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01<br />
Münchner Hausberge: Faszination Winterwandern<br />
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01 / Januar Juli 2014 2013<br />
| Bergwandern | Klettersteige | Alpinismus<br />
Die Redaktion verrät ihre Vorsätze für 2014<br />
<strong>12</strong> <strong>Touren</strong><br />
KILIMANDSCHARO<br />
Entdeckung der Langsamkeit:<br />
Trekking auf<br />
Afrikas höchsten Berg<br />
<strong>zum</strong> <strong>Träumen</strong><br />
PLUS <strong>12</strong> <strong>Touren</strong>karten <strong>zum</strong> Mitnehmen: Bayerische Voralpen • Walliser Alpen • Grajische Alpen<br />
++ Sextener Dolomiten + Biancograt + Hohe Munde +<br />
Mont Blanc + Alpamayo ++<br />
v<br />
IM TEST<br />
Alles über<br />
Schneeschuhe<br />
Lechtaler Alpen<br />
Die Sechs-Tage-Skitour<br />
Peter Schlickenrieder<br />
Ski-Abenteuer<br />
Kaukasus:<br />
Wildnis, Wodka,<br />
Wunderland<br />
AUF TOUR<br />
Berg&Bad<br />
Wie Sie Wintertouren<br />
mit Thermen verbinden<br />
SERVICE<br />
Berg&Schaf<br />
Rückkehr der Wolle: Was Sie<br />
über Merino wissen müssen<br />
INTERVIEW<br />
Berg&Scham<br />
Warum Christian Stangl seine<br />
K2-Gipfellüge schwer bereut
Schnee, Wind<br />
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EDITORIAL<br />
Der neue<br />
Hauser<br />
ist da:<br />
über 40 Jahre<br />
Reiselust und Erfahrung<br />
Alte Vorsätze<br />
und neue<br />
Vorbilder<br />
für 2014<br />
Das Tröstliche am Menschsein ist die Einsicht,<br />
unvollkommen zu sein. Gut, es mag einige Zeitgenossen<br />
geben, die dem widersprechen würden<br />
oder sich, horribile dictu, für ein vollkommenes<br />
Geschöpf halten. Wie langweilig wäre das Dasein,<br />
hätten wir keine Ziele. Wie öde die Aussicht, alles immer richtig zu machen. Wie<br />
enervierend der Gedanke, sich morgens im Spiegel immer glücklich anzugrinsen.<br />
Nein, liebe Leserinnen und Leser, unser Team ist nicht vollkommen. Und es steht<br />
dazu. Was macht der unvollkommene <strong>Bergsteiger</strong> zur Jahreswende? Er nimmt sich<br />
Wunschtouren vor, deren Erfüllung bislang an den Widrigkeiten des Wetters oder<br />
seiner eigenen Unzulänglichkeit gescheitert ist. Zwölf BERGSTEIGER-Autoren haben<br />
Farbe bekannt und schildern in der Titelgeschichte ihr Scheitern (S. 22 – 29).<br />
Gute Vorsätze für zwölf Monate. Grandiose <strong>Touren</strong> für Sie zur Inspiration.<br />
2014<br />
Mit den Vorsätzen ist das ja so eine Sache. Demoskopen haben herausgefunden, dass<br />
die meisten nicht von Erfolg gekrönt sind. Man kann aber etwas dagegen tun. Fassen<br />
Sie ein konkretes Ziel und nehmen Sie sich dafür Zeit. Am besten wählen Sie eines<br />
der Ziele, die wir bislang verfehlt haben. Das steigert den Ehrgeiz! Lassen Sie aber Ihre<br />
Wünsche nicht abheben. Sonst ergeht es Ihnen am Ende wie Christian Stangl, der<br />
sich den Gipfel des K2 erlog und ihn erst Jahre später erklomm (Interview S. 48 – 52).<br />
Es ist eigentlich kein schlechter Weg, sich an Vorbildern zu orientieren.<br />
Als <strong>Bergsteiger</strong> schauen wir gewöhnlich auf die Top-<br />
Alpinisten und wundern uns, wie die es hinkriegen, Wände in<br />
Windeseile zu durchsteigen, für die wir selbst mit Leitern Tage<br />
bräuchten. Was treibt die an? Wir haben versucht, Antworten<br />
zu finden (S. 78 – 81). Wer keinen Bock auf Starkult hat und die<br />
menschlichen Extrembergsteiger für reine Egomanen hält, der sollte sich mal bei den<br />
tierischen Kletterern umsehen. Der Steinbock gehört zu der Spezies, die unsere Bewunderung<br />
verdient. Lesen Sie eine Hommage an das Tier, das selbst nach Abstürzen<br />
noch munter weiterläuft und das sich auch bei Minusgraden paart (S. 100 – 102).<br />
Verwirklichen Sie mit<br />
uns Ihre Traumtour und<br />
Bergvorsätze 2014:<br />
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Kommen Sie gesund ins neue Jahr! Und nehmen Sie sich nicht zu viel vor …<br />
Michael Ruhland, Chefredakteur<br />
WandernTrekkingBergtourenweltweit<br />
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INHALT<br />
22<br />
Gute Vorsätze<br />
Zwölf BERGSTEIGER-Autoren erzählen von<br />
ihren nie begangenen Traumtouren – und<br />
warum sie 2014 auf jeden Fall klappen werden.<br />
106<br />
Auf Afrikas Höchsten<br />
Der Weg auf den vierthöchsten der Seven<br />
Summits führt durch alle Klimazonen<br />
der Erde. Autorin Sandra Zistl war ganz oben.<br />
TITELTHEMA<br />
22 Die Unvollendeten<br />
Monat für Monat eine Tour <strong>zum</strong> <strong>Träumen</strong>:<br />
Zwölf Autoren erzählen, welche <strong>Touren</strong> sie<br />
bisher nur im Kopf geschafft haben.<br />
AKTUELL<br />
14 Neues aus der Welt der Berge<br />
14 DREIERPACK Barbara Zangerl vollendet<br />
als erste Frau die »Alpentrilogie«<br />
18 KATALOGWARE Der DAV Summit Club<br />
nimmt den Mount Everest ins Programm<br />
20 MEDIEN Aktuelle Bücher, Apps und<br />
Webseiten <strong>zum</strong> Thema Berg<br />
REPORTAGE<br />
36 Auf Schnupper-Kurs<br />
Lawinenhunde funktionieren mindestens so<br />
gut wie moderne Piepser. Unser Autor Janek<br />
Schmidt hat die Fährte aufgenommen.<br />
104 Wildnis, Wodka, Wunderland<br />
Vor den Winterspielen in Sotschi durchquerte<br />
Peter Schlickenrieder den Kaukasus auf Ski.<br />
Im Gespräch schildert er seine Eindrücke.
TOURENKARTEN ZUM MITNEHMEN<br />
<strong>12</strong> <strong>Touren</strong> für das neue Bergjahr<br />
Lechtaler Alpen Skidurchquerung ................... 55<br />
Jochberg ............................................................................................ 55<br />
Staffelsee .......................................................................................... 55<br />
Sonntagshorn ............................................................................. 57<br />
Hochkönig ..................................................................................... 57<br />
Große Reib‘n Berchtesgaden, Tag 1 .................. 57<br />
Große Reib‘n Berchtesgaden, Tag 2 .................59<br />
Dufourspitze, »Marinellicouloir« ........................59<br />
Uia di Mondrone .....................................................................59<br />
Aletschhorn, »Südwestrippe« ...................................61<br />
Hohe Munde .................................................................................61<br />
Von der Wurzer- zur Bärenalm. ..............................61<br />
30<br />
Lang, steil, verlassen<br />
Wer die Lechtaler Alpen auf Skiern durchquert,<br />
wird für die großen Mühen belohnt.<br />
90<br />
Großer Auftritt<br />
Auf Yetis Spuren: Die<br />
neuesten Schneeschuhmodelle<br />
im großen<br />
BERGSTEIGER-Test<br />
78<br />
Egotrip<br />
Was Extrembergsteiger<br />
zu ihren Taten motiviert<br />
64<br />
Berg-Bäder<br />
Zuerst auf Tour,<br />
dann in die Therme<br />
Cover: Robert Bösch, am Gipfelgrat des Piz Roseg, Bernina-Gruppe; weitere Fotos: Silvia Vidal, S. Zistl, M. Birck, D. Elsner, picture alliance, Heinz Zak, MSR<br />
106 Die Entdeckung der Langsamkeit<br />
Auf den Kilimandscharo gelangt man<br />
am besten nach Landesart: Gemächlich,<br />
ausgeglichen, im Zweifelsfall singend.<br />
AUF TOUR<br />
30 Extrem einsam<br />
Auf der winterlichen Durchquerung der<br />
Lechtaler Alpen sammelt man mächtig Höhenmeter<br />
– und Erfahrungen fürs Leben.<br />
44 Bindungslos<br />
Im Alpenvorland liegen traum hafte <strong>Touren</strong><br />
für Winterwanderer – ganz ohne Ski.<br />
64 Voll Dampf<br />
Nach der Tour ins warme Becken: In Bayern<br />
lassen sich Bad und Berge verbinden.<br />
70 Serie: Geheimnisvolle Alpen<br />
Auf zu den »Durchkriechsteinen«: keltische<br />
Kraftorte in Schleching und am Wolfgangsee<br />
Familien-TIPP<br />
74 Auf den Spuren der Profis<br />
Beim Skitouren-Festival in Berchtesgaden<br />
lernen Einsteiger die Basics, während<br />
Ambitionierte erste Rennluft schnuppern.<br />
SERVICE<br />
84 Serie: Stille Helfer<br />
Im Auftrieb: Die lange belächelten Lawinen-<br />
Airbags haben sich am Markt durchgesetzt.<br />
88 Die Zauberwolle<br />
Zurück zur Natur: Die Merinofaser ist der<br />
große Trend bei der Bergbekleidung.<br />
90 Großspurig<br />
Raus aus dem Schatten der <strong>Touren</strong>ski:<br />
Welche Schneeschuh-Modelle es gibt und<br />
was man beim Kauf beachten muss.<br />
ALPINISMUS<br />
78 Egotrip<br />
Warum machen die sowas? Unsere Autorin<br />
Heidi Schmidt forschte beim IMS in Brixen<br />
nach den Motiven der Extrembergsteiger.<br />
PORTRÄT<br />
100 Der Gehörnte<br />
Er wurde gejagt wie kein anderer: ein<br />
Porträt über den besten (und begehrtesten)<br />
<strong>Bergsteiger</strong> der Welt – den Steinbock<br />
48 Das große<br />
BERGSTEIGER-<br />
Interview<br />
Die »Gipfellüge« hat<br />
seinen Ruf ruiniert.<br />
Im Interview spricht<br />
Christian<br />
Stangl über<br />
Glaubwürdigkeit,<br />
Existenzängste<br />
und<br />
seinen Weg<br />
aus der Krise.<br />
RUBRIKEN<br />
Editorial 5<br />
Bildstrecke 8<br />
TV-Programm 21<br />
Bergpredigt 53<br />
Event IMS 82<br />
Härtetest 97<br />
Briefe/Impressum 113<br />
<strong>Vorschau</strong> 114<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 7
BERG-BILDER<br />
Im Wandel<br />
Die Panoramen-Fotografie zaubert Effekte in<br />
die Zweidimensionalität, die das menschliche Auge<br />
auf einen Blick überhaupt nicht zu erfassen vermag.<br />
Beim Betrachten entsteht der Eindruck,<br />
als würde aus dem Statischen etwas Fließendes.<br />
Drei Zinnen (oben) und Aletschgletscher (unten)<br />
Fotos: Roland Hoffmann (oben), Sebastian Becher (unten)<br />
8 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Von einem Berggipfel aus erscheint die Linie<br />
zwischen Himmel und Erde in der Wirklichkeit<br />
schon fast unendlich. Auf einem Panoramabild<br />
aber bekommt der Horizont noch eine ganz<br />
andere Dimension – eine schier überirdische.<br />
Breitenberg, Allgäuer Alpen (oben); Gailtaler Alpen (unten)<br />
Hinterm Horizont<br />
10 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Thomas Worbs (oben), Anton Theurezbacher (unten)
Von Zeit zu Zeit<br />
Spannung wird in einem Foto erzeugt, wenn<br />
es optische Brüche und Punkte aufweist, an<br />
denen das Auge hängenbleiben kann. Steile oder<br />
felsige Gipfel und Flanken sind echte Hingucker,<br />
noch dazu, wenn sich viele aneinander reihen.<br />
Kastenkopf, Allgäuer Alpen (oben) und Glocknergruppe (unten)<br />
<strong>12</strong> <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Immanuel Rapp (oben), Roland Hoffmann (unten)<br />
Rundumsicht<br />
Die besten Panoramen aus der virtuellen<br />
Kollektion von www.mountainpanoramas.com<br />
gibt es jetzt als großformatigen<br />
Kalender für das Jahr 2014.<br />
Mit ein paar Klicks an Tastatur und Maus steht<br />
man auf einem Gipfel nach Wahl, kann sich<br />
frei in der virtuellen Bergwelt bewegen,<br />
schaut in die gewählte Himmelsrichtung<br />
und lässt das Panorama an sich vorüber ziehen:<br />
mal weiter, mal näher, je nach Zoom-<br />
Funktion. Wer will, kann durch Einblenden<br />
der Beschriftungen auch noch die Gipfel mit<br />
Namen bestimmen. Über 700 Panoramen<br />
aus den Alpen, den Karpaten, dem Himalaya,<br />
aus Afrika sowie Nord- und Südamerika<br />
lassen sich so auf der Plattform »Mountainpanoramas«<br />
abrufen. Wer’s aber lieber traditionell<br />
mag, kauft sich den Kalender (»Gipfelpanoramen<br />
2014«, Bruckmann Verlag, 34,99<br />
Euro) im Format 60 x 30 cm und hängt ihn<br />
über dem Computer an die Wand. –pgk–
<strong>Bergsteiger</strong><br />
01/14 AKTUELL<br />
Mit »Des Kaisers neue<br />
Kleider« vollendete Barbara<br />
Zangerl die »Alpen-Trilogie«<br />
Fotos: Vanessa Duldner, Klaus dell Orto/Adidas (oben)<br />
Zitat des Monats<br />
»Ich habe aufgehört<br />
zu grübeln, warum<br />
ich in die Berge gehe.<br />
Es geht nur noch um<br />
das Wie. Die schönsten<br />
<strong>Touren</strong> sind<br />
die mit den meisten<br />
Fragezeichen.«<br />
Hans-Peter Eisendle, Jahrgang 1956,<br />
Bergführer seit 33 Jahren.<br />
Alpintag in München<br />
HÖREN, STAUNEN, TESTEN: MUNICH<br />
MOUNTAINS MIT BESUCHERREKORD<br />
Normalerweise sitzt Charly Gabl im<br />
Büro vor seinem Rechner, das Telefon am<br />
Ohr. An der anderen Leitung sind oft die<br />
besten Alpinisten der Welt. Sie wagen den<br />
Gipfelsturm erst, wenn Charly sein »Go«<br />
gibt. Beim Alpintag 2013 in der BMW Welt<br />
konnten die Besucher Gabl live erleben.<br />
Er gab einen Einblick in die Wetterkunde.<br />
Am BERGSTEIGER-Stand signierte Gabl<br />
sein druckfrisches Buch »Bergwetter« (im<br />
Bild mit Chefredakteur Michael Ruhland).<br />
Der Alpintag, organisiert von den DAV-<br />
Sektionen München<br />
und Oberland, Summit<br />
Club und Bruckmann<br />
Verlag, fand <strong>zum</strong> vierten<br />
Mal statt und stellte<br />
mit 17 000 Besuchern<br />
einen Rekord auf. Tipps<br />
von Experten, Reiseberichte,<br />
Workshops<br />
– wer sich inspiriert<br />
fühlte, konnte einige<br />
Sportarten gleich selbst<br />
ausprobieren. –mr–<br />
Kaiserin am Fels<br />
BARBARA ZANGERL KLETTERT ALS ERSTE FRAU DIE »ALPEN-TRILOGIE«<br />
»Silbergeier« an der vierten Kirchlispitze im Rätikon, »End of Silence«<br />
am Feuerhorn in den Berchtesgadener Alpen und »Des Kaisers neue Kleider« am<br />
Fleischbankpfeiler im Wilden Kaiser: Jene drei alpinen Routen im oberen zehnten<br />
Schwierigkeitsgrad, 1994 von namhaften Kletterern wie Beat Kammerlander,<br />
Thomas Huber und Stefan Glowacz erstbegangen, hat nun erstmals auch eine Frau<br />
durchstiegen. Die Tirolerin Barbara Zangerl vollendete die Routen, die unter dem<br />
Namen »Alpen-Trilogie« zusammengefasst sind, mit »Des Kaisers neue Kleider«.<br />
Schon 2011 hatte Zangerl gemeinsam mit Nina Caprez versucht, die Route<br />
»Silbergeier« (6 SL, 8b+) zu durchsteigen. Die Österreicherin musste jedoch verletzungsbedingt<br />
aufgeben und die erste Frauen-Begehung ihrer Kollegin Caprez<br />
überlassen. »Ich war zu diesem Zeitpunkt so motiviert und extrem inspiriert<br />
von Ninas Begehung, dass ich schon im Folgejahr nach einer ähnlichen Herausforderung<br />
suchte«, sagt Zangerl. Sie fand sie mit »End of Silence« (11 SL, 8b+),<br />
die sie im August vergangenen Jahres kletterte. Erst nachdem die 25-Jährige Ende<br />
Juli 2013 auch die Route »Silbergeier« geschafft hatte, setzte sie sich die »Alpen-<br />
Trilogie« <strong>zum</strong> Ziel – und verwirklichte sie schließlich Ende September, als sie<br />
gemeinsam mit Jacopo Larcher »Des Kaisers neue Kleider« (9 SL, 8b+) durchstieg.<br />
Derjenige, der die »Alpen-Trilogie« als erster vollendete, war übrigens Stefan<br />
Glowacz im Jahr 2001, gefolgt von Harry Berger vier Jahre später. –dst–<br />
Gegen Olympia und für neue Struktur<br />
JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG DES DEUTSCHEN ALPENVEREINS<br />
Als einziges Mitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes stimmte<br />
der DAV auf seiner Jahreshauptversammlung im November gegen eine Olympiabewerbung.<br />
Die Stimmung war im Vorfeld allerdings deutlich gespaltener, als<br />
die 70 Prozent Gegenstimmen nahelegen. Den Pro-Antrag des Präsidiums konterte<br />
die Sektion Oberland mit einem Gegenantrag, der scheidende Bundesjugendleiter<br />
Michael Knoll bekam für seinen Appell gegen Olympia großen Applaus. Nicht<br />
weniger wichtig war die Abstimmung zur Strukturreform des Vereins, der seit<br />
Juli 2013 mehr als eine Million Mitglieder zählt. Das Präsidium wird vergrößert,<br />
der Verbandsrat (als Vertreter der Sektionen) verkleinert und auf beratende Funktion<br />
beschränkt. Nicht alle Sektionen begrüßten die Machtverschiebung von<br />
der Basis hin zur Geschäftsstelle. Auf Antrag der Sektion Bayerland wurde die<br />
Kommission »Klettern und Naturschutz« in der neuen Struktur verankert. –te–<br />
14 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fünf Fragen an …<br />
Bürgermeister Peter Janssen<br />
hat das Internationale<br />
Bergfilm-Festival Tegernsee<br />
im Jahr 2002 mit ins Leben<br />
gerufen und leitet seither das<br />
Organisationsteam.<br />
Foto: privat<br />
Tegernsees Filmfest-Chef<br />
Herr Janssen, nach elf Jahren an der Spitze des Bergfilm-<br />
Festivals geben Sie im Frühjahr diese Aufgabe mit Ihrem<br />
Bürgermeisteramt ab. Kommt Wehmut auf?<br />
Nein. Das Festival ist so gut verwurzelt im Ort und auch in der<br />
<strong>Bergsteiger</strong>- und Filmerszene, dass ich sicher bin, dass es dauerhaft<br />
Bestand hat und weiterwachsen wird.<br />
Sie haben das Filmfestival 2002 mit ins Leben gerufen.<br />
Wie war die Ausgangslage?<br />
Die Initiative ging vom Bergfi lm-Pionier Otto Guggenbichler aus, der<br />
in Tegernsee lebte. Er hat mich mit diesem Virus infi ziert. Das war<br />
etwas, das es in Deutschland noch nie gegeben hat. Ich habe darin<br />
die Chance gesehen, einen modernen Veranstaltungstyp in das zwar<br />
reichhaltige, aber doch sehr traditionelle Kulturleben in Tegernsee<br />
zu holen. Die Festivals in Trient oder Graz hatten den Rückhalt großer<br />
Städte. Für einen Ort mit 4000 Einwohnern war es natürlich ein<br />
Wagnis, sich auf internationales Parkett zu begeben. Aber wir hatten<br />
gleich zu Beginn eine breite Basis von Unterstützern – den DAV-<br />
Hauptverband, den Bayerischen Rundfunk, die Tourismusgesellschaft<br />
sowie die Ehrenamtlichen von DAV-Sektion und Videoclub.<br />
Wie hat sich die Veranstaltung im Laufe der Jahre entwickelt?<br />
Es war, wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft und sich die<br />
Ringe ausbreiten. Anfangs wurden etwa 80 Filme eingereicht, jetzt<br />
sind es doppelt so viele. Wir fi ngen mit 2000 Zuschauern und<br />
drei Sälen an, jetzt sind wir bei 6000 Zuschauern und sechs Sälen.<br />
Was ist das Besondere an Ihrem Festival?<br />
Der Reiz liegt gerade darin, dass Tegernsee eine kleine Stadt ist.<br />
Alles ist fußläufi g zu erreichen. Besucher und Filmer kommen<br />
ständig miteinander in Kontakt. Die Leidenschaft für Berge ist in der<br />
Region sehr verbreitet, der Bergfi lm nichts Aufgesetztes. Tegernsee<br />
liegt in den Bergen und das Festival fi ndet im Oktober statt, also zu<br />
einer guten Wanderzeit. Auch viele auswärtige Besucher haben<br />
es inzwischen in ihr jährliches Urlaubsprogramm aufgenommen.<br />
Welchen Tipp haben Sie für Ihren Nachfolger?<br />
Ich kann ihm nur sehr ans Herz legen, dieses Festival hoch zu halten.<br />
Es gehört zu den Diamanten unseres Kulturlebens. Ich werde gerne<br />
auch weiterhin mithelfen. Konkrete Pläne dazu gibt es aber noch nicht.<br />
Interview: Diana Gäntzle
<strong>Bergsteiger</strong><br />
<strong>12</strong>/11 01/14 AKTUELL<br />
Berg-Splitter<br />
Foto: Mick Fowler<br />
IMS gewinnt Südtirol Award<br />
Das Bergfestival International Mountain<br />
Summit (IMS) in Brixen hat den Südtirol Award<br />
in der Kategorie Marketing erhalten. Damit<br />
werde »eine Idee und deren professionelle<br />
Umsetzung ausgezeichnet, die dabei helfe, das<br />
Land Südtirol als Bergland weltweit zu vermarkten«,<br />
hieß es zur Begründung. Ende Oktober<br />
trafen sich Bergbegeisterte aus aller Welt wieder<br />
in Brixen zu Diskussionen, Vorträgen, Filmvorführungen<br />
und natürlich <strong>zum</strong> Wandern. –dg–<br />
Neue <strong>Touren</strong> von Top Mountain Tours<br />
Beim »Tag des Berges« am 27. Oktober<br />
präsentierte der Bergreisen-Veranstalter Top<br />
Mountain Tours neben Diavorträgen von<br />
Transalp-Erfi nder Andi Heckmair, von Gerlinde<br />
Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits auch seinen<br />
Katalog für 2014: mehr als 100 Bergreisen<br />
in den Alpen und weltweit, darunter auch der<br />
Kora-Trek am Kailash in dem für Buddhisten<br />
besonderen »Jahr des Pferdes«. –dst–<br />
Makroregionale Alpenstrategie<br />
Alpenstaaten und Regionen haben am<br />
18. Oktober eine politische Resolution für eine<br />
makroregionale Alpenstrategie unterzeichnet.<br />
NGO waren dazu nicht eingeladen. Bei der<br />
Entwicklung der eigentlichen Strategie will die<br />
EU dann aber auch die Zivilgesellschaft<br />
miteinbeziehen. Am 19. Dezember entscheidet<br />
der Europäische Rat, ob es eine makroregionale<br />
Alpenstrategie geben soll. –dst–<br />
Erstbegehung in Indien<br />
Der zweifache Piolet d‘Or-Gewinner Mick<br />
Fowler und Paul Ramsden haben den Kishtwar<br />
Kailash (6451 m) erstbestiegen. 20 Jahre lang<br />
war das Tal gesperrt gewesen. Ende September<br />
beschloss Indiens Tourismusministerium zudem,<br />
für die nächsten 777 Tage die Gipfelgebühren<br />
im indischen Himalaya zu halbieren. –te–<br />
Viertes Biwak am Kishtwar Kailash<br />
Foto: Florian Kinast<br />
Foto: Alpinmesse Innsbruck<br />
Drei und drei<br />
JUBILÄUMSFEIERLICHKEITEN AN DEN DREI ZINNEN<br />
Die drei Winter-<br />
Erstbegeher der<br />
Großen Zinne<br />
Drei Zinnen, drei Jubiläen, drei Gesichter – das Hochpustertal feierte im Herbst<br />
<strong>Bergsteiger</strong>-Pioniere, die am berühmtesten Felsmassiv der Dolomiten Geschichte<br />
schrieben: Hans Dülfer durchstieg vor 100 Jahren als Erster die Westwand der Großen<br />
Zinne, Emilio Comici glückte vor 80 Jahren die Route über die Nordwand und<br />
die drei Sachsen Reiner Kauschke, Peter Siegert und Gerd Uhner hingen im Januar<br />
1963 bei Eis und Schnee 17 Tage in der Nordwand, bis ihnen bei Temperaturen von<br />
bis zu minus 30 Grad die heute noch legendäre Winter-Erstbegehung der Großen<br />
Zinne gelang. Eine Sternstunde des Alpinismus. Zum Festwochenende kamen die<br />
drei <strong>Bergsteiger</strong> noch einmal am Fuß der Zinnen zusammen und wurden für ihre<br />
waghalsige Expedition geehrt. Auf die Frage nach den Motiven und Beweggründen<br />
dieses tollkühnen Abenteuers meinte Gerd Uhner nur: »Ein Privileg der Jugend ist<br />
es, verrückt zu sein. Wir waren jung – und verrückt.« –f k–<br />
Berg-Fundstück<br />
WENN ALTE STRICKE REISSEN<br />
Die Liebe <strong>zum</strong> alten Kletterseil<br />
ist zu groß, um es wegzuwerfen?<br />
Unter dem Label »Felsliebe« macht Desig nerin<br />
Julia Wibbing daraus Geldbeutel und Taschen aller Art.<br />
Felsliebe, Julia Wibbing, Tel. 01 57/74 46 14 29, www.felsliebe.de, Geldbeutel ab 29,90 €<br />
Innsbrucker Highlights mit Hill und Ondra<br />
VORTRÄGE, BOULDERWETTKAMPF, WORKSHOPS UND ALPINFORUM<br />
Mit 10 000 Besuchern war die Alpinmesse für die Veranstalter ein voller Erfolg.<br />
Mehr als <strong>12</strong>0 Aussteller zeigten neue Trends auf dem Ausrüstungssektor, Reiseveranstalter<br />
präsentierten ihre Programme. Highlights der Messe waren Multivisionsvorträge<br />
von Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits sowie von der Kletterlegende<br />
Lynn Hill und vom jungen Kletterstar<br />
Adam Ondra. Letzterer, dem das Publikum<br />
mit minutenlangem Beifall für seinen Vortrag<br />
dankte, nahm dann (außer Konkurrenz)<br />
an den Österreichischen Staatsmeisterschaften<br />
im Bouldern teil und verwies den<br />
fünffachen Weltcup-Sieger Kilian Fischhuber<br />
und den Weltcup-Gewinner von 2011, Jakob<br />
Schubert, auf die Plätze zwei und drei. –pgk–<br />
16 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Foto: David Göttler/The North Face<br />
Mit David Göttler auf Expedition<br />
GEWINNEN SIE EIN WINTERCAMP MIT DEM EXTREMBERGSTEIGER<br />
Im Licht der Stirnlampen steigt der Dampf des heißen Tees an die Zeltdecke.<br />
Draußen funkeln Milliarden von Sternen am Himmel – kein künstliches<br />
Licht trübt ihren Glanz. Inmitten von Felsen und Gletschern bleibt<br />
das stille Schauspiel ohne Publikum. Fast. David Göttler hat diese Szene<br />
schon oft miterlebt. Der Extrembergsteiger aus München stand bereits auf<br />
den Gipfeln von Gasherbrum II, Broad Peak, Dhaulagiri, Lhotse und Makalu.<br />
Von diesen und anderen<br />
Extrem-Erfahrungen wird<br />
der Athlet künftig in einer<br />
regelmäßigen Kolumne<br />
im BERGSTEIGER berichten.<br />
Als Leser haben Sie außerdem<br />
die Chance, David Göttler<br />
auf einer Expedition zu<br />
begleiten. Am Wochenende<br />
von 21. bis 23. März geht<br />
es dazu voraussichtlich in<br />
die Region rund um den<br />
Göttler mit Gerlinde Kaltenbrunner am Nuptse Mont Blanc. Sämtliche Hard -<br />
ware wird für die Dauer<br />
der Expedition zur Verfügung gestellt. Der Bergsport-Ausrüster The North Face<br />
stattet das zweiköpfige Gewinner-Team mit Zelt, Schlafsäcken und Bekleidung<br />
aus; letztere dürfen die Gewinner behalten.<br />
–dst–<br />
Mitmachen<br />
und<br />
gewinnen!<br />
Bewerben Sie sich bis 28. Februar als Zweier-Seilschaft mit den bisherigen<br />
Höhepunkten aus Ihrem <strong>Touren</strong>buch und einer originellen Begründung, warum<br />
gerade Sie der ideale Expeditionspartner für David Göttler sind: redaktion@<br />
bergsteiger.de oder an Redaktion <strong>Bergsteiger</strong>, Infanteriestr. 11a, 80797 München.<br />
Foto: Tita Lang/Ramsau am Dachstein<br />
Spielerischer Loipenspaß<br />
ERSTER KINDERLANGLAUFPARK<br />
IN ÖSTERREICH<br />
Kinder können mit Bewegungsspielen<br />
fürs Langlaufen motiviert werden. Die Sportund<br />
Freizeitregion Ramsau am Dachstein<br />
hat im WM-Langlaufstadion deshalb einen<br />
speziellen Kinderlanglaufparcours eingerichtet.<br />
Er wurde von Maria Theurl-Walcher,<br />
Trainerin in der Nachwuchsschmiede Ski-<br />
Akademie Schladming, mitgestaltet. Ein großer<br />
Schneehügel mit Toren, Schanzen und<br />
Hindernissen sorgt für Spaß bei Aufstieg und<br />
Abfahrt; im weiten Feld neben den Parallelspuren<br />
können Ball-, Staffel- und Laufspiele<br />
ausgetragen werden. Der Langlaufparcours<br />
kann kostenlos auf eigene Faust erkundet<br />
werden und wird auch bei den Kinderlanglaufkursen<br />
immer mit genutzt. –pgk–<br />
Weitere Informationen unter www.ramsau.com/<br />
familienurlaub/kinderlanglauf<br />
+++ OUTDOOR-NEWS +++<br />
+++ Ortlieb ist ab sofort<br />
offizieller Ausrüster<br />
des DAV Summit Club.<br />
Der Hersteller von wasserdichtem<br />
Outdoor Equipment stattet die<br />
Berg- und Bikeführer der <strong>Bergsteiger</strong>schule<br />
des Deutschen Alpenvereins<br />
mit Radtaschen, Rucksäcken,<br />
Packsäcken und anderen wasserdichten<br />
Transport-Utensilien aus. +++<br />
+++ Beim jungen Label Kopfarbeit<br />
kann man sich seine Mütze nach<br />
eigenen Vorstellungen in Österreich<br />
häkeln lassen. Der Active Minus<br />
Beanie ist mit winddichtem<br />
Futter aus Merino Tecnowool<br />
ausgestattet. Wer lieber einen<br />
kühlen Kopf behält, wählt<br />
den Active Plus Beanie aus<br />
technischen Fasern. +++<br />
+++ Schöffel hat <strong>zum</strong> Winter<br />
ein neues Fliegengewicht<br />
in Sachen Wattierung auf den Markt gebracht.<br />
Ventloft zeichnet sich dank dreidimensionaler<br />
Hohlfasern durch hohe<br />
Wärmeleistung, äußerst gute Atmungsaktivität<br />
und geringstes Gewicht aus.<br />
Das exklusive Material kommt in Mänteln,<br />
Jacken, Hoodies und Wendewesten für<br />
Wintersportler <strong>zum</strong> Einsatz. +++<br />
+++ Sicherheit und Spaß auf<br />
Schneeschuhtour stehen gleichermaßen<br />
im Zentrum des VAUDE Schneeschuhcamps<br />
in Oberstaufen, das von<br />
14. bis 16. Februar auf der Alpe Hörmoos<br />
im Naturpark Nagelfl uhkette stattfi ndet.<br />
Das Programm beinhaltet neben LVS-<br />
Training auch einen Hundeschlitten-<br />
Schnupperkurs und die Möglichkeit, im<br />
selbst gebauten Iglu zu übernachten. +++<br />
+++ Die neuen<br />
Icebreaker-Modelle<br />
vereinen den Tragekomfort<br />
von Merinowolle mit winddichten<br />
und wasserabweisenden<br />
Eigenschaften. Neben Softshells<br />
mit Merinowolle auf der Innenseite<br />
gibt es auch Hybrid-Konstruktionen mit<br />
partieller Softshell-Ausstattung; auf<br />
der restlichen Fläche haften winzige,<br />
schmutz- und wasserabweisende Nanopartikel<br />
an den Merinofasern. +++<br />
+++ Der italienische Hersteller<br />
La Sportiva ist Hauptsponsor<br />
des neu gegründeten Skitouren-Rennteams<br />
»La Sportiva Mountain Attack<br />
Team«, das sowohl aus Profi s wie auch<br />
aus Amateuren besteht und erstmals<br />
auf der Mountain Attack am 17. Januar<br />
ins Rennen geschickt wird. +++<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 17
<strong>Bergsteiger</strong><br />
<strong>12</strong>/11 01/14 AKTUELL<br />
Everest im Katalog<br />
DAV SUMMIT CLUB BIETET AB 2015 GEFÜHRTE TOUREN ZU DEN SEVEN<br />
SUMMITS, DARUNTER AUCH ZUM HÖCHSTEN BERG DER ERDE AN<br />
Staufalle Everest:<br />
<strong>Bergsteiger</strong> unterwegs<br />
<strong>zum</strong> Südcol<br />
Wer durch den neuen Katalog »Bergreisen weltweit 2014« des DAV Summit<br />
Club blätterte, blieb bei einer Zahl womöglich hängen: 38 490. Sie beziffert den<br />
Mindestbetrag (in Euro), für den sich ab 2015 bis zu sechs <strong>Bergsteiger</strong> beim Unternehmen<br />
»Everest von Norden« unter der Leitung von Rupert Hauer einkaufen<br />
können. Während der Summit Club damit preislich im Bereich anderer Anbieter<br />
liegt, gibt es auch Unterschiede: Voraussetzung für die Teilnahme ist, bereits<br />
einen Siebentausender oder leichten Achttausender bestiegen zu haben.<br />
Der Everest (8848 m) wird von allen Achttausendern bei weitem am häufigsten<br />
bestiegen. Am bisherigen Rekordtag, dem 19. Mai 20<strong>12</strong>, erreichten 214 <strong>Bergsteiger</strong><br />
den höchsten Punkt der Erde. Insgesamt verzeichnet die Statistik mehr als<br />
6000 Besteigungen, davon aber nur circa 150 ohne zusätzlichen Sauerstoff. Seit<br />
Jahren steigt die Nachfrage nach geführten <strong>Touren</strong> – aber auch die Kritik daran<br />
– stetig an. Mit dem Thema befasst sich auch die »Bergpredigt« auf Seite 53. –te–<br />
Foto: Ralf Dujmovits<br />
Geführte <strong>Touren</strong> auf den höchsten Berg der Welt – ja oder nein?<br />
Der DAV Summit Club hat den Everest in seinen Katalog aufgenommen – und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Braucht es noch mehr<br />
Kommerz am höchsten Achttausender, noch dazu von der Tochter des Deutschen Alpenvereins, die den »sanften Tourismus« fördern will?<br />
Pro & Contra<br />
Ingo Nicolay,<br />
Geschäftsführer des DAV Summit Club<br />
»Wir bieten keinen Abschleppdienst«<br />
Wie so oft wird gerne »über«, aber nicht »mit« gesprochen.<br />
Eine Zahl wird katapultiert, man zitiert und vermeidet<br />
direkte Informationen. Das ist Stimmungsmache und nicht für eine sub stan -<br />
tielle Diskussion geeignet. Das Programm des DAV Summit Club der »Seven<br />
Summits« wird still übergangen, das Expeditionskonzept »Von 0 auf 8000«,<br />
das den motivierten Höhenbergsteiger ebenso stringent wie auch mit<br />
Qualität und Sicherheit auf ein Ziel vorbereiten soll, vergessen. Doch was<br />
unterscheidet die Diskussion um den höchsten Berg der Welt von der um<br />
