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Interview En Vogue - Frau Kruger (Vorschau)

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april 2013<br />

6 Euro<br />

04<br />

4 192449 106002<br />

<strong>En</strong> <strong>Vogue</strong><br />

<strong>Frau</strong> kruGer<br />

Spring Break mit Selena Gomez<br />

Die wundersame Welt der Isa Genzken<br />

ein Gespräch mit David BoWIe<br />

Hedi Slimanes muse Sky FerreIra<br />

… und der Abschlussball der deutschen Filmprominenz


april 2013<br />

6 Euro<br />

WHo’S<br />

Sky<br />

THaT<br />

GIrl?<br />

04<br />

4 192449 106002<br />

Ferreira<br />

Spring Break mit Selena Gomez<br />

Die wundersame Welt der Isa Genzken<br />

ein Gespräch mit David BoWIe<br />

Deutschlands französischster Hollywoodstar Diane kruGer<br />

… und der Abschlussball der deutschen Filmprominenz


WWW.CELINE.COM


- AR 1673<br />

- AR 1673<br />

AR 1667 - AR 1670<br />

AR 1667 - AR 1670


inhalt<br />

April 2013<br />

stArt<br />

sMAll tAlK<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten:<br />

Anita EKBERG, Jane FONDA, James FRANCO, PHOENIX,<br />

Olav HEYERDAHL & Katherine BOO<br />

Seite 27<br />

Foto ralph mecKe<br />

Styling KlauS StocKhauSen<br />

Kleid john Galliano<br />

Schuhe y-3<br />

FaShion: die Kleider deS SommerS<br />

sUpErstArs<br />

Auf dem Weg nach vorn: Der Musiker RICKY HIL &<br />

die Foodbloggerin AILINE LIEFELD<br />

Seite 32<br />

NAOMi CAMpBEll<br />

trifft die russische Künstlerin AIDAN SALACHOWA<br />

Seite 34<br />

WOW!<br />

Schmuck, Taschen und Uhren – die Gebrauchs anweisung für April<br />

Seite 38<br />

HAiDEr ACKErMANN<br />

im Gespräch mit der Künstlerin Setsuko Klossowska de Rola<br />

Seite 46<br />

DEr sCHWArzE ANzUg<br />

Ein Klassiker neu in Szene gesetzt von Gregory Harris<br />

Seite 50<br />

A.p. C.<br />

Jean Touitou, der umtriebige Chef des französischen Labels<br />

Seite 52<br />

spitzENsCHUHE<br />

Die neuesten High-Heel-Modelle haben Blöcke und Spitzen<br />

Seite 54<br />

sElENA gOMEz & VANEssA HUDgENs<br />

Durchdrehen in Florida: Spring-Break mit den Teenie-Stars aus<br />

dem neuen Film von Harmony Korine<br />

Seite 64<br />

NOW!<br />

Neue Filme und Serien, gute Bücher, interessante Ausstellungen<br />

Seite 68<br />

KENDriCK lAMAr<br />

Die Welt feiert den Erneuerer des HipHops. Wir auch!<br />

Seite 70<br />

pEtEr DiNKlAgE<br />

In der HBO-Serie Game Of Thrones spielt er den König der Herzen.<br />

Verzaubert hat der Emmy-Gewinner auch SIBEL KEKILLI<br />

Seite 72<br />

Sky Ferreira<br />

Foto hedi Slimane<br />

diane <strong>Kruger</strong><br />

Foto marKuS janS<br />

Styling KlauS StocKhauSen<br />

overall chanel<br />

13<br />

BEAUtY<br />

INSPIRATION:<br />

Love is in the HAIR<br />

Seite 56<br />

KOLUMNE:<br />

Naturkosmetik<br />

Seite 61<br />

NEWS:<br />

Deutsche Düfte, Cleanser, Sonnenluxus<br />

Seite 62


STORIES<br />

SKY FERREIRA<br />

Sie ist die Muse von Hedi Slimane. Michael Jackson schickte sie<br />

in den Gospelchor. Ihr Geld verdient sie als Model. Terry<br />

Richardson dreht Videos mit ihr. Joints raucht sie mit Snoop.<br />

Und Weihnachten feiert sie mit Elton John. Who’s that girl?<br />

Von JÖRG HARLAN ROHLEDER<br />

Seite 76<br />

inhalt<br />

FAShIOn I<br />

ULTRAVOX<br />

Fotografiert von RALPH MECKE<br />

Seite 86<br />

DAVID BOWIE<br />

Where are we now?<br />

Wir bedanken uns beim großen Doyen der Popmusik für<br />

sein 24. Album mit diesem Gespräch aus dem Jahr 1978,<br />

als Berlin noch geteilt war und Bowie gerne in Schöneberg<br />

saß und ein Glas Milch trank<br />

Von LISA ROBINSON<br />

Seite 94<br />

ISA G<strong>En</strong>ZK<strong>En</strong><br />

Sie hat Minimal Art oder Bauhausarchitektur radikal umgedeutet<br />

und wird in diesem Herbst mit einer Ausstellung im MoMA<br />

geehrt. Ein Gespräch über Holz und Visionen<br />

Von DOMINIC EICHLER<br />

Seite 102<br />

FAShIOn II<br />

THE SOUND OF NEW YORK<br />

Fotografiert von DAVID ARMSTRONG<br />

Seite 108<br />

DIAnE KRUGER<br />

Unsere erfolgreichste <strong>Frau</strong> in Hollywood tanzte erst Ballett,<br />

bevor sie als Model zum französischen Film kam. Jetzt erzählt<br />

sie, wo sie schläft, wenn sie zu Gast in Deutschland ist,<br />

und wie sie sich mit Außerirdischen versteht<br />

Von HARALD PETERS<br />

Seite 118<br />

JR<br />

Der Franzose JR schreit seine Gesichter hinaus in die Welt und<br />

plakatiert sie überlebensgroß gegen die Kultur des Wegsehens.<br />

Sein Material: Menschen, Papier, Kleber. Seine Leinwand:<br />

Die Wände, Dächer, Brücken und Züge<br />

Von JÖRG HARLAN ROHLEDER<br />

Seite 126<br />

KURZGESchIchTE<br />

Magst du mich eigentlich?<br />

Von MAXIM BILLER<br />

Seite 132<br />

PORTFOLIO<br />

Nach der Berlinale ist vor der Berlinale. Der Abschlussball<br />

der deutschen Filmstars. Bitte einmal abklatschen<br />

Fotografiert von JONAS LINDSTRÖM<br />

Seite 134<br />

foto marKUs jans<br />

styling KlaUs stOcKhaUsen<br />

Kleid chanel<br />

Diane KrUGer, DeUtschlanDs<br />

französischster hOllYWOODstar<br />

PS<br />

PARTY<br />

Berlinale,<br />

ALL IS PRETTY-Lounge,<br />

1 Jahr INTERVIEW,<br />

Gucci goes <strong>Interview</strong>,<br />

Soho House<br />

Seite 152<br />

FLAShBAcK<br />

Madonna<br />

Seite 162<br />

Von links nach rechts:<br />

Volker Bruch: anzug hUGO, hemd Kris Van assche, schuhe<br />

GiOrGiO armani. miriam stein: Kleid KaViar GaUche. Yara Dib: Kleid<br />

KaViar GaUche. Wyn Davies: trainingsanzug aDiDas OriGinals,<br />

t-shirt leVi’s, sneakers niKe, Kette priVat. rolf eden: hemd jil sanDer,<br />

restliche Kleidung priVat. Karoline schuch: Kleid h&m cOnsciOUs<br />

exclUsiVe cOllectiOn, armreif tiffanY & cO. trystan pütter: anzug,<br />

hemd & schuhe GiOrGiO armani, Krawatte BUrBerrY<br />

all is prettY<br />

foto jOnas linDström, fashion Director<br />

KlaUs stOcKhaUsen, styling niKi paUls<br />

15<br />

eDitOriAl s. 19<br />

impressUm s. 20<br />

mitArBeiter s. 24<br />

ABOnnement s. 157<br />

herstellernachWeis s. 160


Das Original - Der KOffer mit Den rillen<br />

1950 bringt RIMOWA den ersten Koffer mit den unverwechselbaren Rillen heraus. Seitdem hat sich dieser zu einem Kultobjekt<br />

entwickelt. Das original Reisegepäck von RIMOWA hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Es bleibt die Wahl all derer,<br />

die das Außergewöhnliche suchen - wie Alessandra Ambrosio und Johannes Huebl.<br />

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www.rimowa.com


editoriAl<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

es gibt dieses Versprechen, das so oberflächlich ist wie eine Discokugel und<br />

so alt wie Popmusik selbst. Mit ihm beginnt das Märchen des Mädchens,<br />

das auszieht, die Welt zu erobern. Und diesem Versprechen widmen wir unser<br />

Gespräch mit Sky Ferreira, Musikerin, Model, Muse, fotografiert wurde<br />

Sky übrigens von Hedi SliMane. (Seite 76)<br />

auch Diane KrUGerS Weg nach oben gestaltete sich ähnlich verschlungen:<br />

Bevor sie Deutschlands französischster Hollywoodstar wurde, strebte sie eine<br />

Karriere als Ballerina an. als der Traum sich nicht realisieren ließ, wurde<br />

KrUGer kurzerhand ein überaus erfolgreiches Model, um sich anschließend<br />

aus langeweile als Schauspielerin neu zu erfinden – in Frankreich und amerika<br />

wohlgemerkt, in einer deutschen Produktion hat Diane KrUGer bis heute<br />

nicht gespielt. (Seite 118)<br />

als wir im vergangenen Jahr Harmony KorineS neuen Film Spring Breakers<br />

in Venedig anschauen durften, bebte der lido. Pünktlich zur Deutschlandpremiere<br />

sprachen wir mit Selena GoMez und Vanessa HUDGenS und<br />

stellten mal wieder erleichtert fest: Das Herz der Celebrity­Kultur ist keineswegs<br />

dunkel, sondern vielmehr neonpink, ­gelb und ­grün. (Seite 64)<br />

Farbenfroh mag es auch der große Doyen des Pop: zehn Jahre hat uns David<br />

BoWie warten lassen, bis wir wieder einen Blick in seine Wunderkammer<br />

werfen durften. zwar verweigerte er die Mitarbeit an der großen Bowieretrospektive,<br />

die derzeit das londoner Victoria & albert Museum zum größten<br />

Hard­rock­Café der Welt werden lässt, stattdessen entschied er, einfach mal so,<br />

ohne Getrommel und Trara, ein neues album zu veröffentlichen. (Seite 94)<br />

Where Are We Now? heißt die erste Single daraus, ein Titel, den auch wir als<br />

aufforderung zur Bestandsaufnahme verstehen dürfen.<br />

Wo stehen wir?<br />

Welche Versprechen lohnen?<br />

Was ist wichtig? Was egal?<br />

nehmen Sie sich die zeit.<br />

Herzlichst<br />

Ihr Jörg Harlan Rohleder<br />

19


Chefredaktion Jörg Harlan RoHledeR<br />

Executive Editor Adriano SAck<br />

Art Director Mike MeiRé<br />

Fashion Director klaus StockHAuSen<br />

Photography Director Frank Seidlitz<br />

Senior Editor Harald PeteRS<br />

Editors Heike BlüMneR, laura eweRt, Beauty Editor Bettina BRenn<br />

Assistant Photography dorothea FiedleR, Assistant Fashion caroline leMBlé<br />

Assistant Editorial Rebecca HoFFMAnn<br />

International Fashion Director Julia von BoeHM<br />

International Editor at Large naomi cAMPBell<br />

International Editor Aliona doletSkAyA<br />

Art<br />

tim GieSen<br />

Hannes AecHteR, Agnes GRüB<br />

digital<br />

Editor nina ScHolz<br />

Intern Hella ScHneideR<br />

Managing Editor und Chef vom Dienst Silke Menzel<br />

Textchefin elisabeth ScHMidt<br />

Schlussredaktion Ralph ScHünGel, kerstin SGoninA<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Maxim BilleR, ludger BooMS, Vanessa cHow, Gro cuRtiS,<br />

dominic eicHleR, Sarah elliSon, Adrian Fekete, katharina GRoSSe,<br />

Sönke HAllMAnn, Friederike JunG, Sibel kekilli,<br />

Setsuko kloSSowSkA de RolA, Jessica Mycock, niki PAulS,<br />

ingrid SiScHy, Stelli, isabelle tHiRy<br />

Fotografen dieser Ausgabe<br />

david ARMStRonG, Maxime BAlleSteRoS, Anna BAueR, christian FeRRetti,<br />

Robbie FiMMAno, Jesse FRoHMAn, Gregory HARRiS, Markus JAnS,<br />

karl Anton koeniGS, Jonas lindStRoeM, Sebastian MAdeR, Michael MAnn, oliver MARk,<br />

Ralph Mecke, dan Monick, Marlen MuelleR, Markus PRitzi, terry RicHARdSon,<br />

Johan SAndBeRG, Hedi SliMAne, wolfgang tillMAnS<br />

Produktion<br />

Lithografie MAx-coloR, wrangelstraße 64, 10997 Berlin<br />

Druck MoHn MediA MoHndRuck GMBH, carl-Bertelsmann-Straße 161 M, 33311 Gütersloh<br />

Manufacturing Director oleg noVikoV<br />

Verantwortlich für den redaktionellen inhalt<br />

Jörg Harlan RoHledeR<br />

Board of directors interview Publishing House Germany<br />

Vladislav doRonin, Bernd RunGe<br />

BMP Media Holdings, llc<br />

Chairman Peter M. BRAnt<br />

www.iNterview.De<br />

20


Herausgeber und Geschäftsführer Bernd runge<br />

Publishing Director Anja Schwing<br />

Anzeigen<br />

Sales Director (Nielsen I, II, IIIa, V, VI, VII) iris gräBner<br />

Tel.: 030/2000 89-120, iris.graebner@atelier-publications.de<br />

Sales Director (Nielsen II, IIIb, IV, Österreich) Tanja SchrADer<br />

Tel.: 089/35 63 77 44, tanja.schrader@atelier-publications.de<br />

Frankreich Valérie DeSchAMPS-wrighT<br />

escalier D, 2 étage gauche, 25–27 rue Danielle casanova, 75001 Paris<br />

Tel.: 00 33/6/04 65 26 51, valerie.deschamps-wright@interviewint.com<br />

Italien Fabio MonToBBio<br />

rock Media, Largo cairoli, 2, 20121 Mailand<br />

Tel.: 00 39/02/78 26 08, info@rockmedia.it<br />

Advertising Service Manager Jacqueline ZioB (Ltg.), Susann BuchroTh<br />

Tel.: 030/2000 89-121, jacqueline.ziob@atelier-publications.de<br />

Project Manager Marketing & PR charlotte wieDeMAnn<br />

Project Manager Sales & Special Projects wilkin SchrÖDer<br />

Interns eva BAureiS, Kara woLF<br />

Assistenz Kathleen MASSierer, Tel.: 030/2000 89-165<br />

IT Manager Patrick hArTwig<br />

Office Manager hilko renTeL<br />

Verantwortlich für Anzeigen<br />

Atelier Publications Deutschland gmbh & co. Kg<br />

Mommsenstraße 57, 10629 Berlin<br />

Tel.: 030/2000 89-0, Fax: 030/2000 89-112<br />

Geschäftsführer Anja Schwing<br />

Vertrieb<br />

Pressup gmbh, Postfach 701311, 22013 hamburg<br />

vertrieb@pressup.de<br />

einzelheftbestellungen<br />

Preise, Verfügbarkeit und Bestellungen unter www.interview.de/einzelheft,<br />

bei weiteren Fragen Tel.: 030/2000 89-164<br />

Abonnements<br />

Jahresabonnement: 40 euro inkl. 7 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

Digitales Abonnement: 30 euro inkl. 19 % MwSt. (10 Ausgaben)<br />

interview-Leserservice, Pressup gmbh, Postfach 701311, 22013 hamburg<br />

abo@interview.de, Tel.: 0 40/41 448-480<br />

interview erscheint zehnmal im Jahr in der interview Ph gmbh.<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Januar 2013.<br />

Alle rechte vorbehalten.<br />

Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird<br />

keine haftung übernommen.<br />

Andy warhol’s interview (TM). All rights reserved.<br />

interview germany is published under a sublicense from LLc Publishing house interview;<br />

interview is a registered trademark of interview inc.<br />

reproduction in any manner in any language in whole or in part<br />

without prior written permission is prohibited.<br />

interview Ph gmbh, Mommsenstraße 57, 10629 Berlin, Tel.: 030/2000 89-0<br />

22


MITARBEITER<br />

www.eliesaab.com<br />

Hedi SLIMANE<br />

Er ist der erste Kreativdirektor in der Geschichte von<br />

Yves Saint Laurent, der die Geschicke des französischen<br />

Modehauses aus dem fernen Los Angeles lenkt<br />

und dem zudem gestattet wurde, den geschichtsträchtigen<br />

Namen der Kollektionen zu Saint Laurent zusammenzukürzen.<br />

Hedi Slimane, 44, zieht es oft an<br />

Orte, bei denen andere nicht im Traum auf die Idee<br />

kämen, dass sie etwas mit Mode zu tun haben. Seine<br />

Streetcastings in Berlin vor gut zehn Jahren sind inzwischen<br />

legendär, und der dazugehörige Bildband ist<br />

längst vergriffen. Dabei gilt stets die Faustregel: Wen<br />

Slimane vor die Kamera bittet, der wird gesehen. Fast<br />

schon habituell befördert er Talente, Musiker und<br />

Models, aus der Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit.<br />

Sky Ferreira, die Slimane für diese Ausgabe<br />

fotografiert hat, vereint von all dem etwas. Ihr<br />

Stern, so viel ist sicher, wird leuchten.<br />

Seite 76<br />

Markus JANS<br />

Diane <strong>Kruger</strong> und der Fotograf Markus Jans, 45, trafen<br />

sich an einem kalten Morgen im Februar für unser<br />

Shooting in einem Berliner Parkhaus. Der ehemalige<br />

Assistent von Nan Goldin, der schon Models auf<br />

Gletscher schickte, fand die Begegnung erfreulich unkompliziert.<br />

Sein eigenes unkompliziertes Motto:<br />

„Selbst Porträts, bei denen man nur fünf Minuten hat,<br />

können spannend sein.“ Bei Diane <strong>Kruger</strong> hatte er<br />

wesentlich mehr Zeit. Und ob er nun Stars wie Christoph<br />

Waltz oder eine Fashion-Strecke fotografiert:<br />

Jans benötigt Freiraum, damit niemand in festgefahrene<br />

Posen verfallen muss.<br />

Seite 118<br />

Jonas LINDSTRÖM<br />

Fünf Tage lang ging es im Fotostudio unserer All is<br />

pretty-Lounge während der Berlinale zu wie im Taubenschlag<br />

des deutschen Films: Von Iris Berben über<br />

Nora von Waldstätten bis Lars Eidinger und Florian<br />

David Fitz kamen sie alle, um sich von Jonas Lindström,<br />

24, fotografieren zu lassen. Lindström, der unter<br />

anderem auch für Wallpaper, Dazed & Confused und<br />

die Label Costume National und Kostas Mur kudis<br />

arbeitete, betrat mit dieser Herausforderung Neuland:<br />

„So schnell musste ich noch nie arbeiten. Fast<br />

stündlich kam jemand Neues, auf den ich mich einstellen<br />

musste.“ Das hat Jonas mit seiner ihm eigenen<br />

Lässigkeit hervorragend getan.<br />

Seite 134<br />

Sibel KEKILLI<br />

Sie hatte schon immer eine eigene Vorstellung von<br />

dem, was geht und was nicht. Sibel Kekilli, 32, ist aus<br />

Heilbronn geflüchtet, hat die Schauspielschule verweigert<br />

und seitdem zweimal den Deutschen Filmpreis<br />

gewonnen. 2004 für Gegen die Wand und 2010<br />

für Die Fremde. Mittlerweile gehört sie als Sarah<br />

Brandt zum festen <strong>En</strong>semble des Kieler Tatorts und<br />

ist, viel besser noch, einer der Stars der großartigen<br />

HBO-Serie Game Of Thrones. Darin gibt sie die Rolle<br />

der Shae, die geheimnisvolle Geliebte des kleinwüchsigen<br />

Edelmanns Tyrion Lannister, der von Peter<br />

Dinklage gespielt wird. Als man ihr die Rolle angeboten<br />

hat, lehnte Kekilli zunächst ab und lenkte nur<br />

nach beharrlichem Insistieren der Macher der Serie<br />

ein. Als wir sie baten, Peter Dinklage zum Start der<br />

dritten Staffel für uns zu interviewen, sagte sie hingegen<br />

ohne zu zögern zu.<br />

Seite 72<br />

Dominic EICHLER<br />

Der gebürtige Australier mit Wohnsitz in Berlin ist<br />

Kunstkritiker beim Magazin Frieze und Gründungsmitglied<br />

bei der Band Dominique, deren Schaffen vom<br />

Fachmagazin Spex als „postmodernpostkoital“ beschrieben<br />

wird. Er ist außerdem Verfasser prägnanter,<br />

melancholischer Gedichte und leitet als Galerist den<br />

Kunstraum Silberkuppe in Berlin-Kreuzberg. Derzeit<br />

ar beitet Eichler, Jahrgang 1966, an einem Dokumentarfilm<br />

über die Künstlerin Isa Genzken und führt von<br />

daher schon aus beruflichen Gründen ausführliche Gespräche<br />

mit ihr. Für <strong>Interview</strong> hat er sich am Rande der<br />

Dreharbeiten noch einmal mit ihr unterhalten.<br />

Seite 102<br />

24<br />

Setsuko KLOSSOWSKA de Rola<br />

Ganz eindeutig: Der Vorname ist japanisch. Nicht<br />

ganz so eindeutig: ob der Adelstitel „de Rola“ wirklich<br />

echt ist. Diesen hat sie, ebenso wie den Namen Klossowska,<br />

von ihrem verstorbenen Mann geerbt, dem<br />

Maler Balthus, mit dem Setsuko Klossowska de Rola,<br />

Jahrgang 1943, über 30 Jahre lang verheiratet war. An<br />

seiner Seite leitete sie unter anderem die Villa Medici<br />

in Rom. Dennoch war sie stets darauf bedacht, ihren<br />

künstlerischen Weg zu gehen: Bis heute ist die Malerin<br />

höchst erfolgreich. Seit 1977 lebt Klossowska<br />

in der Nähe von Gstaad im Grand Chalet, dem mit<br />

60 Zimmern größten Holzhaus der Schweiz. In diesem<br />

befindet sich auch ihr Atelier; die Künstlerin<br />

steht zudem als Ehrenpräsidentin der Balthus-Stiftung<br />

vor. Für uns sprach sie mit dem Designer Haider<br />

Ackermann.<br />

Seite 46<br />

Fotos: Yves Saint Laurent via Getty Images; Juri Reetz/dpa Picture-Alliance; Oliver Mark; privat (3)


©T&CO. 2013<br />

PEOPLE<br />

SmalltALK<br />

Kleine Gespräche mit großen Leuten:<br />

Anita EKBERG, Jane FONDA, James FRANCO, PhOENix,<br />

Olav hEyERDAhL & Katherine BOO<br />

„hAt sinAtrA<br />

Auch für siE<br />

gEsung<strong>En</strong>?”<br />

Die Leinwandlegende<br />

ANitA EKBERG,<br />

81, hält sich entgegen<br />

ihrem Ruf ganz und gar<br />

nicht für einen Eisberg<br />

Zelebrieren Sie<br />

die größten Liebesgeschichten der Welt<br />

seit 1837<br />

FRANKFURT GOETHESTRASSE 20 069 92 00 270 MÜNCHEN RESIDENZSTRASSE 11 EINGANG PERUSASTRASSE 089 29 00 430<br />

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TIFFANY.COM<br />

Foto: Silver Screen Collection/Getty Images<br />

AnitA EkbErg cA. 1955, fünf JAhrE bEvor siE für fEllini<br />

in La DoLce Vita im trEvi-brunn<strong>En</strong> bAd<strong>En</strong> ging<br />

27<br />

intErviEw: <strong>Frau</strong> Ekberg, es ist eine Ehre, Sie kennenzulernen.<br />

AnitA EkbErg: Was? (schaut desinteressiert in eine andere<br />

Richtung)<br />

intErviEw: Ich freue mich sehr, dass Sie Zeit für<br />

mich haben.<br />

EkbErg: Was? Ich verstehe Sie nicht. (in den Raum<br />

hinein) Ich hätte gerne noch mehr Wein.<br />

intErviEw: Sind Männer eigentlich jemals wegen<br />

Ihnen in Ohnmacht gefallen?<br />

EkbErg: Sie müssen deutlicher sprechen.<br />

intErviEw: Sind Ihre Fans jemals kollabiert?<br />

EkbErg: Das weiß ich nicht.<br />

intErviEw: Hat Frank Sinatra Ihnen etwas vorgesungen,<br />

als Sie mit ihm liiert waren?<br />

EkbErg: Das verstehe ich nicht.<br />

intErviEw: Hat Sinatra auch für Sie gesungen?<br />

EkbErg: Oft.<br />

intErviEw: Haben sich die Männer sehr verändert<br />

im Laufe der Zeit?<br />

EkbErg: Männer heute sind keine richtigen Männer<br />

mehr, sie sind Homos.<br />

intErviEw: Alle?<br />

EkbErg: Nein, das habe ich ja gesagt, nicht alle.<br />

Gott sei Dank gibt es noch ein paar echte Männer,<br />

dieser da vorne zum Beispiel. Aber er ist zu jung für<br />

mich.<br />

intErviEw: Was haben Sie damals Kritikern entgegnet,<br />

die behaupteten, Ihr Aussehen sei interessanter<br />

als Ihr schauspielerisches Talent?<br />

PrEssEAg<strong>En</strong>tin: Stellen Sie bitte eine andere Frage.<br />

intErviEw: Was würden Sie Schauspielerinnen heute<br />

raten?<br />

EkbErg: Ich würde niemandem raten, Schauspieler<br />

zu werden. Es ist sehr harte Arbeit. Acht Stunden am<br />

Tag steht man vor der Kamera, dann der Weg vom<br />

Hotel ins Studio und zurück, da kann man schon mal<br />

eine Stunde im Auto sitzen, dann noch die Zeit in der<br />

Maske. Also arbeiten Sie mindestens 18 Stunden,<br />

später muss man sich abschminken, duschen, und


PEOPLE/SmallTALK<br />

PEOPLE/SmallTALK<br />

dann hat man noch vier Stunden Zeit, um zu schlafen.<br />

Aber man muss doch auch noch essen! (räuspert<br />

sich) Mir versagt langsam die Stimme.<br />

PRESSEAGENTIN: Ihre letzte Frage bitte!<br />

INTERVIEW: Okay, dann wäre meine letzte Frage …<br />

EKBERG: Sie sind nicht sehr spontan. Sie haben Ihre<br />

Fragen ja alle aufgeschrieben!<br />

INTERVIEW: <strong>En</strong>tschuldigen Sie, ja. Welcher Ihrer<br />

Spitznamen gefiel Ihnen am besten?<br />

EKBERG: Ich hatte überhaupt keinen Spitznamen.<br />

INTERVIEW: Der schwedische Eisberg zum Beispiel?<br />

EKBERG: „Ekberg, the iceberg“. Das fing in Amerika<br />

an und kam daher, dass ich Menschen sage, dass sie<br />

weggehen sollen, wenn sie mich stören. Man erzählte<br />

sich, ich sei kalt wie ein Eisberg. Was aber überhaupt<br />

nicht stimmt.<br />

INTERVIEW: Ja, das kann ich mir auch nicht vorstellen.<br />

EKBERG: Aber es ist besser, dass sie mich „Ekberg,<br />

the iceberg“ nannten als umgekehrt.<br />

<strong>Interview</strong><br />

LAURA EWERT<br />

„WONACH<br />

SOLLTEN<br />

MÄNNER<br />

RIECHEN?”<br />

JANE<br />

FONDA<br />

schwärmt<br />

von Haut<br />

ohne Haare<br />

DIVA BIS INS HOHE ALTER:<br />

ANITA EKBERG<br />

INTERVIEW: Ich bin fasziniert<br />

von den Mugshot-<br />

T-Shirts, die Sie auf Ihrer<br />

Website verkaufen. Sie zeigen<br />

das berühmte Foto von<br />

Ihnen, als Sie bei einer Anti-<br />

Vietnamkrieg-Demo verhaftet worden waren. Was<br />

würden Sie der jungen <strong>Frau</strong> auf dem Foto raten?<br />

JANE FONDA: Weiter so. Es ist richtig, eine Meinung<br />

zu haben. Und es ist total okay, mal verhaftet zu<br />

werden. Ein bisschen mehr Feinfühligkeit würde<br />

vielleicht nicht schaden. Aber so ist es immer, wenn<br />

eine Bewegung startet.<br />

INTERVIEW: Wie meinen Sie das?<br />

FONDA: Ich hatte davor ein recht hedonistisches<br />

Leben in Frankreich geführt. Als ich zurück in die<br />

Staaten kam, lief gerade Barbarella im Kino und ich<br />

stand auf einer Holzkiste und wetterte gegen den<br />

Krieg. Das verwirrte die Leute. Ich hätte meine Verwandlung<br />

von der glamourösen Schauspielerin zur<br />

Aktivistin erklären müssen. Das wäre viel effektiver<br />

gewesen, als die knallharte Ideologin zu spielen, die<br />

ich sowieso nicht war. Aber das Foto war gut.<br />

INTERVIEW: Ist Radikalität das Privileg der Jugend?<br />

FONDA: Ach, ich glaube, dass <strong>Frau</strong>en radikaler werden,<br />

wenn sie älter werden. Wir sind nicht mehr auf<br />

dem Heiratsmarkt unterwegs, suchen keinen Mann<br />

fürs Leben mehr. Was haben wir noch zu verlieren?<br />

Das sind die „Fuck you fifties“. Die sind bei mir<br />

allerdings auch schon ein bisschen her …<br />

INTERVIEW: Sonst nennen Sie die letzte Lebensphase<br />

gern den „dritten Akt“. Wie definieren Sie den?<br />

FONDA: Wie jeder, der ins Theater geht, weiß, ist<br />

der dritte Akt entscheidend. Davor bauen sich Fragen<br />

und Konflikte auf. Im dritten Akt kommt die<br />

Auflösung. Aufs Leben übertragen heißt das: Es ist<br />

die Zeit, in der klar wird, wer man geworden ist und<br />

warum. Ich selbst habe keine Angst zu sterben. Ich<br />

habe Angst vor Dingen, die ich nicht getan habe.<br />

INTERVIEW: Wenn Sie morgens in den Spiegel schauen,<br />

was sehen Sie dann?<br />

FONDA: Eine <strong>Frau</strong>, die für ihr Alter verdammt gut<br />

aussieht. Das verdanke ich verschiedenen Dingen:<br />

guten Genen, viel Geld – nicht nur für Schönheits-<br />

OPs, sondern auch für gute Hautpflege. Und Liebe!<br />

Einsamkeit, Unzufriedenheit, Wut lassen einen<br />

schlecht aussehen – egal was man unternimmt. Ich<br />

dagegen habe viel Liebe erfahren. Nicht nur erotische<br />

Liebe, sondern auch von Freunden, Kindern,<br />

<strong>En</strong>kelkindern. Das ist ein Segen –<br />

und den sieht man mir an.<br />

INTERVIEW: Sie tragen einen äußerst<br />

interessanten, braun schimmernden<br />

Nagellack …<br />

FONDA: Können Sie die ganzen<br />

Schattierungen der Farbe sehen?<br />

Ich benutze sie sonst<br />

nur für die Füße, aber<br />

dachte mir: In Berlin<br />

probiere ich die mal<br />

aus.<br />

INTERVIEW: Wann<br />

bekamen Sie Ihr<br />

erstes Parfüm?<br />

FONDA: Da war<br />

ich 40. Mein<br />

Ehemann davor<br />

war allergisch<br />

dagegen. Es war<br />

„Obsession“<br />

von Calvin<br />

Klein – das<br />

einzige, bei<br />

dem man mir<br />

sagt, wie gut<br />

ich rieche.<br />

28<br />

INTERVIEW: Wonach sollte ein Mann riechen?<br />

FONDA: Nach irgendwas mit Moschus. Und ich liebe<br />

es, wenn Männer einen Duft benutzen.<br />

INTERVIEW: Was sollten Männer tun, um jung und<br />

hübsch zu bleiben?<br />

FONDA: Jung müssen sie nicht sein. Und hübsch eigentlich<br />

auch nicht. Ich hatte 1,5 Ehemänner, die<br />

richtig gut aussahen …<br />

INTERVIEW: Wer ist der Halbe?<br />

FONDA: Roger Vadim, der sah toll aus, als er jung<br />

war. Aber viel wichtiger ist der Sex-Appeal, der aus<br />

den Augen blitzt. Der Charme. Das Geheimnis. Ich<br />

habe immer davon geträumt, mit einem asiatischen<br />

Mann eine Affäre zu haben. Ich wollte einfach wissen,<br />

wie sich unbehaarte Haut anfühlt. Mein jetziger<br />

Freund hat fast keine Körperbehaarung und wunderbare<br />

Haut.<br />

INTERVIEW: Wie bleibt man jung: Lachen oder Sport?<br />

JANE FONDA: Lachen. Was denken Sie denn?<br />

<strong>Interview</strong> ADRIANO SACK<br />

„WAS<br />

UNTERRICHTEN<br />

SIE?”<br />

JAMES FRANCO<br />

ist nicht nur Schauspieler,<br />

Regisseur, Künstler,<br />

Schriftsteller und Model,<br />

sondern jetzt auch Dozent<br />

JAMES FRANCO: Wir müssen noch kurz auf meine<br />

Studenten warten, die uns filmen werden.<br />

INTERVIEW: Ihre Studenten?<br />

FRANCO: Ich bin jetzt Dozent.<br />

INTERVIEW: Warum denn das?<br />

FRANCO: Da gibt es viele Gründe. Ich war lange<br />

Zeit selber Student, und ich bewege mich gerne in<br />

einem akademischen Umfeld. Selber Dozent zu werden<br />

schien ein guter Weg, um an der Uni zu bleiben.<br />

INTERVIEW: Und was unterrichten Sie?<br />

FRANCO: Kreatives Schreiben.<br />

INTERVIEW: Und warum werden wir dann gefilmt?<br />

Sollten Ihre Studenten nicht lieber schreiben?<br />

FRANCO: Ich weiß, das klingt ziemlich merkwürdig.<br />

Ich möchte der Klasse zeigen, wie die Werbemaschine<br />

rund um einen Film funktioniert. Meine<br />

Studenten filmen, wie die Journalisten in jeder Stadt<br />

die gleichen Fragen stellen und ich die immer gleichen<br />

Antworten gebe. Immer und immer wieder.<br />

INTERVIEW: Na, dann fangen wir doch mal an. Auf<br />

der Berlinale haben Sie drei Filme präsentiert, parallel<br />

gibt es eine Ausstellung, und Ihr Film Die fantastische<br />

Welt von Oz läuft gerade an. Ein bisschen viel, oder?<br />

FRANCO: Diese Projekte landen auf unterschiedliche<br />

Arten bei mir. Manchmal werden mir Rollen angeboten,<br />

die etwas in mir auslösen, und dann sage ich zu.<br />

Gleichzeitig hatte ich schon lange keine Lust mehr,<br />

auf Traumjobs zu warten. Das habe ich früher gemacht.<br />

Irgendwann habe ich aber kapiert, dass ich<br />

spannende Projekte selber auf die Beine stellen muss.<br />

INTERVIEW: Einfach so?<br />

Fotos: Dominique Charriau/WireImage/Getty Images; UPI/David Silpa Photo via Newscom/ddp images; Maxime Ballesteros; Glassnote Records/Warner Music<br />

