eine Präsentation allerdings<br />
zu früh kommen, aber möglicherweise<br />
unterzieht sie ja den einen oder<br />
anderen neuen Song einem Livetest+++<br />
Fo<strong>to</strong>: © Sony <strong>Music</strong><br />
Folk-Rocker Dave Mat<strong>the</strong>ws und Bob-Sohn<br />
Jakob Dylan (Wallflowers) haben gemeinsam<br />
die Band The Nauts gestartet. Die<br />
Formation fand bei gemeinsamen Jams<br />
mit Charlie Sex<strong>to</strong>n, dessen Bruder Will und<br />
Drummer Brady Blade in einem Studio in<br />
Shreveport, Louisiana, zusammen+++<br />
Ausschließlich über iTunes soll bald ein 59<br />
Songs umfassendes Album der Beatles<br />
erhältlich sein. THE BEATLES BOOTLEG<br />
RECORDINGS 1963 umfassen nach übereinstimmenden<br />
britischen Medienberichten<br />
15 Studio-Outtakes und 44 BBC-Livetracks,<br />
die nicht auf LIVE AT THE BBC (1994) oder<br />
dem jüngst erschienen ON AIR – LIVE AT<br />
THE BBC VOL. 2 enthalten waren+++<br />
Es habe sich angefühlt, als sei sie wieder<br />
auf ein Fahrrad gestiegen, von dem sie gestürzt<br />
war. So beschrieb Christine McVie<br />
kürzlich ihre Glücksgefühle, als sie im September<br />
bei ihrer früheren Band Fleetwood<br />
Mac live auf der Bühne mit einstieg, als die<br />
in London gastierte. Sie hätte Lust auf eine<br />
Reunion, wisse aber nicht, ob diese auch zu<br />
realisieren sei. „Als ich mich 1998 zurückzog,<br />
wollten sie mich überreden zu bleiben,<br />
doch ich hatte einfach die Nase voll vom<br />
Touren, wollte nicht länger aus dem Koffer<br />
leben", sagte sie dem „Guardian". Zudem<br />
habe sie inzwischen nach einer Therapie<br />
ihre Flugangst überwunden. Was sie aber<br />
am meisten reize, sei die Beobachtung, wie<br />
viele junge Fans die alten Alben liebten+++<br />
Seit 20 Jahren ist die Ulmer Band Die<br />
Happy aktiv, die allerdings zuletzt ein wenig<br />
kürzertrat. Grund war, dass Sängerin<br />
Marta Jandova, Tochter des tschechischen<br />
Rockstars Petr Janda, im vergangenen August<br />
Mutter geworden ist. Die Zeit hat die<br />
Band genutzt, um ihr mittlerweile achtes<br />
Studio-Album aufzunehmen, das Ende Februar<br />
erscheinen wird+++<br />
Seit Jahren ist der UK-Gitarrist Paul Rose<br />
Stammgast auf deutschen Bühnen. Ab 31.<br />
Januar ist er wieder für einige Gigs unterwegs,<br />
allerdings ohne die Musiker wie Terry<br />
Evans & Co., mit denen er sein letztes<br />
Studio-Album DOUBLE LIFE eingespielt<br />
hatte. Stattdessen spielt er einmal mehr mit<br />
seinen deutschen Begleitern Stefan „Kugie"<br />
Kugler (b) und Anselm Geyer (dr) zusammen.<br />
Einige Shows wird Rose auch solo mit<br />
seiner Akustikgitarre bestreiten (Vorgramm:<br />
Kugler & Waloschik). Bei der Tour dürfte er<br />
auch seinen jüngsten Tonträger ALL CLEAR<br />
dabei haben, der nur über seine Home page<br />
(www.paulrose.co.uk) erhältlich ist und<br />
zwölf Songs hörbar macht, die er in den<br />
letzten 14 Jahren an verschiedenen Orten<br />
mit unterschiedlichen Musikern aufgenommen<br />
hat+++<br />
SLIDE GUITAR SUMMIT hat der US-Gitarrist<br />
Arlen Roth sein neues Album wahrlich<br />
treffend betitelt, für das er die Größen<br />
dieser Spielart zu Duetten mit ihm zusammengetrommelt<br />
hat. Mit dabei sind Sonny<br />
Landreth, David Lindley, Johnny Winter,<br />
Rick Vi<strong>to</strong>, Lee Roy Parnell, Greg Martin,<br />
Jimmy Vivino, Cindy Cashdollar und Jack<br />
Pearson. Beigefügt ist ein Film, der nicht<br />
nur das „Making Of" dokumentiert, sondern<br />
auch die Geschichte der Slidegitarre<br />
dokumentiert+++<br />
Paul Rodgers und seine Frau Cynthia<br />
Kereluk haben die Schirmherrschaft für<br />
den Tier-Gnadenhof Willows Animal Sanctuary<br />
im schottischen Lambhill übernommen.<br />
Dort verbringen 90 Pferde, 60 Katzen<br />
und Hunde sowie zahlreiche andere Tiere<br />
ihren Lebensabend+++<br />
Peter Hammill (Van Der Graaf Genera<strong>to</strong>r)<br />
und Gary Lucas (Jeff Buckley, The<br />
Magic Band) haben sich zusammengetan<br />
und gemeinsam das Album OTHER<br />
WORLD einspielt, das Anfang Februar scheint. „Wir haben<br />
er-<br />
uns nicht vorher<br />
gegenseitig Tapes<br />
mit Songideen zugeschickt,<br />
sondern<br />
die ins Studio mitgebracht<br />
und dort<br />
frisch bearbeitet", erzählte Lucas über die<br />
Aufnahmen+++<br />
Martin Turner hat Berufung gegen das<br />
Urteil eines englischen Gerichts eingelegt,<br />
wonach er bei seinen Aktivitäten nicht<br />
mehr mit dem Namen Wishbone Ash<br />
arbeiten darf. Dieser Schritt hat aufschiebende<br />
Wirkung, dass vorerst weiterhin zwei<br />
Wishbone-Ash-Besetzungen unterwegs<br />
und aktiv sind: die von Turner und die von<br />
Andy Powell. Bandleader Turner (voc, b)<br />
verkündete kurz nach diesem Entschluss,<br />
dass er 2014 mit dem Originalgitarristen<br />
Ted Turner, Originaldrummer Steve Up<strong>to</strong>n<br />
und Laurie Wisefield, als Gitarrist prägendes<br />
Mitglied von 1974 bis 1985, zusammenarbeiten<br />
werde+++<br />
Country-Ikone Dolly Par<strong>to</strong>n kommt im<br />
Rahmen ihrer „Blue Smoke World Tour"<br />
nach fast 40 Jahren Deutschland-Abstinenz<br />
zu zwei Konzerten hierher: Am 5.7. gastiert<br />
sie in Köln, tags darauf in Berlin. Dabei wird<br />
sie neben ihren Klassikern auch ihr demnächst<br />
erscheinendes Album BLUE SMOKE<br />
live präsentieren+++<br />
Sieben Jahre lang haben sich Aerosmith<br />
nicht auf deutschen Bühnen sehen lassen –<br />
im Juni kommen sie mal wieder, nach Berlin<br />
(9.6.) und Dortmund (18.6.), um Songs<br />
ihres jüngsten, Ende 2012 veröffentlichten<br />
Studio-Albums MUSIC FROM ANOTHER<br />
DIMENSION vorzustellen+++<br />
Unter dem Mot<strong>to</strong> „The 27 Club – Legends<br />
Never Die" zollt ein Multimedia-<br />
Projekt Jimi Hendrix, Brian Jones, Janis<br />
Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und<br />
Amy Winehouse Tribut. Also Musikern,<br />
deren rasantes Leben bereits mit 27 Jahren<br />
endete. Eine handverlesene, 13-köpfige<br />
britische Band spielt die Songs der<br />
Angehörigen des 27 Club, au<strong>the</strong>ntische<br />
Looks und ein stimmungsvolles Lichtkonzept<br />
der Light-Designer Roland Greil und<br />
Patrick Woodroffe (Rolling S<strong>to</strong>nes, El<strong>to</strong>n<br />
John) bieten auch etwas fürs Auge. Zu erleben<br />
ist das Ganze in Wien (25.2.–2.3.),<br />
Berlin (Admiralspalast, 18.–22.3.) und<br />
Hamburg (CCH, 28.3.–3.4.)+++<br />
Es ist nichts Neues, dass Rockstars mehr<br />
oder weniger Hochprozentiges unter ihrem<br />
Namen verkaufen (lassen), man denke nur<br />
an die Rolling S<strong>to</strong>nes (Rotwein), Motörhead<br />
(Rosé) oder AC/DC (Shiraz). Jetzt ist<br />
auch Metal-Queen Doro mit von der Partie<br />
und präsentiert den ersten „Rock'n'Roll<br />
Champagner". Die Trauben für den Cava,<br />
der unter dem Label „Hero" (nach einem<br />
Song von Doros letztem Album RAISE<br />
YOUR FIST) firmiert, stammen aus Spanien,<br />
ebenso die für den Rotwein, der nun nach<br />
ihrem Song "Herzblut" benannt wurde. Daneben<br />
feiert die stimmgewaltige Blondine<br />
natürlich weiter ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum:<br />
Am 2. und 3. Mai geht sie in ihrer<br />
Heimatstadt Düsseldorf zu speziellen „30th<br />
Anniversary Shows" auf die Bühne und<br />
wird dort gemeinsam mit Gästen wie Hansi<br />
Kürsch (Blind Guardian), Udo Dirkschneider<br />
(U.D.O., Accept) und Mille Petrozza (Krea<strong>to</strong>r)<br />
abrocken+++<br />
Der Mann hat Lob verdient, schließlich<br />
hält Gitze mit BESCHT OF SCHWA-<br />
BENROCK die Erinnerung an einen der<br />
wichtigsten deutschen Mundartrocker<br />
wach: „Das Beste von Wolle Kriwanek<br />
& Paul Vincent"<br />
heißt das Doppelalbum,<br />
auf dem das<br />
Memorial-Konzert<br />
zum zehnten Todestag<br />
von Kriwanek am<br />
20. April 2013 mit einem zwei CDs umfassenden<br />
Live-Mediabook (52-seitiges<br />
Booklet) dokumentiert ist. Als Gäste dabei<br />
waren Paul Vincent, Kriwaneks langjähriger<br />
musikalischer Partner, Thomas<br />
Roth (Geyers) und der Komiker Sebastian<br />
Scheuthle. Gitze & Band werden das<br />
Ganze nun auch live präsentieren+++<br />
Fo<strong>to</strong>: © Edgar Layher<br />
Ein Best-Of-Programm haben Foreigner<br />
nach der Genesung von Bandleader Mick<br />
Jones für ihre „Acoustique Tour 2014"<br />
angekündigt. Im Februar soll das passende<br />
Akustikalbum erscheinen, im November<br />
kommen Jones & Co. dann zu elf Shows<br />
über den großen Teich. Auch Querflöten,<br />
Perkussion, Piano und Saxofon sollen dabei<br />
zum Einsatz kommen+++<br />
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<strong>GoodTimes</strong> verlost unter allen Teilnehmern!<br />
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Seite 6 <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
News<br />
Aktuell<br />
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Aktuell<br />
Interessante Konzerte stehen anspruchsvollen<br />
deutschen (Blues-)Rockfans in<br />
den nächsten Monaten ins Haus: Die<br />
Tedeschi Trucks Band präsentiert<br />
im April ihr Album MADE UP MIND live<br />
in Köln (23.), München (25.) und Berlin<br />
(26.). Gut vier Wochen später begibt<br />
sich Altmeister und Gitarrenvirtuose Jeff<br />
Beck wieder mal nach Deutschland. Bei<br />
Redaktionsschluss waren Gigs in Köln<br />
(29.5.), Berlin (30.5.), Offenbach (1.6.)<br />
und München (2.6.) mit der Option auf<br />
weitere bestätigt. Ob es auch eine neue<br />
Scheibe von ihm geben wird, war da allerdings<br />
noch nicht bekannt+++<br />
Nach dem Abklingen seiner Erkrankung<br />
an Lymphknotenkrebs hat Gitarrist Vivian<br />
Campbell verkündet, an einer neuen<br />
Soloplatte zu arbeiten. Das Mitglied von<br />
Def Leppard, Ex-Sideman von Ronnie<br />
James Dio und früher bei Whitesnake, den<br />
Riverdogs und Shadow King aktiv, begab<br />
sich kurz vor Weihnachten mit Drummer<br />
Glen Sobel (Alice Cooper) und Bassist Lou<br />
Castro ins Studio, um an den ersten fünf<br />
Songs zu arbeiten. Die sollen die Basis für<br />
den Nachfolger seines Solodebüts TWO<br />
SIDES OF IF von 2005 bilden+++<br />
Carlos Santana hat seinen früheren<br />
Schlagzeuger Marcus Malone zu einer<br />
Rückkehr in die Band eingeladen, nachdem<br />
er erfahren hatte, dass der schon<br />
länger schwere Zeiten durchmacht. Ein<br />
Reporter des TV-Nachrichtensenders CNN<br />
hatte Malone obdachlos in den Straßen<br />
der kalifornischen Großstadt Oakland<br />
aufgestöbert. Logisch, dass das emotionale<br />
und tränenreiche Wiedersehen der<br />
beiden Musiker vor laufenden Kameras<br />
stattfand. Malone, 1967 als Perkussionist<br />
Gründungsmitglied der Santana Blues<br />
Band, war 1969 kurz vor dem Auftritt der<br />
Gruppe in Woods<strong>to</strong>ck wegen Totschlags<br />
zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden,<br />
die er im Gefängnis von San Quentin<br />
absaß. Beide Musiker hatten sich seitdem<br />
nicht mehr gesehen+++<br />
Das nennt man Pech, oder war's Unvermögen?<br />
Am 28. Dezember waren zwei<br />
Wochen vor dem ursprünglich angepeilten<br />
offiziellen Veröffentlichungstermin für<br />
kurze Zeit die Songs von Bruce Springsteens<br />
neuem Album HIGH HOPES im<br />
MP3-Format auf Amazon zugänglich –<br />
und wurden umgehend wieder gelöscht.<br />
Statements der Verantwortlichen und<br />
Betroffenen waren nicht erhältlich. HIGH<br />
HOPES ist das 18. Studio-Album des Boss'<br />
und besteht durchweg aus Cover-Songs,<br />
Outtakes früherer Sessions und Überarbeitungen<br />
von bekannten Live- und Studio-<br />
Songs+++<br />
Die 70er-Jahre-Glam-Rocker Slade haben<br />
in einem englischen Radiosender verraten,<br />
dass das Jahr 2014 möglicherweise<br />
ein neues Album bescheren wird. „Wir<br />
werden uns zusammensetzen, ein paar<br />
Songs machen – und mit einem neuen<br />
Studio-Album werden wir auch auf Tour<br />
gehen", sagte Schlagzeuger Don Powell.<br />
Allerdings goss er mehr als nur einen<br />
Tropfen Wasser in den Wein, als er ergänzte,<br />
dass Originalfrontmann Noddy<br />
Holder nicht mit von der Partie sein werde.<br />
„Ich will ehrlich sein: Noddy wird nie<br />
mehr singen. Er hat kurz überlegt mitzumachen,<br />
aber dann doch abgesagt."<br />
Er, Powell, würde es sich zwar wünschen,<br />
„aber ich glaube nicht daran – zumal er<br />
finanziell nicht darauf angewiesen ist."<br />
Schließlich spült allein das seit 1973 regelmäßig<br />
neu aufgelegte Weihnachtslied<br />
"Merry Xmas Everybody" laut Insiderschätzungen<br />
Jahr für Jahr etwa 800.000<br />
Pfund an Tantiemen auf Holders Kon<strong>to</strong>.<br />
Offen blieb auch, ob Bassist Jim Lea an<br />
dem Projekt beteiligt sein wird. Das letzte<br />
gemeinsame Studiowerk der Originalbesetzung<br />
mit Holder, Lea, Powell und<br />
Gitarrist Dave Hill war 1987 YOU BOYZ<br />
MAKE BIG NOIZE+++<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Bassist Geezer Butler hat dem englischen<br />
Magazin „Classic Rock" gesagt, er zweifle<br />
daran, dass Black Sabbath einen<br />
Nachfolger ihres 2013er Albums 13 aufnehmen<br />
werden. „Für mich war das eine<br />
gelungene Abrundung. Würden wir ein<br />
weiteres Album machen, hätte das nicht<br />
mehr dasselbe Vibe." Außerdem wäre der<br />
Erwartungsdruck zu groß: „Wenn es nicht<br />
überall Nummer 1 würde, wäre es für die<br />
Leute doch ein Flop", meinte Butler. Bei<br />
Sänger Ozzy Osbourne klang der gleiche<br />
Grundtenor durch: „Angesichts der langen<br />
Zeitspanne vor der Veröffentlichung<br />
von 13 glaube ich nicht, dass es in den<br />
nächsten 20 Jahren ein neues (Album) geben<br />
wird"+++<br />
Bei seinem alljährlichen „House Full<br />
Of Toys Christmas"-Benefizkonzert im<br />
Nokia Theater in Los Angeles hat Stevie<br />
Wonder am 21. Dezember seinen Albumklassiker<br />
SONGS IN THE KEY OF LIFE in<br />
voller Länge gespielt. Zeitweise standen<br />
dabei mehr als 20 Musiker auf der Bühne,<br />
darunter auch Keyboarder Greg Phillinganes,<br />
der schon 1976 bei den Aufnahmen<br />
mit von der Partie gewesen war. Zusätzlich<br />
stimmte Wonder mehrere Bonus-Nummern<br />
an, darunter ”Saturn”, "Ebony Eyes”, "All<br />
Day Sucker”, "Easy Goin' Evening” und<br />
das unveröffentlichte "Living For Your<br />
Love"+++<br />
Vor 35 Jahren stand die US-Combo Chic<br />
mit ihrem Disco-Ohrwurm "Le Freak" an<br />
der Spitze der US-Charts. Für 2014 strebe<br />
er an, dieses Kunststück mit einem neuen<br />
Album zu wiederholen, sagte Mastermind<br />
Nile Rodgers. „Das wäre der größte Tag<br />
in meinem Leben, und in dessen Verlauf<br />
habe ich schon viele großartige Tage erlebt",<br />
sagte Rodgers+++<br />
Rod Stewart kann es einfach nicht lassen:<br />
Wie schon oft deutete er kürzlich wieder<br />
einmal an, dass demnächst eine Reunion<br />
der Faces Wirklichkeit werden könnte.<br />
Gemeinsam mit Gitarrist/Bassist Ron Wood<br />
peile er dafür 2015 an. Bislang hatte der<br />
schottische Sänger mit der Reibeisenröhre<br />
immer einen Rückzieher gemacht, so dass<br />
seine früheren Mitstreiter Ian McLagan<br />
(keys) und Kenney Jones (dr) eher zurückhaltend<br />
reagierten. Stewart habe sie bislang<br />
nicht kontaktiert. Stattdessen konzentrierten<br />
sie sich auf eine Wiedervereinigung der<br />
Vorläuferband Small Faces. „Rod wird bis<br />
2016 warten müssen, denn 2015 ist das<br />
Jahr der Small Faces”, sagte McLagan. Die<br />
Faces hatten sich zuletzt 2010 reformiert<br />
und auch 2011 einige Shows gespielt. Gesungen<br />
hatte dabei Simply-Red-Frontmann<br />
Mick Hucknall+++<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> Seite 7
Vers<strong>to</strong>rben<br />
Günter Körber ist, wie erst im November<br />
bekannt wurde, bereits am 10. September<br />
im Alter von 67 Jahren vers<strong>to</strong>rben. Nach<br />
einem Herzleiden entschlief er sanft. Körber<br />
gründete 1975 Sky nach dem Abschied<br />
von Metronome, wo er für das legendäre<br />
Brain-Label gearbeitet hatte. Für Sky verpflichtete<br />
er Elektronic-Acts wie Cluster<br />
(& Eno), Conny Plank, Nik Tyndall, Harald<br />
Grosskopf, Dieter Moebius, Michael Ro<strong>the</strong>r<br />
und Hans-Joachim Roedelius sowie Ramses.<br />
Er war auch Entdecker und Produzent<br />
der Deutsch-Rocker Jane.<br />
Larry Verne (*8.2.1936 als Larry Erickson)<br />
arbeitete als Schauspieler in Hollywood,<br />
ehe er sich auch der Musik zuwandte und<br />
1960 mit "Mr. Custer” einen Nummer-<br />
1-Hit landete. Er veröffentlichte zehn<br />
Singles und ein Album, ehe er der Musik<br />
den Rücken kehrte und erfolgreich als Szenenbildner<br />
wirkte. Er litt an Alzheimer und<br />
verstarb am 8.10.<br />
Frank Wess (*4.1.1922) spielte Saxofon<br />
und Flöte in der Jaco Pas<strong>to</strong>rius Group,<br />
für Billie Holiday, Josephine Baker und<br />
Sarah Vaughan, für die Orchester von<br />
Count Basie und Dizzy Gillespie, betrieb<br />
eigene Combos, ist auf den Alben von<br />
Kollegen unterschiedlichster Genres zu<br />
hören, darunter Delaney Bramlett und<br />
Louie Bellson. Erlag am 30.10. einem<br />
Nierenversagen.<br />
Bobby Parker (*31.8.1937) war als<br />
Bluessänger und -Gitarrist mit und für<br />
Bo Diddley, Paul Williams, Sam Cooke,<br />
die Everly Bro<strong>the</strong>rs, Jackie Wilson, LaVern<br />
Baker und Clyde McPhatter aktiv. Veröffentlichte<br />
eigene Platten und beeinflusste<br />
britische Musiker wie Led Zeppelin und die<br />
Beatles, die "Watch Your Step" live coverten.<br />
Er ging nach einem Herzinfarkt am<br />
1.11. für immer.<br />
Betsy Smittle begleitete nach einem Engagement<br />
bei Ronnie Dunn ihren Halbbruder<br />
Garth Brooks als Bassistin und Chorsängerin,<br />
veröffentlichte selbst 1994 ein<br />
Country-Album und engagierte sich für die<br />
Rechte von Schwulen und Lesben. Sie erlag<br />
mit nur 60 Jahren am 2.11. in Oklahoma<br />
einem Krebsleiden.<br />
Jack Alexander (*1935) bildete mit Bruder<br />
Tom das schottische Folkduo The Alexander<br />
Bro<strong>the</strong>rs – dessen Single "Nobody's<br />
Child" verkaufte sich 1964 in seiner Heimat<br />
besser als alle Beatles-Veröffentlichungen<br />
des Jahres. Der singende Pianist starb am<br />
2.11.<br />
Anthony Delmonte Lyon (*30.6.1960)<br />
war ein holländischer Schlagzeuger, der<br />
The Mollesters, Herman Brood & His Wild<br />
Romance, De Raggende Manne und Personnel<br />
angehörte. Nach längerer Krankheit<br />
verstarb er am 4.11. in Hilversum.<br />
Lee Crystal trommelte bei Joan Jett &<br />
The Blackhearts (1981–1986), für The Boyfriends,<br />
Sylvain Sylvain, Crash Conference<br />
und Secret Chiefs. Erhielt 1993 die Diagnose<br />
Multiple Sklerose. Er wurde nur 57 Jahre<br />
alt und entschlief am 6.11. im Kreise seiner<br />
Familie.<br />
Clyde Stacy (*11.8.1936), singender<br />
Rockabilly-Gitarrist, verzeichnete 1957 mit<br />
The Nitecaps und "So Young” einen mittleren<br />
Hit, veröffentlichte auch solo. Kam am<br />
6.11. ums Leben, als er mit seinem Au<strong>to</strong> in<br />
einen Lkw raste.<br />
Bob Beckham (*8.7.1927) arbeitete als<br />
Schauspieler, Sänger (zwei Top-40-Hits<br />
Ende der 50er Jahre) und leitete zwischen<br />
1964 und 1990 in Nashville den Verlag<br />
Combine <strong>Music</strong> Publishing. Dabei förderte<br />
er die Karrieren von Kris Kris<strong>to</strong>fferson, Jerry<br />
Reed, Billy Swan, seiner Entdeckung Tony<br />
Joe White und Dolly Par<strong>to</strong>n. 2006 ging er<br />
in den Ruhestand, den er bis zum 11.11. genießen<br />
konnte.<br />
Billy Adamson trommelte bei Screaming<br />
Lord Sutch, Freddie Mack und den Searchers<br />
(1969–1998), nachdem er als Sessiondrummer<br />
bereits für Lulu, Emile Ford tätig gewesen<br />
war. Er starb am 11.11. in Frankreich.<br />
Ricky "<br />
Sugarfoot" Wellman (*11.4.1956)<br />
saß für Miles Davis, Carlos Santana und<br />
Chuck Brown & The Soul Searchers an den<br />
Drums. Starb am 23.11.<br />
Chico Hamil<strong>to</strong>n (*20.9.1921) war einer<br />
der einflussreichsten US-Jazzdrummer, der<br />
für Charles Mingus, Dexter Gordon, Lionel<br />
Hamp<strong>to</strong>n, aber auch Blueser wie T-Bone<br />
Walker spielte. 1955 veröffentlichte er das<br />
erste eigene Album, gründete 1987 Euphoria,<br />
schrieb Film- und TV-Musiken, versuchte<br />
sich auch an Soul. Er ging am 25.11.<br />
für immer.<br />
Joe Bihari (*20.5.1925) war zunächst in<br />
Memphis, dann Los Angeles ein einflussreicher<br />
Plattenfirmenbesitzer: Er betrieb die<br />
Label Modern Records, Meteor Records und<br />
RPM, auf denen B.B. King, Little Richard,<br />
John Lee Hooker, Elmore James und Etta<br />
James veröffentlichten. Er verstarb am<br />
28.11.<br />
Oliver Cheatham (*24.2.1948) stammte<br />
aus Detroit, zog nach England, wo er die<br />
R&B- und Funkszene aufmischte. Der Titelsong<br />
seines Album SATURDAY NIGHT war<br />
1983 ein Hit, mit Room 5 und "Make Luv"<br />
schaffte er es 2003 bis auf #1. Kooperierte<br />
auch mit Leo Sayer, ehe ihn am 29.11. ein<br />
Herzinfarkt dahinraffte.<br />
Lewis Collins<br />
(*26.5.1946) wurde in<br />
Deutschland als Bodie<br />
in der TV-Serie „The<br />
Professionals" bekannt;<br />
er spielte Bass und sang<br />
bei The Renegades, Stu<br />
James & The Mojos, The<br />
Eyes und The Georgians.<br />
Der aus Birkenhead/Merseyside stammende<br />
Engländer starb am 27.11. in Los<br />
Angeles.<br />
Dick Dodd (*27.10.1945) begann als Kinderschauspieler,<br />
war dann bei den Standells<br />
(dr, voc) aktiv – er sang auf deren einzigem<br />
US-Chart-Hit "Dirty Water" (1966 US#11),<br />
der zur Garagen-Rockhymne wurde. Weitere<br />
Karrierestationen: The Bel-Airs, Eddie & The<br />
Showmen. Eine Solokarriere scheiterte, so<br />
dass er sich mit Jobs in Restaurants, Limou-<br />
sinenservices und Baufirmen durchschlug.<br />
Am 29.11. verlor er den Kampf gegen den<br />
Krebs.<br />
Chris Howland (*30.7.1928) kam nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg<br />
als Soldat der britischen<br />
Armee nach Deutschland,<br />
wo er hängenblieb,<br />
früh als Radiomodera<strong>to</strong>r<br />
beim damaligen NWDR<br />
(„Rhythmus der Welt")<br />
arbeitete, als „Mr. Pumpernickel" zum Kult-<br />
DJ avancierte. Er sang, spielte in den Edgar-<br />
Wallace- und Karl-May-Filmen mit. Moderierte<br />
bis zu seinem Tod am 30.11. beim<br />
WDR „Spielereien mit Schallplatten".<br />
© goodtimes-pho<strong>to</strong>.de<br />
Richard Coughlan (*2.9.1947) betätigte<br />
sich während seiner langen Laufbahn kontinuierlich<br />
als Schlagzeuger bei den Prog-<br />
Rockern Caravan (ab 1968), nachdem er<br />
zuvor bei The Wilde Flowers gespielt hatte.<br />
Er hielt die Caravan-Kompositionen mit seinem<br />
zurückhaltend präzisen Spiel zusammen<br />
– bis zu seinem Tod am 1.12., nach<br />
langer rheumatischer Arthritis.<br />
Martin Sharp (*21.1.1942) machte sich in<br />
seiner australischen Heimat als Car<strong>to</strong>onist<br />
und Künstler einen Namen. Er gestaltete die<br />
Cover der Cream-Alben DISRAELI GEARS<br />
und WHEELS OF FIRE und war Co-Au<strong>to</strong>r<br />
von deren Song ”Tales Of Brave Ulysses";<br />
er entwarf Plakate für Bob Dylan, Donovan,<br />
Tiny Tim und Jimi Hendrix, starb am 1.12.<br />
an einem Emphysem.<br />
Junior Murvin (*1949) galt als einer der<br />
einflussreichsten Reggaemusiker Jamaikas,<br />
seine 1976er Version des von Lee Scratch<br />
Perry wie The Clash gecoverten "Police And<br />
Thieves” als wegweisende Aufnahme. Sein<br />
letztes Album SIGNS AND WONDERS erschien<br />
1989. Die Folgen seiner Diabeteserkrankung<br />
kosteten ihn am 2.12. das Leben.<br />
Werner Voss (*6.10.1941), im Hauptberuf<br />
Verwaltungsbeamter, moderierte ab dem<br />
28.5.1974 beim NDR fast 40 Jahre lang die<br />
Sendung „Rock'n'Roll Museum" und konnte<br />
dafür auf eine Sammlung von 50.000<br />
Musiktiteln zurückgreifen. Am 4.12. setzte<br />
Leberkrebs seinem Erdendasein ein Ende.<br />
John Wyker (*14.3.1945) bildete mit<br />
Court Pickett das Duo Sailcat (1972 US-<br />
#12-Hit mit "Mo<strong>to</strong>rcycle Mama”), arbeitete<br />
mit The Rubber Band, Eddie Hin<strong>to</strong>n, Dan<br />
Penn und Delaney Bramlett, betätigte sich<br />
auch als Songschmied und visueller Künstler<br />
– bis zum 8.12.<br />
Roger Tillison veröffentlichte selbst Platten,<br />
war in den 60er Jahren mit Terrye Tillison<br />
als Folkduo Gypsy Trips unterwegs, war<br />
Teil der Tulsa-Szene, arbeitete als Gitarrist<br />
und Sänger mit J.J. Cale, The Songdogs und<br />
Lea<strong>the</strong>rcoated Minds. Er starb am 9.12. im<br />
Alter von 72 Jahren.<br />
Jim Hall (*4.12.1930) zählte als Gitarrist<br />
Größen wie Bill Frisell und Pat Me<strong>the</strong>ny zu<br />
seinen „Jüngern". Er liebte den Jazz und<br />
veröffentlichte neben der Kooperation mit<br />
zahllosen Kollegen über 40 eigene Alben.<br />
Er plante für 2014 eine Tour durch Japan,<br />
doch der Tod machte ihm am 10.12. einen<br />
Strich durch die Rechnung.<br />
Tommy Ruger landete 1967 als Schlagzeuger<br />
mit den Nightcrawlers den Kulthit<br />
"Little Black Egg”, spielte mit den Rocksatirikern<br />
Root Boy Slim & The Sex Change<br />
Band. Diabetes und weitere gesundheitliche<br />
Probleme rafften ihn mit nur 67 Jahren<br />
am 11.12. dahin.<br />
Ray Price (*12.1.1926) hatte sich mit seinem<br />
samtenen Bari<strong>to</strong>n ab den frühen 50er<br />
Jahren einen legendären Ruf als Countrysänger<br />
erarbeitet – zunächst an der Seite<br />
von Willie Nelson und Johnny Paycheck<br />
bei den Cherokee Cowboys, dann solo. Er<br />
war 109 Mal in den Country-Charts vertreten,<br />
oft auch in den Pop-Hitparaden. Im<br />
November war bei ihm Bauchspeicheldrüsenkrebs<br />
diagnostiziert worden, der ihn am<br />
16.12. das Leben kostete.<br />
Ronnie Biggs (*8.8.1929) wurde 1963<br />
als Posträuber und Ausbrecher berühmt.<br />
Während seiner langen Jahre auf der Flucht<br />
nahm er in Rio de Janeiro mit den Sex Pis<strong>to</strong>ls<br />
"No One Is Innocent" auf, erhielt dafür aber<br />
keinen Pfennig. Als die Toten Hosen 1991<br />
anreisten, um mit ihm "Carnival In Rio (Punk<br />
Was)" einzuspielen, drückten sie ihm erst<br />
einmal ein Geldbündel in die Hand. Biggs<br />
starb am 18.12. nach jahrelanger Krankheit<br />
in einem Londoner Pflegeheim.<br />
David Richards (*1956) wirkte im Studio<br />
als Arrangeur, Toningenieur und Produzent<br />
im Hintergrund, trug so aber maßgeblich<br />
zu den Erfolgen von John Barry, Queen,<br />
David Bowie, Yes, Magnum, Chris Rea, Jimmy<br />
Nail, Iggy Pop und Duran Duran bei.<br />
Starb nach langer Krankheit am 20.12. in<br />
seiner Wahlheimat Schweiz.<br />
Dave Higgs (*21.3.1950) spielte als Gründungsmitglied<br />
Gitarre auf den ersten vier<br />
Alben von Eddie & The Hot Rods, nachdem<br />
er zuvor mit Lee Brilleaux (Dr. Feelgood)<br />
bei The Fix gewesen war. Verlor am 21.12.<br />
den Kampf gegen den Krebs.<br />
Thomas Kurzhals (*13.13.1953), bekannt<br />
geworden als Keyboarder der<br />
DDR-Rockband Stern Combo Meißen<br />
(1972–1984, 1986–2002, ab 2008) und<br />
zeitweiliges Mitglied von Karat (1984–<br />
1992) verstarb nur wenige Tage nach seinem<br />
60. Geburtstag am 2.1. nach kurzer,<br />
schwerer Krankheit.<br />
John "<br />
Jay" Traynor (*30.3.1943) sang<br />
bei The Mystics, ehe er Jay & The Americans<br />
("She Cried", 1962 US #5) startete.<br />
Stieg nach drei weiteren erfolglosen Singles<br />
aus, widmete sich seiner Solokarriere<br />
und <strong>to</strong>urte mit den Tokens. Starb am 2.1.<br />
an Leberkrebs.<br />
Phil Everly (*19.1.1939) bildete mit Bruder<br />
Don ab 1955 eines<br />
der erfolgreichsten Duos<br />
der Popgeschichte – bis<br />
1973. Sie taten sich 1983<br />
wieder zusammen (siehe<br />
S. 81). Kurz vor Druckbeginn<br />
kam die Meldung,<br />
dass er am 3.1. einer Lungenkrankheit erlag.<br />
Seite 8 <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
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TV-Debüt bei Ready, Steady, Go":<br />
Die <strong>Kinks</strong> spielen<br />
50 Jahre <strong>Kinks</strong><br />
"<br />
"Long Tall Sally"<br />
am 7. Februar 1964, v.l.: Pete Quaife,<br />
Dave Davies, Mick Avory, Ray Davies<br />
Suche nach Identität –<br />
wie alles begann<br />
Am 31. Dezember 1963 spielte die Londoner<br />
Rhythm & Blues-Band The Ravens bei einer<br />
privaten Neujahrsparty im Lotus House Restaurant<br />
in der Edgware Road. Anwesend war<br />
auch der einflussreiche Konzert-Promoter<br />
Arthur Howes, der für Cliff Richard und<br />
die Beatles arbeitete. Howes gefiel, was er<br />
hörte, und er nahm die junge Band ein paar<br />
Tage später unter Vertrag. Es war ein enormer<br />
Fortschritt für die noch minderjährigen<br />
Musiker. Die Zusammenarbeit mit dem<br />
Agenten bot ihnen eine gute Basis als Profimusiker:<br />
Package-Tourneen mit den Hollies<br />
und Dave Clark Five folgten. 1964 war dann<br />
das entscheidende Jahr für die Band, die<br />
sich kurz darauf in The <strong>Kinks</strong> umbenannte.<br />
D<br />
Die neue Bezeichnung war ein weiterer<br />
passte. Für die frühen<br />
Sechziger klang er<br />
auch recht provokant:<br />
Der Begriff „kinky"<br />
war in dieser Zeit ein<br />
Meilenstein für die jungen Musiker:<br />
ein kurzer und prägnanter Name, der<br />
in großen Lettern auf jedes Tourplakat<br />
beliebter englischer<br />
Ausdruck für „ungewöhnliche<br />
sexuelle<br />
Praktiken". Nicht<br />
ohne Grund zeigen<br />
frühe Promobilder<br />
Visitenkarten it t für die Ravens<br />
und Boll-Weevils<br />
die Band mit leicht<br />
debilen oder düsteren Gesichtausdrücken, peitschenschwingend<br />
mit Lederkappen und „Kinky Boots".<br />
Im Januar 1964 fanden Ray (*21. Juni<br />
1944 in London) und Dave Davies (*3.<br />
Februar 1947 in London) sowie Bassist<br />
Pete Quaife (*31. Dezember 1943 in Tavis<strong>to</strong>ck,<br />
ges<strong>to</strong>rben am 23. Juni 2010 in<br />
Herlev, Dänemark) mit Mick Avory (*25.<br />
Februar 1944 in East Molesey) auch endlich einen<br />
Drummer. Im Februar unterschrieben sie durch Ver-<br />
Seite 10 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
mittlung des Produzenten Shel Talmy beim PYE-Label<br />
ihren ersten Plattenvertrag über drei Singles.<br />
Noch hatte die Band ihren eigenen Sound nicht<br />
gefunden. Die ersten zwei Singles waren, nicht<br />
unberechtigt, Flops: "Long Tall Sally", auf Vorschlag<br />
von Arthur Howes eingespielt, war eine flaue Merseybeat-Version<br />
des Little-Richard-Klassikers. Obwohl<br />
aus der Feder von Ray Davies, be<strong>to</strong>nte die Folgesingle<br />
"You Still Want Me" noch stärker den Liverpool-<br />
Sound. Erst mit ihrer dritten Veröffentlichung, dem<br />
epochalen Hard-Rock-Pro<strong>to</strong>typen "You Really Got<br />
Me" fanden die <strong>Kinks</strong> zu Erfolg, Weltruhm und zu<br />
einem eigenständigen Sound: Noch 2011, in Julien<br />
Temples Ray-Davies-TV-Porträt „Imaginary Man",<br />
bestätigte der <strong>Kinks</strong>-Frontmann, dass der Song auch<br />
für seine Persönlichkeit und Identität ein Durchbruch<br />
war. Und auch Dave Davies empfand den Gitarrensound<br />
und das Solo, mit dem er den Song prägte, als<br />
sein erstes kreatives Statement.<br />
Danach hatten die <strong>Kinks</strong> als Band rund 30 Jahre<br />
lang Bestand und sorgten immer wieder<br />
für musikalische Überraschungen und erstaunliche<br />
Comebacks. Dabei ließen die unspektakulären Anfänge<br />
der Band eher darauf schließen, dass sie wie<br />
tausend andere, die sich während der Beatlemania<br />
und des R&B-Booms formiert hatten, zum Scheitern<br />
verurteilt war.<br />
Gitarrist bei der Dave Hunt Rhythm & Blues Band<br />
feat. Hamil<strong>to</strong>n King. Alexis Korner hatte ihm den<br />
Job vermittelt. Der Piccadilly Jazz Club in Soho und<br />
das Station Hotel in Richmond waren regelmäßige<br />
Spielstätten, in denen die Rollin’ S<strong>to</strong>nes (so waren<br />
sie damals angekündigt) oft als Vorgruppe antraten.<br />
Im harten Konkurrenzkampf mit den neuen, jungen<br />
R&B-Bands hielten sich die inzwischen altmodisch<br />
klingenden Trad-Jazzer des Posaunisten Dave Hunt<br />
nicht mehr lange. Nur unwesentlich länger blieb Ray<br />
Davies als Leadgitarrist bei den zeitgemäßeren Nachfolgern,<br />
Hamil<strong>to</strong>n King’s Blues Messengers, zu denen<br />
auch der spätere Camel-Leader Peter Bardens gehörte.<br />
Dave Davies und Pete Quaife traten inzwischen<br />
Ihren bis dahin engen Radius durchbrach die Band,<br />
als sie mit dem jungen Geschäftsmann Robert<br />
Wace aus der britischen Upper-Class fusionierte: Er<br />
besorgte ihnen lukrative Gigs auf Debütanten-Bällen<br />
und privaten Parties der gesellschaftlichen Oberschicht.<br />
Dafür durfte er mit den Boll-Weevils vier<br />
Songs singen. Als er bei einem Auftritt in einem Jugendclub<br />
der Arbeiterklasse mit Schmährufen überschüttet<br />
wurde, beendete Wace alle Gesangsambitionen.<br />
Mit seinem Partner Grenville Collins übernahm<br />
er das Management der Band.<br />
Die Entscheidung, Manager zu verpflichten, bedeutete<br />
im Ok<strong>to</strong>ber 1963 eine entscheidende<br />
Vor den <strong>Kinks</strong> – die Anfänge<br />
Der Nukleus der <strong>Kinks</strong>, Ray und Dave Davies, war<br />
bereits seit ca. 1960 im Pub um die Ecke, dem<br />
Clissold Arms (Fortis Green 105, East Finchley), als<br />
Gitarrenduo aufgetreten. Ihr erster Auftritt als Band<br />
mit den Schulkameraden Pete Quaife (damals noch<br />
an der Gitarre) und Drummer John Start fand beim<br />
„Autumn Dance" im Ok<strong>to</strong>ber 1961 in der Assembly<br />
Hall der William Grimshaw Secondary Modern School<br />
statt. Seitdem waren sie entweder als Ray Davies-,<br />
Dave Davies- oder Pete Quaife Quartet aktiv – je<br />
nachdem, welches Bandmitglied den Gig an Land gezogen<br />
hatte. Die Engagements beschränkten sich auf<br />
die lokale Ebene, auf Parties, Teenager-Tanzabende,<br />
auf Schulen und Jugendklubs im Norden Londons.<br />
Dave und Ray wechselten sich als Sänger populärer<br />
p<br />
Rock’n’Roll-Songs ab, bevorzugten<br />
aber die von E-Gitarren<br />
geprägten Instrumentalhits der<br />
Ventures, Shadows, von Duane<br />
Eddy und Chet Atkins. Überhaupt<br />
fühlten sich die Davies-<br />
Brüder als Sänger noch nicht<br />
wohl: 1962 suchten sie permanent<br />
nach geeigneten Vokalisten<br />
(darunter auch Schulfreund<br />
Rod Stewart), doch<br />
keiner kam über mehr als einen<br />
Auftritt hinaus. Zusätzlich traten<br />
sie als Trio mit Pete Quaife,<br />
der inzwischen Bass spielte, in<br />
Pubs und Kaffeehäusern mit<br />
einem Set aus Blues, Folk und<br />
Jazz auf.<br />
Nachdem sich Ray Davies<br />
im September 1962 als<br />
Kunststudent an der Hornsey School Of Art eingeschrieben<br />
hatte, fand er im Dezember einen Job als<br />
Werbung für die Debüt-Single:<br />
"Long Tall Sally"<br />
mit und ohne Ray in ihrem Heimatbezirk Muswell Hill<br />
als The Ramrods auf, benannt nach einem Song von<br />
Duane Eddy.<br />
Seit Juni 1963 fokussierte sich Ray wieder auf seine<br />
eigene Band, im Juli ging Drummer John Start.<br />
Eine Karriere als Musiker verfolgte er danach nicht<br />
mehr. Im Sommer 1963 spielte das Trio mit wechselnden<br />
Drummern als Backing-Band für „Mr Sou<strong>the</strong>rn<br />
England", Rick Wayne, einen schwarzen Bodybuilder<br />
und Sänger. Als Rick Wayne & The Muscle Men unterhielten<br />
sie die in England stationierten Soldaten der<br />
US-Air Force in deren Clubs. Nach dieser Tour machten<br />
sie mit dem neuen Drummer Mickey Willett als<br />
The Boll-Weevils (nach einem<br />
Song von Eddie Cochran) weiter.<br />
Der etwas ältere Willett war<br />
der erste professionelle Musiker,<br />
der bei der jungen Band einstieg.<br />
Mit Tommy Bruce & The<br />
Bruisers hatte er um 1960/61<br />
einige Singles für Columbia<br />
eingespielt, von denen "Ain’t<br />
Misbehavin’" sogar den dritten<br />
Platz der UK-Charts im Sommer<br />
1960 erreicht hatte. Die Boll-<br />
Weevils wandten sich nun dem<br />
zeitgemäßeren Rhythm & Blues<br />
zu und ließen die Instrumentals<br />
hinter sich: "Little Queenie",<br />
"Bo Diddley", "Route 66" und<br />
Slim Harpos "Got Love If You<br />
Want It" gehörten zum neuen<br />
Reper<strong>to</strong>ire. "Smokestack Lightning"<br />
und "Money (That’s What<br />
I Want)" endeten – der damaligen Mode folgend – in<br />
langen, frenetischen „Rave-ups".<br />
The High-Lites, circa 1961, Mick Avory an den Drums<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 11<br />
Wende für Ray Davies, der bis dahin unentschieden<br />
zwischen den Studiengängen Malerei, Filmemachen<br />
und Musik gependelt war. Jetzt begann er ernsthaft,<br />
Songs zu schreiben und (s)eine Zukunft in der Band<br />
zu sehen. Pete Quaife ließ seine Stelle als Grafiker bei<br />
der Zeitschrift „The Outfitter" sausen, während Dave,<br />
nach einer kurzen Beschäftigung in Selmer’s <strong>Music</strong><br />
Shop, schon längere Zeit ganz auf die Musik gesetzt<br />
hatte. Erste Demos, auch mit Eigenkompositionen<br />
wie "I Took My Baby Home" oder "I Believed You",<br />
wurden eingespielt und an Plattenfirmen geschickt.<br />
Noch deutete nichts auf die Riff-Rockexplosion hin,<br />
die im August 1964 die Charts erschüttern würde. Es<br />
kam zu einem vorletzten Namenswechsel in The Ravens,<br />
entliehen vom Horrorfilm „The Raven" (1963),<br />
mit Vincent Price und Peter Lorre. Drummer Mickey<br />
Willett wurde als zu alt und Image-mäßig für unpassend<br />
befunden. Außerdem gab es Streit ums Geld – er<br />
musste gehen.<br />
You Really Got Me<br />
Am 1. Februar 1964 feierten Ray (voc, g, harm) und<br />
Dave Davies (voc, g) und Pete Quaife (b, voc) mit<br />
Drummer Mick Avory ihre Livepremiere als The <strong>Kinks</strong><br />
in der Oxford Town Hall als Vorgruppe für die Downliners<br />
Sect. Am 7. Februar folgte das TV-Debüt in der<br />
Beat-Show „Ready Steady Go", in der die Band "Long<br />
Tall Sally" vorstellte. Doch nach diesen vielversprechenden<br />
Anfängen drohten die beiden Single-Flops<br />
alles zu zerstören. Auch hatten die unbekannten und<br />
noch unerfahrenen <strong>Kinks</strong> fast immer die undankbare<br />
und frustrierende Aufgabe, bei den Package-Touren<br />
als Opener aufzutreten. Doch eine Ray-Davies-Komposition<br />
kam bei den Teenies fabelhaft an: "You Really<br />
Got Me" löste enthusiastische Reaktionen aus.
