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Bergsteiger Lichtblicke (Vorschau)

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EDITORIAL<br />

Der neue<br />

Hauser<br />

ist da:<br />

über 40 Jahre<br />

Reiselust und Erfahrung<br />

Der Berg,<br />

das Risiko<br />

und der Tod<br />

als ein Teil<br />

Die Stunden an der Flanke des Manaslu waren<br />

selbst für die hartgesottenen Alpinisten um<br />

Benedikt Böhm verstörend. Zu sechst gruben<br />

sie Verschüttete aus, leisteten erste Hilfe,<br />

mussten auf 6400 Meter Höhe entscheiden,<br />

wie sie ihre Kräfte einteilten, wer Überlebenschancen hatte und wer bereits verloren<br />

war. Elf <strong>Bergsteiger</strong> starben damals am 23. September 2012 durch eine Lawine, die<br />

mitten in der Nacht das Hochlager 3 hinweggefegt hatte. Böhms Truppe hatte ihre<br />

Zelte ein Stück entfernt aufgeschlagen – aus der Erfahrung einer früheren Expedition,<br />

als sie den üblichen Lagerplatz als zu gefährlich einstufte. Hätte Böhm seine Expedition<br />

angesichts der Toten abbrechen müssen? Er tat es nicht. Sieben Tage später<br />

stellte er einen neuen Besteigungsrekord auf: 15 Stunden für die 3300 Höhenmeter<br />

vom Basislager bis auf den Gipfel (8163 m) und per Skiabfahrt wieder zurück.<br />

2014<br />

Benedikt Böhm und sein Freund Sebastian Haag haben nun beim IMS in Brixen über<br />

die Ethik ihres damaligen Entschlusses gesprochen. Zuvor zeigte ServusTV eine Dokumentation<br />

(ein Kamerateam war wegen des Rekordversuchs dabei), die diese Frage<br />

in den Mittelpunkt rückte. Die Argumente sind schlüssig: Sie hatten ihr Möglichstes<br />

getan, Menschenleben gerettet, sich um die Verletzten gekümmert. Das Risiko, bei<br />

einer Achttausender-Besteigung umzukommen, müsse jedem <strong>Bergsteiger</strong> bewusst<br />

sein: »Der Tod ist ein Teil des Ganzen«, sagen Böhm und Haag. Und haben Recht.<br />

Ein Wagnis im Zeichen der Wissenschaft ist 170 Jahre zuvor ein<br />

junger Geograf eingegangen, der den Dachstein erforschen wollte.<br />

Friedrich Simony wurde von einer Lawine mitgerissen, überlebte<br />

und ließ sich nicht davon abbringen, eine Nacht am Gipfel zu<br />

verbringen. Er wollte beweisen, dass dies ein Mensch aushalten<br />

kann. Lesen Sie ein Porträt anlässlich seines 200. Geburtstages<br />

(S. 78–83). Magdalena Neuner setzte zwar nie ihr Leben aufs Spiel,<br />

bewies aber Stehvermögen als erfolgreichste Biathletin der Sportgeschichte. Nun<br />

ist sie »Profi in Entspannung« (Interview S. 68–73) und kann die Berge erstmals ohne<br />

Leistungsdruck genießen. Selbiges wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser.<br />

In unserer Titelgeschichte (S. 20–29) finden Sie dafür einige lohnende Sonnenziele.<br />

Die Welt und sich<br />

selbst erleben!<br />

Mehr als 600 Touren<br />

in über 90 Ländern.<br />

Jetzt alle neuen Reisen im Web<br />

oder Katalog anfordern unter<br />

Telefon: 089 / 23 50 06 - 0<br />

Michael Ruhland, Chefredakteur<br />

WandernTrekkingBergtourenweltweit<br />

hauser-exkursionen.de


INHALT<br />

20<br />

Der Sonnenkompass<br />

Rofan, Lungau, Comer See, Provence:<br />

Wir weisen den Weg zu vier ausgewählten Bergzielen,<br />

an denen sich die Saison verlängern lässt.<br />

32<br />

Innere Einkehr<br />

Beim Pilgerwandern bekommen nicht<br />

nur die Beine, sondern vor allem der Kopf<br />

Auslauf. Das wirkt befreiend.<br />

TITELTHEMA<br />

20 Die 4 Herbst-Zeitlosen<br />

Sie macht sich im November rar wie nie: die<br />

Sonne. An unseren Sonnenspots lässt sich die<br />

Saison im milden Ambiente beschließen.<br />

AKTUELL<br />

12 Neues aus der Welt der Berge<br />

12 SÜDWANDSOLO Ueli Steck war an der<br />

Annapurna auf neuer Route erfolgreich.<br />

16 VERSIEGENDER STROM Die CIPRA warnt<br />

vor dem Ausbau der Wasserkraft.<br />

18 MEDIEN Aktuelle Bücher, Apps und<br />

Webseiten zum Thema Berg<br />

REPORTAGE<br />

32 Auf dem Weg zu sich selbst<br />

Nicht immer ist Wandern bloßer Freizeitspaß.<br />

Beim Pilgerwandern lernt man eine<br />

andere Art des »Umgangs« mit sich selbst.<br />

38 Artisten am Abgrund<br />

Slacklinen ist der größte Trend seit dem<br />

Kletterboom. Und für manche wichtiger als<br />

die Bühnen der Welt


44<br />

Skitour vom<br />

Schlauchboot<br />

Westgrönland: Alpine Annäherung<br />

an das Ende der Welt<br />

38<br />

Am laufenden<br />

Band<br />

Slacklinen boomt:<br />

Über die Kunst am Abgrund<br />

TOURENKARTEN ZUM MITNEHMEN<br />

12 Top-Touren für das Saisonfinale<br />

Le Montet ....................................................................................... 55<br />

Via Sacra, 4. Etappe ............................................................. 55<br />

Plassen ................................................................................................ 55<br />

Gosauseen - Hallstatt ......................................................... 57<br />

Bayreuther Hütte ................................................................... 57<br />

57<br />

Streichkopf ....................................................................................<br />

Lachriegel ......................................................................................59<br />

Wiesberg und Wildbachhütte ................................59<br />

Monte Barro .................................................................................59<br />

Monte San Primo .....................................................................61<br />

Rocher du Caire ........................................................................61<br />

Rocher de Chalançon .........................................................61<br />

92<br />

Der große<br />

Skitest<br />

Rechtzeitig zum<br />

Saisonauftakt:<br />

Ein Überblick<br />

über die<br />

neuesten<br />

Modelle<br />

78<br />

Friedrich Simony<br />

Zum 200. Geburtstag des<br />

»Dachsteinprofessors«<br />

Cover: Iris Kürschner, am Höhenweg zur Bocchetta di Prada, Grigna-Gruppe, Comer See; weitere Fotos: A. Strauß (2), B. Ritschel, F. Lenz, M. Birck, V. Wisthaler, K2<br />

84 Optimist auf Rädern<br />

Kein Ende am Horizont: Felix Brunner<br />

entkam dem Bergtod nur knapp.<br />

Vier Jahre später überquert er die<br />

Alpen im Handbike.<br />

AUF TOUR<br />

44 Lockruf der Stille<br />

In Westgrönland beginnen Skitouren auf<br />

Meereshöhe. Und führen in die ultimative<br />

Ruhezone<br />

64 Serie: GeoTop-Touren<br />

Auf den Spuren des Salzes: Im Schaubergwerk<br />

von Bouillet lässt sich Geologie<br />

mit allen Sinnen erleben.<br />

Familien-TIPP<br />

74 Serie: Die Paten IV<br />

Mit Hirn & Schmalz: Dülfer, Piaz, Prusik und<br />

Abalakov waren große <strong>Bergsteiger</strong>, deren<br />

Erfindungen das Klettern revolutionierten.<br />

78 Der Stein des Waisen<br />

Ein Mann, ein Berg: Vor 200 Jahren wurde<br />

der »Dachsteinprofessor« Friedrich Simony<br />

geboren. Über ein Multitalent, der die<br />

Wissenschaft bis heute prägt<br />

SERVICE<br />

50 Kristallwelten<br />

Bergfotograf und Extremkletterer Heinz<br />

Zak verät Tipps und Tricks für bessere<br />

Winterbilder. Inklusive Fotowettbewerb<br />

88 Serie: Stille Helfer<br />

In der Lawinenkunde gab es lange zwei<br />

Meinungen. Nun wurde das Beste<br />

aus beiden vereint - wir erklären die<br />

neuen Lehrinhalte.<br />

92 Kein Ski für alle Fälle<br />

Der große Tourenskitest 2013/14: Rechtzeitig<br />

zum Saisonstart sind die neuen<br />

Modelle unter die Rocker gegangen.<br />

100 Zackig in Schnee und Eis<br />

Es müssen nicht immer Steigeisen sein:<br />

Beim Winterwandern sind Grödel, Spikes<br />

und Co. praktische Begleiter. Wir haben<br />

verschiedene Modelle getestet.<br />

106 Serie: Hersteller im Profil<br />

150 Jahre Edelrid: Warum beim innovativen<br />

Allgäuer Seilhersteller das Firmenschicksal<br />

nicht allein am »seidenen Faden« hängt.<br />

68 Das große BERG-<br />

STEIGER-Interview<br />

Die erfolgreichste Biathletin<br />

aller Zeiten über<br />

Erfolgsdruck, Nationalhymnen<br />

und<br />

unbekannte<br />

Berge vor der<br />

Haustür: im<br />

Gespräch mit<br />

Magdalena<br />

Neuner.<br />

RUBRIKEN<br />

Editorial 3<br />

Bildstrecke 6<br />

TV-Programm 19<br />

Bergpredigt 52<br />

Härtetest 102<br />

Das perfekte 110<br />

Bergwochenende<br />

Briefe/Impressum 112<br />

<strong>Vorschau</strong> 114<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 5


BERGBILDER<br />

Gratlichter<br />

»Berge in Licht und Schatten« lautete heuer das<br />

Motto des Fotowettbewerbs beim International<br />

Mountain Summit (IMS). Eine Bildstrecke<br />

der besten Aufnahmen – wie dieses Siegerbild.<br />

Nordwestgrat Nevado Chopicalqui (6345 m), Peru


Foto: Alexandre Buisse<br />

12⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 7


Traumtänze<br />

»An einem eisig kalten Tag kamen Licht,<br />

Schneesturm und ich zusammen«, beschreibt<br />

Richard Salcher seinen Kunstschuss lapidar.<br />

Caillum Smith nennt seine Komposition aus Wolken,<br />

Nordlicht und Milchstraße »Open eyed dream«.<br />

Sellatürme, Südtirol (oben) und Skaftafell National Park, Island<br />

Foto: Richard Salcher<br />

Foto: Caillum Smith<br />

8 <strong>Bergsteiger</strong> 12⁄13


Lichtspiele<br />

Nur wenn die Sonne am tiefsten Punkt über<br />

dem Horizont steht, setzen ihre Strahlen die Nordwände<br />

der Drei Zinnen in Szene: die Enrosadira.<br />

Fotograf Dino Marsagno hat dieses abendliche<br />

Schauspiel mit der Kamera erwartet.<br />

Drei Zinnen, Dolomiten, Südtirol<br />

Foto: Dino Marsagno


Scherenschnitte<br />

Ein Herbsttag. Georg Kantioler aus Südtirol steigt<br />

auf die Kassianspitze in seiner Heimat, unten überzieht<br />

Hochnebel die Täler, gegenüber die Geislerspitzen.<br />

Dann drückt Kantioler auf den Auslöser.<br />

Geislerspitzen, Villnösstal, Südtirol<br />

Foto: Georg Kantioler<br />

10 <strong>Bergsteiger</strong> 12⁄13


Prämierte Lichtjäger<br />

Der mit insgesamt 6000 Euro Preisgeld<br />

dotierte IMS Photo Contest hat mittlerweile<br />

eine gewisse Reputation.<br />

Der BERGSTEIGER zeigt unter anderem<br />

die Bilder der drei Gewinner exklusiv.<br />

Im besten Fall können Fotos bewegen. Und<br />

zwar im Wortsinne. Das Siegerbild des Franzosen<br />

Alexandre Buisse beim diesjährigen<br />

Fotowettbewerb des International Mountain<br />

Summit bewegte nicht nur die Jury dazu, ihn<br />

mit dem ersten Platz auszuzeichnen. Französischen<br />

Kletterern war Buisses Bild vom<br />

Nevado Chopicalqui in der peruanischen<br />

Cordillera Blanca Anreiz genug, den Berg<br />

über den selten begangenen und im Foto<br />

sichtbaren Nordwestgrat zu besteigen. Und<br />

wen zieht es bei den Aufnahmen der Zweitund<br />

Drittplatzierten Richard Salcher (Südtirol)<br />

und Caillum Smith (Kanada) nicht auf<br />

eine Skitour vor die Sellatürme oder zu den<br />

Nordlichtern in Island? Jedenfalls bewegt<br />

allein der Wettbewerb des IMS schon viele<br />

Menschen. Dieses Jahr machten 2400 Hobby-<br />

und Profifotografen aus 100 Ländern mit.<br />

Dominik Prantl


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/13 AKTUELL<br />

Gut was los: 15 000<br />

Besucher kamen im<br />

Vorjahr nach München.<br />

Eintritt: kostenlos<br />

Am 17. 11. ab 10 Uhr in der BMW Welt.<br />

Kostenlose Tickets für die Vorträge im<br />

Tagungsraum 1 und 2 ab 9.30 Uhr im Foyer<br />

bzw. 2 Stunden vor Vortrags beginn.<br />

Veranstaltungsort: BMW Welt, Am Olym -<br />

pia park 1, 80809 München, Anfahrt am<br />

besten mit der U3, Station »Olympiazentrum«<br />

Infos und Programm:<br />

www.munich-mountains.de<br />

Am Tag davor fi ndet im Feierwerk (Hansastraße)<br />

von 8–13 Uhr der DAV-Alpinfl ohmarkt statt.<br />

Infos unter www.DAVplus.de/fl ohmarkt<br />

Alpintag 2013 in München<br />

DIE BERGE KOMMEN NACH MÜNCHEN<br />

Foto: DAV Sektion München & Oberland<br />

Große Zukunftsfragen<br />

beim Jubiläum<br />

SAC DISKUTIERT ZUM 150. GEBURTS-<br />

TAG DIE FOLGEN DES KLIMAWANDELS<br />

– DAV TRITT WIEDER DER UIAA BEI<br />

Es sind die großen Themen, denen sich<br />

der Schweizer Alpenclub stellt. Zu seinem<br />

150. Geburtstag hatte der SAC im Oktober<br />

nach Pontresina ins Engadin eingeladen<br />

und eine »Gipfelkonferenz« zur Zukunft des<br />

Bergsports anberaumt. Ein hochkarätig<br />

besetztes Podium debattierte die Folgen des<br />

Klimawandels und gab der tags darauf<br />

tagenden Generalversammlung der Union<br />

Internationale des Associations d’Alpinisme<br />

(UIAA) ein paar Handlungsempfehlungen<br />

mit auf den Weg. Der Präsident der Alpenschutzkommission<br />

CIPRA , Dominik Siegrist,<br />

wies darauf hin, dass die Gletscher der<br />

Alpen seit 1850 mehr als die Hälfte ihrer<br />

Fläche verloren haben. In der Folge würden<br />

nicht nur Aufstiegsrouten gefährlicher,<br />

es entstünden auch enorme Kosten beispielsweise<br />

zum Erhalt exponiert liegender<br />

Hütten. Das Podium war sich einig, dass sich<br />

jeder Bergsportler stärker seiner Verant wortung<br />

für den Klimaschutz bewusst werden<br />

müsse. Zudem sprachen sich die Teilnehmer<br />

für eine intensivere internationale Zusammenarbeit<br />

der Bergsportverbände aus. Ein<br />

Zeichen in diese Richtung setzte der DAV:<br />

Er trat nach Jahren der Abstinenz wieder der<br />

UIAA bei, die sich künftig stärker für Klimaschutzziele<br />

einsetzen will.<br />

–mr–<br />

Foto: Wolfgang Beyer / wikipedia.de<br />

Ob die selbsternannte »<strong>Bergsteiger</strong>stadt« München nun wirklich ein Teil<br />

der Alpen ist oder nicht – am 17. November ist sie auf jeden Fall das Zentrum der<br />

Bergwelt. Dann findet in der BMW Welt der vierte »Munich Mountains«-Alpintag<br />

statt, veranstaltet von den AV-Sektionen München und Oberland zusammen mit<br />

dem Bruckmann Verlag und dem DAV Summit Club. Das diesjährige Programm<br />

findet erneut die Balance zwischen Vorträgen, Workshops und Eventmesse.<br />

Ob mit dem Rad nach Macchu Picchu, mit Ski auf den Manaslu oder Klettern in<br />

Kalifornien – bei den stündlich wechselnden Vorträgen geht es rund um die<br />

Berge der Welt. Auch die Praxis kommt nicht zu kurz: Bernd Ritschel führt in die<br />

Bergfotografie ein, Karl Gabl erläutert das komplexe Feld von Bergwetter und<br />

Tourenplanung. Zu Höhenangst, Lawinenkunde und Risikomanagement sind<br />

ebenfalls Workshops geplant. Viele Hersteller präsentieren zudem ihre aktuellen<br />

Ausrüstungstrends vor Ort.<br />

Wer selber aktiv werden will, kann am betreuten Kletterturm erste Schritte in<br />

die Vertikale unternehmen oder das Slacklinen ausprobieren. Im nahen Olympia -<br />

park finden zudem MTB-Fahrtrainings statt. Am Stand des Bruckmann Verlags<br />

laden gemütliche Sessel zum Schmökern in den neuesten Bergbüchern, Bildbänden<br />

und Tourenführern ein. Das Beste am Alpintag: Die Wege zwischen den Veranstaltungsorten<br />

sind kurz, so dass nach jedem Event problemlos zum nächsten<br />

gewechselt werden kann.<br />

–te–<br />

Südwandsolo<br />

UELI STECK AN DER ANNAPURNA<br />

Es ist ein Meilenstein im Höhenbergsteigen:<br />

Nach zwei Anläufen hat Ueli<br />

Steck die Südwand der Annapurna allein<br />

und auf einer neuen Route durchstiegen.<br />

Am 10. Oktober um zwei Uhr nachts<br />

Stecks Route durch die 2500-Meter-Wand stand der Schweizer Ausnahmeathlet auf<br />

dem Hauptgipfel (8091 m). Vom Wandfuß<br />

und zurück benötigte er nur 28 Stunden. Im Proviant: 6 Powerbars und<br />

100 Gramm Käse. Steck vollendete die Franzosenroute von 1992, auf der Pierre<br />

Béghin bei 7100 Metern tödlich abgestürzt war. Nach Stecks Versuchen von<br />

2007 und 2008 sowie dem Drama im Frühjahr am Everest erscheint sein Erfolg<br />

umso größer: »Mehr kann ich als <strong>Bergsteiger</strong> gar nicht erreichen«, sagte Steck. –te–<br />

12 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 12/13 AKTUELL<br />

Berg-Splitter<br />

Foto: Frank Kretschmann<br />

Historische Wiederholung<br />

Eine Zweitbegehung nach 28 Jahren: Das<br />

gelang Josh Wharton und Jon Walsh in den<br />

Rocky Mountains. Mit 5000 Kalorien für vier<br />

Tage kletterten sie im September den berüchtig<br />

ten Nordpfeiler (5.11b/A1) am North<br />

Twin Peak (3731 m), den Barry Blanchard und<br />

David Cheesmond 1985 erstbegangen hatten.<br />

Fazit nach der Tour im kanadischen Bröselkalk:<br />

»Nicht zur Nachahmung empfohlen!« –te–<br />

Eiger-Trilogie vollendet<br />

Ein Stück Alpingeschichte schrieben Robert<br />

Jasper und Roger Schäli am 2. August diesen<br />

Jahres am Eiger: Nach der Japanerdirettissima<br />

(2009) und der Harlin-Direttissima (2010)<br />

konnte das Duo nun auch die Piola-Ghilini<br />

(5.10b/A3) frei klettern. Die für viele letzte<br />

große Linie der Alpen wurde 1983 von den<br />

Namensgebern in fünftägiger Arbeit durch den<br />

steilsten Teil der Wand gelegt.<br />

–te–<br />

Robert Jasper und Roger Schäli<br />

Neue Haken im Allgäu<br />

Am Oberjoch bei Bad Hindelang wird derzeit<br />

das Klettergebiet »Weihar« saniert. Zusammen<br />

mit den lokalen Erschließern tauscht die<br />

IG Klettern alte Haken und setzt moderne Um -<br />

len ker. Auch die Wege und Zustiege werden<br />

erneuert.<br />

–te–<br />

Zurück zu den Wurzeln<br />

Seit der beliebten Website »Alpine Auskunft«<br />

im Juli diesen Jahres ein neues Layout verpasst<br />

wurde, liefen die User in Scharen davon:<br />

70 % weniger Einträge und 100 % negative<br />

Rückmeldung – zu langsam, zu aufgeblasen war<br />

die Seite. »Dieser Schuss ging nach hinten los«,<br />

sagt Initiator Werner Flörl. Im Oktober wurde die<br />

Seite auf das alte Layout umgestellt. Mehr dazu<br />

im Webtipp auf Seite 18.<br />

–te–<br />

Foto: BGLT<br />

Foto: Alexander Römer<br />

Den Gefahren ausweichen<br />

3. SKITOURENFESTIVAL BERCHTESGADEN<br />

Skitourengehen boomt – auch und besonders auf der Piste. Zum 3. Berchtesgadener<br />

Skitourenfestival (21.–23. 02. 2014) haben die Veranstalter deshalb das<br />

Thema »Kollisionsprävention« ins Programm genommen: Wer hat Vorfahrt, wann<br />

dürfen Pistenbereiche begangen werden, wo sind sie tabu? Dazu werden zahlreiche<br />

Workshops zu Lawinenkunde und Fahrtechnik angeboten. Skitests und Tagesskitouren<br />

auf verschiedenen Leistungsniveaus runden das Festival ab. Außerdem<br />

findet ein nächtliches Charity-Skitouren-Rennen für den guten Zweck statt. –te–<br />

Proben für den<br />

Ernstfall<br />

LAWINENCAMP BAYERN<br />

Jeden Winter passieren weit<br />

über 100 Lawinenunglücke in<br />

den Alpen, viele davon mit tödlichem<br />

Ausgang für Freerider und<br />

Skitourengeher. »Erfahrungsmangel<br />

und fehlende Auseinandersetzung<br />

mit den subjektiven und objektiven<br />

Gefahren«, nennt Alexander Römer<br />

Das Charity-<br />

Rennen: Vollgas<br />

bei Flutlicht<br />

als Ursachen für diese vermeidbaren Unfälle. In Kooperation mit dem BERGSTEIGER<br />

bietet der Bergführer von Hauser Alpin Schulungen für Skitourengeher, Freerider<br />

und Schneeschuhwanderer an: Sein Konzept, das »Lawinencamp Bayern«, besteht<br />

aus fünf aufeinander aufbauenden Kursen in Theorie und Praxis. Camp 1 richtet sich<br />

an Einsteiger ins Thema; aber auch Fortgeschrittene können ihre Kenntnisse bei<br />

den praktischen Übungen mit LVS-Gerät, Sonde und Schaufel rund um das Taubensteinhaus<br />

im Spitzing-Skigebiet auffrischen. Wer tiefer in das Lawinen-Risiko-<br />

Management einsteigen möchte, kann zusätzlich die Fortgeschrittenen-Camps<br />

buchen. Bei Camp 2 geht es einen Abend lang um die perfekte Tourenvorbereitung:<br />

Gemeinsam wählt und arbeitet die Gruppe eine Tour entsprechend den aktuellen<br />

Verhältnissen aus. Camp 3 (für Skitourengeher und Freerider; Spitzinggebiet),<br />

4 (für Schneeschuhwanderer) oder 5 (für Skitourengeher und Freerider; Tuxer Alpen)<br />

schult vor allem die Führungsqualitäten. Die Teilnehmer lernen, die Verhältnisse<br />

vor Ort richtig zu beurteilen und eine optimale Aufstiegsspur anzulegen. Weitere<br />

Informationen unter www.lawinencamp-bayern.de<br />

–dst–<br />

Mitmachen<br />

und<br />

gewinnen!<br />

Zwei Tourengeher orten ein vergrabenes<br />

LVS-Gerät beim Lawinencamp am Spitzing.<br />

Fünf BERGSTEIGER-Leser dürfen kostenlos an Camp 2 (Theorie-Abend) teilnehmen.<br />

Senden Sie die richtige Antwort auf folgende Frage an redaktion@bergsteiger.de<br />

oder per Post an Redaktion <strong>Bergsteiger</strong>, Infanteriestraße 11a, 80797 München:<br />

Bei welcher Gefahrenstufe passieren die meisten Lawinenunfälle?<br />

14 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Foto: nock/ art, Johannes Puch<br />

Artig wandern<br />

DAS MEHRJÄHRIGE KUNSTPROJEKT NOCK/ ART<br />

STARTET IN DEN BERGEN UM BAD KLEINKIRCHHEIM<br />

Es waren einfache Regeln, die der Künstler Hamish Fulton den etwa<br />

200 Menschen auf ihren Weg mitgab: Bewegen in Zeitlupe, eine Stunde lang,<br />

schweigend, mit einer Armlänge Abstand zum Vordermann. Mit diesem<br />

»Public Art Walk« eröffnete der weltberühmte »Walking Artist« aus England<br />

am 21. September die Projektreihe nock/ art in Bad Kleinkirchheim.<br />

Elf namhafte, internationale Künstler – darunter Roman Signer, Gottfried<br />

Bechtold und Andy Goldsworthy – werden während der nächsten Jahre<br />

Skulpturen und temporäre<br />

Aktionen in den Nockbergen<br />

realisieren. Als nächste geht<br />

die Gruppe »AO&« an den<br />

Start: Ab Mitte Mai 2014 verwandeln<br />

die drei Künstler aus<br />

Vorarlberg ein Hotel vor Ort<br />

in das »Hotel Konkurrenz«.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.nockart.at –dst–<br />

Auftakt in Osttirol<br />

1. AUSTRIA-SKITOURENFESTIVAL IN LIENZ<br />

Eine Mischung aus Messe, Vorträgen und geführten Touren bestimmt<br />

das Programm des Austria Skitouren-Festivals in Lienz vom 12.–15. 12. 2013.<br />

In Zukunft soll das Skitourenfestival »die zentrale Auftaktveranstaltung für<br />

den Winter in Osttirol« werden, hofft Landesobmann Franz Theurl. Am Freitag<br />

und Sonntag steht jeweils eine Skisafari auf dem Programm. Zwei verschiedene<br />

Skitourenrennen gibt es am Samstag, dem 14. Dezember. Über 500 Höhenmeter<br />

geht es für die Hobbyrennläufer aufwärts, die Elite misst sich über<br />

2000 Höhenmeter. Zu den Highlights zählt außerdem der Filmvortrag »Skitour<br />

Extrem« von Gerlinde Kaltenbrunner. Mit Experten der Österreichischen<br />

Bergrettung lernen Besucher, wie man Schneeprofile richtig analysiert.<br />

Expertenwissen aus der Praxis wird außerdem in den Vorträgen von Thomas<br />

Gaisbichler, Rudi Mair und Patrick Nairz vermittelt. Das Festival soll laut<br />

OEAV-Präsident Andreas Ermacora »für Natur und Gefahren sensibilisieren«.<br />

Informationen und Anmeldung unter: www.dolomitensport.at –te–<br />

PROGRAMM<br />

Veranstaltungsort: Dolomitenhalle<br />

Lienz, Amlacherstraße 1, A-9900 Lienz<br />

Donnerstag, 12. 12.: Eröffnung, Expo und<br />

Welcome Party ab 16 Uhr<br />

Freitag, 13. 12.: Skisafari Osttirol (ab<br />

8.30 Uhr), Vortrag Mair/Nairz (18.30 Uhr),<br />

Vortrag Kaltenbrunner (20 Uhr)<br />

Samstag, 14. 12.: Skitourenrennen<br />

»H 2000«, ab 9 Uhr, Praxisworkshop<br />

Schneeprofi le 13 Uhr, 19.30 Uhr Vortrag<br />

Gaisbichler<br />

Sonntag: 15. 12.: Skisafari Osttirol<br />

Kosten: Je 25 Euro Startgebühr für die<br />

»H 2000«-Skitourenrennen<br />

Foto: Veranstalter<br />

Ambros Gasser führt<br />

die ASI im Sinne<br />

seines Vaters weiter.<br />

50 Jahre Alpinschule<br />

Innsbruck<br />

DER ANBIETER WELTWEITER<br />

WANDERREISEN FEIERT GEBURTSTAG<br />

Genau 50 Jahre ist es her, dass der Bergführer<br />

Hannes Gasser die Alpinschule Innsbruck (ASI)<br />

gegründet hat. Seine Idee, Reisen für Wanderer<br />

und <strong>Bergsteiger</strong> im Alpenraum anzubieten,<br />

funktioniert mittlerweile auch weltweit mit<br />

Reisen in mehr als 70 verschiedene Länder:<br />

Eine halbe Million Gäste haben die Angebote<br />

der ASI bisher genutzt. Als Gasser 1996 nach<br />

kurzer, schwerer Krankheit starb, übernahm<br />

seine Frau Elfi die Firma. Seit 2011 führt<br />

Sohn Ambros die Geschäfte gemeinsam mit<br />

Hannes Huber. Für das kommende Jahr hat<br />

ASI neben neuen Schwerpunktreisen, die<br />

auf Natur, Komfort, Gemütlichkeit und Flexibilität<br />

ausgerichtet sind, auch fünf weitere<br />

Destinationen ins Programm mit aufgenommen:<br />

Kirgistan, Indonesien, Georgien, das<br />

Baltikum, die Abruzzen und die spanische<br />

Sierra de Guadarrama.<br />

–dst–<br />

Berg-Fundstück<br />

GESCHMACK<br />

DER BERGE<br />

Die XL-Kaugummi-Dragées<br />

mit<br />

einer speziellen<br />

20-Kräuter-Mischung<br />

stecken im praktischen Zip-<br />

Beutel. Mit solch einer Offerte<br />

kann man sich am Berg bei den<br />

meisten beliebt machen …<br />

Alprausch, Schwiizer Chrüter Kaugummi,<br />

www.alprausch-sweets.ch, 1,49 €<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 15


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 12/13 AKTUELL<br />

Die CIPRA sieht<br />

alpine Gewässer wie<br />

die Isel in Gefahr.<br />

GASTBeitrag<br />

Foto: Dagmar Steigenberger<br />

Versiegender Strom<br />

CIPRA INTERNATIONAL TAGT ZUM THEMA WASSER IN DEN ALPEN<br />

Foto: privat<br />

Der Sportjournalist Tobias Laure<br />

ist Xxxxxxx bei Mountain ist stellvertretende Wilderness Geschäftsführerin<br />

Experte der für Internationalen das Thema Olympia. Alpenschutz-<br />

der<br />

konvention CIPRA<br />

»Nein zu Winterspielen«<br />

Es geht um die Berge beim Bürgerentscheid<br />

zur Münchner Olympia-Bewerbung – und um die<br />

Frage, was der Mensch in diesen alpinen und<br />

voralpinen Naturräumen opfern will für 17 Tage<br />

Sport und Spektakel. Die Olympische Idee<br />

ist eine schöne, die Magie des großen Festes<br />

verzaubert noch immer. Aber es gibt Entwicklungen,<br />

die nicht übersehen, verdrängt oder<br />

verleugnet werden dürfen – so wie in den<br />

Münchner Bewerbungsanläufen für 2018 und<br />

nun 2022. Der Klimawandel und der steigende<br />

Druck auf die Alpen machen Winterspiele zu<br />

einer heiklen Veranstaltung. Dazu fordert und<br />

fördert das Internationale Olympische Komitee<br />

(IOC) Gigantismus und Kommerzialisierung.<br />

Die Bewerber folgen dem nur allzu gerne.<br />

Wer kleinere Spiele anbieten, auf Kunstschnee<br />

verzichten oder die Knebelverträge des IOC<br />

ablehnen würde, hätte bei den »Herren der<br />

Ringe« keine Chance. Ein Umdenken des IOC ist<br />

nur mit geballtem Druck zu erreichen, wenn<br />

alle Bewerberstädte sich gemeinsam den naturschädlichen,<br />

umsatzorientierten IOC-Vorgaben<br />

verweigern würden.<br />

Stattdessen pressen sie in München und anders -<br />

wo Beruhigungspillen: Die Spiele seien gut für<br />

die Infrastruktur und grün wie nie zuvor, die Natur-<br />

Eingriffe minimal, die Kosten im Rahmen, der<br />

Image-Gewinn immens.<br />

»Dein Heimspiel«, steht auf den Plakaten der<br />

Olympia-Befürworter. Doch ein Spiel sind<br />

die Spiele längst nicht mehr, dafür steht zu viel<br />

auf dem selbigen. Die Alpen sind kein Spielplatz<br />

des IOC. Mountain Wilderness lehnt die<br />

Münchner Bewerbung daher klar ab.<br />

Das Potenzial der Wasserkraft in den Alpen ist ausgeschöpft. So lautet<br />

das Fazit der Jahresfachtagung zum Thema »Wassertrog Alpen«, zu der die Alpenschutzkommission<br />

CIPRA Anfang Oktober nach Bozen eingeladen hatte. Mario<br />

Broggi, der ehemalige Präsident von CIPRA International, sagte in seinem Eröffnungsvortrag:<br />

»Gewisse Wasserkraftanlagen hätten nie gebaut werden dürfen.«<br />

Erst jetzt erkenne man die massiven ökologischen Auswirkungen, die zu einem<br />

»leisen Verschwinden der Vielfalt« führten. Broggi, der Anfang der 1990er-Jahre<br />

am Schweizer Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer mitgearbeitet hat,<br />

fordert eine Güterabwägung zwischen dem Nutzwert und dem Wert der alpinen<br />

Landschaft an sich.<br />

Georg Kaser vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck<br />

wies in seinem Vortrag darauf hin, dass der Wasserabfluss aus Gletschern<br />

voraussichtlich spätestens nach 2050 abnimmt. Die Alpen verlören damit ihre<br />

Funktion als Trinkwasserspeicher – und die Kraftwerke ihre Rentabilität.<br />

Dass die Energiepolitik alleine das Problem nicht lösen könne, darüber war man<br />

sich in Bozen einig. Nur wenn weniger Energie verbraucht werde, könne die<br />

Energiewende nachhaltig gestaltet werden.<br />

–dst–<br />

Herausgeputzt<br />

ABFALLSAMMELN AM MER<br />

DE GLACE UND JUWELENFUND<br />

AM BOSSONS-GLETSCHER<br />

Metallkabel, Dosen, Plastikverpackungen<br />

und Glasflaschen:<br />

Zweieinhalb Tonnen Müll haben<br />

die etwa 100 Freiwilligen bei der<br />

Putzaktion am 20. September am 2,5 Tonnen Müll: Putzaktion am Mer de Glace<br />

Mer de Glace gesammelt. 2008 hatte<br />

die Lafuma-Gruppe, ein Zusammenschluss aus renommierten Bergsportfirmen,<br />

die Aktion am Mont Blanc gemeinsam mit dem französischen Alpenverein (CAF)<br />

und einigen Umweltorganisationen ins Leben gerufen. Seither wird jeden Herbst<br />

gesammelt; mehr als 13 Tonnen Abfall sind dabei schon ins Tal getragen worden.<br />

Aber nicht alle Spuren, die Menschen auf Gletschern hinterlassen, sind Müll.<br />

Ein 20-jähriger Franzose stieß Anfang September am Bossons-Gletscher auf eine<br />

Kiste mit Edelsteinen. Schätzungen zufolge sind die Juwelen 130000 bis 246000<br />

Euro wert. Sie gehörten vermutlich zur Fracht eines der beiden indischen Flugzeuge,<br />

die 1950 und 1966 am Mont Blanc zerschellt sind. Sollte sich kein Besitzer<br />

ermitteln lassen, darf der junge Finder den Schatz selbst behalten.<br />

–dst–<br />

Foto: Lafuma Group<br />

16 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Foto: Dagmar Steigenberger<br />

Die höchste<br />

Windkraftanlage<br />

Europas am<br />

Nufenenpass<br />

Umwelt und Nachhaltigkeit<br />

Alpen unter Druck<br />

PODIUMSDISKUSSION ZUR ENERGIEWENDE<br />

Wie wird die Energiewende die Alpen verändern?<br />

Dieser Frage stellen sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion,<br />

die der Deutsche Alpenverein (DAV) am<br />

Mittwochabend, 13. November, im Haus des Alpinismus<br />

auf der Münchner Praterinsel veranstaltet.<br />

Rudi Erlacher, Vorsitzender des Vereins zum Schutz<br />

der Bergwelt und Mitglied im DAV-Bundesausschuss<br />

Natur- und Umweltschutz, wird den Abend um<br />

19.30 Uhr mit einem Impulsvortrag eröffnen. An der<br />

Diskussion nehmen neben Erlacher auch der DAV-<br />

Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig, Erwin Rothgang<br />

(Präsident CIPRA Deutschland) und Robert Götz (Leiter der Energieagentur im<br />

Bayerischen Wirtschaftsministerium) sowie weitere Vertreter der Energiepolitik und<br />

-wirtschaft aus Deutschland und Österreich teil. Die Veranstaltung bildet den Auftakt<br />

zu einer Reihe von Podiumsdiskussionen und führt hin zum Thema der Ausstellung<br />

»Alpen unter Druck«, die im März 2014 im Haus des Alpinismus eröffnet wird. –dst–<br />

Zitat des Monats<br />

»Die Berge sind ein universelles Natur- und<br />

Kulturerbe der ganzen Menschheit. Dies bedeutet,<br />

dass wir für die Berge der Welt gemeinsam Sorge<br />

tragen müssen. Für deren Schutz, aber auch für<br />

deren nachhaltige Nutzung. Als Bewohner und<br />

Bewirtschafter ebenso wie als Besucher und Gäste.«<br />

Dominik Siegrist, Präsident der Inter nationalen Alpenschutzkommission CIPRA,<br />

anlässlich der Feierlichkeiten zu »150 Jahre Schweizer Alpenclub«<br />

Umwelt-Ticker<br />

+++ Die Planungen für das Pumpspeicherkraftwerk<br />

am Jochberg liegen momentan auf Eis. Die<br />

Energieallianz Bayern, der vorgesehene Betreiber<br />

des Kraftwerks, will sich nicht gegen »unüberwindbare<br />

lokale Hindernisse« durchsetzen. +++<br />

Gut 25 Jahre lang wurde der Schneeferner an der<br />

Zugspitze im Sommer mit Planen abgedeckt,<br />

nun ist Schluss. Die Bayerische Zugspitzbahn hat<br />

den Kampf gegen das Schmelzen des Gletschers<br />

aufgegeben. +++ Die Falkenhütte soll zum<br />

Denkmal werden: Eine erste Ortsbegehung mit<br />

Vertretern des Amts für Denkmalschutz fand<br />

bereits statt. Das Haus unter der Laliderer-Nordwand<br />

wurde 1923 erbaut und ist im Besitz<br />

der DAV-Sektion Oberland. Bis zur Entscheidung<br />

werden allerdings noch einige Monate vergehen.<br />

+++ Der Gipfel der Demelspitze am Brauneck<br />

steht zwar noch, ist aber mittlerweile so porös,<br />

dass nicht einmal mehr das Kreuz geborgen wer -<br />

den kann. +++ Die Petition »Pro Hütten und<br />

Wege« des Österreichischen Alpenvereins (OeAV)<br />

hatte Erfolg: Ende September wurden 125 000<br />

Unterschriften an Bundespräsident Heinz Fischer<br />

übergeben. Dieser sicherte daraufhin eine Anhe<br />

bung der Fördermittel zu. +++ AlpNet hat Ende<br />

September mehr als 300 Spitzenvertreter des<br />

Alpentourismus zum Netzwerktreffen nach<br />

Chamonix geladen. theALPS fand bereits zum<br />

vierten Mal statt und hat das Ziel, nachhaltigen<br />

und sensiblen Alpentourismus zu fördern. +++


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 AKTUELL<br />

12/13 AKTUELL<br />

Medien<br />

BergBücher …<br />

Alexander Huber<br />

»DIE ANGST – DEIN BESTER FREUND«<br />

184 Seiten, Format 15 x 21,5 cm,<br />

gebunden mit Schutzumschlag,<br />

Ecowin Verlag, Salzburg 2013, Preis 19,95 €<br />

Alpinisten reden gerne über<br />

Gipfelerfolge, ab und an auch über<br />

das Scheitern. Dass Angst thematisiert wird, ist eher selten der<br />

Fall – will es doch gar nicht zum Heldenhaften passen, der Aura,<br />

die sich <strong>Bergsteiger</strong> gerne verpassen. Allein schon deshalb ist<br />

es Alexander Huber hoch anzurechnen, dass er über seine Angst<br />

vor großen Projekten offen spricht. Ja sogar zugibt, dass er in<br />

einen Strudel der Angst geriet, die ihn lähmte, so dass er zeitweise<br />

Angst vor der Angst hatte und psychologische Hilfe brauchte.<br />

Alexander Huber macht aber auch klar, wie wichtig die Angst für<br />

ihn als Kletter-Profi ist. Sie ist gewissermaßen seine Lebensversicherung.<br />

»Die Angst hilft mir, meine gefährlichen Aktionen zu<br />

überleben«, schreibt er. Letztlich macht das Buch Mut, Ängste<br />

zu akzeptieren, sie genau wahrzunehmen und dadurch die eigenen<br />

Grenzen zu verschieben. In Richtung Erfolg.<br />

–mr–<br />

Pierre Chavot<br />

»MYSTISCHE BERGE«<br />

224 Seiten, 24 x 31 cm, Hardcover,<br />

Frederking & Thaler Verlag,<br />

München 2013, 39,99 €<br />

Seit jeher verortet die<br />

Menschheit ihren Glauben<br />

in der Natur. Und wo wäre<br />

man dem Himmel näher, als<br />

auf den Bergen? Chavots Bildband<br />

präsentiert detailliert<br />

und bildgewaltig 34 verehrte<br />

Gipfel aus aller Welt. Darunter<br />

finden sich Altbekannte<br />

wie Olymp, Ayers Rock und<br />

Mount Everest, aber auch<br />

der Adam’s Peak auf Sri Lanka,<br />

auf den Adam nach seiner<br />

Vertreibung aus dem Paradies<br />

gefallen sein soll. –te–<br />

Vertical Life Team<br />

»SPORTCLIMBING IN THE<br />

DOLOMITES«<br />

432 Seiten, Format 15 x 21 cm,<br />

Vertical Life, Brixen 2013, 31,90 €<br />

Eigentlich fährt man zum<br />

Alpinklettern in die Dolomiten!<br />

Dass es in den »bleichen Bergen«<br />

aber auch für Sportkletterer<br />

exzellente Ziele gibt, die<br />

eine Reise wert sind, beweist<br />

dieser opulente Führer. Mehr<br />

als 50 Klettergebiete zwischen<br />

Fassatal und Hochpustertal,<br />

zwischen Gröden und Cortina<br />

werden anhand detaillierter<br />

Phototopos und genauen<br />

Infos präsentiert – ein »Lust-<br />

Macher« auf einen Dolomiten-<br />

Aufenthalt. (dt./ital./eng.) –ak–<br />

BergApp … BergFilm … BergWeb …<br />

Foto: Vidicom<br />

PEAKHUNTER<br />

Wofür? Virtuelles Gipfelbuch mit GPS-Beweis für<br />

pfl ichtbewusste Sammler.<br />

Wie? Funktioniert ohne Netz. Der Eintrag ist erst<br />

möglich, wenn das GPS des Smartphones mit den<br />

Gipfelkoordinaten übereinstimmt.<br />

Wieviel? Kostenlos für iOS und Android (ab 2.3)<br />

Warum? Schon mancher Solobergsteiger kam<br />

ohne GPS-Beweis in arge Erklärungsnöte... –te–<br />

»DIE ALPEN«<br />

Serpentinen werden zu abstrakten<br />

Gemälden, Bilder von Felsformationen<br />

erinnern an Mondlandschaften und<br />

Bergdörfer sehen aus, als würden sie aus<br />

Puppenhäusern bestehen. Der Film<br />

»Die Alpen – Unsere Berge von oben«<br />

zeigt die schönsten Gipfel, Täler und<br />

Landschaften in gestochen scharfen Aufnahmen.<br />

Die luftige Expedition führt<br />

u. a. über die Dolomiten, den Mont Blanc,<br />

das Allgäu und den Aletschgletscher. –sz–<br />

Von: Peter Bardehle, Sebastian Lindemann<br />

Mit: Udo Wachtveitl als Sprecher<br />

Aus: Deutschland<br />

www.alpine-auskunft.de<br />

Einst die Referenz für aktuelle Tourenbedingungen<br />

in den Ostalpen. Ein Relaunch<br />

mit Kartenfunktionen und neuem Layout<br />

sollte noch mehr <strong>Bergsteiger</strong> anziehen,<br />

bremste die Seite aber aus. Nach heftigster<br />

Nutzerkritik haben die Betreiber von<br />

der AV-Sektion Innsbruck die Seite wieder<br />

umgestellt, denn: »Die Sicherheit steht<br />

im Vordergrund«. Und die steigt, je mehr<br />

Nutzer berichten. Mit dem gewohnten<br />

System ist die neue, alte Seite wieder<br />

un eingeschränkt empfehlenswert (und<br />

smartphone-tauglich), Einträge sind ohne<br />

Registrierung möglich.<br />

–te–<br />

18 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


TV-Programm November / Dezember 2013<br />

11.11. | 12.55 | Arte<br />

360° – Geo Reportage<br />

Der weiße Berg von Feuerland<br />

Dauer: 52 Min.<br />

17.11. | 23.15 | Servus TV<br />

AH<br />

K2 – Schicksalsberg<br />

im Himalaya<br />

Dauer: 75 Min.<br />

22.11. | 20.15 | Servus TV<br />

AH<br />

Bergwelten<br />

Peter Aufschnaiter<br />

Dauer: 62 Min.<br />

26.11. | 21.00 | ZDF Kultur<br />

Die European Outdoor<br />

Film Tour<br />

Dauer: 60 Min.<br />

11.11. | 22.15 | N24<br />

Amerika – Wildes Land<br />

Berge<br />

Dauer: 39 Min.<br />

12.11. | 19.15 | Servus TV<br />

Auf Entdeckungsreise –<br />

durch Europa Südtirol<br />

Dauer: 57 Min.<br />

13.11. | 7.45 | Arte<br />

Auf Expeditionsreise durch<br />

Tansania Die Klimawelt<br />

des Kilimandscharo<br />

Dauer: 43 Min.<br />

13.11. | 21.15 | MDR<br />

Biwak<br />

Berge, Menschen, Abenteuer<br />

Dauer: 30 Min.<br />

J14.11. | 8.00 | ZDF Info<br />

Das andere Ende der Welt<br />

Winterreise durch Neuseeland<br />

Dauer: 45 Min.<br />

14.11. | 19.15 | Servus TV<br />

Auf Entdeckungsreise –<br />

durch Europa Zypern<br />

Dauer: 57 Min.<br />

14.11. | 20.15 | N 3<br />

Länder – Menschen –<br />

Abenteuer<br />

Zwischen Alpen und Triest<br />

Dauer: 45 Min.<br />

14.11. | 21.00 | N 3<br />

Länder – Menschen –<br />

Abenteuer<br />

Die Alpen von oben<br />

Dauer: 45 Min.<br />

15.11. | 12.50 | Arte<br />

360° – Geo Reportage<br />

Spitzbergen – eisige Insel<br />

Dauer: 52 Min.<br />

16.11. | 19.00 | BR<br />

natur exclusiv<br />

Expedition Neuguinea<br />

Dauer: 45 Min.<br />

18.11. | 14.15 | N 3<br />

Bilderbuch<br />

Fichtelberg – Rund um<br />

Sachsens höchsten Gipfel<br />

Dauer: 45 Min.<br />

18.11. | 15.15 | N 3<br />

Auf dem Ob durch die Taiga<br />

Eine Sommerreise<br />

durch Sibirien<br />

Dauer: 45 Min.<br />

18.11. | 15.25 | Arte<br />

Die neuen Paradiese<br />

Costa Rica – Natur pur<br />

Dauer: 26 Min.<br />

J20.11. | 13.25 | 3sat AH<br />

Abenteuer im Himalaya<br />

Dauer: 30 Min.<br />

20.11. | 19.15 | Servus TV<br />

Auf Entdeckungsreise –<br />

durch Europa<br />

Alpi Apuane<br />

Dauer: 61 Min.<br />

21.11. | 17.00 | 3sat<br />

Wunderland: Der Hohgant<br />

Eine Reise durch die Schweiz<br />

Dauer: 45 Min.<br />

21.11. | 17.45 | 3sat<br />

Wunderland:<br />

Das Val de Travers<br />

Dauer: 45 Min.<br />

21.11. | 19.15 | Servus TV<br />

Auf Entdeckungsreise –<br />

durch Europa<br />

Der wilde Tara Canyon<br />

Dauer: 59 Min.<br />

22.11. | 11.30 | N 3<br />

In den Bergen des Himalaya<br />

Yak!<br />

Dauer: 45 Min.<br />

22.11. | 19.15 | Servus TV<br />

Aus dem Leben Mit dem<br />

Ballon über die Alpen<br />

Dauer: 30 Min.<br />

23.11. | 7.30 | ZDF Neo<br />

Bergretter im Himalaya<br />

Einsatz am Everest<br />

Dauer: 45 Min.<br />

23.11. | 8.15 | ZDF Neo<br />

Bergretter im Himalaya<br />

Rettung am Manaslu<br />

Dauer: 45 Min.<br />

23.11. | 16.45 | alpha<br />

Fernweh<br />

Patagonien<br />

Dauer: 25 Min.<br />

24.11. | 10.15 | MDR<br />

Wilde Pyrenäen<br />

Berge des Lichts<br />

Dauer: 43 Min.<br />

24.11. | 14.25 | Servus TV<br />

Naturparadies<br />

Island – Land der Wunder<br />

Dauer: 57 Min.<br />

J24.11. | 19.25 | S: Disc. Channel<br />

Naturwunder der Erde<br />

Alaska<br />

Dauer: 45 Min.<br />

24.11. | 21.15 | BR<br />

Bergauf-Bergab<br />

Magazin<br />

Dauer: 30 Min.<br />

26.11. | 7.10 | ZDF Neo<br />

Unterwegs zum Nordkap –<br />

Winterreise durch<br />

Skandinavien<br />

Dauer: 45 Min.<br />

26.11. | 14.45 | SWR<br />

Bilderbuch<br />

Neuschwanstein und die<br />

Bergwelt des Märchenkönigs<br />

Dauer: 45 Min.<br />

26.11. | 15.15 | N 3<br />

Winterreise durch Lappland<br />

Leben jenseits<br />

des Polarkreises<br />

Dauer: 45 Min.<br />

26.11. | 22.00 | SWR<br />

Fahr mal hin<br />

Im farbenfrohen<br />

Schwarzwald – auf Rädern<br />

durch den Naturpark<br />

Dauer: 30 Min.<br />

27.11. | 11.30 | HR<br />

service: reisen<br />

Erzgebirge<br />

Dauer: 25 Min.<br />

28.11. | 14.30 | HR<br />

Costa Rica – Naturparadies<br />

im Schatten der Vulkane<br />

Dokumentation<br />

Dauer: 45 Min.<br />

29.11. | 6.30 | Phoenix<br />

Winterreise<br />

Von Usedom ins Gletschereis<br />

Dauer: 45 Min.<br />

29.11. | 15.15 | RBB Berlin<br />

mareTV<br />

Traumreise ins ewige Eis<br />

Dauer: 45 Min.<br />

1.12. | 18.45 | S: Disc. Channel<br />

Naturwunder der Erde<br />

Hawaii<br />

Dauer: 48 Min.<br />

J4.12. | 17.00 | 3sat<br />

Indiens wilde Schönheit<br />

Der Himalaya<br />

Dauer: 45 Min.<br />

6.12. | 23.55 | S: Disc. Channel<br />

Everest: Spiel mit dem Tod<br />

Der Wächter des Bergs<br />

Dauer: 45 Min.<br />

8.12. | 21.15 | BR<br />

Bergauf-Bergab<br />

Magazin<br />

Dauer: 30 Min.<br />

Das tagesaktuelle<br />

TV-Programm finden Sie<br />

auf bergsteiger.de<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 19


TITELTHEMA<br />

Die<br />

Herbst-Zeitlosen<br />

Sonnenspots zum Verlängern der Bergsaison<br />

Es ist ein ehernes Gesetz in den Alpen: Wenn der November beginnt,<br />

lässt der Nebel nicht lange auf sich warten und die Sucherei nach<br />

geeigneten Zielen geht los. Dabei muss die Jagd nach der letzten<br />

Sonne der Bergsaison nicht zwingend im Süden enden.<br />

Der Zahn der Zeit nagt am<br />

Dolomitgestein der Grignetta<br />

über dem Comer See.<br />

Foto: Andreas Strauß<br />

20 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Angenommen, jeder Abschnitt einer<br />