ALLES SELBST GEMALT: JAMES FRANCO POSIERT VOR SEINER KUNST<br />

FRANCO: Ich habe natürlich das Glück, dass mir die<br />

entsprechenden Kontakte und Ressourcen zur Verfügung<br />

stehen. Aber im Grunde ist es so einfach.<br />

Wenn ich ein Buch verfilmen möchte, dann besorge<br />

ich mir die Rechte, suche nach geeigneten Produzenten<br />

und dem passenden Regisseur. Das ist aber nichts<br />

Besonderes. Das machen doch alle zeitgenössischen<br />

Künstler. Sie bearbeiten ein Thema und suchen sich<br />

die entsprechende künstlerische Form.<br />

INTERVIEW: Ist Ihr Film Interior. Leather Bar. solch<br />

ein Projekt?<br />

FRANCO: Der Film Cruising mit Al Pacino von 1980<br />

hat mich schon lange fasziniert. Viele fanden, dass<br />

die Geschichte des Films homophob sei, weil Morde<br />

in der schwulen Lederszene verübt wurden. Damit<br />

werde impliziert, die Szene sei gefährlich. Ich glaube<br />

nicht, dass der Regisseur William Friedkin es so gemeint<br />

hat. Für mich ist der Film ein Zeitdokument.<br />

Diese Lederbars und die Szene gibt es heute so nicht<br />

mehr. Wir reden hier über die Zeit vor Aids!<br />

INTERVIEW: Und dann wollten Sie gleich selber einen<br />

Film darüber drehen?<br />

FRANCO: Genau. Ich hatte aber lange Zeit keine<br />

Ahnung, was das für ein Film werden könnte. Ich<br />

wusste nur: Sex sollte darin vorkommen. Echter Sex.<br />

INTERVIEW: Okay. Und dann?<br />

FRANCO: Ich habe schnell gemerkt, dass ich mich<br />

nicht wohlfühle, Sexszenen aufzunehmen. Erst habe<br />

ich gedacht, ein Porno-Regisseur sollte das machen.<br />

Aber dann habe ich Travis Mathews getroffen, der<br />

Sex in seinen Filmen als narratives Mittel einsetzt.<br />

INTERVIEW: Als narratives Mittel?<br />

FRANCO: Ja, Sex ist bei ihm ein Weg, um zu zeigen,<br />

wie Menschen miteinander agieren. Als Travis und<br />

ich anfingen, über den Film zu sprechen, stellten wir<br />

fest, dass diese Diskussionen genauso spannend sind<br />

wie die Handlung des Films. Deswegen haben wir<br />

uns entschieden, weder einen reinen Spielfilm noch<br />

eine Dokumentation zu drehen.<br />

INTERVIEW: Was ist der Film denn stattdessen?<br />

FRANCO: Er ist ungewöhnlich, amorph, bizarr.<br />

<strong>Interview</strong> NINA SCHOLZ<br />

JETZT IM KINO:<br />

DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ<br />

„IST COOL<br />

SEIN WICHTIG?”<br />

Die französische Band<br />

PHOENIX erklärt<br />

das Duftgeheimnis von<br />

“Drakkar Noir”<br />

INTERVIEW: Was ist <strong>En</strong>tertainment?<br />

THOMAS MARS: Das ist der Titel des ersten Songs<br />

auf unserem neuen Album Bankrupt!.<br />

INTERVIEW: Deswegen frage ich ja.<br />

LAURENT BRANCOWITZ: Ach so.<br />

MARS: Das hier ist <strong>En</strong>tertainment. (zeigt auf eine<br />

Chanel-No-5-Anzeige mit Brad Pitt) Er ist auf dem<br />

Foto übrigens ein wenig besser rasiert als im dazugehörigen<br />

Werbeclip.<br />

BRANCOWITZ: Es ist großartig, dass eine Firma, in<br />

29<br />

der es so viele Kontrollinstanzen gibt, dieses Motiv<br />

zulassen konnte. Das ist sehr tröstlich.<br />

MARS: In wenigen Jahren wird man diese Anzeige<br />

als großes Kunstwerk betrachten.<br />

BRANCOWITZ: Wir mögen Brad Pitt. Er hat bestimmt<br />

einen Großteil seiner Gage gespendet.<br />

INTERVIEW: Ein anderer Song heißt SOS in Bel Air.<br />

Was war da los?<br />

BRANCOWITZ: Nichts war da los, außer Langeweile.<br />

Wir hätten den Song auch SOS in Switzerland nennen<br />

können, nur hat Bel Air einen besseren Klang. Sind<br />

wir überhaupt jemals in Bel Air gewesen?<br />

MARS: Ja, bestimmt. Aber es war so langweilig, dass<br />

du es vergessen hast.<br />

BRANCOWITZ: Wissen Sie, wir sind keine Rapper,<br />

sondern Jungs aus Versailles. Wir haben einen bürgerlichen<br />

Hintergrund. Rapper wachsen unter abenteuerlichen<br />

Bedingungen auf und wollen ein ruhiges Leben.<br />

Wir suchen hingegen das Abenteuer.<br />

INTERVIEW: Mit Erfolg?<br />

MARS: Geht so.<br />

INTERVIEW: Warum versuchen eigentlich alle, cool<br />

zu sein?<br />

MARS: Trying To Be Cool, das ist ja schon wieder ein<br />

Songtitel. Ich erkläre nur ungern unsere Texte.<br />

INTERVIEW: Es geht mir nicht um die Texte, es geht<br />

mir um den Titel.<br />

MARS: Ach so.<br />

INTERVIEW: Ist cool sein wichtig?<br />

MARS: Nein, uns jedenfalls nicht.<br />

BRANCOWITZ: Allerdings ist der Versuch, cool zu<br />

sein, cool. Oder anders: Wenn jemand, der nicht cool<br />

ist, versucht, cool zu sein, ist das süß, weil es so herzerweichend<br />

uncool ist. Und das ist wiederum ganz<br />

cool. Kennen Sie Proust?<br />

INTERVIEW: Klar.<br />

BRANCOWITZ: Bevor er Auf der Suche nach der verlo-<br />

renen Zeit<br />

geschrieben hat, hat er an einem Roman<br />

gearbeitet, der unveröffentlicht geblieben ist. Die<br />

Hauptfigur war im Grunde mit der aus seinem<br />

Hauptwerk identisch. Nur war sie cool. In dem unaufhörlichen<br />

Streben des uncoolen Protagonisten<br />

nach Coolness, in der Spannung, die darin liegt, liegt<br />

auch die Meisterschaft der Verlorenen Zeit<br />

begründet.<br />

Wobei man sagen muss, dass es den Begriff „cool“<br />

zur Zeit von Proust gar nicht gab. Was aber nichts<br />

daran ändert, dass wir auf unserem neuen Album die<br />

Spannung auf ein Proust’sches Niveau<br />

gehoben haben.<br />

INTERVIEW: Und wie hängt das mit<br />

„Drakkar Noir“ zusammen, einem<br />

immer noch beliebten Herrenduft<br />

von Guy Laroche aus dem Jahr<br />

1982? So heißt jedenfalls ein<br />

weiterer Song.<br />

BRANCOWITZ:<br />

Stellen Sie<br />

sich zwei sehr muskulöse<br />

American-Football-Spieler<br />

vor, die brutal aufeinanderprallen<br />

und im Moment<br />

des Zusammenstoßes ihren<br />

Duft wahrnehmen – das ist<br />

für uns die Verkörperung<br />

von „Drakkar Noir“.<br />

<strong>Interview</strong> HARALD PETERS<br />

RA<br />

LAURENT BRA<br />

UND MARS THOMAS<br />

BRANCOWITZ<br />

R<br />

AN<br />

C<br />

OW<br />

ANCO<br />

T<br />

OWITZ<br />

BANKRUPT! VON PHOENIX<br />

ERSCHEINT AM 19. APRIL


PEOPLE/SmallTALK<br />

DIESE HEYERDAHLS: OLAV (R.) MIT VATER THOR JR.<br />

VOR DEM BILD VON GROSSVATER THOR<br />

„GAB ES HAIE?”<br />

OLAV HEYERDAHL<br />

nähte sich auf dem<br />

Pazifik Ledersandalen<br />

INTERVIEW: Olav, während Sie gerade die Kon-Tiki<br />

für das Kon-Tiki-Museum restaurieren, läuft in<br />

Deutschland der Film Kon-Tiki an. Gefällt Ihnen<br />

das Werk?<br />

OLAV HEYERDAHL: Natürlich, es handelt schließlich<br />

von meinen Großeltern. Außerdem war ich mit einem<br />

vergleichbaren Floß auf einer ähnlichen Expedition.<br />

INTERVIEW: Warum überhaupt?<br />

HEYERDAHL: Ach, das war nicht meine Idee, ich bin<br />

eigentlich Tischler und Hoch- und Tiefbauingenieur.<br />

Aber eines Tages schrieb mir ein Mann namens<br />

Torgeir Higraff, der meinte, dass mein Großvater<br />

sein Held seit Kindheitstagen sei. Er hatte die Idee,<br />

die Expedition zu wiederholen, allerdings mit ein<br />

paar Verbesserungen am Floß. Wir haben versucht,<br />

aus den Fehlern, die mein Großvater 1947 gemacht<br />

hat, zu lernen, und das Floß so gebaut, wie er es heute<br />

bauen würde.<br />

INTERVIEW: Deswegen waren Sie 2006 einen Monat<br />

schneller als er.<br />

HEYERDAHL: Ja, mein Großvater hat herausgefunden,<br />

dass die antiken Flöße eine andere Steuerungstechnik<br />

hatten.<br />

INTERVIEW: Die Tour dauerte aber immer noch 70<br />

Tage. Was macht man die ganze Zeit?<br />

HEYERDAHL: Ich liebe es, mit den Händen zu arbeiten,<br />

also habe ich viel geschnitzt und mir aus Leder,<br />

das wir aus Peru mitgebracht haben, Sandalen genäht.<br />

Wenn man draußen im Pazifik auf einem Floß<br />

treibt, muss man sich mental auf die Situation einstellen.<br />

Man darf sich nicht aufregen oder wütend<br />

werden, es gibt ja keinen Fluchtraum. Die gesamten<br />

70 Tage, die wir auf dem Meer waren, haben wir vielleicht<br />

drei Schiffe gesehen.<br />

INTERVIEW: Was?<br />

HEYERDAHL: Ja, in der Gegend gibt es kaum Schiffsverkehr.<br />

Wenn etwas passiert wäre, hätten wir etwa<br />

zehn Tage auf Hilfe warten<br />

müssen. Aber wir fühlten uns<br />

sicher auf dem Floß, es war<br />

unser Zuhause.<br />

INTERVIEW: Es ist also nichts<br />

Schlimmes passiert?<br />

HEYERDAHL: Nein. Einmal<br />

hatten wir acht Meter hohe<br />

Wellen.<br />

INTERVIEW: Na dann.<br />

HEYERDAHL: Natürlich hatten<br />

wir nicht jeden Tag Superspaß,<br />

aber die einzige<br />

Sorge, die es gab, war, nicht<br />

von Bord zu fallen.<br />

INTERVIEW: Klar.<br />

HEYERDAHL: Beim Pinkeln<br />

durfte man nicht vergessen,<br />

sich festzuhalten, haha.<br />

INTERVIEW: Gab es Haie?<br />

HEYERDAHL: Kaum. Ich hatte<br />

mich so sehr darauf gefreut,<br />

mit Haien zu tauchen, aber es waren keine da.<br />

Die Kon-Tiki war 1947 von Haien quasi umzingelt.<br />

Wir haben in der gesamten Zeit nur vier Exemplare<br />

gesehen.<br />

INTERVIEW: Nicht viel.<br />

HEYERDAHL: Nein, gar nichts. Und wir haben auch nur<br />

einen Thunfisch gefangen. Die Jungs damals auf der<br />

Kon-Tiki hatten Thunfisch satt. Die Meere haben sich<br />

in den vergangenen Jahrzehnten definitiv verändert.<br />

<strong>Interview</strong> HARALD PETERS<br />

KON-TIKI STARTET AM 21. MÄRZ<br />

„WAREN SIE<br />

ÜBERRASCHT?”<br />

Die US-Journalistin<br />

KATHERINE BOO hat<br />

ein Buch über einen Slum<br />

in Mumbai geschrieben<br />

INTERVIEW: Was hat Sie dazu gebracht, Ihr Buch<br />

Annawadi zu schreiben?<br />

KATHERINE BOO: Das war ein Missgeschick zu<br />

Weihnachten 2006. Ich bin über ein Buch gestolpert,<br />

habe mir drei Rippen gebrochen, und meine Lunge<br />

war durchbohrt. Mir kam der Gedanke: Wenn ich<br />

nie wieder aufstehen kann, wenn es das jetzt war –<br />

was würde ich wirklich bereuen? Die Antwort war:<br />

Ich würde es bereuen, dass ich nie versucht habe, dieses<br />

Buch zu schreiben. Ich lebte seit 2001 in Indien<br />

und hatte das Gefühl, dass es ein Buch darüber geben<br />

müsste, wie es in Indien wirklich zugeht. Vor<br />

allem fehlte mir ein Bericht über das Leben der Kinder<br />

und <strong>Frau</strong>en. Ich hatte Zweifel, ob ich es schaffen<br />

würde, diesen Menschen nah genug zu kommen.<br />

Aber als ich da lag, dachte ich: „What the hell?“<br />

INTERVIEW: Auch als Journalistin in den USA waren<br />

Sie auf Armut und Elend spezialisiert. Warum hatten<br />

Sie so großen Respekt vor Indien?<br />

BOO: Ich habe das Land durch meinen Mann kennengelernt.<br />

Ich traf vor allem Intellektuelle, lebte<br />

30<br />

also in einer Art Isolation. Meine Haltung war: Es ist<br />

total okay, als Trottel die Recherche zu beginnen.<br />

Du solltest nur keiner mehr sein, wenn du hinterher<br />

darüber berichtest. Es war mir sehr wichtig, dass das<br />

Buch zeitgleich in den USA und Indien erscheint.<br />

Wenn ich schon was falsch mache, dann sollen die<br />

Inder gleich über mich herfallen können.<br />

INTERVIEW: Und sind sie über Sie hergefallen?<br />

BOO: Komischerweise nicht.<br />

INTERVIEW: Gab es keine Kritiker, die fragten: Was<br />

bildet die sich ein, als Amerikanerin über Indien zu<br />

urteilen?<br />

BOO: Oh ja, die gab es. Einer regte sich vor allem<br />

über die Darstellung von Fatima auf, der einbeinigen<br />

<strong>Frau</strong>, die ein selbstbestimmtes und skandalöses Sexleben<br />

führte. Der Kritiker erwartete offenbar ein<br />

moralisches Urteil von mir.<br />

INTERVIEW: Haben Sie noch Kontakt zu den Bewohnern<br />

von Annawadi?<br />

BOO: Oh ja. Ich war vergangene Woche dort und<br />

fahre morgen wieder hin.<br />

INTERVIEW: War es leichter für Sie als <strong>Frau</strong>, dieses<br />

Buch zu schreiben?<br />

BOO: Manches war vielleicht schwieriger, aber die<br />

<strong>Frau</strong>en wären sicher nicht so offen gewesen, wenn<br />

ein Mann sie befragt hätte. Was ich in Annawadi und<br />

eigentlich überall in Indien beobachtet habe: Viele<br />

Männer haben aufgegeben.<br />

INTERVIEW: Vor einigen Wochen gab es den schrecklichen<br />

Fall einer Massenvergewaltigung in Indien,<br />

bei der die <strong>Frau</strong> tödlich verletzt wurde. Hinterher<br />

gab es Proteste und Unruhen. Waren Sie überrascht?<br />

BOO: Überhaupt nicht. Es war ein Beispiel für das,<br />

was ich auch im Buch deutlich machen will. Verbrechen<br />

gegen <strong>Frau</strong>en werden nicht ernst genommen.<br />

INTERVIEW: Hat das Buch Ihren Job verändert?<br />

BOO: Es war sicher das Schwierigste, was ich in meinem<br />

Leben gemacht habe. Ich hatte viel mit der indischen<br />

Polizei zu tun, und die ist ziemlich furchteinflößend.<br />

Emotional war das sehr anstrengend. Als<br />

das Buch fertig war und ich das erste Mal wieder<br />

nach Annawadi kam, wurde mir klar, wie viele von<br />

meinen Gefühlen ich unterdrückt<br />

hatte, um professionell<br />

zu funktionieren. So<br />

war es mir auch ergangen,<br />

als ich in Louisiana nach<br />

dem Hurrikan Katrina<br />

recherchierte. Als ich<br />

fertig war, klappte ich<br />

mein Notizbuch zu und<br />

brach zusammen.<br />

INTERVIEW: Würden<br />

Sie das Buch so noch<br />

einmal schreiben?<br />

BOO: Komische Frage.<br />

Das ginge ja gar<br />

nicht. Was ich weiß:<br />

Ich habe es so gut<br />

geschrieben, wie ich<br />

konnte. Ich hätte nicht<br />

härter dran arbeiten<br />

können.<br />

<strong>Interview</strong><br />

ADRIANO SACK<br />

ANNAWADI ODER<br />

DER TRAUM VON<br />

EINEM ANDEREN<br />

LEBEN IST BEI DROEMER<br />

ERSCHIENEN<br />

Fotos: DCM Filmverleih; Murdo Macleod/Polaris/laif<br />

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SUPERSTAR<br />

RICKY HIL<br />

SUPERSTAR<br />

AILINE LIEFELD<br />

PAPA MACHT HOSEN,<br />

ER MACHT MUSIK:<br />

DER SOHN VON<br />

TOMMY HILFIGER<br />

HAT SEIN GROSSARTIGES<br />

ERSTES ALBUM<br />

VERÖFFENTLICHT<br />

IMPRESSIONEN AUS DEM MAKRONENPARADIES:<br />

DIE FOTOGRAFIN AILINE LIEFELD, 32,<br />

REIST MIT AICUISINE INS SCHLECKERLAND<br />

RICKY HIL RAUCHT – WIR WISSEN ALLERDINGS NICHT, WAS …<br />

MESSER UND PFANNEN SIND DIE LIEBSTEN UTENSILIEN DER FOODBLOGGERIN<br />

In Los Angeles ist es fast ein Uhr in der Nacht.<br />

Ricky Hil geht an das Telefon seines Managers<br />

Sickamore, seine Stimme ist tief, ein bisschen<br />

verletzlich. Vielleicht nuschelt er auch nur. Irgendwas<br />

zündet er sich gerade an und bläst beim<br />

Sprechen den Rauch aus. Sein Album, sagt er, heiße<br />

zwar Support Your Local Drug Dealer, aber Dealer sei er<br />

nicht, obwohl er vor wenigen Jahren mit einer nicht<br />

geringen Menge Marihuana im Auto erwischt wurde.<br />

Aber warum sollte Hil auch Drogen verkaufen, schließlich<br />

ist er der Sohn von Tommy Hilfiger.<br />

Es heißt, der Familien-Bodyguard habe den damals<br />

15-jährigen Ricky bereits zu dessen HipHop-<br />

Kumpels ins entfernte Philadelphia begleitet, damit<br />

der Junge sein Interesse am Rap vertiefen kann. Kein<br />

Wunder also, dass den 22-Jährigen heute nicht nur<br />

ein „I love you, Dad“-Tattoo unter dem Kinn ziert,<br />

sondern er nun von Hauptberuf Musiker ist – auch<br />

wenn Kanye West von seinen Skills eher nicht überzeugt<br />

ist, aber warum sollte er auf Kanye West hören?<br />

Schließlich hat ihn sein Kumpel von The Weeknd<br />

2011 bei Warner Music untergebracht. Wobei, so<br />

ganz blicke er gerade auch nicht durch, wie der Stand<br />

der Dinge in Sachen Plattenvertrag sei, erzählt er.<br />

Sein Album nämlich kann man auf seiner Homepage<br />

einfach so herunterladen. „Die haben mich zu Atlantic<br />

Records versetzt, ich hatte dann einfach irgendwann<br />

keinen Bock mehr, und deswegen habe ich<br />

mich entschieden, das Album ins Netz zu stellen. Für<br />

meine Fans.“<br />

Er, der sonst seinem Vater gleich mehrere neue<br />

Songs die Woche zum Hören gibt, hat sich dabei ganz<br />

32<br />

auf das <strong>En</strong>dprodukt konzentriert. Die Stücke seien ein<br />

Manifest seiner selbst. Es steckten viel Schmerz darin<br />

und Erlebnisse aus seiner Kindheit. „Das ist wie Therapie.“<br />

Und die Musikrichtung? Ist das der Alternative<br />

R’n’B, von dem alle sprechen? „Ich bin kein<br />

R’n’B-Sänger, und ich bezeichne mich nicht gern als<br />

Rapper. Das ist Alternative, aber nicht in einem Alternative-Rock-Sinne.“<br />

Und was hat es mit seinem Ruf als schwarzes Schaf<br />

der Familie auf sich? „Zumindest hat keiner sonst aus<br />

meiner Familie so viele Tattoos. Ich sehe schon echt<br />

anders aus. Aber ich komme mit allen gut aus.“ Und<br />

was zählt schon der Ruf? Die Boxershorts seines Vaters<br />

trägt er schließlich jeden Tag.<br />

Von LAURA EWERT<br />

Foto TERRY RICHARDSON<br />

An dem weißen Holztisch, der noch nach<br />

Lack riecht, sitzt Ailine Liefeld und sagt:<br />

„Eigentlich ist alles gut.“ So könnte eines<br />

dieser Generationsbücher heißen, das von<br />

32-Jährigen handelt, die zwar viel erreicht haben, aber<br />

weitersuchen, bis ihnen auffällt, dass sie doch schon<br />

einiges gefunden haben. Bei Liefeld, der Berlinerin,<br />

die bisher den erfolgreichen Blog Freunde von Freunden<br />

mit Bildern füllte und nach dem Studium beim<br />

Lette-Verein für Produktionen um die halbe Welt<br />

reiste, ist es nun ihr Foodblog Aicuisine, der ihr diese<br />

Einsicht bringt.<br />

Seit etwa einem Jahr zeigt die bloggende Fotografin<br />

– „nicht andersherum, das ist wichtig“ – auf ihrer<br />

Seite Bilder von ihren Reisen nach Amsterdam oder<br />

der eigenen Herstellung von Marzipan-Franzbrötchen.<br />

Es gibt Rezepte von sattgrünem Erbsenminzpüree<br />

oder Fotoreportagen aus der pastellfarbenen<br />

Makrönchen Manufaktur. Es sind einfache Gerichte,<br />

die sie unauffällig, aber effektvoll abwandelt. Der<br />

meistgeklickte Artikel handelt von Pancakes, und die<br />

Bilder scheinen zu duften. Nun hat Liefeld samt<br />

mehlbestaubter Kamera ein Gemeinschaftsstudio bezogen.<br />

Auf der Fensterbank steht ein gerahmtes Bild<br />

von James Franco, und in einem Durchgang wird<br />

gerade die Küche mit Wärmeschublade und Dampfgarer<br />

aufgebaut. Alles gut also.<br />

Die Hobbyköchin liebt es, zu „schnibbeln und<br />

dabei Radio Paradiso zu hören“. Sie hat es so zur Erwähnung<br />

im Feinschmecker gebracht, den zweiten Platz<br />

beim AMA Food Blog Award belegt und wird seitdem<br />

von Agenturen mit Gewürzproben überhäuft. Aber sie<br />

33<br />

möchte mehr als Rezeptposts veröffentlichen. Deswegen<br />

besucht sie in den USA etwa die Home made-<br />

Szene, die enorm wächst, lässt sich zeigen, wie man<br />

größere Mengen Pickles einlegt oder Marmelade<br />

kocht. Geplant ist eine Reise nach Japan, und auch<br />

zu Hause sucht sie nach neuen Essensmoden. Dort<br />

würde sie sich etwa wünschen, dass das gute alte Frühstück<br />

die Allgegenwärtigkeit des Pancakes wieder<br />

ablöst. Ansonsten hat sie aber nichts gegen amerikanisches<br />

Essen: Freunde erzählen, sie esse jeden Tag<br />

Steak – ihr Blog mit zahlreichen Fleisch rezepten unterstreicht<br />

das eindrücklich. Vielleicht liegt diese<br />

Vor liebe auch an ihrem liebsten Utensil, der Pfanne.<br />

Davon hat sie über 20 verschiedene.<br />

Von LAURA EWERT<br />

Foto MARLEN MUELLER


people<br />

Naomi<br />

Campbell<br />

trifft<br />

aidaN<br />

erotische Kunst in<br />

Zeiten von pussy Riot:<br />

Wer wissen will,<br />

wie Russland es mit<br />

der Kunst hält, sollte<br />

sich den Namen<br />

aidaN SalaChoWa<br />

besser notieren. denn<br />

nicht nur die orthodoxe<br />

Kirche läuft gegen<br />

Salachowas erotische<br />

Skulpturen Sturm,<br />

ihre Vaginas aus<br />

marmor sorgten auch<br />

bei der biennale in<br />

Venedig für einen mittelschweren<br />

Skandal<br />

POrTrÄT<br />

ANNA BAuEr<br />

wArHOL uND VAgINAS: AIDAN SALACHOwA, 2013<br />

bas-relief no. 1, MarMor, 2010–2011<br />

34<br />

NAOMI CAMPBELL: Wie würdest du dich selbst bezeichnen:<br />

als Künstlerin, Galeristin oder als socialite?<br />

AIDAN SALACHOwA: 23 Jahre lang habe ich mich<br />

als Galeristin und Künstlerin aufgerieben, irgendwann<br />

war ich erschöpft und habe entschieden, nur noch als<br />

Künstlerin zu arbeiten. Jetzt fühle ich mich frei.<br />

CAMPBELL: Und deine Rolle als socialite in der<br />

russischen Gesellschaft?<br />

SALACHOwA: Als Galeristin musst du auch diese<br />

Rolle spielen, aber das bin ich jetzt los.<br />

CAMPBELL: Für viele Leute in Russland bist du<br />

auch eine Art Kunsthistorikerin. Außerdem berätst du<br />

Menschen, die sich für Kunst interessieren oder selbst<br />

ins Galeriegeschäft einsteigen wollen.<br />

SALACHOwA: Anfang der 90er-Jahre kauften<br />

alle russischen Neureichen alte russische Kunst. Niemand<br />

kannte sich damals mit zeitgenössischer Kunst<br />

aus. Für mich war es eine Herausforderung, den öffentlichen<br />

Geschmack mit zu entwickeln und die<br />

Aufmerksamkeit auch auf das Hier und Jetzt zu richten.<br />

Es war eine aufregende Zeit. Ich war die Erste,<br />

“<br />

Jede ausstellung<br />

wird von den Sittenwächtern<br />

im Vorfeld<br />

inspiziert. Gerade<br />

ist eine sehr schlechte<br />

Zeit für Kunst in<br />

Russland<br />

”<br />

– Aidan Salachowa<br />

35<br />

die 1993 einen Andy Warhol an eine Moskauer<br />

Sammlerin verkaufte. Und Umar Dscha brailow kaufte<br />

auf meine Empfehlung hin den ersten Anish<br />

Kapoor in Russland. Je mehr der Markt wuchs und<br />

die Kunstszene trendy wurde, desto mehr verlor ich<br />

das Interesse.<br />

CAMPBELL: Das erste Mal habe ich dich auf der<br />

Biennale in Venedig gesehen. Für mich war das ein<br />

unvergesslicher Eindruck: dein Look, deine Frisur.<br />

Ich fand das toll. Künstler sind ja selten gesichtsprominent,<br />

aber du bist richtig berühmt. Die Leute in<br />

Moskau erkennen dich auf der Straße.<br />

SALACHOwA: Ja, so ist das.<br />

CAMPBELL: Und wie findest du das?<br />

SALACHOwA: Ich finde es gut, wenn man als<br />

Künstler sichtbar ist, aber noch wichtiger ist es, dass<br />

die Leute wissen, welche Art von Arbeit ich mache.<br />

CAMPBELL: Auf der After-Show-Party anlässlich<br />

deiner Vernissage im Russian Museum of Modern Art<br />

wurdest du auf einem Lichtstrahl von der Decke heruntergelassen.


people/Naomi Campbell<br />

SALAcHOwA: Mein Vorname ist türkisch und<br />

bedeutet „Mondlicht“, deshalb fand ich das passend.<br />

cAMPBELL: Hast du Höhenangst?<br />

SALAcHOwA: Es war schrecklich, die Decke dort<br />

ist so unglaublich hoch.<br />

cAMPBELL: Und wovor hast du sonst noch Angst?<br />

SALAcHOwA: Davor, dass jemand reinkommt,<br />

wenn ich dusche.<br />

cAMPBELL: Für mich bist du eine zarte Persönlichkeit.<br />

Aber du arbeitest mit diesen schweren Materialien.<br />

Hast du viele Helfer und Assistenten?<br />

SALAcHOwA: Ich habe ja erst vor drei Jahren angefangen,<br />

skulptural zu arbeiten. Ich habe an kleinen<br />

Modellen angefangen und mich Schritt für Schritt<br />

nach oben gearbeitet. Deshalb mache ich alles selbst.<br />

cAMPBELL: Und jetzt arbeitest du mit Stein.<br />

SALAcHOwA: Es ist meine Leidenschaft. Es ist<br />

wie eine Romanze zwischen mir und dem Material.<br />

Wenn ich in Moskau sein muss und nicht in Carrara<br />

arbeiten kann, geht es mir richtig schlecht.<br />

cAMPBELL: Was fasziniert dich an dem Material?<br />

SALAcHOwA: Man kann seine Ideen dreidimensional<br />

umsetzen – Malerei hat nur zwei Dimensionen.<br />

Ich kann meine Ideen mit meinen Fingern anfassen.<br />

Es ist wie ein Wunder! Es wird lebendig.<br />

cAMPBELL: Ich stand dir gerade Modell, das ist<br />

eine ganz andere Arbeit als das, was ich sonst mache.<br />

SALAcHOwA: Als ich dich vor vielen Jahren das<br />

erste Mal in einem Magazin gesehen habe, dachte ich,<br />

dass du wie ein lebendes Kunstwerk, wie eine lebende<br />

Skulptur aussiehst. Deshalb war es eigentlich ganz<br />

einfach für mich.<br />

cAMPBELL: Gab es denn gar keine Probleme?<br />

SALAcHOwA: Doch, das Problem ist, dass alle<br />

wissen, wie das Modell aussieht, und jeder eine Meinung<br />

dazu hat. Ich wollte auf keinen Fall eine Kopie<br />

deines Körpers herstellen, sondern deine Persönlichkeit<br />

zum Ausdruck bringen. Ein anderes Problem waren<br />

deine Augen. Sie spielen eine große Rolle auf Fotos<br />

von dir, aber wie bringt man das auf schwarzem<br />

Marmor zum Ausdruck?<br />

cAMPBELL: Ich kann es kaum erwarten. Du hast<br />

ja mit dem teuren Marmor aus Carrara gearbeitet …<br />

SALAcHOwA: Es wird noch zwei Monate dauern.<br />

cAMPBELL: Skulpturen betonen die Erotik ja<br />

mehr als andere Kunstwerke. Auf der Biennale in Venedig<br />

gab es deshalb Probleme. Warum?<br />

SALAcHOwA: Ich war in den aserbaidschanischen<br />

Pavillon eingeladen. Ich wollte dort sechs<br />

Skulpturen ausstellen, aber zwei davon durften dann<br />

nicht gezeigt werden. Gar nicht nur wegen der Erotik:<br />

Die eine Skulptur zeigte eine <strong>Frau</strong> mit einem Schleier,<br />

und es hieß, dass Aserbaidschan sich nicht als islamisches<br />

Land präsentieren wolle.<br />

cAMPBELL: Aber diese <strong>Frau</strong> stellt doch nicht notwendigerweise<br />

eine verschleierte islamische <strong>Frau</strong> aus<br />

Aserbaidschan dar?<br />

SALAcHOwA: Sehe ich auch so. Die andere<br />

Skulptur war eine Nachbildung des Steins aus Mekka,<br />

an dem ich nur eine winzige Änderung vorgenommen<br />

hatte: Eine Träne lief aus ihm heraus. Das Kulturministerium<br />

entschied, dass es sich hierbei um eine Vagina<br />

handele, und das sei für alle Moslems verstörend.<br />

cAMPBELL: Und dann?<br />

SALAcHOwA: Es war zwei Tage vor der Eröffnung,<br />

und eigentlich war es gar nicht mehr möglich,<br />

diese tonnenschweren Skulpturen zu bewegen. Deshalb<br />

haben sie Tücher drübergeworfen. Es war ein<br />

Riesenskandal. Nach zwei Wochen haben sie die<br />

Skulpturen verschickt, der Kurator des italienischen<br />

“<br />

Kunst ist meine<br />

große leidenschaft,<br />

meine erste liebe.<br />

Männer können das<br />

nicht verstehen.<br />

Denn sie wollen<br />

sich nicht mit dem<br />

zweiten platz<br />

zufriedengeben<br />

”<br />

– Aidan Salachowa<br />

Black Stone, MArMOr, 2010–2011<br />

36<br />

Pavillons hat sie aufgenommen … Ich habe die ganze<br />

Biennale durch geweint, aber ständig kamen Leute zu<br />

mir und gratulierten mir zu dem Skandal.<br />

cAMPBELL: Dann hatte es auch sein Gutes?<br />

SALAcHOwA: Ja, meine Preise explodierten, und<br />

die Sammler kamen.<br />

cAMPBELL: Wie ist es für dich, in Russland zu arbeiten?<br />

Wirst du eingeschränkt?<br />

SALAcHOwA: Die Einstellung der orthodoxen<br />

Kirche zu zeitgenössischer Kunst ist mehr als negativ.<br />

Jede Ausstellung wird von den Sittenwächtern im<br />

Vorfeld inspiziert in der Hoffnung, dass sie etwas finden,<br />

das auch nur entfernt mit Religion zu tun hat.<br />

Dann äußern sie öffentlich Missfallen, und ehe man<br />

sichs versieht, kann man verhaftet werden oder die<br />

Kunst wird zensiert. Gerade ist eine sehr schlechte<br />

Zeit für Kunst in Russland.<br />

cAMPBELL: Was bedeutet das für junge Nachwuchskünstler?<br />

SALAcHOwA: Irgendwann werden die russischen<br />

Künstler die Früchte ernten, aber jetzt ist es noch<br />

nicht so weit. Ich habe meine alte Galerie in ein Studio<br />

verwandelt, denn viele junge Künstler können sich<br />

kein eigenes Atelier leisten. Dort lasse ich sie arbeiten.<br />

cAMPBELL: Fantastisch!<br />

SALAcHOwA: Freitags und samstags sind die Räume<br />

auch der Öffentlichkeit zugänglich, und die jungen<br />

Künstler suchen Kontakt zum Publikum, sie wollen erklären,<br />

woran sie arbeiten. Sie sind sehr engagiert.<br />

cAMPBELL: Man erzählt sich, dass die Jungs auf<br />

einem deiner Videos aus dem Egoistka-Club stammen.<br />

SALAcHOwA: Ja, es sind Stripper aus dem Club,<br />

die in dem Video auftreten. Wir haben auch eine Performance<br />

zusammen gemacht.<br />

cAMPBELL: Wie kam es dazu?<br />

SALAcHOwA: Ich habe meinen Geburtstag dort<br />

gefeiert, und dann veranstaltete ich dort eine Performance,<br />

in der verschleierte <strong>Frau</strong>en mit halb nackten<br />

Männern tanzten. In diesem Club beuten <strong>Frau</strong>en die<br />

Männer aus, deshalb war es mir ganz wichtig, die Performance<br />

dort zu machen.<br />

cAMPBELL: Aidan und ihre Jungs! Wo wir gerade<br />

von Jungs reden: Welche Art von Männern magst du?<br />

SALAcHOwA: Ich mag sie jung, so um die 30, eher<br />

Dunkelhaarige. Blonde sind nicht so mein Ding (lacht).<br />

cAMPBELL: Bist du Feministin?<br />

SALAcHOwA: Postfeministin.<br />

cAMPBELL: Ist es schwieriger, sich als <strong>Frau</strong> in der<br />

Kunstwelt zu behaupten?<br />

SALAcHOwA: Ich finde ja. Auch das Privatleben<br />

ist für Künstlerinnen schwieriger, denn man liebt die<br />

Kunst mehr als die Männer. Kunst ist meine große<br />

Leidenschaft, meine erste Liebe. Männer können das<br />

nicht verstehen. Denn sie wollen sich nicht mit dem<br />

zweiten Platz zufriedengeben.<br />

cAMPBELL: Das würde ich auch nicht wollen.<br />

Deine <strong>En</strong>ergie ist wirklich unbändig – wie hältst du<br />

diesen hohen Pegel?<br />

SALAcHOwA: Wenn ich etwas tun muss, was<br />

mir nicht gefällt, werde ich sehr müde. Deshalb rate<br />

ich, nur das zu tun, was dir wirklich Freude bereitet.<br />

Dann hast du automatisch ganz viel Kraft.<br />

cAMPBELL: Wie hältst du das Level in dieser komplexen<br />

männlichen Welt? Wie geht man damit um?<br />

SALAcHOwA: Unsere Welt ist männerdominiert.<br />

cAMPBELL: Das habe ich kapiert, nachdem ich<br />

nach Russland gezogen bin.<br />

SALAcHOwA: Ja, für Russland gilt das besonders.<br />

Aber für mich gelten diese Männerregeln gar nicht.<br />

Ich kann sie nicht ernst nehmen.<br />

Make-up Yuri Yu AnAnOv/MOSMAkE<br />

Hair ALExAndr SukOnScHikOv<br />

ITALSERVICES S.p.A. www.cycleonweb.com


wow!<br />

Durchsichtige<br />

Taschen? Klar!<br />

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Make-up MAUD LACEPPE FoR NARS/STREETERS<br />

Cosmetics NARS<br />

FoToS<br />

RoBBIE FIMMANo<br />

STYLING<br />

VANESSA CHow<br />

Manicure JACKIE SAULSBERY FoR<br />

CHANEL/KRAMER + KRAMER<br />

Model JULIA HAFSTRoM/IMG<br />

Casting SHAwN DEZAN/KCD, INC<br />

Prop Styling Assistant ALEXANDRA EGAN<br />

Special thanks INDUSTRIA SUPERSTUDIo<br />

Feueratem<br />

und unruhige träume<br />

Wenn man es genau nimmt, kommt diese Tasche zu spät, denn<br />

gerade erst feierten die Chinesen den Abschied vom Drachen und<br />

den Beginn des Schlangenjahres (Pedanten rätseln sogar, ob es<br />

die Wasser- oder die Feuerschlange ist). Biologisch argumentiert<br />

dürfte es allerdings wenige real existierende Tiere geben, die dem<br />

Drachen näher stehen als die Schlange. Insofern verkündet diese<br />

Clutch von Emilio Pucci eine höhere Weisheit: Ein Drache ist eine<br />

Schlange ist ein Drache. Die Frühjahrskollektion der Marke war<br />

inspiriert von vietnamesischen Motiven – der Drache findet sich<br />

auch in Keilabsätzen wieder. Wie geschnitzt wälzen sich die Untiere<br />

umeinander und scheinen die Trägerin und den Tascheninhalt<br />

zu bewachen. Wer hier unbefugt reingreift, dem blühen Feueratem<br />

und unruhige Träume. In jedem Fall scheint diese Tasche dafür<br />

geschaffen, ausschließlich Kostbarkeiten durchs Leben zu tragen.<br />

wow!<br />

Zero Dark thirty: kathryn bigelow beim Dreh ihres ersten Films<br />

mit bierernster ironie<br />

Die junge <strong>Frau</strong> auf diesem Foto könnte problemlos für einen Film der Nouvelle Vague gecastet<br />

werden: die obligatorische Zigarette, das bretonische Fischerhemd, der Distanzblick.<br />

Es handelt sich um die 30-jährige Kathryn Bigelow, die damals den Film The Loveless in Georgia<br />

drehte. Die Fotografin Jeannette Montgomery Barron hielt sich in den Achtzigern ganz<br />

offensichtlich in den richtigen Kreisen auf. In ihrem Bildband Scene (Powerhouse Books) sind<br />

Aufnahmen von Andy Warhol, Robert Mapplethorpe, Francesco Clemente – wie es sich<br />

damals noch gehörte – in Schwarz-Weiß versammelt und mit bierernster Ironie angereichert.<br />

Auch wenn sich das Mädchen auf den Fotos Mühe gibt, den<br />

Eindruck zu wecken: Ob man durch die Taschen schärfer sieht,<br />

ist nicht verbürgt. Klar aber ist: Sie fordern äußerste Disziplin,<br />

was den Inhalt betrifft, sie sind nicht unbedingt diskret, und sie<br />

gehören zum Zeitgemäßesten, was eine <strong>Frau</strong> sich in diesen Tagen<br />

unter den Arm klemmen kann.<br />

Im Uhrzeigersinn, oben links beginnend: Clutch STELLA McCARTNEY<br />

Kleid ToM FoRD Ringe PoMELLATo, Clutch CHARLoTTE oLYMPIA<br />

Kleid RoBERTo CAVALLI Ring IRADJ MoINI, Clutch und Kleid GUCCI<br />

Ring IRADJ MoINI, Clutch und Kleid VALENTINo Ring PoMELLATo<br />

Fotos (rechte Seite): Emilio Pucci; from Scene by Jeannette Montgomery Barron, published by powerHouse Books; Bottega Veneta; Acne Studios<br />

SCHWeDeN<br />

in PaNama<br />

Weimaraner sind die Prom-Queens unter<br />

den Hunden: Von ihrer eigenen Schönheit<br />

verwöhnt, hinken sie hinterher, was Intelligenz<br />

und social skills betrifft. Der schwedische<br />

Jeans- und Lifestylelieferant Acne bewirbt<br />

seine neuen Panamahüte (eine Zusammenarbeit<br />

mit der Traditionsmarke Borsalino)<br />

mit einem Paar dieser unwiderstehlich hündisch<br />

dreinblickenden Tiere. Was ist nun<br />

eigentlich Acne an diesen Hüten? Vielleicht<br />

nur die überbreiten Stoffbänder in schwedischen<br />

Nationalfarben. Wer sich dabei an<br />

die Inszenierungen des amerikanischen<br />

Künstlers William Wegman erinnert fühlt,<br />

der variantenreich und unermüdlich mit dieser<br />

Hunderasse gearbeitet hat, liegt sicher<br />

nicht falsch. Aber zu wissen, wo man klauen<br />

muss, ist eben auch eine Kunst.<br />

hunD trägt wieDer hut<br />

SILBer,<br />

PaLLaDIum etc.<br />

Die Boxen sind 28 mal 20 mal 10,5 cm groß,<br />

es gibt lediglich 25 Stück, und jede ist ein<br />

Unikat. Die New Yorker Künstlerin Nancy<br />

Lorenz hat sie für Bottega Veneta hergestellt,<br />

was auf den ersten und jeden weiteren Blick<br />

Sinn ergibt: Lorenz, deren Arbeit von ihrem<br />

fünfjährigen Aufenthalt in Asien geprägt ist,<br />

hat ein nahezu meditatives Verhältnis zu<br />

Materialien (hier sind es Silber, Weißgold,<br />

Palladium und Moon Gold Leaf). Sie trägt in<br />

Schichten auf, liebt Verunklarungen und<br />

Überlagerungen – wenn die Objekte ihr Atelier<br />

verlassen, haben sie bereits ein Leben<br />

hinter sich. Nach der Präsentation auf der<br />

Mailänder Möbelmesse werden die Boxen in<br />

den Läden von Bottega verkauft.<br />

38<br />

39


1<br />

RETROMANIA.<br />

DINGE<br />

VON GESTERN<br />

FÜR HEUTE<br />

SOLITAIRE<br />

Das Kartenspiel, das eigentlich Patience heißt<br />

und seinem Namen zufolge gewisse Geduld<br />

erfordert, taugt in seiner computerisierten<br />

Fassung hervorragend zur Bekämpfung von<br />

Ungeduld. In einer Zeit, in der die Zeit<br />

immer knapper wird – und bekanntlich wird<br />

für jeden die Zeit im Laufe der Zeit zunehmend<br />

knapper –, wirkt ein Spiel, das man<br />

zum Zeitvertreib spielt, zwar ganz und gar<br />

unzeitgemäß, andererseits soll Diane von<br />

Furstenberg, die beliebte Designerin und<br />

Erfinderin des Wickelkleides, es den ganzen<br />

Tag spielen (mehr als 10 000 Spiele, seit sie<br />

ein iPad besitzt).<br />

LANGEWEILE<br />

Überhaupt scheint es die Langeweile zutage kaum noch zu geben, was sie im<br />

heut-<br />

Rückblick ungeheuer verführerisch und<br />

kostbar erscheinen lässt. Noch in den Achtzigern<br />

war sie allgegenwärtig, in den Neun-<br />

zigern zeigte man sich glücklich, wenn man<br />

ihr aus dem Weg ging, doch seit den jahren ist diese Befindlichkeit wie eine<br />

vom Aussterben bedrohte Tierart geradezu<br />

vom Erdboden verschwunden. Ach, wie<br />

schön war’s, als einem mal so richtig langweilig<br />

war! Sag mal, wie spät ist es Nuller-<br />

eigentlich?<br />

SONNENUHREN<br />

Jetzt, wo es endlich Frühling ist, sollte man<br />

sich wieder an den einfachen Dingen des<br />

Lebens erfreuen, und was ist einfacher als<br />

eine Sonnenuhr. Zum Bau benötigt man<br />

nichts weiter als einen halbwegs sonnigen<br />

Tag, einen Stock, den man in den Boden<br />

rammt, und eine konventionelle Uhr, um<br />

die Sonnenuhr danach zu stellen. Wenn<br />

man sich an einem halbwegs sonnigen Tag<br />

in der Nähe der Sonnenuhr befindet, weiß<br />

man jederzeit, wie spät es ist. Außer nachts.<br />

Und nachts muss man das auch nicht wissen,<br />

weil man nachts schläft. Aber schlafen<br />

wir überhaupt richtig?<br />

MATRATZEN<br />

Rosshaar, Latex, Schaum, Kaltschaum,<br />

Futon, Federkern, Taschenfederkern, Memory-Foam,<br />

Wasserbett – ehrlich gesagt<br />

ist das Thema Matratzen derart komplex,<br />

dass wir leider den Überblick verloren haben.<br />

HAARSPANGEN<br />

Um den Überblick zumindest technisch<br />

einigermaßen behalten zu können, ist für<br />

Menschen mit Langhaarfrisur die Haarspange<br />

von unschätzbarem Wert. Lange<br />

Zeit war sie verpönt und galt als unverhältnismäßig<br />

kindlich. Heute erkennt man<br />

wieder ihren praktischen Nutzen und weiß<br />

die verspielte Note, die sie ihrer Trägerin<br />

verleiht, zu würdigen. Apropos Note …<br />

MUSIK<br />

Sie war wohl nie fort, aber jetzt ist sie in<br />

Gestalt neuer Alben wieder zurück, und<br />

zwar von Künstlern, die schon immer da<br />

waren oder so klingen: Depeche Mode,<br />

David Bowie, Pulp, Strokes, Hurts …<br />

ALBERN UND<br />

BRUTAL<br />

Nachdem die Kenzo-Tiger-Sweatshirts der<br />

Überraschungserfolg der letzten Saison waren,<br />

dürfte diesem prankenbewährten Armreif<br />

ein ähnliches Schicksal blühen. Ein bisschen<br />

albern, ein bisschen brutal. Perfekt.<br />

GLOBALER<br />

MASH-UP<br />

Die Berliner Schmuckdesignerin<br />

Lilo Benecke verarbeitet in<br />

ihren <strong>En</strong>twürfen Fundstücke aus<br />

der ganzen Welt zu exquisiten<br />

Mash-ups. Hier etwa einen<br />

Jade-Käfer.<br />

WOW!<br />

Schwelgerei<br />

Fernando Jorge ist ein Schmuckdesigner<br />

aus Brasilien, der am Londoner Saint<br />

Martins College studiert hat und sich<br />

Mühe gibt, all die sympathischen Vor urteile<br />

über seine Heimatkultur überzuerfüllen:<br />

Seine Ringe und Ketten leben von kühnen<br />

Schwüngen und unbekümmerter Schwelgerei.<br />

Der „Adonis Mohawk“-Ring (schon<br />

der Name überzeugt) ist ein diamantengekrönter<br />

Kristall. Das Stück<br />

erlaubt die unterschiedlichsten<br />

Assoziationen, aber, und das ist ein<br />

großes Kompliment, es sieht nicht<br />

aus wie etwas, was man kennt.<br />

40<br />

SUPERMODERN: METALL-CHOKER VON DIOR<br />

TA<br />

T LL-<br />

Klassisch MODERN<br />

Wäre die Welt eine bessere, wenn man den eigenen<br />

Kopf bei Bedarf abschrauben könnte?<br />

Mit diesem klassisch-modernen Gedanken<br />

spielen die „Dior in Me“-Choker. Sie<br />

kommen mit Strass besetzt, im Mustermix<br />

Plexiglas- Metall und in Neonfarben.<br />

KETTE<br />

MARNI<br />

Wie eine Vintage-<br />

Zeichen trickserie aus<br />

Prag wirkt der neue<br />

Holzschmuck von<br />

Marni. Pädagogisch<br />

wertvoll, für schicke<br />

Vollwertmamas.<br />

KARTE<br />

und<br />

GEWEBE<br />

L-<br />

VO<br />

L CHOKER VO<br />

An den Formen und Farben des brasilian -<br />

ischen Landschaftsarchitekten Roberto Burle<br />

Marx orientierte sich der Akris-Designer<br />

Albert Kriemler für seine Frühjahr-Sommer-<br />

Kollektion. Hier sieht man im Direktvergleich<br />

den Dachgarten der Banco Safra in São<br />

Paulo und einen Hosenanzug mit passender<br />

Tasche. Eine bessere Inspiration kann man sich<br />

kaum vorstellen: Die gemäßigt kubistischen<br />

Schwünge, die sonnendurchflutete Archaik, die<br />

Palette aus Erd- und Steinfarben sind Inhaltsstoffe,<br />

die perfekt zum zurückgelehnten Glamour des<br />

Schweizer Labels passen. Als würde man im<br />

hart bestuhlten Abteil einer Zahnradbahn leise<br />

Girl From Ipanema pfeifen.<br />

V<br />

N DIOR<br />

Fotos: Kenzo; Dior; Lilo Benecke; Marni; Leonardo Firotti/Akris; Fernando Jorge<br />

Begegnen Sie<br />

der Welt<br />

in 12.000 Meter Höhe<br />

Einige der unvergesslichsten Momente auf der Erde passieren<br />

nicht einmal auf der Erde. Führen Sie inspirierende Gespräche<br />

in unseren exklusiven Lounges, erfrischen Sie sich in unseren<br />

Spa-Duschen und finden Sie an Bord der Emirates A380 den Platz,<br />

den Sie zum <strong>En</strong>tspannen brauchen.<br />

Erleben Sie eine Welt voller Prämien auf skywards.com<br />

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Reisebüro oder telefonisch unter 069 945192000.