Cho Oyu oder gar Mont Blanc? Die Diskussion um Sinn und Nachhaltigkeit<br />
am Beispiel Everest müsste, will man sich der scheinen Heiligkeit entziehen,<br />
auf ganz anderer Ebene geführt werden. Dass der höchste Berg der Welt<br />
für den DAV Summit Club als größte <strong>Bergsteiger</strong>schule weltweit ein heikles<br />
Thema und der Everest für die Tochter des Alpenvereins eine nicht konfl iktfreie<br />
Destination ist, versteht sich. Das ist am Everest aber nicht viel anders<br />
als an anderen Achttausendern. Zukunftsfähiges Bergsteigen und nachhaltige<br />
Bergreisen müssen zeitnah überdacht werden. Der höchste Berg der<br />
Welt für den Rest der Alpingeschichte ein Tabu? Das kann nicht sein.<br />
Interessant, dass Kritik gerade von alpinen Profi s kommt, die von den Bergen<br />
leben. Vielleicht ist es an der Zeit, statt in Klischees zu denken, nach vorne<br />
zu blicken. Wir bieten keinen Abschleppdienst durch Sherpas, sondern<br />
organisieren für selbständige und eigenverantwortliche Alpinisten. Dafür<br />
stehen unsere Auswahl der Teilnehmer und die vorherige Ausbildung.<br />
Vielleicht hätte es auch gut getan nachzufragen, wer diese Expedition leiten<br />
wird, denn dann hätten sich viele Kommentare in beschämter Luft aufgelöst.<br />
Ralf Dujmovits, einziger deutscher Alpinist,<br />
der alle 14 Achttausender bestiegen hat<br />
»Aus der Vergangenheit nichts gelernt«<br />
Auch ich habe zweimal kommerzielle Expedi tionen auf<br />
den Everest organisiert. Aber seit dem Drama von 1996,<br />
als acht Menschen innerhalb von zwei Tagen am Berg umkamen, habe<br />
ich beschlossen, nie wieder mit Kunden dorthin zu gehen. Die Gründe sind<br />
relativ einfach: Niemand kann die von den Kunden erwartete Sicherheit<br />
auch nur ansatzweise garantieren. Sowohl wir Bergführer als auch die<br />
Sherpas arbeiten dort oben am Limit. Niemand kann garantieren, dass die<br />
zugesagte Sauerstoff-Ausrüstung <strong>zum</strong> richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort<br />
ist und auch noch fehlerfrei funktioniert. Vor allem aber herrschen an den<br />
wenigen Tagen mit echten Gipfelchancen chaotische Zustände, gegen die<br />
man auch mit bester Vorbereitung macht los ist: Die Menschenmassen<br />
produzieren massive Staus im Gipfelbereich. Bei drei Stunden Wartezeit am<br />
Hillary Step oder am Second Step geht vielen der Flaschensauerstoff aus –<br />
sie sitzen in der Falle. Im Jahr 20<strong>12</strong> kamen sechs von zehn toten <strong>Bergsteiger</strong>n<br />
deshalb ums Leben. Dazu die Schlägerei zwischen Ueli Steck, Simone<br />
Moro und den Sherpas, die immer bizarreren Rekordversuche, der Diebstahl<br />
von Sauerstofffl aschen in den Hochlagern… All das zeigt: Am Everest<br />
braucht es nicht noch mehr Kommerz, sondern <strong>Bergsteiger</strong>, die versuchen,<br />
es aus eigener Kraft auf den Gipfel zu schaffen. Solange aber mit<br />
Everest-Besteigungen richtig dick Geld verdient werden kann, wird sich daran<br />
nichts ändern. Wenn nun ein Mann wie Ingo Nicolay aus den Ereignissen von<br />
1996 und 20<strong>12</strong> nichts gelernt hat, dann gehört er nicht an die Spitze der<br />
<strong>Bergsteiger</strong>schule des DAV. Man muss nicht alles anbieten, was machbar ist<br />
und Profi t bringt. Das gleiche gilt übrigens auch für andere Achttausender.<br />
Fotos: privat (links), Uli Ertle (rechts)<br />
18 <strong>Bergsteiger</strong> 01 ⁄14
Umwelt und Nachhaltigkeit<br />
Skifahren trotz<br />
Schneemangel?<br />
Am Brauneck<br />
entstand dafür ein<br />
Speicherteich.<br />
Foto: DAV/Franz Speer<br />
»Energiewende braucht Kulturwende«<br />
PODIUMSDISKUSSION ZUR ERÖFFNUNG DER REIHE »ALPEN UNTER DRUCK«<br />
Adolf Groß war der Star des Abends bei der Podiumsdiskussion zur Energiewende,<br />
mit welcher der Deutsche Alpenverein (DAV) am 13. November seine Veranstaltungsreihe<br />
»Alpen unter Druck« eröffnete. Der Energiebeauftragte des Landes Vorarlberg stimmte<br />
nicht nur die Vertreter der Umweltschutzorganisationen CIPRA, Verein <strong>zum</strong> Schutz der<br />
Bergwelt und DAV positiv, als er vom einstimmigen Beschluss des Landtags erzählte,<br />
bis 2050 energie-autonom zu werden und 60 Prozent Energie einzusparen. Auch von seinem<br />
bayerischen Kollegen Robert Götz, dem Leiter der Energieagentur im Wirtschaftsministerium,<br />
erntete er Anerkennung. In Bayern gestaltet sich die Energiewende etwas<br />
zäher: Ein Drittel der Fläche Bayerns brauche man, um den derzeitigen Stromverbrauch des<br />
Freistaats mit erneuerbaren Energien zu decken, rechnete Detlef Fischer vor. Für den Geschäftsführer<br />
vom Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft »geht die Energiewende<br />
eigentlich nicht, wenn wir auf dem Niveau von heute bleiben«. Soweit war man<br />
sich einig: Die Speichermöglichkeiten müssten effizienter, die Konsumenten <strong>zum</strong> Sparen<br />
angehalten werden. DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig schloss daraus: »Die<br />
Energiewende braucht eine Kulturwende.« Und wurde prompt von Fischer aufgefordert:<br />
»Dann streichen Sie doch gleich mal die Reise des DAV-Summit Club in die Antarktis!« –dst–<br />
Umwelt-Ticker<br />
+++ Die Aufsichtsbeschwerde, die Mountain<br />
Wilderness Schweiz beim eidgenössischen<br />
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und<br />
Kommunikation (UVEK) gegen das Bundesamt für<br />
Zivilluftfahrt (BAZL) eingereicht hatte, war erfolgreich.<br />
Grund für die Beschwerde: das BAZL hatte<br />
die Rechtmäßigkeit von mehreren Helikopterlandungen<br />
in der Trift bei Zermatt ungenügend<br />
abgeklärt. +++ Frisch gegründet, setzte der<br />
österreichische Landesverband von Mountain<br />
Wilderness am 9. November ein Zeichen:<br />
Mit einem Plakat mit der Aufschrift »Hände weg<br />
vom Ruhegebiet Kalkkögel« demonstrierten die<br />
Umweltaktivisten am Hoadl gegen den geplanten<br />
Zusammenschluss der Skigebiete Schlick und<br />
Axamer Li<strong>zum</strong> durch das von der Alpenkonvention<br />
geschützte Ruhegebiet. +++ Die Konferenz<br />
»Balancing renewable energy and nature in the<br />
Alps«, die Mitte November in Brig im Rahmen<br />
des Projektes recharge.green stattfand,<br />
beschäftigte sich mit der Frage, wie die Energie -<br />
wende in den Alpen naturverträglich gestaltet<br />
werden könne. Die Antworten: Eine nachhaltige<br />
Planung auf regionaler Ebene sowie die<br />
Wechselwirkung unterschiedlicher Quellen<br />
erneuerbarer Energien müssten berücksichtigt<br />
werden. Beides versucht recharge.green in<br />
seinem Modell umzusetzen. +++ »powerwalk«<br />
nennt das Künstlerduo GÆG (Thomas Huber<br />
& Wolfgang Aichner)<br />
das Projekt, für das<br />
die beiden – mit<br />
Windrädern bestückt<br />
– zu einer zehntägigen<br />
Expedition auf den<br />
isländischen Vatnajökull-Gletscher aufbrachen.<br />
Bei der Projekt-Präsentation am 8. November<br />
in München wuschen zwei Waschmaschinen ihre<br />
Expeditionswäsche mit dem am Gletscher<br />
erzeugten Strom. +++<br />
Foto: powerwalk/M. Pröttel<br />
» ActiveLift Steighilfe<br />
erleichtert direkte Anstiege<br />
» Weiches Schneeschuhende lässt<br />
den Fuß natürlich abrollen<br />
und sorgt für ein ermüdungsfreies<br />
Gehen<br />
» 3D geformte Seiten schienen<br />
bieten besten Grip beim<br />
Queren<br />
www.kochalpin.at
<strong>Bergsteiger</strong><br />
<strong>12</strong>/11 AKTUELL<br />
01/14 AKTUELL<br />
Medien<br />
BergBücher …<br />
Nicolas Fojtu, Markus von Glasenapp<br />
»SKI & SNOWBOARD<br />
TOURENATLAS SCHWEIZ«<br />
384 Seiten mit mehr als 150 großformatigen<br />
Farbfotografi en, Format<br />
21 x 27 cm, Paket mit Hardcover-<br />
Buch und 30 Landkarten, Panico Alpinverlag, Köngen (D) 2013, Preis 79 €<br />
Die Schweizer, heißt es, machen alles ganz genau. Das dauert<br />
seine Zeit. Drei Jahre haben Markus von Glasenapp und Nicolas<br />
Fojtu für ihren neuen »Ski & Snowboard <strong>Touren</strong>atlas Schweiz«<br />
gebraucht. Akribisch trugen sie Informationen für rund 1000<br />
Routen auf 400 Gipfel zusammen und bereiteten sie übersichtlich<br />
auf: mit Angaben zu Routenverlauf, Dauer, Hangneigung,<br />
Hangausrichtung, Höhenmetern – und Anbindung an öffentliche<br />
Verkehrsmittel. Der achtsame Umgang mit der Natur liegt<br />
den Autoren am Herzen, daran lassen Kapitel zu Wildruhezonen,<br />
umweltfreundlicher Anreise und Bewirtschaftung von Berghütten<br />
keinen Zweifel. Das Paket vervollständigen 30 Schweizer<br />
Landeskarten (Maßstab 1:35 000) mit eingezeichneten Routen.<br />
Ein beispielhaftes Stück Schweizer Gründlichkeit! –dst–<br />
Janina und Markus Meier,<br />
Thomas Zanker<br />
»MÜNCHNER SKITOUREN-<br />
SCHMANKERL«<br />
144 Seiten, 16,5 x 23,5 cm,<br />
Klappenbroschur, Bruckmann<br />
Verlag, München 2013, 19,99 €<br />
Vom Allgäu bis in die<br />
Kitzbüheler Alpen schlagen<br />
die Autoren den Bogen, auch<br />
Sellrain und Berchtesgaden<br />
dürfen nicht fehlen. Ja müssen<br />
die Münchner denn überall<br />
hin? Andererseits: Je mehr<br />
Ziele, desto eher verteilt sich<br />
die Masse. Unter den 52 <strong>Touren</strong><br />
sind Klassiker wie Geheimtipps,<br />
und die Empfehlungen<br />
für Pistenskitouren<br />
sind ein echter Gewinn. –te–<br />
Alpenvereinsjahrbuch<br />
»BERG 2014«<br />
256 Seiten, Format 21,5 x 26,5 cm,<br />
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2013,<br />
17,80 €<br />
Alle Jahre wieder kommt<br />
das Alpenvereinsjahrbuch, –<br />
wie immer mit einem bunten<br />
Kaleidoskop rund um die<br />
Berge; wobei sich der Themenfokus<br />
immer mehr auf die Einflüsse<br />
des Menschen und die<br />
Kultur im Alpenraum richtet.<br />
»Die Spielformen des Bergsports<br />
haben sich grundlegend<br />
gewandelt« (Tom Dauer). Gibt<br />
es den »echten« Alpinismus<br />
nicht mehr? Einige Texte dürften<br />
manchem etwas zu »abgehoben«<br />
erscheinen. –pgk–<br />
BergApp … BergFilm … BergWeb …<br />
Foto: Tom Dauer, Bluebird Productions<br />
LAWINENLAGEBERICHT TO GO<br />
Wofür? Beste App für den Zugriff auf den<br />
aktuellen Lawinenlagebericht – aktuell und offi ziell.<br />
Wie? »SnowSafe« bereitet die amtlichen LLBs<br />
aus Österrreich und Bayern optisch ansprechend<br />
auf. Dazu gibt’s einen Neigungsmesser.<br />
Wieviel? Kostenlos für iOS und Android<br />
Warum? Damit der Lawinenlagebericht auch<br />
bei der Smartphone-Fraktion ankommt. –te–<br />
»SELIG, WER IN TRÄUMEN STIRBT«<br />
Vor 15 Jahren erlebte Robert Steiner in<br />
den Grandes Jorasses einen schrecklichen<br />
Unfall. Zwei Tage und Nächte verbrachte<br />
er zwischen Leben und Tod. Um das<br />
Geschehene zu bewältigen, stieg er 20<strong>12</strong><br />
mit seinem Freund Felix Berg erneut<br />
in die Wand ein. Was hoffnungsvoll beginnt,<br />
endet wieder in einer Katastrophe.<br />
»Selig, wer in <strong>Träumen</strong> stirbt« zeigt, dass<br />
das Unmögliche möglich ist. –sz–<br />
Von: Tom Dauer / Bluebird Production<br />
Mit: Robert Steiner, Felix Berg<br />
Aus: Österreich<br />
www.bergfex.at<br />
Wer eine Tour in Österreich plant, findet<br />
hier alle wichtigen Grundlagen; nicht<br />
nur zahlreiche <strong>Touren</strong>beschreibungen,<br />
die aktuelle Wettervorhersage und<br />
Schneehöhen sowie Webcams des gesamten<br />
Alpenraumes. Das Beste ist die topografische<br />
Karte von ganz Österreich<br />
auf Basis der ÖK 50 vom Bundesamt für<br />
Eich- und Vermessungswesen (Maßstab<br />
1:50 000). Dank der neuen Print-Funktion<br />
bei jeder Tour kann man einen beliebig<br />
wählbaren Kartenausschnitt nun auch<br />
direkt ausdrucken – je nach Belieben mit<br />
oder ohne Tourdaten.<br />
–dst–<br />
18 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
TV-Programm Dezember 2013 / Januar 2014<br />
9.<strong>12</strong>. | 18.00 | ZDF Info<br />
Die Berge der Deutschen<br />
Von Höhenrausch und<br />
Hüttenzauber<br />
Dauer: 45 Min.<br />
19.<strong>12</strong>. | 10.05 | BR<br />
Tibet – Mit Pilgern <strong>zum</strong><br />
heiligen Berg Kailash<br />
Dauer: 45 Min.<br />
20.<strong>12</strong>. | 11.50 | Servus TV<br />
Himalaya – Dem Himmel nah<br />
Dokumentarfilm<br />
Dauer: 60 Min.<br />
23.<strong>12</strong>. | 13.15 | SWR<br />
Winterreise in<br />
den Schwarzwald<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
23.<strong>12</strong>. | 14.50 | Serv. TV<br />
Arctic Ice – Eisklettern AH<br />
nördlich des Polarkreises<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 28 Min.<br />
27.<strong>12</strong>. | 19.10 | Servus TV<br />
Aus dem Leben<br />
Helden am Berg –<br />
Rettung in Schnee und Eis<br />
Dauer: 37 Min.<br />
29.<strong>12</strong>. | 16.00 | MDR<br />
Heute auf Tour<br />
Im Dreiländer-Naturpark<br />
Raab-Orség-Goricko<br />
Dauer: 25 Min.<br />
J10.<strong>12</strong>. | 6.25 | ZDF Neo<br />
Bergretter im Himalaya<br />
Tod an der Ama Dablam<br />
Dauer: 45 Min.<br />
10.<strong>12</strong>. | 11.30 | ZDF Info<br />
Afrikas Naturparadiese<br />
Mount Kenia<br />
Dauer: 45 Min.<br />
J20.<strong>12</strong>. | 13.05 | Arte<br />
360° – Geo Reportage<br />
Großglockner,<br />
König der Hochalpen<br />
Dauer: 52 Min.<br />
23.<strong>12</strong>. | 15.00 | alpha<br />
Planet Wissen<br />
Der blinde <strong>Bergsteiger</strong><br />
Andy Holzer<br />
Dauer: 60 Min.<br />
24.<strong>12</strong>. | 6.45 | SWR<br />
Winterreise auf die<br />
Schwäbische Alb<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
1.1. | 19.15 | 3sat<br />
Reisen in ferne Welten<br />
Kanadas Nordwesten –<br />
Sommer am Polarkreis<br />
Dauer: 45 Min.<br />
2.1. | 20.15 | 3sat<br />
Das Beste der European AH<br />
Outdoor Film Tour (1)<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
10.<strong>12</strong>. | 14.15 | N 3<br />
Bilderbuch Deutschland<br />
Winter im Werdenfelser Land<br />
Dauer: 45 Min.<br />
11.<strong>12</strong>. | 21.15 | MDR<br />
Biwak<br />
Berge, Menschen, Abenteuer<br />
Dauer: 30 Min.<br />
13.<strong>12</strong>. | 22.30 | Phoenix<br />
Abenteuer Yukon<br />
Reise in das wilde Herz<br />
Kanadas<br />
Dauer: 30 Min.<br />
14.<strong>12</strong>. | 7.30 | ZDF Neo<br />
Die dunkle Seite der Alpen AH<br />
Die Grandes Jorasses-<br />
Nordwand<br />
Dauer: 45 Min.<br />
14.<strong>12</strong>. | 13.00 | ZDF Neo<br />
Die dunkle Seite der Alpen<br />
Die Eiger Nordwand<br />
Dauer: 45 Min.<br />
14.<strong>12</strong>. | 15.25 | Arte<br />
Die Alpen von oben<br />
Vom Chablais <strong>zum</strong> Montblanc<br />
Dauer: 52 Min.<br />
14.<strong>12</strong>. | 16.45 | alpha<br />
Fernweh<br />
Madeira<br />
Dauer: 25 Min.<br />
14.<strong>12</strong>. | 19.00 | BR<br />
natur exclusiv<br />
Himalaya<br />
Dauer: 45 Min.<br />
20.<strong>12</strong>. | 15.15 | HR<br />
Abenteuer Erde: Himalaya<br />
Dauer: 45 Min.<br />
20.<strong>12</strong>. | 21.15 | Servus TV<br />
Retroalpin<br />
Der Bergfilmpionier<br />
Arnold Fanck<br />
Dauer: 62 Min.<br />
21.<strong>12</strong>. | 15.00 | SWR<br />
Winterreise rund um<br />
die Zugspitze<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
21.<strong>12</strong>. | 15.30 | Phoenix<br />
Unterwegs <strong>zum</strong> Nordkap<br />
Leben mit dem Eis<br />
Dauer: 45 Min.<br />
22.<strong>12</strong>. | 15.30 | BR<br />
traumpfade<br />
Mit den Schlittenhunden<br />
über die Alpen<br />
Dauer: 45 Min.<br />
22.<strong>12</strong>. | 19.25 | S: Disc. Channel<br />
Naturwunder der Erde<br />
Grand Canyon<br />
Dauer: 47 Min.<br />
22.<strong>12</strong>. | 21.15 | BR<br />
Bergauf-Bergab<br />
Das Magazin für <strong>Bergsteiger</strong><br />
Dauer: 30 Min.<br />
23.<strong>12</strong>. | 11.35 | 3sat<br />
Auf in den Schnee<br />
Winter in den Alpen<br />
Dauer: 30 Min.<br />
24.<strong>12</strong>. | 10.10 | Servus TV<br />
Naturparadies Australien<br />
Der Rote Kontinent<br />
Dauer: 57 Min.<br />
24.<strong>12</strong>. | 15.00 | ZDF Neo<br />
Die dunkle Seite der Alpen<br />
Die Matterhorn-Nordwand<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 40 Min.<br />
25.<strong>12</strong>. | 19.00 | SWR<br />
Winterreise in die Schweiz<br />
Reportage<br />
Dauer: 45 Min.<br />
26.<strong>12</strong>. | 8.30 | Arte<br />
X:enius<br />
Trendsport Klettern<br />
Dauer: 26 Min.<br />
27.<strong>12</strong>. | 8.30 | SWR<br />
Meine Traumreise<br />
nach Lappland<br />
Mit Schlittenhunden<br />
am Polarkreis<br />
Dauer: 30 Min.<br />
J27.<strong>12</strong>. | <strong>12</strong>.00 | ZDF Info<br />
Auf dem Dach Europas<br />
Im Bann der Alpen<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
J2.1. | 23.00 | alpha<br />
Der Untersberg<br />
Das sagenhafte Höhlenreich<br />
Dauer: 45 Min.<br />
3.1. | 10.40 | 3sat<br />
La Haute Route – Von<br />
Chamonix bis Zermatt<br />
Der Berg siegt immer<br />
Dauer: 25 Min.<br />
3.1. | 18.15 | 3sat<br />
Reisen in ferne Welten:<br />
Marokko<br />
Auf der Straße der Kasbahs<br />
Dauer: 45 Min.<br />
3.1. | 20.15 | HR<br />
Traumhafte Bergwelten –<br />
Rund um den Tegernsee<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
3.1. | 20.15 | 3sat<br />
Das Beste der European<br />
Outdoor Film Tour (2)<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 45 Min.<br />
Das tagesaktuelle<br />
TV-Programm finden Sie<br />
auf bergsteiger.de<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 19
TITELTHEMA<br />
Zwölf gute Vorsätze von BERGSTEIGER-Autoren<br />
Die Unvollendeten<br />
Zum Jahreswechsel neigt der Mensch zur<br />
Rückschau. <strong>12</strong> BERGSTEIGER-Autoren<br />
sind dabei auf Wunschtouren gestoßen,<br />
die sie seit Langem unerledigt auf ihrer<br />
Liste haben – manche davon trotz einiger<br />
Versuche. 2014 wird alles besser!<br />
Foto: Holger Hauser, privat<br />
Wussten Sie, dass 70 Prozent<br />
der gefassten Vorsätze<br />
scheitern? Psychologen<br />
am Institut für Demoskopie<br />
Allensbach haben das in einer<br />
Studie herausgefunden. Nicht gerade<br />
motivierend. Aber auch nicht weiter verwunderlich.<br />
Die Autoren des BERGSTEIGER<br />
jedenfalls mussten nicht lange nachdenken<br />
über ein <strong>Touren</strong>ziel, das sie sich längst vorgenommen,<br />
aber nie erreicht hatten. Die<br />
Gründe dafür sind vielschichtig: Mal war<br />
das Wetter schuld und es hatte zuviel Nebel,<br />
Regen oder auch zu viel Schnee; noch<br />
öfter aber zu wenig Schnee. Oder es lag an<br />
den <strong>Touren</strong>partnern: Den einen zwickte das<br />
Knie, der andere hatte zu lang gefeiert und<br />
der dritte war einfach immer anderweitig<br />
verplant. Zugegeben, manchmal war es<br />
auch einfach nur das eigene Spiegelbild,<br />
das sich mit körperlichen Zipperlein und<br />
Freizeitstress plagte. Bei manchen Vorhaben<br />
war es auch einfach nur gesund, sie<br />
nicht umzusetzen. Eine durchaus kuriose<br />
Gruppe bilden diejenigen, die monatelang<br />
sämtliche Details von Hüttenkosten und<br />
Bus-Abfahrtszeiten bis hin zu den – jawohl<br />
– idealen Mondphasen sammelten, bis die<br />
Tour schließlich unter dem gewaltigen<br />
Wust von Informationen in sich zusammen<br />
stürzte. Am ausgefallensten aber ist wohl<br />
die Geschichte unseres Chefredakteurs, der<br />
bei einer Bergtour in der Cordillera Blanca<br />
in Peru überfallen wurde und schließlich<br />
die Verfolgung der Räuber aufnahm, anstatt<br />
auf den Gipfel des Alpamayo zu klettern.<br />
Lesen Sie auf den folgenden Seiten zwölf<br />
Geschichten über das Scheitern – und<br />
über die Lust, es dennoch weiter mit diesen<br />
Zielen zu versuchen. Und zwar in 2014.<br />
TOUR<br />
Alpamayo (5947 m) –<br />
Peru, Cordillera Blanca<br />
▶ schwierig 9 Std.<br />
600 Hm 600 Hm<br />
Charakter der Expedition:<br />
Sehr gutes alpinistisches Allroundkönnen<br />
ist Voraussetzung, Erfahrung<br />
in Eisklettertouren und Höhenbergsteigen<br />
sind von Vorteil; ausgezeichnete<br />
Kondition ist zudem vonnöten.<br />
Klima: Da Peru auf der Südhalbkugel<br />
liegt, sind die Jahreszeiten<br />
unseren entgegengesetzt. Bedingt<br />
durch die Auswirkungen des kalten<br />
Humboldtstroms sind die Temperaturen<br />
kühler, als man das für die<br />
relative Nähe <strong>zum</strong> Äquator erwarten<br />
würde. Niederschläge fallen vor allem<br />
in den Monaten November bis März.<br />
Die kältesten Monate sind Juli und<br />
August, dann sind Temperaturen<br />
in den Bergen von -15 bis -20 Grad<br />
Celsius keine Seltenheit.<br />
Informationen:<br />
www.hauser-exkursionen.de<br />
22 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Michael, 48<br />
Ausgeraubt<br />
Eigentlich waren die Voraussetzungen perfekt:<br />
Wir hatten genügend Zeit. Wir waren<br />
gut akklimatisiert, hatten zuvor zu zweit<br />
mehrere Monate in den Anden zugebracht.<br />
Die Wettervorhersagen für die peruanische<br />
Cordillera Blanca waren günstig. Der Plan,<br />
den Alpamayo (5947 m) zu besteigen, den einige<br />
für den schönsten Berg der Welt halten,<br />
war fest gefasst. Eigentlich.<br />
Huaraz ist der <strong>Bergsteiger</strong>-Treffpunkt in der<br />
Cordillera Blanca. Wir hatten eine vertrauenserweckende<br />
Bergführeragentur gefunden–<br />
nachdem wir in Chile schlechte Erfahrungen<br />
gemacht hatten und den Besitzer<br />
einer solchen bei einer Tour auf den Vulkan<br />
Lascar (5620 m) selbst retten mussten, waren<br />
wir vorsichtig geworden. Man empfahl uns,<br />
<strong>zum</strong> Akklimatisieren in den Nationalpark<br />
Huascarán zu wandern, der den gleichnamigen<br />
(und höchsten) Berg Perus (6768 m) umgibt<br />
und bei einer Höhe von mehr als 4000<br />
Metern beginnt. In Peru reicht die Landwirtschaft<br />
bis fast an diese Grenze heran.<br />
Wir nahmen einen der Minibusse aus Huaraz<br />
in Richtung Nationalpark und marschierten<br />
mit kleinem Rucksack los; zwischen<br />
rotbraunen Feldern hindurch, auf<br />
denen Bauern ihr Saatgut ausbrachten. Im<br />
Hintergrund glänzten Gletscher, schraubten<br />
sich mächtige Gipfel in den blauen Andenhimmel.<br />
Die Vorfreude auf den Alpamayo<br />
wuchs, wir fühlten uns prächtig.<br />
Als wir den Nationalpark erreichten, machten<br />
wir Brotzeit im Schatten einer großen<br />
Holztafel. Kein Mensch außer uns. Dachten<br />
wir. Ich löffelte gerade aus meiner Avocadohälfte,<br />
als zwei Burschen schnurstracks auf<br />
uns zukamen. Mit Dreieckstüchern über<br />
Mund und Nase, der Größere von beiden<br />
hielt einen Revolver auf uns gerichtet. Viel<br />
war nicht zu holen bei uns, ein paar Dollarscheine,<br />
geschenkt. Der Raub der Spiegelreflexkamera<br />
allerdings schmerzte. Sie war ja<br />
auch journalistisches Arbeitsgerät.<br />
Wir verfolgten die Räuber mit einem Sicherheitsabstand,<br />
konnten sie später mit Hilfe eines<br />
tollkühnen Taxifahrers und der Polizei<br />
stellen – die Beute trugen sie bei sich. Dann<br />
dauerte es eine (nervtötende) Woche, bis wir<br />
die Fotoausrüstung von der Polizei wiederbekamen<br />
– die leider völlig korrupt war. Wir<br />
hatten die Schnauze voll von Peru. Und bestiegen<br />
zwei Wochen später den Cotopaxi in<br />
Ecuador. Zehn Jahre ist das nun her. 2014 ist<br />
er dran, der Alpamayo. Als Teilnehmer einer<br />
Expedition von Hauser und Schuster. So lautet<br />
<strong>zum</strong>indest der Plan. Michael Ruhland<br />
Januar<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 23
Kumpel, mit dem ich die Abmachung getroffen<br />
hatte, in Thailand. Und als alles passte,<br />
zwickte dem Weichei der Rücken oder mir<br />
Jammerlappen das Knie.<br />
Wenn in diesem Frühjahr trotz all der guten<br />
Vorsätze wieder nichts daraus wird, gibt’s<br />
nur noch einen Ausweg für meine Dateileiche:<br />
die Delete-Taste. Dominik Prantl<br />
Februar<br />
März<br />
In der Warteschleife gefangen<br />
Früher hätte man es eine Karteileiche genannt.<br />
In Zeiten von Windows und MacBook<br />
muss es eher als Dateileiche bezeichnet werden.<br />
Jedenfalls gibt es in meinem Rechner<br />
ein Dokument mit der Überschrift: IN PLA-<br />
NUNG. Darunter steht, ebenfalls in Großbuchstaben:<br />
GROSSE REIB’N. Seit Jahren.<br />
In der Zwischenzeit war ich schon in Namibia<br />
und Norwegen, auf Teneriffa und in Thailand.<br />
Aus dem Dokument IN PLANUNG sind<br />
zuletzt die »Höfats« und der »Hochwanner«,<br />
das »Aktzeichnen auf der Alm« und »<strong>Touren</strong><br />
im Engadin« verschwunden. Nur die berühmte<br />
Umrundung des Königssees auf <strong>Touren</strong>ski<br />
Zu Tode geplant<br />
In jener Zeit, als die alpinen Trauben nicht<br />
hoch genug hängen konnten, lagen uns<br />
zukünftigen Superstars die Worte aus dem<br />
Biner-Führer so schwer im Ohr wie der Rest<br />
des Landes am Ballermann 6. »Die Ostwand<br />
des Monte Rosa gehört zu den höchsten der<br />
Alpen und ist mehr gefährlich<br />
als schwierig.« Gerade war<br />
Hochsommer, umso mehr<br />
Zeit blieb <strong>zum</strong> Planen. Am<br />
Ende der Vorlesungszeit lag<br />
Thomas, 25<br />
steht dort noch immer wie eine<br />
schmerzliche Reminiszenz an die<br />
eigene Inkonsequenz. Dafür ist der Eintrag<br />
im Laufe der Jahre länger geworden. Inzwischen<br />
steht dort beispielsweise der Kontakt<br />
eines Nationalpark-Rangers, den ich als<br />
Hauptfigur für die Reportage nutzen wollte.<br />
Nun ist es keineswegs so, dass ich es zuletzt<br />
nicht mehr nach Berchtesgaden geschafft<br />
hätte. Aber die GROSSE REIB’N macht man<br />
nicht einfach mal so schnell an einem Nachmittag<br />
im Nebel. Mal lag zu wenig Schnee<br />
und mal zu viel, mal war es zu kalt und mal<br />
zu warm, mal war ich in Teneriffa oder der<br />
TOUR<br />
Dufourspitze (4633 m)<br />
über Marinellicouloir –<br />
Walliser Alpen<br />
▶ schwierig 9 Std.<br />
1600 Hm 1750 Hm<br />
Charakter: Lange, gefährliche Tour,<br />
bei der die Verhältnisse entscheidend<br />
sind. Wegen der ostseitigen Exposition<br />
früher Aufbruch Pfl icht!<br />
Ausgangspunkt: Capanna Marinelli<br />
(3036 m) über Macugnaga<br />
Endpunkt: Monte-Rosa-H. (2883 m)<br />
Route: Hütte – Marinellirücken –<br />
Couloir (bis 3100 m) – Imseng rücken<br />
(bis 3650 m) – Séracs. Die Felsrippe<br />
vom Grenzgipfel herab betritt man<br />
möglichst spät von der linken Flanke.<br />
In steilem, aber festem<br />
Fels <strong>zum</strong> Grenzgipfel<br />
und zur Dufourspitze.<br />
<strong>Touren</strong>karte 8,<br />
Heftmitte<br />
Dominik, 36<br />
TOUR<br />
Große Reib‘n<br />
– Berchtesgadener Land<br />
▶ schwierig 2½ Tage<br />
3500 Hm 4000 Hm<br />
Charakter: Lange, anstrengende<br />
Ski-Rundtour um den Königssee,<br />
für die stabiles Wetter, längere Tage<br />
(deshalb frühestens im März) und<br />
gute Lawinenverhältnisse Voraussetzung<br />
sind. Der erste Anstieg lässt<br />
sich per Jennerbahn verkürzen.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Hinterbrand<br />
(1130 m)<br />
Endpunkt: Wimbachbrücke (625 m)<br />
Route: Hinterbrand – Stahlhaus<br />
(1736 m) – Schneibstein (2275 m)<br />
– Windscharte (2103 m) – Jägerbrunntrog<br />
(2230 m) – Niederbrunnsulzen<br />
– Kärlingerhaus (1630 m) –<br />
Ingolstädter Haus (2219 m)<br />
– Wimbachgrieshütte<br />
– Wimbachbrücke<br />
<strong>Touren</strong>karten<br />
6/7, Heftmitte<br />
das Ergebnis im Posteingang der Gefährten:<br />
eine Komödie in sieben Akten, die sich über<br />
Akklimatisierungstouren und Ruhe- bzw.<br />
Fresstage zur Klimax steigerte. Im Anhang<br />
entfaltete sich ein Tabellenschlachtfeld aus<br />
Gehzeiten, Ausrüstungslisten und penibel<br />
getakteten Busfahrplänen für die Rückkehr<br />
<strong>zum</strong> Auto. Der Plan vermerkte spektakuläre<br />
Preis-Leistungsverhältnisse umliegender<br />
Campingplätze ebenso wie günstige Mondphasen<br />
(Auf bruch um Mitternacht!) und<br />
schloss auf wundersame Weise mit einem<br />
studentengerechten Gesamtbudget – er<br />
war perfekt.<br />
Damit stand er im krassen Gegensatz <strong>zum</strong><br />
Walliser Wetter. Immer zog es nach der Auftakttour<br />
zu. Einmal Weissmies ohne Dom,<br />
einmal Alphubel ohne Täschhorn – sicher<br />
schöne <strong>Touren</strong>, aber unser Plan bekam<br />
damit bereits im zweiten Akt dramatische<br />
Züge. Anstatt auf Schönwetter zu warten,<br />
verlagerten wir uns in die Ostalpen und den<br />
Plan in die Schublade. Dort schlummert<br />
er unter den Bildern spontan begangener<br />
Eiswände und wartet auf seine Erweckung.<br />
Ich auch.<br />
Thomas Ebert<br />
24 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Bernd Römmelt, Andreas Strauß, Siegfried Garnweidner, Verena Wisthaler, privat<br />
Wiederholung ausgefallen<br />
Kurz vor zwölf umgekehrt<br />
Das Gipfelkreuz habe ich nicht gesehen. Ins<br />
Gipfelbuch eingetragen habe ich mich auch<br />
nicht. Und die Aussicht, naja ... sie reichte<br />
gerade mal drei Meter, also kann ich nicht<br />
sagen, dass ich sie genossen hätte. Ich muss<br />
meinem Kletterpartner leider recht geben,<br />
wenn er <strong>zum</strong> wiederholten Male meine<br />
Schwärmereien über die mächtige und imposante<br />
Nordwand des Zwölferkofels in den<br />
Sextener Dolomiten unterbricht und mich<br />
darauf aufmerksam macht, dass ich ja noch<br />
nicht oben gewesen wäre – und das, obwohl<br />
er sein Bestes gegeben hat.<br />
Der Zwölfer hat mich schon als Kind fasziniert,<br />
während ich am Balkon meiner Oma<br />
saß und den steilsten Felszahn der »Sextener<br />
Sonnenuhr« anstarrte. Seit meinem<br />
15. Lebensjahr – damals hatte ich gerade<br />
mit dem Klettern begonnen – träume ich<br />
davon, endlich einmal<br />
oben zu stehen. Doch<br />
niemand wollte mir je<br />
diesen Wunsch erfüllen:<br />
Zu schwierig für<br />
dich, sagte der eine;<br />
zu lang und zu brüchig,<br />
Verena, 31<br />
Es war eine Dienstreise: Das Theaterstück<br />
»Munde« des österreichischen Dramatikers<br />
Felix Mitterer wurde am 3. August 1990 auf<br />
dem Plateau des Hohe Munde-Ostgipfels uraufgeführt.<br />
Und meine Aufgabe war es, für<br />
den BERGSTEIGER eine Reportage mitzubringen.<br />
Am Spätnachmittag dieses heißen<br />
Tages stiegen Schauspieler, Zuschauer und<br />
der Autor gemeinsam von der Rauthhütte<br />
aus <strong>zum</strong> Gipfel auf – zunächst durch Latschen,<br />
dann über Geröll und losen Schotter.<br />
Gott sei Dank war die Sonne bereits aus der<br />
Ostflanke verschwunden; geschwitzt haben<br />
wir trotzdem wie verrückt.<br />
Kurz vor Sonnenuntergang begann die<br />
Vorstellung – wie auch das Geschehen im<br />
Theaterstück: Die Belegschaft einer Spenglerei<br />
macht ihren Betriebsausflug auf die<br />
Hohe Munde, um dort ein Bergfeuer zu<br />
entzünden. Das Betriebsklima in der Firma<br />
ist ausgesprochen schlecht. Der fröhlich<br />
begonnene Ausflug endet in einer Katastrophe.<br />
Die schwelenden Aggressionen und<br />
Konflikte brechen offen aus; Machtkämpfe,<br />
Eifersucht und Ausländerfeindlichkeit führen<br />
zu Gewalttätigkeit und Zerstörung.<br />
Nach der Vorstellung setzten sich Schauspieler<br />