Bergsaison hat sein eigenes<br />

Geräusch, an dem man ihn unter<br />

allen anderen sofort wiedererkennt.<br />

Das Klackern von<br />

Tourenbindungen im Winter. Das Knirschen<br />

auf Altschneefeldern im Frühling.<br />

Das Klimpern der Kletterausrüstung im<br />

Sommer, das Rascheln beim Laubschlurfen<br />

im Herbst. Was aber steht für diese undefinierbare<br />

Zeit zwischen Herbst und Winter,<br />

wenn Hoch-, Früh- und Bodennebel nicht<br />

nur alles Licht, sondern auch jedes Geräusch<br />

verschlucken? Oft nur das Klatschen<br />

von kaltem Regen ans Bürofenster.<br />

Es ist das untrügliche Zeichen dafür, dass<br />

der <strong>Bergsteiger</strong> seine Schäfchen im Trockenen<br />

haben sollte. Die Hütten sind geschlossen,<br />

die Bahnen in Revision. Für Hochtouren<br />

liegt meist schon zu viel Neuschnee, für<br />

Skitouren noch zu wenig. Klettern? Machen<br />

die Finger nicht lange mit. Zum Wandern<br />

sind die Tage zu kurz oder das Wetter zu<br />

schmuddelig. Selten sind die Berge so verwaist<br />

wie jetzt. Dabei hat der November<br />

seine Momente, für die man all das in Kauf<br />

nehmen würde – wenn sich die Sonne nur<br />

ein bisschen öfter zeigen würde. Aber wo,<br />

bitteschön, kann man sich jetzt noch einigermaßen<br />

darauf verlassen?<br />

Ja, es gibt sie wirklich, jene Bergwinkel,<br />

in denen die Sonne noch Kraft hat, wenn<br />

anderswo in den Alpen schon die Pfützen<br />

gefrieren. Wo Mütze und Handschuhe im<br />

Rucksack bleiben. Verwöhnte Regionen, wo<br />

den Bewohnern das Wort »Nebel« nur selten<br />

über die Lippen geht. Das Beste daran: Diese<br />

Regionen haben sich so günstig über den Alpenbogen<br />

verteilt, dass sich aus jeder Himmelsrichtung<br />

ein verlängerter Wochenend-<br />

Trip anbietet. Der Sonnen-Kompass zeigt<br />

an: Das Rofan mit warmen Südhängen in<br />

den Nordalpen, milde Hügel im Salzburger<br />

Lungau im Osten. Im Süden ein Sonnenklassiker,<br />

der Comer See. Im Westen mediterranes<br />

Flair in den Baronnies.<br />

Und was die Geräuschkulisse betrifft: Laut<br />

wird es an keinem dieser Ziele. Kein Klackern<br />

und kein Knirschen, kein Klimpern<br />

und nur wenig Rascheln. Vor allem aber:<br />

kein Schneematsch, sondern Sonne, Ruhe<br />

und viel Platz für den ganz persönlichen<br />

Saisonabschluss. Genießen Sie ihn!<br />

Thomas Ebert<br />

Foto: Andreas Strauß


Sonnenregion Lungau<br />

Im Schutz der Tauern<br />

1<br />

O<br />

Aussichts- und sonnenreich:<br />

Kammwanderung zum Gumma<br />

»Der Lungau ist der<br />

von Niederschlägen<br />

abgeschirmteste<br />

Bereich im Osten.<br />

Hier kann man<br />

die Bergsaison gut<br />

verlängern.«<br />

Charly Gabl<br />

KOMPAKT<br />

Wandern am Rand des Salzburger Lands<br />

Anreise: Mit dem Auto<br />

über Salzburg und die Tauernautobahn<br />

bis zur Ausfahrt<br />

St. Michael; mit dem Zug über<br />

Salzburg nach Tamsweg,<br />

St. Andrä und Mauterndorf<br />

Informationen:<br />

Ferienregion Lungau, Rotkreuzgasse<br />

100, 5582 St. Michael,<br />

Tel. 00 43/(0) 64 77/89 88,<br />

www.lungau.at, info@lungau.at<br />

Karte: Kompass 1:50 000,<br />

Blatt 67 »Lungau – Radstädter<br />

Tauern«<br />

Führer: Herwig Mayer<br />

»Lungau – Radstädter<br />

und Schladminger Tauern«,<br />

Bergverlag Rother<br />

Hütten und Gasthäuser,<br />

die noch offen haben:<br />

Ludlalm am Prebersee<br />

(1514 m), ganzjährig geöffnet,<br />

Tel. 00 43/(0) 64 74/75 52,<br />

www.preber.at;<br />

Wildbachhütte (1806 m), im<br />

Winter in den Weihnachtsferien<br />

durchgehend und dann bis<br />

März an den Wochenenden,<br />

Tel. 00 43/(0)6 64/4 10 75 13<br />

oder (0) 64 84/3 28,<br />

www.wildbachhuette.com;<br />

Landhotel Gasthof Bauer<br />

(1240 m) in Hintergöriach,<br />

ganzjährig geöffnet,<br />

Tel. 00 43/(0) 64 83/2 25,<br />

www.sepp-bauer.at<br />

Indoor-Tipps: Mittelalterliche<br />

Burg Mauterndorf, Burg -<br />

schenke ab Weihnachten bis<br />

10. Januar täglich geöffnet,<br />

Burg-Museum ab 31. Dezember<br />

Di und Do 11–19 Uhr,<br />

Abendführung Do 20 Uhr;<br />

Private Mineraliensammlungen<br />

in Inges Steingrotte in Mauterndorf<br />

und im restaurierten<br />

Troadkasten in Thomatal, nur<br />

nach Voranmeldung: Tel. 00 43/<br />

(0)6 64/2 14 51 97 (Thomatal),<br />

Tel. 00 43/(0)6 60/<br />

3 47 50 36 (Mauterndorf)<br />

Foto: Bernd Ritschel (li.), Ferienregion Lungau (2)<br />

22 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Nur die Gipfel tragen schon weiße<br />

Hauben: Herbst in St. Michael<br />

TOUREN<br />

Spätherbstliche Touren im Lungau<br />

Auf der Südseite der Salzburger Tauernkette gelegen,<br />

gilt der Lungau als eine der Sonnenregionen in den Alpen.<br />

Selbst im Dezember kann man hier noch spätherbstliche<br />

Wanderungen unternehmen.<br />

Gralati-See (1816 m)<br />

▶ leicht 4 Std.<br />

580 Hm 580 Hm<br />

Charakter: einfache Wanderung über<br />

verwachsene Almweiden und durch wilde<br />

Wälder zu einem versteckten Bergsee.<br />

Ausgangspunkt: Laßhoferalm (1270 m)<br />

etwa 5 km Mautstraße von Lessach<br />

Route: Laßhoferalm – Untere Gamsenalm<br />

(1400 m) – Hinteralmen – Wasserfall<br />

– Golling-Anger (1650 m) – Mariellahütte<br />

– Gralatisee – auf demselben Weg<br />

zurück zur Laßhoferalm<br />

Wiesberg und Wildbachhütte<br />

(1806 m)<br />

▶ leicht 5 Std.<br />

1050 Hm 1050 Hm<br />

Charakter: Sonnenreiche Wanderung<br />

zu einem beliebten Aussichtspunkt.<br />

Bei gutem Wetter und wenig Schnee lohnt<br />

sich der unschwierige Aufstieg in zusätzlichen<br />

1½ Std. zum Gumma, von dem<br />

aus man die Nockberge im Süden und<br />

die Tauern im Nordwesten im Blick hat.<br />

Ausgangspunkt: St. Andrä im<br />

Lungau (1055 m)<br />

Einkehr: Wildbachhütte (1806 m);<br />

Landhotel Gasthof Bauer (1240 m) in<br />

Hintergöriach<br />

Route: St. Andrä – Lasa (1190 m) –<br />

Wildbachhütte (1806 m) – optionaler<br />

Abstecher auf den Gumma (2315 m)<br />

– Granglitzalmen (1839 m)<br />

– Vordergöriach – Lasa –<br />

St. Andrä<br />

Lachriegel (2125 m)<br />

Tourenkarte 8<br />

Heftmitte<br />

▶ leicht 5½ Std.<br />

950 Hm 950 Hm<br />

Charakter: Gemütliche Rundtour<br />

durch das sagenumwobene Gebiet rund<br />

um den Prebersee; der kleine Gipfel des<br />

Lachriegel steht über dem Lessachtal<br />

und bietet eine herrliche Aussicht bis in<br />

die Hohen Tauern.<br />

Ausgangspunkt: Prebersee (1514 m)<br />

Einkehr: Ludlalm am Prebersee<br />

(1514 m)<br />

Route: Prebersee – Wagenberg (1402 m)<br />

– Golzgraben – Golzalm – Preberhalterhütte<br />

(1862 m) – Prodingerhütte<br />

– Ösnerhütte<br />

– Prebersee<br />

Tourenkarte 7<br />

Heftmitte<br />

Die Wildbachhütte ist zu jeder Jahreszeit<br />

einen Ausflug wert.<br />

Schon von weitem hebt der Almbauer<br />

die Hand zum Gruß. »Mein Hof ist<br />

der höchstgelegene im Lungau«, verkündet<br />

der Mann mit dem weißen<br />

Vollbart stolz, als er den Wanderern hoch<br />

über dem Lessachtal begegnet. Sein ausgestreckter<br />

Arm zeigt auf den Weiler Wagenberg,<br />

1402 Meter hoch gelegen. Darunter<br />

fließen die Täler in eine Hochebene, die aus<br />

einem Fleckenteppich von kleinen Ortschaften,<br />

gelben Wiesen und dunklen Wäldern<br />

mit goldfarbenen Tupfern besteht. Es ist Ende<br />

November. Hie und da hat sich der Schnee<br />

schon gegen die Sonne behaupten können.<br />

Doch so richtig weiß leuchten nur die Gipfel<br />

der Hohen Tauern im Nordwesten.<br />

Der Lungau gilt als die Sonnenregion<br />

schlechthin im Salzburger Land, zu dem<br />

er aus geografischer Sicht gar nicht mehr<br />

recht dazu gehört. Folgt man dem Murtal<br />

nach Osten, kommt man bald an die Grenze<br />

zur Steiermark. Bei den gelbbraunen<br />

Graskuppen der Nockberge am südlichen<br />

Horizont beginnt das Bundesland Kärnten.<br />

Mit der fernen Landeshauptstadt Salzburg<br />

verbindet den Lungau nur ein Jahrtausende<br />

alter Übergang über den Radstädter Tauernpass<br />

– und seit den 1970er-Jahren auch<br />

der Tauerntunnel, durch den die Autobahn<br />

führt. Sie brachte die Touristen in das beinahe<br />

vergessene Tal, das einst eines der<br />

wichtigsten Bergbaugebiete im Salzburger<br />

Land gewesen ist.<br />

In Bundschuh ließen die reichen Fürsten<br />

im Mittelalter nach Gold und Silber schürfen<br />

– mit Erfolg. Die zwei großen Mineraliensammlungen<br />

in Thomatal und Mauterndorf<br />

zeugen noch immer vom Reichtum,<br />

der hier im Gestein schlummert. Trotzdem<br />

wurde der Lungau Ende des 19. Jahrhunderts,<br />

als die Bergwerke schlossen, zu einer<br />

der ärmsten Regionen im Salzburger Land<br />

– Schuld daran war unter anderem seine<br />

vom Rest des Landes abgeschlossene Lage.<br />

Doch die hatte auch ihr Gutes. Im Lungau<br />

haben sich viele Traditionen erhalten, die<br />

man sonst nurmehr selten findet: beispielsweise<br />

die Art und Weise, wie man die Toten<br />

hier bettet. Sogenannte Sarchen – schwarz<br />

und silber bemalte Holzbretter – fassen<br />

die Gräber auf dem Lessacher Friedhof ein.<br />

Nur durch die kunstvollen schmiedeeiser-<br />

nen Kreuze unterscheiden sich die Gräber.<br />

Dann gibt es noch die reich verzierten<br />

Troadkästen, in denen Getreide und andere<br />

Lebensmittel aufbewahrt werden. Oder das<br />

»Schöpserne«, ein Eintopfgericht mit dem<br />

Fleisch von Jungschafen, die den Sommer<br />

auf der Alm verbracht haben. Die Einheimischen<br />

servieren das Kirchweihessen mit<br />

Meerrettich, Preiselbeeren und gebratenen<br />

Eachtlingen, einer regionalen Kartoffel-<br />

Spezialität. Dass sie hier so gut gedeihen,<br />

ist auch dem sonnigen Klima zu verdanken.<br />

Und das wiederum gäbe es nicht ohne den<br />

Schutzwall der Hohen Tauern im Nordwesten.<br />

Dagmar Steigenberger<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 23


»Un cappuccino, per favore!«<br />

2<br />

Spätherbst<br />

am Comer See<br />

S<br />

Zwei abweisende Häupter aus Dolomitgestein:<br />

Grignone und Grignetta<br />

KOMPAKT<br />

Stille Bergtage rund um den Comer See<br />

Anreise: Mit dem Auto<br />

entweder übers Engadin zum<br />

Comer See oder auf der Gotthard-Autobahn<br />

nach Lugano<br />

und weiter nach Menaggio am<br />

Comer See. Mit der Bahn via<br />

Basel/Zürich nach Mailand,<br />

dann weiter nach Como bzw.<br />

Lecco. Die Ortschaften am<br />

Ostufer des Sees haben Bahnanschluss<br />

(Sondrio-Linie),<br />

sonst gute Busverbindungen,<br />

Fähren nach Bellagio.<br />

Informationen: ATP Lecco,<br />

Via Nazario Sauro 6, I-23900<br />

Lecco; Tel. 00 39/3 41/<br />

36 23 60, www.aptlecco.com<br />

Karte: Kompass<br />

1:50 000, Blatt 91 »Lago di<br />

Como – Lago di Lugano«<br />

Führer: Eugen E. Hüsler<br />

»Wanderführer Lago Maggiore,<br />

Luganer und Comer See«,<br />

Bruckmann Verlag, München;<br />

Eugen E. Hüsler »Wanderführer<br />

Comer See«, Bergverlag<br />

Rother<br />

Hütten bzw. Hotels:<br />

Die Berghütten rund um den<br />

Comer See sind teilweise<br />

über den Winter geöffnet und<br />

bewirtschaftet, aber nur an den<br />

Wochenenden. Vorher unbedingt<br />

erkundigen! Viele Hotels<br />

halten Winterruhe. Empfehlenswertes,<br />

romantisch gelegenes<br />

Haus am Rand von Lecco (drei<br />

Sterne): Hotel Don Abbondio,<br />

Piazza Era 10, I-23900 Lecco;<br />

Tel. 0341/36 63 15,<br />

www.donabbondio.com<br />

Indoor-Tipps: Feine<br />

regio nale Küche bietet das<br />

Ristorante Vecchia Varenna,<br />

Via Scoscesa 14, in Varenna<br />

(Mo/Di geschlossen). Ein<br />

Spaziergang durch die Altstadt<br />

von Como ist jetzt sehr stimmungsvoll<br />

– kaum Touristen<br />

unterwegs. Einen Besuch wert<br />

ist das Seidenmuseum in<br />

Como (Via Castelnuovo 9).<br />

In Lecco wandelt man auf<br />

den Spuren von Alessandro<br />

Manzoni, dem Verfasser<br />

des berühmten Liebesromans<br />

»Die Verlobten«.<br />

»Im Comer-See-Gebiet<br />

gibt es zwar im<br />

Spätherbst hin und<br />

wieder Hoch nebel.<br />

Von den Temperaturen<br />

her bleibt es aber<br />

angenehm mild.«<br />

Charly Gabl<br />

24 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Fotos: Andreas Strauß<br />

TOUREN<br />

Wanderungen für Sonnenhungrige<br />

Wenn andernorts der erste Schnee liegen bleibt, bietet der<br />

Comer See eine wahre Tourenfülle. Wir schlagen Ihnen drei vor.<br />

Monte Barro (922 m)<br />

▶ mittel 3¼ Std.<br />

550 Hm 550 Hm<br />

Charakter: Der eigenartige Inselberg<br />

über dem Abfl uss des Comer Sees bietet<br />

eine prächtige Aussicht und zahlreiche<br />

historische Reminiszenzen. Das bestens<br />

ausgeschilderte Wegnetz ermöglicht verschiedene<br />

Rundtouren.<br />

Ausgangspunkt: Galbiate (371 m)<br />

Einkehr: Ristorante Eremo Monte Barro<br />

Route: Galbiate – Primo Corno (814 m)<br />

– Monte Barro – Eremo<br />

Monte Barro (741 m) –<br />

Galbiate<br />

Monte San Primo (1688 m)<br />

Tourenkarte 9<br />

Heftmitte<br />

▶ leicht 5½ Std.<br />

560 Hm 560 Hm<br />

Charakter: Als höchste Erhebung zwischen<br />

den beiden südlichen Armen des Comer<br />

Sees ermöglicht der Gipfel des Monte<br />

San Primo eine umfassende Aussicht auf<br />

die Berge der Region. Der Anstieg von der<br />

Südseite ist nicht nur sonnenverwöhnt,<br />

Es nieselt und nässelt, dass die Seele<br />

fröstelt. Wenn es wenigstens richtig<br />

regnen würde, mit anständigen<br />

Tropfen. Das geht vorbei, bald hat<br />

es sich ausgeregnet, dann scheint sicher die<br />

Sonne wieder.<br />

Nein, es ist einfach feucht, klamm. Sogar<br />

die Vögel, falls sie nicht längst über alle<br />

Berge sind, verstummen. Novemberblues in<br />

München, in ganz Bayern: bonjour tristesse!<br />

sondern auch wenig anstrengend.<br />

Ausgangspunkt: Colma del Piano (1124<br />

m), Straßenpass zwischen dem Westarm<br />

des Comer Sees und dem Valassina<br />

Route: Colma del Piano – Colma dei<br />

Cippei (1185 m) – Alpe Spessola<br />

(1237 m) – Cima del<br />

Costone (1614 m) –<br />

Monte San Primo<br />

Monte Grona (1736 m)<br />

Tourenkarte 10<br />

Heftmitte<br />

▶ mittel 4½ Std.<br />

700 Hm 700 Hm<br />

Charakter: Toller Aussichtsberg mit mehreren<br />

markierten Anstiegen, faszinierende<br />

Tiefblicke auf den Comer und den Luganer<br />

See. Dazu gibt es noch einen knackigen<br />

Klettersteig, die »Via ferrata del Centenario«<br />

(K 5) – solo per esperti!<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz (ca. 1080 m)<br />

oberhalb der Monti di Breglia; Anfahrt von<br />

Menaggio via Breglia<br />

Einkehr: Rifugio Menaggio (1383 m)<br />

Route: Parkplatz – Rifugio Menaggio –<br />

»Panoramaweg« oder »Direttissima« –<br />

Monte Grona Forcoletta – Kapelle San<br />

Amate – Parkplatz<br />

Balsam für die <strong>Bergsteiger</strong>seele<br />

Da hilft nur eines: weg. Irgendwohin, wo das<br />

Quecksilber vormittags zweistellige Werte<br />

erreicht und die Sonne um halb neun ihren<br />

Dienst antritt. Der dauert auch im November<br />

noch mehr als acht Stunden, und allein<br />

diese Tatsache wärmt die <strong>Bergsteiger</strong>seele<br />

von innen. Die möchte nämlich hinaus und<br />

hinauf, bevor der Winter das Zepter in die<br />

Hand nimmt, die Leute plötzlich schwer vermummt<br />

herumlaufen, husten und auf dem<br />

Schneematsch herumrutschen.<br />

Es nieselt, nässelt. Aber nicht mehr lange.<br />

Schon im Engadin kommt die Sonne heraus;<br />

kein Wunder, St. Moritz hat sie sich<br />

für seinen Schriftzug sogar marktgerecht<br />

schützen lassen. Hinter dem Grenzort Promontogno<br />

gehört die gleißende Kugel nicht<br />

mehr geschäftstüchtigen Schweizern, sondern<br />

wieder der ganzen Welt, und eine<br />

Stunde später liegt er vor mir: der Comer<br />

See. In Bellagio, unter den Uferarkaden dieser<br />

»Perle des Lario«, sitzt man bei einem<br />

Cappuccino in der Sonne, schaut hinüber<br />

nach Menaggio und Cadenabbia. Sanft<br />

gekräuselt sein Wasser, in mildes Licht<br />

getaucht die Berge, die den zweibeinigen<br />

Alpenfjord bewachen, schroffe Riesen mit<br />

weißen Häuptern. Dort hinauf geht es<br />

nicht, der Abstecher an den Alpensüdrand<br />

soll ja kein Vorgriff auf den Winter werden.<br />

Um die tausend Höhenmeter dürfen es aber<br />

schon sein, südseitig und fein besonnt, und<br />

ein bisschen schwitzen – na klar! Der<br />

Monte Coltegnone (1473 m), dieser felsige<br />

Schiffsbug der Grigne, direkt über Lecco,<br />

der Stadt Manzonis und der Stahlwerke, in<br />

den Himmel ragend, ist da ein Kandidat.<br />

Wer’s gemütlicher mag, nimmt sich den<br />

Höchster Aussichtsplatz rund um den Comer See:<br />

am 2609 Meter hohen Monte Legnone<br />

Monte San Primo vor, mit Start am Colma<br />

del Piano, wo im Oktober noch die Radprofis<br />

der Lombardei-Rundfahrt vorbeirauschten.<br />

Das »Rennen der fallenden Blätter« markiert<br />

ihren Saisonabschluss, für die Wanderer<br />

aber geht es weiter. Eher flach als steil<br />

ist die Besteigung des höchsten Gipfels im<br />

Triangolo, dem Dreieck zwischen den beiden<br />

Südarmen des Comer Sees. Das stört<br />

aber nicht, denn vom Gipfel bietet der Monte<br />

San Primo (1686 m) an einem glasklaren<br />

Novembertag ein Panorama, dass die Augen<br />

übergehen. Nah und fern, flach und schroff,<br />

Wasser und Fels sind unter dem weiten Firmament<br />

einträchtig vereint. Das Sommergrün<br />

fehlt allerdings weitgehend, dafür<br />

tragen die Alpengipfel schon weiße Kappen.<br />

Eine Herde großer Brocken<br />

Da sitzt man dort oben im Gras und zählt die<br />

Schäfchen, pardon: die Gipfel. Eine beachtliche<br />

Herde mit großen Brocken wie dem<br />

Finsteraarhorn, dem Monte Rosa oder dem<br />

Monviso. Spannend ist auch die nähere Umgebung,<br />

vor allem, wenn man ein paar späte<br />

Sonnentage am Lago verbringen und dabei<br />

nicht nur Kaffee schlürfen möchte. Genau<br />

im Osten, vor und unterhalb des Grignone,<br />

erhebt sich der Zucco di Sileggio (1373 m),<br />

auch mit einem Prachtblick auf den See.<br />

Praktisch das ganze Jahr über lassen sich die<br />

Corni di Canzo (1373 m) und der Monte Moregallo<br />

(1276 m) besteigen, auch der Monte<br />

Rai (1261 m), der trotz seines Namens kein<br />

TV-Programm liefert, aber eine ganz bezaubernde<br />

Fernsicht bis zum Apennin. Kunstfreunde<br />

wandern zu seinem Südfuß, wo mit<br />

San Pietro al Monte ein Juwel der lombardischen<br />

Romanik zu bestaunen ist.<br />

Die Wahl der Qual. Die bietet der Comer<br />

See eben, bei all den verlockenden Gipfeln,<br />

Wegen und Klettersteigen. Da bleibt wohl<br />

nur eines: bald wiederkommen, wenn der<br />

Winter vorbei ist und die warme Jahreszeit<br />

vor der Tür steht. Sogar in nördlicheren Gefilden.<br />

Eugen E. Hüsler<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 25


Les Baronnies, die unbekannte Provence<br />

Im Lavendel<br />

3<br />

W<br />

Über den beiden Kirchtürmen von Rosans<br />

erheben sich die Provenzalischen Alpen.<br />

KOMPAKT<br />

Herbstlust in den provenzalischen Alpen<br />

»In den provenzalischen<br />

Alpen herrschen<br />

oft bis in den Dezember<br />

hinein angenehme<br />

Wandertemperaturen<br />

von 13 bis15 Grad<br />

Celsius vor.«<br />

Charly Gabl<br />

Anreise: Mit dem Zug bis<br />

Orange. Dann Bus (Ligne 37)<br />

zwischen Orange, Nyons,<br />

Rosans, Rémuzat und<br />

La Motte-Chalancon. Mit dem<br />

Auto Genf – Grenoble –<br />

Montélimar. Von der Autobahn<br />

ab und über Grignan nach<br />

Nyons (D541). Weiter auf der<br />

D94 nach Rémuzat und La<br />

Motte-Chalancon.<br />

Karten: IGN Top 25,<br />

Blätter 3138 OT »Dieulefi t.<br />

St-Nazaire-le-Désert.Forêt<br />

de Saou«; Blatt 3139 OT<br />

»Nyons.Rémuzat.Baronnies«;<br />

Blatt 3239 »Rosans.Orpierre«<br />

Führer: Über die Baronnies<br />

fi ndet sich nur wenig auf<br />

deutsch: Jeweils ein kurzes<br />

Kapitel versteckt sich in<br />

»Südfrankreich« sowie in<br />

»Haute-Provence«, beide von<br />

Ralf Nestmeyer, Michael Müller<br />

Verlag. Einziger Wanderführer:<br />

Iris Kürschner »Dauphiné<br />

West«, Bergverlag Rother<br />

Informationen: Offi ce de<br />

Tourisme, Place du Champ de<br />

Mars, F-26510 Rémuzat,<br />

Tel. 00 33/4/75 27 85 71,<br />

www.remuzat.com<br />

Unterkunft-Tipps:<br />

Chambres d’Hôtes Les Bayles,<br />

Tel. 00 33/4/75 27 24 38<br />

oder 00 33/6/87 33 43 76,<br />

www.lesbayles.com. Aussichtsreich<br />

6 km nordwestlich von<br />

la Motte-Chalancon gelegen;<br />

Frédéric kocht wunderbar.<br />

Le Château de Rosans, Harriet<br />

und Marcel van der Hulst,<br />

Place du Château, F-05150<br />

Rosans, Tel. 0033/4/<br />

92 66 64 73 oder 0033/6/<br />

88 64 06 23, www.chateaurosans.com.<br />

Nostalgisches<br />

Schloss mitten in Rosans.<br />

Die holländischen Gastgeber<br />

sprechen deutsch.<br />

Provenzalische Märkte:<br />

Mo: La Motte-Chalancon;<br />

Di: Vaison-la-Romaine;<br />

Mi: Rémuzat; Di/Do: Nyons,<br />

Laragne, Veynes; Fr: Châtillonen-Dios;<br />

Sa: Serres<br />

Schlechtwetter-Tipp<br />

Nyons mit seiner antiken<br />

Altstadt ist das Mekka der<br />

Oliven. Es gibt ein Oliven-<br />

Museum, ein Oliven-Institut,<br />

einen Oliven-Lehrpfad –<br />

einfach umschauen!<br />

Fotos: Iris Kürschner<br />

26 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Lager aus lebenden Latschen:<br />

am Gipfel des Cougoir<br />

»La période des amours chez les vautours<br />

se déroule en hiver«, sagt Christian<br />

Tessier von der Association Vautours<br />

en Baronnies in Rémuzat. Soll<br />

heißen: Die Liebesflüge der Geier finden<br />

im Winter statt. Nur nicht in den Alpen,<br />

mag man sich als <strong>Bergsteiger</strong> denken, wo<br />

Schnee und Eis scheinbar alles Leben gefrieren<br />

lässt. In den Baronnies dagegen werden<br />

im Spätherbst und Winter noch Trüffel<br />

geerntet. Frédéric François vom Chambres<br />

d’Hôtes Les Bayles hält sich eigens dafür ein<br />

Schwein. Mit dessen feiner Grunznase findet<br />

er die edlen Pilze, die so kostbar sind,<br />

dass man sie schwarze Diamanten nennt.<br />

Zugleich ist bis Januar Jagdsaison und<br />

Frédéric leidenschaftlicher Jäger. So kommen<br />

die Gäste seiner Unterkunft sowohl in<br />

den Genuss von Trüffel- wie auch von Wildgerichten<br />

– zwei gute Gründe, während<br />

der kalten Jahreszeit in den Süden zu entfliehen.<br />

Der dritte ist das Klima: Wenn bei<br />

uns schon Schnee die Berge einkleidet, lässt<br />

sich im Südosten Frankreichs noch bei milden<br />

Temperaturen wunderbar wandern.<br />

Das Tor ins Mediterrane<br />

Kaum einer kennt die Baronnies, den<br />

Landstrich südlich des Mont Ventoux und<br />

der Montagne de Lure, die den Beginn der<br />

eigentlichen Provence markieren, Dabei<br />

findet sich in dem ariden Hügelland alles<br />

Liebenswerte der »großen« Provence – und<br />

das selbst zur Hauptsaison ganz ohne den<br />

üblichen Touristenandrang. Klimatisch<br />

fängt die Provence nämlich viel früher an.<br />

Ein Sprichwort sagt: »C’est à Valence, que<br />

le Midi commence«. Die Hauptstadt des<br />

Départements Drôme gilt als das Tor ins<br />

Mediterrane, ins Reich der Sonne, wo Thymian<br />

und Lavendel um die Wette duften.<br />

Und in der Tat ändert sich die Landschaft.<br />

Die Gegend wird karger und spröder, je<br />

weiter man in die Drôme provençale vordringt.<br />

Wandern zwischen Ginster und<br />

Lavendel, zwischen Kräutern und Garrigue<br />

heißt es um La Motte-Chalancon, Rémuzat<br />

und Rosans, in einer dünn besiedelten<br />

provenzalischen Landschaft, die sich<br />

wie ein offenes Geologiebuch lesen lässt.<br />

Grandiose Auffaltungen und Gesteinsumwälzungen<br />

erzählen von der Entstehung<br />

der Alpen. Nicht selten findet man Meeresversteinerungen<br />

im Fels. Mit dem weichen<br />

TOUREN<br />

Die Lavendelalpen im Spätherbst<br />

Wenn die Olivenernte ansteht, die Trüffelsuche und Jagdsaison<br />

beginnt, locken die Baronnies in den provenzalischen Alpen.<br />

Rocher du Caire – Rocher de<br />

St-Auban (1048 m)<br />

▶ schwierig 4½ Std.<br />

600 Hm 600 Hm<br />

Charakter: Der Aufstieg auf die schroff<br />

zum archaischen Dorf Rémuzat abbrechenden<br />

Geierfelsen ist recht exponiert<br />

mit klettersteigähnlicher Passage (Leiter,<br />

Seile). Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />

sind Voraussetzung. Fernglas zur<br />

Geierbeobachtung nicht vergessen!<br />

Ausgangspunkt: Rémuzat (448 m) an<br />

der D 94 zwischen Nyons und Rosans.<br />

Parkplatz an der Brücke.<br />

Route: Rémuzat – Rocher du<br />

Caire – Col de St-May –<br />

Rémuzat<br />

Tourenkarte 11<br />

Heftmitte<br />

Rocher de Chalancon (1025 m)<br />

▶ leicht 3¼ Std.<br />

270 Hm 270 Hm<br />

Charakter: Von Les Bayles bis Chalancon<br />

zum großen Teil auf bequemer Fahrpiste.<br />

Dann folgt eine aussichtsreiche Runde<br />

zum großen Teil auf steinigen Pfaden,<br />

die etwas Trittsicherheit verlangen. Eine<br />

heikle Passage im letzten Abstieg nach<br />

Chalancon ist mit Seilen entschärft.<br />

Kalkgestein hatte die Erosion leichtes Spiel,<br />

ein Mosaik aus Schluchten und Kreten zu<br />

modellieren. Bizarre Kalkriffe laden zu<br />

Touren mit Blick auf den vergletscherten<br />

Alpenhauptkamm ein. Ein Highlight sind<br />

die Geierfelsen im Oule-Tal. Am Rocher du<br />

Caire und Rocher de St-Auban im Herzen<br />

der Baronnies fliegen einem die seit 1992<br />

erfolgreich wieder angesiedelten Mönchsund<br />

Gänsegeier über den Kopf. Sogenannte<br />

»villages perchés« sind charakteristisch für<br />

die Baronnies, Bergdörfer mittelalterlichen<br />

Ursprungs, manche längst verlassen oder<br />

nur noch spärlich bewohnt, andere wiederbelebt<br />

durch Aussteiger, die mit Töpfereien,<br />

Ausgangspunkt: Les Bayles (760 m).<br />

Abzweig von der D 135 1,5 km nach<br />

La Motte-Chalancon Richtung Chalancon.<br />

Route: Les Bayles – Chalancon –<br />

Rocher de Chalancon – Ferme du Serre<br />

la Croix – retour<br />

Variante: Klettersteig am Fuße des Rocher<br />

de Chalancon: Via Ferrata du Pas de<br />

L’Echelle; Länge 650 m, 198 Hm, 1½ Std.,<br />

Abstieg vom Gipfel des Tête du Chien<br />

(980 m) 20 Min. zurück<br />

zum Ausgangspunkt.<br />

Tourenkarte 12<br />

Heftmitte<br />

Montagne de Raton (1473 m)<br />

▶ mittel 6½ Std.<br />

785 Hm 785 Hm<br />

Charakter: Der »Chemin du Facteur«<br />

ist ein schmaler, gelb markierter Pfad<br />

durch duftenden Lavendel und Kiefernwald.<br />

Vom Col de la Fromagère weiter<br />

auf einer Forstpiste. Vom Pas de Pousterle<br />

weisen Steinmännchen zur Bergerie<br />

de Staton. Vom Col de Staton folgt man<br />

einem Bergrücken bis Raton, von wo<br />

eine Straße zurück nach Rosans führt.<br />

Ausgangspunkt: Rosans (690 m),<br />

Parkplatz am Château.<br />

Route: Rosans – Col de la Fromagère<br />

– Montagne de Raton – Bergerie de<br />

Staton – retour<br />

Schafzucht oder dem Anbieten von Chambres<br />

d’Hôtes (private Gästezimmer) einen<br />

neuen Lebenssinn gefunden haben. So wie<br />

Frédéric in Les Bayles, einem Ort, »wo sich<br />

die Schäfer trafen«. Herrlich lässt sich dort<br />

der Rocher de Chalancon besteigen und zugleich<br />

ein Klettersteig »mitnehmen«.<br />

In Rosans, einen Katzensprung weiter südöstlich,<br />

verläuft eine ansprechende Tour<br />

auf dem »Chemin du Facteur«, dem Briefträgerweg.<br />

Noch bis 1925 wurde die Post zu<br />

Fuß zum Nachbardorf gebracht. Und wenn<br />

das Wetter einmal nicht so passt, gibt es in<br />

Nyons, Hauptort der Baronnies, Kurzweil<br />

zum Thema Olive. Iris Kürschner<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 27


Auf der Sonnenseite des Rofan<br />

4<br />

Der Hang<br />

zum Glück<br />

N<br />

Sonnenverwöhntes Wandergelände<br />

auf dem Weg zur Bayreuther Hütte<br />

TOUREN<br />

Die Sonnenhänge des Rofan<br />

Wir haben drei Touren für Sie ausgewählt, die man mit etwas<br />

Glück noch spät im Jahr ohne Schnee erwandern kann.<br />

Bayreuther Hütte (1600 m)<br />

▶ mittel 5 Std.<br />

1050 Hm 1050 Hm<br />

Charakter: Steiler, dafür aber abwechslungsreicher<br />

Anstieg, der etwas Kondition<br />

erfordert. Keinerlei technische Schwierigkeiten.<br />

Ausgangspunkt: Münster (534 m)<br />

Route: Münster – Bayreuther<br />

Hütte – Münster<br />

Streichkopf (2243 m)<br />

Tourenkarte 5<br />

Heftmitte<br />

▶ mittel 6 Std.<br />

1250 Hm 1250 Hm<br />

Charakter: Landschaftlich äußerst schöner<br />

und abwechslungsreicher Anstieg.<br />

Für den Streichkopf sollte man über eine<br />

solide Kondition verfügen. Keine technischen<br />

Schwierigkeiten.<br />

Route: Maurach/Buchau – Teisslalm –<br />

Dalfazalm – Streichkopf – Dalfazalm –<br />

Teissl alm – Maurach/Buchau<br />

Gschöllkopf (2039 m)<br />

Tourenkarte 6<br />

Heftmitte<br />

▶ mittel 4½ Std.<br />

1040 Hm 1040 Hm<br />

Charakter: Zunächst waldreicher, dann<br />

immer freier werdender Südanstieg zu<br />

tollem Aussichtsgipfel. Für den Gipfelanstieg<br />

ist etwas Trittsicherheit erforderlich.<br />

Route: Maurach, Talstation Seilbahn<br />

– Mauritzalm Hochleger – Gschöllkopf<br />

– Mauritzalm Hochleger – Maurach,<br />

Talstation Seilbahn<br />

»Wenn sich noch keine<br />

Schneedecke gebildet<br />

hat, eignen sich die<br />

Südhänge des Rofan<br />

wunderbar zum<br />

Wandern – oft noch<br />

bis in den Dezember.«<br />

Charly Gabl<br />

28 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Fotos: Michael Pröttel<br />

KOMPAKT<br />

Achensee und mehr<br />

Anreise: Von München über die A8 bis<br />

Holzkirchen und weiter über den Tegernsee<br />

bis zum Achensee. Von Innsbruck über die<br />

A12 bis Jenbach und weiter zum Achensee.<br />

Informationen: Achensee Tourismus,<br />

Im Rathaus 387, 6215 Achenkirch,<br />

Tel. 00 43/52 46/53 00-0<br />

Karte: AV-Karte 1:25 000, Blatt 6 »Rofan«<br />

Führer: Mark Zahel »Tourenführer Karwendel<br />

– Rofan«, Bruckmann Verlag 2008;<br />

Rudolf Wutscher »Achensee und Brandenberger<br />

Tal«, Bergverlag Rother 2013<br />

Hütten, die noch offen haben:<br />

Rodelhütte Jenbach (920 m) südlich des<br />

Achensees, Do Ruhetag; Silberwaldhütte in<br />

Steinberg (Wochenende geöffnet)<br />

Wer jemals vom Achensee aus<br />

das Rofan unter seine Bergschuhe<br />

genommen hat, der<br />

weiß: Die meisten Gipfel des<br />

kleinen Gebirges stürzen mit schattigen<br />

Steilwänden nach Norden hin ab, bieten<br />

aber auf ihren Südseiten ideales und vor<br />

allem sonnenverwöhntes Wandergelände.<br />

Den wenigsten <strong>Bergsteiger</strong>n ist hingegen<br />

bewusst: Es geht noch eine Nummer wärmer.<br />

Und zwar indem man eine Etage darunter,<br />

nämlich im 550 Meter tief gelegenen<br />

Inntal startet, um beispielsweise zur Bayreuther<br />

Hütte zu wandern.<br />

Start im Parterre<br />

Den Fehler, dieses Unterfangen an einem<br />

heißen Julitag in Angriff zu nehmen,<br />

macht man garantiert nur einmal. Für die<br />

Monate, die auf –r enden, besonders aber<br />

den Frühwinter, ist der steile Südanstieg dagegen<br />

ein Geheimtipp. Vor allem, wenn auf<br />

der kalten Seite der Nördlichen Kalkalpen<br />

bergschuhtechnisch »scho nix mehr geht«.<br />

Am Ende der etwas mehr als 1000 Höhenmeter<br />

belohnt den <strong>Bergsteiger</strong> zwar kein<br />

richtiger Gipfel, und es gibt auch keine<br />

frische Radlerhalbe. Wegen der überwältigenden<br />

Aussicht von der (von Mitte Oktober<br />

an geschlossenen) Bayreuther Hütte auf<br />

das Inntal und den dahinter aufragenden<br />

Alpenhauptkamm lohnt sich die Anstrengung<br />

aber allemal.<br />

Wirklich konditionsstarke Gipfelsammler<br />

werden damit liebäugeln, von der Hütte<br />

aus noch das Vordere Sonnwendjoch zu erklimmen.<br />

Für eine so lange Tagestour muss<br />

man zu dieser Jahreszeit aber eher im Dunkeln<br />

starten und darf 1700 satte Höhenmeter<br />

nicht scheuen.<br />

Brotzeitplatz mit schöner Aussicht, aber<br />

im Winter ohne Bedienung: die Dalfazalm<br />

Ein Stockwerk höher hinaus<br />

Wer zum Saisonende auf derartige Märsche,<br />

nicht aber auf einen Gipfel verzichten<br />

möchte, sollte sein Spätherbst-Glück<br />

im nächst höher gelegenen Stockwerk<br />

versuchen. Vom knapp 1000 Meter hoch<br />

gelegenen Maurach aus ist ein Ziel wie<br />

der Streichkopf kein Hexenwerk, zumal er<br />

über einen besonders abwechslungsreichen<br />

Südanstieg erfolgt. Vom Ortsteil Buchau<br />

aus geht es mit einem obligatorischen Abstecher<br />

zum Dalfazer Wasserfall zunächst<br />

zur gleichnamigen Alm. Nicht zuletzt weil<br />

hier der steilste Teil des Anstiegs geschafft<br />

ist, wird man jetzt zum ersten Mal den<br />

Rucksack absetzen und bei Traumblicken<br />

auf den Achensee in die selbst mitgebrachte<br />

Brotzeit beißen. Denn auch bei der Dalfazalm<br />

wird man im Winterhalbjahr vergeblich<br />

auf eine Bedienung warten.<br />

Im Anschluss gibt das wunderschöne, zwischen<br />

Klobenjoch und Dalfazer Wänden<br />

eingebettete Hochtal den Weiterweg ohne<br />

Orientierungsprobleme vor. Nachdem man<br />

das markant eingeschnittene Steinerne Tor<br />

links liegen gelassen hat, steht man auch<br />

schon am Fuß des südwest-exponierten<br />

Gipfelhangs. Der stellt auch bei ein wenig<br />

Neuschnee kein größeres Problem dar.<br />

Oben angekommen wird man wahrscheinlich<br />

nur einen kurzen, fröstelnden Blick in<br />

die Nordflanke werfen, um sich sogleich<br />

wieder der weichen Spätherbstsonne zuzuwenden.<br />

Ruhe vor dem Sturm<br />

Das frühwinterliche »Rofan-Trio« macht ein<br />

Gipfel komplett, um den nicht nur Naturliebhaber<br />

seit 2007 einen Bogen machen.<br />

Damals wurde der Gschöllkopf nämlich mit<br />

einem sogenannten Skyglider ausgestattet,<br />

durch den Ausflügler mit 80 Sachen gen Tal<br />

rauschen. Zur Revisionszeit der Rofan Seilbahn<br />

(November bis Anfang Dezember) ist<br />

diese »Funpark-Attraktion« außer Betrieb,<br />

was genau diese Zeit für die Besteigung<br />

prädestiniert. Schließlich kann auch beim<br />

südexponierten Anstieg auf den Hausberg<br />

der Erfurter Hütte die Sonne ihre ganze<br />

Kraft entfalten.<br />

Michael Pröttel ◀<br />

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aufnimmt.<br />

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Fernab der Zivilisation: Alexander Ruchkin in der<br />

Antarktis über dem Wolkenmeer (Ulvetanna, 2931 m)<br />

Wetterexperte Charly Gabl im BERGSTEIGER-Interview<br />

Stürmische Zeiten<br />

Er ist selbst Berg- und Skiführer und machte in den 1970er-Jahren<br />

mit Winter-Erstbegehungen auf sich aufmerksam. Alpinisten<br />

aber halten den Meteorologen Karl «Charly« Gabl, 66, aus Innsbruck<br />

vor allem für ein Vorhersage-Genie. Gerlinde Kaltenbrunner und<br />

Ralf Dujmovits singen Loblieder auf ihn. Nun erscheint sein neues<br />

Buch »Bergwetter«. Michael Ruhland sprach mit dem Wetterpapst.<br />

BERGSTEIGER: Wie verlässlich sind Wettervorhersagen<br />

für eine ganze Woche?<br />

Charly Gabl: Sie sind qualitativ wesentlich<br />

besser als früher. Und es ist natürlich viel<br />

besser, eine Prognose zu haben, die zu 70<br />

Prozent stimmt, als eine, auf die man sich<br />

überhaupt nicht verlassen kann.<br />

Sie sprechen aus leidvoller Erfahrung?<br />

Anfang der 1970er-Jahre hat es uns in der<br />

Ortler-Nordwand erwischt. Wir wären wegen<br />

einer Fehlprognose beinahe erfroren.<br />

Man muss sich auch heute noch auf Fehlprognosen<br />

einstellen und selbst beobachten:<br />

Kommt die Schlechtwetterfront etwas<br />

schneller? Zeitliche Reserven sind ganz<br />

wichtig. Im Allgemeinen gilt: Die Prognosen<br />

sind inzwischen gut brauchbar. Ich leide<br />

aber oft mit den Hüttenwirten mit.<br />

Warum das denn?<br />

Die Leute fangen schon am Montag an, fürs<br />

Wochenende zu planen. Dann ist die Fehlprognose<br />

programmiert – gerade bei sehr<br />

turbulenten Witterungslagen. Und der Hüttenwirt<br />

sitzt bei wolkenlosem Himmel auf<br />

seinen Würsten, nur weil die Leute nicht<br />

geduldig sind. Sie gehen nicht auf die Vernagthütte<br />

und die Wildspitze bei schlechter<br />

Prognose. Alle wollen sicherste Verhältnisse.<br />

Sie plädieren für mehr Eigeninitiative?<br />

Wenn bei einer Tour mal ein Schauer niedergeht<br />

oder kräftige Wolkenspiele zu<br />

sehen sind, tut das weder dem Gletscher<br />

noch dem <strong>Bergsteiger</strong> etwas. Im Gegenteil:<br />

Das kann sehr eindrucksvoll sein. Mir hat<br />

es immer am meisten zugesetzt, wenn ich<br />

den Hüttenwirten mit Wochenprognosen<br />

das Geschäft vermasselt habe. Wir hatten in<br />

Tirol sogar mal eine Krisensitzung deshalb.<br />

Klingt dramatisch.<br />

Ein sehr engagierter Hüttenwirt für Wetterprognosen<br />

und Lawinenlage war Horst<br />

Fankhauser von der Franz-Senn-Hütte. Wir<br />

diskutierten mehrmals über die Folgen von<br />

Fehlprognosen, meistens musste ich ihm<br />

Recht geben. Denn die Leute planen einfach<br />

schon so früh.<br />

Gilt denn die Regel: Drei Tage im Voraus<br />

kann man sagen, wie’s Wetter wird?<br />

Ja. Zu mindestens 90 Prozent. Das Problem<br />

ist nach wie vor, dass, wenn eine Kaltfront<br />

angekündigt ist, es durch den Föhn Verzögerungen<br />

geben kann. Sie kommt aber. Und<br />

die Temperaturprognosen sind durch Modellrechnungen<br />

inzwischen phantastisch.<br />

Man muss die Tourenplanung anpassen:<br />

Ich wähle ein Ziel aus, bei dem ich eine Umkehrmöglichkeit<br />

habe; einen Unterstand.<br />

Wer ein bisschen flexibel ist, kann immer<br />

Bergunternehmungen machen.<br />

Andererseits überschätzen sich Bergwanderer<br />

zunehmend.<br />

Vor zwei Jahren starb eine Frau am Hochkönig<br />

– 60 Meter von der Hütte entfernt. Sie<br />

war erschöpft und unterkühlt. Noch dazu<br />

verschlechterte sich das Wetter. Ich halte diese<br />

sehr schwierigen Klettersteige für großen<br />

Nonsens. Die Wanderer wollen steile Wände<br />

genießen, an die sie sonst nicht hinkommen<br />

– sind aber keine Spitzenathleten. Klettersteige<br />

der Kategorie E sind total pervers.<br />

Fotos: Thomas Senf (2), Joachim Stark<br />

30 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Ideal zur Tourenplanung:<br />

Das Praxiswissen vom Profi<br />

Karl Gabl, »Bergwetter«,<br />

erscheint am 30. Oktober<br />

im Bruckmann Verlag<br />

und kostet 19,99 Euro.<br />

Wenn die Front kommt: Charly Gabl empfiehlt,<br />

bei Touren Zeitreserven einzubauen. min ra al<br />

Für große Expeditionen können Ihre punktgenauen<br />

Vorhersagen per Satellitentelefon<br />

entscheidend sein über Leben und Tod. Sie<br />

stehen zum Beispiel mit Gerlinde Kaltenbrunner<br />

oder Simone Moro in Verbindung.<br />

Wie gehen Sie mit der Verantwortung um?<br />

Leider bin ich ein emotionaler Typ. Es belastet<br />

mich schwer. Vor allem wenn Freunde<br />

sterben. Im Juli ist Artur Hajzer am Gasherbrum<br />

I tödlich verunglückt. Den hatte ich<br />

über Jahre beraten. Das tut mir weh. Oft stehe<br />

ich in der Nacht auf, wenn ich in extremen<br />

Situationen beraten habe, und schaue<br />

im Internet, ob der Wetterballon den Wind<br />

anzeigt, den ich prognostiziert hatte. Ob die<br />

Kaltfront noch weit weg ist und und und.<br />

Andererseits konnte ich vielen <strong>Bergsteiger</strong>n<br />

helfen, gut auf den Berg und wieder zurück<br />

zum Lager zu kommen.<br />

Die Liste der Höhenbergsteiger, die Ihnen<br />

zu Dank verpflichtet sind, ist lang.<br />

Ich habe meine Vorhersagen im Rahmen<br />

des Alpenverein-Wetterdienstes gemacht.<br />

Ich war Beamter, ich wollte kein Geld für<br />

meine Zusatzleistungen. Ich wurde oft gefragt,<br />

warum ich das gratis mache und dafür<br />

nichts verlange. Aber soll ich denn am<br />

Ende einer Witwe eine Rechnung schicken?<br />

Was empfehlen Sie dem Normal-<strong>Bergsteiger</strong><br />

zur Vorbereitung?<br />

Im Internet gibt es tolle Seiten, darauf habe<br />

ich auch in meinem Buch verwiesen. Mit wenigen<br />

Mausklicks bekommt man eine Prognose<br />

für die nächsten fünf Tage. Da braucht<br />

man nicht viel meteorologisches Wissen. Ich<br />

möchte, dass <strong>Bergsteiger</strong> eine gewisse Sensibilität<br />

für den Faktor »Wetter« entwickeln.<br />

Die globale Erwärmung ist wissenschaftlich<br />

belegt. Ist es schwieriger geworden, das<br />

Wetter vorherzusagen?<br />

Nein. Aber die Intensität hat zugenommen.<br />

Stürme werden extremer, Niederschläge<br />

ebenso. Ist auch logisch: Wenn die Luft eineinhalb<br />

Grad wärmer ist als früher, dann<br />

kann sie mehr Feuchtigkeit aufnehmen.<br />

Das ist ein riesiges Energiepotential. Ich bin<br />

kein Mensch, der Panik macht. Aber unsere<br />

Gesellschaft lebt weit über ihre Verhältnisse.<br />

Was halten Sie von Bauernregeln?<br />

Sie funktionieren nicht. Die Vorhersimulationen<br />

des Wetters sind derart komplex, dass<br />

die schnellsten Computer dafür verwendet<br />

werden. Es gibt nur eine goldene Regel für<br />

<strong>Bergsteiger</strong>: Wetterbericht schauen, hören<br />

und Eigenbeobachtungen treffen.<br />

Sind Sie ein Schönwetter-<strong>Bergsteiger</strong>?<br />

Ich war mit meinen 66 Jahren noch auf einem<br />

7000er. Ich gehe immer, aber ich passe<br />

das Ziel meinem Können an.<br />

Und wie wird der kommende Winter?<br />

In solchen Fragen rufe ich immer bei den<br />

Indianern in Nordamerika an. Wenn sie<br />

viel Holz sammeln, wird’s ein strenger Winter,<br />

wenn wenig, wird’s eher milder. ◀<br />

ERFAHRUNG, QUALITÄT, KOMPETENZ AM BERG.<br />

(Foto: Josef Mallaun)<br />

DIE BERGE SIND UNSER ZUHAUSE. ZU JEDER ZEIT.<br />

Mehr als ein Gefühl: Daheim sein<br />

heißt für uns, die schönsten Momente<br />

gemeinsam geniessen.<br />

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REPORTAGE<br />

Stille in der Weite: der Meditationsweg<br />

bei Unterammergau<br />

Das andere Wandern – wallfahren, meditieren, philosophieren<br />

Auf dem Weg zu<br />

Willkommen im Labyrinth.<br />

Innen wie außen<br />

löst sich der Weg vor<br />

einem im dichten Nebel<br />

auf. In der Außenwelt muss<br />

irgendwo dahinter das erste Etappenziel<br />

sein. Manfred Rühl, der die Pilgergruppe<br />

als wandernder Philosoph anführt, hat den<br />

Namen des Ortes erwähnt. Aber die Erinnerung<br />

daran ist ebenso getrübt wie die Sicht.<br />

»Wer bist du wirklich?« Diese Frage hat<br />

Rühl seinen Schützlingen eine Stunde nach<br />

der ersten Vorstellungsrunde gestellt. Bergjournalisten,<br />

Radioreporter, Angestellte in<br />

der Tourismusbranche sind dabei. Aber wer<br />

sind sie wirklich? Wohin wollen sie?<br />

Der zerborstene Felsen<br />

In zwei Tagen wird die Gruppe in Mariazell<br />

in der Obersteiermark ankommen, dem bekanntesten<br />

Pilgerort in Österreich, dessen<br />

Gründung auf einen Mönch namens Magnus<br />

vom Stift St. Lamprecht zurückgeht. Er<br />

war im Jahr 1157 mit seiner aus Lindenholz<br />

geschnitzten Marienstatue auf dem Weg ins<br />

Zellertal, als ihm ein Felsen den Weg versperrte.<br />

Nach einigen Tagen des Wartens<br />

zerbarst der Felsen, was der Mönch auf die<br />

Wunderkräfte der Statue zurückführte. Am<br />

Ende seiner Reise errichtete er um die auf<br />

einen Baumstrunk stehende »Maria in der<br />

Zelle« die erste Kapelle, um die sich später<br />

der Ort Mariazell bildete. Es gibt keine Märtyrer<br />

und keine besonderen Reliquien in<br />

Mariazell. Ja nicht mal ein bahnbrechendes<br />

Wunder, das dokumentiert wäre. Trotzdem<br />

32 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Das religiöse Pilgern<br />

hat eine über Jahrhunderte<br />

währende<br />

Tradition. Zahllose<br />

Wanderer machen sich<br />

jedes Jahr auf den<br />

Weg zu spirituellen,<br />

geschichtsträchtigen<br />

Orten und suchen<br />

dabei die innere Einkehr.<br />

Zugleich entwickeln<br />

sich alternative Formen<br />

der Pilgerschaft wie<br />

das meditative Wandern.<br />

Unsere Autorinnen<br />

Diana Gäntzle und<br />

Dagmar Steigenberger<br />

haben verschiedene<br />

Gruppen begleitet.<br />

Und ganz eigene Erfahrungen<br />

gemacht.<br />

sich selbst<br />

Fotos: Nicole Richter, Franz Josef Rupprecht<br />

Sie soll schon Felsen zum Bersten gebracht<br />

haben: die Gnadenstatue von Mariazell.<br />

pilgern jährlich unzählige Menschen dorthin<br />

– nicht nur wandernde Philosophen<br />

wie Manfred Rühl, sondern vor allem Gläubige<br />

wie die Gruppe aus der Pfarrgemeinde<br />

Sandleiten im 15. Bezirk Wiens.<br />

»Die Gemeinschaft trägt einen«<br />

Würden sie nicht hin und wieder stehenbleiben,<br />

um gemeinsam ein religiöses Lied<br />

anzustimmen, niemand würde in diesen<br />

15 Wanderern eine religiöse Pilgergruppe<br />

erkennen. Doch das Wallfahrten nach Mariazell<br />

– immer um den 26. Oktober, den<br />

österreichischen Nationalfeiertag herum –<br />

hat bei der Pfarrei Sandleiten Tradition. Der<br />

22-jährige Andreas ist mit von der Partie,<br />

seit er laufen kann. Sein Onkel Peter organisiert<br />

die viertägige Tour, und wie immer<br />

sind auch sein Bruder, sein Vater und seine<br />

Großeltern neben einem Dutzend weiterer<br />

Pfarreimitglieder dabei. Die Generationen<br />

sind bunt gemischt: Die 35-jährige Johanna<br />

plaudert mit Andreas’ Großmutter, und<br />

vorneweg gibt eine drahtige Seniorin<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 33