Der<br />
US-Konzertfilm<br />
„Jazz On A Summer’s<br />
Day" vom Newport Jazz<br />
Festival 1958 hatte großen<br />
Einfluss auf die<br />
Davies-Brüder. Sie sahen<br />
musikalisch unterschiedliche<br />
Stars wie Louis Armstrong,<br />
Thelonius Monk,<br />
Mahalia Jackson, Dinah<br />
Washing<strong>to</strong>n, Anita O’Day,<br />
Big Maybelle, Gerry Mulligan<br />
und Chuck Berry.<br />
Mehr noch und viel entscheidender:<br />
Der Filmauftakt<br />
mit "The Train<br />
And The River" vom Free-<br />
Jazzsaxofonisten Jimmy<br />
Giuffre war mit seinen<br />
Kurzriffs für Ray Davies<br />
die Blaupause für "You<br />
Really Got Me". Gleichfalls<br />
übte der ebenfalls<br />
im Film zu sehende Gerry Eines der ersten Promofo<strong>to</strong>s der <strong>Kinks</strong><br />
Mulligan einen wichtigen im Uhrzeigersinn: Mick Avory, Ray Davies,<br />
Pete Quaife, Dave Davies<br />
Einfluss aus: „Von seinen<br />
Tenorsaxofon-Riffs waren wir beide völlig gefangengenommen",<br />
erinnerte sich Dave in seiner Au<strong>to</strong>biografie<br />
„Kink". Auf einem Tonband zeichneten sie<br />
erste nachgespielte Versuche von "The Train And<br />
The River" auf. Ray übte seitdem auch am Piano, er<br />
wollte in diesem Stil eine leichte Jazz-artige Melodie<br />
schreiben. In Julian Temples Film „Imaginary Man"<br />
führte er dieses Pianoriff noch einmal vor. Dave Davies<br />
sollte die eigentlich für Saxofon komponierte<br />
Begleitung mit seiner E-Gitarre unterlegen. Der jüngere<br />
Davies hatte schon längere Zeit mit seinen Verstärkern<br />
experimentiert, um seinen Gitarren schroffere<br />
und aggressivere Sounds zu entlocken. Als ihm<br />
das nicht gelingen wollte, schlitzte er frustriert mit<br />
einem Rasiermesser an seinem kleinen Elpico-Verstärker<br />
herum, steckte Nadeln rein und schloss ihn<br />
an seinen Vox AC30-Verstärker an. Die auf diese Art<br />
malträtierten Geräte gaben endlich den gequält-verzerrten<br />
Klang von sich, den er sich vorgestellt hatte.<br />
Dave setzte den neu gefundenen Gitarrensound für<br />
Rays „Jazz"-Komposition ein – und das Ergebnis<br />
haute beide förmlich um.<br />
Als dritte Single wurde "You Really Got Me" nur<br />
angedacht, weil Ray Davies vehement darauf be-<br />
stand. Doch mit der ers ten<br />
Einspielung war der Komponist<br />
unglücklich: Überproduziert<br />
kam sie ihm<br />
vor und mit Echos überladen.<br />
Produzent Shel Talmy<br />
stimmte Ray später insofern<br />
zu, dass die erste Version<br />
von "You Really Got<br />
Me" viel langsamer und<br />
bluesiger war, doch Rays<br />
Klage über einen „Phil-<br />
Spec<strong>to</strong>r-Sound" teilte er<br />
nicht.<br />
Ray Davies war so unzufrieden<br />
mit dieser<br />
Aufnahme, dass er seinen<br />
Musikverlag Kassner <strong>Music</strong><br />
überzeugte, den Song für<br />
eine Veröffentlichung nicht<br />
freizugeben. Er drohte mit<br />
Auflösung der Band und<br />
überredete seine Manager,<br />
eine Neu-Aufnahme in den<br />
IBC Studios in London am<br />
12. Juli 1964 selbst zu finanzieren. Später erzählten<br />
die Davies-Brüder übereinstimmend, dass der aggressive,<br />
live-artige Sound und Daves irres Gitarrensolo<br />
aus der begrenzten Studiozeit und dem Wissen ent-<br />
standen waren, dass dies wahrscheinlich ihre letzte<br />
Chance zum Erfolg war.<br />
Sturheit und Selbstbehauptungswille gaben Ray<br />
Davies Recht: Im August, zwei Monate nach der<br />
Aufnahme, hatten die <strong>Kinks</strong> mit ihrem eigenen Sound<br />
einen Nr.-1-Hit in Großbritannien und Platz 1 in<br />
den US-Charts erreicht. Mit "All Day And All Of The<br />
Night" (UK: #2, US: #7) gelang ihnen eine Folgesingle,<br />
die die Grandiosität und Energie von "You Really<br />
Got Me" noch übertraf. Diese beiden Songs sahen die<br />
<strong>Kinks</strong> als so entscheidend für ihre Karriere an, dass<br />
sie bis zur Auflösung der Band in den 90er Jahren<br />
auf jeder Tour gespielt wurden. <strong>Kinks</strong>-Produzent Shel<br />
Talmy meinte im Juni 2013 im „Guardian": „Das war<br />
1964: Es war das erste Mal, dass ein Song die Leute<br />
ins Mark traf. Ich hatte das große Glück, bei einigen<br />
klassischen Hits mitgearbeitet zu haben, und 'You<br />
Really Got Me' steht auf einer Stufe mit 'My Generation'.<br />
Ich werde es immer lieben.”<br />
Claudia Seeger-Wedeleit<br />
CD-Tipp:<br />
Various Artists. KINKS BEGINNINGS 1:<br />
RAMRODS, BOLL-WEEVILS & RAVENS<br />
Einen<br />
guten<br />
Einblick, welche<br />
Songs<br />
und<br />
Sounds<br />
die<br />
Davies-<br />
Brüder<br />
zwischen<br />
1956<br />
und 1963<br />
gehört,<br />
beeinflusst<br />
und<br />
selbst in ihren<br />
Bands gespie-<br />
lt haben, bietet t KINKS KS BEGINNINGS: NI Die sehr<br />
sorgfältig recherchierte Zusammenstellung<br />
basiert auf Äußerungen von Ray und Dave<br />
Davies über die Jahre in Interviews und in<br />
ihren Au<strong>to</strong>biografien – und auf Cover-Songs,<br />
die sie oft als Zugaben in ihren Konzerten als<br />
The <strong>Kinks</strong> spielten. Neben Fifties-Rock’n’Roll<br />
von Elvis Presley ("One Night"), Little Richard<br />
("Good Golly Miss Molly"), Eddie Cochran<br />
("Boll Weevil Song") und Chuck Berry ist auch<br />
der R&B mit Big Bill Broonzy, Muddy Waters,<br />
Howlin’ Wolf ("Smokestack Lightning") und<br />
Slim Harpo ("Got Love If You Want It") vertreten.<br />
Gitarrenbands wie die Ventures, aber<br />
auch Solisten wie Duane Eddy ("Ramrod"),<br />
Davey Graham ("Angi") und Chet Atkins ("Malaguena"),<br />
beeindruckten die Brüder ebenso<br />
wie das spontane Feeling, das Bill Doggetts<br />
"Honky Tonk" und Jimmy Guiffres "The Train<br />
And The River" verströmten. Ein Booklet mit<br />
einer Einführung von <strong>Kinks</strong>-Kenner Doug<br />
Hinman, Infos von Nick Duckett zu den einzelnen<br />
Songs sowie eine superbe Klangqualität<br />
runden diese erfreuliche Veröffentlichung ab.<br />
Volume 2 ist in Planung (His <strong>to</strong>ry Of R&B Records/Cargo,<br />
29/77:22).<br />
DVD-Tipp:<br />
Various Artists: Jazz On A Summer’s Day,<br />
85 Min.<br />
Seite 12 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Mick Avory (The <strong>Kinks</strong>)<br />
Von Uli Twelker<br />
Still und<br />
ungeliebt<br />
Avorys Mode-Timing –<br />
stets Zeit für<br />
Dedicated Fashion"<br />
"<br />
aus der Carnaby Street<br />
Jeder kennt die Geschichte von Ringo Starr: Ihm wurde ein Sessiondrummer<br />
bei den ersten Abbey-Road-Sessions der Beatles vorgezogen.<br />
Dem Original-<strong>Kinks</strong>-Drummer Mick Avory drohte ein noch deprimierenderes<br />
Schicksal, als deren Debüt-LP entstand.<br />
R<br />
&B konnte Avory zwar aus dem Effeff, aber die<br />
Verantwortlichen wollten anfangs Merseybeat<br />
von den <strong>Kinks</strong>, und Produzent Shel Talmy sah nur<br />
die Kosten, es musste zügig gehen. Er verpflichtete<br />
Bobby Graham, einen Sessionstar auch bei den<br />
Pretty Things, Partner/Mitspieler von Jimmy Page<br />
und endlos vielen anderen. Graham spielte auf "So<br />
Mystifying" so simpel, dass auch Avory das locker<br />
hingelegt hätte. Roadie Sam Curtis erinnert sich,<br />
dass „man Avory aufbauen ließ, um dann lachend<br />
doch einen Sessionmann zu präsentieren". Für einen<br />
jungen Drummer war es gefährlich, nicht als echter<br />
Profi zu gelten. Als was denn dann? Als Bühnenclown?<br />
Der „New <strong>Music</strong>al Express" lobte die <strong>Kinks</strong><br />
fies: „Das einzige, was für sie sprach war, dass der<br />
Drummer mit einer Hand Maraccas und mit der anderen<br />
Snare spielen kann!"<br />
Avory selbst zuckt die Achseln: „Ich war gerade<br />
erst eingestiegen, entwickelte<br />
meinen Stil mit den <strong>Kinks</strong>.<br />
Es passte nicht gleich, weil ich<br />
vom Traditional Jazz kam und<br />
Rock'n'Roll-Erfahrung brauchte.<br />
Erst mit der Zeit entstand eine<br />
Band." Dabei sollte der Jazzstil<br />
Avory noch gute Dienste leisten.<br />
Auf dem zweiten Album KINDA<br />
KINKS spielte er so präzise wie<br />
pfiffig: "Nothin' In This World Can<br />
S<strong>to</strong>p Me Worryin' Bout That Girl"<br />
kombiniert Besen und Back Beat,<br />
"Got My Feet On The Ground"<br />
swingt cool, "Look For Me Baby"<br />
lebt von Snare-Synkopen. Das war<br />
umso bewundernswerter, als Avory<br />
sich im Studio isoliert sah, räumlich<br />
und bei der Songentwicklung: „Oft<br />
trommelte ich zu Backings, deren<br />
Hauptmelodie ich als einziger nicht<br />
kannte." Außerdem warf man ihm<br />
schlechtes Timing vor.<br />
Achtung: Gleich fliegt<br />
eines der Becken in<br />
Richtung Dave Davies!<br />
Kein Wunder, dass Mick Avory Live-Auftritte vorzog,<br />
die nach den Erfolgen von "You Really Got<br />
Me" und "All Day And All Of The Night" nons<strong>to</strong>p<br />
liefen: Hier konnte er sein Image als „Basher with a<br />
brain" ausleben: „Zuschlagen mit Köpfchen"! Doch<br />
genau da wurde es böse: Dave Davies hasste den<br />
stillen Drummer, weil der nie seine Meinung sagte,<br />
beim Dauerstreit der Brüder nie Stellung bezog, er<br />
beleidigte ihn auf offener<br />
Bühne und trat gegen seine<br />
Trommeln. Bis Avory ihn in<br />
Cardiff mit einem scharfkantigen<br />
Becken erwischte:<br />
Blut floss! Mick flüchtete<br />
in seinem Jäger-Jackett vor<br />
der Polizei – aber die <strong>Kinks</strong><br />
hielten dennoch an ihm fest.<br />
Bei Albumsongs wie "Big<br />
Black Smoke" und "Holiday<br />
In Waikiki" zeigte Avory Power<br />
und Groove, und seine<br />
Snare-Arbeit auf "Little Miss<br />
Queen Of Darkness" ist pure<br />
Magie. Und wer seine Präzision<br />
auf dem hart-riffigen<br />
"Wicked Annabella" und der<br />
erotisch-tropischen "Monica"<br />
auf VILLAGE GREEN PRESERVATION SOCIETY hört,<br />
weiß: Auf seine Einfälle war Verlass – auch dann, als<br />
mehr und mehr New Orleans Jazz, Swing, Country<br />
und <strong>Music</strong>alelemente Eingang ins <strong>Kinks</strong>-Reper<strong>to</strong>ire<br />
fanden. Was die vielzitierten Timing-Probleme anging:<br />
In den alkoholisierten 1970er Jahren war gerade<br />
Avory der rhythmische Fels in der Brandung,<br />
wie Live-Aufnahmen beweisen. Dass man 1980 aus-<br />
gerechnet seinen Lapsus bei "You<br />
Really Got Me" auf das Live-Doppelalbum<br />
packte – blanker Hohn!<br />
Sollte der stille Kink je wieder<br />
einen Sessiondrummer erdulden<br />
müssen? 13 Jahre nach<br />
dem Debüt war es auf MISFITS<br />
soweit: Die Davies-Brüder experimentierten<br />
mit Nick Trevisick<br />
und Clem Cattini von den Tornados.<br />
Und das nicht etwa heimlich:<br />
Avory war nebenbei Verwalter der<br />
<strong>Kinks</strong>-Konk-Studios und musste<br />
alles mit ansehen! „Damals ging<br />
ein Riss durch die Band", kommentierte<br />
er später, „Dave und ich<br />
waren endgültig zerstritten, es war<br />
keine gute Zeit für Aufnahmen."<br />
Und 1984 nahm man Avory ganz<br />
raus. Der entscheidende Kommentar<br />
kam vom damaligen Bassisten<br />
Andy Pyle: „Am meisten Spaß<br />
machte es immer, die wunderbaren <strong>Kinks</strong>-Songs<br />
nachts in der Hotelbar zu spielen, wenn Ray und<br />
Dave im Bett waren." Mittlerweile spielt Avory mit<br />
den Kast Off (abgelegten) <strong>Kinks</strong>, dabei sind – neben<br />
Dave Clarke (g, voc) – die Ex-<strong>Kinks</strong> John Dal<strong>to</strong>n<br />
(b) und John Gosling (keys): drei Late-Sixties-<br />
Mitglieder – davon können viele andere noch aktive<br />
Musiker legenden nur träumen ...<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 13
Jimmy Page plus zwei<br />
Folk-Juwel<br />
mit John & Jim<br />
Auch wenn schon (fast) alle Schätze gehoben sind: Es lohnt<br />
weiter, nach extrem seltenen LP-Spezialitäten zu schnüffeln.<br />
Etwa nach dem MAUREENY WISHFULL ALBUM aus den Sixties<br />
– für das nicht mal ein konkreter Interpretenname existiert.<br />
Immerhin lässt einer der nur drei Drahtzieher aufhorchen:<br />
James Patrick Jimmy" Page ...<br />
" Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
Licht in die ganze Geschichte kam aus dem Nebel. 1984 erschien die Yardbirds-7-LP-Box<br />
SHAPES OF THINGS – mit zwei starken Songs, mit denen<br />
aber selbst Bandfans kaum etwas anfangen konnten:<br />
"Climbing Through" und "Without You", zugerechnet<br />
den Au<strong>the</strong>ntics, feat. Jimmy Page. Inzwischen weiß man<br />
mehr: Ein Beschriftungsfehler hatte die Tracks fehlgeleitet,<br />
beide kamen 1964/65 über den Azetat-Status<br />
nie hinaus.<br />
Die Band wurde 1963 in Bedford gegründet. Allesmacher<br />
Giorgio Gomelsky hatte sie 1964 im Scene Club<br />
entdeckt, ins Vorprogramm der Yardbirds und dann ins<br />
Studio verfrachtet: John Williams (b, voc), Bruder Bernie<br />
(g), Mick O'Neill (org, p) und Stuart Collins (dr). Die Chose<br />
v.l.: Jimmy Page, John Williams, Big Jim Sullivan<br />
Azetat der<br />
Au<strong>the</strong>ntics-Single<br />
Williams hatte die Faxen dicke: Die Rede ist von nur 300 MAUREENY-LPs, die er –<br />
ohne konkrete Interpretenangabe – 1968 für das Privatlabel Moonshine <strong>Music</strong> (WO<br />
2388) pressen ließ und mühevoll in Umlauf brachte; Folk war zu jener Zeit eher<br />
eine Nebenstrecke. Originale der Platte zählen heute zu den obskursten UK-<strong>60s</strong>-<br />
Veröffentlichungen. Die Verlagsrechte der 14 John-Williams-Kompositionen liegen<br />
bei James Page <strong>Music</strong>, Moonshine und United Artists, eine Copyright-Gesellschaft<br />
und ein Produzent (vermutlich Page, eventuell mit Ex-Freundin Jackie deShannon)<br />
sind nirgends genannt. Das versponnene Frontcover<br />
hat Bernie Williams gezeichnet. Er besuchte nach<br />
dem Ende der Au<strong>the</strong>ntics wieder eine Kunstschule<br />
und wurde als Grafiker und gefragter Kinderbuchillustra<strong>to</strong>r<br />
tätig. Die Hüllen-Rückseite zieren lediglich<br />
die Songtitel und die Namen der drei Musiker. Dass<br />
ein weiterer Gitarrist, der mit Page verbundene Session-Star<br />
Vic Flick, beteiligt war, bleibt unbestätigt.<br />
MAUREENY ... ist ein Album, das Fans des frühen<br />
Donovan, aber auch denen<br />
von Pentangle oder der<br />
Incredible String Band<br />
gefallen dürfte. Drei Klasse-Gitarristen spielen – ohne<br />
s<strong>to</strong>ckte, die Brüder machten als Bro<strong>the</strong>rs William weiter. Single im Juni 1965:<br />
"Honey Love"/"Linda Lane Blues" (Parlophone). Wieder nichts. Auch Aktivitäten<br />
unter dem Namen Crow scheiterten. John Williams schwenkte ins Folkmetier um,<br />
komponierte sich wund. Doch auch die Solo-LP<br />
JOHN WILLIAMS sowie die Singles "She's That Kind<br />
Of Woman" und "Flowers In Your Hair" (alle EMI/<br />
Columbia, 1967) floppten.<br />
Über die Gomelsky-Schiene war Williams in Kontakt<br />
zu Jimmy Page gekommen; dessen Folknähe –<br />
Yardbirds ("Only The Black Rose", "White Summer"<br />
etc.), Led Zeppelin ("Battle Of Evermore", "Stairway<br />
To Heaven" u.v.a.), Jobs für Roy Harper, Philamore<br />
Lincoln usw. – war schon damals ausgeprägt. Page<br />
nutzte seine Drähte als Solist, Produzent und Musiker<br />
zu Immediate Records: Labelboss Andrew<br />
Oldham war nicht abgeneigt. Daraufhin interessierte<br />
Befummelungen, Techniktricks und Schnickschnack –<br />
puren mittsechziger Brit-Folk, der durch Pages Sitar-<br />
Parts psychedelisch angeweht ist. John Williams' zerbrechliche<br />
Stimme passt<br />
maßgeschneidert zu seinen<br />
unaufgeregt-filigranen ranen<br />
Kompositionen und luftigen Texten ("Early Bird Of<br />
Morning", "I Must Fly", "Ano<strong>the</strong>r Winter, Ano<strong>the</strong>r<br />
Spring", "Gypsy Girl & The Poor Boy"); beim "City<br />
Blues" und "Dream Cloudburst" packen Page, Sullivan<br />
und Williams auch schon mal eine Spur handfester<br />
zu. Musikalische Gründe, dieses in sich rundum<br />
stimmige Produkt abzulehnen, kann es kaum<br />
gegeben haben. Vielleicht lag es an Pages Yardbirds-<br />
Aktivitäten und Luftschiffer-Plänen, die ihm für Immediate<br />
die Zeit raubten.<br />
Page auch noch seinen langjährigen Session-<br />
John Williams, restlos bedient, hat sich Ende der<br />
Action: The Au<strong>the</strong>ntics aus Bedford<br />
partner Big Jim Sullivan für das LP-Projekt.<br />
Sixties still aus dem Musikgeschäft verabschiedet.<br />
Das Trio – drei Akustikgitarren plus Sitar und Gesang; ohne weitere Mitstreiter t –<br />
spielte Material für eine Doppel-LP ein. Arbeitstitel: THE MAUREENY WISHFULL<br />
ALBUM. Als es ans Eingemachte ging, sollen – so Bernie Williams – die Masterbänder<br />
beim Label „verschwunden" sein. Erst nach Gezerre erhielt Williams zumindest<br />
ein Tape zurück; zu einer Veröffentlichung ist es nie gekommen, Qualm<br />
in der Küche.<br />
Er arbeitete t anschließend als Bewährungshelfer.<br />
Originale von MAUREENY ... sind schon seit vielen Jahren kaum noch auffindbar,<br />
auch Vinylnachpressungen aus den 1990ern stehen nicht mehr an jeder Ecke<br />
rum, ebensowenig wie eine (teure) japanische CD-Ausgabe. Die Au<strong>the</strong>ntics-Titel<br />
wurden u.a. 2003 auf der Jimmy-Page-Doppel-CD THIS GUITAR KILLS (Sanctuary<br />
CMEDD 741) recycelt.<br />
Seite 14 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
PUTTING THE BEST<br />
ABOVE THE REST<br />
ALVIN LEE<br />
The Best Of Alvin Lee<br />
REP 5257<br />
BILL WYMAN’S<br />
RHYTHM KINGS<br />
Best Of Bill Wyman’s Rhythm Kings<br />
Vol.1<br />
REP 5148<br />
BILL WYMAN’S<br />
RHYTHM KINGS<br />
Best Of Bill Wyman’s Rhythm Kings<br />
Vol.2<br />
REP 5278<br />
STEAMHAMMER<br />
Riding On The L&N -<br />
The Anthology<br />
REP 5254<br />
THE BLUES BAND<br />
The Best Of The Blues Band<br />
REPUK 1150<br />
CURVED AIR<br />
Retrospective –<br />
Anthology 1970 – 2009<br />
REPUK 1086<br />
THE FABULOUS<br />
THUNDERBIRDS<br />
The Bad and Best Of The Fabulous<br />
Thunderbirds<br />
REPUK 1198<br />
MITCH RYDER<br />
The Anthology 1979-1994<br />
REP 5214<br />
UFO<br />
The Decca Years:<br />
The Best Of 1970 - 1973<br />
REP 5259<br />
SNOWY WHITE<br />
The Best Of<br />
Snowy White<br />
REPUK 1120<br />
STRETCH<br />
That’s The Way The Winds<br />
Blows -<br />
A Collection<br />
REP 5321<br />
ROBIN TROWER<br />
Compendium 1987-2013<br />
REP 5249<br />
THE GRAHAM<br />
BOND<br />
ORGANIZATION<br />
Wade In The Water -<br />
Classics, Origins &<br />
Oddities<br />
REP 5250<br />
COMING SOON<br />
EARLY 2014<br />
MICKEY JUPP<br />
Kiss Me Quick, Squeeze Me Slow –<br />
The Collection<br />
REPUK 1173<br />
www.reper<strong>to</strong>irerecords.com
BBC<br />
Fo<strong>to</strong>s: © Apple Corps LTD<br />
Ein Profi packt aus<br />
Kevin Howlett hat sich im letzten Vierteljahrhundert den Ruf als einer der<br />
besten Beatles-Kenner erarbeitet. Und das nicht erst, seit der gerade mal<br />
56-jährige Engländer 1994 für die Veröffentlichung<br />
LIVE AT THE BBC verantwortlich<br />
zeichnete. Jetzt hat er das Nachfolgewerk ON<br />
AIR – LIVE AT THE BBC VOL. 2 folgen lassen<br />
und parallel dazu sein nächstes Buch „The<br />
Beatles: The BBC Archives 1962–1970“ veröffentlicht.<br />
Howlett ließ <strong>GoodTimes</strong> hinter<br />
die Kulissen blicken.<br />
Kevin, bitte ein paar Worte über deinen<br />
Background ...<br />
Den Beatles bin ich schon als Kind verfallen<br />
– ich war gerade mal fünf, als "Love Me<br />
Do" 1962 veröffentlicht wurde, was ich durch<br />
meinen 13 Jahre älteren Bruder mitbekam. Ich<br />
wurde schnell zum echten Beatles-Fanatiker, der<br />
alles von ihnen sammelte. Als ich 1981 erst als<br />
Sound ingenieur zur BBC stieß und dann auch<br />
schon bald Radio-One-Sendungen produzierte,<br />
hatte ich extremes Glück: Ich erhielt gleich den<br />
Auftrag zu erforschen, wie oft die Beatles in der<br />
BBC zu Gast gewesen waren, in welchen Sendungen ngen sie welche Songs gespielt<br />
hatten. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass ich beinharter Beatles-Fan<br />
bin. 1982 produzierte ich das Special „The Beatles At The Beeb”, 1988 eine<br />
Serie mit dem Titel „The Beeb's Lost Beatles Tapes”.<br />
Kevin Howlett<br />
Wie sah diese Arbeit konkret aus?<br />
Die BBC hat ja keine der originalen Mastertapes der Aufnahmen der Beatles<br />
mehr. So musste ich Mitschnitte aus unterschiedlichsten Quellen zusammentragen<br />
– und die Musik musste gewissermaßen restauriert werden. Zuerst habe<br />
ich mich in den BBC-Schriftarchiven vergraben. Dort ist wirklich alles sehr detailliert<br />
auf Microfiche dokumentiert,<br />
z.B. wer wann im Radio und<br />
TV zu Gast war. Ich habe auch<br />
einen Abschluss in Geschichte,<br />
was mir dabei geholfen hat. Am<br />
8. März 1962 hatten die Beatles<br />
erstmals in der BBC gespielt, und<br />
zum 20-jährigen Jubiläum habe<br />
ich eine Sendung produziert. Platten wurden damals ja kaum aufgelegt. Es war<br />
vielmehr so, dass Künstler in den Sender kommen und live spielen mussten,<br />
wenn sie wollten, dass ihre Musik im Radio zu hören war. Die Beatles hatten das<br />
früh erkannt, sie machten alles, um sich in der Beeb präsentieren zu können. Sie<br />
kamen immer, wenn sie gerufen wurden. Sie fuhren Hunderte von Kilometern,<br />
wenn sie irgendwo unterwegs waren, spielten ihre Sessions und fuhren dann<br />
wieder endlos weit zu ihren Konzerten.<br />
Die BBC sorgte intensiv für die Popularität der Fab Four ...<br />
Viele Songs der neuen CD stammen aus der Serie „Pop Go The Beatles”, die<br />
1963 im Sommer 15 Wochen lang lief. Außerdem trugen die Auftritte im „Saturday<br />
Club" wesentlich zur Popularisierung der Beatles bei. Die Beatlemania<br />
erreichte ihren Höhepunkt im Dezember 1963, als sie an einem Samstagabend<br />
in gleich zwei Fernsehprogrammen der BBC zu sehen waren – in „Juke Box<br />
Seite 16 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Jury", und außerdem lief ein Konzert unter dem Mot<strong>to</strong> „It's The Beatles”. Danach<br />
waren sie im UK ganz oben, so dass ihnen im Grunde nichts anderes<br />
übrigblieb, als ihr Glück auch international zu suchen.<br />
Alle Mastertapes sind zerstört – woher stammen dann die Aufnahmen?<br />
Die Beatles hatten in 53 Sendungen 88 verschiedene Songs gespielt. Der BBC<br />
Transcription Service versorgte ausländische Sender und Auslandsniederlassungen<br />
mit einem Programm mit dem Titel „Top Of The Pops”, das aber nichts<br />
mit der gleichnamigen TV-Sendung zu tun hatte; es enthielt vielmehr Auszüge<br />
aus Originalsendungen. Dieses Programm wurde auf LPs verschickt, und so sind<br />
Sendungen mit den Beatles von 1964 und 1965 erhalten geblieben. Außerdem<br />
hatten manche der Produzenten der Sendungen für sich privat Kopien gefertigt,<br />
die sie mir zur<br />
Verfügung<br />
stellten<br />
–<br />
beispielsweise Bernie<br />
Andrews, der den<br />
„Saturday Club" und<br />
danach „Top Gear"<br />
produzierte. Und<br />
ein Mitarbeiter der<br />
Nachtschicht hatte<br />
ferner ein Band mit<br />
unterschiedlichen<br />
Künstlern aus Sendungsmitschnitten<br />
zusammengestellt,<br />
um seine Kollegen in<br />
der Nacht zu unterhalten.<br />
Noch immer<br />
melden sich Leute bei mir, die über Mitschnitte itt verfügen. So hoffe ich, dass<br />
wir irgendwann das Gesamtprogramm der Beatles bei der BBC präsentieren<br />
können. 81 der 88 Songs sind inzwischen erhältlich, bei den fehlenden sieben<br />
ist die Tonqualität der zur Verfügung stehenden Dokus einfach zu schlecht. Wir<br />
haben auch das Album von 1994 nochmals gemastert und bei manchen Songs<br />
den Sound deutlich verbessern können.<br />
Nach der<br />
<br />
<br />
6 Mal im Jahr. Im Handel, im Abo und als Download!<br />
Du hast die Sprechstellen zwischen den Songs erhalten ...<br />
Weil sie das Ganze lebendiger machen! Mike Heatley von der EMI, mit dem<br />
ich das Projekt betreut habe, wollte eigentlich weniger davon – aber ich kann<br />
heute noch über die Witze und das Geplänkel zwischen der Gruppe und den<br />
Ansagern lachen. Außerdem haben sie inzwischen ja auch his<strong>to</strong>rische Bedeutung<br />
und lockerten die Atmosphäre im Studio auf. Die Beatles spielten alles<br />
live, manchmal 18 Songs in sieben Stunden! Übrigens gibt es am Ende der<br />
zweiten CD ein Studio-Outtake von "I Feel Fine”. Das ist eine absolute Rarität,<br />
die ich 1988 entdeckt hatte, als ich die Serie „The Beep's Lost Beatles Tapes”<br />
produzierte. Da hört man, wie sie im Studio mit viel Gelächter versuchten, das<br />
Feedback richtig hinzukriegen und das Riff in die Gänge zu bekommen. Und<br />
diese Version dokumentiert den Song, bevor John Lennon seine Leadvocals<br />
„doppelte". Ein paar Overdubs konnten sie ja damals schon machen, und John<br />
sang gern nachträglich eine zweite Gesangsspur dazu. Auf dem ersten Album ist<br />
die gedoppelte Version zu hören und jetzt die ohne zweite Stimme.<br />
Philipp Roser<br />
facebook.com/FIDELITY.Magazin
Mozart,<br />
Bach,<br />
Beethoven, Yes<br />
Fo<strong>to</strong>: © Rob Shanahan<br />
Sie waren Durchgangsstation für verschiedenste und stets talentierte<br />
Musiker. Eine Konstante jedoch gibt es: Yes-Bassist und<br />
-Dauermitglied Chris Squire. Im entspannten <strong>GoodTimes</strong>-Gespräch<br />
sinnierte der 65-jährige Londoner, der seit Jahren in Phoenix,<br />
Arizona, residiert, gleich zu Beginn: "<br />
Yes sind seit über 45 Jahren<br />
Bestandteil meines Lebens, das ist eine Menge Zeit. Momentan überlegen<br />
wir einmal mehr, wie es mit der Band weitergehen soll, damit<br />
wir weiterhin als kreativ angesehen werden. Doch wir haben schon<br />
so oft darüber nachgedacht. Ich bin aber ein leidenschaftlicher<br />
Verfechter des Prinzips Hoffnung. Yes ist ein Perpetuum Mobile." Um<br />
die Band auf Kurs zu halten, hatten Squire, Steve Howe (g), Geoff<br />
Downes (keys), Alan White (dr) und Jon Davison (voc) die Idee, ab<br />
kommendem Frühling eine "<br />
Triple Header 2014 European Tour" zu<br />
organisieren. Dabei werden jeden Abend in voller Länge drei wegweisende<br />
Yes-Alben präsentiert: THE YES ALBUM, CLOSE TO THE EDGE<br />
und GOING FOR THE ONE. Als Einstieg in den komplexen Yes-Kosmos<br />
kam außerdem kürzlich eine Box mit den zwölf Studioplatten der<br />
Jahre 1969 bis 1987 auf den Markt.<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Welche Idee steckt hinter der "<br />
Triple Header Tour"?<br />
Einige aus der Band tragen diese Idee seit zehn Jahren oder noch länger<br />
in den Köpfen mit sich herum. Jetzt<br />
war der richtige Zeitpunkt für die Umsetzung,<br />
denn wir hatten riesige Lust,<br />
auf Tour zu gehen, aber erstmals kein<br />
neues Album dafür. Darum der „Triple<br />
Header”.<br />
Warum gerade diese drei Alben?<br />
Weil sie musikalisch sehr unterschiedlich sind<br />
und auch absolut zeitlos. Ich freue mich sehr<br />
auf die Konzerte. Es ist so, als würde man jeden<br />
Abend nach langer Zeit gute alte Bekannte zum<br />
angeregten Austausch treffen.<br />
Ist Jon Davison der richtige Mann für so ein Eintauchen in die<br />
Vergangenheit?<br />
Er liebt es, diese Lieder zu singen! Immerhin klingt der Sound seiner Band<br />
Glass Hammer ähnlich anachronistisch wie die frühen Yes. So gesehen ist er<br />
absolut der richtige Mann.<br />
Auch für ein neues Studio-Album?<br />
Es ist ein offenes Geheimnis: Wir sind schon mittendrin, jetzt im Januar<br />
geht es mit den Aufnahmen weiter. Jon hat schon einige Melodien und vor<br />
allem jede Menge Texte beigesteuert. Ich will nicht zu viel verraten, aber:<br />
Wir werden mit dem nächsten Album stark an die Yes-Ära der frühen 1970er<br />
erinnern.<br />
Was veranlasste euch zur Veröffentlichung der Albumbox?<br />
Davon erfuhr ich tatsächlich nur ganz nebenbei. Aber ich habe keinerlei Problem<br />
damit, denn in Zeiten des illegalen Downloads kann man als Rock-<br />
Immer kräftig am Ball –<br />
pardon, Bass: Chris Squire<br />
Dinosaurier doch froh sein, wenn altes<br />
Zeug überhaupt noch in neuem Gewand<br />
erscheint. Wer weiß, vielleicht<br />
kann man bei dem günstigen Preis<br />
sogar noch ein paar neue, junge Fans<br />
ködern. Das würde mich sehr freuen.<br />
Das ist der einzige Grund?<br />
Natürlich nicht! Für mich sind die drei<br />
Alben, die wir Abend für Abend spielen<br />
werden, absolute Klassiker im Yes-<br />
Reper<strong>to</strong>ire, echte Monoli<strong>the</strong>n. Manch<br />
einer wird diese Scheiben anachronistisch<br />
nennen, doch sei’s drum: Das ist<br />
für diesen Sound kein Schimpfwort!<br />
Jedenfalls bedarf es höchster Konzentration,<br />
die Dinge live am Stück zu<br />
spielen.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Jerry and Lois Pho<strong>to</strong>graphy<br />
Ist Yes mittlerweile eine Band, die<br />
in ihrem eigenen Kosmos schwebt?<br />
Diese Formation hat über 45 Jahre auf<br />
dem Buckel – und wir spielten stets<br />
auf höchstem Niveau. Ich bin so arrogant,<br />
das zu behaupten. Dieser Umstand<br />
macht einen zum „modernen<br />
Klassiker”. Womöglich bekommen wir<br />
in absehbarer Zeit einen ähnlichen<br />
Stellenwert wie Mozart, Bach oder<br />
Beet hoven. Wir hätten es verdient.<br />
Seite 18<br />
■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
© Pressefo<strong>to</strong>s<br />
RUSH<br />
Kult aus<br />
Kanada<br />
Ein 3-CD-Set, eine Doppel-DVD, eine Bluray:<br />
Jawoll, Rush klotzen wie gewohnt! Und<br />
CLOCKWORK ANGELS sorgt für Staunen n "<br />
satt". Das Livematerial wurde im November 2012 in<br />
der American Airlines Arena von Dallas aufgezeichnet,<br />
die Tonträger enthalten das komplette dreistündige<br />
Konzert des kanadischen Power-Prog-Rocktrios.<br />
Hier ist genügend Platz für Material aus dem aktuellen<br />
CLOCKWORK ANGELS-Album und<br />
für Klassiker speziell aus den 1970ern<br />
und 1980ern. Außerdem ist bei zehn der<br />
27 Stücke ein Streicherensemble dabei<br />
– eine Premiere für Rush. Der CLOCK-<br />
WORK ANGELS-Mitschnitt präsentiert<br />
die Band in voller Bandbreite. Wer einen<br />
entsprechend großen Bildschirm besitzt,<br />
fühlt sich – der Technik sei Dank – mitten<br />
ins Livegeschehen versetzt. Findet auch<br />
Rush-Gitarrist Alex Lifeson (60).<br />
Warum habt ihr gerade das Konzert<br />
in Dallas für die Fans verewigt?<br />
Die Stimmung war noch angeheizter<br />
als sonst bei unseren Gigs auf der elfmonatigen<br />
Tournee. Irgendwie lag eine<br />
magische Stimmung über diesem Abend. Wir haben<br />
dann ziemlich schnell entschieden, dass wir dieses<br />
Konzert zum Kauf<br />
anbieten wollen.<br />
Haben gut lachen:<br />
Geddy Lee, Neil Peart & Alex Lifeson (v.l.)<br />
Wie kam es zur Verwendung des Streicherensembles?<br />
Das setzen wir vorrangig bei den Songs des aktuellen<br />
CLOCKWORK ANGELS-Albums ein. Denen<br />
kann man etwas Monumentales nicht absprechen.<br />
Und damit dies noch stärker<br />
be<strong>to</strong>nt wird, haben wir die<br />
Streicher engagiert.<br />
Die Tour war fast ausverkauft.<br />
Obwohl eure Musik<br />
kaum im Radio läuft, ist<br />
die Resonanz riesig ...<br />
Vermutlich liegt es genau<br />
daran! Wir sprechen zwar<br />
weltweit Hunderttausende,<br />
wenn nicht Millionen Leute<br />
an. Aber offenbar reden sich die meisten davon<br />
immer noch ein, dass wir lediglich eine musikalische<br />
Nische vertreten. Irgendwie sind wir das musikalisch<br />
sogar. Aber unsere Verkaufszahlen sprechen natürlich<br />
eine andere Sprache.<br />
Ihr spielt live fast<br />
immer komplett<br />
neues Material ...<br />
Das ist in der Tat<br />
ein riesiges Privileg!<br />
Natürlich sind<br />
während eines<br />
dreistündigen Konzerts<br />
auch alte und<br />
ganz alte Sachen<br />
dabei. Aber uns<br />
wäre stinklangweilig,<br />
wenn wir<br />
drei Stunden als<br />
Jukebox agieren<br />
müssten. Jeder<br />
Künstler will doch<br />
sein neues Material vorstellen, oder? Wir genießen<br />
das jedenfalls – und werden dafür auch nicht ausgebuht.<br />
Wir haben eine sehr starke Verbindung zu<br />
unseren Anhängern. Das Schöne dabei ist, dass<br />
uns niemand in unseren Kreativprozess reinredet.<br />
Im Gegenteil, die Fans lassen sich gern überraschen.<br />
Sie sind vielleicht nicht von allem, das<br />
wir ihnen vorsetzen, gleichbleibend angetan.<br />
Doch sie gewähren uns dennoch künstlerische<br />
Freiheit, vertrauen auf unser Urteil.<br />
Seid ihr inzwischen zu Rockikonen<br />
avanciert?<br />
Schwer zu sagen. Seit coole Typen<br />
wie Dave Grohl sich vor<br />
einigen Jahren als Rush-Fans<br />
geoutet haben, genießen wir<br />
auch bei jüngeren Leuten Kultstatus.<br />
Wer sich mit unserer<br />
Arbeit beschäftigt, weiß: Wir<br />
sind seit unserer Gründung<br />
vor 45 Jahren einer bestimmten<br />
musikalischen Linie treugeblieben.<br />
Wir waren all die<br />
Jahrzehnte mal mehr, mal weniger<br />
angesagt. Aber wir blieben<br />
immer wir selbst.<br />
Rush, die netten Jungs von<br />
nebenan?<br />
Na klar, ich bin stets für ein Gespräch<br />
mit Fans in der Kneipe nebenan<br />
zu haben. Hauptsache, das Bier ist<br />
gut!<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
Alex Lifeson voll im Einsatz.<br />
Klaus Bönisch für KBK GmbH präsentiert:<br />
FOUR TOPS<br />
EINZIGES DEUTSCHLAND-KONZERT<br />
17.03. Frankfurt Gibson<br />
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18.03. Berlin // 19.03. Oberhausen // 21.03. Stuttgart<br />
09.05. Frankfurt // 10.05. Hamburg // 12.05. Bremen // 19.05. Köln<br />
20.05. München // 22.05. Stuttgart // 23.05. Mannheim<br />
24.05. Baltic Soul Weekender // 26.05. Berlin<br />
CHRIS de BURGH<br />
& BAND<br />
LIVE 2014<br />
17.07. Emmendingen // 19.07. Nordkirchen (Picknick Concert)<br />
20.07. Beverungen // 22.07. Schwäbisch Gmünd // 23.07. München<br />
25.07. Günzburg // 26.07. Goarshausen/Loreley (Picknick Concert)<br />
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es<br />
An<br />
imal<br />
als<br />
Von Bernd Ma<strong>the</strong>ja<br />
R&BMusik-Revolte, 2. Akt<br />
UK 1964: Rhythmus trifft auf Blues<br />
Es hatte sich in Windeseile alles verändert im sonst so traditionsbewussten<br />
Königreich. Von Glasgow über Belfast bis London – bevorzugt<br />
in den Metropolen – regierten neue Künstler, Klänge und Klamotten: Der<br />
Beat war ab 1963 wie ein reinigendes Sturmtief über die konservative<br />
Insel gefegt – Jazzer und Skiffler wurden an den Rand gedrängt, Schluchzer,<br />
Folkies und Instro-Bands im Schlepp. Und während die Revoluzzer<br />
aus Liverpool & Co. sich noch weiter aus<strong>to</strong>bten, stand bereits die nächste<br />
"<br />
Abteilung Attacke" mit Werkzeug bei Fuß: "<br />
weißer R&B", schon seit<br />
1962 am noch vorsichtigen Köcheln, war der Folgetrend – mit Bands,<br />
Musikern und Alben, die zum Teil bis heute unvergessen sind.<br />
Die Beatles standen bereits voll im (LP-)Saft, die Searchers lieferten,<br />
die Swinging Blue Jeans, Gerry & The Pacemakers; von den Merseybeats<br />
kam ein UK-Debüt, von den Rockin' Berries, Dave Clark Five<br />
und Freddie & The Dreamers: mit „Beat" gestempelt und als beliebt befunden.<br />
Und auch wenn sie, oftmals mangels Eigenkompositionen, zwangsläufig<br />
auf Material alter Meister zugriffen – der aufmarschierenden neueren Fraktion<br />
war der (individuell angereicherte) Mix aus Rock'n'Roll, Skiffle und Trad-Tönen<br />
nicht schroff genug. Die Nachrücker intensivierten das rhythmische Element<br />
und füllten „ihn" hinzu, den Blues. Sie lebten ihre gewählte Ausrichtung bevorzugt<br />
auf der Bühne, mussten hier keinerlei Beschränkungen akzeptieren –<br />
seitens der Plattenfirmen, bei denen noch immer Verantwortliche das Sagen<br />
hatten, die sich noch vor kurzer Zeit wohlig im Gemächlichen eingerichtet hatten<br />
(„Nicht so laut!"). Und auch betagtere Toningenieure konnten häufig mit<br />
dem „aggressiven Radau" nicht viel anfangen. Unvergessen ist ein Produzentenwechsel<br />
beim Fontana-Label: Dessen A&R-Chef Jack Bavers<strong>to</strong>ck brach erste<br />
Studio-Aufnahmen mit Phil May, Dick Taylor & Co. ab; er übergab, a) sich<br />
selbst und b) an Bobby Graham mit den Worten: „Mit solchen Tieren arbeite<br />
ich nicht, dieser Dreck ist unerträglich."<br />
LIVE -STARTS<br />
Zwei Bands, die schon bald zu den nachhaltigsten nicht nur in Großbritannien<br />
avancierten, hatten es da besser – ihre Labels, clever, gestatteten Livedebüts. Sie<br />
brachten die Vinylnovizen so an den Start, wie ihre Fans sie kannten und liebten.<br />
RHYTHM AND BLUES AT THE FLAMINGO, aufgenommen schon am 25.9.1963,<br />
präsentierte Georgie Fame And The Blue Flames in ihrem „Haus-Club". Das<br />
Gemisch aus Jazzigem, Blues sowie Blue-Beat-Spuren wurde exzellent umgesetzt,<br />
u.a. von Fame (voc, org), Big Jim Sullivan (g), Boots Slade (b), Red Reece<br />
(dr) und den Bläsern Mick Eve und Johnny Marshall. Produzent Ian Samwell<br />
und Tonmann Glyn Johns sorgten für brillant<br />
transportierte Live-Atmosphäre mit Tracks wie<br />
"Parchman Farm", "Baby, Please Don't Go",<br />
"Night Train", aber auch "Humpty Dumpty"<br />
und "Eso Beso". Noch etwas schroffer geriet<br />
FIVE LIVE YARDBIRDS. Die Arbeit der Yardbirds<br />
um Eric Clap<strong>to</strong>n (g) und Sänger Keith<br />
Relf wurde zum Klassiker. Giorgio Gomelsky<br />
sorgte<br />
für<br />
den<br />
Mitschnitt<br />
am<br />
13.3.1964 im Londoner Marquee Club, die<br />
Band feuerte aus allen Instrumenten: Bluesklassiker<br />
von Eddie Boyd, John Lee Hooker,<br />
Slim Harpo und Howlin' Wolf, gemischt mit<br />
Rockern von<br />
Bo<br />
Diddley<br />
und<br />
Chuck<br />
Berry.<br />
Am<br />
selben Ort hatten Alexis Korner's Blues Incorporated<br />
schon 1962 für ein Frühwerk<br />
gesorgt, 1964 legte der Meister mit AT THE<br />
CAVERN (Aufnahme: 23.2., VÖ im Ok<strong>to</strong>ber)<br />
nach: weniger spektakulär besetzt – jetzt u.a.<br />
mit Herbie Goins (voc), Vernon Brown (b),<br />
Mike Scott (dr) –, gelang dennoch ein ausgezeichnetes<br />
Live-Album mit Songs von Willie Dixon, Memphis Slim, Big Joe<br />
Turner und Leiber/S<strong>to</strong>llers "Kansas City". Chartnotierungen für den lebhaften<br />
Dreier: leider keine.<br />
ASSE IM ANMARSCH<br />
Live erprobt und aufgewärmt: ein Sixpack, das sich in drei Fällen gleich mit<br />
den LP-Studio-Erstlingen in höchsten Chartregionen etablierte. Rolling S<strong>to</strong>nes:<br />
Im April begann mit THE ROLLING STONES eine Weltkarriere. Die feste Besetzung<br />
war gefunden, Reper<strong>to</strong>ire-Kenntnisse und ein sehr gutes Gespür für packendes,<br />
kreativ zu bearbeitendes US-Material sorgten für den Rest. Das Debüt<br />
setzte sich zwölf Wochen lang auf Platz 1 der UK-Hitlisten fest – Songs von<br />
Bo Diddley, Chuck Berry und Slim Harpo (wie die Yardbirds) trafen auf solche<br />
von Jimmy Reed und Willie Dixon; Namen wie Rufus Thomas, Bobby Troup und<br />
Seite 20 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Ted Jarrett waren für viele Briten-Fans eher noch Neuland. Mit "Tell Me", dem<br />
unterschätzten "Little By Little" und "Now I've<br />
Got A Witness" wurden – wegweisend – auch<br />
drei Eigenbauten integriert. Viele unterschiedliche<br />
Gesichter (und exzellente Solistenparts<br />
für Harp, Sax und Orgel) bot auch THE FIVE<br />
FACES OF MANFRED MANN im September.<br />
Bezeichnend für die generelle Qualität des<br />
Quintetts:<br />
Schon hier<br />
stammten<br />
sechs der 14<br />
Titel aus eigenen Federn der Bandmitglieder,<br />
darunter das großartige "What You Gonna<br />
Do" von Manfred Mann und Top-Sänger Paul<br />
Jones. Jazziger Höhepunkt: "Sack O'Woe"<br />
des Saxofonisten<br />
Julian<br />
„Cannonball"<br />
Adderley. Rang 3 in den britischen Hitlisten<br />
war eine angemessene Belohnung [Die<br />
komplett veränderte US-Ausgabe der LP kam<br />
poppiger, leichtgewichtiger rüber]. Nur unwesentlich<br />
dahinter rangierte die UK-LP-Premiere<br />
der Animals, u.a. mit Eric Burdon (voc) und<br />
Tastenmann Alan Price. THE ANIMALS (Ok<strong>to</strong>ber;<br />
UK #6) blieb ohne Eigenkompositionen,<br />
setzte tt ganz auf fGlih Geliehenes u.a. von Fats Domino, Larry Williams, Al Kooper<br />
und üblichen Verdächtigen wie John Lee Hooker, Bo Diddley, Chuck Berry und<br />
Bobby Troup.<br />
Andere Chartträume platzten, etwa die der<br />
Downliners Sect. Ihr Debüt THE SECT wirkte<br />
kaum anders angelegt als das der S<strong>to</strong>nes:<br />
Songs von Chuck & Bo, von Jimmy Reed,<br />
Selbstgemachtes; was Don Craine (voc), Keith<br />
Grant (g) & Co. fehlte, waren der Punch und<br />
ein paar kreative Schlenker – allzu solide und<br />
reibungsschwach brachten sie ihr Verständnis<br />
von R&B<br />
aufs Band.<br />
Auch der Schotte Alex Harvey ki kriegte den<br />
Funken offenbar nicht zum Hörer. Womöglich<br />
lag's daran, dass ALEX HARVEY AND HIS<br />
SOUL BAND als (angeblich) „Recorded live in<br />
<strong>the</strong> Top Ten Club Hamburg" verkauft wurde,<br />
was damals vielleicht niemand merkte. Zu<br />
sauber, zu „weich", stellenweise leicht zahnlos<br />
kamen die Tracks schon 1964 aus den Boxen<br />
und gaben die wahre Live-Atmosphäre bei<br />
Harvey-Gigs auch nicht annähernd wieder – dennoch mit Tracks wie "I Just<br />
Want To Make Love To You", "Let The Good Times Roll", "I've Got My Mojo<br />
Working", "Bo Diddley Is A Gun Slinger" ein ordentliches Studio-Album.<br />
VERMISCHTES<br />
Auch populäre UK-Bands, die sich schon<br />
bald etwas anders entwickelten, traten 1964<br />
mit ersten gelungenen LPs auf den Plan. Die<br />
<strong>Kinks</strong><br />
waren<br />
zwar als<br />
R&B-Combo<br />
gestartet,<br />
KINKS<br />
(UK<br />
#3) belegte<br />
dies<br />
am Beispiel<br />
von Songs von Chuck Berry, Bo Diddley, Don<br />