und Zuschauer zu<br />
Gesprächen am Lagerfeuer<br />
zusammen, über der Hohen<br />
Munde wölbte sich ein gigantischer<br />
Sternenhimmel. Viel Schlaf<br />
fanden wir nicht in den kleinen Kuppelzelten,<br />
die der Veranstalter für uns aufgestellt<br />
hatte. Denn bereits bei Sonnenaufgang<br />
bestaunten sämtliche Premierengäste, in<br />
Decken gehüllt, das Morgenrot.<br />
Seit diesem einmaligen Erlebnis plane ich,<br />
den Gipfel der Munde noch einmal alleine,<br />
ohne Spektakel zu besteigen. Bisher hat es<br />
nicht geklappt.<br />
Petra Gössl-Kubin<br />
TOUR<br />
Zwölferkofel (3094 m) –<br />
Sextener Dolomiten<br />
▶ II–III 7 Std.<br />
1640 Hm 1640 Hm<br />
Charakter: Von den klettertechnischen<br />
Anforderungen nicht allzu<br />
schwierig, jedoch sehr brüchiger Fels.<br />
(Markierung durch einzelne Steinmänner,<br />
schwer erkennbar)<br />
Ausgangspunkt: Zsigmondy-<br />
Comici-Hütte (2224 m), erreichbar in<br />
2 Std. vom Parkplatz im Fischleintal<br />
Route: Zsigmondy-Hütte – Oberbachernjoch<br />
(2519 m) – Einstieg<br />
– Eisrinne – Rampe (III) – Geröllband<br />
– mehrere Kamine (III) – großes<br />
Ringband – Hohe Zwölferscharte –<br />
Steinmann – Scharte – Gipfelhang<br />
– Gipfelgrat mit Steigspuren <strong>zum</strong><br />
höchsten Punkt – Abstieg über den<br />
Gipfelgrat bis zu zwei Abseilstellen<br />
– großes Ringband – eigentliche<br />
Abseilroute – Steig am Fuße der<br />
Eisrinne – abklettern <strong>zum</strong> Einstieg<br />
Petra, 54<br />
TOUR<br />
Hohe Munde (2662 m)<br />
– Karwendel<br />
▶ mittel 5½ Std.<br />
1770 Hm 1770 Hm<br />
Charakter: Zum Teil steiler Anstieg<br />
in anspruchsvollem Gelände;<br />
Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und<br />
Ausdauer sind Voraussetzung;<br />
im Sommer ostseitig sehr heiß.<br />
Ausgangspunkt: Leutasch-Moos<br />
(1180 m)<br />
Einkehr: Rauthhütte (1605 m)<br />
Route: Moos – über Katzenloch<br />
(links) oder Tschopfl ehn (rechts) zur<br />
Rauthhütte – Hüttenrinner – Hohe<br />
Munde-Ostgipfel (2592 m) – Sattel<br />
(ca. 2515 m) – Hohe Munde-<br />
Westgipfel (2662 m) – Abstieg über<br />
denselben Weg oder über Niedere<br />
Munde (2059 m)<br />
und Leutascher<br />
Achental bis Moos<br />
<strong>Touren</strong>karte 11,<br />
Heftmitte<br />
mahnte der andere. Einen Bergführer konnte<br />
ich mir damals nicht leisten. Zehn Jahre<br />
später, an meinem 25. Geburtstag war es<br />
dann endlich soweit. Oder sagen wir besser:<br />
beinahe. 100 Meter unter dem Gipfel<br />
war es so nebelig, der Regen so nahe, und<br />
der Gipfel letztendlich noch so fern, dass<br />
ich Angst bekam und <strong>zum</strong> Rückzug blies.<br />
Auf den nächsten Versuch werde ich hoffentlich<br />
nicht nochmals 25 Jahre warten<br />
müssen.<br />
Verena Wisthaler<br />
April Mai
Juni<br />
Vernünftig gedacht<br />
Axel, 50<br />
Niemand muss auf Berge steigen. Dass er<br />
es doch tut, weist den <strong>Bergsteiger</strong> als jene<br />
höhere Existenzform aus, in der Albert Camus,<br />
Autor des »Mythos von Sisyphos«, den<br />
»glücklichen Menschen« erkannte.<br />
Dieser Gedanke ging mir durch den Kopf,<br />
als ich im vergangenen Herbst von der<br />
Watzmann-Südspitze ins Wimbachgries<br />
abstieg. Ich setze voraus, dass die meisten<br />
Leser diesen Abstieg aus eigener Erfahrung<br />
kennen. Ich unterstelle des weiteren, dass<br />
geschätzte 99 Prozent dieser Sisyphosse<br />
nicht scharf darauf sind, den dabei erlebten<br />
Kontakt mit sehr steilem Schrofengelände<br />
zu intensivieren. Und ich schließe,<br />
drittens, von mir auf andere, wenn ich<br />
glaube, dass alle, die unten im Wimbachgries<br />
angekommen sind, gleich wieder verblüfft<br />
nach oben schauen – <strong>zum</strong> Kleinen<br />
Palfelhorn. Der Alpenvereinsführer stellt<br />
lapidar fest: »In seiner wilden Zerrissenheit<br />
einer der eigenartigsten Berge der<br />
Nördl. Kalkalpen«. Ich bin schon öfter an<br />
diesem Gebilde vorbeigegangen, habe es<br />
fotografiert und bewundert und denke,<br />
dass die Theorie der Alpenbildung hier<br />
versagt. Dieser Berg kann unmöglich aufgefaltet<br />
worden sein. Er sieht aus wie ein<br />
Stück sehr mürbes Spritzgebäck, aber woraus<br />
sein krümelnder Teig besteht, will der<br />
<strong>Bergsteiger</strong> lieber nicht wissen.<br />
Warum ich noch nicht oben war? Schauen<br />
Sie sich nur das Bild an … Kein vernünftiger<br />
Mensch geht da rauf. Andererseits bin ich<br />
als <strong>Bergsteiger</strong> nicht vernünftig, sondern<br />
Existenzialist. Also: Schauen Sie sich nur<br />
das Bild an! Was in aller Welt soll mich davon<br />
abhalten, mir ein kleines Wettrennen<br />
mit der Erosion zu liefern? Daneben, ich gebe<br />
es zu, reizt mich auch ein anderer Gedanke:<br />
Kann es sein, dass das Kleine Palfelhorn<br />
seltener bestiegen wird als der Cerro Torre?<br />
Und noch etwas: Verwechseln Sie, liebe<br />
Leser, diesen Text bloß nicht mit einem<br />
<strong>Touren</strong>-Tipp!<br />
Axel Klemmer<br />
TOUR<br />
Kleines Palfelhorn<br />
(2073 m) – Berchtesgaden<br />
▶ schwierig 6–7 Std.<br />
1443 Hm 1443 Hm<br />
Charakter/Schwierigkeit:<br />
Wilder, alpiner Anstieg in enorm<br />
brüchigem Fels-/Schrofengelände,<br />
das größte Erfahrung, unbedingte<br />
Trittsicherheit und sehr gutes<br />
Orientierungsvermögen verlangt.<br />
Insgesamt deutlich anspruchsvoller,<br />
als es die technIsche Schwierigkeit<br />
(II) ausdrückt<br />
Ausgangspunkt: Ramsau,<br />
Parkplatz Wimbachbrücke (630 m)<br />
Einkehr: Wimbachgrieshütte<br />
(1327 m)<br />
Route: Auf breitem Weg zur<br />
Wimbachgrieshütte und weiter auf<br />
Steig <strong>zum</strong> Ausgang des Loferer<br />
Seilergrabens. Erst am linken Rand<br />
der Schlucht zwischen Großem<br />
und Kleinem Palfelhorn aufwärts.<br />
Weiter in komplizierter Routenführung<br />
(Alpenvereinsführer) <strong>zum</strong><br />
Gipfel.<br />
Ins Weiße geträumt<br />
Kleine Buben haben große Träume. Der<br />
Eugen aus Zürich wollte auf den Mond<br />
reisen, irgendwann. Später trat dann die<br />
irdische Bünzli-Realität in seine Traumwelt.<br />
Der Mond bekam zwischenzeitlich<br />
Besuch, tatsächlich, dafür stieg ich jetzt<br />
auf Berge: hinaus, hinauf. Zunächst vor<br />
allem in der Schweiz, im Engadin und anderswo.<br />
Wer in der Südostecke Helvetiens<br />
per pedes Richtung Gipfel unterwegs ist,<br />
bekommt eine Magic Line immer wieder<br />
vorgeführt, von der Fuorcla Surlej, vom<br />
Piz Languard, vom Piz Palü: den Biancograt.<br />
Was für eine Linie! Messerscharf,<br />
gerade zwei Schuh breit zwischen blendendem<br />
Weiß und dunklen Schatten, Abgrund<br />
links wie rechts und vor dir, über<br />
dir irgendwo hinter ein paar Felsen der<br />
höchste Punkt der Ostalpen: Piz Bernina,<br />
4049 Meter.<br />
Da wollten wir hinauf, jeder Blick auf den<br />
Grat verstärkte den Wunsch, ließ die Tour<br />
in einem noch helleren Licht erstrahlen.<br />
Vom Piz Palü – auch so ein Sehnsuchtsberg<br />
– schauten wir, Fridolin und ich,<br />
hinüber zu unserer Ideallinie. »Nächsten<br />
Sommer, versprochen!« mit Handschlag.<br />
Dann endlich sollte es klappen. Wir waren<br />
in Form und fast übermotiviert, die<br />
äußeren Bedingungen bestens, die Wetteraussichten<br />
auch. Nicht einmal der<br />
muffige Hüttenwirt auf der Chamanna da<br />
Tschierva schaffte es, unseren Enthusiasmus<br />
zu dämpfen. In der Nacht der Schock:<br />
Es regnete. Am Morgen<br />
goss es, die Wolken<br />
hingen tief, unsere<br />
Stimmung war im<br />
Juli<br />
Eugen, 69<br />
26 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
TOUR<br />
Piz Bernina (4049 m)<br />
über Biancograt –<br />
Berninagruppe<br />
▶ mittel 9–<strong>12</strong> Std.<br />
1650 Hm 450 Hm<br />
August<br />
Charakter: Die weiße Gratschneide<br />
an der Nordseite des Piz Bernina –<br />
auch als »Himmelsleiter« bezeichnet<br />
– wird an schönen Tagen von<br />
unzähligen <strong>Bergsteiger</strong>n begangen.<br />
Der eigentliche Firngrat ist das<br />
Mittelstück der Tour, unten von einem<br />
steilen Felsstück und oben von einem<br />
Zackengrat begrenzt.<br />
Ausgangspunkt: Tschiervahütte<br />
(2583 m), erreichbar von Pontresina<br />
durchs Val Roseg (3½ Std.)<br />
Endpunkt: Rif. Marco e Rosa<br />
(3609 m), weiterer Abstieg über<br />
Diavolezza-Hütte (2973 m)<br />
Route: Tschiervahütte – Fuorcla Prievlusa<br />
(3430 m) – kombinierter Grat<br />
mit Felskletterei (III) und im Firn – Piz<br />
Bianco (3995 m) – Piz Bernina – abseilen<br />
oder –klettern auf den Gletscher<br />
und weiter <strong>zum</strong> Rif. Marco e Rosa<br />
Fotos: Axel Klemmer, Thomas Ebert, Andreas Strauß, privat<br />
freien Fall: zurück ins Tal, ade schöner<br />
Traum. Wir wollten trotzdem nicht aufgeben:<br />
Irgendwann klappt’s, vielleicht im<br />
Herbst oder dann halt nächstes Jahr. So<br />
dachten wir, hofften wir, aber immer kam<br />
etwas dazwischen. Ganz allmählich verblasste<br />
der Cresta Bianco hinter den Jahresringen<br />
eines langen <strong>Bergsteiger</strong> lebens.<br />
Eugens Haupthaar lichtete sich, und auch<br />
der Idealgrat hat mittlerweile einige kahle<br />
Stellen, wo der Schnee abgeschmolzen<br />
ist. Ein Trost, dass selbst Berge altern. Aber<br />
halt nur ein kleiner. Eugen E. Hüsler<br />
Auf Sonne gewartet<br />
Fast alle meine Traumtouren haben eine<br />
Zahl und ein a, b oder c als Nachnamen und<br />
sind deshalb noch auf der Wunschliste, weil<br />
man zu ihrer Realisierung in der Kletterhalle<br />
trainieren müsste, während draußen der<br />
Pulverschnee lockt. Lediglich eine Wanderung<br />
taucht zwischen den Klettertouren<br />
auf: die Tour du Mont Blanc, kurz TMB.<br />
In sieben bis elf Tagen führt diese Rundtour<br />
einmal um den Mont Blanc. Der erste<br />
Gedanke daran, dass die TMB attraktiv<br />
sein könnte, ist gut zehn Jahre alt: Einen<br />
ganzen Urlaub hatten wir auf der Nordseite<br />
des Mont Blanc-Massivs ausgeharrt, ein<br />
Frontensystem wechselte nahtlos mit dem<br />
nächsten ab, ich kannte jeden Faden im<br />
Zeltdach auswendig. Den einzigen Schönwettertag<br />
verbrachte ich auf einem Wiesenabsatz<br />
unter den Nadeln von Chamonix,<br />
mit Schnupfen und dem Gedanken,<br />
dass man von den Aiguilles Rouges gegenüber<br />
wenigstens auf die frisch verschneiten<br />
Verte, Dru, Tacul und Mont Blanc<br />
sehen könnte. Dass mein Gedanke den<br />
Namen Tour du Mont Blanc trägt, wusste<br />
ich da noch nicht. Ein paar Jahre später<br />
verbrachten wir einen Ruhetag in den<br />
Aiguilles Rouges, auf der Trasse der TMB.<br />
Obwohl die Wolken tief hingen, waren wir<br />
<strong>zum</strong> Lac Blanc gewandert. Wunderbare<br />
Blumenwiesen gab es da, Steinböcke und<br />
Murmeltiere. Die Vorzüge der Wandertour<br />
lagen auf der Hand: Wir waren in geringerer<br />
Höhe unterwegs als gegenüber an Mont<br />
Blanc & Co, das Wetter war nicht ganz so<br />
schlecht. Als uns dann noch eine unverdrossene<br />
Wanderergruppe von der Mont-<br />
TOUR<br />
Tour du Mont Blanc<br />
– Mont-Blanc-Massiv<br />
Andrea, 45, und Andreas, 48<br />
▶ mittel 7–11 Tage<br />
11000 Hm 170 km<br />
Charakter: Mehrtägige Fernwanderung<br />
rund um das Mont-Blanc-<br />
Massiv mit imposanten Ausblicken<br />
auf die Gletscherriesen; meist gute<br />
Wanderwege, je nach Wegvariante<br />
auch versicherte und ausgesetzte<br />
Passagen, Trittsicherheit nötig<br />
Ausgangspunkt: Les Houches<br />
(1008 m); versch. Einstiegsorte<br />
Hütten: diverse Übernachtungsmöglichkeiten<br />
in Tal und Hütten am Berg<br />
Route: Les Houches (1008 m) –<br />
Refuge du Truc – La Balme – Les Mottets<br />
– Col de Chercroui – Courmayeur<br />
– Rifugio Bertone – Rifugio Elena –<br />
Champex (1466 m) – Le Peuty<br />
– Tre-le-Champ – Refuge Flégère<br />
(1877 m) – Les Houches<br />
Blanc-Runde erzählte und den großartigen<br />
Blicken, die man immer wieder hat, da hatte<br />
sich der Wunsch festgesetzt.<br />
Zwei Versuche sind seitdem am Wetter<br />
gescheitert, mehrere andere an der weiten<br />
Anfahrt. Aber das »Projekt TMB« ist inzwischen<br />
konkreter geworden: ein paar Turnschuhe,<br />
ein leichter Rucksack, eine Mini-<br />
Fotoausrüstung und mindestens vier Tage<br />
mit guter Wettervorhersage gehören <strong>zum</strong><br />
Plan.<br />
Andrea Strauß<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 27
TOUR<br />
Aletschhorn (4195 m)<br />
– Berner Alpen<br />
▶ schwierig 3 Tage<br />
2250 Hm 2250 Hm<br />
September<br />
Vom Nordwind verweht<br />
Vom Wind umtost sei das Aletschhorn, las<br />
ich vor Jahren in einem Alpinführer. Als<br />
einsame Pyramide rage es in den Himmel,<br />
umgeben von Gletschern. Ich brauchte nicht<br />
weiterzulesen. Dies war der Gipfel, den ich<br />
mir immer gewünscht hatte. Ein stolzer Viertausender,<br />
um den man sich bemühen muss.<br />
Dies aber sollte zur Crux werden: Drei Tage<br />
gutes Wetter und stabile Lawinenverhältnisse<br />
sind Voraussetzung für die Skitour. In den<br />
folgenden Jahren war entweder das Wetter<br />
zu schlecht, die Lawinensituation zu heikel,<br />
die Seilgefährten anderweitig beschäftigt<br />
oder die eigene Agenda zu voll. Dann bot sich<br />
die Gelegenheit, im Sommer<br />
auf das Aletschhorn zu steigen:<br />
nicht wie üblich über die Oberaletschhütte,<br />
sondern über das Mittelaletschbiwak.<br />
Als wir frühmorgens <strong>zum</strong> Gipfel auf brachen,<br />
stimmte alles: Wir hatten gut geschlafen,<br />
der Berg ragte in den Sternenhimmel. In<br />
der Morgendämmerung näherten wir uns<br />
dem Aletschjoch. Dass wir gerade die Ruhe<br />
vor dem Sturm genossen, wussten wir noch<br />
nicht. Erst als wir die Nase über das Joch<br />
streckten, traf er uns mit all seiner Wucht:<br />
der eisige Nordwind. Zwei Stunden lang<br />
trotzten wir dem Sturm. Doch als er mich<br />
Caroline, 36<br />
Charakter: Aufstieg über Südwestfl<br />
anke ab Oberaletschhütte<br />
(PD+, Stellen II); über Nordostgrat<br />
ab Mittelaletschbiwak (PD, bis 40°,<br />
exponierter Grat nach Aletschjoch)<br />
Ausgangspunkt: Fiescheralp<br />
(22<strong>12</strong> m) bzw. Belalp (2094 m)<br />
Hütte: Mittelaletschbiwak (3013 m);<br />
Oberaletschhütte (2640 m)<br />
Route: Fiescheralp – Märjelesee<br />
(2350 m) – Roti Chumme (2370 m)<br />
– Mittelaletschbiwak – Aletschjoch<br />
(3631 m) – Aletschhorn (4195 m);<br />
alternativ über Belalp<br />
– Oberaletschhütte<br />
– Südsporn<br />
<strong>Touren</strong>karte 10,<br />
Heftmitte<br />
390 Meter unter dem Gipfel fast zu Boden<br />
warf, war klar: Umkehren war das einzig<br />
Richtige. Im Abstieg war ich enttäuscht.<br />
Mittlerweile aber freue ich mich darüber. So<br />
ist das Aletschhorn geblieben, was es schon<br />
lange war: ein Traumberg. Caroline Fink<br />
Oktober<br />
TOUR<br />
Absamer Klettersteig<br />
und Bettelwurfhütte<br />
(2077 m) – Karwendel<br />
▶ K3 8 Std.<br />
600 Hm 600 Hm<br />
Charakter: mittelschwerer Klettersteig<br />
mit gewaltigen Tiefblicken.<br />
Schlüsselstelle C bzw. K3, sonst<br />
überwiegend B (K2). Diverse<br />
Schluchtquerungen sorgen für<br />
viel Abwechslung.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz<br />
am Beginn des Halltals (630 m)<br />
Hütte: Bettelwurfhütte (2077<br />
m), Anfang Juni bis Ende Oktober<br />
geöffnet, Tel. 00 43/52 23/5 33 53,<br />
www.bettelwurfhuette.at<br />
Route: Parkplatz – Bettelwurf-Eck/<br />
2. Ladhütte – Einstieg (1170 m) –<br />
Klettersteig (gut ausgeschildert) –<br />
Bettelwurfhütte – Bettelwurf-Eck/2.<br />
Ladhütte (via AV-Weg 222) – Parkplatz<br />
Bettina, 33<br />
Vom Zustieg erschöpft<br />
Er ist weder schlecht zu erreichen, noch<br />
sonderlich schwierig. Trotzdem bin ich den<br />
Absamer Klettersteig noch nie komplett gegangen.<br />
Den ersten Versuch startete ich im<br />
Juni 20<strong>12</strong>, gemeinsam mit meinem Mann<br />
Christian. Ein schöner Ausflug zu unserem<br />
Jahrestag sollte es werden. Das Wetter hätte<br />
nicht besser sein können – klarer Himmel,<br />
Sonnenschein, nicht zu heiß. Nur:<br />
Der Herr war am Vorabend nicht wie<br />
ich zeitig ins Bett gegangen. Er hat-<br />
te unbedingt noch mit seinen Jungs Fußball<br />
schauen müssen. Rückkehr: 3.15 Uhr.<br />
»Nicht mit mir, mein Lieber, du kommst<br />
morgen mit auf den Berg, egal wie müde du<br />
bist«, hatte ich mir geschworen.<br />
Am nächsten Tag hatten wir gerade die ersten<br />
schwierigen Stellen im Steig erreicht,<br />
da kamen mir Zweifel. »Was, wenn was passiert?«<br />
Dass er an dem Tag nicht fit genug<br />
war für den Klettersteig, war nicht zu übersehen.<br />
Also drehten wir um. Ich mit Groll,<br />
er sichtlich erleichtert.<br />
Rund zwei Monate später der zweite Versuch:<br />
Auch diesmal waren die Bedingungen<br />
gut. Nur eine Erkältung plagte mich etwas,<br />
aber ich ging davon aus, dass es schon funktionieren<br />
würde. Wir stiegen ein – bis <strong>zum</strong><br />
bereits bekannten Punkt. Dann war ich diejenige,<br />
an der es scheiterte. Auch den restlichen<br />
Herbst über klappte es nicht mehr,<br />
und so mussten wir die Tour vertagen auf<br />
2013. Da aber kam mir meine Schwangerschaft<br />
dazwischen. Und so steht der Klettersteig,<br />
dessen Zu- und Einstieg ich bereits<br />
sehr gut kenne, für 2014 ganz oben auf der<br />
<strong>Touren</strong>liste.<br />
Bettina Willmes<br />
28 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Caroline Fink, Heinz Zak, Iris Kürschner, Franz Sieghartsleitner, Katrin Widmer, privat<br />
Vom Nebel verhüllt<br />
Es gibt Berge, die ziehen einen einfach<br />
an. Man kann es nicht einmal unbedingt<br />
erklären, warum. So ging es uns mit der<br />
Uia di Mondrone – dem »Matterhorn der<br />
Lanzo-Täler«. Steil und spitz überragt es in<br />
imposanter Wuchtigkeit das kleine Dörfchen<br />
Balme in den piemontesischen Alpen.<br />
Wir arbeiteten an Wanderbüchern über die<br />
Gegend und konnten den Berg von vielen<br />
Aussichtspunkten bewundern. Aber immer,<br />
wenn wir uns den Gipfel vornahmen,<br />
hüllte dieser sich in Wolken ein. Dann endlich<br />
schien es zu passen. Wir stiegen <strong>zum</strong><br />
Bivacco Bruno Molino auf. Doch sämtliche<br />
Wasserquellen rund um die Hütte waren<br />
versiegt. Jede Menge Steinböcke sahen uns<br />
ungerührt bei der verzweifelten Suche zu.<br />
Rückzug ins Tal. Ohne Wasser geht eben<br />
nichts. In Balme stellten wir unseren Wecker<br />
auf drei Uhr nachts. Ein Mammutaufstieg,<br />
so wichtig war uns der Berg. Steiler<br />
Anstieg über viele Höhenmeter im schlaftrunkenen<br />
Zustand. Einmal verpasst mein<br />
Fuß den schmalen Pfad und ich falle durch<br />
das verflixt rutschige Seitengras ein paar<br />
Meter tiefer. Wir haben uns gerade wieder<br />
<strong>zum</strong> Biwak geschuftet, da wallt uns Nebel<br />
Von der Flut überrascht<br />
Ein Bekannter hat mir den Floh ins Ohr<br />
gesetzt: »Von der Wurzeralm zur Tauplitzalm:<br />
Das musst du machen! Am besten<br />
im Herbst, da läufst du über weite Hochplateaus<br />
mit Almhütten und verfärbten Lärchen.<br />
Über dir die weiß angezuckerte Kette<br />
des Toten Gebirges. Des is a Schau!«<br />
Die Wurzeralm kenne ich vom Frühjahr:<br />
Gelbe Sumpfdotterblumen wuchern im<br />
Hochmoor und fassen die mäandernde<br />
Teichl ein. Darüber erhebt sich die gebänderte<br />
Wand des Warschenecks.<br />
Die Tauplitzalm kenne ich nur vom<br />
Winter: haufenweise Schnee, der die<br />
bucklige Landschaft in ein weißes Meer<br />
verwandelt. Im Frühjahr sollen die Wiesen<br />
bunt gesprenkelt sein von den vielen<br />
verschiedenen Blumen – einige davon<br />
pflücken die Ausseer <strong>zum</strong> Narzissenfest.<br />
Frühlingsgefühle bestürmten mich und<br />
ich beschloss, mit der Tour nicht bis <strong>zum</strong><br />
Herbst zu warten. Während ich plante und<br />
packte, begann es zu regnen. Kurz vor der<br />
Abfahrt regnete es immer noch. Die Hochwasserkatastrophe<br />
hielt wochenlang ganz<br />
Mitteleuropa in Atem. Also doch besser<br />
TOUR<br />
Uia di Mondrone<br />
(2964 m) – Piemont<br />
▶ schwierig 8 Std.<br />
1506 Hm 1506 Hm<br />
Charakter: Lange und steile Bergtour;<br />
bis zur Alpe le Piane ordentlicher<br />
Pfad, dann zunehmend felsiger,<br />
leichte Kletterstellen. Schwindelfreiheit<br />
und Trittsicherheit notwendig<br />
Ausgangspunkt: Straßenkehre<br />
vor Molera (1458 m), Zufahrt von der<br />
Straße zwischen Chialambertetto und<br />
Molette ein paar Kilometer vor Balme<br />
Hütte: Bivacco Bruno Molino (2279<br />
m), Selbstversorgerhütte mit Matratzenlager,<br />
doch ohne Kochvorrichtung<br />
Route: Von Molera zunächst auf der<br />
weiß-rot-weiß markierten GTA bis<br />
zur Alpe Pian Bosco (1683 m). Dann<br />
links des Rio Maian auf dem Weg<br />
<strong>zum</strong> Bivacco Bruno Molino bis kurz<br />
vor der Alpe le Piane links der<br />
Pfad gen Uia di<br />
Mondrone abgeht.<br />
dem Rat meines Bekannten folgen, die Tour<br />
im Herbst zu machen? Dann war Herbst. Eigentlich<br />
schon Winter. Und ich war immer<br />
noch nicht unterwegs von der Wurzeralm<br />
zur Tauplitzalm: Erst hielt mich das schöne<br />
Wetter in den heimatlichen Bergen zurück,<br />
dann eine Hochzeit und schließlich der<br />
erste Schnee. A propos ... im Winter ist die<br />
Tour bestimmt der absolute Geheimtipp.<br />
Muss ich unbedingt mal machen!<br />
Dagmar Steigenberger ◀<br />
Dagmar, 36<br />
<strong>Touren</strong>karte 9,<br />
Heftmitte<br />
<strong>Touren</strong>karte X,<br />
Heftmitte<br />
nach. Es wird ein Wettlauf,<br />
den wir nicht gewinnen.<br />
Der Nebel holte uns ein:<br />
erneu ter Rückzug. Der Gipfel<br />
mag nicht weit gewesen<br />
sein, doch wir hätten dort im Nebel nichts<br />
zu tun. Möglicherweise trifft man nur als<br />
Fotografen solche Entscheidungen. Die Uia<br />
di Mondrone steht noch immer auf unserer<br />
Liste.<br />
Iris Kürschner<br />
Iris, 48<br />
TOUR<br />
Wurzeralm zu Tauplitzalm<br />
– Totes Gebirge<br />
▶ mittel 11 Std.<br />
1000 Hm 700 Hm<br />
Charakter: 28 km lange Wanderung<br />
über Almplateaus<br />
Ausgangspunkt: Bergstation der<br />
Standseilbahn Wurzeralm (1427 m)<br />
Endpunkt: Bergstation Tauplitzalm<br />
(1620 m) bzw. Hinterstoder (591 m)<br />
Hütten: Liezener Hütte (1782 m);<br />
Hochmölbinghütte (1684 m)<br />
Route: Wurzeralm – Luckerhütte<br />
(1840 m) – Liezener Hütte (1782 m)<br />
– Hochmölbinghütte (1684 m) –<br />
Sumperalm (1755 m) – Hanslhütte<br />
(1468 m) – Leisthütten (1647 m)<br />
– Tauplitzalm; alternativ von der<br />
Hochmölbinghütte über<br />
Türkenkarscharte<br />
bis Hinterstoder<br />
<strong>Touren</strong>karte <strong>12</strong>,<br />
Heftmitte<br />
November Dezember<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 29
AUF TOUR<br />
Skidurchquerung der Lechtaler Alpen<br />
Extrem<br />
einsam<br />
Sie führt weder über Gletscher noch über die 3000-Meter-<br />
Marke. Trotzdem sind die Etappen lang, die Hänge steil und die<br />
Einkehrmöglichkeiten rar. Für erfahrene Skibergsteiger ist<br />
die winterliche Durchquerung der »Lechtaler« gerade wegen<br />
dieser rauen Bedingungen ein Sahnehäubchen.<br />
Von Dieter Elsner (Text und Fotos)<br />
Allein, mitten in einer wilden, winterlichen<br />
Landschaft mit felsigen<br />
Gipfeln und steilen Karen. Sie<br />
gehören zu den Lechtaler Alpen,<br />
<strong>zum</strong> Verwall und zur Silvretta.<br />
Ich sitze auf dem Bergwerkskopf,<br />
genieße die Nachmittagssonne und blicke<br />
zurück auf die ersten beiden Etappen<br />
meiner sechstägigen Durchquerung der<br />
»Lechtaler«. Einen Großteil der Route von<br />
der Muttekopfhütte zur Steinseehütte, die<br />
für heute mein Pensum war, kann ich von<br />
hier oben einsehen.<br />
Wenige Tage zuvor: Es ist Ende Februar,<br />
endlich stellen sich die lang ersehnten<br />
Verhältnisse ein. Seit zwei Tagen haben<br />
die Lawinenwarndienste von Vorarlberg<br />
und Bayern die Warnstufe eins herausgegeben,<br />
und zwar für alle Höhenlagen und<br />
Expositionen. Da sich zudem eine stabile<br />
Hochdrucklage ankündigt, die für gute<br />
Sicht, kalte Nächte und nicht allzu warme<br />
Mittagstemperaturen sorgt, nehme ich eine<br />
Woche Urlaub. Da es während und seit der<br />
letzten Schneefallperiode nicht sehr windig<br />
war, kann ich in den schattseitigen Karen<br />
noch mit unverblasenem Pulver rechnen;<br />
vielleicht zeigen sich <strong>zum</strong>indest die steilen<br />
südseitigen Hänge bereits mit Firn.<br />
Nachmittagskaffee im Winterraum<br />
Nach den ersten beiden Etappen sieht es<br />
ganz so aus, als ob die Prognosen zutreffen<br />
würden. Um die Mittagszeit habe ich die<br />
Steinseehütte erreicht und es mir im Winterraum<br />
gemütlich gemacht, Holz gehackt<br />
und einen Kaffee gekocht.<br />
Da bis <strong>zum</strong> Abend noch genügend Zeit war,<br />
beschloss ich, meinem Lieblingsberg, dem<br />
nahen Bergwerkskopf, einen Besuch abzustatten.<br />
Der Anstieg erfolgt von der Steinseehütte<br />
über herrliche Nordwesthänge.<br />
Anfang März erreicht die Sonne diese Hänge<br />
<strong>zum</strong> Großteil schon am Nachmittag –<br />
aber die Schneequalität beeinträchtigt das<br />
noch nicht. Der Anstieg vom Skidepot führt<br />
über kurze Stufen und einige Querungen<br />
von der Westseite des Berges auf die Südseite<br />
in eine steile Rinne, die an einer kleinen<br />
Scharte endet. Von dort geht es in wenigen<br />
Schritten auf den Gipfel. Die Verhältnisse<br />
sind optimal; obwohl unten im Tal sehr wenig<br />
Schnee liegt, habe ich den Anstieg noch<br />
nie so gut zugeschneit erlebt.<br />
30 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Steiler Zahn: Die Roggspitze<br />
(2747 m) ragt über der verschneiten<br />
Erlachalpe in den Himmel.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 31
Nützliche Barriere:<br />
Die Heiterwand hält die<br />
Wolken vom Rudiger fern.<br />
Am östlichen Horizont ist<br />
bereits ein heller Streifen zu<br />
erkennen, alles andere<br />
hüllt sich noch in Dunkelheit.<br />
Spartanische Gemütlichkeit<br />
im Winterraum<br />
der Steinseehütte<br />
Die Aussicht vom Bergwerkskopf gibt mir<br />
einen guten Überblick über den ersten<br />
Teil der Strecke des nächsten Tages. Sechs<br />
Jöcher befinden sich auf dem Weg von der<br />
Steinseehütte zur Memminger Hütte, dazwischen<br />
Hangneigungen in alle Himmelsrichtungen.<br />
Es sind die beiden Königsetappen,<br />
die nun mit Tag drei und vier vor mir<br />
liegen – sie stechen unter den Abschnitten<br />
der Lechtaler-Durchquerung, die allesamt<br />
höchst spannend und abwechslungsreich<br />
sind, besonders hervor.<br />
Es ist kurz vor sechs Uhr in der Früh. Am<br />
östlichen Horizont ist bereits ein heller<br />
Streifen zu erkennen, alles andere hüllt<br />
sich noch in Dunkelheit. Wie jeden Morgen<br />
breche ich in der Dämmerung auf. Zunächst<br />
geht es über das Roßkarschartl <strong>zum</strong><br />
Fuß des Roßkares – nicht zu verwechseln<br />
mit dem Gramaiser Roßkar.<br />
Es ist immer wieder ein erhebendes Gefühl,<br />
TIPP<br />
Reizvolle Routen<br />
durch die Lechtaler<br />
Es gibt zahlreiche Durchquerungsmöglichkeiten<br />
der »Lechtaler« oder von Teilen<br />
dieses Gebirgszuges – mit ganz unterschiedlichen<br />
Ausgangs- und Endpunkten. Spannend<br />
ist bereits das Austüfteln der Route<br />
zuhause im Vorfeld. Wenn die »Knackpunkte«<br />
der Route schon vorher einmal ausgekundschaftet<br />
wurden, vermeidet man unterwegs<br />
böse Überraschungen.<br />
Zu den interessantesten und längsten<br />
Varianten zählt die Route von Kelmen bis <strong>zum</strong><br />
Arlberg, wie sie im Text beschrieben ist.<br />
Das Reizvolle an dieser Route: Bis zu 30<br />
Gipfel können auf dem Weg »mitgenommen«<br />
werden. Allerdings wird der Zeitaufwand<br />
mit der Besteigung möglichst vieler Gipfel<br />
deutlich höher. Selbst ohne zusätzliche Gipfelaufstiege<br />
sind die Etappen nicht allzu kurz.<br />
Beim Gepäck sollte man gut abwägen, was<br />
nötig ist. Ein zu schwerer Rucksack mindert<br />
den Spaß beim Gehen und Fahren doch<br />
erheblich. Neben der Skitouren-Ausrüstung<br />
muss der gesamte Proviant für eine Woche<br />
im Rucksack Platz fi nden, da ausschließlich<br />
in Winterräumen übernachtet wird.<br />
Steile Hänge und<br />
Querungen beim Aufstieg<br />
<strong>zum</strong> Bergwerkskopf<br />
in dieser abgelegenen, fantastischen Winterlandschaft<br />
seine Spur durch unberührte<br />
Pulverhänge zu ziehen – sowohl im Aufstieg<br />
als auch in der Abfahrt. Auf dieser<br />
Etappe folgt ein Höhepunkt dem anderen:<br />
Vom Ausstieg aus dem Roßkar sind es nur<br />
wenige Minuten bis auf die Roßkar-Spitze,<br />
die einen herrlichen Blick auf die imposante<br />
Ostseite von Kleiner und Großer Leiterspitze<br />
bietet.<br />
Nicht mehr allein<br />
Erstaunlicherweise ist es diesmal sogar<br />
möglich, das Leiterjöchl durchwegs mit Ski<br />
zu befahren, was selbst in deutlich schneereicheren<br />
Wintern bisher unmöglich war. Nach<br />
dem ersten, sehr steilen Teil zwischen Felstürmen<br />
schwinge ich über ideale Skihänge<br />
hinab Richtung Röttal. Der weitere Anstieg<br />
führt über das zunächst weite, mit Felsblöcken<br />
übersäte Kar hinauf <strong>zum</strong> Oberlahms-<br />
32 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
jöchl. Der Blick hinüber zu Freispitze, Roter<br />
Platte, Langkar und Grießlspitze ist immer<br />
wieder beeindruckend. Die letzte Abfahrt<br />
des Tages endet direkt an der Memminger<br />
Hütte.<br />
Am späten Nachmittag traue ich meinen<br />
Augen nicht: Beim Holen der vollen<br />
Schmelzwassereimer unter dem Hüttendach<br />
sehe ich eine Person am Oberlahmsjöchl.<br />
Bereits in der Abfahrt erkenne ich<br />
einen alten Weggefährten, mit dem ich<br />
schon so manche Tour in den Lechtaler Alpen<br />
unternommen habe. Es ist Michl Wildung.<br />
Von meiner Frau hatte er erfahren,<br />
dass ich in der Nähe der Memminger Hütte<br />
unterwegs war. Schnell entschlossen fuhr<br />
Michl nach Gramais und brachte die knapp<br />
2000 Höhenmeter hinter sich. So werden<br />
wir in den folgenden drei Tagen zu zweit<br />
unterwegs sein.<br />
Frühmorgens spuren wir durch lockeren<br />
Pulver über die drei zugefrorenen und<br />
zugeschneiten Seewiseen hinauf zur Wegscharte,<br />
dem Übergang ins Ober-Patrol. Die<br />
Zwischen-Abfahrt über 400 Höhenmeter ist<br />
anfangs extrem steil und führt durch Felsen<br />
in langsam flacher werdendes Gelände.<br />
Der nächste Anstieg zur Schafscharte<br />
unter dem steil aufragenden Nordgrat der<br />
Parseierspitze zählt für mich zu den landschaftlich<br />
eindrucksvollsten Übergängen<br />
in den Lechtalern. Über diese Scharte werden<br />
Anfang September die Schafe von der<br />
Freispitze-Seite hinab ins Unter-Patrol und<br />