»Der Pilger ist kein<br />

Vagabund, der ziellos<br />

umherstreift«, sagt<br />

Manfred Rühl. »Wenn<br />

ich pilgere, dann ist<br />

nichts mehr zufällig.«<br />

Die eigenen Akkus wieder aufladen: Sonnenaufgang am Ettaler Mandl<br />

das Tempo an. »Mein Lieblingshobby ist das<br />

Marathongehen«, erzählt sie später.<br />

Andreas kennt auch andere Pilgergruppen.<br />

»Die Pilger von der Siebenhirtener Pfarrei<br />

tragen eine Vatikansfahne und ein Christuskreuz<br />

vor sich her, da wird Rosenkranz<br />

KOMPAKT<br />

Pilgern im Mariazeller Land<br />

3200 Höhenmeter und 125 Kilometer auf der Via Sacra<br />

Anfahrt: Mit dem Auto von<br />

München oder Innsbruck über<br />

Salzburg bis zur Ausfahrt Ybbs,<br />

weiter auf der B25, später<br />

B71 nach Mariazell. Nach<br />

Wien folgt man weiter der A1,<br />

anstatt bei Ybbs abzufahren.<br />

Mit dem Zug über Salzburg<br />

und Sankt Pölten nach Mariazell<br />

bzw. nach Wien.<br />

Pilgerwege: Rund um den<br />

berühmten Wallfahrerort gibt<br />

es viele Varianten von Pilgerwegen.<br />

Die am häufi gsten<br />

begangenen, der Wiener<br />

Wallfahrerweg<br />

und die Via Sacra,<br />

führen von der<br />

österreichischen<br />

Hauptstadt in etwa<br />

vier Tagen nach Mariazell.<br />

Die Via Sacra stellt mit 125<br />

Kilometern und gut 3200<br />

Höhenmetern die anspruchsvollste<br />

Pilgerstrecke von Wien<br />

nach Mariazell dar. Als etwas<br />

einfachere Variante wurde<br />

1975 der Wiener Wallfahrerweg<br />

mit 110 Kilometern und knapp<br />

3000 Höhenmetern geschaffen.<br />

Beide Wege sind<br />

detailliert unter www.<br />

viasacra.at beschrieben.<br />

Philosophisches<br />

Wandern: Informationen<br />

bei Manfred Rühl,<br />

Stroheckgasse 2/11,<br />

1090 Wien, Tel. 00 43/<br />

(0)1/3 10 03 34,<br />

www.wegbegleiter.at<br />

Fremdenverkehrsamt:<br />

Mostviertel<br />

Tourismus, Adalbert-<br />

Stifter-Str. 4, 3250 Wieselburg,<br />

Tel. 00 43/(0) 74 16/5 21 91,<br />

www.mostviertel.info<br />

Karte und Literatur:<br />

»Via Sacra, Wiener Wallfahrerweg.<br />

Auf traditionellen<br />

Pilgerpfaden von Wien nach<br />

Mariazell«, Hikeline Wanderführer<br />

mit Unterkunftshinweisen<br />

und Karte 1:35 000,<br />

Verlag Esterbauer<br />

gebetet anstatt miteinander geredet«, spöttelt<br />

er. Wären die Sandleitener ähnlich<br />

konservativ, wäre er heute nicht dabei,<br />

sagt der 22-Jährige. »Ich bin hier, weil ich<br />

die Gemeinschaft in unserer Pfarrei sehr<br />

schätze.« Elisabeth, eine warmherzige Mittvierzigerin<br />

mit lachenden Augen, nickt und<br />

ergänzt: »Die Gemeinschaft trägt einen.«<br />

Nicht dass den Sandleitenern der religiöse<br />

Aspekt abhanden gekommen wäre: Hannelore<br />

beispielsweise ist aufgebrochen, um<br />

damit Gott für den erfolgreichen Umzug<br />

ihrer Tochter in die Wohnung der verstorbenen<br />

Großmutter zu danken. »Ich mache<br />

oft Gelübde-Wallfahrten«, erzählt sie. Nach<br />

der Geburt eines Enkels oder auch nach einem<br />

schwierigen medizinischen Eingriff,<br />

den ein Verwandter überstanden hat: Hannelore<br />

wandert. Sie nimmt das Glück eben<br />

nicht als selbstverständlich hin. Manchmal<br />

wandert sie aber auch, um eine emotionale<br />

Last loszuwerden. »Du trägst dein Packerl<br />

nach Mariazell, um es dort zu Füßen der<br />

Muttergottes abzulegen«, sagt sie.<br />

Stille atmen in den Ammergauer Alpen<br />

Eine tiefe Ruhe liegt über dem Soier See,<br />

durchbrochen nur von Vogelgezwitscher.<br />

Am sonnigen Ufer rundet sich ein Dutzend<br />

Wanderer zu einem Kreis, die Augen geschlossen,<br />

den Blick nach innen gerichtet.<br />

Sie atmen die Stille ein und strecken die Arme<br />

Richtung Erde und Himmel, um deren<br />

Energie gleichsam einzusaugen. Dann liest<br />

Therapeut Norbert Parucha, der die Gruppe<br />

auf dem Meditationsweg Ammergauer Alpen<br />

zu Kraftorten wie dem Soier See führt,<br />

mit dunkler, sonorer Stimme einen Text<br />

von Rainer Maria Rilke. Die Worte hallen<br />

innerlich nach, die Gruppe zerstreut sich<br />

am Ufer, Männer und Frauen blicken gedankenverloren<br />

auf das ebenmäßige Was-<br />

Fotos: Ammergauer Alpen GmbH, Oberammergau Tourismus (Foto: Bernd Ritschel), Dagmar Steigenberger (5), Diana Gäntzle


Die prunkvollen Türme der Basilika<br />

dominieren das Ortsbild von Mariazell.<br />

In Heiligenkreuz blickt ein steinerner Mönch der Pilgergruppe aus Sandleiten hinterher.<br />

Wenn der Philosoph Manfred Rühl (rechts)<br />

Antworten sucht, geht er in die Natur.<br />

Nicht nur in der Kirche, auch auf schlichten<br />

Hauswänden ist die Muttergottes präsent.<br />

Am Soiernsee meditiert die Gruppe.<br />

»In sich gehen«, heißt die einwöchige Tour.<br />

ser. Ein Wanderer legt sich ausgebreitet in<br />

das saftige Gras, als wolle er die Erde umarmen.<br />

Als die Gruppe schließlich wieder<br />

losmarschiert, beschreibt Britta aus Süddeutschland<br />

»ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit«,<br />

das sie am See überkommen hat.<br />

Nach dem Schicksalsschlag<br />

Die junge Frau hat sich zum ersten Mal auf<br />

eine meditative Wanderung begeben und ist<br />

begeistert von den Inputs. »In sich Gehen«<br />

heißt die einwöchige Tour von der Wieskirche<br />

bis zum Schlosspark Linderhof. Die<br />

rund 85 Kilometer lange Strecke des Meditationswegs<br />

führt über 15 als Stationen ausgewiesene<br />

Naturschönheiten und Bauwerke<br />

wie Kirchen und Klöster. Die Wege auf der<br />

Tour sollen zu seelischen Impulsen werden.<br />

Statt Gebeten gibt es philosophische Texte<br />

und meditative Übungen. Britta hat sich<br />

nach mehreren Schicksalsschlägen auf den<br />

Weg gemacht. Für sie ist es eine Etappe auf<br />

dem Weg der Verarbeitung. Ihr Mann starb<br />

an Krebs, gleichzeitig überwand sie eine eigene<br />

schwere Krankheit. »Die Tour ist Sinnbild<br />

für mein weiteres Leben: Ich geh’ meinen<br />

Weg alleine«, erklärt Britta. Die meisten<br />

ihrer Weggefährten hat ebenfalls eine Zäsur<br />

im Leben auf den Meditationsweg gebracht.<br />

Trennung und Krankheit sind in dieser Runde<br />

Themen, welche die intensiven, sehr persönlichen<br />

Gespräche dominieren. Parucha<br />

ist »der Überzeugung, dass sich die Gruppe<br />

nicht nur zufällig zusammenfindet, sondern<br />

sich immer Leute treffen, die sich gerade<br />

brauchen«. Oft fließen Tränen. In allzu<br />

emotionalen Momenten versucht Parucha,<br />

die Wanderer wieder »aufzufangen, damit<br />

es nicht so in die Tiefe geht«.<br />

»Der Pilger ist kein Vagabund«<br />

»Ich treffe oft auf Menschen, die aus der<br />

Ordnung herausgefallen sind«, sagt Manfred<br />

Rühl. »Sie fühlen sich draußen in der<br />

Natur mehr zuhause als irgendwo drinnen<br />

in den eigenen vier Wänden.« Für diese<br />

Menschen – vor allem für die Männer<br />

unter ihnen – arbeitete der Philosoph gemeinsam<br />

mit Kollegen ein Programm aus,<br />

bei dem die Sinnsucher die Antworten auf<br />

ihre Fragen »erwandern«.<br />

Mit 35 geriet Manfred Rühl selbst in eine<br />

tiefe Krise. »Ich habe gemerkt, jetzt muss<br />

ich das für mich tun, was ich zuvor für die<br />

Männer gemacht habe: meinen Weg finden,<br />

meditieren und im Gehen in mich gehen.«<br />

Damals brach Manfred zum Jakobsweg<br />

auf: der berühmteste Pilgerweg in Europa,<br />

dessen Varianten durch sämtliche Länder<br />

führen, jedoch alle früher oder später in<br />

Santiago de Compostela enden. Drei Tage<br />

lang lief Manfred im Marchfeld entlang der<br />

Autobahn, dann brach er ab. »Das war definitiv<br />

nicht mein Weg.« Schließlich wählte<br />

er den »Nordalpinen Höhenweg«: drei Wochen<br />

lang vom Semmering bis Bad Goisern.<br />

»Der Pilger ist kein Vagabund, der ziellos<br />

umherstreift«, sagt Manfred. »Wenn ich<br />

pilgere, dann ist nichts mehr zufällig. Was<br />

im Außen passiert, nehme ich als Zeichen<br />

wahr, das mir dabei hilft, meinen inneren<br />

Weg zu finden.«<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 35


Die letzte Etappe des Wiener Wallfahrerweges führt durch die Falkenschlucht.<br />

Abt Matthäus Nimmervoll fasst die Schätze<br />

des Klosters nur mit Handschuhen an.<br />

Von Sturzbächen gestoppt<br />

Heftige Schneeschauer sind ab dem dritten<br />

Tag angekündigt. Doch die Sandleitener<br />

haben Glück mit dem Wetter: Die ersten<br />

Flocken werden erst fallen, wenn sie an der<br />

Basilika in Mariazell angekommen sind.<br />

Das Motto, das die Gruppe für die Wallfahrt<br />

wählte, scheint das Unwetter fern zu halten:<br />

»Gottes guter Geist weht.« Jeden Mittag<br />

erinnern sie in den »Lob« genannten<br />

Einheiten an dieses Motto, lesen einander<br />

Geschichten dazu aus den Evangelien vor,<br />

singen gemeinsam und meditieren über<br />

den Texten.<br />

Ein einziges Mal konnte Hannelore eine<br />

Wallfahrt nicht beenden. Das war Pfingsten<br />

2005 zum Jahrhundert-Hochwasser.<br />

»Sturzbäche sind den Hang heruntergelaufen<br />

und haben die Wege überspült«, erinnert<br />

sich die rüstige Seniorin. Am Hut auf<br />

ihrem Kopf wippt munter ein Gamsbart im<br />

Takt ihrer Schritte. 200 Pilger wanderten<br />

damals im strömenden Regen am Kieneck<br />

Richtung Mariazell und dachten gar nicht<br />

daran umzukehren – bis ihnen ein Mann<br />

im Auto entgegen kam und sie auf die drohende<br />

Murengefahr aufmerksam machte.<br />

Notgedrungen brachen sie die Wallfahrt<br />

ab. »Es sollte eben nicht sein.«<br />

Alles eine Frage der Balance<br />

Dass manchmal das Nachgeben besser ist,<br />

zeigt Parucha an der Scheibum, einem Felsdurchbruch<br />

der Ammer. Dort fand der Fluss<br />

»nicht mit Härte und Macht, sondern mit<br />

Anpassen, Nachgiebigkeit und Weichheit«<br />

seinen Weg durch den Stein, beschreibt er.<br />

»Zeit spielte dabei keine Rolle.« Die Wanderer<br />

hören aufmerksam zu und besinnen<br />

sich auf den Augenblick. Parucha entlehnt<br />

seine Denkanstöße der Landschaft und<br />

spricht oft in philosophischen Zitaten. Seinen<br />

Schützlingen gibt er täglich ein Thema<br />

wie »Gut und Böse«, die Zeit oder »Brücken«<br />

mit auf den Weg. Die Gruppe ist von seiner<br />

einfühlsamen, ausgeglichenen Art begeistert.<br />

Er nennt sich »Körpertherapeut« und<br />

verrät lächelnd sein Konzept: »Ich mache<br />

gar nicht viel.« Das meiste übernehme die<br />

Natur. »Die Natur ist das Heilsamste überhaupt.«<br />

Lange Zeit lässt die Gruppe die Kraft<br />

der Scheibum auf sich wirken. Einige sitzen<br />

in der Sonne und schreiben. Einer stapelt<br />

flache Steine zu einem Turm. Alles eine Frage<br />

der Balance.<br />

Gründungsurkunde aus dem Jahr 1209<br />

Inzwischen hat die Sonne den Nebel aufgelöst<br />

und bringt das Herbstlaub zum Glühen.<br />

Ein blauer Himmel strahlt über den<br />

hellgelben Fassaden des Stiftes Lilienfeld,<br />

als Manfred Rühl mit seiner Pilgergruppe<br />

auf einen Zwischenstopp in das Zisterzienserstift<br />

einkehrt. Stolz präsentiert der Abt<br />

die Schätze des Klosters: die pergamentene<br />

Gründungsurkunde aus dem Jahr 1209,<br />

die man nur mit weißen Handschuhen<br />

berühren darf; der 800 Jahre alte Pilgerstab<br />

von Herzog Leopold IV., dem Stifter<br />

des Klosters. Und plötzlich tauchen im<br />

Inneren der Pilger die eigenen Schätze<br />

auf, die Begabungen, die Wünsche… »Wer<br />

Mehr als 800 Jahre ist dieses Pergament alt:<br />

die Gründungsurkunde des Stifts Lilienfeld.<br />

»Die Natur ist das Heilsamste überhaupt«,<br />

sagt »Körpertherapeut« Norbert Parucha.<br />

Alles eine Frage der Balance. Ein Teilnehmer<br />

des meditativen Wanderns baut Pyramiden.<br />

36 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Stolz präsentiert<br />

der Abt den Schatz<br />

des Klosters: die<br />

Gründungsurkunde<br />

aus dem Jahr 1209,<br />

die man nur mit<br />

weißen Handschuhen<br />

berühren darf.<br />

Zur letzten Ruhe gebettet zwischen den Hügeln von Mariazell<br />

Fotos: Dagmar Steigenberger (4), Ammergauer Alpen GmbH, Oberammergau Tourismus (Foto: Florian Wagner), Diana Gäntzle<br />

sind wir, und wie viel davon haben wir<br />

bereits verwirklicht?«<br />

»Was glaubt ihr, wo der Mensch im Universum<br />

steht?« Manfred reißt seine Schäfchen<br />

aus dem Sinnieren über sich selbst und hinein<br />

in die nächste der inneren Welten: Was<br />

ist die Aufgabe der Menschen? Und inwiefern<br />

erfüllt jeder bereits das, was er als Aufgabe<br />

der Menschheit erachtet? Eine Kreuzung<br />

taucht vor dem inneren Auge auf: Der<br />

eine Pfeil weist in die gewohnte Richtung.<br />

So weitermachen wie bisher? Oder wäre es<br />

nicht doch sinnvoller, jenem anderen Weg<br />

zu folgen? Zu tun, was wir tief im Innersten<br />

schon immer wünschten, aber den Mut dazu<br />

nicht fanden? Keine Ahnung, wo dieser<br />

zweite Weg hinführt. Aber er ist zweifellos<br />

der spannendere.<br />

»Zwei Tage sind sehr kurz für diese Reise«,<br />

schätzt Manfred Rühl. Gut 60 Kilometer<br />

sind es von St. Veit an der Gölsen auf der<br />

Via Sacra nach Mariazell. Doch davon redet<br />

der Mann mit dem dichten schwarzen<br />

Haarschopf und dem nachdenklichen Blick<br />

nicht. Er meint die Reise zu sich selbst. »Wir<br />

suchen den Weg nach Hause«, gibt Manfred<br />

Rühl als Ziel an, »den Ort, wo wir innerlich<br />

daheim sind.«<br />

Die meditierenden Wanderer<br />

Das Bedürfnis danach, all diesen Fragen<br />

nachzuspüren, fördert nach Paruchas Erfahrung<br />

den Zulauf zu meditativen Wanderungen.<br />

»Die Menschen sind auf der Suche<br />

nach alternativen Angeboten«, weiß er. Seit<br />

vielen Jahren begleitet er Pilger auf dem Ja-<br />

kobsweg und konzipierte vom Jahr 2008 an<br />

den Meditationsweg Ammergauer Alpen<br />

mit. Obwohl das Angebot nicht religiös<br />

ist, erspürt der Therapeut doch manchmal<br />

ein Bedürfnis nach einem solchen Bezug.<br />

Im Rochusfeld etwa, einer Hochmoorlandschaft<br />

bei Bad Kohlgrub, stehen die Wanderer<br />

im Kreis, Parucha spricht über die heilende<br />

Erde, Mutter Erde. Plötzlich bricht es<br />

aus einem Wanderer heraus und der Mann<br />

erzählt die berührende Geschichte vom<br />

Tod seiner Mutter. Ergriffen fassen sich die<br />

Wanderer an den Händen. Dann sprechen<br />

sie gemeinsam ein Gebet.<br />

KOMPAKT<br />

Vor der Mariazeller Kirche reiht sich wie auf<br />

einem Jahrmarkt Bude an Bude. Jedes Geschäft<br />

will religiösen Tand verkaufen. Die<br />

weiße Basilika wirkt überdimensioniert<br />

für den kleinen Ort, ebenso wie der riesige<br />

Friedhof. Madonnenfiguren an den Häusern,<br />

Pilger in den Gassen und dazwischen<br />

die Gruppe um den Wanderphilosophen<br />

Manfred Rühl. Während sie der Busfahrer<br />

zurück in den Alltag kutschiert, regt sich<br />

bei manchen ein Glücksgefühl. Ein Teilnehmer<br />

sagt leise: »Wir sind auf dem Weg nach<br />

Hause. Auch wenn wir diesen Ort noch<br />

kaum kennen.«<br />

◀<br />

Der Meditationsweg Ammergauer Alpen<br />

Wandern von der Wieskirche bis Schloss Linderhof<br />

Pilgerweg: Von der Wieskirche<br />

bis zum Schloss Linderhof<br />

schlängelt sich der 85,2<br />

Kilometer lange Meditationsweg<br />

Ammergauer Alpen.<br />

Es gibt ständige Termine für<br />

Tages- und Mehrtagetouren<br />

sowie individuelle Termine auf<br />

Anfrage. Eine Tageswanderung<br />

kostet 20 Euro, die einwöchige<br />

Tour »In sich gehen«<br />

mit Körpertherapeut Norbert<br />

Parucha auf dem kompletten<br />

Meditationsweg beläuft sich<br />

auf 850 Euro.<br />

Informationen:<br />

Ammer gauer Alpen GmbH,<br />

00 49/(0)88 22/9 22 74-0<br />

oder online unter www.ammergauer-alpen.de<br />

sowie<br />

www.brennendes-herz.de<br />

Infobroschüre »Meditationsweg<br />

Ammergauer<br />

Aplen«: Die 84 Seiten um -<br />

fassende Broschüre mit Informationen<br />

zu den 15 Stationen<br />

sowie einer ausführlichen<br />

Wegbeschreibung ist für 3,50<br />

Euro erhältlich bei der Ammergauer<br />

Alpen GmbH. Unter<br />

www.brennendes-herz.de gibt<br />

es auch eine Onlinebroschüre.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 37


REPORTAGE<br />

Mit dem Slackline-Profi Lukas Irmler unterwegs in den Dolomiten<br />

Aufs Gleichgewicht kommt es an;<br />

vor der Kulisse der Cadini-Gruppe<br />

Artisten<br />

Lukas Irmler will es so. Die Berge<br />

gehören zu seinem Leben wie<br />

die Musik zu Madonna. Hätte er<br />

sich vor gut einem Jahr anders<br />

entschieden, wäre er an diesem<br />

Abend vermutlich in einem Luxushotel<br />

untergebracht. Stattdessen wird der junge<br />

Mann mit der blonden Surfermähne diese<br />

Nacht auf etwa 2300 Metern Meereshöhe<br />

verbringen. Unweit der Drei Zinnen in den<br />

Dolomiten haben ein paar Dutzend Extremsportler<br />

eine kleine Zeltstadt aufgebaut.<br />

Es pfeift ein eisiger Wind an diesem Tag.<br />

Manchmal beginnt es leicht zu schneien.<br />

Irmler – ein drahtiges Fliegengewicht –<br />

ist Slackline-Profi. Einer der wenigen, die es<br />

weltweit in dieser noch jungen Trendsportart<br />

gibt. Slacklinen ist das Balancieren auf<br />

einem gespannten, dynamischen Band und<br />

hat seine Ursprünge im kalifornischen Yosemite-Park.<br />

Kletterer wollten auf dem Band<br />

ihre Konzentrationsfähigkeit und ihren<br />

Gleichgewichtssinn schulen. Man unterscheidet<br />

die kurze Trickline, das Longline-<br />

Seil und die Highline (siehe Kasten S. 40), wo<br />

das Seil im Gebirge über tiefe Schluchten<br />

gespannt wird. Die Seile der Zirkusartisten<br />

sind im Gegensatz dazu statisch. Slacklinen<br />

erlebt einen ähnlichen Boom wie vor Jahren<br />

das Indoor-Klettern.


am Abgrund<br />

Fotos: Christian Kruse<br />

Die Slackline ist längst<br />

bei Alpinisten angekommen.<br />

Viele <strong>Bergsteiger</strong> nutzen<br />

das Training auf dem schmalen<br />

Band, um ihre Koordination<br />

und Konzentration zu<br />

perfektionieren. Es gibt<br />

aber auch wahre Künstler,<br />

die über Schluchten und<br />

Abgründen balancieren.<br />

Einmal im Jahr trifft sich die<br />

Elite der »Highliner« in<br />

den Dolomiten. Unser Autor<br />

Klaus Vick war dabei.<br />

Die Faszination? »Man kann immer<br />

wieder unmöglich scheinende<br />

Grenzen überschreiten, sich entfalten,<br />

eigene Dinge kreieren.«<br />

Äußerste Konzentration:<br />

Lukas Irmler ist Meister seines Fachs.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 39


Als wäre die Kulisse nicht schon<br />

spektakulär genug: Highline-Kunst<br />

»Klar bin ich auch<br />

schon Free Solo gegangen.<br />

Sonst könnte<br />

ich ja nicht mitreden.<br />

Aber der Kick ist<br />

nicht so viel größer,<br />

als dass es in einer<br />

Relation zum Risiko<br />

stehen würde.«<br />

INFO<br />

Bänder, die die<br />

Welt bedeuten<br />

Von einfach bis sauschwierig:<br />

Slacklines im Überblick<br />

Trickline<br />

Ein Trickline-Set ist im Bergsportfachhandel<br />

oder im Internet bereits für 50 bis 100 Euro<br />

zu haben. Dafür gibt es Band, Spannmechanismus<br />

und Baumschlingen, Ratschen und<br />

Band-Flaschenzüge. Die Flachbänder sind<br />

etwa zwischen drei und fünf Zentimeter breit<br />

und zehn Meter lang. Es handelt sich um<br />

klassisches Polyester-Material. TÜV-geprüfte<br />

Sets – etwa für den Schulsport – sind<br />

etwas teurer (ab 100 Euro). Für Anfänger<br />

sollte das Band eine relativ große Spannung<br />

haben. Einsteiger können sich auch<br />

gegenseitig stützen.<br />

Longline<br />

Die Länge der Seile geht bei etwa 50 Metern<br />

los und ist beliebig ausdehnbar. Sie sind<br />

in der Regel etwas schmaler (2,5 Zentimeter)<br />

als die Trickline. Man benötigt stärkere<br />

Spannmechanismen und Bandmaterial, das<br />

größere Drucklast aushält. Ein guter, kugel -<br />

gelagerter Rollen-Flaschenzug kostet etwa<br />

500 Euro aufwärts. Der Aufbau ist dementsprechend<br />

aufwendiger. Die Longline wird<br />

immer noch in Absturzhöhe gespannt. Für<br />

den Otto Normalverbraucher bedeutet das<br />

maximal 2,5 Meter Höhe, um die Verletzungsgefahr<br />

zu minimieren. Profi s spannen<br />

das Seil höher. Aber Lukas Irmler warnt:<br />

»Da ist ein großer mentaler Aspekt dabei.«<br />

Highline<br />

Nichts für Anfänger, und auch nur bedingt<br />

für Fortgeschrittene! Mindestens ein er fah re -<br />

ner Slackliner sollte immer mit dabei sein.<br />

Man benötigt viel Knowhow für Aufbau und<br />

Absicherung der Seile sowie die Einschätzung<br />

der Stabilität von Felsklötzen. Im<br />

Prinzip reicht Longline-Equipment, aber man<br />

braucht noch mehr Material zur Sicherung.<br />

Verwendet werden geschlossene Sicherungssysteme.<br />

Auf der Highline sind Stahloder<br />

Titanringe eingefädelt, in denen ein<br />

Sicherungsseil eingespannt ist. Man sichert<br />

sich mit einem klassischen Achterknoten<br />

oder einem doppelten Bulinknoten. Highlines<br />

haben eine wesentlich höhere Vorspannung.<br />

Klassisches Polyester-Material kostet<br />

etwa zwei Euro pro laufendem Meter,<br />

Vectran-Seile aus Hightech-Fasern sieben<br />

bis acht Euro.<br />

In München zum Beispiel sind an Sommertagen<br />

im Englischen Garten oder auch rund<br />

um die Isar zig Seile zwischen Bäumen aufgespannt.<br />

Spontan statt geplant<br />

2011 also war das Management von Madonna<br />

an Lukas Irmler herangetreten. Der<br />

24-Jährige aus Freising in Oberbayern hätte<br />

die Pop-Diva auf ihrer Welt-Tournee begleiten<br />

können. Seine Kunststücke auf dem<br />

schmalen Schlauchband sollten die Bühnenshow<br />

bereichern. Für Irmler ein finanziell<br />

lukratives Angebot, das er dennoch<br />

ausschlug: »Ich hätte ein Jahr lang nichts<br />

anderes machen können und mein Leben<br />

danach ausrichten müssen«, sagt der 1,71<br />

Meter große Bayer. Keine »rationale Entscheidung«,<br />

sondern eine, die »tief innen«<br />

gereift sei. Geld, Glanz und Glamour – das<br />

alles konnte ihn nicht locken. Sein Leben<br />

ist nicht von stabsmäßiger Planung, sondern<br />

von Spontaneität geprägt. Er tingelt<br />

von Spot zu Spot. Das Treffen an diesem<br />

unwirtlichen Herbsttag ist ein besonders<br />

spektakuläres. Aus vielen Ländern sind die<br />

Slackliner gekommen, um vor der Kulisse<br />

der Dolomiten über zwischen Felsklötze<br />

und Felsvorsprünge gespannte, bis zu hundert<br />

Meter lange Seile zu balancieren.<br />

Nie ohne Sicherung<br />

Mehr als eine Woche dauert das Meeting<br />

nahe dem mondänen Olympiaort Cortina<br />

d’Ampezzo. Über Facebook hat sich die<br />

Slackline-Community verabredet. »Anders<br />

läuft es nicht«, sagt Christian Kruse aus<br />

München – ein Highliner der ersten Stunde<br />

und guter Freund von Lukas Irmler. Es<br />

ist ein Kommen und Gehen zum Basiszelt<br />

unweit des Rifugio Bosi am Monte Piana.<br />

Ein Ort mit trauriger Historie. Noch heute<br />

zeugen auf dem hochplateauartigen Gipfelbereich<br />

Stellungsanlagen und Schützengräben<br />

von der Vergangenheit. Der Berg war<br />

im Ersten Weltkrieg heftig zwischen Italienern<br />

und Österreichern umkämpft. Während<br />

des Aufstiegs vom Misurinasee, der auf<br />

1756 Metern Meereshöhe liegt, erzählt Irmler<br />

von seiner Leidenschaft. Wie er über das<br />

Klettern zum Slacklinen gekommen ist, wie<br />

plötzlich Deutschlands größter Sportartikelhersteller<br />

den Outdoor-Markt entdeckte,<br />

was für den 24-Jährigen ein Glücksfall war.<br />

Fotos: Christian Kruse (2), Harald Wisthaler (2)<br />

40 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Friedlich trainieren am Monte Piana:<br />

Im I. Weltkrieg verlief hier die Dolomitenfront.<br />

Das »Basislager«: die Zelte<br />

der Slackliner nahe des Rifugio Bosi<br />

Er machte noch seinen Bachelor in Chemie,<br />

danach nahm ihn Adidas unter Vertrag.<br />

Lukas Irmler ist für die Sportfirma eine<br />

Werbefigur für das Segment Outdoor wie<br />

die Huber-Buam. Mit Alexander Huber<br />

zum Beispiel war Lukas Irmler die Woche<br />

vor dem Trip in die Dolomiten auf Promotion-Tour<br />

in Polen und in der Slowakei. Im<br />

großen Versorgungszelt am Monte Piana<br />

sind sich alle einig: Ja, Lukas sei einer der<br />

besten Slackliner weltweit – keine Frage.<br />

Dennoch ist er bescheiden und alles andere<br />

als ein wilder Kerl. Ohne Sicherung gehe er<br />

auf keine Highline, schon allein der Vorbildfunktion<br />

wegen, betont er.<br />

Es gibt welche, die tun das. Der Amerikaner<br />

Andy Lewis etwa ist so ein Grenzgänger zwischen<br />

Himmel und Erde. »Free Solos« auf<br />

der Highline zählen zu seinem Repertoire.<br />

Eine Unaufmerksamkeit, und man stürzt in<br />

den Abgrund. »Klar bin ich auch schon Free<br />

Solo gegangen. Sonst könnte ich ja nicht<br />

mitreden«, räumt Irmler ein. »Aber der Kick<br />

ist nicht so viel größer, als dass es in einer<br />

Relation zum Risiko stehen würde.« Es gibt<br />

ja auch seine Freundin, »die Stimme der<br />

Vernunft«, sagt Irmler. Mit ihr hat er auch<br />

die Sache mit Madonna ausführlich besprochen<br />

und gemeinsam entschieden.<br />

Immer schön cool<br />

bleiben: Wer auf<br />

dem Band ist, wird<br />

kritisch beäugt.<br />

Highline auf 5222 Metern – Weltrekord<br />

Im Sommer 2012 hat der 24-Jährige einen<br />

neuen Weltrekord auf der Longline (Seil in<br />

Absturzhöhe) aufgestellt. Exakt 1000 Fuß –<br />

etwa 310 Meter – konnte er in einem Stück<br />

auf klassischem Polyester-Material durchgehen.<br />

Für ihn ein Traum, auf den er hingearbeitet<br />

hat. 1000 Fuß galten als Schallmauer<br />

auf der Longline. Jetzt gelang ihm ein neuer<br />

Coup: Irmler stellte einen neuen Slackline<br />

Höhen-Weltrekord am schneebedeckten<br />

Yanaphaqcha (5460 m) in den peruanischen<br />

Anden auf. Gemeinsam mit Mariano Breccia<br />

und Alex Estrada aus dem Adidas Outdoor<br />

Team Peru konnte der Deutsche eine Highline<br />

5222 Meter über dem Meeresspiegel<br />

auf bauen und erstbegehen. Die Faszination?<br />

»Man kann immer wieder unmöglich<br />

scheinende Grenzen überschreiten, sich<br />

entfalten, eigene Dinge kreieren.« Ein wenig<br />

ist es wie bei den Surfern – immer auf der<br />

Suche nach einem coolen Spot, nach der Mega-Welle.<br />

Im Falle der Slackliner eben nach<br />

spektakulären Felskulissen im Gebirge.<br />

Der Profi hat sich inzwischen schnell umgezogen<br />

und will ein paar Highlines bewältigen.<br />

Er ist nahezu der einzige an diesem<br />

bitterkalten Tag in den Dolomiten, der das<br />

wagt. Die Seile sind vereist. Gegenüber<br />

dominiert das mächtige Massiv des Monte<br />

Cristallo. »Oh, that’s crazy man, it’s pretty<br />

icy«, ruft Lukas Irmler dem Publikum zu,<br />

als er scheinbar spielerisch leicht auf dem<br />

ersten Seil spaziert. Das Band wackelt, er balanciert<br />

das Ungleichgewicht mit den Händen<br />

aus und geht weiter. Auf der nächsten<br />

Highline zeigt der Profi ein paar Kunststücke,<br />

geht in den Schneidersitz oder stützt<br />

sich nur mit den Händen ab und liegt waagrecht<br />

über dem Seil. »Ein wahrer Highline-<br />

Spielplatz hier«, sagt er, als er die vielen<br />

Seile rund um das Monte-Piana-Plateau<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 41


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Fotos: Harald Wisthaler<br />

Madonna wollte Lukas<br />

Irmler mit auf Tournee<br />

nehmen. Doch Geld,<br />

Glanz und Glamour<br />

konnten den Slackline-<br />

Profi nicht locken.<br />

»Ich hätte mein Leben<br />

danach ausrichten<br />

müssen.« Irmler wollte<br />

lieber frei bleiben.<br />

Mützen-Session: Im Gemeinschaftszelt ist<br />

trotz frostiger Temperaturen gute Stimmung.<br />

INFO<br />

erblickt. Und so harte Bedingungen mit zugefrorenen<br />

Seilen habe er auch schon lange<br />

nicht mehr erlebt. Es sind Übungen, die auf<br />

der kurzen Trickline einstudiert werden.<br />

An den Felsen der Meteora-Klöster<br />

»Das Coole auf der Highline ist, in den Abgrund<br />

zu blicken«, sagt der Extremsportler.<br />

In diesem Falle sieht man 500 Höhenmeter<br />

weiter unten die Umrisse des Misurinasees.<br />

Ringsum saftiges Grün vermittelt noch einen<br />

Rest Sommerstimmung. Hier oben ist<br />

das Hochplateau vom Schnee überzuckert.<br />

Normalerweise geht er barfuß auf den Seilen,<br />

was sich an diesem Tag allerdings nicht<br />

empfiehlt. Er behält die Schuhe an. Zurück<br />

im Zelt erzählt er von seinen Reisen: als er<br />

während einer Promotion-Tour in Südafrika<br />

am Tafelberg 1000 Höhenmeter über Kapstadt<br />

schwebte. Oder als er 2009 mit Freunden<br />

die spektakulären Felstürme der Meteora-Klöster<br />

in Griechenland hochkletterte<br />

und Highlines ging. Momente, die er nicht<br />

missen möchte. Es ist seine große Freiheit. ◀<br />

Die Highliner auf dem Hochplateau<br />

Im Jahr 2012 fanden etwa<br />

70 Leute den Weg zum<br />

Highline-Meeting am Monte<br />

Piana, 2013 waren es schon<br />

über 200 Sportler aus 18<br />

Nationen. »Kein Wettkampf,<br />

sondern es soll Menschen an<br />

einem historisch bedeutsamen<br />

Platz, wo vor 100 Jahren<br />

junge Leute gegeneinander<br />

gekämpft haben, vereinen«,<br />

sagt Chef-Organisator Armin<br />

Holzer, 26. Der Südtiroler<br />

aus Sexten musste wegen<br />

einer Knieverletzung seine<br />

Karriere als Skirennläufer<br />

beenden und ist nun begeisterter<br />

Slackliner. Auf dem<br />

Hochplateau des Monte Piana<br />

nahe der Drei Zinnen (15 bis<br />

20 Min. vom Rifugio Bosi<br />

entfernt) wurden insgesamt<br />

18 Highlines von sechs bis<br />

71 Metern Länge und eine<br />

vier armige, spinnennetzartige<br />

Space-Line aufgespannt.<br />

»Das Coole auf der Highline ist,<br />

in den Abgrund zu blicken.«<br />

Das faszinierende Gelände<br />

fi el Holzer im Frühjahr 2011 bei<br />

einer Skitour auf. »Die Canyons<br />

sind perfekt«, schwärmt<br />

Holzer. Das Highline-Meeting<br />

mit Live-Bands und Fun-Contests<br />

dauerte acht Tage. Unter<br />

anderem versorgte Beppe<br />

Monti, Wirt der Carduccihütte,<br />

die campenden Slackliner<br />

mit Südtiroler Spezialitäten.<br />

Das Event soll Mitte September<br />

2014 wieder stattfi nden.<br />

michael.meisl<br />

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Globetrotter Ausrüstung D-60314 Frankfurt/M.<br />

Yeah! AG<br />

D-63454 Hanau<br />

engelhorn sports D-68161 Mannheim<br />

BackPacker<br />

D-69115 Heidelberg<br />

Sport Eckmann GmbH D-79199 Kirchzarten<br />

Globetrotter Ausrüstung D-80331 München<br />

Karwendelsport<br />

D-82481 Mittenwald<br />

Sporthaus Ankirchner D-83022 Rosenheim<br />

Condition Steigenberger D-83229 Aschau<br />

Sport Plenk<br />

D-83324 Ruhpolding<br />

Sport Hochreiter<br />

D-83334 Inzell<br />

Bergzeit GmbH<br />

D-83607 Holzkirchen<br />

eXXpozed<br />

D-87439 Kempten<br />

Sport Manhard eK<br />

D-87459 Pfronten<br />

Outdoor Kipper<br />

D-87527 Sonthofen<br />

Sport Hauber<br />

D-87534 Oberstaufen<br />

Speiser GmbH<br />

D-87538 Bolsterlang<br />

Valtin<br />

D-91522 Ansbach<br />

Nordicsport HillBill D-94051 Hauzenberg<br />

Sport Luck<br />

D-98559 Oberhof<br />

Sport Kiefer<br />

D-79102 Freiburg<br />

Nordwand Sports GmbH D-87629 Füssen<br />

Yosemite Zermatt El Cap SA CH-1006 Lausanne<br />

Eiselin Sport AG<br />

CH-3011 Bern<br />

Stockhorn Sport<br />

CH-3600 Thun<br />

Troxler Sport&Mode<br />

CH-3775 Lenk<br />

Julen Sport<br />

CH-3920 Zermatt<br />

Eiselin Sport AG<br />

CH-6003 Luzern<br />

Schär Sport<br />

CH-6210 Sursee<br />

Norbert Joos Bergsport AG CH-7000 Chur<br />

Albeina Sport AG CH-7252 Klosters Dorf<br />

Gonzen Sport<br />

CH-7320 Sargans<br />

Go Vertical GmbH CH-7504 Pontresina<br />

Eiselin Sport AG<br />

CH-8006 Zürich<br />

Mountain Consulting AG CH-8610 Uster<br />

Fridolin Sport<br />

CH-8750 Glarus<br />

Sporthuus Amden<br />

CH-8873 Amden<br />

Climbing Shop<br />

A-4360 Grein<br />

Spitaler Sportstadl A-4582 Spital am Pyhrn<br />

Sport Lichtenegger A-4822 Bad Goisern<br />

Bründl<br />

A-5710 Kaprun<br />

Intersport OK<br />

A-6020 Innsbruck<br />

XL Rankweil<br />

A-6830 Rankweil<br />

Sport Zauner<br />

A-8790 Eisenerz<br />

Bergsport Vasold<br />

A-8940 Liezen<br />

Ski Willy A-8972 Ramsau am Dachstein<br />

Sport 2000 Wibmer<br />

A-9900 Lienz<br />

Passler<br />

A-9963 St. Jakob<br />

Alpinsport Gratz<br />

A-9981 Kals<br />

FREELANDERS<br />

L-8050 Bertrange


AUF TOUR<br />

Auf Skitour in Westgrönland<br />

Lockruf der<br />

Grönland, Ödland: Die größte Insel der Welt genießt nicht<br />

gerade den Ruf eines Urlaubsparadieses. Aber zwei Dinge<br />

gibt es hier im Überfluss: Schnee und Stille. Genau das<br />

macht Grönland zu einem Skitourenziel, das ein Leben lang<br />

im Gedächtnis bleibt. Von Folkert Lenz (Text und Bilder)<br />

Auf Sadel Island beginnen die Skitouren<br />

am Strand. Im Inneren Fjord bei Nuuk<br />

ankert das dreimastige Basislager.<br />

44 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Stille<br />

Alle Fotos: Folkert Lenz


Wer sich Grönland per Schiff<br />

nähert, bekommt unweigerlich<br />

den Eindruck eines Urkontinents.<br />

Ein karges Land,<br />

das aus dem Meer auftaucht.<br />

Wasser in allen Aggregatszuständen. Das<br />

wenige Leben versteckt sich. Ein paar kreischende<br />

Dreizehenmöwen drehen ihre<br />

Runden, hier und da eine Robbe. Sonst Leere.<br />

Eine archaische Welt.<br />

Mitten darin: Ein Segelschiff, vollbesetzt<br />

mit enthusiastischen Touristen, die nur ein<br />

Ziel haben: Skitouren im ewigen Eis. Die<br />

»Rembrandt van Rijn« nähert sich gemächlich<br />

der Küstenlinie im Ewigkeitsfjord. Seit<br />

ein paar Stunden erschüttern auch keine<br />

Brecher mehr den Rumpf des Dreimasters.<br />

Den Sturm der vergangenen Nacht hatte<br />

Kapitän Sven Holzhausen nämlich nutzen<br />

wollen: »Ab Windstärke 8 setzen wir die<br />

Segel, und dann geht es flott hinauf in den<br />

Norden«, war seine Ansage am Vorabend.<br />

Für manche Passagiere ein Versprechen, für<br />

andere eine Drohung. Doch jetzt tourt das<br />

schlanke, blau-weiße Schiff mit leise dröhnender<br />

Maschine durch den enger werdenden<br />

Fjord in Westgrönland. Die Segel sind<br />

Schwimmende Heimat: Die »Rembrandt<br />

van Rijn« vor der Stirnwand des Tateraat<br />

Wo sonst mischt sich das Klacken einschnappender Tourenbindungen<br />

mit dem leisen Plätschern anlandender Wellen?<br />

eingeholt, die Mägen der Mitfahrer haben<br />

sich beruhigt, genau wie die Wasseroberfläche.<br />

Und die Ski stehen bereit.<br />

Auf der Schiffsbrücke drängeln sich die<br />

Bergführer, ein Fernglas wandert reihum.<br />

Angestrengtes Linsen durch den Feldstecher,<br />

ein Landeplatz muss her. Links und<br />

rechts wachsen die Felswände aus dem<br />

Wasser empor. Die Schneehänge auf Meereshöhe<br />

dagegen machen sich rar. Expeditionsleiter<br />

Christoph Gnieser zuckt mit den<br />

Schultern und murmelt etwas von »umgekehrter<br />

nord-atlantischer Oszillation«: Ein<br />

Phänomen, das die Alpen in diesem Frühjahr<br />

im Schnee versinken ließ – Grönland<br />

dagegen machte schon im April seinem Namen<br />

– Grünes Land – alle Ehre. »In manchen<br />

Gegenden hier war es im Frühling um<br />

15 Grad zu warm«, erläutert der Geograf.<br />

Ausnahmezustand in der Arktis. Trotzdem<br />

ist Gniesers Suche nach geeignetem Skigelände<br />

erfolgreich. Wenig später brummt<br />

ein Schlauchboot mit einem Erkundungstrupp<br />

in Richtung einer kleinen Bucht.<br />

Als die Guides vom Land aus grünes Licht<br />

geben, dürfen auch die Gäste folgen. Sack<br />

und Pack, Mensch und Ski müssen jetzt ans<br />

46 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Ufer. Die Fahrt im Zodiac ist ein spritziges<br />

Vergnügen.<br />

Nach der Landung Irritation. So hatte sich<br />

die Freeride-Fraktion das nicht vorgestellt.<br />

Brusthohe Büsche verhindern fast den<br />

Abmarsch vom Ufer. Dann hart gefrorener<br />

Moränenschutt. Erst im flacheren Gelände<br />

kann die Gruppe die Steigfelle aufziehen.<br />

Dann weiter auf Ski – gemächlich über<br />

flache Hänge. Für manchen Heißsporn<br />

fast zu gemächlich. Schließlich ist die<br />

Zunge vom »Skislope«-Gletscher erreicht.<br />

Blassbläulich und nackt liegt er da, wie<br />

im Vorwinter. Den eigentümlichen Namen<br />

trägt das Eisfeld, weil die Einheimischen<br />

gelegentlich das Tal mit ihren<br />

Schneemobilen hinaufdonnern, um es<br />

auf Ski wieder hinab zu sausen. Doch<br />

heute bleibt alles still.<br />

Kein Wunder, denn auf dem blanken Gletschereis<br />

fährt niemand freiwillig. Spalten<br />

und Gletschermühlen lauern unter der<br />

dünnen Schneeauflage. Vorsichtig tastet<br />

sich der Skitourentrupp noch ein Weilchen<br />

über das Eis. Als Schneetreiben aufkommt,<br />

ist das Experiment beendet.<br />

Durchsicht: bizarre Eisformationen<br />

am Tateraat-Gletscher<br />

Umsicht: Bei Windstärke 8 schnallt man<br />

die Tourenski lieber gut fest.<br />

Wer ins steile Gelände will, muss auf<br />

Grönland erstmal flach marschieren.<br />

Im Grenzraum der Erde<br />

Ganz anders zwei Tage zuvor. Im Inneren<br />

Fjord bei Nuuk der erste Kontakt mit der polaren<br />

Landschaft. Obwohl das Tourengebiet<br />

nur ein paar Seemeilen von der grönländischen<br />

Hauptstadt entfernt ist, sind Skitouren<br />

in diesen Breiten ein echtes Abenteuer.<br />

»In dem Gelände, in das wir da vordringen,<br />

da gibt es keine Spuren, keine Wegweiser«,<br />

sagt der Innsbrucker Bergführer Christoph<br />

Höbenreich. Das Blitzen in seinen Augen<br />

zuckt fast durch die Gletscherbrille. Jahre<br />

hat der Arktisprofi in den eisigsten Regionen<br />

der Welt verbracht. Nun schwärmt er<br />

von der Menschenleere, der Abgeschiedenheit<br />

in den Grenzräumen der Erde.<br />

Sadlen heißt der Hauptgipfel auf der Sadel-<br />

Insel im Inneren Fjord. Ein flacher Buckel,<br />

an dem mancher der Skitouren-Experten<br />

achtlos vorbei schauen würde. In Grönland<br />

sind die 1200 Höhenmeter bis zu<br />

seiner Spitze doch etwas Besonderes. Wo<br />

sonst mischt sich das Klacken einschnappender<br />

Tourenbindungen mit dem leisen<br />

Plätschern anlandender Wellen? Vielleicht<br />

ist es auch der Gegensatz vom dunkelblau<br />

schimmernden Meer zu den blendend<br />

weißen Schneefeldern. Oder das Gefühl,<br />

immer weiter weg zu steigen von der<br />

menschlichen Welt, während der heimatlich<br />

anmutende Dreimaster immer kleiner<br />

wird unten auf dem Wasser. Vielleicht ist<br />

es auch das Kribbeln der Pioniere, das einen<br />

erfasst, wenn man auf Berge tourt,<br />

Aussicht: Die Ausgangspunkte erreicht man<br />

in Grönland am besten per Schlauchboot.<br />

TIPP<br />

Rembrandt van Rijn<br />

Der Dreimaster war ursprünglich als<br />

Heringslogger im Einsatz. Erst seit 1994<br />

transportiert der Focksegler Menschen,<br />

nachdem er zum Passagierschiff umgebaut<br />

wurde. Bei 56 Meter Länge und 7 Meter<br />

Breite ist für die 33 Passagiere und die<br />

Crew verhältnismäßig viel Raum an Bord.<br />

Die Kojen bieten allemal so viel Platz wie<br />

ein Lager in einer Alpenhütte. Daneben gibt<br />

es zwei große Aufenthaltsräume, eine Bar<br />

und viel Fläche auf den Außendecks, wo es<br />

aber empfi ndlich kühl werden kann.<br />

Die »Rembrandt van Rijn« ist kein Eisbrecher.<br />

Wegen ihres verstärkten Bugs ist sie aber<br />

geeignet für Expeditionsfahrten zu kleinen<br />

Inseln. In den Fjorden fährt sie meist mit<br />

der Maschine. Wenn Wind aufkommt und<br />

genug Platz auf dem Wasser ist, setzt der<br />

Kapitän die Segel: ein malerisches Schauspiel<br />

nicht nur für Landratten. Für Landgänge<br />

muss man in robuste Schlauchboote,<br />

so genannte Zodiacs, umsteigen.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 47