Covay und anderen auch deutlich. Ebenso<br />
prägnant geriet aber bereits hier, in welche<br />
Richtung(en) Bandboss Ray Davies mit seinen sechs Eigenkompositionen iti gehen<br />
wollte. Vergleichbares – was gern mal vergessen wird – gilt auch für die Hollies.<br />
Sie lieferten schon im Januar STAY WITH THE<br />
HOLLIES (UK #2) ab; ein Album, das u.a. mit<br />
"Talking 'Bout You", "You Better Move On",<br />
"Memphis", "Lucille" und "What You Gonna<br />
Do About It" noch um Lichtjahre von "Carrie<br />
Anne", "Dear Eloise" & Co. entfernt war.<br />
Völlig untergegangen – dafür heute ein teures<br />
Original – ist im Ok<strong>to</strong>ber 1964 die erste und<br />
einzige LP des Bläsers Mike Cot<strong>to</strong>n. Seine reine<br />
(Trad-)Jazz-Vorgeschichte seit den Fünfzigern<br />
konnte er auf THE MIKE COTTON SOUND mit<br />
Nummern wie "Watermelon Man" (Herbie Hancock), "Chinese Checkers" (Booker<br />
T.), "Night Train" (Oscar Washing<strong>to</strong>n) und "Pretty Thing" (Willie Dixon)<br />
nie ganz verleugnen – was nichts an der Qualität und gemäßigterem R&B-<br />
Einschlag änderte.<br />
DIE WEITEREN AUSSICHTEN<br />
Die 1964 auf den Markt geworfenen LP-Debüts mit R&B und Verwandtem waren<br />
nur der<br />
Aufgalopp.<br />
Bereits<br />
im<br />
Lauf desselben<br />
Jahres<br />
standen<br />
diverse<br />
weitere<br />
Bands<br />
im<br />
Studio<br />
und<br />
werkelten<br />
an<br />
eigenen<br />
Erstlingen,<br />
die dann im<br />
Folgejahr erschienen<br />
–<br />
Höhepunkte<br />
ohne<br />
Ende<br />
gehörten<br />
1965 dazu<br />
und<br />
etablierten<br />
Formationen,<br />
deren<br />
erste e<br />
Gehversuche<br />
e<br />
auch<br />
nach<br />
fast 50 Jahren<br />
unverändert<br />
zu musikalischen<br />
Meilensteinen<br />
zählen.<br />
Sie<br />
waren<br />
fast<br />
immer<br />
das Signal für<br />
Großtaten,<br />
die folgten:<br />
Pret ty Things,<br />
Them, Spencer<br />
Davis<br />
Group, Graham<br />
Bond<br />
Organization,<br />
Zoot<br />
Money's Big<br />
Roll<br />
Band,<br />
John Mayall, Cliff Bennett, Moody Blues (siehe<br />
Cover). Weitere Kollegen folgten erst 1966/67<br />
(z.B. die Artwoods, Small Faces, Chris Farlowe &<br />
The Thunderbirds, Alan Price, Remo Four); anderen<br />
R&B-Top-Könnern – wie den Paramounts,<br />
V.I.P.'s, Gary Farr & The T-Bones – war es leider<br />
nicht vergönnt, überhaupt jemals ein Originalalbum<br />
einspielen zu dürfen.<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 21
Tom Scholz, Optimist<br />
Von Michael Fuchs-Gamböck<br />
Tom Scholz<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Bos<strong>to</strong>n-Mastermind Tom Scholz bleibt seiner Tradition<br />
treu: Er lässt sich Zeit. Zwischen dem aktuellen<br />
Album LIFE, LOVE & HOPE – mit gewohnt melodischem<br />
Hard Rock – und dessen Vorgänger CORPORATE AME-<br />
RICA liegen elf Jahre. Bos<strong>to</strong>n<br />
können sich materiell solche<br />
Endlos-Pausen erlauben: Das<br />
Debüt von 1976 verkaufte<br />
über 17 Millionen Exemplare,<br />
es gehört zu den erfolgreichsten<br />
Erstlingsscheiben<br />
aller Zeiten. Der 66-jährige<br />
Scholz ist berühmt-berüchtigt<br />
als Perfektionist. Die lange Pause hat aber einen<br />
weiteren Grund: Bos<strong>to</strong>n-Sänger Brad Delp nahm sich<br />
2007 das Leben, darüber ist Scholz bis heute nicht<br />
hinweggekommen. Die Folge: Beim Interview sind keine<br />
Fragen zu dem Vers<strong>to</strong>rbenen erlaubt, obwohl Delp<br />
auf einigen Tracks des Albums noch zu hören ist.<br />
Was hat es mit dem optimistischen Albumtitel auf sich?<br />
Diese drei Fak<strong>to</strong>ren „Leben”, „Liebe” und „Hoffnung” sind tatsächlich die Säulen,<br />
die mein Dasein bestimmen. Die<br />
wirklich existenziellen Dinge gehen<br />
häufig verloren in den Niederungen<br />
des Alltags. Jetzt hoffe ich,<br />
dass meine Platte eine Art Erinnerung<br />
daran ist, was wirklich zählt<br />
beim Menschen. Ich würde mich<br />
freuen, wenn sie den Hörer mit<br />
einer optimistischen Stimmung in<br />
die Welt entlässt.<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Elf Jahre Albumpause sind eine<br />
Menge. Was war los?<br />
Normalerweise wuseln in einem<br />
Studio eine Menge Leute rum – Produzenten, Toningenieure, Techniker, Arrangeure<br />
und so weiter –, damit ein Album zügig vom Tisch kommt. Ich bin<br />
das alles selbst in Personalunion, arbeite in meinem eigenen Reich. Also habe<br />
ich alle Zeit der Welt – und die nutze ich. Was der Hörer am Ende serviert bekommt,<br />
ist nur ein Bruchteil der Ideen, die ich verfolgt habe. Denn es dauert<br />
bei mir quälend lange, ehe ich das Material zusammen habe, das es in meinen<br />
Ohren wert ist, auf eine Bos<strong>to</strong>n-Scheibe zu kommen.<br />
Auf der Homepage ist furs Album die Rede von „ ”<br />
typisch Bos<strong>to</strong>n” - was ist<br />
gemeint?<br />
Das ist sehr schwer zu beschreiben! Ich hoffe immer nur, dass ein Hörer, wenn er<br />
sich etwa in einer Bar oder in einem Club befindet und den Anfang eines meiner<br />
Songs hört, sofort feststellt: „Yeah, das ist ein Bos<strong>to</strong>n-Stück!” Dann habe ich meinen<br />
Job gut erledigt.<br />
bin ich tief im Inneren ein hoffnungsloser Optimist. Mag sein, dass einige Melancholie<br />
in meinen Liedern steckt. Aber ich entlasse den Hörer bei keinem Stück in<br />
Hoffnungslosigkeit.<br />
Auf dem Album gibt es funf verschiedene Sänger - warum?<br />
All die Jahrzehnte habe ich unterschiedlichste Stimmen für Bos<strong>to</strong>n-Songs<br />
ausprobiert. Das war immer ein langer Prozess, denn mir fällt es schwer, einen<br />
Sänger zu finden, der so in<strong>to</strong>niert, dass es wie die Idee in meinem Kopf<br />
klingt. Es passt nicht jeder Gesang zu jedem meiner Songs. Und schließlich<br />
wollte ich zum ersten Mal ein Lied selbst interpretieren, das sehr persönliche<br />
"Love Got Away”. Ich hoffe, ich vergraule niemanden damit ...<br />
Der Einzige ohne Bart:<br />
Tom Scholz Mitte der 1970er mit seinen<br />
Mannen in den Bos<strong>to</strong>n-Anfangstagen.<br />
Sie denken sehr politisch und<br />
handeln karitativ - warum ist<br />
Ihnen das wichtig?<br />
Ich hatte die meiste Zeit<br />
sehr viel Glück, unbeschadet<br />
aus diesem Musikbusiness-<br />
Haifischbecken zu kommen.<br />
Aber gerade zu Beginn meiner<br />
Karriere hatte ich mit<br />
Erschrecken festgestellt,<br />
welch grässliche Dinge<br />
manche Menschen mit meiner<br />
Musik anstellen, wenn<br />
nur genügend Geld im Spiel<br />
ist. Als mir das nach dem zweiten Album bewusst geworden war, beschloss ich,<br />
mich nur noch mit Leuten zu umgeben, die anständige Ziele mit meiner Arbeit<br />
verfolgen. So naiv das klingen mag: Ich möchte tatsächlich aus der Welt einen<br />
besseren Ort machen.<br />
Fast alle Bos<strong>to</strong>n-Stucke haben einen melancholischen Kern. Woran liegt's?<br />
Obwohl ich unter sehr vielen Dingen leide, die auf diesem Planeten falsch laufen<br />
– mangelnder Tierschutz, mangelndes Umweltbewusstsein, permanente Kriege –,<br />
Gibt es Pläne fur Live-Auftritte in Deutschland - erstmals nach uber 30 Jahren ...?<br />
Ja, die gibt's tatsächlich für 2014. Aber ich verspreche nichts! Denn das Leben geht<br />
meist unergründlichere Wege, als wir wahrhaben wollen. Und das ist gut so.<br />
Seite 22 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014<br />
■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Discographie<br />
Singles:<br />
Von Frank Küster<br />
1976 More Than A Feeling / Smokin' Epic EPC S 4658<br />
1976 Long Time / Let Me Take You Home Tonight Epic EPC S 5043<br />
1977 Peace Of Mind / Foreplay Epic EPC S 5288<br />
1978 Don't Look Back / The Journey Epic EPC S 6653<br />
1978 A Man I'll Never Be / Don't Be Afraid Epic EPC S 6837<br />
1978 Feelin' Satisfied / Used To Bad News Epic EPC S 7295<br />
1981 More Than A Feeling / Don't Look Back Epic EPC A 1416<br />
1986 Amanda / My Destination MCA 258 555-7<br />
1986 We're Ready / MCA 258 462-7<br />
The Launch: a) Countdown b) Ignition c) Third Stage Separation<br />
1987 Can'tcha Say MCA 258 416-7<br />
(You Believe In Me) / Still In Love (Edit Version) / Cool The Engines<br />
1987 Hollyann / To Be A Man US: MCA MCA-53114<br />
1994 I Need Your Love / We Can Make It US: MCA MCAS7 54803<br />
1994 I Need Your Love / We Can Make It / MCA MCD 31549<br />
The Launch: a) Countdown b) Ignition c) Third Stage Separation<br />
1994 Livin' For You (Shortened Intro) / MCA MCD 32217<br />
Livin' For You (Edit) / Livin' For You (Album Version)<br />
1994 What's Your Name / Walk On (Short Walk) US: MCA MCAS7 54917<br />
1997 Higher Power Epic EPC 663412 2<br />
(Kalodner Edit) / Higher Power (Edit) /<br />
Higher Power (Full Length Version)<br />
Alben:<br />
1976 Bos<strong>to</strong>n Epic EPC 81611<br />
1978 Don't Look Back Epic EPC 86057<br />
1986 Third Stage MCA 254 331-1<br />
1994 Walk On MCA MCD 10973 / MCA 11099<br />
1997 Greatest Hits Epic EPC 484333 2<br />
2002 Corporate America Artemis ATM 509880 2<br />
2013 Life, Love & Hope Frontiers FR CD 630<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 23
ACHIM<br />
REICHEL<br />
Mit den Erlebnissen und Erfahrungen einer 50-jährigen Karriere lässt sich<br />
ein ganzes Buch füllen. Und genau das hat Achim Reichel, für den der<br />
eigentlich verpönte Begriff "<br />
Urgestein (der deutschen Rockszene)" mal<br />
wirklich passt, für 2014 vor. Zu seinem 70. Geburtstag am 28. Januar hat<br />
er das Projekt zwar nicht geschafft, aber im Lauf des Jahres will er das<br />
Vorhaben realisieren. Ebenso den Plan, nach vielen Jahren wieder mal ein<br />
Album mit neuen, eigenen Liedern herauszubringen. Zur Würdigung des<br />
einst blonden, inzwischen in Ehren ergrauten Musikers und Rattles-Frontmanns<br />
zeichnet Philipp Roser die wichtigsten Stationen und Einsichten<br />
in Schlaglichtern nach – mit eigenen Worten des Hamburgers aus Good-<br />
Times-Interviews während der letzten 20 Jahre.<br />
Rock'n'Roll-Aufbruch<br />
Für uns war die einzige Möglichkeit, Rock'n'Roll zu hören, nachts auf Radio Luxemburg.<br />
Während meiner „Solo mit Euch"-Tour hat mir ein Fan einen alten Filmschnipsel<br />
geschickt. Den habe ich dann während der Show gezeigt, wie ich 1961 oder noch<br />
früher im Kaiserkeller oder in der Großen Freiheit Rock'n'Roll tanzte – das war, bevor<br />
wir angefangen haben, selbst Musik zu machen.<br />
Wonderland<br />
Wonderland waren kein so großer Bruch – aus meiner heutigen<br />
Sicht war das mehr eine Popband.<br />
Ahorn-Label<br />
Am Ende kamen viele Dinge zusammen: Ich betrieb die<br />
Sache mit einem Partner (Frank Dostal), und wir haben<br />
uns irgendwann nicht mehr verstanden, wollten zu unterschiedliche<br />
Dinge auf diesem Label machen. Andererseits<br />
hatte es sich für mich auch zu sehr dahin entwickelt, dass<br />
ich irgendwann dachte: Bist du Funktionär, ein Businessman<br />
geworden und weniger ein Künstler? Wenn man die<br />
Möglichkeit hat, nur Künstler zu sein, dann sollte man das<br />
auch tun, sonst verzettelt man sich, und es leidet die eigene<br />
Kreativität.<br />
A.R. & Machines<br />
Natürlich habe ich meine Fans damit konfrontiert und auch in Kauf genommen,<br />
dass ein Teil wegbleibt. Aber ich finde, das Risiko muss man einfach eingehen. Ich<br />
will meine Arbeit ja auch gern tun, ich möchte die Stücke, die ich mache, selbst auch<br />
mögen. Aber Veränderungen, auch musikalische Veränderungen, müssen einfach<br />
sein. Nach den Rattles und Wonderland war ich an einem Punkt angelangt, da<br />
fand ich dieses Englisch-Gesinge und dieses Tralala-Zeugs ein bisschen zu lapidar.<br />
Ich steckte in einer kleinen Krise, hatte keinen Spaß mehr und empfand es auch als<br />
einen kleinen Betrug am Konsumenten, halbherzige Dinge abzuliefern. So kam eine<br />
etwas extreme Phase, die mit der LP DIE GRÜNE REISE anfing. Da habe ich dann<br />
Mal auf der Palme,<br />
mal darunter<br />
das erste Mal gemerkt, was es bedeutet, wenn man für die Medien und auch beim<br />
Publikum in einer Schublade steckt und dann plötzlich was ganz anderes macht –<br />
das sorgt für Irritationen.<br />
Seemannslieder<br />
Die Shanties haben sich aus der Volksmusik oder Country<br />
und dem Blues oder den Work Songs der Schwarzen<br />
entwickelt, denn die haben die Schiffe schließlich meist<br />
beladen. Der Rock'n'Roll wiederum ist ja aus dem Blues<br />
und aus der Country-<strong>Music</strong> entstanden. Das empfand ich<br />
als witzige Parallele und machte mal ein Shanty wie ein<br />
Rockstück. Obwohl ich aus einer Familie stamme, in der<br />
Großvater und Vater zur See gefahren sind und ich am Hafen<br />
in Hamburg aufgewachsen bin, wollte ich ein bisschen<br />
mehr wissen als nur die Dinge, die ich sowieso im Kopf<br />
hatte. Also habe ich recherchiert und eine Menge Lieder in<br />
uralten Büchern ausgegraben.<br />
Fo<strong>to</strong>: © Jim Rakete<br />
Ver<strong>to</strong>nung deutscher<br />
Dichter<br />
Irgendwann habe ich festgestellt: Komisch, im englischsprachigen<br />
Raum gibt es klassische alte Balladen, im<br />
deutschsprachigen Raum eigentlich so gut wie gar nichts,<br />
bestenfalls Kunstlieder, aber nicht im folkloristischen Sek<strong>to</strong>r.<br />
Dann habe ich angefangen, Liliencron, Fontane und Goe<strong>the</strong> zu ver<strong>to</strong>nen, von<br />
„Herr von Ribbeck" bis zum „Zauberlehrling". Es gab viele Leute, die sagten: „Was<br />
soll das denn? Damit hat man uns früher in der Schule gequält – das will doch keiner<br />
hören!" Dann hat sich herausgestellt, dass es doch jemand hören wollte – und<br />
ich kriege Briefe von Schülern und auch von deren Lehrern, die das im Deutschunterricht<br />
einsetzen.<br />
Kommerz<br />
Wenn ich eine Platte mache, habe ich durchaus im Hinterkopf, dass zwei, drei ein-<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
gängige Nummern drauf sein sollten. Die kommerziellen Zwänge bestehen in erster<br />
Linie in der Radio-Spielbarkeit – wobei ich da auch versuche, irgendwie zwischen<br />
den Stühlen zu landen: dass man in der allgemeinen Musikfarbe, die ein Sender hat,<br />
nicht untergeht, dass ein Stück aber doch eine Andersartigkeit an sich hat, damit<br />
es die Leute aufhorchen lässt. Das geht nicht immer auf, ist aber ein spannendes<br />
Spielchen.<br />
Politik und Texte<br />
Natürlich fließt bei mir ein Thema wie Umwelt mit ein, aber ich halte nichts von<br />
Betroffenheit, Trauer, Angst. Ich habe eine Tochter, die mit 15 angefangen hat, über<br />
solche Sachen nachzudenken. Und dann sieht man im Gesicht eines Kindes eine<br />
Regung, die einen tief im Herzen<br />
trifft, wo einem klar wird:<br />
verdammt nochmal, dieses<br />
Unheil ist von Menschen verursacht!<br />
Dieselben Menschen<br />
setzen Kinder in die Welt, und<br />
die können sich nicht mehr<br />
wie wir den ganzen Tag in<br />
der prallen Sonne tummeln,<br />
sondern man liest die Dinge,<br />
die wir alle wissen. Also das<br />
Ding mit dem immer größer<br />
werdenden Ozonloch, die immer<br />
häufigeren Allergien – da<br />
verspürt man dann Wut, aber<br />
auch zugleich Aussichtslosigkeit.<br />
Manchmal denke ich mir,<br />
Fo<strong>to</strong>: © Hinrich Franck<br />
es könnte doch einen gewissen<br />
Wert haben, das mal in einem<br />
Lied zu <strong>the</strong>matisieren, obwohl ich eigentlich nichts davon halte, Dinge einfach nur<br />
so zu schildern, von denen jeder weiß: Können wir sowieso nicht ändern. Das, was<br />
wir ändern können, ist sicherlich zu wenig. In den 60er Jahren hatte man ja noch<br />
irgendwie gemeint, man könne die Welt verändern.<br />
BeFindlichkeit I Drogen<br />
Die Mehrheit der Menschheit ist nicht in der Lage, die Dinge, die sie bedrücken, immer<br />
nur zu verdrängen. Irgendwann geht das nicht mehr. Da wird man grüblerisch,<br />
nachdenklich, kriegt Aggressionen, und dann geht es los mit Sachen wie „noch ne<br />
Flasche Wein, noch ein Bier", der Drogenkram oder auch der ganze Sektenzulauf.<br />
Je mehr außen kaputtgeht, des<strong>to</strong> mehr gehen die Leute nach innen. Und zwar auf<br />
vielen verschiedenen Wegen – auf gesunden und ungesunden Wegen. Ein gesunder<br />
Weg wäre für mich der, die Augen nicht zu verschließen vor dem, was uns umgibt<br />
– und dabei trotzdem dazu eine Einstellung zu finden, die mich nicht zu einem<br />
zynischen, depressiven Nörgler, zu einem verbitterten Kotzbrocken werden lässt.<br />
Musikstile<br />
Als Ami oder Engländer kann man sich im reichhaltigen Fundus der eigenen Populärkultur<br />
aussuchen, in welchem Stil man sich mitteilen möchte. In Deutschland gibt<br />
es praktisch keine solchen Strömungen. Okay, es existiert inzwischen deutschsprachiger<br />
HipHop neben der Schlager-Tradition. Zum Schlager fühle ich mich nicht so<br />
sehr hingezogen, denn die lassen mir manchmal einfach zu sehr fünfe gerade sein,<br />
das ist mir zu oberflächlich und zu flüchtig. Darum befinde ich mich mit meiner<br />
Musik in einer ständigen Selbstfindungsrolle, mich zu definieren und die Grenzen<br />
abzustecken. Für mich ist es auch nicht angesagt zu behaupten, „ich mache echten<br />
Rockabilly, echten Blues oder Rhythm & Blues". Das hat mich alles beeinflusst,<br />
dadurch setze ich eine ganz persönliche Mischung an. Der Stil bin ich selbst. Mittlerweile<br />
hat man selbst viel zu viel aufgesogen in sich, was man auf persönliche<br />
Art und Weise loswerden will, und das ist mir wichtiger, als irgendeinem Stil zu<br />
entsprechen.<br />
70. Geburtstag<br />
Seit über 20 Jahren halte ich es in meinem Notizblock fest, wenn mir hier mal eine<br />
Zeile einfällt, da mal ein origineller Gedanke kommt. Das wandert zu Hause in eine<br />
große Sammlung. Die habe ich mir vorgenommen und dabei festgestellt: Okay,<br />
die Themen, die du vor 20 Jahren notiert hast, sind heute nicht unbedingt mehr<br />
kleidsam für einen 70-jährigen Kerl! Ich fand es auch ganz interessant festzustellen,<br />
den jugendlichen Lover nicht mehr raushängen lassen zu können. Vor meinem Geburtstag<br />
werde ich mich wohl unter eine Palme auf irgendeiner Insel verdrücken. Ich<br />
hoffe, man wird mir das nachsehen.
Rolling S<strong>to</strong>nes auf 25 cm<br />
BEAT BEAT BEAT: Kult-Objekt<br />
Der reduzierte er<br />
Durchmesser er – zwischen Single und<br />
herkömmlicher<br />
LP – stammt mt aus<br />
der<br />
klassischen Schellack-<br />
lack<br />
ck-<br />
His<strong>to</strong>rie. ie. Auf Vinyl waren bis Anfang ng der<br />
Sechziger er<br />
eher<br />
Orchester und Jazzer, Schlagerstars ars und Rock'n'Roller 'Rol<br />
olle<br />
ler im gewohnten 25-cm-Format auf den<br />
Markt geworfen worden.<br />
Da kam<br />
die<br />
Veröffentlichung fent<br />
einer Rolling-S<strong>to</strong>nes-Scheibe ones<br />
-Sch<br />
ei<br />
in<br />
Deutschland einer kleinen Sensation gleich – falls ls dies da-<br />
mals<br />
überhaupt jemand registriert rier<br />
t hatte ....<br />
un-<br />
Viele 25-cm-Ausgaben (10 Inch/10") standen vor rund 50 Jahren stilistisch<br />
querbeet im Sortiment so genannter Schallplattenclubs. Diese „Mittelteller"<br />
erfreuten sich großer Belieb<strong>the</strong>it. Der Grund: günstige Verkaufspreise,<br />
in deren Genuss Fans per Mitgliedschaft kommen konnten. Diese Clubs waren<br />
meist als schnellwachsende Anhängsel von Buchgemeinschaften entstanden, versorgten<br />
auf diese Weise Millionen Menschen auch mit günstigem Ohrenfutter.<br />
Bereits am 1.6.1950 hatte der Bertelsmann-Verlag mit Sitz im westfälischen<br />
Gütersloh seinen „Lesering" ins Leben gerufen; exakt sechs Jahre später<br />
folgte der hauseigene „Schallplattenring" (SR), in dessen Reper<strong>to</strong>ire Singles,<br />
EPs, LPs und 25-cm-Vinylplatten standen. Sie konnten gezielt geordert werden<br />
oder wurden – hatte das Mitglied mal nichts bestellt – nach Auswahl durch<br />
den Verlag als „Vorschlag" zugeschickt. Hauptkonkurrent des SR war der Deutsche<br />
Schallplattenclub DSC in Stuttgart, er wiederum gehörte zum Deutschen<br />
Bücherbund (zuvor in der Holtzbrinck-Gruppe). Die Clubs erwarben in Lizenz<br />
Rechte an Musik prominenter Labels/Künstler und die Genehmigung für „Sonderausgaben"<br />
in einem begrenzten Veröffentlichungszeitraum. Die Folge: Es<br />
entstanden preiswerte Editionen mit exklusiven Songzusammenstellungen und<br />
besonderen Covern; kein Zufall, sondern – wie bei Club-Büchern – Pflicht: Wer<br />
günstiger anbot und damit unter der Preisbindung lag, musste mit der Veröffentlichung<br />
etwas warten und neugeschaffene Hüllenmotive verwenden; bei<br />
entsprechender Popularität der Interpreten ergaben sich so zwangsläufig wahre<br />
Leckerbissen für Sammler.<br />
Bertelsmann expandierte schnell und schlau. Wurden die Schallplatten anfangs<br />
noch als „Lohnpressungen" von externen Herstellern gefertigt, übernahm<br />
der Konzern dies bald in Eigenregie: 1957 erfolgte die Gründung des<br />
Sonopress-Werks in Gütersloh, das am 22.4.1958 die Arbeit aufnahm und rund<br />
220.000 Platten pro Monat auswarf; zeitgleich: Startschuss für das hauseigene<br />
Ariola-Label.<br />
Vorreiter/Nachfolger<br />
Jazz, Rock, Schlager: 25-cm-Platten<br />
von den 50ern bis in die 80er Jahre<br />
Um das Image „Bertelsmann = Biedermann" (Fan-Jargon) zumindest punktuell<br />
zu entkräften, flossen dann und wann Platten ins Programm, die sich<br />
an eine jüngere Hörerschaft richteten. Als 1964/65 der weltweite Siegeszug<br />
der Rolling S<strong>to</strong>nes Konturen annahm, erwarb der Schallplattenring Lizenzen<br />
Seite 26 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
für ausgesuchte Songs der Band; die Veröffentlichung der lange Zeit weltweit<br />
einzigen offiziellen 25-cm-Platte der Londoner, BEAT BEAT BEAT, erfolgte im<br />
Juli 1965. Preis: 11,25 D-Mark für Bertelsmänner.<br />
Sieben der zehn Monotracks<br />
stammten von der Compilation AROUND<br />
AND AROUND, immerhin fünf waren zuvor<br />
in den UK- und/oder US-Charts notiert.<br />
machte sich über eine Neuauflage Gedanken. Sammler mussten erhebliche dreistellige<br />
D-Mark-Beträge für gut erhaltene, rare Originale löhnen. Dann entdeckten<br />
Counterfeit-Hersteller den Winzling<br />
für ihre illegalen Zwecke: 1996/97<br />
schwappten erste, nicht authorisierte<br />
1:1-Raubkopien aus Japan und Europa<br />
nach Deutschland und wurden teuer verkauft.<br />
Weitere Reissues folgten im neuen<br />
Jahrtausend: Sie sind, obwohl bemüht<br />
Die Labels entsprachen den bis dahin<br />
detailliert nachempfunden, gut zu identifizieren:<br />
Die Matrizennummer im Spie-<br />
auf deutscher Decca verwendeten<br />
S<strong>to</strong>nes-Etiketten mit weinroter Grundfarbe<br />
und aufgesprühtem Gold (Schrift,<br />
Zeichen, Linien). Hinzu kam der Pflichtverweis<br />
auf eine „Sonderauflage". Für<br />
Bewegungsfanatiker wurden obendrein<br />
Noch heute eine gelungene Kopplung: BEAT BEAT BEAT<br />
gel (= Auslauffläche) des Vinyls ist a) frei<br />
erfunden und b) per Hand gekratzt statt<br />
maschinell gestanzt; das Gold der Labels<br />
wirkt schmuddelig-trübe; außerdem machen<br />
feine, e, übers<br />
die passenden Tänze zu den Songs genannt: Shake, Twist, Limbo, Slow-Rock.<br />
Katalognummer: 60368 (AD 5525-L), Matrizennummern: LPD-19990/19991-X,<br />
die aufgedruckten Laufzeiten der Seiten betrugen schmale 12:50 bzw. 12:40<br />
Minuten. Noch heute erklärt das aktive englische Presswerk United Record<br />
Pressing (URP), dass die beste Klangqualität für eine 25-cm-Platte (Abspielgeschwindigkeit<br />
33 1/3) bei einer Länge von ca. 12–13 Minuten pro Seite liegt<br />
gesamte Etikett verteilte (Dreh-)Ringe die Fälschungen<br />
kenntlich. Ein plumper Fehler unterlief den<br />
Abkassierern bereits 1997: Statt – wie beim Original<br />
– "Time Is On My Side" mit dem Orgelintro<br />
kam die Version mit der Gitarreneröffnung aus<br />
den Boxen.<br />
(RPM 45: 9 Minuten; RPM 78: bis 4,5 Minuten).<br />
Nach BEAT BEAT BEAT standen noch 18 wei-<br />
Das BBB-Frontcover-Motiv stammt vom selben Fo<strong>to</strong>shooting, aus dem auch tere Rolling-S<strong>to</strong>nes-Alben (alle 30cm) in den<br />
die Hüllen von AROUND AND AROUND (11/1964) und THE BEST<br />
Angebotskatalogen der Hauptkonkurrenten nten<br />
OF THE ROLLING STONES (Deutscher Schallplattenclub, 1/1966)<br />
sowie Freihoff-Postkarten (aus Essen) bedient wurden. Dass auf<br />
dem Backcover in der Musikerliste ein „Jan" Stewart tauchte, war nicht ungewöhnlich – Fehler kamen auch auf<br />
anderen Taschen bzw. Labels vor (z.B. „Mike" Jagger auf<br />
auf-<br />
Bertelsmann (12) und Deutscher Schallplat-<br />
tenclub<br />
(6) – bis auf DIRTY WORK<br />
und<br />
den Schlusspunkt STEEL<br />
WHEELS 1990 (beide nur<br />
bestickert und mit CBS/<br />
BETWEEN THE BUTTONS).<br />
Sony-Material) sämtlich<br />
mit Musik aus den so<br />
Bis heute gilt die Gesamtstückzahl von BEAT BEAT<br />
genannten Decca Years<br />
BEAT als nicht eindeutig. 2000 Exemplare, wie nach-<br />
und eingetütet in exkluzulesen,<br />
ist korrekt – für die Startauflage. Unterm Strich<br />
jedoch dürfte der Auss<strong>to</strong>ß etwas höher liegen. Sehr schnell<br />
gab es auf der Coverrückseite eine Veränderung: In Form<br />
sive Cover. Sechs davon<br />
gingen an den Club Ex-Libris<br />
als<br />
Exporte in die Schweiz (die<br />
einer minimalen Erweiterung der Katalognummer von Decca<br />
letzten des Sixpacks, SATANIC ...<br />
60368 auf 60368 P10, d.h. die Platte kostete den Abonnenten nenten<br />
und BEGGARS BANQUET) enthielten<br />
oben: DECCA oval",<br />
unten: "<br />
DECCA boxed"<br />
"<br />
„10 Mitglieds-Punkte". Für kurze Zeit gab es außerdem eine<br />
regulär UK-Vinyl und nur noch einen<br />
Hüllensticker).<br />
kam nicht mehr ellipsenförmig („Linse"), sondern in einem<br />
"<br />
Vinyl-Zweitauflage. Einziger Unterschied: Das Decca-Emblem<br />
Ausgabe mit Stapelrand"<br />
K<br />
Rechteck („boxed") auf die Etiketten. Ende 1967 war die Lizenzzeit beendet, die eine dieser LPs mit Songs aus der Decca-Phase der Band wurde in den deutschen<br />
Charts notiert; die Auflagen (und folglich die Verkäufe) reichten dafür<br />
Scheibe verschwand aus dem Verlagsprogramm.<br />
quantitativ nicht aus. Doch selbst ein Top-Umsatzrenner wäre gescheitert: Für<br />
Sondereditionen von Schallplattenclubs blieben die Hitlisten wegen des geringeren<br />
Verkaufspreises der Tonträger rechtlich gesperrt.<br />
Eine weitere Besonderheit ist zu be(ob)achten: Nicht alle BBB-Platten liefen<br />
– wie sonst bei deutschen Decca/Teldec-Produktionen üblich – im Presswerk<br />
Nor<strong>to</strong>rf (Schleswig-Holstein) aus den Maschinen. Es gibt wenige Exemplare<br />
mit einem ins Label eingearbeiteten<br />
„Stapelrand" (auch: Stapelring): Dieses<br />
verstärkte Profil diente der Statik-Optimierung<br />
der Platte; außerdem<br />
sollte verhindert werden, dass<br />
Scheiben durch zu dichtes Aufeinanderschichten<br />
nach dem Pressvorgang<br />
auf der Stapelsäule komplett<br />
miteinander verklebten. Laut Uwe<br />
Tessnow (Line Records, damals bei<br />
Teldec) war dieses Verfahren in Nor<strong>to</strong>rf<br />
technisch noch ebenso wenig<br />
gebräuchlich wie in anderen Werken<br />
– mit einer Ausnahme: Bertelsmanns<br />
Sehr rare Fabrikhülle mit Notizen.<br />
Sonopress in Gütersloh. Es existiert<br />
ein Prüfmuster – in spezieller Vorabtasche<br />
(„Eigentum der TELDEC '<br />
Telefunken-Decca' Schallplatten GmbH, Fabrik<br />
Nor<strong>to</strong>rf") – mit „IV-65" datiert, handschriftlich als „Muster Stapelrand" und mit<br />
„Re<strong>to</strong>ur"-Vermerk für „Sonopress Gütersloh" ausgewiesen.<br />
Rund 30 Jahre blieb es danach völlig still um das Kult-Teil BEAT BEAT BEAT;<br />
Vinyl war im aktuellen Geschäft lange kaum noch ein Thema, niemand<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 27<br />
Erst 2012 gab es wieder offizielle 25-cm-Vinylscheiben der Rolling S<strong>to</strong>nes: als<br />
Bestandteil der „Limited Super Deluxe Edition" von CHARLIE IS MY DAR-<br />
LING sowie die<br />
Zwei-Song-Ausgabe<br />
"Doom And<br />
Gloom"/"One<br />
Last Shot" –<br />
beides internationale<br />
Veröffentlichungen.<br />
Dass<br />
damals<br />
bald auch<br />
Cover-Missbrauch für Bootleg-CDs<br />
LPs anderer<br />
Bands den Allerweltstitel BEAT BEAT BEAT trugen (Pralins, Spots, Jay Five;<br />
Sampler auf Elite Special, Primaphon, Gong), hat dem Kultteil nie geschadet.<br />
Die legale Originalversion wird für alle Zeit ein gesuchtes und im Preis kontinuierlich<br />
steigendes Sechsfach-Unikum bleiben: Clubausgabe, 25-cm-Format,<br />
vergleichsweise geringe Auflage, weltweites Exklusiv-Cover und -Tracklisting<br />
sowie nur in Deutschland gefertigt. Für <strong>to</strong>p-erhaltene Exemplare wurden zuletzt<br />
schon deutlich über 300 Euro aufgerufen. Und gezahlt.<br />
Bernd Ma<strong>the</strong>ja
Johnny Winter (70)<br />
Aufwärts mit<br />
Clap<strong>to</strong>n &<br />
Bonamassa<br />
Fo<strong>to</strong>: © Roland Fengler<br />
In der Gitarrenkunst des<br />
Johnny Winter sehen<br />
viele seiner Anhänger die extrovertierte<br />
Verbindung aus der gefühlvollen Spielweise<br />
eines B.B. King und der intensiven, elek-<br />
trischen Technik des Jimii Hendrix." Heißt es<br />
einleitend im Artikel über den texanischen<br />
Musiker im Rockmusik Lexikon Übersee".<br />
"<br />
Von Philipp Roser<br />
Der Albino, älterer Bruder des Keyboarders, Saxofonisten<br />
und Sängers Edgar Winter, kann am<br />
23. Februar auf überaus bewegte 70 Lebensjahre<br />
zurückblicken. Geboren in Leland, Mississippi, zog<br />
er schon früh mit seiner Familie nach Texas, wo er<br />
zunächst als Fünfjähriger die Klarinette erlernte,<br />
ehe er zur Ukulele und mit elf Jahren an die Gitarre<br />
wechselte. Früh wurde er als Wunderkind gefeiert,<br />
nachdem er bereits mit 15 Jahren sein Albumdebüt<br />
SCHOOLDAY BLUES eingespielt und mit Johnny<br />
& The Jammers seine erste Band formiert hatte<br />
(mit Edgar, 12, als Keyboarder). Natürlich zog<br />
es den jungen Bluesfan nach Chicago, ins Mekka<br />
des Genres. „Noch bevor ich alt genug war,<br />
um mich in den Clubs einzuschleichen, hatte ich<br />
Bluesplatten gehört, und die kamen ja fast alle<br />
aus Chicago. Dort sah man kaum Weiße, da die<br />
mit dieser Musik Anfang der 60er Jahre noch<br />
nichts anfangen konnten. Darum streute ich<br />
auf meinen frühen Scheiben auch nur vereinzelt<br />
Bluesnummern ein – als die Beatles angesagt waren,<br />
machte man englisch klingende Alben, auch<br />
ich. Dazu auch ein paar, die eher nach Bob Dylan<br />
klangen", blickte Winter 1991 im Gespräch mit<br />
dem Au<strong>to</strong>r auf die Anfänge seiner Karriere zurück.<br />
„Zwischen 15 und 25 habe ich einfach viel experimentiert."<br />
Der Ausflug nach Chicago brachte nicht den<br />
erhofften Durchbruch, Winter kehrte nach Texas<br />
zurück, spielte sich den Hintern ab, konzentrierte<br />
sich dann doch zunehmend auf den Blues(-Rock).<br />
1969 erhielt er von Columbia den damals bestdotierten<br />
Plattenvertrag überhaupt – 300.000 Dollar<br />
Vorschuss hatte bis dahin niemand bekommen.<br />
Winter stand in Woods<strong>to</strong>ck auf der Bühne und in<br />
den Jahren danach auf der Erfolgsleiter ganz oben.<br />
Dann setzte eine beachtliche Berg- und Talfahrt ein.<br />
Der fast blinde Musiker schluckte, was er am Wegesrand<br />
fand, fiel inkompetenten Managern in die<br />
Hände (der zu Woods<strong>to</strong>ck-Zeiten hatte verhindert,<br />
dass Winter im Festivalfilm zu sehen war). Der Gitarrist<br />
nahm unverdrossen weiterhin Alben auf, auf<br />
denen er viele Songs coverte, „die ich in meiner Jugend<br />
im Radio und auf Platten gehört hatte", und<br />
vereinzelt Eigennummern einstreute. Er <strong>to</strong>urte fast<br />
nons<strong>to</strong>p – und das Bild, das er auf der Bühne abgab,<br />
Johnny Winter<br />
1973<br />
wurde immer jämmerlicher. Ohnehin sehr schmächtig,<br />
glich er in den 90er Jahren fast einem wandelnden<br />
Leichnam, von musikalischer Leichenfledderei<br />
schrieben Kritiker. Winter saß auf der Bühne<br />
auf einem Stuhl, nicht mehr imstande, eine Show im<br />
wörtlichen Sinne durchzustehen. Zu der Zeit hielten<br />
ihn allenfalls Erinnerungen an vergangene Karriere-<br />
Highlights am Leben. Solche wie 1977, als er sein<br />
Idol Muddy Waters produziert hatte: „Das war eine<br />
der großartigsten Erfahrungen in meinem Leben,<br />
musikalisch wie menschlich."<br />
Vor allem seine Heroinabhängigkeit machte<br />
Winter zunehmend zu schaffen, dazu ein Manager,<br />
der ihn mit gefährlichen Medikamenten ruhigzustellen<br />
versuchte, was sich kontraproduktiv auf Winters<br />
Bühnenpräsenz auswirkte. Auch die dubiose Absage<br />
mehrerer Konzerte in Deutschland kratzte an der<br />
Reputation des Blues-Rockveteranen. „Ich habe den<br />
Typ dann gefeuert und Paul Nelson gebeten, den<br />
Job zu übernehmen. Er hatte schon lange für mich<br />
gearbeitet, spielt in meiner Band die zweite Gitarre.<br />
Er half mir dabei, den guten Namen Johnny Winter<br />
wieder aufzubauen, vor allem in Deutschland<br />
nach dem Ärger vor einigen Jahren", erklärte der<br />
Gebeutelte 2011 im <strong>GoodTimes</strong>-Interview. Also in<br />
einer Phase, als es sichtbar aufwärtsging.<br />
Aktuell empfindet sich Winter wieder „hervorragend"<br />
in Form, er muss nicht mehr gestützt<br />
werden. „Ich fühle mich großartig, gesundheitlich<br />
hat sich alles verbessert, ich bin richtig glücklich!"<br />
Wozu Nelson nicht unwesentlich beitrug: „Paul<br />
hat ab 2008 meine Methadon-Dosis allmählich<br />
gesenkt, ohne mir davon zu erzählen. Er hat mich<br />
dann zu Weihnachten 2010 mit der Nachricht<br />
überrascht, dass er das Methadon ganz abgesetzt<br />
hatte – ich war regelrecht schockiert, doch dann<br />
gab es kein Zurück mehr, nachdem ich gut 30<br />
Jahre lang auf Methadon gewesen war."<br />
Inzwischen ist Winter wieder regelmäßiger Gast<br />
auf deutschen Bühnen, spielt auch mehrere Songs im<br />
Stehen. „Die ersten Shows in Europa für 2014 sind<br />
gebucht, für Deutschland verhandeln wir gerade",<br />
berichtete Nelson kurz vor Weihnachten. „Und bis<br />
April wird auch Johnnys neues Album STEP BACK in<br />
den Läden stehen, auf dem Gäste wie Eric Clap<strong>to</strong>n,<br />
Billy Gibbons, Joe Walsh, Joe Bonamassa und Joe<br />
Perry mitspielen." Der eine oder andere dürfte wohl<br />
auch dabei sein, wenn Johnny Winter an seinem 70.<br />
Geburtstag eine große musikalische Party in New<br />
York im B.B. King's Club schmeißen wird.<br />
Seite 28 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
Mike & The Mechanics<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
CDs, ein Buch und ... Genesis?!<br />
Mike Ru<strong>the</strong>rford (63, Genesis-Bassist) gründete 1984 Mike & The Mechanics. Das<br />
Projekt ist während seiner 30-jährigen Existenz bereits mehrfach <strong>to</strong>t gesagt worden:<br />
Im Jahr 2000, nachdem Paul Young, einer der beiden Sänger, mit nur 53 Jahren<br />
einem Herzinfarkt erlegen war. Ein weiteres Mal 2006, nachdem Ru<strong>the</strong>rford<br />
sich mit dem zweiten Frontmann Paul Carrack überworfen hatte (und mit dem er<br />
sich nach eigener Aussage inzwischen wieder leidlich versteht). Nie wieder wollte<br />
Ru<strong>the</strong>rford die Gruppe reanimieren – Frust pur! 2011 kam alles anders, Mike hatte<br />
zwei neue Mechaniker verpflichtet: Andrew Roachford, einen der erfolgreichsten<br />
britischen R&B-Sänger der 1990er, und den in England lebenden Kanadier<br />
Tim Howar, Ex-Frontmann der Vantramps. Seitdem läuft diese Formation – für<br />
alle Beteiligten eher eine anregende Nebensache – herrlich rund. Melodie & Melancholie"<br />
erklärte Ru<strong>the</strong>rford einst zu Triebfedern des " Projekts. Dass Mike & The Mechanics diesem Anspruch<br />
gerecht werden, ist eindrucksvoll nachzuhören auf der<br />
Doppel-CD THE SINGLES 1985–2014. Außerdem frisch<br />
im Handel: eine Deluxe-Edition (Doppel-CD) von LIVING<br />
YEARS, das vor 25 Jahren erschienen war. Außerdem<br />
hat Ru<strong>the</strong>rford sein erstes Buch veröffentlicht. Jede<br />
Menge Gründe für ein Interview.<br />
Bist du s<strong>to</strong>lz auf alles, was bei Mike & The Mechanics<br />
in 30 Jahren passiert ist?<br />
Es hat richtig viel Spaß gemacht, die Retrospektive und die LIVING YEARS-Edition<br />
Editi<br />
zusammenzustellen. All diese im Lauf der Zeit gemeinsam erarbeiteten Harmonien,<br />
das ist schon <strong>to</strong>ll. Natürlich gab es auch Rückschläge wie Paul Youngs tragischen<br />
Tod oder mein Zerwürfnis mit Paul Carrack. Aber musikalisch bin ich sehr zufrieden<br />
mit der Ausbeute.<br />
Sind die Mechanics dein Projekt, oder haben sie eher Bandcharakter?<br />
Ich liebe es, mit unterschiedlichsten Talenten zu kooperieren! Die dürfen und sollen<br />
alle gern ihre Ideen einbringen. Aber das letzte Wort habe ich.<br />
Warum kam es überhaupt zur Gründung? Damals waren Genesis doch ein<br />
Vollzeitjob ...<br />
Das Erfolgsgeheimnis, warum Genesis so lange zusammenblieben und warum alle<br />
Beteiligten immer noch Freunde sind, ist: Jeder hatte die Möglichkeit, parallel auch<br />
eigene Projekte zu betreiben. Alle haben was unternommen, und teilweise klang<br />
das deutlich anders als der Sound unseres Mutterschiffs. Und all diese Erfahrungen<br />
kamen dann zur Hauptband zurück, ein <strong>to</strong>ller kreativer Prozess!<br />
Worin liegt der Hauptunterschied zwischen Genesis und Mike & The Mechanics?<br />
Den sehe ich vor allem live: Ein Mechanics-Konzert ist ein lässiger Spaziergang,<br />
Genesis-Auftritte sind dagegen ein gewaltiger Marsch.<br />
Auf CD 2 der LIVING YEARS-Edition gibt es zehn unveröffentlichte Livestücke.<br />
Woher kommen die?<br />
Ich habe ein gewaltiges Archiv, bei dem ich selbst noch nicht so recht durchblicke.<br />
Darin finden sich die unglaublichsten Dinge! Man muss sich nur zum Suchen über-<br />
winden ...<br />
Wie geht es weiter mit den Mechanics?<br />
Ganz sicher bin ich noch nicht, aber ab März werden wir auf eine längere<br />
UK-Tournee gehen. Und wenn alles klappt, spielen wir im Sommer in Europa<br />
einige Open Airs. Eine neue Platte ist bislang nicht geplant. Aber wie ich uns<br />
kenne, passiert da schon noch was. Letztlich bin ich gerade ziemlich erschöpft,<br />
denn ich habe mein erstes Buch zum Verlag gebracht.<br />
Worum geht es darin?<br />
Es heißt „The Living Years" und handelt von meiner sehr speziellen und sehr<br />
engen Beziehung zu meinem Vater. Er war ein Marineoffizier der alten Schule.<br />
Mehr oder weniger aus seiner Sicht lasse ich meine Kindheit und spätere Karriere<br />
Revue passieren. Er konnte mit meiner Musik, fürchte ich, nicht allzu viel<br />
anfangen. Aber er war mein treuester Fan.<br />
Kommt es doch noch mal zu einer Genesis-<br />
Reunion?<br />
Phil Collins hat erklärt, dass er zurück ins Rampenlicht<br />
und die Musik in sein Leben zurückholen<br />
möchte. Ich denke, er wird zunächst mit<br />
Solo-Aktivitäten starten. Doch es ist wahr, dass<br />
wir schon lockere Gespräche geführt haben. Alles<br />
ist offen. Was mich am meisten verwundert und<br />
gefreut hat: Bislang gibt es noch keine Absage<br />
von Peter Gabriel!<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 29
! REVIEWS<br />
HIGHLIGHTS<br />
CD<br />
Zu Deutschland hatte der britische Sänger,<br />
Songschreiber und Keyboarder Paul Millns<br />
schon immer eine ganz besondere Beziehung.<br />
Mitte der 70er Jahre kam er erstmals<br />
in der Band von Alexis Korner in die BRD.<br />
Er <strong>to</strong>urte als Pianist von Eric Burdon durch<br />
die Lande, schrieb 1980 den Soundtrack für<br />
den deutschen Spielfilm „Gibby Westgermany”,<br />
in dem Burdon einen Kurzauftritt<br />
als Hotelpage hatte. Im selben Jahr trat er<br />
in der TV-Sendung „Rockpalast” auf, und<br />
1984 spielte er<br />
dann in Stuttgart<br />
zusammen mit dem<br />
Udo-Lindenberg-<br />
Saxofonisten Olaf<br />
Kübler seine bis<br />
heute erfolgreichste<br />
LP FINALLY<br />
FALLS THE RAIN<br />
ein. Bis heute<br />
nimmt er seine Alben<br />
ganz gerne in<br />
Deutschland auf. Sein neuestes, sein 15.<br />
Studio-Album GONE AGAIN entstand<br />
wie schon der Vorgänger CALLING AN-<br />
GELS (2010) in Freiburg, im Studio seines<br />
Bassisten und Co-Produzenten Ingo Rau.<br />
Die zwölf Songs darauf zeigen einen Paul<br />
Millns in Bestform. Sie sind große britische<br />
Singer/Songwriter-Kunst. Das Eröffnungsstück,<br />
das Blues-getränkte “A Little Painkilling”,<br />
gibt die nachdenkliche, melancholische<br />
Grundstimmung des gesamten<br />
Albums vor. Über einen pluckernden Bass,<br />
einer coolen Pianofigur und umschmeichelt<br />
von den filigranen, an Mark Knopfler geschulten<br />
Gitarren-Fill-ins von Niels Kaiser<br />
singt Millns einen Text von entwaffnender<br />
Offenherzigkeit: „I know it’s hard now,<br />
<strong>the</strong>re’s no denying /<br />
But <strong>the</strong>re’s a sweet<br />
feeling that needs<br />
distilling / Must<br />
be time, time, time<br />
for a little painkilling.”<br />
Mit “Love<br />
Don’t Have To Be<br />
Like This” folgt<br />
ein Moll-getönter,<br />
kammermusikalischer<br />
Song, der<br />
mit seiner komposi<strong>to</strong>rischen Qualität ebenso<br />
gut auf dem grandiosen Comebackalbum<br />
LIFE IS PEOPLE seines Songwriter-Kollegen<br />
Bill Fay (siehe <strong>GoodTimes</strong>-Highlight<br />
5/2012) hätte Platz finden können. Nur<br />
begleitet von Klavier, Klarinette, Akkor-<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
PAUL MILLNS<br />
GONE AGAIN<br />