hinaus nach Zams getrieben: ein faszinierender<br />
Anblick, wenn 200 bis 300 Schafe<br />
hintereinander durch den dunklen Mergel<br />
hinauf zur Scharte ziehen.<br />
Schwierige Abfahrt<br />
Unser Höhepunkt des Tages ist jedoch die<br />
Abfahrt über 800 Höhenmeter hinunter auf<br />
den flachen Karboden des »Zammer Parseier«.<br />
Der Weg über eine schräge Rampe inmitten<br />
einer Felsflanke nach links unten<br />
ist nicht ganz leicht zu finden. Zunächst<br />
bieten die Hänge bis <strong>zum</strong> »Großen Stein«<br />
und auch jene bis zur Rampe erstklassiges<br />
Skigelände. Doch die Rampe selbst ist dann<br />
deutlich steiler und erfordert volle Aufmerksamkeit.<br />
Für eine Zugabe – den rassigen Nordhang<br />
des Eisenkopfes mit 1000 Höhenmetern –<br />
haben wir an diesem Tag leider keine Zeit,<br />
da uns noch einige Anstiege bevor stehen:<br />
jener aufs Stierloch und ein weiterer aufs<br />
Winterjöchl. Auf der Ansbacher Hütte erwartet<br />
uns ein separater Winterraum, bestens<br />
mit Feuerholz ausgestattet und mit<br />
tadellos funktionierendem Ofen. Von der<br />
Hütte an der steilen Südseite der Lechta-<br />
KOMPAKT<br />
Schroffe Gipfel der Nördlichen Kalkalpen<br />
Anreise: Von München über<br />
die A95 nach Garmisch-<br />
Partenkirchen und weiter auf<br />
der Bundesstraße über den<br />
Fernpass Richtung Reutte,<br />
bei Bichlbach abbiegen auf<br />
die L21 nach Berwang und<br />
Kelmen. Von Stuttgart, Ulm<br />
und Kempten über die A7<br />
durch den Grenztunnel Füssen/<br />
Vils, Abfahrt Reutte-Nord<br />
nach Reutte und in Richtung<br />
Weißenbach auf der B198<br />
ins Lechtal.<br />
Rückblick: Stanskogel<br />
und Hoher Riffler am<br />
Morgen der letzten Etappe<br />
Öffentliche Verkehrsmittel:<br />
Von München über Garmisch-Partenkirchen<br />
mit dem<br />
Zug bis Bichlbach-Berwang;<br />
zurück von Zürs mit dem Postbus<br />
(Nr. 92) bis St. Anton und<br />
über Innsbruck nach München.<br />
Zwischen Steeg am Lech und<br />
Berwang verkehren Busse (mit<br />
Umsteigen in Reutte)<br />
Informationen: Ferienregion<br />
Tiroler Lechtal, Untergiblen 23,<br />
A-6652 Elbigenalp,<br />
Tel. 00 43/56 34/53 15,<br />
Blickfang in Pastell:<br />
Morgendämmerung über<br />
dem Bacheregg<br />
www.lechtal.at, info@lechtal.at<br />
Beste Zeit: Mitte Februar<br />
bis Mitte April<br />
Karten: AV-Karte 1:25 000,<br />
Blatt 3/2 »Lechtaler Alpen,<br />
Arlberggebiet«, Blatt 3/3<br />
»Lechtaler Alpen Parseierspitze«<br />
und Blatt 3/4 »Lechtaler<br />
Alpen, Heiterwand, Muttekopf«<br />
Literatur: D. Elsner »Winter<br />
im Lechtal«, Eigenverlag 2003;<br />
D. Elsner/M. Seifert »Lechtaler<br />
Alpen«, Skitourenführer,<br />
Panico Alpinverlag 2010<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 33
Lichter im Wettstreit: St. Anton am Abend<br />
ler Alpen hat man einen<br />
schönen Blick hinab ins<br />
Tal der Rosanna und hinüber<br />
ins nahe Verwall<br />
mit dem dominierenden<br />
Gipfel des Hohen Riffler,<br />
einem vergletscherten<br />
Dreitausender.<br />
Am fünften Tag erreichen<br />
wir mit der Vorderseespitze<br />
(2889 m) den<br />
höchsten Punkt unserer<br />
Durchquerung. Leider<br />
finden wir im neuen, sehr funktionellen<br />
Winterraum der Leutkircher Hütte kein<br />
einziges Scheit Holz vor. Dafür werden wir<br />
von St. Anton bestens mit Après-Ski-Musik<br />
versorgt – ein Vorgeschmack auf das Zürser<br />
Skigebiet, einem von zwei möglichen<br />
Endpunkten unserer Route der Lechtaler-<br />
Durchquerung.<br />
Am Schlusstag muss man sich im Bereich<br />
der Stuttgarter Hütte entscheiden, ob man<br />
sich nach Westen orientiert und sich bei<br />
Lech-Zürs bald unter das Arlberger Ski-Volk<br />
mischt oder sich doch lieber nach Nordosten<br />
wendet und hinab ins obere Krabachtal<br />
fährt. Die Einsamkeit, die uns während der<br />
vergangenen Tage so intensive Erlebnisse<br />
bescherte, ist vorbei – so oder so. Bei Apfelstrudel<br />
und Kaffee mit Schlagobers träumen<br />
wir von einer Wiederholung dieser<br />
Durchquerung: diesmal allerdings in umgekehrter<br />
Richtung.<br />
◀<br />
TOUREN<br />
Auf Ski durch die Lechtaler Alpen<br />
<strong>Touren</strong>karte 1<br />
Heftmitte<br />
Die anspruchsvolle Durchquerung mit teils langen Etappen erfordert die allerbesten Bedingungen.<br />
Übernachtet wird ausschließlich in den Winterräumen der Alpenvereinshütten.<br />
1 Kelmen – Muttekopfhütte<br />
▶ mittel 7–9 Std.<br />
2900 Hm 2300 Hm<br />
Charakter: Sehr lange Etappe, vor<br />
allem die Abfahrt vom Rudigerkopf<br />
ins Faselfeiltal erfordert eine sehr<br />
hohe Schneelage; der Anstieg <strong>zum</strong><br />
Steinjöchl ist die steilste Passage des<br />
Tages; (evtl. die Anhalter Hütte mit<br />
zusätzlicher Übernachtung einplanen)<br />
Ausgangspunkt: Kelmen (1360 m)<br />
Route: Kelmen – Seelakopf (2368 m)<br />
– Schlirealm (1936 m) – Rudigerkopf<br />
(2249 m) – Faselfeiltal – Kromsattel<br />
(2137 m) – Stein jöchl (2198 m) –<br />
Hahntennjoch (1894 m) – Scharnitzsattel<br />
(2441 m) – Muttekopfhütte<br />
(1934 m)<br />
2 Muttekopfhütte –<br />
Steinseehütte<br />
▶ mittel 5–7 Std.<br />
2000 Hm 1900 Hm<br />
Charakter: Abwechslungsreiche<br />
Etappe im Bereich Muttekopf, Große<br />
Schlenkerspitze und Bergwerkskopf;<br />
Abfahrt vom Brunnkarjöchl nach<br />
Süden endet mit dem Übergang beim<br />
Mitterjöchle oder – schöner, aber<br />
länger – ca. 100 Hm unterhalb der<br />
kleinen Hahnleshütte; steiler Schlussanstieg<br />
zur Verborgenen Gratscharte<br />
Ausgangspunkt: Muttekopfhütte<br />
(1934 m)<br />
Route: Imster Höhenweg – Larsennjoch<br />
(2500 m) – Brunnkarjöchl<br />
(2510 m) – Verborgene Gratscharte<br />
(2250 m) – Steinseehütte<br />
3 Steinseehütte –<br />
Memminger Hütte<br />
▶ schwierig 6–8 Std.<br />
1700 Hm 1600 Hm<br />
Charakter: Anspruchsvolle Etappe<br />
mit drei sehr steilen Übergängen<br />
(bergab); die Leiterscharte muss<br />
meist <strong>zum</strong>indest <strong>zum</strong> Teil abgestiegen<br />
werden, weil felsig.<br />
Ausgangspunkt: Steinseehütte<br />
(2061 m)<br />
Route: Roßkarschartl – Roßkar-Spitze<br />
– Bittrichkopf (2698 m) – Leiterjöchl<br />
(2515 m) – Oberlahmsjöchl (2505 m)<br />
– Memminger Hütte (2242 m)<br />
4 Memminger Hütte –<br />
Ansbacher Hütte<br />
▶ schwierig 7–9 Std.<br />
2000 Hm 1900 Hm<br />
Charakter: Ebenfalls sehr anspruchsvolle<br />
Etappe, extrem steile Abfahrt<br />
von der Wegscharte (immer sehr<br />
harter Schnee, da früh am Morgen<br />
gestartet wird), schwierig zu fi ndende<br />
Abfahrt von der Schafscharte;<br />
die Querung vom Flarschjoch zur<br />
Ansbacher Hütte ist sehr steil<br />
und sollte möglichst in der Flanke<br />
der Samspitze umgangen werden.<br />
Ausgangspunkt: Memminger Hütte<br />
(2242 m)<br />
Route: Wegscharte – Schafscharte<br />
(2556 m) – Stierloch – Winterjöchl<br />
(2528 m) – Knappenbödensee<br />
(2175 m) – Flarschjoch (2464 m) –<br />
Ansbacher Hütte (2376 m)<br />
5 Ansbacher Hütte –<br />
Leutkircher Hütte<br />
▶ schwierig 6–8 Std.<br />
2200 Hm 2200 Hm<br />
Charakter: Überschreitung der<br />
Vorderseespitze zu Beginn der langen<br />
Etappe mit sehr steilen Passagen<br />
in Aufstieg und Abfahrt; im letzten<br />
Viertel des Kaisertals auf die andere<br />
Talseite wechseln, um so schnellstmöglich<br />
ins Almajurtal zu kommen<br />
Ausgangspunkt: Ansbacher Hütte<br />
(2376 m)<br />
Route: Flarschjoch (2464 m) –<br />
Vorderseespitze (2889 m) – Hinterseejoch<br />
(2482 m) – Kaisertal – Almajurtal<br />
– Glogger – Leutkircher Hütte<br />
6 Leutkircher Hütte –<br />
Lechtalstraße<br />
▶ mittel 6–8 Std.<br />
1500 Hm 2300 Hm<br />
Charakter: Etwas sanftere Etappe<br />
(nur der Aufstieg <strong>zum</strong> Bacheregg<br />
ist sehr steil); im Bereich Kartellbodenalpe<br />
– Erlispitze trifft man meist<br />
auf Skispuren von Variantenfahrern,<br />
die von der Valluga kommen.<br />
Ausgangspunkt: Leutkircher Hütte<br />
(2261 m)<br />
Route: Bacheregg – Gamskar-<br />
Scharte (2534 m) – Kartellboden alpe<br />
(1919 m) – Übergang bei Punkt<br />
2495 m – Krabachtal – Jöchle –<br />
Bockbachtal – Lechtalstr. (1150 m)<br />
34 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
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REPORTAGE<br />
Unterwegs mit einem Lawinenhundeführer<br />
Auf Schnupper-<br />
36 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Den Ernstfall proben: Für Skitourengeher<br />
empfiehlt sich ein Kurs<br />
zur Suche von Verschütteten.<br />
Bei einem Lawinenabgang<br />
entscheiden<br />
Minuten über das<br />
Leben von Verschütteten.<br />
Oft orten<br />
die Suchhunde der<br />
Bergwacht die<br />
Menschen in den<br />
Schneemassen.<br />
Und Bergsportler<br />
können in Lawinenkursen<br />
lernen, wie<br />
sie ihre Kameraden<br />
im Ernstfall finden<br />
und bergen.<br />
Von Janek Schmidt<br />
Kurs<br />
Bergwacht-Hundeführer Michael<br />
Meder sucht mit Hund Spike immer<br />
wieder Verschüttete.<br />
Fotos: Janek Schmidt, Stephan Harvey<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 37
Wenn die Schneemassen Menschen begraben haben, entscheiden Minuten über Leben und Tod.<br />
Es ist ein schöner Tag mit starkem<br />
Schneefall, wie ihn Michael Meder<br />
eigentlich liebt. Bei jedem<br />
Schritt knirschen die Flocken<br />
unter seinen Füßen und geben<br />
dem Hundeführer der Bergwacht Bayern<br />
das ersehnte Gefühl von Nähe zur Natur.<br />
Doch dann geht er um einen Bergrücken<br />
im Garmischer Skigebiet und sieht, dass die<br />
Natur diesmal zu nah gekommen ist: Wo<br />
eben noch vier Personen am Pistenrand<br />
standen, liegt nur noch das Schneegeröll<br />
einer Lawine.<br />
Eigentlich hatte sich Meder eine Woche<br />
Urlaub genommen, um mit seinem Schäferhund<br />
Spike an der jährlichen Bergwacht-<br />
Fortbildung der Suchhundestaffel Hochland<br />
teilzunehmen. Doch während der<br />
Übung am Garmischer Osterfelderkopf kam<br />
Schnee außerhalb der Piste ins Rutschen<br />
und verschüttete einen Skifahrer und drei<br />
von Meders Kollegen. Es ist eine Häufung<br />
von Zufällen und großes Pech – doch gepaart<br />
mit dem Glück, dass Helfer der Bergwacht<br />
in der Nähe sind, die gerade erst ihr<br />
Lawinen-Wissen aufgefrischt haben.<br />
So erinnert sich auch Meder, während er<br />
<strong>zum</strong> Unfallort rennt, an die Arbeit und<br />
die langen Übungen mit seinem Hund<br />
Spike. 2010 hatte er den damals drei Monate<br />
alten Welpen für 300 Euro gekauft<br />
und begann bald mit dem Training erster<br />
Unterordnungs-Befehle und der Verschütteten-Suche.<br />
Dafür stieg Meder immer<br />
wieder in Schneelöcher, um sich dort von<br />
Spike finden zu lassen. Zunächst kletterte<br />
er noch deutlich sichtbar in eine flache<br />
Kuhle. Doch mit<br />
der Zeit entfernte er<br />
sich immer weiter<br />
von seinem Hund<br />
und grub sich tief in<br />
den Schnee ein. Da<br />
Spike inzwischen<br />
bei diesen Übungen<br />
sein Herrchen und<br />
auch andere Personen<br />
erschnüffeln<br />
kann, ist er zu einem<br />
Lawinen-Hund<br />
der Kategorie B aufgestiegen<br />
und könnte<br />
bald sogar die<br />
höchste Kategorie<br />
C erreichen. Doch<br />
diese Formalitäten<br />
Das LVS-Gerät muss bei der<br />
Feinsuche dem Boden nah sein.<br />
sind nun unwichtig, denn jetzt müssen vier<br />
Verschüttete gefunden werden. Dafür sind<br />
die Bedingungen nicht schlecht.<br />
Am besten starker Körpergeruch<br />
Denn der Schneerutsch ereignete sich in nur<br />
100 Metern Entfernung des Trainingsfeldes,<br />
und so müssen die Lawinenhunde keinen<br />
langen Weg zur Unfallstelle zurücklegen.<br />
Stößt man auf Verschüttete,<br />
federt die Sonde leicht zurück.<br />
Fotos: Janek Schmidt (3), Josef Mallaun, LWZ<br />
38 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
»Der Hund sollte<br />
nie müde am<br />
Lawinenkegel<br />
ankommen,<br />
sonst ist er unkonzentriert.«<br />
»Der Hund sollte nie müde am Lawinenkegel<br />
ankommen«, hatte Meder am Vortag<br />
noch erläutert, »sonst ist er unkonzentriert,<br />
und wenn er zu schnell hechelt, wird seine<br />
Nase trocken, dann riecht er nicht mehr<br />
gut«. Zudem kommt den Hunden entgegen,<br />
dass an diesem kalten Tag auf etwa 2000<br />
Metern Höhe Minusgrade herrschen, und<br />
der neu gefallene Pulverschnee trocken<br />
und grobporig ist. Somit steigt der Geruch<br />
von Verschütteten besser auf als bei einer<br />
Nassschneelawine. Am besten funktioniert<br />
es, wenn Lawinenopfer starken Geruch absondern,<br />
weil sie verschwitzt sind oder vor<br />
Schock in die Hose gepinkelt haben.<br />
Normalerweise würde Meder eine spezielle<br />
Sonde mit einem angebundenen Stoffband<br />
aus dem Rucksack holen, sobald er am Lawinenfeld<br />
ankommt. Das Stoff band dient<br />
als Windmesser und zeigt ihm, wo er Spike<br />
<strong>zum</strong> Suchen ansetzen muss: am windabgewandten<br />
Ende des Lawinenfelds. Also dort,<br />
wo der Wind erst über die Schneebrocken<br />
zieht, bevor er auf den Hund trifft und<br />
Am besten kann der Lawinenhund die Verschütteten an<br />
starkem Schweiß- oder Uringeruch orten.<br />
ihm so den Geruch der Lawinenopfer zuträgt.<br />
Doch hier am Osterfelderkopf ist der<br />
Schneerutsch überschaubar, so dass schnell<br />
zu erkennen ist, wo die Verschütteten etwa<br />
liegen müssen. Schnell helfen Meder und<br />
weitere Kollegen drei Verschütteten, sich<br />
aus dem Schnee zu befreien. Doch vom vierten<br />
Lawinenopfer fehlt zunächst jede Spur.<br />
Mit schnellen, kräftigen Bewegungen schaufeln<br />
die Helfer nun weiter. Immer tiefer graben<br />
sie sich in den Schnee und nach knapp<br />
zehn Minuten befreien sie letztlich den vierten<br />
Verschütteten. Um sich zu versichern,<br />
dass keine weiteren Menschen unter den<br />
Schneemassen liegen, führen drei Mitarbeiter<br />
der Bergwacht ihre Suchhunde über den<br />
Lawinenkegel und geben bald Entwarnung.<br />
Diese Suche zeigt zwar, wie nützlich Hunde<br />
wie Spike nach Lawinenabgängen sein können.<br />
Doch entscheidend ist meist die schnelle<br />
Hilfe durch andere Bergsportler.<br />
Signale langsam suchen<br />
Um Trainingsmöglichkeiten für solche<br />
Ernstfälle zu bieten, haben<br />
die Alpenvereins-Sektionen<br />
München und Oberland zwei<br />
spezielle Anlagen mit fernsteuerbaren,<br />
vergrabenen Lawinenpiepsern<br />
am Spitzing<br />
installiert. Dort finden jeden<br />
Winter Kurse für Anfänger<br />
und Fortgeschrittene statt.<br />
Einige dieser Übungen leitet<br />
der erfahrene Alpinist Sepp<br />
Scheichenzuber. Er hat auch<br />
an einem Sonntag im Hochwinter<br />
wieder acht Teilnehmer<br />
eines Fortgeschrittenenkurses<br />
um sich versammelt<br />
und wiederholt mit ihnen<br />
zunächst die vier Phasen eines<br />
Lawineneinsatzes:<br />
TIPP<br />
Jedem Wintersportler<br />
sollte die Lawinengefahr<br />
bewusst sein.<br />
Zehn Tipps zur<br />
Rettung von<br />
Verschütteten<br />
1 Notruf: Eingeschaltete Handys nutzen<br />
ihr Vertrags-Netz, das aber in manchen<br />
Berg lagen schlechten Empfang bietet.<br />
In dem Fall schaltet man sein Handy vor<br />
einem Notruf erneut ein und wählt statt des<br />
PINs die Notrufnummer 1<strong>12</strong>. Dann sucht<br />
das Handy das am besten verfügbare Netz.<br />
2 Organisation: In Gruppen übernimmt<br />
ein Retter die Koordination und weist<br />
zunächst alle Helfer an, ihr LVS-Gerät auf<br />
»Suchen« (oder auf »Aus«) zu schalten.<br />
3 Grobsuche: Wenn man zu Beginn der<br />
Grobsuche dem Pfeil auf seinem LVS-Gerät<br />
folgt und dennoch die Entfernungsanzeige<br />
steigt, so läuft man auf der Feldlinie in<br />
die falsche Richtung. Dann dreht man sich<br />
um 180 Grad und läuft zurück.<br />
4 Feinsuche: LVS-Geräte werden sehr<br />
langsam über der Schneedecke geführt<br />
und dabei nicht gedreht (das würde die<br />
Berechnung der Entfernung stören).<br />
5 Sondieren I: Am Hang sondiert<br />
man nicht lotrecht nach unten, sondern<br />
senkrecht zur Schneeoberfl äche.<br />
6 Sondieren II: Stößt man beim<br />
Sondieren auf den Verschütteten, merkt<br />
man das daran, dass die Sonde nach<br />
dem weichen Aufprall auf den Menschen<br />
ein wenig nach oben zurückfedert.<br />
7 Schaufeln I: Hat man den Verschütteten<br />
beim Sondieren erspürt, lässt man<br />
die Sonde zur Orientierung beim Schaufeln<br />
im Schnee stecken.<br />
8 Schaufeln II: Man gräbt nicht direkt<br />
von oben <strong>zum</strong> Verschütteten, da man<br />
so eine Atemhöhle zertreten kann, sondern<br />
geht (etwa um das 1,5-fache der Verschütteten-Tiefe)<br />
hangabwärts und schaufelt<br />
dann seitlich nach unten.<br />
9 Bergung: Man gräbt schnellstmöglich<br />
einen Luftkanal <strong>zum</strong> Gesicht des<br />
Ver schütteten, befreit dessen Mund und<br />
Rachen von Schnee und öffnet seine<br />
Atemwege durch Überstrecken des Kopfes.<br />
10 Erste Hilfe: Nach dem Ausgraben<br />
schützt man den Geborgenen vor Wind,<br />
indem man ihn mit Alu-Rettungsfolie<br />
und Biwaksack umwickelt und in eine<br />
Schneemulde legt, die zur Isolation mit<br />
Kleidung und Rucksäcken ausgelegt wird.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 39
»Ihr müsst jetzt<br />
drei Verschüttete<br />
finden«, sagt<br />
Scheichenzuber<br />
und startet<br />
die Stoppuhr.<br />
Die Nassschneelawine entsteht vor allem im Frühjahr.<br />
KOMPAKT<br />
Die Hubschrauber-Rettung der Bergwacht<br />
Wenn in den Alpen ein Arzt<br />
oder ein Lawinenhund<br />
zur Suche von Verschütteten<br />
benötigt wird, ist fast immer<br />
ein Hubschrauber das<br />
schnellste Transportmittel.<br />
Zwar hat die Bergwacht<br />
Bayern für ihre etwa 1400<br />
Flüge pro Jahr keine eigenen<br />
Helikopter, doch bekommt<br />
sie Unterstützung von fünf ver -<br />
schiedenen Organisationen<br />
(ADAC, Bundeswehr, Deutsche<br />
Rettungsfl ugwacht sowie<br />
Bundes- und Landespolizei).<br />
Deren Hubschrauber stehen<br />
an fünf Standorten in Bayern:<br />
Nürnberg, München, Kempten,<br />
Murnau und Traunstein. Bei<br />
günstigem Wetter erreichen<br />
die Maschinen viele Unfallorte<br />
in weniger als 30 Minuten.<br />
Doch bei Sturm, schlechter<br />
Sicht, Einsätzen an hohen Gipfeln<br />
oder auch bei Auslastung<br />
der Helikopter kann es länger<br />
dauern. Dann helfen auch<br />
Hubschrauber aus Österreich<br />
oder der Schweiz. Die Kosten<br />
für den Einsatz trägt bei<br />
medizinischen Notfällen normalerweise<br />
die Krankenkasse.<br />
Doch wenn sich Bergsportler<br />
verlaufen, müssen sie ihre<br />
Vermisstensuche und Bergung<br />
per Helikopter selbst bezahlen<br />
– und das ist teuer: Jede<br />
Flugminute kostet zwischen<br />
50 und 90 Euro.<br />
erst die Signalsuche, bei der die Retter das<br />
Lawinenfeld in 20 Meter breiten Streifen ablaufen,<br />
um ein Signal von den LVS-Geräten<br />
der Verschütteten zu bekommen; dann<br />
folgt die Grobsuche, bei der die Teilnehmer<br />
den Pfeilen auf ihren Lawinenpiepsern<br />
folgen und sich so im Laufschritt dem<br />
Verschütteten nähern. »Achtung, wenn du<br />
auf dem Display weniger als zehn Meter<br />
Abstand siehst, solltest du im Schritttempo<br />
weitergehen«, ruft Scheichenzuber einem<br />
Teilnehmer zu. »Die Geräte müssen so viel<br />
rechnen, da erscheint die richtige Anzeige<br />
mit bis zu zwei Sekunden Verspätung.«<br />
Somit verlangsamen sich die Bewegungen<br />
nun und werden noch präziser, als die Retter<br />
bis auf drei Meter an den Verschütteten<br />
herankommen. Für diese dritte Phase, die<br />
Feinsuche, bücken sich die Retter zu Boden.<br />
Behutsam führen sie ihre LVS-Geräte direkt<br />
über der Schneedecke, bis sie zu der Stelle<br />
mit der geringsten Entfernungs-Anzeige<br />
gelangen. Dort nehmen sie schließlich ihre<br />
Fotos: Janek Schmidt (2), Walter Alkofer, Thomas Hafenmair (beide LWD Bayern), Christian Rath<br />
Sepp Scheichenzuber aktiviert für die Übung vergrabene LVS-Geräte.<br />
Auch richtiges Schaufeln muss man lernen; am besten in V-Form<br />
40 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Die typische Gefahr für Bergsportler:<br />
Hier könnte eine Gleitschneelawine abgehen.<br />
KOMPAKT<br />
Beim LVS-Training<br />
den Ernstfall üben<br />
Der DAV bietet für Einsteiger und Fortgeschrittene<br />
Kurse an, mit denen Wintersportler<br />
die Suche nach Verschütteten<br />
mit LVS-Geräten trainieren können.<br />
Preis: ab 39 Euro<br />
Infos und Buchung: www.davplus.de<br />
oder telefonisch bei den Servicestellen des<br />
DAV München und Oberland, z. B. am<br />
Hauptbahnhof München, Tel. 0 89/5 51 70 00<br />
oder am Isartor, Tel. 0 89/2 90 70 90.<br />
Auch kommerzielle Anbieter, wie die<br />
Bergsportagentur »Alpinwerkstatt« haben<br />
LVS-Trainings im Programm.<br />
Infos und Buchung: www.lawinenkurse.de,<br />
Tel. 0 80 24/6 08 99 00<br />
10 €<br />
GUTSCHEIN für<br />
BERGSTEIGER-LESER<br />
Sonde für die Punktortung, um den Verschütteten<br />
genau zu lokalisieren.<br />
»Das Ganze üben wir jetzt gleich zehn Mal,<br />
weil ihr dann im Ernstfall viel schneller<br />
seid«, sagt Scheichenzuber und geht zu einem<br />
großen Fernsteuerungskasten. Mit den<br />
acht Knöpfen der Anlage aktiviert er vergrabene<br />
LVS-Geräte am Hang und gibt seinen<br />
Schülern gleich eine schwierige Aufgabe:<br />
»Ihr müsst jetzt drei Verschüttete finden«,<br />
sagt er und startet die Stoppuhr. Als zwei<br />
Kursteilnehmer in dieselbe Richtung aufbrechen<br />
und vergessen, einen Rand des Lawinenfeldes<br />
abzusuchen, merken sie schnell,<br />
wie wichtig es ist, zuerst einen Verantwortlichen<br />
für die Koordination zu bestimmen.<br />
Und auch für spätere Versuche steigert<br />
Scheichenzuber die Schwierigkeit weiter.<br />
So schickt er nach einiger Zeit einen Statisten<br />
zur Suchmannschaft, der sich als zufällig<br />
vorbeigekommener <strong>Touren</strong>geher ausgibt<br />
und helfen möchte. In der Aufregung<br />
vergessen die Teilnehmer, diesen Passanten<br />
Mit gewaltiger Kraft fegen Lawinen über ihre Umgebung.<br />
daran zu erinnern, seinen Lawinenpiepser<br />
auszuschalten, und wundern sich mehrere<br />
Minuten lang über die neuen Störsignale.<br />
Schaufeln in V-Form<br />
Noch länger als diese Suche dauert bei den<br />
meisten Lawinenunfällen jedoch das Ausschaufeln<br />
der Verschütteten. Scheichenzuber<br />
lässt seine Schüler daher mehrere Löcher<br />
am Hang graben. Dabei erläutert er eine<br />
Technik, die der Lawinen-Forscher Manuel<br />
Genswein bei einem Feldversuch mit Freiwilligen<br />
in Norwegen zur Perfektion gebracht<br />
hat: »das V-förmige Schneeförderband«.<br />
Dazu stellen sich die Helfer in V-Form auf<br />
und graben den Schnee von der Unfallstelle<br />
in zwei Richtungen nach hinten weg. Um<br />
Kraft zu sparen, heben sie die schneebeladenen<br />
Schaufeln nicht zu hoch, sondern<br />
führen sie eng über dem Boden. Zudem<br />
rotieren sie spätestens alle vier Minuten in<br />
der V-Formation, um immer wieder andere<br />
Muskeln zu nutzen und nicht zu ermüden.<br />
»Es ist gar nicht so einfach, zu<br />
viert ein Loch zu schaufeln, ohne<br />
sich gegenseitig in die Füße<br />
zu hacken«, keucht nach der<br />
Übung die Kursteilnehmerin<br />
Nicola Saunders. »Aber wenigstens<br />
weiß ich jetzt, was auf mich<br />
zukommt, falls ich wirklich mal<br />
jemanden ausgraben muss.« ◀<br />
Stephan Harvey, Hansueli Rhyner,<br />
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anschnallen und dem Wanderführer<br />
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auf die Bedürfnisse von Bergsportlern ausgerichtet<br />
hat, ist bei den Wanderhotels »best<br />
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pro Woche kostenlose Wanderungen von der<br />
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Gästen Tipps und Informationen zu weiteren<br />
Unternehmungen.<br />
Die familiengeführten Hotels legen Wert auf<br />
den Service rund um den Bergsport. Ausrüstung<br />
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die Hoteliers ein Wandertaxi an.<br />
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muss nicht auf Fitness verzichten und kann<br />
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AUF TOUR<br />
Faszination Winterwandern<br />
Bindungslos<br />
Am Alpenrand gibt es <strong>Touren</strong>ziele, die oft im Sommer zu<br />
heiß, im Herbst zu überlaufen oder zeitweise gesperrt,<br />
aber gerade im Winter für Wanderer zu empfehlen sind.<br />
Von Michael Pröttel (Text und Fotos)<br />
44 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Südseitiger Aufstieg <strong>zum</strong> Jochberg;<br />
unten glitzert der Walchensee.<br />
»<br />
Markanter Temperatursturz<br />
mit anhaltenden Schneefällen.«<br />
Solch unmissverständliche<br />
Wetterprognosen wie<br />
diese jagen passionierten<br />
Wanderern ab November Schreckensschauer<br />
über den Rücken. Während eingefleischte<br />
Skitourengeher bei solchen Vorhersagen<br />
freudestrahlend ihre Bretter aus dem Keller<br />
holen, ist für Fußgänger »Schluss mit lustig«.<br />
Klar ist: Wer in der kalten Jahreszeit<br />
nicht wenigstens auf Schneeschuhe ausweicht,<br />
ist in den kommenden, »dunklen«<br />
Monaten <strong>zum</strong> Nichtstun verdammt. Oder<br />
vielleicht doch nicht?<br />
Schicksalhafte Begegnung<br />
Meter um Meter kämpfst du dich durch den<br />
vom hart gefrorenen Untergrund ständig<br />
abrutschenden Neuschnee, während deine<br />
Freundin <strong>zum</strong> zweiten Mal ihre Felle verliert.<br />
Das allein könnte man mit ein wenig<br />
Sportsgeist vielleicht noch wegstecken, wäre<br />
da nicht diese rüstige Rentnerin: »Kopf hoch.<br />
Weit ist’s nimmer«, lacht diese – auch noch<br />
etwas beleibte – Dame und steigt auf einer<br />
bereits ausgetretenen Fußspur mühelos an<br />
uns Skibergsteigern vorbei. Ehrenwort, diese<br />
unvergessliche Begegnung wurde nicht als<br />
Intro für diesen Artikel zusammenfantasiert,<br />
sondern fand vor einigen Jahren an der<br />
Nordflanke des Heimgartens – wenn Sie’s<br />
ganz genau wissen wollen – zwischen Bärenfleck<br />
und Feichtl statt. Damals dämmerte<br />
mir <strong>zum</strong> ersten Mal, dass Fußgänger im Winter<br />
auch einmal die Nase vorn haben können.<br />
Vor allem aber, in demselben Maße, wie<br />
mein <strong>Touren</strong>archiv größer wurde, wuchs<br />
auch die Erkenntnis: Manche Winter-Ziele<br />
sind zu Fuß besonders reizvoll – wenn man<br />
warme Socken, gute Winterstiefel, ordentliche<br />
Gamaschen und ein Paar Stöcke sein<br />
Eigen nennt.<br />
Wo es im Sommer untersagt ist<br />
Lohnende Winterziele für Fußgänger lassen<br />
sich grundsätzlich in drei Kategorien einteilen,<br />
von denen die erste all jene besonders<br />
ansprechen wird, die ein Faible für »verbotene<br />
Orte« haben.<br />
Damit seltene Wiesenbrüter nicht von Wanderern<br />
gestört werden, ist es beispielsweise<br />
im gesamten Sommerhalbjahr absolut tabu,<br />
einen wunderschönen Pfad am Staffelsee-Westufer<br />
zu betreten. Von November<br />
bis Ende Februar interessiert es hingegen<br />
weder Brachvogel noch Wachtelkönig, ob<br />
man unter den uralten, verschneiten Eichen<br />
am Rande des Obernacher Moos einen<br />
unvergesslichen heißen Tee genießt.<br />
Wer sicher gehen will, dass keine kal-<br />
Im Sommer ist der Pfad am Staffelsee-<br />
Westufer gesperrt.<br />
Die Tour auf das Mittlere Hörnle mögen<br />
Winterwanderer und Skitourengeher.<br />
Die Partnachklamm ist im Winter noch<br />
wesentlich beeindruckender als im Sommer.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 45
TOUREN<br />
Winterwandern am Alpenrand<br />
Wer am richtigen Tag <strong>zum</strong> richtigen Ziel unterwegs<br />
ist, kann auch als Fußgänger großartige <strong>Touren</strong>tage<br />
im Schnee erleben. Hier einige Vorschläge.<br />
Uralte Eichen am<br />
Westufer des Staffelsees<br />
1 Eistobel<br />
4 Pähler Schlucht<br />
7 Jochberg (1565 m)<br />
9 Heimgarten (1791 m)<br />
▶ mittel 3 Std.<br />
▶ mittel 3 Std.<br />
50 Hm 50 Hm<br />
▶ leicht 3½ Std.<br />
730 Hm 730 Hm<br />
▶ schwierig 5 Std.<br />
1070 Hm 1070 Hm<br />
100 Hm 100 Hm<br />
Charakter: Landschaftlich einmalige<br />
Schluchtwanderung. Im Winter ist der<br />
Eistobel offi ziell gesperrt, die Wege<br />
werden weder geräumt noch gestreut.<br />
Deshalb wird die Mitnahme von<br />
Grödeln, eventuell sogar Steigeisen<br />
empfohlen.<br />
Ausgangspunkt: Argentobel-Brücke<br />
bei Maierhöfen<br />
Route: Argentobel-Brücke – Zwinger<br />
– Wasserfall Eissteg – Zwinger –<br />
Argentobel-Brücke<br />
2 Breitachklamm<br />
▶ mittel 2 Std.<br />
150 Hm 150 Hm<br />
Charakter: Glitzernde Eiszapfen<br />
und erstarrte Wasserfälle verleihen<br />
der Breitachklamm im Winter<br />
noch mehr Zauber als im Sommer.<br />
Zudem ist die tiefste Klamm<br />
Deutschlands zu dieser Zeit<br />
auch weniger stark frequentiert.<br />
Ausgangspunkt: Haupteingang<br />
Breitachklamm<br />
Route: Haupteingang – Breitachklamm<br />
– Oberes Kassenhäuschen<br />
und zurück. Alternativ kann<br />
der Rückweg über Zwingsteg und<br />
Dornachalpe erfolgen.<br />
3 Hoher Peißenberg<br />
▶ leicht 2½ Std.<br />
200 Hm 200 Hm<br />
Charakter: Vergleichsweise kurzer<br />
Anstieg, der – bei klarer Winterluft –<br />
mit einer großartigen Aussicht<br />
auf die Ammergauer und Allgäuer<br />
Alpen belohnt. Aufgrund der südseitigen<br />
Lage im Winter auch immer<br />
mal wieder schneefrei zu begehen.<br />
Ausgangspunkt: Alpenblickstraße<br />
Hohenpeißenberg<br />
Route: Hohenpeißenberg – Bergstraße<br />
– Hoher Peißenberg –<br />
Bergstraße – Hohenpeißenberg.<br />
Charakter: Großartige, wilde<br />
Schluchtwanderung, da der frühere<br />
Weg nicht mehr instand gehalten<br />
wird und sich der Pfad von Jahr zu<br />
Jahr verändert. Von daher ist gute<br />
Trittsicherheit erforderlich.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz der<br />
Hirschbergalm (geschlossen) direkt<br />
an der B2<br />
Route: Hirschbergalm – Pähler<br />
Schlucht – Großer Wasserfall – Pähler<br />
Schlucht – Hirschbergalm. Danach<br />
unbedingt noch den kurzen Anstieg<br />
<strong>zum</strong> oberhalb gelegenen Aussichtspunkt<br />
machen.<br />
5 Staffelsee-Westufer<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
50 Hm 50 Hm<br />
Charakter: Sehr schöne Ufer- und<br />
Moorwanderung zu einem wunderschö<br />
nen, mit uralten Eichen bestandenen<br />
Platz am Westufer. Dieser darf<br />
nur im Winterhalbjahr betreten werden.<br />
Ausgangspunkt: Uffi ng<br />
Route: Bhf. Uffi ng – Fußballplatz<br />
– Staffelsee-Nordufer – Obernacher<br />
Moos – Staffelsee-Südufer<br />
– Bhf. Murnau.<br />
<strong>Touren</strong>karte 3<br />
Heftmitte<br />
6 Mittleres Hörnle (1496 m)<br />
▶ leicht 3 Std.<br />
650 Hm 650 Hm<br />
Charakter: Der beliebte Südanstieg<br />