WOW!<br />

www.ferragamo.com<br />

DIE STYLISTIN ELISA NALIN IN EINEM TRENCHCOAT DES LABELS DRYCE, fotografi ert vom Streetstyle-Blogger Tommy Ton<br />

GRACE JONES LÄSST GRÜSSEN:<br />

STIEFEL AUS DER JUBILÄUMSKOLLEKTION VON POLLINI<br />

PLÄDOYER für<br />

sehr GUTE LAUNE<br />

Die bestgelaunten Sommermäntel hat der französische<br />

Designer Dryce (ihm reicht ein Name …) in Zusammenarbeit<br />

mit dem Label Façonnable entwickelt: in leuchtenden<br />

Farben und breit gestreift wie die Installation des<br />

Künstlers Daniel Buren im Innenhof des Palais Royal.<br />

Plötzlich ist der Trenchcoat kein Klassiker mehr, sondern<br />

ein uneingeschränktes Plädoyer für sehr gute Laune.<br />

Nicht weiter überraschend, dass Rei Kawakubo von<br />

Comme des Garçons zu den Fans von Dryce zählt. Die<br />

Mäntel wird es bei Barneys in den USA, Le Printemps in<br />

Frankreich und bei Isetan in Japan geben.<br />

DER XY POP SCHUH<br />

Seit 2010 ist der Designer Nicholas Kirkwood Creative<br />

Director der italienischen Schuhmarke Pollini.<br />

Zum 60. Geburtstag warf er einen intensiven<br />

Blick ins Archiv und interpretierte den Cavaliere-<br />

Stiefel im Hinblick auf die idealtypischen<br />

Trägerinnen: Grace Jones, Lena Dunham,<br />

David Bowie etc.<br />

FOREVER POP<br />

Das britische Label Ben Sherman feiert seinen<br />

50. Geburtstag mit einem klugen Bildband über<br />

englische Popkultur (sowie einer T-Shirt-Edition<br />

in Zusammenarbeit mit der Musikfotografin<br />

Janette Beckman). Die stilistischen<br />

Beharrungs- und Erneuerungskräfte halten<br />

dort Pop und Mode gleichermaßen jung.<br />

SKATEBOARD VON DIDI DUNPHY<br />

42<br />

WEGWEISEND: VIVIENNE WESTWOOD ALS PUNK<br />

Farbenprächtig<br />

Mit dem italienischen Steingutproduzenten<br />

U. Grazia Maioliche hat die Designerin Didi<br />

Dunphy ein garantiert nicht straßentaugliches<br />

Skate board entwickelt, das so farbenprächtig daher -<br />

kommt wie ein angegrauter Szene-Italiener.<br />

Fotos: Lahssan x Façonnable/Tommy Ton; Janette Beckman/Ben Sherman; Pollini


Die Stadt als<br />

KUNSTWERK<br />

Natürlich bleibt der Blick unwillkürlich<br />

bei diesem Bild vom West<br />

Broadway Richtung Süden hängen,<br />

in dem die Twin Towers des<br />

World Trade Centers wie reinretuschierte<br />

Geister wirken. Es stammt<br />

aus der Langzeitserie Unconscious<br />

Places des deutschen Künstlers<br />

Thomas Struth, der seit vier Jahrzehnten<br />

Straßen fotografiert: möglichst<br />

menschenleer und in der<br />

Regel die Perspektiven meidend,<br />

aus denen der urbane Raum vielleicht<br />

bereits einmal zu oft gesehen<br />

wurde. Struth hat erst Malerei bei<br />

Gerhard Richter, dann Fotografie<br />

bei Bernd und Hilla Becher studiert.<br />

Seine Arbeit verbindet den<br />

pedantischen Skeptizismus des<br />

einen mit der strengen Schwärmerei<br />

der anderen. Der Bildband<br />

Unconscious Places (Schirmer/Mosel<br />

Verlag) öffnet dem Betrachter<br />

mit sanftem Zwang die Augen:<br />

Jede Stadt ist ein Kunstwerk.<br />

POESIE aus<br />

dem Handgelenk<br />

CHLOË SEVIGNY, 1993, AUF EINER FÄHRE BEI NEW YORK<br />

WOW!<br />

DIE STADT ALS KUNSTWERK: WEST BROADWAY, NEW YORK 1978 VON THOMAS STRUTH<br />

Damals war er gerade frisch nach New York gezogen, ein Junge aus gutem, brasilianischem<br />

Haus, ausgestattet mit einer Kamera und einer unendlichen Neugier auf das Leben und die<br />

Bilder, die es bereithielt. Heute ist Marcelo Krasilcic ein international renommierter Modefotograf<br />

mit ungewöhnlichem Sinn für Komik. Sein erstes Buch (genau genommen sind<br />

es zwei Bände) zeigt Aufnahmen aus den Neunzigern: Popstars, Familien, Liebhaber, Sofas.<br />

Hinreißendes Buch eines Meisters der Poesie aus dem Handgelenk.<br />

44<br />

NEBENDARSTELLER FÜR<br />

KUNSTPORNOS<br />

Die symbiotische Beziehung zwischen Prada und dem niederländischen Architekten Rem<br />

Koolhaas ist bekannt: Aus dem Flagship-Store auf dem New Yorker Broadway machte er<br />

ein Stück gebauter Konzeptkunst und sitzt nicht selten bei den Modenschauen in der<br />

ersten Reihe. Man fragt sich, warum es bis heute gedauert hat, dass sein Büro OMA eine<br />

Möbelserie entworfen hat, deren Prototypen standesgemäß bei der Modenschau von<br />

Prada Premiere hatten. Darf man den Bildern trauen, so bastelt Koolhaas mit Plexiglas<br />

und Schaumstoff – ein Feingeist war er noch nie, eher Propagandist radikaler Hässlichkeit<br />

– Einrichtungsstücke, die Nebenrollen in Kunstpornos spielen könnten.<br />

KÜHLES KONZEPT: MÖBEL VON REM KOOLHAAS<br />

Fotos: Thomas Struth, Unconscious Places, Schirmer/Mosel; Agostino Osio/Prada; Marcelo Krasilcic, 1990s, published by Osmos; Roger Dubius, Keith Haring, The Political Line, at the Musée d’Art moderne de la Ville de Paris; Panerai, Jaeger-LeCoultre, Parmigiani, Jaeger-LeCoultre; Laurence Ellis @ Visual Artists/Topman<br />

Trügerische<br />

HEITERKEIT<br />

WOW!<br />

Dass Jean-Michel Basquiat und Keith<br />

Haring in den Achtzigern wie eine<br />

Frischzellenkur auf den etwas ermatteten<br />

Andy Warhol wirkten, ist bekannt.<br />

Ebenso die höchst unterschiedlichen<br />

Wege, die die beiden Künstler dann<br />

beschritten. Basquiat, mit 27 an einer<br />

Überdosis gestorben, blieb im Großen<br />

und Ganzen immer ein leicht<br />

überschätzter Kritikerliebling. Haring<br />

überschwemmte die Welt mit seinen<br />

Strichzeichnungen, bis ihnen alles<br />

Subversive abhandengekommen war.<br />

Jetzt zeigt eine Ausstellung im Pariser<br />

Musée d’Art Moderne fast 250<br />

seiner politisch motivierten Arbeiten<br />

– gegen Apartheit, Wettrüsten,<br />

Umweltverschmutzung, Homophobie. Die Bilder sind ziemlich klein bis monumental und immer<br />

von der trügerischen Heiterkeit geprägt, die den Künstler so universell machte. Haring, der 1990 an<br />

den Folgen seiner HIV-Infektion starb, war einer der großen Aufklärer seiner Generation.<br />

Junge MÄNNER wie SPEISEEIS<br />

Als Referenz für Modemenschen fast so verlässlich wie der Filmklassiker Letztes Jahr in Marienbad:<br />

der Möbeldesignstil Memphis. Keiner möchte mehr so wohnen, aber niemand bestreitet die grenzüberschreitende<br />

Leuchtkraft. Memphis war eine der Inspirationen für die neue Topman-Kollektion<br />

(Acid Surf und Sports Safari die anderen): alle Farben des Regenbogens, mutwilligst kombiniert, in<br />

Mustern, die nach Sonne schreien. Damit jeder junge Mann wie Speiseeis aussieht.<br />

REGENBOGENFARBEN,<br />

MUTWILLIGST KOMBINIERT: MÄNNERLOOKS VON TOPMAN<br />

45<br />

WIRKLICH GUTE<br />

Herren-UHREN<br />

Frisch von der Uhrenmesse in Genf: Modelle,<br />

die uns wegen handwerklicher, technischer oder optischer<br />

Raffinesse begeistert haben (nächsten Monat dann<br />

Hightech- und Sportuhren für <strong>Frau</strong>en)<br />

ROGER DUBUIS<br />

Um das mit Grand-Feu-Email<br />

veredelte Zifferblatt der „Excalibur<br />

Table Ronde” scharen sich zwölf<br />

Ritterfi guren aus Rotgold, mit<br />

Wonne wird hier einer der großen<br />

europäischen Mythen (König<br />

Artus) ausbuchstabiert.<br />

142500 Euro.<br />

JAEGER-LECOULTRE<br />

Nichts lieben Kenner mehr als ein<br />

bisschen Verirrung. Wo genau<br />

diese Uhr die Zeit anzeigt, und wo<br />

nur die Gangreserve, muss man<br />

am echten Objekt analysieren.<br />

Die „Bugatti Super Sport” hat ein<br />

Uhrwerk aus Schwarzgold,<br />

ein Zifferblatt aus schwarzem<br />

Opalglas und für 244000 Euro<br />

ersteht man eine Uhr mit<br />

Seltenheitswert.<br />

JAEGER-LECOULTRE<br />

Was für ein Geburtstagsgeschenk!<br />

Die „Master Grande<br />

Tradi tion Gyrotourbillon” mit Unruh<br />

aus gebläutem Gold und mit<br />

fl iegendem Gyrotourbillon wurde<br />

zum 180. Jubiläum gefertigt.<br />

Limitiert auf 75 Stück,<br />

450000 Euro.<br />

Zeit ist Geld!<br />

PANERAI<br />

Die Taschenuhr des Jahres.<br />

Von dem fl orentinischen Tauchuhrenhersteller<br />

für Männer, die<br />

nah am Wasser gebaut sind.<br />

Die „Pocket Watch Tourbillon GMT<br />

Ceramica” ist aus Zirkoniumoxid,<br />

mit skelettiertem Zifferblatt. Sie<br />

kostet 165000 Euro und gleicht<br />

einer zierlichen Handgranate.<br />

PARMIGIANI<br />

Charmant verschachteltes<br />

Spiel mit der Modefarbe Blau,<br />

ein Gesamtauft ritt, der Wucht<br />

und Witz verbindet. Der „Pershing<br />

CBF Chronograph” aus Titan<br />

mit Roségold-Lünette und<br />

dunkelblauem Alligatorleder -<br />

band von Hermès kostet<br />

21400 Euro.


Haider ackermann, Porträt joHan Sandberg<br />

“icH habe<br />

mich verliebt“<br />

Kein Modemacher wickelt die <strong>Frau</strong>en so<br />

wirkungsvoll ein wie Haider acKerMann.<br />

Mit der Witwe des Malers Balthus, einer alten<br />

Freundin, spricht er über ungebetene Hausgäste<br />

(geht gar nicht), Social Media (ebenso wenig)<br />

und die Farben der Liebe<br />

von<br />

Setsuko KLoSSoWSKa de rola<br />

FotoS<br />

cHriStiAn Ferretti<br />

Styling<br />

gro curtiS<br />

FaSHion<br />

46<br />

Haider ackermann: Ich erinnere mich noch genau,<br />

wann ich dich das erste Mal sah. Das weißt du<br />

gar nicht. Das war bei einer John-Galliano-Schau.<br />

Vor 16 Jahren oder so. Die Leute scharten sich um<br />

John, es war sehr voll, und plötzlich bist du mit deinem<br />

Mann erschienen, er trug ein schwarzes Cape<br />

und du einen wunderbaren Kimono, und die Leute<br />

bildeten eine Schneise für euch. Für mich die Definition<br />

von Eleganz, du liefst ganz langsam.<br />

SetSuko kloSSowSka de rola: Oh. Balthasar<br />

war noch nie auf einer Modenschau gewesen, aber aus<br />

Liebe zu seiner Tochter, die damals auf dem Laufsteg<br />

lief, willigte er ein, dorthin zu gehen, und er hatte ein<br />

paar glückliche Momente. Übrigens geht man in einem<br />

Kimono sehr langsam, weil das Kostüm entscheidet,<br />

wie du dich bewegst. Eine Geschichte von Visconti: Bei<br />

einem seiner letzten Filme haben wir ihn getroffen,<br />

und dort waren viele junge hübsche <strong>Frau</strong>en in wunderschönen<br />

Kleidern und unterhielten sich, und Visconti<br />

hat sie bemerkt und klatschte in die Hände und rief:<br />

„Beine, Beine, Beine!“ Er drehte sich zu uns um und<br />

sagte: „Heutzutage trägt jeder Jeans, und sie wissen<br />

nicht, wie sie in langen Kleidern sitzen sollen.“<br />

ackermann: Weil man in Jeans immer breitbeinig<br />

sitzt.<br />

kloSSowSka de rola: Genau.<br />

ackermann: Wie beeinflusst es deine Arbeit als<br />

Malerin, dass du so weit entfernt von deiner alten<br />

Heimat lebst?<br />

kloSSowSka de rola: Ich fühle mich nicht<br />

weit entfernt von Japan, es ist eine Frage, was man in<br />

sich trägt. Ich lese japanische Essays und weiß, was<br />

mein Land denkt. Tokio ist eine tolle Stadt, aber ich<br />

brauche viel mehr die Ruhe der Natur. Alles ist<br />

schnell lebig. So viele Menschen machen so viele<br />

Dinge und erreichen nichts. Aber du bist dir dessen<br />

bewusst. Als ich deine letzte Schau gesehen habe, die<br />

Farben! Sie kämpfen nicht gegeneinander, sie sind<br />

harmonisch. Viele Farben kämpfen ja gegeneinander.<br />

Aber deine Schau, die Harmonie deiner Farben! Es<br />

ist wirklich schwer, drei, vier Farben zu kombinieren.<br />

ackermann: Ich habe Farben lange Zeit gefürchtet,<br />

ich bin eher eine Person, die im Schatten<br />

steht. Wenn man Farben benutzt, werden die Leute<br />

auf dich aufmerksam, deswegen hatte ich Angst davor.<br />

Aber dann wurde mein Leben schöner und viel begehrenswerter,<br />

und ich benutzte Farben.<br />

kloSSowSka de rola: Was hat dich dazu gebracht?<br />

ackermann: Ich habe mich verliebt! Die Liebe<br />

ist die Inspiration für alles. Du warst 40 Jahre mit<br />

Balthasar zusammen. Wie romantisch!<br />

kloSSowSka de rola: Ich würde es eher dramatisch<br />

nennen. Ich habe öfter darüber nachgedacht,<br />

was Romantik bedeutet, aber ich weiß es nicht.<br />

Kommt das Wort aus dem Lateinischen?<br />

ackermann: Ich habe ja Deutsche Literatur<br />

studiert. „Die Suche nach der blauen Blume.“ Die<br />

Definition von Romantik ist die Suche nach etwas,<br />

was es nicht gibt.<br />

kloSSowSka de rola: Als ich jung war, war es<br />

in Japan üblich, Ehen zu arrangieren. Aber ich habe<br />

meiner Mutter gesagt, dass ich mich daran nicht halten<br />

werde. An einer Liebe, für die ich nicht mein<br />

Leben geben würde, bin ich nicht interessiert. Sie war<br />

schockiert. Aber das hat sich nicht geändert. Und<br />

meine Geschichte mit Balthasar war über einige Jahre<br />

sehr dramatisch. Aber ich liebe das Drama und die<br />

Schwierigkeiten. Das Unmögliche.<br />

ackermann: Hat es dich weitergebracht?<br />

streng, elegant, vage asiatisch: die sommerkollektion von haider ackermann


FASHION/Haider Ackermann<br />

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KLOSSOWSKA DE ROLA: Ja. Du suchst doch auch<br />

immer die Herausforderung. Man muss sie nutzen. Es<br />

ist wie mit dem iPhone, du kannst sein Sklave sein<br />

oder es nutzen.<br />

ACKERMANN: Ich war sehr überrascht, als ich<br />

erfuhr, dass gerade du ein Smartphone hast.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Ich finde das Internet<br />

fantastisch.<br />

ACKERMANN: Ich bin ein wenig jünger als du<br />

und finde es schrecklich! Ich nutze weder Facebook<br />

noch Twitter.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Oh, ich auch nicht.<br />

Natürlich nicht.<br />

ACKERMANN: Es ist doch recht schwer, nicht<br />

zum Sklaven der Erreichbarkeit zu werden. Du willst<br />

immer in Verbindung sein, aber es gibt kein Limit. Es<br />

ist sehr gefährlich. Am Wochenende lege ich mein<br />

mobiles Telefon beiseite.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Sehr gut. Ich kenne deine<br />

Handynummer eh nicht.<br />

ACKERMANN: Ich deine auch nicht! (lacht) Aber<br />

du versuchst es besser nicht, ich könnte ja nicht abnehmen.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Dein Job in der Mode<br />

ist inmitten von Telefonen und Computern. Ich bin<br />

schnell in der Natur. Wie machst du das denn?<br />

ACKERMANN: Ich würde so gerne flüchten und<br />

habe schon gesagt, dass ich in die Schweiz komme …<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Das solltest du.<br />

ACKERMANN: Ich weiß. Aber das Abschalten<br />

kann auch furchteinflößend sein. Und die Leute brauchen<br />

mich ja auch ständig.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Wie gehst du mit diesem<br />

Stress um?<br />

ACKERMANN: Ich bin sehr verschlossen. Ich<br />

lade keine Leute zu mir nach Hause ein, es gibt nur<br />

etwa fünf Menschen, die mich besuchen kommen. Ich<br />

brauche diese Intimität. Meine besten Freunde wissen,<br />

dass sie, wenn sie mich in Begleitung besuchen,<br />

keinen Eintritt erhalten werden. Ich erlaube keine<br />

Fremden bei mir. Ich habe eine enge Beziehung zu<br />

meiner Familie und Freunden. Du hast meine Familie<br />

kennengelernt, meine wunderbare Mutter.<br />

“<br />

Ich habe lange<br />

Zeit Farben gefürchtet.<br />

Ich bin eher eine<br />

Person, die im Schatten<br />

steht. Wenn man<br />

Farben benutzt, werden<br />

die Menschen auf dich<br />

aufmerksam. Davor<br />

hatte ich Angst<br />

”<br />

– Haider Ackermann<br />

48<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Ja. Du hattest als Kind<br />

die Möglichkeit, viele Länder zu sehen, und das spiegelt<br />

sich auch in deiner Arbeit wider.<br />

ACKERMANN: Das ist alles in mir, ja. Meine nomadische<br />

Vergangenheit. Ich habe immer das Gefühl,<br />

dass ich mein Leben mit mir trage. Mein Zuhause ist<br />

sehr leer, da gibt es nur eine große Couch. Damit ich<br />

schnell umziehen kann.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Du bist wie Wind.<br />

ACKERMANN: Ja, vielleicht.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: In meinem Fall ist es<br />

etwas anders, weil dieses Haus so sehr mit meinem<br />

Mann in Verbindung steht, und es braucht viel <strong>En</strong>ergie,<br />

um es am Leben zu erhalten.<br />

ACKERMANN: Aber hast du nicht manchmal den<br />

Wunsch, in etwas ganz und gar Neues zu flüchten?<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Vielleicht bringst du<br />

mich gerade auf eine Idee … (lacht)<br />

ACKERMANN: Du magst doch Abenteuer. Wann<br />

kommst du mal wieder nach Paris?<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Ich weiß es noch nicht.<br />

Im Juni vielleicht. Ich muss an meinem neuen Buch<br />

arbeiten, darauf sollte ich mich konzentrieren. Aber<br />

wann kommst du? Du könntest allein spazieren gehen,<br />

wenn du magst.<br />

ACKERMANN: Ich könnte auch mit dir gehen.<br />

KLOSSOWSKA DE ROLA: Du kannst auch deinen<br />

Freund mitbringen. Ein kleines Abenteuer.<br />

Hair ADRIAN CLARK/THE WALL GROUP<br />

Make-up CHRIS COLBECK/ART DEPARTMENT<br />

Models ZHENYA, ANNABELLE, MILANA,<br />

MELODIE/WOMEN MANAGEMENT<br />

Stylist Assistants BRITTANY ROBINSON, KYLE HAYES<br />

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fashion<br />

fashion<br />

Der übliche<br />

Fotos<br />

GreGory harris<br />

Styling<br />

sarah eLLison<br />

Verdächtige<br />

50<br />

Der schwarze anzug,<br />

so klassisch wie elegant,<br />

neu aufgelegt für Dieses<br />

frühjahr: Präzise schnitte<br />

unD Passgenaue schultern<br />

von grossartigen labels.<br />

line uP, laDies!<br />

von links nach rechts: anzug akris choker eDDie borgo schuhe nina ricci,<br />

anzug céline schuhe maison martin margiela, anzug theyskens’ theory<br />

choker fenDi schuhe christian louboutin, anzug givenchy by riccarDo<br />

tisci chokers laDy grey anD DaviD samuel menkes schuhe chaDo ralPh<br />

rucci für manolo blahnik, anzug jil sanDer choker eDDie borgo schuhe<br />

jean-michel cazabat, anzug calvin klein collection choker annDra<br />

neen schuhe barbara bui, anzug hugo boss choker chanel schuhe<br />

chaDo ralPh rucci für manolo blahnik, anzug jean Paul gaultier<br />

choker aleXis bittar schuhe jean-michel cazabat<br />

51<br />

Photography gregory harris/trunk archive<br />

hair brian buenaventura for orlo salon/management artists<br />

hair Products bumble anD bumble<br />

make-up karan franjola for chanel/marek & associates<br />

manicure jackie saulsbery for estée lauDer/kramer + kramer<br />

models gieDre kiaulenaite/women<br />

casting eDwarD kim/the eDit Desk<br />

special thanks fast ashleys anD nicholas Des jarDins


people<br />

A.p.c.<br />

people/Jean Touitou<br />

Monsieur<br />

Der höfliche Mann mit den traurigen<br />

Augen ist auch auf den zweiten Blick<br />

nicht als das zu erkennen, was er ist:<br />

ein umtriebiger Hansdampf, dessen<br />

Haupt beschäftigung die Leitung des<br />

französischen Labels A.P.C. ist.<br />

Im Gespräch gibt Jean TouiTou<br />

sich alle Mühe, sein Licht unter den Scheffel<br />

zu stellen. Wir holen es wieder hervor<br />

JulIa roItfelD, 1995<br />

foto marIanne CHemetov<br />

von<br />

HeIke Blümner<br />

Porträt<br />

JulIAn BroAD<br />

lou DoIllon, 2005<br />

foto PIerre BaIlly<br />

JamIe HInCe, valentIne fIllol-CorDIer, 2006<br />

foto terry rICHarDSon<br />

IntervIew: Monsieur Touitou, Sie sind als Mann<br />

der tausend Interessen, Nebenbeschäftigungen und<br />

Hobbys bekannt. Welche sind das zurzeit?<br />

Jean touItou: Ich fühle mich eher wie ein normal<br />

aufgeschlossener Mensch. In der Modewelt sind<br />

alle sehr selbstbezogen. Sie interessieren sich höchstens<br />

für ihre Show und dafür, was irgendein Redakteur<br />

über ihre Sachen sagt. Das langweilt mich. Im Prinzip<br />

bin ich einfach nur ein Mann, der weiß, dass es Bücher<br />

gibt und dass man auch ins Kino gehen kann.<br />

IntervIew: Das klingt bescheiden für jemanden,<br />

der nebenbei eine Vorschule gegründet hat.<br />

touItou: Eine Vorschule für Anderthalb- bis<br />

Fünfjährige in Paris. Sie liegt direkt neben unserer<br />

Firmenzentrale.<br />

IntervIew: Was ist an der A.P.C.-Kita anders?<br />

touItou: Es heißt ja immer, dass in Frankreich<br />

alles so gut läuft, was die Kinderbetreuung angeht,<br />

aber das ist eine Illusion. Ja, es gibt viele Einrichtungen,<br />

und die sind auch noch umsonst. Aber wenn man<br />

genauer hinschaut, ist das, was da abläuft, eine Farce.<br />

Zum Beispiel legt die Kindergartenleitung den Eltern<br />

eine Art Sollplan vor, bis wann ihr Kind trocken sein<br />

muss, um in die Kita aufgenommen zu werden. Da<br />

will ich gar nicht weiter drüber nachdenken, wie die<br />

Eltern das umsetzen. Bei uns gibt es jedenfalls einen<br />

riesigen Schrank mit sehr, sehr vielen Windeln.<br />

IntervIew: Wie schön …<br />

touItou: Aber mal im Ernst: Ich mache gerne<br />

Mode und Jeans, aber ich möchte auch einen kleinen<br />

kulturellen Abdruck hinterlassen, und deshalb habe<br />

ich eine Vorschule gegründet. Ich wünsche mir, dass<br />

Kinder bei uns lernen, dass Lernen Spaß macht. Vielleicht<br />

lässt sich ja ein Mitarbeiter der französischen<br />

Regierung von diesem Konzept inspirieren. Leider<br />

sind die Zeiten so, dass die Menschen sich nicht mehr<br />

fürs Lernen interessieren, und das ist deprimierend.<br />

IntervIew: Das klingt sehr pessimistisch.<br />

touItou: Aber so ist es doch. Wer liest denn noch<br />

Literatur?<br />

IntervIew: Der Buchmarkt ist jedenfalls noch<br />

nicht verschwunden, wie es uns seit Erfindung des<br />

Internets prophezeit wird. Eher laufen die verschiedenen<br />

Medien erfolgreich parallel nebeneinander her.<br />

touItou: Ich kenne 20­jährige HipHop­Fans, die<br />

noch nicht mal wissen, wer Grandmaster Flash war.<br />

Mir ist die heutige Kultur zu gegenwartsbezogen. Die<br />

Leute beschäftigen sich nicht mit ihren Wurzeln.<br />

IntervIew: Haben Sie selber auch Kinder?<br />

touItou: Ja, drei. Sie sind 23, 19 und 8 Jahre alt.<br />

IntervIew: Da sind die älteren ja im besten A.P.C.­<br />

Alter. Sind sie in irgendeiner Weise in das Unternehmen<br />

eingebunden?<br />

touItou: Nein, gar nicht. Meine älteste Tochter<br />

studiert Film in Brüssel und mein Sohn arbeitet in einem<br />

Restaurant in London. Ich möchte auf sie keinen<br />

Druck ausüben. Schließlich könnte A.P.C. theoretisch<br />

jeden Tag verschwinden.<br />

IntervIew: Danach sieht es allerdings gerade<br />

nicht aus.<br />

touItou: Das stimmt, aber man weiß auch nicht,<br />

ob man morgen vom Auto überfahren wird.<br />

IntervIew: Auch wenn Sie das Modegeschäft als<br />

vergleichsweise niedrigrangige Kunstform ansehen, erfordert<br />

es doch viel lebendiges Interesse, um ein Label<br />

erfolgreich am Laufen zu halten. Woher nehmen Sie<br />

nach so vielen Jahren Ihre <strong>En</strong>ergie und Inspiration?<br />

touItou: Die einfache Art zu antworten, wäre zu<br />

sagen, dass ich demütig bin. Aber das klingt auch so<br />

nach blödem Poser. Ich halte mich einfach an die Vorstellung,<br />

dass man immer wieder offen dafür sein muss<br />

zu sterben, um dann wieder neu geboren zu werden.<br />

Man darf sich nicht zu sehr an eine Idee klammern. In<br />

unserem Fall zum Beispiel an die Idee von hipper<br />

Streetwear, was wir vielleicht vor 20 Jahren mal gemacht<br />

haben. Man muss mit einem Label auch erwachsen<br />

werden. Ganz konkret ziehe ich meine <strong>En</strong>ergie aus<br />

den jungen Leuten, die mich umgeben, und meinen<br />

intellektuellen Interessen, vor allem dem Lesen.<br />

IntervIew: Ist klassisch das neue Hip?<br />

touItou: Es kommt darauf an, wie man „klassisch“<br />

definiert. Ich mochte etwa die Arbeit von Nicolas<br />

Ghesquière für Balenciaga sehr. Aber ist das klassisch?<br />

Nicht wirklich. Es ist total angesagt. Trotzdem<br />

weiß ich, dass in dieser Art von Arbeit viel Forschergeist<br />

steckt. Aber immer dieses Gerede von Hipness.<br />

Ich mag es nicht. Hipness ist mein Feind. Die Leute<br />

haben nichts im Kopf, aber denken, dass sie hip sind.<br />

IntervIew: Bei Mode geht es aber immer auch<br />

um sichtbare Zeichen. Woran erkennt man, dass jemand<br />

A.P.C. trägt?<br />

touItou: Seit ein paar Jahren sind wir femininer<br />

“<br />

Die Sexualität<br />

darf nicht zu offensiv<br />

zur Schau gestellt<br />

werden. Aber sie muss<br />

natürlich da sein.<br />

Alles andere wäre<br />

der Tod<br />

”– Jean Touitou<br />

geworden, und das macht uns erkennbarer. Es ist<br />

meine Vision von Weiblichkeit.<br />

IntervIew: Und die wäre?<br />

touItou: Ganz einfach: Die Sexualität darf nicht<br />

zu offensiv zur Schau gestellt werden. Das muss sehr,<br />

sehr subtil gemacht werden. Aber sie muss natürlich<br />

da sein. Alles andere wäre der Tod.<br />

IntervIew: Mit diesem Konzept gehen Sie auf<br />

Expansionskurs. Ihr erfolgreichster Markt ist Japan.<br />

touItou: Ja, dort haben wir 20 Geschäfte. Es ist<br />

eine große Erfolgsgeschichte. Gleichzeitig habe ich<br />

dort aber auch indirekt viele kleine Monster in die<br />

Welt gesetzt, denn wir werden in Japan viel kopiert<br />

und zwar auf eine Art und Weise, dass ich manchmal<br />

denke, dass sie in den 80er­Jahren hängen geblieben<br />

sind. Die Japaner haben ein Problem, Mode zu verstehen.<br />

Der modebewusste Japaner erfindet für sich eine<br />

Persönlichkeit, und dann zieht er das ohne Brüche<br />

und auf Teufel komm raus durch. Es sind uniforme<br />

Stilprototypen: die Armani­<strong>Frau</strong> oder der HipHopper.<br />

Das ist es dann, und zwar von Kopf bis Fuß. Es<br />

wird auf kultureller Ebene nichts gemixt.<br />

IntervIew: Jetzt haben Sie in Berlin Ihren zweiten<br />

Laden eröffnet. Warum?<br />

touItou: Berlin ist das Los Angeles Europas.<br />

IntervIew: Ist das so?<br />

touItou: Ja, hier pumpt die <strong>En</strong>ergie. Die <strong>En</strong>ergie<br />

der Jugend. Das gibt es nicht in Paris. Das Problem in<br />

Frankreich ist nicht so sehr, dass die alten, reichen Typen<br />

abhauen, sondern dass die jungen, kreativen, armen<br />

Typen abhauen, weil es für sie nichts zu tun gibt.<br />

IntervIew: Nun sind die Deutschen aber nicht<br />

unbedingt für ihren elaborierten Stil berühmt.<br />

touItou: Ich habe großen Respekt vor Deutschland.<br />

Es ist ein echtes Land. Frankreich ist das nicht.<br />

IntervIew: Das ist mir neu.<br />

touItou: 25 Prozent aller Beschäftigten in Frankreich<br />

sind Staatsbedienstete mit lebenslangen Jobs,<br />

und das sind dann sehr konservative Menschen. Man<br />

kann deshalb in Frankreich nichts verändern. Und<br />

viele Leute, gerade auch die mit hohen Gehältern, die<br />

sich zwischendurch drei Jahre arbeitslos melden können,<br />

saugen das System einfach aus.<br />

IntervIew: Sie haben tunesische Wurzeln. Könnten<br />

Sie sich jetzt, im Zuge des Arabischen Frühlings,<br />

vorstellen, mit A.P.C. auch nach Tunesien oder Nordafrika<br />

zu expandieren?<br />

touItou: Ich wurde in Tunesien geboren. Ich bin<br />

Atheist, aber meine Familie musste aufgrund ihres<br />

jüdischen Hintergrunds das Land verlassen. Konflikte<br />

zwischen Juden und Moslems gab es lange vor der<br />

Gründung Israels. Aber zu Ihrer Frage: Nein, A.P.C.<br />

kann ich dort nicht verkaufen. Das liegt aber nicht am<br />

Islam. Je südlicher man kommt, desto weniger haben<br />

es die Leute mit Minimalismus. Ich könnte auch nie<br />

einen Laden auf Sizilien eröffnen. Die Leute dort finden<br />

meinen Look absurd, denn es glitzert ja nichts.<br />

Ich bin darüber sehr traurig, denn ich liebe Süditalien<br />

und verbringe immer meine Ferien dort.<br />

IntervIew: Wie oft variieren Sie die Kollektionen?<br />

Ich könnte mir vorstellen, dass Sie nicht so sehr<br />

unter Druck stehen wie typische Prêt­à­porter­Designer,<br />

schließlich wiederholen sich bei A.P.C. viele<br />

Schnitte.<br />

touItou: Ja, es gibt weniger Druck, auch weil wir<br />

nicht diese großen Shows machen mit dem ganzen<br />

Front­Row­Quatsch. Dennoch, die Natur hat vier<br />

Jahreszeiten, und die Modebranche hat noch zwei<br />

dazu erfunden. Deshalb müssen wir jedes Jahr sechsmal<br />

den kreativen Prozess durchlaufen, und das reicht<br />

mir an Druck. Ich versuche dagegenzuhalten, indem<br />

ich den Profit, den das Unternehmen abwirft, vor allem<br />

in zusätzliche Arbeitskräfte stecke, um den Druck<br />

auf alle möglichst erträglich zu halten.<br />

IntervIew: Und wie behauptet man sich auf Dauer<br />

zwischen der Spanne American Apparel bis Acne<br />

Jeans, mit denen A.P.C. ja sicher eine gewisse Schnittmenge<br />

von Kunden hat?<br />

touItou: Das sehe ich ganz anders. Acne Jeans ist<br />

nur eine Jeans­Marke, die versucht, Fashion zu sein.<br />

Das führt aber meiner Meinung nach nirgendwohin.<br />

Viel Lärm, aber ich sehe da keine Fashion.<br />

IntervIew: Wo sehen Sie die Fashion bei A.P.C.?<br />

touItou: Ich bin kein Moderedakteur, aber ich<br />

denke, wir machen eine Art von komplexem Minimalismus,<br />

den sonst niemand hinkriegt. Deshalb muss<br />

ich auch noch mal ganz klar sagen, dass wir mit American<br />

Apparel nichts gemeinsam haben. Was American<br />

Apparel macht, könnte ich im Schlaf. Es sieht<br />

vielleicht nicht so aus, aber es erfordert sehr viel<br />

Arbeit, um nach wenig Arbeit auszusehen. Und es ist<br />

sehr einfach, die Dinge zu überfrachten.<br />

Ja, muSIk GIBt eS BeI a.P. C. manCHmal auCH<br />

53


fashion<br />

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ANNA SUi, giORgiO ARMANi, MARc JAcOBS, DiOR,<br />

DOLcE & gABBANA, STUART WEiTzMAN, OSkLEN<br />

55<br />

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mit EinEr t<strong>En</strong>d<strong>En</strong>z zur unruhig<strong>En</strong> krausE. Für W<strong>En</strong>igEr Frizz, daFür mEhr dEFinition<br />

und noch mEhr gLanz: „bE curLy curL <strong>En</strong>hancEr” von avEda<br />

57<br />

komplettlook giv<strong>En</strong>chy hommE<br />

by riccardo tisci


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Das aging-MerkMal nuMMer eins ist Dünner werDenDes Haar. DieseM Pro bleM kann Man Mit einer<br />

sPeziellen systeMPflege wie „sensai sHiDenkai” recHtzeitig vorbeugen. sHaMPoo, conDitioner unD<br />

HaarseruM wirken gezielt auf Der koPfHaut unD DaMit an Der basis von gesunDen Haarwurzeln. von kanebo<br />

58<br />

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60<br />

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hat eine festigende Wirkung.<br />

Von SUSANNE KAUFMANN, um 39 Euro.<br />

NAGELLACK IN DER FARBE<br />

BOYFRIEND<br />

Ohne Formaldehyd, Aceton und Alkohol –<br />

85 % natürliche Inhaltsstoffe. Von KURE<br />

BAZAAR, um 17 Euro über www.allforeves.com<br />

CARROT BUTTER CLEANSER<br />

Ein Klassiker, der oft ausgezeichnet wurde.<br />

Er entfernt gründlich jegliches Make-up. Von<br />

THE ORGANIC PHARMACY, um 50 Euro.<br />

SAPHIR CONCENTRATE FACE OIL<br />

Mit ätherischen Ölen und pulverisierten Edelsteinen,<br />

die beruhigen, klären und ausgleichen.<br />

Von SJAL SKINCARE, um 170 Euro.<br />

GINGER CIAO 2.27<br />

Charismatisch, waghalsig und funkelnd –<br />

ein Duft mit Lilie, Ingwer und Basilikum.<br />

Von YOSH HAN, um 120 Euro über<br />

www.ausliebezumduft.de<br />

MACADAMIA & ROSE DRY SKIN CREAM<br />

Eine reichhaltige Gesichtspflege mit<br />

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Von PAI SKINCARE, um 34 Euro.<br />

61<br />

Eine kolumne von BEttIna Br<strong>En</strong>n<br />

Dass Deutschland das Land der Naturkosmetik ist –<br />

ein alter Hut. Marken wie Dr. Hauschka und Weleda<br />

haben ihre Wurzeln nicht nur im Schwäbischen,<br />

sondern auch in der Anthroposophie, was für viele<br />

immer noch den schalen Beigeschmack von mit Henna gefärbten<br />

Haaren, Birkenstock-Sandalen und Wollsocken hat. Und nein,<br />

ich werde hier auch nicht von einem neuen, coolen Hipster-<br />

Look schreiben: Nach wie vor gibt es die nachhaltige Fangemeinde,<br />

die ihren Namen tanzen kann, und das ist ja auch okay<br />

so. Aber spätestens seit Hollywood „the organic brands from<br />

Germany“ entdeckt hat, gilt alles aus den heimischen Kräutergärten<br />

auch bei uns als très chic. Nicht nur, dass in Amerika die<br />

Produkte zu für uns unfassbaren Preisen verkauft werden, nein,<br />

dort stehen die Tiegel in kultigen Konzeptstores statt in klassischen<br />

Bioläden. Und: Auch Männer wagen sich an die Produkte,<br />

ganz egal ob Brad Pitt oder Wotan Wilke Möhring – beide sollen<br />

eingeschworene Dr.-Hauschka-Fans sein.<br />

Mein Faible für natürliche Pflege begann bereits zu Teenagerzeiten.<br />

Wahrscheinlich war es das Gesichtstonikum „Spezial“<br />

von Dr. Hauschka, das mich restlos überzeugte – ein Gesichtswasser<br />

mit Kräuteressenzen, das meine damals noch ölige Haut in<br />

Einklang bringen sollte. (Heute ist es zum Beispiel der neue<br />

Duschbalsam „Lavendel Sandelholz“.) Dabei galt stets: Ich empfand<br />

als angenehm, was für viele oft „zu gesund“ roch. Aber auch<br />

die Traditionshäuser haben sich dem Lauf der Zeit und den Kundenwünschen<br />

angepasst. Nicht nur Weleda hat eine eigene Parfümeurin,<br />

die den manchmal etwas strengen, wenn auch wirkungsvollen<br />

Duft der Natur mit einem ebenso natürlichen Odeur<br />

zu kaschieren versucht. Deshalb duftet die Granatapfelserie auch<br />

nach einem Mix aus sinnlichem Sandelholz und Davana – einem<br />

fruchtigen ätherischen Öl, das eine entspannende Wirkung hat –<br />

und nicht nur nach der roten Frucht, die auf der Verpackung zu<br />

sehen ist. Und ich muss zugeben: Die Handcreme habe ich vor<br />

allem, weil sie eben so lecker riecht.<br />

Aber nicht nur der deutsche Süden steht für Naturprodukte,<br />

auch andere Länder haben großartige Marken mit einem häufig<br />

nicht ganz so bodenständigen Äußeren. Aus Österreich kommen<br />

die cleanen Produkte von Susanne Kaufmann – ihr wurde die<br />

Liebe zu heimischen Kräutern und deren Wirkung von der<br />

Großmutter in die Wiege gelegt. The Organic Pharmacy dagegen<br />

stammt aus UK und wurde von der Apothekerin und Homöopathin<br />

Margo Marrone entwickelt, als diese in ihrer Schwangerschaft<br />

auf der Suche nach einer optimalen, natürlichen Pflege<br />

war, die auch zu ihren Designansprüchen passt. Oder kennen Sie<br />

die Düfte der Amerikanerin Yosh Han? Sie sieht jedes Dufterlebnis<br />

als eine physio- und psychologische Reise und nennt diesen<br />

Prozess Trans-Aromation. Klar, dass sie dabei nur natürliche Essenzen<br />

verwendet. Ebenso wie die kleine französische Marke<br />

Absolution mit ihren illustrierten Verpackungen. Die Serie wurde<br />

sogar 2010 mit dem Wallpaper Design Award ausgezeichnet.<br />

Das ist nur ein kleiner Auszug der wachsenden Liste von Organic<br />

Brands und der nachhaltigen Beautygemeinde. Und ja:<br />

Auch ich stöbere im Ausland und liebe seit Langem das „Antioxidant<br />

Face Firming Serum“ und den „Carrot Butter Cleanser“ von<br />

The Organic Pharmacy. Die „Nährstoffcreme“ und das „Johanniskrautbad“<br />

von Susanne Kaufmann, die Kerzen von Neom und<br />

das Nagelöl von Cowshed. Als Fan von Gesichtsölen freue ich<br />

mich gerade auf das „Desert Rose Face Oil“ von Bodhi, das zwar<br />

leider erst nach Redaktionsschluss auf meinem Tisch landen wird.<br />

Aber Sie können sicher sein: Ich werde darüber berichten.<br />

Da man kleine Marken nicht überall bekommt,<br />

folgen hier die besten Natural Beauty Stores im Netz:<br />

- www.allforeves.com – Alles vom veganen Nagellack bis<br />

zum organischen Haarstyling-Produkt<br />

- www.greenglam.de – Unzählige kleine und große Marken<br />

- www.aliqua-naturkosmetik.de<br />

- www.pureshopskincare.com – Hier findet man<br />

Sukí Skin Care, eine neue, kultige Marke aus den USA


1BEAUTY<br />

Auch dieses Jahr<br />

wird der DEUTSCHE<br />

PARFUMPREIS<br />

wieder in der<br />

Hauptstadt verliehen. Umso<br />

schöner, dass das kultige<br />

Berliner Traditionslabel<br />

J. F. Schwarzlose mit gleich<br />

zwei Düften nominiert ist.<br />

Wir gratulieren!<br />

Berliner Duftstars<br />

„TRANCE”<br />

UM 120 EURO,<br />

„TREFFPUNKT 8 UHR”<br />

UM 125 EURO<br />

DIE „SOLEIL DE LA MER”-KOLLEKTION,<br />

PRODUKTE AB 75 EURO<br />

BEAUTY<br />

3Männerdüfte<br />

Das holländische Kreativduo Viktor & Rolf zündet seine „Spicebomb“ mit Chili, Leder,<br />