Steile Fjorde: Die Suche nach dem Ausgangspunkt<br />

ist bisweilen knifflig.<br />

Gar nicht so flach: auf einem namenlosen<br />

Gipfel auf der Insel Hamborgerland<br />

Skitour auf grönländisch:<br />

Abgeschwungen wird am Strand.<br />

die bislang kaum ein Mensch besucht hat.<br />

Vier Stunden dauert der Anstieg über nur<br />

leicht verschneites Geröll, über windverpresste<br />

Harschtafeln. Aber am Ende findet<br />

Höbenreich dann doch eine Reihe von<br />

Schneefeldern, über die es sich trefflich<br />

hinunter wedeln lässt. Nordseitig fast. Und<br />

sogar mit ein bisschen Powder, der auch die<br />

letzten Skeptiker überzeugt.<br />

Eigentlich kann es nicht all zu schwer sein,<br />

vernünftige Skitouren auf Grönland zu<br />

finden, sollte man meinen. Die Fjorde des<br />

Nordmeeres ermöglichen es, auf dem Wasser<br />

tief ins Inselinnere vorzudringen. Doch<br />

ein Landgang ist meist nur dort möglich, wo<br />

die Eismassen sich ein Bett bis auf Meeresniveau<br />

gegraben haben. Und dann heißt es<br />

erst mal laufen, laufen, laufen, bis die riesigen<br />

Gletscherbecken durchschritten sind.<br />

Die Abfahrtshänge liegen meist ein ganzes<br />

Stück von der Küste entfernt. Bis dahin aber<br />

geht es durch urweltliche Landschaften,<br />

wie man sie sonst nur in Alaska, in Patagonien<br />

oder der Antarktis findet.<br />

So auch am Tateraat-Gletscher. Kaum hebt<br />

sich die gar nicht so zierliche »Rembrandt<br />

van Rijn« von der mächtigen blauen Wand<br />

ab, die hier ins Polarmeer kalbt. Immer wieder<br />

brechen kleine Eisberge ab. Der stattliche<br />

Segler verkommt zur winzigen Staffage<br />

vor dieser Naturkulisse. Hier lernt man<br />

schnell, dass die Dimensionen der Arktis<br />

das bisher Gekannte sprengen. Wo sich die<br />

mächtigen Eisströme des Tateraat vereinigen,<br />

ist ein Areal entstanden, gegen das der<br />

Aletschgletscher wie eine Miniatur wirkt.<br />

Wer suchet, der findet: endlich Pulver,<br />

trotz »nordatlantischer Oszillation«<br />

Das Ende der Welt ist übersichtlich: Fels<br />

und Wasser in allen Aggregatzuständen<br />

KOMPAKT<br />

Schippernd zum Skitourengehen<br />

Reise: Es gibt kein besseres<br />

Verkehrsmittel, um in Grönland<br />

zum Startpunkt einer Skitour<br />

zu kommen. Und kein anderes.<br />

Bei so einer Reise dient<br />

ein Schiff als schwimmendes<br />

Basislager. Der Kombi-Trip<br />

mit Segelschiff und Ski hat<br />

Expeditionscharakter. Jeden Tag<br />

stehen Landgänge und Touren<br />

in Westgrönland<br />

auf dem Programm – abhängig<br />

vom Wetter und den Eisbedingungen<br />

auf dem Meer.<br />

An Bord sind mehrere Bergführer,<br />

die für die Sicherheit<br />

auf den Skitouren verantwortlich<br />

sind. Auch für Schneeschuhgeher<br />

gibt es Angebote.<br />

Bester Zeitraum: April, Mai<br />

Anreise: Per Linienfl ug von<br />

Kopenhagen (DK) via Kangerlussuaq<br />

(GL) nach Nuuk oder<br />

Maniitsoq.<br />

Anbieter und Buchung:<br />

Die Bergführer (DE),<br />

www.die-bergfuehrer.de;<br />

Oceanwide Expeditions (NL),<br />

www.oceanwide-expeditions.com<br />

Generelle Informationen:<br />

www.greenland.com<br />

Karte: www.openstreetmap.org<br />

48 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Ungewohnte Dimensionen<br />

Wer im schroffen Westgrönland auf Berge<br />

hinauf will, braucht Ausdauer und Weitwander-Ambitionen.<br />

Dafür aber wird der<br />

Skitourengeher mit Eindrücken belohnt,<br />

die er nicht so schnell vergisst. Vor allem ist<br />

es die Stille, die auffällt – wenn sie denn<br />

auffällt. Bei den Touren lässt Christoph<br />

Höbenreich die Gruppe darum manchmal<br />

innehalten. »Lauscht einfach mal drei Minuten:<br />

Nach draußen, aber auch in euch hinein«,<br />

rät der Guide. Kein Nesteln mit dem<br />

Reißverschluss! Kein Schnauben durch die<br />

Nase! Kein aufgeregtes Getrappel mit den<br />

Ski! Es fällt manchen schwer, auch nur für<br />

eine kurze Weile zur Ruhe zu kommen.<br />

Aber dann kommt die Ruhe auch zu ihnen.<br />

Kilometerlang haben die Bergführer samt<br />

ihren Gruppen schon ihre einsame Spur<br />

durch den nicht enden wollenden Gletscherboden<br />

gelegt. Bald ist klar: Der Sattel<br />

am Ende des Anstiegs markiert den Umkehrpunkt<br />

der Tagestour. Der Weiterweg<br />

auf eine der umliegenden Bergspitzen<br />

würde noch Stunden dauern. So mutet die<br />

Abfahrt genauso kontemplativ an wie der<br />

Weg hinauf. In beschaulichem Gleiten geht<br />

Es fällt manchen schwer, auch nur für eine kurze Weile zur<br />

Ruhe zu kommen. Aber dann kommt die Ruhe auch zu ihnen.<br />

es hinaus über den Tateraat-Gletscher, bis<br />

wieder die »Rembrandt van Rijn« in Sicht<br />

ist. Als die Gruppe zu den letzten Schwüngen<br />

am Ufer ansetzt, hat der Käptn schon<br />

die Zodiacs Richtung Land geschickt, um<br />

seine Passagiere einzusammeln.<br />

Richtig zackig sind dagegen die Höhen auf<br />

Hamborgerland. Die felsige Insel mit ihren<br />

schroffen Gipfeln liegt etwas nördlich<br />

der kleinen Ortschaft Maniitsoq. Und hier<br />

gibt es Anstiege, wie sie Alpinisten lieben:<br />

Steil geht es vom Ufer weg durch ein enges<br />

Couloir. Dann 900 Höhenmeter im perfekt<br />

geneigten Skigelände hinauf zu einem namenlosen<br />

Gipfel. Ein Wechtengrat und die<br />

kecke Felspyramide obendrauf schaffen<br />

hochalpines Ambiente. Da darf der Schnee<br />

auch ruhig ein wenig harschig oder verblasen<br />

sein. Wo die gleißende Wasserfläche<br />

des Ewigkeitsfjords in Sicht kommt, setzen<br />

auch die ambitioniertesten Fahrer zum<br />

Stoppschwung an. Diese Impression will<br />

sich keiner entgehen lassen. »Wer diese<br />

Wildnis einmal erlebt hat, der will das immer<br />

wieder«, sagt Höbenreich in die Stille<br />

hinein. Und die meisten ahnen, dass auch<br />

sie längst vom Polarvirus infiziert sind. ◀<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 49


BERGBILDER<br />

Fotowettbewerb: Winter in den Bergen<br />

Kristallwelten<br />

Wenn die Bergwelt in Weiß getaucht ist, bedeutet das<br />

beim Fotografieren eine besondere Herausforderung.<br />

Kontraste richtig einschätzen, die richtige Belichtung<br />

wählen. Für den BERGSTEIGER verrät der Bergfotograf<br />

und Autor Heinz Zak exklusiv Tipps und Tricks.<br />

Heinz Zak: Bergfotograf,<br />

Extremkletterer, Autor<br />

Für viele ist der Winter die »Anti-<br />

Foto-Jahreszeit«. Es gibt kaum<br />

Farben in der Natur, es ist kalt, und viele haben<br />

schon deshalb keine Lust zum Fotografi eren.<br />

Dabei hat auch der Winter in den Bergen seine<br />

besonderen Reize! Die kalte Luft hat weniger<br />

Feuchtigkeit und ist – zumindest am Berg – oft<br />

richtig klar. Der Himmel ist dann besonders<br />

blau, und die Sonne strahlt kristallklar. Morgenund<br />

Abendrot auf schneebedeckten Bergen<br />

leuchtet in wunderbarem Orange. Der Schnee<br />

selbst bietet vielfältige fotografi sche Möglichkeiten:<br />

Neuschnee oder Rauhreif verzaubern die<br />

Landschaft, Spuren der Ski bilden interessante<br />

Linien, der Wind zeichnet bizarre Muster.<br />

1 Manuelle Belichtung<br />

Kontrastreich: Gipfelglück auf der Schaufelspitze, Stubaier Alpen<br />

Wenn man die Belichtung nur über den Modus<br />

»Automatik« zu ermitteln versucht, gelangt man sehr<br />

schnell an Grenzen. Resultat sind falsch belichtete<br />

Bilder. Außerdem ist es ein Qualitätsmerkmal eines<br />

Fotografen, wenn er selbständig Belichtungszeit<br />

und Blende einstellen kann. Die Schwierigkeit für<br />

den Amateur besteht darin, sich grundsätzlich mit<br />

dem Thema »Belichtung« auseinanderzusetzen.<br />

Die Kamera hat einen Belichtungsmesser eingebaut,<br />

der auf eine »18 Prozent Graukarte« geeicht ist.<br />

Die ganze Thematik ist sehr umfangreich und gar<br />

nicht so einfach. Ich selbst kann hier nur in Kürze<br />

sagen: Ich belichte immer mit »Spotmessung« und<br />

manuell und suche mir die richtige Belichtung in<br />

einer Fläche, deren Helligkeit ich ungefähr beurteilen<br />

kann. Klingt verwirrend, wenn man es nicht selbst<br />

probiert. Auf graue Flächen gemessen muss ich die<br />

Belichtung nicht, auf weiße Flächen hin gemessen<br />

ins »Plus« korrigieren. Und das Beste an der manuellen<br />

Belichtung: Wenn ich etwas daneben liege, kann<br />

ich schnell selbst in die richtige Richtung korrigieren:<br />

Nur so kann ich Bilder mit der Sonne und dem<br />

<strong>Bergsteiger</strong> richtig belichten!<br />

Die richtigen Winter-Vorkehrungen<br />

Sonnenaufgang: Blick vom Wilden Pfaff<br />

Kälte fordert Mensch und Material<br />

besonders stark.<br />

Die Kälte beeinfl usst die Lebensdauer der Akkus<br />

beträchtlich. Verlassen Sie sich nicht auf Ihre Erfahrungen<br />

vom Sommer – ein Reserve-Akku gehört<br />

ohnehin standardmäßig in die Fototasche.<br />

Um die richtige Zeit und Blende einzustellen, muss<br />

man ohne Handschuhe fotografi eren. Besorgen<br />

Sie sich Fäustlinge mit einer abklappbaren Kappe.<br />

Das Raus- und Reinschlüpfen in Fingerhandschuhe<br />

ist mühsam, es wird einem schnell zu kalt.<br />

Wenn wir aus der Kälte in einen warmen, mit<br />

Menschen gefüllten Raum kommen, kondensiert<br />

die hohe Feuchtigkeit sofort an den Flächen<br />

der Optik. Gedulden Sie sich unbedingt und ver -<br />

suchen Sie nicht, das Kondenswasser von der<br />

Linse zu entfernen. Die Linse wird sich sofort<br />

wieder beschlagen und Sie laufen Gefahr, die Oberfl<br />

äche zu zerkratzen. Legen Sie die Kamera in<br />

einen möglichst trockenen Raum, wo sie langsam<br />

aufgewärmt wird.<br />

Vorsicht! Wer auf einer Skitour für ein Foto aus<br />

der Spur geht oder fährt, muss die Lawinenlage<br />

beziehungsweise Spalten am Gletscher in seine<br />

Abwägung mit einbeziehen.<br />

50 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Das Faszinierende am Detail: Kristallstrukturen vor den Ahrnspitzen, Wetterstein<br />

Tiefenschärfe<br />

2<br />

Um so viel Schärfe von vorne bis ganz hinten ins<br />

Bild zu bekommen, muss man ebenfalls manuell<br />

belichten und die Blende auf eine kleine Öffnung<br />

stellen, auf Blendenzahl 16 oder sogar 22. Es ist<br />

dann noch eine kritische Entscheidung, auf welchen<br />

Punkt im Bild man scharf stellt. Meine Regel:<br />

Der Vordergrund muss scharf sein. In diesem Bild<br />

also die etwa zehn Zentimeter großen Rauhreif-<br />

Kristalle. Das Spiel mit dem Bildaufbau ist ferner<br />

eine spannende Angelegenheit: Wie viele Kristalle<br />

will man in den Vordergrund setzen, wie viel vom<br />

Berg soll man noch sehen? Jeder hat hier seine<br />

individuelle Perspektive, bei der er sich wohlfühlt.<br />

Ein Wintertraum: beim Aufstieg auf die Wildspitze im Ötztal<br />

3 »Weiß« ist kritisch!<br />

Die Darstellung von »Weiß« ist die Schwachstelle<br />

der Sensoren in der Digitalfotografi e. Besonders<br />

kritisch für die Qualität der Fotos wird es, wenn<br />

»Weiß« zu hell belichtet wird. Solange wir nur große<br />

weiße Flächen fotografi eren, ist das kein Problem,<br />

selbst wenn man mit »Automatik« fotografi ert. Wenn<br />

dann aber ein Mensch groß ins Bild kommt, muss<br />

der Fotograf den hohen Kontrast zum hellen Hintergrund<br />

unbedingt berücksichtigen. Die Automatik<br />

der Kamera würde dann leider zu hell belichten!<br />

Weiße Flächen haben dann schnell keine Struktur<br />

mehr. Solch ein Foto ist für einen Profi unbrauchbar.<br />

Die beste Lösung ist ohnehin die Umstellung auf<br />

»Manuelle Belichtung«.<br />

4<br />

Aufhellblitz<br />

Gerade bei Personen im Bild ist es im Winter<br />

besonders wichtig, das fehlende Licht im Gesicht<br />

durch einen Aufhellblitz zu erreichen. Nicht jeder hat<br />

ein externes Blitzgerät zur Verfügung, und ausgerechnet<br />

dann, wenn wir es brauchen, liegt es bestimmt<br />

daheim im Schrank. Ein kleiner Aufhellblitz an der<br />

Kamera selbst wirkt aber sprichwörtlich »Wunder«.<br />

Er bringt nicht nur Licht ins Gesicht, sondern<br />

eliminiert auch ungern gesehene Falten. Je nach<br />

Aussage des Bildes können wir die Intensität des<br />

Blitzes beliebig reduzieren. Optimal ist natürlich<br />

ein Blitzlicht, das leicht von der Seite kommt – das<br />

Gesicht bekommt dadurch mehr Tiefe.<br />

Weitere Tipps und Bildbeispiele gibt es beim<br />

nächsten Fotowettbewerb zum Thema »Frühling«<br />

in der März-Ausgabe des BERGSTEIGER!<br />

Zauberhaft: auf Tour im Hochstubai<br />

Profitour bei den<br />

Fototagen in Oberstdorf<br />

Schicken Sie uns Ihre besten Winterbilder!<br />

Der Hauptgewinn ist die Teilnahme bei den<br />

»Outdoor-Fototagen Fellhorn/Nebelhorn mit<br />

Gipfelbiwak« (13.–14. Juni 2014) und zwar<br />

mit dem Profi Heinz Zak. Die Plätze 2 bis 5<br />

erhalten jeweils ein Bruckmann-Buch »Die<br />

hohen Dreitausender der Alpen«. Teilnehmen<br />

kann jeder Hobbyfotograf. Bis zu drei Bilder<br />

dürfen digital zunächst in niedriger Aufl ösung<br />

an bergsteiger@bruckmann.de eingesandt<br />

werden. Wir veröffentlichen die besten Bilder<br />

mit Kurzbesprechungen von Heinz Zak. Bild-<br />

Collagen werden nicht bewertet. Einsendeschluss<br />

ist der 31. 01. 2014. Der Rechtsweg<br />

ist ausgeschlossen.<br />

12⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 51


KOLUMNE<br />

Beschränkt<br />

<strong>Bergsteiger</strong> brauchen keine Ratschläge von Menschen,<br />

die zwanghaft ihr Leben entrümpeln. Für Gipfeltouren<br />

beschränken wir uns freiwillig. Kampagnen<br />

von Outdoor-Firmen perlen an uns ab. Von wegen.<br />

Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />

Sandra Zistl<br />

ist im bayerischen Oberland<br />

an und mit den Bergen<br />

aufgewachsen. Sie arbeitet als<br />

freie Journalistin und Autorin<br />

für verschiedene Zeitungen<br />

und Magazine. Die 34-Jährige<br />

schreibt im Wechsel mit Axel<br />

Klemmer, Caroline Fink und<br />

Eugen E. Hüsler über das aktuelle<br />

Geschehen in den Bergen.<br />

Interessant, dachte ich mir, als ich zum<br />

ersten Mal von Menschen las, die von sich<br />

behaupten, nur 100 Dinge im Leben zu<br />

brauchen. Socken einzeln gezählt. Seit etwa<br />

zwei Jahren bekennen sich immer mehr<br />

Männer und Frauen zu einem angeblich<br />

neuen Minimalismus. Sie schreiben Bücher<br />

und Blogs voll mit ihren Erkenntnissen dazu,<br />

wie es ist, Kleidung und Freundeskreis<br />

auszumisten (sic!), den Fernseher wegzuwerfen<br />

und dann plötzlich weniger Ballast<br />

und mehr Zeit für die verbliebenen Freunde<br />

zu haben und sich selbst dabei mehr zu spüren.<br />

»Downsizing« nennen sie das.<br />

Nicht reden, machen<br />

Was für ein Schmarrn, dachte ich mir. Wenn<br />

ich mich einschränken wollte, würde ich<br />

das vielleicht ein paar Freunden erzählen.<br />

Ansonsten aber einfach machen. Vor allem<br />

muss ich nicht meinen Fernseher wegwerfen,<br />

um auf die Idee zu kommen, Freunde zu<br />

treffen. Ich komme eh nicht zum Fernsehen,<br />

da ich in meiner Freizeit Freunde treffe oder<br />

in die Berge gehe. Den Rucksack packen und<br />

genau überlegen, was da wirklich hineinmuss,<br />

das ist mein Minimalismus; statt Abwechslung<br />

vor Bildschirmen zu suchen, auf<br />

ein Highlight des Tages setzen: den Gipfel;<br />

und dort eine einfache Brotzeit genießen.<br />

Es geht Ihnen doch genauso, oder? Lust an<br />

der Verschwendung ist nicht das, was <strong>Bergsteiger</strong><br />

auszeichnet. Im Bewusstsein, kein<br />

Kapitalismusopfer zu sein, das nur deshalb<br />

etwas nachfragt, weil es so viele Sachen angeboten<br />

bekommt, hakte ich den Minima-<br />

listen-Trend für mich ab. Dann ging dieser<br />

unbeschreiblich schöne Sommer zur Neige.<br />

Erste kühle Tage brachten das Bewusstsein<br />

zurück, dass man am Berg bald nicht mehr<br />

nur mit einer Notfall-Regenjacke auskommen<br />

würde.<br />

Kauf mich nicht!<br />

Eine Daunenjacke, das wär’ mal was. Ich<br />

liebäugele schon seit langem mit einem<br />

dieser neuen Teile, die total dünn und total<br />

warm sind. Im Internet stieß ich nicht nur<br />

auf eine erschlagende Fülle total teurer Jacken,<br />

sondern auch auf die Kampagne eines<br />

sehr bekannten Herstellers. Mit dem Spruch<br />

»Kaufen Sie diese Jacke nicht!« bewirbt er eine<br />

neue Fleece-Jacke. Was das soll? Der Hersteller<br />

fordert seine Kunden bereits seit zwei<br />

Jahren dazu auf, statt ständig Neues zu kaufen,<br />

die alten Sachen aufzutragen, zugunsten<br />

der Umwelt. Oder nach gebrauchten zu<br />

suchen. Dafür betreibt er auf seiner Homepage<br />

und bei Ebay einen Internet-Shop.<br />

Ertappt, dachte ich mir. Gerade fühltest du<br />

dich noch als glorreiche Undercover-Minimalistin,<br />

doch kaum wird es kühler, kehrt<br />

Kauflust ein. Gut, dass es so weise Hersteller<br />

gibt, die unsere Bedürfnisse downsizen.<br />

Klar, dass das bei <strong>Bergsteiger</strong>n zieht. Dachte<br />

ich. Bis ich nachforschte, wie sich die Verkaufszahlen<br />

des Unternehmens seit der<br />

Kauft-nicht-Kampagne entwickelt hatten:<br />

ein Drittel mehr Umsatz als im Vorjahr. Die<br />

Outdoor-Klamotten, die man nicht kaufen<br />

sollte, fanden reißenden Absatz. Unter<br />

<strong>Bergsteiger</strong>n. Sehr interessant.<br />

◀<br />

52 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


photo: Espen Mortensen www.esmofoto.no<br />

DYNAMIC PERFORMANCE<br />

Product: Aletsch Jacket<br />

WATERPROOF<br />

BREATHABLE<br />

WINDPROOF<br />

WWW.SYMPATEX.COM


TIPP<br />

12 Tourenkarten zum Mitnehmen<br />

Die besten Touren aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/13<br />

Diablerets, Mariazeller Land, Lungau,<br />

Dachstein, Rofan, Comer See, Provence<br />

Abtrennen<br />

Falten<br />

Einstecken<br />

1 Le Montet,<br />

2 Via Sacra,<br />

5 Bayreuther Hütte, 6 Streichkopf,<br />

3 Plassen,<br />

4 Gosauseen –<br />

leichte Rundwanderung<br />

auf guten Wegen<br />

lange Wanderung ,<br />

meist auf Forstwegen<br />

technisch unschwieriger,<br />

steiler Anstieg<br />

landschaftlich eindrucksvoller<br />

Weg<br />

teils steiler, teils schrofiger<br />

Gipfelaufstieg<br />

Hallstatt, stiller Steig<br />

durch Karstgelände<br />

11 Rocher du Caire,<br />

12 Rocher de<br />

10 Monte San Primo, 9 Monte Barro,<br />

7 Lachriegel,<br />

exponierter Aufstieg,<br />

oben Genusswanderung<br />

Chalancon, großteils<br />

auf bequemen Wegen<br />

leichte Höhenwanderung<br />

mit viel Aussicht<br />

kurze, am Gipfel steile<br />

Tour, Kletterstellen (I)<br />

einfache Rundtour durch<br />

Landschaftsschutzgebiet<br />

8 Wiesberg,<br />

Sonnenhang zur<br />

Wildbachhütte<br />

GPS-Daten als Download unter www.bergsteiger.de, falls vorhanden<br />

Tourenart<br />

Schwierigkeit<br />

Wandern Klettern Klettersteig Hochtour Skitour<br />

Blau: leicht Rot: mittel Schwarz: schwierig


TIPP<br />

Diableretsgruppe Le Montet (689 m)<br />

1<br />

Im Salzbergwerk von Bex und beim Steinbruch auf den Hügeln von Montet<br />

Auf dieser kleinen Rundwanderung wird das alte, aber noch immer betriebene Salzbergwerk<br />

von Bouillet erreicht, für dessen Besichtigung man sich unbedingt zwei Stunden Zeit nehmen<br />

sollte. Die Eindrücke, die man im Schaubergwerk gewinnen kann, sind einzigartig.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013– Seite 64<br />

380 Hm | 3¼ Std.<br />

normale Wanderausrüstung;<br />

Stöcke empfehlenswert<br />

Talort: Bex (430 m)<br />

Ausgangspunkt: Les Dévens (489 m)<br />

Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite N<br />

46.271160° Länge E 007.014393°<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung<br />

Kindereignung: ab ca. 8 Jahren<br />

Entfernung: 9,65 km<br />

Gehzeiten: Aufstieg 2½ Std., Abstieg ¾ Std.<br />

Beste Jahreszeit: Frühling bis später Herbst<br />

Karte: Kompass-Digitalkarte 1:50 000, Blatt 4312 »Schweiz«<br />

Informationen: Offi ce de tourisme de Bex, Avenue de la Gare 24,<br />

CH-1880 Bex, www.bex-tourisme, Tel. 00 41/(0) 24/4 63 30 80<br />

Einkehr: Restaurant »Chez le Chat« beim Salzbergwerk<br />

Schwierigkeiten: Die Wanderung verläuft auf teils breiten,<br />

teils schmalen Wegen, die zwar steil auf- oder abwärts führen,<br />

aber kaum durch absturzgefährliches Gelände führen.<br />

TIPP<br />

Mariazeller Land Via Sacra – vierte Etappe<br />

2<br />

Stille Wege in den Wiener Bergen<br />

Mariazell ist der wichtigste Pilgerort für die Wiener, erreichbar in vier bis fünf Tagen über die<br />

Via Sacra oder über den Wiener Wallfahrerweg. Eine der schönsten Etappen der Via Sacra führt von<br />

Türnitz durch die Falkenschlucht bis nach Mariazell.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 32<br />

690 Hm | 6 Std.<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Türnitz (466 m)<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz Türnitz oder Eingang in die<br />

Falkenschlucht<br />

Endpunkt: Mariazell (868 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Postbus Nr. 552 von<br />

Wien (etwa dreimal am Tag pro Richtung). Von Türnitz an<br />

den Wochenenden Bummelzug bis zum Eingang in die<br />

Falkenschlucht (Infos dazu unter www.tuernitz-noe.at)<br />

Gehzeiten: Türnitz – Eisernes Tor (533 m; 1¼ Std.) –<br />

Eingang Falkenschlucht (601 m, ¾ Std.) – Ulreichsberg (878 m;<br />

1¼ Std.) – am Rottenbach entlang zur Buchtelwirtin (834 m;<br />

¾ Std.) – Hubertussee (825 m; ¼ Std.) – Habertheuersattel<br />

(1015 m; 1 Std.) – Habertheuer – Mariazell (¾ Std.)<br />

Beste Jahreszeit: Je nach Schneelage bis Mitte Dezember<br />

Karte: freytag & berndt 1:50 000, WK 031<br />

Führer: Esterbauer (Hrsg.) »Fernwanderweg Via Sacra,<br />

Wiener Wallfahrerweg«, Hikeline Wanderführer<br />

Information: Mostviertel Tourismus, Tel. 00 43/(0)74 16/<br />

5 21 91, www.mostviertel.info; Tourismusverband Mariazeller Land,<br />

Tel. 00 43/(0)38 82/23 66, www.mariazell.at<br />

Einkehr: Gasthaus Reininger »Buchtelwirtin«, Walstern 18<br />

im Halltal, Tel. 00 43/(0) 38 82/22 35, Mo/Di Ruhetag<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Einfache, aber lange Wanderung<br />

meist auf breiten Forstwegen, teils asphaltiert – nur durch<br />

die Falkenschlucht verengt sich der Pfad (bequeme Holzsteige).<br />

TIPP<br />

Dachsteingruppe Plassen (1953 m)<br />

3<br />

Aussichtsberg über dem Hallstätter See<br />

In Verbindung mit dem Aufstieg über den Salzberg ergibt sich eine empfehlenswerte Wanderung,<br />

die einige historisch bedeutsame Stationen beinhaltet, etwa das Schaubergwerk oder die Ausgrabungsstätte<br />

des keltischen Gräberfelds über Hallstatt.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 68<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Hallstatt (532 m)<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz in Hallstatt, Zufahrt über<br />

den Umgehungstunnel (532 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Bahn bis Steeg am Hallstätter<br />

See, ab hier Bus nach Hallstatt oder auch Schiff<br />

(von Bahnhaltestelle Hallstatt am Ostufer des Sees)<br />

Gehzeiten: 4 Std. Aufstieg, 3 Std. Abstieg<br />

Beste Jahreszeit: Juli bis Oktober<br />

1450 Hm | 7 Std. Karte: AV-Karte 1:25 000, Nr. 14 »Dachstein«<br />

Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Inneres Salzkammergut,<br />

Geschäftsstelle Hallstatt, Tel. 00 43/61 34/82 08,<br />

www.dachstein-salzkammergut.at<br />

Einkehr: Am Rudolfsturm, Tel. 00 43/(0)61 32/2 00 24 90<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Ein schöner Aussichtsberg<br />

hoch über Hallstatt mit Blick auf die Dachsteingruppe. Gut<br />

mit einem Besuch des Salzbergwerks und des eisenzeitlichen<br />

Gräberfelds kombinierbar. Auf Friedrich Simonys Rat hin wurden<br />

die dortigen Funde komplett verkauft und damit als vollständige<br />

Sammlung erhalten, sie liegt heute im Naturhistorischen Museum<br />

Wien. Nach dem steilen Aufstieg zum Rudolfsturm folgt ein<br />

ein facher Wanderweg, der im oberen Abschnitt wieder deutlich<br />

steiler wird und hier auch durch Schrofengelände mit kurzen<br />

versicherten Passagen führt; Trittsicherheit ist hier nötig.


TIPP<br />

Diableretsgruppe Le Montet (689 m)<br />

Aufstieg: Von der Brücke über die Gryonne dem Wanderweg<br />

folgen, der neben dem Bach nach NO gering ansteigt.<br />

Nach vielen Wehren zu einer Staumauer. Dort zweigt der<br />

Weg rechts ab, steigt zu einer Straße an und erreicht den<br />

Eingang ins Salzbergwerk. Nach der Besichtigung des<br />

Schaubergwerks links haltend der Wanderwegmarkierung<br />

folgen anfangs ziemlich eben, dann ein wenig auf und ab<br />

zu einer Hangkante. Nun auf dem Weg durch einen Weinberg<br />

ein Asphaltsträßchen queren und an den unteren<br />

Ortsrand von Le Chane. Dort rechts der Wegemarkierung<br />

weiter folgen, ein wenig abwärts, links herum und wieder<br />

auf einen Fahrweg. Auf ihm nach SO zur Bushaltestelle<br />

in einer Straßenkehre, die Straße nach links verlassen,<br />

um einem asphaltierten Fahrweg zu folgen. An Wegverzweigung<br />

rechts abbiegen, an der Schindelmacherei<br />

vorbei, eine Autostraße queren und zu einem Parkplatz<br />

beim Trimmpfad. Beim Ende des Parkplatzes in einem<br />

leichten Rechtsbogen nach O durch den Wald und bei der<br />

Wegverzweigung rund fünf Min. geradeaus zum Findling<br />

Pierra Besse und auf gleichem Weg zur Verzweigung<br />

zurück. Nun gegen SW abzweigen und nach weiteren fünf<br />

Min. zum Bloc Monstre. Neben diesem Findling schwingt sich der<br />

Weg etwas auf und steigt in vielen Kehren gering gegen S durch<br />

den Wald an, bis er schließlich zum Eisenpavillon auf einem<br />

Sturzblock stößt, neben dem er einen Fahrweg quert. Auf beschildertem<br />

Wanderweg zu einem weiteren Fahrweg hinauf. Bei der<br />

folgenden Verzweigung rechts halten und auf einer alten Fahrspur<br />

zu einem breiteren Sträßchen. Auf ihm nach rechts bis zur Scheitelstrecke.<br />

Von ihr auf die erste nach rechts abzweigende Fahrspur<br />

einbiegen und sie sogleich wieder nach links verlassen, um einer<br />

Trittspur zum Gipfel zu folgen.<br />

Abstieg: Vom Gipfel auf der Trittspur zur Aufstiegsroute zurück<br />

und auf dem Fahrweg gegen W weiter bis zur breiten Werksstraße,<br />

die nach rechts in ein paar Min. zum Gipssteinbruch ansteigt. Auf<br />

der Werksstraße ziemlich steil hinab, erst in Talnähe etwas fl acher<br />

und zur Autostraße, der man ein paar Meter nach links folgt. Bei<br />

der Bushaltestelle rechts abbiegen, zwischen dem Gestüt und der<br />

Pilzzucht bis zur Bachbrücke. Dort rechts und neben der Gryonne<br />

zum Ausgangspunkt zurück.<br />

Siegfried Garnweidner<br />

Blick von den Hügeln von Montet zu den Diablerets<br />

Foto: Siegfried Garnweidner<br />

TIPP<br />

Mariazeller Land Via Sacra – vierte Etappe<br />

Route: In Türnitz dem Fluss Türnitz bis zur Mündung der<br />

Traisen bei Auhof folgen. Nun auf asphaltiertem Weg durch<br />

das anfangs weite Tal der Traisen sanft aufwärts, bis sich<br />

der Weg hinter Moosbach an Punkt 483 m gabelt. Rechts<br />

haltend weiter entlang des Flusses, der nun Retzbach<br />

heißt, an einigen Weilern und einzelnen Höfen vorbei.<br />

Kurz vor dem Eisernen Tor geht der Asphalt in Schotter<br />

über. Das Tal wird nun enger, links und rechts des Weges<br />

wächst ein dichter Buchen-Mischwald an den Hängen.<br />

An Abzweigungen immer rechts haltend weiter talein- und<br />

aufwärts bis zum Eingang in die Falkenschlucht. Ein Schild<br />

weist auf diesen etwas holprigeren Wegabschnitt hin. Über<br />

Holzbrücken nun zwischen Felswänden hindurch in die<br />

wildromantische Schlucht, deren Buchenwälder im Herbst<br />

in zauberhaftem Rotgold leuchten. Oberhalb der Schlucht<br />

mündet der Waldpfad wieder in den breiten Forstweg, der<br />

nun wieder etwas sanfter ansteigt zum Sattel zwischen<br />

Karnermauer und Garschkogel. Nach dem Abstieg in den<br />

unscheinbaren Weiler Ulreichsberg auf einer einsamen<br />

Asphaltstraße am Rottenbach sanft abwärts bis zur Buchtelwirtin<br />

kurz vor dem Hubertussee. Als »Buchteln« werden<br />

in Österreich die süßen Hefeteignudeln aus dem Rohr bezeichnet;<br />

bei der Einkehr in die Buchtelwirtin sollte man unbedingt eine<br />

dieser Rohrnudel-Spezialitäten probieren, die es mit Zwetschgenfüllung<br />

und wahlweise mit Eierlikör- oder Mohn-Butter-Sauce<br />

und Sahne gibt. In nur wenigen Minuten zum Hubertussee. Der<br />

Weg rund um den See und weiter an der Walster, wie der Auslauf<br />

aus dem See heißt, ist ebenfalls asphaltiert. Eineinhalb Kilometer<br />

lang folgt man ihm, dann zweigt ein Schotterweg durch die Sattelgrube<br />

auf den Habertheuersattel ab. Der letzte Aufstieg für diese<br />

Tour fordert noch einmal die Beinmuskulatur heraus, dann geht<br />

es – mit herrlichem Ausblick auf den mächtigen Ötscher und auf<br />

den Erlaufsee unter der Gemeindealpe – abwärts nach Mariazell.<br />

Dort erwarten unzählige Souvenirläden mit Devotionalien von<br />

Heiligenfi guren bis zu Rosenkränzen die Wanderer. Sehenswert<br />

sind vor allem die im Vergleich zum Ort riesige Basilika und der<br />

wunderschön gelegene, weitläufi ge Friedhof.<br />

Dagmar Steigenberger<br />

Die Basilika von Mariazell<br />

Foto: Dagmar Steigenberger<br />

TIPP<br />

Dachsteingruppe Plassen (1953 m)<br />

Aufstieg: Aus dem Ortszentrum Hallstatt führt anfangs<br />

durch die Gassen, dann auf einem steilen Treppenweg der<br />

Salzbergweg hinauf zum Rudolfsturm (865 m). Auf dieser<br />

Trasse wurde einst das Salz – überwiegend von Frauen,<br />

sogenannten Kerntragerweibern – vom Salzbergwerk nach<br />

Hallstatt getragen. Alternativ kann man hierher auch mit<br />

der Salzbergbahn vom Ortsteil Hallstatt-Lahn hinauffahren,<br />

diese verkehrt aber erst ab 9 Uhr.<br />

Am keltischen Gräberfeld vorbei steigt man auf dem Weg<br />

640 nun das Tälchen hinauf zum Salzbergwerk (ein Besuch<br />

bietet sich für den Rückweg an) und weiter bergan, an zahlreichen<br />

Stolleneingängen vorbei; man bewegt sich hier durchwegs auf<br />

historischem Boden.<br />

Entweder auf der Forststraße oder auf Fußwegabkürzern hält man<br />

sich im Folgenden über die teils steile Ostfl anke hinauf Richtung<br />

Plassen. Halbzeit bildet der Hohe Wasserstollen (1234 m),<br />

zu dem man sowohl über die Forststraße wie auf dem Fußweg<br />

gelangt. Anschließend geht es bald auf schmälerem Weg durch<br />

Mischwald, dann durch Latschen hinauf zur Hohen Matt<br />

(1572 m). Die Vegetation wird immer spärlicher, der Ausblick<br />

auf den Dachstein dafür immer besser. Kurze schrofi ge Stellen<br />

sind mit Drahtseilen versichert. So steigt man steil hinauf, bis<br />

der Weg auf die deutlich fl achere Nordseite des Plassen geht<br />

und man die letzte Viertelstunde bequem zum Gipfelkreuz des<br />

Plassen ansteigt.<br />

Abstieg: Der kürzeste Abstiegsweg folgt dem Aufstieg.<br />

Andrea Strauß<br />

Panorama: www.peakfinder.org


TIPP<br />

Dachsteingruppe Übergang Gosauseen – Hallstatt<br />

4<br />

Vergessene Pfade auf der Nordseite des Dachsteins<br />

Der Übergang von den Gosauseen hinüber zum Hallstätter See ist<br />

selten begangen und führt durch eine ruhige Gegend, die eher Mittelgebirgscharakter<br />

hat, als dass sie den Gletscherregionen des Dachsteins<br />

ähneln würde; Höhepunkte sind der eigentliche Übergang und<br />

das romantische Echerntal.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 68<br />

960 Hm | 7 Tage<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Hallstatt (532 m)<br />

Ausgangspunkt: Vorderer Gosausee (937 m),<br />

Endpunkt: Hallstatt (532 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Bahn bis Steeg am<br />

Hallstätter See, ab hier Bus nach Hallstatt oder auch Schiff<br />

(von Bahnhaltestelle Hallstatt am Ostufer des Sees), den<br />

Ausgangspunkt erreicht man am besten mit dem Bus von<br />

Hallstatt über die Gosau<br />

zum Vorderen Gosausee.<br />

Gehzeiten: 2 Std. zum<br />

Hinteren Gosausee, 2 Std.<br />

zum Bärwurzanger, 3 Std.<br />

Abstieg<br />

Beste Jahreszeit:<br />

Juli bis Oktober<br />

Karte: AV-Karte 1:25 000, Nr. 14 »Dachstein«<br />

Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Inneres Salzkammergut,<br />

Geschäftsstelle Hallstatt, Tel. 00 43/61 34/82 08,<br />

www.dachstein-salzkammergut.at<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Beim Übergang von den Gosauseen<br />

durch Karstgelände ins Echerntal und hinab nach Hallstatt<br />

handelt es sich um einen selten begangenen Steig, dessen<br />

Reize eher im Kleinen liegen und weniger im großartigen<br />

Panorama. Vom Ausgangspunkt am Vorderen Gosausee bis<br />

zum Hinteren Gosausee folgt der Weg einer Almstraße, dann<br />

wird er schmal, ist aber durch die Wegführung in Karstgassen<br />

eindeutig. Ab dem Echerntal befi ndet man sich wieder in<br />

häufi g begangenem Gelände.<br />

TIPP<br />

Rofangebirge Bayreuther Hütte (1576m)<br />

5<br />

Anstieg aus dem Inntal<br />

Für den Hochsommer kaum zu empfehlen, führt dieser Aufstieg über ideales Gelände, um die Wandersaison<br />

zu verlängern. Die Hütte ist zwar im Winter geschlossen, bietet aber tolle Ausblicke auf Inntal<br />

und Alpenhauptkamm. Konditionsstarke können optional noch das Vordere Sonnwendjoch anhängen.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013– Seite 20<br />

1050 Hm | 5 Std.<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Münster (541 m)<br />

Ausgangspunkt: Kirchplatz Münster<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Von München nach<br />

Rosenheim und mit Regionalbahn 5117 bis Brixlegg.<br />

Von dort mit Bus 4111 nach Münster; Haltestelle<br />

Gemeindeamt<br />

Karte/Führer: Alpenvereinskarte 1:25 000, »Rofan«.<br />

Michael Pröttel »Das perfekte Bergwochenende«,<br />

Bruckmann Verlag<br />

Fremdenverkehrsamt: Alpbachtal-Tourismus Kramsach,<br />

Tel. 00 43/53 37/2 12 00, www.alpbachtal.at<br />

Hütte: Bayreuther Hütte (1576 m), im Winter geschlossen,<br />

kein Winterraum.<br />

Charakter/Schwierigkeit: Steiler, aber abwechslungsreicher<br />

Anstieg, der etwas Kondition erfordert; keinerlei technische<br />

Schwierigkeiten.<br />

Tipp: Wer früh dran ist und eine sehr gute Kondition hat, kann<br />

zusätzlich das Vordere Sonnwendjoch (2224 m) besteigen<br />

(zusätzlich 3 Std. Gehzeit und 650 Hm).<br />

TIPP<br />

Rofangebirge Streichkopf (2243 m)<br />

6<br />

Vom Achensee auf den Streichkopf<br />

Der südseitige Anstieg von Maurach über die Dalfazalm ins Rofangebirge ist auch dann zu empfehlen,<br />

wenn man den Streichkopf selbst aus Zeitgründen vielleicht nicht erreicht. Denn das davor<br />

liegende, wunderschöne Gelände östlich des Steinernes Tors ist allein schon einen Bergtag wert.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

1250 Hm | 6 Std.<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Maurach (975 m)<br />

Ausgangspunkt: Maurach, Ortsteil Buchau<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn über Kufstein<br />

nach Jenbach. Von dort mit Bussen 8332 und 4080<br />

nach Maurach/Buchau<br />

Gehzeiten: Buchau – Dafalzalm 2 Std., Dafalzalm –<br />

Streichkopf 1½ Std., Streichkopf – Buchau 2½ Std.<br />

Karte/Führer: Alpenvereinskarte 1:25 000, »Rofan«.<br />

Michael Pröttel »Das perfekte Bergwochenende«, Bruckmann Verlag<br />

Fremdenverkehrsamt: Tourismus-Informationsbüro Maurach,<br />

Tel. 00 43/52 43/53 55-0, www.achensee.info/maurach<br />

Charakter/Schwierigkeit: Landschaftlich sehr schöner und<br />

abwechslungsreicher Anstieg. Für den Streichkopf sollte man über<br />

eine solide Kondition verfügen; keine technischen Schwierigkeiten.<br />

Tipp: Wer früh dran ist, kann vom Streichkopf aus weiter dem Kamm<br />

nach Osten folgen, um in einer weiteren halben Stunde den höchsten<br />

Berg des Rofans, den Hochiss (2299 m) zu erreichen.


TIPP<br />

Dachsteingruppe Übergang Gosauseen – Hallstatt<br />

TIPP<br />

Aufstieg: Vom Ausgangspunkt am großen Parkplatz<br />

beim Vorderen Gosausee folgt man zunächst der Uferstraße<br />

auf der Nordostseite des Sees entlang bis zu<br />

seinem Ende. Die Gehrichtung behält man bei und steigt<br />

nun mäßig steigend an der Gosaulacke vorbei und weiter<br />

bis zum Hinteren Gosausee (1160 m).<br />

Am Südende des Sees folgt man nicht dem Hüttenweg zur<br />

Adamekhütte, sondern zweigt nach links ab zur Hinteren<br />

Seealm unmittelbar am Ufer. An dieser geht man vorbei und<br />

folgt dem Steig, der nach einer Dreiviertelrunde um den<br />

Hinteren Gosausee über die steile Südfl anke hinaufgeht.<br />

Nach einer guten halben Stunde steilen Anstiegs weicht<br />

der Steig einer Schrofenstelle im Hang rechts aus und<br />

zieht dann wieder nach links hinauf, wo sich der Hang<br />

allmählich verengt und zu einer Rinne zwischen Brettkogel<br />

und Lustkogel wird (Weg 613 ab dem Hinteren Gosausee).<br />

Durch die sogenannte Kogelgasse geht es hinauf bis<br />

zu einer Wegverzweigung, wo man sich links hält Richtung<br />

Echerntal und Hallstatt, Weg 613.<br />

Durch das Langtal steigt man auf zum Bärwurzanger<br />

Rofangebirge Bayreuther Hütte (1576m)<br />

Aufstieg: In Münster wendet man sich in Höhe der<br />

Kirche von der Hauptstraße ab und folgt der zum Rofan -<br />

gebirge führenden Straße. Sogleich wendet man sich<br />

nach links und folgt der Straße, die zwischen der Turnhalle<br />

und einem Marterl abzweigt. Auf dieser nun ein langes<br />

Stück entlang, man kommt an den letzten Häusern vorbei<br />

und geht in den Wald und auf eine Lichtung, an der ein<br />

Bauernhof steht. Hier geradeaus dem gelben Schild<br />

»Bayreuther Hütte« folgen. Vor einem letzten Haus wendet<br />

man sich nach rechts auf einen Schotterweg. Man erreicht<br />

eine Art Erdwall und folgt einem Fußweg links bergan.<br />

Bald geht es rechts hinunter und man überquert ein Bachbett.<br />

Kurz danach aufpassen: Der schmale Fußweg gabelt<br />

sich. Man nimmt den linken steileren Pfad. Bald danach<br />

stößt man auf eine beschilderte Gabelung und nimmt<br />

den rechten Weg. Dieser führt über den steilen Bergwald<br />

in Serpentinen empor. Nach knapp zwei Stunden erreicht<br />

man einen Absatz, das Gelände wird fl acher, und man<br />

überquert das Ende einer Forststraße. Auf der anderen<br />

Seite geht es steiler empor. Hier ist der Weg oft laubbedeckt,<br />

man muss auf Markierungen an Bäumen achten.<br />

(1868 m), wo der Steig allmählich zu fallen beginnt – der höchste<br />

Punkt der Wanderung ist erreicht.<br />

Abstieg: Der Abstieg folgt einer Karstgasse, die nach Nordosten<br />

zieht und zur verfallenen Radltalalm führt. Durch das Radltal<br />

geht es im Latschengelände hinab, bis die Vegetation allmählich<br />

wieder höher wird und man beim Jagdhaus Landneralm zu<br />

einer Forststraße kommt. Am schönen Waldbach-Ursprung vorbei<br />

(wenige Schritte unterhalb der Forststraße) kommt man am<br />

Waldbach entlang nach der Waldbachleiten zur Brücke über die<br />

Klamm. Man bleibt rechts und geht auf der teils imposant durch<br />

den Hang führenden Straße hinab, bis man auf einem Fußweg<br />

links steil hinabsteigen kann ins Echerntal. Der Steig führt durch<br />

einen Gletschergarten an wunderbaren Erosionsformen vorbei<br />

und mündet auf den bequemen Weg entlang des Waldbaches.<br />

Auf diesem geht es hinunter nach Lahn und auf der Uferpromenade<br />

nach Hallstatt.<br />

Andrea Strauß<br />

Abermals stößt man auf einen Fahrweg, dem man nach links<br />

folgt. An markanter Kehre verlässt man die Forststraße wieder<br />

(Holzschild »Bayreuther Hütte«) und folgt einem Fußweg. Man<br />

kommt aus dem Wald heraus und sieht die Hütte vor sich liegen.<br />

Hier folgt man ein kurzes Stück einem Forstweg nach links, den<br />

man nach rechts (gelbes Schild) verlässt. Über Almwiesen führt<br />

ein Fußweg zu einem Fahrweg, über den man die Bayreuther<br />

Hütte erreicht.<br />

Der Abstieg erfolgt auf dem Anstiegsweg.<br />

Michael Pröttel<br />

Bei wenig Schnee kann das Vordere Sonnwendjoch<br />

von der Bayreuther Hütte aus auch im Spätherbst<br />

oder Frühwinter noch bestiegen werden.<br />

Der Gletschergarten am Dürrenbach im Echerntal<br />

Foto: Michael Pröttel Foto: Andreas Strauß<br />

TIPP<br />

Rofangebirge Streichkopf (2243 m)<br />

Aufstieg: Im Ortsteil Buchau folgt man der gleichnamigen<br />

Straße nach Westen, um über einen Teerweg (Wegweiser<br />

»Dalfazalm«) auf eine Forststraße zu stoßen. Dieser<br />

folgt man nur kurz, da man weiter auf einem markierten<br />

Weg (Nr. 412) ansteigen kann, der die Straße immer<br />

wieder quert. Durch den Wald geht es weiter auf die steilen<br />

Almfl ächen der Teissalm; kurz davor ist ein Abstecher nach<br />

links zum Dafalzer Wasserfall möglich. Weiter im Almge-<br />

<br />

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lände ansteigend geht es über viele Serpentinen hinauf zur<br />

Oberen Dalfalzalm. Das Gelände wird nun fl acher, und man wandert<br />

in derselben Richtung weiter, um einen breiten Wiesensattel<br />

mit Steinmann zu erreichen, der östlich des Klobenjochs mit<br />

seinem markanten Steinernen Tor liegt. Der Steig wendet sich nun<br />

nach Osten und führt ohne Orientierungsprobleme über einen<br />

freien Westhang zum Streichkopf hinauf.<br />

Der Abstieg erfolgt auf dem Anstiegsweg.<br />

Michael Pröttel<br />

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Panorama: www.peakfinder.org


TIPP<br />

Lungau Lachriegel (2125 m)<br />

7<br />

Durch die Hochmoorlandschaft am Prebersee<br />

Im Herbst leuchtet das Landschaftsschutzgebiet rund um den<br />

Prebersee in allen Farben. Goldgelbe Lärchenwälder heben<br />

sich gegen den blauen Himmel ab, und darüber tragen die höheren<br />

Gipfel wie Preber und Roteck bereits weiße Mützen.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

950 Hm | 5¼ Std.<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Tamsweg (1022 m)<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz am Gasthof Ludlalm,<br />

Prebersee (1514 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug über Salzburg<br />

bis Tamsweg, weiter mit dem Bus bis Prebersee<br />

Gehzeiten: Ludlalm – Larahütte (10 Min.) – Wagenberg<br />

(1402 m; 50 Min.) – Golzgraben – Lachriegel (2125 m;<br />

1¾ Std.) – Preberkessel<br />

(2006 m; 1¼ Std.) – Preberhalterhütte<br />

(1862 m;<br />

½ Std.) – Ludlalm (¾ Std.)<br />

Beste Jahreszeit:<br />

Mai bis Dezember, je nach<br />

Schneelage<br />

Karte/Führer: Kompass<br />

1:50 000, Blatt 67 »Lungau – Radstädter Tauern«.<br />

Herwig Mayer »Lungau – Radstädter und Schladminger Tauern«,<br />

Bergverlag Rother, Oberhaching<br />

Information: Ferienregion Lungau, Rotkreuzgasse 100,<br />

5582 St. Michael, Tel. 00 43/(0) 64 77/89 88, www.lungau.at<br />

Hütte/Einkehr: Ludlalm am Prebersee (1514 m), ganzjährig<br />

geöffnet, Tel. 00 43/(0) 64 74/75 52, www.preber.at<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Abwechslungsreiche,<br />

einfache Rundtour durch ein Landschaftsschutzgebiet mit<br />

Hochmooren und verwachsenen Lärchenwäldern. Je nach<br />

Schneelage und Kondition kann man die Tour mit einer<br />

Besteigung des Tamsweger Hausberges Preber (2740 m)<br />

um zusätzliche 3 bis 4 Std. erweitern, sollte dabei aber die<br />

Kürze der Tage im Dezember bedenken.<br />

TIPP<br />

Lungau Wiesberg und Wildbachhütte (1806 m)<br />

8<br />

Durch den Herbstwald hinauf zu Sonnenplätzen<br />

Sanfte Hügelkämme, die sich vom Tal im Süden bis zu den hohen Gipfeln im Norden erstrecken,<br />

kennzeichnen den Lungau. Einer davon ist der Wiesberg mit der Wildbachhütte: im Spätherbst ein<br />

Sonnenhang, im Hochwinter ein Rodelberg.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

1050 Hm | 5 Std. (1215 m; 1½ Std.) – Lasa – St. Andrä (¾ Std.)<br />

Beste Jahreszeit: Mai bis Dezember, je nach Schneelage<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Tamsweg (1022 m)<br />

Ausgangspunkt: St. Andrä im Lungau (1055 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug über Salzburg<br />

bis Tamsweg und St. Andrä<br />

Gehzeiten: St. Andrä – Lasa (1190 m; ¼ Std.) – Senke<br />

zwischen Wiesberg und Gumma (1½ Std.) – Wildbachhütte<br />

(1806 m; ½ Std.) – optionaler Abstecher auf den<br />

Gumma (2315 m; hin und zurück zusätzlich 2¼ Std.) –<br />

Granglitzalmen (1839 m; ½ Std.) – Vordergöriach<br />

Karte/Führer: Kompass 1:50 000, Blatt 67 »Lungau – Radstädter<br />

Tauern«. Herwig Mayer »Lungau – Radstädter und Schladminger<br />

Tauern«, Bergverlag Rother, Oberhaching<br />

Information: Ferienregion Lungau, Rotkreuzgasse 100,<br />

5582 St. Michael, Tel. 00 43/(0) 64 77/89 88, www.lungau.at<br />

Hütte/Einkehr: Wildbachhütte (1806 m), Tel. 00 43/(0)6 64/<br />

4 10 75 13 oder (0) 64 84/3 28, www.wildbachhuette.com,<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Die einfache, aber lange Rundwanderung<br />

lässt sich per Zug gut erreichen. Mit dem Auto kann<br />

man sie abkürzen und über Lessach bis zum Puegger Gut (1450 m),<br />

dem höchstgelegenen Hof im Lungau, fahren. Der Abstieg ins<br />

Göriachtal erfolgt auf breiten Forstwegen – bei viel Schnee kann<br />

man ab der Wildbachhütte auch rodeln.<br />

TIPP<br />

Comer-See-Berge Monte Barro (922 m)<br />

9<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

Der Inselberg<br />

Dieser kleine Berg ist ein Phänomen, steht er doch völlig frei zwischen dem Südostarm des<br />

Comer Sees (Lago di Lecco) und dem Lago di Annone. Entsprechend reizvoll ist die Aussicht auf<br />

die Bergumrahmung der alten Eisenstadt Lecco und auf die Seen am Rand der Brianza.<br />

550 Hm | 3¼ Std.<br />

normale Bergwanderausrüstung,<br />

Teleskopstöcke<br />

Talort: Galbiate (371 m)<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz mitten im Ort an der Via<br />

Cesare Cantù. Anfahrt von der Superstrada Milano – Lecco<br />

(Ausfahrten Civate bzw. Lecco-Pescate) zur Ampelkreuzung<br />

in der Ortsmitte. Hier Schild »Monte Barro«, dann<br />

noch etwa 100 m zum Parkplatz.<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung zwischen<br />

Lecco bzw. Civate und Galbiate<br />

Gehzeiten: Aufstieg 1¾ Std., Abstieg 1½ Std.<br />

Beste Jahreszeit: Frühling und Herbst bis in den Winter hinein<br />

Karte/Führer: Kompass 1:50 000 »Lago di Como – Lago di<br />

Lugano«. Eugen E. Hüsler »Wanderführer Comer See«, Bergverlag<br />

Rother, Oberhaching<br />

Fremdenverkehrsamt: ATP Lecco, Via Nazario Sauro 6,<br />

I-23900 Lecco; Tel. 00 39/03 41/36 23 60, www.aptlecco.com<br />

Einkehr: Ristorante Eremo Monte Barro, Montag und Donnerstag<br />

geschlossen<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Recht kurze, zum Gipfel hin<br />

aber sehr steile Tour mit einigen kurzen Kletterstellen (I), sehr<br />

sonnig. Aussicht auf mehrere Seen und die Berge rund um Lecco;<br />

bestens markierte Wege.