ist im Winter vor allem deshalb zu<br />
empfehlen, weil nach Schneefällen<br />
meistens vergleichsweise früh eine<br />
Fußgänger-Spur anzutreffen ist.<br />
Zudem apert die Sonnenfl anke<br />
im Winter immer wieder im unteren<br />
Teil aus, was die Skitourengeher<br />
ärgert und die Fußgänger freut.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Kappel<br />
Route: Kappel – Mittleres Hörnle<br />
(– Hörnlehütte) – Mittleres Hörnle –<br />
Kappel<br />
Charakter: Wunderschöne Tour<br />
mit großartiger Aussicht, die den<br />
gesamten Winter über nach Schneefällen<br />
schnell wieder gespurt wird.<br />
Mit Skitourengehern kommt man sich<br />
dort bestimmt nicht ins Gehege.<br />
Ausgangspunkt: Kesselbergsattel<br />
Route: Kesselbergsattel –<br />
Jochberg – Kesselbergsattel<br />
8 Herzogstand (1731 m)<br />
<strong>Touren</strong>karte 2<br />
Heftmitte<br />
▶ mittel 4½ Std.<br />
930 Hm 930 Hm<br />
Charakter: Wie beim Jochberg wird<br />
auch die Südfl anke unterhalb der<br />
Herzogstandhütte nicht von Skitourengehern,<br />
sondern von Fußgängern<br />
gespurt. Ab der Bergunterkunft ist<br />
die Spur auf den Serpentinen der<br />
Gipfelfl anke noch breiter ausgetreten.<br />
Ausgangspunkt: Talstation der<br />
Herzogstandbahn<br />
Route: Talstation – Herzogstandhaus<br />
– Herzogstand – Herzogstandhaus –<br />
Talstation<br />
Charakter: Das richtige Ziel auf der<br />
Suche nach Bergeinsamkeit: Im Gegensatz<br />
zu Jochberg und Herzogstand<br />
kann es hier passieren, dass man<br />
selbst die erste Fußspur anlegt.<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz<br />
östlich von Ohlstadt<br />
Route: Ohlstadt – Bärenfl eckhütte<br />
– Heimgarten – Bärenfl eckhütte –<br />
Ohlstadt<br />
10 Partnachklamm<br />
▶ leicht 2 Std.<br />
70 Hm 70 Hm<br />
Charakter: Wie die Breitachklamm<br />
ist auch die Partnachklamm eine<br />
der wenigen Klammen, die im Winter<br />
offi ziell geöffnet sind. Von daher<br />
sind die Wege mit gutem Schuhwerk<br />
problemlos und die landschaftlichen<br />
Reize noch größer als im Sommer.<br />
Ausgangspunkt: Olympisches<br />
Skistadion<br />
Route: Skistadion – Klammeingang<br />
– Klammende – Klammeingang –<br />
Skistadion<br />
46 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
ten, weil feuchten Füße den Spaß verderben,<br />
sollte ein paar Frostnächte abwarten.<br />
Der Pfad quert zuvor einen nicht ganz trockenen<br />
Moorabschnitt. Selbiges gilt für die<br />
meisten Durchquerungen von Moor- und<br />
Schilfgebieten, wie beispielsweise die direkte<br />
Umrundung des Maisinger Sees, – ein<br />
Gebiet, das ebenfalls aus Naturschutzgründen<br />
nur im Winter betreten werden darf.<br />
Wo es im Winter besonders schön ist<br />
Für die nächste Wintertouren-Kategorie ist<br />
klirrender Frost nicht nur zu empfehlen,<br />
sondern ein absolutes Muss. Diese führt<br />
nämlich zu gefrorenen Wasserfällen: Ein<br />
vergleichsweise unbekanntes Eis-Schmankerl<br />
ist die Pähler Schlucht nordöstlich von<br />
Weilheim. Dass man hier auch an Wochenenden<br />
keinen Andrang zu erwarten hat,<br />
liegt ziemlich sicher daran, dass der Weg<br />
durch die wirklich wilde Schlucht seit einigen<br />
Jahren nicht mehr instand gehalten<br />
wird. So ist auf dem schmalen Pfad, dessen<br />
Verlauf sich wegen umgestürzter Bäume<br />
immer wieder mal ändert, gute Trittsicherheit<br />
gefordert. Nicht nur einmal muss der<br />
Schluchtbach an geeigneten Stellen überquert<br />
werden. Wer Trekkingstöcke dabei<br />
hat, ist deshalb bestimmt nicht im Nachteil.<br />
Die Pähler Eisformationen sind zwar nicht<br />
ganz so spektakulär wie im Eistobel bei Isny,<br />
in der Breitach- oder der Partnachklamm,<br />
Der Frost hat die Natur am Gipfel des<br />
Jochbergs verzaubert.<br />
Imposante Eiszapfen zieren bei klirrender<br />
Kälte die Wände der Pähler Schlucht.<br />
Es müssen nicht<br />
immer <strong>Touren</strong>ski<br />
sein – manche<br />
Winterziele sind<br />
zu Fuß besonders<br />
reizvoll.<br />
dennoch werden nicht nur Kinder über die<br />
Eiszapfen-Vorhänge an den Schluchtwänden<br />
und den imposanten Wasserfall am<br />
Schluchtende staunen. Dieser erstarrt in<br />
ganz kalten Jahren sogar zu einer komplett<br />
freistehenden Eissäule.<br />
Wo es im Herbst zu voll ist<br />
Hörnle, Jochberg, Herzogstand – an schönen<br />
Herbstwochenenden machen erfahrene<br />
Bergwanderer um diese drei Berg-Promis einen<br />
weiten, weiten Bogen. Bergeinsamkeit<br />
findet zu dieser Jahreszeit mit Sicherheit anderswo<br />
statt. Die sowohl von der Anreise als<br />
auch vom Anstieg her schnelle Erreichbarkeit<br />
ist der Grund ihrer außerordentlichen<br />
Beliebtheit, prädestiniert das Trio andererseits<br />
aber als perfekte Winter-Wanderziele.<br />
Selbst an Werktagen werden alle drei Südanstiege<br />
nach Neuschneefällen schnell wieder<br />
von Fußgängern gespurt. Und was der Albtraum<br />
eines jeden Skitourengehers ist – die<br />
Wintersonne lässt die baumfreien Südflanken<br />
von Hörnle und Herzogstand immer<br />
wieder ausapern. Den Jochberg wiederum<br />
werden Bergwanderer den ganzen Winter<br />
für sich allein haben, da Skitourengeher<br />
den teilweise dichten Waldgürtel scheuen<br />
wie der Teufel das Weihwasser.<br />
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INTERVIEW
Das große<br />
-Interview<br />
Christian Stangl<br />
»Ich habe riesigen<br />
Scheiß gebaut«<br />
Erst machte er durch Geschwindigkeitsrekorde in den Weltbergen auf sich aufmerksam.<br />
Dann kündigte er an, die jeweils drei höchsten Berge aller Kontinente zu besteigen.<br />
Im Jahr 2010 ruinierte Christian Stangl seinen Ruf als »Skyrunner« – sein angeblicher<br />
Gipfelerfolg am K2 war erlogen. Inzwischen hat er die »Triple Seven Summits« nachweislich<br />
erklommen. Der BERGSTEIGER sprach mit ihm über Lüge, Scham und Läuterung.<br />
Von Dominik Prantl und Michael Ruhland<br />
Foto: Meike Birck<br />
BERGSTEIGER: Wir haben uns sehr lange<br />
überlegt, ob wir dieses Interview führen<br />
sollen. Können Sie sich vorstellen, warum?<br />
Christian Stangl: Ja sicher.<br />
Und warum meinen Sie?<br />
Wegen der 2010er-Geschichte am K2. Ich<br />
komme aber nicht aus heiterem Himmel zu<br />
Ihnen. Gerade habe ich drei Urkunden bekommen:<br />
Beim Triple war es klar, doch das<br />
Guinessbuch-Gremium hat mir auch die Second<br />
Seven Summits zuerkannt. Ich dachte<br />
mir: Am Ende siegt doch die Gerechtigkeit!<br />
Eigentlich reklamiert ja Hans Kammerlander<br />
den Rekord für sich, als Erster auf den<br />
jeweils zweithöchsten Bergen der sieben<br />
Kontinente gewesen zu sein?<br />
Die recherchierten offensichtlich, und Hans<br />
konnte nicht nachweisen, dass er in Ozeanien<br />
auf dem zweithöchsten Berg stand. Ich<br />
habe mich jetzt natürlich gefreut.<br />
Die Freude dürfte aber recht überschaubar<br />
sein. Die K2-Lüge haftet an Ihnen.<br />
Ich habe sieben Jahre in mein Projekt gesteckt.<br />
Und machte trotz des Durchhängers<br />
2010 weiter, bestieg vorsorglich mehrere<br />
der höchsten Gipfel in Ozeanien, weil keiner<br />
genau wusste, welche Nummer 2 und<br />
3 sind. Das war superinteressant. Für mich<br />
war es wichtig, das Projekt zu Ende zu bringen.<br />
Jetzt brauche ich mich nicht mehr zu<br />
verstecken. Das war eine geile Geschichte.<br />
Die Szene sieht das anders. Ines Papert<br />
sagte im BERGSTEIGER-Interview:<br />
»Ehrlichkeit ist das absolute Non-Plus-Ultra.<br />
Wenn ich so etwas wie von Christian<br />
Stangl mitbekomme, dann bekomme ich<br />
Ausschläge, Schreikrämpfe. Wir Alpinisten<br />
leben doch von dem Vertrauen der<br />
Menschen in uns. So ein Trottel setzt das<br />
Vertrauen aller aufs Spiel. Der ist für mich<br />
absolut unten durch.«<br />
Ich habe das nicht selbst gelesen. Eine Frau<br />
schickte mir aber eine E-Mail, in der stand,<br />
dass Ines mich im BERGSTEIGER als Trottel<br />
bezeichnet. Das fand sie nicht okay, und ich<br />
auch nicht.<br />
Es geht um Werte wie Vertrauen, Ehrlichkeit<br />
– nicht um das Wort Trottel. Haben<br />
Sie seither mit Ines Papert gesprochen?<br />
Nein.<br />
Wie geht es Ihnen dabei, wenn Sie spüren,<br />
dass die Szene Sie schneidet?<br />
Ich bin komplett auf Ines’ Standpunkt. Es<br />
geht um den Bruch des Vertrauens. Das darf<br />
nicht sein. Ich glaubte früher auch einmal,<br />
alle <strong>Bergsteiger</strong> seien ehrlich. Es ist ein bisserl<br />
so wie bei dem Weinskandal damals<br />
in Österreich. Erst dachten alle, einer habe<br />
einen Scheiß gebaut. Dann aber stellte sich<br />
heraus, dass dort und dort gepanscht wurde.<br />
Aber Ines hat Recht: Ich werde niemals mehr<br />
behaupten, irgendeine Leistung vollbracht<br />
zu haben. Eines habe ich gelernt: Ich darf<br />
als <strong>Bergsteiger</strong> nie »nach meinen Angaben«<br />
sagen. Das sollen andere feststellen. Deshalb<br />
waren meine Triple Seven Summits so wichtig.<br />
Ich habe jegliche mögliche Beweisführung<br />
erbracht. Ich war auch in den Alpen<br />
auf den drei Höchsten, weil es Geografen<br />
gibt, die den Kaukasus zu Asien zählen.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 49
Aufstieg <strong>zum</strong> Shkhara<br />
(5193 m), dritthöchster<br />
Berg Europas<br />
Gewalttour: von Österreich<br />
in den Kaukasus<br />
per Fahrrad plus Ski<br />
Christian Stangl<br />
beim Vermessen<br />
eines Gipfels<br />
Dann rächten Sie sich.<br />
Nein, aber ich wollte Gerechtigkeit und<br />
schickte die Nachricht ein paar Journalisten.<br />
Mich nervte einfach, dass einer mehrere<br />
kleine Böcke schoss, die vertuscht<br />
wurden. Hans behauptete munter weiter,<br />
dass er die Second Seven Summits als Erster<br />
erreicht habe. Und die Medien nahmen das<br />
auf. Was kann Journalismus, was darf er?<br />
Sie haben neutrale Beurteiler wie den Chronisten<br />
Eberhard Jurgalski herangezogen.<br />
Herr Jurgalski schickte mir bereits vor über<br />
einem Jahr eine E-Mail und bat mich, all<br />
meine Gipfelgänge zu verifizieren. Mein<br />
Fall hat sicherlich die Szene belebt. Man ist<br />
generell skeptischer: Gibt es ein Bild, einen<br />
Film, der die Besteigung beweist? Mir hat<br />
mein Verhalten geschadet, keine Frage.<br />
Aber auch ihr Journalisten seid aufgerufen<br />
zu hinterfragen, ob Angaben von Alpinisten<br />
überhaupt stimmen. Jurgalski hat nicht<br />
bestätigte Besteigungen aufgelistet. Darum<br />
habe ich jetzt die Urkunde bekommen.<br />
Weil Jurgalski Hans Kammerlander nachweisen<br />
konnte, dass er auch nicht auf dem<br />
zweithöchsten Gipfel Ozeaniens stand?<br />
Ja. Jurgalski geht es nur um Fakten. Ihm<br />
sind Personen vollkommen egal.<br />
Sie waren mit Kammerlander gemeinsam<br />
auf dem Mount Tyree in der Antarktis.<br />
Wie ist ihr aktuelles Verhältnis?<br />
(lacht gequält) Ich habe versucht, ihn anzurufen,<br />
er hebt einfach nicht ab. Bevor wir <strong>zum</strong><br />
Tyree fuhren, hatte ich ihn darauf angesprochen,<br />
warum er sich nach meiner K2-Sache<br />
sofort vor die Kamera stellte. Ich fragte ihn:<br />
»Warum hältst du dich nicht einfach raus?«<br />
Er antwortete nicht. Ich berichtete ihm von<br />
meinen Nachforschungen <strong>zum</strong> Trikora in<br />
Indonesien. Der sei ziemlich sicher nicht der<br />
zweithöchste Berg, sondern eher der vierthöchste.<br />
Ich hatte ja eigens Vermessungsaktivitäten<br />
gestartet. Meinen Hinweis ignorierte<br />
er. Im Dezember 20<strong>12</strong> stellte sich dann<br />
noch heraus, dass Hans gar nicht auf dem<br />
Logan-Gipfel war. Ich rief ihn an und sagte,<br />
dass er den gleichen Scheiß wie ich gemacht<br />
und Blödsinn verzapft habe und das von sich<br />
aus bereinigen solle. Auch das ignorierte er.<br />
Können Sie nachvollziehen, dass Ihre<br />
K2-Gipfellüge gepaart mit Ihrem Hinweis<br />
auf Kammerlanders Irrtum am Logan<br />
vielen in der <strong>Bergsteiger</strong>-Szene aufstößt?<br />
Das war mir schon bewusst. Andererseits<br />
dachte ich mir: Wenn andere auch Fehler<br />
machen, muss man darauf hinweisen.<br />
Sie haben damals Ihre Lüge nicht gleich<br />
zugegeben. Sie sagten so etwas wie:<br />
»Ich wähnte mich am Gipfel.« Warum?<br />
Wir sind <strong>Bergsteiger</strong> und wollen auf den<br />
Gipfel. Ich war gekränkt, wusste, dass ich<br />
einen Kardinalfehler gemacht hatte – ich<br />
hatte einen Riesenscheiß gebaut. Ich war<br />
aber anfangs zu stolz, das offen zuzugeben.<br />
Jetzt, nach drei Jahren, kann ich es.<br />
Hatten Sie Angst vorm K2?<br />
Ja, hundertprozentig. Ich war insgesamt<br />
fünf Sommer dort. Bei meinem Versuch<br />
im Jahr 2008 kamen elf <strong>Bergsteiger</strong> an der<br />
Schulter des K2 ums Leben. 2009 dachte<br />
ich: Durch die Stelle muss ich wieder<br />
durch. Wir kamen zu zwölft durch – Gerlinde<br />
(Kaltenbrunner, Anm. d. Red.) war auch<br />
dabei – mussten dann aber bei schönstem<br />
Wetter umdrehen, weil wir zu spät dran<br />
waren. Dann kam 2010, und mir platzte<br />
Fotos: Archiv Christian Stangl (3), Meike Birck (3)<br />
50 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
der Kragen. Ich merkte,<br />
dass es nichts wird.<br />
Ich dachte: Je öfter ich<br />
hingehe, desto kleiner<br />
wird meine Chance. 14<br />
Leute waren ja schon<br />
tot in den drei Jahren.<br />
»Das Triple-Projekt hat mich reingerissen, aber es hat mich auch wieder rausgeholt aus der<br />
Krise. Ich wollte es einfach abschließen.«<br />
Wie war das dann,<br />
nachdem Ihre K2-Lüge öffentlich wurde?<br />
Ich musste wieder hin. Ich hatte eine Bringschuld<br />
mir gegenüber. Ich musste das neutralisieren.<br />
2011 kam ich wieder nicht bis<br />
<strong>zum</strong> Gipfel. Der Berg wurde zu einem immer<br />
größeren Problem für mich. Zu meinen<br />
Freunden sagte ich: Entweder ich komme<br />
rauf, oder es wird gar nichts mehr sein.<br />
Was heißt »gar nichts mehr sein«?<br />
Entweder komme ich rauf oder ich sterbe<br />
am Berg. Ich wusste: Ich kann so nicht weiterleben;<br />
mit dem, dass ich gesagt hatte, ich<br />
war oben und war gar nicht oben.<br />
Sie hatten Existenzängste?<br />
Ich wollte mir nicht mit 60 die gleiche Geschichte<br />
anhören müssen. Ich hatte Angst<br />
vor der Verbitterung, das auch im Alter<br />
noch eingestehen zu müssen.<br />
Sie haben jetzt offiziell die Second Seven<br />
Summits geschafft, die Third und damit<br />
die Triple Seven Summits. Die Szene verweigert<br />
Ihnen trotzdem den Respekt.<br />
Das hat mehrere Gründe. Zum einen die<br />
K2-Geschichte. Aber auch deshalb, weil ich<br />
in ein Wespennest gestochen habe, als ich<br />
»Ich bin komplett auf<br />
Ines’ Standpunkt.<br />
Es geht um den Bruch<br />
des Vertrauens.<br />
Das darf nicht sein.«<br />
Hans Kammerlander nachwies, dass er auch<br />
nicht die Wahrheit sagte.<br />
Wie haben Ihre Sponsoren auf die K2-Lüge<br />
reagiert?<br />
Es blieb nur noch Mammut übrig.<br />
Was sagte das Unternehmen zu Ihnen?<br />
Ich sollte in die Schweiz kommen und war<br />
mir sicher, dass mich der Chef Rolf Schmid<br />
rauskickt. Stattdessen sagte er: »Christian,<br />
du hast einen Riesenfehler gemacht. Du<br />
kriegst aber eine zweite Chance. Mehr reden<br />
wir nicht darüber, weil ich weiß, dass<br />
du eh den ganzen Tag daran denkst. Du<br />
kannst das Projekt zu Ende bringen.« Ich<br />
dachte mir: Wow!<br />
Das war der Kick, weiter zu machen?<br />
Ja. Ich war zuvor ein halbes Jahr lang am<br />
Boden. Mir ging’s dreckig. Letztlich hat<br />
mich das Triple-Projekt reingerissen, aber<br />
es hat mich auch wieder rausgeholt aus der<br />
Krise. Ich wollte es einfach abschließen.<br />
Sie sagten 2011 in einem Interview,<br />
Sie seien lebensmüde gewesen.<br />
Ich redete eine Zeitlang gar nicht mehr mit<br />
den Medien, sagte meine Vorträge zu 90<br />
Prozent ab. Interessanterweise kamen Firmen<br />
zu mir und wollten, dass ich öffentlich<br />
berichte, wie ich aus der Krise herausgekommen<br />
sei. Dabei steckte ich noch in der<br />
vollen Scheiße drin. Es musste Zeit vergehen,<br />
damit ich es selbst reflektieren konnte.<br />
Können Sie inzwischen Raus-aus-der-Krise-<br />
Vorträge halten?<br />
Ja. In meinen Vorträgen ist die K2-Geschichte<br />
aktiv dabei. Darum heißt mein aktueller<br />
Vortrag auch »Höhen und Tiefen«. Ich spreche<br />
es so an, wie es ist.<br />
Wie reagieren die Leute darauf?<br />
Die Leistung Triple Seven Summits können<br />
die wenigsten einstufen. Sie sehen aber:
Die Einsamkeit des<br />
Gipfelsammlers:<br />
Stangl in der Antarktis<br />
Der höchste der Triple<br />
Seven Summits:<br />
Stangl auf dem Everest<br />
Fotos: Archiv Christian Stangl<br />
Da war einer ganz unten und hat trotzdem<br />
weiter gemacht.<br />
Es gibt den nicht sehr schönen, aber zutreffenden<br />
Ausdruck »Shitstorm«, wenn<br />
sich über das Internet und die sozialen<br />
Netzwerke erboste Reaktionen über eine<br />
Person ergießen. Wie war das bei Ihnen?<br />
Es gab nur ganz vereinzelte Beschimpfungen.<br />
Den Urhebern antwortete ich aber.<br />
Sie haben solche Schmähungen nicht an<br />
sich abprallen lassen?<br />
Nein, ich schreibe immer zurück. Und bleibe<br />
sachlich.<br />
Bereuen Sie, sich einst das Etikett<br />
»Skyrunner« gegeben zu haben?<br />
Anfangs, bei den Seven Summits, war das<br />
eine stimmige Sache. Bei den Second Seven<br />
Summits ist es schon viel schwieriger<br />
geworden. Wenn man nicht auf den K2<br />
ZUR PERSON<br />
Höhenflüge und Hochstapelei<br />
Christian Stangl, geb. am 10. Juli 1966 in<br />
Landl, Österreich, begann mit dem Höhenbergsteigen<br />
Anfang der 1990er-Jahre. Schnelle<br />
Gipfelbesteigungen in den Anden brachten den<br />
gelernten Elektrotechniker auf die Idee, die<br />
Geschwindigkeit zu einer neuen Disziplin an<br />
den hohen Bergen zu machen. 2002 bestieg er<br />
den Aconcagua (6962 m) in nur 4 Stunden 25<br />
Minuten vom Basislager bis <strong>zum</strong> Gipfel. Fortan<br />
nannte er sich Skyrunner. 2005 erreichte<br />
»Mein Fall hat sicherlich<br />
die Szene belebt.<br />
Es bestärkt sie darin,<br />
dass wir in den heutigen<br />
Zeiten alles genau<br />
belegen müssen.«<br />
kommt, dann tritt die Geschwindigkeit logischer<br />
Weise in den Hintergrund. Beim Mandala<br />
(Puncak Mandala, Neuguinea, 4758 m,<br />
dritthöchster Gipfel Australiens/Ozeaniens, Anm.<br />
d. Red.) im Dschungel ist es gar nicht mehr<br />
möglich, ein Basislager zu definieren. Ich<br />
will aber nicht ausschließen, dass ich wieder<br />
mal eine Speedgeschichte mache.<br />
Gab es eigentlich noch etwas anderes<br />
in Ihrem Leben außerhalb des Projekts<br />
»Triple Seven Summits«?<br />
Nein, da war ich einfach zu<br />
tief drin. Und ich bin Rolf<br />
Schmid von Mammut un-<br />
Stangl zehn Sechstausendergipfel in nur sieben<br />
Tagen. Sein Gipfelerfolg am Everest innerhalb<br />
von einem Tag (ab Basislager) war der Auftakt,<br />
alle Seven Summits in jeweils nur einem Tag zu<br />
besteigen, das er 2007 abschloss. Sein Triple<br />
Seven Summit-Projekt geriet ins Stocken, als<br />
er 2010 fälschlicher Weise vorgab, auf dem K2<br />
gestanden zu haben. Das nährte auch Zweifel<br />
an früheren Rekorden. Im August 2013 schloss<br />
er sein Projekt doch noch erfolgreich ab.<br />
glaublich dankbar, dass ich das Projekt weitermachen<br />
durfte.<br />
Empfinden Sie jetzt eine Leere?<br />
Ein wenig schon. Die Frage ist, was man mit<br />
Blick auf die eigenen Fähigkeiten erreichen<br />
kann. Es sind derart viele Facetten im Alpinismus<br />
komplett abgedeckt. David Lama<br />
steht <strong>zum</strong> Beispiel für schwerstes Klettern<br />
auch in mittelgroßen Höhen. Mir bleiben<br />
vielleicht die großen Höhen mit dem<br />
Aspekt Geschwindigkeit und lange Überschreitungen,<br />
die technisch nicht schwierig<br />
sind.<br />
Was bringt die Zukunft?<br />
Das wollte ich Sie gerne fragen. Wohin geht<br />
die Reise im Alpinismus?<br />
Ich fürchte, dass das keiner aus<br />
der Szene verlässlich beantworten<br />
kann. Die Frage war auf Sie gemünzt.<br />
Ich stehe für hoch, Abenteuer und<br />
lange unterwegs. Aus der Erfahrung<br />
meiner Vorträge weiß ich, dass die<br />
Leute von Abenteuergeschichten begeistert<br />
sind. Da ist noch einiges möglich.<br />
Leichter wird es aber nicht. Ohne<br />
perfekte Protokollierung mache ich<br />
sicherlich nichts mehr. Meine Aktion<br />
hat letztlich dazu beigetragen, dass jeder<br />
Alpinist seine Taten lückenlos verifizieren<br />
muss. Das hat die Szene auch verändert.<br />
1986 <strong>zum</strong> Beispiel war das noch anders:<br />
Messner und Kammerlander auf dem Lhotse<br />
– es gibt keine Bilder vom Gipfel. Der<br />
Erfolg war ein Dogma wie die unbefleckte<br />
Empfängnis. Das geht heute nicht mehr.<br />
Man muss Beweise liefern.<br />
◀<br />
52 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
KOLUMNE<br />
Gipfelshopping<br />
Der DAV Summit Club bietet eine Everest-Besteigung<br />
für 38 000 Euro an. Na und? Schließlich will der Bergreiseveranstalter<br />
sein Angebot verkaufen. Nicht viel<br />
anders, als wenn BMW seine SUVs anpreist. Oder?<br />
In einer Podiumsdiskussion, die ich vor<br />
Wochen besuchte, lobte der Moderator,<br />
ein alpiner Fachjournalist, die Genügsamkeit<br />
der <strong>Bergsteiger</strong>. Der Moderator<br />
sagte das ohne jede Ironie. Ich wunderte<br />
mich sehr. In den sogenannten Berghütten<br />
begegne ich adrett gekleideten, frisch<br />
riechenden Menschen, deren Rucksäcke<br />
groß und gut gefüllt sind, die nach den<br />
warmen Duschen fragen, aber nicht mehr<br />
nach WLAN, denn das gibt es eh. Wer nur<br />
15 Minuten zu Fuß durch die Münchner<br />
Innenstadt geht, findet neben »Flagship«-<br />
und »Marken-Stores« diverser Outdoorartikel-Produzenten<br />
vier große Kaufhäuser,<br />
die auf jeweils mehreren Etagen anbieten,<br />
was genügsame <strong>Bergsteiger</strong> heute <strong>zum</strong><br />
Bergsteigen (oder wie man das alles nennt)<br />
brauchen. Man bekommt dort <strong>zum</strong> Beispiel<br />
dutzende verschiedene Teleskopstöcke mit<br />
Griffen für Männer, Frauen und Kinder, in<br />
naher Zukunft wahrscheinlich auch für Veganer<br />
und Agnostiker.<br />
In einem dieser Kaufhäuser befindet sich<br />
das Büro des DAV Summit Club, der ehemaligen<br />
Berg- und Skischule des Deutschen<br />
Alpenvereins. 2015 wird der Summit Club<br />
eine Bergtour auf den Mount Everest veranstalten.<br />
Preis: 38 490 Euro. Darüber entrüsten<br />
sich einige Menschen. Sie beklagen<br />
die Kommerzialisierung der Berge und die<br />
Sensationsgier. Auch darüber wundere ich<br />
mich. Der Summit Club ist kein gemeinnütziger<br />
Verein, sondern ein Reiseunternehmen.<br />
Er muss <strong>Bergsteiger</strong>n Berge verkaufen,<br />
sonst verschwindet er vom Markt.<br />
Und welche Berge wollen die <strong>Bergsteiger</strong>?<br />
Der stellvertretende Geschäftsführer des<br />
Summit Club, Manfred Lorenz, zählte sie<br />
in der Süddeutschen Zeitung auf: Großglockner,<br />
Matterhorn, Mont Blanc. Jetzt kommt<br />
halt noch, aus Image-Gründen, der Everest<br />
dazu. Kein Grund zur Aufregung. Was machen<br />
denn Audi, BMW und Mercedes? Ihre<br />
Kunden <strong>zum</strong> Kauf von kleineren Autos nötigen?<br />
Eben.<br />
Tröstlich: Kein Boom dauert ewig<br />
Was heute Markt ist, also fast alles, muss<br />
größer werden. Es gibt auch einen Mitgliedermarkt.<br />
Im selben Kaufhaus, in dem der<br />
DAV Summit Club sitzt, hat die DAV-Sektion<br />
München & Oberland ihre Geschäftsstelle.<br />
Sie ist die größte Sektion des Deutschen<br />
Alpenvereins, der auf über eine Million<br />
Mitglieder angewachsen ist. Die Sektion<br />
München & Oberland hat rund 140 000<br />
Mitglieder. Sie schickte mir ihren Kurs-,<br />
<strong>Touren</strong>- und Veranstaltungskatalog 2014,<br />
der 386 Seiten umfasst und viele Werbeanzeigen<br />
enthält. Eine Eigenanzeige bewirbt<br />
den »Alpintag 2013« (»Munich Mountains«)<br />
in der BMW Welt, bei dem unter anderem<br />
»neue Trends in der Ausrüstung« von den<br />
»Ausrüstungspartnern« präsentiert werden.<br />
Reiseveranstalter und Outdoorhändler<br />
brauchen unseren Konsum ebenso wie<br />
Banken und Autohersteller. Wie sehr wir<br />
ihn brauchen, hängt von uns ab. Wir haben<br />
die Wahl. Im Übrigen muss keiner verzweifeln,<br />
denn nichts wächst ewig. Auch der<br />
»Outdoor-Boom« wird zu Ende gehen. ◀<br />
Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />
Axel Klemmer<br />
ist im Alter von fünf Jahren von<br />
Berlin nach München gezogen.<br />
Seither lassen ihn die Berge<br />
nicht mehr los. In den 1990er-<br />
Jahren war er Redakteur beim<br />
BERGSTEIGER. Der 50-Jährige<br />
schreibt im Wechsel mit<br />
Sandra Zistl, Eugen E. Hüsler<br />
und Caroline Fink über das<br />
Geschehen in den Bergen.<br />
01 ⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 53
TIPP<br />
<strong>12</strong> <strong>Touren</strong>karten <strong>zum</strong> Mitnehmen<br />
Die besten <strong>Touren</strong> aus <strong>Bergsteiger</strong> 01/14<br />
Lechtaler, Berchtesgadener,<br />
Walliser, Berner, Grajische Alpen<br />
Abtrennen<br />
Falten<br />
Einstecken<br />
10 Aletschhorn, lange, 1 Lechtaler Ski-<br />
3 Staffelsee, flache<br />
4 Sonntagshorn,<br />
7 Große Reib’n 2,<br />
<strong>12</strong> Bärenalm, zweitägige<br />
kombinierte Hochtour,<br />
mäßig schwierig<br />
Durchquerung, sehr anspruchsvoll,<br />
sechs Tage<br />
Wanderung auf guten<br />
Wegen und Pfaden<br />
unten gemütlich,<br />
am Gipfelaufbau steiler<br />
zweite Etappe einer<br />
grandiosen Skitour Plateauwanderung,<br />
sehr abwechslungsreich<br />
9 Uia di Mondrone,<br />
8 Marinellicouloir,<br />
11 Hohe Munde,<br />
2 Jochberg,<br />
6 Große Reib’n 1,<br />
lange und etwas steile<br />
Bergtour auf Pfaden<br />
grandiose Hochtour in<br />
großer Wand<br />
konditionell anspruchs -<br />
volle Bergtour<br />
unschwieriger Anstieg,<br />
meist gespurt<br />
anspruchsvolle, lange<br />
Skitour für Erfahrene<br />
5 Hochkönig,<br />
lange, mittelschwierige<br />
Skitour<br />
GPS-Daten als Download unter www.bergsteiger.de, falls vorhanden<br />
<strong>Touren</strong>art<br />
Schwierigkeit<br />
Wandern Klettern Klettersteig Hochtour Skitour<br />
Blau: leicht Rot: mittel Schwarz: schwierig
TIPP<br />
Lechtaler Alpen Ski-Durchquerung (1326 m – 2889 m)<br />
1<br />
Auf Ski durch die größte Berggruppe der Nördlichen<br />
Kalkalpen<br />
Die Durchquerung der winterlichen Lechtaler Alpen in sechs Tagen<br />
stellt eine einsame und anspruchsvolle Unternehmung dar, die<br />
nur ganz selten gespurt ist und allerbeste Verhältnisse erfordert.<br />
<strong>12</strong> 500 Hm | 6 Tage<br />
komplette Skitourenausrüstung<br />
plus Verpflegung<br />
für eine Woche<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014– Seite 30<br />
Talort/Ausgangspunkt: Kelmen (1326 m) an der<br />
Verbindungsstraße Stanzach – Berwang<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busanbindung nur bis<br />
Stanzach bzw. Berwang<br />
Gehzeiten: 5 bis 8 Std. pro Tag, je nach den Verhältnissen<br />
(ohne zusätzliche Gipfel)<br />
Beste Jahreszeit: Mitte Februar bis Anfang April<br />
Karten: Alpenvereinskarte 1:25 000,<br />
Blatt 3/2 »Lechtaler Alpen Arlberggebiet«,<br />
Blatt 3/3 »Lechtaler Alpen Parseierspitze«,<br />
Blatt 3/4 »Lechtaler Alpen Heiterwand und Muttekopfgebiet«,<br />
mit Wegmarkierung und Skirouten<br />
Führer: D. Elsner/M. Seifert, »Lechtaler Alpen» Skitourenführer,<br />
Panico Alpinverlag, Köngen 2010<br />
Einkehr: Eventuell am 5. Tag Gasthaus Edelweiß in Kaisers<br />
(Zeitproblem!)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Es wird sowohl im Aufstieg<br />
als auch bei der Abfahrt extem steiles Gelände begangen/befahren<br />
und deshalb ist die Tour für Gelegenheitsskitourengeher<br />
nicht geeignet; z. T. lange Etappen; keine bewirtschaftete Hütte<br />
unterwegs, ausschließlich Winterräume.<br />
TIPP<br />
Bayerische Voralpen Jochberg (1565 m)<br />
2<br />
Auf einen genialen, aber im Sommer überlaufenen Aussichtsberg<br />
Während an schönen Sommer- oder Herbstwochenenden wahre Karawanen <strong>zum</strong> Jochberg hinauf<br />
ziehen, ist es in der kalten Jahreszeit deutlich ruhiger. Es sind aber immer noch genug Winterwanderer<br />
unterwegs, so dass der Anstieg auch nach Neuschneefällen bald wieder gespurt ist.<br />
715 Hm | 4 Std.<br />
Winterwander-Ausrüstung mit<br />
wasserdichten Schuhen<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014 – Seite 74<br />
Talort: Kochel (605 m)<br />
Ausgangspunkt: Kesselbergsattel (850 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Über Tutzing nach Kochel<br />
und weiter mit dem Bus 9608 (auf direkten Anschluss<br />
achten: www.bahn.de) <strong>zum</strong> Kesselbergsattel.<br />
Gehzeiten: Kesselbergsattel – Jochberg 2¼ Std.,<br />
Jochberg – Kesselbergsattel 1¾ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Dezember bis März<br />
Karte/Führer: Alpenvereinkarte 1:25 000, BY11<br />
»Isarwinkel«; M. Pröttel »Die schönsten Tagesausfl üge im Paffenwinkel«,<br />
J. Berg Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourist Information Kochel a. See,<br />
Tel. 0 88 51/3 38, www.kochel.de<br />
Charakter/ Schwierigkeiten: Waldreicher Anstieg auf<br />
großartigen Aussichtsberg; keine technischen Schwierigkeiten.<br />
TIPP<br />
Bayerisches Voralpenland Staffelsee<br />
3<br />
Winterwanderung entlang des Westufers<br />
Das Obernacher Moos, der vielleicht schönste Abschnitt der Staffelsee-Umrundung, darf nur von<br />
November bis Ende Februar betreten werden. Es empfiehlt sich, zudem mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
anzureisen, um am Bhf. Uffing zu starten und vom Moos weiter <strong>zum</strong> Bhf. Murnau zu wandern.<br />
ca. 50 Hm |<br />
4 Std.<br />
Winterwander-Ausrüstung<br />
mit wasserdichten Schuhen<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014 – Seite 74<br />
Talort: Uffi ng (660 m)<br />
Ausgangspunkt: Bhf. Uffi ng<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Von München-Hbf.<br />
stündlich direkt nach Uffi ng<br />
Gehzeiten: Bhf. Uffi ng – Staffelsee 1 Std.; Staffelsee<br />
– Obernacher Moos 45 Min.; Obernacher Moos – Bhf.<br />
Murnau 2¼ Std.<br />
Beste Jahreszeit: November bis Ende Februar<br />
Karte/Führer: Bay. Landesvermessungsamt 1:50 000,<br />
UK L 3 »Pfaffenwinkel/Staffelsee«; M. Pröttel »Wanderungen mit<br />
dem Bayernticket in Oberbayern«, J. Berg Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourist-Information Murnau,<br />
Tel. 0 88 41/61 41-0, www.murnau.de<br />
Einkehr: Nach der Tour beim Griesbräu in Murnau<br />
(www.griesbraeu.de)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Abwechslungsreiche und<br />
nahezu ebene Wanderung auf guten Wegen und Wiesenpfaden.<br />
Keinerlei technischen Schwierigkeiten.