deon und Akustikgitarre haucht Millns<br />
eine zarte, zerbrechliche Liebeskummer-<br />
Ballade. Etwas beschwingter geht es im Titelstück<br />
zu, in dessen eingängigen Refrain<br />
die beiden Sänger Heinz Rudolf Kunze und<br />
Tobias Künzel (Die Prinzen) einsteigen.<br />
Anfang 2013 war Millns<br />
als Pianist von KuK, dem Projekt<br />
von Kunze und Künzel, auf Tour.<br />
Millns’ Sohn Andreas lockert<br />
den Song mit wohlgesetzten<br />
Hammondorgel-Tönen auf. Während<br />
“Distillery Street” als oldfashioned<br />
Cabaret-Bluessong geschmeidig<br />
wie eine Straßenkatze<br />
um die Ecke schleicht, beweist<br />
das beeindruckende, fast nur von impressionistischen<br />
Pianotupfern getragene “The<br />
Beauty Of The High Wire Dancer” Mut zur<br />
Reduktion. In “Close Companion Of The<br />
Blues”, bei dem Butch Coulter (vormals bei<br />
Long John Baldry) eine groovy Harmonika<br />
bläst, kommt wie schon im Opener Millns’<br />
rauer, an Ray Charles orientierter Gesang<br />
bestens zur Geltung. Das (Irish-)folkige<br />
“City Boy” hebt erneut wieder die Drehzahl,<br />
während das wunderschöne, fragile<br />
“Love In The Times Of Hardship” wieder<br />
ins Kammermusikalisch-Getragene zurück-<br />
fällt, einzig von Raus zarten Basstupfern<br />
und den sehnsuchtsvollen Klarinetten- und<br />
Saxofonmelodien von Nick Pentelow (Gary<br />
Moore, Roger Chapman) begleitet. Das<br />
sehr britisch-antiquierte Dancehall-Stück<br />
“Odd Job John” ist<br />
die einzige komische<br />
Nummer auf dem Album.<br />
“Tangled Up In<br />
Stars” ist zeitlos schöner<br />
Songwriter-Pop,<br />
den El<strong>to</strong>n John kaum<br />
besser hinbekommen<br />
hätte, während “Capsized”<br />
wie ein leitmotivischer<br />
Nachhall von<br />
“Distillery Street” daherkommt. Schließlich<br />
setzt Millns mit der Gesang/Klavier-<br />
Only-Nummer “Crazy With Love” einen<br />
bewegenden Schlusspunkt: Das komposi<strong>to</strong>risch<br />
ausgefeilte Stück hat beste Chancen,<br />
in das „Great British & American Songbook”<br />
aufgenommen zu werden und sich<br />
mitten zwischen die großen Klassiker von<br />
Lennon/McCartney und Burt Bacharach zu<br />
platzieren. Ein grandioser Song folgt auf<br />
den anderen – ein zauberhaftes Album!<br />
(Rakete/Rough Trade, 2013,<br />
12/47:42) frs<br />
i “Di till St t” d<br />
DVD<br />
ERIC CLAPTON<br />
CROSSROADS GUITAR<br />
FESTIVAL 2013<br />
BOX<br />
MICHAEL BLOOMFIELD<br />
FROM HIS HEAD TO HIS HEART<br />
TO HIS HANDS<br />
Zum vierten Mal rief Eric Clap<strong>to</strong>n, und<br />
seine Kollegen strömten in Massen, um<br />
beim vierten „Crossroads Guitar Festival”<br />
dabei zu sein. Es war wahrhaft ein<br />
Gitarristengipfel, der am 12. und 13. April<br />
im New Yorker Madison Square Garden<br />
über die Bühne ging. Getragen und melancholisch<br />
startete der Meister selbst mit<br />
“Tears In Heaven”, ehe sein<br />
langjähriger Sideman Andy<br />
Fairwea<strong>the</strong>r Low (ebenfalls<br />
mit Akustikgitarre)<br />
für “Spider Jiving” zu ihm<br />
stieß, danach noch Vince<br />
Gill, um “Lay Down Sally”<br />
beschwingt zum Bes ten zu<br />
geben. Anschließend dominierten<br />
R&B und Blues –<br />
und mit Booker T. sorgte ein<br />
instrumental „Artfremder”<br />
im Zusammenspiel mit Steve Cropper,<br />
Keb’ Mo’, Matt „Guitar” Murphy und<br />
Albert Lee mit dem groovenden “Time Is<br />
Tight” und “Born Under A Bad Sign” für<br />
Stimmung.<br />
Insgesamt 45 Songs mit mindestens ebenso<br />
vielen Gästen sind auf der nun erhältlichen<br />
Doppel-DVD zu erleben, und es wird nicht<br />
langweilig. Gibt es doch enorme stilistische<br />
Vielfalt und sonst selten bis nie zu gemeinsam<br />
musizierende Gespanne zu bewundern:<br />
Robert Cray mit B.B. King und Jimmie<br />
Vaughan; Doyle Bramhall II mit Shooting<br />
Star Gary Clark Jr. oder John Mayer; Mayer<br />
plus Keith Urban; Sonny Landreth & De-<br />
rek Trucks; Gill plus Urban plus Albert Lee;<br />
Taj Mahal & Keb’ Mo’; Jeff Beck mit Beth<br />
Hart; Blake Mills & Trucks, Los Lobos gemeinsam<br />
mit Cray – und häufig der Gastgeber<br />
mittendrin. Der lieferte weitere Sahnehäubchen<br />
durch Duette mit Keith Richards<br />
und Robbie Robertson. Aber auch bislang<br />
Unbekannten bot „Slowhand” eine Gelegenheit,<br />
sich einem großen<br />
Publikum vorzustellen: Von<br />
Quinn Sullivan, Kurt Rosenwinkel,<br />
Blake Mills und<br />
Alice Smith wird man noch<br />
hören. Doch damit nicht genug:<br />
Man täte den Allman<br />
Bro<strong>the</strong>rs, Robert Randolph<br />
oder Earl Klugh Unrecht,<br />
würde man ihre Gastspiele<br />
unterschlagen.<br />
Es wäre jammerschade,<br />
sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, die<br />
am Rande der Veranstaltung waberten, dass<br />
es das letzte Festival dieser Art gewesen<br />
sein soll. Denn so viel Saitenvirtuosität und<br />
gitarristische Feuerwerke ohne jeglichen<br />
Anflug von Egotrips erlebt man nur selten<br />
in derart geballter und vor allem inspirierter<br />
Form. Die gegenseitige Wertschätzung, vor<br />
allem die Verehrung des Musikers und<br />
Menschen Eric Clap<strong>to</strong>n durch seine Kollegen,<br />
wird durch die eingestreuten Interviews<br />
spürbar. Und auch vor der Glotze hat<br />
man das Gefühl, mittendrin zu sitzen.<br />
(Warner, 2013, 2 DVDs<br />
137 + 152 Min.) pro<br />
Mit seiner Telecaster-Gitarre schrieb Michael<br />
„Mike” Bloomfield Musikgeschichte,<br />
als er sein Instrument nutzte, um Bob<br />
Dylan bei den Aufnahmen für HIGHWAY<br />
61 REVISITED und vor allem bei dessen<br />
legendärem ersten „elektrischen Auftritt”<br />
beim Newport Folk Festival 1965 begleitete.<br />
Die Zusammenarbeit mit<br />
Dylan liefert auch eines der<br />
Highlights der drei CDs und<br />
eine DVD umfassenden Box,<br />
die angemessen an den 1981<br />
viel zu früh mit nur 37 Jahren<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Musiker erinnert:<br />
Drei rare gemeinsame Tracks<br />
der beiden Ausnahmekünstler<br />
sind hier zu hören. „Roots”,<br />
„Jams” und „Last Licks” sind<br />
die drei CDs jeweils betitelt<br />
und zeichnen die Entwicklung<br />
Bloomfields eindrucksvoll<br />
nach. Seine Anfänge im Blues<br />
und frühe Demos und Auditions für den legendären<br />
Talentscout John Hammond sind<br />
dokumentiert, desgleichen seine Arbeit mit<br />
der Paul Butterfield Blues Band, Kooperationen<br />
mit Muddy Waters, Janis Joplin,<br />
Al Kooper und Nick Gravenites, Fred Tackett<br />
(Little Feat) oder seiner Band Electric<br />
Flag. Die meisten Aufnahmen wurden von<br />
diversen Alben der Beteiligten zusammengetragen,<br />
aber es gibt auch einiges an unveröffentlichten<br />
Aufnahmen wie die zwölf<br />
Demos, Live-Aufnahmen oder Dokumentationen<br />
von aufschlussreichen Ansagen<br />
bei Konzerten. Hörbar wird jedenfalls,<br />
welch begnadeter Gitarrist Bloomfield war<br />
– und nachvollziehbar, wie er durch Heroin<br />
und andere Substanzen letztlich sein Talent<br />
verschleuderte. Sehr informativ ist – neben<br />
dem Essay von Michael Simmons im fetten<br />
Booklet – zudem die knapp einstündige<br />
Dokumentation „Sweet Blues<br />
– A Film About Mike Bloomfield”<br />
von Bob Scarles. Da ist<br />
der Performer Mike Bloomfield<br />
beispielsweise beim<br />
Monterey Pop Festival 1967<br />
zu erleben.<br />
Das Boxset trägt einen passenden<br />
Titel: Bloomfields Musik<br />
entstand im Kopf, wurde<br />
auf dem Weg über das Herz<br />
emotional angereichert und<br />
von den Händen meisterhaft<br />
umgesetzt. Und es wird deutlich,<br />
was Eric Clap<strong>to</strong>n meinte,<br />
als er sagte: „Mike Bloomfield ist Musik<br />
auf zwei Beinen!” Musik, die aus einer<br />
ganz eigenen Mixtur aus Blues, Rock und<br />
Folk bestand, die so wohl nur in den turbulenten<br />
60er Jahren entstehen, ins nächste<br />
Jahrzehnt weitergetragen werden konnte<br />
und bis heute nachwirkt. Highlights gibt es<br />
en masse: vom bislang unveröffentlichten<br />
Akustikgitarren-Alleingang “Hammond’s<br />
Rag” über Electric Flags “Killing Floor”<br />
bis zu den Dylan-Nummern.<br />
(Legacy/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 16/62:20,<br />
14/61:35, 17/63:18, DVD: 58 Min.) pro<br />
Seite 30 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
TOP 5 – Neuerscheinungen 2013<br />
1. Roger Taylor – Fun On Earth<br />
2. Black Sabbath – 13<br />
3. Deep Purple – Now What?!<br />
4. Manic Street Preachers – Rewind The Film<br />
5. Arcade Fire – Refl ek<strong>to</strong>r<br />
Fabian Leibfried<br />
1. Amon Amarth – Deceiver Of The Gods<br />
2. Sodom – Epi<strong>to</strong>me Of Torture<br />
3. Heino – Mit freundlichen Grüßen<br />
4. Adam Ant – Adam Ant Is <strong>the</strong> Blueblack Hussar in Marrying ...<br />
5. Emmylou Harris & Rodney Crowell – Old Yellow Moon<br />
Jens-Uwe Berndt<br />
1. Eric Clap<strong>to</strong>n – Old Sock<br />
2. John Fogerty – Wrote A Song For Everyone<br />
3. Emmylou Harris & Rodney Crowell – Old Yellow Moon<br />
4. Willie Nelson – Let’s Face The <strong>Music</strong> And Dance<br />
5. Tony Joe White – Hoodoo<br />
Rüdiger Bloemeke<br />
1. Nick Cave & The Bad Seeds – Push The Sky Away<br />
2. Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing<br />
3. Steve Hackett – Genesis Revisited II<br />
4. Wolfgang Niedecken – Zosamme alt<br />
5. Dream Theater – Dream Theater<br />
Lothar Brandt<br />
1. Midlake – Antiphon<br />
2. Alex Hepburn – Toge<strong>the</strong>r Alone<br />
3. Amplifi er – Echo Street<br />
4. Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing<br />
5. Allen S<strong>to</strong>ne – Allen S<strong>to</strong>ne<br />
Michael Fuchs-Gamböck<br />
1. Arbouretum – Coming Out Of The Fog<br />
2. The Electric Stars – Sonic Candy Soul<br />
3. Terry Allen – Bot<strong>to</strong>m Of The World<br />
4. Willis Earl Beal – Nobody Knows<br />
5. Leyla McCalla – Vari-Colored Songs<br />
Hans-Jürgen Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing<br />
2. Haken – The Mountain<br />
3. Leslie West – Climbing<br />
4. Black Sabbath – 13<br />
5. Aynsley Lister – Home<br />
Ralf Gün<strong>the</strong>r<br />
1. Milky Chance – Sadnecessary<br />
2. Silly – Kopf an Kopf<br />
3. Bosse – Kraniche<br />
4. Gregory Porter – Liquid Spirit<br />
5. Adel Tawil – Lieder<br />
Christian Hentschel<br />
1. Travis – Where You Stand<br />
2. Adam Green & Bikini Shapiro – Adam Green & Bikini Shapiro<br />
3. Manic Street Preachers – Rewind The Film<br />
4. Prefab Sprout – Crimson/Red<br />
5. Rogue Wave – Nightingale Floors<br />
1. Bos<strong>to</strong>n – Life, Love & Hope<br />
2. Homeless Hill – Invincible<br />
3. Blackmore’s Night – Dancer And The Moon<br />
4. Blutengel – Monument<br />
5. Agnetha Fältskog – A<br />
Frank Küster<br />
1. Paul McCartney – New<br />
2. Billi Joe & Norah – Foreverly<br />
3. Curtis Stigers – Let’s Go Out Tonight<br />
4. Martin Barre – Away With Words<br />
5. Bob James & David Sanborn – Quartette Humaine<br />
Helmut Ölschlegel<br />
1. The Rides – Can’t Get Enough<br />
2. Black Star Riders – All Hell Breaks Loose<br />
3. Leslie West – Still Climbing<br />
4. Paul Rose – Double Life<br />
5. Chris Kramer – Unterwegs zur Sonne<br />
Philipp Roser<br />
Mitarbeiter<br />
1. Arcade Fire – Refl ek<strong>to</strong>r<br />
2. Pat Me<strong>the</strong>ny / TAP – John Zorn’s Book Of Angels Vol. 20<br />
3. Milky Chance – Sadnecessary<br />
4. Bastille – Bad Blood<br />
5. Imagine Dragons – Night Visions<br />
Oliver Schuh<br />
1. Elvis Costello & The Roots – Wise Up Ghost<br />
2. Grant Hart – The Argument<br />
3. Slut – Alienation<br />
4. Garland Jeffreys – Truth Serum<br />
5. The Black Angels – Indigo Meadow<br />
Frank Schuster<br />
1. Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing<br />
2. Prinz Pi – Kompass ohne Norden<br />
3. Dawn McCarthy & Bonnie Prince Billy – What The Bro<strong>the</strong>rs Sang<br />
4. Wolfgang Niedecken – Zosamme alt<br />
5. Declan O’Rourke – Mag Pai Zai<br />
Ulrich Schwartz<br />
1. Chris Grant – It’s Not About War<br />
2. Tedeschi Trucks Band – Made Up Mind<br />
3. John Lennon McCullagh – North South Divide<br />
4. Ana Popovic – Can You Stand The Heat<br />
5. Clem Clempson – In The Public Interest<br />
Alan Tepper<br />
1. Andy Fairwea<strong>the</strong>r Low & The Low Riders – Zone-O-Tone<br />
2. Caro Emerald – The Shocking Miss Emerald<br />
3. Ben Sidran – Don’t Cry For No Hipster<br />
4. Clem Clempson – In The Public Interest<br />
5. Eric Clap<strong>to</strong>n – Old Sock<br />
Uli Twelker<br />
1. Pearl Jam – Lightning Bolt<br />
2. Motörhead – Aftershock<br />
3. Deep Purple – Now What?!<br />
4. Aynsley Lister – Home<br />
5. Andrew S<strong>to</strong>ckdale – Keep Moving<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
Tino Krauter<br />
Andy Scott (Sweet)<br />
1. John Mayer – Paradise Valley<br />
2. Paul McCartney – New<br />
3. Joe Satriani – Uns<strong>to</strong>ppable Momentum<br />
4. Deep Purple – Now What?!<br />
5. Black Sabbath – 13<br />
)<br />
Thomas Wachter<br />
Mick Box (Uriah Heep)<br />
(Uriah Heep)<br />
1. Winery Dogs – Elevate<br />
2. Deep Purple – Now What?!<br />
3. Blackmore’s Night – Dancer And The Moon<br />
4. Black Sabbath – 13<br />
5. Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 31<br />
©P<br />
Pr essefo<strong>to</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
CLIFF RICHARD<br />
THE FABULOUS ROCK’N’ROLL<br />
SONGBOOK<br />
Eine geradezu bösartige Verleumdung ist<br />
die These eines UK-Kritikerkollegen, die<br />
neue CD von Sir Cliff Richard sei „Musik<br />
fürs Pflegeheim”. Natürlich sind seine<br />
Neuinterpretationen von 14 Rock’n’Roll-<br />
Klassikern nicht so rau wie einst bei<br />
Chuck Berry oder Little Richard, aber sie<br />
haben Schmackes. Immerhin ist der UK-<br />
Altmeister schon 73, und dafür hat er noch<br />
beachtlich Schwung. Er und seine Begleiter<br />
in Nashville haben die Klassiker bis<br />
auf “Johnny B. Goode” nicht sklavisch<br />
nachgespielt, sondern auch mal kleine Eigentupfer<br />
platziert (wovon man sich bei<br />
“Wake Up Little Susie” mehr gewünscht<br />
hätte). Richard kann immer noch kuschelig<br />
schmeicheln, aber Rockabilly (samt<br />
Country-Flair) kriegt er ebenfalls gut hin.<br />
Ordentlich. Und der balladesk-poppige<br />
Kontrapunkt am Ende mit dem neuen “One<br />
More Sunny Day” ist vertretbar.<br />
(Rhino/Warner, 2013, 15/44:10) pro<br />
LEE HAZLEWOOD /<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
LEE HAZLEWOOD INDUSTRIES<br />
– THERE’S A DREAM I’VE BEEN<br />
SAVING 1966–1971<br />
Das von Mitte der 60er bis Anfang der 70er<br />
Jahre von Lee Hazlewood geleitete Plattenlabel<br />
LHI Records ist heute wohl nur noch absoluten<br />
Sixties-Nerds bekannt. Erlangte doch<br />
kaum einer der dort unter Vertrag genommenen<br />
Künstler größere Bekann<strong>the</strong>it. Abgesehen<br />
vielleicht von der International Submarine<br />
Band, der ersten Combo von Gram<br />
Parsons, des späteren Mitglieds der Byrds und<br />
Flying Burri<strong>to</strong> Bro<strong>the</strong>rs. Doch was bedeutet<br />
schon Ruhm, wenn es dem geschmackssicheren<br />
Hazlewood gelungen war, so viele<br />
auch noch heute entdeckenswerte Küntler<br />
an Land zu ziehen! Dank der 4-CD/1-DVD-<br />
Box LEE HAZLEWOOD INDUSTRIES –<br />
THERE’S A DREAM I’VE BEEN SAVING<br />
1966–1971 ist es nun möglich, an einen Teil<br />
der heute meist vergriffenen Aufnahmen heranzukommen.<br />
In Hazlewoods Rennstall (siehe<br />
S<strong>to</strong>ry in dieser Ausgabe) tummelten sich so<br />
außergewöhnlich gute Künstler wie die Garage-,<br />
Beat-, und Psych-Bands The Kitchen<br />
Cinq, Hamil<strong>to</strong>n Streetcar, Last Friday’s Fire<br />
und The Aggregation, die Girl-Group Honey<br />
Ltd. sowie Country-Crooner wie Lynn Castle,<br />
Sanford Clark und Ann-Margret. Diese und<br />
viele weitere LHI-Musiker werden auf zwei<br />
der CDs vorgestellt, auf den anderen beiden<br />
befinden sich die vier eigenen Alben Hazlewoods,<br />
die er auf seinem Label veröffentlichte<br />
und die zu den besten in seinem Gesamtwerk<br />
zählen: THE COWBOY AND THE LADY<br />
(1969), FORTY (1969), COWBOY IN<br />
SWEDEN (1970) und REQUIEM FOR AN<br />
ALMOST LADY (1971). Bei Letzterem verzichtete<br />
er fast vollständig auf die opulenten<br />
Arrangements, für die er bekannt wurde. In<br />
seiner Reduzier<strong>the</strong>it erinnert das Album fast<br />
an die späten „American Recordings” von<br />
Johnny Cash. Auf der beiliegenden DVD<br />
befindet sich mit dem 1970 in Schweden<br />
gedrehten Film „Cowboy In Sweden” eine<br />
wahre Preziose. Das wunderschön gestaltete,<br />
klanglich hervorragende CD-Boxset kommt<br />
mit einem reich bebilderten, 172-seitigen<br />
Hardcover-Buch, in dem man in lesenswerten<br />
S<strong>to</strong>rys und Interviews viel über das kurzlebige<br />
Label erfährt.<br />
(Light In The Attic/Cargo, 2013,<br />
27/76:55, 25/76:07, 28/77:22, 27/77:00,<br />
DVD 60 Min.)<br />
frs<br />
SIMPLY RED<br />
SONG BOOK<br />
Als Mick Hucknall<br />
2010 Simply Red<br />
auflöste, konnte er<br />
zusammen mit seinen<br />
Bandkollegen<br />
auf eine imposante<br />
Erfolgsgeschichte<br />
zurückblicken. ükbli k Rund d50<br />
Millionen verkaufte<br />
Tonträger, einen Grammy, zwei Brit-Awards;<br />
alle zehn Studio-Alben, die sie zwischen<br />
1985 und 2007 veröffentlichten, kletterten<br />
bis in die Top 10, neun davon sogar in die<br />
Top 5. Erstmals gibt es mit SONG BOOK<br />
nun einen ausführlichen Blick zurück auf die<br />
25-jährige Karriere der Band aus Manchester.<br />
Pro Dekade zusammengefasst auf einer<br />
CD (“Eighties”, “Nineties”, “Noughties”),<br />
gibt es ausgewählte Albumtracks zu hören,<br />
darunter natürlich alle Hits wie “Money Too<br />
Tight (To Mention)”, “If You Don’t Know<br />
Me By Now”, “Something Get Me Started”<br />
und “Fairground”, auf einer vierten CD sind<br />
bisher unveröffentlichte Neuaufnahmen<br />
(“Re-Recorded At Home 2005”) von zwölf<br />
Simply-Red-Songs enthalten. Dazu ein<br />
schönes, voluminöses Booklet mit der ausführlichen<br />
Bands<strong>to</strong>ry, Fo<strong>to</strong>s und Coverabbildungen<br />
sowie allen Produktionsinfos.<br />
(Rhino/Warner, 2013, 4 CDs) tk<br />
SUZANNE VEGA<br />
TALES FROM THE REALM OF<br />
THE QUEEN OF PENTACLES<br />
Die vergangenen Jahre brachte Suzanne Vega<br />
damit zu, einen Großteil ihrer alten Songs für<br />
die vierteilige CD-Serie CLOSE UP noch<br />
einmal neu und abgeändert einzuspielen. Nun<br />
veröffentlicht die US-amerikanische Sängerin/Songschreiberin<br />
mit TALES FROM THE<br />
REALM OF THE QUEEN OF PENTACLES<br />
ihr erstes Album mit vollständig neuem Material<br />
seit sieben Jahren. Mit den „Geschichten<br />
aus dem Reich der Königin der Pentagramme”<br />
knüpft die 54-Jährige spielend leicht an ihre<br />
großen Alben wie SOLITUDE STANDING<br />
(1987) an. Der folkige Ton der frühen Jahre<br />
ist weitgehend verschwunden, dafür rockt<br />
sie auf dem Neuling teilweise schon beinahe<br />
Rolling-S<strong>to</strong>nes-artig los. Höhepunkte sind<br />
das kräftig-kernige “I Never Wear White”,<br />
das bluesig-rumpelnde “Song Of The S<strong>to</strong>ic”<br />
sowie das zart-versponnene “Portrait Of The<br />
Knight Of Wands”, das noch am ehesten auf<br />
ihr 1985er Debütalbum gepasst hätte. Ein beeindruckendes<br />
Comeback.<br />
(Cooking Vinyl/Indigo, 2014, 10/36:46) frs<br />
THOMAS RODENBACH<br />
STARS<br />
Nach den Sternen greift der in München<br />
lebende Singer/Songwriter Thomas Rodenbach<br />
mit seinem Album STARS. Erreichen<br />
wird er sie zwar nicht, aber er schwimmt in<br />
der breiten Masse im Grenzgebiet zwischen<br />
Pop und Rock sehr gut mit, kann mit seinen<br />
melodieschwangeren Songs und einer<br />
angenehmen Stimme überzeugen. Die einzige<br />
Cover-Version “Sunglasses At Night”<br />
(Corey Hart) gewinnt durch die kurzen,<br />
schnittigen Gitarrenpassagen als Kontrast<br />
zu Rodenbachs Piano. Das Stück steht auch<br />
exemplarisch für den gut gemeisterten Spagat<br />
zwischen nachdenklichen Stimmungen<br />
und kraftvollem Loslegen. Mit STARS<br />
braucht sich Rodenbach auch im internationalen<br />
Vergleich nicht zu verstecken – und<br />
“Sorry” wie das sehr reduzierte “In O<strong>the</strong>r<br />
Words” würden auch gut in El<strong>to</strong>n Johns Reper<strong>to</strong>ire<br />
passen. Ein Lob verdienen auch die<br />
Arrangements!<br />
(7us/New <strong>Music</strong> Distribution, 2013,<br />
8/31:46) pro<br />
DARYL HALL / JOHN OATES<br />
VOICES<br />
Daryl Hall und John<br />
Oates waren schon<br />
mehr als eine Dekade<br />
aktiv, bis der ganz<br />
große<br />
Durchbruch<br />
kam – und zwar mit<br />
VOICES. Das Album<br />
enthielt mit “You Make My Dreams”,<br />
dem kommerziellen “Kiss On My List”,<br />
“Everytime You Go Away” und einer sehr<br />
„soft-rockigen” Neuinterpretation des von<br />
den Righteous Bro<strong>the</strong>rs popularisierten<br />
“You’ve Lost That Lovin’ Feelin’” gleich<br />
vier Hits! Klar, die Musik ist sehr in ihrer<br />
Zeit verhaftet, was den Disco-Nostalgiker<br />
nicht daran hindern wird, sich das Album<br />
erneut zuzulegen, da die remasterte Fassung<br />
wesentlich ausgewogener klingt und<br />
nicht mehr so unangenehm basslastig. Na<br />
ja, und Hall & Oates hatten im Vergleich<br />
mit zeitgenössischen Popacts doch noch<br />
mehr Substanz. Die MFSL-Edition enthält<br />
ein hübsch gestaltetes, 16-seitiges Booklet<br />
mit fast allen Texten.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1980,<br />
11/44:07) at<br />
CALEXICO<br />
SPIRITOSO<br />
Rockband plus Orchester – das gab es zwar<br />
schon häufiger. Doch bei Calexico weckt<br />
das ganz besondere Erwartungen, denn der<br />
Sound der Combo war ohnehin schon immer<br />
sehr soundtrackartig, klangsugges tiv<br />
und kammermusikalisch und wurde bereits<br />
häufiger mit den Filmscores von Ennio<br />
Morricone verglichen. Und tatsächlich geht<br />
das Zusammentreffen der Americana-Band<br />
aus Tucson, Arizona, mit dem Deutschen<br />
Filmorchester Babelsberg und dem ORF-<br />
Radio-Symphonieorchester voll und ganz<br />
auf. Auf dem an zwei Abenden in Berlin<br />
und Wien aufgezeichneten Live-Album<br />
SPIRITOSO erstrahlen die Songs von<br />
Joey Burns und John Convertino in voller<br />
Schönheit, erklingen in Cinemascopehafter<br />
Breite und stecken doch voller kleiner<br />
Klangfarbtupfer. Vor dem inneren Auge<br />
läuft dazu quasi ein ganz eigener (Italo-)<br />
Western ab. “Crystal Frontier” könnte die<br />
Abspannmusik sein, zu der der Held einsam<br />
und gebrochen in den Sonnenuntergang<br />
reitet.<br />
(City Slang/Universal, 2013, 12/55:55) frs<br />
Pop<br />
THE NUTOPIANS<br />
LENNON RE-IMAGINED<br />
Nach ihrem erfolgreichen ersten Abstecher<br />
in die Songwelt John Lennons (IMA-<br />
GINED – THE JOHN LENNON SONG<br />
PROJECT, 2010) haben sich die beiden<br />
amerikanischen Singer/Songwriter Tom<br />
Dean und Rex Fowler mit ihrer Tourband<br />
– den Nu<strong>to</strong>pians – auch für LENNON RE-<br />
IMAGINED wieder zahlreiche Beatles/<br />
Lennon-Klassiker zur Neuinterpretation<br />
ausgesucht. Dabei wurden sie vor allem<br />
vom Zuspruch des Publikums überrascht,<br />
2010 waren gerade mal zehn Auftritte geplant,<br />
um das Album zu promoten – aktuell<br />
<strong>to</strong>uren sie immer noch mit diesem Programm<br />
quer durch die USA, jetzt ergänzt<br />
um die Stücke ihres neuen Albums. Dabei<br />
wechseln Stile, Stimmungen und Arrangements,<br />
stehen eindringliche Versionen<br />
von Songs wie “Dear Prudence” und “No<br />
Reply” Schulter an Schulter mit schwungvollen<br />
Folksongs wie “And Your Bird Can<br />
Sing”, zeigen sie, wie man Klassiker wie<br />
“Instant Karma”, “Bungalow Bill” oder<br />
“All You Need Is Love” hochklassig in<br />
akus tische Gewänder kleiden kann, ohne<br />
dass sie ihre Faszination verlieren.<br />
(Red Engine Records/Import, 2013,<br />
13/44:41) us<br />
JAKE BUGG<br />
SHANGRI LA<br />
Jake Bugg war einer<br />
der Newcomer-Sensationen<br />
des Jahres<br />
2012. Mit gerade einmal<br />
18 Jahren legte<br />
der Engländer mit<br />
der Pilzkopffrisur ein<br />
reifes Debütalbum (#1 UK) vor, das ihm<br />
aufgrund seiner Sixties-Orientierung Vergleiche<br />
mit Bob Dylan und der Beatszene<br />
sowie Brit-Pop à la Oasis einbrachte. Auch<br />
der Nachfolger SHANGRI LA, aufgenommen<br />
von der Produzentenlegende Rick<br />
Rubin in dessen gleichnamigem Studio im<br />
kalifornischen Malibu, ist ein beeindruckendes<br />
Werk. Raue, explosive Songs wie<br />
“Slumville Sunrise” und “What Doesn’t<br />
Kill You” stehen neben zarten Balladen<br />
wie “A Song About Love” und “All Your<br />
Reasons”. Das Songwriting ist sicher, die<br />
Band perfekt eingespielt. Was will man<br />
noch mehr?<br />
(Virgin/EMI, 2013, 12/39:57) frs<br />
DUSTY SPRINGFIELD<br />
DUSTY IN MEMPHIS<br />
Die britische Sängerin Dusty Springfield<br />
schaffte es mit steter Regelmäßigkeit, Konkurrentinnen<br />
wie Lulu oder Sandie Shaw<br />
auf die hinteren Chartpositionen zu verweisen.<br />
Als der progressive Rock die Musikszene<br />
dominierte, entschied sie sich zu<br />
einem cleveren Schachzug, engagierte die<br />
Produzenten Tom Dowd und Jerry Wexler<br />
und nahm in den USA eins ihrer besten Alben<br />
auf. DUSTY IN MEMPHIS erschien<br />
auf Atlantic und enthält mit “Son Of A<br />
Preacher Man” einen der größten Hits der<br />
Dame. Intensiver Pop mit geschmackvollen<br />
Bläsern (“Don’t Forget About Me”), Light<br />
Jazz (“In The Land Of Make Believe”),<br />
Gospel-angehauchter Pop (“No Easy Way<br />
Down”) und zwei hervorragende Bonus-<br />
Tracks (“That Old Sweet Roll”, “What Do<br />
Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
You Do When Love Dies”) bringen ihre<br />
Stimme ausgezeichnet zur Geltung. Ein<br />
Evergreen im glasklaren Remastering!<br />
(Analogue Productions/Sieveking Sound,<br />
1969, 14/42:06) at<br />
JON ANDERSON<br />
CHANGE WE MUST<br />
Inspiriert durch das<br />
gleichnamige<br />
Buch<br />
der<br />
hawaiianischen<br />
spirituellen<br />
Lehrerin<br />
Nana Veary<br />
nahm Jon Anderson<br />
1994 CHANGE WE<br />
MUST auf, interpretierte ti in orchestrierten<br />
Versionen Songs aus seiner Vergangenheit<br />
neu: “Hurry Home” und “Under The Sung”<br />
hatte er zuvor solo veröffentlicht, “Hearts”<br />
mit Yes, während “State Of Independence”,<br />
“Change We Must” und “Candle Songs”<br />
aus dem gemeinsam Schaffen mit Vangelis<br />
stammten. Im Orchesterkontext kam/<br />
kommt Andersons Stimme perfekt zur Geltung,<br />
vor allem bei den Balladen, zumal<br />
er nie in den Kitsch abrutschte. Er malte<br />
gefangennehmende Klanglandschaften,<br />
entfaltete geschickt dramaturgische Spannungsbögen.<br />
Denen kann man in entsprechender<br />
Stimmung immer noch verfallen.<br />
Die remasterte Neufassung ist mit einem<br />
Interview zur Entstehung sowie der Singleversion<br />
des Titelstücks angereichert.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 1994,<br />
14/63:55) pro<br />
THE PALEY BROTHERS<br />
THE COMPLETE<br />
RECORDINGS<br />
Wie man es schafft, trotz massenkompatibler<br />
Musik und großen individuellen Könnens<br />
halbwegs erfolglos zwischen allen Stühlen<br />
zu landen, führten der singende Multi-<br />
Instrumentalist Andy Paley aus Bos<strong>to</strong>n und<br />
sein Bruder Jonathan in der zweiten Hälfte<br />
der Siebziger eindrucksvoll tragisch vor.<br />
The Paley Bro<strong>the</strong>rs brachten es nur auf ein<br />
Album (1978) und ein paar Singles/EPs, alle<br />
gefüllt mit hyper-ohrwürmigem Power-Pop<br />
und Artverwandtem, fast alles aus eigener<br />
Feder. Songs wie “You’re The Best”, “Tell<br />
Me Tonight”, “Lovin’ Eyes Don’t Lie” oder<br />
“Magic Power” hätten den Pop-Himmel stürmen<br />
müssen, aber ... den einen waren The<br />
Paley Bro<strong>the</strong>rs nicht genügend punkig, den<br />
anderen nicht Cheap-Trick-ähnlich genug,<br />
und die Dritten fühlten sich zu sehr an die<br />
Bay City Rollers erinnert. Die endlich vorliegende<br />
Werkschau bündelt THE COMPLETE<br />
RECORDINGS, darunter elf unveröffentlichte<br />
Tracks. Höhepunkte sind neben den<br />
genannten Songs “Come On Let’s Go” (eine<br />
Zusammenarbeit mit den Ramones), die <strong>to</strong>lle<br />
Cover-Version von “Stick With Me Baby”<br />
(Mel Tillis) und die Phil-Spec<strong>to</strong>r-Nummer<br />
“Baby Let’s Stick Toge<strong>the</strong>r”.<br />
(Real Gone <strong>Music</strong>/Import,<br />
2013, 26/76:26) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
BOWLER HAT & LEATHER<br />
BOOTS<br />
Sammler aufgepasst! Der Großteil der auf<br />
diesem Sampler versammelten Songs aus<br />
den 50er und 60er Jahren erlebt auf BOW-<br />
LER HAT & LEATHER BOOTS seine<br />
CD-Premiere, viele Titel wurden in dieser<br />
Form sogar noch nie veröffentlicht. Die<br />
<strong>the</strong>matische Klammer liest man im Untertitel:<br />
„Personalities Go Pop Art” bedeutet<br />
nicht mehr und nicht weniger, als dass<br />
man hier große Bühnen- und Filmpersönlichkeiten<br />
als (Pop-)Sänger erleben kann.<br />
Wenn also Künstler wie Oliver Reed,<br />
Dirk Bogarde und Kenneth Williams in<br />
britischen Serien wie „The Avengers”<br />
(„Mit Schirm, Charme und Melone”)<br />
oder „The Saint” („Simon Templar”) ein<br />
Liedchen anstimmten, wenn Schauspieler<br />
wie David Niven, Elke Sommer, Robert<br />
Mitchum, Pete Sellers, Sophia Loren,<br />
Anthony Perkins, Ian Carmichael oder<br />
Orson Welles ihr musikalisches Talent in<br />
die Waagschale werfen durften, hier gibt<br />
es diese Versuche zu hören ...<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
34/78:27) us<br />
DAVID CROSBY<br />
CROZ<br />
Das letzte Studiosolo-Album<br />
David<br />
Crosbys,<br />
THOUSAND<br />
ROADS (1993),<br />
liegt schon 21 Jahre<br />
zurück. Nun kehrt<br />
das frühere Byrds- und weiterhin Crosby,<br />
Stills & Nash-Mitglied mit dem umso furioseren<br />
CROZ zurück – zum allerbesten<br />
Zeitpunkt, berufen sich doch derzeit sehr<br />
viele junge Americana-Bands auf den<br />
großen Singer/Songwriter. Auf CROZ<br />
stellt Crosby einmal mehr unter Beweis,<br />
wer in der CSN-Troika stets für die besten<br />
ruhigen, nachdenklichen Songs zuständig<br />
war. Schon der Opener “What’s Broken”,<br />
von Mark Knopflers wunderschönen<br />
Gitarren-Fill-ins ausgeschmückt, gibt die<br />
introvertierte, melancholische Grundstimmung<br />
des Albums vor, das in Jackson<br />
Brownes Studio im kalifornischen Santa<br />
Monica entstand. Weitere Höhepunkte der<br />
filigranen, bei jedem Hören weitere kleine<br />
Details offenbarenden Produktion sind<br />
“Holding On To Nothing”, dessen schwebende<br />
Akkorde an den CSN&Y-Klassiker<br />
“Triad” erinnern und über die Jazztrompeter<br />
Wyn<strong>to</strong>n Marsalis ein großartiges<br />
Solo bläst, sowie das wuchtige “Set That<br />
Baggage Down” und das folkig-perlende,<br />
lediglich von zwei Gitarren begleitete “If<br />
She Called”.<br />
(Blue Castle/Warner, 2014,<br />
11/46:59) frs<br />
AL DI MEOLA<br />
ALL YOUR LIFE<br />
So lobt man sich Cover-Versionen: Die<br />
Originale sind (über mehr oder weniger<br />
weite Strecken) immer noch erkennbar,<br />
und doch hat der Neuinterpret eigene Inspiration<br />
einfließen lassen und reichert somit<br />
die Originale an. Genau das ist Meistergitarrist<br />
Al Di Meola zu attestieren,<br />
der sich 14 Beatles-Klassiker vor- und in<br />
den Abbey Road Studios aufgenommen<br />
hat. Er greift auf seinen Erfahrungsschatz<br />
aus dem Jazz zurück, ebenso auf südamerikanische<br />
Musik und Flamenco. Mal<br />
rhythmisch vertrackt, dann wieder leichtfüßig<br />
über die Saiten tänzelnd, zwischendurch<br />
mit Streichern – so zaubert er ein<br />
kleines Meisterwerk hin, bei dem sich die<br />
Highlights jagen und das seinen Ansprüchen<br />
wie auch den Beatles gerecht wird.<br />
Selbst wenn Fab-Four-Fans möglicherweise<br />
mit dieser freizügigen Bearbeitung<br />
Probleme haben. Chapeau!<br />
(inakustik, 2013, 14/54:42)<br />
pro<br />
HOLGER BIEGE<br />
DIE ORIGINAL-ALBEN<br />
Der charismatische<br />
Künstler<br />
Holger<br />
Biege feierte 2012<br />
seinen 60. Geburtstag,<br />
zu dem diverse<br />
Jubiläumsaktivitäten<br />
geplant waren,<br />
doch ein Schlaganfall Shl durchkreuzte die<br />
Vorhaben. Inzwischen ist er – laut seiner<br />
Website – auf dem Wege der Besserung<br />
und hofft auf seine Rückkehr auf die Konzertbühnen.<br />
Eine neue fünfteilige, mit 80<br />
Tracks ausgestattete CD-Box lässt den<br />
Hörer noch einmal am bisherigen Schaffen<br />
des Musikers teilhaben. Angefangen<br />
bei seinen legendären Amiga-Alben von<br />
1978/79 bis hin zu Eigenproduktionen<br />
aus den Neunzigern. Highlights der Box<br />
sind etliche Bonus-Tracks wie Liveversionen,<br />
ein Duett mit Veronika Fischer und<br />
Songs, die es nur auf Singles gab, sowie<br />
das gesuchte 1984er Album DAS EIGE-<br />
NE GESICHT, das Biege nach seinem<br />
Weggang aus der DDR bei Polydor veröffentlichte.<br />
Dieser Release blieb allerdings<br />
ohne nennenswerte Erfolge. Zuvor war er<br />
im Osten Deutschlands der ungewöhnlichste<br />
und erfolgreichste Pop/Rocksänger.<br />
Unbewusst nahm er vieles vorweg,<br />
was heute den Erfolg von Sängern wie<br />
Xavier Naidoo ausmacht.<br />
(Sechzehnzehn/Buschfunk, 2014, 19/52:33<br />
+ 16/56:37 + 16/53:27 + 15/50:00 +<br />
14/48:17) che<br />
BLUE ZOO<br />
2 BY 2<br />
Um neun Bonus-Tracks erweitertes erstes<br />
Album einer Gruppe, der 1983 ein ziemlicher<br />
Paukenschlag gelang. Andy Overall<br />
(voc), Tim Parry (g), Mike Ansell (b), David<br />
Woolfson (keys) und Mickey Sparrow<br />
(dr) machten noch nicht alles richtig, aber<br />
es gelang ihnen dennoch ein Popdebüt,<br />
wie es sich nur alle Jubeljahre ereignet.<br />
Blue Zoo waren Traditionalisten beim<br />
Songaufbau und Modernisten bei der Instrumentierung<br />
und den Arrangements.<br />
Sie pendelten zwischen Bowie, U2 und<br />
Depeche Mode oder Kajagoogoo, mixten<br />
scheinbar Unvereinbares, ohne schon den<br />
Mut zu radikalen Innovationen aufzubringen.<br />
Das führte zu unbeabsichtigten<br />
Achterbahnfahrten: Neben Hämmern wie<br />
“Cry Boy Cry”, “Love Moves In Strange<br />
Ways” (mit mächtig wühlendem “Walk-<br />
On The Wild Side”-Bass) und “Something<br />
Familiar” standen auch Hitparaden-<br />
Schieler wie “John’s Lost” und “Can’t<br />
Hold My Down”. Aber selbst die waren<br />
bloß Ausrutscher und längst keine Gruselereignisse!<br />
Ohne Füller schienen Blue<br />
Zoo vor einer glänzenden Zukunft zu<br />
stehen. Daraus wurde bekanntlich nichts,<br />
aber seit 2010 ist die 1985 aufgelöste<br />
Gruppe wieder aktiv.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
2013, 19/72:10) hjg<br />
Pop<br />
WET WET WET<br />
STEP BY STEP –<br />
THE GREATEST HITS<br />
Vor allem in ihrer britischen Heimat räumten<br />
die Schotten Wet Wet Wet in den 80er<br />
Jahren ab, hier zu Lande landeten sie mit<br />
“Love Is All Around” einen Hit, konnten mit<br />
ihrem Pomp-Pop aber nicht ganz an die UK-<br />
Erfolge anschließen. In den letzten Jahren<br />
kam die Band nach fünfjähriger Inaktivität<br />
ab 2005 immer wieder zusammen, veröffentlichte<br />
sei<strong>the</strong>r nur ein neues Studio-Album.<br />
Dafür gab es mehrere „Best Of”-Scheiben,<br />
mit denen sich STEP BY STEP natürlich<br />
überschneidet. Den Kaufreiz erhöhen jetzt<br />
drei neue Songs mit dem bandtypischen<br />
Strickmuster: Die Titelnummer, “Sad Kinda<br />
Love” und “Playin’ Like A Kid” fügen sich<br />
nahtlos ein, weisen die typische WWW-Balladengüte<br />
und unterschwellige Soulaffinität<br />
auf, Marti Pellow hat immer noch Charisma<br />
in der Stimme, doch die Nummern sind etwas<br />
steril produziert.<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2013, 20/79:09) pro<br />
JOHN’S CHILDREN<br />
A STRANGE AFFAIR –<br />
THE SIXTIES RECORDINGS<br />
Ob John’s Children<br />
nun mit ihrer Psych-<br />
Popmusik mehr den<br />
70er-Glam-Rock<br />
oder später den Punk<br />
einläuteten,<br />
diese<br />
Frage kann auch A<br />
STRANGE AFFAIR – THE SIXTIES RE-<br />
CORDINGS nicht beantworten, aber mit<br />
den kompletten Aufnahmen der Band zwischen<br />
1966 und 1970 liefert diese Doppel-<br />
CD zumindest alles, was man von ihnen<br />
braucht. Besonders interessant für Marc-<br />
Bolan-Fans dürften die Aufnahmen sein,<br />
bei denen der spätere T. Rex-Frontmann (in<br />
seiner nur wenige Monate währenden Mitgliedschaft<br />
bei John’s Children) seine selbst<br />
verfassten Songs zum Besten gibt, legendär<br />
vor allem das aufgrund seines Textes von<br />
der BBC auf den Index gesetzte “Desdemona”.<br />
Klasse auch das sehr informative<br />
Booklet (inklusive Song-by-Song-Notes),<br />
in dem man u.a. das weiße, „unschuldige”<br />
Bühnenoutfit sieht, das in krassem Gegensatz<br />
zu ihren wilden Shows mit inszenierten<br />
Schlägereien, Kunstblut und einem Ketten<br />
schwingendem Marc Bolan stand.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
26/68:20, 26/74:54) us<br />
NICK DRAKE<br />
TUCK BOX<br />
Für gerade mal rund 25 Euro umfasst die<br />
in limitierter Auflage erschienene TUCK<br />
BOX nahezu das gesamte Werk des 1974<br />
schon mit 26 Jahren freiwillig aus dem<br />
Leben geschiedenen Folkmusikers. In der<br />
keineswegs billig aufbereiteten Box finden<br />
sich die drei zu Lebzeiten erschienenen Alben<br />
FIVE LEAVES LEFT (1970), BRUY-<br />
TER LAYTER (1970) und PINK MOON<br />
(1972), die auf einer Stufe mit Klassikern<br />
ähnlich grenzüberschreitender Musiker wie<br />
Van Morrison, Tim Buckley und Leonard<br />
Cohen stehen. Dazu gibt’s die Outtake-<br />
Compilation MADE TO LOVE MAGIC<br />
(2004) und das Demo-Album FAMILY<br />
TREE (2007). Die einzelnen CDs wurden<br />
gegenüber den regulär im Handel erhält-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 33
kult!<br />
Ausgabe Nr. 9<br />
Alle Hefte zu bestellen<br />
im Shop Seite 63<br />
oder unter:<br />
www.goodtimes-magazin.de<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
lichen Einzel-CDs glücklicherweise nicht<br />
beschnitten, so dass der Hörer über separate<br />
Booklets mit Songtexten und weiteren<br />
Informationen versorgt wird. Dazu gibt es<br />
fünf Reproduktionen der originalen Promoposter.<br />
Die Box selbst ist anscheinend ein<br />
Nachbau des Kästchens, das Drake nutzte,<br />
um die Kuchensendungen seiner Mutter<br />
aufzubewahren. Eine wirklich willkommene<br />
und dazu noch günstige Werkschau!<br />
(Island/Universal, 2013,<br />
10/41:47, 10/39:28, 11/28:32, 13/41:54,<br />
27/64:36) an<br />
KARAT & PHILHARMONI-<br />
SCHES ORCHESTER KIEL<br />
SYMPHONY – LIVE<br />
Karat haben als ehemalige<br />
DDR-Band<br />
gesamtdeutsche<br />
Musikgeschichte<br />
geschrieben.<br />
Peter<br />
Maffays größter Hit<br />
“Über sieben Brücken”<br />
ist ein Karat-Cover, mit Songs wie<br />
“Der blaue Planet” und “Albatros” feierte<br />
das Ost-Berliner Quintett auch im Westteil<br />
des Landes Erfolge. 2004 verstarb<br />
der langjährige Sänger Herbert Dreilich,<br />
sein Sohn Claudius, der ihm stimmlich<br />
und auch optisch ähnelt, übernahm das<br />
Erbe. Im Laufe des mittlerweile 39-jährigen<br />
Bestehens der Band gab es neben<br />
den regulären Alben immer wieder Hitkopplungen,<br />
so dass man aktuell wieder<br />
an Ausverkauf denkt, wenn man auf das<br />
Tracklisting mit den üblichen Hits der<br />
neuen Live-CD schaut, zumal Karat wiederholt<br />
mit Orchester gearbeitet hatten.<br />
Doch der Orchestersound ist hier nicht<br />
nettes Beiwerk, sondern wesentlicher Bestandteil.<br />
Dem Produzenten André Kuntze<br />
ist es gelungen, die besondere Symbiose<br />
transparent zu machen. Ein Live-Album<br />
mit vielen Überraschungen und einigen<br />
magischen Momenten.<br />
(A&F <strong>Music</strong>/edel, 2013, 14/71:22) che<br />
VANGELIS<br />
HEAVEN AND HELL + ALBEDO<br />
0.39 + SPIRAL + BEAUBOURG<br />
+ PAGE OF LIFE + DIRECT<br />
Vom Meister höchstselbst remastert und<br />
im Artwork aufeinander abgestimmt, so<br />
wurden Ende letzten Jahres sechs Alben<br />
aus der langen Karriere des griechischen<br />
Keyboarders Vangelis wiederveröffentlicht.<br />
HEAVEN AND HELL aus dem Jahr<br />
1975 macht den Anfang, bietet mit seinem<br />
Mix aus Klassik, sanftem Prog-Rock<br />
und hymnischen Popmelodien schon die<br />
Blaupause für seine späteren Erfolge.<br />
Am bekanntesten aus dieser LP dürfte<br />
“Movement Three” sein, das als Titelmelodie<br />
für die britische Dokumentarserie<br />
„Cosmos” berühmt wurde. Für das ein<br />
Jahr später veröffentlichte Raumfahrt-<br />
Konzeptalbum ALBEDO 0.39 integrierte<br />
Vangelis zusätzlich Elemente aus Blues<br />
und Jazz, beim 1977er SPIRAL dagegen<br />
konzentrierte er sich wieder verstärkt<br />
auf Keyboard-, Sequenzer- und Syn<strong>the</strong>sizerklänge.<br />
Hier taucht auch ein Bonus-<br />
Track auf, “To The Unknown Man (Part<br />
Two)”, eine Non-Album-Single-B-Seite.<br />
Höchst experimentell dann das künstlerische<br />
Konzept des 1978 veröffentlich-<br />
ten BEAUBOURG, auf je einem Track<br />
pro LP-Seite improvisierte Vangelis auf<br />
einem oder mehreren analogen Syn<strong>the</strong>sizern,<br />
die er über ein Ringmodul zusammenfügte<br />
– was unter dem Strich für ein<br />
nur schwer verdauliches Werk sorgte, und<br />
das Anhören auch heute noch, selbst mit<br />
gebührendem zeitlichen Abstand, zu einer<br />