TIPP<br />

Lungau Lachriegel (2125 m)<br />

TIPP<br />

Wegverlauf: Nach einer kleinen Runde um den Prebersee<br />

lassen wir das Wasser beim Gasthof Ludlalm hinter<br />

uns und marschieren Richtung Westen durch ein Gatter,<br />

das auf einen weiten Almboden führt. Über die Wiesen<br />

geht es der Markierung folgend zu einer Forststraße, die<br />

sich abwärts nach Lessach windet. An der Abzweigung<br />

zum Reitersteig geht es nach rechts auf einem Pfad durch<br />

den Wald und zu einer Holzbrücke hinunter. Auf dieser<br />

überqueren wir den Mühlbach und steigen auf der anderen<br />

Seite wieder auf zur Straße auf den Wagenberg<br />

(1402 m). Am letzten Bauernhof endet die Straße, und<br />

es geht weiter der Markierung nach rechts folgend in den<br />

Golzgraben. Nachdem wir die etwas steilere Steigung<br />

überwunden haben, können wir entweder gleich die Forstraße<br />

nach rechts Richtung Preberkessel wählen oder noch<br />

den Lachriegel (2125 m) als schönen, leicht erreichbaren<br />

Aussichtsgipfel über dem Lessachtal mit einer Aussicht<br />

bis zu den Hohen Tauern mitnehmen. In diesem Fall quert<br />

der Weg die Forststraße und führt weiter steil bergan<br />

durch den Lärchenwald und schließlich über Almböden<br />

zum Gipfelkreuz. Retour geht es auf demselben Weg bis<br />

Lungau Wiesberg und Wildbachhütte (1806 m)<br />

Wegverlauf: Die Rundwanderung beginnt in St. Andrä<br />

am Bahnhof. Hinter dem Zeughaus der Feuerwehr führt<br />

eine Holzbrücke über die Göriach. Eine Alpenvereinstafel<br />

weist dort auf den Wanderweg hin. Ein steiler, rot-weiß-rot<br />

markierter Weg zieht den Hang hinauf zu den Bauernhöfen<br />

von Vorder- und Hinterlasa. Die Durchgangsstraße querend,<br />

geht es nun in den Wald hinein. An der Lichtung, auf<br />

der die Schoberhütte (1352 m) steht, geht der breite<br />

Forstweg in einen schmäleren Weg über. Durch den Fichtenwald,<br />

in den immer wieder gelb verfärbte Lärchen Farbe<br />

hineintupfen, geht es dem Kammverlauf folgend bergan.<br />

Dort, wo der Wald sich lichtet, hat man einen schönen Ausblick<br />

auf die Gipfel der Radstädter Tauern. Immer wieder<br />

zweigen links und rechts Steige ab, die man getrost ignorieren<br />

kann. Lediglich das mit dichtem Jungwald bepfl<br />

anzte, letzte Stück des Wiesberges umgeht man auf der<br />

rechten Seite und gelangt so in eine Senke. Hier kommt<br />

links der Weg von Göriach, rechts der Weg von Lessach<br />

herauf. Wer übrigens von der Wildbachhütte aus den<br />

Gumma im Visier hat, sollte besser am Puegger Gut über<br />

Lessach starten. Geradeaus geht es weiter zur Wildbach-<br />

zur Forststraße, der wir dann nach links Richtung Osten folgen.<br />

Zwischen den Lärchen bietet sich immer wieder die Möglichkeit,<br />

einen Blick auf die weich geformten Kuppen der Nockberge im<br />

Süden zu werfen. An der Wegkreuzung im Preberhalterkessel weist<br />

ein Schild nach links aufwärts zum Mühlbachtörl (2478 m)<br />

und weiter zum Preber oder auf das etwas schwierigere Roteck<br />

(2742 m). Diese Tour ist allerdings nur bei sehr guter Kondition,<br />

ausreichend Zeit und wenig Schnee zu empfehlen. Zur Prebersee-<br />

Runde folgt man dem Weg nach rechts über die Almböden<br />

bergab zur Preberhalterhütte, einem urigen Almhaus mit sonnenverbrannten<br />

Holzschindeln. Von der Preberhalterhütte führt die<br />

Wanderung geradewegs abwärts über die Ösnerhütte zurück zum<br />

Prebersee und zur Ludlalm.<br />

Dagmar Steigenberger<br />

Am Prebersee startet die<br />

Wanderrunde zum Lachriegel.<br />

hütte, von wo der Weg fast eben zu den Granglitzalmen führt.<br />

In weiten Kehren schlängelt sich der Forstweg ins Göriachtal hinab.<br />

Wer nicht auf der Straße von Hintergöriach bis nach Vordergöriach<br />

gehen will, folgt auf etwa 1320 m der Abzweigung, die zunächst<br />

wieder 100 Höhenmeter bergauf in den Lasengraben führt. Nach<br />

der Bachüberquerung geht es bequem bergab nach Vordergöriach<br />

und auf dem Wanderweg über Lasa zurück nach St. Andrä.<br />

Dagmar Steigenberger<br />

Von der Wildbachhütte aus lässt sich noch<br />

der Gumma mitnehmen.<br />

Foto: Ferienregion Lungau Foto: Ferienregion Lungau<br />

TIPP<br />

Comer-See-Berge Monte Barro (922 m)<br />

Aufstieg: Die Wanderung beginnt auf Asphalt. Vom Parkplatz<br />

an der Via Cesare Cantù folgt man zunächst der Via<br />

Sant’ Alessandro, biegt dann links in die Via dell’ Oliva ein<br />

(Hinweisschild »Monte Barro«). Kurz geht’s steiler bergan,<br />

dann angenehm schattig und nur noch leicht steigend<br />

zum Beginn des »Sentiero delle Creste« (Tafel). Er gewinnt<br />

gleich zügig an Höhe, zunächst noch weitgehend ohne<br />

Aussicht, dann mit ersten hübschen Tiefblicken auf den<br />

Lago di Annone. Der Weg folgt weitgehend dem Südostgrat<br />

des Monte Barro; dabei überschreitet er drei felsige Kuppen<br />

mit jeweils leichtem Höhenverlust dazwischen: Terzo,<br />

Secondo und Primo Corno (814 m). Hinter dem ersten<br />

Horn zweigt links ein Weg ins Valle della Pila ab. Am Gipfelsteig<br />

folgt eine leichte Kletterpassage (I, nicht ausgesetzt),<br />

dann hat man die Höhe des Monte Barro (922 m) gewonnen.<br />

Kontrastreich und sehr stimmungsvoll präsentiert<br />

sich die Rundschau: Wasser und Fels, ganz nah die alte Eisenstadt<br />

Lecco. Eindrucksvoll die breitmassige Mauer des<br />

Resegone, im Norden die Grigne, ein berühmtes Wanderund<br />

Kletterrevier. Bei ganz klarer Sicht, wie sie spät im Jahr<br />

nicht selten ist, zeigt sich am südwestlichen Horizont der<br />

Monviso (3841 m) in den Cottischen Alpen – 250 Kilometer<br />

entfernt!<br />

Abstieg: Er führt in zunächst leicht felsigem Gelände westwärts<br />

hinunter in die Sella dei Trovanti und weiter (Botanischer Garten)<br />

zur ehemaligen Einsiedelei (Eremo di Monte Barro, 741 m)<br />

mit der Kirche Santa Maria, dem Ristorante und dem Archäologischen<br />

Museum. Es präsentiert umfangreiches Fundmaterial<br />

der Ur- und Frühzeitsiedlungen am Berg (geöffnet Mittwoch<br />

14–17 Uhr, Samstag und Sonntag 14–17.30 Uhr).<br />

Direkt beim Ristorante beginnt die »Strada Vecchia«, ein schöner,<br />

gepfl asterter Pfad, über den man im Wald zur Monte-Barro-Straße<br />

absteigt; zuletzt auf Asphalt (Via Monte Barro) hinein nach Galbiate<br />

und zurück zum Parkplatz.<br />

Eugen E. Hüsler<br />

Auf dem Weg zum felsigen Gipfelsteig<br />

Foto: Eugen E. Hüsler


TIPP<br />

Comer-See-Berge Monte San Primo (1688 m)<br />

10<br />

Der höchste Gipfel im »Triangolo«<br />

Der Aussichtsberg schlechthin am Comer See! Dank seiner Lage im Dreieck zwischen den beiden Südarmen<br />

(Triangolo) bietet er ein lückenloses Panorama der Bergketten rund um den See. Und vom Colma<br />

del Piano aus ist seine Besteigung eine genussvolle Kammwanderung – auch noch ganz spät im Jahr!<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

560 Hm | 5½ Std.<br />

normale Wanderausrüstung<br />

Talort: Nesso (275 m), Uferort am Südwestarm des<br />

Comer Sees, bzw. Asso (427 m) im Valassina<br />

Ausgangspunkt: Colma del Piano (1124 m), Scheitelpunkt<br />

der Passstraße, die Nesso (13 km) mit dem<br />

Valassina verbindet (12 km von Asso); Parkplatz auf der<br />

Scheitelhöhe<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Buslinie Erba – Canzo –<br />

Asso – Sormano<br />

Gehzeiten: Aufstieg 3¼ Std., Abstieg 2¼ Std.<br />

Beste Jahreszeit: Frühling und Spätherbst. Im Winter (wenn<br />

genug Schnee liegt) sehr schöne Schneeschuhtour!<br />

Karte/Führer: Kompass 1:50 000 »Lago di Como – Lago di<br />

Lugano«. Eugen E. Hüsler »Wanderführer Comer See«, Bergverlag<br />

Rother, Oberhaching<br />

Fremdenverkehrsamt: ATP Lecco, Via Nazario Sauro 6,<br />

I-23900 Lecco; Tel. 00 39/03 41/36 23 60, www.aptlecco.com<br />

Einkehr: unterwegs keine, am Straßenpass das Ristorante La<br />

Colma<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Nur wenig anstrengende<br />

Höhen- und Kammwanderung in überwiegend offenem Gelände.<br />

Aussicht gibt’s also bereits unterwegs, das ganz große Panorama<br />

dann oben am Gipfel des Monte San Primo. Die Tour wird im<br />

Sommer gerne von Mountainbikern, im Winter von Schneeschuhwanderern<br />

gemacht.<br />

TIPP<br />

Provenzalische Alpen Rocher du Caire – Rocher de St-Auban (1048 m)<br />

11<br />

Rund um die Geierfelsen<br />

Heute haust wieder eine ansehnliche Kolonie von Mönchs- und Gänsegeiern in dem imposanten<br />

Felsriegel des Rocher de St-Auban. Ein abenteuerlicher Steig führt an den schwindelerregenden<br />

Rand der Abbruchkante, wo sich diese stolzen Greifvögel gut beobachten lassen.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

600 Hm | 4½ Std. Beste Jahreszeit: Immer, wenn kein Schnee liegt; traumhaft<br />

schön zur Frühlingsblüte im Mai.<br />

normale Wanderausrüstung<br />

Talort: Rémuzat (448 m), an der D 94 zwischen Nyons und<br />

Rosans; Parkplatz an der Brücke<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug bis Orange;<br />

dann Bus (Ligne 37) zwischen Orange, Nyons, Rémuzat und<br />

La Motte-Chalancon<br />

Gehzeiten: Rémuzat – Rocher du Caire 1½ Std., Rocher<br />

du Caire – Col de St-May 1½ Std., Col de St-May – Rémuzat<br />

1½ Std., Gesamtgehzeit 4½ Std.<br />

Karte: IGN Top 25, Blatt 3139 OT »Nyons.Rémuzat.Baronnies«<br />

Führer: Kürschner »WF Dauphiné West«, Bergverlag Rother<br />

Fremdenverkehrsamt: Offi ce de Tourisme, Place du Champ de<br />

Mars, F-26510 Rémuzat, Tel. 00 33/4/75 27 85 71,<br />

www.remuzat.com<br />

Unterkünfte: Chambres d’Hôtes Entre Terre et Ciel, 4 km von<br />

Rémuzat, Tel. 00 33/4/75 27 54 97, www.entreterretciel.com.<br />

Chambres d’Hôtes Les Bayles bei La Motte-Chalancon, Tel. 00<br />

33/4/75 27 24 38 oder Tel. 06/87 33 43 76, www.lesbayles.com<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Der sehr exponierte Aufstieg mit<br />

klettersteigähnlicher Passage (Leiter, Seile) erfordert Trittsicherheit<br />

und Schwindelfreiheit. Auf der Höhe dann Genusstour mit viel Panorama.<br />

Fernglas zur Geierbeobachtung nicht vergessen!<br />

TIPP<br />

w<br />

Provenzalische Alpen Rocher de Chalancon (1025 m)<br />

12<br />

Weitblick übers Oule-Tal<br />

Die Region um La Motte-Chalancon vermittelt Provence pur, doch ohne<br />

die touristischen Umtriebe wie südlich des Mont Ventoux. Mitten im<br />

sonnenausgedörrten Ödland liegt Les Bayles, wo eine alte »Ferme« in<br />

eine nette Unterkunft für Wanderer und Biker verwandelt wurde.<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 12/2013 – Seite 20<br />

270 Hm | 3¼ Std.<br />

normale Wanderausrüstung<br />

Talort: La Motte Chalancon (550 m)<br />

Ausgangspunkt: Les Bayles (760 m), Abzweig von D135<br />

1,5 km nach La Motte-Chalancon Richtung Chalancon.<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug bis Orange;<br />

dann Bus (Ligne 37) zwischen Orange, Nyons, Rémuzat und<br />

La Motte-Chalancon<br />

Gehzeiten: Les Bayles – Chalancon 1 Std., Chalancon –<br />

Rocher de Chalancon 35<br />

Min., Rocher de Chalancon<br />

– Ferme du Serre la Croix<br />

¼ Std., Ferme – Chalancon<br />

25 Min., Chalancon – Les<br />

Bayles 1 Std.<br />

Beste Jahreszeit: Fast<br />

immer. Schnee im Winter sehr selten<br />

Karte/Führer: IGN Top 25, Blatt 3138 »Dieulefi t«. Kürschner<br />

»WF Dauphiné West« und »Klettersteigführer Westalpen«, beide<br />

Bergverlag Rother<br />

Fremdenverkehrsamt: Offi ce de Tourisme, Place du Pont,<br />

F-26470 La Motte-Chalancon, Tel. 00 33/4/75 27 24 67,<br />

www.lamottechalancon.com<br />

Unterkunft: Chambres d’Hôtes Les Bayles, Tel. 00 33/<br />

4/75 27 24 38 oder 06/87 33 43 76, www.lesbayles.com<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Von Les Bayles bis Chalancon<br />

zum großen Teil auf bequemer Fahrpiste. Dann folgt<br />

eine aussichtsreiche Runde zum großen Teil auf steinigen Pfaden,<br />

die etwas Trittsicherheit verlangen. Eine heikle Passage<br />

im letzten Abstieg nach Chalancon ist mit Seilen entschärft.


TIPP<br />

Comer-See-Berge Monte San Primo (1688 m)<br />

Zustieg: Die Wanderung startet sehr gemütlich, fast<br />

fl ach auf einem Sandsträßchen. Es führt vom Colma del<br />

Piano (1124 m) ostseitig um die Kuppe des Monte Cippei<br />

(1233 m) herum in die Kammsenke der Colma dei Cippei<br />

(1185 m). 60 Höhenmeter sind da erst gewonnen, bis<br />

zur Colma del Bosco (1235 m) werden es dann auch<br />

noch nicht viel mehr. Wald (bosco) steht auf dem breiten<br />

Grasrücken keiner, und so genießt man freie Sicht auf die<br />

Höhen rundum, hinab auf die Piano del Tivano und zum<br />

Südwestarm des Comer Sees. Der Monte Gerbal<br />

(1318 m) wird ohne weiteren Höhengewinn westseitig<br />

umgangen; hinter der Alpe Spessola (1237 m; Weggabelung)<br />

geht’s dann endlich spürbar bergan. Der bequeme<br />

Pfad leitet über zwei Kehren in die namenlose Senke<br />

zwischen dem Monte Ponciv (1453 m) und dem langgestreckten<br />

Ostgrat der Cima del Costone (1614 m). Wie<br />

am Monte Ponciv stehen auch hier Sendeanlagen, bei der<br />

weit übers Land schauenden Lage verständlich, aber keine<br />

besondere Zierde. Hinter der Cima del Costone verliert<br />

man am Grat etwas an Höhe, ein letzter kurzer Anstieg<br />

bringt einen dann zum Gipfel des Monte San Primo<br />

(1688 m) mit grandiosem Panorama. Blickfang ist natürlich<br />

der Comer See, den man bis zu seinem oberen Ende überblickt,<br />

spannend die Phalanx der Kalkgipfel über dem (nicht einsehbaren)<br />

Lago di Lecco mit den Grigne und dem Resegone, schlicht<br />

immens die Schau auf den Alpenbogen, vom Monte Disgrazia in<br />

den Bergeller Alpen über die Berner und Walliser Alpen bis zum<br />

Gran Paradiso und zur Cima dell’ Argentera. Bei entsprechender<br />

Sicht (und einem guten Fernglas) kann man links neben der Cima<br />

dell’ Argentera sogar den südlichsten Dreitausender der Alpen,<br />

den Mont Clapir (3045 m) erspähen!<br />

Abstieg: Er erfolgt über den Anstiegsweg; alternativ kann man<br />

auch den knapp südlich des Gipfelkamms verlaufenden Pfad<br />

nehmen.<br />

Eugen E. Hüsler<br />

Am Gipfelkamm des Monte San Primo<br />

Foto: Andreas Strauß<br />

TIPP<br />

Provenzalische Alpen Rocher du Caire – Rocher de St-Auban (1048 m)<br />

Aufstieg: Von Rémuzat (448 m) über die Brücke hält<br />

man sich gleich links am Ufer der Oule entlang. Nach etwa<br />

einem Kilometer beschaulicher Flusswanderung wendet<br />

sich der Pfad gegen die Felsen und steigt abrupt steil an.<br />

Mittels einer Leiter überwindet man eine erste Felsstufe,<br />

quert dann unter überhängendem Fels nach links. Fixe<br />

Seile entschärfen die Kletterei über mehrere Felsbänder<br />

in ein steiles Couloir hinein. Es empfi ehlt sich, die Markierung<br />

zu beachten, die in direkter Linie im festen Fels<br />

aufsteigt. Das ist leichter als die Pfade rechter Hand durch<br />

losen Schutt. Nach schweißtreibendem Aufstieg gelangt<br />

man an den Rand des Plateau St-Laurent und folgt der<br />

Abbruchkante nach rechts durch Garrigue-, Lavendel- und<br />

Kräuterdüfte zum Gipfelkreuz des Rocher du Caire<br />

(777 m, 1½ Std.) mit seinem beeindruckenden Tiefblick<br />

auf Rémuzat. Der Pfad setzt sich am Kamm entlang über<br />

den Rocher de l’Abrot nach Norden fort bis zum höchsten<br />

Punkt am Rocher de St-Auban (1048 m).<br />

Abstieg: Am Ende des Felsriegels knickt die gelb markierte<br />

Route nach Westen, um in den Col de St-May<br />

(975 m, 3 Std.) abzusteigen. Vom Pass folgt man dem<br />

breiten Weg rechts nach Nordosten, ignoriert die Abzweige nach<br />

links und wandert im Bogen nach Süden unter den Felsabstürzen<br />

entlang in einer langen Querung zurück nach Rémuzat (4½ Std.).<br />

Variante: Wer sich den exponierten Zustieg nicht zutraut, kann<br />

den Abbruchrand der Geierfelsen leicht vom Plateau St-Laurent<br />

erreichen. Zufahrt von der D 94 über Saint-May, 4 km nordwestlich<br />

von Rémuzat. Eine gemütliche dreistündige Runde (420<br />

Hm) lässt sich zwei Kilometer oberhalb von der Abbaye de Bodon<br />

(romantischer Aussichtspunkt) starten.<br />

Tipp: Im Haus des Tourismusbüros befi ndet sich auch das Maison<br />

des Vautours. Interessant ist die Videovorführung über Geier;<br />

geöffnet im Winter nur an Wochenenden Sa/So 10 bis 12 Uhr,<br />

14.30 bis 16.30 Uhr, sowie Mittwoch-Vormittag.<br />

Iris Kürschner<br />

Fixe Seile beim Aufstieg zum Rocher du Caire<br />

Foto: Iris Kürschner<br />

TIPP<br />

Provenzalische Alpen Rocher de Chalancon (1025 m)<br />

Aufstieg: Von Les Bayles (760 m) schlägt man den<br />

Fahrweg nach Westen ein. Kurz vor Erreichen einer<br />

»Ferme« zweigt ein Pfad nach links ab und quert unterhalb<br />

des Hauses den Hang. Nach mehreren Bachgräben senkt<br />

sich die Route zum Bach der d’Aiguebelle. Über eine alte<br />

Steinbrücke klettert der Pfad zum nostalgischen Häuserensemble<br />

von Chalancon (763 m) hinauf. Man folgt der<br />

Hauptstraße wenige Meter nach Norden Richtung Pas<br />

de l’ Echelle. Am Wegweiserkreuz geht es dann links in den<br />

Felsen empor. Nach mehreren Serpentinen durch Schuttfl<br />

anken, Steineichen- und Buchsgebüsch ist der Grat des<br />

Rocher de Chalancon (1025 m) erreicht.<br />

Abstieg: Vom Gipfel zieht der Weg weiter nach rechts<br />

bald wieder in den Wald hinab und quert den Hang<br />

im Bogen nach Westen zur D627. Der Straße nach links<br />

folgen, in der Rechtskurve vor der Ferme du Serre la Croix<br />

(893 m) biegt man erneut auf einen Pfad ab, der oberhalb<br />

eines Bachgrabens zunächst nach Süden, dann gegen<br />

Osten zurück nach Chalancon führt. Auf dem Anstiegsweg<br />

zurück nach Les Bayles.<br />

Variante: Wer Nervenkitzel sucht, fi ndet am Fuße des Rocher<br />

de Chalancon einen sehr reizvollen Klettersteig. Die Via ferrata du<br />

Pas de l’ Echelle wurde im Mai 2005 eingeweiht und startet an<br />

der Brücke des Pas de l’ Echelle wenige Meter oberhalb von Chalancon.<br />

Wem die Seilrolle für die Start-Tyrolienne fehlt, nimmt den<br />

Einstieg jenseits der Brücke. Die mäßig schwierige Querung bis<br />

zum Zwischenausstieg ist mit Eisenbügeln mehr als reichlich<br />

gesichert. Danach reduzieren sich die Steighilfen etwas, und ein<br />

paar leichte Überhänge sind zu meistern; Länge 650 m, 198 Hm,<br />

30–45 Min. zum Zwischenausstieg, insgesamt ca. 1½ Std.,<br />

Abstieg vom Gipfel des Tête du Chien (980 m) 20 Min. zurück<br />

zum Ausgangspunkt. Bei Frédéric (Chambres d’Hôtes Les Bayles)<br />

kann die Klettersteig-Ausrüstung gemietet werden.<br />

Tipp: Jeden Montag-Vormittag ist Markt in La Motte-Chalancon.<br />

Iris Kürschner<br />

Brunnen in La Motte-Chalancon<br />

Foto: Iris Kürschner


Filme für Ihr Hobby.<br />

Große Auswahl für echte Bergfreunde.<br />

www.bruckmann.de<br />

Zwei Wanderer legen 150 Kilometer zurück und passieren die Alpen<br />

auf ihrem faszinierenden Weg von Oberstdorf nach Meran in Südtirol.<br />

2012 DVD: Best.-Nr. 6274<br />

ca. 65 Min. € 19,99<br />

Faszination Matterhorn: Der Aufstieg<br />

zum König der Schweizer Berge erfolgt<br />

vom Hörnligrat zum Gipfel mit<br />

einer Höhe von 4478 Metern über<br />

dem Meer.<br />

2013 · ca. 50 Min.<br />

DVD: Best.-Nr. 5943<br />

€ 19,95<br />

Die berühmteste und begehrteste<br />

große Einzeltour der Allgäuer Alpen<br />

ist der Heilbronner Weg. Begleiten<br />

Sie uns auf unseren Erkundungen<br />

durch dieses Wanderparadies.<br />

2006 · ca. 60 Min.<br />

DVD: Best.-Nr. 4177<br />

€ 19,90<br />

Die Tannheimer Berge in den Allgäuer<br />

Alpen bieten zahlreiche Wander- und<br />

Klettererlebnisse. Eine Ein-Tages-Tour<br />

führt zur Landsberger Hütte und zurück.<br />

2012 · ca. 50 Min.<br />

DVD:<br />

Best.-Nr. 6091<br />

€ 19,95<br />

Eine faszinierende Bergtour durch<br />

das Hochpustertal von Sexten hinauf<br />

zum Paternkofel. Zusätzliche<br />

Luftaufnahmen zeigen die einzigartige<br />

Landschaft.<br />

2011 · ca. 50 Min.<br />

DVD: Best.-Nr. 5681<br />

€ 19,95<br />

Vom Höllental aus erfolgt der atemberaubende<br />

Aufstieg zur Zugspitze. Nicht<br />

minder faszinierend gestaltet sich der<br />

Abstieg nach Garmisch-Partenkirchen.<br />

2011 · ca. 50 Min.<br />

DVD:<br />

Best.-Nr. 5794<br />

€ 19,95<br />

Der nördliche Teil des gut ausgebauten<br />

Meeraner Höhenwegs bis zum<br />

Wanderziel Pfleders bietet herrliche<br />

Bergszenerien und führt hinauf bis<br />

über 3000 m Höhe.<br />

2009 · ca. 60 Min.<br />

DVD: Best.-Nr. 5363<br />

€ 19,95<br />

Faszinierende Bergtouren in den<br />

Sextener Dolomiten, gekonnt und<br />

professionell gefilmt. Mit Bonusmaterial:<br />

Bergstimmungen in den<br />

Sextener Dolomiten.<br />

2010 · ca. 50 Min.<br />

DVD: Best.-Nr. 5545<br />

€ 19,95<br />

Auf dem Meraner Höhenweg kann<br />

die gesamte Texelgruppe in einer<br />

Wandertour von sechs Tagen umrundet<br />

werden. Dieser Film widmet<br />

sich der Südroute des Weges.<br />

2009 · ca. 60 Min.<br />

Blu-ray: Best.-Nr. 5364<br />

€ 19,95<br />

DVD- und Blu-ray-Preise: € 19,90 = [A] 19,90 · sFr. 29,90 € 19,95 = [A] 19,95 · sFr. 22,90 € 19,99 = [A] 19,99 · sFr. 21,90<br />

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AUF TOUR<br />

Die Salle des Gradins<br />

im Salzbergwerk von<br />

Bouillet bestaunen<br />

jährlich etwa 70 000<br />

Besucher.<br />

64 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


SERIE: GeoTop-Touren in den Alpen<br />

Teil 15: Das Salzbergwerk von Bouillet<br />

Familien-TIPP<br />

In die Unterwelt<br />

Fotos: www.mines.ch / Saline de Bex<br />

Wie entsteht Salz in der Erde? Was ist der Unterschied<br />

zu Sole? Und was hat Gips damit zu tun?<br />

Ein Schaubergwerk und ein Themenwanderweg in<br />

der Schweiz geben Auskunft. Von Siegfried<br />

Garnweidner (Tour) und Ulrich Lagally (Geologie)<br />

Nur ein paar Jogger hecheln<br />

am Ufer der Gryonne entlang<br />

und dazwischen ein<br />

paar wenige Hunde, deren<br />

Frauchen und Herrchen es<br />

bequem angehen lassen, also weit zurück<br />

bleiben. Wanderer sieht man kaum, dazu<br />

ist der Uferweg neben den vielen Schwellen<br />

im begradigten Flusslauf nicht attraktiv genug.<br />

Das ist aber auch der einzige Abschnitt<br />

der fast zehn Kilometer langen Rundwanderung,<br />

der mit Höhepunkten geizt. Schon<br />

nach einer halben Stunde wird nämlich das<br />

touristische – und geologische – Glanzlicht<br />

der ganzen Gegend um Bex erreicht:<br />

Das Salzbergwerk von Bouillet. Bereits im<br />

Jahr 1684 ist dort der erste Stollen »angeschlagen«<br />

worden, wie die Bergleute es nennen,<br />

wenn sie mit dem unterirdischen Bergbau<br />

beginnen. In der Folge wurden große<br />

Mengen von Steinsalz abgebaut, später ging<br />

man dazu über, das Salz in flüssiger Form,<br />

als so genannte Sole, zu gewinnen.<br />

Eine winzige, elektrische Bockerlbahn bringt<br />

die Besucher vom Eingang des Schaubergwerks<br />

erst einmal zwei Kilometer weit in<br />

den Berg hinein. Mit etwas Glück kann man<br />

die beiden Plätze am Ende des Zuges ergattern,<br />

wo es nicht ganz so eng wie in der Bahn<br />

zugeht, man mehr oder weniger im Freien<br />

sitzt. Anhand der Schienen kann man genau<br />

beobachten, warum das Bähnle auf der Strecke<br />

gerade besonders gerumpelt hat.<br />

Im Berg ist es mit konstant 17° Celsius erstaunlich<br />

warm, aber auch ein wenig anrüchig.<br />

Die umgebenden Felsen bestehen<br />

nämlich zum großen Teil aus Anhydrit<br />

(Calciumsulfat), einem Mineral, das Feuchtigkeit<br />

absorbiert und sich dadurch in Gips<br />

umwandelt. Bei diesem Vorgang entsteht<br />

Wärme und auch ein bisschen Geruch.<br />

Aber daran gewöhnt man sich schnell.<br />

Salz und Sole<br />

Bouillet liegt in der geologischen Baueinheit<br />

des so genannten Ultrahelvetikums<br />

im Nordteil der Schweizer Alpen. Ihre unterschiedlichen<br />

Gesteinsserien, die bei der<br />

alpidischen Gebirgsbildung<br />

deckenförmig<br />

übereinander geschoben<br />

wurden, findet<br />

man gleich nördlich<br />

des oberen Rhonetals.<br />

Von dort erstrecken sie<br />

sich als relativ schmaler,<br />

oft unterbrochener<br />

Gebietsstreifen zum<br />

Thuner See und weiter<br />

bis über den Vierwaldstätter<br />

See hinaus nach<br />

Nordosten.<br />

Entstanden sind die Gesteine<br />

seit dem Beginn<br />

des Erdmittelalters vor<br />

etwa 250 Millionen<br />

Wenn Meeresarme oder Seebecken<br />

durch zunehmende<br />

Verdunstung wiederholt<br />

gänzlich austrocknen, bleiben<br />

häufig Lagen von so genannten<br />

Evaporiten zurück. Diese<br />

auch als Verdampfungsund<br />

Eindunstungsgesteine<br />

bezeichneten chemischen<br />

Sedimente entstanden meist<br />

auf dem Festland in vom<br />

offenen Meer abgeschnittenen<br />

Becken unter ariden Klimabedingungen.<br />

Sie werden entsprechend<br />

ihrer Löslichkeit<br />

aus den konzentrierten Lösungen<br />

in einer festgelegten<br />

Reihenfolge ausgefällt. Je nachdem,<br />

ob erneut Wasser in die<br />

Becken läuft, kann sich die<br />

Abfolge, auch mehrfach und<br />

unvollständig, wiederholen.<br />

Auf Schiene gebracht: alte und neuere Waggons<br />

im Salzbergwerk von Bouillet<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 65


KOMPAKT<br />

Le Montet (689 m),<br />

Diableretsgruppe<br />

Charakter: Unschwierige Rundwanderung<br />

durch Weinberge und im Wald mit Blicken<br />

auf die Diableretsgruppe, die Dents du Midi<br />

und zur Mont-Blanc-Gruppe; lohnender<br />

Besuch des Salzbergwerks von Bouillet;<br />

detaillierte Infos gibt es auf den Internetseiten<br />

www.selbex.com und www.mines.ch<br />

Anforderungen: einfache Wanderung<br />

ohne Schwierigkeiten<br />

Ausgangs-/Endpunkt: Les Dévens<br />

(489 m)<br />

Einkehr: Restaurant »Chez le Chat«<br />

beim Salzbergwerk<br />

Gehzeiten: Aufstieg 2½ Std.;<br />

Abstieg ¾ Std.<br />

Karte: Kompass-Digitalkarte<br />

1:50 000, Blatt 4312 »Schweiz«<br />

Tourenkarte 1<br />

Heftmitte<br />

Die Dents du Midi beherrschen den Blick bei der Wanderung auf die Hügel von Montet.<br />

Stollen über 50 Kilometer Länge trieben<br />

die Bergmänner in den Stein.<br />

Mit einer Bockerlbahn fährt man<br />

1,6 Kilometer in den Stollen hinein.<br />

Bei der Wanderung auf die Hügel von<br />

Montet gelangt man auch zum Steinbruch.<br />

Jahren im Randbereich eines Flachmeeres<br />

am Südrand des Europäischen Kontinents.<br />

Die auf diesem Schelf abgelagerten Schichten<br />

bezeichnet man als Helvetikum, da<br />

dieses alpine Deckensystem erstmals in<br />

der Schweiz beschrieben wurde. Den Begriff<br />

»Ultra«helvetikum wählte man wohl<br />

deshalb, weil es sich um die am weitesten<br />

vom Festland entfernten Teile handelt. Sie<br />

entstanden dort, wo das Flachmeer in den<br />

tieferen Thetis-Ozean überging.<br />

Vor etwa 200 Millionen Jahren, zur Zeit<br />

der Obertrias, wurden die Gesteine, die<br />

man heute bei Bex findet, abgelagert. Damals<br />

war das Meer sehr flach, manche Bereiche<br />

waren zeitweise abgeschnürt und<br />

es herrschten hohe Temperaturen. In den<br />

verbliebenen Becken verdunstete das Wasser<br />

und aus den mineralreichen Resten<br />

bildeten sich evaporitische Gesteine, die<br />

Durch Verdunstung von calciumsulfathaltigem<br />

Meerwasser entsteht Gipskristall.<br />

heute vielerorts als mineralische Rohstoffe<br />

genutzt werden.<br />

Schon der erste Raum des Schaubergwerks,<br />

das Reservoir Rond, heute als Empfangssaal<br />

für die Besucher genutzt, beeindruckt<br />

enorm. Denn seine Wände sind mit Gipskristallen<br />

übersät. Bis zu 700 Kubikmeter<br />

Sole lagerten hier, und wegen der Festigkeit<br />

des Felsens konnte man beim Abbau auf<br />

Pfeiler verzichten.<br />

Wanderung durch Weinberge<br />

Dann geht es Schlag auf Schlag. Bei der<br />

Tour durch das Bergwerk erfährt man, mit<br />

welchen Geräten das Salz abgebaut worden<br />

ist, wie man es heute gewinnt, welche wunderbaren<br />

Kristalle gefunden worden sind<br />

und wie die Bergleute ihrer anstrengenden<br />

Arbeit nachgegangen sind.<br />

In den Salinen von Le Bévieux wird die<br />

flüssige Sole aus dem Berg schließlich zu<br />

festem Salz weiterverarbeitet. Heute produziert<br />

man dort rund 100 Tonnen Salz am<br />

Tag, außerdem wird mit Wasserkraft umweltfreundlich<br />

elektrischer Strom erzeugt.<br />

Etwa 70 000 Personen besuchen jährlich<br />

das Salzbergwerk.<br />

Wieder ans Licht gekommen, wird man<br />

gleich von zwei Themenwanderwegen<br />

empfangen: Dem Sentier du Sel (Salzpfad)<br />

und dem Sentier des Vignes (Weinpfad).<br />

Wer ihnen nach Süden durch aussichtsreiche<br />

Weinberge in mehrmaligem Auf und<br />

Ab folgt, kommt schließlich in die dichten<br />

Wälder um den Montet. Dort wecken etli-<br />

Fotos: Siegfried Garnweidner, Sabine de Bex; Grafi k: © Landesamt für Umwelt<br />

66 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Seit dem Besuch der Kaiserin Marie-Louise 1814 trägt das Grand Réservoir ihren Namen.<br />

Findling am Le Montet: der »Bloc Monstre«<br />

che Findlinge wie der »Pierra Besse« und »Le<br />

Monstre« wieder das geologische Interesse.<br />

Große Mengen dieser »Irrblöcke« hatte der<br />

eiszeitliche Rhonegletscher mitgebracht<br />

und in der Region so reichlich hinterlassen,<br />

dass man sie in der Vergangenheit sogar in<br />

großem Umfang als Material für den Hausbau<br />

verwendete. Als sich aber abzeichnete,<br />

dass auch die letzten dieser Eiszeitzeugen<br />

verschwinden würden, setzte sich die<br />

Schweizerische Naturforschende Gesellschaft<br />

für ihren dauerhaften Erhalt ein. Aus<br />

dieser ersten Geotopschutzinitiative entwickelte<br />

sich schließlich die schweizerische<br />

Naturschutzbewegung.<br />

Der weitere Weg führt uns auf den kleinen<br />

und unscheinbaren Gipfel des Le Montet auf<br />

bescheidenen 688 Metern Höhe, der zuletzt<br />

sogar fast weglos bestiegen werden kann.<br />

Wer für Geologie ein besonderes Faible hat,<br />

kann von einer Anhöhe aus ein paar interessierte<br />

Blicke in den großen Gipsbruch nahe<br />

dem Gipfel werfen. In den Steinbruch selber<br />

kann man allerdings nicht hinein, der ist<br />

aus naheliegenden Gründen für Besucher<br />

gesperrt. Das abgebaute Material wird mit<br />

einer Seilbahn ins Tal transportiert, doch<br />

gibt es auch eine Werksstraße. Sie fällt<br />

ziemlich steil durch den Wald ins Tal ab,<br />

bis schließlich bei Les Dévens der Ausgangspunkt<br />

wieder erreicht ist.<br />

◀<br />

IN DER NÄCHSTEN FOLGE: Teil 16: Die Buckelwiesen<br />

zwischen Mittenwald, Klais und Krün<br />

GEOTOP<br />

Salzgewinnung einst und jetzt<br />

Steinsalz, das nur geringe<br />

Verunreinigungen aufweist,<br />

gewann man früher meist<br />

bergmännisch im Trockenabbau.<br />

Die Vorkommen lagen<br />

in der Regel in größerer Tiefe,<br />

weil sie von Oberflächen- und<br />

Grundwasser abgeschirmt<br />

sein mussten. Eine Gewinnung<br />

im Tagebaubetrieb ist selten,<br />

weil sich das Salz, wenn es mit<br />

Wasser in Kontakt kommt,<br />

auflöst. Heute erfolgt die Salzgewinnung<br />

überwiegend im<br />

nassen Verfahren. Bei der so<br />

genannten Aussolung wird das<br />

Aus mineralreichem Wasser, das in seichten Becken verdampft, können Lagen<br />

von Anhydrit entstehen. Nachfolgend eingeschwemmtes Tonmaterial »plombiert«<br />

diese leicht löslichen Schichten. Wenn später Regen- oder Grundwasser<br />

eindringt, kann es den Anhydrit in Gips umwandeln und diesen letztendlich<br />

auflösen. Dann entstehen die typischen Formen einer Gipskarstlandschaft wie<br />

Ponore, Dolinen, Erdfälle, Höhlen und Karstquellen.<br />

Rote<br />

Tonsteine<br />

Karstquelle<br />

toniger Hangschutt<br />

Erdfall<br />

Salz, noch in seiner natürlichen<br />

Position, in Lösung gebracht.<br />

Dazu pumpt man Süßwasser von<br />

der Erdoberfläche, aber auch<br />

von untertägigen Hohlräumen,<br />

durch ein Bohrloch in das Salzlager.<br />

Dort löst sich das Salz<br />

auf, wodurch eine sich langsam<br />

erweiternde Kaverne entsteht.<br />

Sie ist schließlich mit gesättigter<br />

Sole mit einem Salzgehalt<br />

von 26,5 Prozent gefüllt. Durch<br />

eine weitere Bohrung wird<br />

diese Sole vom Boden des Hohlraums<br />

abgepumpt und in<br />

einer Saline zu Salz aufbereitet.<br />

Doline Ponor<br />

Graue Tonsteine<br />

Gips<br />

Höhlen<br />

Anhydrit<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 67


INTERVIEW


Das große<br />

Magdalena Neuner<br />

-Interview<br />

»Ich bin Profi in<br />

Entspannung«<br />

Im März 2012 hat sie sich vom Profi-Sport verabschiedet. Mit erst 25 Jahren begann für<br />

Magdalena Neuner, die erfolgreichste Biathletin aller Zeiten, ein neues Leben.<br />

Ohne ständigen Erfolgsdruck. Mit dem BERGSTEIGER hat sie über Gipfelerlebnisse<br />

gesprochen. Alte und neue. Und über Nationalhymnen.<br />

Von Sandra Zistl<br />

Foto: Meike Birck<br />

BERGSTEIGER: Frau Neuner, Sie sind<br />

bekennender Fan der Huber-Buam.<br />

Waren Sie schon mal zusammen am Berg?<br />

Magdalena Neuner: Sich mit diesen verrückten<br />

Kraxlern zu unterhalten, ist total spannend.<br />

Da kann ich auch einfach mal vier<br />

Stunden zuhören. Und sie fragen auch mich,<br />

wie ich manches gemacht habe, suchen Parallelen.<br />

Mit dem Alex Huber musste ich vor<br />

ein paar Jahren klettern. Es war ein Betriebsausflug<br />

mit dem Zoll-Skiteam nach Berchtesgaden.<br />

Eine Katastrophe, ich bin überhaupt<br />

kein Kletterer! (lacht) Der Alex meinte: Du<br />

gehst jetzt gleich mal da rauf. Ich fand’s irre,<br />

zu sehen, wie er da so die Wand raufspringt,<br />

wo meiner Meinung nach gar kein Griff war.<br />

Was sind Sie geklettert?<br />

Äh, eher nichts Schwieriges. Von der Kraft<br />

her bin ich gut raufgekommen (grinst). Aber<br />

ich hatte ein bisserl Probleme mit der Höhe.<br />

Bis vor eineinhalb Jahren haben sich<br />

Höhepunkte in Ihrem Leben in Form von<br />

Platzierungen und Medaillen manifestiert.<br />

Fehlt Ihnen das?<br />

Erfolgserlebnisse im Sport sind intensiv,<br />

aber meist sehr kurzlebig. Man arbeitet<br />

darauf hin, steht oben auf dem Trepperl,<br />

aber das ist dann schnell wieder vorbei.<br />

Der nächste Tag bringt den nächsten Wettkampf<br />

und man fängt wieder bei Null an.<br />

Wie sieht jetzt ein ganz normaler Tag aus?<br />

Darauf war ich auch gespannt. Es ist auf jeden<br />

Fall: total anders. Vorher lief alles nach<br />

Plan. Ich wusste, wann der erste Wettkampf<br />

ist und was das bedeutet. Es war trotz hohen<br />

Anspruchs viel Routine. Jetzt plane ich jede<br />

Woche neu. Wie jeder Berufstätige muss ich<br />

schauen, dass ich den Sport unterbringe.<br />

Was haben Sie für Termine?<br />

Interviews. Foto-Shootings, PR-Termine<br />

mit meinen Sponsoren. Außerdem bin ich<br />

Botschafterin der Björn-Schulz-Stiftung, die<br />

sich für Hospize für schwerkranke Kinder<br />

einsetzt. Das sind recht unterschiedliche Sachen:<br />

ein Benefizkonzert, ein Sommerfest.<br />

Ihr Job ist, Magdalena Neuner zu sein, die<br />

erfolgreichste Biathletin aller Zeiten?<br />

Ja. Wenn ich als Botschafterin oder Testimonial<br />

unterwegs bin, dann immer mit<br />

diesem Nebensatz.<br />

Wo soll die Reise langfristig hingehen?<br />

Ich lasse mich überraschen. Selbst mein Management<br />

ging davon aus, dass ich nach dem<br />

Ausstieg aus dem Profi-Sport noch ein paar<br />

Sponsorentermine haben würde, aber dass<br />

das dann abebbt. Allerdings wurden die Termine<br />

seither immer mehr. Ich habe wirklich<br />

einen Vollzeit-Job. Solange es so läuft, bin<br />

ich froh. Klar, es ist weniger Verantwortung,<br />

als eine eigene Firma aufzubauen. Aber ehrlich<br />

gesagt: Es tut mir gerade so gut, dass ich<br />

abends nach meinen Terminen auch einfach<br />

mal den Kopf ausschalten darf.<br />

Wie war es vorher?<br />

Es war halt ganz normal, dass man immer<br />

denkt: Ich muss trainieren, ich darf nicht<br />

krank werden. Man ist permanent in einer<br />

Drucksituation.<br />

Sie waren jahrelang gezwungen, sich Ziele<br />

zu setzen. Machen Sie das noch?<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 69


»Oft geben die<br />

Leute total Gas,<br />

wenn sie mit mir<br />

unterwegs sind.<br />

Ich frage dann<br />

immer: Was<br />

pressiert’s dir<br />

denn so?«<br />

Es gibt konkrete Sachen wie eine Fitness-<br />

DVD, dafür habe ich gezielt trainiert. Gerade<br />

lernte ich wochenlang Nationalhymnen.<br />

Wie bitte?<br />

(lacht) Ende September war ich bei der ARD-<br />

Sendung »Klein gegen Groß«. Da spielt ein<br />

Kind gegen einen Prominenten, den es sich<br />

aussuchen darf. Ein Kind, das alle Nationalhymnen<br />

der Welt kennt, hat mich herausgefordert.<br />

Also habe ich vier Wochen<br />

vorher Nationalhymnen gepaukt.<br />

TOUR<br />

Lenas Lieblingstour: die Soiernspitze (2257 m)<br />

»Unheimlich schönes<br />

Gebiet direkt vor der<br />

Haustüre«<br />

»Mir gefällt der Aufstieg zur<br />

Soiernspitze und zur<br />

Schöttelkarspitze sehr gut, weil<br />

er sehr abwechslungsreich ist.<br />

Vom Gipfel hat man einen<br />

phantastischen Blick, gerade<br />

auch auf die Soiernseen.«<br />

Charakter: Längere<br />

Bergwanderung (6–7 Std.,<br />

1370 Hm) mit tollem<br />

Gipfel-Rundblick<br />

Ausgangspunkt: Seins-Alm<br />

(891 m), unbewirtschaftet<br />

Die der Langlaufnationen kannten Sie vermutlich<br />

schon?<br />

Klar, Russland und Norwegen weiß ich<br />

schon (winkt ab), aber es waren Schweden,<br />

Thailand und Benin. Das Stabsmusikkorps<br />

spielt sie an. Ich hab nur eine von drei gewusst.<br />

Schweden?<br />

(schüttelt den Kopf) Thailand. Momentan<br />

mach ich selbst Musik. Ich übe für eine<br />

Benefiz-CD, die ich gemeinsam mit der<br />

Route: Zunächst geht es auf<br />

einem Forstweg durch den<br />

Bergwald zur Vereiner Alm<br />

(Krinner-Kofl er-Hütte, 1395<br />

m); die Strecke lässt sich auch<br />

gut mit dem Mountainbike<br />

machen. Von der Alm geht ein<br />

Wanderweg (Jöchl – Soiernspitze)<br />

zunächst in nördlicher<br />

Richtung, dann östlich durch<br />

einen dichten Latschengürtel.<br />

Vom Jöchel geht es dann steil<br />

bergan zum Gipfel (2257 m).<br />

Genuss-Tour: auf dem Weg zur Schöttelkarspitze<br />

(2050 m) im Karwendel<br />

»Stoabergmusi« aus dem Chiemgau für die<br />

Björn-Schulz-Stiftung aufnehme. Ich spiele<br />

dazu Harfe und bin schon fleißig am Üben.<br />

Klingt nach einem Rausch. Von allen<br />

Seiten prasseln Angebote auf Sie ein?<br />

Es ist schon ein totaler Luxus, sagen zu dürfen:<br />

Das mache ich und das nicht. Keiner<br />

zwingt mich, Nationalhymnen zu lernen<br />

oder ins Fitness-Studio zu gehen. Momentan<br />

macht mir das Spaß. Aber wenn die<br />

Familienplanung ansteht, werde ich mich<br />

hundertprozentig mehr zurücknehmen.<br />

Ich empfände es nämlich auch als Luxus,<br />

für meine Kinder da zu sein und nur einzelne<br />

Termine wahrzunehmen.<br />

Speist sich daraus Ihre Entspannung?<br />

Ich werde oft gefragt, wie ich mir das finanziell<br />

vorstelle, da ich ja als Selbständige<br />

keine Sicherheit habe. Aber das ist mir gar<br />

nicht so wichtig. Klar, ich rede mich leicht,<br />

weil ich genug auf der Seite habe und es<br />

momentan gut läuft. Aber ich weiß auch,<br />

dass mein Freund als Zimmerer einen guten<br />

Job hat. Der könnte auch eine Familie<br />

ernähren, selbst wenn ich nichts verdiene.<br />

Was nicht realistisch ist, denn ich werde immer<br />

ein bisserl was machen. Ich will damit<br />

sagen: Ich bin, glaube ich, relativ normal.<br />

Ich habe keine Designerklamotten, gebe<br />

nicht viel Geld aus. Ich lege mehr Wert auf<br />

das Zusammensein mit der Familie und<br />

Freunden. Und wer weiß, vielleicht mache<br />

ich mal einen Handarbeitsladen auf (zuckt<br />

mit den Schultern).<br />

Was haben Sie mit Ihrem Trainerschein vor?<br />

Trainieren werde ich nur ehrenamtlich, für<br />

die Kinder. Meine Erfahrung weitergeben,<br />

das halte ich fast schon für eine Pflicht bei<br />

all dem, was mir zuteil wurde. Aber falls Sie<br />

das fragen wollten: Es ist nicht mein Traum,<br />

Bundestrainerin zu werden.<br />

Sie sind am Fuße der Alpen im Oberland<br />

aufgewachsen, leben dort. Könnte ein Ziel<br />

auch mal ein hoher Berg sein?<br />

Das reizt mich überhaupt nicht. Ich gehe<br />

wahnsinnig gern in die Berge, aber nur<br />

zur Entspannung. Man muss sich ja schon<br />

richtig Zeit nehmen dafür. So ein paar Stunden<br />

oder einen ganzen Tag abhauen in die<br />

Natur, die Stille, sich oben mit einer guten<br />

Fotos: privat, Meike Birck (3)<br />

70 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Brotzeit auf den Gipfel setzen – das ist Luxus.<br />

Da ist mir wurscht, ob das ein Dreitausender<br />

ist oder nicht. Selbst wenn es nur der<br />

Schwarzkopf oder der Seinskopf ist, Bergsteigen<br />

ist meditativ, das genieß ich total.<br />

Wie hat sich die Bedeutung der Berge für<br />

Sie verändert?<br />

Mei, früher habe ich halt schon immer auf<br />

die Uhr geschaut und den Trainingsplan<br />

im Kopf gehabt. In meiner Freizeit bin ich<br />

fast nie in die Berge gegangen. Wenn man<br />

die ganze Woche trainiert hat, will man am<br />

Sonntag auch mal die Füße hochlegen oder<br />

spazieren gehen. Ich bin viel in den Wald<br />

gegangen oder halt einfach raus. Auf ein<br />

Bankerl setzen und in die Gegend schauen.<br />

Jetzt können Sie das ja sogar auf einem<br />

Panoramaweg machen, der nach Ihnen<br />

benannt wurde.<br />

Stimmt, der ist zwar nicht lang, aber wirklich<br />

schön.<br />

Reizen Sie andere Regionen der Alpen?<br />

Wir waren heuer in Südtirol im Urlaub und<br />

jeden Tag auf dem Berg. Im Alltag ist es<br />

nach wie vor eine Zeitfrage. Berggehen, das<br />

macht man ja schon lieber mit jemandem.<br />

Ich bin viel am Wochenende auf Terminen,<br />

wenn mein Freund und meine Freunde Zeit<br />

hätten. So geh’ ich halt doch immer wieder<br />

hier irgendwo rauf. Ich hab außerdem<br />

festgestellt, dass ich auf einigen Gipfeln vor<br />

meiner Haustür noch gar nicht war.<br />

Welche sind das?<br />

Das glaubt mir wahrscheinlich kein Mensch,<br />

aber letztes Jahr im September war ich tatsächlich<br />

zum ersten Mal in meinem Leben<br />

auf dem Heimgarten. Echt schön da oben.<br />

Wenn man als ambitionierter Hobbybergsteiger<br />

im Karwendel von jemandem überholt<br />

wird, dann sind das wahrscheinlich Sie.<br />

Von wegen! Ich bin mittlerweile Profi in<br />

Entspannung. Oft geben die Leute total Gas,<br />

wenn sie mit mir unterwegs sind. Ich frage<br />

dann: Was pressiert’s dir denn so? Ich genieße<br />

bewusster, weil ich früher nie Zeit hatte.<br />

Was sind ihre Lieblingstouren?<br />

Der Heimgarten gehört jetzt auf jeden Fall<br />

dazu. Schöttelkar, Soiernspitze und -seen,<br />

»Was man im Sport gelernt hat, kann man auf alle Bereiche des Lebens übertragen.«<br />