TIPP<br />
Lechtaler Alpen Ski-Durchquerung (1326 m – 2889 m)<br />
Route: 1. Tag: Kelmen – Muttekopfhütte (2900 Hm<br />
auf/2300 Hm ab/7–9 Std.). Sehr lange Etappe, vor allem<br />
die Abfahrt vom Rudigerkopf ins Faselfeiltal erfordert eine<br />
sehr hohe Schneelage; der Anstieg <strong>zum</strong> Steinjöchl ist die<br />
steilste Passage des Tages; (evtl. die Anhalter Hütte mit zusätzlicher<br />
Übernachtung einplanen). Kelmen – Seelakopf<br />
(2368 m) – Schlierenalm (1936 m) – Rudigerkopf<br />
(2249 m) – Faselfeiltal – Kromsattel (2137 m) – Steinjöchl<br />
(2198 m) – Hahntennjoch (1894 m) – Scharnitzsattel<br />
(2441 m) – Muttekopfhütte (1934 m).<br />
2. Tag: Muttekopfhütte – Steinseehütte (2000 Hm auf<br />
1900 Hm ab/5–7 Std.). Abwechslungsreiche Etappe im<br />
Bereich Muttekopf, Große Schlenkerspitze und Bergwerkskopf;<br />
die Abfahrt vom Brunnkarjöchl nach Süden kann mit<br />
dem Übergang beim Mitterjöchle beendet werden oder –<br />
viel schöner, aber auch länger – ca. 100 Hm unterhalb der<br />
kleinen Hahnleshütte; steiler Schlussanstieg zur Verborgenen<br />
Gratscharte. Imster Höhenweg – Larsennjoch – Brunnkarjöchl<br />
– Verborgne Gratscharte – Steinseehütte.<br />
3. Tag: Steinseehütte – Memminger Hütte (1700 Hm auf/<br />
1600 Hm ab/6–8 Std.). Anspruchsvolle Etappe mit drei<br />
sehr steilen Übergängen (bergab); die Leiterscharte muss meist,<br />
<strong>zum</strong>indest z. T., abgestiegen werden, weil felsig. Roßkarschartl<br />
– Roßkarspitze – Bittrichkopf (2698 m) – Leiterjöchl (2515 m) –<br />
Oberlahmsjoch (2505 m) – Memminger Hütte (2242 m).<br />
4. Tag: Memminger Hütte – Ansbacher Hütte (2000 Hm auf/<br />
1900 Hm ab/7–9 Std.). Ebenfalls sehr anspruchsvolle Etappe,<br />
extrem steile Abfahrt von der Wegscharte (immer sehr hart),<br />
schwierig zu fi ndende Abfahrt von der Schafscharte; die Querung<br />
vom Flarschjoch zur Ansbacher Hütte ist sehr steil und sollte<br />
möglichst in der Flanke der Samspitze umgangen werden.<br />
Wegscharte – Schafscharte (2556 m) – Stierloch – Winterjoch<br />
(2528 m) – Knappenbödensee (2175 m) – Flarschjoch (2464 m)<br />
– Ansbacher Hütte (2376 m).<br />
5. Tag: Ansbacher Hütte – Leutkircher Hütte (2200 Hm auf/<br />
2200 Hm ab/6–8 Std.). Mit der Überschreitung der Vorderseespitze<br />
gleich zu Beginn der langen Etappe mit sehr steilen<br />
Passagen in Aufstieg und Abfahrt; im letzten Viertel des Kaisertals<br />
gleich auf die andere Talseite (Forstweg) wechseln, um so<br />
schnellstmöglich ins Almajurtal zu kommen. Flarschjoch (2464 m)<br />
– Vorderseespitze (2889 m) – Hinterseejoch (2482 m) – Kaiser -<br />
tal – Almajurtal – Glogger – Leutkircher Hütte (2261 m).<br />
6. Tag: Leutkircher Hütte – Lechtalstraße (1500 Hm auf/<br />
2300 Hm ab/6–8 Std.). Etwas sanftere Etappe (nur der Auf -<br />
stieg <strong>zum</strong> Bacheregg ist sehr steil); im Bereich Kartellbodenalpe<br />
– Erlispitze trifft man meist auf Skispuren von Variantenfahrern,<br />
die von der Valluga kommen. Bacheregg – Gamskar Scharte –<br />
Kartellbodenalpe – Übergang bei Punkt 2495 m – Krabachtal<br />
– Jöchle – Bockbach-Tal – Lechtalstraße. Dieter Elsner<br />
Am Gloggergrat; hinten Valluga und Roggspitze<br />
Foto: Dieter Elsner<br />
TIPP<br />
Bayerische Voralpen Jochberg (1565 m)<br />
Route: Am Kesselbergsattel erblickt man auf der<br />
nördlichen Straßenseite den Wegweiser <strong>zum</strong> Jochberg.<br />
In angenehmer Steigung gewinnt man in schönem Bergmischwald<br />
schnell an Höhe. Wenn noch nicht gespurt sein<br />
sollte, muss man auf die Markierungen an den Bäumen<br />
achten. Nach einer guten Stunde gelangt man zu einem<br />
Waldsattel und wendet sich an einer Gabelung einem weiteren<br />
Schild folgend nach links. Bald erreicht der Weg die gewaltigen<br />
Nordabstürze des Jochbergs. Kurz danach tritt man aus dem Wald<br />
heraus und erreicht die Wiesen der Jocher Alm. Man folgt bei<br />
der nächsten Gabelung wieder dem linken Weg, geht durch ein<br />
Gatter und gelangt über den Südrücken <strong>zum</strong> 1565 Meter hohen<br />
Gipfelkreuz. Nachdem man sich an der einzigartigen Aussicht<br />
sattgesehen hat – im Norden liegt tief unter uns das Alpenvorland<br />
mit seinen bezaubernden Seen, im Süden ragt hinter dem<br />
Walchensee das beeindruckende Karwendelgebirge in den<br />
Himmel – steigt man auf demselben Weg wieder hinab.<br />
Michael Pröttel<br />
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Panorama: www.peakfinder.org<br />
TIPP<br />
Bayerisches Voralpenland Staffelsee<br />
Route: Vom Bahnhof geht man parallel zur Hauptstraße<br />
nach Uffi ng und folgt der Kurve Richtung See. An der<br />
Hauptkreuzung rechts Richtung »Böbing« in die »Schöffauerstraße«<br />
und über eine Brücke. Bald biegt man links in<br />
die Rötenbachstraße (Schild »Obernach/Sportplatz«) ein<br />
und wendet sich direkt vor dem Sportplatz nach rechts<br />
und nach links (Staffelseerundweg Nr. 1). Nun geht es gerade<br />
auf den See zu.<br />
Direkt vor dem See an der Gabelung rechts Richtung<br />
»Obernach«. An einer Infotafel mit Landkarte wird darauf<br />
hingewiesen, dass die rot schraffi erten Bereiche im Sommer<br />
nicht begangen werden dürfen. Hier folgt man zunächst<br />
noch dem Geländer nach rechts und biegt dann<br />
links in einen Fahrweg ab. Der Fahrweg wird zu einem Wiesenpfad<br />
und führt zu einem Waldrand. Nun führt der Pfad<br />
durch ein mooriges Waldstück zu einem der schönsten<br />
Flecken am gesamten See, einer fl achen Kuppe am Rande<br />
des Obernacher Moos. In der gleichen Richtung weiter<br />
wandernd überquert man eine Feuchtwiese und stößt auf<br />
eine Schotterstraße. Man wendet sich nach links, überquert<br />
den Bach »Ach« und hält sich an der Gabelung wie-<br />
der links. Es geht kurz durch Wald, dann noch einmal durch Schilf<br />
bis man im Wald das Staffelsee-Südufer erreicht. Diesem folgt<br />
man nun in Richtung Osten nach Murnau. Zuletzt folgt man am<br />
Parkplatz hinter der Bootsanlegestelle kurz der Seestraße, um<br />
links einem Fußweg und der Beschilderung »Bahnhof« zu folgen.<br />
Tipp: Nach der Tour ist eine Besichtigung der Murnauer Altstadt<br />
und des dortigen Griesbräus zu empfehlen. Michael Pröttel<br />
Tief verschneiter Pfad am Staffelsee-Westufer<br />
Foto: Michael Pröttel
TIPP<br />
Chiemgauer Alpen Sonntagshorn (1961 m)<br />
4<br />
Skitour auf den höchsten Chiemgauer Gipfel<br />
Das Sonntagshorn ist einer der großen Chiemgauer Skitourenklassiker. Seinen Namen hat es aus den<br />
Zeiten, als die Almbauern sonntags beim Kirchgang die Kühe auf der großen Weidefläche ohne Aufsicht<br />
sich selbst überließen. Diese freien Weiden eignen sich natürlich hervorragend <strong>zum</strong> Skifahren.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014 – Seite 78<br />
980 Hm | 4 Std.<br />
normale<br />
Skitourenausrüstung<br />
Talort: Unken (563 m)<br />
Ausgangspunkt: P2 beim ehemaligen Gasthaus<br />
Heutalbauer (968 m) im Unkener Heutal (gebührenpfl<br />
ichtig)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung von<br />
Bad Reichenhall und Lofer<br />
Gehzeiten: 3 Std. Aufstieg, 1 Std. Abfahrt<br />
Beste Jahreszeit: Dezember bis März<br />
Karten/Führer: AV-Karte 1:25 000, BY 19,<br />
»Bayerische Alpen, Chiemgauer Alpen Ost«; Strauß »Die schönsten<br />
Skitouren Chiemgau und Berchtesgaden«, Bruckmann Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Salzburger<br />
Saalach tal, Tel. 00 43/(0)65 88/2 04 04,<br />
www.salzburger-saalachtal.com<br />
Hütte: Jausenstation Hochalm (1400 m), privat, in der<br />
Skitourensaison teils nur am Wochenende geöffnet, Tel. 00 43/<br />
(0)6 64/4 53 36 66.<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Im unteren Teil ist das Sonntagshorn<br />
eine gemütliche Skitour in der Almregion. Am Gipfelaufbau<br />
erwarten einen steilere Hänge, die an der Grenze zur<br />
mittelschweren Skitour liegen. Da der Talkessel im Heutal noch<br />
eine Reihe weiterer <strong>Touren</strong> bietet, ist das Gebiet recht beliebt.<br />
Ein weiteres Plus für die Attraktivität der Tour ist die bewirtschaftete<br />
Hochalm, auf der man den <strong>Touren</strong>tag wunderbar ausklingen<br />
lassen kann, bevor man die letzten Schwünge ins Tal antritt.<br />
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Hochkönig (2941 m)<br />
5<br />
Skitour auf den höchsten Berchtesgadener Gipfel<br />
Eine abwechslungsreiche Tour, bei der man unter der landschaftlich<br />
schönen Manndlwand quert, zur beeindruckenden Torsäule aufsteigt<br />
und den Weg über das Auf und Ab der Übergossenen Alm einschlägt.<br />
1500 Hm | 6–7 Std.<br />
normale<br />
Skitourenausrüstung<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014– Seite 78<br />
Talort: Mühlbach (860 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz am Arthurhaus (1502 m),<br />
über die Manndlwandstraße von Mühlbach erreichbar<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung von Werfen<br />
über Mühlbach <strong>zum</strong> Arthurhaus<br />
Gehzeiten: 5 Std. Aufstieg, 1–2 Std. Abfahrt<br />
Beste Jahreszeit: Februar bis April<br />
Karten/Führer: AV-Karte 1:25 000, Nr. 10/2 »Hochkönig–Hagengebirge«;<br />
Andrea und Andreas Strauß »Die<br />
schönsten Skitouren<br />
Chiemgau und Berchtesgaden«,<br />
Bruckmann Verlag, 2007<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Mühlbach am<br />
Hochkönig, Tel. 00 43/(0)65 84/2 03 88 40, www.hochkoenig.at<br />
Hütten: Arthurhaus (1502 m), privat, ganzjährig geöffnet,<br />
Tel. 00 43/64 67/72 02; Matrashaus (2941 m), ÖTK, nur Winterraum<br />
(ohne Heizmöglichkeit), Tel. 00 43/64 67/75 66; auch die<br />
Mitterfeldalm ist im Winter nicht mehr geöffnet.<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Eine mittelschwere Skitour,<br />
die auf vielen Passagen durch leichtes <strong>Touren</strong>gelände führt,<br />
nach der Mitterfeldalm und hinauf bis <strong>zum</strong> Schoberschartl<br />
aber auch steile Hänge umfasst. Weiter <strong>zum</strong> Gipfel kurze steile<br />
Querungen. Bei schlechter Sicht heißt es Vorsicht am Plateau!<br />
Hier können trotz der Stangenmarkierung Orientierungsprobleme<br />
auftreten.<br />
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Große Reib’n (Niederbrunnsulzen 2368 m), 1. Tag<br />
6<br />
Anspruchsvolle Plateau-Überschreitung<br />
Die Skirunde führt mehr oder weniger um Königssee und Watzmannmassiv. Klingt abwechslungsreich<br />
und harmlos, aber die Plateaus sind von tiefen Felsschluchten zerrissen. Konditionsstarke<br />
können am ersten Tag zwei Gipfel mit weiter Fernsicht mitnehmen.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014 – Seite 22<br />
1850 Hm | 10 Std.<br />
komplette Skitouren- und<br />
Navigationsausrüstung +<br />
Verpflegung für 2 Tage/1 Nacht<br />
Talort: Berchtesgaden (571 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Bahn bis Bad Reichenhall<br />
und regional weiter nach Berchtesgaden (evtl. direkt)<br />
Ausgangspunkt: Bergstation Jennerbahn (1802 m;<br />
Tel. 0 86 52/95 81-0, www.jennerbahn.de, 9–16 Uhr)<br />
Zeiten: ab Stahlhaus 10 Std. /Abfahrt gut 1½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mitte März bis Mitte Mai<br />
Karte/Führer: Landesamt Bayern 1:25 000,<br />
Nr. UK 25-1 »Nationalpark Berchtesgaden« /<br />
Brandl »Skitourenführer Berchtesgadener und Chiemgauer<br />
Alpen«, Bergverlag Rother<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusregion Berchtesgaden-<br />
Königssee, Königsseer Straße 2, 83471 Berchtesgaden,<br />
Tel. 0 86 52/9 67-0, www.berchtesgadener-land.info; Bus-Info:<br />
RVO Berchtesgaden, Tel. 0 86 52/94 48-20, www.rvo-bus.de<br />
Hütten: Carl-von-Stahl-Haus (1733 m), Tel. 0 86 52/6 55 99 22,<br />
www.alpenverein-salzburg.at/Hutten/Carl-von-Stahl-Haus;<br />
Kärlingerhaus (1631 m), Tel. 0 86 52/6 09 10 10<br />
(Tal 0 86 50/5 13), www.kaerlingerhaus.de (mit Buchung)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Der lange erste Tag verbindet<br />
das wellige Plateau des Hagengebirges durch wilde Schluchten<br />
mit dem Nordende des Steinernen Meers. Gute Kondition,<br />
Orientierungs vermögen, Erfahrung und Skisicherheit (v. a. Abfahrt)<br />
sind Voraus setzung. Hohe (tageszeitliche) Lawinengefahr<br />
bei einigen Abfahrten.
TIPP<br />
Chiemgauer Alpen Sonntagshorn (1961 m)<br />
TIPP<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz beim Heutalbauer geht man auf<br />
dem Fahrweg weiter talein und gelangt über die Brücke<br />
auf die andere Bachseite. Nun hält man sich immer nördlich<br />
des Baches bergauf über Wiesen und kurze Waldstücke<br />
zu den untersten Hütten der Hochalm. Nicht in den<br />
Graben nach rechts, sondern links am Hang, an den Hütten<br />
vorbei, hinauf auf die fl acheren Wiesen der Hochalm,<br />
die man im Bereich der privaten Trostberger Hütte erreicht.<br />
Die Jausenstation steht etwas rechts (ca. 1400 m) nur<br />
wenig abseits der Route. In gerader Richtung (Nordost)<br />
geht es über das Plateau der Hochalm hinweg, an einer<br />
Kapelle vorbei auf den Sattel rechts des Sonntagshorngipfels<br />
zu. Kurz vor diesem Sattel schwenkt man auf das<br />
Sonntagshorn zu und steigt über den steilen Südhang<br />
in weiten Kehren hinauf <strong>zum</strong> aussichtsreichen Gipfel.<br />
Abfahrt: Für die Abfahrt gibt es mehrere Möglichkeiten.<br />
Entweder sie folgt den Aufstiegsspuren. Alternativ kann<br />
man auch direkter zur Hochalm hinabfahren. Weiter über<br />
die Aufstiegsspur oder die Gschwendter Alm zurück <strong>zum</strong><br />
Ausgangspunkt.<br />
Andrea Strauß<br />
Berchtesgadener Alpen Hochkönig (2941 m)<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz des Arthurhauses (1502 m)<br />
hält man sich im kleinen Skigebiet nach Norden und<br />
steigt auf einer Almstraße zur Mitterfeldalm (1670 m)<br />
auf. Von hier quert man kurz höhengleich nordwestlich zu<br />
einer Rippe, um dann leicht fallend (40 Hm) hinüber zur<br />
Kleinen Gaißnase zu fahren. Diese Felsnase bildet den<br />
tiefsten Punkt der Manndlwand, bei mäßiger Schneelage<br />
muss man auf ein paar wenigen Metern auf einem<br />
schmalen Felsband queren. Nun führt der Aufstieg mäßig<br />
steigend hinauf ins Untere Ochsenkar. So gelangt man in<br />
den Graben, der die tiefste Stelle des Ochsenkars bildet,<br />
rechts dieses Grabens zieht man seine Spur nun bis unter<br />
die markante Torsäule. Unter deren Südwänden geht<br />
es hindurch und nachdem man auf einem Hangabsatz<br />
(ca. 2300 m) bequem auf die linke Talseite gewechselt<br />
hat, geht es über den Steilaufschwung ins Schoberschartl<br />
(ca. 2580 m).<br />
Der weitere Aufstieg über das weitläufi ge Hochkönigplateau<br />
orientiert sich am Sommerweg, der an wichtigen<br />
Punkten mit Stangen markiert ist. Zunächst leicht südlich<br />
haltend, dann westlich gelangen wir über zahlreiche<br />
Beim Aufstieg <strong>zum</strong> Sonntagshorn<br />
Kuppen und Mulden <strong>zum</strong> Gipfelaufschwung. Erst auf diesem<br />
letzten Stück verlässt man die Sommerwegmarkierung, die<br />
nach rechts leitet und über einen kurzen versicherten Steig <strong>zum</strong><br />
Matrashaus geht. Stattdessen steigt man den Schlusshang<br />
gerade hinauf. Das Matrashaus ist als Orientierungspunkt<br />
unübersehbar.<br />
Abfahrt: Die Abfahrt erfolgt entlang der Aufstiegsspur. An der<br />
Schweizertafel kann man direkt ins Ochsenkar hinabfahren.<br />
Diese Abfahrtsvariante ist jedoch steiler und etwas schwieriger<br />
zu fi nden als die Abfahrt entlang der Aufstiegsspuren.<br />
Andrea Strauß<br />
Aufstieg vom Arthurhaus, unter der Torsäule<br />
Foto: Andreas Strauß Foto: Andreas Strauß<br />
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Große Reib’n (Niederbrunnsulzen 2368 m), 1. Tag<br />
Zustieg: Eine Piste ostwärts zu einem Kamm und auf<br />
dessen Ziehweg (Anfellen lohnt nicht) fl ach <strong>zum</strong> Sommerweg-Abzweig<br />
Richtung Schneibsteinhaus/Stahlhaus<br />
(1720 m; Schild). Abfallende Südhangquerung südostwärts<br />
und oberhalb vom Schneibsteinhaus nordostwärts<br />
aufwärts <strong>zum</strong> Carl-von-Stahl-Haus (1733 m, gut 30 Hm,<br />
2 Std., Übernachtung).<br />
Route 1. Tag: Auf fl achem Kamm südwärts, links vom<br />
Teufelsgemäuer steil hinauf, fl ach weiter und über eine<br />
kurze Steilstufe unter den Schneibstein. Über den Westrücken<br />
hinauf <strong>zum</strong> fl achen Gipfel mit kleinem Kreuz. Entlang<br />
dem Sommerweg über den Südkamm abfahren und nach<br />
Gegenanstieg knapp rechts des Südwestkamms weiter in<br />
die Windscharte (2164 m; rechtshaltend Kleine Reib’n).<br />
Aufstieg linksseitig am Osthang des Windschartenkopfs<br />
<strong>zum</strong> Schlumkopf (Schlunghorn). Abfahrt ins Schlumschartel<br />
und ostseitige Querung am Hochseeleinkopf südwärts,<br />
weitestmöglich unter den Kahlersberg (optional hinterm<br />
Gipfel hinauf, 2350 m) und diesen links umgehen. Südostwärts<br />
über das Plateau aufwärts, am Plateaurand südwärts<br />
und östlich des Mittleren Kragenkopfs (2178 m)<br />
zu Sattel (2095 m). In Schieb-/Abfahrtsquerung mit kaum<br />
Höhen verlust entlang von Buckeln (knapp 2100 m, meist rechtsseitig,<br />
kurze Gegenanstiege) Richtung breiter Flanke des Blünbachkopfs<br />
(Wildalmriedel). Nach Kurzabfahrt in Senke (oberhalb<br />
der Laubseeleingasse), gefolgt von Gegenanstieg und Senke,<br />
Aufstieg rechtshaltend zur Bärwildalm (Terrasse 2100 m) und<br />
durch eine steile Mulde hinauf <strong>zum</strong> Gipfel des Blühnbachkopfs<br />
(2268 m; Pause). Nach steiler Abfahrt südwestwärts und einem<br />
Tälchen Rechtsquerung abwärts und einen Steilkessel hinab zu<br />
einem kleinen Abbruch rechts, den man zu Fuß über Grasschrofen<br />
oder Fels überwindet. Westwärts talaus fahren, links um Vorsprung<br />
und den unteren Eisgraben nordwestwärts hinab in einen<br />
Einschnitt unter kleiner Felswand. Bei ca. 1800 m links um einen<br />
Vorsprung queren, südwestwärts zu Sattel an Felskopf, westwärts<br />
hinab und nach einem Felsendurchschlupf unter einem kleinen<br />
Wandl (1600 m; nordwestwärts abwärts Wasseralm) links queren<br />
unter die Schönfeldwand. Aufstieg südwestwärts in steiles Tal<br />
und hinauf <strong>zum</strong> Sattel (ca. 1830 m) vor der Blauen Lacke. Kurz<br />
links hoch, auf ein kleines Plateau queren und in Rechtsschleife<br />
auf einen Nord(ost)rücken. Aufwärts bis <strong>zum</strong> Einschnitt der<br />
Langen Gasse und nach Links-Rechts-Schleife durch diese steil<br />
westwärts hinauf <strong>zum</strong> Ausstieg (Rastfelsen; nordwestwärts<br />
<strong>zum</strong> Funtenseetauern, 2578 m). Unterm Wildalmrotkopf <strong>zum</strong><br />
Übergang Niederbrunnsulzen (2368) queren, Abfahrt unterm<br />
Grieskogel (Markierungsstangen) und rechts <strong>zum</strong> Durchgang<br />
des Toten Weibls (2087 m). Eine Talrinne nordwestwärts hinab,<br />
nach einem Durchschlupf (1870 m) links hinab in den Stuhlgraben<br />
und <strong>zum</strong> Funtensee. Aufqueren <strong>zum</strong> Kärlingerhaus<br />
(1630 m; Winterraum). Christian Schneeweiß<br />
Das Berchtesgadener Gipfelmeer immer im Blick<br />
Foto: Bernd Römmelt
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Große Reib’n (Kematenschneid 2234 m), 2. Tag<br />
7<br />
Vom Hochplateau <strong>zum</strong> Wimbachgries<br />
Nur 1000 Höhenmeter braucht man bis zur Nordwestecke des Steinernen Meers. Lichter<br />
Zirbenwald, unerwartete Routenwindungen, die heikle Querung unterm Großen Hundstod und<br />
der letzte Abfahrtshang mit 45° lassen die Tour nicht langweilig werden.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/20134– Seite 22<br />
1000 Hm | 7 Std.<br />
komplette Skitouren- und<br />
Navigationsausrüstung +<br />
Verpflegung für 2 Tage/1 Nacht<br />
Talort: Ramsau (670 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Per Bus nach Berchtesgaden.<br />
Mit der Bahn regional oder direkt über Bad<br />
Reichenhall auf der Strecke München–Salzburg<br />
Endpunkt: Wimbachbrücke (620 m)<br />
Zeiten: ab Hütte 5 Std. + 2 Std. zu Fuß/Abfahrt bis 1 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mitte März bis Mitte Mai<br />
Karte/Führer: Landesamt Bayern 1:25 000, Nr. UK<br />
25-1 »Nationalpark Berchtesgaden« / Brandl »Skitouren-<br />
führer Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen«<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourist-Information Ramsau, Im Tal 2,<br />
D-83486 Ramsau, Tel. 0 86 57/98 89 20, www.ramsau.de;<br />
Bus-Info: www.rvo-bus.de<br />
Hütten: Kärlingerhaus (1631 m), Winterraum 30, Tel. 0 86 52/<br />
6 0910 10 (Tal 0 86 50/5 13), www.kaerlingerhaus.de (mit<br />
Buchung); Notfall: Ingolstädter Haus (2119 m), Winterraum <strong>12</strong>,<br />
Tel. 00 43/65 82/83 53, www.ingolstaedter-haus.de<br />
Einkehr: Wimbachschloss, bewirtet Ostern bis November,<br />
Tel. 0 86 57/9 83 98 58<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Der direkte Aufstieg <strong>zum</strong> Westrand<br />
des Plateaus führt unter den Großen Hundstod (Gipfeloption).<br />
Zwei Steilabfahrten (um 35°, 40–45°) und ein besonnter<br />
Aufstieg beenden die Plateautour, zu der man trotz relativer<br />
Kürze früh aufstehen sollte. Vereisungsrisiko bzw. Lawinengefahr<br />
(tageszeitlich) hoch bei Abfahrten.<br />
TIPP<br />
Walliser Alpen Dufourspitze (4633 m), »Marinellicouloir«<br />
8<br />
Durch die höchste Wand der Alpen<br />
Bei der dritten Begehung, 1881, wurde der Führer Ferdinand Imseng<br />
am Fuße des gleichnamigen Rückens vom Luftstoß einer Lawine<br />
emporgeschleudert, seine Leiche fand man oberhalb (!) seines<br />
Standorts. Sein Gast, Damiano Marinelli, kam ebenfalls um – nach<br />
ihm wurde das Couloir benannt.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014– Seite 22<br />
1600/2000 Hm | 5/9 Std.<br />
komplette<br />
Hochtourenausrüstung<br />
Talort: Macugnaga (1327 m)<br />
Ausgangspunkt: Bergstation Belvedere (1904 m)<br />
Öffentliche Anreise: Mit dem Zug bis Domodossola,<br />
von dort Bus bis Pecetto<br />
Information: In Macugnaga, Piazza Municipio n.1,<br />
Tel. 00 39/03 24/6 51 19.<br />
Beste Zeit: Ende März bis Anfang Juli, am besten nach<br />
einem schneereichen Winter<br />
und mehreren kalten Nächten,<br />
Mondlicht vorteilhaft.<br />
Führer: Brandt »SAC-Clubführer<br />
Walliser Alpen Bd. 4«,<br />
1993; Waeber »Walliser Alpen«, Bergverlag Rother, 1996<br />
Karte: LKS 1:25 000, Blatt 1348 »Zermatt«; Kompass 1:50 000,<br />
Nr. 88 »Monte Rosa«<br />
Hütte: Rifugio Marinelli (3036 m), CAI Mailand, unbewartet,<br />
<strong>12</strong> Lager, Kochmöglichkeit<br />
Charakter/Schwierigkeiten: »Himalayacharakter«, »höchste<br />
Wand der Alpen«, »sichtbar vom Golf von Genua« – für die<br />
Monte-Rosa-Ostwand sind die Superlative schnell gefunden.<br />
Tatsächlich bewegt man sich hier in einer einzigartigen Kulisse.<br />
In der riesigen Eiswand ist Schnelligkeit Trumpf, wegen der<br />
ostseitigen Exposition bricht man um Mitternacht auf. Die<br />
Schwierigkeiten sind angesichts der Umgebung eher gemäßigt,<br />
entscheidend sind die oft wechselnden Verhältnisse. Insgesamt<br />
III, Eis bis 55°.<br />
TIPP<br />
Grajische Alpen Uia di Mondrone (2964 m)<br />
9<br />
Das Matterhorn der Lanzo-Täler<br />
Die Uia di Mondrone ist nicht leicht zu nehmen. Schweißtreibend der Aufstieg und leichte Kletterei<br />
im Gipfelbereich gestalten die Tour spannend. Einmalig ist allerdings dann die Schau vom Gipfel<br />
<strong>zum</strong> vergletscherten Grenzkamm und in die Poebene.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 1/2014 – Seite 22<br />
1506 Hm | 8 Std.<br />
normale Bergwanderausrüstung,<br />
Teleskopstöcke<br />
Talort: Balme (1473 m), oberstes Dorf im Val di Ala<br />
Ausgangspunkt: Straßenkehre vor Molera (1458 m)<br />
Zufahrt von der Straße zwischen Chialambertetto und<br />
Molette ein paar Kilometer vor Balme<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug von Torino<br />
bis Ceres am Eingang des Val di Ala, dann per Bus nach<br />
Balme. Fahrpläne: www.vigo-autoindustriale.com<br />
Gehzeiten: Von der Straßenkehre bis <strong>zum</strong> Gipfel<br />
4½ Std., Abstieg 3½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />
Karte/ Führer: Carta dei sentieri 1:25 000, Blatt 3 »Valli di<br />
Lanzo«; Kürschner »WF Piemont Nord«, Bergverlag Rother<br />
Information: Turismo Torino e Provincia, Tel. 00 39/0 11/53 51<br />
81, www.turismotorino.org. Lokales Tourismusbüro in Lanzo, Via<br />
Umberto I, Tel. 00 39/01 23/2 80 80<br />
Unterkunft: Bivacco Bruno Molino (2279 m), Selbstversorgerhütte<br />
mit Matratzenlager, doch ohne Kochvorrichtung und Ofen.<br />
Albergo »Les Montagnards«, Frazione Cornetti 73, 10070 Balme,<br />
Tel. 00 39/01 23/23 30 73 oder 3 47/363 40 82, www.lesmontagnards.it.<br />
Tolle Villa, einmalige Küche.<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Lange und steile Bergtour,<br />
wenn man sie vom Talgrund angeht. Gut markiert. Bis zur Alpe le<br />
Piane ordentlicher Pfad, dann zunehmend felsiger. Immer mal<br />
wieder müssen die Hände zur Hilfe genommen werden. Schwindelfreiheit<br />
und Trittsicherheit sind notwendig.