anstrengenden Geschichte macht. Wesentlich<br />
genießbarer, ja fast schon freundlich<br />
poppig klingt dagegen DIRECT aus<br />
dem Jahr 1988. Hier zeigte Vangelis wieder<br />
alte Stärken als Komponist epischer<br />
Melodien, eine Fähigkeit, die sich schon<br />
lange zuvor auch bis in Prog-Rockkreise<br />
herumgesprochen hatte, so dass sich mit<br />
dem Yes-Sänger Jon Anderson endlich<br />
auch eine menschliche Stimme für das<br />
Ver<strong>to</strong>nen seiner Kompositionen fand. Mit<br />
PAGE OF LIFE wird eines der besten<br />
Werke ihrer insgesamt fünf Alben umfassenden<br />
Zusammenarbeit wiederveröffentlicht,<br />
als Bonus gibt es das rare “Sign<br />
With Your Eyes” dazu, das es bisher nur<br />
auf einer 1991er Promosingle gab.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013, 6 CDs) tk<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
FORMEL EINS: <strong>80s</strong> PARTY HITS<br />
+ BALLADEN + 60 NR.1 HITS +<br />
SO80S<br />
Mit zehn Spezialausgaben (und mit Peter<br />
Illmann als Modera<strong>to</strong>r) wird bereits seit<br />
Ok<strong>to</strong>ber 2013 beim Fernsehsender RTL<br />
Nitro das 30-jährige Jubiläum der TV-<br />
Sendung „Formel Eins” gefeiert, parallel<br />
dazu wurden Ende letzten Jahres zahlreiche<br />
Themen-Sampler aus dieser Reihe<br />
veröffentlicht. Klasse hier natürlich<br />
die Ausgrabungen von Blank & Jones,<br />
deren Dreierbox SO80S je eine CD mit<br />
neu abgemischten Eighties-Hits, eine mit<br />
Soundtrack- und TV-Themen sowie eine<br />
mit den damaligen Originaltiteln enthält.<br />
Auch 60 NR.1 HITS bietet mit drei CDs<br />
massenhaft 80er-Jahre-Klassiker, von<br />
Kajagoogoo (“Too Shy”) über Rick Astley<br />
(“Never Gonna Give You Up”) bis<br />
zu John Farnham (“You’re The Voice”).<br />
Noch spezieller dann die Songauswahl<br />
der beiden Doppel-CDs BALLADEN und<br />
<strong>80s</strong> PARTY HITS, hier tummeln sich alte<br />
Bekannte wie Depeche Mode (“Never Let<br />
Me Down Again”), Talk Talk (“Such A<br />
Shame”), Terence Trent D’Arby (“Sign<br />
Your Name”), New Order (“Blue Monday<br />
88”), Chris<strong>to</strong>pher Cross (“Ride Like<br />
The Wind”) und Kenny Loggins (“Footloose”).<br />
Allesamt herrliche Zeitreisen zurück<br />
in eine Welt, als (Pop- und Rock-)<br />
Musik noch einen festen Platz im wöchentlichen<br />
TV-Programm hatte ...<br />
(Sony <strong>Music</strong>, 2013, 10 CDs) us<br />
Seite 34 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
REINHARD MEY<br />
JAHRESZEITEN<br />
Pop<br />
Mit JAHRESZEITEN ist ein paar Tage vor<br />
dem letzten Weihnachtsfest noch ein (auf<br />
4000 Stück limitiertes) Boxset erschienen,<br />
mit dem man wohl jedem Fan deutschsprachiger<br />
Musik die Bescherung retten konnte.<br />
Nur selten können solche opulenten<br />
Karriere rückblicke ja das Gleichgewicht<br />
zwischen Verpackung und Inhalt halten, bei<br />
der Reinhard-Mey-Retrospektive ist es ohne<br />
Frage gelungen. Unterteilt in vier Dekadenboxen<br />
gibt es alle 26 Studio-Alben des Berliner<br />
Liedermachers in Mini-Vinyl-Optik, vier<br />
gebundene Bücher liefern sämtliche dazu gehörenden<br />
Liedtexte. Auf einer zusätzlichen,<br />
exklusiven CD (LIEDER VON FREUN-<br />
DEN ) sind zum Teil bisher unveröffentlichte<br />
Cover-Versionen zu hören, eine DVD zeigt<br />
Fernsehauftritte und TV-Portraits von 1971<br />
bis 2006. Meys Karriere zum Nachlesen<br />
und Anschauen, dafür ist dann das 100-seitige<br />
Hardcoverbuch (Vorwort von Hannes<br />
Wader, Chronik von Antje Vollmer) zuständig,<br />
ein LP-großer Kunstdruck nach einem<br />
Fo<strong>to</strong>motiv von Jim Rakete vervollständigt<br />
das Set. Geballt vor einem stehend, wird<br />
mit JAHRESZEITEN wieder einmal klar,<br />
welch enormen Beitrag Reinhard Mey zur<br />
Entwicklung einer eigenständigen deutschen<br />
Musik geleistet hat und immer noch leistet:<br />
Von ICH WOLLTE WIE ORPHEUS SIN-<br />
GEN (1967) über WIE VOR JAHR UND<br />
TAG (1974) und ALLEINGANG (1986) bis<br />
zu neueren Werken wie RÜM HART (2002)<br />
und MAIREGEN (2010). Konsequent<br />
auch Meys Einsatz für Menschen, denen es<br />
nicht so gut geht, er spendet seinen Anteil<br />
am Verkauf dieses Boxsets den von Bodelschwinghschen<br />
Stiftungen Be<strong>the</strong>l.<br />
(Odeon/Universal, 2013, 27 CDs<br />
& DVD)<br />
us<br />
ANDREAS DORAU<br />
AUS DER BIBLIOTHÈQUE<br />
Andreas Dorau klingt 2014 einerseits –<br />
dank der teilweisen syn<strong>the</strong>tischen Klangerzeugungsmittel<br />
– herrlich altmodisch;<br />
andererseits kommt er doch auch sehr<br />
organisch und zeitlos daher, da er erstmals<br />
seit 1987 wieder mit Band, nicht im<br />
Alleingang aufgenommen hat. Beatlesinspirierter<br />
Sunshine-Pop, Soft Rock,<br />
Electronica, NDW-Reminiszenzen, sogar<br />
vorsichtige Krautrock-Referenzen, all das<br />
hat Dorau interessant zusammengebraut.<br />
Auch den Texten sollte man durchaus<br />
Aufmerksamkeit widmen, nicht nur, wenn<br />
er sich in “Tannenduft” nachdenklichgesellschaftskritisch<br />
gibt oder in anderen<br />
Liedern kleine menschliche Schwächen<br />
besingt. Ein überzeugendes Album, mit<br />
dem Dorau sich zum 50. Geburtstag selbst<br />
beschenkt. Parallel erscheint übrigens mit<br />
HAUPTSACHE ICH eine Werkschau, die<br />
von 1984 bis 2014 reicht.<br />
(Bureau B/Indigo, 2014/13/45:59) pro
CD<br />
REVIEWS<br />
BILLY JOEL<br />
SONGS IN THE ATTIC<br />
Der<br />
klassisch<br />
ausgebildete<br />
Pianist<br />
und<br />
Sänger<br />
Billy<br />
Joel zeichnete<br />
sich nicht nur<br />
als ausgezeichneter<br />
Songwriter aus, sondern auch<br />
als Chronist seiner Heimat, wie der<br />
rockige Einstieg “Miami 2017 (Seen<br />
The Light Go Out On Broadway)” belegt.<br />
Das Live-Album, aufgenommen<br />
im Juni und Juli 1980, zählt zu seinen<br />
schönsten Platten, denn neben niveauvollen<br />
Texten stehen sensible, aber<br />
dennoch leidenschaftliche Interpretationen<br />
des Reper<strong>to</strong>ires im Vordergrund.<br />
Die bedächtige, aber dennoch<br />
bombastische “Streetlife Serenade”,<br />
ein sanftes “She’s Got A Way”,<br />
schneller US-Rock (“Everybody<br />
Loves You”) und “Say Goodbye To<br />
Hollywood”, einer seiner Evergreens,<br />
stehen für einen charismatischen<br />
Musiker, der in der Moderne nicht<br />
mehr zu finden ist. Das Remastering<br />
von Mobile Fidelity klingt insgesamt<br />
runder und wärmer als vorhergehende<br />
Ausgaben. Ein 20-seitiges Booklet<br />
bietet neben Liner-Notes und einigen<br />
Fo<strong>to</strong>s alle Texte.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1981,<br />
11/48:22) at<br />
VIRUS<br />
REVELATION<br />
Im Raum Bielefeld erinnert man sich<br />
gerne an sie: Virus waren dort Anfang<br />
der 70er Jahre die bekannteste Progressive-Rockband.<br />
1970 gewannen<br />
sie – noch unter dem Namen Man’s<br />
World und vor Sweet Smoke (JUST<br />
A POKE) – den renommierten Beat-<br />
Wettbewerb in Recklinghausen. Erster<br />
Preis: die Aufnahme einer eigenen LP<br />
mit Produzentenlegende Conny Plank.<br />
Diese erschien 1971 mit dem Titel<br />
REVELATION beim damals neugegründeten<br />
BASF-Label. Die Musik<br />
darauf, vor allem das Orgelspiel, ist<br />
stark von Deep Purple und Pink Floyd<br />
inspiriert. Die erste, rein instrumentale<br />
Seite ist psychedelisch, im Eröffnungsund<br />
Titelstück gibt es zu Beginn eine<br />
Hommage an Isaac Albeniz’ Klassiker<br />
“Asturias” und am Ende an “Paint It<br />
Black” von den S<strong>to</strong>nes. Seite zwei<br />
weist stärker Richtung Hard Rock;<br />
Sänger Bernd Hohmann orientiert sich<br />
an Ian Gillan. Wenn auch kein eigenständiger<br />
Stil auszumachen ist, das<br />
Quintett beherrscht sehr gekonnt die<br />
Instrumente und die Jonglage mit unterschiedlichen<br />
Einflüssen. Fans von<br />
frühem Progressive Rock werden überrascht<br />
sein, auf welch hohem Niveau<br />
damals nicht nur in London, sondern<br />
auch in Ostwestfalen musiziert wurde.<br />
Garden Of Delights veröffentlicht das<br />
Album neu auf CD und Vinyl, die CD-<br />
Ausgabe enthält als Bonus die beiden<br />
Songs der ersten Virus-Single “Confusion/Facts<br />
Of Death”.<br />
(Garden Of Delights, 1971,<br />
7/55:20) frs<br />
BOSTON<br />
LIFE, LOVE & HOPE<br />
Eine echte Band waren Bos<strong>to</strong>n nur auf<br />
den ersten zwei Alben BOSTON (1976)<br />
und DON’T LOOK BACK (1978). Danach<br />
war’s Tom Scholz, auch wenn für<br />
THIRD STAGE (1986) nochmal die<br />
Stammtruppe zusammenkam. Ohne<br />
die fehlt Multi-Ins trumentalist, Songwriter,<br />
Produzent Scholz das Korrektiv.<br />
Nicht, dass ihm sei<strong>the</strong>r keine guten<br />
Songs gelungen wären – die haben auch<br />
WALK ON (1994) und CORPORATE<br />
AMERICA (2002) zu bieten. Doch der<br />
unsägliche Drumcomputer, den man in<br />
den 90er Jahren als Missgriff entschuldigen<br />
konnte, macht heute den bombastischen<br />
Sound Bos<strong>to</strong>ns kaputt. Erst<br />
recht, da Scholz mit straighten Rhythmen<br />
auf Kriegsfuß zu stehen scheint.<br />
Bei ihm wird gebreakt und gehoppelt,<br />
dass es nur so eine Pracht ist. Dabei sind<br />
auf LIFE ... die Songs nicht übel (inklusive<br />
zweier WALK ON-Nummern):<br />
Gitarrenwände, hymnische Melodien,<br />
viel Dynamik. Nur – das syn<strong>the</strong>tische<br />
Gepatsche nervt.<br />
(Frontiers/Soulfood, 2013,<br />
12/43:00) jub<br />
THE JIMI HENDRIX<br />
EXPERIENCE<br />
MIAMI POP FESTIVAL<br />
Schier<br />
unerschöpflich<br />
scheint<br />
der<br />
Fundus<br />
zu<br />
sein, aus dem<br />
immer<br />
wieder<br />
„neue”<br />
Aufnahmen von Jimi i Hendrix auftauchen.<br />
Über Sinn und Unsinn solcher<br />
Funde soll an anderer Stelle diskutiert<br />
werden, hier geht es um die Musik,<br />
die er zusammen mit Noel Redding<br />
und Mitch Mitchell am 18. Mai 1968<br />
in Florida beim Miami Pop Festival<br />
dem Publikum präsentierte. Und in<br />
dieser Hinsicht liefert MIAMI POP<br />
FESTIVAL genügend Gründe, sich<br />
dieses Album zuzulegen. Ungewohnt<br />
heavy der Beginn des Konzertes,<br />
mit “Hey Joe” und “Foxey Lady”<br />
legten sie damals los, druckvoll und<br />
roh zeigen diese beiden bekannten<br />
Stücke, dass das Trio in allerbester<br />
Spiellaune war. Weiteres Indiz dafür<br />
die zahlreichen Jamsession-Ausflüge,<br />
die sie – angeführt von Hendrix’ Gitarre<br />
– ausgiebig unternahmen, so<br />
dass selbst oft gehörte Titel wie “Red<br />
House”, “Hear My Train A Comin’”<br />
oder “Fire” hier neue, lohnenswerte<br />
Facetten zeigen.<br />
(Columbia/Sony <strong>Music</strong>, 2013,<br />
11/60:59) us<br />
CHUCK BERRY<br />
GREATEST HITS<br />
Diese Doppel-CD dokumentiert 40<br />
Tracks, die Chuck Berry zwischen<br />
1955 und 1961 für Chess Records einspielte<br />
und die ihn zum Idol einer neuen<br />
Generation von Musikern werden<br />
ließen, wie entsprechende Äußerungen<br />
von John Lennon und Keith Richards<br />
in den Liner-Notes exemplarisch<br />
Rock<br />
unterstreichen. Berrys Rock’n’Roll-<br />
Klassiker (von der 1955er Hitsingle<br />
”Maybellene” bis zu dem von den<br />
S<strong>to</strong>nes für ihr Singledebüt gecoverten<br />
”Come On” von 1961) machen dabei<br />
rund die Hälfte des digital remasterten<br />
Songmaterials aus, ergänzt um weniger<br />
bekannte Nummern wie etwa den<br />
Slow-Blues ”How You’ve Changed”<br />
oder das mit mexikanischem Einschlag<br />
daherkommende ”La Juanda”. Im<br />
Gegensatz zu manch anderen Compilations<br />
dieser Art werden im Booklet,<br />
soweit bekannt, die Aufnahmedaten<br />
der einzelnen Songs und die beteiligten<br />
Musiker akribisch aufgelistet, darunter<br />
neben Berrys langjährigem Pianisten<br />
Johnnie Johnson vor allem Chess-Fak<strong>to</strong>tum<br />
Willie Dixon am Bass sowie bei<br />
drei Titeln „Blues Bro<strong>the</strong>r” Matt „Guitar”<br />
Murphy.<br />
(Greatest Hits/inakustik, 2013,<br />
20/53:25, 20/48:06) ms<br />
IRON HORSES<br />
BLACK LEATHER<br />
Schon das Intro<br />
des<br />
Auftaktsongs<br />
“Dressed<br />
To Kill” liefert<br />
einige<br />
(Gitarrensolo-)<br />
Klischees, und<br />
davon kann sich die Band aus Mecklenburg-Vorpommern<br />
die ganze CD<br />
hindurch nicht ganz freimachen. Old-<br />
School-Metal der brachialen Machart<br />
mit Doublebassdrum schallt aus den<br />
Boxen, hörbar beeinflusst von Accept,<br />
Motörhead, Judas Priest, Gamma<br />
Ray (Speedklampfe), und gelegentlich<br />
klingen auch mal ZZ Top durch.<br />
Gnadenlos donnern Riffgewitter hernieder,<br />
zwischendurch gibt es auch<br />
mal melodische Augenblicke zum<br />
Luftholen. Virtuosität ist hier wirklich<br />
nicht gefragt, wäre beim Proll’n’Roll<br />
des seit elf Jahren aktiven Quartetts<br />
auch fehl am Platze. Und der ruppige<br />
Gröhlgesang ist reine Geschmacksache.<br />
Liebhabern dieser Spielart mit<br />
Lust auf Headbangen ist allerdings<br />
ein Reinhören zu empfehlen.<br />
(T-Rave, 2013, 12/45:38) pro<br />
MIRACULOUS MULE<br />
DEEP FRIED<br />
Das englisch-irische Trio Miraculous<br />
Mule aus London, bestehend aus Patrick<br />
McCarthy, Ian Burns und Michael<br />
J. Sheehy, hat es faustdick hinter den<br />
Ohren. Den Rock infizieren sie mit<br />
vergiftetem Blues, verfremdeten Spiritualseinflüssen<br />
und Bruchstücken<br />
traditionellen Folks, so dass dabei eine<br />
regelrecht „gefährliche”, völlig gegen<br />
den Strich gebürstete, grell scheppernde,<br />
aber zugleich auch melancholisch<br />
grundierte Musik her auskommt.<br />
Durchdachter Krach mit Parallelen zu<br />
Jon Spencer’s Blues Explosion und<br />
den Oblivians, der auf wundersame<br />
Weise einen ganz eigenen Reiz entwickelt.<br />
Zu hören sind düstere Songs,<br />
die im Gehirn Bilder von Predigern mit<br />
wüstem Doppelleben, in bedrohliche<br />
Tunnel rasenden Zügen, verlassenen<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 35
CD<br />
REVIEWS<br />
Landschaften oder vergessenen Gefängnissen<br />
entstehen lassen. Der morbiden Fantasie<br />
werden wirklich kaum Grenzen gesetzt. Ein<br />
sehr spezielles Album für Fans des nicht Alltäglichen!<br />
(Bronze Rat/Soulfood, 2013,<br />
10/41:45) hjg<br />
ACE FREHLEY<br />
SECOND SIGHTING +<br />
TROUBLE WALKIN’<br />
Kiss sind cool. Aber auch hdie vier in den<br />
Siebzigern erschienen Solo-Alben haben<br />
ihre positiven Seiten. Interessanterweise<br />
verkaufte sich die Platte von Ace Frehley<br />
am besten, was besonders bei Gene<br />
Simmons und Paul Stanley zu Irritationen<br />
führte. 1988 kam das zweite Werk<br />
SECOND SIGHTING seiner Band Ace<br />
Frehley’s Comet auf den Markt, bei dem<br />
der langjährige Clap<strong>to</strong>n-Drummer Jamie<br />
Oldaker für den druckvollen Rhythmus<br />
sorgte. Tracks wie “Insane”, “Loser In A<br />
Fight” oder “New Kind Of Lover” klingen<br />
noch in den Siebzigern verwurzelt,<br />
haben aber einen deutlichen AOR-Appeal.<br />
TROUBLE WALKIN’ kam ein Jahr später<br />
auf den Markt und klingt wie das Kiss-Album,<br />
das die alte Gruppe seit Jahren nicht<br />
mehr produzierte. Wem Frehley’s Comet zu<br />
glatt erschienen, der wird hier seine helle<br />
Freude haben, denn der harte Riffrock mit<br />
einprägsamen Melodien begeistert von der<br />
ersten bis zur letzten Sekunde.<br />
(Rock Candy/Soulfood, 1988, 10/42:43,<br />
1989, 10/44:47) fl<br />
YES<br />
THE STUDIO ALBUMS<br />
1969–1987<br />
An der britischen Formation Yes haben sich<br />
seit Gründung der Band 1968 permanent<br />
die Geister geschieden: Gegner warfen<br />
der Formation musikalischen Größenwahn<br />
und das penetrante Kastratenorgan von<br />
Frontmann Jon Anderson vor. Anhänger<br />
der Gruppe erkannten hingegen stets die<br />
fein ziselierten, von moderner Klassik inspirierten<br />
Klang-Kalaidoskope, dazu Andersons<br />
nicht von dieser Welt stammende<br />
Ausnahmestimme. Yes, ein schwieriger<br />
Fall. Aber wer in einen komplett eigenen<br />
Soundkosmos voller Epik und Wucht eintauchen<br />
möchte, der sollte sich die 13 CD<br />
starke Box THE STUDIO ALBUMS 1969<br />
–1987 nicht entgehen lassen, befinden sich<br />
darin doch die zwölf (TALES FROM TO-<br />
POGRAPHIC OCEANS ist ein Doppelalbum)<br />
wegweisenden Werke der Gruppe,<br />
mit eher Folkorientierten Klängen zu Beginn,<br />
späteren Pompeskapaden, bis zum<br />
Pop von “Owner Of A Lonely Heart” oder<br />
“Rhythm Of Heart”. Das alles zu einem<br />
mehr als erschwinglichen Preis! Allerdings<br />
ist es wohl auch dieser günstige Preis, der<br />
aus dieser Box eine recht billig wirkende<br />
Angelegenheit werden lässt. Rein optisch<br />
macht die kleine Kiste etwas her, was vor<br />
allem am Cover des legendären Fantasy-<br />
Malers Roger Dean liegt. Sobald man das<br />
Ding in die Hand nimmt, sieht die Sache<br />
anders aus: schwer zu öffnen, die Fingernägel<br />
sollten kurz geschnitten sein. Und hat<br />
man die Box endlich auseinander, purzeln<br />
einem auf der Stelle das Roger-Dean-Mini-<br />
Artwork sowie sämtliche freischwebenden<br />
CDs entgegen. Denen fehlen die Innencover,<br />
dadurch lesbare Texte, gleichfalls<br />
die Booklets. Bonus wiederum: Jedes Werk<br />
enthält bislang unveröffentlichte Bonus-<br />
Tracks mal besserer, mal schlechterer<br />
Qualität, aus der Zeit des Entstehens des jeweiligen<br />
Albums. Problem wiederum: Die<br />
Namen dieser Stücke sind ausschließlich<br />
auf den Silberlingen verewigt. Fazit: Für<br />
Einsteiger in den betörenden Yes-Planeten<br />
(sofern man diesen überhaupt betreten will<br />
...) ist diese Box eine kostengünstige Eintrittskarte.<br />
Für Yes-Kenner ist sie lediglich<br />
bedingt zu empfehlen.<br />
(Rhino/Warner, 2013, 13 CD’s) mfg<br />
BEACHWOOD SPARKS<br />
DESERT SKIES<br />
Sie lernten einst bei<br />
den<br />
Indie-Rockern<br />
Fur<strong>the</strong>r, dass Gitarren<br />
nicht nur jangeln,<br />
sondern auch<br />
garagig<br />
scheppern<br />
dürfen. Als Brent<br />
Rd Rademaker und Chris Gunst dann die<br />
Beachwood Sparks gründeten und sich<br />
auf Psychedelic Country verlegten, sollte<br />
auch hier nicht alles eaglesk glattgebügelt<br />
sein. Westcoast mit Biss. Wie diese<br />
Los Angelinos hier bereits vor 15 Jahren<br />
ihre Vokalharmonien ausbreiteten und<br />
Gitarrentöne stehen lassen, als hätte Neil<br />
Young mal einen versöhnlichen Tag, hat<br />
DESERT SKIES einen zeitlosen Glanz,<br />
aber nur so eben: Hier wird nichts poliert,<br />
alles hat die Sandschicht der Palm Desert.<br />
Der Titelsong ist mal auf gemäßigte Crazy<br />
Horse getrimmt, als Bonus-Track subtil in<br />
Richtung der Byrds verändert. Der Turtlesmeets-Buffalo-Springfield-Shuffle<br />
“Make<br />
It Toge<strong>the</strong>r” mit herrlicher Farfisa-Orgel<br />
erscheint ebenfalls zweimal, auch als<br />
„Summer Vibe Version”. “Time” ist Gene<br />
Clark pur, unglaublich, dass die Platte nun<br />
erstmals erscheint, mit vier Bonus-Tracks.<br />
(Alive/Natural Sound, 1997/2013,<br />
12/57:21) utw<br />
LYNYRD SKYNYRD<br />
SECOND HELPING + NUTHIN’<br />
FANCY<br />
Das von Al Kooper produzierte zweite<br />
Album der Sou<strong>the</strong>rn Rocker musste sich<br />
keinesfalls vor dem Debüt verstecken. Mit<br />
“Sweet Home Alabama” gab es die Hymne<br />
schlechthin, die J.J.Cale-Cover-Version<br />
von “Call Me The Breeze” shuffelt immer<br />
noch locker-lässig, “Working For MCA”<br />
steht für die klassische Gitarrenbreitseite<br />
der Gruppe, und das groovige “Swamp<br />
<strong>Music</strong>” beweist, dass die Musiker auch in<br />
Sachen Boogie einen heißen Beat haben.<br />
Wie auch bei dem Nachfolger NUTHIN’<br />
FANCY wirkt sich der direkte und erdige<br />
Klang der hybriden SACD äußerst positiv<br />
auf die Musik aus. Ein hartes “Saturday<br />
Night Special”, der angedeutete Boogie des<br />
“Railroad Song”, ein akustischer und melodischer<br />
Country-Rocker (“Am I Losin’”)<br />
und Blues-Rock mit “Whiskey Rock-A-<br />
Roller” bestimmen ein Album, das im Kontext<br />
der Veröffentlichungen immer noch<br />
stiefmütterlich behandelt wird.<br />
(Analogue Productions/Sieveking Sound,<br />
1974, 8/37:34 + 1975, 8/37:29) at<br />
RICHARD BARONE<br />
COOL BLUE HALO (25TH ANNI-<br />
VERSARY SPECIAL EDITION)<br />
Mit den Bongos<br />
machte<br />
Hoboken-<br />
Rocker<br />
Richard<br />
Barone Musik, die<br />
R.E.M. den Weg<br />
wies. Als Solist<br />
kreierte er schon<br />
1987 mit COOL BLUE HALO die<br />
„Unplugged’’-Schiene, als andere das noch<br />
ausschließlich für einen elektrohandwerklichen<br />
Fachausdruck hielten. Aber auch ein<br />
ewiger Avantgardist will irgendwann mal<br />
ernten, was Barone am 31. Mai 87 im New<br />
Yorler Club Bot<strong>to</strong>m Line zumindest künstlerisch<br />
auch glänzend glückte. Bei diesen<br />
Live-Aufnahmen sind nur seine ausdruckssichere<br />
Stimme und seine akustische Gitarre<br />
plus Cello ( Jane Scarpan<strong>to</strong>ni, eine „gute<br />
Fee” des Indie-Rocks), Nick Celeste als<br />
Saitenklang-Ergänzer sowie etwas Piano<br />
& Perkussion (Valerie Naranjo) zu hören.<br />
Noch viel reduzierter, aber auch konzentrierter<br />
kann man kaum arbeiten. Und es tut<br />
den Songs, einer erlesenen Mischung aus<br />
Barone-Eigenwerken und Kompositionen<br />
von Lennon/McCartney, Marc Bolan und<br />
David Bowie, hörbar gut, im Kammermusik-Dress<br />
die Meisterprüfung abzulegen.<br />
Die Jubiläumsedition enthält zusätzlich<br />
neun sehr hörenswerte Demos und Live-<br />
Aufnahmen.<br />
(RBM/Import, 2013, 20/73:01) hjg<br />
CENTRAL PARK<br />
CONNECT IT! LIVE ‘85<br />
Ein lange verschollener, bei einem Umzug<br />
eher zufällig wiederentdeckter Konzertmitschnitt<br />
von 1985 (München, Mollhalle)<br />
dokumentiert endlich das Schaffen der<br />
Münchner Band Central Park, die damals<br />
kein Studiowerk schuf – das folgte erst<br />
nach der Reunion 2006. Zwischen Progund<br />
Melodic Rock und teilweise Pop-angehauchten<br />
Melodien pendelte die Truppe um<br />
Sänger Heiko Möckel und Drummer Artur<br />
Silber, knackige Hard-Rockriffs (Hans<br />
Ochs), melodische Keyboard- und Hammondbögen<br />
(Jochen Scheffter) waren ebenso<br />
zu hören wie häufige Wechsel zwischen<br />
komplexen und eher simpel gestrickten Instrumentalpassagen.<br />
Die Aufnahmen klingen<br />
nach fast 30 Jahren erstaunlich frisch,<br />
zumal bei der Nachbearbeitung im Studio<br />
die Au<strong>the</strong>ntizität bewahrt wurde. Eine <strong>to</strong>lle<br />
Wiederentdeckung, der man heute noch<br />
gerne lauscht.<br />
(Transformer/Cargo, 2013, 12/64:07) pro<br />
DAN STUART<br />
ARIZONA: 1993–95<br />
Doppeldecker mit zwei gehaltvollen Alben<br />
des famosen Masterminds von Green On<br />
Red. Exzessive persönliche Erfahrungen<br />
sind noch immer eine der wichtigsten Quellen<br />
für ganz außergewöhnlichen Rock. Bei<br />
Dan Stuart waren es für das Album CAN<br />
O’ WORMS seine fünf heftigen Jahre in<br />
Spanien, eine Zeit der Dämonen, Drogen<br />
Rock<br />
und Selbstzerstörung, die aufgearbeitet<br />
werden mussten. Ein hörbar gereifter Stuart<br />
meldete sich mit dunklerer Stimme aus<br />
paranoiden Situationen, verstörenden Zwischenwelten,<br />
aber auch rührend schlichten<br />
Träumen. Passende musikalische Form für<br />
diesen Philosophen-Rock konnte nur die<br />
Tiefgang-Ballade sein, und Stuart kostete<br />
sie nicht nur mustergültig aus, sondern<br />
tilgte auch jeden Anflug von Nörgelei in<br />
seinem Gesang. Die Neuauflage kommt<br />
mit drei bislang unveröffentlichten Bonus-<br />
Tracks. Für RETRONUEVO tat sich Stuart<br />
mit Al Perry, dem Chef einer Kneipenband<br />
aus Tucson, zusammen und leckte sich erneut<br />
die Wunden. Songtitel wie “Sick And<br />
Tired”, “Eyes Of A Fool” oder “Empty<br />
Chair” sind durchaus ernst zu nehmen.<br />
(Cadiz/Soulfood, 2013,<br />
14/60:16, 10/40:29) hjg<br />
BOZ SCAGGS<br />
BOZ SCAGGS<br />
Das Debütalbum<br />
des<br />
ehemaligen<br />
Steve-Miller-<br />
Band-Gitarristen<br />
Boz Scaggs ist<br />
zweifellos<br />
einer<br />
der<br />
Kandidaten<br />
für die Rubrik „Verschollene Edelsteine<br />
der Musikgeschichte der USA”. Es wurde<br />
in den legendären Muscle Shoals Studios<br />
aufgenommen, und zwar mit unter anderem<br />
Roger Hawkins und Duane Allman, womit<br />
die grundsätzliche musikalische Richtung<br />
schon feststeht – Americana in allen Facetten.<br />
Grooviger Soul-Rock (“I’m Easy”),<br />
Midtempo-Rock mit einer dominierenden<br />
Hammond (“I’ll Be Long Gone”) und ein<br />
intensiver, langsamer Blues mit Soul-Tüpfelchen<br />
(“Loan Me A Dime”) belegen die<br />
Leidenschaft, mit der Boz Scaggs hinter<br />
seiner Musik steht. Die aktuelle Edition<br />
erscheint in einer limitierten, nummerierten<br />
Edition als 24-KT-Gold-Disc (Hybrid<br />
SACD), wurde von Kevin Gray remastert<br />
und klingt gegenüber der normalen CD<br />
wärmer und erdiger.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1969, 9/44:13) at<br />
JOHN LEE’S BARCLAY<br />
JAMES HARVEST<br />
NORTH<br />
Natürlich ist die Musik von John Lees’<br />
Barclay James Harvest ohne die vers<strong>to</strong>rbenen<br />
Wolly Wolstenholme und Mel Pritchard<br />
sowie dem auf eigenen BJH-Pfaden<br />
wandelnden Les Holroyd nicht mehr mit<br />
der vergleichbar, die die britische Band<br />
bis Ende der 70er Jahre zu (vor allem in<br />
Deutschland) enormer Popularität führte.<br />
Dennoch erinnert das (seit 1999) erste<br />
Album von John Lees Weiterführung der<br />
Band stark an ihre Mitt-80er-Zeit. Wem<br />
Alben wie RING OF CHANGES oder<br />
VICTIMS OF CIRCUMSTANCES zusagen,<br />
der wird sich bei NORTH schnell<br />
heimisch fühlen: melodische Rocksongs<br />
wie der Opener “If You Were Here Now”,<br />
Keyboard-lastige Schleicher wie “The<br />
Real Deal”, an 10cc erinnernde jazzige<br />
Bläserpassagen, am Ende geht es mit<br />
“The End Of The Day” gar in Richtung<br />
Prog. Als Bonus gibt es dazu noch eine<br />
zweite, 2011 live mitgeschnittene CD,<br />
Seite 36 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
bei der John Lees’ BJH mit Songs<br />
wie “Galadriel” und “Mockingbird”<br />
auch weit zurück in die Vergangenheit<br />
reisen.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 2013,<br />
9/55:24, 8/55:48) us<br />
ANDY FAIRWEATHER<br />
LOW & THE LOW<br />
RIDERS<br />
ZONE-O-TONE<br />
Die mittlerweile<br />
auch<br />
wieder<br />
mit<br />
Eric<br />
Clap<strong>to</strong>n<br />
<strong>to</strong>urende<br />
Gitarrenlegende<br />
und<br />
Amen-Corner-„Oberstimme”<br />
hat<br />
seine ganze Kraft – und die Kompositionen<br />
der letzten sechs Jahre – in<br />
diese Produktion seines Herzens gelegt,<br />
„sowie sämtliche Fragmente,<br />
die noch rumlagen”. Herauskam eine<br />
R&B/Gospel/Surf/Jazz/Folk-Tourde-Force,<br />
wie sie bestechender nicht<br />
sein könnte, mit Dave Bronze (Clap<strong>to</strong>n,<br />
Procol Harum, Dr. Feelgood,<br />
Tom Jones) am Bass, Chappo-Saxer<br />
Nick Pentelow und Drummer Paul<br />
Beavis (Waterboys, Thea Gilmore).<br />
Der Titel des harten Krachers “(Too<br />
Much) La-La <strong>Music</strong>” ist Programm:<br />
Dudeln und Nudeln kommt bei<br />
dem eklektischen Waliser nicht vor.<br />
Stattdessen rockt er bei “Dance On”<br />
oder “Roll Ya Activa<strong>to</strong>r” gnadenlos<br />
drauflos, erinnert an Freund Dave<br />
Edmunds, liefert aber mit der Ukulele-Ode<br />
“Deep River Blues”, dem<br />
Swing “Let Me Be Your Angel” oder<br />
der Rumba “Hard Way To Go” auch<br />
die Ohrwürmer des Jahres, mit einem<br />
Hookline-Händchen, das ihn ganz<br />
oben im Macca-Finn-Ray-Davies-<br />
Mekka mitspielen lässt.<br />
(Proper/Rough Trade, 2013,<br />
13/ 47:24) utw<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
PUNK 45 – KILL THE<br />
HIPPIES! KILL YOURSELF!<br />
UNDERGROUND PUNK IN<br />
THE USA 1973–1980<br />
Noch immer ist es ein weitverbreiteter<br />
Mythos, dass Punk in England explodierte.<br />
Sex Pis<strong>to</strong>ls, The Clash – schön<br />
und gut. Doch die USA waren einfach<br />
früher dran. Dort formierten sich aus<br />
der reichen Garage-Rockszene bereits<br />
Anfang der 70er Jahre Combos wie die<br />
Electric Eels oder Flamin’ Groovies.<br />
Die hervorragende Anthologie PUNK<br />
45 – KILL THE HIPPIES! KILL<br />
YOURSELF! UNDERGROUND<br />
PUNK IN THE USA 1973–1980<br />
präsentiert neben diesen nun eine<br />
Fülle von US-Pro<strong>to</strong>-Punkbands. Bekanntere<br />
Vertreter wie die S<strong>to</strong>oges,<br />
New York Dolls oder Ramones haben<br />
die Herausgeber bewusst zuguns ten<br />
entdeckenswerter weggelassen. Der<br />
Sampler ist Auftakt einer das Buch<br />
„Punk 45” (siehe Good Times 6/2013)<br />
begleitenden Serie und kommt samt<br />
informativem Booklet. Er versammelt<br />
Bands wie The Urinals, The Normals,<br />
The Deadbeats, The Skunks, Pere<br />
Ubu, Tuxedomoon und Johnny Thunders<br />
& The Heartbreakers. One, two,<br />
three, four, let’s go ...<br />
(SoulJazz/Indigo, 2013, 21/55:44) frs<br />
THE YANKEE DOLLAR<br />
THE YANKEE DOLLAR<br />
Einziges<br />
Album<br />
(1968) der<br />
kurzlebigen<br />
Band The Yankee<br />
Dollar aus<br />
San Luis Obispo,<br />
Kalifornien.<br />
Die klar überdurchschnittliche<br />
Sängerin Liza Gonzales und ihre guten<br />
männlichen Helfer mit Gitarrist<br />
Greg Likins an der Spitze spielten,<br />
zeitgeistig geprägt, einen ordentlichen<br />
Folk-Rock mit Psychedelic-<br />
Einflüssen, der sich im Spannungsdreieck<br />
von Jefferson Airplane,<br />
Buffalo Springfield und den Byrds<br />
bewegte. Gute eigene Songs wie<br />
“Sanctuary”, “Good Old Friends”<br />
und “Winter Day” standen gleichberechtigt<br />
neben einer ausgeklinkten<br />
Version von Donovans “Catch The<br />
Wind” und eigenwilligen Fassungen<br />
der Klassiker “Let’s Get Toge<strong>the</strong>r”<br />
und “The Times They Are A-Changin’”.<br />
Die Gruppe verzeichnete für<br />
ihr Debütalbum angeblich nur eine<br />
einzige (!) Rezension (immerhin in<br />
“Billboard”) und scheiterte prompt<br />
an zu schlappen Verkäufen. Liza<br />
Gonzales machte sich später als<br />
Backgroundsängerin bei Linda Ronstadt<br />
und Stevie Nicks nützlich. Von<br />
den Aufnahmen für ein geplantes<br />
zweites Album wurden der CD zwei<br />
Stücke als Bonus beigefügt.<br />
(Kismet/Soulfood, 2013,<br />
13/41:30) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
LOVE, POETRY &<br />
REVOLUTION<br />
„A Journey Through The British<br />
Psychedelic And Underground<br />
Scenes 1966 –1972” liefert dieser<br />
Dreierpack, höchst profund begleitet<br />
von einem 36-seitigen Booklet, das<br />
mit Coverabbildungen, herrlichen<br />
Bildern und ausführlichen Infos zu<br />
jedem Song und jeder Band daherkommt.<br />
Inhaltlich wechseln sich bekannte<br />
Acts aus dieser Zeit wie die<br />
Spencer Davis Group, Hawkwind,<br />
Kevin Coyne oder The Crazy World<br />
Of Arthur Brown mit Außenseitern<br />
wie Crocheted Doughnut Ring,<br />
Jade Hexagram, Forever Amber<br />
oder Neon Pearl ab. Auch stilistisch<br />
werden weite Kreise gezogen, rockige<br />
Underground-Klänge, psychedelische<br />
Pop-Perlen, progressiver<br />
Jazz-Rock, undefinierbarer<br />
Eigenbrötler-Folk – ebenso bunt,<br />
wie die britische Musikszene in jenen<br />
Jahren war, klingt LOVE, POE-<br />
TRY & REVOLUTION, und ebenso<br />
kurzweilig, wie es damals zuging,<br />
ist heute der Genuss dieser drei CDs.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
3 CDs) us<br />
Rock<br />
NEAL FORD &<br />
THE FANATICS<br />
GOOD MEN<br />
Als sich die Popmusik der frühen<br />
Sechziger eher experimentellen<br />
Klängen öffnete, schossen die Bands<br />
sprichwörtlich wie Pilze aus dem<br />
Boden. Neal Ford und seine Fanatics<br />
hielten das Zepter in Hous<strong>to</strong>n,<br />
Texas, in der Hand. Auf der lange<br />
überfälligen Compilation, die die<br />
Jahre 1965–1968 abdeckt, lässt sich<br />
die Entwicklung der Truppe bestens<br />
verfolgen. Beat mit einer herrlichen<br />
Farfisa-Orgel (“I Will Not Be Lonely”),<br />
melodischer Sunshine-Pop<br />
(“Gonna Be My Girl”), eine Nummer<br />
mit leicht psychedelischen Anklängen<br />
(“Save Your Affection”), bluesiger<br />
Beat (“Pain”) und pure Psychedelia<br />
(“Night Time”) sind Leckerbissen<br />
für jeden Fan abwechslungsreicher<br />
Beatmusik. Empfehlung! Die Ausgabe<br />
von Big Beat erscheint mit einem<br />
24-seitigen Booklet voller Fo<strong>to</strong>s und<br />
informativer Liner-Notes.<br />
(Big Beat/Soulfood, 2013,<br />
26/67:08) at<br />
LORD SUTCH AND<br />
HEAVY FRIENDS<br />
LORD SUTCH AND<br />
HEAVY FRIENDS<br />
Das<br />
„Screaming”<br />
hatte<br />
Exzentriker<br />
„Lord”<br />
David<br />
Edward<br />
Sutch<br />
(1940-1999)<br />
weggelassen,<br />
als er mit namhaften Kollegen wie<br />
Jimmy Page (g), John Bonham (dr),<br />
Jeff Beck (g), Noel Redding (b), Carlo<br />
Little (dr) und Nicky Hopkins (keys)<br />
ins Studio ging und LORD SUTCH<br />
AND HEAVY FRIENDS einspielte,<br />
das es in den USA immerhin auf<br />
Chartrang 84 schaffte. Lange vergriffen,<br />
ist das einst vom US-„Rolling<br />
S<strong>to</strong>ne” doch deutlich übertrieben als<br />
„schlechtestes je gemachtes Album”<br />
abgekanzelte Album jetzt klanglich<br />
aufgepeppt, aber ohne Bonus-Tracks<br />
wieder erhältlich. Die Songs haben<br />
eher rudimentären Heavy-Charakter,<br />
die Instrumentalleistungen allerdings<br />
sind vom Feinsten (Soli!) – das Ganze<br />
erinnert an nicht ganz nüchterne Jamsessions.<br />
Die Scheibe hat – abgesehen<br />
vom his<strong>to</strong>rischen Wert – aber durchaus<br />
ihren Reiz, nimmt andeutungsweise<br />
den rohen Punk vorweg und hat<br />
Unterhaltungswert.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 1970,<br />
12/35:34) pro<br />
ANDREA SCHROEDER<br />
WHERE THE WILD OCEANS<br />
END<br />
Düster, unnahbar und mystisch, das<br />
waren die drei am häufigsten genannten<br />
Attribute, mit denen Andrea Schroeders<br />
Debüt BLACKBIRD im Herbst 2012<br />
beschrieben wurde. Für ihr Ende Januar<br />
erscheinendes neues Werk könnten<br />
noch unversöhnlich und entfesselt<br />
hinzukommen, denn WHERE THE<br />
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<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 37
REVI<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
Rock<br />
WILD OCEANS END bietet neben den vielen<br />
ruhigen und innigen Momenten auch eine<br />
ganze Menge an wild überbordender Energie.<br />
Meistens macht sich diese in explodierenden<br />
Gitarrensounds Luft, eine Komponente, die<br />
ihren ursprünglichen Sound aus Düster-Folk<br />
und Desert-Rock kongenial ergänzt, so dass<br />
die Vergleiche mit Nick Cave und Velvet<br />
Underground immer passender erscheinen.<br />
Grandios auch die einzige Cover-Version des<br />
Albums, mit “Helden” zeigt sie die abgründige<br />
Seite von David Bowies “Heroes”.<br />
(Glitterhouse/Indigo, 2014, 10/40:27) us<br />
LAKE<br />
LAKE / II / PARADISE ISLAND<br />
In der Kriegersprache<br />
würde man sagen,<br />
dass Lake den<br />
Gegner mit seinen<br />
eigenen Waffen schlugen.<br />
Nun gibt es im<br />
(Mainstream-)Rock<br />
ki keine Feinde, Fid nur Konkurrenten um potenzielle<br />
Plattenkäufer. Die suchte die deutsche<br />
Band um Sänger James Hopkins-Harrison,<br />
Gitarrist Alex Conti und Keyboarder Geoff<br />
Peacey mit melodiösen Songs auch in den<br />
USA. Und fand sie mit beeindruckenden<br />
Instrumentalleistungen, herausragenden<br />
Sangeskünsten (solo und Refrainchöre) sowie<br />
eingängigen Stücken. Beim 1976er Debüt<br />
mit “On The Run”, “Time Bomb” oder<br />
“Chasing Colours”. Zwei Jahre später bei<br />
LAKE II kombinierten sie erneut Popmelodien<br />
mit rockigem Druck, waren auf El<strong>to</strong>n<br />
Johns Balladenspuren (“Love’s The Jailer”),<br />
streuten Prog-Andeutungen ein. Gleiches gilt<br />
für PARADISE ISLAND (1979), das jedoch<br />
den hohen Vorgängerstandard nicht ganz<br />
halten konnte. Schön, dass BGO Lake und<br />
deren Songs der Anfangsjahre, die Einflüsse<br />
von Supertramp, 10cc, Charlie oder City Boy<br />
vermengten, dem Vergessen entrissen hat und<br />
im Booklet die Bands<strong>to</strong>ry nochmals erzählt.<br />
(BGO/H’Art, 1976, 1978, 1979,<br />
8/37:01, 17/8:43) pro<br />
MIKE & THE MECHANICS<br />
THE SINGLES 1986–2013 +<br />
THE LIVING YEARS (25TH AN-<br />
NIVERSARY EDITION)<br />
Die Jubiläumsaktivitäten beim Nebenprojekt<br />
von Genesis-Bassist und -Gitarrist Mike Ru<strong>the</strong>rford<br />
– Mike & The Mechanics – laufen<br />
mit dem Start des neuen Jahres auf Hoch<strong>to</strong>uren<br />
an. Am selben Tag Mitte Januar sind<br />
gleich zwei Doppel-CD-Koppelungen anlässlich<br />
des 30-jährigen Bestehens der Gruppe<br />
erschienen, die eindrucksvoll unter Beweis<br />
stellen, warum die Mechaniker unter der<br />
Ägide des Genesis-Gründungsmitglieds zu<br />
den Formationen gehören, die schnörkelloses<br />
Pop/Rock-Handwerk mit unverkennbaren<br />
Harmonien und dem einen oder anderen<br />
Prog- wie Soul element zusammenbringen.<br />
Radio-Kompatibilität also, ohne dass die<br />
Lieder berechenbar oder banal klingen würden.<br />
Das ist am eindrucksvollsten nachzuhören<br />
auf dem Sampler THE SINGLES<br />
1986–2013, bei dem erstmalig sämtliche<br />
Evergreens Label-übergreifend vereint sind.<br />
Neben einem brandneuen Song, den Ru<strong>the</strong>rford<br />
zusammen mit einem der beiden aktuellen<br />
Sänger – Andrew Roachford – komponiert<br />
hat, gibt es auch ein nie veröffentlichtes<br />
Stück mit Gesang vom Ex-Vokalisten Paul<br />
Carrack und dem viel zu früh vers<strong>to</strong>rbenen<br />
anderen Frontmann Paul Young. Und sonst?<br />
Enthält die Kompilation neben diesen beiden<br />
Liedern sowie sämtlichen Hits der bis da<strong>to</strong><br />
sieben Studio-Alben zusätzlich eine Auswahl<br />
an B-Seiten und Raritäten. Weiteres Mechaniker-Schmankerl<br />
ist eine Anniversary-<br />
DeLuxe-Edition des zweiten – und sowohl<br />
kommerziell erfolgreichsten als auch von<br />
Fans wie Kritikern am meisten geschätzten<br />
– Werks THE LIVING YEARS. Diese Scheibe<br />
verkörpert am überzeugendsten die von<br />
Ru<strong>the</strong>rford geschätzte Melange aus Melodie<br />
und Melancholie. Auf der Sonderausgabe<br />
befindet sich nicht nur das komplette Album<br />
von 1988, sondern auf einem zweiten Silberling<br />
Live-Aufnahmen von der Tour 1989<br />
sowie das Remake “The Living Years 2014”,<br />
das mit dem südafrikanischen Isango Choir<br />
sowie Andrew Roachford am Mikrofon neu<br />
eingespielt wurde. Zugegeben, M&M-Sound<br />
wirkt nicht selten reichlich glattgebügelt.<br />
Und trotzdem ist es Mainstream, den man<br />
immer wieder gerne hört.<br />
(Virgin/Universal, 2014, 2x2 CDs) mfg<br />
CAROLE KING<br />
TAPESTRY<br />
Eine WG in den<br />
Siebzigern und Achtzigern<br />
ohne dieses<br />
Album – undenkbar!<br />
Die Pianistin und<br />
Sängerin Carole King<br />
gehörte zur Szene um<br />
James Taylor und dJoni Mitchell, hatte aber<br />
schon in den Sechzigern einige Hits komponiert,<br />
wie z.B. “Locomotion” (Little Eva)<br />
und “Will You Love Me Tomorrow” (The<br />
Shirelles). Auf dieser Platte präsentiert sie<br />
die ganze Bandbreite ihres Könnens. Neben<br />
dem Evergreen “I Feel The Earth Move” und<br />
den eher offensiven Songs wie “Smackwater<br />
Jack” verzaubern die bedächtigen und ruhigen<br />
Kompositionen, bei denen Kings zurückhaltende,<br />
aber trotzdem kräftige Stimme<br />
voll zur Geltung kommt. Durch das aktuelle<br />
Remastering wird die Wärme des Albums<br />
be<strong>to</strong>nt, das man gerne zu einem guten Glas<br />
Rotwein genießt.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1971,<br />
12/44:50) at<br />
STEPHEN MALKMUS &<br />
THE JICKS<br />
WIG OUT AT JAGBAGS<br />
Stephen Malkmus ist durch die Alternative-<br />
Rockband Pavement bekannt geworden,<br />
die in den 90ern erfolgreich in die Phalanx<br />
anderer Indie-Größen wie Sonic Youth, The<br />
Fall oder Pixies stieß. Nach deren Auflösung<br />
machte Malkmus mit der Begleitband The<br />
Jicks weiter. Während sich die ersten vier<br />
Alben STEPHEN MALKMUS (2001), PIG<br />
LIB (2003), FACE THE TRUTH (2005) und<br />
REAL EMOTIONAL TRASH (2008) durch<br />
komplexe Stücke mit psychedelischen Solos<br />
im Stile von Neil Young & Crazy Horse von<br />
seiner früheren Band unterschieden, sind<br />
Malkmus und Konsorten mittlerweile wieder<br />
nah am alten Pavement-Sound, so auch beim<br />
jüngsten Werk WIG OUT AT JAGBAGS.<br />
Malkmus sagt selbst über dieses, es sei auch<br />
von Köln und der Krautrock-Legende Can<br />
inspiriert, deren LP EGE BAMYASI er Ende<br />
2012 in der Domstadt mit der Band Von Spar<br />
aufgeführt hatte. Mehr klingen dann aber<br />
doch seine alte Band oder die Kollegen von<br />
Weezer durch. Doch mittlerweile ist Malkmus<br />
ein gereifter Indie-Rocker, der all seine<br />
Erfahrung in abwechslungsreiche Kompositionen<br />
zu stecken weiß, so dass auf WIG<br />
OUT AT JAGBAGS federleichter Indie-Pop<br />
auf hohen Niveau entstanden ist.<br />
(Domino/Good<strong>to</strong>go, 2014, 11/39:03) an<br />
DEEP PURPLE<br />
LIVE IN STUTTGART 1993 +<br />
LIVE IN BIRMINGHAM 1993<br />
2006 gab es diese beiden bid Konzertmitschnitte<br />
als gemeinsamen Viererpack,<br />
ein Jahr später erschienen sie dann als<br />
separate Doppel-CDs. Neu bei den remasterten<br />
Wiederveröffentlichungen Ende<br />
letzten Jahres sind nur die Booklets, musikalisch<br />
wurde weder etwas weggelassen<br />
noch hinzugefügt. Warum man die beiden<br />