»So ein paar Stunden<br />

abhauen in die Natur,<br />

die Stille, sich oben mit<br />

einer guten Brotzeit<br />

auf den Gipfel setzen –<br />

das ist Luxus.«<br />

das ist ein unheimlich schönes Gebiet. Und<br />

direkt vor unserer Haustür.<br />

Interessiert es Sie, was andere Profisportler<br />

in den Bergen so machen?<br />

Total. Die Gössner Miriam (frühere Teamkollegin<br />

Neuners, Anm. d. Red.) war mit den Ski auf<br />

dem Mont Blanc und die Dahlmeier Laura<br />

(Juniorenweltmeisterin, Gewinnerin von Staffel-<br />

Gold beim Weltcup in Sotchi 2013, Anm. d. Red.)<br />

irgendwo hinten in Russland unterwegs.<br />

Die sind total verrückt, und ich bewundere<br />

das total. Aber ich bin überhaupt nicht der<br />

Typ dafür. Ich genieße es, auf eine Alm zu<br />

gehen, einen Berg. Hochalpine Sachen muss<br />

ich nicht haben.<br />

Sie haben als Kind fast alle Sportarten<br />

probiert, bevor Sie beim Biathlon blieben.<br />

Gehen Sie jetzt nach Ihrer Karriere wieder<br />

auf Skitour?<br />

Ich fange gerade an. Tatsächlich dachte<br />

ich, wenn ich mit Biathlon aufhöre, gehe<br />

ich ganz viele Skitouren. Letzten Winter<br />

habe ich dann genau drei gemacht: auf<br />

den Kranzberg und auf die Rauthhütte in<br />

der Leutasch. Nix Spezielles. Für mich ist’s<br />

schwer, jemanden zu finden, der unter der<br />

Woche Zeit hat, und allein mag ich nicht gehen.<br />

Da fehlt mir noch die Erfahrung. Aber<br />

der nächste Winter kommt bestimmt.<br />

Wieviel Sport machen Sie jetzt?<br />

Letztes Jahr habe ich sehr diszipliniert<br />

vier- bis fünfmal pro Woche was gemacht.<br />

Ich hatte im Kopf: Das erste Jahr nach dem<br />

Sport muss ich konsequent sein, weil das<br />

fürs Herz wichtig ist. Jetzt mache ich Sport,<br />

wenn ich Lust habe. Vor allem joggen und<br />

biken. Ganz ohne Druck.<br />

Sie haben sehr jung große Erfolge erzielt.<br />

Wie sind Sie damit umgegangen?<br />

In Antholz bin ich mit 19 dreimal Weltmeisterin<br />

geworden. Das ist erst einmal super.<br />

Die Leute jubeln, die Sponsoren kommen,<br />

die Zeitungen schreiben. Da war ich unbeschwert.<br />

Ich dachte, das ist halt jetzt bei der<br />

WM so. Aber es hat mein Leben verändert.<br />

Was ist passiert?<br />

Ich bin heimgekommen, und plötzlich waren<br />

Journalisten im Garten. Beim Einkaufen<br />

bin ich angesprochen worden, hinter<br />

mir habe ich die Leute tuscheln gehört. Ich<br />

hatte damals kein so gutes Management. Ich<br />

wurde ausgenutzt und überall hingeschickt.<br />

Nach kürzester Zeit war ich ausgebrannt.<br />

Ich wollte nur noch meine Ruhe haben.<br />

Hat vermutlich nicht geklappt.<br />

Die Zeitungen schrieben: Ist ja nett, die hat<br />

dreimal Gold gewonnen, aber was ist im<br />

nächsten Winter? Das ist jeden Tag Druck im<br />

Training. Zum Glück war ich im Jahr drauf,<br />

2008, auch wieder dreimal Weltmeisterin.<br />

Bis dahin war’s schwierig. Ich hab mir dann<br />

einen Mentaltrainer geholt, mit dem ich immer<br />

noch zusammenarbeite. Der hat mich<br />

durch den ganzen Trubel durchgebracht.<br />

Was hat er Ihnen beigebracht?<br />

Mich auf mich selbst zu konzentrieren,<br />

meine Energie für die richtigen Sachen einzusetzen.<br />

Viele haben Vorbehalte, wenn sie<br />

hören: Man macht da Energiearbeit. Meine<br />

Trainer wollten das auch nicht so ger-<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 71


Alles eine Frage des Kopfes: Magdalena<br />

Neuner beim Schießen in ihrer aktiven Zeit<br />

ne. Aber ich habe das durchgezogen. Wenn<br />

ich gemerkt habe, dass mir was nicht guttut,<br />

bin ich auch mal nicht mitgefahren auf<br />

Lehrgänge. Klar, dass das den Trainern nicht<br />

passt, aber es hat ja funktioniert. Mir war<br />

klar, dass ich meinen eigenen Weg gehe. Ich<br />

profitiere heute noch davon. Was man im<br />

Sport gelernt hat, kann man auf alle Bereiche<br />

des Lebens übertragen.<br />

Ein Beispiel?<br />

Das klingt jetzt vielleicht blöd. Aber diese<br />

Musik-CD, auf der ich Harfe spiele – ich<br />

bin da so nervös! Als Kind hatte ich mal eine<br />

blöde Erfahrung. Beim Vorspielen hatte<br />

ich einen Blackout. Ich habe heute noch ein<br />

Problem damit. Da will ich jetzt durch.<br />

Sie werden ja mittlerweile sogar auf Podien<br />

eingeladen, um über Motivation zu sprechen.<br />

Was haben Sie für Tipps?<br />

Bei Olympia habe ich jedes einzelne Rennen<br />

im Kopf vorbereitet, mich da richtig hineingefühlt.<br />

Beim Massenstart zum Beispiel<br />

dachte ich am Vortag: Am Anfang klappt es<br />

nicht so mit dem Schießen, aber ich bin läuferisch<br />

super drauf, und beim letzten Schießen<br />

schieße ich null und werde Olympiasiegerin.<br />

Genau so war’s dann. Beim letzten<br />

Schießen bin ich hin mit einem Schmunzeln<br />

und habe einfach null geschossen.<br />

Und was ist Ihr Rezept für Niederlagen?<br />

Analysieren: Was hat mich abgelenkt? Dann<br />

weiß man, man hat das Thema gelöst und<br />

beim nächsten Mal klappt’s wieder.<br />

Sie sind mit Mitte 20 ein Vorbild für viele<br />

Sportler. Haben Sie Vorbilder?<br />

Ich bewundere Steffi Graf. Die kriegt das so<br />

gut hin, ihre Familie zu leben und trotzdem<br />

noch bekannt zu sein. Die Huber-Buam zählen<br />

auch zu meinen Vorbildern, das wissen<br />

Sie ja schon. Wie die das mental machen, da<br />

irgendwo in einer Wand drinzuhängen und<br />

die Nerven nicht zu verlieren… Und als ich<br />

letztens den Neureuther Felix getroffen habe,<br />

hab ich ihm gesagt, wie toll seine Mama<br />

ist. Jeder kennt und mag Rosi Mittermaier.<br />

Jürgen Klopp finde ich als Trainer super. Der<br />

hat ein gutes Händchen für seine Sportler.<br />

Sie haben mit Hans-Dietrich Genscher auf<br />

einem Podium über Optimismus diskutiert.<br />

Da war ich aufgeregt. Er ist so ein bekannter,<br />

ehrwürdiger Politiker. Aber er ist ein total<br />

normaler, netter Mensch. Er ist 60 Jahre älter<br />

als ich, irre, und trotzdem gab es Parallelen,<br />

als wir uns über Optimismus unterhielten.<br />

Was für Parallelen waren das?<br />

Ich bewegte mich immer positiv auf die Sachen<br />

zu, die ich erreichen wollte. Das ging<br />

ihm in der Politik genauso. Wir haben uns<br />

beide nicht von Zweiflern irritieren lassen.<br />

ZUR PERSON<br />

Siegertyp und Sonnenschein<br />

Mit vier Jahren stand sie zum ersten Mal auf<br />

Alpinski, und bevor sie sich mit neun Jahren<br />

für den Biathlon entschied, hatte sie sich beim<br />

SC Wallgau »an so ziemlich jeder Form des Wintersports<br />

versucht«. Magdalena Neuner, heute<br />

erfolgreichste Biathletin aller Zeiten, dominierte<br />

von Anfang an ihre Altersklasse. Vier Jahre<br />

hintereinander Siegerin des deutschen Schülercups,<br />

das war nur der Anfang. Mit 26 Jahren<br />

blickt Neuner auf eine Karriere als Doppel-<br />

Olympiasiegerin, zwölffache Weltmeisterin und<br />

dreifache Gesamt-Weltcup-Siegerin zurück. Sie<br />

hat insgesamt 34 Weltcup-Rennen gewonnen<br />

und wurde dreimal zur Sportlerin des Jahres<br />

gewählt. Dann war Schluss. Auf dem Höhepunkt<br />

ihrer Karriere erklärte Neuner den Rücktritt. Bei<br />

der Heim-WM in Ruhpolding sicherte sie sich<br />

im März 2012 trotzdem noch einmal Gold im<br />

Sprint und mit der Frauen-Staffel, Silber in der<br />

Verfolgung und Bronze in der Mixed-Staffel.<br />

Sagen zwei Menschen, die auf sehr viele<br />

Erfolge zurückblicken.<br />

Die Leute denken immer, bei mir ist alles<br />

nur super. Aber das stimmt nicht. Ich bin<br />

auch ein Mensch, bei mir gibt’s privat mal<br />

Probleme. Auch ich habe Ex-Freunde, kenne<br />

Liebeskummer.<br />

Oder im Sport: 2009 hatte ich eine echt<br />

schlechte Saison. Da redet zwar keiner mehr<br />

drüber, aber da habe ich gerade noch mit<br />

der Staffel Silber gewonnen. Das war alles.<br />

Trotzdem war für mich klar: Im nächsten<br />

Jahr wirst du Olympia-Siegerin. Erfolg kann<br />

auch über Umwege kommen. Man darf nie<br />

die Zuversicht verlieren. Selbst, wenn’s mal<br />

total kacke läuft.<br />

Der nächste Winter steht vor der Tür. Wie<br />

sieht der aus?<br />

Ich werde zu ein paar Weltcup-Veranstaltungen<br />

fahren und auch nach Sotchi fliegen,<br />

weil ich Sponsoren-Termine habe. Ich<br />

schaue mir dann sicher auch Biathlon an,<br />

aber das ist nicht mehr mein Lebensinhalt.<br />

Vielleicht schaffen Sie ja dann sogar vier<br />

Skitouren diesen Winter.<br />

Oder sogar sechs!<br />

Ein paar Monate später nahm sie beim »World<br />

Team Challenge« vor 50 000 Zuschauern in der<br />

Veltins-Arena auf Schalke Abschied. Auch ihre<br />

Heimatgemeinde ist sehr stolz auf sie. Im Mai<br />

weihte Bürgermeister Hansjörg Zahler zu Neuners<br />

Ehren einen Panoramaweg ein. Der kleine<br />

Rundweg führt vom Haus des Gastes in Wallgau<br />

(866 m) auf den Krepelschrofen (1160 m). Infotafeln<br />

geben den Werdegang Neuners wieder.<br />

Mehr Infos unter www.alpenwelt-karwendel.de<br />

Gold-Sammlerin: Neuner ist die erfolgreichste<br />

Biathletin der Sportgeschichte.<br />

◀<br />

Fotos: Alpenwelt Karwendel (oben), Martin Kriner/TI Wallgau (unten)<br />

72 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


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AUF TOUR<br />

Serie: Die Paten<br />

Teil 4:<br />

Hirn & Schmalz<br />

<strong>Bergsteiger</strong> haben Köpfchen. Das beweisen die Techniken,<br />

die die Namen ihrer Erfinder tragen und die teils noch<br />

heute am Berg zum Einsatz kommen. Im vierten Teil seiner<br />

Serie stellt der BERGSTEIGER einige von ihnen vor.<br />

74 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Im Herzen des Wilden Kaisers:<br />

die Hintere Karlspitze (links) und<br />

die Fleischbank (rechts) mit der<br />

Ostwand; die Dülferführe verläuft<br />

rechts der Gipfelfalllinie.<br />

[ Nr. 1 Dülfersitz ]<br />

Fleischbank-Ostwand<br />

(Kaisergebirge)<br />

»Dülferführe«<br />

Erste Begehung: H. Dülfer, W.<br />

Schaarschmidt (1912)<br />

Schwierigkeit: VI (einige Stellen),<br />

überwiegend V und V+<br />

Wandhöhe: 350 m<br />

Charakter: Einer der ganz großen<br />

Kletter-Klassiker in den Ostalpen<br />

und absolute Pfl ichttour für jeden<br />

Alpinkletterer! Einst wegen der<br />

beiden Seilquergänge, die heute<br />

meist frei geklettert werden, berühmt<br />

und berüchtigt; an den Standplätzen<br />

Bohrhaken, ebenso an den schwierigsten<br />

Stellen<br />

Führer: Markus Stadler »Kletterführer<br />

Wilder Kaiser«, Panico Alpinverlag,<br />

Köngen 2012<br />

Fotos: Andreas Strauß (gr. Bild), Archiv Kubin (rechts)<br />

Reinhold Messner bezeichnete das Bergsteigen<br />

einmal als die »Erschaffung des<br />

Nichts«. Im Normalfall hinterlassen alpine<br />

Höchstleistungen tatsächlich nichts als<br />

ein paar spektakuläre Fotos und Berichte<br />

darüber – und natürlich die Erinnerungen<br />

in den Köpfen derjeniger, die daran<br />

beteiligt waren. In seltenen Fällen findet<br />

man handfeste Relikte der Helden wie<br />

beispielsweise den Kompressor am Cerro<br />

Torre, mit dessen Hilfe sich Cesare Maestri<br />

1970 bis zum Gipfel hinauf arbeitete.<br />

Doch derartige »Signaturen« ernten meist<br />

Kritik: Unter <strong>Bergsteiger</strong>n gilt es als Ehrenkodex,<br />

am Berg nichts zu hinterlassen.<br />

Einige <strong>Bergsteiger</strong> gibt es dann doch, die<br />

zu Ehren gelangt sind, weil sie etwas Greifbares<br />

geschaffen haben: Vitali Abalakov<br />

beispielsweise, oder Karl Prusik. Auch<br />

Tita Piaz war einer von diesen, und erst<br />

recht Hans Dülfer. Jene Namen stehen für<br />

Techniken, die das Klettern revolutioniert<br />

haben und die wir in der vorletzten Folge<br />

der BERGSTEIGER-Serie »Die Paten« vorstellen.<br />

Natürlich haben Männer wie Dülfer,<br />

Prusik, Piaz und Abalakov auch große<br />

alpinistische Leistungen vollbracht. Aber<br />

die sind heute nur noch Insidern geläufig.<br />

Schließlich waren jene Taten ein »Nichts«<br />

im Vergleich dazu.<br />

–dst–<br />

Der fünfte und letzte Teil der Serie widmet sich<br />

Klettersteigen, die nach berühmten Persön -<br />

lich keiten benannt wurden. Er erscheint in der<br />

Februar-Ausgabe des BERGSTEIGER.<br />

Hans Dülfer geb. 23. Mai 1892 in Barmen<br />

(Westf.), gest. 15. Juni 1915 in Arras<br />

Hans Dülfer ist der Erfinder<br />

des nach ihm benannten<br />

Abseilsitzes, dessen<br />

Anwendung Jahrzehnte<br />

lang Lehrmeinung war.<br />

Man könnte Hans Dülfer, den<br />

Münchner Student der Philosophie,<br />

durchaus als ersten<br />

Kletter-»Profi« bezeichnen. Nicht, weil<br />

er mit seinem Sport Geld verdient hätte,<br />

sondern wegen der Intensität, in der er<br />

seinen Sport ausübte: In weniger als vier<br />

Jahren gelangen ihm fast 60 Neutouren,<br />

dazu verzeichnet sein akribisch geführtes<br />

Tourenbuch fürs Jahr 1912 ganze 121<br />

Bergtouren, fürs Jahr 1913 sogar 147 Gipfel!<br />

Dass man bei diesem Training einfach<br />

ein »Guter« werden muss, ist naheliegend.<br />

Aber weil Dülfer auch noch ein geniales<br />

Talent fürs Felsklettern besaß, wurde er<br />

DER Ausnahmekletterer in der Zeit vor<br />

dem Ersten Weltkrieg. Seine Erstbegehungen<br />

sind Meilensteine: Ob die Ostwand<br />

der Fleischbank (VI-/A0, 1912) oder die<br />

Westwand am Totenkirchl (VI-/A0, 1913),<br />

ob die Große-Zinne-Westwand (V+, 1913)<br />

oder der grandiose Riss zwischen Fleischbank<br />

und Christaturm – überall setzte<br />

er Zeichen. Letzteren, heute »Dülferriss«<br />

(VI-, 1913) genannt, beging er im Alleingang<br />

– wohl die erste Route im VI. Schwierigkeitsgrad<br />

in den Alpen! Ein Zeitgenosse<br />

sagte über Dülfers Art zu klettern: »Dülfer<br />

klettert nicht, er streichelt den Fels.« Hans<br />

Dülfer revolutionierte das Felsklettern: Er<br />

ersann die nach ihm benannte Abseiltechnik,<br />

den »Dülfersitz«, und er verwendete<br />

bei seinen Erstbegehungen häufig den sogenannten<br />

Seilquergang (den er entgegen<br />

der landläufigen Meinung allerdings nicht<br />

erfunden hat; diese Ehre gebührt dem Kaiserkletterer<br />

Georg Sixt).<br />

»Jung stirbt, wen die Götter<br />

lieben«: Am 15. Juni<br />

1915 starb Hans Dülfer,<br />

gerade einmal 23-jährig,<br />

an der Westfront bei Arras<br />

– viel zu früh und<br />

auf den Tag genau zwei<br />

Jahre nach der Erstbegehung<br />

der Fleischbank-<br />

Ostwand… –ak–<br />

Im ersten Seilquergang der »Dülferführe«<br />

an der Fleischbank-Ostwand<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 75


[ Nr. 2 Piaztechnik ] [ Nr. 3 Prusikknoten ]<br />

Er war das, was man landläufig als<br />

»wilden Hund« bezeichnet, und<br />

nicht umsonst nannten ihn seine<br />

Landsleute bereits zu Lebzeiten »Il diavolo<br />

delle Dolomiti« (Teufel der Dolomiten).<br />

Viele Anekdoten ranken sich um Tita Piaz,<br />

die allesamt eine impulsive, manchmal<br />

jähzornige und emotionale, aber stets<br />

menschenfreundliche Persönlichkeit charakterisieren.<br />

Piaz zählte zu den besten<br />

Kletterern seiner Zeit: Zwischen Dolomiten<br />

und Kaisergebirge gelangen ihm mehr als<br />

50 Neutouren, die damals zu den ganz großen<br />

Felsfahrten zählten. Großes Aufsehen<br />

erregte seine Erstbegehung des Nordostrisses<br />

an der Punta Emma (Rosengarten), bei<br />

der er bereits im Jahr 1900 den V. Schwierigkeitsgrad<br />

im Alleingang bewältigte! Sein<br />

»glorreichster Aufstieg« – so schrieb er in<br />

seinem Buch »Dolomiten meine Freiheit«<br />

– war die Westwand am Totenkirchl im<br />

Kaisergebirge im Jahr 1908. Die gewaltige<br />

Wand galt damals als das größte Problem<br />

in den Ostalpen – Piaz kam, sah und siegte:<br />

Die Schlüsselstelle, die »Piaz-Wand« (V),<br />

bewältigte er in jener Gegendrucktechnik,<br />

die später seinen Namen erhielt. Piaz war<br />

Die Piaztechnik, wie sie in der<br />

»Lutzverschneidung« (VI+,<br />

Südpfalz) zum Einsatz kommt<br />

Giovanni Battista »Tita« Piaz,<br />

geb. 13. Oktober 1879 in Pera/Fassatal,<br />

gest. 5. August 1948 ebendort<br />

aber auch ein politischer Mensch: Nach<br />

der Machtergreifung durch die Faschisten<br />

schloss er sich der Opposition an, wurde<br />

mehrmals verhaftet und schließlich zum<br />

Tod verurteilt. Nach dem Zusammenbruch<br />

des Regimes kämpfte er als Bürgermeister<br />

seines Heimatortes Pera gegen die Armut<br />

im Fassatal. Ironie des Schicksals: Als einer<br />

der besten Kletterer seiner Zeit starb<br />

er schließlich an den Folgen eines banalen<br />

Fahrradsturzes.<br />

–ak–<br />

Totenkirchl-Westwand<br />

(Kaisergebirge)<br />

»Piazführe«<br />

Erste Begehung: T. Piaz, J. Klammer,<br />

R. Schietzold, F. Schroffenegger, 1908<br />

Schwierigkeit: V (einige Stellen),<br />

meist IV und III<br />

Wandhöhe: 450 m<br />

Charakter: Die erste Route durch<br />

die gewaltige Westwand, die den Weg<br />

des geringsten Widerstandes sucht;<br />

einige originelle Passagen, vor allem<br />

die legendäre »Piaz-Wand«, die in<br />

Gegendruck-(Piaz-)Technik überwunden<br />

wird.<br />

Führer: Markus Stadler »Kletterführer<br />

Wilder Kaiser«, Panico Alpinverlag,<br />

Köngen 2012<br />

Dr. Karl Prusik war das, was man<br />

sich vor gut 80 Jahren unter einem<br />

Helden vorstellte. Er kämpfte im I.<br />

Weltkrieg drei Jahre lang als Offizier an<br />

der Gebirgsfront. Als der Krieg aus war, eroberte<br />

er die Gipfel über Routen, die vor<br />

ihm noch keiner gewählt hatte: die Planspitze<br />

im Gesäuse über die Nordwestwand,<br />

die Kleine Bischofsmütze im Gosaukamm<br />

über die Südwestkante und die Kleine Zinne<br />

über den Spiralweg. Sogar durch die<br />

Taschach-Eiswand fand er mit den damaligen<br />

Mitteln einen Weg. Seine Erfahrungen<br />

und auch seinen Kampfgeist gab Prusik als<br />

Kletterausbilder beim Alpenverein an die<br />

Jugend weiter – manche unterstellten<br />

ihm deshalb eine Nähe zur nationalsozialistisch<br />

gefärbten Ideologie des »Kampfalpinismus«.<br />

Vielleicht ging es ihm – dem<br />

späteren Präsidenten des Österreichischen<br />

Alpenklubs – auch einfach nur um die<br />

bergsteigerische Elite.<br />

Zu weltweiter Berühmtheit hat es Prusik<br />

dank eines Knotens gebracht, den der <strong>Bergsteiger</strong><br />

und Musiklehrer 1931 erfand. Der<br />

Prusikknoten fixiert sich bei Belastung; bei<br />

Entlastung lässt er sich verschieben. Die<br />

meisten <strong>Bergsteiger</strong> bringen den Prusik-<br />

Knoten mit Rettungssituationen wie der<br />

Spaltenbergung in Verbindung. Dass man<br />

damit aber auch – ganz im Sinne Prusiks<br />

– neue Wege gehen kann, bewiesen zwei<br />

Kletterer 1948 im Bundesstaat Washington.<br />

Sie benannten den Berg nach der Technik,<br />

die ihnen den letzten Gipfelaufschwung<br />

ermöglicht hatte: Prusik Peak. –dst–<br />

Karl Prusik, geb. 19. Mai 1896 in Wien,<br />

gest. 8. Mai 1961 in Perchtoldsdorf bei Wien<br />

76 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


[ Nr. 4 Abalakov-Eissanduhr ]<br />

Hält in gutem Eis<br />

locker so viel wie eine<br />

Eisschraube, kostet<br />

aber nur einen Bruchteil:<br />

die Eissanduhr.<br />

Aiguille Verte<br />

(Mont-Blanc-Massiv)<br />

»Couloir<br />

Couturier«<br />

Für einen Prusiknoten knüpft man<br />

zunächst mit einer dünnen Schlinge einen<br />

losen Ankerstich um ein dickeres Seil.<br />

Nun führt man die Schlinge nochmals um<br />

das dicke Seil und fädelt sie durch die Bucht.<br />

Schneebergwand – 4. Turm<br />

(Dachstein)<br />

»Prusikführe«<br />

Erste Begehung: K. Prusik, L. Wührer<br />

(1928)<br />

Schwierigkeit: IV+ (einige Stellen),<br />

meist III und IV, kaum leichter<br />

Wandhöhe: 350 m<br />

Charakter: In den vergangenen Jahren<br />

etwas in Vergessenheit geratene,<br />

eindrucksvolle Genusskletterei an<br />

bestem Dachsteinkalk, etwas komplizierte<br />

Linienführung. Nur ein Teil<br />

der notwendigen Haken ist vorhanden.<br />

Führer: W. End »AVF Dachsteingebirge<br />

Bd. Ost«, Bergverlag Rother<br />

(vergriffen)<br />

Fotos: Archiv Kubin (li.); Heinz Zak, Archiv ÖAK (Mitte); Andreas Dick; Archiv des Deutschen Alpenvereins (re.)<br />

Dem Russen an sich sagt man gern<br />

einen Hang zum Pragmatischen<br />

nach. Klassischer Beleg dafür ist der<br />

Bleistift, den die Kosmonauten einst der<br />

millionenschweren US-Entwicklung eines<br />

auch im All auslaufsicheren Tintenfüllers<br />

(vulgo Kugelschreiber) entgegensetzten.<br />

Versierte <strong>Bergsteiger</strong> kennen noch ein weiteres<br />

Beispiel: die Eissanduhr. Ihr Erfinder<br />

Vitali Abalakov war eine Art Anderl Heckmair<br />

des Sowjet-Alpinismus: Er lernte das<br />

Klettern in Stolby, jenem legendären sibirischen<br />

Steinhaufen, der traditionell seilfrei<br />

beklettert wird. Die Erstbesteigung des<br />

Pik Lenin (7134 m) im Jahr 1934 machte<br />

ihn zum Volkshelden, schützte ihn aber<br />

nicht vor der Verhaftung unter Stalins<br />

Terror – wegen »Ausübung westlicher<br />

Klettertechniken«. Später mit zahllosen<br />

Orden rehabilitiert, entwickelte sich der<br />

Ingenieur zum führenden Ausrüstungstüftler<br />

östlich des Eisernen Vorhangs. Im<br />

Gedächtnis blieb er vor allem mit einem<br />

Geistesblitz: Statt teures Material im Eis zu<br />

versenken, bohrte Abalakov im 60°-Winkel<br />

zwei Löcher ins Eis, die einander am<br />

tiefsten Punkt berührten. Durch den Tunnel<br />

fädelte er eine Schlinge und seilte daran<br />

ab. Das hält und schont den Geldbeutel.<br />

Aus der Not geboren und eigentlich<br />

nur für den Rückzug gedacht, hat es die<br />

Abalakov-Eissanduhr heute in alle Lehrbücher<br />

geschafft.<br />

–te– ◀<br />

Erste Begehung: M. Couturier mit<br />

A. Charlet und J. Simond (1932)<br />

Schwierigkeit: ZS, Stellen 55°<br />

Wandhöhe: 1000 m<br />

Charakter: Lange war das Whympercouloir<br />

der klassische Abstieg an<br />

der Aiguille Verte. Seit es zunehmend<br />

ausapert, hat sich das nordseitige<br />

Couloir Couturier zur Abseilpiste gemausert.<br />

Während der Saison sind oft<br />

Eissanduhren vorbereitet. Falls nicht,<br />

sollte das Fädeln in der 1000-Meter-<br />

Eiswand allerdings keine Probleme<br />

mehr bereiten.<br />

Führer: H. Eberlein »Mont-Blanc-<br />

Gruppe«, Bergverlag Rother 2000<br />

Vitali Mihailovic Abalakov,<br />

geb. 13. Januar 1906 in Krasnojarsk,<br />

gest. 26. Mai 1986 in Moskau<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 77


AUF TOUR<br />

Zum 200. Geburtstag von Friedrich Simony<br />

Foto: Welterbemuseum Hallstatt<br />

Der Stein<br />

des Waisen<br />

Vor 200 Jahren wurde ein Mann geboren, der die<br />

Wissenschaft der Geografie maßgeblich geprägt hat:<br />

Friedrich Simony. Seine Leidenschaft trieb ihn von<br />

Wien immer wieder zum Dachstein. Er kroch in<br />

Gletscherhöhlen, harrte in klirrend kalten Nächten<br />

am Gipfel aus und malte meterlange Panoramen.<br />

Von Andrea (Text) und Andreas Strauß (Fotos)<br />

78 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Man könnte es als Liebe auf den<br />

ersten Blick bezeichnen. »Er<br />

schuf mir die schönste, die<br />

erhabenste Stunde meines<br />

Lebens«, schwärmte Friedrich Simony über<br />

den Dachstein.<br />

Als er dem Berg im Jahr 1840 das erste Mal<br />

gegenübersteht, ist er noch ein Student. Ein<br />

Ausflug mit Kommilitonen führt den jungen<br />

Geografen ins Ausseerland und nach<br />

Hallstatt, wo Knappen im ältesten Salzbergwerk<br />

der Welt schuften. Damals war<br />

Hallstatt noch alles andere als ein schmucker<br />

Ort, nahe dem eine Seilbahn massenweise<br />

Touristen bis zu den Eishöhlen und<br />

zur Aussichtsplattform mit Blick auf den<br />

Dachsteingletscher hinaufbringt.<br />

Zu Simonys Zeit wagten sich nur die<br />

Kühnsten bis in die vereisten Gipfelregionen.<br />

Jeder Dachsteinbesteiger war im<br />

Tal persönlich bekannt; der berühmteste<br />

unter ihnen hieß Peter Gappmayr aus Filzmoos.<br />

Gemeinsam mit Karl Thurwieser<br />

bestieg er 1834 erstmals den Hohen Dachstein;<br />

15 Jahre vorher stand Gappmayr als<br />

Erster auf dem Gipfel des Torstein.<br />

Umso kesser wirkt es, wenn ein Wiener<br />

Student 1840 bis auf den Gletscher vordringt<br />

und den Hohen Gjaidstein besteigt.<br />

Für dieses Abenteuer hat Simony den Bergführer<br />

Johann Wallner gewonnen; mit<br />

ihm schafft er es in jenem Jahr bis hinauf<br />

zum Karlseisfeld. Zwei Jahre später kehrt<br />

Friedrich Simony nach Hallstatt zurück.<br />

Gemeinsam mit Wallner steigt er wieder<br />

auf, wagt sich bis an den Felsansatz des<br />

Dachsteins, überwindet die Randkluft und<br />

erreicht nach »recht abscheulichem Klettern«<br />

durch die Gipfelschlucht den höchsten<br />

Punkt.<br />

Es war die sechste Besteigung des Dachsteins.<br />

Sie führte über den heute noch gängigen<br />

Normalweg.<br />

Vom Waisenkind zum Professor<br />

Simonys Aufstieg klingt wie ein Märchen:<br />

vom unehelichen Waisenkind zum Professor.<br />

Als er 1813 in Böhmen zur Welt kommt,<br />

stehen alle Zeichen auf Sturm. Österreich<br />

führt Krieg gegen Napoleon, der jüngste<br />

Staatsbankrott ist noch nicht verdaut.<br />

Eisige Verhältnisse<br />

an Dachstein und Torstein:<br />

Friedrich Simony überquerte<br />

als Erster das Gletscherplateau<br />

im Winter.


1840 genoss Simony den Blick vom Gjaidstein.<br />

Von Hallstatt aus startete Simony seine Erkundungstouren zum Gletscher.<br />

Die abweisende Südwand und ...<br />

Friedrich selbst ist ein uneheliches Kind, der<br />

Vater angeblich ein ungarischer Armeearzt.<br />

Die Mutter stirbt bald nach seiner Geburt.<br />

Während seiner ersten Lebensjahre wird<br />

der Junge zwischen Verwandten herumgereicht,<br />

bis ihn ein Onkel aufnimmt und ihn<br />

sogar aufs Gymnasium schickt. Noch während<br />

der Schulausbildung beginnt Simony<br />

eine Lehre als Apotheker, bricht die Schule<br />

zugunsten des Berufs ab und wird so von<br />

den Verwandten finanziell unabhängig.<br />

Mit 20 Jahren geht er nach Wien und erwirbt<br />

dort den Magister in Pharmazie. Ein<br />

akademischer Titel ist das damals nicht.<br />

Ohne abgeschlossenes Gymnasium (und<br />

mit dem Makel der Unehelichkeit) bleibt<br />

Simony dies verwehrt. Erst durch einen<br />

kaiserlichen Gnadenerlass kann Simony<br />

KOMPAKT<br />

Dachstein<br />

Anfahrt: Nach Hallstatt auf der Nordseite<br />

des Dachstein aus dem Salzachtal<br />

über Abtenau und den Pass Gschütt<br />

Touristinfo: Tourismusverband Inneres<br />

Salzkammergut, Hallstatt,<br />

Tel. 00 43/(0)61 34/82 08,<br />

www.dachstein-salzkammergut.at<br />

Karten: AV-Karte 1:25 000, Blatt 14<br />

»Dachstein«<br />

Literatur: Sepp Brandl »Dachstein –<br />

Tauern«, 2007; Andrea u. Andreas Strauß<br />

»Dachstein«, 2006, beide Bergverlag Rother<br />

den fehlenden Schulabschluss nachholen,<br />

um ein Studium in Geografie und Botanik<br />

zu beginnen. Fünfzehn Jahre später übernimmt<br />

Friedrich Simony die erste Professur<br />

eines Geografielehrstuhls in Österreich. Er<br />

wird sie 34 Jahre lang innehaben und dem<br />

Fach jene Grundzüge geben, die bis heute<br />

die Forschung und Lehre prägen.<br />

Übernachten auf dem Dachsteingipfel<br />

Der damalige Stand der Wissenschaft entsprach<br />

freilich noch nicht dem heutigen.<br />

Findlinge galten als Produkte der biblischen<br />

Sintflut; die Existenz von Gletschern<br />

im Kalk wurde selbst unter renommierten<br />

Wissenschaftlern rundweg abgestritten.<br />

Und als Simony im Dezember 1842 für eine<br />

Übernachtung am Dachsteinplateau aufbrach,<br />

tat er das vor allem deshalb, um zu<br />

beweisen, dass der Mensch dies tatsächlich<br />

überleben kann.<br />

Von Hallstatt wollen Simony und Wallner<br />

durch das Echerntal aufsteigen und am<br />

nächsten Tag den Hallstätter Gletscher<br />

erkunden. Die Rucksäcke sind gefüllt mit<br />

Wein, »Kirschengeist als besonderes Herzstärkungsmittel«,<br />

Schneereifen und Steigeisen.<br />

Anfangs durch Blockgelände, dann mit<br />

Schneereifen an den Füßen kämpfen sie<br />

sich zur Wiesalm, ihrem Nachtlager. Nach<br />

einer »vortrefflichen Wassersuppe« macht<br />

Simony Temperaturmessungen und steigt<br />

zu einem der benachbarten Gipfel auf. Nur<br />

der Gedanke an die stark verkürzte Nachtruhe<br />

lässt ihn zur Wiesalm zurückkehren.<br />

Um heraus -<br />

zu finden, ob der<br />

Gletscher durch<br />

Erdwärme schmilzt,<br />

schlüpfen sie in<br />

eine der Eishöhlen.<br />

Romantisch: Mondaufgang über dem Dirndl<br />

80 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Gletschereis faszinierte die Wissenschaftler.<br />

... die Eisseen im Norden des Dachstein<br />

Höchst unterhaltsam beschreibt Simony<br />

den Versuch, gemeinsam mit Wallner im<br />

einzigen Sennerinnenbett zu übernachten.<br />

Nach zwei unbequemen Stunden räumt Simony<br />

seine Betthälfte.<br />

Im Inneren des Gletschers<br />

Noch in der Dunkelheit steigen sie auf zur<br />

Ochsenwieshöhe, wo sie den Anbruch des<br />

Tages mit einem Farbenschauspiel erleben,<br />

wie Simony es noch nie zuvor gesehen hat.<br />

Vorsichtig den zahlreichen Dolinen ausweichend,<br />

für die das Dachsteingebiet bekannt<br />

ist, steigen sie zum Schöberl und geraten dabei<br />

beide in eine Lawine. Da Simony nicht<br />

vollständig verschüttet ist, kann er sich<br />

selbst und Wallner retten. Scheinbar unbeeindruckt<br />

setzen sie den Weg fort. Schließlich<br />

möchte der »Dachsteinprofessor« herausfinden,<br />

ob der Gletscher im Winter durch<br />

die Erdwärme schmilzt. Dazu schlüpfen sie<br />

in eine der Eishöhlen auf der Gletscherunterseite.<br />

Was Simony in seinem ausführlichen<br />

Bericht über »jenes Blau, Grün und Weiß«<br />

schreibt, das »ganz vollkommene Ähnlichkeit<br />

mit dem reinsten Bergkristalle« hat,<br />

begeistert später nicht nur die Damen und<br />

Herren der Wiener Salons, sondern regt<br />

auch seinen Freund Adalbert Stifter zu seiner<br />

Novelle »Bergkristall« an.<br />

Simony ist nicht nur akribischer Beobachter<br />

und unerschrockener <strong>Bergsteiger</strong>, sondern<br />

versteht es auch, seine Mitwelt zu begeistern.<br />

So gelingt es ihm immer wieder, Sponsoren<br />

von seinen Projekten zu überzeugen.<br />

Bereits im Folgejahr wird die Erschließung<br />

des Dachsteins vorangetrieben. Finanziell<br />

unterstützt von den Erzherzögen Ludwig<br />

und Franz Karl sowie von Fürst Metternich,<br />

lässt der Geograf im September 1843 den<br />

Anstieg zum Dachstein versichern, indem<br />

er vom Gipfel herab ein fast 200 Meter<br />

langes Seil anbringt. Der erste versicherte<br />

Steig der Ostalpen ist entstanden! Außerdem<br />

baut Simony im Jahr 1843 eine kleine<br />

Unterstandshütte. Als »Hotel Simony«<br />

INFO<br />

Friedrich Simony<br />

Geboren: 30. November 1813 in<br />

Hrochowteinitz in Böhmen<br />

Gestorben: 20. Juli 1896 in St. Gallen,<br />

Steiermark<br />

• Ausbildung zum Apotheker, dann<br />

Magister in Pharmazie, Studium der<br />

Geo grafi e und Botanik<br />

• erste Geografi eprofessur in Österreich<br />

an der Universität Wien mit Forschungsschwerpunkt<br />

Dachsteingebiet; Simonys<br />

Arbeit gipfelt in der dreibändigen Monographie<br />

»Der Dachstein« und macht<br />

das Gebiet zur damals besterforschten<br />

Gebirgsgruppe der Alpen.<br />

1842 Besteigung des Dachsteingipfels<br />

und erste Winterdurchquerung des Dachsteinplateaus<br />

1843 Bau des versicherten Steigs auf den<br />

Hohen Dachstein nach Simonys Anregung<br />

1862 Teilnahme bei der Gründung des<br />

Österreichischen Alpenvereins<br />

Nach Friedrich Simony sind im Dachstein<br />

die Simonyhütte auf der Nordseite benannt,<br />

die Simonywarte, Simonyscharte<br />

und Simonyhöhle. In den Hohen Tauern<br />

tragen die Simonyspitzen und ein Gletscher<br />

seinen Namen, ebenso ein Gletscher im<br />

Polarmeer. In verschiedenen österreichischen<br />

Städten sind Straßen nach ihm benannt.<br />

Seit 2007 vergibt die UNESCO Welterberegion<br />

Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut<br />

den Friedrich-Simony-Preis an verdiente<br />

Persönlichkeiten.<br />

Auf Expedition ins Innere der Berge<br />

Mit seinen Erlebnissen inspirierte Simony auch den Dichter Adalbert Stifter.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 81


Feurige Berge: Sonnenaufgang<br />

am Dachstein-Gipfel<br />

TOUREN<br />

Auf Simonys Spuren am Dachstein<br />

Zu Friedrich Simonys Zeiten war die Besteigung des Dachstein noch eine waghalsige Expedition.<br />

Wer heute den Routen des Geografieprofessors folgt, marschiert auf gängigen Wegen.<br />

1 Hoher Dachstein (2995 m)<br />

▶ schwierig 2 Tage<br />

2500 Hm 2500 Hm<br />

Charakter: Sehr lange, aber landschaftlich<br />

reizvolle Besteigung des<br />

höchsten Gipfels im Dachsteinmassiv.<br />

Bis zur Simonyhütte Wanderweg,<br />

am Hallstätter Gletscher mäßig steil,<br />

meist gute Spur. Für den Gipfelanstieg<br />

Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />

nötig. Steinschlaggefahr!<br />

Ausgangspunkt: Hallstatt (532 m)<br />

Hütten: Simonyhütte (2203 m),<br />

Seethalerhütte (2740 m)<br />

Route: Hallstatt – Echerntal – Tiergarten-Hütte<br />

– Wiesberghaus – »Hotel<br />

Simony« – Simonyhütte – Hallstätter<br />

Gletscher – Randkluftanstieg –<br />

Hoher Dachstein – Randkluftanstieg –<br />

Simonyhütte – Hallstatt<br />

2 Übergang Simonyhütte<br />

– Adamekhütte<br />

▶ mittel 5 Std.<br />

500 Hm 500 Hm<br />

Charakter: Eine der eindrucksvollsten<br />

Touren im Dachsteingebiet;<br />

durch wilde Karstphänomene, mit<br />

kurzen versicherten Passagen, teils<br />

etwas ausgesetzt. Vorsicht abseits<br />

des Wegs: Viele Dolinen! Mögliche<br />

Erweiterung der Tour: anspruchsvolle<br />

Überschreitung des Dachsteingipfels<br />

über den Westgrat und den<br />

Randkluftanstieg zurück zur Simonyhütte.<br />

Gletscherausrüstung nötig.<br />

Ausgangspunkt: Simonyhütte<br />

Hütte: Simonyhütte (2203 m);<br />

Adamekhütte (2196 m)<br />

Route: Simonyhütte – Wildkar –<br />

Hohe Trog – Hoßwandscharte –<br />

Adamekhütte<br />

3 Plassen (1953 m)<br />

▶ mittel 4 Std.<br />

1450 Hm 1450 Hm<br />

Charakter: Über kurze, versicherte<br />

Passagen zum Aussichtsberg hoch<br />

über Hallstatt mit Blick auf die Dachsteingruppe.<br />

Kombinierbar mit einem<br />

Besuch des Salzbergwerks und des<br />

eisenzeitlichen Gräberfelds. Auf Simonys<br />

Rat hin wurden die dortigen Funde<br />

komplett verkauft und damit als vollständige<br />

Sammlung erhalten (heute<br />

im Naturhistorischen Museum Wien).<br />

Ausgangspunkt: Hallstatt (532 m)<br />

Hütte: Restaurant am Rudolfsturm<br />

Route: Hallstatt – Rudolfsturm<br />

– Schaubergwerk –<br />

Hohe Matt – Plassen –<br />

Rudolfsturm – Hallstatt<br />

Tourenkarte 3<br />

Heftmitte<br />

4 Übergang Gosauseen<br />

– Hallstatt<br />

▶ mittel 7 Std.<br />

960 Hm 1380 Hm<br />

Charakter: Wenig frequentierter<br />

Übergang von den Gosauseen durch<br />

Karstgelände ins Echerntal und hinab<br />

nach Hallstatt. Bis zum Hinteren<br />

Gosausee und ab dem Echerntal<br />

einfach, im Mittelteil schmaler Steig<br />

Ausgangspunkt: Vorderer Gosausee<br />

(937 m), mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

von Hallstatt erreichbar<br />

Endpunkt: Hallstatt (532 m)<br />

Route: Vorderer Gosausee –<br />

Gosaulacke – Hinterer Gosausee –<br />

Weg 613 ins Langtal – Bärwurzanger<br />

– Radltal – Waldbach-<br />

Ursprung – Echerntal<br />

– Hallstatt<br />

Tourenkarte 4<br />

Heftmitte<br />

5 Hoher Gjaidstein (2792 m)<br />

▶ mittel 3½ Std.<br />

1060 Hm 1060 Hm<br />

Charakter: Bergtour mit Seilbahnunterstützung<br />

auf einen schönen<br />

Aussichtsberg vis-à-vis des Hohen<br />

Dachstein. Kombinierbar mit<br />

dem Besuch der Dachstein-Eishöhle<br />

oder der Dachstein-Mammuthöhle<br />

(Schauhöhlen)<br />

Ausgangspunkt: Obertraun (511 m)<br />

Hütte: Gjaidalm (1739 m)<br />

Route: Obertraun – Bergbahn zum<br />

Krippeneck – Weg 615 – Verzweigung<br />

Taubenkogel-Hoher Gjaidstein –<br />

Nordostgrat Hoher Gjaidstein<br />

– Hoher Gjaidstein – Weg 615 –<br />

Gjaidalm – Krippeneck<br />

82 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


schmiegt sich der winzige Steinbau unter<br />

der heutigen Simonyhütte an die Felswand.<br />

Die Nacht am<br />

Gipfel vergeht mit<br />

Schnee-Schmelzen,<br />

Feuermachen<br />

und viel Kaffee.<br />

Ein Aquarell von sieben Quadratmetern<br />

Nach diesen Vorarbeiten steht Simonys<br />

großem Traum, zwei Nächte am Gipfel des<br />

Dachstein zu verbringen, nichts mehr im<br />

Weg. Gemeinsam mit acht Männern und<br />

der Sennerin Nanni bricht er im September<br />

1843 auf. Im Gepäck sind Barometer und<br />

Thermometer sowie Material für ein großes<br />

Signalfeuer, das man selbst in Bad Ischl<br />

noch sehen soll.<br />

Am Gletscher scheinen die Pläne kurzfristig<br />

gescheitert, da die lange Leiter, die Simony<br />

bereits vorher an der Randkluft hat anbringen<br />

lassen, fast völlig eingeschneit ist. Drei<br />

Stunden lang wird sie ausgegraben und das<br />

Seil zum Gipfel vom Schnee befreit. »Hat’s<br />

da a Luft, da mecht i frei allweil sein!«, ruft<br />

Nanni schließlich am Gipfel begeistert aus.<br />

Friedrich Simony zeichnet tagsüber eines<br />

seiner wunderbaren Panoramen.<br />

Schon als Kind war Simonys Zeichentalent<br />

aufgefallen. Durch das Auge des Zeichners<br />

sah er vieles, das dem flüchtigen Beobachter<br />

entging. Zudem baute er – unbeabsichtigt<br />

– ein Bildarchiv auf, das den Dachstein<br />

vor, während und nach dem Gletscherhöchststand<br />

1850 zeigt. Sein Bild »Gletscherphänomene«,<br />

ein Aquarell von sieben<br />

Quadratmetern, schaffte es bis auf die Weltausstellungen<br />

in London und Wien.<br />

Ein Traum geht in Erfüllung<br />

Es wird eine lange, kalte Nacht auf dem<br />

Dachsteingipfel. Sie vergeht mit Schnee-<br />

Schmelzen, dem Entfachen des verabredeten<br />

»bengalischen Feuers« und mit viel<br />

Kaffee. Am Ende dieser Nacht steht der Sonnenaufgang<br />

am Dachstein, über den Simony<br />

später schreibt, es sei »die schönste, die<br />

erhabenste Stunde meines Lebens« gewesen:<br />

»Bald nach halb fünf Uhr zeigt sich die erste<br />

Spur des nahenden Tages im Erbleichen des<br />

Mondes und des Morgensternes. Vergebens<br />

wäre es, alle jene Steigerungen von Licht<br />

und Schatten, von Farben und deren Wechsel<br />

bezeichnen zu wollen. Nur der überraschendsten<br />

Augenblicke will ich erwähnen,<br />

die sich im Verlaufe des Sonnenaufganges<br />

meinem Auge darboten. Nach den mehrfachen<br />

Übergängen des ersten fahlen Zwielichts<br />

ins sanfte Morgenrot und aus diesem<br />

ins feurige Goldgelb, blitzt endlich über den<br />

rabenschwarzen Zackensaum der Berge das<br />

erste Segment des Sonnenballes, ein Feuerstrahl<br />

schießt urplötzlich auf die Spitze des<br />

Dachsteins. Ringsum erblickt das Auge, außer<br />

der Dachsteinspitze noch keinen einzigen<br />

beleuchteten Punkt, die westlicher gelegenen,<br />

aber viel höhern Gletscherhörner des<br />

Glockners, Wiesbachhorns und Venedigers<br />

stehen noch matt und glanzlos da.«<br />

Die Faszination für den Dachstein lässt Simony<br />

nicht mehr los. Er bleibt den Gipfeln<br />

und Gletschern, der Karstwelt mit Höhlen<br />

und Dolinen, den großen Seen und den<br />

steilen Felswänden zeitlebens treu. Mit 77<br />

Jahren steht er ein letztes Mal auf »seinem«<br />

Dachsteingipfel.<br />

◀<br />

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BERGMENSCHEN<br />

Felix Brunner sagt: »Du musst deine Situation<br />

akzeptieren. Aber du musst eben auch<br />

sehen, was man daraus machen kann.«<br />

INFO<br />

Brunners Transalp<br />

Routenverlauf: Füssen (807 m) – Schluxen –<br />

Kniepass – Reutte – Stuibenfälle – Plansee –<br />

Heiterwang – Lermoos – Alter Fernpass<br />

(1162 m) – Nassereith - Tegestal – Dirstentrittkreuz<br />

(1851 m) – Tarrenz – Imst – Auf der<br />

Via Claudia im Inntal bis Martina – Scuol<br />

(1205 m) – Scarl – Pass da Costainas (2251 m)<br />

– Münstertal – Val Mora – Lago di Fraele –<br />

Torre di Fraele – Bormio (1211 m) – Gavia pass<br />

(2621 m) – Tonalepass (1883 m) – Madonna<br />

di Campiglio – Passo Bregn de l’ Ors – Stenico –<br />

Ponte Arche – Val Lomasone – Arco – Riva<br />

del Garda (70 m)<br />

Länge: 480 km<br />

Höhenmeter gesamt: 12 000<br />

Maximale Höhe: Gaviapass (2621 m)<br />

Weiterführende Infos zu Felix Brunners<br />

Motivationsvorträgen auf seiner Webseite:<br />

www.felixbrunner.de<br />

Unzählige Male hat Felix Brunner<br />

das schon erzählt: Von seinem<br />

Unfall vor vier Jahren, den kritischen<br />

Monaten auf der Intensivstation,<br />

seinem Weg zurück<br />

in ein selbständiges Leben. Und doch schüttelt<br />

mancher Zuhörer ungläubig den Kopf,<br />

als Felix Brunner seine Geschichte in nackten<br />

Zahlen schildert: Im Januar 2009 stürzt<br />

er in den Bergen 30 Meter tief, es folgen<br />

13 Monate Intensivstation, davon acht im<br />

künstlichen Koma, über 60 Operationen,<br />

rund 800 Blutkonserven.<br />

Seit dem vergangenen Sommer kann der<br />

24-Jährige noch ein paar weitere Zahlen<br />

zu seiner Lebensgeschichte hinzufügen:<br />

480 Kilometer und 12 000 Höhenmeter in<br />

zehn Tagen. Denn Felix Brunner hat als<br />

Rollstuhlfahrer die Alpen überquert. Das<br />

84 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


BERGSTEIGER-Porträt: Felix Brunner<br />

Optimist<br />

auf<br />

Rädern<br />

Seit einem Bergunfall vor<br />

knapp fünf Jahren sitzt<br />

Felix Brunner im Rollstuhl.<br />

Im vergangenen Sommer<br />

macht er sich in einem<br />

speziellen Handbike auf die<br />

Alpenüberquerung von<br />

Füssen zum Gardasee<br />

und sagt: »Eher macht das<br />

Rad schlapp als ich.«<br />

Die Dokumentation eines<br />

Kraftakts. Von Viktoria Hingerl<br />

Neben Willen, Kondition und Muskelkraft ein<br />

weiterer Baustein: das richtige Rad<br />

Fotos: Felix Brunner<br />

wäre an sich nichts Neues, Jahr für Jahr<br />

fahren Rollstuhlfahrer in Handbikes über<br />

die Alpen. Aber Brunner nahm nicht die bequemen<br />

Passstraßen. Er wählte die Variante<br />

über Single-Trails und Offroad-Strecken.<br />

Vom Berg in den Rollstuhl – und zurück<br />

Im Grunde begann seine Reise schon in<br />

den 1990er-Jahren. Von klein auf ist Brunner<br />

viel in den Bergen unterwegs. »Meine<br />

Großeltern waren <strong>Bergsteiger</strong>, und meine<br />

Eltern auch«, erzählt er. Die Berge und der<br />

Sport haben das Leben der Familie immer<br />

geprägt, »so etwas wie all-inclusive Urlaub<br />

gab es bei uns nicht«. Später arbeitet er als<br />

Bergwachtler und Skilehrer.<br />

Klettern im Sommer, Skifahren und Eisklettern<br />

im Winter, das sind Felix Brunners<br />

Leidenschaften. Im Januar 2009 dann der<br />

Unfall: Nach einer Eisklettertour in Tirol<br />

rutscht er auf dem eisigen Rückweg aus<br />

und stürzt in ein ausgetrocknetes Bachbett.<br />

Dabei erleidet er massive innere Verletzungen,<br />

zahlreiche Knochenbrüche und<br />

Quetschungen am ganzen Körper. Er wird<br />

mit dem Hubschrauber in die Spezialklinik<br />

nach Murnau gebracht, in der er monatelang<br />

auf der Intensivstation liegen wird.<br />

Seine Verletzungen sind so schwer, dass<br />

er mehrmals ins künstliche Koma versetzt<br />

wird, insgesamt acht Monate lang ist er ohne<br />

Bewusstsein. Dreimal geben ihn die Ärzte<br />

auf und bereiten seine Eltern auf den Tod<br />

ihres Sohnes vor.<br />

Heute ist Brunner zwar auf den Rollstuhl<br />

angewiesen, aber er kann wieder Auto fahren<br />

und lebt selbständig in einer eigenen<br />

Wohnung in der Nähe von Füssen im<br />

Felix Brunner beim Felsklettern vor seinem<br />

Eiskletterunfall im Januar 2009<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 85