Vetiver und rosa Pfeffer, ab 60 Euro. Dagegen verführt das italienische Modelabel<br />

Gucci mit „Gucci Guilty Black pour Homme“ mit Koriander, Lavendel und Patschuli, ab<br />

53 Euro. Frische und Klarheit verbindet man nicht nur mit der Männermode von Dior,<br />

sondern jetzt auch mit „Dior Homme Cologne“. Hier verbinden sich Bergamotte,<br />

Pampel musenblüten und weißer Moschus zu einem sehr eleganten Duft. Ab 67 Euro.<br />

Die Designikone Giorgio Armani schuf mit „Armani Eau de Nuit“ einen Gegenspieler<br />

zu „Armani Pour Homme“. Ein Duft mit Kardamom, Muskatnuss und einem sanften<br />

Irisakkord. Ab 59 Euro.<br />

VERY FRENCH<br />

Lanvin lanciert mit<br />

Lancôme eine<br />

Make-up-Kollektion.<br />

Ab Juni im Handel<br />

HAPPY<br />

BIRTHDAY<br />

„Patchouli & Saffron“ heißt die limitierte Edition<br />

zum 40. Geburtstag des englischen Kultlabels.<br />

Die Kerze verströmt einen exzentrischen 70ies-<br />

2<br />

Glamour. Von Molton Brown, um 50 Euro.<br />

„CLEANSING<br />

Get<br />

clean<br />

Stress, zu wenig Schlaf und Umwelteinflüsse lassen<br />

unsere Haut altern. Deshalb gilt nicht nur in Japan<br />

eine gründliche Reinigung als Nonplusultra.<br />

Kanebos Prinzip der Doppelreinigung wird jetzt<br />

konsequent weitergeführt: mit einem Balm, der zunächst Make-up und<br />

Sebumrückstände entfernt, und einem Schaum, der im Anschluss<br />

gründlich Transpiration und überschüssige Hautpartikel beseitigt.<br />

Estée Lauder setzt dagegen auf ein modernes 2-in-1-System: Der tägliche<br />

Reinigungsschaum wird zur klärenden Maske. Und bei Sisley sorgt<br />

eine vierwöchige Detox-Kur über Nacht für einen frischeren Teint.<br />

AUS DER KONDITOREI<br />

Lemon Tart“, „Elderflower & Gooseberry“, „Redcurrant & Cream“, „Ginger Biscuit“ oder „Bitter<br />

Orange & Chocolate“ – bei der limitierten Duftkollektion „Sugar & Spice“ läuft einem sofort das<br />

Wasser im Mund zusammen! Was klingt wie köstliche Desserts, sind in Wirklichkeit fein nuancierte Parfüms<br />

und dabei mit null Kalorien absolut figurfreundlich! Wie soll man sich da nur entscheiden? Jo Malone, je als<br />

Cologne-Spray, 30 ml um 45 Euro.<br />

62<br />

BALM” UND<br />

„FOAMING<br />

FACIAL WASH”<br />

JE UM 50<br />

EURO. AB MAI<br />

VON KANEBO<br />

„PERFECTLY<br />

CLEAN MULTI-<br />

ACTION FOAM<br />

CLEANSER”<br />

VON ESTÉE<br />

LAUDER, UM<br />

28 EURO, UND<br />

„BOTANICAL<br />

D-TOX”<br />

VON SISLEY,<br />

UM 165 EURO<br />

SONNE & LUXUS<br />

In der neuen Sonnenpflegeserie<br />

von La Mer vereinen<br />

sich die pflegenden<br />

Anti-Aging-<br />

Wirkstoffe der<br />

legendären Miracle<br />

Broth mit einem<br />

Goldalgen-Ferment,<br />

das den Reparaturmechanismus<br />

der<br />

Haut bereits während<br />

des Sonnenbadens<br />

stärken soll.<br />

BEAUTY-TALK<br />

KILIAN HENNESSY<br />

Der Nachfahr der französischen Cognac-Dynastie lebt in New York und kreiert luxuriöse<br />

Duftkonzepte. Wir trafen ihn zum Launch seiner „In the Garden of Good and<br />

Evil“-Kollektion und sprachen mit ihm über sein Faible für ein gepflegtes Äußeres<br />

63<br />

INTERVIEW: Wie beginnen Sie Ihren Tag?<br />

KILIAN HENNESSY: Wenn ich aufwache, fühle ich mich zunächst wie<br />

ein Zombie – dann steige ich in eine heiße Badewanne und werde<br />

wieder ein Mensch. Meine <strong>En</strong>ergie kehrt zurück.<br />

INTERVIEW: Sie baden? Das ist ungewöhnlich für einen Mann.<br />

HENNESSY: Ich nehme mein iPad mit und lese und schreibe<br />

E-Mails. Das kann manchmal dauern (lacht). Ich bade übrigens<br />

sogar zweimal am Tag!<br />

INTERVIEW: Mögen Sie auch Spa-Treatments?<br />

HENNESSY: Oh ja! Ich könnte auf einer Massagebank leben!<br />

INTERVIEW: Benutzen Sie eine spezielle<br />

Pflegeserie?<br />

HENNESSY: Ich habe eine<br />

Feuchtigkeitscreme, die<br />

speziell für meine Haut konzipiert<br />

ist. Meine Dermatologin in Paris nennt sie skin in a tube. Davon habe<br />

ich eine in jeder Tasche, und das war es.<br />

INTERVIEW: Erinnern Sie sich an Ihren ersten Duft?<br />

HENNESSY: Und ob! Es war in Cognac, als mein Cousin und ich entschieden,<br />

dass wir endlich auch ein eigenes Parfüm haben sollten. Ich war 14 Jahre alt,<br />

Mitte der Achtziger, da gab es nicht viel Auswahl. Ich entschied mich für<br />

„Vetiver“ von Guerlain. Ich benutzte es ewig …<br />

INTERVIEW: Und heute?<br />

HENNESSY: Jetzt gerade „In the City of<br />

Sin“, abends, wenn ich ausgehe, „Back to<br />

Black Aphrodisiac“ und tagsüber meinen<br />

Klassiker „A Taste of Heaven“.<br />

INTERVIEW: Welches war der erste Damenduft,<br />

den Sie mochten?<br />

HENNESSY: Mit Sicherheit „Fracas“ von<br />

Robert Piguet an meiner Mutter. Aber<br />

auch alle anderen <strong>Frau</strong>en unserer Familie<br />

trugen diesen Duft. Ich wuchs<br />

in einem Rausch von Tuberose<br />

auf! (lacht)<br />

SUCHTMITTEL<br />

TOM FORDS<br />

NEUE<br />

LIPPENSTIFT-<br />

KOLLEKTION<br />

Als der Texaner 2010 seinen ersten Lippenstift<br />

launchte, hatte er alle zwölf Nuancen an sich selbst<br />

getestet. Er wollte wissen, wie sich die Textur anfühlt<br />

und wie die Wirkung der Farbe ist. Ob er das<br />

bei der „Lip Color Shine Collection“ auch getan<br />

hat, ist nicht bekannt. Aber die zehn neuen Farben,<br />

von Zartrosé bis Fuchsia, sind mindestens genauso<br />

begehrt wie damals Vanilla Suede. Um 45 Euro.<br />

Exklusiv im KaDeWe in Berlin erhältlich.<br />

KILIAN<br />

HENNESSY<br />

UND<br />

SEINE NEUE<br />

DUFTKOL-<br />

LEKTION (L.)


spring<br />

breakers<br />

breakers<br />

Kokain, Killerbabes und Knallerfarben:<br />

Seit der Premiere in Venedig feiern wir den neuen<br />

Film von Harmony Korine. Denn Spring Breakers<br />

wird für die nächsten Jahre zum Bildungskanon<br />

eines jeden rebellionswilligen Jugendlichen gehören.<br />

Und das nicht nur, weil die Disneystars<br />

VANESSA HUDGENS und SElENA GomEz<br />

darin ihre Unschuld verspielen<br />

von<br />

lAURA EWERT<br />

Fotos<br />

micHAEl mUllER<br />

Es ist doch aufmunternd,<br />

junge <strong>Frau</strong>en zu sehen,<br />

die keinen Helden brauchen,<br />

die nicht gerettet werden wollen<br />

und die der Welt zeigen,<br />

wer der Boss ist


Während die Filmkollegin Rachel Korine sich von<br />

einem Magen-Darm-Virus erholt und Ashley Benson<br />

noch mal in der Maske verschwunden ist, weil ihr das<br />

Tages-Make-up für das <strong>Interview</strong> doch nicht passend<br />

erscheint, treffen wir die derzeit größten Teenie-Stars<br />

Selena Gomez und Vanessa Hudgens in einer Berliner<br />

Hotelsuite an einem Februarvormittag in beeindruckenden<br />

Abendkleidern.<br />

IntervIew: Fahren Sie in diesen Roben auch gleich<br />

zum Flughafen?<br />

Selena Gomez: Ja, klar!<br />

vaneSSa HudGenS: Wenn wir landen, geben<br />

wir doch sofort das nächste <strong>Interview</strong>.<br />

IntervIew: Wussten Sie beide eigentlich, worauf<br />

Sie sich bei diesem Dreh einlassen? Disney-Pro duktionen<br />

können Sie jetzt vielleicht vergessen. Statt<br />

Teenie-Stars sind Sie nun die Helden eines provokanten<br />

Indie-Films.<br />

Gomez: Hoffentlich!<br />

HudGenS: Es war eine Möglichkeit zu wachsen.<br />

Wir kannten das Drehbuch, wir ahnten, worauf wir<br />

uns einlassen, aber am <strong>En</strong>de wusste nur Harmony,<br />

was er damit vermitteln will. Und der Film war auch<br />

für mich überraschend.<br />

IntervIew: Selena, Sie haben in einem <strong>Interview</strong><br />

gesagt, Sie würden Ihren jungen Fans eher davon abraten,<br />

Spring Breakers zu sehen.<br />

Gomez: So harsch habe ich mich nicht ausgedrückt,<br />

ich habe sie nur gewarnt. Bei der Premiere in<br />

Toronto waren die ersten vier Reihen mit unseren<br />

Fans besetzt, die hatten Poster von uns dabei und waren<br />

vermutlich so zwischen 17 und 22. Sie haben an<br />

den richtigen Stellen gelacht und waren erschrocken<br />

bei den Szenen, die beängstigend sind. Dennoch denke<br />

ich, der Film ist eher für eine ältere Generation.<br />

Demnächst werde ich aber wieder in der Die Zauberer<br />

vom Waverly Place-Reunion zu sehen sein, ich versuche<br />

also, eine Balance zu finden, so gut ich kann.<br />

IntervIew: Ihre Garderobe jedenfalls ist nicht<br />

unbedingt jugendfrei, wie war es, am Set die ganze<br />

Zeit im Bikini herumzulaufen?<br />

Gomez: Man gewöhnt sich daran. Alle dort tragen<br />

doch Bikini – oder noch weniger … Und wir waren<br />

am Strand, passt doch.<br />

IntervIew: Die Bikinis tragen Sie aber auch im<br />

Gerichtssaal.<br />

HudGenS: Na ja, wir wurden festgenommen, da<br />

hatten wir eben keine Zeit, uns noch ein T-Shirt zu<br />

kaufen.<br />

IntervIew: Sie waren außerdem ziemlich high …<br />

Glauben Sie eigentlich auch, dass die pinken Sturmhauben,<br />

die die Spring-Break-Bitches bei ihren bewaffneten<br />

Überfällen tragen, in Zukunft der neue<br />

Verkaufsschlager an den Partystränden sein werden?<br />

Gomez: Ich weiß nicht.<br />

HudGenS: Hoffentlich nicht, denn darunter ist es<br />

wirklich ganz schön heiß.<br />

IntervIew: Sie sind jedenfalls das perfekte Merchandising-Produkt.<br />

Gomez: Versuchen Sie gerade, unseren Film zu<br />

vermarkten? Das gefällt mir!<br />

IntervIew: Neben Skimasken gibt es beängstigend<br />

viel nackte Haut, Brüste und wackelnde Hintern<br />

in Nahaufnahme zu sehen. Glauben Sie, der Regisseur<br />

will uns damit Angst vor dem jugendlichen Körper<br />

machen?<br />

HudGenS: Ach, Harmony will doch nur schocken.<br />

Gomez: Aber er hat den Leuten nicht gesagt,<br />

sich so darzustellen! Wir waren beim Spring-Break,<br />

und er zeigt nur, was da abgeht.<br />

“<br />

Britney Spears’<br />

Weg geht niemand<br />

anderen etwas an.<br />

Sie ist ein ganz<br />

normaler Mensch,<br />

genauso wie wir<br />

”<br />

– Selena Gomez<br />

IntervIew: Tragen die jungen Leute in den Ferien<br />

wirklich Schweinehälften auf dem Kopf?<br />

Gomez: (lacht) Sagen wir es so, man ist jung,<br />

man macht Party und hat eben eine gute Zeit.<br />

IntervIew: Miss Hudgens, ist Ihre Rolle eigentlich<br />

ein Beispiel für eine neue Generation selbstbewusster<br />

und selbstbestimmter junger <strong>Frau</strong>en?<br />

HudGenS: Ich weiß nicht, ob dieser Typ neu ist,<br />

es gab immer starke <strong>Frau</strong>en. Aber es ist selten, dass<br />

Filme von solchen Mädchen handeln.<br />

IntervIew: In Spring Breakers zwingen Sie den<br />

Dealer Alien (James Franco) zu Fellatio mit Maschinenpistolen.<br />

Sie haben in einem <strong>Interview</strong> auch noch<br />

mal sicherheitshalber darauf hingewiesen, dass Sie<br />

nicht seine Bitches sind, sondern es sich ganz und gar<br />

andersrum verhält.<br />

HudGenS: Es ist doch aufmunternd, junge <strong>Frau</strong>en<br />

zu sehen, die keinen Helden brauchen, die nicht<br />

gerettet werden wollen und die der Welt zeigen, wer<br />

der Boss ist.<br />

IntervIew: Das machen die Protagonistinnen<br />

ganz unmissverständlich klar, ja.<br />

Gomez: (kichert)<br />

IntervIew: Die Girls in Spring Breakers wollen<br />

ausbrechen, zu sich selbst finden, freidrehen. Sie beide<br />

haben dagegen in Ihrer Jugend Filme gedreht, Platten<br />

aufgenommen und sind auf Tour gegangen. Hatten<br />

Sie überhaupt Zeit, sich mit derlei zu befassen?<br />

HudGenS: Ich denke, dass ich mich mit jedem<br />

meiner Projekte ein Stückchen mehr gefunden habe.<br />

Ich habe mich in ungewöhnlichen Situationen wiedergefunden,<br />

daran wächst man. Und es ist nicht so,<br />

dass unser Leben irgendwie eingeschränkt ist.<br />

IntervIew: Aber würden Sie sagen, dass Sie sich<br />

selbst gefunden haben?<br />

HudGenS: Ich würde sagen, dass man sich immer<br />

weiter entwickelt. Man versucht doch so lange herauszufinden,<br />

wer man ist, bis man stirbt. Ich fühle<br />

mich sehr gut mit dem Leben, das ich mir geschaffen<br />

habe. Ich bin stolz darauf, wer ich bin.<br />

Gomez: Das hast du toll gesagt!<br />

HudGenS: Danke dir.<br />

IntervIew: Ist die Jugend nicht eigentlich die<br />

furchtbarste Zeit im Leben eines Menschen?<br />

Gomez: Man sollte nichts bereuen, all unsere<br />

Erfahrungen machen uns zu dem, was wir sind.<br />

IntervIew: Lassen Sie uns über Britney Spears<br />

sprechen, ihre Musik spielt eine große Rolle in dem<br />

Film. Was bedeutet Ihnen Britney?<br />

Gomez: Hm, was bedeutet Britney Spears für<br />

mich … Die erste CD, die ich gekauft habe, war von<br />

ihr – … Baby One More Time. Ich war elf Jahre alt. Und<br />

ihres war das erste Konzert, auf dem ich jemals war.<br />

Sie ist ein Stück Popkultur. Sie ist die Popprinzessin.<br />

IntervIew: War sie jemals ein Vorbild für Sie<br />

beide?<br />

HudGenS: Ich wollte so sein wie Britney.<br />

Gomez: Ja, ich glaube, alle Mädchen wollten so<br />

sein wie Britney und haben ihre Songs gesungen,<br />

wenn sie vor dem Spiegel getanzt haben. Sie ist so ein<br />

großer Teil des Lebens eines jeden Mädchens, das ist<br />

doch großartig. Wie oft gibt es so etwas?<br />

HudGenS: Jeder kennt sie.<br />

Gomez: Jeder! Dass Harmony ihre Musik ausgewählt<br />

hat, ist auch ein Beweis dafür, dass er Filme in<br />

erster Linie für sich selbst dreht. Er liebt Britney, seine<br />

Figuren lieben Britney, und dafür würde er sich<br />

nicht rechtfertigen. Er bezieht sich auf Popkultur. Ich<br />

denke, das ist auch ein Grund, warum er uns beide<br />

gecastet hat, er sieht uns als Teil einer Generation, genauso<br />

wie Britney oder Skrillex.<br />

IntervIew: Britney hat auch eine dunkle Seite:<br />

ihre Abstürze, ihr Drama. Vermutlich ein Grund, warum<br />

nicht nur kleine Mädchen, sondern auch Filmemacher<br />

wie Harmony Korine Interesse an ihrer Person<br />

haben. Ist ihr Schicksal eine Mahnung für Sie?<br />

Gomez: Nein, jeder geht seinen Weg. Und Britneys<br />

Weg geht niemand anderen etwas an. Sie ist ein<br />

ganz normaler Mensch, genauso wie wir.<br />

HudGenS: Ganz genau.<br />

Gomez: Ich werde sie immer unterstützen. Und<br />

natürlich mit ihr auf Tour gehen …<br />

HudGenS: (lacht)<br />

Gomez: Nein, ernsthaft. Ihr Leben geht uns<br />

doch wirklich nichts an. Aber natürlich wollen wir immer<br />

nur das Beste für Menschen, die wir lieben und<br />

zu denen wir aufschauen.<br />

HudGenS: Jeder hat doch seine Dämonen, gegen<br />

die er kämpfen muss. Ganz egal, wer man ist.<br />

IntervIew: Sie sagten es schon, Skrillex hat ebenfalls<br />

Musik beigesteuert, ich muss Ihnen leider sagen,<br />

er ist nicht sonderlich beliebt in Deutschland …<br />

HudGenS: Ist er nicht? Wieso?<br />

Gomez: Berlin ist doch die Partyhauptstadt!<br />

HudGenS: Ja!<br />

IntervIew: Na ja, Techno hat hier eine etwas längere<br />

Tradition.<br />

Gomez: Sie meinen dieses „Umtz-Umtz-Umtz“?<br />

IntervIew: Ja, richtig. Können Sie uns erklären,<br />

warum wir Skrillex hören müssen?<br />

HudGenS: Er ist toll, superkreativ, und seine Musik<br />

ist berauschend. Er bringt dich in eine Art Trancezustand.<br />

Es macht Spaß, zu ihm zu tanzen.<br />

Gomez: Man kann sich verlieren.<br />

HudGenS: Am besten ist er live. Da kann man die<br />

<strong>En</strong>ergie aller Leute spüren.<br />

Gomez: Ich liebe Skrill!<br />

HudGenS: Ich wollte zu einem Konzert gehen,<br />

aber er ist ausverkauft bis 2014.<br />

Gomez: Was?<br />

HudGenS: Ja, das kommende Jahr ist da nichts<br />

mehr zu machen.<br />

IntervIewS: Und können Sie mir erklären, warum<br />

Neonfarben dieser Tage bei jungen Menschen so<br />

beliebt sind?<br />

Gomez: Sie wollen Spaß haben! Na ja, vielleicht<br />

bin ich nicht unbedingt die Richtige, um diese Frage<br />

zu beantworten.<br />

HudGenS: Neon macht Spaß, es ist eine Art aufzufallen.<br />

Man wird zum laufenden Textmarker.<br />

IntervIew: Bevorzugen Sie eigentlich Crocs oder<br />

Flip-Flops?<br />

Hudgens und gomez: Flip-Flops!<br />

IntervIew: Und können Sie uns erklären, warum<br />

Jungs in Amerika vornehmlich Shorts und keine Badehosen<br />

tragen?<br />

Hudgens: (lacht) Ich bin in Kalifornien groß geworden,<br />

da gibt es viele Surfer, und für die ist es nicht<br />

gerade praktisch, enge Badehosen zu tragen.<br />

gomez: Wissen Sie, wir in Amerika sind eben<br />

nicht so liberal wie Sie in Europa. Ich habe allerdings<br />

auch schon Jungs in Badehose gesehen …<br />

selena gomez, 20, und vanessa Hudgens, 24, In IHrer arbeItsKleIdung<br />

IntervIew: Ja, lassen Sie uns über Jungs reden!<br />

Wenn wir schon die Spring-Break-Bitches vor uns haben,<br />

würde ich gerne von Ihnen wissen, wer gerade<br />

hot ist und wer nicht.<br />

gomez: Oh nein, ich möchte niemanden beurteilen<br />

müssen. Wobei, wir können ja sagen, ob sie<br />

gute Schauspieler sind oder nicht.<br />

IntervIew: Ed Westwick wird gerade für die<br />

Rolle des Christian in Shades Of Grey gehandelt. Sollte<br />

er die Rolle bekommen?<br />

gomez: Er würde passen, ich finde, er ist süß.<br />

Aber sollte nicht Shia (LaBeouf) die Rolle kriegen?<br />

Hudgens: Casten die überhaupt schon?<br />

IntervIew: Ich weiß nicht, aber es tauchen jedenfalls<br />

verschiedene Namen auf. Was ist mit Ihrem Kollegen<br />

James Franco? Werden Sie jemals wieder das<br />

Bild von ihm mit den Goldzähnen und den Cornrows<br />

aus dem Kopf bekommen?<br />

gomez: Ich fand, er sah hervorragend aus.<br />

Hudgens: Total!<br />

der FIlm Spring BreakerS von<br />

Harmony KorIne startet am 21. märz<br />

66<br />

67


Anschauen!<br />

FILME<br />

„PARADIES: GLAUBE“<br />

Der Alltag einer lebensfrohen Extrem-Katholikin<br />

(missionieren, geißeln, kuscheln mit Jesus) kommt<br />

erst richtig in Schwung, als ihr Gatte, ein im Rollstuhl<br />

sitzender Moslem, nach langer Zeit der Abwesenheit<br />

auftaucht und richtigen Sex will. Zweiter Teil<br />

der Fun-Trilogie von Ulrich Seidl (ab 21. März).<br />

„G.I. JOE: DIE ABRECHNUNG“<br />

Nach Magic Mike der neue <strong>Frau</strong>enfilm mit Channing<br />

Tatum. Erzählt wird, wie die Eliteeinheit G.I.<br />

Joe ins Visier der üblen Geheimorganisation Cobra<br />

gerät. Mit an Bord: die Herzensbrecher Dwayne<br />

„The Rock“ Johnson und Bruce Willis (ab 28. März).<br />

„GINGER & ROSA“<br />

Die Geschichte ist derart komplex und detailreich,<br />

dass man gar nicht erst versuchen sollte, sie auch<br />

nur zu skizzieren. Was man wissen muss: 60er-Jahre,<br />

zwei Mädchen wollen nicht werden wie ihre Mütter,<br />

langes, ungekämmtes Haar, Sally Potter führt Regie,<br />

Elle Fanning spielt mit (ab 11. April).<br />

„BAIT 3D: HAIE IM SUPERMARKT“<br />

Kluger Konzeptkunstfilm, in dem der interessanten<br />

Frage nachgegangen wird, was passiert, wenn im<br />

Supermarkt plötzlich die Haie die Kundschaft<br />

stellen, während die eigentliche Kundschaft als<br />

Ware auf den Regalen kauert (ab 11. April).<br />

IN SHOPPINGLAUNE: HAI IM SUPERMARKT<br />

„OBLIVION“<br />

Weltraumsoldat (Tom Cruise) hinterfragt beim<br />

Kampfeinsatz auf einem fernen Planeten Sinn und<br />

Zweck seines Tuns (Aliens ausrotten) und schlittert<br />

in eine Identitätskrise (dramatischer Stirnfaltenwurf),<br />

aus der er nur herausfindet, als er erkennt (Siegerlächeln),<br />

dass das Schicksal der Menschheit (was sonst)<br />

in seinen Händen liegt (wo sonst) (ab 11. April).<br />

KULTUR<br />

DIE FORMEL JENNIFER LAWRENCE Die Komponenten, aus denen die Schauspielerin zusammengesetzt ist<br />

CAMERON DIAZ<br />

(PFERDESTEHLERIN)<br />

+ :<br />

x<br />

+ =<br />

RAMBO<br />

(PFEIL UND BOGEN)<br />

1<br />

Ron Mueck<br />

Die von Jean Nouvel gebaute Fondation Cartier in Paris zählt zu den besten Privatmuseen Europas.<br />

Schon 2005 zeigte sie eine Retrospektive des australischen Künstlers Ron Mueck. In diesem Jahr werden<br />

dort seine neuen Skulpturen zu sehen sein sowie ein Film, der Muecks Arbeit dokumentiert. Seine Figuren<br />

sind hyperrealistische Abbildungen von meist nackten Menschen, die jedoch deutlich kleiner oder<br />

größer sind, als von der Natur vorgesehen. Die Arbeiten faszinieren zum einen wegen ihrer fast<br />

obsessiven Präzision (jedes einzelne Haar ist wohlgesetzt),<br />

zum anderen wegen des ganz simplen Verfremdungseffekts<br />

durch die Verschiebung der Dimensionen. Die Bilder aus<br />

seinem Atelier öffnen dabei noch einmal die Augen für<br />

Muecks Werk: Sie zeigen einen von der Anatomie besessenen<br />

Forschergeist und lassen einen etwas perversen Humor<br />

erahnen, der bei der Monumentalität seiner Arbeit verloren<br />

zu gehen schien (vom 16. April bis 29. September).<br />

2<br />

Art Cologne<br />

Auf der wiedererstarkten Messe für zeitgenössische<br />

Kunst (19. bis 22. April) stellen rund 200<br />

deutsche und internationale Galerien aus. Zum Beispiel<br />

ist der Künstler Manfred Pernice mit seinen<br />

lakonischen Skulpturen vertreten, die an dreidimensionale<br />

Architekturstudien, Prototypen<br />

eines osteuropäischen Möbelmarkts und die<br />

Improvisationsmentalität seiner Heimatstadt Berlin erinnern.<br />

Wie üblich auf Kunstmessen: Auch die Art Cologne ist nur mit<br />

Tunnelblick erträglich, dann aber absolut lohnend.<br />

STANDARDTANZ<br />

(SILVER LININGS)<br />

BLAUE HAUT<br />

(X-WOMAN MYSTIQUE)<br />

68<br />

OSCAR<br />

(HALB FRECH, HALB SÜSS)<br />

JENNIFER<br />

LAWRENCE<br />

Fotos: PR; Gaultier Deblonde; Manfred Pernice, Courtesy Galerie Neu; Getty Images (4), Cinetext (2) (linke Seite); Phil Collins, Courtesy Museum Ludwig, Köln; Netflix; Joseph Marr, Erik Schmidt, Courtesy Leopold-Hoesch-Museum<br />

ZITAT<br />

KULTUR<br />

Seine Kinder fallen vom HIMMEL. Er sieht vom Pferd aus<br />

zu, hinter ihm dehnen sich die Weiten <strong>En</strong>glands. Sie fallen,<br />

goldflügelig, mit blutunterlaufenem Blick. Grace Cromwell<br />

schwebt in dünner LUFT. Lautlos fängt sie ihre Beute, lautlos<br />

landet sie auf seiner Hand. Die Geräusche, die sie dann macht,<br />

das RASCHELN des Gefieders, das Seufzen und das Ordnen der<br />

Schwingen, das leise Glucken aus der Kehle, sind Geräusche des<br />

Wiedererkennens, vertraut, töchterlich, fast missbilligend. Ihre<br />

Brust ist blutbefleckt, und an ihren Klauen hängt FLEISCH.<br />

Aus Falken von Hilary Mantel. In ihrem neuen Roman<br />

erzählt die Booker-Preisträgerin, wie Henry VIII sich<br />

3<br />

seiner <strong>Frau</strong> Anne Boleyn entledigt (Dumont)<br />

Phil Collins<br />

Neben Steve McQueen der andere zeitgenössische<br />

Künstler mit problematischem<br />

Namen. Collins’ Film- und Fotoarbeiten<br />

sind ungeniert witzig und<br />

reflektieren Erfahrungen und Traumata<br />

der Massenmedien. In The World<br />

Won’t Listen ließ er Smiths-Fans Karaoke<br />

singen, in Baghdad Screen Test für einen fiktiven<br />

Hollywoodfilm casten, in The Return Of The Real<br />

Opfer von Reality-TV-Sendungen zu Wort kommen.<br />

Für seine Ausstellung im Kölner Museum Ludwig<br />

(18. April bis 21. Juli) will er mit Musikern aus ganz<br />

Deutschland zusammenarbeiten.<br />

Aufschlagen!<br />

BÜCHER<br />

WILLIAM E. BOWMAN<br />

„DIE BESTEIGUNG DES RUM DOODLE“<br />

Rogner & Bernhard, März<br />

Der Titel klingt zwar etwas albern, es ist aber eines<br />

der beliebtesten Bücher zum Themengebiet Bergsteigen.<br />

Sogar ein Berg (875 m) in der Arktis wurde<br />

nach ihm benannt. Zuerst erschienen ist die Satire<br />

über eine Gipfelwanderung voller Missgeschicke<br />

1956. Nun ist der Roman das erste Mal in<br />

deutscher Übersetzung erhältlich.<br />

DELPHIN DE VIGAN<br />

„DAS LÄCHELN MEINER MUTTER“<br />

Droemer, März<br />

Mutter und Tochter, ein unerschöpfliches Thema.<br />

Außerdem der perfekte Weg in die Abgründe der<br />

Zwischenmenschlichkeiten. Den Freitod der eigenen<br />

Mutter nimmt die Autorin zum Anlass, das Leben<br />

dieser <strong>Frau</strong> auf bedrückende Art zu sezieren und sich<br />

so selbst eine befreiende Luftigkeit zu schaffen.<br />

SHALOM AUSLANDER<br />

„HOFFNUNG: EINE TRAGÖDIE“<br />

Berlin Verlag, Februar<br />

Wenn die Protagonisten Kugel und Bree heißen,<br />

verspricht es ein unterhaltsamer Roman zu werden.<br />

In diesem Fall geht es um eine jüdische Familie (samt<br />

Oma), die in ein altes Landhaus in ein vollkommen<br />

langweiliges Örtchen gezogen ist, auf dessen Dachboden<br />

es knarzt. Und das kann ja bekanntlich alles<br />

Mögliche bedeuten!<br />

4<br />

IT’S BRITNEY, BITCH<br />

Britney #5 von Phil Collins, 2001<br />

Erik Schmidt<br />

Downtown ist eine Retrospektive des<br />

Malers und Filmemachers im Leopold-Hoesch-Museum<br />

Düren (bis<br />

19. Mai) mit seinen neuen Arbeiten<br />

über die Occupy-Proteste in<br />

New York.<br />

69<br />

Runterladen!<br />

SERIEN<br />

„THE AMERICANS“<br />

Die Amerikaner sind in diesem Fall waschechte Russen.<br />

KGB-Agenten, um genau zu sein, die auf dem<br />

Höhepunkt des Kalten Krieges nach außen hin ein<br />

normales Familienleben in Suburbia praktizieren,<br />

heimlich aber auch mal den Dritten Weltkrieg verhindern<br />

müssen.<br />

„THE FOLLOWING“<br />

Kevin Williamson war bisher eher für seine Teen-<br />

Filme (Scream) und Serien (Dawson’s Creek, The Vampire<br />

Diaries) bekannt. Jetzt versucht er es mal mit<br />

Erwachsenen (James Purefoy, Kevin Bacon). Weniger<br />

blutig, spannend und mysteriös geht es deswegen<br />

aber noch lange nicht zu.<br />

„HOUSE OF CARDS“<br />

Die Geschichte um den Kongressabgeordneten<br />

Francis Underwood (Kevin Spacey) arbeitet mit vertrauten<br />

Elementen: Korruption, Erpressung, Sex,<br />

Drogen, Mord. Das postmoderne In-die-Kamera-<br />

Dozieren mag ein bisschen bemüht sein, aber man<br />

hatte fast vergessen, was für ein Genuss Spacey sein<br />

kann – und seine Ehe mit Robin Wright lässt jeden<br />

Gefrierschrank kuschelig erscheinen.<br />

BLUTIGE HÄNDE: KEVIN SPACEY ALS AMORALI-<br />

SCHER POLITIKER IN HOUSE OF CARDS<br />

„NASHVILLE“<br />

Rayna James, die Königin der Countrymusic, bekommt<br />

Konkurrenz von dem aufstrebenden Popsternchen<br />

Juliette Barnes, während ihr Mann Bürgermeister<br />

werden will, ihr Vater die Weltherrschaft<br />

anstrebt und eigentlich alle mit ihr schlafen wollen.<br />

ZUCKERPUPPE VON<br />

JOSEPH MARR<br />

LECK MICH!<br />

Dies ist der vielleicht teuerste Lutscher<br />

der Welt. Geschmacksrichtung:<br />

Apfel. Gefertigt hat ihn<br />

der australische, in Berlin<br />

lebende Künstler Joseph<br />

Marr. Aus Zucker und Polyurethan<br />

macht er Skulpturen.<br />

Eine Serie mit sexuell<br />

aktiven Männern in<br />

Cola-Geschmack hat es<br />

jetzt als permanente Installation<br />

ins Berghain geschafft.<br />

Und wer da hängt, ist bald<br />

mindestens so berühmt wie<br />

Wolfgang Tillmans.