Konzertmitschnitte aus dem Herbst 1993<br />
nicht wieder als Viererbox veröffentlicht<br />
ist, schade, denn eigentlich braucht man<br />
beide. Denn obwohl nur drei Wochen<br />
zwischen diesen beiden Auftritten liegen,<br />
muss sich in dieser kurzen Zeit einiges in<br />
der Band verändert haben. Gilt der Auftritt<br />
in der Stuttgarter Schleyerhalle trotz<br />
schwelender Animositäten zwischen Ritchie<br />
Blackmore und dem Rest der Mark-<br />
II-Besetzung immer noch als Livehighlight<br />
aus dieser Zeit, so eskalierten die<br />
Streitigkeiten in Birmingham. Obwohl<br />
die Band mit “Highway Star” schon den<br />
ers ten Song spielte, weigerte sich Blackmore<br />
hartnäckig, die Garderobe zu verlassen,<br />
bis die Bühne frei von Kameraleuten<br />
wäre. Als ihm dies zugesichert wurde und<br />
er trotzdem einen Kameramann auf der<br />
Bühne entdeckte, versuchte er, diesen mit<br />
Wasser zu vertreiben – traf dabei aber Jon<br />
Lord und Ian Gillan! Dass dieses Konzert<br />
somit als Tiefpunkt der (kurz darauf von<br />
Blackmore als beendet erklärten) Tour<br />
war und für die schon fest vereinbarten<br />
Japan-Termine Joe Satriani einspringen<br />
musste, ist eine ganz andere Geschichte.<br />
Auf alle Fälle lohnt der Vergleich zwischen<br />
den Konzerten, denn wenngleich der<br />
Birmingham-Gig mit katas trophalen Begleiterscheinungen<br />
klarkommen musste,<br />
Jon Lord, Ian Paice, Roger Glover und Ian<br />
Gillan gaben definitiv ihr Bestes, um auch<br />
mit einem alles andere als motivierten Gitarristen<br />
eine klasse Show abzuliefern.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2006,<br />
11/77:28, 9/51:08 + 9/51:00, 9/56:33) us<br />
HENRIK FREISCHLADER<br />
NIGHT TRAIN TO BUDAPEST<br />
Nachdem Henrik Freischlader sein 2012er<br />
Studio-Album HOUSE IN THE WOODS<br />
mit seiner aktuellen Tourband aufgenommen<br />
hatte, besann er sich für diese Produktion<br />
wieder auf das Konzept, sämtliche<br />
Instrumente mit Ausnahme der von Moritz<br />
Fuhrhop beigesteuerten Keyboardparts<br />
selbst einzuspielen. Entstanden ist so ein<br />
Album, mit dem der Wuppertaler unterstreicht,<br />
dass er sieben Jahre nach seinem<br />
CD-Debüt THE BLUES seinen ganz eigenen<br />
Stil gefunden hat, für den der Titel<br />
jenes Erstlings jedoch nur mehr bedingt<br />
zur Genreklassifizierung taugt. Unter den<br />
elf Eigenkompositionen finden sich erwartungsgemäß<br />
gitarrenbe<strong>to</strong>nte (Blues-)Rocknummern<br />
der kreativeren Art, dazu gibt es<br />
Balladen wie das Singer/Songwriter-affine<br />
”Caroline”, kurzum, facettenreiche bluesbasierte<br />
Rockmusik dürfte es wohl am<br />
ehesten treffen.<br />
(Cable Car Records/Alive, 2013,<br />
11/63:04) ms<br />
SCORPIONS<br />
MTV UNPLUGGED IN ATHENS<br />
Mediterranen<br />
Flair<br />
verbreiteten die<br />
Scorpions<br />
passend<br />
zum Veranstaltungsort,<br />
dem A<strong>the</strong>ner<br />
Lycabettus-Theater,<br />
zwischendurch öfter<br />
mal (“Born To Touch Your Feelings”, “Can’t<br />
Live Without You”), als sie ihr zweites Akustikalbum<br />
einspielten, diesmal auf Einladung<br />
der Kultsendung „MTV Unplugged”. Die<br />
Überschneidungen mit ACOUSTICA von<br />
2001 sind nahezu vernachlässigenswert, die<br />
Ergänzung durch Streicher und zahlreiche<br />
Gastinstrumentalisten tut den Songs ebenso<br />
gut, wie die Variationen der unvermeidlichen<br />
Gassenhauer mit Zusatzvokalisten (a-has<br />
Morten Harket bei “Wind Of Change”, Cä<strong>the</strong><br />
bei “In Trance”, Johannes Strate bei<br />
“Rock You Like A Hurricane”) neue Facetten<br />
bieten. Die Spielfreude, eine schlüssige<br />
Songmischung sowie die Umsetzung mit<br />
viel Liebe zum Detail rechtfertigen die Veröffentlichung<br />
allemal. Insgesamt gelungen.<br />
(RCA/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 12/54:15,<br />
12/55:09) pro<br />
KLAUS SCHULZE & LISA<br />
GERRARD<br />
BIG IN EUROPE – VOL.1<br />
WARSAW<br />
Über Krautrock- und Elektronikbands wie<br />
Psy Free, Tangerine Dream und Ash Ra Temple<br />
ist Klaus Schulze mittlerweile bei einem<br />
Solowerk von gigantischen Ausmaßen angekommen.<br />
Neben den sukzessiven Veröffentlichungen<br />
aus seinen Archiven erfreut er seine<br />
Fans aber auch immer wieder mit neuem<br />
Material. Seit einigen Jahren arbeitet er mit<br />
Lisa Gerrard – Sängerin der australischen<br />
Wold-<strong>Music</strong>band Dead Can Dance – zusammen,<br />
erlaubt somit einer menschlichen Stimme<br />
Zugang zu seinen Werken. Tatsächlich<br />
fügt die Sängerin mit ihrem elfenhaften Gesang<br />
den auf- und abschwellenden Sequenzerklängen,<br />
den wechselnden Rhythmen,<br />
den sphärischen Klangflächen Schulzes eine<br />
neue, sich wunderschön einfügende Klangfarbe<br />
hinzu, und obwohl die beiden – eigenen<br />
Aussagen nach – nie miteinander proben,<br />
klingt das Ergebnis alles andere als improvisiert.<br />
BIG IN EUROPE – VOL.1 bietet<br />
auf zwei DVDs und einer CD nicht nur den<br />
Auftritt des scheinbar so ungleichen Paares<br />
bei der Warschauer Gedenkfeier 2009 zum<br />
70. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs,<br />
sondern mit einer „Behind The Stage”-Doku<br />
auch einen höchst inter essanten Einblick in<br />
die Arbeitswelt von Klaus Schulze.<br />
(MiG/Sony <strong>Music</strong>, 2013, 5/58:39,<br />
2 DVDs 65/54 Min) us<br />
Seite 38 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
WS<br />
CD<br />
REVIEWS<br />
THE DIRTY LOOKS<br />
COOL FROM THE WIRE<br />
Das bärenstarke Album einer Band<br />
aus San Francisco, die nach Pennsylvania<br />
„auswanderte”, einige Indie-<br />
Alben veröffentlichte und schließlich<br />
dem britischen Produzenten Max<br />
Norman in die Hände fiel, der schon<br />
mit Acts wie Ozzy Osbourne und<br />
Y&T gearbeitet hatte. Er verpasste<br />
den Dirty Looks 1988 einen vollfetten<br />
Hard- & Heavy-Sound mit Parallelen<br />
zu den frühen AC/DC und Rose<br />
Tat<strong>to</strong>o, gefüllt mit schroffen Ecken<br />
und Kanten, Killerriffs, felsenfesten<br />
Rhythmen und dem frenetischen,<br />
allerdings auch etwas gewöhnungsbedürftigen<br />
Gesang des auch Gitarre<br />
spielenden Komponisten Henrik<br />
Ostergaard, eines gebürtigen Dänen.<br />
COOL FROM THE WIRE wartet mit<br />
Top-Tracks wie “Can’t Take My Eyes<br />
Off Of You”, “Put A Spell On You”,<br />
“It’s A Bitch” und “No Brains Child”<br />
auf und klingt 25 Jahre später immer<br />
noch rundum frisch.<br />
(Rock Candy/Soulfood, 1988,<br />
11/41:00) hjg<br />
LEVIN MINNEMANN<br />
RUDESS<br />
L M R<br />
Nein, der in<br />
letzter<br />
Zeit<br />
inflationär<br />
verwendete<br />
Begriff „Supergroup”<br />
soll hier<br />
nicht<br />
verwendet<br />
dtwerden, doch wenn sich Musiker<br />
wie Tony Levin (King Crimson, Peter<br />
Gabriel), Marco Minnemann (Steven<br />
Wilson, The Aris<strong>to</strong>crats) und Jordan<br />
Rudess (Dream Theater, Dixie Dregs)<br />
zusammenfinden, kommt man fast<br />
nicht daran vorbei. Doch Achtung, wer<br />
nun bei L M R die Schnittmenge der<br />
oben genannten Bands erwartet, sollte<br />
bedenken, warum (Prog-)Musiker<br />
denn überhaupt solche Nebenprojekte<br />
starten. Diese drei zumindest nutzen<br />
die sich so eröffnende Spielwiese mit<br />
hemmungsloser Kreativität, über eine<br />
Stunde lang instrumentaler Jazz-Prog-<br />
Rock ohne jegliche Rücksicht auf<br />
kommerzielle Interessen, von Radiotauglichem<br />
Material gar nicht zu sprechen.<br />
Musikalische Referenzen? Am<br />
ehesten noch Marco Minnemanns<br />
Aris<strong>to</strong>crats abzüglich Gitarre, oder (zumindest<br />
teilweise) die letzten Werke<br />
von Van Der Graaf Genera<strong>to</strong>r, frühe<br />
Soft Machine – also genau das Richtige<br />
für alle, die sich mit 08/15-Musik nicht<br />
zufrieden geben!<br />
(Lazy Bones Recordings/Just For<br />
Kicks, 2013, 14/64:49)<br />
us<br />
ZOFF<br />
SCHWER ABGERÄUMT!<br />
LIEDER AUS’M PANZER-<br />
SCHRANK<br />
Die verbale Hinführung zu den bislang<br />
unveröffentlichten Raritäten der Sauerlandcombo<br />
Zoff ist gelungen. Bei dem,<br />
was folgt, schwankt die Qualität allerdings<br />
gelegentlich. Gezwungenes nach<br />
dem Mot<strong>to</strong> „Reim dich, oder ich beiß<br />
dich” wechselt mit witzigen Songs, teils<br />
auch in NDW-Machart. Die Beschreibung<br />
von Lebenswirklichkeit, Hymnen<br />
an die eigene Heimat, eher ausgefallene<br />
Themen wie die originelle Hommage<br />
an einen Grillteller (“Ein Chef wird<br />
kommen” in Anlehnung an Lale Andersens<br />
Schlager von 1960), gepaart mit<br />
unwiderstehlichen Grooves (inklusive<br />
Reggaerhythmik), knackigen Gitarrenriffs,<br />
bieten eine breite Lauschpalette.<br />
Live-Aufnahmen, die seit der Reunion<br />
2003 entstanden, wechseln mit neuen<br />
Studiokreationen und Akustikversionen.<br />
Gut geeignet zur Auflockerung<br />
düsterer Winterabende.<br />
(Sireena/Broken Silence, 2013,<br />
22/76:10) pro<br />
WARREN ZEVON<br />
EXCITABLE BOY<br />
Warren Zevon<br />
verstarb<br />
2003 viel<br />
zu früh im<br />
Alter<br />
von<br />
56 Jahren.<br />
Nach ersten<br />
Ef Erfolgen als Songschmied für die<br />
Turtles begann seine Solokarriere in<br />
den Siebzigern, in denen er besonders<br />
für seine cleveren Texte und<br />
die musikalische Bandbreite gelobt<br />
wurde, die er trotz einer gewissen<br />
Massenkompatibilität wahrte. EXCI-<br />
TABLE BOY zählt zu seinen beliebtesten<br />
Alben, nicht zuletzt, weil er<br />
seinen Konkurrenten Randy Newman<br />
zumindest zeitweise übertrumpfte.<br />
Bissige politische Kommentare im<br />
Singer/Songwriter-Gewand (“Roland<br />
The Headless Thompson Gunner”),<br />
ein Track mit einer leichten Prise<br />
Funk (“Night Time In The Switching<br />
Yard”) und natürlich das peppige<br />
“Werewolves Of London” ergänzen<br />
sich zu einem hochinteressanten Gesamteindruck.<br />
Die Ausgabe erscheint<br />
als 24 KT-Gold-CD (Hybrid SACD,<br />
limitiert und nummeriert) und wurde<br />
meisterhaft remastert, denn die dynamische<br />
Bandbreite blieb vollkommen<br />
erhalten. Lediglich die Höhen sind<br />
sanft abgemildert worden.<br />
(Audio Fidelity/Sieveking Sound,<br />
1978, 9/31:50) at<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
SIXTIES JAPANESE<br />
GARAGE-PSYCH SAMPLER<br />
Dies ist ein höchst gelungener Samp ler<br />
für Garagen-Rockfans, die schon immer<br />
der Meinung waren, dass verwegener<br />
Rock eine international verständliche<br />
Sprache war (und ist). In der Tat: Als in<br />
den Sixties ruppiger US-Garagen-Rock<br />
auch nach Japan schwappte, fanden<br />
sich Enthusiasten, die in den Sprachen<br />
Englisch, Pidgin-Englisch und Japanisch<br />
intensiv sangen, dazu wildeste<br />
Gitarren-Tsunamis vom Stapel ließen<br />
und das Schlagzeug zum Holzhackklotz<br />
umfunktionierten. Selbstverständlich<br />
verließ man sich auch nicht nur auf bekannte<br />
Vorlagen – die hier zu hörenden<br />
großartigen Versionen von “Gloria” und<br />
Rock<br />
“Everythings Alright” sind eher Ausnahmen<br />
–, sondern komponierte tapfer<br />
Eigenes. Stücke wie “Tunnel To Heaven”,<br />
“I’m Just A Mops” oder “Hey!<br />
Chance” mögen ja noch so schräg<br />
klingen – Spaß machen sie auf jeden<br />
Fall. Zu hören sind hier die ersten Heldentaten<br />
von Musikern, die später mit<br />
bekannteren Gruppen wie der Flower<br />
Travellin’ Band, Speed, Glue & Shinki<br />
und Foodbrain ihre Karriere fortsetzten,<br />
aber auch vergessene Eintagsfliegen<br />
und Musikanten, die lieber als Schauspieler<br />
Erfolg suchten. Das 16-seitige<br />
Booklet informiert gründlich.<br />
(Bamboo/Soulfood, 2013,<br />
14/37:47) hjg<br />
NATIONALGALERIE<br />
ALLES<br />
Mit “Evelin”<br />
landete die Hamburger<br />
Gruppe<br />
Nationalgalerie<br />
vor 20 Jahren<br />
einen kleinen<br />
Hit, ihr ambitioniertes<br />
Album MESKALIN (1995)<br />
erntete gute Kritiken. Als es unter<br />
Indie-Bands angesagt war, englisch zu<br />
singen und sich am UK zu orientieren,<br />
sang sie deutsch und spielte – lange<br />
vor der heutigen Americana-Welle –<br />
US-geprägten Roots-Rock. Sie spielte<br />
auf großen Festivals und im Vorprogramm<br />
der Spin Doc<strong>to</strong>rs, blieb aber<br />
im Schatten von Deutsch-Rockern<br />
wie Selig. Trotz mittlerer Erfolge und<br />
großem Talent: Nach nur vier Alben<br />
war 1995 plötzlich Schluss. Sänger<br />
und Gitarrist Nils Frevert begann<br />
eine bis heute anhaltende erfolgreiche<br />
Solokarriere. Für viele Fans bleibt<br />
die Erinnerung an eine der besten<br />
deutschsprachigen Bands der frühen<br />
und mittleren 90er Jahre. Nun hat<br />
die Münsteraner Plattenfirma Rakete<br />
Medien die vier Alben HEIMATLOS<br />
(1991), KEIN WUNDER (1992),<br />
INDIANA (1993) und MESKALIN<br />
(1995) samt einer Fülle von Bonus-<br />
Titeln und dem bislang unveröffentlichten<br />
Konzertmitschnitt LIVE IN<br />
BLOOMINGTON (1994) zum schön<br />
gestalteten Boxset mit dem Titel AL-<br />
LES gebündelt. Die Werkschau enthält<br />
zusätzlich eine DVD mit den Videoclips<br />
sowie der neu produzierten,<br />
sehr gut gemachten Doku „Von einem<br />
der Momente”. In dieser erzählen<br />
Mitglieder und Weggefährten in Interviews<br />
eine Bandgeschichte voller<br />
Höhen und Tiefen.<br />
(Rakete/Rough Trade, 2013,<br />
11/42:34, 17/64:01, 14/58:39,<br />
17/64:36, 9/33:22,<br />
DVD 140 Min.)<br />
frs<br />
MARK LANEGAN<br />
HAS GOD SEEN MY<br />
SHADOW? AN ANTHOLOGY<br />
1989–2011<br />
Grunge mit den Screaming Trees und<br />
Kurt Cobain, S<strong>to</strong>ner-Rock mit den<br />
Queens Of The S<strong>to</strong>ne Age, zusammen<br />
mit Isobell Campbell auf den Spuren<br />
von Nancy Sinatra & Lee Hazlewood,<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 39<br />
Die Rückkehr der legendären<br />
Rockband aus den 70ern<br />
Alex Conti · Ian Cussick<br />
Mickie Stickdorn · Jens Skwirblies · Holger Trull<br />
Wings of Freedom<br />
Tour 2014<br />
07.02. Offenbach, KjK Sandgasse<br />
08.02. Koblenz, Café Hahn<br />
20.02. Bonn, Harmonie<br />
21.02. Bensheim, Rex<br />
22.02. Torgau, Kulturbastion<br />
06.03. Bremen, Meisenfrei<br />
07.03. Lübeck, Sounds<br />
08.03. Aukrug, Tivoli<br />
28.03. Dortmund, Piano<br />
29.03. Idstein, Scheuer<br />
30.03. Idar-Oberstein, VfL<br />
31.05. Berlin, Trabrennbahn<br />
06.09. Perleberg, Perleberg-Festival<br />
12.09. Seidenroth, Eulenspiegel<br />
New CD:<br />
Wings of<br />
Freedom<br />
Mad As Hell<br />
Productions<br />
MAH 006<br />
Booking:<br />
HANDMADE Concerts<br />
Hagener Allee 21<br />
D-22926 Ahrensburg<br />
Telefon 04102 44045<br />
Telefax 04102 41767<br />
handmadeconcerts@web.de<br />
handmadeconcerts.de<br />
www.lake-music.de<br />
KBN Veranstaltungsagentur<br />
Langenfelder Damm 91<br />
D-22525 Hamburg<br />
Telefon 040 547 65294<br />
Telefax 040 525 90399<br />
info@k-b-n.de<br />
k-b-n.de
CD<br />
REVIEWS<br />
zuletzt gar Crooner-Versionen aus dem<br />
Great American Songbook: Unstetigkeit ist<br />
das einzig Beständige an Mark Lanegans<br />
Werdegang. Dementsprechend ebenso abwechslungsreich<br />
wie hochklassig fällt die<br />
Rückschau auf seine Zeit von 1989 bis 2011<br />
aus, HAS GOD SEEN MY SHADOW?<br />
kann natürlich keinen allumfassenden<br />
Rückblick liefern, beschränkt sich mit einer<br />
(von Lanegan selbst getroffenen) Auswahl<br />
von 20 Songs auf seiner Soloplatten. Darüber<br />
hinaus bietet eine zweite CD zwölf<br />
bisher unveröffentlichte Tracks, Live-Aufnahmen,<br />
Outtakes, demohafte Songskizzen,<br />
aber auch wunderschöne Americana-<br />
Schleicher, wie das 2002 im texanischen<br />
Hous<strong>to</strong>n in Bandstärke aufgenommene<br />
“Halcyon Daze”. Längst überfällig!<br />
(Light In The Attic/Cargo, 2014,<br />
20/70:02, 12/35:13) us<br />
MICKEY JUPP<br />
LONG DISTANCE ROMANCER +<br />
OXFORD<br />
Nach dem Ende seiner Band Legend suchte<br />
Mickey Jupp Ende der 70er Jahre seine eigene<br />
Nische, abgesetzt vom Punk, eher dem<br />
damals aufblühenden Pub-Rock und Dave<br />
Edmunds, Nick Lowe oder Steve Gibbons<br />
zugeneigt, seinen Brüdern im Geiste. Mit<br />
dem britischen (durchaus nachdenklichen)<br />
Schalk im Nacken <strong>to</strong>bte er sich aus, kreierte<br />
eingängige Songs. Allerdings erlag er<br />
bei den Aufnahmen für LONG DISTANCE<br />
ROMANCER 1979 ein wenig zu sehr dem<br />
Synthie-polierten Zeitgeist, auch wenn<br />
Songs wie “Switchboard Susan”, “Politics”<br />
oder “You Made A Fool Out Of Me” immer<br />
noch ins Ohr gehen. Die Neuauflage bietet<br />
die Monosingle “Rooms In Your Roof” als<br />
Bonus, während OXFORD ohne Ergänzung<br />
daherkommt. Darauf kehrte Jupp wieder<br />
zum einfacher gestrickten Rock’n’Roll zurück,<br />
mengte wohldosiert Boogie, British<br />
R&B, Blues und Pop bei – erdig, allerdings<br />
waren die Songs nicht so stark wie beim<br />
Vorgänger. Dennoch bieten beide Scheiben<br />
ein willkommenes Wiederhören.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 1979+1980,<br />
11/41:41+11/35:58) pro<br />
RAW ACOUSTIC<br />
SILENCE IS KING<br />
Mit SILENCE IS KING erhält RETRO-<br />
FASTFORWARD, das 2010er Album des<br />
Dresdner Duos Raw Acoustic, einen mehr als<br />
gleichwertigen Nachfolger. Konsequent ziehen<br />
Alexander Müller und Gregor Arndt ihr<br />
Konzept, „nur” mit zwei Stimmen und zwei<br />
akustischen Gitarren „Akustik-Rock mit Eiern”<br />
anzubieten, durch. Natürlich braucht ein<br />
solches Konzept die richtigen Songs, und da<br />
sind ihnen genug gute Melodien eingefallen,<br />
um auch über Albumlänge zu überzeugen.<br />
Referenzpunkte gibt es da einige, wem das<br />
britische Akustikduo Ezio gefällt, wer die<br />
Unplugged-Platte von MSG mag, wer bei<br />
Rockmusik (weitestgehend) auf E-Gitarre,<br />
Bass und Schlagzeug verzichten kann, der ist<br />
bei SILENCE IS KING von Raw Acoustic<br />
bestens bedient. Anspieltipp: Track Nr. 4, das<br />
sofort ins Ohr gehende “Myself & I”.<br />
(recordJet, 2013, 10/42:26)<br />
us<br />
ERIC CLAPTON<br />
GIVE ME STRENGTH –<br />
THE ‘74/’75 RECORDINGS<br />
Erfolgreicher kann eine Wiedergeburt kaum<br />
sein, nach Drogen-bedingtem Absturz und<br />
überstandener Depression spielte Eric Clap<strong>to</strong>n<br />
1974 mit 461 OCEAN BOULEVARD<br />
ein Album ein, das sowohl bei Musikkritikern<br />
als auch beim Publikum hervorragend ankam.<br />
Mit Reggae (“I Shot The Sheriff”, “Get Ready”),<br />
klassischem Blues (“I Can’t Hold”, “Let<br />
It Grow”), Funk (“Steady Rollin’ Man”) und<br />
Blues-Rock (“Mo<strong>the</strong>rless Children”, “Give<br />
Me Strenght”) präsentierte sich der Gitarrist so<br />
vielseitig wie selten zuvor, verzichtete auf lockere<br />
Art und Weise auf allzu deutliches Vorzeigen<br />
seiner Virtuosität, hatte sich dazu noch<br />
mit Kollegen wie George Terry, Carl Radle,<br />
Jamie Oldaker und Sängerin Yvonne Elliman<br />
ein starkes Team ins Studio geholt. Beflügelt<br />
von diesem Erfolg setzte er dieses Konzept auf<br />
THERE’S ONE IN EVERY CROWD noch<br />
konsequenter um, nahm sich als Solist fast<br />
vollständig zurück, präsentierte sich dafür als<br />
starker Songwriter und gefühlvoller Interpret.<br />
Weit mehr in den Mittelpunkt rückte Clap<strong>to</strong>n<br />
dann naturgemäß beim im Juli 1974 in kalifornischen<br />
Long Beach aufgenommenen (und<br />
1975 veröffentlichten) Live-Album E.C. WAS<br />
HERE. Wie bei den oben erwähnten Studiowerken<br />
wurden auch hier zahlreiche, bisher<br />
unveröffentlichte Tracks hinzugefügt, vortrefflich<br />
hier vor allem die fast neunminütige<br />
Version von “Little Wing”, dazukommen noch<br />
Stücke, die 1974 und 1975 bei verschiedenen<br />
Konzerten in London, New York und Rhode<br />
Island mitgeschnitten wurden. Das 60-seitige<br />
Hardcoverbuch ist wunderschön gestaltet,<br />
vermittelt mit zahlreichen Bildern die Stimmung<br />
der damaligen Ses sions, eine Blu-ray<br />
liefert dazu noch alle drei Alben in alternativen<br />
Abmischungen. Kein Zweifel, GIVE<br />
ME STRENGTH liefert mit den drei Clap<strong>to</strong>n-<br />
Alben aus den Jahren ‘74 und ‘75 die musikalische<br />
Geburt jenes Musikers, wie er heute<br />
noch höchst erfolgreich (Blues-)Rock zelebriert,<br />
und das dazu noch in Inhalt und Aufmachung,<br />
wie sie schöner kaum sein können ...<br />
(Polydor/Universal, 2013, 5 CDs,<br />
1 Blu-ray) us<br />
DIE TOTEN HOSEN<br />
LIVE: DER KRACH DER<br />
REPUBLIK<br />
Die inzwischen fünfte Live-CD der Toten Hosen<br />
dokumentiert die bislang größte Tour der<br />
Düsseldorfer in ihrer langen Bandgeschichte<br />
mit knapp einer Million Besucher, die nicht<br />
nur “Tage wie diese” feierten. Partystimmung<br />
mit nachdenklichen, emotionalen Zwischendurch-Momenten<br />
sind darauf festgehalten.<br />
Ebenso, dass Campino nicht nur bei den<br />
zahlreichen vertretenen Klassikern/Gassenhauern<br />
oft gar nicht mehr singen muss, weil<br />
das stimmgewaltige Publikum die Texte allesamt<br />
auswendig weiß. Die Cover-Versionen<br />
haben’s in sich (Hannes Waders “Heute hier,<br />
morgen dort”, “Schrei nach Liebe” der Ärzte,<br />
Slades “Far Far Away); unvermeidliche Überschneidungen<br />
mit früheren Konzertdokus halten<br />
sich in Grenzen. Rundum gelungene Vollbedienung<br />
in typischer Hosen-Manier, bei der<br />
das Livefeeling bestens eingefangen ist!<br />
(JKP/Warner, 2013, 19/60:18,<br />
15/51:23) pro<br />
NICK CAVE & THE BAD<br />
SEEDS<br />
LIVE FROM KCRW<br />
Vier Songs des auch<br />
hier zu Lande erfolgreichen<br />
letzten<br />
Nick-Cave-Albums<br />
PUSH THE SKY<br />
AWAY (Nr. 2 der<br />
Albumcharts) bilden<br />
das Gerüst eines für den kalifornischen<br />
Radiosender KCRW aufgenommenen Konzerts,<br />
das nun als drittes Live-Album der Bad<br />
Seeds erschienen ist. Die zehn Songs wurden<br />
in kleiner Besetzung mit Warren Ellis, Martyn<br />
Casey, Jim Slavunos und Barry Adamson (!)<br />
eingespielt und sind ähnlich altersweise und<br />
reduziert interpretiert wie das ganze letzte<br />
Album. Das gilt auch für Cave-Klassiker wie<br />
“The Mercy Seat”, “And No More Shall We<br />
Part” und “Jack The Ripper”, die im neuen<br />
Soundgewand wahrlich aufblühen. LIVE<br />
FROM KCRW ist ein Hörerlebnis, bei dem<br />
man im April 2013 nur allzu gerne dabei gewesen<br />
wäre. Die Doppel-Vinylausgabe umfasst<br />
zudem mit “In<strong>to</strong> My Arms” und “God<br />
Is In The House” zwei zusätzliche Songs. Des<br />
Weiteren erhält man das Live-Album in einer<br />
Deluxe-Ausgabe zusammen mit PUSH THE<br />
SKY AWAY.<br />
(Bad Seed Ltd/Rough Trade,<br />
2013, 10/52:19) an<br />
MIDLAKE<br />
ANTIPHON<br />
Mit Antiphon wird ein Call-And-Response-<br />
Gesangsstil bezeichnet, der in gregorianischen<br />
Weisen und Seemannsliedern oft<br />
Verwendung findet. Hier läutet er eine neue<br />
Phase im Schaffen der texanischen Indie-<br />
Rockgruppe Mid lake ein, die ihre souverän<br />
und hochintelligent aufgebauten, vielseitig<br />
instrumentierten und fantasievoll arrangierten<br />
Songs mehr denn je in Richtung eines<br />
dynamisch-symphonischen, frei fließenden<br />
Psychedelic-Rock verschiebt, bei dem es auf<br />
Nuancen und Details von Details ankommt.<br />
So entsteht eine kaleidos kopartige Musik,<br />
die – zumindest teilweise – in den Seventies<br />
verwurzelt ist, aber keinen Zweifel an ihrer<br />
aktuellen Relevanz aufkommen lässt. Dies ist<br />
(ge-)wichtige Musik dieses Jahrzehnts! Die<br />
von vielen Fans geschätzten Folkeinflüsse<br />
kommen bei ANTIPHON nicht mehr so richtig<br />
zum Zuge, aber von dunkelbunten Klangformen<br />
bestimmte Kompositionen wie “It’s<br />
Going Down”, “Aurora Gone” oder “Corruption”<br />
gehören zum Interessantesten, was 2013<br />
zu bieten hatte. Doch auch eine etwas leichtere,<br />
famos swingende Übung wie “The Old<br />
And The Young” kann rundum überzeugen.<br />
(Bella Union/Rough Trade 2013,<br />
10/43:42) hjg<br />
Rock<br />
OLIVER WAKEMAN WITH<br />
STEVE HOWE<br />
THE 3 AGES OF MAGICK<br />
Überzeugende, über den Prog-Rock hinausreichende<br />
Kooperationen hat Oliver Wakemann<br />
bereits mit Clive Nolan und Gordon<br />
Giltrap abgeliefert. Mit dem Gitarristen<br />
Steve Howe, Yes-Kollege seines Vaters<br />
Rick, spielte er schon 2001 das Konzeptalbum<br />
THE 3 AGES OF MAGICK ein, auf<br />
dem das Duo My<strong>the</strong>n und Legenden seiner<br />
britischen Heimat gelungen ver<strong>to</strong>nte. Hier<br />
und da klingen verhaltene iro-keltische<br />
Einflüsse durch, es gibt syn<strong>the</strong>tisierte Stimmen,<br />
Prog-Ausflüge, auch kraftvollere<br />
Passagen, ganz spezielle Klangtupfer<br />
durch Howes elektrisches und akustisches<br />
Spiel. Die beiden Masterminds entfalten<br />
geschickt Dramaturgie zwischen romantischen<br />
und druckvollen Momenten, stets<br />
atmosphärisch mit New-Age-Anflügen. Alles<br />
von zeitloser Güte, wie die Neuauflage<br />
mit drei Bonus-Tracks und informativem<br />
Booklet unterstreicht.<br />
(Esoteric/Rough Trade, 2001,<br />
16/74:03) pro<br />
FINAL STAP<br />
NOCH MORE OF ALL TIME<br />
SUPER HOT GLAM-ROCK<br />
PARTY FAVOURITES<br />
Wer diese Band einmal<br />
live erlebt hat,<br />
der wird sie nie mehr<br />
vergessen!<br />
Dass<br />
Schlagzeuger<br />
Tobias<br />
Künzel (Prinzen)<br />
und Gitarrist Mike<br />
Kilian (Rockhaus) hervorragende Sänger<br />
sind, dürfte bekannt sein, Bassist Dirk<br />
Posner, einst Mitglied des Leipziger Thomanerchores,<br />
steht den Beiden in dieser<br />
Hinsicht in nichts nach, und wenn Gitarrist<br />
Christian Sorge zu einem seiner gefürchteten<br />
Solos ansetzt, kommen selbst<br />
gestandene Rock’n’Roll-Freaks aus dem<br />
Staunen nicht mehr heraus. Auch bei der<br />
Wahl ihrer Cover-Versionen zeigt die (nach<br />
eigenen Angaben) lauteste Partyband der<br />
Welt Geschmack, 4 x Beatles (“A Hard<br />
Day’s Night”, “Lucy In The Sky With Diamonds”,<br />
“Michelle”, “Do You Want To<br />
Know A Secret”), AC/DC (“Highway To<br />
Hell”), Abba (“SOS”) und Sweet (“Fuchs<br />
geh voran/Fox On The Run”), dazu mit<br />
“Thorsten” den kultigen Weihnachtssong<br />
der 2010er <strong>GoodTimes</strong>-Weihnachts-CD<br />
– NOCH MORE OF ALL TIME SUPER<br />
HOT GLAM-ROCK PARTY FAVOU-<br />
RITES macht seinem Namen alle Ehre!<br />
(www.finalstap.de, 2013, 8/25:06) us<br />
TRANSATLANTIC<br />
KALEIDOSCOPE<br />
Der zeitgemäße Prog-Rock erlebt derzeit<br />
eine Renaissance. Denn nach LE SACRE<br />
DU TRAVAIL von The Tangent und DE-<br />
SOLATION ROSE von The Flower Kings<br />
erscheint mit KALEIDOSCOPE die dritte<br />
Prog-Rockschöpfung innerhalb eines halben<br />
Jahres, die es mit den Meisterwerken<br />
der frühen 70er Jahre aufnehmen kann. Auf<br />
dem vierten Transatlantic-Album wirken<br />
wieder Neal Morse (Spock’s Beard), Mike<br />
Portnoy (Dream Theater), Roine S<strong>to</strong>lt<br />
(The Flower Kings, The Tangent) und Pete<br />
Trewavas (Marillion) mit. Die deswegen<br />
Seite 40 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
schon bei ihrer Gründung als Supergruppe<br />
geadelte Formation steht auch<br />
auf KALEIDOSCOPE ganz in der<br />
Tradition der frühen Genesis-Alben,<br />
ab und an klingen noch Yes durch.<br />
Da dürfen natürlich sich vielfach unterteilende<br />
Epen von 25 (“In<strong>to</strong> The<br />
Blue”) beziehungsweise über 30 Minuten<br />
Länge (“Kaleidoscope”) ganz<br />
in der Tradition der Vorbilder nicht<br />
fehlen. Diese bieten alles, was der<br />
Prog-Rockfan verlangt: melodische<br />
Gitarren- und elegische Keyboardsolos<br />
sowie häufige Rhythmuswechsel.<br />
Die drei kürzeren Stücke sind konventionellem<br />
Songwriting verhaftet.<br />
In ihnen tritt Morses Stimme in den<br />
Vordergrund, die manchmal allzu<br />
sehr nach Mainstream-Hard-Rocksängern<br />
der 80er-Jahre klingt, was<br />
jedoch den durchweg positiven Eindruck<br />
des Albums nicht schmälert.<br />
(InsideOut/Unsiversal, 2014,<br />
5/75:50) an<br />
BOB DYLAN<br />
DESIRE<br />
Nach<br />
einigen<br />
Irrungen<br />
und<br />
Wirrungen<br />
veröffentlichte<br />
Bob Dylan<br />
1976 sein<br />
„Comeback”-<br />
Album, mit dem er sich wieder auf<br />
sein essenzielles Können konzentrierte<br />
– ausgefeiltes Songwriting.<br />
Schon mit “Hurricane”, einem harten<br />
Akustik-Rocker, erinnert er an alte<br />
Zeiten, und das von einer Violine bestimmte<br />
“Mozambique” lässt sich als<br />
klassischer Country-Rock mit Ethno-<br />
Einflüssen beschreiben. Das langsame<br />
“Joey” verzaubert und lässt viel<br />
Raum zum Träumen, was auch für<br />
“Sara” gilt, einen seiner schönsten<br />
und harmonischsten Songs. Durch<br />
das Remastering der hybriden SACD<br />
wird speziell der Klang der akustischen<br />
Instrumente hervorgehoben,<br />
wodurch sich ein sehr intimer Sound<br />
ergibt.<br />
(Analogue Productions/Sieveking<br />
Sound, 1976, 9/56:04)<br />
at<br />
MIKE PINDER<br />
THE PROMISE / AMONG<br />
THE STARS<br />
Mit seinem Mellotron sorgte Keyboarder<br />
Mike Pinder für den unverkennbaren<br />
Sound der Moody Blues,<br />
weniger bekannt dürfte sein, dass<br />
er 1976, als seine Band gerade eine<br />
Pause einlegte, mit THE PROMISE<br />
ein Solo-Album vorlegte. Zwar nahm<br />
er danach noch teil an den Aufnahmen<br />
für die nächste Moody-Blues-LP<br />
(OCTAVE), verließ die Band dann<br />
aber 1978, noch vor der nächsten<br />
Tour. Dennoch dauerte es bis 1994,<br />
bis er mit AMONG THE STARS<br />
sein zweites Solowerk veröffentlichte.<br />
Auch musikalisch ist den beiden<br />
Alben dieser große zeitliche Abstand<br />
anzuhören: Steht THE PROMISE<br />
noch ganz in der Tradition von gelassenem<br />
70er-Jahre-Westcoast, kann<br />
AMONG THE STARS über weite<br />
Strecken dieses Niveau nicht erreichen.<br />
Erfreuliche Lichtblicke bieten<br />
hier aber die neu hinzugekommenen<br />
(und bisher unveröffentlichten) Bonus-Tracks<br />
der Pinder Bro<strong>the</strong>rs (mit<br />
Flötist Ray Thomas), betreut vom<br />
langjährigen Moody-Blues-Produzenten<br />
Tony Clarke. Weiterhin liefert<br />
die Box noch eine DVD mit einer<br />
Serie von Interviews mit Mike Pinder<br />
sowie einem exklusivem Solosong.<br />
(Cherry Red/Rough Trade,<br />
1976/1994, 9/31:39, 13/52:38) us<br />
TODD RUNDGREN<br />
TODD RUNDGREN’S<br />
JOHNSON LIVE<br />
Mit<br />
kleiner<br />
Band im Rücken<br />
<strong>to</strong>urte<br />
der Gitarrist<br />
und<br />
Sänger<br />
Todd Rundgren<br />
2010<br />
quer durch seine amerikanische Heimat,<br />
stellte dem Publikum zusammen<br />
mit Jesse Gress (g), Kasim Sul<strong>to</strong>n (b)<br />
und Prairie Prince (dr) sein kurz zuvor<br />
veröffentlichtes Tribute-Album<br />
für Robert Johnson vor. Doch natürlich<br />
hatte Rundgren bei diesen Auftritten<br />
nicht nur die Songs des Blues-<br />
Altmeis ters im Gepäck, im Laufe<br />
des Konzertes streute er auch einige<br />
Songs aus seinem eigenem Backkatalog<br />
mit ein, zeigte dabei, wie gut<br />
sich Stücke wie “Black Maria”, “Soul<br />
Bro<strong>the</strong>r”, “I Went To The Mirror”<br />
oder “Boogies (Hamburger Hell)”<br />
im Blues-Rockgewand anhören. Im<br />
aufklappbaren Digipak versteckt sich<br />
noch eine DVD, auf der es sogar noch<br />
vier weitere Tracks dieser Tour zu sehen<br />
und zu hören gibt.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
16/61:57) tk<br />
THE STAINED GLASS<br />
A SCENE IN-BETWEEN<br />
1965–1967<br />
Allgemein am Beat und den sich aus<br />
ihm entwickelnden Stilformen interessierte<br />
Sammler kennen die Frisco-<br />
Band The Stained Glass und ihre feinen<br />
Alben CRAZY HORSE ROADS<br />
und AURORA aus den späten Sixties.<br />
Die Gruppe um den Komponisten<br />
und Multi-Instrumentalisten Jim Mc-<br />
Pherson und Gitarrist Bob Rominger<br />
hatte jedoch noch ein Vorleben, das<br />
– im 28-seitigen Booklet üppig erläutert<br />
– überaus hörens- und kennenlernenswert<br />
ist. Kompiliert werden<br />
sechs Tracks der Vorläufergruppe The<br />
Trolls und 18 Stained-Glass-Tracks,<br />
ihre Singles für RCA, Demos und<br />
Live- Aufnahmen, vieles davon unveröffentlicht.<br />
Beide Gruppen orientierten<br />
sich mit Songs wie “Walkin’<br />
Shoes”, “No Rhyme Or Reason”,<br />
“Broken Man”, “We Got A Long Way<br />
To You” und “Revenge Is Sweet” sowie<br />
einer Cover-Version von “If I Needed<br />
Someone” ziemlich strikt an den<br />
Beat les. Aber man lugte mit “You Keep<br />
Me Hangin’ On” (Supremes) und einer<br />
Rock<br />
gewittrigen Fassung des S<strong>to</strong>nes-Instrumentals<br />
“2120 S. Michigan Avenue”<br />
auch gern mal über den Tellerrand.<br />
Ganz famose Sammler-CD!<br />
(Big Beat/Soulfood 2013,<br />
24/64:46) hjg<br />
STEPPENWOLF<br />
STEPPENWOLF<br />
Schon mit ihrem<br />
Debüt<br />
erreichten<br />
Steppenwolf,<br />
die sich nach<br />
einem<br />
Roman<br />
von<br />
Hermann<br />
Hesse benannten, den zweiten Platz<br />
der US-Charts, was sicherlich der<br />
kultigen Hymne “Born To Be Wild”<br />
zu verdanken war. Allerdings war<br />
ein Großteil des restlichen Materials<br />
ebenbürtig, wie zum Beispiel “Sookie<br />
Sookie” oder “The Pusher”, einer der<br />
ersten Anti-Drogen-Songs der Sixties.<br />
Klar, ein Bar-Rocker wie “Berry Rides<br />
Again” klingt in der Retrospektive ein<br />
wenig gewöhnlich, doch “Hootchie<br />
Kootchie Man” im Steppenwolf-Sound<br />
oder das atmosphärische und melancholische<br />
“Desperation” machen diesen<br />
kleinen Ausrutscher schnell wett.<br />
Im Gegensatz zu älteren Editionen<br />
sind die einzelnen Instrumente bei der<br />
Analogue-Productions-Ausgabe deutlicher<br />
wahrnehmbar, ohne dass sie separiert<br />
klingen (Hybrid-SACD). Sehr<br />
ehrliches Remastering.<br />
(Analogue Productions/Sieveking<br />
Sound, 1968, 11/47:17)<br />
at<br />
PAUL GUZZONE<br />
CHASING THE MOON<br />
Gegen alle Branchenregeln bzw.<br />
Wünsche von Plattenfirmen in punk<strong>to</strong><br />
Stromlinienförmig- und Einheitlichkeit<br />
von Platten verstößt Paul Guzzone<br />
mit seinem breitgefächerten Solodebüt.<br />
Der Bassist der Bacon Bro<strong>the</strong>rs<br />
und vielgefragte Studiomusiker bietet<br />
auf CHASING THE MOON große<br />
Stilvielfalt. Es beginnt entspannt karibisch<br />
auf Reggae-Basis, ehe Multi-<br />
Instrumentalist Guzzone scratcht und<br />
Richtung HipHop schielt. Es gibt<br />
Synthie-lastige Nummern, AOR,<br />
Rock’n’Rolliges. Manches klingt vertraut,<br />
wurde von Guzzone aber neu und<br />
eigen aufbereitet. Die von Guzzone<br />
weitestgehend im Alleingang eingespielten<br />
Songs sind eingängig, aber<br />
nicht oberflächlich, sondern nuancenreich;<br />
sie variieren zwischen Rock/<br />
AOR und Pop und bieten anspruchsvolle<br />
Songschreib- und Sangeskunst,<br />
die auf Unterhaltung, weniger auf intellektuelle<br />
Höhenflüge aus ist.<br />
(Triple Z/www.paulguzzone.com,<br />
2013, 8/32:54) pro<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
ROCKIN’ LEGENDS PAY<br />
TRIBUTE TO JACK WHITE<br />
Wenn Jack White Songs von<br />
Rock’n’Roll-Legenden wie Wanda<br />
Jackson, Chris Spedding oder Bobby<br />
Vee aufnehmen würde, dann wäre<br />
das eine naheliegende Geschichte.<br />
Reincarnation<br />
ON STAGE<br />
THE<br />
ULTIMATE LIVE<br />
EXPERIENCE<br />
AB 17.1.2014<br />
IM HANDEL<br />
2-CD-SET<br />
140 MINUTEN<br />
21 SONGS<br />
WWW.ELOY-LEGACY.COM<br />
WWW.ARTISTSTATION.DE<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 41<br />
The Art in Rock
CD<br />
REVIEWS<br />
Ganz anders sieht es aber aus, wenn diese<br />
Rocklegenden den Spieß umdrehen und<br />
sich je einen Song von Jack White zum<br />
Covern aussuchen. Und genau das ist bei<br />
ROCKIN’ LEGENDS PAY TRIBUTE<br />
TO JACK WHITE passiert. Wanda Jackson<br />
(unterstützt von Shooter Jennings) hat<br />
sich “Cold Cold Night” vorgenommen,<br />
Bobby Vee “We’re Going To Be Friends”,<br />
Gary U.S. Bonds rockt sich durch “Salute<br />
Your Solution”, Chris Spedding zusammen<br />
mit Robert Gordon durch “Ano<strong>the</strong>r<br />
Way To Die”; “Steady As She Goes” wird<br />
von Sonny Burgess und Joe Clay gerockt,<br />
Knox, Walter Lure & W.S. “Fluke” Holland<br />
legen bei der Stadionhymne “Seven<br />
Nation Army” noch eine Schippe Heavy-<br />
Metal-Härte drauf, Big Jay McNeely und<br />
Nik Turner lassen ihre Saxofone bei “I’m<br />
Shakin’” heulen. Tolle Idee, klasse umgesetzt,<br />
dazu noch liebevoll verpackt und<br />
mit einem feinen Booklet im Vintage-Stil<br />
ausgestattet.<br />
(Cleopatra Records/H’Art, 2013,<br />
14/49:06) us<br />
FANTASYY FACTORYY<br />
TALES TO TELL + DREAMS<br />
NEVER SLEEP!<br />
Alan Tepper konnte sich bei biseinen beseelten,<br />
einfallsreichen Reisen in anspruchsvolle,<br />
Blues-getränkte Psychedelia<br />
noch immer auf seine so beherzte<br />
wie sensible, souveräne Gitarrenarbeit<br />
verlassen. Hypnose ist sofort bei “Eerie<br />
Woman” von TALES TO TELL angesagt:<br />
Wie Tepper durch verschiedene Klangfarben<br />
reitet, ohne sich zu wiederholen<br />
oder hektisch zu werden, ist schon souverän.<br />
Was folgt, ist variationsreich, auch<br />
unplugged, mit sehr viel dynamischerem<br />
Bass remastert und durch drei starke<br />
Tracks vom Vinyl-only-Album THIS IS<br />
THE FUTURE OF TOMORROW ergänzt<br />
worden. Es spricht für Teppers Prinzip bester<br />
Unterhaltung, dass er sich auf seinen<br />
Alben von 1997 und 2000, jetzt als attraktive<br />
Re-Issues mit Bonus-Material zu haben,<br />
nicht nur auf seine Gitarren und seine<br />
Stimme beschränkt. Neben den soliden<br />
Maschinisten C. S<strong>to</strong>ne am S<strong>to</strong>ner-Bass<br />
und Dr. Cosmos an sphärischen Drums<br />
holte er sich auf beiden Platten den mittlerweile<br />
vers<strong>to</strong>rbenen Rainer Opiela an<br />
die Querflöte – besonders eindrucksvoll<br />
auf “Secret Garden” von TALES – und<br />
„The Incredible Markus Dassmann” für<br />
Hammond-Hotspots, nirgendwo besser als<br />
auf “Nova”, dem Opener von DREAMS<br />
NEVER SLEEP! Auch DREAMS klingt<br />
nun sehr viel räumlicher und dabei „in<br />
your face”, was die dynamische Steigerung<br />
eines Anspieltipps wie “Any Way”<br />
mit seinem attraktiven Riff und heißen<br />
Rhythmuswechseln nur unterstreicht.<br />
“My Fair Lady” aus den damaligen Sessions<br />
gibt es als Zugabe: auch dieser harmonische<br />
Traum schläft nicht!<br />
(Ohrwaschl Records, 1997 + 2000,<br />
10/61:41, 14/78:14) utw<br />
WOLF MAAHN<br />
ZAUBERSTRASSEN REVISITED<br />
2004 ging Wolf Maahns abwechslungsreicher<br />
Songzyklus ZAUBERSTRAS-<br />
SEN ein wenig unter. Möglicherweise<br />
überforderte – neben den Personalwechseln<br />
bei seiner damaligen Plattenfirma<br />
– die stilistische Bandbreite, da der<br />
Kölner seinen geschickt modernisierten<br />
Deutsch-Rock doch mit Dance-Loops und<br />
Elektronikanleihen anreicherte, Poppiges<br />
einstreute. Vielleicht waren seine Texte<br />
stellenweise zu poetisch oder zu intellektuell.<br />
Maahn sicherte sich nun die Rechte<br />
an dem vergriffenen Album, remasterte<br />
es gekonnt – und bestückte es vor allem<br />
mit einer Bonus-CD mit 16 bislang meist<br />
nicht erhältlichen Songs: Livemitschnitte,<br />
ungenutzte Aufnahmen der damaligen<br />
Sessions sowie weitere Raritäten. Eine<br />
liebevoll gestaltete Wiederveröffentlichung,<br />
die die (Wieder-)Entdeckung eines<br />
facettenreichen Opus’ eines anspruchsvollen<br />
Musikers ermöglicht.<br />
(Libero/Rough Trade, 2004,<br />
11/60:47, 16/68:34) pro<br />
KOSSOFF, KIRKE, TETSU,<br />
RABBIT<br />
KOSSOFF KIRKE TETSU<br />
RABBIT<br />
Paul Rodgers und<br />
Andy Fraser hatten<br />
Free 1971 verlassen.<br />
Gitarrist Paul Kossoff<br />
und Drummer<br />
Simon Kirke holten<br />
sich John „Rabbit”<br />
Bundrick (keys) und Tetsu Yamauchi (b)<br />
als Verstärkung und nahmen ein einziges,<br />
selbst betiteltes Album auf, das 1972 erschien.<br />
Die vier teilten sich den Gesang,<br />
wobei der spätere Who-Sideman Rabbit<br />
am häufigsten zu Zuge kam – und sie<br />
klangen wie „Free für Arme” (Rodgers<br />
prägnante Stimme fehlte einfach), waren<br />
aber insgesamt stilistisch vielseitiger. Es<br />
schlich sich ein Hauch Jazz- und sogar<br />
Country-Inspiration in die akzeptabel gestalteten<br />
Songs ein, die offenbar in Jamstimmung<br />
entstanden. Kossoff zauberte<br />
ein paar großartige Gitarrenmomente hin,<br />
steckte aber meist tief im Drogensumpf.<br />
Bei der Cherry-Red-Neuauflage handelt<br />
es sich um eine unveränderte Übernahme<br />
der Ausgabe von 2007.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1972,<br />
10/43:55) pro<br />
ELMER GANTRY’S VELVET<br />
OPERA<br />
ELMER GANTRY‘S VELVET<br />
OPERA<br />
Als R&B-Band hatten Sänger Elmer Gantry<br />
und seine Band begonnen, schwenkten<br />
nach einem Auftritt als Opener für Pink<br />
Floyd 1967 allerdings radikal um. Unterschwelliges<br />
Bluesfeeling (deutlich bei<br />
dem auch leicht jazzigen “I Was Cool”<br />
aus der Feder von Oscar Brown) ist zwar<br />
auf der ersten und einzigen LP der Velvet<br />
Opera nicht zu überhören, doch dominant<br />
ist die Psychedelia-Ausrichtung.<br />
Die Truppe hatte starke Songs zu bieten<br />
(nicht nur die beiden Singles “Flames”<br />
und “Mary Jane”). Dazu kommen Mod-<br />
Ausflüge und weitere eklektische Pop-<br />
Stilbeimengungen. Doch aus dem vielversprechenden<br />
Debüt konnte die Band<br />
nichts machen, da sie sich wenig später<br />
auflöste. Schade, da hätte noch einiges<br />
kommen können. Als Bonus gibt es elf<br />
Songs, darunter Single-B-Seiten, Demos<br />