Über Monate hinweg<br />

baut Brunner im<br />

Kraftraum Muskeln auf.<br />

Denn das Gewicht<br />

des Rads von 30 Kilogramm<br />

muss erst<br />

einmal bewegt werden.<br />

Dieser Abschnitt gehört eher zu den Genusspassagen auf der Transalp.<br />

Allgäu. »Du musst deine Situation akzeptieren«,<br />

sagt er. »Aber du musst eben auch<br />

sehen, was man daraus machen kann.«<br />

Das war nicht immer einfach. Er gibt zu:<br />

»Als Behinderter schien mir das Leben vollkommen<br />

sinnlos«. Vier Jahre nach dem Unfall<br />

hat er aber einen Weg gefunden, wieder<br />

sportlich aktiv zu sein, nur »alles dauert<br />

halt ein bisschen länger«.<br />

An ein Leben ohne die Fähigkeit, körperlich<br />

aktiv zu sein, wollte er nie glauben.<br />

»Mein naiver Optimismus hat mich hierher<br />

gebracht, ohne diese Sturheit hätte ich<br />

das nicht geschafft«, sagt er und lacht. Sein<br />

Motto, das er mantrenartig wiederholt: »Der<br />

Horizont ist nicht das Ende. Es gibt immer<br />

was, wofür es sich zu kämpfen lohnt.«<br />

Eisklettern geht nicht mehr, dafür entdeckte<br />

Brunner im Dezember 2012 das Monoskifahren<br />

für sich. Das beherrschte er schnell<br />

so gut, dass er schon im März in den A-Kader<br />

berufen wurde. Auf der Suche nach einer<br />

sportlichen Alternative für die Sommermonate<br />

stößt er schließlich auf das Handbike,<br />

das durch Armkraft betrieben wird.<br />

Erste Herausforderung: das richtige Bike<br />

Seine ersten Versuche mit dem Gerät unternimmt<br />

er im Sommer 2012 mit einem<br />

Freund am Gardasee. »Damals war ich so<br />

untrainiert, dass mich mein Kumpel mit einer<br />

Leine den Berg hochziehen musste«, erzählt<br />

er – und lacht wieder. Doch aus dieser<br />

Erfahrung entsteht eine Idee: Mit einem<br />

Handbike auf einer Mountainbike-Route<br />

die Alpen zu überqueren. Mit einem handelsüblichen<br />

Handbike ist das unmöglich,<br />

denn mit dem einzelnen Antriebsrad vorn,<br />

»damit kommst du keinen Berg hoch«.<br />

Weil es zu diesem Zeitpunkt noch kein<br />

offroad-taugliches »Hand-Mountainbike«<br />

auf dem Markt gibt, entwickelt er mit dem<br />

Techniker David Unhoch von der Firma<br />

»Needfull Bikes« ein Rad, das sich allein mit<br />

Armkraft betreiben lässt: mit zwei Lenkrädern<br />

vorn und einem einzelnen Antriebsrad<br />

hinten. Das ermöglicht einen größeren<br />

Lenkwinkel sowie eine höhere Antriebskraft<br />

bei Steigungen. Ein Mountainbike-<br />

Dämpfer an der Hinterradschwinge sorgt<br />

für die nötige Federung, ein kleiner Elektromotor<br />

erleichtert steile Passagen. Denn<br />

immerhin wiegt das Rad rund 30 Kilo.<br />

Und die müssen erst einmal bewegt werden.<br />

Also trainiert Brunner. Über Monate<br />

hinweg werden im Kraftraum Muskeln<br />

aufgebaut; für die Ausdauer kurbelt er mit<br />

dem Handbike durch die heimischen Füssener<br />

Berge. Auch die Fahrtechnik muss er<br />

erst lernen. Stürze gehören dazu, und da er<br />

festgeschnallt ist, trainiert Brunner immer<br />

mit einem Freund, der ihm wieder auf die<br />

Räder hilft.<br />

Alpencross von Füssen nach Riva<br />

Im August ist es dann soweit. Zusammen<br />

mit zehn Begleitern startet Brunner in Füssen,<br />

das große Ziel Gardasee vor Augen,<br />

dort will er in zehn Tagen ankommen.<br />

Zweifel drängen sich auf: Hält das Material?<br />

Reicht die Kondition? Ist die mit Hilfe<br />

seines Vaters ausgetüftelte Strecke gut fahrbar?<br />

Trotzdem betont er: »Eher macht das<br />

Bike schlapp als ich!«<br />

Bei Tagesetappen mit bis zu 2200 Höhenmetern<br />

lässt die Kraft dann doch nach,<br />

trotz des kleinen Elektromotors, der ihn<br />

beim Kurbeln ein wenig unterstützt. »Die<br />

Mutige Abfahrt: Viele Mountainbiker<br />

würden an dieser Stelle wohl absteigen.<br />

86 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Zentimeterarbeit: Selbst Kuhgatter<br />

werden auf drei Rädern zum Hindernis.<br />

Müdigkeit wächst stetig«, schreibt er in seinem<br />

Blog. Am sechsten Tag nutzt das Team<br />

das schlechte Wetter für eine Pause und zur<br />

Wartung der Bikes. Das Team improvisiert,<br />

aus einer Colaflasche und Panzertape entsteht<br />

ein neuer Kettenspanner.<br />

Immer wieder steht Brunner vor neuen<br />

Herausforderungen. »Es waren auch einige<br />

Situationen dabei, wo das Team mich unterstützen<br />

musste, damit ich nicht abrutsche.«.<br />

Auf schmalen Schotterwegen schieben sie<br />

das Handbike sicher am Abgrund vorbei,<br />

durch enge »Kuahgatter« werden die breiten<br />

Hinterreifen vorsichtig hindurch manövriert.<br />

An einer Holzbrücke über einen<br />

ausgeschwemmten Weg stößt er an seine<br />

Grenzen. Also nehmen ihn zwei Freunde<br />

Huckepack, während drei weitere Begleiter<br />

das Bike über die Brücke hieven. »So was<br />

machst du nicht allein. Das ging nur, weil<br />

meine Familie und meine Freunde mich an<br />

vielen Stellen unterstützt haben und ein tolles<br />

Team mitgefahren ist«, meint er.<br />

Zeig dem Winter Zähne!<br />

Gut, wer solche Freunde hat und sich auch<br />

einmal über eine Brücke tragen lassen kann.<br />

»Der Horizont ist nicht das Ende«<br />

Dass er nach neun Tagen schließlich den<br />

Gardasee erreicht, bestätigt seine Überzeugung:<br />

»Wenn man ein Ziel hat, kann man<br />

das auch erreichen«. Diese Erfahrung will er<br />

nun an andere weitergeben. In Motivationsvorträgen<br />

mit dem Titel »Der Horizont ist<br />

nicht das Ende« erzählt er seine Geschichte<br />

in Kliniken, Schulen und Firmen. Er will<br />

ein Vorbild sein, für alle. Ein persönliches<br />

Ziel hat er schon jetzt vor Augen: die Teilnahme<br />

an den Winter-Paralympics 2018. ◀<br />

Am Ende des Ziels, zumindest vorerst.<br />

Brunner blickt längst über den Horizont hinaus.<br />

» 1 cm lange Edelstahlspikes<br />

geben sicheren Halt auf eisigem<br />

Untergrund und gepresstem<br />

Schnee<br />

» Elastomer-Konstruktion sitzt<br />

optimal auf unterschiedlichsten<br />

Schuhen, vom Laufschuh<br />

bis zum dicken Winterstiefel<br />

» In Sekundenschnelle an- und<br />

ausgezogen<br />

» extrem leicht: nur 320 g. / Pr.<br />

(Größe M)<br />

» ideal zum Winterwandern,<br />

Rodelaufstieg, Trailrunning<br />

oder im Arbeitseinsatz<br />

www.kochalpin.at


SERVICE<br />

SERIE: Stille Helfer<br />

Teil 9: Lawinenkunde<br />

Stille<br />

Helfer<br />

EINE INITIATIVE VON<br />

+<br />

Schnee von heute<br />

In der Lawinenkunde gab es lange einen Richtungsstreit. Jetzt<br />

versuchen deutsche Verbände, die Ansätze zu vereinen. Da aber<br />

immer ein Restrisiko bleibt, ist die richtige Ausrüstung Pflicht.<br />

Von Moritz Baumstieger<br />

Foto: Andreas Strauß<br />

Wenn Kompliziertes einfach<br />

erklärt werden soll, bringen<br />

Experten gerne ein Stück<br />

Pappe ins Spiel. Das war<br />

bei Friedrich Merz und dem<br />

deutschen Fiskus so, das war bei Werner<br />

Munter und der Lawinenforschung so. Die<br />

Mechanismen, die Schneemassen an Hängen<br />

in Bewegung bringen, sind in etwa so<br />

verwirrend wie das deutsche Steuerrecht.<br />

Deshalb war es eine kühne Idee, eine Entscheidungshilfe<br />

für Lawinen zu konstruieren,<br />

die auf einen Bierdeckel passt.<br />

Die Idee von der bierdeckelgroßen Steuererklärung<br />

verschwand alsbald in der Versenkung.<br />

Mit Werner Munter und seinem<br />

Bierdeckel zum Lawinenrisiko, der sich auf<br />

die von ihm entwickelte »3x3-Methode«<br />

stützt, ging das Schicksal etwas sanfter um.<br />

Als der Deutsche Alpenverein im Sommer<br />

2011 gemeinsam mit Ski- und Bergführerverbänden<br />

erstmals ein allgemeingültiges<br />

Risikomanagement für Lawinen ausarbeitete,<br />

griffen die Experten zwar nicht in vollem<br />

Umfang auf Munter zurück, bauten ihre<br />

Empfehlungen aber auf seiner Basis auf.<br />

Munter leitete in den 90er-Jahren einen<br />

Paradigmenwechsel in der Lawinenkunde<br />

ein: Anstatt die Festigkeit von Schneedecken<br />

vor Ort im Detail zu analysieren (etwa<br />

mit Schneeprofilen, die viel Erfahrung<br />

und Fachwissen erfordern), empfahl Munter,<br />

mit einer einfachen Wahrscheinlichkeitsrechnung<br />

die Hänge auszuschließen,<br />

die gefährlich sein könnten. Die Faktoren<br />

Mensch (wie groß ist die Gruppe, wird mit<br />

Abständen gegangen?), Gelände (Wie steil<br />

sind die Hänge und in welcher Exposition?)<br />

und Verhältnisse (allgemeine Lawinenwarnstufe)<br />

sollten sowohl bei der Tourenplanung<br />

daheim als auch noch einmal bei<br />

der Routenwahl vor Ort und schließ-<br />

88 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Beurteilungs- und Entscheidungsrahmen 3x3<br />

1. Planung • Tourenziel mit Alternativen und Zeitplan<br />

Verhältnisse<br />

Gelände<br />

Mensch<br />

Lawinensituation<br />

(Prognose)<br />

Karte<br />

Schlüsselstellen<br />

Wer?<br />

Wieviele?<br />

Reflexion • Erfahrung ru erweitern durch Rückblick auf gemachte Tour/Abfahrt. Würde ich es wieder so machen?<br />

Hilfsmittel<br />

Schwerpunkt auf SC/GRM<br />

/ Abwägen<br />

Muster<br />

Muster<br />

SC/GRM<br />

Entscheiden<br />

Welche Tour ist<br />

möglich?<br />

2. Beurteilung vor Ort • Beobachten während des ganzen Tages<br />

Verhältnisse<br />

Aktuelle Lawinensituation<br />

(Beobachtung)<br />

Hilfsmittel<br />

Stellenwert Muster –<br />

SC/GRM ist ausgewogen<br />

/ Abwägen<br />

• Passende Tour zu den<br />

Verhältnissen auswählen.<br />

• Zeitplan aufstellen<br />

3. Einzelhang • Finale Risikoüberlegungen, Spuranlage, Vorsichtsmaß nahmen oder Verzicht<br />

Verhältnisse<br />

SC/GRM<br />

Gelände<br />

Vergleich<br />

verschiedene Routen<br />

Entscheiden<br />

Welche Route?<br />

Gelände<br />

Mensch<br />

LVS-Kontrolle<br />

Kompetenz<br />

• Stimmen Planung und<br />

Realität überein?<br />

• Alarmzeichen?<br />

• Verhältnisse an ähnlichen<br />

Hängen?<br />

Mensch<br />

Lawinenproblem?<br />

Sicht?<br />

Hanggröße<br />

Absturz/Verschüttung<br />

Taktik<br />

Wahrnehmung<br />

Hilfsmittel<br />

Schwerpunkt auf Muster<br />

Entscheiden<br />

Urgewalten: Wenn<br />

der Ernstfall eintritt,<br />

muss jeder Handgriff<br />

automatisch sitzen.<br />

Muster<br />

/ Abwägen<br />

Nach Tour/Abfahrt<br />

SC/GRM<br />

Einzelhang<br />

möglich?<br />

Wie?<br />

Go/No go<br />

• Entscheidung je nach<br />

Infostand, nach Muster<br />

oder SC/GRM<br />

• Konsequenzen beim<br />

Lawinenabgang<br />

abschätzen<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 89


Stop or Go: Fundiertes<br />

Vorwissen<br />

kombiniert mit<br />

einer guten Geländebeobachtung<br />

lich für die konkrete Entscheidung am jeweiligen<br />

Hang herangezogen werden. Die<br />

Einschätzung des Risikos wird mit jedem<br />

dieser drei Filter differenzierter. Hier geht<br />

es nicht darum, absolute Gewissheit über<br />

die konkrete Lawinengefahr eines Hanges<br />

zu erlangen, sondern auszuschließen, was<br />

wohl zu gefährlich ist.<br />

Munter erntete zunächst viel Kritik. Inzwischen<br />

hat er sich »im Wesentlichen aber in<br />

allen Lehrmeinungen durchgesetzt«, sagt<br />

Florian Hellberg von der DAV-Sicherheitsforschung.<br />

Doch auch die analytischen<br />

Methoden, bei denen die Beschaffenheit<br />

des Schnees im Vordergrund steht, bieten<br />

in manchen Situationen Vorteile. Deshalb<br />

wollten die Berg- und Skiverbände 20 Jah-<br />

re nach dem großen Richtungsstreit etwas<br />

Neues anbieten: »Anstatt sich weiter in den<br />

Straßengräben auf der einen oder anderen<br />

Seite zu verschanzen, zeigen wir einen Mittelweg<br />

auf.«<br />

Die neuen gemeinsamen Empfehlungen<br />

versuchen nun, die analytische Herangehensweise<br />

mit den Methoden zu versöhnen,<br />

die auf einer Kalkulation der Wahrscheinlichkeit<br />

von Lawinenabgängen basieren.<br />

Vereinfacht gesagt: ein wenig Munter, vor<br />

allem bei der Vorbereitung der Tour und der<br />

Routenwahl vor Ort, ergänzt durch einen<br />

Blick auf die Beschaffenheit der Schneedecke<br />

am jeweiligen Hang (Download des Flyers:<br />

alpenverein.de ➞ Bergsport ➞ Sicherheit<br />

➞ Schnee und Eis ➞ Achtung Lawinen!).<br />

Die gründliche Tourenplanung bleibt nach<br />

wie vor der erste Schritt: Auf Basis des Lawinen-Lageberichts<br />

sollten die Schlüsselstellen<br />

einer Tour überprüft werden. Hier helfen<br />

die vom Alpenverein herausgegebene<br />

Snow-Card oder die sogenannte Graphische<br />

Reduktionsmethode dabei, das Risiko zu<br />

visualisieren und einzuschätzen; vor allem<br />

die Hangneigung und -ausrichtung stehen<br />

im Vordergrund. Wie ist die Gefahrenlage<br />

heute? Wo ist es am gefährlichsten? Was ist<br />

heute die Gefahr: Neuschnee, Triebschnee,<br />

Nassschnee, Altschnee? Diese Fragen sollte<br />

man außerdem beantworten können und<br />

dazu auch Gruppenstruktur, Motivation<br />

und den Erfahrungsgrad der Teilnehmer<br />

im Hinterkopf behalten.<br />

Am Berg angekommen, gilt es in einem<br />

zweiten Schritt zu überprüfen, ob die Antworten<br />

auf diese Fragen tatsächlich mit der<br />

Realität übereinstimmen. Hat es wirklich<br />

nur zehn Zentimeter geschneit – und ist<br />

dieser Neuschnee wirklich kaum verweht<br />

worden? Das neue, verfeinerte Bild hilft dabei,<br />

problematische Bereiche in den Hängen<br />

vor und über einem präziser aufzudecken<br />

– und damit auch eventuelle Umgehungsrouten.<br />

Führt die Route nun durch einen kritischen<br />

Hang (oder unter einem hindurch), stellt<br />

sich letztendlich die simple Frage: Gehe<br />

ich weiter – oder nicht? Um die Antwort<br />

auf die Frage zu finden, bieten wieder die<br />

Snow-Card oder die Reduktionsmethode<br />

grundsätzliche Hilfe. Genauer wird das Bild<br />

jedoch, wenn man dieses Wissen mit einem<br />

analytischen Blick auf die Schneedecke<br />

kombiniert – manche Hänge können beispielsweise<br />

bei Firn harmlos, bei Neuschnee<br />

aber gefährlich sein.<br />

Typische Lawinenprobleme (Muster)<br />

Neuschnee<br />

<br />

Abwarten<br />

Gefahr Typische Anzeichen<br />

Typische Verbreitung Hinweis<br />

Besteht i.d.R. 1 – 3 Tage<br />

• Der Neuschnee kann als<br />

Brett abgleiten<br />

• Kritische Neuschneemenge erreicht<br />

• Alarmzeichen (v.a. frische Schneebrettlawinen)<br />

• Verbreitung der Gefahrenstelle<br />

meist flächig<br />

• In der Höhe oft kritischer<br />

• Wenig Umgehungsmöglichkeiten<br />

• Auf welche Altschneeober<br />

fläche hat es<br />

geschneit?<br />

SC/GRM<br />

nützlich<br />

Grafi k: Deutscher Alpenverein; Foto: Andreas Strauß<br />

Triebschnee<br />

<br />

Umgehen<br />

Nassschnee<br />

<br />

Früh zurück<br />

Vorsicht bei Regen<br />

Altschnee<br />

<br />

Defensiv agieren<br />

Besteht i.d.R. 1 – 2 Tage<br />

• Der frische Triebschnee<br />

kann als Brett abgleiten<br />

Gefahrensituation ändert<br />

sich schnell (Stunden)<br />

• Wasser führt zur<br />

Schwächung<br />

Besteht i.d.R. Tage – Wochen<br />

• Schwachschichten in<br />

der Altschneedecke mit<br />

gebundenem Schnee<br />

darüber.<br />

Schwierig erkennbar!<br />

• Windzeichen<br />

• Kann hart oder weich sein<br />

• Unregelmäßige Einsinktiefen beim Spuren<br />

• Gebundener Schnee<br />

• Alarmzeichen (v.a. frische Schneebrettlawinen,<br />

Rissbildung<br />

• Regen<br />

• Fehlende Abstrahlung<br />

• Hohe Temperatur/starke Sonneneinstrahlung<br />

• Große Einsinktiefen<br />

• Spontane Lawinen (Schneebrett-/Lockerschneelawinen)<br />

• Schwacher Schneedeckenaufbau<br />

• Alarmzeichen (v.a. „Wumm“)<br />

• Im Windschatten (Geländebrüche,<br />

Mulden)<br />

• Häufig in höheren Lagen<br />

und Kammlagen<br />

• Auf kleinem Raum stark<br />

unterschiedlich<br />

• Unterschiedliche Expositionen<br />

und Höhenlagen<br />

(abhängig von Jahresund<br />

Tageszeit)<br />

• Oft in der Nähe von<br />

wärmenden Felsen<br />

• Schneearme Regionen/<br />

Stellen<br />

• Geländeübergänge (z.B.<br />

von flach zu steil oder<br />

Randbereich von Mulden<br />

• Felsdurchsetztes Gelände<br />

• Häufig Nordhänge<br />

• Evtl. Umgehung möglich<br />

• Frischer Triebschnee oft<br />

ab 30° heikel<br />

• Tour frühzeitig beenden<br />

• Abkühlung abwarten<br />

• Vorsicht vor großen<br />

Spontanlawinen<br />

• Einfache Schneedeckentests<br />

können nützlich<br />

sein.<br />

• Schwierig erkennbar<br />

• Infos zur Schneedecke im<br />

Lawinenbericht hilfreich<br />

wenig<br />

nützlich<br />

wenig<br />

nützlich<br />

teils<br />

nützlich<br />

Typische Lawinenprobleme (Muster)<br />

90 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Hier empfehlen die Verbände als Entscheidungshilfe<br />

vier Muster, die der Lawinenforscher<br />

Stefan Harvey ausgearbeitet hat:<br />

Neuschnee, Triebschnee, Nassschnee und<br />

Altschnee. Jedes dieser Muster birgt eine<br />

spezielle Gefahrendynamik. »Dabei kommt<br />

es natürlich sehr auf die Erfahrung an«, sagt<br />

Florian Hellberg. Man habe versucht, ein<br />

System zu entwickeln, das für jeden passe:<br />

»Je mehr Unbekannte, desto mehr Verzicht<br />

– je mehr Wissen, umso gezielter wird der<br />

Verzicht«, meint Hellberg.<br />

Doch selbst bei der gewissenhaftesten Abwägung<br />

bleibt immer ein Restrisiko. Deshalb<br />

sollte jeder Tourengänger neben der<br />

entsprechenden Software im Kopf auch<br />

die richtige Hardware für den Notfall mit<br />

dabei haben: Ein Lawinenverschüttetensuchgerät,<br />

kurz LVS, eine Sonde und eine<br />

Schaufel – und zwar pro Person. Denn<br />

wenn der Verschüttete die einzige Schaufel<br />

der Gruppe im Rucksack trägt, nutzt ihm<br />

das im Zweifel wenig. Wie man die drei am<br />

besten einsetzt, ist »In zwölf Schritten aus<br />

dem Schnee« beschrieben.<br />

◀<br />

Taglingers Tipp:<br />

Wechseln,<br />

nicht warten!<br />

»Zugegeben, der Tipp ist nicht sehr originell,<br />

aber einer der wichtigsten: Wer ein LVS-Gerät<br />

kauft, sollte das nicht tun, um sein Gewissen<br />

zu beruhigen. Er sollte damit umgehen können,<br />

und das verlangt: üben, üben, üben. Die<br />

Suche theoretisch zu beherrschen ist gut, im<br />

Ernstfall kommt Stress dazu. Trotzdem muss<br />

jede Bewegung sitzen. Dass man vor der Tour<br />

die Geräte bei einem Partnercheck kontrolliert,<br />

ist klar – nicht klar ist vielen, dass sie die<br />

Batterien bei einem Ladestand von 50–60<br />

Prozent ersetzen sollten. Das Gerät könnte<br />

zwar noch tagelang senden, im Suchmodus<br />

verbraucht es aber deutlich mehr. Akkus haben<br />

deshalb im Batteriefach nichts verloren.<br />

Sie zeigen oft eine hohe Spannung an, die<br />

aber schnell abfällt. Und zu guter Letzt: Es<br />

sieht zwar cooler aus, wenn man die Geräte<br />

in die Seiten- oder Gesäßtasche schiebt,<br />

trotzdem sollte man sie am Körper tragen.<br />

Nicht wegen der Gefahr, sie zu verlieren, sondern<br />

weil sie kaputtgehen können, wenn man<br />

unkontrolliert drauf fällt. Und gerade in einer<br />

Lawine kann das passieren.«<br />

Reiner Taglinger, Jahrgang 69, ist Leiter der<br />

Mammut Alpine School, Vorstand Ausbildung<br />

des deutschen Bergführerverbandes und<br />

Profi bergführer seit mehr als 20 Jahren.<br />

In zwölf Schritten aus dem Schnee<br />

Bei der Bergung von Lawinenopfern muss es sehr schnell gehen:<br />

91 Prozent der Verschütteten überleben die ersten 18 Minuten,<br />

danach nimmt die Zahl rapide ab. Damit in dieser kurzen Zeit alles<br />

funktioniert, sollten die Helfer genau wissen, was sie zu tun haben.<br />

1 Augen auf<br />

Versuchen, die Zahl und die<br />

Bahn derer zu erfassen, die von<br />

der Lawine mitgerissen wurden<br />

– und sich die Punkte merken,<br />

an denen sie unter den Schneemassen<br />

verschwinden. Von dort<br />

aus kann hangabwärts mit<br />

der Suche begonnen werden.<br />

2 Organisieren<br />

Die Helfer sammeln sich an einem Punkt, legen<br />

die Rucksäcke ab und bestimmen einen Suchenden<br />

oder (bei großen Gruppen und großen<br />

Lawinen) mehrere Suchende – am besten die<br />

Erfahrensten. Diese stellen ihre LVS-Geräte auf<br />

Empfang, alle anderen schalten ihre Geräte aus<br />

oder ebenfalls auf Empfang und bereiten die<br />

Bergung vor, siehe Punkt 4.<br />

3 Signalsuche starten<br />

Der Sucher begibt sich im Laufschritt in die<br />

Zone, in der er den Verschütteten vermutet –<br />

suchen mehrere, halten sie einen Abstand<br />

von 20 Metern. Das Gerät wird waagrecht vor<br />

den Bauch gehalten, zugleich nach Ausrüstung<br />

Ausschau gehalten, die aus dem Schnee ragt.<br />

4 Rettung vorbereiten<br />

Die restlichen Helfer setzen währenddessen<br />

über die europaweit gültige Nummer 112 einen<br />

Notruf ab (Wer meldet, was ist wo und wann<br />

geschehen, wie viele Helfer suchen wie viele<br />

Verschüttete bei welchem Wetter?) und bereiten<br />

Sonden und Schaufeln vor. Gibt es keinen<br />

Handyempfang, machen sich im Idealfall zwei<br />

Meldeläufer auf den Weg.<br />

5 Markieren und langsamer werden<br />

Der Empfangspunkt des ersten Signals wird<br />

mit einem Skistock markiert. Der Sucher wird<br />

danach etwas langsamer und folgt im raschen<br />

Gehtempo der Richtungsanzeige seines LVS-<br />

Gerätes.<br />

6 Gebückt weitersuchen<br />

Wenn das Gerät nur noch fünf Meter<br />

Entfernung anzeigt: gebückt weitergehen<br />

und das LVS-Gerät knapp<br />

über der Schneeoberfl äche halten.<br />

Weitergehen, bis die angezeigte<br />

Entfernung wieder größer wird.<br />

Diesen Punkt markieren.<br />

7 Punkt orten<br />

An dem Punkt mit der minimalsten Entfernung<br />

wird das Gerät im rechten Winkel der bisherigen<br />

Gehrichtung über den Schnee bewegt – das<br />

Gerät darf dabei aber nicht gedreht werden.<br />

Wieder den lautesten Punkt markieren.<br />

8 Sondieren<br />

Von diesem Punkt aus mit dem Sondieren<br />

beginnen – immer im 90-Grad-Winkel zum<br />

Hang. Ist der erste Versuch kein Treffer, geht es<br />

in 20-Zentimeter-Abständen in einer Spiralform<br />

weiter. Stößt die Sonde auf Widerstand: stecken<br />

lassen, als Anhaltspunkt für die Schaufl er.<br />

9 Weitersuchen<br />

Während die anderen Helfer mit der<br />

Bergung beginnen, das Signal des<br />

georteten Verschütteten ausblenden,<br />

wenn das Gerät diese Funktion bietet.<br />

Oder erst einen Kreis mit einem Radius von drei<br />

Metern (entspricht einer Sondenlänge) um den<br />

Ort des Verschütteten gehen, dann auf sechs<br />

bzw. neun Meter erhöhen. Auf die Entfernungsanzeige<br />

des LVS-Geräts achten, Ort der Signaländerung<br />

markieren und Suche fortsetzen.<br />

10 Graben<br />

Alle Helfer stellen sich unterhalb der Sonde auf,<br />

um keine Hohlräume mit Atemluft einzutreten.<br />

1,5 bis zwei Meter unter der Sonde waagrecht<br />

in den Hang graben; keinen Schacht, sondern<br />

den Schnee grobfl ächig wegschaufeln. Wenn<br />

möglich abwechseln, um das Tempo hochzuhalten.<br />

Wer nicht gräbt, räumt den Aushub weg.<br />

11 Befreien<br />

Stößt man an ein Körperteil, dann schnell,<br />

aber vorsichtig in Richtung Kopf vorarbeiten.<br />

Ist der Verschüttete gefunden, erst die Atemwege<br />

freilegen und kontrollieren, ob die<br />

Mundhöhle mit Schnee verstopft ist. Bei Atemstillstand<br />

mit Herzdruckmassage beginnen.<br />

12 Versorgen<br />

Ausgraben des Verschütteten, dabei auf mögliche<br />

Verletzungen achten. Bewusstlose sollten<br />

in die stabile Seitenlage gebracht werden.<br />

Um weiteres Auskühlen zu vermeiden, auf einer<br />

Rettungsdecke lagern und zudecken. Gerettete<br />

bei Bewusstsein sollten so wenig wie möglich<br />

bewegt und mit Kleidung sowie mit Tee versorgt<br />

werden, bis der Abtransport erfolgt.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 91


MARKTÜBERSICHT<br />

Der große Tourenskitest 2013/2014<br />

Kein Ski<br />

für alle Fälle<br />

Ob runde oder eckige Spitzen, ob breit oder schmal, ob leicht<br />

oder schwer: Das Rezept für einen guten Tourenski fällt je nach<br />

Einsatzart unterschiedlich aus. Das Kompetenzzentrum Sport,<br />

Gesundheit und Technologie aus Garmisch-Partenkirchen hat<br />

neue Modelle der Saison beim Praxistest am Stubaier Gletscher<br />

unter die Lupe genommen. Von Christoph Ebert, Wolfgang Pohl<br />

und Christof Schellhammer<br />

92 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Für ein rasantes Abfahrtsvergnügen<br />

nimmt mancher<br />

Tourengeher auch ein wenig<br />

schwerere Ski in Kauf.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 93


Für kleinere Skihersteller<br />

ist es eine Herausforderung,<br />

die Qualität ihrer<br />

Produkte durchgehend<br />

hoch zu halten.<br />

oben: Im Aufstieg sind leichte<br />

Ski gefragt, egal ob auf den<br />

Schultern oder an den Füßen.<br />

unten: Mit dem richtigen<br />

Ski macht die Abfahrt gleich<br />

doppelt soviel Spaß.<br />

Die Formen sind so variabel wie<br />

die Einsatzarten. Was zählt, ist<br />

die Qualität. So lässt sich der<br />

aktuelle Markt für Tourenski<br />

umschreiben. Neben den renommierten<br />

Skiherstellern präsentieren mittlerweile<br />

auch kleinere Anbieter sehr spezielle<br />

Produkte für die unterschiedlichsten<br />

Bereiche des Skifahrens und -tourengehens.<br />

Für sie ist es eine Herausforderung,<br />

dem hohen Qualitätsanspruch bei sämtlichen<br />

ausgelieferten Produkten gerecht zu<br />

werden. Kein leichtes Unterfangen und ein<br />

Grund für den BERGSTEIGER, ausschließlich<br />

Tourenski von renommierten Herstellern<br />

zu testen.<br />

Deren Qualität überzeugte die Tester: Die<br />

Touren- oder Freerideski werden in einem<br />

sehr guten Zustand ausgeliefert und lassen<br />

sich ohne Tücken in jedem Schnee und jedem<br />

Gelände fahren. Voraussetzung dafür<br />

ist natürlich eine moderne Skiproduktion<br />

mit geringen Toleranzen und mit einer<br />

strengen Endkontrolle. Ski mit Hohlschliff<br />

oder nicht entgrateten Kanten, wie wir sie<br />

bei zurückliegenden Tests noch erlebten,<br />

94 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Skilehrer, Bergführer und<br />

Profi-Freerider testeten<br />

die Ski zwei Tage lang am<br />

Stubaier Gletscher.<br />

Die Produktentwickler<br />

versuchen mit den<br />

unterschiedlichsten<br />

Strategien das Ziel zu<br />

erreichen: den perfekten<br />

Tourenski.<br />

gehören der Vergangenheit an – zumindest,<br />

was die großen Hersteller betrifft.<br />

Rund oder eckig, breit oder schmal<br />

Die Strategien, mit denen die Produktentwickler<br />

jeweils das Ziel des perfekten Tourenski<br />

erreichen wollen, unterscheiden<br />

sich sehr voneinander: Da gibt es Ski mit<br />

runden und eckigen Skispitzen, Rockeroder<br />

Camber-Ski, schmale und breite sowie<br />

natürlich auch leichte und schwere Ski. Im<br />

Vergleich zum Vorjahr haben die Hersteller<br />

die Rocker-Shapes mit negativer<br />

INFO<br />

Wie haben wir getestet?<br />

Staatlich geprüfte Skilehrer, Bergführer<br />

und professionelle Freerider testeten das<br />

Fahrverhalten der Ski jeweils On Piste und<br />

Off Piste auf dem Stubaier Gletscher an<br />

zwei Tagen, die die gleichen Wetterbedingungen<br />

boten. Jeder Ski wurde von jedem<br />

Tester gefahren, sodass die hohe Anzahl an<br />

ausgefüllten Fragebögen auch eine hohe<br />

Aussagekraft ergibt. Neben den messbaren<br />

Faktoren Gewicht und Fläche wurde das<br />

Fahrverhalten in einem standardisierten<br />

Testablauf mit folgenden Kriterien bewertet:<br />

Die Tempostabilität beschreibt die Eignung<br />

eines Ski für höhere Geschwindigkeiten. Diese<br />

ist erfahrungsgemäß die Domäne der eher<br />

schwergewichtigeren Ski, bei denen viel Dämp -<br />

fungsmaterial verarbeitet wurde. Trotzdem gibt<br />

es hier – wie auch in allen anderen Rubriken –<br />

Ausreißer.<br />

Ein harmonischer Ski lässt sich spielerisch<br />

fahren; Wechsel von kurzen zu langen Radien,<br />

von unterschiedlichen Gelände- und Schneeformen<br />

und von gedrifteten zu geschnittenen<br />

Schwüngen gelingen scheinbar mühelos.<br />

Die Dynamik oder Spritzigkeit beschreibt die<br />

Agilität eines Ski: Gelingen die Kantenwechsel<br />

eher anstrengend oder doch wie von selbst und<br />

ohne großen Kraftaufwand?<br />

Der Surf-Faktor kommt im tiefen, weichen<br />

Schnee zum Tragen. Erlauben Biegelinie, Radius<br />

und Skifl äche ein gleichmäßiges, homogenes<br />

»Surfen« durch den Powder oder verlangt der<br />

Ski nach deutlichen Impulsen zur Schwungeinleitung<br />

und -steuerung?<br />

Bei kleinen Radien sollte ein Ski auch gedriftet<br />

Sicherheit vermitteln. Kurzschwünge in hartem<br />

und weichem Schnee sollten gleichermaßen<br />

mit geringem Kraftaufwand zu fahren sein.<br />

Bei großen Radien werden die Ski auf hartem<br />

Schnee ohne Driftphase auf der Kante und<br />

über die Taillierung/Biegelinie gesteuert. Dabei<br />

zählt, wie exakt und richtungsstabil ein Ski<br />

gefahren werden kann.<br />

Alle Fotos: VIVALPIN | Christof Schellhammer, Wolfgang Pohl<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 95


Die TOURENFREERIDER<br />

in der Einzelbewertung:<br />

K2<br />

Coomback<br />

Fischer<br />

Watea 96<br />

Blizzard<br />

Scout<br />

Preis 599,95 € 449,95 € 649,95 €<br />

Taillierung in mm (laut Hersteller) 135 – 102 – 121 132 – 96 – 120 134 – 108 – 122<br />

Shape; Radius in Metern All-Terrain-Rocker; 22 Freeski Rocker; 22 Full Rocker; 27<br />

Länge (lt. Hersteller / gemessen) 174 / 176 cm 178 / 177 cm 177 / 175,5 cm<br />

Gewicht (pro Paar) 3828 g 3956 g 4154 g<br />

GESAMTNOTE<br />

Werte der subjektiven Testkriterien:<br />

von 1 = schlechtester Wert<br />

bis 5 = bester Wert<br />

Werte der objektiven Testkriterien:<br />

Gewicht von 1 = schwer bis 5 = leicht<br />

Breite/Fläche 1 = geringe Fläche<br />

bis 5 = große Fläche<br />

Unser<br />

Eindruck<br />

Ein Ski für jeden Tag und jedes Gelände:<br />

Das Diagramm zeigt kaum Schwächen; der<br />

Coomback schafft sogar den Spagat<br />

zwischen hoher Tempostabilität und kleinen<br />

Radien. Einziger Wermutstropfen ist das im<br />

Vergleich zur Fläche relativ hohe Gewicht,<br />

das der Konstruktion geschuldet ist.<br />

Im Fahrverhalten kommt der Watea 96 dem<br />

perfekten Ski sehr nahe. In allen Disziplinen<br />

glänzt er mit Top-Bewertungen. Das relativ<br />

hohe Gewicht und die nicht zu breite Form<br />

charakterisieren einen robusten,<br />

hochwertigen Allroundski mit Top-Fahrverhalten.<br />

Die Tester waren begeistert.<br />

Alles, bloß keine Aufstiege! So präsentiert<br />

das Netzdiagramm das Urteil der Tester.<br />

Dafür glänzt der Scout bei hohem Tempo<br />

und großen Radien in jedem Gelände und<br />

Schnee. Ein Ski für die jungen Wilden,<br />

denen kein Hang zu steil und kein Tempo<br />

zu hoch ist!<br />

Die TOURENSKI<br />

in der Einzelbewertung:<br />

Scott<br />

Surf’Air<br />

Völkl<br />

Inuk<br />

K2<br />

WayBack<br />

Preis 499,95 € 549,95 € 499,95 €<br />

Taillierung in mm (laut Hersteller) 128 – 89 – 115 120 – 83 – 106 124 – 88 – 108<br />

Shape; Radius in Metern Tip Rocker; 15 Tip Rocker; 21,6 All-Terrain Rocker; 27<br />

Länge (lt. Hersteller / gemessen) 178 / 177 cm 177 / 175 cm 174 / 176 cm<br />

Gewicht (pro Paar) 3060 g 2754 g 3242 g<br />

GESAMTNOTE<br />

Werte der subjektiven Testkriterien:<br />

von 1 = schlechtester Wert<br />

bis 5 = bester Wert<br />

Werte der objektiven Testkriterien:<br />

Gewicht von 1 = schwer bis 5 = leicht<br />

Breite/Fläche 1 = geringe Fläche<br />

bis 5 = große Fläche<br />

Unser<br />

Eindruck<br />

Kurzcharakteristik<br />

Der leichteste der K2 Ski glänzt mit Bestnoten<br />

bei Aufstiegseignung und kleinen<br />

Radien. Mit seinem relativ schmalen<br />

Schnitt ist der BackUp die perfekte Wahl für<br />

alle, die einen problemlosen Ski mit Fehler<br />

verzeihendem Fahrverhalten in jedem<br />

Schnee und Gelände suchen.<br />

Ein leichter Tourenski mit besten Fahreigenschaften:<br />

Der Inuk schneidet trotz seines<br />

sensationellen Gewichts in allen Disziplinen<br />

hervorragend ab. Einzig bei der Fläche<br />

könnte man ihm Schwächen unterstellen;<br />

doch in schwierigen Aufstiegssituationen ist<br />

die mäßige Breite des Inuk von Vorteil.<br />

Der Dauertestsieger der vergangenen Jahre<br />

enttäuscht auch für die aktuelle Saison<br />

nicht. Extrem ausgewogen, verkörpert<br />

er den hochwertigen modernen Tourenski,<br />

der alles mitmacht – von der einfachen<br />

Tagestour über die Variantenabfahrt bis<br />

zur Haute Route.<br />

96 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Black Diamond<br />

Convert<br />

Black Diamond<br />

Carbon Megawatt<br />

Scott<br />

Rock’Air<br />

Atomic<br />

Charter<br />

629,95 € 679,95 € 549,95 € 559,95 €<br />

133 – 105 – 117 151 – 125 – 131 137 – 105 – 127 129,5 – 100 – 119,5<br />

Rocker; 23 Rocker und Semi-Rocker am Skiende; 35 Tip Rocker; 21 Powder Rocker; 20<br />

180 / 181 cm 188 / 188,5 cm 183 / 181 cm 176 / 174 cm<br />

3392 g 3618 g 3356 g 3778 g<br />

Der Convert ist der Allrounder im Black-<br />

Diamond-Programm; das zeigt das beinahe<br />

kreisrunde Diagramm. Damit verspricht er<br />

ein Fahrverhalten auf höchstem Niveau und<br />

viel Vergnügen; sowohl bei kleinen Radien<br />

als auch bei hohem Tempo. Was will man<br />

mehr?<br />

Keine Kompromisse: Der Carbon Megawatt<br />

ist die Referenz, wenn es um Tempo, große<br />

Radien und Surfen im Gelände geht. Dass<br />

darunter die Aufstiegseignung und die<br />

Eignung für kurze Schwünge leiden, verzeiht<br />

man dem Megawatt gerne. Wer fährt mit<br />

einem solchen Ski schon Kurzschwung?<br />

Breit, nicht zu schwer, dazu eine moderne<br />

Geometrie und ein modernes hochwertiges<br />

Design: Mit dem Rock’Air ist man<br />

immer gut beraten – die Delle beim<br />

Faktor »Harmonie« weist darauf hin, dass<br />

der Rock’Air exakt gefahren werden will –<br />

kein Ski für Anfänger und Neulinge.<br />

Eine der großen Überraschungen! Selten<br />

hat ein Ski soviel Spaß gemacht. Ungemein<br />

dynamisch, scheint der Charter mit großer<br />

Leichtigkeit alles zu beherrschen: große<br />

Schwünge, kleine Radien, Powder und<br />

Eis. Dafür muss man dann auch ein paar<br />

zusätzliche Gramm in Kauf nehmen.<br />

K2<br />

BackUp<br />

Fischer<br />

Discovery<br />

Blizzard<br />

Discovery<br />

Black Diamond<br />

Aspect<br />

429,95 € 549,95 € 499,95 € 529,00 €<br />

124 – 82 – 105 125 – 92 – 110 115 – 78 – 102 127 – 90 – 113<br />

Speed Rocker; 17 Tour Rocker; 23 Tip Rocker; 15 Tip Semi-Rocker; 19<br />

174 / 174 cm 177 / 175,5 cm 170 / 168,5 cm 176 / 176,5 cm<br />

3094 g 3156 g 2914 g 3046 g<br />

Der leichteste der K2 Ski glänzt mit Bestnoten<br />

bei Aufstiegseignung und kleinen<br />

Radien. Mit seinem relativ schmalen<br />

Schnitt ist der BackUp die perfekte Wahl für<br />

alle, die einen problemlosen Ski mit Fehler<br />

verzeihendem Fahrverhalten in jedem<br />

Schnee und Gelände suchen.<br />

Kurzcharakteristik<br />

Ein klassischer Tourenski mit Fehler<br />

verzeihendem Fahrverhalten sowie einer<br />

besonderen Eignung für kleine Radien<br />

und Kurzschwünge: Mit dem günstigen<br />

Gewichtsverhältnis und der respektablen<br />

Fläche haben auch Tiefschnee-Einsteiger<br />

viel Freude an diesem Allround-Tourenski.<br />

Der Discovery überzeugt mit geringem<br />

Gewicht, ohne in der Abfahrt entscheidend<br />

Federn zu lassen: der perfekte Ski für lange<br />

Skitouren und Durchquerungen, zugleich<br />

aber auch gut für Einsteiger geeignet. Der<br />

schmale Shape ist ein großes Plus bei<br />

anspruchsvollen Aufstiegspassagen.<br />

Black Diamond kann auch leicht: Der Aspect<br />

verbindet geringes Gewicht mit überdurchschnittlicher<br />

Breite. Besonders bei kleinen<br />

Radien kommt diese Kombination voll zur<br />

Geltung: ideal für Touren- und Tiefschnee-<br />

Einsteiger! Wer’s ein wenig schneller mag,<br />

wählt den Megawatt aus gleichem Hause.<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 97


Ski, die den Dreh auch im Tiefschnee<br />

raus haben: Darauf legen<br />

die meisten Tourengeher Wert.<br />

Ski mit viel Fläche<br />

bieten im Vergleich zu<br />

schmalen Brettern<br />

die besseren Voraussetzungen<br />

für das<br />

Tiefschneefahren.<br />

Vorspannung weiter perfektioniert. Auch<br />

wenn man dem Rocker-Shape eine gewisse<br />

Modeerscheinung unterstellt, funktionieren<br />

die modernen Konstruktionen hervorragend<br />

und weisen selbst auf hartem Untergrund<br />

keine Nachteile mehr gegenüber<br />

klassischen Skikonstruktionen auf. Zugleich<br />

gab es auch im Sektor der Camber-<br />

Ski vielversprechende Entwicklungen, die<br />

in jedem Schnee und jedem Gelände gut<br />

funktionieren.<br />

Für eine differenzierte und aussagekräftige<br />

Bewertung dieser doch sehr unterschiedlichen<br />

Skikonzepte hat Christoph Ebert<br />

vom Kompetenzzentrum Sport-Gesundheit-<br />

Technologie in Garmisch-Partenkirchen das<br />

bewährte Testkonzept des BERGSTEIGER-<br />

Skitests weiter verfeinert und an die Leistungsfähigkeit<br />

der aktuellen Ski angepasst.<br />

Skifläche als neuer Wert<br />

Erstmals geht bei einem Skitest die gemessene<br />

Skifläche als objektiver Wert neben<br />

dem Skigewicht in die Charakterisierung<br />

der Ski mit ein. Ist das Skigewicht der wichtigste<br />

Indikator für die Aufstiegseignung,<br />

so hat die Skifläche eine ähnlich hohe Aussagekraft<br />

für die Eignung im Tiefschnee.<br />

Aus physikalischer Sicht bietet ein Ski mit<br />

viel Fläche bessere Voraussetzungen für<br />

das Tiefschneefahren als ein Ski mit wenig<br />

Fläche. Im aktuellen Test verfügt der<br />

breiteste Ski, der Black Diamond Megawatt,<br />

über 60 Prozent mehr Fläche als der<br />

schmalste Ski im Test, der Blizzard Discovery.<br />

Am Rande erwähnt: Das Messen der<br />

Skifläche bei den völlig unterschiedlichen<br />

Skiformen war bereits eine Wissenschaft<br />

für sich. Die Fläche wurde schlussendlich<br />

rein mathematisch mittels standardisierter<br />

Parameter ermittelt.<br />

Natürlich haben auch Schuhe und Bindung<br />

einen erheblichen Einfluss auf das<br />

Fahrverhalten. Besonders die Bindung<br />

überträgt die Kraft vom Schuh auf den Ski.<br />

Diese Anforderung kann nur ein besonders<br />

torsionssteifes Modell wie beispielsweise<br />

die Marker Tour erfüllen. Um auch in dieser<br />

Hinsicht ein vergleichbares Testresultat<br />

zu erzielen, wurden den Skiherstellern<br />

entsprechende Vorgaben gemacht und entsprechende<br />

Bindungen angefordert.<br />

Stärken und Schwächen auf einen Blick<br />

Bei der hohen Qualitätsdichte fällt es<br />

schwer, einen eindeutigen Sieger zu küren.<br />

Man möchte schließlich nicht Äpfel mit<br />

Birnen vergleichen. Die im Vergleich zum<br />

Vorjahr nochmals optimierten Netzdiagramme<br />

lassen aber auf einen Blick erkennen,<br />

wo die Stärken und Schwächen des<br />

jeweiligen Skimodells liegen. Dabei sollte<br />

man nicht davon ausgehen, dass die größte<br />

Fläche im Netzdiagramm dem besten<br />

Ski entspricht. Vielmehr sollte man sein<br />

Augenmerk auf die Faktoren legen, die für<br />

den gewünschten Einsatzzweck entscheidend<br />

sind.<br />

◀<br />

98 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


INFO<br />

Klassisch versus Rocker<br />

Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um Musikalität!<br />

Rocker und der klassische Camber<br />

bezeichnen die Vorspannung der Ski. Welcher<br />

der beiden Typen sie entsprechen, lässt sich am<br />

deutlichsten erkennen, wenn die Ski unbelastet<br />

auf einem glatten Boden liegen. Allerdings gibt<br />

es immer häufiger auch Mischformen.<br />

Camber entspricht der klassischen Biegelinie,<br />

bei der die Ski an Spitzen und Ende aufl iegen.<br />

Die belasteten Ski erzeugen so über die gesamte<br />

Kantenlänge vollen Druck auf den Untergrund.<br />

Beim Full Rocker (auch Negative Camber<br />

genannt) verhält es sich genau umgekehrt. Die Ski<br />

liegen nicht außen, sondern in der Mitte unter<br />

der Bindung auf und sind kontinuierlich bis zu den<br />

Spitzen nach oben gebogen. Vor allem für<br />

Freerider in weichem Schnee ist das von Vorteil:<br />

Die Ski schwimmen regelrecht obenauf und<br />

lassen sich so besser steuern. Selbst bei<br />

langsamem Tempo heben sich die Spitzen leichter<br />

aus dem Schnee. Der Nachteil: Rocker Ski<br />

vibrieren auf harter Piste und bei höherer<br />

Geschwindigkeit üblicherweise stärker als<br />

Camber-Ski. Die Hersteller gleichen dieses Manko<br />

mit mehr Dämpfung und der Verwendung von<br />

leichteren Materialien aus.<br />

Tip Rocker vereint die Vorteile einer klassischen<br />

Camber-Konstruktion mit jener des Full Rocker.<br />

Heraus kommt ein Ski, der vom Skiende bis ins<br />

vordere Drittel einem Camber Shape entspricht.<br />

Im vorderen Drittel ist der Ski – ähnlich einem Full<br />

Rocker – bis zur Spitze stark aufgebogen. Der Tip<br />

Rocker bietet auf der Piste das gewohnt gute<br />

Fahrverhalten eines Camber-Skis und punktet<br />

auch im Tiefschnee, da er dank der Aufbiegung im<br />

Vorderteil gut auf dem Schnee schwimmt.<br />

Konstruktionen mit Tip & Tail Rocker besitzen<br />

zwar unter der Bindung die bei Camber übliche<br />

Vorspannung, an den beiden Enden sind die Ski<br />

jedoch Rocker-typisch nach oben gebogen.<br />

Jeder Hersteller entwickelt mittlerweile seine<br />

eigenen Rocker-Profi le für die unterschiedlichen<br />

Einsatzzwecke. Dem entsprechend beginnt die<br />

Aufwärtsbiegung der Skienden mal sehr nah an<br />

Auch mit einem klassischen Camber-Ski<br />

kann die Abfahrt rocken.<br />

der Bindung, mal näher an den Enden. Mal ist sie<br />

stärker ausgeprägt, mal schwächer.<br />

Namen wie All Terrain Rocker, Powder<br />

Rocker oder Speed Rocker sagen bereits alles<br />

über den spezifi schen Einsatzbereich aus.<br />

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WARST DU WIRKLICH.<br />

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SERVICE<br />

Auf vereisten Wanderwegen<br />

herrscht im<br />

Winter »Schneekettenpflicht«<br />

für die Schuhe.<br />

Schuheisen für Winterwanderer<br />

Zackig in Eis und Schnee<br />

Egal ob auf geräumten Fahrwegen, auf vereisten Wanderwegen oder im<br />

winterlichen Gelände – überall schützen Schuheisen vor dem Ausrutschen,<br />

wenn aus griffigem Schnee glattes Eis geworden ist. Von Christian Schneeweiß<br />