KuLtur<br />

Kultur/Kendrick Lamar<br />

The Fresh<br />

Prince<br />

er ist jung. er ist schwarz.<br />

er braucht das Geld. KenDricK LAMAr<br />

hat sich mit seinem Debütalbum von den<br />

finstersten Straßen Comptons bis auf die<br />

Champs-Élysées gerappt. Amerika feiert ihn<br />

als den Erneuerer des HipHops. Wir auch!<br />

von<br />

Jörg Harlan rohleder<br />

IntervIew: Kendrick, frierst du?<br />

KendrIcK Lamar: Es ist so entsetzlich kalt in<br />

Deutschland. Ich friere nonstop, seit ich hier gelandet<br />

bin, seit über 70 Stunden. Nichts hilft. (legt sich in<br />

Embryohaltung auf das Sofa) So fühlt sich das Leben als<br />

vermeintlicher Popstar an: Es ist kalt.<br />

IntervIew: Die Vorschusslorbeeren waren in<br />

deinem Fall eher ein Lorbeerbaum: Es vergeht kein<br />

Tag, an dem nicht irgendein Magazin, ein Blog, ein<br />

Aufmacher behauptet, Kendrick Lamar sei der Retter<br />

des HipHops. Zuletzt berichtete das sogar der New<br />

Yorker, nicht gerade das Zentralorgan des rhythmischen<br />

Sprechgesangs.<br />

Lamar: Wenn ich jedes Mal einen Dollar bekommen<br />

würde, wenn das ein Journalist sagt oder schreibt,<br />

wäre ich reich! Letztendlich verdanke ich meinen Erfolg<br />

wahrscheinlich der Tatsache, dass die Leute mich<br />

als Mensch und nicht als Action-Figur wahrnehmen.<br />

IntervIew: Jennifer Lawrence erzählte Drew<br />

Barrymore in <strong>Interview</strong>, sie wolle sich von ihrem ersten<br />

Scheck einen Pool voller Pasta bauen lassen.<br />

Lamar: Das hat sie gesagt? Wow! Jennifer<br />

Lawrence ist einfach mal die coolste <strong>Frau</strong>. Scheiße,<br />

jetzt fragst du mich sicher gleich, was ich kaufen würde.<br />

Und ich werde voll gegen Jennifer Lawrence abstinken,<br />

weil ich nichts vorweisen kann. Ich komme<br />

nicht dazu, Geld auszugeben. Ich habe kein Auto, keine<br />

fette Uhr – Scheiße, nicht einmal eine Wohnung.<br />

Ich wohne im Hotel, im Bus, am Flughafen. Meinen<br />

ersten Dollar, den ich als Rapper verdient habe, trage<br />

ich jedoch immer mit mir rum … (zeigt auf seinen Schuh,<br />

einen Turnschuh von Margiela)<br />

IntervIew: Wie bitte?<br />

Lamar: Hier, schau, der Dollar steckt gefaltet in<br />

meinem linken Schuh (lacht).<br />

IntervIew: Als Obolus für Charon, den Fährmann,<br />

der dich über den Acheron ins Reich des Totengottes<br />

Hades fahren wird?<br />

Lamar: Eigentlich war es als Glücksbringer gedacht.<br />

Hm, aber ich mag die Doppelfunktion: Wenn<br />

es so weit ist, muss mich der alte Knabe ohnehin<br />

nur über den East L. A. River schippern. Ich komm<br />

schließlich aus Compton, aber das weißt du ja sicher.<br />

IntervIew: Bei einem deutschen Vorstadtjungen<br />

rattern da im Kopf nur die Klischees runter, die man<br />

aus Filmen wie Menace II Society kennt.<br />

Lamar: All die Klischees stimmen. Wenn es ein<br />

anderes Leben dort gäbe, hätte längst jemand einen<br />

Film darüber gedreht. Compton bedeutet Ghetto, ist<br />

Ghetto, hat Ghetto erfunden. Selbst wenn ich Leute<br />

in L. A. treffe und sie hören, dass ich aus Compton<br />

komme, verstecken sie ihr Hab und Gut. Ich kenne<br />

kein Viertel, das so eine Wirkung auf Menschen hat.<br />

IntervIew: Bei einem Rap-Start-up kommt die<br />

Marke Compton einem Triple-A-Rating gleich – mit<br />

Paten wie Eazy-E, Dre, The Game, N.W.A …<br />

Lamar: Es ist aber auch eine große Bürde. Heute<br />

als Rapper ist diese eher positiv besetzt, früher als<br />

Jugendlicher empfand ich sie belastend. Du kannst<br />

dir nicht vorstellen, wie ich aufgewachsen bin. Meine<br />

Eltern sind 1984 nach Compton gezogen, mitten<br />

rein in die Hölle, rein in die Crack-Epidemie, verstehst<br />

du? Sie wollten weg aus dem Sumpf in Chicago,<br />

raus aus dem Gang-Leben meines Vaters, einen<br />

Neuanfang unter der Sonne Kaliforniens wagen.<br />

Irgendwo, ganz egal wo. Von allen gottverdammten<br />

Orten landen sie ausgerechnet in Compton! Die<br />

beiden hatten einfach keinen Plan. Sie kamen da im<br />

Sommer 1984 an – alles, was sie hatten, waren 500<br />

Dollar in der Tasche.<br />

IntervIew: Du wurdest 1987 geboren.<br />

Lamar: Ja, und bis dahin lebten meine Eltern in<br />

70<br />

irgendeiner wirklich schäbigen Absteige, die die beiden<br />

immer noch romantisch verklärt Hotel nennen.<br />

IntervIew: Wie muss man sich deine Kindheit<br />

vorstellen?<br />

Lamar: Meine Mum war eines von 13 Geschwistern,<br />

und irgendwann landete der ganze Clan bei uns<br />

in Compton. Als Sechsjähriger war es für mich normal,<br />

zu sehen, wie ein Onkel eine Schrotflinte putzt,<br />

irgendwer Kokain streckt oder es zu Crack aufkocht.<br />

Vor der Tür wurden Drogen verkauft, im Wohnzimmer<br />

wurde gefeiert, alle paar Tage wurde jemand verhaftet<br />

oder man musste das weiße Hemd anziehen,<br />

weil wieder ein Bekannter abgestochen oder sonst wie<br />

ermordet wurde. Das soll nicht verrückt oder so klingen,<br />

aber so war es nun mal.<br />

IntervIew: Deswegen heißt dein Album Good<br />

Kid, M.a.a.d City.<br />

Lamar: Ganz genau. Ich war ein guter Schüler,<br />

ein netter Junge. Mein Glück war es, dass ich ziemlich<br />

früh gelernt habe, in meine Bücher abzutauchen<br />

und so dem Schlamassel, der Gewalt, den Gangs, dem<br />

ganzen Wahnsinn um mich herum zu entfliehen. Ich<br />

habe mehr zugehört als geredet.<br />

IntervIew: Du musstest dich also nicht entscheiden,<br />

auf welcher Seite du stehst, ob du Blau oder Rot,<br />

die Farben der Crips und Bloods, tragen willst?<br />

Lamar: Man muss letztendlich nur aufpassen, mit<br />

wem man abhängt. Wenn man mit Bloods-Leuten befreundet<br />

sein will, wird man zwangsläufig den Bloods<br />

zugerechnet. Und dann geht die ganze Scheiße erst<br />

richtig los: Welcher Block, welche Straßenseite, welche<br />

Straßenecke, es ist wie im Krieg.<br />

IntervIew: Ein Krieg vor der eigenen Haustür.<br />

Lamar: Ich habe etliche gute Freunde wegen dieser<br />

Scheiße verloren, irgendwann merkte ich: Das bin<br />

ich nicht. Das will ich nicht sein. Ich will lesen, ich<br />

will Filme sehen, ich will Geschichten erzählen.<br />

IntervIew: Books against Bloods and Crips?<br />

Lamar: Darf ich die Zeile klauen?<br />

IntervIew: Gerne.<br />

Lamar: Okay, dann setze ich mich jetzt auch anständig<br />

hin. Mir ist einfach sehr kalt.<br />

IntervIew: Auf dem Albumcover sieht man dich<br />

als Baby, es sieht aus, als sei es auf einer Party bei euch<br />

zu Hause entstanden.<br />

Lamar: Ja, das Foto ist echt. Und friedlich. Ich<br />

wollte zeigen, dass in Compton auch normales, positives<br />

Leben stattfindet.<br />

IntervIew: Ein anderes Bild zeigt deinen Vater,<br />

dich als kleinen Jungen und eine ziemlich große<br />

Schrotflinte. Ich hoffe, die habt ihr euch für das Bild<br />

von den Nachbarn geliehen?<br />

Lamar: Nein! Sie war der ganze Stolz meines Vaters!<br />

(lacht) Das Gewehr lag immer im Wohnzimmer<br />

auf dem Schrank.<br />

IntervIew: Die Legende besagt, dein Vater<br />

habe dich als Kind zum Videodreh von Tupacs und<br />

Dr. Dres California Love mitgenommen.<br />

Lamar: Mitgenommen ist übertrieben. Er sah,<br />

was los war, und holte mich. Das Video wurde keinen<br />

Block von unserer Haustür entfernt gedreht. Die<br />

ganze Nachbarschaft war auf der Straße, alle waren<br />

mächtig stolz, alle haben gelacht und eine gute Zeit<br />

gehabt, es war wie ein Volksfest.<br />

IntervIew: War das der Tag, an dem der Junge<br />

Kendrick beschlossen hat, Rapper zu werden?<br />

Lamar: Unterbewusst vielleicht.<br />

IntervIew: Du nennst Tupac als eines deiner Idole.<br />

In deinem Alter war dieser bereits mehrfach angeschossen,<br />

saß im Knast und hatte die Drogenproble-<br />

me der Mutter in eine Ballade verwandelt. Dagegen<br />

wirkt deine Jugend geradezu mustergültig.<br />

LAMAR: Überhaupt beide Eltern zu kennen, beziehungsweise<br />

dass sie immer noch glücklich verheiratet<br />

sind, ist in der Tat eine große Ausnahme bei<br />

uns im Viertel. Das war bei mir nicht der Fall. Meine<br />

Mum arbeitete bei McDonald’s, und mein Dad machte<br />

alles, um ein paar Dollar heimzubringen. Bei meinen<br />

Freunden war der Dad oft im Knast oder tot und<br />

die Mutter bis zu den Haarspitzen high auf Crack.<br />

INTERvIEw: Umso bemerkenswerter ist es, dass du<br />

nicht die Perspektive des typischen AK-47-gestählten<br />

Gangsta-Rappers einnimmst, sondern die des Jungen,<br />

der vor dem Mündungsfeuer in Deckung geht.<br />

LAMAR: Ich bin wahrscheinlich der erste Rapper<br />

aus Compton, der sich verletzlich zeigt, der vor Kugeln<br />

davonläuft, der ausgeraubt wird und freiwillig<br />

eingesteht, wenn er ein Opfer ist.<br />

INTERvIEw: Wann hast du kapiert, dass es auch<br />

noch andere Realitäten abseits von Compton gibt?<br />

LAMAR: Zunächst nur in Büchern, mit eigenen<br />

Augen habe ich das erst viel später gesehen. Mein<br />

großes Glück war wirklich, dass ich tolle Lehrer hatte,<br />

die mich angeleitet haben, die mich inspirierten zu<br />

schreiben. Erst heute weiß ich, wie krass es eigentlich<br />

war, in Compton aufzuwachsen. Ich treffe überall<br />

Menschen, die mich inspirieren, reise um die Welt,<br />

schaue mir neue Dinge an, entdecke Zusammenhänge,<br />

lerne unglaublich viel. Tag für Tag. Und dennoch<br />

schlägt das Herz in meiner Brust denselben alten<br />

Takt: Comp / ton / Comp / ton / Comp / ton.<br />

INTERvIEw: Dein Rap-Kollektiv trägt den Namen<br />

Black Hippy. Was ist denn der Unterschied zu einem<br />

weißen Hippie?<br />

LAMAR: Weiße Hippies stehen für Frieden und<br />

Liebe. Schwarze Hippies für Frieden, Liebe und die<br />

Farbe Schwarz.<br />

INTERvIEw: Ach so.<br />

LAMAR: Ja, denn Schwarz steht für das Leben, für<br />

Wut, für Trauer, für Schmerz.<br />

INTERvIEw: Kiffen tun beide.<br />

LAMAR: Ja, aber unsere Joints sind stärker! (lacht)<br />

INTERvIEw: HipHop feiert seit geraumer Zeit ein<br />

ziemlich eindrucksvolles Comeback – angeführt von<br />

Künstlern wie A$AP Rocky, Angel Haze, Odd Future<br />

und natürlich Kendrick Lamar. Warum hat es so lange<br />

gedauert, bis HipHop sich erneuern konnte?<br />

LAMAR: Das habe ich mich auch schon gefragt.<br />

Irgendwie war Anfang der Nullerjahre die Luft raus<br />

– komisch, oder?<br />

INTERvIEw: Vielleicht lag es daran, dass die<br />

Pop-Charts plötzlich von den HipHop-Beats der<br />

Neptunes geprägt waren …<br />

LAMAR: Vielleicht! Heute klingt im Pop dafür<br />

alles so Dance-mäßig elektronisch – was uns Rappern<br />

das Leben wieder einfacher macht.<br />

INTERvIEw: Interessanterweise klingen die neuen<br />

Rapper in ihren Texten und Weltbildern oft abgeklärter<br />

und erwachsener als die alte Garde.<br />

LAMAR: Wir haben weniger Scheuklappen. Unsere<br />

Einflüsse und Inspirationen sind dank Internet viel<br />

globaler, als das in den Neunzigern der Fall war.<br />

INTERvIEw: Als Frank Ocean im Herbst sein<br />

Coming-out hatte, war das Medienecho gewaltig. Unzählige<br />

Künstler gratulierten ihm zu seinem mutigen<br />

Schritt. Glaubst du, dass seine Offenheit die HipHop-<br />

Basis erreicht? Auf den Straßen von Compton etwa?<br />

LAMAR: Definitiv. Allerdings wird es Jahre, vielleicht<br />

sogar Generationen dauern, bis man das großflächig<br />

spürt. Wichtig ist, dass Frank den Mut hatte.<br />

“<br />

Foto DAN MONICK<br />

Ich habe kein<br />

Auto, keine fette uhr –<br />

Scheiße, nicht einmal<br />

eine Wohnung.<br />

Ich wohne im Hotel,<br />

im Bus,<br />

am Flughafen<br />

”<br />

– Kendrick Lamar<br />

71<br />

STRAIGHT OUTTA COMPTON: DER RAPPER KENDRICK LAMAR<br />

Denn jetzt können 16-jährige Kids, die nicht wissen,<br />

wie sie sich zu ihrer Sexualität bekennen sollen, zu<br />

ihm aufschauen. Und spüren, dass sie nicht allein sind.<br />

INTERvIEw: Wäre so etwas in den Neunzigern<br />

möglich gewesen?<br />

LAMAR: Undenkbar! Die Homophobie im Hip-<br />

Hop war damals viel ausgeprägter als heute. Jeder<br />

wollte hart und stark sein. Dabei waren auch damals<br />

nicht weniger Rapper und Sänger schwul. Denk nur<br />

mal an die R’n’B-Typen … Davon sind bestimmt 90<br />

Prozent schwul. Und keiner traute sich, den Schritt zu<br />

gehen, den Frank gemacht hat. Die leben heute noch<br />

ihre Macho-Lüge. Das ist einfach nur traurig. Mann,<br />

es ist so verdammt kalt in deiner Stadt!<br />

INTERvIEw: Was vermisst du am meisten, wenn du<br />

nicht zu Hause bist?<br />

LAMAR: Die Sonne. Ich habe schon als Kind Tage<br />

gehasst, an denen es regnet. Zumindest dachte ich<br />

das. Jetzt weiß ich, wie ekelhaft Schnee ist.


KULTUR/Peter Dinklage<br />

Peter Dinklage<br />

Für die Rolle von Austin Powers’ Mini-Me<br />

war Peter Dinklage mit seinen 1,34 Metern<br />

zu groß, doch für die Rolle des wichtigsten<br />

Kleinwüch sigen in der Geschichte des<br />

Fernsehens gab es keinen Besseren:<br />

Mit Game Of Thrones spielte sich Dinklage<br />

in unser (und Sibel Kekillis) Herz<br />

Von<br />

Sibel KeKilli<br />

foto<br />

jeSSe frohmAn<br />

72<br />

Sibel KeKilli: Hallo Peter, wie geht es dir?<br />

Peter DinKlage: Gut geht es. Die Familie ist<br />

wohlauf, meine kleine Tochter kann inzwischen laufen,<br />

und wir haben jetzt eine Wohnung in New York.<br />

Wir werden also endlich bald umziehen.<br />

KeKilli: Und was ist mit eurem Haus im Wald, von<br />

dem du mir Bilder gezeigt hast? Gebt ihr das auf?<br />

DinKlage: Nein, das behalten wir natürlich. Das<br />

wird von unserem Hauptwohnsitz in unseren Rückzugsort<br />

verwandelt. Heute bin ich hier ganz allein, die<br />

Familie ist weg. Nur der Hund ist da.<br />

KeKilli: Toll, ein Hund!<br />

DinKlage: Warte, ich zeige ihn dir mal … Nein,<br />

das wird nichts, er schläft.<br />

KeKilli: Meinen Hund kann ich dir leider auch<br />

nicht zeigen. Er ist im Hotel.<br />

DinKlage: Im Hotel?<br />

KeKilli: Ja, im Hundehotel.<br />

DinKlage: Wieso denn das?<br />

Foto (rechte Seite): 2013 Home Box Office Inc./Sky Atlantic HD<br />

KeKilli: Weil ich gerade keine Zeit für ihn habe,<br />

weil ich so viel arbeite.<br />

DinKlage: Woran arbeitest du?<br />

KeKilli: Jetzt gerade bereite ich mich auf die neue<br />

Tatort-Folge vor. Davor habe ich versucht, die paar<br />

freien Tage zu genießen. Gestern war ich auf dem<br />

Gossip-Konzert.<br />

DinKlage: Wo?<br />

KeKilli: Bei The Gossip, die kennst du doch, die<br />

Band von Beth Ditto, dieser kugelrunden Sängerin.<br />

DinKlage: Kenn ich nicht. Von Jugendkultur<br />

habe ich keine Ahnung. Ich wohne doch im Wald.<br />

KeKilli: Bei den Grizzlys … Woran arbeitest du?<br />

DinKlage: Gleich nach Game Of Thrones bin ich<br />

ja zurück nach New York und habe The Angriest Man<br />

In Brooklyn gedreht. Jetzt kommt eine Art Familienfilm,<br />

der im Zweiten Weltkrieg spielt, den drehen wir<br />

in Virginia. Far From Home wird der heißen. Und danach<br />

dann ein Dreh in Belgien.<br />

KeKilli: In Belgien? Aber das ist nicht dieser deutsche<br />

Film, über den wir mal gesprochen hatten?<br />

DinKlage: Nein. Der deutsche Film ist noch im<br />

Gespräch. Aber ich habe noch nicht zugesagt.<br />

KeKilli: Gut, du solltest sowieso nicht ohne mich<br />

arbeiten (lacht).<br />

DinKlage: Ich weiß. Was hast du da überhaupt<br />

an? Sieht ein wenig nach Flashdance aus.<br />

KeKilli: Haha, solche Sachen trage ich zu Hause.<br />

DinKlage: Arbeitest du eigentlich gerne mit mir?<br />

KeKilli: Das brauchst du doch gar nicht zu fragen!<br />

Ich liebe es. Game Of Thrones ist eine der besten Sachen,<br />

die mir je passiert sind.<br />

DinKlage: Warst du anfangs nervös?<br />

KeKilli: Als wir uns getroffen haben?<br />

DinKlage: Nein, ob du nervös warst, bei der<br />

Serie dabei zu sein.<br />

KeKilli: Na klar war ich nervös. Deswegen habe<br />

ich sie mir die ersten beiden Jahre auch nicht anschauen<br />

können. Ich wusste, dass es eine große Nummer ist<br />

mit vielen Fans. Das klingt vielleicht etwas dumm.<br />

DinKlage: Überhaupt nicht. Weißt du, wie lange<br />

du dabei sein wirst?<br />

KeKilli: Man hat mir nur erzählt, dass meine Figur<br />

in der Serie eine wichtigere Rolle spielt als in den Büchern.<br />

Und ja, ich weiß es ungefähr …<br />

DinKlage: Ja, wegen dir haben sie die Rolle der<br />

Shae größer geschrieben. Weil du so gut bist.<br />

KeKilli: Danke, aber nur wegen dir. Wie bist du<br />

eigentlich zu der Rolle gekommen?<br />

DinKlage: Ich wurde angerufen und habe mich<br />

mit David Benioff und Dan Weiss, den beiden Erfindern<br />

der Serie, in Los Angeles getroffen. David kannte<br />

ich bereits. Bei dem Meeting haben sie mir erzählt,<br />

um was es bei Game Of Thrones geht, denn die Bücher<br />

kannte ich nicht. Ich hatte noch nicht einmal von<br />

ihnen gehört. Aber ich wusste, dass David ein guter<br />

Autor ist. Also habe ich nur kurz darüber nachgedacht<br />

und bin auf das Angebot eingegangen. Ich war, glaube<br />

ich, der Erste, der mit an Bord war.<br />

KeKilli: Verstehe.<br />

DinKlage: Natürlich war ich zunächst unsicher.<br />

KeKilli: Warum?<br />

DinKlage: Weil eine Fernsehserie immer ein<br />

großes <strong>En</strong>gagement bedeutet, allein zeitlich. Und<br />

dann wird die Serie fern von Zuhause gedreht, zu<br />

weit, um an den Wochenenden heimzufliegen. Aber<br />

wir haben Glück. Der Drehplan ist sehr angenehm.<br />

KeKilli: Stimmt.<br />

DinKlage: Viele meiner Freunde spielen in Serien<br />

mit. Was bedeutet, dass sie nichts anderes machen<br />

“<br />

DinKlage unD KeKilli in Game of thrones<br />

Von Jugendkultur<br />

habe ich keine<br />

Ahnung. Ich wohne<br />

doch im Wald<br />

”<br />

können. Keine Spielfilme, kein Theater, dazu fehlt<br />

ihnen die Zeit. Das hat mir beim Fernsehen immer<br />

Angst gemacht. Game Of Thrones ist die erste internationale<br />

Produktion, an der du mitwirkst, oder?<br />

KeKilli: Ja, ich meine, ich hatte mal einen wirklich<br />

winzigen Auftritt in einem Film von Hal Hartley.<br />

DinKlage: Echt, in welchem?<br />

KeKilli: Ja, wenn ich das noch wüsste. Dummerweise<br />

fällt mir der Titel nicht ein.<br />

DinKlage: Ich mag Hal Hartleys Filme.<br />

KeKilli: Der Hauptdarsteller aus Die Fliege hat<br />

mitgespielt …<br />

DinKlage: Jeff Goldblum.<br />

KeKilli: Genau. Fay Grim hieß der Film! Mein erster<br />

Auftritt in einer englischsprachigen Produktion.<br />

DinKlage: Darf ich dir eine Frage zu Gegen die<br />

Wand stellen?<br />

KeKilli: Klar.<br />

DinKlage: Du musst wissen, das ist einer meiner<br />

Lieblingsfilme. Ich hasse es, wenn Leute sagen, dass<br />

du gar nicht geschauspielert hast. Du warst unglaublich.<br />

Leider werden solche Filme in den USA kaum<br />

gedreht, stattdessen haben wir romantische Komödien,<br />

an denen alles soft ist. Aber Liebe ist selten soft,<br />

sie ist im Gegenteil ziemlich hart, und zwar auf eine<br />

gute Weise. Meine Frage ist: Wie habt ihr gearbeitet?<br />

Es war dein erster Spielfilm, oder?<br />

KeKilli: Ja.<br />

DinKlage: Habt ihr ganz viel Material gedreht<br />

und dabei vor der Kamera improvisiert?<br />

KeKilli: Nein. Bevor wir überhaupt mit dem Dreh<br />

angefangen haben, gab es ein dreimonatiges Casting,<br />

dann haben wir noch vier Wochen geprobt. Als es<br />

dann wirklich losging, hatte ich die Rolle sozusagen in<br />

mir. Außerdem kam es mir entgegen, dass wir chronologisch<br />

gedreht haben. Zu Beginn des Films ist meine<br />

Figur ja noch ein naives Mädchen, das erst im Verlauf<br />

erwachsen wird. Die Figur hatte übrigens erst einen<br />

anderen Namen. Sie hieß Leyla oder so. Fatih Akin,<br />

der Regisseur, hat sie dann in Sibel umbenannt.<br />

DinKlage: Ich finde es immer interessant, wenn<br />

Filmfiguren die Namen der Schauspieler tragen, auch<br />

für die Schauspieler selbst. Das nimmt den Schutzwall<br />

und zielt auf das emotionale Zentrum.<br />

73<br />

KeKilli: Würdest du gerne mal Regie führen?<br />

DinKlage: Nun ja, ich schreibe viel.<br />

KeKilli: Echt?<br />

DinKlage: Ja. Aber das ist schwer, weil viele meiner<br />

Freunde Autoren sind, und sie sind ziemlich gute<br />

Autoren. Das macht es etwas kompliziert, weil das,<br />

was ich schreibe, nicht einmal ansatzweise so gut ist.<br />

KeKilli: Oh.<br />

DinKlage: Aber mittlerweile bin ich 43, ich weiß,<br />

man sieht es mir nicht an …<br />

KeKilli: Was? 43? Ich dachte, du seist 18.<br />

DinKlage: Danke, aber ich denke, ich sehe eher<br />

wie 35 aus … Was ich sagen wollte: Je älter man wird,<br />

desto mehr Kontrolle möchte man über sein Leben<br />

haben. Man möchte sein Schicksal in die Hand nehmen<br />

und nicht warten, bis jemand anruft.<br />

KeKilli: Absolut. Aber du hast meine Frage nicht<br />

beantwortet: Möchtest du gern mal Regie führen? Du<br />

hast doch noch nie Regie geführt, oder?<br />

DinKlage: Doch, im Theater. Damals war ich so<br />

um die 20 und habe Theaterstücke geschrieben und sie<br />

selbst inszeniert. Das waren furchtbare, irgendwie experimentell<br />

gemeinte Machwerke, die alle Tiernamen<br />

hatten. Sie hießen Frog oder Pig. Meine Freunde waren<br />

so nett, darin mitzuspielen oder sie sich anzusehen.<br />

Damals habe ich noch viel geraucht und nur mit der<br />

Schreibmaschine geschrieben. Ich dachte, ich sei Samuel<br />

Beckett oder Sam Shepard.<br />

KeKilli: Lustig.<br />

DinKlage: Heute fände ich Film natürlich viel<br />

interessanter als Theater. Ich müsste allerdings erst<br />

Unterricht nehmen, um den ganzen technischen<br />

Kram zu lernen. Aber ich finde, dass man schon beim<br />

Dreh der Serie eine Menge lernt, weil die Leute am<br />

Set so ungeheuer effizient arbeiten. Das ist eine gute<br />

Schule. Wie ist es dir eigentlich noch in Kroatien ergangen?<br />

Ich war mit dem Dreh ja viel früher fertig.<br />

KeKilli: Gut. Ich hatte viel Spaß mit Conleth<br />

(Conleth Hill spielt Lord Varys). Am <strong>En</strong>de des Drehs sah<br />

er aus wie ein russischer Milliardär, der zu lange in der<br />

Sonne lag, ohne sich einzucremen. Wir müssen wie<br />

ein altes Ehepaar gewirkt haben. Er war ja auch so was<br />

wie mein <strong>En</strong>glischlehrer und hat mir immer Witze<br />

erzählt, die ich nicht immer verstanden habe. Aber er<br />

war es irgendwann leid, sie ständig zu wiederholen.<br />

DinKlage: Conleth mag es gar nicht, wenn man<br />

seine Witze nicht versteht.<br />

KeKilli: Wir saßen oft schon mittags beschwipst<br />

am Pool.<br />

DinKlage: Es ist so schön in Kroatien.<br />

KeKilli: Alles ist so sauber, und das Wasser ist so<br />

klar. Und man sieht so viele schöne Menschen.<br />

DinKlage: Stimmt.<br />

KeKilli: Ach Peter, es ist so toll, dass wir uns so gut<br />

verstehen. Es könnte auch anders sein. Stell dir vor,<br />

ich wäre eine Bitch.<br />

DinKlage: Haha.<br />

KeKilli: Und ich war so aufgeregt, als ich dir das<br />

erste Mal begegnet bin. Ich habe richtig gezittert.<br />

DinKlage: Warum? Weil ich so klein bin?<br />

KeKilli: Was?<br />

DinKlage: Warum warst du aufgeregt?<br />

KeKilli: Das weißt du doch. Gleich unsere erste<br />

Szene war eine Liebesszene. So was ist immer schwer,<br />

wenn man den Kollegen nicht kennt. Wir hatten ja<br />

vorher nicht einmal miteinander gesprochen.<br />

DinKlage: Stimmt.<br />

Die Dritte Staffel von Game of thrones<br />

läuft ab 31. März auf Hbo unD ab 1. april<br />

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Who’s that GIRL?<br />

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DIANE KRuGER kennt man hingegen bereits: Das bewahrt Deutschlands französischsten Hollywoodstar jedoch nicht davor,<br />

auf der Ausziehcouch zu schlafen, wenn <strong>Frau</strong> <strong>Kruger</strong> auf Heimatbesuch ist. Außerdem in dieser Ausgabe:<br />

Die Künstlerin ISA GENzKEN über sich selbst, ein Gespräch mit DAvID BOWIE, Mode aus NEW YORK,<br />