und Eric Wolffsons früherer Horror-Movie-Soundtrack<br />
“Talk Of The Devil”.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1968,<br />
24/66:05) pro<br />
BAD NEWS REUNION<br />
LIVE IM LOGO<br />
Auf<br />
Ausgrabungen<br />
vor allem von unveröffentlichten<br />
Archivschätzen,<br />
aber auch Wiederveröffentlichungen<br />
vor allem deutscher<br />
Rock-Acts kAt hat htsich ihdas norddeutsche Label<br />
Sireena spezialisiert, und das schon so<br />
lange, dass es jetzt eigene Scheiben neu<br />
auflegen kann. Beispielsweise den erstaunlich<br />
frisch und gut klingenden Konzertmitschnitt<br />
der Hamburger Combo Bad News<br />
Reunion vom 25.5.1978 beim Heimspiel<br />
im Logo. Die Truppe um Michael Schlüter,<br />
Abi Wallenstein und Peter Urban (ja,<br />
der NDR/ESC-Kult-Radiomodera<strong>to</strong>r<br />
spielte Keyboards) spielte eine ganz eigene,<br />
erdige Version von Westcoast-Rock,<br />
vermengte Eigenbauten mit gelungenen<br />
Cover-Versionen (Bob Dylan, Neil Young,<br />
Arlo Guthrie, Moon Martin). Das hört man<br />
heute noch gern, weil die Herren überzeugende<br />
Gesangsharmonien drauf hatten,<br />
wie sie auch handwerklich kaum Wünsche<br />
offen ließen.<br />
(Sireena/Broken Silence, 2002,<br />
9/39:41) pro<br />
THE BYRDS<br />
STRAIGHT FOR THE SUN<br />
In der an personellen Tumulten nicht eben<br />
armen Karriere der Byrds nimmt die Inkarnation<br />
mit Roger McGuinn, Clarence<br />
White, Skip Battin und Gene Parsons<br />
in zweierlei Beziehung eine besondere<br />
Stellung ein. Erstens war sie – nach dem<br />
Gründungsquintett – die zweitpotenteste<br />
aller Besetzungen und zweitens die mit der<br />
längsten Lebensdauer. Immerhin war man<br />
vom Herbst 1969 bis Juli 1972 zusammen,<br />
schuf die drei Alben UNTITLED, BYRD-<br />
MANIAX und FARTHER ALONG und<br />
erspielte sich live einen untadeligen Ruf.<br />
Dieser ist auch die Basis für die vorliegende<br />
CD mit dem Untertitel „1971 Collage<br />
Radio Broadcast”. Zu hören sind damals<br />
aktuelle Titel wie “Chestnut Mare”,<br />
“I Wanna Grow Up To Be A Politician”,<br />
“Lover Of The Bayou” und “Tiffany<br />
Queen”. Ergänzt werden sie durch Klassiker<br />
wie “Mr. Spaceman”, “So You Want To<br />
Be A Rock’n’Roll Star” und eine 9:38-minütige<br />
Fassung von “Eight Miles High”,<br />
dem wohl besten aller Byrds-Songs. Diese<br />
CD ist somit unterm Strich weit mehr<br />
als ein gelungener Konzertschnappschuss;<br />
vielmehr zeigt sie eine gigantische Band<br />
auf einem unzweifelhaften Höhepunkt<br />
ihres Schaffens. Alte Fans und neue Hörer,<br />
die das verspätet werden wollen, greifen<br />
hier gern zu!<br />
(AllAccess-Pid Records/Bertus Import<br />
2013, 14/52:32) hjg<br />
Rock<br />
THE VELVET UNDER-<br />
GROUND<br />
WHITE LIGHT / WHITE HEAT<br />
(45TH ANNIVERSARY EDITION)<br />
Die runderneuerte Ausgabe des ursprünglich<br />
1968 veröffentlichten zweiten Albums von<br />
Velvet Underground kommt natürlich auch<br />
irgendwie wegen Lou Reeds Tod im Ok<strong>to</strong>ber<br />
2013 zur rechten Zeit. Der Kopf der zu ihrer<br />
Zeit zumeist verkannten Band war an der Aufbereitung<br />
der Jubiläumsausgabe von WHITE<br />
LIGHT/WHITE HEAT offenbar noch selbst<br />
beteiligt gewesen. Das 3-CD-Set besteht aus<br />
30 Songs, darunter die Originalaufnahmen<br />
im Stereo- und Monomix. Zusätzlich gibt es<br />
diverse Outtakes, die bereits andernorts zu<br />
finden sind, aber auch bislang Unveröffentlichtes,<br />
wobei bis da<strong>to</strong> unbekannte VU-Songs<br />
nicht dabei sind. Die dritte CD umfasst einen<br />
über knapp 60 Minuten gehenden New Yorker<br />
Live-Auftritt vom 30. April 1967. Das Paket<br />
wird durch ein 56-seitiges, reich bebildertes<br />
und informatives Buch abgerundet. Nach<br />
dem intensiven Studium der bekannten und<br />
neuen Aufnahmen wird offenbar, wie sehr<br />
Brian Eno mit seinem Bonmot Recht gehabt<br />
hat, nach dem die wenigen, die zur damaligen<br />
Zeit das Album gekauft hätten, sogleich eine<br />
eigene Band gegründet haben. Songs wie das<br />
Titelstück, das vom Free Jazz inspirierte “I<br />
Heard You Call My Name” und das 17-Minuten-Geschrammel<br />
“Sister Ray” dürfen ohne<br />
Weiteres als Blaupause für Punk, New Wave<br />
und später auch Grunge herhalten, was sich<br />
eindrucksvoll an Cover-Versionen von David<br />
Bowie (“White Light/White Heat”) über Joy<br />
Division (“Sister Ray”) bis hin zu Nirvana<br />
(“Here She Comes Now”) beweisen lässt.<br />
Dass die New Yorker Avantgarde-Rocker mit<br />
dem Album an die eigenen Grenzen stießen,<br />
wird auch daran deutlich, dass John Cale<br />
noch im Veröffentlichungsjahr die Band verließ<br />
und die Velvets danach konventionellere<br />
Töne anklingen ließen. Mehr Experiment war<br />
zu der Zeit nur schwer vorstellbar.<br />
(Polydor/Universal, 1968, 13/67:40,<br />
10/61:31, 7/59:07) an<br />
SWEET SLAG<br />
TRACKING WTH CLOSE-UPS<br />
The Sweet Slag gehören zum Besten, was der<br />
britische Progressive-Hard-Rock zu Beginn<br />
der Seventies zuwege gebracht hat. Mick Kerensky<br />
(Leadgitarre und Gesang), Paul Jolly<br />
(Sopran- und Altsaxofon, Klarinette, Flöte<br />
und Oboe), Jack „Moth” O’Neill (Bass, Posaune)<br />
und Al Chambers (Schlagzeug und<br />
Perkussion) schufen 1971 mit TRACKING<br />
WITH CLOSE UPS ein Meisterwerk. Sechs<br />
kraftvoll kantige Songs wie “Milk Train”,<br />
“Rain Again” und “World Of Ice” mit Gefahren<br />
signalisierenden, dunklen Melodiefindungen.<br />
Absolut exzellent ist Kerenskys<br />
Gitarrenspiel, und Bläser Jolly steht ihm nicht<br />
nach. Und ganz an den Rand des Prog-Rock<br />
geht der das Album beendende siebte Titel<br />
Seite 42 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
CD<br />
REVIEWS<br />
“Babyi Ar”. Hier de<strong>to</strong>niert die Band geradezu.<br />
Sweet Slag hatten mindestens genauso<br />
viel Potenz wie King Crimson oder Van der<br />
Graaf Genera<strong>to</strong>r. Tragisch, dass ihr erstes Album<br />
alleinblieb. Lag es vielleicht doch daran,<br />
dass die Gruppe selbst für die Ohren geübter<br />
Prog-Rockhörer etwas zu anstrengend klang?<br />
(Aurora/Soulfood, 1971,<br />
7/46:14) hjg<br />
LOU REED, JOHN CALE &<br />
NICO<br />
LE BATACLAN PARIS 1972<br />
Als Lou Reed, John<br />
Cale und Nico am<br />
29. Januar 1972<br />
im Pariser Club Le<br />
Bataclan<br />
auftraten,<br />
weckte dies unter<br />
Fans<br />
Hoffnungen<br />
auf eine Velvet-Underground-Reunion. Vl tU Es<br />
blieb zwar bei diesem einen gemeinsamen<br />
Gig, doch zum Glück lief ein Band mit und<br />
hielt das Zusammentreffen für die Nachwelt<br />
fest, Auszüge davon wurden auch im französischen<br />
TV ausgestrahlt. Erst 2004 erschien<br />
eine CD-Ausgabe. Nachdem diese vergriffen<br />
war, gibt es nun beim Label Keyhole eine<br />
Neuauflage. Der Sound bleibt zwar weiterhin<br />
nur mäßig (das Ausgangsmaterial war<br />
einfach zu schlecht aufgenommen), doch<br />
musikalisch ist LE BATACLAN PARIS<br />
1972 superb! Das Trio präsentiert sich in<br />
einem kammermusikalischen Unplugged-<br />
Sound; Reed spielt Akustikgitarre, Nico Harmonium<br />
und Cale Piano und Viola. Selbst<br />
Pro<strong>to</strong>-Punk-Nummern wie “I’m Waiting<br />
For The Man” werden entschleunigt. Neben<br />
weiteren VU-Songs wie “Heroin”, “Femme<br />
Fatale” und “All Tomorrow’s Parties” spielen<br />
die Drei auch Songs aus ihrem jeweiligen<br />
Soloreper<strong>to</strong>ire. Reed führt u.a. das gerade<br />
frisch geschriebene “Berlin” auf, Cale singt<br />
zur Westernklampfe “Emp ty Bottles”, das<br />
er für Jennifer Warnes schrieb, und Nico interpretiert<br />
ä<strong>the</strong>rische Stücke wie “No One Is<br />
There”.<br />
(Keyhole/Soulfood, 2004, 16/71:23) frs<br />
ROBIN TROWER<br />
COMPENDIUM 1987–2013 +<br />
LIVING OUT OF TIME<br />
Mann, oh Mann, mit zunehmendem Alter<br />
wird man vergesslich. Da helfen Compilations<br />
wie COMPENDIUM, Erinnerungslücken<br />
zu schließen. Im Falle des Rezensenten<br />
heißt das, dass er schlicht vergessen (vielleicht<br />
verdrängt) hatte, wie viel Blues (-Rock)<br />
in den Adern von Robin Trower pulsiert.<br />
Aber auch Powertrio-Rock ist reichlich vertreten<br />
– und bei den remas terten Aufnahmen,<br />
die Label übergreifend den Zeitraum nach<br />
seinem Abschied von Chrysalis abdecken,<br />
wird hörbar, dass es sich beim einstigen<br />
Procol-Harum-Gitarristen verhält wie mit<br />
Wein: je älter, des<strong>to</strong> besser. Dazu hört man<br />
Jack Bruce und Davey Pattison singen. Fehlt<br />
eigentlich nur die eine oder andere unveröffentlichte<br />
Ergänzung. Was auch für LIVING<br />
OUT OF TIME gilt, das Trower 2003 mit<br />
Pattison aufnahm. Entspannter Blues-Rock<br />
mit Huldigungen an Jimi Hendrix war damals<br />
angesagt, inklusiver einiger aufs Radio<br />
schielender Nummern. Solides Mittelmaß im<br />
Trower-Kanon.<br />
(Reper<strong>to</strong>ire/Sony <strong>Music</strong>, 2013 + 2003,<br />
17/76:46, 18/78:55 + 11/51:13) pro<br />
TOMMY KEENE<br />
EXCITEMENT AT YOUR FEET<br />
Obgleich Tommy Keene ein überdurchschnittlich<br />
begabter Liedermacher ist, der<br />
seit 1983 einen kleinen Stapel zumeist<br />
richtig gelungener Alben, bestückt mit<br />
überwiegend eigenen Werken, vorgelegt<br />
hat, ist auch eine Platte mit Cover-Versionen<br />
sehr willkommen. EXCITEMENT<br />
AT YOUR FEET enthält Songs der Sixties-Heroen<br />
und British-Invasion-Teilnehmer<br />
The Who (“Much Too Much”),<br />
Rolling S<strong>to</strong>nes (“Ride On Baby”), und<br />
Donovan (“Catch The Wind”), ergänzt<br />
um Roxy <strong>Music</strong> (“Out Of The Blue”) und<br />
amerikanische Acts der Seventies, die im<br />
Zuge von Punk & New Wave qualitativ<br />
durchstarten konnten (Television, Mink<br />
DeVille, Guided By Voices). Kurios: Keiner<br />
der elf Songs konnte im Original die<br />
US-Charts ernsthaft bereichern. Macht<br />
aber nichts, gute Vorlagen werden in den<br />
sensiblen Händen eines Allround-Könners<br />
wie Keene nicht schlechter, zumal er<br />
keine schrulligen Neudeutungen anbietet,<br />
sondern auf seine Möglichkeiten zugeschnittene<br />
Versionen zwischen kräftigem<br />
Rock, pulsierendem Power-Pop und akustischer<br />
Balladenkunst.<br />
(Second Motion/Cargo, 2013,<br />
11/37:30) hjg<br />
DAVE EDMUNDS<br />
… AGAIN<br />
Was wirklich neu ist<br />
an Dave Edmunds’<br />
erstem Studiowerk<br />
seit zwei Dekaden?<br />
Das<br />
beschwingte<br />
und zugleich leicht<br />
melancholische<br />
“People Wanna Get High” der Beach<br />
Boys; El<strong>to</strong>n Johns “Your Song” instrumental;<br />
eine nicht übermäßig inspirierte<br />
Fassung von Ray Charles’ “Georgia On<br />
My Mind”; “Baby Face” als Verbeugung<br />
vor Little Richard und das selbst verfasste<br />
Titelstück. Darum herum hat der Altmeister<br />
acht Songs gruppiert, die man von<br />
PLUGGED IN (1994) kennt, dazu zwei<br />
von HANDPICKED MUSICAL FAN-<br />
TASIES (1999). Was letztlich zwiespältige<br />
Gefühle weckt, wird die CD doch<br />
als „neu” angepriesen. Dabei handelt es<br />
sich letztlich um eine gut hörbare, aufgemotzte,<br />
durchaus gediegene Neufassung<br />
von PLUGGED IN. Im Booklet hat der<br />
Waliser Song für Song persönlich kommentiert.<br />
Solide, aber nicht überfliegermäßig.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 2013,<br />
15/50:13) pro<br />
LITA FORD<br />
LITA / DANGEROUS CURVES<br />
LITA bescherte der einstigen Runaways-<br />
Gitarristin Lita Ford 1988 ihren Durchbruch<br />
als Solokünstlerin. Der oft allzu hart<br />
als Hairspray-Metal abgetane melodische<br />
Hard Rock stand da in voller Blüte, und<br />
Ford traf den Nerv der Zeit. Die Singles<br />
“Kiss Me Deadly” und “Close My Eyes<br />
For ever” (das grandiose Duett mit Ozzy<br />
„Madman” Osbourne) schafften es in die<br />
US-Top 20. Produzent Mike Chapman<br />
hatte die passenden Songs diverser Au<strong>to</strong>ren<br />
ausgesucht, und Ford überzeugte vor<br />
Rock<br />
allem auch als Gitarristin, ohne gesanglich<br />
abzufallen. Nach dem Platin-veredelten<br />
Debüt hatte es DANGEROUS CURVES<br />
drei Jahre später schwer: Der Grunge war<br />
am Erblühen, die diesmal von Tom Werman<br />
produzierten Songs waren okay, aber<br />
einen Tick zu glatt ausgefallen. Dennoch:<br />
löbliche Wiederveröffentlichung, bei der<br />
die Klangverbessertung vor allem LITA<br />
gutgetan hat.<br />
(BGO/H’Art, 1988/1991,<br />
9/40:44, 11/43:48) pro<br />
BIRTH CONTROL<br />
JUNGLE LIFE / GETTING THERE<br />
Dass diese beiden<br />
90er-Jahre-Alben<br />
von Birth Control<br />
richtig gute Rockmusik<br />
abliefern,<br />
das ist zum Zeitpunkt<br />
ihrer Erstveröffentlichung<br />
den meisten Musikfans<br />
leider verborgen geblieben – ein weiterer<br />
Beweis dafür, wie wichtig eine vernünftige<br />
Promotion für den Erfolg ist. Dieser Fehler<br />
wird jetzt behoben, mit einem schön aufgemachten,<br />
doppelt aufklappbaren Digipak<br />
werden JUNGLE LIFE und GETTING<br />
THERE hochwertig wiederveröffentlicht.<br />
Geradlinigen Rock gibt es auf beiden CDs<br />
zu hören, dominiert von Xaver Fischers<br />
Keyboards und Peter Engelhardts Gitarre,<br />
dazu natürlich Sänger und Schlagzeuger<br />
Bernd Noske sowie der 1999 viel zu früh<br />
vers<strong>to</strong>rbene Bassist Horst Stachelhaus. Erweitert<br />
wurden die beiden Originalalben<br />
um jeweils fünf Bonus-Tracks, alle 1996<br />
bzw. 1999 bei Birth-Control-Auftritten live<br />
mitgeschnitten. Dicke Empfehlung!<br />
(MiG/Sony <strong>Music</strong>, 1996/1998,<br />
14/72:31, 15/80:21) us<br />
GIÖBA<br />
INTRODUCING NIGHT SOUND<br />
Deutlich hörbar sind die Wurzeln dieser<br />
Band aus dem italienischen Mailand, die<br />
in den späten 60er Jahren liegen. Neben<br />
den klassischen Rockinstrumenten verwenden<br />
Giöba auf INTRODUCING NIGHT<br />
SOUND auch alte Orgeln und Syn<strong>the</strong>sizer,<br />
eine Sitar sowie eine ganze Palette an elektronischen<br />
Effekten. Dennoch stahlt ihre<br />
Musik eine warm psychedelische Stimmung<br />
aus, die alles andere als abgehoben oder spacig<br />
ist, tief geerdet wird hier gerockt! Neben<br />
ihren eigenen (richtig guten!) Songs präsentieren<br />
sie mit “Are You Loving Me More<br />
(But Enjoying It Less)” und “No One To<br />
Depend On” auch zwei klasse Cover-Stücke<br />
von den Electric Prunes und Santana. Neben<br />
der superb klingenden CD (Mastering: Eroc)<br />
erscheint das Album in der Erstauflage auch<br />
noch als 180g schweres, orangerotes Vinyl,<br />
limitiert auf 500 Stück.<br />
(Sulatron Records/Cargo, 2013,<br />
9/42:35) us<br />
THE LONE CROWS<br />
THE LONE CROWS<br />
Als Speed-Metalband hatten The Lone<br />
Crwos begonnen. Inzwischen hat die Band<br />
aus Minneapolis dazu gelernt und sich neu<br />
orientiert – und pflegt Retro-Rock feinster<br />
Machart. Als psychedelischen Blues-Rock<br />
bezeichnen ihn die einen, als Mischung aus<br />
Led Zeppelin und Black Sabbath die ande-<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 43
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CD<br />
REVIEWS<br />
ren; und wieder andere ziehen Vergleiche<br />
zum S<strong>to</strong>ner-Rock. An allem ist ein wenig<br />
dran. Schwerblütig, wuchtig, kraftvoll,<br />
jam-freudig agiert das Quartett mit zwei<br />
Gitarren. Zwischendurch macht sich bei<br />
Tim Barbeau (g, voc), Julian Manzara (g),<br />
Joe Goff (dr) und Andy Battcher (b) sogar<br />
Free- und (bluesiges) Santana-Feeling breit.<br />
Ein beachtliches, weil stimmungsvolles Debütalbum,<br />
das voller Herzblut steckt und<br />
nicht nur imitiert/nachahmt, sondern bereits<br />
erste eigene Duftmarken andeutet. Weiter<br />
so, meine Herren!<br />
(World In Sound/Rough Trade,<br />
2013, 9/48:42) pro<br />
ROGER TAYLOR<br />
FUN ON EARTH<br />
Jetzt ist auch Lebemann<br />
Roger<br />
Taylor<br />
altersmilde<br />
geworden: Der<br />
Queen-Schlagzeuger<br />
balladiert sich durch<br />
sein neues Album<br />
FUN ON EARTH mit einer Vehemenz, dass<br />
man sich manchmal beim Weghören erwischt.<br />
Die wenigen Sternstunden sind das<br />
Glam-rockende “I Am The Drummer” und<br />
das etwas schrullige “One Night Stand”.<br />
Der Swing “I Don’t Care” hätte dazugehören<br />
können, wird aber unverständlicherweise<br />
nicht von der Leine gelassen. Jeff Becks<br />
gestreicheltes Solo beim Queen-Song “Say<br />
It’s Not True” ist nett, fällt in dem Sack<br />
voll getragener Weisen aber kaum noch<br />
auf. Und Taylor war bekanntlich nie der<br />
Balladen-Schreiber. Bei Queen sorgte er<br />
meist für Eruptionen: “I’m In Love With<br />
My Car”, “Sheer Heart Attack”, “Radio Ga<br />
Ga”. FUN ON EARTH? Der Spaß hält sich<br />
in<br />
Grenzen. Da war FUN IN SPACE (1981)<br />
weitaus lustiger.<br />
(Virgin/Universal, 2013, 13/47:27) jub<br />
RAY MAJORS<br />
THE 7% SOLUTION<br />
Ray Majors stand stets in der zweiten Reihe.<br />
Bei Mott hatten bereits Mick Ralphs und<br />
Ariel Bender (Lu<strong>the</strong>r Grosvenor) gedient,<br />
beim Yardbirds-Ableger Box Of Frogs stand<br />
neben Star-Gästen John Fiddler im Vordergrund.<br />
Weiteres Handicap: Platten, die in<br />
einer Zeit von Krankheit und Rekonvaleszenz<br />
entstanden, machen skeptisch. Was<br />
Majors hier mit seiner Frau, der Sängerin<br />
und Keyboarderin Sandy Dillon, zeigt, ist<br />
aller Ehren wert, aber auch harte Kost: “I’m<br />
Alive” heißt es trotzig: Majors beweist, dass<br />
er keinen nennenswerten Kehlkopf mehr<br />
hat – gegen ihn ist Tom Waits ein Operettensänger.<br />
Über weite Strecken kann man<br />
sich an bester Slide-Arbeit freuen: “Fire<br />
On The Mountain” ist nicht der Alabama-<br />
Hit, sondern reflektiert die Schrecken von<br />
Hurrikan Katrina eindrucksvoll. Wenn Frau<br />
Dillon (die sich auch Drums mit Majors<br />
teilt) selber singt, ist dies auch Faithfull-esk<br />
morbide, aber auch eine Erholung.<br />
(Angel Air/Fenn, 2013, 15/70:11) utw<br />
JOHN BATDORF &<br />
JAMES LEE STANLEY<br />
ALL WOOD AND STONES II<br />
Im Jahr 2005 legte das Duo John Batdorf<br />
(einst Partner von Mark Rodney)<br />
und James Lee Stanley (Songau<strong>to</strong>r, u.a.<br />
Bonnie Raitt) das bemerkenswerte Cover-Versionenalbum<br />
ALL WOOD AND<br />
STONES vor und versprach „11 classic<br />
Jagger & Richards songs like you have<br />
never heard <strong>the</strong>m before”. In der Tat:<br />
technisch bestens und be<strong>to</strong>nt unaggressiv<br />
gezupfte akustische Versionen, prima<br />
Kost für späte Stunden nach langen Arbeitstagen.<br />
Nun folgt Folge 2 mit zehn<br />
weiteren Highlights. Dass das Konzept<br />
bei ruhigeren Vorlagen wie “Play With<br />
Fire”, “Wild Horses” oder “Time Is On<br />
My Side” wie von selbst funktioniert,<br />
ist keine wirkliche Ueberraschung. Aber<br />
Batdorf & Stanley nehmen sich auch Kracher<br />
wie “Honky Tonk Women”, “Get Off<br />
My Cloud”, “Sympathy For The Devil”<br />
und “Jumping Jack Flash” erfolgreich<br />
zur Brust und machen völlig frisch tönende<br />
Kabinettstückchen daraus. So ist<br />
das eben, wenn komposi<strong>to</strong>risch gehaltvolle<br />
Songs mit flexiblen Strukturen den<br />
Umformungswillen der richtigen Leute<br />
anstacheln ...<br />
(Beachwood/Import, 2013,<br />
10/39:03) hjg<br />
BAREFOOT JERRY<br />
KEYS TO THE COUNTRY /<br />
BAREFOOTIN‘<br />
Von 1971 bis 1977<br />
waren die in Nashville<br />
beheimateten<br />
Barefoot Jerry aktiv<br />
und zelebrierten<br />
ihre ganz eigene,<br />
sich selbst nicht allzu<br />
ernstnehmende Mischung aus Countryund<br />
Sou<strong>the</strong>rn Rock – vorangetrieben von<br />
den beiden Leadgitarristen Mac Gayden<br />
und Wayne Moss, der auch für Dylan arbeitete.<br />
Es ist nicht zu überhören, dass da<br />
eine Gruppe exzellenter Studio-Asse aufspielte,<br />
die hörbar Spaß am gemeinsamen<br />
Musizieren hatten und mit offenen Ohren<br />
agierten: Sie würzten mit dezenten Prisen<br />
R&B, Gospel, Bluegrass. Die Texte waren<br />
für die Countryszene stellenweise überraschend<br />
politisch (“Hiroshima Hole” auf<br />
ihrem sechsten und letzten Studiowerk<br />
BAREFOOTIN’). Für die (von den originalen<br />
Mastertapes) remasterte und überzeugend<br />
tönende Doppel-CD-Neuauflage<br />
verfasste Malcolm Dome die Liner-Notes<br />
– Reinhören lohnt sich.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1976,<br />
1977, 10/34:29, 10/33:59) pro<br />
MATTHEW SWEET AND<br />
SUSANNA HOFFS<br />
UNDER THE COVERS VOL. 3<br />
Sweet & Hoffs präsentieren sich zum dritten<br />
Mal als derzeit weltbestes „Gemischtes Doppel”.<br />
Die Voraussetzungen sind allerdings<br />
auch ideal: Beide können verdammt gut<br />
singen und harmonieren stimmlich auch ausgezeichnet.<br />
Das Songmaterial ist sorgfältig<br />
ausgesucht worden – (Semi-)Klassiker von<br />
u.a. R.E.M., Dave Edmunds, The dB’s, The<br />
Pretenders, Tom Petty, The Go-Go’s, The<br />
Smiths und Echo & The Bunnymen. Hinzu<br />
kommen einige nicht ganz so weltbekannte<br />
Songs. Die gitarrenbe<strong>to</strong>nte instrumentale<br />
Seite liegt in den bewährten Händen der<br />
Saitenfüchse Mat<strong>the</strong>w Sweet und Dennis<br />
Taylor, der auch Bass spielt, sowie des stets<br />
zuverlässigen Drummers Ric Menck. Diese<br />
Seite 44 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong><br />
Rock<br />
Kollektion hochkarätiger Seventies- und<br />
Eighties-Songs macht ganz einfach Spaß und<br />
lässt sich gewiss ohne Qualitätseinbrüche<br />
noch endlos fortsetzen. Was allerdings nicht<br />
bedeutet, dass alle Tracks gleichgut gelungen<br />
sind. Absoluten Höhepunkten wie “Girls<br />
Talk”, “Free Fallin’”, “Kid” und “Towers Of<br />
London” stehen wenige minder inspirierte<br />
Songs wie “How Soon Is Now” und “More<br />
Than This” gegenüber.<br />
(Freeworld/H’Art, 2013, 14/51:07) hjg<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
THE SPIRIT OF SIREENA VOL. 8<br />
Alle Jahre wieder<br />
gibt’s zum Jahreswechsel<br />
den kultigen<br />
Labelsampler<br />
von<br />
Sireena, inzwischen<br />
zum achten Mal.<br />
Kaum eine Compilation<br />
wartet t mit einem derart kunterbunten<br />
Stil-Potpourri auf. Das (Deutsch-)<br />
Rockbanner halten Franz K., Bullfrog und<br />
Krokus hoch, in die Pop-Rockecke entführen<br />
Zoff, schräger wird’s beim 1. Futurologischen<br />
Congress, während die Pee<br />
Wee Bluesgang das im Gruppennamen<br />
erwähnte Genre bevorzugt. Für die Prog-<br />
Komponente sorgen Tribute und Cinema,<br />
während der Däne Nattefrost nach eigenen<br />
Worten „zeitgenössische elektronische<br />
Musik mit Vintage-Elementen” anstimmt.<br />
Dazu Electronica von den früheren Krautrockern<br />
Mythos, Neo-Psychedelisches der<br />
Yellow Sunshine Explosion, wilder Free<br />
Jazz vom Manfred Schoof Quintet und als<br />
Highlights gleich zwei Songs des superben<br />
UK-Singer/Songwriters Paul Roland – da<br />
findet sich für jeden etwas!<br />
(Sireena/Broken Silence, 2013,<br />
15/68:42) pro<br />
ELOY<br />
REINCARNATION ON STAGE<br />
Auf der Eloy-Homepage schwärmt Mastermind<br />
Frank Bornemann davon, dass<br />
mehrere Experten gelobt hätten, einige der<br />
Live-Aufnahmen der Tourdokumentation<br />
REINCARNATION ON STAGE klängen<br />
besser als die Studio-Originale. Und die<br />
Herrschaften haben Recht. Der erste Konzertmitschnitt<br />
seit 1978 begeistert nicht nur<br />
Fans der Deutsch-Rocklegende. Was die<br />
Besetzung mit zwei Gitarren, zwei Keyboards,<br />
Bass, Schlagzeug und drei Chorsängerinnen<br />
2012/2013 auf deutschen Bühnen<br />
hinzauberte, hat unwiderstehlichen Charme.<br />
Die Keyboards (Hannes Folberth, Michael<br />
Gerlach) kreierten sphärisch schwebende<br />
Klangteppiche (und Stimmungen), für die<br />
Klaus-Peter Matziol (b) und Bodo Schopf<br />
(dr) das solide wie groovende Fundament<br />
lieferten. Und darüber <strong>to</strong>bten sich Bornemann<br />
(voc, g) und Neuzugang Steve Mann<br />
(g) kreativ und abwechslungsreich aus, ergänzten<br />
sich nicht nur beim Solieren nahezu<br />
perfekt. Einen Streifzug durch die lange<br />
Bandgeschichte (mit Unterbrechung) lieferte<br />
die Gruppe, wobei ein Highlight das<br />
nächste jagte, so dass es nahezu unmöglich<br />
ist, einzelne Stücke hervorzuheben. Und<br />
Eloy bescherten nicht nur Schwelgen in<br />
Nostalgie, sondern klangen zugleich frisch,<br />
modern – einfach zeitlos gut.<br />
(Artist Station/Soulfood, 2014,<br />
12/76:45, 9/60:42) pro
16 von pro noch offen<br />
us 2?<br />
LP<br />
REVIEWS<br />
MOLLY HATCHET<br />
NO GUTS … NO GLORY<br />
Mit NO GUTS...<br />
NO GLORY wird<br />
bei SPV die Aufarbeitung<br />
des Molly-<br />
Hatchet-Katalogs in<br />
blauem Vinyl fortgesetzt.<br />
Originalsänger<br />
Danny Joe Brown war 1983 zu seiner<br />
Gang zurückgekehrt, konnte die langsam<br />
abnehmenden Verkaufszahlen aber nicht<br />
aufhalten. Obwohl bei NO GUTS ... auf<br />
vergleichsweise hohem Niveau gejammert<br />
wurde: Immerhin gab’s noch einen Platz 59<br />
in den US-Album-Charts. Musikalisch ist<br />
die Scheibe brillant und steht keiner ihrer<br />
Vorgängerinnen nach. Mit der Ballade “Fall<br />
Of The Peacemaker” beinhaltet sie sogar<br />
einen Hatchet-Klassiker. Und “Under The<br />
Gun” gehört zu den härtesten Stücken, die<br />
Molly Hatchet bis da<strong>to</strong> abgeliefert hatten.<br />
Mit dem Coverfo<strong>to</strong> gab es hingegen einen<br />
eklatanten Bruch zu den bisherigen martialischen<br />
Fantasy-Motiven – und es sollte<br />
auf den Studio-Alben bis heute auch die<br />
einzige Ausnahme bleiben.<br />
(Steamhammer/SPV, 1983, 13 Tracks) jub<br />
RAGING SLAB<br />
RAGING SLAB<br />
1989 erschien das<br />
erfolgreichste Album<br />
der Sou<strong>the</strong>rn Heavy<br />
Rocker Raging Slab.<br />
Die Nummer “Bent<br />
For Silver” lief damals<br />
bei MTV in<br />
Sendungen, die den härteren S<strong>to</strong>ff bedienten,<br />
hoch und runter. Aber abgesehen von<br />
dem als Hommage an die Russ-Meyer-<br />
Filme angelegten Videoclip ist die LP vollges<strong>to</strong>pft<br />
mit kleinen Geniestreichen. Besser<br />
als zum Beispiel in “Geronimo” konnte<br />
Sou<strong>the</strong>rn Rock damals nicht tönen. Damit<br />
waren Raging Slab selbst an den Genre-<br />
Größen vorbeigezogen. Darüber hinaus<br />
strotzt das Album vor Spielfreude und dreckigen<br />
Riffs. Led-Zeppelin-Bezüge geben<br />
dem Sound der New Yorker ebenso markante<br />
Noten, wie die besoffene Slidegitarre.<br />
Bei Raging Slab sind die Hüte speckig, die<br />
Stiefel staubig und die Unterhosen ungewaschen.<br />
Das übrigens bereits zweite Raging-<br />
Slab-Album kommt bei SPV in farbigem<br />
180-Gramm-Vinyl.<br />
(Steamhammer/SPV, 1989, 11 Tracks) jub<br />
JEFFERSON AIRPLANE<br />
THIRTY SECONDS OVER<br />
WINTERLAND<br />
Auch wenn es 1973<br />
das vorerst letzte reguläre<br />
Airplane-Album<br />
wurde – ein Abschied<br />
war es nicht. Vielmehr<br />
schwangen da schon<br />
Jefferson<br />
Starship<br />
mit, als die einstigen Psychedeliker auf ihrem<br />
Livedokument THIRTY SECONDS OVER<br />
WINTERLAND mit “Twilight Double Dealer”<br />
ein knackiges Hard-Rockbrett sägten. Auf<br />
der damals zu bewerbenden LP LONG JOHN<br />
SILVER klang das Stück noch entrückter. Mit<br />
“Milk Train” und “Trial By Fire” gab es gleich<br />
noch zwei weitere Songs aus LONG ... Bezeichnend:<br />
Jefferson Airplane stellten die B-<br />
Seite ihrer 70er “Mexico”-Single, das Byrdsinfizierte<br />
“Have You Seen The Saucers”, an<br />
den Anfang – ganz klar eines ihrer wundervollsten<br />
Lieder. Eine Bereicherung: Papa John<br />
Creach an der Violine. Seine Präsenz wird vor<br />
allem im Elfminüter “Feel So Good” deutlich.<br />
SPV hat die 180-Gramm-Wiederveröffentlichung<br />
in blaue Farbe getaucht.<br />
(Yellow/SPV, 1973, 7 Tracks) jub<br />
SURVIVOR<br />
VITAL SIGNS<br />
Blitzstart für Jimi Jamison<br />
bei Survivor.<br />
Der damals 33-Jährige<br />
war längst kein<br />
unbeschriebenes Blatt<br />
mehr – mit Target und<br />
Cobra hatte er ein<br />
paar zupackende Hard-Rockwerke eingespielt.<br />
Zu Survivor stieß er, als die US-Band<br />
über den Wolken schwebte. Und auch VI-<br />
TAL SIGNS, das fünfte Album, war wieder<br />
voll radiotauglicher Ohrwürmer mit Abo für<br />
die Billboard-Charts: “I Can’t Hold Back”<br />
(#13), “High On You” (#8), “The Search Is<br />
Over” (#4). Und wie so oft waren die reinen<br />
Albumnummern “Broken Promises”<br />
und “Everlasting” noch besser und sogar für<br />
Melodic-Metal-Fans interessant. Ein echter<br />
AOR-Meilenstein, der in der Neuauflage als<br />
grüne 180-Gramm-Version erscheint.<br />
(Steamhammer/SPV, 1984, 9 Tracks) jub<br />
THE BAND<br />
THE BAND<br />
Was will man noch<br />
über das zweite<br />
Studio werk von The<br />
Band sagen? „Fantastische<br />
Musik” resümierte<br />
Alan Tepper in<br />
seiner Besprechung<br />
(<strong>GoodTimes</strong> 6/2013) zum CD-Reissue der<br />
Mobile Fidelity Sound Labs. Die amerikanischen<br />
Wiederveröffentlichungs- und<br />
Wohlklangspezialisten haben jetzt die Original-Masterbänder<br />
auch auf LP umgeschnitten.<br />
Und in die schwarze Rille gehört der erdige,<br />
bodenständige Country-Rock auch hin.<br />
Noch runder als die CD, weniger gepresst<br />
als die entsprechenden Remaster im Boxset<br />
ACROSS THE GREAT DIVIDE (1995)<br />
klingt die superb gefertigte Scheibe. Ob<br />
zeitloser Hit (“Up On Cripple Creek”, “Rag<br />
Mama Rag”) oder der grandiose Schlusstrack<br />
“King Harvest” – jeder Song ein Treffer.<br />
Unter all den Super-Egos der Superstars<br />
Ende der 60er wirkten die Jungs schon damals<br />
irgendwie erwachsener. Keiner war<br />
ein überragender Virtuose auf seinen Instrumenten,<br />
aber im Kollektiv funktionierte der<br />
Fünfer einfach perfekt – eben als The Band.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1969,<br />
12 Tracks) lbr<br />
BLO<br />
CHAPTER ONE<br />
Was für ein geiler<br />
Groove! BLO wie<br />
Berkeley (auch Berkely),<br />
Laolu, Odumosu<br />
gelten als erstes afrikanisches<br />
Rocktrio.<br />
Doch die Jungs aus<br />
Nigeriawärennichtsie<br />
nicht selbst, wenn da nicht<br />
ein gewaltiger schwarzer Funk einsprühen<br />
Vinyl<br />
würde. Die Firma Mr. Bongo hat sich trotz<br />
des bescheuerten Namens höchst verdient<br />
gemacht um Reissues von „Classic African<br />
Recordings” in Kooperation mit den originalen<br />
Labels. Und dieses ursprünglich von<br />
EMI in überschaubarer Stückzahl nach Europa<br />
geschipperte BLO-Debüt zählt zu den<br />
absoluten Glücksfällen. Berkely Ike Jones<br />
(so wollte er sich gedruckt sehen) spielt eine<br />
coole Gitarre, Laolu „Akins” Akin<strong>to</strong>bi gerbt<br />
seine Drumfelle groovy ohne jede Frickelei,<br />
Mike „Gbenga” Odumosu spielt einen grummelnd-tighten<br />
Bass. Große Klasse – und ein<br />
bisschen psychedelisch durfte es dann gegen<br />
Ende auch werden. Schließlich lebte man in<br />
Lagos 1973 nicht hinterm Mond – es gab<br />
nicht nur Afrobeat-King Fela Kuti. Und<br />
manche Übersteuerung gehörte einfach zum<br />
Gesamtsound. Schön, dass man darauf heute<br />
wieder die Nadel legen kann. Und dann<br />
heißt’s „blo your mind”.<br />
(Mr. Bongo/Naxos, 1973, 8 Tracks) lbr<br />
DIRE STRAITS<br />
THE STUDIO ALBUMS<br />
1978–1991<br />
Noch immer teilen sich die Dire-Straits-Fans<br />
in zwei Lager: Da gibt es die, für die 1985 mit<br />
BROTHERS IN ARMS der Stern dieser Band<br />
erst zu glänzen begann, aber auch die anderen,<br />
für die dieses Album immer noch ein enttäuschender,<br />
künstlerischer Tiefpunkt an kommerzieller<br />
Zuwendung ist. Sei es, wie es will,<br />
höchst willkommen für beide Lager dürfte nun<br />
die LP-Box THE STUDIO ALBUMS 1978–<br />
1991 sein, in der sich alle sechs Studioscheiben<br />
der britischen Band finden. Dabei wurden<br />
die vier Einfach- und zwei Doppel-LPs extra<br />
für diese Veröffentlichung von Tonmeister<br />
Bob Ludwig sorgfältig von den Originalbändern<br />
remastert, was vor allem den ersten vier<br />
Alben, die seinerzeit recht lieblos auf CD<br />
überspielt wurden, eine hörbare Klangverbesserung<br />
bringt: klare Höhen, saubere Bässe<br />
und mehr Dynamik, was vor allem Knopflers<br />
Gitarrenspiel zugute kommt. Was einem beim<br />
Genuss dieser LPs auch wieder (schmerzlich)<br />
bewusst wird, ist die Tatsache, welch epochale<br />
Band die Dire Straits einst waren, herausragende<br />
Songs wie “Down To The Waterline”<br />
und “Sultans Of Swing” (vom Debüt DIRE<br />
STRAITS), “Lady Writer” und “Por<strong>to</strong>bello<br />
Belle” (vom Zweitwerk COMMUNIQUÉ),<br />
“Tunnel Of Love” und “Romeo And Juliet”<br />
(MAKING MOVIES), “Telegraph Road”<br />
und “Private Investigations” (LOVE OVER<br />
GOLD), mit “Bro<strong>the</strong>rs In Arms” von der<br />
gleichnamigen LP wohl einer der schönsten<br />
Songs aller Zeiten, selbst das allgemein nicht<br />
so stark eingestufte letzte Dire-Straits-Album<br />
ON EVERY STREET bietet mit dem Titelsong<br />
sowie mit “Calling Elvis” noch den einen<br />
oder anderen starken Einzeltitel. Schöner<br />
Service für den mp3-Player: Zusätzlich bietet<br />
die Box noch einen Downloadcode für die remasterten<br />
Alben im digitalen Format.<br />
(Mercury/Universal, 2013, 8 LPs) us<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 45
LP<br />
REVIEWS<br />
BREAD<br />
BABY I’M – A WANT YOU<br />
Nach dem überragenden<br />
Debüt<br />
(<strong>GoodTimes</strong> 6/2013)<br />
schiebt <strong>Music</strong> On<br />
Vinyl<br />
jetzt Album<br />
Nummer 4 der Westküsten-Soft-Rocker<br />
nach – im Einfachcover mit Textbeiblatt.<br />
Erstmals war Keyboarder Larry Knechtel<br />
mit an Bord, doch das Sagen hatten wie<br />
gewohnt zwei andere. Mal etwas härter rockend,<br />
mal wohlig balladesk wechseln sich<br />
die Protagonisten David Gates und James<br />
Griffin beim hochklassigen Songwriting<br />
und Leadgesang ab, Griffin macht mal<br />
kurz den Louis Armstrong in “I Don’t Love<br />
You”. Der vielgecoverte Titelsong und die<br />
Edelschnulze “Everything I Own” sind hier<br />
endlich mal im Original von den Komponisten<br />
zu hören. Gates fungierte auch als<br />
Produzent mit „Associate” Griffin – und<br />
bekam einen schönen, runden, harmonischen<br />
Sound hin. Dessen Dynamik – es<br />
gibt eine weite Spanne zwischen leisesten<br />
und lautesten Stellen – blieb gut erhalten.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1972,<br />
12 Tracks) lbr<br />
RORY GALLAGHER<br />
STAGE STRUCK + DEFENDER +<br />
FRESH EVIDENCE<br />
Es ist vollbracht:<br />
Neben der digitalen<br />
Auswertung<br />
aller<br />
möglichen<br />
Aufnahmen<br />
(siehe <strong>GoodTimes</strong><br />
6/2013) durch<br />
andere Firmen hat<br />
<strong>Music</strong> On Vinyl den gesamten offiziellen<br />
Katalog des 1995 vers<strong>to</strong>rbenen Gitarrenhelden<br />
wieder auf Vinyl zugänglich gemacht<br />
(Besprechung vorletzte Tranche in <strong>GoodTimes</strong><br />
1/2013, Seite 45). Digital remastert,<br />
mit bedruckten Innenhüllen und sauber auf<br />
180 Gramm gepresst, kommen jetzt das Live-Album<br />
STAGE STRUCK von 1980, das<br />
1987er Studiowerk DEFENDER und das<br />
1990er Schlusswort FRESH EVIDENCE.<br />
Der irische Blues-Rocker hielt seine Stra<strong>to</strong>caster<br />
jeder Modernisierung seines Sounds<br />
entgegen. Syn<strong>the</strong>sizer? Drumcomputer?<br />
Nein, danke! Unzeitgemäßer konnte man in<br />
den 80ern gar nicht klingen – und das war<br />
gut so. Gallaghers Rock war immer erdig,<br />
kernig, energetisch, am liebsten ohne viel<br />
Gedöns in klassischer Dreierbesetzung auf<br />
die Bänder gehämmert. Und so blieb es bis<br />
zum Schluss. Fast. Im Gegensatz zu dem<br />
knackigen Songbündel auf DEFENDER<br />
klang auf dem trotz mancher schnelleren<br />
Nummer gar nicht mehr so frischen FRESH<br />
EVIDENCE auch Resignation durch. Der<br />
Held war müde, schwer alkoholkrank und<br />
desillusioniert vom Musikgeschäft. Die<br />
Stimme hatte an Kraft verloren – und dennoch<br />
gelang ihm mit Hilfe von etlichen<br />
Gastmusikern nochmals eine manierliche<br />
Referenz an den guten alten Blues. Doch<br />
wer Gallagher aus seinen guten alten Zeiten<br />
kennt, weiß, dass er live den Hammer immer<br />
am höchsten hing. Und so ist STAGE<br />
STRUCK der Hit des Dreiers, nicht nur<br />
wegen des gegenüber der Originalausgabe<br />
zugegebenen “Bad Penny”. Eine Uptempo-<br />
Nummer jagt die nächste, das Triumvirat<br />
Gallagher Ted McKenna (dr) und Gerry<br />
McAvoy (b) gibt alles. Gegen die Spätpunker<br />
und neugewellten Fönfrisurträger dieser<br />
Zeit haben sie nicht schön und filigran gespielt,<br />
sondern überragend gekämpft. Und<br />
klar gewonnen.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1980, 9 Tracks /<br />
1987, 10 Tracks / 1990, 10 Tracks) lbr<br />
ELVIS COSTELLO AND THE<br />
ATTRACTIONS<br />
PUNCH THE CLOCK<br />
Im Gegensatz wohl<br />
zu den meisten Costello-Fans<br />
zählt der<br />
Rezensent PUNCH<br />
THE CLOCK zu<br />
seinen Top-Werken.<br />
Costello<br />
verstärkte<br />
sich mit einigen i stimmgewaltigen Background-Miezen<br />
und seine Attractions mit<br />
den TKO Horns. Und diese Bläsersektion<br />
agiert teilweise so grandios, dass man sie<br />
den Soul-orientierten, bei weitem nicht<br />
mehr so rotzigen Sound auch gerne dominieren<br />
lässt. Natürlich ist bei EC immer<br />
ein Schuss Rock’n’Roll drin, und sein Gespür<br />
für genialen Pop lässt ihn auch nicht<br />
im Stich. Die Ballade “Shipbuilding” mit<br />
einem wundervollen Trompetensolo von<br />
Jazzlegende Chet Baker gelingt ihm herzzerreißend<br />
schön. Eine Meisterleis tung lieferte<br />
auch Masterer Krieg Wunderlich von<br />
MFSL beim LP-Schnitt ab. Die Dynamik<br />
und die Stimmpräsenz schlagen alte CD-<br />
Versionen, aber auch die F.Beat-Pressung<br />
um Längen.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1983,<br />
13 Tracks) lbr<br />
ROGER McGUINN<br />
ROGER McGUINN<br />
Wäre da nicht das<br />
Personal – diese<br />
Scheibe liefe wirklich<br />
unter ferner. Aber es<br />
ist das selbst produzierte<br />
Solodebüt<br />
des<br />
Byrds-Kopfes.<br />
Und der konnte seine Flügelmänner David<br />
Crosby, Chris Hillman oder Michael Clarke<br />
sogar teilweise mit an Bord ziehen, Jazzlegende<br />
Charles Lloyd steuerte Saxofonklänge<br />
bei und kein Geringerer als Bob Dylan<br />
spielte beim eröffnenden “I’m So Restless”,<br />
der schon sehr nach ihm klingt, die Harmonika.<br />
Die überwiegend von McGuinn<br />
geschriebene Songkollektion im üblichen<br />
Spannungsfeld zwischen Folk, Country und<br />
Pop ist ein wenig durchwachsen, zwischen<br />
superb und so lala – bei Erscheinen reichte<br />
es nicht einmal für die Top 100 in den USA.<br />
Doch beim Wiederhören des 180-Gramm-<br />
Vinyl Reissue (mit Textblatt) überwiegt der<br />
von McGuinns manchmal weinerlicher, hoher<br />
Stimme und Songs wie “The Water Is<br />
Wide” geprägte gute Eindruck. Und Byrds-<br />
Fans müssen sowieso zugreifen.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1973,<br />
11 Tracks) lbr<br />
MOTT THE HOOPLE<br />
ALL THE YOUNG DUDES<br />
Die Rolle David Bowies<br />
als Geburtshelfer<br />
lässt sich kaum<br />
überschätzen.<br />
Ohne<br />
ihn, seinen Titelsong,<br />
seine Produktion, seine<br />
Imagekorrektur,<br />
seine It Intervention ti bei CBS Records wären<br />
Mott The Hoople eine Fußnote in der britischen<br />
Rockgeschichte gewesen. So aber<br />
wurde die kurz vor der Auflösung stehende<br />
Truppe um Ian Hunter und Mick Ralphs<br />
1972 mit ihrem fünften Album zu Superstars<br />
des Glam-Rock. Es fällt schwer, diese<br />
Scheibe ohne das Wissen um ihre bahnbrechende<br />
Rolle neu zu hören, jetzt, wo MOV<br />
eine exzellent gefertigte Neuauflage bringt.<br />
Das hochgepushte Gebräu aus Bowie,<br />
S<strong>to</strong>nes, Velvet Underground, Faces, Free,<br />
Slade und Uriah Heep mit einem, sagen<br />
wir, eigenwilligen, Gesang von Tonpresser<br />
Hunter reißt auf LP-Länge nicht unbedingt<br />
vom Hocker. Dass Ralphs sein “Ready For<br />
Love” hier selber singt, zieht den starken<br />
Song im Vergleich zur späteren Version bei<br />
Bad Company mit dem unvergleichlichen<br />
Paul Rodgers schlicht runter. Und doch, die<br />
DUDES haben was. Lassen wir es also dabei:<br />
unverzichtbar, his<strong>to</strong>risch wertvoll. Aber<br />
bitte nicht: genial. Ach so: Saxofon spielte<br />
Bowie auch noch.<br />
(<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo, 1972,<br />
9 Tracks) lbr<br />
FRANK SINATRA<br />
DUETS – TWENTIETH ANNI-<br />
VERSARY DELUXE EDITION<br />
Für seine beiden DUETS-Alben lud sich<br />
Frank Sinatra Anfang der 90er Jahre zahlreiche<br />
Künstler aus Pop, Rock, Jazz, Blues,<br />
Soul und Klassik ins Studio ein. Zusammen<br />
mit Kollegen wie Lu<strong>the</strong>r Vandross,<br />
Aretha Franklin, Julio Iglesias, Carly Simon,<br />
Tony Bennett, Stevie Wonder, Linda<br />
Ronstadt, Neil Diamond, Barbra Streisand,<br />
Liza Minelli und Charles Aznavour wurden<br />
neue Versionen bekannter (Jazz-)Standards<br />
aufgenommen, von “The Lady Is A<br />
Tramp” über “A Foggy Day” und “Mack<br />
The Knife” bis zu “New York, New York”.<br />
Zur Feier des 20. Jahrestages von DUETS<br />
I & II gibt es nun eine hochwertig gestaltete<br />
Box im LP-Format mit diesen beiden<br />
Originalalben als audiophile 180g-Vinyl-<br />
LPs; den ebenfalls enthaltenen CDs wurden<br />
zwei bzw. drei Bonus-Tracks verpasst<br />
(u.a. “My Way” einmal mit Luciano Pavarotti<br />