Grödel, Spikes oder Schneeketten<br />

tauchen beim Händler in der hintersten<br />

Ecke und im Katalog oder<br />

Internet, wenn überhaupt, unter<br />

dem Verlegenheitsbegriff »Accessoires«<br />

auf – außer bei Herstellern aus Österreich,<br />

wo Almbauern, Jäger und Waldarbeiter sie<br />

schon lange und noch immer benutzen. Dabei<br />

erleichtern diese Schuheisen das immer<br />

populärere Winterwandern oder Rodeln erheblich,<br />

egal ob auf einem geräumten Fahrweg,<br />

einem vereisten Rodelweg oder einem<br />

der Gipfelaufstiege auf beliebten Sommerwegen,<br />

die Einheimische selbst bei Schnee<br />

noch unermüdlich austreten.<br />

Im Rucksack nehmen sie nur wenig Platz<br />

weg: Kompakte Packmaße und geringes Gewicht<br />

– zwischen 250 und 750 Kubikzentimeter<br />

sowie etwa 250 bis 400 Gramm pro<br />

Paar – zeichnen die meist im Staubeutel<br />

verkauften Schuheisen aus. Leistungsfähigere<br />

Sechszacker für Gelände und einfache<br />

Gletscher sind natürlich voluminöser, aber<br />

nur wenig schwerer (bis 450 Gramm). Mangels<br />

Frontzacken ersetzen sie jedoch keine<br />

Steigeisen.<br />

Die Zacken<br />

Zahl und Verteilung sowie Länge und Stellung<br />

der Zacken bestimmen über die optimalen<br />

Einsatzbereiche von Schuheisen.<br />

Klassische Spikes und Ketten greifen nur<br />

in hartem Schnee und Eis; sie passen auch<br />

auf Schuhe ohne Absätze und eignen sich<br />

eher für geräumte Fahr- oder Rodelwege<br />

mit aperen Passagen – und natürlich für<br />

Besorgungen auf eisigen Bügersteigen oder<br />

den Weg zur Arbeit.<br />

Klassische Grödel besitzen vier Schneezacken<br />

mit einer Länge von zwei bis drei<br />

Zentimetern und eignen sich für eingetretene<br />

Wege mit geschlossener Schneedecke.<br />

Längszacken bieten den besten Halt bei<br />

Querungen, Querzacken gewährleisten einen<br />

sicheren Auf- und Abstieg. Am besten<br />

aber sind die Modelle, deren Zacken diagonal<br />

angebracht sind, denn sie bieten Halt in<br />

alle Richtungen.<br />

Auch in der Zackenlänge unterscheiden<br />

sich die Schuheisen: Kurzzackmodelle mit<br />

einer Zackenlänge von etwa eineinhalb<br />

Zentimetern verwendet man besser nur<br />

auf geräumten Wegen. Die in Südkorea<br />

entwickelten Ketten mit Stahlzähnen in<br />

einer Länge ab einem Zentimeter sind optimale<br />

Allrounder, bieten aber wenig Halt im<br />

Gelände. Dort oder auf nicht eingetretenen<br />

100 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Wegen und Querungen ist man mit Sechszacker-Grödeln,<br />

die die Schuhe perfekt fixieren,<br />

am besten und sichersten bedient.<br />

Bindungen und Größen<br />

Grödel und Sechszacker-Grödel besitzen<br />

Bindungen mit Riemen, welche häufig zu<br />

lang sind und weit überstehen – am besten<br />

schneidet man sie einfach ab. Fersen- und<br />

Seitenhalt verhindern, dass sich die Schuheisen<br />

lockern: Bei nur einem Ristriemen<br />

oder bei zu breiter Schuhauflage können<br />

die Grödel verrutschen. Sie sollten deshalb<br />

weitenverstellbar sein – manche Hersteller<br />

stanzen einen praktischen Maulschlüssel<br />

in das Gestell ein, mit dem sich die Grödel<br />

auf jede Schuhgröße einstellen lassen. Der<br />

Fersenriemen ist bei heutigen Grödel meist<br />

Bestandteil des Ristriemens. Gute Sechszacker<br />

haben einen Fersenkorb, der mitsamt<br />

Ristriemen für perfekten Halt sorgt. Unkomplizierter<br />

geht es ohne Riemen, beispielsweise<br />

bei den Ketten-Spikes mit elastischen<br />

Gummiüberziehern – die aber in der richtigen<br />

Größe gekauft werden müssen.<br />

Halt am Schuh<br />

Gute Grödel lockern sich inzwischen dank<br />

Fersenriemen kaum noch, eventuell aber<br />

Die Metallzacken der Spikes geben auch im<br />

Gelände Halt bei winterlichen Verhältnissen.<br />

bei Schuhen ohne Absatz. Deswegen sollte<br />

man die Riemen der Bindung nach einigen<br />

Minuten Gehzeit sowie speziell vor<br />

dem Abstieg nachziehen. Die Sechszacker-<br />

Variante mit Fersenkorb dagegen sitzt wie<br />

angegossen am Schuh. Dies gilt noch mehr<br />

für Kettenspikes mit ihrer elastischen Gummihalterung,<br />

die auch bei weicheren oder<br />

absatzlosen Schuhen perfekt sitzt. Damit<br />

steht der winterlichen Bergtour oder der<br />

Schlittentour mit Hütteneinkehr nichts<br />

mehr im Weg.<br />

◀<br />

WWW.DYNAFIT.COM<br />

BERCHTESGADENER LAND<br />

SKITOUREN-FESTIVAL<br />

21. – 23. FEBRUAR 2014<br />

FREITAG 21.02.2014<br />

Eröffnung des Skitouren-Festivals im<br />

Ski- und Rodelzentrum Hochschwarzeck,<br />

D-83486 Ramsau<br />

• „Warm-up“ und Teilnehmer-Meldung im<br />

Festival zelt (Eröffnungsfilm, Kurzvorträge)<br />

• Ausgabe und Anpassung der Leihausrüstungen<br />

SAMSTAG 22.02.2014<br />

Fotos: Bernd Ritschel (li.), Snowline<br />

Grödel gibt’s mit vier oder sechs Zacken, mit Riemen oder mit Gummifassung:<br />

Austrialpin Grödel<br />

SG01P Power Grip<br />

www.austrialpin.at<br />

UVP: 41,90 €<br />

Gewicht/Paar: 440 g<br />

Typ: Sechszack-Grödel<br />

Verstellbare Sechszack-<br />

Grödel mit 4 Querund<br />

2 Längs-Zacken<br />

(Länge 3 cm)<br />

Bindung: Fersenkorb mit<br />

Ristriemen, Doppelösen-<br />

Fixierung außen<br />

Extras: einfache<br />

Breitenverstellung mit<br />

integriertem Werkzeug,<br />

Gebrauchsanleitung<br />

Sehr wirksame Grödel mit<br />

festem Sitz und Eignung<br />

v. a. fürs Gelände und für<br />

einfache Gletscher<br />

Edelrid<br />

Spider Pick<br />

www.edelrid.de<br />

UVP: 45,– €<br />

Gewicht/Paar: 430 g (L)<br />

Typ: Ketten-Spikes<br />

Robuste Schneeketten<br />

mit 10 Stahlzähnen<br />

(Länge 10/15 mm)<br />

und Gummi-Fixierung<br />

Bindung: Elastomer zum<br />

Drüberziehen (2 Größen,<br />

bis 44); für große Kälte<br />

Extras: Staubeutel,<br />

Ketten aus gehärtetem<br />

Stahl, Zacken an starren<br />

Streben, Zuglasche<br />

An Metallplatten fi xierte<br />

Krallen für geräumte<br />

und eingetretene Wege<br />

(auch apere Passagen)<br />

Kong<br />

Grödel<br />

www.kong.it<br />

UVP: 28,– €<br />

Gewicht/Paar: 250 g<br />

Typ: Grödel<br />

Verstellbare Mini-Grödel<br />

mit 4 diagonalen Doppelzacken<br />

(Länge 2,5 cm),<br />

Tefl onbeschichtung<br />

Bindung: Ristriemen mit<br />

Fersenhalt, Doppelösen-<br />

Fixierung außen<br />

Extras: Staubeutel,<br />

Breitenverstellung mit<br />

integriertem Werkzeug,<br />

Gebrauchsanleitung<br />

Sehr kompakte, breitenvariable<br />

Grödel mit<br />

Eignung für eingetretene<br />

Wege und Schneefelder<br />

Snowline<br />

Chainsen Pro<br />

www.kochalpin.at<br />

UVP: 39,90 €<br />

Gewicht/Paar: 320 g (M)<br />

Typ: Ketten-Spikes<br />

Schneeketten mit 11<br />

Zähnen (Länge 11 mm)<br />

und Gummi-Fixierung mit<br />

Frontbügel und Zuglasche<br />

Bindung: Elastomer zum<br />

Drüberziehen (3 Größen,<br />

bis 47); elastisch bis -40°<br />

Extras: Staubeutel mit<br />

Anleitung, Edelstahl,<br />

Zuglasche, Light-Version<br />

49,90 €<br />

An Metallketten fi xierte<br />

Krallen für geräumte<br />

und eingetretene Wege<br />

(auch apere Passagen)<br />

Workshop-Tag für Anfänger und Fortgeschrittene<br />

oder Skitouren für Fortgeschrittene<br />

• 4 praxisorientierte Workshops für Anfänger: z.B.<br />

Technik Skitouren-Gehen, DAV-Regeln, Sicherheit<br />

mit LVS-Gerät und Lawinen-Airbag<br />

• vertiefte Workshops für Fortgeschrittene: z.B.<br />

Aufspüren Verschütteter, Einführung Schneeund<br />

Lawinenkunde<br />

• geführte Skitouren für Fortgeschrittene<br />

• Tourenski-Testcenter verschiedener Hersteller<br />

• „Die lange Nacht des Schneeleoparden“ –<br />

Höhenmeter sammeln zugunsten der Bergwacht<br />

Berchtesgadener Land (Nachtlauf)<br />

• anschließend Aprés Ski-Party<br />

SONNTAG 23.02.2014<br />

Skitouren-Tag für Anfänger und Fortgeschrittene<br />

• Tagesskitouren verschiedener Leistungsklassen<br />

z.B. die Klassiker im Berchtesgadener Land<br />

„Die Kleine Reib‘n“ oder das 3. Watzmann-Kind<br />

• Tourenski-Testcenter verschiedener Hersteller<br />

TICKETS & INFOS<br />

Ticketshop: www.outdoor-club.de<br />

Tickethotline 08657 - 983 520<br />

Festivalkarte Freitag bis Sonntag 99,- €<br />

gesicherte Leihausrüstung, Workshops (Sa),<br />

geführte Skitouren (Sa / So)<br />

Startgebühr Charity-Wettbewerb 15,- €<br />

INFOS: www.bglt.de/skitourenfestival


Glaubt man den Herstellern,<br />

ist so gut wie jedes Produkt<br />

grandios. Doch stimmt das<br />

wirklich? Die Redaktion<br />

schildert ihre Eindrücke.<br />

La Sportiva Katana<br />

▶ Das sagt der Hersteller:<br />

Für die Saison 2013 wurde dem »Katana« ein<br />

neues Outfi t mit neuen Farben verpasst (grün/<br />

blau für Herren bzw. rosa/rot für Damen). Zudem<br />

wurden das Damen-Modell gewichtsoptimiert und<br />

die Velco-Verschlüsse aus Textil statt wie bisher<br />

aus Leder gefertigt.<br />

Gewicht: 450 g (Gr. 42) Sohle: Vibram® XS<br />

Edge 4 mm Obermaterial: Spaltleder, Lorica®<br />

Preis: 124,95 € Info: www.lasportiva.com<br />

▶ Das sagen wir: Der Kletterschuh-Klassiker in<br />

neuem Design bringt die gleiche Performance wie<br />

das alte Modell. Ist der Schuh erst einmal<br />

eingeklettert, lässt er hinsichtlich Passform und<br />

Sensibilität keine Wünsche offen. Die Vorspannung<br />

ist nur mittelmäßig, aber extrem vorgespannte<br />

Leisten sind ohnehin nicht jedermanns Sache.<br />

Passform<br />

Sensibilität<br />

Design<br />

Preis/Leistung<br />

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Hagan Bindung<br />

Z01 Allmountain<br />

The North Face Rucksack<br />

Conness<br />

Black Diamond Stöcke<br />

Ultra Mountain FL<br />

Fotos: Hersteller, Andreas Strauß<br />

▶ Das sagt der Hersteller: Komfort-Skitourenbindung<br />

mit Bindungsrahmen, verstellbarer<br />

Bindungslänge und Drehpunkt unter der<br />

Schuhspitze. Höhenverstellbare Vorderbacken mit<br />

Gleitrollen und -aufl age, Hinterbacken Step-In,<br />

Skistopper integriert (80, 90, 100 mm).<br />

Dreistufi ge Steighilfe. Harscheisen optional<br />

(85, 100, 115 mm; 54,99 €)<br />

Gewicht: 1830 g (Paar inkl. Stopper)<br />

Längen: S, M, L Z-Wert: 4–12 Preis: 369,99 €<br />

Info: www.hagan-ski.com<br />

▶ Das sagen wir: Insgesamt eine unkomplizierte<br />

Bindung mit durchdachter, sicher einrastender<br />

Steighilfe und guter Abfahrtsleistung durch hohe<br />

Steifi gkeit. Die kleine Steighilfen-Zwischenstufe<br />

ist ideal für fl ach ansteigende Fahrwege, aber in<br />

der Verstelltechnik nicht sofort verständlich.<br />

Funktion<br />

Design<br />

Preis/Leistung<br />

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▶ Das sagt der Hersteller:<br />

Funktioneller Rucksack für mehrtägige Touren. Das<br />

Rückensystem setzt auf die fünf zentralen<br />

Berührungspunkte und verzichtet zugunsten der<br />

optimalen Luftzirkulation auf unnötigen Schaum.<br />

Das Tragesystem Optifi t passt sich optimal an die<br />

Körperbewegung an.<br />

Farben: beige/grau; blau/gelb Gewicht: 2608 g<br />

(Gr. S/M); 2637 g (Gr. L/XL) Preis: 270 €<br />

(70–74 l) Volumen: 55–58, 70–74, 82–86 l;<br />

Damen: 65–68 l Info: www.thenorthface.com<br />

▶ Das sagen wir: Im Vergleich zu gepolsterten<br />

Tragesystemen wirkt der Conness erstmal etwas<br />

starr, was sich aber bald als sehr angenehm<br />

herausstellt. Dort, wo’s drauf ankommt, ist die<br />

Polsterung ja noch vorhanden. Die abnehmbare<br />

Deckeltasche dient auch als Lendentasche.<br />

Gewicht<br />

Tragekomfort<br />

Preis/Leistung<br />

■■■■■<br />

■■■■<br />

■■■<br />

▶ Das sagt der Hersteller:<br />

Vielseitiger Damenstock für Wanderungen und<br />

Skitouren im Backcountry. Zusammengefaltet<br />

passt der Stock auch in kleinere Tagesrucksäcke.<br />

Rutschfeste Griffverlängerung aus Schaumstoff<br />

zum Kürzerfassen<br />

Gewicht: 600 g (Paar; 105–125 cm)<br />

Preis: 129 € Längen: 95–110 cm (Packmaß:<br />

36 cm); 105–125 cm (Packmaß: 40 cm)<br />

Info: www.blackdiamondequipment.com<br />

▶ Das sagen wir: Ein Stock für alle Jahreszeiten,<br />

der dank Handschlaufen sehr angenehm zu<br />

tragen ist. Das Ein- und Ausfahren geht ruckzuck,<br />

dennoch wirkt die Fixierung absolut sicher. Im<br />

Lieferumfang sind Gummispitzen, Trekking-Teller<br />

und Schneeteller enthalten.<br />

Greifgefühl<br />

Fixierung<br />

Preis/Leistung<br />

■<br />

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102 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


unich<br />

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104 <strong>Bergsteiger</strong> 12⁄13


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Hindenburgstraße 57<br />

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Straße 14<br />

55545 Bad<br />

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Sandstraße 22<br />

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Postleitzahlgebiet 6<br />

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Bahnhofstraße 9<br />

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Am Mühlbach 6<br />

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am Chiemsee<br />

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Achental<br />

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Ski & Sport Treff<br />

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Kanonenweg 50a<br />

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12⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 105


SERVICE<br />

NEU: Hersteller im Profil<br />

Edelrid<br />

Das Kernmantelseil,<br />

1953 von Edelrid auf den<br />

Markt gebracht, ist bis<br />

heute richtungsweisend.<br />

Das Kern-Geschäft<br />

Firmen-Steckbrief<br />

Gegründet: 1863 von Julius Edelmann<br />

und Carl Ridder<br />

Hauptsitz: Isny, Allgäu, Deutschland<br />

Werke im Ausland: Vietnam<br />

Mitarbeiter: 135<br />

Jahres-Umsatz: 23 Mio. €<br />

Zweimal abgebrannt, zweimal verkauft:<br />

Die Erfolgsgeschichte von Edelrid stand gleich<br />

mehrmals auf der Kippe. In diesem Jahr feiert<br />

der Bergsportausrüster seinen 150. Geburtstag.<br />

Von Bettina Willmes<br />

106 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Am Kletterturm auf dem<br />

Firmengelände werden<br />

die Produkte ersten<br />

Praxistests unterzogen.<br />

INFO<br />

Innovationen aus<br />

dem Hause Edelrid<br />

Alle Fotos: Edelrid / Christian Pfanzelt<br />

Zwei Dinge hat Daniel Gebel (34),<br />

der die Produktentwicklung der<br />

Hardware bei Edelrid leitet, mit<br />

den meisten seiner Kollegen gemein:<br />

Er ist jung und er klettert<br />

für sein Leben gern.<br />

Gerne auch schon vor der Arbeit, selbst<br />

wenn er dafür um vier Uhr früh aus dem<br />

Haus muss. In der Regel ist er dann mit<br />

seinem Kollegen Richard Heinz (27) unterwegs.<br />

Eine ihrer typischen Touren ist<br />

die Rubihorn-Nordwand. Was für andere<br />

eine Tagestour ist, machen die beiden mal<br />

eben kurz bevor sie ins Büro in Isny im Allgäu<br />

fahren. Allerdings nur im Winter. »Im<br />

Sommer ist die Versuchung zu groß, doch<br />

immer noch eine Route dranzuhängen und<br />

kein Ende mehr zu finden«, erzählt Gebel.<br />

So wie Gebel und Heinz ticken viele der<br />

135 Mitarbeiter von Edelrid. Für die Firma<br />

ist das ein großes Glück, denn die Leidenschaft<br />

fürs Klettern spielt auch bei der Arbeit<br />

eine wichtige Rolle. »Bei Edelrid kann<br />

ich meinen Produktfetischismus ausleben,<br />

kann ständig daran rumtüfteln, Ausrüstung<br />

noch komfortabler, noch intuitiver<br />

bedienbar, noch besser zu machen«, sagt<br />

etwa Daniel Gebel. Wenn er über die Produkte<br />

von Edelrid spricht, spürt man, dass<br />

diese Leidenschaft echt ist. Auf jedes noch<br />

so kleine Detail kommt er zu sprechen, und<br />

es vergehen keine zwei Minuten, in denen<br />

Das Kernmantelseil ist längst nicht die<br />

einzige bahnrechende Erfi ndung von Edelrid.<br />

Viele weitere folgten, darunter die Expressschlinge<br />

(1973), der Zwillingsstrang (1977)<br />

und das Indoorkletterseil (1996). Einer der<br />

jüngsten Coups ist ein Seil mit verschiedenen<br />

Durchmessern: An den verschleißanfälligen<br />

Enden ist der schützende Mantel dicker,<br />

in der Mitte dünner für ein gutes Handling<br />

an Karabinern und Sicherungsgeräten.<br />

er keines der Produkte in der Hand hält<br />

und damit spielt.<br />

Der Brand zerstörte alles<br />

Allein in den vergangenen drei Jahren hat<br />

das Unternehmen 15 Auszeichnungen<br />

für seine Neuentwicklungen erhalten.<br />

Beispielsweise für das Cable Vario Kit, das<br />

erste Klettersteigset, das sich auf das<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 107


Zwillingsseile, Halbseile, Indoor-Seile – für jeden Zweck das Richtige<br />

Endspurt bei der Produktion eines Klettersteigsets<br />

Die Flechtmaschine webt aus unzähligen Fäden ein robustes Seil.<br />

Gewicht des Benutzers einstellen lässt und<br />

auch für Kinder geeignet ist. In der Branche<br />

gilt Edelrid als innovativ und versiert. Das<br />

war allerdings nicht immer so. »Wir waren<br />

lange Zeit zwar kompetent in Sachen Seil,<br />

aber als Marke leicht angestaubt«, sagt Verkaufsleiter<br />

Hannes Mayer. »In den vergangenen<br />

Jahren haben wir es geschafft, eine<br />

angesagte Marke zu werden.« Den Grund<br />

dafür sieht Mayer darin, dass Edelrid nie der<br />

Versuchung erlegen sei, von seiner Kernkompetenz,<br />

dem Klettern, abzurücken.<br />

»Wir sind ein junges, motiviertes Team,<br />

wir können nur klettern, und wir machen<br />

nur Klettern – Outdoorboom hin oder her.<br />

Das wirkt authentisch.« Wegbereitend für<br />

die Wandlung ist auch folgendes gewesen:<br />

2006 arbeitete eine einzige Person an der<br />

Entwicklung, heute sind es elf – drei für<br />

die Seile, acht für Kletterhardware.<br />

Doch auch früher hat Edelrid, das ursprünglich<br />

Litzen und Kordeln fertigte, immer<br />

wieder gezeigt, dass der Betrieb das Zeug zu<br />

Innovationen hat. So brachten die Allgäuer<br />

1953 das erste Kernmantelseil auf den Markt<br />

– eine Revolution, die bis heute prägend<br />

ist: Im Inneren bilden mehrere verflochtene<br />

Zwirne den tragenden Teil. Um ihn zu<br />

schützen, ist er von einem geflochtenen<br />

Mantel umhüllt. Herbe Rückschläge kassierte<br />

Edelrid, als die Firmengebäude in Isny im<br />

Allgäu wiederholt abbrannten, 1958 und<br />

1973. Verheerend war vor allem der zweite<br />

Brand, dem das Gebäude sowie sämtliche<br />

Dokumente komplett zum Opfer fielen. Andreas<br />

Wagner, der seit 1964 bei Edelrid arbeitet<br />

und seinen Ruhestand schon mehrmals<br />

verschoben hat, hat diesen Brand miterlebt.<br />

»Alles, was wir danach noch hatten, war in<br />

den Köpfen der Mitarbeiter. Also musste jeder<br />

zu Papier bringen, was er noch wusste.<br />

Dann haben wir nach und nach die Flechtmaschinen<br />

aus den Trümmern gezogen und<br />

wieder hergerichtet.« Zwar habe man nicht<br />

alle Maschinen retten können, aber immerhin<br />

alle großen Bergseilmaschinen.<br />

Made in Germany<br />

2001 wurde Edelrid dann an den damals<br />

größten Seilhersteller der Welt, The Rope<br />

Company, verkauft. Auch daran erinnert<br />

sich Wagner noch genau. »Der Geschäftsführer<br />

war sehr zahlenorientiert. Ständig<br />

ging es nur um die Umsätze.« Fünf Jahre<br />

später meldete The Rope Company Insolvenz<br />

an. Die Vaude-Gruppe kaufte Edelrid<br />

auf, sie ist bis heute hundertprozentiger<br />

Inhaber der Firma, Geschäftsführer ist Albrecht<br />

von Dewitz.<br />

Fragt man den Geschäftsleiter und Leiter<br />

des Brand Management/Vertrieb Carsten<br />

108 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Tüftler in Theorie und Praxis: Daniel Gebel<br />

an seinem Arbeitsplatz<br />

»Wir können nur<br />

klettern und wir<br />

machen nur Klettern<br />

– Outdoorboom hin<br />

oder her. Das wirkt<br />

authentisch.«<br />

von Birckhahn, was das Unternehmen heute<br />

auszeichnet, kommt er neben dem unternehmerischen<br />

Denken jedes einzelnen Mitarbeiters<br />

schnell auf die Nähe zum Kunden<br />

und die Produktion vor Ort zu sprechen.<br />

Rund 60 Prozent der Wertschöpfung wird<br />

in Isny erzielt. Daneben hat Edelrid noch<br />

ein Werk in Vietnam. Es ist angeschlossen<br />

an das Vaude-Werk, wird aber eigenständig<br />

von Edelrid betrieben. Dort wird persönliche<br />

Schutzausrüstung (PSA) hergestellt, die<br />

besonders nähintensiv ist. Seile aber beispielsweise<br />

wurden schon immer und zu<br />

hundert Prozent in Isny produziert. Teilweise,<br />

so von Birckhahn, kommen Einzelteile<br />

wie etwa für Eisgeräte von Zulieferern aus<br />

Europa und Asien; zusammengebaut aber<br />

werden sie in Isny. »So können wir bereits<br />

die Einzelteile überprüfen und haben jeden<br />

Wertschöpfungsschritt im Griff «, erläutert<br />

von Birckhahn. »Vor allem aber ist es uns<br />

auf diese Weise möglich, uns überall die<br />

Besten und das Beste rauszupicken und<br />

es zum besten Endprodukt zu kombinieren.«<br />

Auch die Flexibilität, schnell auf Kundenwünsche<br />

zu reagieren, bewahre man<br />

sich dadurch.<br />

Aufwickeln ohne Krangeln: Ein Kletterseil<br />

wird gebrauchsfertig gemacht.<br />

In der Nähwerkstatt werden Bandschlingen,<br />

Expressen und Klettersteigsets bearbeitet.<br />

Ein Seil fürs Cabrio<br />

Es gebe aber noch einen anderen Grund<br />

dafür, die Produktion in Deutschland zu<br />

behalten. Gleich neben den Entwicklern ist<br />

die Näherei angesiedelt. »Hier verarbeiten<br />

wir Produkte mit sehr werthaltigen Materialien<br />

und solche mit hohem Automatisierungsgrad«,<br />

erklärt Gebel. Die Maschinen<br />

nutzen Gebel und seine Kollegen darüber<br />

hinaus auch, um eigene Entwicklungen voranzutreiben.<br />

»Bei anderen Firmen gibt der<br />

Entwickler nur die Anweisung, umgesetzt<br />

wird in Asien.« So sei jeder Entwicklungsschritt<br />

umständlich und irgendwann auch<br />

eine Zeitfrage. »Bei uns schaffe ich in einer<br />

Woche drei Entwicklungszyklen.« Tagsüber<br />

tüfteln und umsetzen, abends das Resultat<br />

in der Kletterhalle oder am Berg testen – so<br />

lautet Gebels Konzept.<br />

Auch wenn man leicht einen solchen Eindruck<br />

bekommen könnte: Die Bereiche<br />

»Sports« und »Safety« sind nicht alles bei<br />

Edelrid. Zwar erzielen die Allgäuer 60 Prozent<br />

ihres Umsatzes dort. Daneben bedienen<br />

sie aber auch noch die Sparten »Adventure<br />

Parks« und »Industry«. Und so finden<br />

sich die Seile von Edelrid beispielsweise<br />

auch in Cabrio-Verdecks oder Zapfhahnleitungen.<br />

◀<br />

IM FEBRUAR-HEFT: Lesen Sie ein Porträt der<br />

Firma Maloja, die 2014 zehn Jahre alt wird.<br />

12. - 15. Dezember 2013<br />

Skitourenexpo / Modenschau<br />

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Skitourenparty inkl. 1 Getränk)<br />

ab EUR 115,00 p.P. (DZ/F)<br />

Information & Anmeldung:<br />

www.dolomitensport.at


AUSFLUGSTIPP<br />

Das Perfekte Bergwochenende I Berchtesgaden<br />

Naturerlebnis im<br />

Nationalpark statt<br />

Pisten-Remmidemmi<br />

Von Dominik Prantl<br />

Sturmfrei<br />

im Herbst<br />

Es lässt sich natürlich trefflich darüber<br />

streiten, welches eigentlich die<br />

beste Jahreszeit für einen Besuch des<br />

Berchtesgadener Landes ist. Skitourengeher<br />

würden das Frühjahr bevorzugen,<br />

wenn die einsamen Kare und die Königssee-<br />

Umrundung namens Große Reibn locken.<br />

Wanderfreunde und <strong>Bergsteiger</strong> schätzen<br />

den Herbst, wenn sich die Wälder des einzigen<br />

deutschen Alpennationalparks gold färben.<br />

Die Touristen aus aller Welt fallen vor<br />

allem im Sommer über Adolf Hitlers einstigen<br />

Stützpunkt, das Kehlsteinhaus, und die<br />

Kapelle St. Bartholomä her.<br />

Unbestritten ist, dass der Spätherbst zu jener<br />

Phase des Jahres zählt, in der man den Blick<br />

auf Watzmann, Hochkalter und Jenner beinahe<br />

für sich alleine hat. Das liegt auch daran,<br />

dass sich Hütten und Almen bereits in<br />

der Winterruhe befinden, während die meisten<br />

Hotels ihre klassische November-Pause<br />

einlegen. Und genau darin besteht der Reiz:<br />

Wenn noch kein Schnee gefallen ist, bieten<br />

die letzten Wanderungen des Jahres Einsamkeit<br />

zwischen den mächtigen Kalkstöcken.<br />

Auch später, im Hoch- und Spätwinter, ist<br />

Berchtesgaden mit seinen wenigen kleinen<br />

Skigebieten alles andere als eine klassische<br />

Winterdestination. Daher sind eher Naturerlebnis<br />

statt Pisten-Remmidemmi und Kutschenfahrten<br />

statt Kontrollverlust angesagt.<br />

Wer sich auf die Spuren des unvergessenen<br />

Georg Hackl begeben will, kann eine der<br />

Natur-Rodelbahnen probieren – oder im<br />

Taxibob den Natureiskanal hinunterrasen.<br />

Der Bergfilmer Andreas Kieling schwört übrigens<br />

auf den November in Berchtesgaden,<br />

zumindest, wenn er so sonnig ausfällt wie<br />

so oft in den vergangenen Jahren: »Ich habe<br />

Freunden aus Nordamerika Bilder vom<br />

Berchtesgadener Land geschickt. Die fragten:<br />

Sag mal, ist das Disneyland?«<br />

◀<br />

Wo anklopfen?<br />

Berchtesgadener Land<br />

Tourismus GmbH<br />

Bahnhofplatz 4<br />

83471 Berchtesgaden<br />

Tel. 0 86 52/6 56 50 50<br />

info@berchtesgadener-land.com<br />

www.berchtesgadener-land.com<br />

110 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Hubert Ilsanker<br />

ist unter anderem<br />

Buchautor, Musiker,<br />

bayerisches Original.<br />

Außerdem besitzt er<br />

dank seines Arbeitgebers<br />

das Recht, im Nationalpark<br />

Enzianwurzeln auszugraben. Die verarbeitet<br />

er als hauptberufl icher Enzianbrenner in<br />

einer von vier Hütten dann zu einem bitteren<br />

Destillat, das manchen vorzüglich und vielen<br />

gar scheußlich schmeckt. Jedenfalls besteht<br />

garantiert ein Zusammenhang zwischen<br />

Geschmack und Trinkhöhe. Wenn Ilsankers<br />

Stammsitz – die Brennhütte oberhalb der<br />

Königsalm – im Winter geschlossen hat,<br />

bleibt als Alternative zumindest die Industriebrennerei<br />

Grassl unten im Tal.<br />

Was essen?<br />

Wild beim Wachterl<br />

Für Vegetarier eignet sich das Wirtshaus<br />

Wachterl eher nicht. Gerade im Herbst<br />

bestimmt vor allem Wild – vom Hasen bis<br />

zum Hirschen – als Leitmotiv die Speisekarte.<br />

Liebhaber regionaler Küche kommen am<br />

Wachterl daher kaum vorbei – schon allein<br />

wegen der Lage an der Alpenstraße. Und<br />

wer selbst zum Messer greifen will, hat dazu<br />

beispielsweise beim Wild-Kochkurs Anfang<br />

Dezember die Möglichkeit.<br />

www.wirtshaus-wachterl.de<br />

Wo wohnen?<br />

Zu Gast bei Freunden<br />

Nur für Luxusfreaks und Wellnessjünger<br />

muss es in Berchtesgaden das Hotel Edelweiss<br />

im Ortszentrum oder das Intercontinental<br />

am Obersalzberg sein. Es gibt jede<br />

Menge Pensionen und Ferienwohnungen,<br />

die sich über die fünf Gemeinden des<br />

Berchtesgadener Landes verteilen. Mit Blick<br />

auf die Gebirgsstöcke von Hochkalter und<br />

Watzmann wohnt man beispielsweise im<br />

familienfreundlichen Gästehaus Hinterponholz<br />

(www.hinterponholz.de). Unweit des<br />

Parkplatzes Hinterbrand bietet sich der<br />

Alpengasthof Vorderbrand an (www.berchtesgaden-online.com/vorderbrand)<br />

– und<br />

mitten im Gebirge das ganzjährig (außer<br />

24. 12.) geöffnete Carl-von-Stahl-Haus.<br />

Fotos: Marika Hildebrandt, Berchtesgadener Land Tourismus GmbH (3), Schneibsteinhaus/Strobl, Daniel Schvarcz<br />

Basiswissen<br />

Ankommen: Mit dem Auto über die A8 nach<br />

Salzburg und dann an der Ausfahrt Bad Reichenhall<br />

bis Berchtesgaden; mit dem Zug<br />

von München in 2½ Std. über Freilassing.<br />

Sich orientieren: AV-Karte, BY 21 »Nationalpark<br />

Berchtesgaden« und BY 22, »Berchtesgaden,<br />

Untersberg«, beide 1:25 000<br />

Mehr erfahren: Höfl er/Witt »Wanderführer<br />

Berchtesgadener Land«, Bruckmann<br />

Verlag, 2011; Sepp Brandl »Skitourenführer<br />

Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen«,<br />

Bergverlag Rother, 2012<br />

Beliebter Stützpunkt: Das Schneibsteinhaus<br />

hat ab Weihnachten wieder geöffnet.<br />

Für schlechte Tage<br />

Erinnern für die Zukunft<br />

Natürlich könnte an dieser<br />

Stelle eine ganze Menge für<br />

den spaß- oder kulturorientierten<br />

Urlauber stehen: Die<br />

Watzmanntherme, das nahe<br />

gelegene Salzburg oder das<br />

Salzbergwerk beispielsweise.<br />

Nur: Alle diese Angebote können es nicht<br />

mit der hervorragenden Dokumentation<br />

Obersalzberg aufnehmen. Von 1923 bis zum<br />

Kriegsende 1945 diente die Gegend um<br />

Berchtesgaden schließlich<br />

als Feriendomizil Hitlers,<br />

worauf heute allerdings<br />

nicht mehr alle im Tal so<br />

wahnsinnig gerne hinweisen.<br />

Die Dokumentation<br />

am Obersalzberg erinnert<br />

dafür umso eindringlicher an die Geschichte<br />

des Nationalsozialismus – so stark der Kontrast<br />

der düsteren Bunker mit der Schönheit<br />

der umliegenden Berge auch sein mag.<br />

Tourentipps: Ziele für jede Jahreszeit<br />

1 Schneibstein (2275 m)<br />

Wertung: Der Allwetterberg. Im Sommer<br />

ein leichter Zweitausender samt<br />

gelegentlicher Steinbock-Sichtung. Im<br />

Winter bei Skitouren der Höhepunkt<br />

der Kleinen Reibn (Tagestour) oder<br />

die erste Erhebung der Großen Reibn<br />

(eher 2 bis 3 Tage).<br />

Start und Ziel: Parkplatz Hinterbrand<br />

(1130 m)<br />

Route: Hinterbrand (1130 m) – Carlvon-Stahl-Haus<br />

(1736 m) – Schneibstein<br />

(2275 m), ca. 3½ Std.<br />

2 Kehlsteinhaus (1837 m)<br />

Wertung: Wird im Sommer von<br />

Touristen aus aller Welt überrannt.<br />

Für Berggeher ist es die Einkehr vor<br />

einer wunderbaren Querung über<br />

den Mannlgrat (Klettersteig) hinüber<br />

zum Hohen Göll (2522 m; Aufstieg<br />

insgesamt 5 Std). Im Winter beliebtes<br />

Ziel für kurze Skitour (etwa 2 Std.)<br />

Start und Ziel: z. B. an der westl.<br />

Mautstelle Rossfeldstraße (960 m)<br />

Route: Parkplatz – Ofnerboden –<br />

Sommerboden – Kehlstein<br />

12 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 111


Juli 2013<br />

SERVICE<br />

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F<br />

LESERBRIEFE/IMPRESSUM<br />

10<br />

10 / Oktober 2013<br />

80<br />

PLUS 12 Tourenkarten zum Mitnehmen: Berchtesgadener Alpen • Urner Alpen • Mont Blanc-Gruppe<br />

Die Paten III: Herrliche Hütten im Porträt<br />

80 Jahre<br />

80<br />

Jubiläums-<br />

Ausgabe<br />

| Bergwandern | Klettersteige | Alpinismus<br />

Die besten 80 Touren<br />

Bayerische Alpen<br />

Rofangebirge<br />

Ortlergruppe<br />

Dolomiten/Brenta<br />

Berner Alpen<br />

Karwendel<br />

Große Freiheit<br />

über Innsbruck<br />

EXKLUSIV!<br />

Südtirol-Wochenende<br />

mit David Lama und<br />

Stefan Glowacz<br />

Wärmen<br />

Fleecejacken im Test:<br />

Wandern wohlig warm<br />

| Alpinismus<br />

REPORTAGE<br />

Trekken<br />

Nepal anders erleben auf<br />

dem Great Himalaya Trail<br />

<br />

rrliche Hütten im Porträt<br />

INTERVIEW<br />

Filmen<br />

Tod und Rückkehr:<br />

Lothar Brandler<br />

D 5.90 €<br />

ten 80 Touren<br />

Jubiläums-Extras<br />

• Zurück ins Revier:<br />

Tiere in den Alpen<br />

• Die tollkühnen<br />

Bergvagabunden<br />

• Edelweißrausch<br />

an der Höfats<br />

• Buhls Liebling –<br />

Glungezerhütte<br />

Seilspiel zum<br />

Heraustrennen<br />

Sahnen Sie Preise<br />

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Geburtstags-Gewinnspiel<br />

bs_2013_10_u1_u1.in d 1 23.08.13 11:431:43<br />

BERGSTEIGER 10/2013<br />

Langsam, aber sicher<br />

Betrifft: Taglingers Tipp<br />

bs_2013_10_u1_u1.indd 1 23.08.13 11:43<br />

+<br />

Grassls Tipp: Zum Saisonstart mit dem LVS-Gerät üben<br />

Schönes Ziel: Tour im Kaisergebirge,<br />

Rote-Rinn-Scharte<br />

Der vorbildliche Skitourengeher<br />

hat sein Material bereits am<br />

Ende der Saison auf Vordermann<br />

gebracht, so dass es für den<br />

ersten Einsatz parat liegt. Doch<br />

stimmt die Vorbereitung auch in<br />

sicherheitsrelevanten Dingen?<br />

Es gibt zum Winterauftakt einige<br />

D 5.<br />

Der Fehlerteufel<br />

hat zugeschlagen!<br />

wichtige Dinge zu beachten: Prüfen<br />

Sie die Funktionstüchtigkeit des<br />

Lawinenverschütteten-Suchgerätes,<br />

wechseln Sie die Batterien und<br />

machen Sie einen Test über die<br />

Reichweite des Geräts. Noch vor<br />

der ersten Tour üben Sie den<br />

Umgang mit dem LVS-Gerät, damit<br />

im Notfall das Suchverfahren<br />

hundertprozentig stimmt.<br />

Am Anfang einer Saison, wenn<br />

man unbedingt die erste Skitour<br />

machen will, werden nicht zuletzt<br />

wegen Schneemangels Gefahren<br />

übersehen. Oft sind Steine oder<br />

Felsen nur wenige Zentimeter mit<br />

Schnee überzuckert und können<br />

bei der Abfahrt durch ruckartiges<br />

Stoppen zu üblen Stürzen führen.<br />

Tourengeher sollten auch über den<br />

Schneedeckenaufbau Bescheid<br />

wissen. Tiefe Temperaturen im<br />

BERGSTEIGER unter der Lupe: Leserbrief des Monats<br />

Lieber Herr Taglinger,<br />

in <strong>Bergsteiger</strong> 10/13 schreiben<br />

Sie: »Abgesehen von langsamen<br />

Seilschaften, die Routen<br />

blockieren, sind Krangel so<br />

ziemlich das Nervigste beim<br />

Klettern.« Bei den Krangeln gebe<br />

ich Ihnen Recht, aber bei<br />

den langsamen Seilschaften<br />

bin ich nicht Ihrer Meinung.<br />

Klar wartet niemand gerne.<br />

Und natürlich ist Geschwindigkeit<br />

ab einer gewissen Tourlänge<br />

und Gesamtschwierigkeit<br />

oder bei drohendem Gewitter<br />

zunehmend auch ein Sicherheitsfaktor.<br />

Aber: Vom Toprope über den<br />

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die abgedruckten Leserbriefe nicht die Meinung der Redaktion,<br />

sondern die der Unterzeichnenden wiedergeben. Wir behalten uns vor, Briefe vor Abdruck zu kürzen.<br />

In die Jubiläumsausgabe (10/<br />

13) haben sich zwei Fehler eingeschlichen,<br />

für die wir uns<br />

entschuldigen: Gerald Aichner<br />

ist nicht, wie im Beitrag »Fest<br />

im Sattel« auf Seite 89 erwähnt,<br />

der Hüttenwirt der Glungezerhütte,<br />

sondern Vorsitzender der<br />

Sektion Hall sowie des OeAV<br />

Landesverbandes Tirol. Hüttenwirt<br />

ist Gottfried Wieser.<br />

Aufgrund eines Versehens in<br />

der Repro wurden nach Druckfreigabe<br />

des Heftes außerdem<br />

zwei Grafiken auf Seite 107 vertauscht.<br />

Hier die richtige Zuordnung<br />

der Bilder:<br />

Hochwinter führen zur Bildung<br />

einer sehr labilen Schwimmschneeschicht,<br />

die oft Ursache zur<br />

Auslösung von Schneebrettern ist<br />

– vor allem in den nach Nord und<br />

Nordost ausgerichteten Hängen.<br />

Beachten Sie deshalb unbedingt<br />

den Lawinenlagebericht!<br />

Generell sollte man mit kleineren<br />

Touren in den Winter starten und<br />

sich die großen Unternehmungen<br />

für den Spätwinter oder das<br />

Frühjahr aufheben.<br />

Toni Grassl<br />

ist staatlich<br />

geprüfter Bergund<br />

Ski führer<br />

und Inhaber der Eventagentur<br />

grassl-eps. Exklusiv für den<br />

BERGSTEIGER gibt er Tipps<br />

rund ums Bergsteigen.<br />

Vorstieg bis in die Nordwände<br />

– jeder Kletterer fängt einmal<br />

klein an. Ich bin sicher, dass<br />

Sie in der Führerausbildung<br />

und in Ihrer Bergschule neben<br />

den technischen Dingen auch<br />

die (überlebens-)wichtigen Aspekte<br />

in dem Sport lehren: Ruhe<br />

und Überlegtheit geht vor<br />

Geschwindigkeit. Und das sollte<br />

jeder Kletterer sowohl in der<br />

Halle als auch am Fels anderen<br />

vermitteln. Sonst passieren<br />

schnell Fehler.<br />

Holger Schulze Temming, per Mail<br />

Halbseile<br />

Zwillingsseile<br />

12/13 | 80. Jahrgang<br />

Internet: www.bergsteiger.de<br />

Redaktionsanschrift<br />

BERGSTEIGER<br />

Postfach 40 02 09, 80702 München<br />

Tel. +49 (0) 89.13 06 99.658<br />

Fax +49 (0) 89.13 06 99.690<br />

bergsteiger@bruckmann.de<br />

Chefredakteur Michael Ruhland<br />

Redaktion Thomas Ebert, Petra Gössl-Kubin,<br />

Dominik Prantl, Dagmar Steigenberger<br />

Assistenz Thomas Ebert<br />

Layout Tanja Beyerle, Susanne Bukvic<br />

Kartographie Christian Rolle<br />

Illustrationen Max Baitinger, Moritz Reischl<br />

Aboservice/Leserservice<br />

BERGSTEIGER-Aboservice, Postfach 1280,<br />

82197 Gilching, DEUTSCHLAND<br />

Tel. 01 80-5 32 16 17*<br />

Fax 01 80-5 32 16 20*<br />

(* 14 Cent pro Minute)<br />

leserservice@bergsteiger.de<br />

Anzeigenleitung<br />

Helmut Kramer, Tel. +49 (0) 89.13 06 99.270,<br />

helmut.kramer@verlagshaus.de<br />

Anzeigenverkauf<br />

Peter Schachtl (Bergsport),<br />

Tel. +49 (0) 80 64.90 59 75,<br />

medienservice@schachtl.de<br />

Tourismus-Marketing<br />

Angelika Genat, Tel. +49 (0) 89.13 06 99.550<br />

angelika.genat@verlagshaus.de<br />

Anzeigendisposition<br />

Johanna Eppert, Tel. +49 (0) 89.13 06 99.130<br />

johanna.eppert@verlagshaus.de<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 49 vom<br />

1. Januar 2013, www.verlagshaus-media.de<br />

Repro ludwig:media, Zell am See<br />

Druck Stürtz, Würzburg<br />

Verlag Bruckmann Verlag GmbH,<br />

Infanteriestraße 11a, 80797 München<br />

www.bruckmann.de<br />

Geschäftsführer Clemens Schüssler,<br />

Carsten Leininger<br />

Herstellungsleitung: Sandra Kho<br />

Vertrieb Zeitschriften Dr. Regine Hahn<br />

Vertrieb/Auslieferung<br />

Bahnhofsbuchhandel, Zeitschriftenhandel<br />

MZV, Unterschleißheim<br />

Preise Einzelheft ¤ 5,90 (D), ¤ 6,50 (A),<br />

sfr 9,90 (CH), bei Einzelversand zzgl. Versandkosten;<br />

Jahresabonnement (12 Hefte) ¤ 63,72<br />

(D) inkl. Mwst., im Ausland zzgl. Versandkosten.<br />

Für Studenten mit Bescheinigung ¤ 49,56<br />

inkl. Mwst., im Ausland zzgl. Versandkosten<br />

ISSN 1435–8905 • 1681<br />

Erscheinen und Bezug BERGSTEIGER erscheint<br />

monatlich. Erhältlich in Deutschland, Österreich<br />

und in der Schweiz im Bahnhofsbuchhandel,<br />

an gut sortierten Zeitschriftenkiosken, im<br />

Fachhandel sowie direkt beim Verlag.<br />

© 2013 by Bruckmann Verlag GmbH<br />

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge<br />

und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Durch Annahme eines Manuskripts<br />

erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht<br />

zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte<br />

Fotos und Manuskripte wird keine Haftung<br />

übernommen. Gerichtstand ist München.<br />

100%-Gesellschafterin der Bruckmann Verlag<br />

GmbH ist die GeraNova Bruckmann Verlagshaus<br />

GmbH. Geschäftsführender Gesellschafter:<br />

Clemens Schüssler<br />

Verantwort lich für den redak tionellen Inhalt<br />

Michael Ruhland, Infanteriestraße 11a,<br />

80797 München.<br />

Verantwort lich für Anzeigen<br />

Helmut Kramer, Infanteriestraße<br />

11a, 80797 München<br />

112 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


Kletterer am berühmten Gendarm des Wilde-Leck-Ostgrats (IV, Stubaier Alpen, Tirol)<br />

29.5. Christi Himmelfahrt | 8.6. Pfingstsonntag<br />

Ein aussichtsreiches Jahr.<br />

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mai/juni 2014<br />

mo di mi do fr sa so mo di mi do fr sa so<br />

26 27 28 29 30 31 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zweiwöchiges Kalendarium<br />

mit 27 Motiven und den<br />

schönsten Touren auf den<br />

Kalenderblattrückseiten<br />

<strong>Bergsteiger</strong> Kalender 2014<br />

Das gesamte Spektrum des Alpinismus<br />

in einem faszinierenden Kalender mit den<br />

leuchtenden Farben des Sommers und<br />

dem glitzernden Weiß des Winters – wunderschöne,<br />

beeindruckende Aufnahmen<br />

von Bernd Ritschel und Xandi Kreuzeder.<br />

27 Blätter / 25,5 x 36,5 cm<br />

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XXL-Format<br />

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Lassen Sie sich einladen zu einem Ausflug in die gewaltigen Gebirgskulissen<br />

des gesamten Alpenraums. Mit zwölf eindrucksvollen und<br />

großartigen Aufnahmen.<br />

13 Blätter / 60,0 x 48,0 cm<br />

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ISBN 978-3-7654-6502-4 € 29,99<br />

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VORSCHAU<br />

AUF TOUR<br />

Sechs Tage in den Lechtalern<br />

Wer die Lechtaler Alpen durchqueren<br />

will, hat viele Möglichkeiten. Eine der<br />

anspruchsvollsten Skidurchquerungen<br />

führt von Kelmen bis zum Arlberg.<br />

&<br />

REPORTAGE<br />

Alte Vorsätze<br />

fürs neue Jahr<br />

Es gibt Touren, die wollte man<br />

schon immer mal machen. Doch<br />

die Umsetzung hat bisher nie<br />

geklappt. Zwölf Autoren des<br />

BERGSTEIGER stellen ihre Ziele<br />

für das Jahr 2014 vor – und die<br />

Hintergründe des Scheiterns.<br />

REPORTAGE<br />

Kampf gegen die Uhr<br />

Wenn der Ernstfall eintritt, dann zählt<br />

jede Minute. Unser Autor war mit<br />

der Hundestaffel der Lawinenrettung in<br />

Garmisch-Partenkirchen unterwegs.<br />

Berg und Klima: auf den Gipfel des Kilimandscharo<br />

AUF TOUR Berg und Bad: vom Schnee in die Therme<br />

PORTRÄT Berg und Internet: vier Blogger und ihre Passion<br />

SERVICE<br />

Schneeschuhe<br />

im Test<br />

Der nächste <strong>Bergsteiger</strong> ist vom 7. Dezember an am Kiosk erhältlich.<br />

Jetzt schon aufs<br />

Weiterlesen freuen!<br />

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griffige Krallen: Die Hersteller von<br />

Schneeschuhen setzen bei ihren neuen<br />

Modellen vor allem auf Bergtauglichkeit.<br />

Wir haben zwölf Modelle für<br />

Sie getestet.<br />

Lawinenairbags<br />

Die Rucksäcke mit den Luftkissen<br />

sind wohl die wichtigste Entwicklung<br />

in der neueren Sicherheitsausrüstung<br />

– verleihen sie im Fall der Fälle doch<br />

den nötigen Auftrieb. Eine<br />

Vollkaskoversicherung sind<br />

sie trotzdem nicht, denn<br />

der Umgang mit ihnen will<br />

gelernt sein.<br />

Fotos: Andreas Strauß, Thomas Pfeffer, Hersteller, Erich Keppler/pixelio<br />

MITARBEITERIN DES MONATS<br />

↗<br />

AUFSTEIGER DES MONATS<br />

↘<br />

ABSTEIGER DES MONATS<br />

Zurück im Team<br />

und gleich prämiert<br />

Wenn das nicht wahre Liebe ist: Nach<br />

einer zweijährigen Visite in Wien ist Dagmar<br />

Steigenberger, 36, als Redakteurin zum<br />

BERGSTEIGER zurückgekehrt. Sie vertritt Bet -<br />

tina Willmes, die in Kürze Mutter wird. Natürlich<br />

war die Ex-Wahl-Österreicherin<br />

prädestiniert, beim 50. Geburtstag<br />

der Alpinschule Innsbruck<br />

(ASI) vorbeizuschauen –<br />

ihre erste Amtshandlung.<br />

Und die hat sie mit Bravour<br />

bestanden. Das Motto hieß<br />

»Retroalpin«, man sollte in möglichst<br />

alten Bergklamotten erscheinen. Mit Vaters<br />

K-Way aus den 70ern, uralten Gamaschen<br />

und einer Vorkriegsgletscherbrille gewann sie<br />

prompt einen Preis. Was für ein Einstand!<br />

Heinz Zembsch<br />

Sein »erstes Mal« hatte er mit 14, jetzt<br />

wird wieder gefeiert: Zum 400. Mal war der<br />

»Watzmannkönig« im September durch die<br />

höchste Wand der Ostalpen geklettert. Macht<br />

unterm Strich 844 000 Höhenmeter und<br />

2800 Euro für den Schiffstransfer. Sein Tipp<br />

für Novizen: »Mit jemandem gehen, der den<br />

Weg kennt.« Die 500 peilt der 70-Jährige,<br />

dem am Ostwandbiwak eine Holzbank<br />

gewidmet ist, nicht mehr an, denn »mit dem<br />

Rücken geht es langsam bergab«.<br />

Lewis Hamilton<br />

Der Formel-1-Pilot will auf den Mount Everest<br />

(8848 m). Für Hamilton kein abwegiges<br />

Ziel, denn schließlich hat er gerade erst den<br />

höchsten Berg Malaysias, den 4095 Meter<br />

hohen Kinabalu bestiegen. »Ich habe den<br />

20.-höchsten Berg der Welt erklommen«,<br />

brüstete er sich und erklärte, dass er sich<br />

den »ganz großen«, den Mount Everest aber<br />

noch ein wenig aufheben wolle. Ob es die<br />

Höhenluft war, die ihn zu solcherlei Aussagen<br />

befl ügelte? Jedenfalls scheint sie dem<br />

28-Jährigen nicht unbedingt die Sinne ge -<br />

schärft zu haben. Denn<br />

zwischen dem »20.-höchsten<br />

Berg der Welt« und dem<br />

Mount Everest befi nden<br />

sich allein in den Alpen 54<br />

Gipfel, die höher sind als<br />

der Kinabalu.<br />

Fotos: privat; Bilster Berg Drive Resort (re.)<br />

114 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13


<strong>Bergsteiger</strong> sein –<br />

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