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Foto hedi slimane<br />

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Sky<br />

Ferreira<br />

von<br />

jörg hArlAn rohleder<br />

Fotos<br />

Hedi slimane


Seit ein paar Monaten<br />

taucht diese <strong>Frau</strong><br />

überall auf: Als Gast<br />

in der ersten Reihe in<br />

Mailand, auf dem<br />

Laufsteg in Paris, sie ist<br />

das Gesicht der Saint-<br />

Laurent-Kampagne,<br />

und ihr Calvin-Klein-<br />

Plakat, fotografiert<br />

von Steven<br />

MeiSeL, thront überlebensgroß<br />

über dem<br />

new Yorker Broadway.<br />

nebenbei dreht teRRY<br />

RichARdSon<br />

einfach so mal eben<br />

ein video mit ihr …<br />

Ihr erster Kinofilm<br />

startet diesen Sommer.<br />

eigentlich will<br />

Sky Ferreira Musikerin<br />

sein, denn sie wuchs<br />

bei Michael Jackson<br />

in neverland auf.<br />

Who’s that girl?<br />

79<br />

IntervIew: Jedes Jahr ziehen Hunderte Mädchen<br />

nach New York, um berühmt zu werden. Alle haben<br />

denselben Traum. Sie sind jung, hübsch, mehr oder<br />

weniger talentiert – und alle wollen Model, Schauspielerin<br />

oder Popstar werden. Bei dir scheinen alle<br />

drei Karrieren gleichzeitig loszugehen. Die Leute<br />

fragen sich: Who’s that girl?<br />

sky ferreIra: Mit dem Modeln habe ich eigentlich<br />

nur angefangen, um Geld zu verdienen. Es war<br />

ein totaler Glücksfall – und viel angenehmer, als irgendwo<br />

zu kellnern. Von der Musik könnte ich meine<br />

Miete nicht zahlen, auch wenn ich eigentlich nur<br />

wegen der Musik nach New York gekommen bin. Es<br />

ist also gar nicht so kompliziert, dennoch muss ich<br />

mich dafür ständig rechtfertigen. Dann heißt es gerne:<br />

Ach, nettes Lied – aber Sky nimmt es mit der Musik<br />

eh nicht ernst; sie modelt.<br />

IntervIew: Ist Sky Ferreira eigentlich …<br />

ferreIra: … mein echter Name? Ja, ist er, falls<br />

du das fragen wolltest: Sky Tonia Ferreira, um genau<br />

zu sein. Bitte erspar mir die Witze, ich kenne sie alle.<br />

Meine Eltern waren jung und verliebt, verträumt<br />

und verstrahlt. Hippies aus Venice Beach. Da nennt<br />

man die Tochter schon mal Sky. Und da andere Hippie-Kinder<br />

Hope, Rainbow oder River heißen, habe<br />

ich eigentlich noch Glück gehabt.<br />

IntervIew: Ich mag den Namen. Er klingt nach<br />

Sternenstaub.<br />

ferreIra: Danke schön!<br />

IntervIew: Ich habe dich auch als Fashion It-<br />

Girl kennengelernt – als eingeflogenen Celebrity-<br />

Import bei der Fashion Week in Berlin.<br />

ferreIra: Ja, wir waren im Berghain.<br />

IntervIew: Das stimmt.<br />

ferreIra: Leider konnte ich es gar nicht richtig<br />

genießen, weil ich die ganze Zeit Angst hatte, erwischt<br />

zu werden.<br />

IntervIew: Weil du zu jung bist? In Deutschland<br />

darf man ab 18 bis zum übernächsten Morgen in<br />

Clubs bleiben.<br />

ferreIra: Nein, es gab so eine Auflage meiner<br />

Gastgeber, die besagte, dass ich mich nur im Umfeld<br />

der Fashion Week bewegen darf. <strong>En</strong>tweder im Zelt,<br />

auf Empfängen oder in meinem Hotelzimmer.<br />

IntervIew: Dir scheint ein Ruf vorauszueilen.<br />

ferreIra: Der durch nichts begründet ist. Ich<br />

arbeite viel zu viel, als dass ich durchdrehen könnte.<br />

Außerdem bin ich total schüchtern. Ich weiß nicht,<br />

ob dir aufgefallen ist, dass ich die ersten Stunden<br />

kein Wort mit dir oder deiner <strong>Frau</strong> gesprochen habe.<br />

IntervIew: Wir dachten, du seist eben so ein<br />

eingebildetes Modelmädchen.<br />

ferreIra: Das denken die Leute immer, es ist<br />

wirklich furchtbar. Meine Mutter schickt mir heute<br />

noch Selbsthilfebücher, damit ich lerne, sozial kompatibler<br />

zu sein.<br />

IntervIew: Als Model musst du ja nicht viel reden,<br />

als Musikerin schon eher.<br />

ferreIra: Ich versuche, mich zusammenzureißen.<br />

Ehrlich gesagt, habe ich jetzt schon Schiss vor<br />

den ganzen Promo-Tagen in irgendwelchen Hotel-<br />

Suiten, an denen Horden von Journalisten durchgeschleust<br />

werden, die mich nur fragen wollen, ob ich<br />

überhaupt eine ernst zu nehmende Künstlerin oder<br />

ein dämliches It-Girl bin.<br />

IntervIew: Dabei ist deine aktuelle Single<br />

Everything Is Embarrassing von Pitchfork, dem Rolling<br />

Stone und etlichen anderen Musikfachorganen in die<br />

Jahresbestenlisten 2012 gewählt worden.<br />

ferreIra: Was eine riesige Erleichterung für<br />

mich war. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel


Last von mir abfiel. Da wusste ich endlich: Vielleicht<br />

klappt es doch noch mit der Musik. Und: Ich bin kein<br />

YouTube-Hype! Yeah!<br />

IntervIew: War es nicht so, dass die Leute dank<br />

MySpace auf dich aufmerksam wurden?<br />

ferreIra: Mit 13 war das die einzige Chance, gehört<br />

zu werden. Meine Mutter war allerdings nicht<br />

so begeistert, da sie dachte, ich würde dort ständig<br />

von irgendwelchen Perversen belästigt werden.<br />

IntervIew: Dein Song hieß God Bless. Eigentlich<br />

hätte nichts passieren dürfen, da du ja Beistand von<br />

oben hattest.<br />

ferreIra: Richtig. Und außerdem bin ich in Venice<br />

Beach aufgewachsen. Ich kann also ziemlich gut<br />

auf mich selbst aufpassen. Dennoch waren etliche<br />

der Zuschriften, die ich bekam, ziemlich zweifelhaft.<br />

IntervIew: In letzter Zeit stellst du kaum noch<br />

Songs von dir ins Netz.<br />

ferreIra: Irgendwann soll sich das digitale Rauschen<br />

in Plattenverkäufen niederschlagen. Ich habe<br />

nichts davon, wenn ich 50 Songs innerhalb von 18<br />

Monaten raushaue. Ich nehme mir die Zeit, die ich<br />

brauche. Karrieren sind heute kürzer denn je. Nachdem<br />

meine erste Plattenfirma mich als Flop abgeschrieben<br />

hatte, bin ich viel vorsichtiger geworden.<br />

IntervIew: Deine Single Obsession war ja auch<br />

echt nicht so doll.<br />

ferreIra: Mit Obsession hat mich die Plattenfirma<br />

reingelegt. Ich habe den Track gehasst, wusste<br />

aber nicht, wie ich mich dagegen wehren kann. Mein<br />

damaliger Mentor beim Label meinte: „Komm, Sky,<br />

geh ins Studio, sing das mal ein, es wird schon nicht<br />

die Single.“ Leider wurde es genau das: meine Single.<br />

Das Furchtbare ist, dass mich dieser Scheiß-Song<br />

immer begleiten wird, das Netz vergisst nie. Und die<br />

Typen vom Label, deren Schuld es war, fahren in den<br />

Urlaub und schreiben danach die Single als Flop ab.<br />

IntervIew: Hättest du das Stück nicht einfach<br />

ablehnen können?<br />

ferreIra: Ich war 16, ein Teenie. Und welcher<br />

Teenager weiß schon, was er will? Mein Problem bis<br />

heute ist, dass ich fast alle Genres liebe: Eigentlich<br />

müsste mein Album zwölf verschiedene Genres bedienen.<br />

Aber dann heißt es wieder: Sky Ferreira hat<br />

keine Vision, Sky Ferreira versucht, es allen recht zu<br />

machen, sie ist nicht echt, sie ist wie Lana Del Rey.<br />

Das ging so weit, dass vor einem Jahr niemand mit<br />

mir arbeiten wollte, weil sie dachten, ich sei verbrannt.<br />

Ein Agent aus Los Angeles schrieb mir den<br />

Einzeiler: „Impossible.“ Ich wollte ihn nur anschreien:<br />

„I’m possible!“ Aber jetzt ist ja alles gut.<br />

IntervIew: Frustriert es dich, wenn du mit anderen<br />

Popsternchen verglichen wirst?<br />

ferreIra: Interessant ist vor allem, mit wem ich<br />

verglichen werde: Mal heißt es, ich sei wie Lana Del<br />

Rey oder Miley Cyrus, dann wieder wie die Indie-<br />

Variante von Taylor Swift, eine junge Debbie Harry,<br />

gerne auch Lady Gaga … Allein diese Bandbreite<br />

zeigt, wie lächerlich all das ist.<br />

IntervIew: Welcher Vergleich ärgert dich am<br />

meisten?<br />

ferreIra: Früher Marina and the Diamonds,<br />

heute Lana Del Rey. Es sind vor allem Blogger, die<br />

solchen Quatsch schreiben. Manchmal frage ich<br />

mich: Hören sich diese Typen die Musik überhaupt<br />

an? Aber Blogger sind eben Blogger und keine Journalisten.<br />

Merkwürdigerweise müssen sich männliche<br />

Musiker so etwas nicht reinziehen, jedenfalls nicht<br />

ständig. Da zählt anscheinend die Musik mehr.<br />

IntervIew: Vielleicht gibt es einfach weniger<br />

Jungs in den Top 40.<br />

ferreIra: Zum Glück gibt es ja Justin Bieber!<br />

Nein, das Nervige ist, dass wir Mädels gegeneinander<br />

ausgespielt werden. Rihanna gegen Beyoncé,<br />

Perry gegen Gaga, A gegen B, die Medien wollen es<br />

so, und in besonders krassen Fällen befeuert sogar<br />

das eigene Label diese künstliche Konkurrenz. Dies<br />

geschieht auf eine sehr passiv-aggressive Art. Gleichzeitig<br />

müssen alle jung und sexy sein. Lolitas und<br />

Püppchen, egal in welchem Alter. Selbst Madonna<br />

spielt dieses Spiel mit und macht auf ewiges Cheerleader-Girl,<br />

es ist wirklich widerlich.<br />

IntervIew: Ganz so unschuldig schaust auch du<br />

nicht in die Kameras.<br />

ferreIra: Aber mir geht es nicht um dieses Lolita-Ding,<br />

und es ist mir egal, was die Leute denken.<br />

Die Regeln sind ganz einfach: Man soll sexy aussehen,<br />

damit die anderen etwas davon haben – aber<br />

nicht sexy sein, denn davon könnte man selbst profitieren.<br />

An den Regeln kann ich nichts ändern. Was<br />

ich jedoch ändern kann, ist meine Musik.<br />

IntervIew: Wie meinst du das?<br />

ferreIra: Sie darf einfach nicht klingen wie ein<br />

Klingelton, zu dem sich gut wichsen lässt.<br />

IntervIew: Hast du deine Musik schon mal im<br />

Radio gehört?<br />

ferreIra: Nein. Es ist ein verdammter Fluch:<br />

Alle meine Freunde rufen ständig an. Selbst meine<br />

Mutter hat die Single schon zweimal gehört. Und ich<br />

fürchte, ich werde sie nie hören. Nicht morgen, nicht<br />

in den nächsten 40 Jahren. Stattdessen werde ich<br />

sterben, ohne jemals ein Lied von mir im Radio gehört<br />

zu haben. Das wäre so typisch.<br />

IntervIew: Dabei hast du extra so früh angefangen.<br />

Du warst 15, als du deinen ersten Plattenvertrag<br />

unterschrieben hast.<br />

ferreIra: Ja, und deswegen muss ich mir heute<br />

ständig anhören, wie sehr ich mich verändert habe.<br />

Es heißt immer: Sky sieht heute ganz anders aus. Sky<br />

macht ganz andere Musik als früher. Selbst als eine<br />

Cousine ein Bild von mir bei Facebook hochlud, auf<br />

dem ich acht oder neun bin, schrieben sofort irgendwelche<br />

Trolle darunter: „Sky Ferreira sieht heute ganz<br />

anders aus.“<br />

IntervIew: Heute trägt Sky knallroten Lippenstift<br />

und posiert mit einer Vogelspinne in einem Video<br />

von Terry Richardson.<br />

ferreIra: Dabei hatte ich als Kind furchtbare<br />

Angst vor Ameisen und kreische, sobald eine kleine<br />

Spinne irgendwo im Studio rumkrabbelt.<br />

IntervIew: Wie kam es denn zu diesem Video?<br />

Terry Richardson dreht ja nicht ständig für irgendwelche<br />

hoffnungsvollen Popsternchen einfach so<br />

Musikvideos.<br />

ferreIra: Terry rief an und meinte nur: „Komm<br />

in mein Studio, ich habe eine Vogelspinne hier. Wir<br />

drehen ein Video für dich.“ Also nahm ich meine Jacke,<br />

meinen Schlüssel und stieg ins Taxi. Es ging so<br />

schnell, dass ich gar keine Angst haben konnte. Da<br />

wir nichts vorbereitet hatten, war der rote Lippenstift<br />

mein einziges Extra. Neben der Spinne natürlich.<br />

Wir überlegten, was wir machen könnten, und<br />

da eine Spinne auf Jeans und Bluse nicht so gut wirkt<br />

wie auf nackter Haut, stand ich im BH vor der Kamera.<br />

Irgendwelche Trolle schrieben danach, ich hätte<br />

dies getan, um sexy zu sein. Was mich wirklich verletzt<br />

hat, waren die Kommentare, die bei YouTube<br />

unter dem Video auftauchten.<br />

IntervIew: Was stand denn da?<br />

ferreIra: „Sky hat mit Terry gevögelt, um das<br />

Video zu bekommen.“ Oder: „Terry hat sie nach dem<br />

Dreh vergewaltigt.“ So etwas schreiben irgendwelche<br />

80<br />


kranken Typen unter das Musikvideo einer 19-Jährigen.<br />

Das muss man sich mal vorstellen! Das ist<br />

ekelhaft und keineswegs lustig. Nicht einmal nach<br />

irgendeiner verdrehten Ich-sitze-alleine-vor-dem-<br />

Rechner-und-bin-frustriert-Logik. Terry ist ein<br />

Freund von mir. Wenn er mit Lady Gaga arbeitet,<br />

behauptet doch auch niemand, er habe sie nach dem<br />

Shoot vergewaltigt. Solche Kommentare machen<br />

mich echt fertig. Zumal ich selbst schon Erfahrung<br />

in diese Richtung machen musste.<br />

IntervIew: Wie bitte?<br />

ferreIra: Als Schülerin. Und wie man sich vorstellen<br />

kann, hinterlässt das Narben. Aber ich lasse<br />

nicht zu, dass es mich prägt. Können wir bitte über<br />

etwas anderes sprechen? Über etwas Lustiges?<br />

IntervIew: Wollen wir über Bubbles reden?<br />

ferreIra: Wieso denn jetzt Bubbles?<br />

IntervIew: Weil er Jackos Affe war! Ich habe gelesen,<br />

du seist quasi auf Neverland aufgewachsen.<br />

ferreIra: Das bin ich. Es war toll!<br />

IntervIew: Klar.<br />

ferreIra: Nein, wirklich.<br />

IntervIew: Sicher.<br />

ferreIra: Meine Oma arbeitete 30 Jahre für Michael,<br />

sie war seine Friseuse. Und da ich die meiste<br />

Zeit bei meiner Oma gelebt habe, besuchten mein<br />

Bruder und ich sie oft bei der Arbeit. Wir haben dort<br />

auch Weihnachten und Silvester gefeiert.<br />

IntervIew: Mit Michael Jackson?<br />

ferreIra: Ja. Und anfangs auch mit Bubbles.<br />

Aber der war da schon alt und er war auch total hinterhältig<br />

und fies, wenn ich mich recht erinnere. Es<br />

war übrigens Michael, der meiner Oma vorschlug,<br />

mich bei einem Gospelchor anzumelden. Er hatte<br />

mich mit meinem Kassettenrekorder im Garten gesehen:<br />

Ich saß dort immer in irgendeiner Ecke tief<br />

über meinen Rekorder gebeugt und nahm meine<br />

selbst geschriebenen Lieder auf. Meine Oma fand das<br />

zwar alles ziemlich merkwürdig, aber immerhin meldete<br />

sie mich daraufhin zum Singen in zwei Chören<br />

an. Die eine Kirche war in einer ziemlich harten Gegend<br />

von South Central L. A., aber der Chor war fantastisch.<br />

Dort hat alles angefangen. Letztendlich verdanke<br />

ich meine Karriere also Michael Jackson.<br />

IntervIew: Hast du ihm vorgesungen?<br />

ferreIra: Jedes Mal wenn wir uns gesehen haben.<br />

Anfangs Gospel, irgendwann Britney Spears.<br />

IntervIew: Für Britney hast du später auch<br />

Songs geschrieben.<br />

ferreIra: Ja. Leider hat es noch keiner auf ein<br />

Album von ihr geschafft. Ich liebe Britney. Vor allem<br />

ihre düstere Seite.<br />

IntervIew: Wenn sie sich die Haare abrasiert?<br />

ferreIra: Nein! Denk nur mal an das krasse Video<br />

zu Everytime: Sie stirbt in dieser Badewanne. Das<br />

Wasser färbt sich rot von ihrem Blut. Ich dachte nur:<br />

Leute, das ist Britney fucking Spears!<br />

IntervIew: Und wie fand Michael Jackson es,<br />

dass du ihre Songs für ihn singst?<br />

ferreIra: Er hat gelacht.<br />

IntervIew: Wie war Michael denn so?<br />

ferreIra: Total nett. Sehr schüchtern. Vielleicht<br />

haben wir uns deshalb so gut verstanden. Er<br />

war nämlich nicht dieser Freak, der ständig in seiner<br />

eigenen Achterbahn saß und einem zuwinkte.<br />

Eigentlich lebte er sehr zurückgezogen. Man darf<br />

nicht vergessen: Michael war einer der engsten<br />

Freunde meiner Oma. Ich wusste zwar, dass er irgendwie<br />

berühmt ist, verstand aber nicht die ganze<br />

Tragweite. Den Popstar Michael habe ich eigentlich<br />

erst erlebt, als er gestorben ist. Ich war in London,<br />

“<br />

Wer kann schon von sich behaupten,<br />

mit Snoop gekifft zu haben?<br />

”<br />

– Sky Ferreira


um mal wieder einen Plattenvertrag zu unterschreiben,<br />

und plötzlich lief die Schlagzeile, Michael hätte<br />

einen Herzinfarkt gehabt, über den Fernseher in der<br />

Lobby. Meine Oma, die mich auf der Reise begleitete,<br />

rannte sofort in ihr Zimmer und kam gar nicht<br />

mehr raus. Für mich war das Ganze total surreal:<br />

Michael war der erste Mensch, der mir nahestand,<br />

der gestorben ist. Ich wusste natürlich, was Tod bedeutet,<br />

aber nicht, wie es sich anfühlt, jemanden tatsächlich<br />

zu verlieren. Während ich noch in London<br />

war, ging der Wahnsinn los: Plötzlich liefen seine<br />

Songs in jeder Bar, seine Alben besetzten die Top<br />

Ten, alle trugen diese Michael-Memorial-T-Shirts.<br />

Irgendwann verkaufte die sogar mein Dad.<br />

IntervIew: Dein Vater?<br />

ferreIra: Ja, er hat zwei T-Shirt-Stände am<br />

Boardwalk in Venice Beach.<br />

IntervIew: Wenn du nicht in Neverland Achterbahn<br />

gefahren bist, hingst du also in Venice Beach<br />

bei den Surfern und Bodybuildern rum.<br />

ferreIra: Klar. Als Achtjährige kannte ich dort<br />

jeden. Die Surfer, die Skater, die Freaks, sogar die<br />

ganzen Junkies und Crack-Süchtigen. Das fand mein<br />

Vater allerdings nicht so toll. Ich hingegen mochte<br />

sie, weil sie immer Zeit hatten und an derselben Stelle<br />

rumhingen. Auf eine Art waren die ziemlich verlässlich.<br />

Als ich älter wurde, flitzte ich nur noch auf<br />

meinen Rollerskates vorbei und winkte ihnen zu, das<br />

fanden die super. Irgendwann konnte ich den ganzen<br />

Zirkus dort jedoch nicht mehr ertragen …<br />

IntervIew: … und bist nach New York gezogen.<br />

ferreIra: Andere Mädchen in dem Alter gehen<br />

ans College, ich entschied mich für New York. Anfangs<br />

war es wirklich hart: Ich kannte niemanden,<br />

sprach wochenlang mit keinem Menschen, lief stundenlang<br />

ziellos durch die Stadt, schrieb Songs und<br />

wurde von Tag zu Tag einsamer.<br />

IntervIew: Lady Gaga saß auch immer in ihrer<br />

Wohnung, hörte Bowie, kokste alleine vor ihrem<br />

Spiegel und träumte davon, ein Popstar zu werden.<br />

ferreIra: Ich kokse aber nicht allein! Aber hast<br />

du meine Christiane-F.-Sammlung bemerkt? Als ich<br />

zur Highschool ging, nähte ich mir die Bowie-Jacke<br />

nach, die Christiane im Film trug. Sie ist meine Ikone.<br />

Ich war total besessen von ihr in der Highschool.<br />

IntervIew: Wie muss man sich denn Sky Ferreira<br />

in der Highschool vorstellen?<br />

ferreIra: Unfassbar schüchtern. So schüchtern,<br />

dass es wehtat. Ich habe die Schule gehasst und wurde<br />

von allen fertiggemacht. Meine einzigen Freunde<br />

waren die Immigrantenkinder aus Afrika und China,<br />

die kaum <strong>En</strong>glisch konnten. Mit denen musste ich ja<br />

nicht reden. Ich war wirklich der Freak, der nie<br />

spricht. Ich war eigentlich stumm. Das habe ich, abgesehen<br />

vom Singen im Musikunterricht, drei Jahre<br />

durchgezogen. Ich brachte es nicht einmal fertig, zu<br />

fragen, ob ich auf die Toilette gehen darf. Das musste<br />

ich dann immer auf meinen Block kritzeln. Dementsprechend<br />

konnte ich mich auch nicht wehren, wenn<br />

die anderen Kids auf mir rumhackten, und wurde<br />

noch schüchterner. Es war wirklich die Hölle – und<br />

zwar von Anfang an: Als ich eingeschult wurde,<br />

weinte ich den ganzen Tag. Das habe ich dann zwei<br />

Jahre so gehalten: jeden Morgen weinen. Meine<br />

Mum hat irgendwann nicht einmal mehr reagiert,<br />

wenn ich losgeplärrt habe, weil ich das ständig tat.<br />

Sogar auf den Kinderfotos. Es gibt kaum eins, auf<br />

dem ich nicht heule oder verheult aussehe.<br />

IntervIew: Trägt deshalb dein Debütalbum den<br />

Titel I’m Not Alright?<br />

ferreIra: Er passt jedenfalls gut.<br />

“<br />

Man soll sexy<br />

aussehen, damit die<br />

anderen etwas davon<br />

haben – aber nicht<br />

sexy sein, denn davon<br />

könnte man ja selbst<br />

profitieren<br />

”<br />

– Sky Ferreira<br />

IntervIew: Aber heute wirkst du so, als ginge es<br />

dir ganz passabel.<br />

ferreIra: Heute heißt das Album I’m Alright<br />

(lacht). Nein, es geht mir heute besser als früher. Ich<br />

sollte immer irgendwelche Medikamente gegen die<br />

Depressionen nehmen, wollte dies jedoch nie tun.<br />

Ich hatte Angst vor den Nebenwirkungen.<br />

IntervIew: Es gibt Musiker, die aus ihrem Weltschmerz<br />

die künstlerische Kraft destillieren.<br />

ferreIra: Ja, ein wenig Blues hilft beim Schreiben.<br />

Aber auf Dauer ist es die Hölle. Gott sei Dank<br />

sieht man es mir auf Fotos heute kaum mehr an.<br />

IntervIew: Die Fotos zu dieser Geschichte hat<br />

Hedi Slimane gemacht.<br />

ferreIra: Ja, wir sind ziemlich eng befreundet.<br />

Er ist ein toller Mensch. Wir haben sogar Weihnachten<br />

miteinander verbracht.<br />

IntervIew: Wie feiert Hedi Slimane denn Weihnachten?<br />

ferreIra: Mit Elton John. Ich weiß auch nicht<br />

genau, wie das kam. Jedenfalls saß ich plötzlich am<br />

Mittagstisch von Elton und seinem Mann und musste<br />

so tun, als würde ich das Essen mögen.<br />

IntervIew: Was gab es denn?<br />

ferreIra: Irgendetwas <strong>En</strong>glisches mit viel<br />

Fleisch. Ich konnte das echt nicht essen, zumal ja<br />

auch meine Familie auf mich am gedeckten Tisch<br />

wartete. Oh Mann, die waren ziemlich sauer.<br />

IntervIew: Du feierst mit Elton John und Hedi<br />

Slimane Weihnachten, Steven Meisel ist ein Fan von<br />

dir, Terry schenkt dir ein Video – wie kamst du eigentlich<br />

zum Modeln?<br />

ferreIra: Ich weiß nicht genau, wie und warum<br />

all das passierte. Zumal ich viel zu klein für den Job<br />

bin. Als ich anfing, war ich gerade mal 1,55 Meter<br />

groß, jetzt bin ich 1,68 Meter, also immer noch viel<br />

zu klein für den Laufsteg. Außerdem dachte ich immer,<br />

ich sei hässlich.<br />

IntervIew: Jetzt kokettierst du.<br />

ferreIra: Nein! Die Leute sagen mir das ins Gesicht.<br />

Sie sagen: „Sky, du bist zwar nicht schön, aber<br />

du siehst auf eine andere Weise gut aus. Wie ein hübscher<br />

Zombie.“ Vielleicht wollte mich deshalb Dazed<br />

& Confused damals für meine erste Strecke – die<br />

dachten sicher auch: „Hm, interessante Augenringe<br />

für ein junges Mädchen.“<br />

IntervIew: Vielleicht solltest du mehr schlafen.<br />

ferreIra: Das tue ich. Ich gehe nicht einmal<br />

mehr groß aus. Dafür bin ich, wie gesagt, viel zu<br />

schüchtern. Und wenn ich es versuche, lassen sie<br />

mich nicht rein: Als ich gestern mit meiner Band in<br />

eine Karaokebar wollte, wurden wir ständig abgewiesen.<br />

Wir zogen wie Maria und Jesus von Tür zu<br />

Tür und wurden immer weggeschickt. Ich darf ins<br />

Berghain in Berlin, aber nicht in eine Karaokebar in<br />

New York. Vielleicht sollte ich mir doch noch mal<br />

eine Fake-ID besorgen.<br />

IntervIew: Hat die nicht jeder in Amerika?<br />

ferreIra: Doch, schon. Aber die, die ich mir mit<br />

15 besorgte, hat an keiner einzigen Tür funktioniert.<br />

Also habe ich sie weggeschmissen und versucht, mich<br />

mit den Türstehern gut zu stellen. Ich hatte irgendwo<br />

gelesen, dass Madonna so angefangen hat, also<br />

dachte ich, dies sei eine gute Idee.<br />

IntervIew: Immerhin schickte einst Katy Perry<br />

ein Bild von dir mit einer Wodkaflasche zwischen<br />

den Beinen via Twitter um die Welt. Da warst du 17<br />

und auf Krawall gebürstet. Zumindest sah es so aus.<br />

ferreIra: Danke, Katy! Meine Mutter ist völlig<br />

ausgerastet, als sie das Bild gesehen hat. Meine Mum<br />

ist nämlich ziemlich streng. Ich durfte früher nicht<br />

einmal MTV vor der Schule sehen. Und dann taucht<br />

dieses Bild auf – dabei trinke ich fast nie. Ich habe<br />

schon gekifft, klar, aber das ist nicht gut für meine<br />

Stimme. Die Leute denken, ich würde ständig high<br />

sein und Drogen nehmen. Das war schon in der<br />

Highschool so. Aber es stimmt nicht.<br />

IntervIew: Es gibt lustige Bilder von dir im<br />

Netz, auf denen du mit Snoop kiffst.<br />

ferreIra: Dabei habe ich mich anfangs gar nicht<br />

getraut. Als dann jedoch mein Regisseur daran zog,<br />

dachte ich mir: „So eine Gelegenheit kommt nie wieder!<br />

Wer kann schon von sich behaupten, mit Snoop<br />

gekifft zu haben?“<br />

IntervIew: Und?<br />

ferreIra: Der Joint war viel zu stark für mich.<br />

Ich musste sofort auf mein Hotelzimmer. Der Abend<br />

war gelaufen.<br />

84<br />

85


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Fotos<br />

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Fotos: Brian Duffy/Duffy Archive (linke Seite); Masayoshi Sukita/The David Bowie (rechte Seite)<br />

david<br />

Zehn Jahre wartete die Welt darauf, dass david Bowie sie wieder in seine<br />

Wunderkammer blicken lässt. diese öffnete sich schlagartig an seinem<br />

66. Geburtstag, als Bowie ohne vorankündigung und Trara das Lied<br />

1973<br />

bowie<br />

Where Are We Now? veröffentlichte. Dabei ist “wo stehen wir heute?” eigentlich<br />

nicht die Frage – sie müsste vielmehr lauten: wo steht der Künstler heute?<br />

Das Londoner Victoria & Albert Museum hat die bowie-Festspiele ausgerufen<br />

1973


und verwandelt sich im März vorübergehend in das<br />

größte Hard-Rock-Café der Welt (Gitarren an der Wand,<br />

Schuhe in der Vitrine, Kostüme auf dem Bügel – Bowie selbst<br />

1976<br />

Fotos: Mauritius Images (linke Seite); Capital Pictures/ddp images (rechte Seite)<br />

will damit nichts zu tun haben). Viel wichtiger ist ohnehin, dass gerade<br />

sein neues, nunmehr 24. Album erschienen ist. Es trägt passenderweise den<br />

Titel The Next Day – denn als Mann, der vom Himmel fiel, kennt er heute<br />

1976


schon morgen. Wir hingegen blicken in den Rückspiegel mit diesem<br />

<strong>Interview</strong> aus dem Jahr 1978, als Berlin noch geteilt war und Bowie gerne<br />

in Schöneberg saß und ein Glas Milch trank. Also im Grunde wie heute –<br />

1976<br />

Fotos: Michael Ochs Archives/Getty Images (linke Seite); Kate Garner/CORBIS OUTLINE (rechte Seite)<br />

nur dass er damals freimütig über Dinge plauderte, über die er heute kein<br />

Wort mehr verliert (zumal er gar keine <strong>Interview</strong>s mehr gibt (aber eigentlich<br />

veröffentlicht er ja auch keine Platten mehr)) … to be continued!<br />

1996


IntervIew: Du hast viel Aufmerksamkeit erregt mit<br />

Dingen, die du gesagt und getan hast. Wie viel davon<br />

war Berechnung oder Publicity?<br />

DavID BowIe: Ich kann ganz gut mit Worten umgehen.<br />

Manches bot sich einfach an, und dann habe<br />

ich zugegriffen. Wenn jemand behauptete, ich hätte<br />

irgendetwas gesagt – und wenn mir die Idee gefiel –,<br />

dann habe ich das übernommen. Nur um mal zu<br />

schauen, wie die Leute reagieren würden. Ich habe<br />

mich schlichtweg bei den Vorstellungen anderer über<br />

mich bedient: „Das ist eine gute Idee. So bin ich jetzt<br />

mal eine Weile.“ Das hat mich in interessante Situationen<br />

gebracht.<br />

IntervIew: Gibt es einen Teil deiner Karriere,<br />

den du hinter dir lassen willst?<br />

BowIe: Nein.<br />

IntervIew: Wie sehen dich die Menschen heute?<br />

Was wirst du am häufigsten gefragt?<br />

BowIe: Ob ich bisexuell bin (lacht).<br />

IntervIew: Und was antwortest du?<br />

BowIe: Dass die sich um ihren eigenen Kram<br />

kümmern sollen. Das ist so eine langweilige Frage.<br />

Ich antworte dann: „Wie geht es Ihrer <strong>Frau</strong>? Sind Sie<br />

verheiratet? Schlafen Sie mit Ihrer <strong>Frau</strong>?“ Das ist so<br />

eine Unverschämtheit!<br />

IntervIew: Na ja, wenn du mal ehrlich bist: Du<br />

hast das doch damals selbst hochgespielt …<br />

BowIe: Das war nie mein Ding. Ich habe genau<br />

zweimal darüber gesprochen, und die Zitate werden<br />

mir immer wieder unter die Nase gehalten.<br />

IntervIew: Du hast mit dem Playboy darüber gesprochen,<br />

dass du in Japan mit kleinen Jungen schläfst.<br />

BowIe: Genau, und das war das zweite Mal, dass<br />

ich überhaupt darüber geredet habe. Viel mehr wirst<br />

du nicht finden, denn ich bin eigentlich ein diskreter<br />

Mensch. Ich gebe den Journalisten nur so viel, dass sie<br />

was zu schreiben haben. Ich schätze es sehr, wenn ich<br />

in der Öffentlichkeit unerkannt bleibe und mitkriegen<br />

kann, was in der Welt so los ist. Das ist die wichtigste<br />

Inspiration für meine Arbeit.<br />

IntervIew: Leidest du wirklich an dem Verlust<br />

deiner Privatsphäre?<br />

BowIe: Es wird ja immer behauptet, dass ein Star<br />

kein Recht auf Privatleben hat, aber das ist Quatsch.<br />

90 Prozent des Jahres lebe ich komplett anonym. Das<br />

ist ganz leicht, denn es gibt zwei Arten, die Straße entlangzugehen:<br />

Man will erkannt werden, oder man will<br />

es eben nicht. Und dann wird man auch nicht erkannt.<br />

Ich habe das irgendwann begriffen und anderen Leuten<br />

beigebracht.<br />

IntervIew: Ist es nicht toll fürs Ego?<br />

BowIe: Erkannt werden? Davon hat mein Ego<br />

mehr als genug bekommen. Damit bin ich fertig. Natürlich<br />

hat es geholfen, meine Haare nicht mehr rot<br />

zu färben.<br />

IntervIew: Hast du einen dauerhaften Wohnsitz?<br />

BowIe: Nö. Brauche ich nicht.<br />

IntervIew: Vermisst du <strong>En</strong>gland?<br />

BowIe: <strong>En</strong>gland? Meine Güte. Nein.<br />

IntervIew: Du hast zuletzt viel Zeit in Berlin verbracht.<br />

Wirst du da in Ruhe gelassen?<br />

BowIe: Oh ja. Die sind da total desinteressiert.<br />

Rock ’n’ Roll spielt überhaupt keine Rolle, und die<br />

Leute sind wie auf Schlafmittel. Berlin ist nicht die<br />

dekadente Stadt, für die es jeder hält. Auch Isherwood<br />

hat das in seinem letzten Buch zugegeben. Er sagt, er<br />

habe sich das alles ausgedacht. Es war eine der langweiligsten<br />

Städte, in der er jemals gewesen war, aber<br />

er musste ja Geschichten schreiben, also erfand er<br />

dieses Berlin. Mit der Wirklichkeit hat das nichts zu<br />

tun.<br />

“<br />

90 Prozent des<br />

Jahres lebe ich<br />

komplett anonym.<br />

Das ist ganz leicht,<br />

denn es gibt zwei<br />

Arten, die Straße entlangzugehen:<br />

Man will erkannt<br />

werden, oder man will<br />

es eben nicht<br />

”<br />

– David Bowie<br />

IntervIew: Hat es dich dorthin gezogen, weil du<br />

geglaubt hast, die Stadt wäre so?<br />

BowIe: Ja. Aber dann fand ich stattdessen etwas<br />

anderes, das mich genauso fasziniert hat. Die <strong>En</strong>tschlossenheit,<br />

mit der man West-Berlin am Leben<br />

erhält und nicht den Russen überlässt. Berlin ist eine<br />

sehr ernste und schwere Stadt. Ich fahre dorthin, um<br />

zu arbeiten. Es gibt ein verdammt gutes Aufnahmestudio,<br />

und ich finde die Stadt inspirierend. Ich habe<br />

in dem türkischen Viertel gewohnt, und das war meine<br />

Art, zurück auf die Straße zu kommen. Das geht in<br />

London oder Amerika nicht. Da fühle ich mich total<br />

fehl am Platz mit einer Sicherheitsnadel im Ohr …<br />

IntervIew: Ja, worum geht es da eigentlich?<br />

BowIe: Ich empfinde die Kategorie Punk als total<br />

beengend. Sie schränkt ein paar potenziell sehr<br />

originelle Menschen total ein. Für mich ist das eine<br />

Bewegung, die noch auf der Suche nach einem Thema<br />

ist, so ähnlich wie die Konzeptkunst in den Sechzigern.<br />

Man kann darüber theoretisieren, aber man<br />

kann es nicht erleben. Und es gibt vieles, was man<br />

einfach nicht in eine Schublade stecken sollte. Elvis<br />

Costello Punk zu nennen ist zum Beispiel idiotisch.<br />

Tatsächlich ist er der Bruce Springsteen von London.<br />

Die gleichen Effekte, die gleichen Akkordwechsel.<br />

IntervIew: Hat sich deine Musik vom<br />

Rock ’n’ Roll in Richtung Avantgarde verändert?<br />

BowIe: Ich finde nicht, dass ich Avantgardist bin.<br />

Meine Art von Musik ist eher selten, das nennt man<br />

dann eben Avantgarde. Brian <strong>En</strong>os Musik ist auch<br />

nicht Avantgarde – man kann sie wunderbar hören,<br />

solange man keinen Rock ’n’ Roll erwartet. Sehr gut<br />

für die Badewanne zum Beispiel. Rock ’n’ Roll interessiert<br />

mich überhaupt nicht.<br />

IntervIew: Wenn du auf der Bühne stehst, bist du<br />

Rock ’n’ Roll.<br />

BowIe: Nein. Ich bin einfach David Bowie. Mick<br />

Jagger ist Rock ’n’ Roll.<br />

IntervIew: Warum dann noch Konzerte? Du<br />

hast mal gesagt, du trittst nicht gern auf. Warum gibst<br />

du nicht einfach hier und da ein kleines Konzert?<br />

BowIe: Das würde nicht genug Geld bringen.<br />

Nicht für die Art, wie ich leben will. Die Orte, an<br />

denen ich in letzter Zeit war, kosten wahnsinnig viel<br />

Geld. Und warum sollte ich zurück in die kleinen<br />

Clubs? Ich habe jahrelang versucht, da rauszukommen.<br />

IntervIew: Fühlst du dich als Dilettant?<br />

BowIe: Was Rock ’n’ Roll betrifft auf jeden Fall.<br />

Ich habe mich nie darum bemüht und hatte nicht das<br />

Gefühl, dass ich den brauche. Wenn du meine Arbeit<br />

im Allgemeinen meinst: Ich nehme alles, was ich mache,<br />

ziemlich ernst. Und ich genieße jede Sekunde<br />

davon, was ich lange Zeit nicht hätte sagen können.<br />

IntervIew: Warum hat sich das geändert?<br />

BowIe: Indem ich den Rock ’n’ Roll hinter mir<br />

ließ. Diese ganze furchtbare Welt. Schreckliches Leben.<br />

Mein Gott.<br />

IntervIew: Na, immerhin bist du letztes Jahr mit<br />

Iggy Pop auf Tour gegangen.<br />

BowIe: So hatte ich was zu tun. Ich hatte Spaß.<br />

Und habe mich oft betrunken.<br />

IntervIew: Du wirktest wie eine Art Vater für<br />

ihn …<br />

BowIe: Darauf lasse ich mich nicht ein. Aber ja:<br />

Ich habe starke Vaterinstinkte. Ich bin der geborene<br />

Vater.<br />

IntervIew: Möchtest du noch mehr Kinder?<br />

BowIe: Ja, auf jeden Fall. Aber nicht als Selbstbestätigung.<br />

Ich brauche keine weiteren eigenen Kinder.<br />

Ich würde sie adoptieren. Ich habe ein Wunschkind,<br />

und das reicht als Beweis. Jeder Mann will zeigen, dass<br />

er einen Sohn zeugen kann.<br />

IntervIew: Meine Güte, David …<br />

BowIe: Ist doch wahr. Aber alle weiteren leiblichen<br />

Kinder sind einfach purer Luxus, und ich würde<br />

wirklich gern welche adoptieren. Ich bin wahnsinnig<br />

gern mit Kindern zusammen. Ich mag ihren<br />

Humor. Drei Kinder sind mir lieber als alle Punkbands<br />

zusammen.<br />

IntervIew: Was will Zowie aus seinem Leben<br />

machen?<br />

BowIe: Derzeit will er Mathematiker werden.<br />

Der wird sich später um meine Kohle kümmern und<br />

darauf achten, dass niemand mich abzieht. Wenn bis<br />

dahin noch etwas übrig ist …<br />

IntervIew: Was wirst du auf der kommenden<br />

Tournee machen?<br />

BowIe: Das könnte schwierig werden, weil ich<br />

keine Rolle habe, in die ich schlüpfen kann. Schon<br />

beim letzten Mal ging es weniger um eine Kunstfigur,<br />

sondern darum, eine Atmosphäre zu schaffen. Vielleicht<br />

lächle ich diesmal. Ich lasse meine Zähne in<br />

Ordnung bringen und lächele viel.<br />

IntervIew: Sind die nicht schon repariert worden?<br />

Bist du eine Diva? Die Menschen, die für dich<br />

arbeiten, scheinen dir sehr ergeben zu sein …<br />

BowIe: Was willst du andeuten? Dass ich wie<br />

Machiavelli bin? Ich bin nicht das Mastermind, für<br />

das die Leute mich halten.<br />

IntervIew: Warum glauben das die Leute?<br />

BowIe: Weil alles, was ich tue, sehr erfolgreich<br />

ist. Vielleicht bin ich kein großer Manipulator, sondern<br />

einfach gut. Aber darauf kommen die Leute<br />

meistens nicht. Ich dagegen glaube an meine künstlerischen<br />

Fähigkeiten. Auch wenn mir nicht alles gefällt,<br />

was ich mache.<br />

IntervIew: Was magst du im Nachhinein nicht<br />

mehr?<br />

BowIe: Also, Aladdin Sane ist nicht besonders gelungen.<br />

Diamond Dogs ist fantastisch, noch immer eines<br />

meiner Lieblingsalben. Manches von Station To<br />

Station ist okay. Bei Young Americans weiß ich auch<br />

nicht so recht. Oder doch. Spiele ich das Album auf<br />

Foto: Brian Aris/Camera Press/Picture Press<br />

Konzerten? Nein. Also mag ich es wahrscheinlich<br />

nicht. Ich mag fast alles auf Ziggy Stardust, ich mag<br />

alles auf Low und alles auf Heroes außer The Secret Life<br />

Of Arabia, das ich ans <strong>En</strong>de gestellt habe, weil mir<br />

nichts mehr einfiel. Pin Ups war eine dumme Atempause<br />

…<br />

IntervIew: War das die Zeit, als du so viele Drogen<br />

genommen hast?<br />

BowIe: Wahrscheinlich. Das war keine angenehme<br />

Phase in meinem Leben. Es gab ein paar richtig<br />

schreckliche Momente. Immer kurz davor, den Arzt<br />

zu rufen. Kurzschluss-Aktionen, ständig unter Strom.<br />

Deswegen musste ich weg aus Los Angeles.<br />

IntervIew: Wie bist du davon losgekommen?<br />

BowIe: Ich würde sagen: Glück. Ich bin ziemlich<br />

diszipliniert, das bewahrt mich vor dem Schlimmsten.<br />

IntervIew: Wie ist deine finanzielle Situation<br />

jetzt?<br />

BowIe: Besser denn je. Ich habe alles unter Kontrolle,<br />

von A bis Z. Es gibt nur drei Leute, die für<br />

mich arbeiten, und die kriegen ein reguläres Gehalt.<br />

IntervIew: Vertraust du denen?<br />

„Ich BIn Der GeBorene vater”:<br />

DavID BowIe unD tochter aLexanDrIa zahra Jones, new York cItY, 2000<br />

BowIe: Ich muss denen nicht vertrauen, denn es<br />

läuft alles über mich. Und über meinen Namen.<br />

IntervIew: Wie steht es um deine Filmkarriere?<br />

Hattest du das Gefühl zu spielen, als du Der Mann, der<br />

vom Himmel fiel gedreht hast?<br />

BowIe: Der Film interessiert mich nicht besonders.<br />

Ich habe ihn nur einmal gesehen, und das hat<br />

gereicht. Die Arbeit daran habe ich genossen. Und<br />

mehr wollte ich auch gar nicht.<br />

IntervIew: Das letzte Mal hast du mir gesagt,<br />

dass du immer schon Filme machen wolltest …<br />

BowIe: Als Regisseur, nicht als Schauspieler. Ich<br />

würde gern noch fünf möglichst verschiedene Rollen<br />

in weiteren Filmen spielen, einfach nur um zu wissen,<br />

wie das geht. Wenn ich als Regisseur dann die Schauspieler<br />

anschreie, weiß ich, warum.<br />

IntervIew: Hast du launische oder depressive<br />

Phasen?<br />

BowIe: Sehr selten. Ich bin unglaublich glücklich.<br />

IntervIew: Warum?<br />

BowIe: Ich bin nicht mehr so ehrgeizig und strenge<br />

mich nicht an wie verrückt, um ein toller Künstler<br />

zu sein. Ich male Bilder, aber traue mich nicht, eine<br />

Ausstellung damit zu machen … Das macht mir Angst.<br />

Als Musiker habe ich meine Verdienste. Ich weiß, dass<br />

ich gut bin. Ein Maler weiß das auch. Ich dagegen<br />

weiß nicht, ob ich ein guter Maler bin. Aber ich bin<br />

gut mit dem Teil meiner Arbeit, den die Öffentlichkeit<br />

kennt. Ich bin Steinbock, weißt du, deswegen zeige<br />

ich meine Arbeit nur, wenn ich sie gut genug finde.<br />

Ich verstecke mich und übe, bis ich es kann, und dann<br />

zeige ich mich und verkünde: „Ich kann es.“<br />

IntervIew: Du hast schon so oft an Ausstellungen<br />

gearbeitet.<br />

BowIe: Ja, ich weiß. Aber mich hat jedes Mal der<br />

Mut verlassen. Ich weiß einfach nicht, ob meine Bilder<br />

gut genug sind. Ich bin kein David Hockney.<br />

DIeses Gespräch zwIschen DavID BowIe<br />

unD LIsa roBInson erschIen 1978<br />

In Der JunI-ausGaBe von IntervIew.<br />

Im Jahr zuvor hatte BowIe seIn aLBum<br />

Heroes veröffentLIcht<br />

100<br />

101


“<br />

ich hatte eine Vision.<br />

Klingt komisch, aber es war so<br />

Isa<br />

Genzken<br />

ihre allererste Arbeit war ein<br />

Fotoband über die Tristesse in Berlin<br />

in den Siebzigern, diesen herbst<br />

wird sie mit einer Ausstellung im MoMA<br />

geehrt. in den Jahren dazwischen<br />

hat die Künstlerin Minimal Art,<br />

Bauhausarchitektur und Pop-Art<br />

radikal umgedeutet – und unzählige<br />

Kollegen beeindruckt sowie<br />

beeinflusst. Ein Gespräch über Gerhard<br />

richter, Joseph Beuys und die<br />

Qualitäten des Abachi-holzes<br />

von<br />

Dominic eichler<br />

”<br />

porträt<br />

wolfgAng tillmAns<br />

102<br />

isa genzken mit einer der<br />

astro nautenfiguren,<br />

die sie 2007 im deutschen<br />

pavillon der Biennale<br />

in venedig in die luft hängte


Mit ihrem Freund Dan Graham<br />

zog Genzken Anfang der Achtziger<br />

durch Manhattan und fotografierte<br />

auf Punkkonzerten<br />

Fotos (linke Seite): Isa Genzken<br />

Wie um das Jahr der Isa Genzken<br />

einzuleiten, schmückt eine<br />

riesige, hyperrealistische Rose<br />

die Fassade des New Museum<br />

in New York. Es ist eine ihrer<br />

bekanntesten Skulpturen: die perfekte Symbiose aus<br />

süßlicher Geste und Genfehler – ursprünglich entworfen<br />

für den Garten des Sammlers Frieder Burda<br />

im blumigen Baden-Baden. Im Herbst zeigt das<br />

MoMA eine große Retrospektive der Berlinerin. Man<br />

kann das eine Ehre nennen – oder es lange überfällig<br />

finden. In jedem Fall wird ein umfassender Blick auf<br />

das differenzierte und vielseitige Werk Isa Genzkens<br />

ihren Ruf als eine der wichtigsten Künstlerinnen der<br />

Gegenwart bestätigen und verstärken. Und noch einmal<br />

darauf hinweisen, wie lange sie schon dabei ist –<br />

und wie früh sie oft dran war.<br />

In ihrer ersten Einzelausstellung 1976 zeigte sie<br />

sogenannte Ellipsoide – vier bis acht Meter lange,<br />

ganz leicht geschwungene Skulpturen, deren Krümmung<br />

am Computer errechnet worden war. Das<br />

menschliche Maß, das Sockelproblem, die Künstlerhandschrift<br />

– viele der klassischen Probleme des Bildhauers<br />

hatte sie damit wie aus dem Handgelenk abgeschüttelt.<br />

Und mit den parallel entstandenen Aquarellen<br />

ihren damaligen Lehrer und späteren Ehemann<br />

Gerhard Richter beeindruckt.<br />

Der Galerist Daniel Buchholz arbeitet seit 25<br />

Jahren mit der Künstlerin und zeigt jetzt, zur Feier<br />

des Vierteljahrhunderts, eine Ausstellung mit frühen<br />

Arbeiten von Isa Genzken. Die <strong>En</strong>twurfszeichnungen<br />

für die Ellipsoide, die Aquarelle sowie Fotografien<br />

von Punkkonzerten und Musikinstrumenten, die in<br />

New York entstanden, als die Künstlerin Anfang der<br />

Achtziger mit ihrem Freund Dan Graham durch die<br />

Stadt zog.<br />

Mit dem Autor und Galeristen Dominic Eichler,<br />

der einen <strong>Interview</strong>film mit ihr dreht, sprach Isa<br />

Genzken über die ganz frühen und die frühen Tage<br />

ihrer Karriere.<br />

Dominic EichlEr: Wer waren die Genzkens eigentlich?<br />

Gab es Künstler in deiner Familie?<br />

isa G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Mehr oder weniger ja (lacht).<br />

EichlEr: In dem Film Meine Großeltern im Bayerischen<br />

Wald (1992) scheint es, als seien deine Großeltern<br />

wichtig für dich gewesen.<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Das war auch so. Meine Eltern haben<br />

mich im Prinzip irgendwie im Stich gelassen. Ich war<br />

immer allein als Kind. Mein Vater war Arzt, meine<br />

Mutter war gelernte Schauspielerin. Sie war ein paar<br />

Mal auf der Bühne. Meine Eltern sind am selben Tag<br />

geboren. Das ist schon interessant, denn man kann<br />

sich nichts Unterschiedlicheres vorstellen als diese<br />

beiden. Und sie hatten einen Tag nach Joseph Beuys<br />

Geburtstag. Zu dem hatte ich eine intensive Beziehung.<br />

Er mochte mich sehr.<br />

EichlEr: Was war mit deinen Großeltern?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Das waren besondere Menschen, die<br />

mich besonders gut behandelt haben. Meine Großmutter<br />

hatte ein Kunstheft abonniert. Das hat sie immer<br />

ganz genau studiert. In meinem Film sieht sie aus<br />

wie von Vermeer gemalt: mit weißer Schürze in der<br />

Küche. Sie war immer sehr gut gekleidet. Mein Großvater<br />

hatte mit Kunst nichts zu tun, aber er hatte Witz.<br />

EichlEr: Kannst du dich erinnern, wann du das<br />

erste Mal dachtest, dass du Künstlerin werden willst?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Ein Künstler ist schon im Bauch ein<br />

Künstler, also bevor er geboren wird. Denn er schaut<br />

sich schon im Bauch um. Auch wenn die Augen noch<br />

geschlossen sind.<br />

“<br />

Die Ellipsoide<br />

sehen heute noch aus<br />

wie damals.<br />

Und es sind die ersten<br />

Arbeiten, die am<br />

Computer errechnet<br />

wurden<br />

isa G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong> mit EllipsoiD<strong>En</strong>, aufG<strong>En</strong>omm<strong>En</strong> von GErharD richtEr<br />

”– Isa Genzken<br />

EichlEr: Wann kamst du das erste Mal mit Kunst<br />

in Berührung?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Als ich vielleicht fünf Jahre alt war,<br />

trat ich aus meinem Haus und ein Mann kam auf<br />

mich zu und fragte: „Hättest du Lust, in einem Film<br />

mitzuspielen?“ „Das müssen Sie meine Mutter fragen“,<br />

habe ich geantwortet. Meine Mutter hat dann<br />

Verhandlungen finanzieller Art geführt und das Geld<br />

einkassiert. Ich durfte in dem Film ein sehr freches<br />

Mädchen spielen. Das hat mir sehr gut gefallen. Mit<br />

19 war ich dann bildschön. Alle Studenten von der<br />

Filmakademie in Berlin wollten, dass ich in ihren Filmen<br />

mitspiele.<br />

EichlEr: Wollte deine Mutter, dass du Schauspielerin<br />

wirst?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Nein. Aber mein Vater wollte, dass ich<br />

Augenärztin werde. Da würde ich viel Geld verdienen.<br />

Ich dachte, der spinnt. „Wenn du Künstlerin werden<br />

willst, dann musst du besser sein als Maria Callas.“<br />

EichlEr: Was meinte er damit?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Der Onassis hat sie irgendwann verlassen<br />

und die <strong>Frau</strong> Kennedy geheiratet. Sie blieb allein<br />

in Paris und brachte sich dann um. Ich habe mir<br />

diese Geschichte gemerkt. Ich bin ja auch reingefallen,<br />

schließlich habe ich Gerhard Richter geheiratet.<br />

Der war nicht so schlimm wie Onassis. Aber fast.<br />

EichlEr: Zu Richter kommen wir, glaube ich, später<br />

noch. Wie kamst du dann an die Kunsthochschule?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Eigentlich wollte ich Film studieren.<br />

Das Thema taucht in meiner Arbeit immer wieder<br />

auf. Aber die Filmhochschule hat mich nicht angenommen.<br />

Ich hatte Buntstiftzeichnungen eingereicht,<br />

und die Bewerbungskommission meinte, mit Zeichnungen<br />

könne ich mich nicht bewerben. Na, dann<br />

halt an die Kunstakademie, dachte ich.<br />

EichlEr: Welche Lehrer waren dir wichtig?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Gerhard Richter.<br />

EichlEr: Der kam doch später. Du warst doch<br />

erst in Hamburg, dann in Berlin.<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Ja. Aber das war nicht, was ich wollte.<br />

Benjamin Buchloh (renommierter Kritiker, lehrt<br />

heute in Harvard) war damals mein Freund. Ich lebte<br />

in Schöneberg und ging fast jeden Tag in diese Riesendisco<br />

am Nollendorfplatz. Da habe ich Benjamin<br />

Buchloh kennengelernt. Später hat er im Artforum<br />

einen Text über mich geschrieben und behauptet, ich<br />

sei besser als alle amerikanischen Minimal-Künstler.<br />

Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht. Damals<br />

sagte er: „Es gibt nur einen guten Lehrer für dich:<br />

Gerhard Richter.“ Ich kannte den damals gar nicht.<br />

Buchloh sorgte dafür, dass wir von Gerhard Richters<br />

<strong>Frau</strong> zum Abendessen eingeladen wurden. Ich hatte<br />

so einen Respekt und es war so spießig, da in der Küche<br />

zu sitzen, dass ich den ganzen Abend kein Wort<br />

sagte. Auf einmal lud uns Richter in sein Atelier ein.<br />

Dort hingen die Bilder mit den Köpfen für die Biennale.<br />

Ich war 22 und dachte: „Das ist ein Künstler.“<br />

Als wir gingen, sagte ich: „Ich würde übrigens sehr<br />

gern in Ihre Klasse kommen.“ Das war eine wichtige<br />

Szene in meinem Leben. Ich hatte den ganzen Abend<br />

nichts gesagt und hatte Angst, er würde mich ablehnen.<br />

Er antwortete: „Aber selbstverständlich.“ Ich bin<br />

105


dann mit meinen Arbeiten zu ihm gegangen und er<br />

meinte: „Was?!? Sie habe ich genommen?“<br />

EICHLER: Was fand der Richter so schlimm? Oder<br />

war das witzig gemeint?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Ich fand das gar nicht witzig.<br />

EICHLER: Was hat er dir beigebracht?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Er hat mich zu Tode kritisiert. Ich<br />

kam weinend nach Hause und der Buchloh meinte:<br />

„Der hat das nicht so gemeint.“ Dann habe ich<br />

folgenden Trick angewandt. Normalerweise kamen<br />

die Korrekturen vor der ganzen Klasse. Ich meinte:<br />

„Herr Richter, ich würde gern mal mit Ihnen alleine<br />

sprechen.“ Das hat mich ein bisschen Mut gekostet,<br />

aber ich hatte keine Lust, mir immer diese Gemeinheiten<br />

anzuhören. Der sollte mal was anderes sagen.<br />

Ich zeigte ihm die Aquarelle, die ich jetzt auch in der<br />

Galerie Buchholz in Berlin ausstelle. Und auf einmal<br />

wurde der ganz freundlich. „Das erinnert mich ein<br />

bisschen an Palermo“, sagte er.<br />

EICHLER: Du hast vorhin Beuys erwähnt und wie<br />

wichtig er für dich war …<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Er war aus der Akademie rausgeschmissen<br />

worden, weil er einfach jeden, der in seine<br />

Klasse wollte, aufgenommen hat. Zum Trost wurde<br />

ihm ein Raum zur Verfügung gestellt, den er wiederum<br />

den Grünen zur Verfügung stellte. Eine fantastische<br />

Idee, fand ich damals. „Was kann ich denn für<br />

dich tun?“, fragte mich Beuys, als ich ihn zu Hause<br />

besuchte. „Ich finde die Architektur in Deutschland<br />

so grauenhaft. Können wir nicht gemeinsam etwas<br />

Neues bauen?“, antwortete ich. „Wer soll das bezahlen?“,<br />

sagte er.<br />

EInE ROSE ALS STÜTzE<br />

FÜRS nEW MUSEUM In nEW YORk<br />

106<br />

EICHLER: Beuys war damals sehr berühmt. Hatte<br />

er kein Geld?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Er hat sein Geld in das Projekt in Kassel<br />

gesteckt. Ein bisschen was hatte er schon. Einmal<br />

klingelte ich bei ihm und bat ihn um Geld. Er sagte:<br />

„Ich habe die Presse da. Ich kann jetzt nicht reden.<br />

Hier hast du 300 Mark. Geh gut davon essen.“ Davon<br />

habe ich dann zwei Wochen gelebt. Es gibt ja viele<br />

Menschen, die würden dir nie Geld geben.<br />

EICHLER: Wie kam es 1976 zu deiner ersten Einzelausstellung<br />

bei Konrad Fischer?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Ich bin zu jeder Ausstellung in dieser<br />

Galerie gegangen und sah dort Nauman, Richter,<br />

Gilbert & George, Lawrence Weiner. Irgendwann<br />

fragte der Konrad Fischer, was ich eigentlich mache.<br />

Er kam in mein Atelier, sah die Ellipsoide und war<br />

vollkommen von den Socken: „Wann sollen wir ausstellen?“<br />

EICHLER: Du hast diese aufwendigen Arbeiten<br />

produziert, bevor du wusstest, ob du die zeigen würdest.<br />

Wie kam es dazu?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Ich hatte eine Vision. Klingt komisch,<br />

aber es war so. Am Flughafen Tegel. Ich sah, wie eine<br />

Ellipse leuchtete. Ganz kurz. „Dann musst du eine Ellipse<br />

bauen“, dachte ich. Das war wahnsinnig schwierig.<br />

Ich habe mich mit einem Stock und einem Faden<br />

abgemüht, bis mir jemand riet, die Form am Computer<br />

errechnen zu lassen. Das ging dann schneller.<br />

Mit einem Schreiner habe ich die gebaut, aus Abachi-<br />

Holz. Das ist wahnsinnig trocken und verzieht sich<br />

darum nicht. Die Skulpturen sehen heute noch aus<br />

wie damals. Und es waren die ersten Arbeiten, die am<br />

Computer errechnet waren.<br />

EICHLER: Ungewöhnlich für eine junge Künstlerin.<br />

Wurde darüber damals gesprochen?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Weiß ich nicht mehr genau.<br />

EICHLER: Anfangs ging es in deiner Arbeit um Minimalismus,<br />

in den vergangenen zehn Jahren ist die<br />

Popästhetik für dich sehr wichtig geworden. Welche<br />

Rolle spielte Warhol für dich?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Erst mal kaum eine. In Köln musste<br />

ich mal eine Versuchsanordnung von Bruce Nauman<br />

ausführen. Auf dem Boden eines Raumes liegen und<br />

die Linie fixieren, wo sich Wand und Boden treffen.<br />

Ich versank in dem Boden. Verrückt, war aber so.<br />

Die Arbeit hat mich stark beeinflusst. 1987 hatte ich<br />

meine erste Ausstellung bei Daniel Buchholz. Er stellte<br />

Betonarbeiten von mir aus. Dadurch wurde etwas<br />

abgelöst. Vorher waren es die Minimal Artists, durch<br />

ihn lernte ich Wolfgang Tillmans, Kai Althoff kennen.<br />

Das war eine Erlösung. Weniger streng als mit Richter<br />

oder Lawrence Weiner. Manchmal übernachtete ich<br />

bei Daniel, wenn wir lange gefeiert hatten, und er rief<br />

am nächsten Morgen bei Richter an: „Es wurde etwas<br />

später …“ Daniel hat mit dem Bocuse Kochen gelernt,<br />

damit er mich zum Abendessen einladen kann. Als ich<br />

dort Kai Althoff traf, ging ich vor ihm in die Knie und<br />

sagte: „Ich liebe dich.“ Danach ging es mit dem Richter<br />

auch bergab. Der ist nie mit mir ausgegangen. Ich habe<br />

Tag für Tag für ihn gekocht. Das mochte er. Ich fand<br />

es besser, mit Daniel und seinen Leuten zusammen zu<br />

sein als mit jemandem, für den ich kochen sollte.<br />

EICHLER: Du hast damals die abstrakten Basic Research-Bilder<br />

gemacht. Wie fand er die?<br />

G<strong>En</strong>zk<strong>En</strong>: Er hat sich eins in sein Atelier gehängt.<br />