und einmal mit Willie Nelson sowie<br />
“Fly Me To The Moon” mit George Strait),<br />
auf der DVD gibt es Interviews, das Video<br />
von “I’ve Got You Under My Skin” mit<br />
U2-Frontmann Bono sowie Promomaterial<br />
aus dem Jahr 1993. Neu hinzukommt<br />
eine dritte CD, auf der „klassische” Duette<br />
Sinatras versammelt sind, Kollaborationen<br />
mit Louis Armstrong, Elvis Presley, Bing<br />
Crosby, Dean Martin oder Sammy Davis<br />
Vinyl<br />
Jr., die er im Laufe seiner langen Karriere<br />
aufgenommen hat.<br />
(Capi<strong>to</strong>l/Universal, 2013, 2 LPs,<br />
3 CDs, 1 DVD) tk<br />
ROY ORBISON<br />
CRYING<br />
Als Vinylfan kann<br />
man ein wenig durcheinanderkommen<br />
mit<br />
den Reissues dieses<br />
grandiosen dritten Albums<br />
von The Big O.<br />
Für Highender markiert<br />
die ultrateure, t kaum noch neu erhältliche<br />
Pressung auf 200 Gramm schwerem,<br />
extrem laufruhigem Vinyl (Quiex SV-P) von<br />
2003 das Maß aller Dinge. Doch diese ebenfalls<br />
stereofone, preiswertere Fassung von<br />
WaxTime ist, im DMM-Verfahren geschnitten,<br />
klanglich immer noch sehr gut, bietet<br />
vier Bonus-Tracks und neben den Original-<br />
Liner-Notes von Boudleaux Bryant (Au<strong>to</strong>r<br />
des hier enthaltenen „Love Hurts”) noch<br />
aktuelle Erläuterungen. Musikalisch ist das<br />
sowieso gehobenes Kulturgut. Man muss die<br />
streicherverzuckerten Schnulzen nicht mögen.<br />
Dass hier aber der begabteste Tenor des<br />
Rock’n’Roll, ein fantastischer Songschreiber<br />
und ein grandioser Performer verewigt ist,<br />
lässt sich einfach nicht leugnen. Wer also<br />
den am Nikolaustag 1988 vers<strong>to</strong>rbenen Roy<br />
Orbison nur als “Pretty Woman”-Anbaggerer<br />
oder Mitglied der Traveling Wilburys kennt<br />
und schätzt, sollte hier unbedingt reinhören.<br />
(WaxTime/inakustik; 1962, 16 Tracks) lbr<br />
CHOCOLATE WATCH BAND<br />
THE INNER MYSTIQUE<br />
Mystisch ist an diesem<br />
Album so einiges.<br />
Etwa welche<br />
Musiker da eigentlich<br />
spielen, und wie sie<br />
aussehen. Auf der<br />
Rückseite der zweiten<br />
Langrille der kalifornischen Rätselband<br />
steht zwar eine unfassbar lange Widmungsliste,<br />
aber wer zum Beispiel die schönen<br />
Flöten- und Saxofonklänge zum deutlich<br />
domestizierten Garagensound beiträgt, steht<br />
nirgends. Produzent Ed Cobb ließ von Sänger<br />
Dave Aquilar und seinen Mannen außer<br />
einem Dylan-Cover (“It’s All Over Now”)<br />
auch etwas härteren S<strong>to</strong>ff wie “I’m Not Like<br />
Everybody Else” im strammen Links-Rechts-<br />
Stereosound einspielen. Erfolg war den Jungs<br />
nicht beschieden – und so dürften Originale<br />
in dem superben Zustand des Sundazed-Reissue<br />
wohl nicht mehr zu bekommen sein. Definitive<br />
Empfehlung für Perlenfischer abseits<br />
des Sixties-Mainstream.<br />
(Sundazed/Universal, 1968,<br />
8 Tracks) lbr<br />
BOB DYLAN<br />
BLONDE ON BLONDE<br />
Wohl keinem Good-<br />
Times-Leser<br />
muss<br />
man etwas erzählen<br />
über die Musik auf<br />
diesem Jahrhundertalbum.<br />
Bob Dylans<br />
doppelter Streich von<br />
1966 kommt bei jeder einigermaßen tauglichen<br />
Präsentation der „besten Alben aller<br />
Zeiten” mindestens in die Top Ten. Nach<br />
Seite 46 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
Vinyl<br />
ulkigem Einstieg mit “Rainy Day Woman”<br />
– was haben wir immer mitgebrüllt<br />
“Everybody Must Get S<strong>to</strong>ned” –<br />
und einem von mehreren musikalisch<br />
eher durchschnittlichen Bluesnummern<br />
kommt ein Bündel von Klasse-<br />
Songs. Und mit “Just Like A Woman”<br />
und “Sad Eyed Lady Of The Lowlands”<br />
hat er dem anderen Geschlecht<br />
mit die schönsten Denkmäler des Pop<br />
gedichtet. Unterstützt von Teilen von<br />
The Band (damals noch The Hawks)<br />
und anderen Top-Musikern nölte, näselte,<br />
quengelte und quetschte sich<br />
Dylan durch rätselhafte (was bedeutet<br />
eigentlich der Albumtitel?) und<br />
anspielungsreiche, durch aggressive<br />
oder schlicht lyrische Texte – wunderbar.<br />
MFSL hat diesen Meilenstein<br />
mit schönem Fo<strong>to</strong>booklet in eine<br />
feste Schatulle gepackt und neu aufgeteilt:<br />
Auf nicht weniger als sechs,<br />
mit 45 Umdrehungen rotierenden LP-<br />
Seiten, vorbildlich sauber gepresst.<br />
Eine HiFi-Testplatte war dieser Roh-<br />
Diamant nie, doch der Sound ist jetzt<br />
vergleichsweise überragend. Ob nun<br />
wirklich das originale analoge Master<br />
oder die Sony-Hochbit-Digital-Remaster<br />
das Ausgangsmaterial stellten,<br />
mögen Sounddetektive dechiffrieren;<br />
alte europäische CBS-Pressungen<br />
klingen deutlich dumpfer und mulmiger.<br />
Die ultimative LP-Ausgabe<br />
eines Klassikers.<br />
(3 LPs 45 rpm, MFSL/Sieveking<br />
Sound, 1966, 14 Tracks) lbr<br />
STEVIE WONDER<br />
FULFILLINGNESS’ FIRST<br />
FINALE<br />
In der Rückschau<br />
scheint<br />
Stevie Wonders<br />
soundsovieltes<br />
„klassisches”<br />
Album<br />
der<br />
70er immer ein<br />
wenig im Schatten Shtt des Vorgängers<br />
INNERVISIONS und erst recht des<br />
Nachfolgers SONGS IN THE KEY<br />
OF LIFE zu stehen. Doch als FUL-<br />
FILLINGNESS ... 1974 erschien,<br />
stürmte es die Spitze der US-Charts.<br />
Zu Recht, das Genie konnte damals<br />
einfach nicht fehlgehen. Wonder<br />
schüttelte Top-Songs nur so aus<br />
dem Ärmel, setzte modernste Instrumente,<br />
Produktionsmethoden und<br />
natürlich seine Stimme perfekt ein,<br />
um mal wieder einen Soul-Funk-<br />
Meilenstein zu setzen. Ganz groß<br />
die Attacke auf Präsident Nixon und<br />
Co. mit “You Haven’t Done Nothin”,<br />
zu dem mal eben die Jackson 5 den<br />
Backgroundchor schmetterten. Für<br />
seine „Silver Series” presst MFSL<br />
zwar „nur” auf 140 Gramm Vinyl<br />
und konnte wohl eher auf ein digitales<br />
(Re-)Master als auf das originale<br />
Mutterband zurückgreifen –<br />
doch Sound und Pressqualität sind<br />
auch hier <strong>to</strong>p. Schön im originalen<br />
Klappcover wiederaufgelegt inklusive<br />
des Schreibfehlers „Boogie On<br />
Raggae Woman” beim Tracklisting<br />
auf dessen Innenseiten – schon da-<br />
mals stand „Reggae” auf Rückseite<br />
und in den Lyrics. Höchste Empfehlungsstufe.<br />
(MFSL/Sieveking Sound, 1974,<br />
10 Tracks) lbr<br />
SANTANA<br />
AMIGOS<br />
Nach<br />
einigen<br />
stilistischen<br />
Experimenten<br />
kehrten Santana<br />
mit dem in<br />
San Francisco<br />
aufgenommenen<br />
Album wieder zum Latin in<br />
allen Spielarten zurück. Klar, der<br />
Zeitgeist machte sich auch hier bemerkbar,<br />
besonders beim funkigen,<br />
Disco-angehauchten “Let Me”, aber<br />
mit dem lässigen “Dance Sister<br />
Dance (Baila Mi Hermana)” und<br />
dem afro-kubanischen “Gitano” gab<br />
es eindeutig Futter für die Fans, die<br />
die kurz davor erschienenen Alben<br />
eher argwöhnisch aufnahmen. Und<br />
Carlos Santanas Gitarrenspiel? Bei<br />
“Europa (Earth’s Cry Heaven’s<br />
Smile)” lässt er wieder seine Töne<br />
genüsslich schwingen und liefert ein<br />
mehr als beeindruckendes Solo. Die<br />
Platte erscheint als audiophil hochwertig<br />
gemasterte 180g-Pressung<br />
– natürlich im sehr schönen Klappcover.<br />
(Speakers Corner Records, 1976,<br />
7 Tracks) at<br />
RANDY NEWMAN<br />
RANDY NEWMAN’S FAUST<br />
<strong>Music</strong> On Vinyl<br />
schreitet<br />
munter<br />
voran<br />
bei der Re-<br />
Analogisierung<br />
des amerikanischen<br />
Piano-Songwriters it mit der typischen<br />
Nöhlstimme. Auf seinem Debüt<br />
versprach er (oder die Plattenfirma)<br />
1968 vollmundig „Randy Newman<br />
creates something new under<br />
<strong>the</strong> sun”. In der Tat hatte sich der<br />
Neffe von gleich drei Filmkomponisten<br />
in geschickter Streicher- oder<br />
Vaudeville-Camouflage textlich in<br />
alle Nesseln gesetzt. Mit ätzendem<br />
Spott, Zynismus oder hemmungslose<br />
Pathos schmähte er quäkend<br />
den amerikanischen Mittelstand.<br />
Herb, aber genial. Und damals fast<br />
unverkäuflich. Ein Vierteljahrhundert<br />
später war Newman längst etabliert<br />
und konnte es sich leisten, die<br />
alte Geschichte vom Dok<strong>to</strong>r Faust<br />
als <strong>Music</strong>al zu komponieren. Mit<br />
Eagle Don Henley als Faust, James<br />
Taylor als Gott, mit El<strong>to</strong>n John,<br />
Bonnie Raitt, Linda Ronstadt und<br />
natürlich ihm selbst als Mephis<strong>to</strong>.<br />
Schade, dass MOV dieses mit Beatles,<br />
Led Zep- oder Dylan-Zitaten<br />
prall gefüllte Meisterwerk auf Doppel-LP<br />
in Einfachhülle, ohne jede<br />
Textinformation und sogar ohne<br />
Besetzungsliste veröffentlicht. Die<br />
Reissue-Spezialisten haben sich<br />
schon mit wesentlich besseren Ausstattungen<br />
profiliert – dieser abgründige<br />
„Faust” hätte sie verdient.<br />
(Reprise/<strong>Music</strong> On Vinyl/Cargo,<br />
1968, 11 Tracks, 1995,<br />
17 Tracks) lbr<br />
JEFFERSON AIRPLANE<br />
AFTER BATHING AT<br />
BAXTER’S<br />
Nach<br />
Granden<br />
wie Jimi<br />
Hendrix<br />
oder<br />
Miles<br />
Davis<br />
spült die Mono-<br />
Welle<br />
immer<br />
weitere Schätze<br />
der 60er Jahre ans Licht. So auch das<br />
dritte Album der Westcoast-Psychedelic-Heroen<br />
Jefferson Airplane. Schließlich<br />
wurde dieser weniger kommerzielle<br />
Nachfolger des Smash-Albums<br />
SURREALISTIC PILLOW wie die<br />
meisten zeitgenössischen Langrillen<br />
für etwa 90 Prozent der Pop-Hörer<br />
mono abgemischt – Stereo war damals<br />
noch Oberschichtensound. Sundazed<br />
hat mit der Wiederveröffentlichung im<br />
Klappcover mit bedruckter Innenhülle<br />
auch sonst alles richtig gemacht. Die<br />
Super-Sirene Grace Slick (welch eine<br />
Sängerin ging da an Drogen und Alk<br />
verloren!), die herben Psych-Rocker,<br />
die mittelalterlichen Sprengsel, die<br />
experimentellen Ausflüge in fünf „Suiten”<br />
– das kommt so schön druckvoll<br />
und spannungsreich rüber, dass man<br />
die Links-Rechts-Ordnung wirklich<br />
nicht vermisst.<br />
(Mono-Edition Sundazed/Universal,<br />
1968, 11 Tracks) lbr<br />
RELATIVELY CLEAN<br />
RIVERS<br />
RELATIVELY CLEAN RIVERS<br />
Nun auch<br />
(wieder) als<br />
LP erhältlich:<br />
RELATIVELY<br />
CLEAN RI-<br />
VERS von der<br />
gleichnamigen<br />
Band aus Kalifornien. Die vom Multi-Instrumentalisten<br />
und Sänger Phil<br />
Pearlman dominierte Gruppe spielte<br />
einen überaus fesselnden westküstlichen<br />
Hippie-Underground-Psychedelic-Folk-Rock,<br />
der in seinen harmloseren<br />
Momenten wie eine Mischung<br />
aus weiterentwickelten CSN&Y und<br />
Grateful Dead klang und in seinen<br />
strengeren Sequenzen ziemlich einzigartig.<br />
Wenn sich zu den normalen Rockinstrumenten<br />
eine kühne Flöte und<br />
ein konsequent schrille neue Wege suchender<br />
Syn<strong>the</strong>sizer gesellten, entstanden<br />
teilweise weltmusikalisch gefärbte<br />
verstörende Klanggemälde, die an wildeste<br />
1968er „Anything Goes”-Zeiten<br />
erinnern, obwohl das Album erst 1975<br />
eingespielt wurde. Tracks wie “Easy<br />
Ride”, “Journey Through The Valley<br />
Of O”, “Last Flight To Eden” und<br />
“The Persian Caravan” haben bis heute<br />
nichts von ihrer Magie verloren.<br />
John O’Hara,<br />
keyboards & accordion<br />
(Phoenix-Red River Exports/<br />
David Goodier,<br />
bass<br />
Soulfood, 1975, 8 Tracks) hjg<br />
Florian Opahle,<br />
guitar<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 47Scott Hammond,<br />
TOUR 2014<br />
25.04.14 N - OSLO Rockefeller<br />
13.05.14 Berlin Huxleys *<br />
27.04.14 DK - KOPENHAGEN AMAGER BIO<br />
15.05.14 Saarbrücken Garage *<br />
28.04.14 DK - AALBORG Skraaen<br />
16.05.14 Filderstadt Filharmonie *<br />
30.04.14 D - Worpswede <strong>Music</strong>hall<br />
17.05.14 Offenbach Capi<strong>to</strong>l *<br />
01.05.14 D - Osnabrück Rosenhof<br />
19.05.14 Regensburg Airport *<br />
02.05.14 NL - Bergen op Zoom Gebouw T<br />
20.05.14 Nürnberg Rockfabrik *<br />
03.05.14 NL - Leewarden Poppodium Romein<br />
22.05.14 München Circus Krone *<br />
05.05.14 B - VERVIERS Spirit of 66<br />
23.05.14 CH - Pratteln Z7 *<br />
08.05.14 Dortmund FZW *<br />
24.05.14 Ravensburg Oberschwabenhalle *<br />
09.05.14 Köln E WERK *<br />
25.05.14 Augsburg Spectrum Club<br />
10.05.14 Emden Nordseehalle *<br />
07.06.14 Sweden Rock Festival<br />
12.05.14 Hamburg Docks *<br />
* DOUBLE HEADLINE TOUR 2014 MIT MAGNUM<br />
14.10.14 Bonn, Beethovenhalle<br />
16.10.14 Stuttgart, Liederhalle Beethovensaal<br />
17.10.14 München, Circus Krone<br />
18.10.14 Halle, Georg-Friedrich-Händel-Halle<br />
21.10.14 Nürnberg, Meistersingerhalle<br />
22.10.14 Baden Baden, Festspielhaus<br />
24.10.14 Mannheim, Rosengarten<br />
25.10.14 Tuttlingen, Stadthalle<br />
26.10.14 Freiburg, Konzerthaus<br />
28.10.14 Frankfurt, Alte Oper<br />
29.10.14 Osnabrück, Osnabrückhalle<br />
30.10.14 Bremen, Die Glocke<br />
02.11.14 Ros<strong>to</strong>ck, Stadthalle<br />
03.11.14 Hamburg, CCH 2<br />
04.11.14 Berlin, Admiralspalast<br />
11.04.14 Köln, Kantine GmbH<br />
12.04.14 Karlsruhe, Festhalle Durlach<br />
13.04.14 Aschaffenburg, Colos-Saal<br />
25.04.14 Coesfeld, Stadthalle<br />
26.04.14 Aurich, Stadthalle<br />
27.04.14 Memmingen, Stadthalle<br />
01.05.14 A-Hohenems, Tennis.event.center Kick KG<br />
02.05.14 Simbach, Lokschuppen<br />
03.05.14 Winterbach, Salierhalle<br />
04.05.14 CH-Pratteln, Z7<br />
09.05.14 A-Wien, Gasometer<br />
14.06.14 Rehau, Jahnstadion<br />
drums & percussion<br />
22.04.14 RADOLFSZELL Milchwerk<br />
23.04.14 FREIBURG Konzerthaus<br />
28.04.14 HAMBURG Fabrik<br />
29.04.14 BERLIN Tempodrom<br />
02.05.14 DRESDEN Schlachthof<br />
06.05.14 STUTTGART LKA<br />
07.05.14 AUGSBURG Kongresshalle<br />
ZUSATZ-<br />
TERMINE<br />
HOMO ERRATICUS – TOUR 2014<br />
JETHRO TULL’s<br />
IAN ANDERSON<br />
permforms <strong>the</strong> new Album HOMO ERRATICUS<br />
And <strong>the</strong> BEST OF JETHRO TULL<br />
19.11.2014 STUTTGART Hegelsaal<br />
20.11.2014 AACHEN Eurokongress<br />
22.11.2014 KOBLENZ Rhein Mosel Halle<br />
24.11.2014 BONN Beethovenhalle<br />
25.11.2014 MAGDEBURG Stadthalle<br />
26.11.2014 ROSTOCK Stadthalle<br />
27.11.2014 HAMBURG CCH 2<br />
29.11.2014 HALLE Georg-Friedrich-Händel-Halle<br />
30.11.2014 WETZLAR Rittal Arena<br />
Weitere Termine und Künstler auf www.dmc-music.de
LP<br />
REVIEWS<br />
BUDDY MILLER<br />
YOUR LOVE AND OTHER LIES<br />
+ CRUEL MOON<br />
Mit einer ganz eigenen Americana-Note<br />
Nt<br />
versah Buddy Miller seine ersten Alben, die<br />
er Mitte/Ende der 90er Jahre auf High Tone<br />
veröffentlichte. Einerseits gab es bei seinen<br />
starken Songs zwischen Country, Blues und<br />
Rock keinen Ton zu viel zu hören, andererseits<br />
konnte er neben seiner Ehefrau Julie<br />
so namhafte Kollegen wie Jim Lauderdale,<br />
Steve Earle, Lucinda Williams oder Emmylou<br />
Harris vor das Mikrofon locken, weitere<br />
Studiogäste waren Al Perkins (Lapsteel),<br />
Don Heffing<strong>to</strong>n (dr) und Gurf Morlix (b).<br />
Für die Bear-Family-Wiederveröffentlichungen<br />
wurden die Originalbänder bei<br />
Pauler Acoustics in Nor<strong>the</strong>im sorgfältigst<br />
remastert, was in Verbindung mit dem dicken<br />
180g-Vinyl für einen herrlich warmen,<br />
fein abgestuften Klang sorgt. Klasse auch<br />
die Verpackung, sowohl YOUR LOVE<br />
AND OTHER LIES als auch CRUEL<br />
MOON kommen als aufklappbare Cover<br />
mit lesbaren (!) Produktionsinfos.<br />
(Bear Family, 1995, 13 Tracks,<br />
1999, 11 Tracks) us<br />
WISHBONE ASH<br />
ARGUS<br />
Zwischen all den<br />
angesagten musikalischen<br />
Stühlen Artund<br />
Hard Rock,<br />
Folk- und Blues-<br />
Rock, hatten Wishbone<br />
Ash zu Beginn<br />
der 70er Jahre Jh schon bald Platz genommen.<br />
Spätestens mit diesem, ihrem dritten<br />
Album, war man weltweit ein Begriff.<br />
Den vor allem in langsamen Passagen<br />
suboptimalen Gesang machte das englische<br />
Quartett locker wett mit dem mitreißenden<br />
Twin-Gitarrenspiel. Ted Turner<br />
und Andy Powell gaben sich mit starken,<br />
melodiösen Kompositionen die Töne in<br />
die Finger. Das klingt noch heute bärenstark,<br />
vor allem, wenn’s zünftig rockt wie<br />
in “Warrior”. Mit “The King Will Come”<br />
steht zudem ein Songklassiker zu Buche,<br />
dessen Riff jeder Rockfan kennen müsste.<br />
Das Reissue (Einfach-Cover, kein Beiblatt,<br />
mit Decca-Rainbow-Label) ist definitiv<br />
okay, auch wenn die 180-Gramm-<br />
Pressung einige Schlieren zeigt.<br />
(MCA/Universal, 1972, 7 Tracks) lbr<br />
BUTTERCUP SOCIETY<br />
HIGH TEC SURPRISE<br />
So was wie der<br />
Laurel Canyon oder<br />
Abbey Road muss<br />
auch in Freiburg herum<br />
zu finden sein –<br />
wie käme sonst eine<br />
derart<br />
stimmige<br />
Sammlung von Songs zustande, wie sie<br />
Jens Kreuzer von The Pleasure mit seiner<br />
jüngeren Band gelingt? Mit dem Saarländer<br />
Carsten Willié fand er einen starken<br />
Leadsänger, der Kreuzers vor Hooks und<br />
Melodiereichtum strotzenden zehn Eigengewächse<br />
zwischen Jackson Browne,<br />
CSN, Lennon, Harrison und den Finn-Brüdern<br />
stark umsetzt. Ob dreistimmige West-<br />
Coast-Balladen wie “Gertrude” oder zupackende<br />
Rocker wie “In Stereo” oder “Love<br />
Face”, alle Refrains und viele Textzeilen<br />
– nicht nur „I wonder if we’ll have sex<br />
<strong>to</strong>night” auf “Kiss Me Or I Have To Go”<br />
– bleiben sofort im Kopf, was beim neuen<br />
McCartney-Album schwerer fällt. Kreuzer<br />
setzt seine Tasten ganz sparsam ein – bis<br />
auf das melancholische Finale “Not Even<br />
Strong” regieren die perfekt vernetzten E-<br />
Gitarren der Gäste Ralf Paske und Niels<br />
Kaiser. Hit: “Ru Tu Tu Tu” mit Daniel<br />
Gonzalka (b) an den Co-Leadvocals. Eine<br />
CD ist der Vinylplatte beigelegt.<br />
(Jazzhaus/inakustik, 10 Tracks) utw<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
GERMAN MEASLES VOLUME 1<br />
+ VOLUME 2<br />
Zwei klasse klingende LPs, mit denen Bear<br />
Family den Weg aufzeigt, den der deutsche<br />
Pop Anfang der 60er beschritt. Über die<br />
ersten britischen Importe, die über das Einfalls<strong>to</strong>r<br />
Reeperbahn aufs Festland strömten,<br />
bis zu ihren zahlreichen Nachahmern aus<br />
Darmstadt (The Pralins), Troisdorf (The<br />
Subjectts) oder Rastatt (The Rocking Stars)<br />
liefert VOLUME 1 „Flames Of Love: ‘<strong>60s</strong><br />
Beat, Garage & R&B From Germany”. Einen<br />
Schritt weiter dann schon VOLUME 2,<br />
auf der es „Sun Came Out At Seven: ‘<strong>60s</strong><br />
Mod, Pop And Freakbeat From Germany”<br />
zu hören gibt; also Cindy & Bert (“Der<br />
Hund von Baskerville”), die Petards (“Sun<br />
Came Out At Seven”), die Blizzards (“Hab<br />
keine Lust heut aufzustehn”) oder The Improved<br />
Sound Limited (“It Is You”). Herrlich<br />
auch die Innenseiten der Klappcover,<br />
hier sind alle beteiligten Bands (inkl. Kurzvorstellungen)<br />
abgebildet. Großartig!<br />
(Bear Family, 2013, je 16 Tracks) us<br />
HOLGER CZUKAY<br />
ON THE WAY TO THE PEAK OF<br />
NORMAL + LES VAMPYRETTES<br />
Herbert tGö Grönemeyers Grönland-Label dLb lht hat<br />
sich entschlossen, den Backkatalog von<br />
Can-Bassist Holger Czukay nach und nach<br />
zu veröffentlichen. Den Auftakt machen ON<br />
THE WAY TO THE PEAK OF NORMAL<br />
von 1981 und die Kooperation mit Produzentenlegende<br />
Conny Plank, LES VAMPY-<br />
RETTES, die 1980 in sehr geringer Auflage<br />
als EP erschienen war. Auf Czukays drittem<br />
Album agierten Musiker von S.Y.P.H., Jah<br />
Wobble, Can-Schlagzeuger Jaki Liebezeit<br />
und eben auch Plank mit. Vom Stil her sind<br />
die Songs beider Werke eine humorvoll gehaltene<br />
Mischung aus Ambient, Dub und<br />
Can der späten 70er Jahre, alles ziemlich<br />
experimentell, aber durchaus hörbar und<br />
irgendwie auch noch heute zeitgemäß.<br />
VAMPYRETTES gibt es in verschiedenen<br />
Ausführungen, wobei das handnummerierte<br />
Deluxe-Boxset aus drei einseitig bespielten<br />
10”-Scheiben und einem ausschneidbaren<br />
Mobile mit zwei Fledermäusen Sammlern<br />
und Vinylfreunden am meisten gefallen<br />
wird. Die regulären Ausgaben punkten<br />
immerhin mit weißem und blauem Vinyl.<br />
Hingewiesen werden muss aber darauf,<br />
dass die früher erschienene CD zu ON THE<br />
WAY TO THE PEAK OF NORMAL nicht<br />
identisch mit dem Material der neuen Vinylausgabe<br />
ist.<br />
(Grönland/Rough Trade,<br />
2013, 3/24:03, 3/12:22) an<br />
THE DUKES OF HAMBURG<br />
BEAT BEAT BEAT VOL. 2<br />
„The Beat Goes On”,<br />
das gilt nicht nur für<br />
Nostalgie-Nischen.<br />
The Dukes Of Hamburg<br />
sind in Wirklichkeit<br />
aus Bielefeld,<br />
und was sie<br />
auf fihrer zweiten Fl Folge von BEAT BEAT<br />
BEAT heraushauen, ist wieder taufrisch<br />
und knackig, auch wenn das Reper<strong>to</strong>ire voll<br />
gecovert ist. Gleich fünfmal Pretty Things<br />
etwa: “Rosalyn”, “Big City”, “Buzz The<br />
Jerk”, “Midnight To 6” und “Raining In<br />
My Heart”, aber derart klar und entschlackt<br />
gezockt, dass man sie nur als „definitiv”<br />
abnicken kann, dank perfekt arrangierten<br />
g-b-dr-Formats und George Perls unaffektierten,<br />
dosiert aufgerauten Vokaleinsatzes.<br />
Zwei Kracher aus der R&B-Hoch-Zeit der<br />
<strong>Kinks</strong> passsen gut: “I Gotta Move” und “I<br />
Need You Chicago” liefert den Bezug zu<br />
Bielefeld: Achim Reichel schrieb es einst<br />
für die Phan<strong>to</strong>m Bro<strong>the</strong>rs, die („wegen ‘ner<br />
Alten”) dort hängenblieben. Erneut live<br />
ohne hörbares Publikum im Kaskade Beat-<br />
Club in Köln aufgenommen.<br />
(Moonshake, 25 cm-10”-LP, 2013,<br />
12 Tracks) utw<br />
FRANK ZAPPA & MOTHERS<br />
OF INVENTION<br />
UNCLE MEAT + ROXY & ELSE-<br />
WHERE<br />
Das Doppelalbum lb UNCLE MEAT, das<br />
fünfte der Mo<strong>the</strong>rs Of Invention, war einerseits<br />
als Soundtrack für einen nicht zustandegekommenen<br />
Science-Fiction-Film,<br />
anderseits ist es auch Hinwendung zum<br />
ebenfalls 1969 erschienenen Klassiker<br />
HOT RATS zu sehen. Denn die Musik auf<br />
UNCLE MEAT ist deutlich experimenteller<br />
gehalten als die bisherigen Mo<strong>the</strong>rs-<br />
Alben. Die Verballhornung populärer<br />
Musikstile wie Doo-Woop war mehr zugunsten<br />
von Progressive- und Jazz-Rock<br />
gewichen. Trotzdem reichte es für Platz 43<br />
der US-Charts. Beim 1974 erschienenen<br />
zwölften Album der Mo<strong>the</strong>rs, ROXY &<br />
Vinyl<br />
ELSEWHERE, handelt es sich um Livemitschnitte,<br />
die größtenteils einem Auftritt<br />
im Roxy Theatre in Los Angeles entnommen<br />
wurden. Wie für Zappa-Mitschnitte<br />
nicht unüblich, sind fast alle Stücke auf<br />
dem Doppelalbum erstmals zu hören. Einzig<br />
“More Trouble Every Day” stammt<br />
von FREAK OUT!. Musikalisch ist ROXY<br />
& ELSEWHERE Zappas Progressive- und<br />
Jazz-Rock der frühen 70er Jahre verhaftet.<br />
Sehr amüsant sind die Ansprachen an das<br />
Publikum, die verdeutlichen, welch großer<br />
Entertainer Zappa gewesen ist. Beide Neuauflagen<br />
wurden klangtechnisch auf Basis<br />
der Master-Aufnahmen überarbeitet. Bei<br />
UNCLE MEAT stechen noch aufwendiges<br />
Klappcover und Booklet hervor.<br />
(Zappa Records/Universal, 1969,<br />
30/75:57, 1974, 10/67:59) an<br />
CHARLIE MINGUS<br />
TIJUANA MOODS<br />
Mit einer Verzögerung<br />
von fünf Jahren<br />
erschien 1962 eine<br />
für die Zeit außergewöhnliche<br />
Platte.<br />
Charlie Mingus hatte<br />
das traditionelle,<br />
mexikanisch-spanische i i h Liedgut als Basis<br />
genommen und die Stilmerkmale mit<br />
modernem Jazz verknüpft. Ihm zur Seite<br />
standen der versierte Trompeter Clarence<br />
Shaw, der auf der Scheibe eine Meisterleistung<br />
abliefert, und unter anderem Jimmy<br />
Knepper, Danny Richmond und Lonnie<br />
Elder. Ein feuriges “Dizzy Mood”, das<br />
über zehnminütige, rhythmisch vertrackte<br />
“Ysabel’s Table Dance” und ein eher bedächtiges<br />
“Los Mariachis (The Streets <strong>Music</strong>ians)”<br />
stehen für ein auf der ganzen Linie<br />
gelungenes Experiment. Dieses Album<br />
gehört in jede gutsortierte Jazzsammlung.<br />
Die Ausgabe erscheint als audiophil hochwertig<br />
gemasterte 180g-Pressung.<br />
(Speakers Corner Records, 1962,<br />
5 Tracks) at<br />
KRAUTZONE<br />
KOSMISCHE RITUALE<br />
Nomen est omen,<br />
und so verwundert es<br />
kaum, dass die 2011<br />
gegründete<br />
Band<br />
Krautzone guten alten<br />
Kraut rock im Programm<br />
hat. Und auch<br />
der LP-Titel KOSMISCHE RITUALE wurde<br />
mit Bedacht gewählt, hört man doch auch<br />
eine gehörige Portion Space-Rock, wenn<br />
sich der Tonarm auf das wunderschöne,<br />
marmorierte Vinyl legt. Sphärische Syn<strong>the</strong>sizersounds,<br />
Tribal-Schlagzeug und mono<strong>to</strong>ner<br />
Bass, verzerrte Gitarren, elektronische<br />
Improvisationen: Musik mit Sogwirkung.<br />
Natürlich entsteht so etwas nicht aus dem<br />
Nichts heraus, mit Dave Schmidt (aka Sula<br />
Bassana) und Gitarrist Rainer Neef gehören<br />
zwei in der Szene bestens bekannte Musiker<br />
zur sechsköpfigen Besetzung von Krautzone.<br />
Auch klanglich ist die auf 1000 Stück<br />
limitierte LP ein richtiger Leckerbissen, gemastert<br />
von Soundmeister Eroc dröhnen die<br />
krautigen Klänge unglaublich plastisch und<br />
dynamisch aus den Boxen.<br />
(Sulatron Records/Cargo, 2013,<br />
3 Tracks) us<br />
Seite 48 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>
LP<br />
REVIEWS<br />
ZZ TOP<br />
TRES HOMBRES<br />
Was haben die Amis<br />
in den 70er und<br />
80er Jahren nur für<br />
Drecks-Master über<br />
den Teich geschickt?<br />
Oder wie mies haben<br />
die Europäer solche<br />
Knaller wie die 1973er Großtat der „Lil’ Ol’<br />
Band From Texas” gepresst? Dieses Reissue<br />
„cut <strong>from</strong> <strong>the</strong> original analog mastertapes”<br />
jedenfalls klingt unfassbar druckvoller<br />
und knackiger, offener und bissiger<br />
als alte deutsche Pressungen. So muss der<br />
schnörkellose, knallharte Boogie-Blues-<br />
Rock aus der Nadel kommen. Bis auf das<br />
lahme “Hot, Blue And Righteous” drückten<br />
Billy Gibbons, Dusty Hill und Frank Beard<br />
lauter Hochprozenter raus. “La Grange”<br />
reißt noch immer vom Hocker, “Jesus Just<br />
Left Chicago” ist schlicht ein Klassiker und<br />
“Beer Drinkers And Hell Raisers” ein Muss<br />
für jedes Biker-Treffen. Diese Edelausgabe<br />
im Klappcover mit Beilegeblatt ist nicht<br />
billig, aber jeden Cent wert. Cheers.<br />
(Warner, 1973, 10 Tracks)<br />
lbr<br />
LE MUR<br />
SILENTIA NOVA<br />
Henning<br />
Wenske<br />
kreierte das Fantasy-<br />
Coverbild,<br />
Janine<br />
Ficklscherer<br />
(b),<br />
Matthias Gräf (voc,<br />
g, org, sax, Soundeffekte)<br />
und Georgios<br />
Dosis (dr) alias Le Mur sorgen für eindringlich-intensive<br />
Klanggemälde irgendwo<br />
zwischen Space-, Prog-, Psychedelicund<br />
Krautrock und Fusion-, Folk-, Jazz-,<br />
Elektronik- und S<strong>to</strong>nereinstreuungen. Eigenwillig,<br />
eigenständig, durchaus sperrig,<br />
zeitweise schräg tönt das seit 2006<br />
bestehende Trio aus Bochum auf seinem<br />
zweiten Album, das es vorerst nur auf Vinyl<br />
gibt (die Erstauflage von 500 Exemplaren<br />
erscheint farbig). Der Erstling, der<br />
bei einem UK-Label erscheinen sollte,<br />
ist übrigens noch nicht erhältlich. Musik<br />
ohne Rücksicht auf Verluste, sprich den<br />
Mainstream, die sich nicht anbiedert.<br />
Ärgerlich: Auf der Coverrückseite fehlt<br />
beim Tracklis ting der dritte Song, “Ghost<br />
Track”.<br />
(Sireena/Broken Silence, 2013,<br />
7 Tracks) pro<br />
GOMORRHA<br />
TRAUMA + I TURNED TO SEE<br />
WHOSE VOICE IT WAS<br />
Erhebliches Ehbli h Durchhaltepotenzial t l zeigte<br />
diese Kölner Band, bei der bereits 1969<br />
der später bei der Boogie Woogie Company<br />
bekannte Gitarrist Ali Claudi spielte:<br />
Neben dem Klampfkollegen Ad Ochel<br />
sowie Helmut Pohl (dr) und Eberhard<br />
Krietsch (b, org) war das Album TRAU-<br />
MA bereits einmal mit deutschen Texten<br />
aufgenommen worden. Immer interes-<br />
sant, aber flach produziert, noch unter<br />
starkem Einfluss der Beatles & Co. Dazukam:<br />
Man ahnte kaum, wohin es gesanglich<br />
mit der Hauptmelodie ging. Diese<br />
Schwächen glich das mit englischen<br />
Texten generalüberholte Material auf der<br />
BASF-LP gleichen Titels 1971 aus: Im<br />
Vergleich dynamischer und räumlicher<br />
von Conny Plank aufgenommen, diesmal<br />
mit progressiverer, gewagterer Spielweise.<br />
Dies wurde bei I TURNED TO<br />
SEE in Hamburg rhythmisch weiterentwickelt<br />
– gleich “Dance On A Volcano”<br />
klingt, als jamme Gentle Giant mit Paul<br />
Kossoff; Mike Eulner addiert einen 1-A-<br />
Bass! Dominiert wird oft durch Krietschs<br />
Hammond, viel dramatischer und Apokalypse-drohender<br />
als bei den Mitbewerbern<br />
Frumpy. Inzwischen war man beim<br />
kultigen Brain-Label, aber den Profistatus<br />
konnten die Bandmitglieder nicht halten.<br />
Split. Schade. Auch als CDs erhältlich.<br />
(Long Hair <strong>Music</strong>, 1969–1970, 1972,<br />
9+9 Tracks, 6 Tracks) utw<br />
MILLER ANDERSON<br />
BLUESHEART<br />
Strikt limitiert auf<br />
weltweit 750 Exemplare<br />
ist das blaue<br />
Vinyl, auf dem<br />
Miller<br />
Anderson<br />
Ende letzten Jahres<br />
sein 2003er Album<br />
BLUESHEART<br />
wiederveröffentlicht hat.<br />
Zusammen mit John Price (b), Norman<br />
Beaker (g), Paul Burgess (dr) und Dave<br />
Baldwin (keys) – einmal auch mit Jon<br />
Lords Hammondorgel im Rücken – präsentiert<br />
der schottische Gitarrist und Sänger<br />
auf diesem Album klassische Blues-<br />
Rockkost. Vor allen fällt auf, wie viel Zeit<br />
er seinen Songs zur Entwicklung gibt,<br />
fünf Minuten “House Of The Rising Sun”,<br />
sieben Minuten “High Tide And High<br />
Water”, acht Minuten “Runnin’ Blues”,<br />
mit “Smokestack Lightnin’/Wang Dang<br />
Doodle” eine zehnminütige Hommage an<br />
Howlin’ Wolf: So erhält die Musik den<br />
Raum, den sie benötigt. Auch klanglich<br />
kommt diese Analogausgabe <strong>to</strong>p daher,<br />
was vor allem Andersons groovenden Gitarrenklängen<br />
zugute kommt.<br />
(MiG/Cargo, 2003, 8 Tracks) us<br />
MICHAEL SCHENKER’S<br />
TEMPLE OF ROCK<br />
BRIDGE THE GAP<br />
Parallel zur CD<br />
bringt inakustik<br />
Michael Schenkers<br />
neuestes Opus auch<br />
in Schwarz, dem<br />
aktuellen Trend<br />
dankenswerterweise<br />
folgend. Mit der ehemaligen Scorpions<br />
Rhythm-Section Herman Rarebell<br />
(Drums) und Francis Buchholz (Bass) hat<br />
der deutsche Top-Gitarrero seinen Temple<br />
Of Rock gebaut, dem Shouter Doogie<br />
White das vokale Fundament verleiht<br />
und Keyboarder/Gitarrist Wayne Findlay<br />
den Farbanstrich. Heraus aus dem Tempel<br />
kommt eine richtig gute Hard-Rockscheibe,<br />
der Schenker mit seinem intelligenten,<br />
melodischen Spiel die Lichter<br />
aufsetzt. Der Au<strong>to</strong>r hat zwar seine Zwei-<br />
Vinyl<br />
fel, ob der gute alte Herman The German<br />
alle Double-Bass-Sechzehntel in den<br />
Uptempo-Nummern in die Fußmaschinen<br />
getreten hat, und auch der Sound kommt<br />
zeittypisch doch herb komprimiert, aber<br />
die Kritik verstummt angesichts solch bärenstarker<br />
Songs wie “Rock’n’Roll Symphony”.<br />
Schenker ist und bleibt, wenn<br />
psychisch und physisch stabil, eine Ausnahmeerscheinung.<br />
(inakustik, 2013, 12 Tracks)<br />
lbr<br />
ROBERT GORDON<br />
ROBERT GORDON WITH LINK<br />
WRAY + FRESH FISH SPECIAL<br />
Mit diesen beiden End-70er-LPs d70 hat htsich<br />
ih<br />
Bear Family zwei legendäre Rockabilly-<br />
Scheiben zur Wiederveröffentlichung<br />
ausgesucht – und dabei diese Aufgabe<br />
mit Bravour gelöst. Mit Remaster-Unterstützung<br />
von Pauler Acoustics wurden die<br />
180g-Vinylscheiben bei Pallas in Diepholz<br />
gepresst, beeindrucken durch ungemein<br />
druckvollen und erdigen Klang. Ideal dazu<br />
passend natürlich die Songauswahl des<br />
1977er Debüts ROBERT GORDON WITH<br />
LINK WRAY, bei dem sich Sänger Gordon<br />
und Gitarrist Wray mit Songs wie “Red<br />
Hot”, “Summertime Blues” oder “Boppin’<br />
The Blues” bei glorreicher (Rockabilly-)<br />
Vergangenheit bedienten. Auch auf dem<br />
ein Jahr später veröffentlichten FRESH<br />
FISH SPECIAL klappt dieser Mix aus Alt<br />
und Neu hervorragend, besonders da die<br />
beiden Protagonisten mit ihrer Begleitband,<br />
den Wildcats, mit den Jordanaires<br />
sowie mit Bruce Springsteen (der extra<br />
für dieses Album den Song “Fire” komponierte)<br />
noch hochkarätige Mitstreiter<br />
gefunden hatten. Zwei Bonus-Tracks: die<br />
Singleversion von “Fire” sowie das von<br />
Huey Smith geschriebene “Sea Cruise”.<br />
(Bear Family, 2013, 1977, 12 Tracks,<br />
1978, 11 Tracks) tk<br />
ELVIS PRESLEY<br />
HIS HAND IN MINE<br />
Als Jerry Lee Lewis<br />
in den Siebzigern<br />
den Gospel für sich<br />
entdeckte,<br />
stand<br />
Elivs’ musikalisches<br />
Bekenntnis zu dem<br />
religiös-spirituellen<br />
Stil schon seit über einer Dekade in den<br />
Regalen der Plattenläden. HIS HAND IN<br />
MINE zeichnet ein intimes Porträt des<br />
King, fernab von Rock’n’Roll-Ausbrüchen<br />
und Macho-Allüren. Unterstützt von<br />
einem Chor singt Presley – den der Gospel<br />
schließlich zu seiner eigenen Musik brachte<br />
– mit einem so tiefgreifenden Gefühl,<br />
dass sich sogar Kritiker der Jetztzeit davon<br />
beeindrucken lassen. Tracks wie “His<br />
Hand In Mine”, “In My Fa<strong>the</strong>r’s House”<br />
oder “Working On The Building” wirken<br />
so au<strong>the</strong>ntisch, dass schnell die Frage aufkommt,<br />
ob der Rock’n’Roll beim King<br />
eher an zweiter Stelle kam. Empfehlung!<br />
(Speakers Corner, 1961, 12 Tracks) at<br />
Visit <strong>the</strong> official band website:<br />
www.barclayjamesharvest.com<br />
N O R T H<br />
NEW STUDIO ALBUM<br />
AVAILABLE IN THREE FORMATS<br />
Single Disc Edition<br />
Deluxe 2CD Digi-Pack<br />
Bonus CD featuring highlights of <strong>the</strong>ir concert<br />
at Bux<strong>to</strong>n Opera House - February 2011<br />
Limited Edition Vinyl LP<br />
Gatefold sleeve 180g Vinyl<br />
“North is an album that respects<br />
all <strong>the</strong> melodic traditions of BJH.<br />
With this album <strong>the</strong> time-honoured<br />
BJH sound finds a new voice<br />
and momentum”<br />
PROG MAGAZINE<br />
November 2013<br />
<strong>GoodTimes</strong> 1/2014 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 49<br />
For information on all Esoteric Antenna releases<br />
please visit: www.esotericrecordings.com
CD<br />
REVIEWS<br />
BRYAN LEE<br />
PLAY ONE FOR ME<br />
Auf seinem Labeldebüt für Severn Records<br />
präsentiert Bryan Lee in einem hälftigen<br />
Mix aus Eigenkompositionen und Covers<br />
zehn Songs, die sich vornehmlich im Spannungsfeld<br />
von klassischem Soul und der<br />
eleganten Variante des urbanen Blues à la<br />
B.B. King bewegen. Dabei lässt seine Performance<br />
zugleich immer wieder Anklänge<br />
an den Gitarren- wie Gesangsstil eben jenes<br />
„King Of The Blues” erkennen, doch<br />
auch das rauere Idiom des Chicago-Blues<br />
ist Lee keineswegs fremd, wie etwa seine<br />
Interpretation der einst von Howlin’ Wolf<br />
eingespielten Willie-Dixon-Komposition<br />
”Evil” mit Gastauftritt von T-Birds-Harper<br />
Kim Wilson unterstreicht. Insgesamt ein<br />
überzeugendes Alterswerk des auf Grund<br />
seiner Erblindung auch als „Braille Blues<br />
Daddy” firmierenden 70-Jährigen aus dem<br />
musikalischen Schmelztiegel New Orleans.<br />
(Severn/inakustik, 2013, 10/43:43) ms<br />
PAUL CARRACK<br />
RAIN OR SHINE<br />
Egal, ob Mike &<br />
The<br />
Mechanics,<br />
Eric Clap<strong>to</strong>n, Ace<br />
oder Squeeze, letztendlich<br />
profitierten<br />
alle Acts, denen<br />
Paul Carrack seine<br />
Soul-weiche Stimme lieh, von deren unglaublicher<br />
Qualität. Seit längerer Zeit ist<br />
er auch unter eigenem Namen unterwegs,<br />
veröffentlicht auch immer wieder als Solokünstler.<br />
RAIN OR SHINE heißt das<br />
neueste Werk in dieser Reihe, und schon<br />
jetzt darf man es als eines seiner cleversten<br />
bezeichnen. Clever daher, weil es ihm darauf<br />
gelingt, selbst verfasste Songs und<br />
Interpretationen altbekannter Klassiker so<br />
miteinander zu verweben, dass unter dem<br />
Strich ein schlüssiges – und vor allem<br />
klasse klingendes – Album herauskommt.<br />
“Hard Times (No One Knows Better Than<br />
I)” hat er sich von Ray Charles ausgeborgt,<br />
“(If Loving You Is Wrong) I Don’t To Be<br />
Right” von Lu<strong>the</strong>r Ingram, für den Titelsong<br />
“Come Rain Or Come Shine” wandelt<br />
er auf den Spuren von Ella Fitzgerald,<br />
Frank Sinatra und Billie Holiday. Und<br />
dass seine eigenen Songs gegenüber diesen<br />
Vorlagen nicht abfallen, zeigt einmal<br />
mehr, welch Klasse Paul Carrack auch als<br />
Songwriter auszeichnet.<br />
(Carrack UK/H’Art, 2013, 10/35:30) tk<br />
MATT SCHOFIELD<br />
FAR AS I CAN SEE<br />
Matt Schofield gehört zu den zahlreichen<br />
Gitarristen und Songschmieden der britischen<br />
Blues-Rockszene, die sich in den<br />
letzten Jahren mit reichlich Alben und<br />
Tourneen auch hier zu Lande profiliert<br />
haben. Drei British Blues Awards als bester<br />
Gitarrist hintereinander (2010–2012)<br />
haben sein Schaffen gewürdigt. Von den<br />
meisten Kollegen unterscheidet er sich<br />
vor allem dadurch, dass er reichlich Jazz<br />
und gelegentlich R&B in seine Songs einfließen<br />
ließ und lässt. So auch auf seinem<br />
neuem Werk FAR AS I CAN SEE, seinem<br />
fünften Studio-Album, das streckenweise<br />
auch auf überraschend traditionellen<br />
Blues-Pfaden wandelt. Bestechend – neben<br />
dem Zusammenspiel mit der Orgel –<br />
ist einmal mehr sein melodisch-flüssiges<br />
wie gefühlvolles und ausdrucksstarkes<br />
Saitenspiel über den groovy Rhythmen seiner<br />
Begleitband. Der Mann hat die Lektion<br />
gelernt, dass weniger oft mehr ist. Wenn<br />
man Vergleiche anstellen will, dann am<br />
ehesten den mit Snowy White, der ähnlich<br />
eigenständig und facettenreich agiert.<br />
(Mascot/Rough Trade, 2014,<br />
11/61:26) pro<br />
THE FOUR TOPS<br />
INDESTRUCTIBLE – EXPANDED<br />
EDITION<br />
Mit ihrem Mix aus<br />
Doo-Wop,<br />
Soul,<br />
R&B und Disco waren<br />
die Four Tops<br />
von Mitte der 60er<br />
bis Anfang der 80er<br />
verlässliche<br />
Hitgaranten<br />
für Mo<strong>to</strong>wn und ABC, 1988<br />
nahmen sie mit INDESTRUCTIBLE ihr<br />
einziges Album für Arista auf. Mit unterschiedlichen<br />
Produzenten versuchte die<br />
Originalbesetzung – Duke Fakir, Lawrence<br />
Pay<strong>to</strong>n, Levi Stubbs und Obie Benson –<br />
des legendären Quartetts, noch einmal voll<br />
durchzustarten, von Aretha Franklin und<br />
Kenny G (“If Ever A Love There Was”)<br />
sowie Clarence Clemons (“The Sun Ain’t<br />
Gonna Shine”) wurden sie dabei prominent<br />
unterstützt, als größter Erfolg des Albums<br />
stellte sich im Nachhinein das von<br />
Phil Collins mitverfasste “Loco In Acapulco”<br />
(UK#7) heraus. Dementsprechend gibt<br />
es diesen Song auf der remasterten Expanded<br />
Edition auch neben dem Original noch<br />
in vier weiteren Versionen zu hören, dazu<br />
noch die Maxi-Singles von “The Four Of<br />
Us” und “Indestructible”.<br />
(Cherry Red/Rough Trade, 1988,<br />
15/77:12) us<br />
DR. WU’ & FRIENDS<br />
HANGIN’ WITH DR. WU’ –<br />
TEXAS BLUES PROJECT VOL. 4<br />
Gitarrist Buddy Whitting<strong>to</strong>n (John<br />
Mayall’s Bluesbreakers), Keyboarder<br />
Red Young (Eric Burdon) sowie die fünf<br />
Backgroundstimmen von The Walker Effect,<br />
das sind die „Friends”, die sich Jim<br />
Ashworth und Bryan Freeze (aka Dr. Wu’)<br />
für die vierte Auflage ihres Texas Blues<br />
Projects ins Studio eingeladen haben. Und<br />
auch wenn die beiden auf dem Cover mit<br />
dem Strick schon am Galgen befestigt<br />
sind, ist der CD-Titel HANGIN’ WITH<br />
DR. WU’ doch wohl eher im übertragenen<br />
Sinne zu verstehen, wird damit die lockere<br />
Atmosphäre beschrieben, mit der man im<br />
Aufnahmestudio abhing ... und so ganz nebenbei<br />
lässige Texas-Bluessongs entstehen<br />
ließ. Stark auch, dass sie dabei gänzlich<br />
auf (naheliegendes) Fremdmaterial von<br />
Landsleuten wie Stevie Ray Vaughan oder<br />
Johnny Winter verzichteten und alle Songs<br />
selbst schrieben.<br />
(www.TexasBlues.org/Import, 2013,<br />
12/55:49) tk<br />
Blues – R&B – Soul – Funk – Reggae<br />
VARIOUS ARTISTS<br />
NEW ORLEANS FUNK 3<br />
New Orleans war für die Entwicklung<br />
des Funk so wichtig wie kaum eine andere<br />
Stadt. Hier im kulturellen Schmelztiegel<br />
am Delta trafen Jazz, Blues, Mambo<br />
und Mardi Gras zusammen; hier wurde<br />
der synkopierte perkussive Second-Line-<br />
Beat perfektioniert, der den Funk erst so<br />
unwiderstehlich macht. Das Londoner<br />
SoulJazz-Label dokumentiert nun in der<br />
mittlerweile dritten Folge seiner hervorragenden<br />
Serie NEW ORLEANS FUNK<br />
die Einzigartigkeit der groovigen Musik<br />
aus der Mississippi-Metropole. Versammelt<br />
sind Interpreten wie u.a. Lee Dorsey<br />
& The Meters (“What You Want”), Allen<br />
Toussaint (“We The People”), The Dixie<br />
Cups (“Two-Way-Pocky-Way”), The Dirty<br />
Dozen Brass Band (“Do It Fluid”) sowie<br />
Professor Longhair (“Go To The Mardi<br />