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Große Reib’n (Kematenschneid 2234 m), 2. Tag<br />
TIPP<br />
Route 2. Tag: Vom Kärlingerhaus durch eine weite<br />
Senke südwestwärts und durch steilen, lichten Zirben-/<br />
Lärchen-Wald gestuft hinauf zu einem Sattel (1759 m)<br />
nördlich des Viehkogels (2157 m). Nach kurzer West-<br />
Querung links aufwärts und frei nach rechts oberhalb<br />
eines Abbruchs in ein Hochtälchen queren, aus dem es<br />
hinauf zu dem Übergang (1876 m) unterhalb des Hirschs<br />
(1993 m) geht (Abkürzung erscheint möglich). Nordwestwärts<br />
abwärts in ein abfl ussloses Tal und an dessen<br />
Ende hinauf. Links vom Sommerweg Richtung Hundstodgatterl<br />
(und Hundstod-Reib’n) ab und in Schleifen um<br />
die Plateaubuckel westnordwestwärts aufwärts zu den<br />
Grenzköpfen. Nach Durchschlupf <strong>zum</strong> Weg Richtung Ingolstädter<br />
Haus (Stangen) gerade weiter Richtung Kamm<br />
und rechts unter diesem aufqueren zur Hundstodscharte<br />
(2220 m) am Fuß des Großen Hundstods (2593 m,<br />
Südfl anke zu Fuß möglich). Nordwestwärts kurz, aber<br />
ausgesetzt hinüberqueren (am besten ohne Felle schieben)<br />
<strong>zum</strong> Dießbacheck. Steile Abfahrt nordwestwärts<br />
hinab zur Hochwiesalm (1840 m). Auf der anderen Seite<br />
über einen markanten Ostrücken hinauf, durch ein Hoch-<br />
Walliser Alpen Dufourspitze (4633 m), »Marinellicouloir«<br />
Hüttenzustieg: Von Pecetto entweder mit dem Lift zur<br />
Bergstation des Belvedere oder zu Fuß auf dem breiten<br />
Pistenfahrweg. Dann in südl. Richtung <strong>zum</strong> Gletscher<br />
queren und über die rechte Seitenmoräne <strong>zum</strong> Rif. Zamboni-Zappa<br />
(2065 m). Von hier nach W auf den Moränenkamm<br />
und den Belvederegletscher Richtung Marinellirücken<br />
queren. Auf der orogr. rechten Moräne des<br />
Nordendgletschers auf Wegspuren empor, den ersten<br />
Aufschwung des Grates nordseitig im Geröll umgehend.<br />
Ab etwa 2600 Metern auf dem Grat selbst aufwärts,<br />
schließlich etwas südl. der Kante durch ein Schneefeld<br />
und zur Hütte.<br />
Gipfelanstieg: Auf den leicht ansteigenden Spuren bis<br />
zur Rinne, ca. 15 Min. von der Hütte. In Verlängerung der<br />
Spuren über das etwa 50 Meter breite und oft von Rinnen<br />
durchzogene Couloir <strong>zum</strong> Imsengrücken (15 Min.).<br />
Bei sehr guten und sicheren Schneeverhältnissen im<br />
Couloir entlang des Imsengrückens aufsteigen. Normalerweise<br />
aber auf den Felsen des Rückens selbst über<br />
vier kleinere Aufschwünge klettern (II–III), tendenziell<br />
immer dem Couloir zugewandt. Auf etwa 3650 m ver-<br />
tälchen und rechts der sich aufschwingenden Rückenfortsetzung<br />
in gestuftem Gelände nordwestwärts hinauf zu einem Sattel im<br />
Kematenschneid (bis 2234 m); oder linkshaltend eine Flanke<br />
hinauf <strong>zum</strong> Ansatz des Seehorn-Nordrückens (Ski-Abstecher<br />
auf 2321 m) und nordwärts über den Kamm <strong>zum</strong> Sattel.<br />
Nordostwärts linksseitig um und auf einen Buckel queren und<br />
Abfahrt unterm Palfelhorn nordwärts durch eine Mulde zu einer<br />
Scharte. Über eine steile Flanke hinab, Linksquerung und noch<br />
steiler (über 40°, im Sommer Plattenfl ucht) hinab in den Loferer<br />
Seilergraben. An dessen Ausgang möglichst weit nordostwärts<br />
übers Wimbachgries abwärts und rechts über die Schneise des<br />
Mitterfl ecks ins feste Schotterbett des Wimbachs.<br />
Abstieg: Mit Ski auf dem Buckel durch dieses talaus, bis ein<br />
Fahrweg links hinaus führt. Auf dem Fahr-/Touristenweg <strong>zum</strong> ab<br />
Ostern bewirteten Wimbachschloss (931 m) und talaus, <strong>zum</strong><br />
Schluss steil bergab zur Wimbachbrücke (Gasthöfe, Unterkünfte,<br />
Bushaltestelle).<br />
Christian Schneeweiß<br />
schwindet der zunehmend fl acher werdende Imsengrücken im<br />
Eis. Hier wird es gefährlich: Die Séraczone passiert man möglichst<br />
schnell, indem man südl. des Couloirs bleibt und die<br />
Hängegletscher links liegen lässt. Nach den letzten Séracs hält<br />
man sich nach links und steigt auf die Felsen zu, die vom<br />
Grenzgipfel herabziehen. Hier müssen nochmals zwei oder drei<br />
Bergschründe passiert werden, die Wand erreicht hier bis zu<br />
55° Neigung und ist stark dem Steinschlag ausgesetzt. Nach<br />
Möglichkeit den letzten Bergschrund vor dem ersten Sonneneinfall<br />
überqueren. Die Gipfelfelsen selber betritt man, sofern<br />
sie trocken sind, gleich an ihrem tiefsten Punkt, wo sich bald<br />
die Burgener-Gedenktafel befi ndet. Die Felsen sind steil, aber<br />
fest. Bei starker Vereisung und/oder günstigen Schneeverhältnissen<br />
lässt man die Felsen so lange wie möglich rechts liegen<br />
und betritt sie erst am Ende des Schnees. In beiden Fällen erreicht<br />
man auf knapp 4600 Metern die »Schulter«, von der<br />
man dem felsigen Grat (II) <strong>zum</strong> Grenzgipfel (4618 m) folgt. Von<br />
dort über den gezackten Grat, einen Gendarm südseitig umgehend,<br />
schließlich zur Dufourspitze (4633 m).<br />
Abstieg: Man überschreitet die Dufourspitze und steigt über<br />
den Westgrat der Dufourspitze ab in die »Satteltole«. Von dort<br />
Passage vor dem Schneibstein<br />
über die »Scholle« und die weiten Hänge des Monte-Rosa-<br />
Gletschers auf ausgetretenen Pfaden zur Oberen Plattje.<br />
Von hier den Steinmännern zur Monte-Rosa-Hütte (2883 m,<br />
<strong>12</strong>0 L., März–September, Tel. 0 27/9 67 21 15) folgen.<br />
Von dort zur Gornergratbahn (Rotenboden) und schließlich<br />
nach Zermatt.<br />
Thomas Ebert<br />
Der massige Monte-Rosa-Stock<br />
Foto: Andreas Strauß Foto: Bernd Römmelt<br />
TIPP<br />
Grajische Alpen Uia di Mondrone (2964 m)<br />
Aufstieg: Von der Straßenkehre etwas unterhalb des<br />
Weilers Molera folgt man links der weiß-rot-weiß markierten<br />
GTA (Grande Traversata delle Alpi) bergwärts. Es geht<br />
zuerst durch terrassiertes Gelände, dann in einen Wald<br />
aus Buchen und Lärchen. Nach etwa einer halben Stunde<br />
trifft man auf die Alpe Pian Bosco (1683 m). Dort wird die<br />
GTA nach links verlassen.<br />
Der Pfad wird rechterhands eine Weile vom Rio Maian begleitet.<br />
Eine Querung nach links führt unter Felsen entlang.<br />
Nach ein paar Serpentinen ist eine Weggabelung erreicht.<br />
Rechts würde es über die Alpe le Piane <strong>zum</strong> Bivacco Bruno<br />
Molino gehen. Wer dort übernachtet, steigt anderntags<br />
wieder bis zu dieser Gabelung ab.<br />
Der Gipfelzustieg (Weg Nr. 232) zieht erst südwestlich<br />
durch ein Blockfeld auf eine grasige Schulter und setzt<br />
sich dann nordwestwärts fort. Steil durch Schrofen zu einer<br />
ersten Felsplatte, die in leichter Kletterei überwunden<br />
wird. Es wird zunehmend felsiger. Immer mal wieder geht<br />
es durch kurze Kamine und über Felsplatten. Zwei heikle<br />
Stellen sind mit Seil gesichert.<br />
Hat man den Südgrat endlich erobert, trennen nur noch<br />
wenige Meter vom Gipfel mit Glocke und Marienbild. Grandios<br />
ist die Schau auf Rocciamelone, Bessanese, Ciamarella und die<br />
Levanna-Gipfel.<br />
Abstieg: Auf dem gleichen Weg geht es zurück <strong>zum</strong> Ausgangspunkt.<br />
Iris Kürschner<br />
Die Uia di Mondrone im Abendlicht<br />
Foto: Iris Kürschner
TIPP<br />
Berner Alpen Aletschhorn (4195 m), »Südwestrippe«<br />
10<br />
Im Herzen des Hochgebirges<br />
Auf dem Aletschhorn ist man so weit weg von der Zivilisation wie selten in den Alpen – kein grünes Tal<br />
lässt sich erspähen. Auf der dominanten Pyramide des zweithöchsten Berner Gipfels steht man genau<br />
zwischen den Walliser und Berner Viertausendern, großartig umspült von den drei Aletschgletschern.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> <strong>12</strong>/2013 – Seite 20<br />
700 + 1700 Hm | 2–3 Tage<br />
komplette<br />
Hochtourenausrüstung<br />
Talort: Blatten bei Naters (1327 m)<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis August<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug nach Brig<br />
(684 m), von hier mit Bus 9 km nach Blatten<br />
Gehzeiten: 4 Std. zur Hütte, 8–9 Std. ab Hütte<br />
Karte: Schweizer Landeskarte 1:25 000, Blatt <strong>12</strong>69<br />
»Aletschgletscher«,<br />
Führer: Pusch/Senf/Schmitt/Waeber »Hochtouren<br />
Westalpen Band 1«, Rother Selection, 2013<br />
Hütte: Oberaletschhütte (2640 m), SAC Chasseral, 60 L.,<br />
Tel. 00 41/27/9 27 17 67<br />
Charakter/Schwierigkeiten: ZS- mit Stellen II, kombiniert,<br />
lang. Der Aufbruch von der Hütte erfolgt auch im Sommer gegen<br />
2 Uhr morgens, da die Strecke beträchtlich ist und die Wegfi n-<br />
dung einiges an Konzentration erfordert. Wer in den Gipfelfelsen<br />
gut mit dem Seil umgehen kann, ist zeitlich klar im Vorteil.<br />
Insgesamt sehr lohnende Hochtour auf einen großartigen Gipfel,<br />
ohne übermäßige Schwierigkeiten und Gefahren, die dafür das<br />
gesamte Spektrum an Herausforderungen abdeckt.<br />
TIPP<br />
Mieminger Kette Hohe Munde (2662 m)<br />
11<br />
Im Bann der Mieminger Kette<br />
Der beliebteste und wohl auch einer der markantesten Berge der<br />
Mieminger Kette ist die Hohe Munde, eine wuchtige Berggestalt,<br />
die sich schon aus der Ferne wie ein gewaltiger Monolith zeigt<br />
und <strong>Bergsteiger</strong> und Skitourengeher zu allen Jahreszeiten lockt.<br />
1770 Hm | 8 Std.<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> <strong>12</strong>/2013 – Seite 20<br />
normale Wanderausrüstung;<br />
solides Schuhwerk; Stöcke<br />
empfehlenswert<br />
Talort: Leutasch-Moos (1180 m)<br />
Ausgangspunkt: Leutasch-Moos, Parkplatz der Rauthhütte<br />
(1185 m)<br />
Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite N 47.349893°<br />
Länge E 011.117924°<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn nach<br />
Seefeld oder bis Mittenwald. Danach mit dem Bus oder Taxi<br />
ab Bahnhof Seefeld bzw. Mittenwald nach Leutasch fahren.<br />
Entfernung: 20,7 km<br />
Gehzeiten: Aufstieg 3½ Std.; Abstieg 4½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Sommer und zeitiger Herbst<br />
Karte: Kompass-Wander- und Radtourenkarte1:50 000,<br />
Blatt 5 »Wettersteingebirge, Zugspitzgebiet«<br />
Informationen: Olympia-Region Seefeld, Informationsbüro<br />
Leutasch, Weidach 320, A-6105 Leutasch,<br />
Tel. 00 43/(0)5 08 80 10, www.seefeld.com<br />
Einkehr: Rauthhütte (1605 m)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Die anspruchsvolle Tour eignet<br />
sich nur für trainierte <strong>Bergsteiger</strong>. Der lange Abstieg über die<br />
Niedere Munde verlangt Trittsicherheit und Schwindelfreiheit.<br />
TIPP<br />
w<br />
Pyhrn-Priel-Region Von der Wurzer- zur Bärenalm<br />
<strong>12</strong><br />
Karstplateauwanderung durch Lärchen-Zirbenwälder<br />
Urwald, Karst und Almen prägen diese lange und reizvolle Wanderung,<br />
die man am besten in zwei Tagen bewältigt. Nächtigungsmöglichkeit<br />
besteht in der Hochmölbinghütte. Vom Zielort kommt man mit dem<br />
Wander- oder Ruftaxi <strong>zum</strong> Ausgangspunkt zurück.<br />
900 Hm | 9 Std.<br />
normale Wanderausrüstung<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> <strong>12</strong>/2013 – Seite 20<br />
Talort: Spital am Pyhrn<br />
Ausgangspunkt: Bergstation der Standseilbahn Wurzeralm<br />
(1427 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug über Selzthal<br />
oder Kirchdorf nach Spital am Pyhrn<br />
Gehzeiten: Bergstation Standseilbahn Wurzeralm – Luckerhütte<br />
(1830 m; 2¼ Std) – Luckerhütte – Liezener Hütte<br />
(2¾ Std.) – Liezener Hütte – Hochmölbinghütte (1402 m; ½ Std.)<br />
– Hochmölbinghütte – Türkenkarscharte (1740 m; 1¾ Std.) –<br />
Türkenkarscharte – Bärenalm – Parkplatz der stillgelegten Bärenalm-<br />
Bergbahn (650 m, 1¾ Std.)<br />
Beste Jahreszeit: Juni bis Anfang Oktober, je nach Schneelage<br />
Karte: Kompass 1:50 000, Nr. 70 »Nationalpark Kalkalpen«<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Pyhrn-Priel, Haupt -<br />
str. 28, 4580 Windischgarsten; Tel. 00 43/(0)75 62/52 66-0<br />
Hütte/Einkehr: Hochmölbinghütte (1683 m), Ende Mai bis<br />
26. Oktober, Tel. 06 76/9 00 39 09; www.hochmoelbinghütte.at<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Sehr abwechslungsreiche<br />
Plateauwanderung durch das Europaschutzgebiet Totes Gebirge.<br />
Besondere Vorsicht ist nach Schneefall und bei Nebeleinfall<br />
geboten, weil dann die Markierungen schlecht erkennbar sind.
TIPP<br />
Berner Alpen Aletschhorn (4195 m), »Südwestrippe«<br />
Hüttenzustieg: Von Blatten mit der Bahn zur Belalp<br />
(2094 m). Auf breitem Weg nach Osten <strong>zum</strong> Hotel Belalp<br />
und weiter in Richtung des Talgrunds, wo Oberaletsch- und<br />
Großer Aletschgletscher zusammentreffen. Den Ablauf des<br />
Oberaletschgletschers quert man auf einer neuen Hängebrücke.<br />
Dann in nördlicher Richtung hinauf <strong>zum</strong> grandios<br />
angelegten Höhenweg unter den Fußhörnern, der aussichtsreich<br />
zur Oberaletschhütte (2640 m) hinüberzieht.<br />
Gipfelaufstieg: Hinter der Hütte die Leitern hinab auf<br />
den Oberaletschgletscher. Im östlichen bis mittleren<br />
Bereich des nun meist aperen Gletschers etwa 3 km<br />
den Katzenaugen folgen. In der Mulde, wo der Gletscher<br />
vom Geisshorn herabzieht, über einen bröseligen Pfad<br />
(Wegspuren und Steinmänner) von rechts nach links<br />
ansteigend die Moräne ersteigen. Unter den Felsen quert<br />
man mehrere Gräben und trifft schließlich auf einen guten<br />
Pfad, der über Grasbänder und Terrassen emporführt.<br />
Über festes Rinnen- und Blockgelände erreicht man bei<br />
ca. 3100 m die markante Felsrippe, die vom oberen Gletscherbecken<br />
herabzieht. Am Ende der Rippe Steigeisenund<br />
Frühstücksplatz. Über einen kurzen Eisaufschwung<br />
erreicht man den Gletscher, dessen Spalten man in einer Rechts-<br />
Links-Schleife umgeht und schließlich an der günstigsten Stelle<br />
(Schnee/Geröll) nach links in die Gipfelfelsen verlässt. Diese<br />
umgeht man zunächst in einem Firnhang links der Rippe, bis<br />
die ersten Sicherungsstangen erreicht werden. In meist festem<br />
Fels mit guten Sicherungsmöglichkeiten auf der mittleren Rippe<br />
empor und schließlich über nun fl achere, aber schuttbedeckte<br />
Felsen <strong>zum</strong> höchsten Punkt.<br />
Abstieg: Wie Aufstieg. Die Gipfelfelsen sind mit etwa 10 Sicherungsstangen<br />
im Abstand von 30 m versichert. In den fl acheren<br />
Felsen empfi ehlt es sich aus Zeit- und Steinschlaggründen, abzuklettern<br />
statt abzuseilen. Bei den letzten Stangen nicht zu weit<br />
nach rechts in eine verlockende Rinne queren; typischer Verhauer.<br />
Wer von der Hütte noch bis zur Belalp absteigt, hat wegen der<br />
Gegenanstiege mit insgesamt 3000 Abstiegshöhenmetern zu<br />
rechnen.<br />
Thomas Ebert<br />
Das Aletschhorn mit der Anstiegsroute<br />
Foto: Thomas Ebert<br />
TIPP<br />
Mieminger Kette Hohe Munde (2662 m)<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz auf schmaler Fahrspur durch<br />
den Wald, bei der ersten Verzweigung rechts und zu einer<br />
Forststraße. Auf ihr nach links und zur Rauthhütte hinauf.<br />
Von der Hütte weiter nach Nordwesten, dann nach Norden<br />
abdrehen, um die Moosalm herum; nach Südwesten <strong>zum</strong><br />
Hüttenrinner und durch felsige Rinnen hinauf. Anschließend<br />
gegen Westen weiter.<br />
Mit dem Bau der Lawinensicherung wurde ein neuer Weg<br />
angelegt. Er verlässt die alte Routenführung gut beschildert<br />
nach rechts und steigt auf Wiesenhängen an. Noch<br />
vor dem Mundekopf stößt er wieder auf die alte Route.<br />
Auf dem Mundekopf am Antennenmasten vorbei und<br />
100 Meter stellenweise steil und ungemütlich in den<br />
Sattel zwischen Mundekopf und Hoher Munde hinunter.<br />
Aus ihm nach Westen, die letzten Minuten nach Norden,<br />
<strong>zum</strong> Gipfelkreuz hinauf und ein paar Meter weiter <strong>zum</strong><br />
höchsten Punkt.<br />
Abstieg: Möglich entlang der Aufstiegsroute.<br />
Schöner, aber weiter ist der Abstieg anfangs kurz nach<br />
Norden, dann links abknicken und auf langer, guter Steiganlage,<br />
ein paar Mal auf und ab <strong>zum</strong> Grat westlich der<br />
Hohen Munde. Über ihn in den Sattel bei der Niederen Munde.<br />
Von dort auf beschildertem Wanderweg nach rechts ins Gaistal<br />
absteigen. Noch vor der Tillfussalm rechts auf den Gaistalweg<br />
einbiegen und durch das Tal bis Obern hinaus. Von dort auf der<br />
Fahrstraße <strong>zum</strong> Parkplatz an der ehemaligen Liftstation der<br />
Rauthhütte zurück.<br />
Siegfried Garnweidner<br />
Beim Übergang vom Mundekopf zur Hohen Munde<br />
Foto: Siegfried Garnweidner<br />
TIPP<br />
Pyhrn-Priel-Region Von der Wurzer- zur Bärenalm<br />
Route: Von der Bergstation der Standseilbahn abwärts, an<br />
der Frauenkar-Liftstation vorbei und entlang der Skipiste bis<br />
zur Beschilderung »Luckerhütte – Hochmölbinghütte« wandern.<br />
Der Markierung aufwärts in den Burgstall folgen, links<br />
am Eisernen Bergl vorbei bis zur Luckerhütte, die als Notunterstand<br />
dienen kann. Durch Zirben-Lärchenwald, Dolinen<br />
und Latschen führt der Weg in leichtem Auf und Ab weiter<br />
zur Brunnalm und zuletzt entlang eines kleinen Baches zur<br />
Liezener Hütte. Danach leicht abwärts zur Hochmölbinghütte.<br />
Auf Weg Nr. 218 leicht ansteigend zur Sumperalm und<br />
abwärts auf den Grimmingboden. Nördlich in der Talsohle<br />
aufwärts zur Graßeck-Alm und hinauf zur Türkenkarscharte,<br />
einer Einsattelung zwischen Hirscheck und Kleiner Scheibe.<br />
Über die Bärenalm und das Schafferreith zurück <strong>zum</strong> Parkplatz<br />
des ehemaligen Bärenalmliftes absteigen.<br />
Übersicht: Südlich des Warscheneck entfaltet sich<br />
eine märchenhafte Plateaulandschaft mit Karstdolinen,<br />
Grasmatten und Urwäldern. Seit der letzten Eiszeit hat sich<br />
die Landschaft hier wenig verändert. Das Plateau ist vom<br />
Norden her gar nicht und vom Süden nur wenig erschlossen.<br />
Eine Besonderheit ist der ausgedehnte Lärchen-Zirbenwald. Die<br />
Zirbe verträgt kein feuchtes Klima. Ihr bekommt daher der von Spalten,<br />
Ritzen und Dolinen übersäte Kalkboden, weil hier das Wasser<br />
sofort in das Berginnere versiegt. Verbreitet werden die Samen<br />
der Zirbe durch die Tannenhäher. Während im östlichen Teil des Plateaus<br />
an Quellen und Wasser großer Mangel herrscht, fi ndet man<br />
im westlichen Teil des Plateaus viele kleine Gewässer. Das Wasser<br />
und ein tiefgründiger Boden schaffen in diesem Teil die Voraussetzung<br />
für Almwirtschaft. Ausgehend vom Plateau kann man vielen<br />
aussichtsreichen Berggipfeln wie dem Warscheneck, Angerkogel<br />
und Hirscheck einen Besuch abstatten. Nur die bewirtschaftete<br />
Hochmölbinghütte und die Liezener Hütte als Selbstversorgerhütte<br />
sind Stützpunkte in dieser einmaligen Landschaft.<br />
Franz Sieghartsleitner<br />
Die Bärenalm mit dem Toten Gebirge<br />
Foto: Franz Sieghartsleitner
Neu im Handel<br />
Neu<br />
Die neue Publikation „Altes Handwerk ...neu erlebt!“ befasst sich mit traditionellen Handwerksberufen<br />
und -techniken und bringt diese dem Leser auf anschauliche Weise näher.<br />
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alte Handwerk“ ausgeübt oder aber auch in Freilichtmuseen und auf Veranstaltungen veranschaulicht.<br />
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AUF TOUR<br />
<strong>Touren</strong> und Thermen in den bayerischen Bergen<br />
Endspurt: die letzten steilen Meter auf die Schulter des Schildensteins<br />
Nichts ist angenehmer, als nach einer schweißtreibenden<br />
Skitour im warmen Wasser oder im Dampfbad zu entspannen.<br />
Glücklicherweise befinden sich einige bayerische Thermen<br />
ganz in der Nähe von <strong>Touren</strong>zielen. Von Andrea Strauß<br />
64 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Entspannter Blick aufs nächste <strong>Touren</strong>ziel: in der Therme Bad Endorf<br />
Fotos: Andreas Strauß (2), Thermen Bad Endorf<br />
Er sammelt sich, hält noch einen<br />
Moment inne. Dann fällt er. Mit<br />
9,81 Metern pro Sekunde rast er<br />
auf den Abgrund zu. Vom Aufprall<br />
tief unten im Schnee ist<br />
nichts mehr zu hören – schließlich ist es<br />
nur ein Schweißtropfen. Einer von vielen<br />
auf der Skitour <strong>zum</strong> Gipfel des Wagendrischelhorns<br />
(2251 m).<br />
Gleichmäßig steil zieht die Spur über die<br />
Nordflanke hinauf aufs Plateau der Reiteralm.<br />
Auf 1700 Höhenmetern ist reichlich<br />
Zeit für Schweißperlen. Aber die Bewegung<br />
an der frischen Luft tut gut: Kaum steht<br />
man auf den Ski, kaum haben die Schritte<br />
einen gleichmäßigen Rhythmus, dann sind<br />
alle Gedanken an den Alltag vergessen. Kein<br />
Wunder, dass das <strong>Touren</strong>gehen boomt. Und<br />
wer bei der Abfahrt im Tiefschnee an seine<br />
sportlichen Grenzen kommt, hat seit einigen<br />
Jahren mit Schneeschuhen eine Alternative.<br />
Lust auf mehr<br />
Was für ein Tief blick! Nach der einen Seite<br />
hat der Gipfel des Wagendrischelhorns einen<br />
steilen Skihang, nach der anderen aber<br />
richtiges Felsgelände. 2251 Meter hoch ist<br />
dieses schöne <strong>Touren</strong>ziel auf der Reiteralm<br />
und damit der höchste Gipfel, der in diesem<br />
Gebiet mit Ski erreicht werden kann. Was<br />
man von hier oben sieht, macht Lust auf<br />
mehr. Da steht der Untersberg mit seinem<br />
Abbruch nach Süden, der Hohe Göll und<br />
weit im Osten der Dachstein. Watzmann<br />
und Hochkalter scheinen aus dieser Perspektive<br />
zusammenzuwachsen. Dahinter<br />
die Tauern, daneben Leoganger und Lofe-<br />
rer Steinberge. Niedriger gelegen und eher<br />
für Winterwanderer und Schneeschuhgeher<br />
geeignet als für Skitourengeher, lugt<br />
der Tote Mann hervor: Hier verlief einst<br />
auf halber Höhe die Leitung, in der die<br />
Sole von Berchtesgaden nach Reichenhall<br />
gepumpt wurde. Und dort drüben erheben<br />
sich Zwiesel und Hochstaufen – mehr Skitourenziele,<br />
als man in einem Skiwinter<br />
schaffen kann. Ohnehin steht erst mal die<br />
Abfahrt an: Nach den ersten, etwas zaghaften<br />
Schwüngen im windgepressten Schnee<br />
wird der Untergrund weicher, die Bewegungen<br />
fließender. Wenn der Rhythmus gefunden<br />
ist, folgt die Phase des Aufschwimmens<br />
und Surfens, der Schnee stiebt und spritzt<br />
hoch bis ins Gesicht.<br />
Im Unterschied<br />
zur Skitour aufs<br />
Wagendrischelhorn<br />
schwitzt man in<br />
der Reichenhaller<br />
Sauna ganz ohne<br />
Höhengewinn.<br />
Baden wie die alten Römer<br />
Im Unterschied zur Skitour aufs Wagendrischelhorn<br />
schwitzt man am Nachmittag<br />
in der Reichenhaller Sauna ganz ohne<br />
Höhengewinn, dafür ebenso<br />
gründlich. Und ebenso<br />
gesund. Dass warme Bäder,<br />
Dampf und Massage eine<br />
positive Wirkung auf Körper<br />
und Geist haben, weiß man<br />
seit dem Altertum. Die alten<br />
Römer haben die Badekultur<br />
aus Griechenland übernommen,<br />
wo sie schon vor 4000<br />
Jahren üblich war, und verfeinerten<br />
sie mit viel technischer<br />
Raffinesse. Becken<br />
mit kaltem und warmem<br />
Wasser standen zur Ver- Höchster Skigipfel über der Reiteralm: Wagendrischelhorn<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 65
Sklaven befeuerten die<br />
Heizungen, während<br />
man in bequemen Ruhesesseln<br />
über Politik<br />
diskutierte. Nur auf<br />
Skitour gingen die alten<br />
Römer noch nicht.<br />
Am Rücken <strong>zum</strong> Großen Traithen grüßt der Wendelstein.<br />
fügung. Man konnte im Dampf bad bei 50<br />
Grad schwitzen und sich mit Ölen massieren<br />
lassen. Sklaven befeuerten rund um die<br />
Uhr die Fußboden- und Wandheizungen.<br />
Anschließend lockten bequeme Sessel in<br />
den Ruheräumen, dort wurde über Politik<br />
diskutiert und Klatsch ausgetauscht. 1600<br />
solcher Ruhesessel sollen in den römischen<br />
Caracallathermen gestanden haben. Nur<br />
auf Skitour gingen die Römer noch nicht.<br />
So viele Ruhesessel wie die antiken Bäder<br />
Roms sind es in der Rupertustherme in Bad<br />
Reichenhall nicht. Eine beachtliche Größe<br />
hat die Therme am Fuß des Hochstaufens<br />
aber schon. 2005 wurde sie errichtet und<br />
so die Bädertradition von Reichenhall wiederbelebt.<br />
Namenspatron ist der Heilige<br />
Rupert, der laut einer Legende die Solequellen<br />
von Reichenhall im 7. Jahrhundert<br />
wiedergefunden haben soll. Während der<br />
folgenden Jahrhunderte nutzte man sie zur<br />
Salzgewinnung; 1846 begann dann der Bade-<br />
und Kurbetrieb. Aus Reichenhall wurde<br />
im Laufe der Zeit »Bad Reichenhall« und damit<br />
einer von knapp einem Dutzend Orten<br />
am Rand der bayerischen Alpen mit dem<br />
begehrten Titel »Bad« im Namen.<br />
Thermalwasser aus 2000 Meter Tiefe<br />
Baden und Wellnessen kann man natürlich<br />
das ganze Jahr über. Aber ist der Winter<br />
dafür nicht die schönste Zeit? Vormittags<br />
auf einer Skitour durch den Pulverschnee<br />
stapfen und nachmittags in der Sauna die<br />
wohlige Wärme genießen! In den bayerischen<br />
Bergen gibt es dafür jede Menge<br />
Möglichkeiten. Da sind einmal die Solequellen,<br />
die in der Rupertustherme in<br />
Bad Reichenhall und in der Watzmann-<br />
Therme in Berchtesgaden genutzt werden<br />
– beide Gebiete auch ausgezeichnete<br />
Skitourenreviere. Weiter westlich wartet<br />
die Therme Bad Aibling, Bayerns jüngste<br />
Therme, mit Thermalwasser aus mehr<br />
Glitzernder Märchenwald an den Südhängen des Wallbergs<br />
Traumhafter Pulver bei der Abfahrt vom Schildenstein<br />
66 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
als 2000 Meter Tiefe auf. Direkt vor der<br />
Haustüre kann man zu schönen Skitouren<br />
in den westlichen Chiemgauer Bergen<br />
und dem Mangfallgebirge auf brechen.<br />
Am Tegernsee kann man gar zwischen<br />
drei Bädern wählen, der Seesauna monte<br />
mare in Tegernsee, dem Badepark Bad<br />
Wiessee und dem Jodschwefelbad, dessen<br />
Heilquellen Wiessee einst den Titel »Bad«<br />
gebracht haben. Eine jodhaltige Quelle<br />
nutzt auch das Alpamare in Bad Tölz.<br />
Südwestlich vor den Toren Münchens<br />
laden das Trimini in Kochel am See und<br />
das Wellenberg in Oberammergau ein, die<br />
Skitourenziele reichen vom Herzogstand<br />
bis zu den vielfältigen Möglichkeiten in<br />
den Ammergauer Bergen. Am Rand der<br />
Allgäuer Alpen findet man ebenfalls beides:<br />
traditionell schneesichere <strong>Touren</strong><br />
und Erholung bei warmen 30 Grad, <strong>zum</strong><br />
Beispiel in Füssen in der Kristalltherme,<br />
im Wonnemar in Sonthofen oder in der<br />
Therme in Oberstdorf.<br />
Warmwasserbad unterm Winterhimmel<br />
Längst ist die Sonne untergegangen, die ersten<br />
Sterne zeigen sich am Winterhimmel.<br />
Bestimmt wird es eine kalte Nacht und vielleicht<br />
gibt es sogar bis <strong>zum</strong> Morgen ein wenig<br />
frischen Pulverschnee. Für die Tour auf<br />
den Teufelstättkopf wäre das gerade recht,<br />
bei Pulverschnee ist er am schönsten, egal<br />
Badewetter bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich<br />
ob man mit <strong>Touren</strong>ski oder Schneeschuhen<br />
unterwegs ist. Im 34 Grad warmen Außenbecken<br />
des Wellenberg in Oberammergau<br />
stören die Temperaturen der kalten Winternacht<br />
erst einmal keinen – noch weniger in<br />
der Sauna. Im Gegenteil, gerade der Kontrast<br />
zwischen dem warmen Dampf und der frischen<br />
Luft macht den besonderen Reiz aus.<br />
Der Himmel hat noch einen Rest an Bläue,<br />
der sich kalt gegen das schummrige, orangefarbene<br />
Saunalicht abhebt. Langsam<br />
wächst der Schweißfilm auf der Stirn zu<br />
einem Tropfen. Er steuert die linke Augenbraue<br />
an. Kurz bevor es ins Auge geht, ändert<br />
der Tropfen die Richtung und rinnt an<br />
der Nasenwurzel entlang bis zur Spitze. Er<br />
sammelt sich, hält noch einen Moment inne.<br />