Am nächsten Tag musste es wieder ab. Er fand<br />

es unerträglich. Es gab immer eine starke Konkurrenz<br />

zwischen uns.<br />

dIE AUSSTELLUnG early works<br />

IST bIS zUM 20.4. In dER GALERIE bUCHHOLz<br />

In bERLIn zU SEH<strong>En</strong><br />

Fotos: Dean Kaufman (linke Seite); Isa Genzken (rechte Seite)<br />

AufnAhmen von punkkonzerten in new York, AnfAng der 80er-jAhre


overall<br />

louis vuitton<br />

sarah ruba von der band new look duo<br />

I<br />

NY<br />

fotos<br />

dAvid Armstrong<br />

styling<br />

juliA von boehm<br />

Praktisch jeder kreative Überflieger<br />

landet früher oder später und für kürzer<br />

oder länger in New York. Der Stadt,<br />

in der glühender Ehrgeiz und ein<br />

erstklassiger Look obligatorisch sind.<br />

Einige der aufregendsten neuen Popstars<br />

zeigen die Mode der Stunde<br />

108


die Band the droWners<br />

oBen links, erik snyder:<br />

sWeatshirt<br />

AlexAnder<br />

WAng<br />

restliche kleidung<br />

PriVat<br />

oBen rechts, jack ridley:<br />

toP<br />

Acne<br />

restliche kleidung<br />

PriVat<br />

unten, mattheW hitt:<br />

shirt<br />

BAlenciAgA<br />

lederjacke<br />

lAnVin<br />

linke seite:<br />

aris schWaBe Von der<br />

Band Psychic Warden<br />

mantel<br />

comme des<br />

gArÇons<br />

jeans & ringe<br />

(customized &<br />

hand gemacht)<br />

Aris schWABe<br />

restliche kleidung<br />

PriVat<br />

111


kleid<br />

mArc jAcobs<br />

mia moretti, dj<br />

LINKS:<br />

bH & fELLSTOLa<br />

mIu mIu<br />

KETTE<br />

pRIVaT<br />

DEE DEE VON DER baND Dum Dum gIRLS<br />

RECHTS:<br />

KLEID<br />

LANVIN<br />

HaaRSpaNgE<br />

jENNIfER bEHR<br />

STRümpfE & SCHmuCK<br />

pRIVaT<br />

112


oben links:<br />

kleid<br />

proenzA schouler<br />

kette<br />

hAyden dunhAm<br />

sängerin lissy trullie<br />

oben rechts:<br />

kleid, hose & choker<br />

givenchy by<br />

riccArdo tisci<br />

linke seite:<br />

sänger le1F<br />

114<br />

shirt<br />

givenchy by<br />

riccArdo tisci<br />

ohrring<br />

rodArte<br />

115


diese seite,<br />

PatriCk WiMberLy:<br />

ManteL<br />

MugLer<br />

Hose<br />

givenCHy by<br />

riCCArdo tisCi<br />

kette & ringe<br />

LAdy grey<br />

reCHte seite,<br />

CaroLine PoLaCHek:<br />

toP, roCk & ringe<br />

baLenCiAgA<br />

116<br />

die band CHairLift<br />

Hair saraH siba, Make-up frankie boyd,<br />

Photo assistant etHan greene, digital technician ben grieMe,<br />

styling assistants CLare byrne, aLLison bornstein,<br />

Casting oLiver & van skye for artforMgrouP.CoM,<br />

Production MegHan fitZgeraLd/Jed root


Diane<br />

<strong>Kruger</strong><br />

von<br />

Harald Peters<br />

Fotos<br />

mArkus jAns<br />

styling<br />

klAus stockhAusen<br />

“<br />

Wenn ich in Deutschland bin, dann<br />

schlafe ich zu Hause bei meiner Mutter –<br />

in meinem alten Kinderzimmer<br />

auf der Ausziehcouch<br />

TrenchcoaT<br />

BurBerry prorsum<br />

schuhe<br />

cAlvin klein collecTion


Wie man als Deutsche<br />

in Hollywood zu<br />

Ruhm kommt? Man<br />

beginnt die Karriere<br />

einfach in Frankreich<br />

und achtet darauf,<br />

das deutsche Kino<br />

weiträumig zu meiden.<br />

In ihrem neuen Film<br />

Der Nächste, bitte! ist<br />

DIane KRugeR<br />

an der Seite von Dany<br />

Boon erstmals in einer<br />

(natürlich französischen)<br />

Komödie zu<br />

erleben, bevor sie im<br />

Sommer in The Host<br />

als zweifelhaftes alien<br />

mit Freude Jagd auf<br />

menschliche Seelen<br />

macht (selbstverständlich<br />

amerikanische).<br />

Denn was man<br />

bislang noch nicht<br />

über sie wusste:<br />

Sie mag außerirdische<br />

IntervIew: Diane, sag mal, wie lange wohnst du eigentlich<br />

schon nicht mehr in Deutschland?<br />

DIane <strong>Kruger</strong>: Oh, ich bin mit 15 weg, das sind<br />

jetzt also über 20 Jahre.<br />

IntervIew: Also deutlich mehr als die Hälfte deines<br />

Lebens.<br />

<strong>Kruger</strong>: Mehr als die Hälfte, ja. Aber was heißt<br />

weg, ich komme schon oft nach Hause.<br />

IntervIew: Besuchst du Deutschland so, wie andere<br />

Leute zu Weihnachten bei ihrer Großmutter<br />

vorbeischauen?<br />

<strong>Kruger</strong>: Es ist kompliziert. Immer wenn ich in<br />

Frankreich oder in Amerika bin, fühle ich mich sehr<br />

deutsch, weil ich merke, dass ich einen anderen kulturellen<br />

Hintergrund habe. Aber wenn ich dann in<br />

Deutschland bin, spüre ich, dass mir das Land mittlerweile<br />

ziemlich fremd geworden ist. Es ist natürlich<br />

super, die Sprache zu sprechen und nicht darüber<br />

nachdenken zu müssen, und auch die Kultur ist mir<br />

nah, aber ich weiß nicht, ob ich hier noch einmal leben<br />

könnte. Dafür bin ich schon zu lange weg. Es ist<br />

zwar immer wieder schön zurückzukommen, aber …<br />

Na, ich meine, wenn ich hier bin, dann schlafe ich zu<br />

Hause bei meiner Mutter – in meinem alten Kinderzimmer<br />

auf der Ausziehcouch.<br />

IntervIew: Du hattest in Deutschland nie eine<br />

eigene Wohnung?<br />

<strong>Kruger</strong>: Nein, noch nie. Die längste Zeit, die ich<br />

allein in einer Wohnung in Deutschland gewohnt<br />

habe, war während des Drehs zu Unknown Identity in<br />

Berlin. Aber das war eine Arbeitswohnung, die zählt<br />

wahrscheinlich nicht.<br />

IntervIew: Von außen betrachtet könnte man sagen,<br />

dass du derzeit in deiner dritten Karriere steckst.<br />

<strong>Kruger</strong>: So ungefähr.<br />

IntervIew: Zunächst wolltest du Ballerina werden,<br />

deswegen bist du mit 15 aus Deutschland weg<br />

und hast an der Royal Ballet School in London studiert<br />

– und das ist nicht irgendeine Ballettschule.<br />

<strong>Kruger</strong>: Nein, die ist schon ziemlich gut. Dummerweise<br />

hat sich bereits in der Pubertät abgezeichnet,<br />

dass mein Körper wohl nicht dafür gemacht ist,<br />

auf hohem Niveau zu tanzen. Das müssen sich leider<br />

viele Mädchen eingestehen, die Balletttänzerinnen<br />

werden wollen. Ich musste also immer mehr trainieren<br />

als die anderen, aber mitzuhalten wurde trotzdem<br />

schwieriger und schwieriger. Zumal ich mich auch<br />

nicht im Hintergrund einer Balletttruppe gesehen<br />

habe. Ich wollte schon vorne mittanzen, aber das war<br />

wirklich sehr mühsam.<br />

IntervIew: Aber es war nicht alles umsonst.<br />

<strong>Kruger</strong>: Überhaupt nicht. Beim Ballett habe ich<br />

viel gelernt. Zum Beispiel, wie man mit dem Körper<br />

Emotionen ausdrückt. Ich weiß nicht, ob ich sagen<br />

kann, dass ich ein wütendes Kind war, aber ich hatte<br />

so einen Aufruhr in mir. Und dass ich als Kind gelernt<br />

habe, all die Sachen, die in mir vergraben waren, mit<br />

Kunst und Musik und Bewegung rauszulassen, hat<br />

mich letztendlich auch zur Schauspielerei gebracht.<br />

In der Hinsicht hat mir das Modeln einfach nicht gereicht,<br />

da konnte meine Seele nicht schreien.<br />

IntervIew: Dabei warst du als Model ziemlich<br />

erfolgreich.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, eigentlich schon.<br />

IntervIew: Du warst auf vielen Covern: <strong>Vogue</strong>,<br />

Harper’s, Elle …<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, viele Cover, überhaupt viele Fotos.<br />

Auf dem Laufsteg habe ich kaum gemodelt, dafür bin<br />

ich zu klein.<br />

IntervIew: Du warst das Kampagnengesicht von<br />

„Acqua di Giò“ und „Allure“ von Chanel.<br />

120<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, ich habe viele Parfüms gemacht.<br />

IntervIew: Man kann da also schon von einer<br />

Karriere sprechen.<br />

<strong>Kruger</strong>: Auf jeden Fall.<br />

IntervIew: Und dann hast du plötzlich aufgehört.<br />

Wie alt warst du da? Anfang 20?<br />

<strong>Kruger</strong>: 21, 22 war ich da.<br />

IntervIew: Um dann Schauspielerin zu werden?<br />

<strong>Kruger</strong>: Um erst einmal zur Schauspielschule zu<br />

gehen. Aber ich wusste natürlich nicht, ob die mich<br />

nehmen.<br />

IntervIew: Aber es gab da einen klaren Schnitt<br />

zwischen dem Modeln und der Schauspielerei und<br />

keinen fließenden Übergang?<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, das Modeln war für mich vorbei. Das<br />

war mir zu langweilig, das ging einfach nicht mehr.<br />

Zuerst war es natürlich super, aber mit der Zeit …<br />

IntervIew: Wie fing es an?<br />

<strong>Kruger</strong>: Mit viel Glück. Gleich mein erster Job<br />

war die Kampagne für ein Parfüm von Cacharel,<br />

„Loulou“. Das mag sich vielleicht klischeehaft anhören,<br />

aber damit wurde ich praktisch über Nacht erwachsen.<br />

Mit einem Mal war ich finanziell unabhängig,<br />

konnte reisen und die Welt sehen, lernte andere Sprachen.<br />

Also, ich habe dem Modeln viel zu verdanken.<br />

IntervIew: Wie alt warst du damals?<br />

<strong>Kruger</strong>: 16.<br />

IntervIew: Dabei hast du als ehemalige Ballettschülerin,<br />

die von einer Karriere als Ballerina träumte,<br />

wahrscheinlich nie damit gerechnet, überhaupt<br />

Geld zu verdienen.<br />

<strong>Kruger</strong>: Nein, nie.<br />

IntervIew: War es da nicht finanziell ein großes<br />

Risiko, einfach so mit dem Modeln aufzuhören?<br />

<strong>Kruger</strong>: Na ja, ich hatte mein Geld ja nicht ausgegeben,<br />

ich war da schon sehr deutsch.<br />

IntervIew: Verstehe.<br />

<strong>Kruger</strong>: Und was hatte ich schon zu verlieren?<br />

Ich war viel zu unglücklich, um mit diesem Modelleben<br />

weiterzumachen. Ich habe dann zu mir selbst<br />

gesagt: „Hey, spinnst du? Wie kannst du denn mit 22<br />

so unglücklich sein?“<br />

IntervIew: Zumal es augenscheinlich gut lief.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, es lief total gut. Aber mir hat der Job<br />

einfach keinen Spaß mehr gemacht. Es gab da einfach<br />

eine Seite in mir, die ich nicht ausleben konnte.<br />

IntervIew: War die Schauspielerei für dich die<br />

logische <strong>En</strong>twicklung?<br />

<strong>Kruger</strong>: Kann man so sagen. Ich lebte damals in<br />

Paris und New York und hatte viele Freunde, die<br />

Schauspieler waren. Bei meiner Modelagentur riefen<br />

immer häufiger Regisseure an, weil sie ein Foto von<br />

mir gesehen hatten, Luc Besson zum Beispiel, aber<br />

das war noch ein paar Jahre vorher. Jedenfalls entwickelte<br />

sich langsam der Wunsch zu spielen. Ich bediente<br />

damit natürlich das Klischee, dass alle Models<br />

von einer Schauspielkarriere träumen, aber das war<br />

mir scheißegal: „Sollen die Leute doch denken, was<br />

sie wollen, ich muss das für mich selber rausfinden.“<br />

Ich habe es auch niemandem erzählt, dass ich auf die<br />

Schauspielschule gehen will, ich habe einfach nur<br />

meinen Booker angerufen und gesagt: „Es ist vorbei,<br />

ich höre auf.“ Der war nur … na, du kannst dir das ja<br />

vorstellen, wie er war.<br />

IntervIew: Fassungslos.<br />

<strong>Kruger</strong>: Meine Mutter auch. Die meinte nur:<br />

„Sag mal, spinnst du jetzt?“ Aber weil ich Ersparnisse<br />

hatte, musste ich neben der Schauspielschule nicht<br />

arbeiten und konnte mich auf die Ausbildung konzentrieren.<br />

Ich habe mir ein Jahr Zeit gegeben und dachte<br />

mir: „Was kann mir schon passieren?“<br />

Kleid, netzübersatz & gürtel<br />

CAlvin Klein ColleCtion


overall<br />

chAnel<br />

IntervIew: Erzähl doch mal die Geschichte mit<br />

Besson. Der hatte sich bei deiner Agentur gemeldet?<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, der hatte ein Bild von mir in der Zeitung<br />

gesehen und war gerade dabei, das Casting für<br />

Das fünfte Element zu machen. Dann hat er bei meiner<br />

Agentur angerufen und gesagt, dass er mich gern kennenlernen<br />

würde.<br />

IntervIew: Wie alt warst du damals?<br />

<strong>Kruger</strong>: 17 oder 18, also noch sehr jung, und ich<br />

sprach kaum Französisch. Ich wusste auch nicht so<br />

richtig, wer er eigentlich war. Und dann saß ich in<br />

seinem Büro und war natürlich sehr beeindruckt. Er<br />

hat mir irgendwelche Fragen gestellt, über mich und<br />

mein Leben. Also, das war echt ein bisschen komisch.<br />

IntervIew: Wieso?<br />

<strong>Kruger</strong>: Die ganze Situation hat mir irgendwie<br />

Angst gemacht, oder vielleicht ist Angst nicht das<br />

richtige Wort, aber ich war verunsichert. Ich dachte<br />

nur: „Wer ist dieser Mensch? Was will der von mir?“<br />

Irgendwann hat er dann angefangen, mir eine Geschichte<br />

zu erzählen, die so was von furchtbar war.<br />

IntervIew: Wovon handelte die?<br />

<strong>Kruger</strong>: Das weiß ich nicht mehr so genau, ich<br />

kann mich nur noch daran erinnern, dass irgendwelche<br />

Leute darin ums Leben gekommen sind. Ich habe<br />

jedenfalls angefangen zu weinen, was mir verständlicherweise<br />

schrecklich peinlich war, weil ich ja bei diesem<br />

fremden Mann im Büro saß. Und dann fing er an,<br />

mich zu filmen, und ich fand das total seltsam und<br />

wollte nur noch weg. Er hat natürlich gemerkt, dass<br />

ich noch ganz jung war, und sagte dann: „Hör mal,<br />

nimm dir Zeit, aber ich glaube, du solltest darüber<br />

nachdenken, Schauspielerin zu werden.“ Und ich<br />

meinte nur: „Ja, klar.“ Aber seine Firma hat dann auch<br />

meinen zweiten Film produziert, das heißt, sie haben<br />

mir eine Rolle in dem Film gegeben.<br />

IntervIew: Welcher war das?<br />

<strong>Kruger</strong>: Michel Vaillant. Leider einer meiner<br />

schlechtesten Filme.<br />

IntervIew: Welcher ist der beste Film?<br />

<strong>Kruger</strong>: Das musst du entscheiden.<br />

IntervIew: Warum kannst du das nicht?<br />

<strong>Kruger</strong>: Weil für mich die Arbeit an einem Film<br />

oft wichtiger ist als das <strong>En</strong>dergebnis. Ich beurteile sie<br />

nach anderen Maßstäben. Mir ist ein Film wichtig,<br />

wenn ich bei den Dreharbeiten merke, dass ich als<br />

Schauspielerin etwas dazugelernt habe.<br />

IntervIew: Und welche Filme sind das?<br />

<strong>Kruger</strong>: Zum Beispiel bei dem Beethoven-Film<br />

Klang der Stille. Bei Inglourious Basterds natürlich und<br />

bei Leb wohl, meine Königin!, das war ein Arthouse-<br />

Film, in dem ich Marie Antoinette spiele.<br />

IntervIew: Wie viele Filme hast du eigentlich<br />

schon gedreht?<br />

<strong>Kruger</strong>: Fast 30 sind es inzwischen.<br />

IntervIew: Der Nächste, bitte! ist jetzt die erste<br />

Komödie.<br />

<strong>Kruger</strong>: Es ist jedenfalls der erste Film, der von<br />

Anfang bis <strong>En</strong>de eine Komödie ist. Inglourious Basterds<br />

hatte natürlich auch komödiantische Momente.<br />

IntervIew: Aber warum hat es mit der ersten<br />

richtigen Komödie so lange gedauert? Hält man dich<br />

nicht für lustig?<br />

<strong>Kruger</strong>: Ich weiß nicht. Ich wollte schon seit<br />

Langem eine drehen, habe aber nichts Passendes gefunden.<br />

Bei denen, die mir angeboten wurden, haben<br />

sich immer die kulturellen Unterschiede bemerkbar<br />

gemacht. Was Franzosen lustig finden, finde ich nicht<br />

zwangsläufig lustig. Und viele der amerikanischen<br />

Komödien sind mir zu offensichtlich.<br />

IntervIew: Verstehe.<br />

“<br />

Als die Anfrage<br />

kam, Boy George zu<br />

spielen, dachte ich nur:<br />

Wieso ausgerechnet<br />

ich? Andererseits sah<br />

er damals, als er ganz<br />

jung war, wirklich<br />

ziemlich weiblich aus<br />

”– Diane <strong>Kruger</strong><br />

123<br />

<strong>Kruger</strong>: Außerdem bin ich keine Komödiantin.<br />

Ich kann keine Nummern spielen wie zum Beispiel<br />

mein Filmpartner Dany Boon, der ja in Frankreich<br />

ein großer Stand-up-Comedian ist. Also das, was<br />

Dany macht, das könnte ich gar nicht. Deswegen habe<br />

ich mir eine Figur gesucht, die im Grunde ganz normal<br />

ist, nur dass ihr ständig unglaubliche Dinge passieren.<br />

Und dadurch wird es lustig.<br />

IntervIew: Komödien sind ohnehin lustiger,<br />

wenn die Schauspieler nicht versuchen, lustig zu sein.<br />

<strong>Kruger</strong>: Genau.<br />

IntervIew: Dafür ist der Grundkonflikt in Der<br />

Nächste, bitte! wirklich herausragend bekloppt.<br />

<strong>Kruger</strong>: Aber das ist bei romantischen Komödien<br />

doch immer so. Das macht sie so charmant.<br />

IntervIew: Wenn die Geschichte von der Hauptfigur<br />

verlangt, dass sie einen Unbekannten dazu bringt,<br />

sie aus Liebe zu heiraten, um sich dann sofort wieder<br />

von ihm zu trennen, weil die Grundvoraussetzung für<br />

die wahre Liebe eben eine Scheidung ist – dann muss<br />

man die Rollen so spielen, als sei das alles naheliegend<br />

und nachvollziehbar.<br />

<strong>Kruger</strong>: Absolut.<br />

IntervIew: Ähnlich rar wie Komödien sind deutsche<br />

Filme bei dir. Du hast noch nie in einem mitgespielt.<br />

<strong>Kruger</strong>: Nein. Aber mir ist auch nie einer angeboten<br />

worden.<br />

IntervIew: Dir ist nie einer angeboten worden?<br />

<strong>Kruger</strong>: Genau, es liegt also nicht an mir.<br />

IntervIew: Oder nur an dir: Vielleicht bist du zu<br />

teuer?<br />

<strong>Kruger</strong>: Weiß ich nicht. Es ist ja noch nie zu Verhandlungen<br />

gekommen. Vielleicht liegt es auch daran,<br />

dass ich in Deutschland gar keinen Agenten habe.<br />

IntervIew: Dafür ist dir irgendwie das Kunststück<br />

gelungen, sowohl in Frankreich als auch in<br />

Hollywood eine Karriere zu haben und dabei nicht<br />

zwangsläufig als Deutsche besetzt zu werden.<br />

<strong>Kruger</strong>: Doch, schon, in Inglourious Basterds zum<br />

Beispiel.<br />

IntervIew: Ja, aber in The Host wird man dich<br />

demnächst als Alien sehen. Oder spielst du da etwa ein<br />

deutsches Alien?<br />

<strong>Kruger</strong>: Nein, natürlich nicht.<br />

IntervIew: Wie ist dir diese Anpassungsleistung<br />

gelungen?<br />

<strong>Kruger</strong>: In Frankreich liegt es vor allem daran,<br />

dass ich dort auf die Schauspielschule gegangen bin<br />

und klassisches Theater studiert habe. Das war ganz<br />

schön schwierig für mich. Ich spreche zwar flüssig<br />

Französisch, aber ich hab es nie richtig gelernt, in der<br />

Schule hatte ich Latein und <strong>En</strong>glisch. Und die Werke<br />

von Molière und Victor Hugo sind ja in Altfranzösisch<br />

geschrieben. Man kann das in etwa mit dem<br />

Shakespeare-<strong>En</strong>glisch vergleichen. Also, leicht war<br />

das nicht. Aber die französische Filmwelt hat mich<br />

von Anfang an mit offenen Armen aufgenommen – ob<br />

ich nun gute oder weniger gute Filme gedreht habe.<br />

Mittlerweile spiele ich auch Französinnen wie etwa in<br />

Der Nächste, bitte!, obwohl ich natürlich immer noch<br />

einen kleinen Akzent habe.<br />

IntervIew: Hört man den?<br />

<strong>Kruger</strong>: Du vielleicht nicht. Aber Franzosen<br />

merken das nach zehn Minuten. Vor allem mache ich<br />

grammatikalische Fehler, weil ich Französisch ja wie<br />

gesagt nie richtig gelernt habe. Manche Sachen, die<br />

ich auf Französisch sage, hören sich also ein bisschen<br />

komisch an. Die Leute fragen dann, wo ich herkomme.<br />

Mein Französisch klingt zwar nicht deutsch, aber<br />

eben auch nicht vollkommen französisch.


IntervIew: In Leb wohl, meine Königin! hat deine<br />

Marie Antoinette einen deutlichen Akzent.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, klar, Marie Antoinette ist ja auch keine<br />

Französin, sondern kommt aus Österreich.<br />

IntervIew: Du hast eine Sprachbegabung.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ich glaube, ich habe einfach ein gutes<br />

Ohr. Und weil ich, egal wo ich arbeite, immer Ausländerin<br />

bin, habe ich stets an meinem Akzent arbeiten<br />

müssen. Irgendwann entwickelt man ein Gespür dafür.<br />

Und eigentlich sind Akzente und Sprache ja sowieso<br />

nur ein Muskel, den man trainieren muss. Also,<br />

mir macht das Spaß.<br />

IntervIew: Im Moment hast du übrigens einen<br />

französischen Akzent.<br />

<strong>Kruger</strong>: Hm … super!<br />

IntervIew: Gleich nach Der Nächste, bitte! kommt<br />

The Host. Das ist eine Stephenie-Meyer-Verfilmung.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, hast du das Buch gelesen?<br />

IntervIew: Nein, von Meyer kenne ich nur<br />

Twilight, und zwar in der Filmversion.<br />

<strong>Kruger</strong>: The Host ist jedenfalls ein Science-Fiction-Film.<br />

Gedreht hat ihn Andrew Niccol, das ist der<br />

Regisseur von Gattaca, einem meiner Lieblingsfilme.<br />

Ich bin sowieso ein totaler Sci-Fi-Geek.<br />

IntervIew: Ach so …<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, Star Trek, Star Wars, alles Filme, die<br />

größer sind als das Leben. Da kann man Sachen spielen,<br />

wie sie im normalen Drama nicht möglich wären.<br />

IntervIew: Und wovon handelt The Host?<br />

<strong>Kruger</strong>: Von einer außerirdischen Bakterie, die<br />

in die Körper der Menschen schlüpft und so etwas wie<br />

die Weltherrschaft übernimmt. Hinterher gibt es keine<br />

Kriege und keine Umweltverschmutzung mehr,<br />

aber leider ist das Leben auch nicht mehr besonders<br />

aufregend. Alles ist ein bisschen Stepford Wives-mäßig.<br />

IntervIew: Gehörst du zu den Guten?<br />

<strong>Kruger</strong>: Das kann man nicht sagen.<br />

IntervIew: Im Trailer siehst du aus, als könne<br />

man dir nicht über den Weg trauen.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ha ha, da muss man aufpassen.<br />

IntervIew: Ist der Film so stylish, wie man es<br />

nach Gattaca erwartet?<br />

<strong>Kruger</strong>: Sehr stylish. Ich fahre einen chromfarbenen<br />

Lotus und ein chromfarbenes Motorrad.<br />

IntervIew: Als ich neulich das Video zu Mark<br />

Ronsons Somebody To Love gesehen habe, dachte ich<br />

mir: „Im Grunde hat Diane alles erreicht: Sie war<br />

Helena von Troja, und sie war Boy George.“<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, was soll da noch passieren?<br />

IntervIew: Wie bist du zu der großen Ehre, Boy<br />

George zu spielen, gekommen?<br />

<strong>Kruger</strong>: Keine Ahnung. Als die Anfrage kam,<br />

dachte ich nur: „Wieso ausgerechnet ich?“ Andererseits<br />

sah er damals, als er ganz jung war, wirklich ziemlich<br />

weiblich aus. Und natürlich saß ich für das Video<br />

ewig lang in der Maske, fünf Stunden ungefähr. Davon<br />

abgesehen haben wir schon die gleiche Nase und diese<br />

blauen Augen. Dennoch war ich überrascht, wie ähnlich<br />

ich ihm sehe (lacht). Ich habe auch seine Perücke<br />

und seine Klamotten von damals getragen.<br />

IntervIew: Aber der ist doch viel größer als du.<br />

Und auch viel dicker.<br />

<strong>Kruger</strong>: Ja, ja, aber ich hatte ein Fatsuit an, und<br />

dann ging das schon.<br />

“<br />

Ich war viel zu unglücklich,<br />

um mit diesem Model leben<br />

weiterzumachen. Ich habe dann<br />

zu mir selbst gesagt:<br />

,Wie kannst du denn mit 22<br />

so unglücklich sein?‘<br />

”<br />

– Diane <strong>Kruger</strong><br />

Der Nächste, bitte! Kommt<br />

am 21. märz Ins KIno,<br />

the host startet am 6. junI<br />

Haare PerrIne rougemont/Caren<br />

mIt ProduKten von joHn frIeda<br />

digital operator julIa von der HeIde<br />

foto-assistenz jonas HoltHaus<br />

styling-assistenz CarolIne lemblé, adrIan feKete<br />

retusche jana gerberdIng<br />

dank an Hotel de rome<br />

trenCHCoat<br />

burberry brIt<br />

KleId<br />

CHAnel<br />

sCHuHe<br />

jIl sAnder<br />

124


FotoalbuM<br />

fotoalbum<br />

JR<br />

the Wrinkles of the City, los angeles, 2012<br />

Der Franzose Jr schreit seine Gesichter<br />

hinaus, plakatiert sie überlebensGross<br />

GeGen Die kultur Des WeGsehens.<br />

sein Material sinD Menschen, papier<br />

unD kleister, seine leinWanD Die brücken,<br />

züGe, WänDe unD Dächer Dieser Welt.<br />

bevor er iM april Die Deutsche hauptstaDt<br />

überFällt, traFen Wir Den künstler unD<br />

sprachen Mit ihM über<br />

einiGe seiner WichtiGsten Werke<br />

von<br />

JörG hArlAn rohleDer<br />

Fotos<br />

Jr<br />

pJönGJanG, 2012 Das porträt entstanD bei MeineM besuch in norDkorea iM verGanGenen Jahr.<br />

Das lanD Feierte Den 100. GeburtstaG Des Grossen Führers kiM il-sunG, unD ich Musste Mir Das<br />

spektakel einFach ansehen. ich reiste unter MeineM bürGerlichen naMen ins lanD, tarnte Mich<br />

als tourist unD War Geschockt, Wie sehr Man kunst als propaGanDa Missbrauchen kann. ich<br />

habe tolle WänDe in pJönGJanG Gesehen, aber Dort zu plakatieren War unMöGlich. schon Für<br />

Dieses bilD hätte ich ins GeFänGnis koMMen können.<br />

126<br />

Zwei Liebende auf einem Hausdach in Los Angeles. Sie sind Teil meines Projektes The Wrinkles Of The City, das<br />

seit 2008 läuft. Ich arbeite gerne mit alten Menschen, weil sie gute Geschichten erzählen können und interessantere<br />

Gesichter haben als irgendwelche 20-Jährigen. Insgesamt wird das Projekt in fünf Städten stattfinden.<br />

In Cartagena, Schanghai, Los Angeles und Havanna war ich schon, als Nächstes ist Berlin dran. Im April.<br />

2011 wurdest du für deine Arbeiten mit dem TED-Preis ausgezeichnet, was für einen Fotokünstler ziemlich krass ist:<br />

In den Jahren zuvor bekamen den Preis die Präsident/Popstar-Philanthropen Bill Clinton und Bono.<br />

Ich habe mich schon gefragt, woher die TED-Leute mich überhaupt kennen. Aber es war natürlich eine große Ehre. Und<br />

100 000 Dollar sind ja auch nicht wenig Preisgeld – damit konnte ich Inside Out starten, mein neuestes Projekt: Es geht darum,<br />

jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, seine eigenen Bilder in meinem Stil zu plakatieren und so gesehen zu werden.<br />

Baudrillard forderte den „Aufstand der Zeichen“, du gibst den Menschen das nötige Handwerkszeug dazu …<br />

Wie gesagt: Es geht darum, gesehen zu werden. Die Straße zurückzuerobern, sie nicht der Werbewirtschaft und der Politik<br />

kampflos zu überlassen. Ich bekomme täglich mehr als ein Dutzend Zuschriften, innerhalb des ersten Jahres haben wir mehr<br />

als 130 000 Poster gedruckt und in 108 Länder verschickt. An Mönche aus Kambodscha, Schulklassen in Spanien, Menschen<br />

in Port-au-Prince/Haiti. Es ist großartig, zu sehen, was andere aus meiner Idee machen, wie sie sie weiterentwickeln und zu<br />

ihrer eigenen machen. An der mexikanischen Grenze haben sie die Betonbänke mit Fotos von Hunderten von illegalen Einwanderern<br />

plakatiert. Oder in Tunesien: Dort kleben ständig Jugendliche ihr Foto über das des Präsidenten. Riesengroß.<br />

Du trittst nur mit Sonnenbrille und Schlapphut in der Öffentlichkeit auf.<br />

Wer ist der Mann hinter der Verkleidung? Wie und wo bist du aufgewachsen?<br />

In einem der Banlieues von Paris. Allerdings war unser Viertel eher ruhig, eine Schlafstätte. Meine Eltern arbeiteten in Callcentern.<br />

Ich habe tunesisch-jüdische Wurzeln, schwänzte gerne die Schule, trieb mich rum, hatte eigentlich eine ziemlich<br />

normale Kindheit. Als ich das erste Mal wegen eines Graffiti verhaftet wurde und die Polizei bei meinen Eltern anrief, meinten<br />

die nur: „Was? Wir sollen auf die Wache kommen und ihn abholen? Wegen ein paar Schmierereien mit einem Edding?<br />

Das ist lächerlich.“ Sie legten auf und kamen einfach nicht. Ich saß in der Zelle bis zum nächsten Morgen.<br />

Heute bist du ein gefeierter Künstler. Deinen bürgerlichen Namen nennst du dennoch nicht.<br />

Das gehört zum Spiel. Auch wenn ich heute immer versuche, Genehmigungen einzuholen für die Wände, die ich plakatiere:<br />

JR bleibt mein Nom de Guerre, meine Marke.<br />

127


fotoalbum<br />

fotoalbum<br />

portrait of a generation, Paris, 2004<br />

Women are Heroes, Kibera/Kenia, 2009<br />

Das ist das Motiv, für das ich über die Stadtgrenzen von Paris hinaus bekannt wurde. Auf dem Bild sieht man<br />

Ladj Ly, einen sehr guten Freund von mir, umringt von Kids aus der Nachbarschaft. Ladj rief mich an und<br />

meinte zu mir: „Warum plakatierst du eigentlich nie bei uns?“ Er wohnte in Les Bosquets, einer ziemlich<br />

krassen Gegend. Also fuhr ich hin. Als Ladj mit seiner Kamera und den Kids für mich posierte, ahnte ich nicht,<br />

wie wichtig dieses Bild werden würde – angefangen von der Kamera, die wie ein Gewehr aussieht –, bis die Realität uns einholte:<br />

Ich druckte das Bild aus, um es zu plakatieren, und bekam Schützenhilfe von den Jungs im Viertel. Die Polizei wollte meine<br />

Aktion unterbinden, aber konnte nicht eingreifen: Um mich herum standen 150 Kids aus der Nachbarschaft, ein Zugriff war<br />

unmöglich. Die Stadt verklagte mich daraufhin, aber das war mir egal.<br />

Ein Jahr später brachen die Unruhen in den Banlieues von Paris aus. Die Vorstadt brannte.<br />

Das war krass. Die Unruhen begannen keine 20 Meter neben diesem Bild. Die Bullen verfolgten ein paar Jugendliche und trieben<br />

sie in den Tod. Die Jungs hatten versucht, sich in einem Hochspannungskasten zu verstecken. Die Nachricht von ihrem Tod<br />

verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Paris, und wenige Stunden später brannte die Vorstadt. Die französischen Medien trauten<br />

sich natürlich nicht ins Banlieue rein, und plötzlich riefen sie bei mir an und fragten, ob ich für sie fotografieren wolle – das war<br />

der Moment, in dem ich entschied, Künstler und nicht Pressefotograf zu werden. In der Nacht danach fing ich an, Ladj und die<br />

Jungs überall in Paris zu plakatieren: Les Bosquets, Montfermeil, Clichy-sous-Bois, auf den Wänden des 16. Arrondissements,<br />

unmittelbar neben den Louis-Vuitton-Anzeigen … Da habe ich kapiert, welche Macht Bilder eigentlich haben. Sie sind die Waffen<br />

unserer Zeit. Der Bürgermeister soll getobt haben, aber mir war das egal. Fünf Jahre später klebte Ladj an der Wand der Tate<br />

Modern in London …<br />

Wieso hast du überhaupt angefangen, Fotos an die Wand zu kleben?<br />

Weil ich als Sprüher einfach nicht gut genug war (lacht). Nein, alles hat damit angefangen, dass ich eine Kamera in der Metro<br />

gefunden habe. Anfangs fotografierte ich meine Freunde, wenn sie nachts unterwegs waren, um Züge und Tunnels zu malen –<br />

irgendwann kam ich dann auf die Idee, diese Bilder auszudrucken und einen Rahmen darum zu sprühen. Beim ersten Mal sprühte<br />

ich sogar noch in der Nacht vor der eigentlichen Aktion „Hier findet bald eine Straßenausstellung statt“ an die Hauswand im<br />

Marais. Ich war 17 und wollte, dass die Leute darauf aufmerksam werden, auch wenn das heute komisch klingen mag. Eine Galerie<br />

kam für mich nicht infrage. Wer braucht eine Galerie, wenn er die Champs-Élysées als Ausstellungsraum nutzen kann? Alle<br />

sollten es sehen! Auch die Polizei, die meine Ankündigung als dreisten Affront verstand. Lustigerweise plakatierte ich das erste<br />

Motiv an der Wand gegenüber des Museums für Fotografie in Paris. Ein schöner Zufall.<br />

Kibera in Kenia, angeblich der größte Slum Afrikas. Die Nummer war ziemlich heikel: Nach meinem ersten<br />

Besuch, bei dem ich die <strong>Frau</strong>en fotografierte und überlegte, wo ich was plakatieren kann, brachen Unruhen<br />

aus. Schlimme, schlimme Unruhen. Niemand hatte damit gerechnet, dass dies in Kenia passieren<br />

würde. Niemand kam mehr rein, niemand raus. Die Lage eskalierte. Die Menschen von Kibera waren so<br />

sauer, dass sie die Bahngleise der Uganda Railway Line, die durch den Slum führt, aus dem Boden rissen. Sie hatten die<br />

Schnauze voll, dass der Präsident seine Luxusgüter durch den Slum fahren lässt. Boom. Dabei war der Zug ihre einzige Möglichkeit,<br />

in die Stadt zu kommen. Als wir nach sechs Monaten den zweiten Anlauf wagten, hatte sich die Lage beruhigt. Alles<br />

lief glatt. Dabei hatten wir gerade mal zehn Tage. Bei Projekten wie diesem weiß man natürlich nie, was passiert. Ich wollte<br />

unbedingt den Zug plakatieren, der Kibera mit Nairobi verbindet, wusste aber nicht, wie das gehen soll. Von Paris aus lässt<br />

sich so etwas ja kaum organisieren. Durch einen Zufall traf ich die Kommunikationschefin der Bahngesellschaft – und die fand<br />

das Projekt spannend. Einfach nur weil ich den <strong>Frau</strong>en Kiberas ein Denkmal setzen wollte. Am <strong>En</strong>de unseres Gesprächs stellte<br />

sie mir einen Wisch aus, auf dem nur ein Satz stand: „Der Franzose JR und sein Freund Emile dürfen die Waggons plakatieren.“<br />

Das war’s. Ich hielt das natürlich für einen Witz. Aber es funktionierte: Als wir an dem Schuppen klopften, in dem die<br />

Waggons parken, machte uns ein recht mürrischer Mann auf, er las das Schreiben, winkte uns rein und ließ uns gewähren.<br />

Außer dem Zug hast du auch etliche Dächer des Slums plakatiert. Wie schafft man das in zehn Tagen?<br />

Ganz Kibera hat geholfen. Zeitweise hatte ich über 100 Helfer. Plus die Menschen, die vorbeikamen, die das Projekt gut<br />

fanden und einfach so mitarbeiteten. Ohne Bezahlung, einfach so. Nach den Unruhen waren die Bewohner einfach nur froh,<br />

dass etwas Positives in ihrer Nachbarschaft geschieht, dass jemand sie ernst nimmt, ihnen zuhört, sie sichtbar macht.<br />

Du machst sie ja nicht nur sichtbar, sondern exportierst sie auch in die Erste Welt. Im selben Jahr, in dem du in Kibera warst,<br />

hattest du eine ziemlich eindrucksvolle Ausstellung in Paris: Du warst der erste Künstler seit Christo und Jeanne-Claude,<br />

der eine Brücke in Paris als Leinwand nutzen durfte.<br />

Ich will nicht angeben, aber es war nicht nur die Brücke, sondern die ganze Île Saint-Louis (lacht). Das war natürlich ein<br />

Wahnsinnsgefühl. Aber auch da hatte ich Glück: In diesem Fall war es die Bürgermeisterin des 4. Arrondissements, die mich<br />

von früher kannte. Sie schlug das Ganze vor. Ich äußerte mein Bedenken, schließlich ist die Brücke Teil des Weltkulturerbes.<br />

Als ich fragte, ob der Bürgermeister von Paris das Projekt tatsächlich absegnen würde, winkte sie nur ab und meinte: „Lass das<br />

mal meine Sorge sein.“ Doch das Rathaus meldete sich nie auf ihr Gesuch – und als ich die Druckaufträge abschicken musste,<br />

meinte sie nur: „Wenn es Ärger gibt, nehme ich das auf meine Kappe.“ Natürlich gab es Ärger. Aber sie blieb cool. <strong>Frau</strong>en wie<br />

ihr widme ich deshalb Women Are Heroes. Sie sind die wirklichen Helden auf diesem Planeten.<br />

128<br />

129


fotoalbum<br />

fotoalbum<br />

Women are Heroes, morro da ProviDÊncia, rio de Janeiro, 2008<br />

Face 2 Face, Israel und PalästIna, 2007<br />

Die Providência, eine Favela in Rio, was übersetzt Hügel der Vorsehung heißt. Ziel dieses Projekts war es, der<br />

Favela, die gemeinhin als Hort des Bösen gilt, ein Gesicht zu verleihen. Eines, das anders aussieht als die<br />

düsteren Bilder von Drogen, Gewalt und Tod, die immer in den Nachrichten laufen.<br />

Auf den Bildern sind nur <strong>Frau</strong>en zu sehen.<br />

Sie sind das Rückgrat der Gesellschaft. Vor allem an Orten wie dieser Favela. Sie kümmern sich um die Familie, gehen arbeiten,<br />

halten alles zusammen, während die Männer dort oftmals betrunken oder kriminell sind. Das hat sogar der Staat erkannt:<br />

Mittlerweile wird das Land, auf dem die Hütten illegal errichtet werden, den <strong>Frau</strong>en überschrieben.<br />

Hast du die Drogenkommandos, die die Favela kontrollieren, eigentlich um Erlaubnis gefragt,<br />

ob du in ihrem Revier plakatieren darfst?<br />

Ohne Erlaubnis wäre es nicht gegangen. Das Absurde war, dass das Kommando in dieser Favela sogar von einer <strong>Frau</strong> geleitet<br />

wird. Sie heißt Andrea, hat streng zurückgekämmte Haare und trägt eine Brille. Ich musste erklären, was und warum ich das<br />

machen will, sie schaute erst skeptisch, gab dann aber ihr Okay. Erst viel später wurde mir klar, wie<br />

mächtig sie eigentlich ist: Diese <strong>Frau</strong> entscheidet, wer von den 150 000 Bewohnern Strom und<br />

Wasser bekommt, was ein Gramm Koks kostet, wann der Baile Funk stattfindet. Ihr Kommando<br />

übernimmt die Funktionen, die eigentlich der Rechtsstaat übernehmen müsste.<br />

Trotz der Erlaubnis wurdest du in der Favela beschossen. Was ist passiert?<br />

Andrea hatte mich gewarnt, sie meinte, sie könne nicht für meine Sicherheit garantieren. Es passierte<br />

Folgendes: Wir standen gerade auf einer Treppe, die wir plakatieren wollten (Foto links), und<br />

strichen die Papierbahnen glatt. Auf einmal knallte es. Von unten kam die Polizei, von oben schoss<br />

das Kommando zurück. 14-jährige Soldados in Surfershorts und Flip-Flops. Ich kapierte zuerst gar<br />

nicht, was los ist. Ich dachte, es seien Knallfrösche.<br />

Ist es eigentlich schwer, Menschen zu überreden, sich fotografieren zu lassen,<br />

um dann riesengroß irgendwohin geklebt zu werden?<br />

Die meisten Menschen reagieren erst einmal skeptisch, finden es dann aber doch insgeheim verlockend<br />

… Man konnte die <strong>Frau</strong>en von überall in der Stadt sehen. Ganz normale <strong>Frau</strong>en. Arm, aber<br />

stolz. Größer als jede Werbetafel, was auf eine Art auch eine Provokation für die oberen Schichten<br />

ist. Vor allem für die Medien, deren Welt nur zwei Farben kennt: Schwarz und Weiß. Die Grautöne<br />

der Realität kennen sie nicht. Aber das gilt für Brasilien genauso wie für Frankreich oder Amerika.<br />

130<br />

Das ist wahrscheinlich das meistbeachtete Bild meiner Karriere: die Mauer zwischen Israel und Palästina.<br />

Nachdem ich durch die Erfahrungen während der Unruhen in Paris kapiert hatte, welche Macht und welches<br />

Potenzial meine Bilder im medialen Diskurs haben können, entschied ich mich, nach Israel und Palästina<br />

zu reisen. Auch in diesem Konflikt berichten die Medien oft einseitig, immer jedoch sehr abstrakt. Die<br />

Menschen, die auf beiden Seiten der Mauer leben, werden ausgeblendet. Also ging ich sie besuchen. Ich wollte den beiden<br />

Lagern zeigen, wie ähnlich sie eigentlich sind: der Grimassen schneidende Rabbi mit seinen schiefen Zähnen, der schielende<br />

Imam und der Pfarrer mit den aufgeblähten Backen. Aber auch irgendwelche unbekannten Leute, die ich auf der Straße angesprochen<br />

habe … Meine Idee war simpel: Wenn die Porträts an der Wand kleben, gibt es kein <strong>En</strong>tkommen mehr vor dem<br />

Nachbarn auf der anderen Seite, der einem doch so ähnlich ist.<br />

Die Menschen erkannten sich in einem Spiegelbild aus Papier. Gab es denn gar keinen Ärger vor Ort?<br />

Nicht von den normalen Bürgern, die fanden das Projekt eigentlich fast ausnahmslos super. Ich wurde ständig angesprochen,<br />

ob ich nicht noch mehr kleben könne, ob ich Hilfe bräuchte, eine <strong>Frau</strong> meinte, ihr sei es am liebsten, wenn der ganze Zaun<br />

hinter meinen Fotos verschwinden würde. Als ich einen Ladenbesitzer in Ramallah fragte, ob ich die Wand neben seiner<br />

Fassade plakatieren darf, zögerte der Mann einen Moment. Dann willigte er ein, aber nur unter der Bedingung, dass ich die<br />

Bilder von Selbstmordattentätern, die an der Fassade klebten, ebenfalls überplakatieren würde. Das war mir natürlich viel zu<br />

heikel. Aber der Mann insistierte. Er hielt mich am Arm fest, bis ich Ja sagte. Wirkliche Probleme gab es nur in Hebron: Dort<br />

wurde ich verhaftet. Allerdings ließen sie mich am nächsten Morgen wieder raus. Mit der Auflage, nicht mehr in Hebron zu<br />

plakatieren. Das habe ich natürlich ignoriert.<br />

Ahnen die Menschen, die die Grimassen für dich schneiden, eigentlich, wie viel Geld du in der Ersten Welt<br />

mit deinen Bildern mittlerweile verdienst?<br />

Ich versuche immer, etwas zurückzugeben. In der Providência habe ich beispielsweise ein Kulturzentrum gebaut und unterstütze<br />

es mit allem, was ich habe. In Kenia druckten wir die Bilder extra auf Vinyl, so konnten die Menschen sie später über<br />

die Dächer ihrer Hütten spannen, um den Regen abzuwehren. Wir fahren jedes Jahr hin, um noch mehr zu drucken. Mittlerweile<br />

kann man die Porträtsammlung sogar auf Google Earth sehen.<br />

Kränkt es dich, wenn Kritiker dir vorwerfen, du würdest Sozialvoyeurismus betreiben? Einer schrieb, dein Kinofilm,<br />

der 2009 im Centre Pompidou lief, sei ein eindrucksvoller Sozialporno mit schicken Schnitten.<br />

Da ich viel in Armutsgegenden arbeite, kann man es so sehen. Aber es ist ein ziemlich billiger Vorwurf. Die Alternative hieße<br />

wegzusehen. Und das will ich nicht.<br />

131


kurzgeschichte<br />

kurzgeschichte<br />

Seit Kimmels Vater<br />

Tassen und Müllbeutel<br />

fallen ließ und manchmal<br />

sogar die elektrische<br />

Zahnbürste, machte sich<br />

Kimmel Sorgen um ihn. Er<br />

machte sich sonst keine Sorgen<br />

um ihn, denn sie hatten es nie<br />

leicht miteinander gehabt, er<br />

dachte nur manchmal, wenn<br />

schlechte Nachrichten aus<br />

Frankfurt kamen, es könnte<br />

sein, dass er nach langer Zeit<br />

mal wieder hinfahren und in<br />

seinem alten Zimmer in der<br />

Friedrichstraße auf seinem alten<br />

Bett schlafen müsste, und<br />

dann machte er sich Sorgen um<br />

sich selbst. Zwei- oder dreimal<br />

hatte sein Vater inzwischen<br />

auch die Kontrolle über seine<br />

Beine verloren, und das, sagte<br />

Kimmels Mutter am Telefon,<br />

sei wirklich nicht schön gewesen,<br />

aber sie sagte trotzdem nie,<br />

dass er kommen soll.<br />

Sein Vater war ein kleiner,<br />

strenger Mann mit einer Hautfarbe,<br />

wie sie sonst nur Perser<br />

hatten, ein bisschen grau, ein<br />

bisschen grün, und Kimmels<br />

Haut war ähnlich. Kimmel war<br />

aber viel größer als sein Vater,<br />

er hatte eine hellere Stimme,<br />

und er lief jeden Tag im Jahn-<br />

Sportpark zwanzig Runden auf<br />

der schönen neuen Tartanbahn.<br />

Sein Vater hatte zuletzt wahrscheinlich<br />

als Kind in Leningrad<br />

Sport gemacht, und vielleicht<br />

nicht einmal das. Früher<br />

hatte er sehr viel geraucht, er<br />

saß immer nur im Auto oder an<br />

seinem großen, dunkelbraunen<br />

Magst du mich<br />

eigentlich?<br />

Tisch im Arbeitszimmer, und<br />

wenn er aus dem Arbeitszimmer<br />

rauskam, steckte er sich<br />

eine neue Zigarette an. Manchmal<br />

sah er dabei sehr zufrieden<br />

aus, aber meistens nicht, und<br />

dann sagte er etwas zu seinem<br />

Sohn oder zu seiner <strong>Frau</strong>,<br />

das ihnen wehtat. Oft hatte er<br />

mit seiner Kritik recht, aber<br />

dass er seine Sätze mit einer<br />

Ohrfeige bekräftigen<br />

musste, sah Kimmel bis heute<br />

nicht ein.<br />

Trotzdem machte sich<br />

Kimmel seit ein paar<br />

Monaten Sorgen um<br />

seinen Vater. Wenn<br />

sie miteinander telefonierten,<br />

wollte sein Vater jedes Mal von<br />

ihm wissen, ob er sein Buch<br />

endlich fertig geschrieben habe,<br />

und jedes Mal sagte Kimmel,<br />

dass er darüber nicht reden<br />

könne. Er solle ihn, sagte er,<br />

lieber fragen, wann er endlich<br />

heiraten will. „Wann heiratest<br />

du?“, sagte sein Vater, dessen<br />

Stimme in den letzten Monaten<br />

immer heller und femininer<br />

klang, aber dennoch ganz<br />

anders als die von Kimmel.<br />

„Irgendwann kann man sich<br />

allein nicht einmal einen Tee<br />

machen, sieh mich an. Wie<br />

viele <strong>Frau</strong>en gibt es in Berlin –<br />

eine Million?“ Ich will nicht<br />

heiraten, dachte Kimmel, aber<br />

er sagte: „Sie muss sehr auffällig<br />

sein, aber sie darf mich nicht<br />

stören. Und lieb könnte sie<br />

sein.“ Worauf sein Vater<br />

manchmal sogar lachte.<br />

von<br />

MaxiM Biller<br />

Jetzt saß Kimmel in<br />

seinem alten Kinderzimmer<br />

in der Friedrichstraße<br />

auf dem<br />

Klavierhocker, und eine junge<br />

<strong>Frau</strong>, die er kaum kannte, lag in<br />

einem langen schwarzen<br />

Nachthemd auf dem Bett, und<br />

sie schwiegen beide, ohne dass<br />

es unangenehm gewesen wäre.<br />

Die junge <strong>Frau</strong> war klein und<br />

zierlich – vielleicht sogar ein<br />

wenig zu zierlich –, und sie hatte<br />

im Zug von Berlin nach<br />

Frankfurt Kimmel erzählt, dass<br />

sie es nicht ausstehen könne,<br />

wenn Männer am Anfang<br />

immer so tun, als sei ihnen<br />

alles recht, und dann sagte sie,<br />

dass sie im letzten Jahr fast<br />

nichts gegessen habe, weil ihre<br />

Großmutter gestorben war. Die<br />

Großmutter liebte Hitler, und<br />

sie hatte die Juden gehasst, aber<br />

zu der jungen <strong>Frau</strong> – ihrer<br />

<strong>En</strong>kelin – war sie immer sehr<br />

nett gewesen. Die junge <strong>Frau</strong><br />

mochte sie auch sehr, und als<br />

die Großmutter tot war, konnte<br />

sie nicht verstehen, dass sie eine<br />

echte Nationalsozialistin geliebt<br />

hatte. Die junge <strong>Frau</strong> hatte<br />

kurzes braunes Haar, große<br />

Augen, einen großen Mund,<br />

und weil sie auch im Gesicht so<br />

dünn war, sahen die Augen und<br />

der Mund fast zu groß aus, aber<br />

gleichzeitig sehr interessant.<br />

Kimmel hatte die junge <strong>Frau</strong><br />

– sie hieß ganz normal Anne,<br />

sprach aber ihren Namen französisch<br />

hinten ohne e aus – bei<br />

einer Eröffnung von CFA vor<br />

ein paar Wochen kennengelernt.<br />

Er saß später in der Paris<br />

Bar neben ihr, aber sie redeten<br />

kaum miteinander, weil immer<br />

jemand mit ihm oder mit ihr<br />

reden wollte, und der kleine,<br />

traurige Chef von CFA goss<br />

ihnen ständig Wein nach und<br />

machte die Musik, die aus der<br />

Jukebox direkt neben ihrem<br />

Tisch kam, so laut, dass man<br />

sowieso fast nichts hören konnte.<br />

Ein paar Tage später hatte<br />

Kimmel Anne angerufen, und<br />

sie tranken zusammen einen<br />

Kaffee in der Cafeteria in der<br />

Neuen Nationalgalerie, weil sie<br />

dort als Assistentin von jemandem<br />

arbeitete, und danach fuhr<br />

Kimmel mit der S-Bahn vom<br />

Potsdamer Platz nach Hause,<br />

und er dachte gern und gleichzeitig<br />

nicht so gern an sie. In<br />

den Tagen darauf dachte er gar<br />

nicht mehr an sie, aber dann<br />

machte er sich immer mehr<br />

Sorgen um seinen Vater, und<br />

schließlich rief er sie an und<br />

fragte sie, ob sie Lust hätte, mit<br />

ihm für einen Tag nach Frankfurt<br />

zu fahren und so zu tun, als<br />

sei sie seine neue Freundin, die<br />

er bald heiraten werde.<br />

„Glaubst du, sie haben uns<br />

geglaubt?“, sagte Anne zu<br />

Kimmel. Sie schob die Decke<br />

über ihre kleinen weißen Füße<br />

und auch ein bisschen über ihre<br />

Beine.<br />

„Er ja“, sagte Kimmel, „sie<br />

nicht.“<br />

„Aber sie wird es ihm nicht<br />

sagen, oder?“<br />

„Nein“, sagte Kimmel, „ich<br />

glaube nicht. Aber sicher bin<br />

ich mir nicht. Früher hätte sie<br />

es ihm bestimmt nicht gesagt.<br />

Heute ist sie anders als früher,<br />

obwohl sie immer nur über ihn<br />

erzählt, er sei nicht mehr der<br />

Alte. Sie redet viel mehr als<br />

früher, und es sind nicht nur<br />

nette Sätze dabei.“<br />

„Was machen wir, wenn es<br />

rauskommt?“, sagte Anne und<br />

zog die Decke über die Knie.<br />

„Wir leugnen alles“, sagte<br />

Kimmel. Und weil sie das jetzt<br />

wahrscheinlich von ihm erwartete,<br />

lächelte er.<br />

Das lange schwarze<br />

Nachthemd, das<br />

sie anhatte, war an<br />

den Brüsten durchsichtig.<br />

Sonst war es nicht<br />

durchsichtig, aber dort schon,<br />

und Kimmel versuchte, nicht<br />

hinzuschauen, aber natürlich<br />

schaute er hin, und er dachte,<br />

ich werde heute Nacht neben<br />

ihr liegen und schlafen und mir<br />

höchstens nur vorstellen, wie<br />

ich mit meiner Wange über die<br />

schwarze Spitze über ihren<br />

Brüsten streiche. Dann werde<br />

ich an mein Buch denken, und<br />

ich werde mich fragen, ob fünf<br />

Jahre schreiben und Leute<br />

ignorieren nicht genug sind<br />

und ob es nicht besser wäre,<br />

jeden Abend, so wie jetzt gleich,<br />

neben einer <strong>Frau</strong> einzuschlafen<br />

statt allein. Morgen früh werde<br />

ich dann die Gardinen zur Seite<br />

ziehen, und egal, ob draußen<br />

die weiße Wintersonne scheint<br />

oder ob der Tag so dunkel beginnt<br />

wie die letzten vierzehn<br />

Tage, ich werde mich auf<br />

keinen Fall so fühlen, als wenn<br />

ich mich gleich übergeben<br />

müsste, weil ich nicht allein<br />

sein werde in den ersten Minuten<br />

des Tages.<br />

„Sind sie richtige Juden?“,<br />

sagte Anne, und sie erwiderte<br />

jetzt erst sein Lächeln. Dabei<br />

sah sie ihn sehr lieb an, aber<br />

auch nicht zu lieb.<br />

„Wer?“<br />

„Deine Eltern.“<br />

„Ja“, sagte Kimmel.<br />

„Wie meinst du das?“<br />

„Essen sie wie richtige<br />

Juden? Beten sie?“<br />

„Nein.“<br />

„Dann sind sie ja keine<br />

richtigen Juden.“<br />

„Doch“, sagte er.<br />

„Ach so“, sagte sie. „Und<br />

du bist also auch ein richtiger<br />

Jude?“<br />

„Ja.“<br />

„Warum wolltest du,<br />

dass ich mitkomme?“<br />

Weil mein Vater vielleicht<br />

bald nicht mehr da sein wird,<br />

dachte Kimmel, aber er sagte:<br />

„Ich spiele gern Theater. Du<br />

nicht? Dann passiert wenigstens<br />

ab und zu etwas.“<br />

Sie sagte nichts, und dann<br />

sagte sie: „Magst du mich<br />

eigentlich?“<br />

Er nickte und drehte<br />

sich auf dem Klavierhocker<br />

einmal<br />

im Kreis, und dabei<br />

strich er mit den Händen über<br />

den hellbraunen, kühlen Deckel<br />

seines alten Klaviers, das er<br />

schon seit Jahren nach Berlin<br />

holen wollte.<br />

„Und das mit meiner Großmutter<br />

stört dich nicht?“, sagte<br />

sie. „Mich würde es stören,<br />

glaube ich, wenn ich du wäre.“<br />

Er schüttelte den<br />

Kopf und schloss<br />

kurz die Augen wie<br />

ein Deutscher, wenn<br />

er verlegen ist, und er dachte:<br />

Sie haben das Klavier für mich<br />

damals von ihrem ersten Geld<br />

gekauft, das sie in Deutschland<br />

verdient hatten, und wenn ich<br />

es mitnehmen würde, wäre das<br />

so, als würde ich ein zweites<br />

Mal von zu Hause weggehen.<br />

Später – dachte er weiter –<br />

könnte ich es natürlich schon<br />

nach Berlin holen, aber daran<br />

will ich jetzt lieber nicht denken,<br />

und er begann wieder, obwohl<br />

er gerade in Frankfurt war<br />

und sein Vater heute Abend<br />

beim Essen kein einziges Mal<br />

etwas fallen gelassen hatte, sich<br />

Sorgen um ihn zu machen und<br />

das erste Mal auch um seine<br />

Mutter. Dabei drehte sich<br />

Kimmel auf dem Klavierhocker<br />

wieder im Kreis, er betrachtete<br />

seine alten Eintracht- und<br />

Captain-Beefheart-Plakate an<br />

den Wänden, das Regal mit seinen<br />

Schulbüchern, den Rattan-<br />

Korb mit dem Eishockeyschläger<br />

und den Tennisschlägern,<br />

und dann klopfte seine Mutter<br />

an der Tür. Er erkannte die<br />

Umrisse ihrer Frisur im geriffelten<br />

Milchglas der Tür, es war<br />

eine aufwendige Frisur mit sehr<br />

viel Haarspray und hochtoupierten<br />

Haaren, ein bisschen<br />

wie die, die sie auf den alten<br />

Fotos aus Leningrad aus den<br />

Sechzigern hatte. Wahrscheinlich<br />

war seine Mutter heute<br />

Morgen seinetwegen beim<br />

Friseur gewesen, aber sicher<br />

war er sich nicht, denn sie achtete<br />

auch sonst immer sehr<br />

genau auf sich, auf ihren Lippenstift,<br />

ihre Fingernägel, ihre<br />

Kleidung.<br />

„Gute Nacht, Igor“, sagte<br />

seine Mutter durch die Tür.<br />

„Dein Vater hat sich gefreut,<br />

dass du gekommen bist. Aber er<br />

meint, du sollst häufiger kommen<br />

– und länger bleiben.“<br />

„Ja, Mama“, sagte Kimmel.<br />

Er sah Anne so nett es ging an<br />

und hob entschuldigend die<br />

Hände. Es war ihm unangenehm,<br />

dass seine Mutter nicht<br />

auch ihr Gute Nacht gewünscht<br />

hatte.Dann steckte sein<br />

Vater, ohne zu<br />

klopfen, den großen<br />

Kopf mit den<br />

dichten weißen Haaren ins<br />

Zimmer, und als er Anne in<br />

ihrem schwarzen Nachthemd<br />

auf dem Bett liegen sah, schaute<br />

er sofort weg. „Hast du deiner<br />

Mutter Danke fürs Essen gesagt?“,<br />

sagte er mit seiner neuen,<br />

schwachen <strong>Frau</strong>enstimme.<br />

Und ohne eine Antwort abzuwarten,<br />

fügte er hinzu: „Du<br />

kommst zu selten – und bleibst<br />

zu kurz. Aber vielleicht kommt<br />

ihr zwei uns ja öfter besuchen.<br />

Wir sind jetzt die letzten Kimmels<br />

in Frankfurt, beeilt euch.“<br />

Nachdem sein Vater<br />

wieder die Tür zugemacht<br />

hatte, sahen<br />

Kimmel und<br />

Anne einander lange stumm an.<br />

Sie ist wahrscheinlich keine so<br />

schlechte <strong>Frau</strong>, dachte er, und<br />

bestimmt meint sie es ernst mit<br />

mir, sonst wäre sie nicht mit<br />

mir hierhergekommen, damit<br />

wir für meinen Vater Braut und<br />

Bräutigam spielen. Dann begann<br />

er langsam sein Hemd<br />

aufzuknöpfen, und nachdem er<br />

sich ganz ausgezogen hatte, legte<br />

er sich neben sie unter eine<br />

zweite Decke ins Bett. Bevor sie<br />

das Licht ausmachten, zog<br />

Anne den Arm unter ihrer Decke<br />

hervor, sie streichelte kurz<br />

und vorsichtig Kimmels Wange<br />

und sagte: „Ich habe mir schon<br />

immer einen richtigen Juden<br />

gewünscht. Meinst du, ich habe<br />

ihn gefunden?“<br />

MaxiM Biller wurde 1960<br />

in Prag geboren. heute lebt der<br />

schriftsteller und kolumnist in Berlin.<br />

seine romane und kurzgeschichten<br />

sind vielfach übersetzt und<br />

preisgekrönt. Oft sind seine texte<br />

autobiografisch gefärbt und setzen<br />

sich mit seiner identität als Jude<br />

auseinander. Besonderes aufsehen<br />

erregte Biller 2003 mit seinem<br />

roman Esra, gegen dessen Verbreitung<br />

unter anderem seine expartnerin<br />

gerichtlich vorging, weil<br />

sie allzu viele Parallelen zwischen<br />

sich und der hauptfigur entdeckte.<br />

Maxim Billers kurzgeschichten wurden<br />

zum teil im New Yorker abgedruckt.<br />

Magst du mich eigentlich?<br />

erscheint exklusiv in <strong>Interview</strong>.<br />

132<br />

133


Abschlussball<br />

Nach der Berlinale ist vor der Berlinale.<br />

Nach der Berlinale ist vor der Berlinale.<br />

Doch auch während des größten Publikumsfilmfestivals<br />

der Welt gab es einen Grund, gut auszusehen:<br />

die All-is-pretty-Lounge von INTERVIEW<br />

im Soho House. Den ersten Tanz reservierten wir<br />

den deutschen Ehren gästen aus Film und Fernsehen.<br />

Bitte einmal abklatschen<br />

FASHION DIRECTOR<br />

KLAUS STOCKHAUSEN<br />

STYLING<br />

NIKI PAULS<br />

Fotos<br />

JONAS LINDSTRÖM<br />

TOP<br />

CALVIN KLEIN<br />

COLLECTION<br />

JEANS<br />

PRIVAT<br />

KETTE<br />

TIFFANY & CO.<br />

OSCAR NILSSON


PORTFOLIO<br />

sakko<br />

hugo<br />

hemd<br />

jil sAnder<br />

“<br />

“Können <strong>Frau</strong>en denn Landkarten lesen …?”<br />

florian stetter als friedrich schiller in Die geliebten SchweStern<br />

Wenn du<br />

heute nicht<br />

extrem bist,<br />

hast du keinen<br />

Erfolg<br />

”<br />

ludwig trepte als<br />

oliver in<br />

ihr könnt euch niemalS<br />

Sicher Sein<br />

bluse<br />

wunderkind<br />

rock<br />

prAdA<br />

ring<br />

dior fine jewellery<br />

“Wenn man in diesem Moment die Zeit<br />

anhalten könnte, genau jetzt.<br />

Ist doch alles gut jetzt, ist doch alles da”<br />

anna maria mühe als hilde in waS nützt Die liebe in geDanken<br />

“<br />

I’m not feeling it!<br />

”<br />

chris hanley, produzent<br />

(Spring breakerS, american pSycho)<br />

sakko<br />

boss blAck<br />

hemd<br />

hugo<br />

ring<br />

privat<br />

hemd<br />

cAlvin klein<br />

collection<br />

sonnenbrille<br />

mykitA<br />

ringe<br />

privat


“<br />

Was mich wirklich<br />

glücklich macht im Leben,<br />

ist, wenn ich beim<br />

Scrabbeln das Q und das U<br />

gleichzeitig ziehe<br />

”<br />

fritzi haberlandt<br />

als ada in Die LibeLLe unD Das nashorn<br />

(allerdings fehlt der satz in der<br />

letzten schnittfassung des films)<br />

“<br />

In meinem<br />

Kopf sitzt ein Clown,<br />

der mir zwischen die<br />

Synapsen scheißt,<br />

der mich ständig<br />

zwingt, genau das zu<br />

tun, was ich gerade<br />

am wenigsten<br />

gebrauchen kann<br />

Florian DaviD Fitz<br />

als vincent in Vincent will Meer<br />

diese seite:<br />

kleid<br />

louis vuitton<br />

ring<br />

dior fine<br />

jewellery<br />

linke seite:<br />

sakko<br />

boss blAck<br />

hemd<br />

bottegA venetA


PORTFOLIO<br />

PORTFOLIO<br />

“<br />

Ich will jetzt nicht darauf insistieren,<br />

aber manchmal kann Nachdenken echt helfen<br />

Vinzenz Kiefer als strecKer in HöHere Gewalt<br />

140<br />

”<br />

“<br />

linKe seite:<br />

anzug, HemD & fliege<br />

boss blAcK<br />

bombeRjacKe<br />

pRivat<br />

manscHettenKnöpfe & Ring<br />

tiffAny & co.<br />

Kaum sehen wir uns mal paar Tage nicht, bist du schwul<br />

und ich schwanger. Passt ja. Fängt beides mit ,schw‘ an<br />

Katja Riemann als DoRo in der bewegte mann<br />

141<br />

Diese seite:<br />

KleiD<br />

& otHeR stoRies<br />

aRmReif<br />

tiffAny & co.<br />

scHuHe<br />

micHAlsKy


“<br />

I just arrived here.<br />

I don’t know …<br />

AlexAnder Fehling<br />

”<br />

in der Fluss war einst ein Mensch<br />

diese seite:<br />

Anzug<br />

cAlvin klein<br />

collection<br />

hemd<br />

kris vAn Assche<br />

rechte seite:<br />

blAzer<br />

hAider AckermAnn<br />

ring & ohrringe<br />

tiFFAny & co.<br />

“<br />

Wenn man<br />

einen Mann zehn<br />

Mal Schwein nennt,<br />

dann grunzt er<br />

beim elften Mal<br />

Palina Rojinski<br />

als svetlana in Jesus liebt mich


PORTFOLIO<br />

kleid<br />

h&m ConsCious<br />

exClusive ColleCtion<br />

ohrringe & armreife<br />

tiffAny & Co.<br />

“Schon nervös? Ich nicht!”<br />

eva padberg als blonde frau in RuBBeldiekatz<br />

kleid<br />

vAlentino<br />

ohrringe<br />

tiffAny & Co.<br />

“Dabei willste doch nur, dass dich endlich<br />

mal einer in den Arm nimmt”<br />

“<br />

friederike kempter als Julika in Oh BOy<br />

Ich weiß,<br />

dass Sie Sachen<br />

mit mir<br />

machen wollen.<br />

Also, hier bin ich.<br />

Sie können<br />

mich haben<br />

”<br />

kostJa ullmann<br />

als Jan in VeRfOlgt<br />

sakko<br />

boss blACk<br />

hemd<br />

giorgio ArmAni<br />

“<br />

sakko<br />

kris vAn Assche<br />

hemd<br />

gucci<br />

krawatte<br />

hugo<br />

Only one thing can make a soul complete<br />

and that thing is love<br />

david kross<br />

als michael in Der Vorleser<br />

145


“<br />

In meinem Preußen<br />

soll jeder nach seiner Fasson<br />

selig werden<br />

”<br />

AnnA ThAlbAch Als Friedrich in<br />

Friedrich – ein deutscher König<br />

PORTFOLIO<br />

“<br />

And I have<br />

also learned<br />

to use weapons …<br />

correctly<br />

”<br />

Nora voN WaldstätteN als<br />

MagdaleNa Kopp iN<br />

Carlos – Der sChakal<br />

146<br />

diese seite:<br />

aNzug & schuhe<br />

dior<br />

ohrriNge & riNge<br />

tiffANy & co.<br />

liNKe seite:<br />

treNchcoat<br />

burberry prorsuM<br />

Kleid<br />

stellA MccArtNey<br />

geseheN bei Mytheresa.coM<br />

ohrriNge<br />

tiffANy & co.


“<br />

Sex ist ein Wettkampf zwischen<br />

zwei Menschen, bei dem beide versuchen,<br />

den anderen gewinnen zu lassen<br />

”<br />

JESSICA SCHWARZ ALS TANYA IN<br />

AM ENDE EINES VIEL ZU KURZEN TAGES<br />

KLEID & SCHUHE<br />

DIOR<br />

OHRRINGE<br />

TIFFANY & CO.<br />

ARMBAND<br />

PRIVAT


“<br />

Ich habe<br />

den Mann erschossen<br />

”<br />

IrIs BerBen als Jutta/JudIth In<br />

Es kommt dEr tag<br />

“<br />

For there is<br />

nothing<br />

either good<br />

or bad,<br />

but thinking<br />

makes it so<br />

”<br />

Lars eidinger aLs hamLet<br />

dIese seIte:<br />

Mantel<br />

hugo<br />

kette<br />

tIffAny & co.<br />

rechte seIte:<br />

sakko & hose<br />

toM ford gesehen BeI<br />

departMentstore quartIer 206<br />

heMd<br />

prIvat<br />

flIege & kuMMerBund<br />

epIlo gesehen BeI kadewe<br />

haare By WeLLa ProfessionaLs<br />

make-up & grooming By maC CosmetiCs<br />

foto-assistenz timothy sChaumBurg<br />

styling-assistenz CaroLine LemBLé<br />

Produktion frank seidLitz<br />

dank an soho house BerLin


pArty<br />

pArty<br />

12<br />

1 2<br />

4<br />

12 Geschmeide von Tiffany 13 Florian David Fitz im<br />

M.A.C-Studio und mit (14) Mykita-Brille 15 Kostja<br />

Ullmann bei den Hairstylisten von Wella Professionals<br />

13<br />

all<br />

is<br />

pretty<br />

1 Vor der Mykita-Sonnenbrillenwand: Jessica Schwarz<br />

2 Im Studio von M.A.C Cosmetics: Vinzenz Kiefer<br />

3 Bei Tiffany: Palina Rojinski bestaunt ihren Schmuck<br />

3<br />

16<br />

15<br />

14<br />

5<br />

17<br />

16 Welcher Ring passt zu mir? Katja Riemann und der<br />

Fingerschmuck 17 Noch mehr Schmuck von Tiffany:<br />

Gitta Gräfin von Lambsdorff (l.) und Palina Rojinski<br />

18<br />

11<br />

18 Ein Blick auf die umfangreiche Ausrüstung der Make-up-Artists von M.A.C Cosmetics<br />

Fünf tage hielt iNterVieW<br />

im soho House Berlin Hof und<br />

bat die prominenz in die all is<br />

pretty-lounge. Bevor es auf<br />

den roten teppich der Berlinale ging,<br />

gab es dort Make-up, schmuck,<br />

roben, Häppchen und Champagner.<br />

ein aperitif ist schließlich<br />

die beste Verteidigung<br />

6<br />

7<br />

19<br />

19 Rolf Eden bei der Lektüre von INTERVIEW 20 Jessica<br />

Schwarz (2. v. r.) Arm in Arm mit den Hairstylisten von Wella<br />

Professionals 21 Noch menschenleer: Die ALL IS PRETTy-<br />

Lounge kurz vor ihrer Eröffnung<br />

8<br />

10<br />

4 Eva Padberg legt Ohrringe an 5 Karoline Schuch und Miriam Stein (r.) auf dem Weg in die Anprobe 6 Palina<br />

Rojinski hat die Hände voller Ringe von Tiffany 7 Vinzenz Kiefer steckt sich auch einen Ring an, anschließend (8)<br />

gibt es ein Glas Moët & Chandon 9 Miriam Stein (l.) und Yara Dib probieren derweil Sonnenbrillen von Mykita an<br />

10 Ein Blick in die Tiffany-Lounge 11 Auf der Couch: Pheline Roggan und Stefanie Wirnshofer<br />

9<br />

21 20


PARTY<br />

PARTY<br />

Niki Pauls und Begleitung<br />

Michael Braade und Petra Fladenhofer<br />

Gitta Gräfin von Lambsdorff (l.) und Jörg Bernicken<br />

(2. v. l.), Alexa Agnelli (r.) und Partygäste<br />

Bernd Runge und Iris Berben<br />

Dominic Hofer, Melanie Pannenbecker und Marco Stein<br />

Alexandra Neldel und Karl Anton Koenigs<br />

DJ Schowi und Pheline Roggan<br />

Björn Wallbaum und Michael Michalsky<br />

FOTOS<br />

KARL AANTON KOENIGS<br />

UND MAXIME BALLESTEROS<br />

INTERVIEW<br />

ALL NIGHT<br />

LONG<br />

Soho House Berlin<br />

Johannes Bonke<br />

Noch lange nicht volljährig, aber<br />

schon alt genug für Alkohol:<br />

Am Vorabend der Berlinale feierte<br />

<strong>Interview</strong> im Soho House sein<br />

Einjähriges. Denn für eine anständige<br />

Party kann man gar nicht<br />

jung genug sein<br />

LouLou und Peter Berg<br />

Palina Rojinski<br />

Hannah Herzsprung und Partygäste<br />

Nadine Warmuth und Kai Wiesinger<br />

154<br />

Angelika Taschen und Dominic Raacke<br />

Markus Jans und Nina Pohl<br />

Cecile Pastel,<br />

Lisa Thamm und<br />

Rafael Gaviria<br />

155<br />

Martin Eder


PARTY<br />

NUR<br />

GUCCI GOES<br />

INTERVIEW<br />

Anna Philippa Wolf, Maxime Ballesteros und Paola Oller Tovar<br />

PROBE-<br />

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Marcello Pisu und Begleitung<br />

Kate Sansom, Julia H. Burlingham und Britta Thie<br />

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E-MAIL: abo@interview.de<br />

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Eva Padberg


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Ben Vescovi<br />

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Niki Pauls<br />

Jennifer Ulrich und Begleitung


heRstelleRnachweiS<br />

Foto Ralph Mecke<br />

Styling klauS StockhauSen<br />

kleid ViktoR & RolF<br />

& Other StOrieS www.stories.com<br />

AbSOlutiOn www.absolution-cosmetics.com<br />

Acne www.acnestudios.com<br />

AdidAS OriginAlS www.adidas.com<br />

AkriS www.akris.ch<br />

AlexAnder WAng www.alexanderwang.com<br />

AlexiS bittAr www.alexisbittar.com<br />

AnnA Sui www.annasui.com<br />

AnndrA neen www.anndraneen.com<br />

A.P.c. www.apc.fr<br />

AvedA www.aveda.de<br />

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bArbArA bui www.barbarabui.com<br />

ben ShermAn www.bensherman.com<br />

bOdhi www.bodhi.uk.com<br />

bOSS blAck www.hugoboss.com<br />

bOttegA venetA www.bottegaveneta.com<br />

burberry brit www.burberry.com<br />

burberry PrOrSum www.burberry.com<br />

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céline www.celine.com<br />

chAdO rAlPh rucci www.chadoralphrucci.net<br />

chAnel www.chanel.com<br />

chArlOtte OlymPiA www.charlotteolympia.com<br />

chriStiAn lOubOutin www.christianlouboutin.com<br />

cOmme deS gArçOnS www.comme-des-garcons.com<br />

cOWShed www.cowshedonline.com<br />

dePArtmentStOre QuArtier 206<br />

www.quartier206.com<br />

dieSel blAck gOld www.dieselblackgold.com<br />

diOr www.dior.com<br />

diOr Fine JeWellery www.dior.com<br />

dOlce & gAbbAnA www.dolcegabbana.com<br />

dr. hAuSchkA www.dr.hauschka.com<br />

eddie bOrgO www.eddieborgo.com<br />

emiliO Pucci www.emiliopucci.com<br />

eStée lAuder www.esteelauder.de<br />

Fendi www.fendi.com<br />

FernAndO JOrge www.fernandojorge.co.uk<br />

gAtAPex www.gatapex.de<br />

giAmbAttiStA vAlli www.giambattistavalli.com<br />

giOrgiO ArmAni www.armani.com<br />

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gucci www.gucci.com<br />

gucci beAuty www.gucciparfums.com<br />

hAider AckermAnn www.haiderackermann.be<br />

hAyden dunhAm www.haydendunham.com<br />

h&m cOnSciOuS excluSive cOllectiOn<br />

www.hm.com<br />

hugO www.hugoboss.com<br />

irAdJ mOini www.iradjmoini.com<br />

JAeger-lecOultre www.jaeger-lecoultre.com<br />

JeAn-michel cAzAbAt www.jeanmichelcazabat.com<br />

JeAn PAul gAultier www.jeanpaulgaultier.com<br />

JenniFer behr www.jenniferbehr.com<br />

J. F. Sc hWArzlOSe www.schwarzloseberlin.com<br />

Jil SAnder www.jilsander.com<br />

JOhn FriedA www.johnfrieda.de<br />

JOhn gAlliAnO www.johngalliano.com<br />

JO mAlOne www.jomalone<br />

kAdeWe www.kadewe.de<br />

kAnebO www.kanebo.de<br />

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kérAStASe www.kerastase.de<br />

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lAdy grey www.ladygreyjewelry.com<br />

lA mer www.cremedelamer.de<br />

lAncôme www.lancome.de<br />

lAnvin www.lanvin.com<br />

levi’S www.levi.com<br />

lilO benecke www.lilobenecke.com<br />

lOuiS vuittOn www.louisvuitton.com<br />

m.A.c. cOSmeticS www.maccosmetics.com<br />

mAiSOn mArtin mArgielA<br />

www.maisonmartinmargiela.com<br />

mAnOlO blAhnik www.manoloblahnik.com<br />

mArc JAcObS www.marcjacobs.com<br />

mArni www.marni.com<br />

michAlSky www.michalsky.com<br />

miu miu www.miumiu.com<br />

mOltOn brOWn www.moltonbrown.eu<br />

mugler www.mugler.com<br />

mykitA www.mykita.com<br />

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neOm www.neomorganics.com<br />

nichOlAS kirkWOOd www.nicholaskirkwood.com<br />

nike www.nike.com<br />

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OmA www.oma.eu<br />

OSklen www.osklen.com<br />

PAiSkincAre www.paiskincare.com<br />

PAnerAi www.panerai.com<br />

PArmigiAni www.parmigiani.ch<br />

POllini www.pollini.com<br />

POmellAtO www.pomellato.com<br />

PrAdA www.prada.com<br />

PrOenzA SchOuler www.proenzaschouler.com<br />

rObertO cAvAlli www.robertocavalli.com<br />

rOdArte www.rodarte.net<br />

rOger dubuiS www.rogerdubuis.com<br />

Schirmer/mOSel verlAg www.schirmer-mosel.com<br />

SiSley www.sisley-cosmetics.com<br />

SJAl SkincAre www.sjalskincare.com<br />

StellA mccArtney www.stellamccartney.com<br />

StuArt WeitzmAn www.stuartweitzman.com<br />

SuSAnne kAuFmAnn www.susannekaufmann.com<br />

the OrgAnic PhArmAcy<br />

www.theorganicpharmacy.com<br />

theySkenS’ theOry www.theyskenstheory.com<br />

tiFFAny & cO. www.tiffany.com<br />

tOm FOrd www.tomford.com<br />

tOmmy hilFiger cOllectiOn www.tommy.com<br />

tOPmAn www.topman.com<br />

vAlentinO www.valentino.com<br />

viktOr & rOlF www.viktor-rolf.com<br />

WeledA www.weleda.de<br />

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160


FLASHBACK, APRIL 2008<br />

MADONNA<br />

INGRID<br />

Sie hat Sex erfunden, mit Jesus geknutscht, die Kinder<br />

Afrikas befreit, das Alter besiegt, sich als Landadelige<br />

neu entdeckt … und ist dabei vom Pferd gefallen.<br />

Kurzum: She’s MADONNA – und war vor fünf Jahren<br />

das Covergirl von INTERVIEW<br />

MDMAZING: MADONNA AUF DEM COVER VON INTERVIEW, APRIL 2008<br />

DIE NÄCHSTE AUSGABE<br />

VON INTERVIEW<br />

ERSCHEINT AM<br />

17. APRIL 2013<br />

SISCHY: Auf dem neuen Album gibt es ein<br />

Stück, in dem du singst: „We’ve only got four minutes<br />

to save the world“ – weiter heißt es: „Sometimes I<br />

think what I need is a you intervention.“<br />

MADONNA: Damit will ich eigentlich sagen, dass<br />

ich manchmal gerettet werden muss. Dieses Gefühl<br />

überkam mich, als wir in Afrika an meinem Filmprojekt<br />

arbeiteten, erstmals gespürt habe ich es aber<br />

in New York in den Achtzigern, als meine Freunde<br />

plötzlich wie Eintagsfliegen an Aids starben. Da<br />

merkte ich erst, wie kostbar unser Leben eigentlich<br />

ist. Wie schnell es vorbeigehen kann, wie nichtig so<br />

viele Kleinigkeiten und Probleme, von denen wir uns<br />

den Alltag versauen lassen, eigentlich sind. Die Hauptsache<br />

ist, dass man lebt.<br />

SISCHY: Wie hast du den Regisseur für den<br />

Film gefunden?<br />

MADONNA:<br />

Er war mein Gärtner (lacht).<br />

SISCHY:<br />

Wirklich?<br />

MADONNA:<br />

Ja. Er heißt Nathan Rissman,<br />

ein brillanter Kerl. Er kann einfach alles.<br />

SISCHY:<br />

Du hast für den Film auch große<br />

Geschütze aufgefahren: Präsident Clinton, Desmond<br />

Tutu …<br />

MADONNA:<br />

… Jeffrey Sachs, Paul Farmer.<br />

Ich hatte Glück.<br />

SISCHY:<br />

Wie hast du die Herren denn über-<br />

redet?<br />

MADONNA:<br />

Ich habe sie angerufen. Und<br />

viele sehr schmeichelhafte Briefe geschrieben.<br />

SISCHY:<br />

Stimmt, du bist ja eine Briefe-<br />

schreiberin.<br />

MADONNA: Ja. Leider sagen manche Men-<br />

schen schneller Ja, andere nicht. Bei manchen<br />

musste ich mich sehr anstrengen, sie umgarnen,<br />

zu Essen einladen …<br />

SISCHY: Musstest du auch irgendwelche<br />

Vorteile versprechen?<br />

MADONNA: (lacht) Nein. Auch keine<br />

sexu ellen Gefälligkeiten<br />

(beide lachen). Man-<br />

che Leute sind einfach unfassbar beschäftigt<br />

und haben sehr wenig Zeit. Aber ich kann<br />

hart näckig sein.<br />

SISCHY: Ein anderes Lied auf dem Album<br />

heißt<br />

Give It 2 Me. Es klingt, als müsste man<br />

dazu auf Ibiza tanzen.<br />

MADONNA: Danke! Darauf hoffe ich<br />

auch.<br />

SISCHY: Es ist ein echter, ein typischer<br />

Madonna-Song. Selbst der Text klingt wie<br />

eine Autobiografie: „Got no boundaries, got<br />

no limits.“<br />

MADONNA: „If there’s excitement, put<br />

me in it.“<br />

SISCHY: „Don’t stop me now.“<br />

MADONNA: Yeah!<br />

SISCHY: „If it’s against the law, arrest me!“<br />

MADONNA: (lacht) Yap, das bin ich, das<br />

provozierende Ich. Eigentlich auch fast schon<br />

langweilig und vorhersehbar.<br />

SISCHY: Hast du schon mal den Punkt<br />

erreicht, an dem du dir denkst: „Fuck it. Das<br />

war’s. Ich nehme kein Album mehr auf.“?<br />

MADONNA: Das behaupte ich nach je-<br />

dem Album!<br />

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Foto: Steven Klein für <strong>Interview</strong> Magazine, April 2008<br />

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