Dann fällt er.<br />
◀<br />
KOMPAKT<br />
Thermen und Saunen am Alpenrand<br />
Fotos: Andreas Strauß (3), picture alliance, Rupertustherme, Therme Bad Aibling<br />
Rupertustherme<br />
Bad Reichenhall<br />
Diverse Becken, Außenbecken,<br />
Whirlpool, Solegrotte,<br />
Dampfbad, sechs verschiedene<br />
Saunen, Tauchbecken,<br />
Ruheräume, Kaminzimmer;<br />
geöffnet tägl. 9–22 Uhr<br />
Preise: 18 € (4 Std.)<br />
zzgl. 8 € Saunabereich<br />
Info: www.rupertustherme.de<br />
Therme Bad Aibling<br />
Diverse Becken in Kuppelarchitektur,<br />
Außenbecken,<br />
Unterwassermusik, Whirl -<br />
pool, Dampfbad, Dampfeisbad,<br />
Soledampfbad, Rosen -<br />
quarzsauna, Bio sauna,<br />
Eukalyptussauna, Moorsauna,<br />
fi nnische Saunen,<br />
Infrarotkabine, Kaminraum,<br />
Sole-Inhalation;<br />
geöffnet tägl. 10–22 Uhr,<br />
Fr und Sa bis 23 Uhr<br />
Rupertustherme<br />
Therme Bad Aibling<br />
Preise: 21 € (4 Std.)<br />
Info: www.therme-badaibling.de<br />
Badepark Bad Wiessee<br />
Vier Innen- und Außenbecken,<br />
Whirlpool, Inhalatorium,<br />
Saunalandschaft mit<br />
Lichttherapie, Dampfbad,<br />
fi nnische Saunen, Almsauna,<br />
Meditationssauna, Kaminstube,<br />
Tauchbecken, Ruheräume;<br />
geöffnet Sa–Mi 9–21<br />
Uhr, Do und Fr 9–22.30 Uhr<br />
Preise: 10,50 € (2½ Std.)<br />
bzw. 11 € (WoE)<br />
Info: www.badepark-badwiessee.de<br />
Seesauna Tegernsee<br />
Fünf Saunen, darunter auch<br />
eine Sauna auf Schiff<br />
»Irmingard«, und ein Dampfbad.<br />
Whirlpool-Innenbecken<br />
und Sole-Außenbecken,<br />
Tauchbecken, direkter Zugang<br />
<strong>zum</strong> See, Ruheräume<br />
und Restaurant; geöffnet<br />
tägl. ab 10 Uhr; Mo–Do<br />
bis 23 Uhr, Fr und Sa bis<br />
24 Uhr, So bis 21 Uhr<br />
Preise: 15 € (2 Std.) bzw.<br />
18 Euro an Wochenenden<br />
und Feiertagen<br />
Info: www.monte-mare.de<br />
Wellenberg<br />
Oberammergau<br />
Hallenbad mit 34° heißem<br />
Außenbecken, Saunalandschaft<br />
mit fi nnischer Sauna,<br />
Biosauna, Dampfbad und<br />
Niedertemperatur-Infrarotkabine,<br />
Tauchbecken,<br />
Ruhebereich, Freilufthof;<br />
geöffnet tägl. 10–21 Uhr<br />
Preise: 7 € (3 Std.)<br />
zzgl. 4 € Saunabereich<br />
Info: www.wellenbergoberammergau.de<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 67
TOUREN<br />
Erst in die Berge, dann ins Bad<br />
Im bayerischen Voralpenland kann man sporteln und entspannen. Wir stellen Ihnen die schönsten <strong>Touren</strong><br />
rund um die Wellness-Oasen in Bad Reichenhall, Bad Aibling, Bad Wiessee und Oberammergau vor.<br />
BAD REICHENHALL<br />
1 Steinerne Agnes (1320 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
640 Hm 640 Hm<br />
Charakter: Schöne Schneeschuhtour<br />
<strong>zum</strong> zehn Meter hohen Felsturm der<br />
Steinernen Agnes, einem sehenswerten<br />
Geotop im Lattengebirge. Schmale<br />
Wege im teils steilen Waldgelände<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz am Wertstoffhof<br />
zwischen Bischofswiesen und<br />
Pass Hallthurm (680 m)<br />
Route: Vom Parkplatz der Beschilderung<br />
Karspitze/Agnes folgend auf<br />
Karrenwegen und (ab ca. 800 m) auf<br />
Fußweg in Serpentinen zur Rotofen-<br />
Diensthütte. Die Agnes steht wenige<br />
Minuten oberhalb.<br />
2 Toter Mann (1391 m)<br />
▶ leicht 3 Std.<br />
410 Hm 410 Hm<br />
Charakter: Familienfreundliche<br />
Wanderung auf einer Forststraße (als<br />
Rodelbahn nutzbar) bis <strong>zum</strong> Gipfel<br />
Ausgangspunkt: Cafe Schwarzeck<br />
(1020 m) zwischen Bischofswiesen/<br />
Loipl und Ramsau<br />
Hütten: Hirschkaser im Skigebiet,<br />
Tel. 0 86 57/4 81; Cafe Schwarzeck<br />
am Ausgangspunkt, Tel. 0 86 57/<br />
6 74; Bezoldhütte am Toten Mann<br />
(Unterstand)<br />
Route: Vom Cafe Schwarzeck auf<br />
der Forststraße bis zur Verzweigung<br />
Gerstreit, hier links hinauf in den<br />
Sattel zwischen Totem Mann (rechts,<br />
Bezoldhütte) und Hirschkaser (links,<br />
Bergstation des Sessellifts und<br />
Gaststätte). Je nach Präferenz auf<br />
den einen oder anderen Gipfel.<br />
3 Wagendrischelhorn (2251 m)<br />
▶ schwierig 7 Std.<br />
1710 Hm 1710 Hm<br />
Charakter: Lange, einsame und<br />
anspruchsvolle Skitour auf der Reiteralm,<br />
bei Übernachtung auf der Neuen<br />
Traunsteiner Hütte in zwei Tage teilbar.<br />
Anfangs über Forstwege, dann steile<br />
Waldfl anken bis <strong>zum</strong> Plateaurand,<br />
später beim Gipfelanstieg nochmals<br />
Steilgelände<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz vor dem<br />
Bundeswehrgelände (640 m) südlich<br />
von Oberjettenberg<br />
Hütten: Neue Traunsteiner Hütte<br />
(1570 m), Tel. 01 71/4 37 89 19,<br />
ab Ostern bzw. Anfang April bewirtschaftet,<br />
Winterraum<br />
Route: Vom Parkplatz auf Forstwegen<br />
zur Rastnockhütte und auf der<br />
Trasse des Sommerwegs steil in den<br />
Schrecksattel. Fallend zur Traunsteiner<br />
Hütte und zur Reiteralm. Über die<br />
Roßgasse direkt aufs Wagendrischelhorn<br />
zu, zuletzt rechts ausholend.<br />
4 Zwiesel (1782 m)<br />
▶ mittel 3–4 Std.<br />
900 Hm 900 Hm<br />
Charakter: Sonnige, weil südseitige<br />
Tour teils durch Wald, meist aber in<br />
Schneisen und freiem Gelände hoch<br />
über Bad Reichenhall<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Jochberg<br />
(880 m) von Weißbach ca. 3,5 km<br />
in nordöstlicher Richtung auf schmaler<br />
Straße<br />
Route: Vom Parkplatz geht es<br />
anfangs auf Forststraßen, dann auf<br />
der Sommerwegtrasse zur Zwieselalm<br />
aufwärts. Die Südhänge hinauf und<br />
über den Zennokopf <strong>zum</strong> Zwiesel<br />
aufsteigen. Die Abfahrt erfolgt ab der<br />
Zwieselalm auf einer ausgeschilderten<br />
Skiroute.<br />
BAD AIBLING<br />
5 Spitzstein (1596 m)<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
830 Hm 830 Hm<br />
Charakter: Beliebter Winterberg mit<br />
Einkehrmöglichkeit am Spitzsteinhaus.<br />
Einfache Schneeschuhtour im<br />
Almgelände, nur der Gipfelhang ist<br />
etwas steiler<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz<br />
Schweibern (770 m) am südlichen<br />
Ortsrand von Sachrang<br />
Hütte: Spitzsteinhaus (<strong>12</strong>52 m),<br />
Tel. 00 43/53 73/83 30, ganzjährig<br />
geöffnet<br />
Route: Von Schweibern am Bach<br />
entlang taleinwärts und bald auf<br />
freiem Gelände zur Goglalm. Rechts<br />
ausholend am Spitzsteinhaus vorbei<br />
und <strong>zum</strong> Gipfel hinauf. Im Abstieg<br />
kann man auch direkt <strong>zum</strong> Spitzsteinhaus<br />
hinab, was allerdings etwas<br />
steiler ist.<br />
6 Brünnsteinschanze (1547 m)<br />
▶ leicht 3–4 Std.<br />
750 Hm 750 Hm<br />
Charakter: Einfache Voralpentour<br />
mit Schneeschuhen über Wald- und<br />
Wiesengelände auf den Vorgipfel<br />
des felsigen Brünnsteins; teils auf<br />
Forstwegen, teils über mäßig steile<br />
Wiesenhänge<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz nahe des<br />
Wasserfalls (800 m) an der Sudelfeldstraße<br />
Route: Auf einer Forststraße ins Almgelände<br />
der Schoißeralm hinauf<br />
und über den Nordosthang wieder auf<br />
die Straße. Über die Seelacher Alm<br />
und den Westhang auf den Gipfel.<br />
7 Breitenstein (1622 m)<br />
▶ einfach 4 Std.<br />
830 Hm 830 Hm<br />
Charakter: Einfache Skitour im<br />
Mangfallgebirge über mäßig steile<br />
Wiesenhänge mit kurzen Waldpassagen;<br />
nicht immer ausreichend<br />
Schnee<br />
Ausgangspunkt: <strong>Touren</strong>geherparkplatz<br />
am Cafe Winklstüberl (795 m)<br />
nördlich von Fischbachau<br />
Route: Vom Winklstüberl über<br />
Wiesen- und Waldgelände hinauf zur<br />
Bucheralm, über den freien Westhang<br />
bis auf die Schulter westlich des<br />
Gipfels und fl ach hinüber <strong>zum</strong> höchsten<br />
Punkt.<br />
8 Großer Traithen (1852 m)<br />
▶ mittel 3–4 Std.<br />
800 Hm 800 Hm<br />
Charakter: Abwechslungsreiche<br />
Skitour mit anspruchsvollen Abfahrtsmöglichkeiten.<br />
Im Aufstieg mittelsteile<br />
Hänge, in der Abfahrt auch steile<br />
Passagen, die bei hartem Schnee<br />
unangenehm sind<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz unterhalb<br />
des Gasthaus Rosengasse (1060 m)<br />
südlich der Sudelfeldstraße<br />
Einkehr: Gasthaus Rosengasse<br />
(Ausgangsort)<br />
Route: Aus der Rosengasse über die<br />
Rosengassenalm teils mäßig steil<br />
hinauf ins Steilner Joch. Auf dem langen<br />
Grat über das Unterberger Joch<br />
68 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Nach der Skitour auf den<br />
Spitzstein lockt ein Bad in<br />
der Therme Bad Aibling.<br />
auf den Großen Traithen. Hinab über<br />
den Nordrücken und nach Nordosten.<br />
Über den Sattel zwischen Kleinem<br />
Traithen und Jägerwand in den »Stopselzieher«.<br />
Zuletzt fl ach hinüber <strong>zum</strong><br />
Ausgangspunkt.<br />
BAD WIESSEE<br />
9 Wallberg<br />
▶ leicht 5 Std.<br />
950 Hm 950 Hm<br />
Charakter: Durch Winterwald hinauf<br />
auf den aussichtsreichen Seilbahnberg<br />
über dem Tegernsee. Bis zur<br />
Bergstation auf guten Wanderwegen,<br />
dann <strong>zum</strong> Gipfel hinauf je nach<br />
Spuranlage mittelschwierig.<br />
Ausgangspunkt: Talstation der<br />
Wallbergbahn (780 m) südlich des<br />
Tegernsees<br />
Hütten: Wallberghaus (15<strong>12</strong> m),<br />
Tel. 0 80 22/62 88 und Bergstation<br />
der Wallbergbahn (1604 m),<br />
Tel. 0 80 22/68 00<br />
Route: Von der Talstation entweder<br />
über das Scharlinger Moos (fl acher)<br />
oder über die Trasse des Sommerwegs<br />
hinauf <strong>zum</strong> Wallberghaus<br />
(Abkürzung über die Skipiste möglich,<br />
aber sehr steil). Nach Norden hinauf<br />
zur Bergstation und weiter über den<br />
Rücken auf den Gipfel.<br />
10 Bodenschneid (1669 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
890 Hm 890 Hm<br />
Charakter: Schöne Voralpentour mit<br />
Einkehrmöglichkeit am Bodenschneidhaus;<br />
bis dorthin durchweg<br />
auf Almstraßen, dann mittelsteiler<br />
Hang und kurze steile Passage am<br />
Rücken der Bodenschneid<br />
Ausgangspunkt: Parkmöglichkeit<br />
an der Kapelle in Kühzagl (783 m)<br />
östlich von Rottach-Egern<br />
Hütten: Bodenschneidhaus, ganzjährig<br />
geöffnet, Tel. 0 80 26/46 92<br />
Route: Von Kühzagl auf der Forststraße<br />
über die Kühzaglalmen in den<br />
Sattel nördlich des Rainerkopfs.<br />
Hier rechts und über die Raineralm<br />
<strong>zum</strong> Bodenschneidhaus. Nach<br />
Südwesten teils mittelsteil auf den<br />
Nordrücken der Bodenschneid und<br />
über ihn <strong>zum</strong> Gipfel.<br />
11 Schildenstein (1613 m)<br />
▶ einfach 4 Std.<br />
810 Hm 810 Hm<br />
Charakter: Einfache Voralpentour<br />
mit kurzer Flachpassage, landschaftlich<br />
aber sehr reizvoll. Teils auf<br />
Forstwegen, teils über Almgelände;<br />
lediglich der Hang über der Königsalm<br />
ist etwas steiler.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Winterstube<br />
(830 m) an der Straße vom<br />
Tegernsee <strong>zum</strong> Achenpass<br />
Route: Vom Parkplatz auf der<br />
Almstraße anfangs durch Wald,<br />
dann über eine Almfl äche zur<br />
Königsalm. Hier nach Südosten über<br />
Wiesen- und Waldgelände auf die<br />
Schulter zwischen Schildenstein und<br />
Platteneck. Über den Südwestrücken<br />
auf den Gipfel.<br />
<strong>12</strong> Seekarkreuz (1601 m)<br />
▶ einfach 5 Std.<br />
780 Hm 780 Hm<br />
Charakter: Beliebte Voralpen-Skitour,<br />
die sich auch für Schneeschuhgeher<br />
eignet. Gemächlicher Start zur<br />
Schwarzentennalm, über Forstwege<br />
und mäßig steile Hänge<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Winterstube<br />
(830 m) an der Straße vom<br />
Tegernsee <strong>zum</strong> Achenpass<br />
Hütten: Schwarzentennalm, ganzjährig<br />
geöffnet, Tel. 0 80 29/3 86<br />
Route: Vom Parkplatz fl ach auf dem<br />
Forstweg zur Schwarzentennalm, über<br />
den Gurnbachgraben zur Rauhalm.<br />
Nach Nordwesten in den Sattel unter<br />
dem Gipfel und links hinauf <strong>zum</strong><br />
Seekarkreuz.<br />
OBERAMMERGAU<br />
13 Großer Aufacker (1542 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
770 Hm 770 Hm<br />
Charakter: Schneeschuhtour mit<br />
steilem Anstieg (Orientierung an<br />
der Sommer-Wegmarkierung) und<br />
gemütlicherem Abstieg<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz am Erlebnisbad<br />
Wellenberg (853 m)<br />
Route: Vom Parkplatz durch den Kühberggraben<br />
und vorbei am Gschwandkopf<br />
<strong>zum</strong> Großen Aufacker. Vom Gipfel<br />
rechts haltend über freie Almfl ächen<br />
<strong>zum</strong> Kleinen Aufacker (1531 m),<br />
dann durch Wald ostwärts hinab bis<br />
zur Forststraße und durchs Lainetal<br />
zurück <strong>zum</strong> Parkplatz.<br />
14 Teufelstättkopf (1758 m)<br />
▶ mittel 6 Std.<br />
900 Hm 900 Hm<br />
Charakter: Abwechslungsreiche<br />
Schneeschuhtour über Forststraßen<br />
und durch Waldgelände. Im Aufstieg<br />
<strong>zum</strong> Teufelstättkopf kurze Aufschwünge<br />
und ein schmaler Rücken<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz an der<br />
Schleifmühlenlaine (880 m) südwestlich<br />
von Unterammergau<br />
Hütte: Pürschlinghaus (August-<br />
Schuster-Haus), ganzjährig geöffnet,<br />
Tel. 0 88 22/35 67<br />
Route: Entweder auf der Forststraße<br />
bis Pürschlinghaus und auf dem<br />
Südrücken <strong>zum</strong> Felsansatz. Oder auf<br />
dem Forstweg über die Bergwachthütte<br />
und die Kühalm. Von hier einen<br />
lichten Hang hinauf (Auf dem Stein)<br />
und über den Nordostrücken <strong>zum</strong><br />
Skidepot unter dem Gipfel. Die letzten<br />
Meter steil hinauf <strong>zum</strong> Kreuz.<br />
15 Scheinbergspitze (1926 m)<br />
▶ schwierig 4 Std.<br />
950 Hm 950 Hm<br />
Charakter: Bekannte Skitour in den<br />
Ammergauer Alpen mit einfachem<br />
Gelände und mäßig steilen Hängen bis<br />
<strong>zum</strong> Skidepot. Nur der Gipfelaufbau<br />
ist schwierig (kurze Seilversicherung).<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz westlich<br />
von Linderhof (980 m) an der Straße<br />
von Ettal über den Ammersattel<br />
Route: Vom Parkplatz auf einer Forststraße<br />
bis in den Hundsfällgraben<br />
– rechts über einen Rücken nach Westen<br />
hinauf – auf einer Rampe an den<br />
Nordostgrat heran – am Felsansatz<br />
Skidepot – teils versichert <strong>zum</strong> Gipfel.<br />
16 Geierkopf (2143 m)<br />
▶ schwierig 4 Std.<br />
1040 Hm 1040 Hm<br />
Charakter: Anspruchsvolle, meist<br />
sehr ruhige Skitour. Steile Hänge,<br />
insbesondere der Ausstieg durch das<br />
Felstor auf die Südseite. Felsiger<br />
Gipfelaufbau<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz bei der<br />
Ammerwald Alm (1100 m), westlich<br />
des Ammersattels<br />
Route: Vom Parkplatz nach Süden<br />
und leicht links in ein Schneisensystem,<br />
das ins Nordkar zieht. Dieses<br />
teils sehr steil hinauf <strong>zum</strong> Felsentor<br />
und auf die Südseite. Skidepot in<br />
der Scharte – über den Westgrat <strong>zum</strong><br />
Westlichen Geierkopf.<br />
Foto: Andreas Strauß<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 69
AUF TOUR<br />
SERIE: Geheimnisvolle Alpen<br />
Teil 5: Kraftorte der Kelten – Wallfahrtsorte<br />
bei Schleching und am Wolfgangsee<br />
Familien-TIPP<br />
Der schmale Weg<br />
<strong>zum</strong> Glück<br />
Mit Gebeten versuchten<br />
die Menschen<br />
früher, die Naturgewalten<br />
in den Bergen<br />
zu zähmen. Bergkircherl<br />
und Heiligen-<br />
Legenden zeugen<br />
davon. Doch die<br />
Ent stehung dieser<br />
Kultorte und Geschichten<br />
liegt meist<br />
viel weiter zurück.<br />
Von Isabel Meixner<br />
Grenze <strong>zum</strong> Göttlichen:<br />
Der Weg durch den gespaltenen<br />
Klobenstein reinigt<br />
die Pilger von ihren Sünden.<br />
70 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
INFO<br />
Hacklschwingender<br />
Heiliger<br />
Unruhige Zeiten waren das im 10. Jahrhundert:<br />
erst die Überfälle der wilden Ungarn, dann<br />
das Hauen und Stechen der deutschen Fürsten.<br />
Und mittendrin der heilige Wolfgang; ein Spätberufener,<br />
wenn man so will. Mit 40 Jahren wurde<br />
er Priester, missionierte bei den Magyaren<br />
und gelangte schließlich auf den altehrwürdigen<br />
Bischofsstuhl von Regensburg. In unruhigen<br />
Zeiten zog er sich ins Gebirge zurück. 994 starb<br />
Wolfgang – nicht einmal 60 Jahre später wurde<br />
er heiliggesprochen. Das Volk verehrte ihn.<br />
Vielleicht auch, weil Wolfgang das Christentum<br />
mit alten Glaubensvorstellungen versöhnen<br />
wollte. Jedenfalls werden zahlreiche heilige<br />
Steine, die möglicherweise schon in vorchristlicher<br />
Zeit verehrt wurden, mit dem wandernden<br />
Missionar in Verbindung gebracht. Besonders<br />
lebendig ist der Wolfgangskult am ehemaligen<br />
Abersee, der heute nach dem Bischof heißt.<br />
Die Kreuzkapelle gibt es dort oberhalb von<br />
St. Wolfgang – und neben der Kapelle einen<br />
riesigen Haufen größerer und kleinerer Steine.<br />
Wallfahrer haben sie bis hierher geschleppt<br />
– christliche Wallfahrer. Dann ist da die Durchkriechhöhle<br />
hinter der Falkensteinkapelle;<br />
dort, wo Wolfgang seine Zeit im Exil zugebracht<br />
haben soll. In Wirklichkeit war er im Kloster<br />
Mondsee. Bei der Kapelle gibt es auch ein<br />
»Wolfgangibett«, einen merkwürdig geformten,<br />
wohl künstlich bearbeiteten Felsen. Dann<br />
gibt’s noch einen »Wolfgangibrunnen«,<br />
dessen Wasser gegen<br />
Augen- und Fußleiden helfen soll,<br />
die Abdrücke des Heiligen in der<br />
»Teufelswand« und schließlich<br />
die »Beilwurfkapelle«. Von dort aus<br />
soll Wolfgang sein Hackl geschleudert<br />
haben, um den Standort seiner<br />
Kirche zu bestimmen, die dann<br />
drei Kilometer entfernt am Seeufer<br />
erbaut wurde – gleich neben einem<br />
vor geschichtlichen Schalenstein.<br />
Kleine Amulette in Axt- oder Hammerform<br />
sollten die Wolfgangspilger vor<br />
Krank heiten bewahren. Mit seiner<br />
Axt ist der Heilige übrigens ein später<br />
Nachfahre des hammerschwingenden<br />
germanischen Gottes Thor.<br />
Engpass auf dem Weg nach Bayern: die Tiroler Achen in der Entenlochklamm<br />
Beherzt setzt der Musikant in erdfarbener<br />
Tracht das Mundstück an.<br />
Dem meterlangen Alphorn entlockt<br />
er Töne, die weit durch die<br />
enge Klamm der Tiroler Achen schallen.<br />
Melodiöse Töne und doch irgendwie archaisch<br />
anmutend an diesem Ort. Einem ganz<br />
besonderen Ort …<br />
Beherzt setzt der Druide in seinem langen<br />
weißen Umhang das Mundstück an. Seinem<br />
gekrümmten Blasinstrument mit dem<br />
Tierkopf entlockt er Töne, die weit durch<br />
die enge Klamm schallen. Archaische Töne<br />
an diesem Ort, der schon für die keltischen<br />
Bergbewohner ein ganz besonderer Ort ist …<br />
Mehr als zweitausend Jahre liegen zwischen<br />
den beiden Szenen. Und die zweite<br />
davon, das sei zugegeben, ist reine Fiktion.<br />
Ob es wirklich Kelten waren, die sich in<br />
der Latènezeit zwischen den heutigen Orten<br />
Schleching und Kössen herumtrieben,<br />
weiß niemand. Ihre Sitten und Gebräuche<br />
kennt man aus Asterix-Heften besser als<br />
aus ihrer eigenen Feder – von den Kelten<br />
wurden kaum schriftliche Zeugnisse überliefert.<br />
Und letztendlich kann niemand mit<br />
Gewissheit sagen, ob dieser besondere Ort,<br />
der heute Maria Klobenstein heißt, schon in<br />
vorchristlicher Zeit kultisch verehrt wurde.<br />
Doch vieles spricht dafür.<br />
Revier von Schmugglern und Wilderern<br />
Es sind keine gewaltigen Bergriesen, die<br />
das enge Tal der Tiroler Achen einrahmen:<br />
Geigelstein, Breitenstein, Raue Nadel …<br />
Und doch lassen sie nur wenige Stunden<br />
am Tag Sonnenstrahlen hinunter in die wilde<br />
Schlucht. So wild ist sie, dass es bis heute<br />
nur einen Fußweg auf der Westseite des<br />
Flusses gibt, der das oberbayerische Schleching<br />
mit dem tirolerischen Kössen und<br />
damit mit dem Wallfahrtsort auf ungefähr<br />
halber Strecke verbindet. »Schmugglerweg«<br />
heißt dieser Pfad tourismusfördernd, aber<br />
nicht von ungefähr. Schmuggler und noch<br />
mehr die Wildschützen hatten im Schlechinger<br />
Tal noch vor hundert Jahren ihr<br />
Revier. Hatten? In Schleching sei es sehr<br />
schwer, in Sachen Jagdwilderei zu ermitteln,<br />
räumen Polizeibeamte auch heute<br />
noch manchmal ein … Die Chancen, einen<br />
veritablen Wilderer zu treffen auf der Wanderung<br />
in die mythischen Anfänge alpenländischer<br />
Gläubigkeit, sind freilich gering.<br />
Und das mit dem Schmuggeln hat sich inzwischen<br />
dank des Schengenabkommens<br />
völlig erledigt. Selbst schon wie ein archäologisches<br />
Relikt muten der Grenzstein, die<br />
heruntergekommenen ehemaligen Zollhäuschen<br />
bei Wagrain und die Tafel auf der<br />
anderen Flussseite an, die darauf aufmerksam<br />
macht, dass der Grenzübertritt nur von<br />
sechs bis 21 Uhr gestattet sei.<br />
Der Schmugglerweg ist eine schöne Herbstwanderung<br />
mit einem lohnenden, spannenden<br />
Ziel: die Wallfahrtskirche Ma-<br />
Betnische neben Büßergang: an der Falkensteinkapelle<br />
über dem Wolfgangsee<br />
Fotos: Martin Bernstein (li.), Schleching Tourismus (o.), WTG (u.)<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 71
Links: Die heilige Jungfrau<br />
soll in Maria Klobenstein<br />
Wunder bewirkt haben.<br />
Mitte: Auch St. Wolfgang pilgerte<br />
schon <strong>zum</strong> Falkenstein …<br />
Rechts: … und gab dem ehemaligen<br />
Abersee seinen Namen.<br />
ria Klobenstein. Wenn denn dieses Ziel auf<br />
diesem Weg zu erreichen ist. Denn der uralte<br />
Kultort liegt an einer Stelle, in der das<br />
Achental besonders wild ist. Eine in diesen<br />
Tagen erst wieder einmal komplett erneuerte<br />
Hängebrücke überspannt dort die Entenlochklamm,<br />
die früher sogar noch wilder,<br />
noch enger gewesen sein soll – so eng, dass<br />
gerade einmal eine Ente hindurch passte.<br />
Baumstämme und anderes Treibgut verkeilten<br />
sich dort oft. Bei Hochwasser konnte das<br />
richtig gefährlich werden. Irgendwann wurde<br />
die Engstelle verbreitert. Das half – bis<br />
<strong>zum</strong> Frühsommer 2013. Wer das Schwemmgut<br />
in den Wipfeln der Bäume sieht und die<br />
Überreste der zerrissenen Hängebrücke in<br />
luftiger Höhe, der mag es kaum glauben: Bis<br />
dort oben toste das verheerende Hochwasser,<br />
das der majestätisch-zackige Wilde Kaiser<br />
als Gruß an seine nördlichen Untertanen<br />
geschickt hatte. Ein Gruß, der die Menschen<br />
im und vorm Gebirge mal wieder daran erinnerte,<br />
dass die Berge heftige Naturgewalten<br />
entfesseln können.<br />
KOMPAKT<br />
Pilgerstätte Maria Klobenstein<br />
Anreise: Über die Autobahn<br />
München-Salzburg bis Bernau,<br />
weiter über Grassau und<br />
Marquartstein nach Schleching<br />
bzw. Kössen<br />
Ausgangspunkt: Schleching<br />
in Oberbayern<br />
Karten: Kompass-Wanderkarten<br />
1:50 000, WK 10<br />
»Chiemsee« und WK 794<br />
»Berchtesgadener Land«<br />
Wanderführer: Michael<br />
Pröttel »Chiemgau«, Bruckmann<br />
Verlag, 20<strong>12</strong>; Dorothea<br />
Steinbacher »Magisches<br />
Oberbayern«, AT-Verlag, 2010<br />
Informationen: Touristik-<br />
Information Schleching,<br />
Die Pilger hofften,<br />
Krankheiten und<br />
Beschwerden an den<br />
Durchkriech-Steinen<br />
abstreifen zu können.<br />
lichen Talflanke in sicherer Höhe über der<br />
wilden Achen als Pass zwischen Nord und<br />
Süd nutzten. Wo so viel majestätische Gewalt<br />
zu Hause war, mussten die Götter ihre<br />
Hände im Spiel haben. Sie zu besänftigen,<br />
sie um Beistand zu bitten – das versuchten<br />
die vorchristlichen Alpenbewohner an heiligen<br />
Orten. Heilkräftige Quellen und markante<br />
Steine waren solche Zugangspunkte<br />
<strong>zum</strong> Bereich der Götter. Auch in Maria Klobenstein?<br />
Vieles spricht dafür. Den »Klobenstein« gibt<br />
es. Klobig ist er – und »geklieben«, also<br />
gespalten: ein riesiger Felsblock, in grauer<br />
Vorzeit von der Rauen Nadel abgebrochen,<br />
ins Tal gedonnert und dort in zwei Teile<br />
zerborsten. Der Spalt, der sich dazwischen<br />
Schulstraße 4, 83259 Schleching,<br />
Tel. 0 86 49/2 20,<br />
info@schleching.de,<br />
www.schleching.de;<br />
Tourismusverband Kaiserwinkl,<br />
Dorf 15, A-6345 Kaiserwinkl,<br />
Tel. 00 43/5 01/1 00,<br />
info@kaiserwinkl.com,<br />
www.koessen.at<br />
Der rettende Spalt<br />
Das wussten wohl auch die Menschen vor<br />
2000 Jahren, die den Saumweg an der östauftat,<br />
rettete einer armen Witwe während<br />
des Felssturzes das Leben, wie es die Sage<br />
berichtet. Eine andere Fassung der Legende<br />
erzählt von der Jungfrau Maria, die helfend<br />
und behütend aus dem Spalt hervortrat.<br />
Jedenfalls wurde der Stein <strong>zum</strong> Wallfahrtsort.<br />
Vielleicht ist er es auch schon immer<br />
gewesen und die christlichen Missionare<br />
haben nur einen Ort, der von den Gebirgsbewohnern<br />
seit langer Zeit verehrt wurde,<br />
mit christlichen Attributen versehen. Der<br />
Spalt im Stein, durch den sich die Wallfahrer<br />
zwängten und zwängen, führt auf eine<br />
Seitentür der Wallfahrtskirche zu. In ihr das<br />
Gnadenbild der Jungfrau Maria. Vielleicht<br />
war es ursprünglich sogar eine Anna-Figur.<br />
Anna und Maria: Das sind Heilige, die als<br />
christliche Verkörperungen uralter Muttergottheiten<br />
gelten. Gleich neben dem Stein,<br />
unterhalb der Kapelle entspringt auch noch<br />
eine heilige Quelle.<br />
Abreibung bringt Segen<br />
Warum aber nahmen die Menschen nicht<br />
den einfachen Weg <strong>zum</strong> Heiligtum? Ein anderer<br />
Kultort im Alpenraum an der Grenze<br />
zwischen Salzburger Land und Oberösterreich<br />
soll Antwort geben auf diese Frage:<br />
der Wolfgangsee, bekannt durch die melodienselige<br />
Operette vom »Weißen Rössl«.<br />
Auf dem Falkenstein hoch über dem See<br />
gibt es dort ebenfalls eine Wallfahrtskirche.<br />
Und hinter ihr eine schma le Kluft, durch die<br />
sich die Pilger zwängen – ein Durchkriechstein,<br />
verbunden mit der Erinnerung an den<br />
heiligen Wolfgang. Dieser Regensburger Bischof<br />
zog sich im 10. Jahrhundert vor politischen<br />
Intrigen vorübergehend ins Kloster<br />
Mondsee zurück. Auf seiner Wanderroute<br />
liegen zahlreiche Durchkriech- und Schalensteine.<br />
Die Legende liefert mehrere Erklärungen<br />
für die sonderbaren Formen dieser<br />
Felsen: Mal hat sich des Bischofs müdes<br />
72 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
TOUREN<br />
Zu magischen Steinen und Wassern<br />
Rund um Schleching, Kössen und am Wolfgangsee führen<br />
einfache Pilgerwege zu besonderen Orten mit gespaltenen<br />
Felsen, heilendem Wasser und Wallfahrtskirchlein – oder<br />
auch einfach mit herrlicher Aussicht.<br />
Fotos: Martin Bernstein, WTG/H. Wieser, WTG/Weinhäupl<br />
Wanderer-Haupt darauf abgedrückt, mal<br />
hat ein Wurf seines »Wolfgangshackls« die<br />
Dellen geschaffen. Ein Heiliger buchstäblich<br />
<strong>zum</strong> Steinerweichen. Die Pilger hofften,<br />
Krankheiten und Beschwerden an den<br />
Durchkriech-Steinen abstreifen zu können;<br />
vielleicht auch ihre Sünden.<br />
Der Ritus ist uralt und findet sich an vielen<br />
Heiligtümern aus vorchristlicher Zeit. Das<br />
Reiben an den heiligen Steinen – an einem<br />
Ort galt es als fruchtbarkeitsfördernd, am<br />
anderen als heilend – wollten die Menschen<br />
nicht missen. Was also konnten<br />
Wolfgang und die anderen Kirchenmänner<br />
in ihrem Bemühen um die Seelen der<br />
Älpler anderes machen, als den alten Kult<br />
zähneknirschend oder hacklschwingend<br />
hinzunehmen und ihn lediglich zu christianisieren?<br />
◀<br />
IM MÄRZ-HEFT: Teil 6: Ungeheure Schätze –<br />
Der Waller und das Nazi-Gold vom Walchensee<br />
1 Schmugglerweg Schleching<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
200 Hm 200 Hm<br />
Charakter: Leichte Wanderung mit<br />
kleinem Anstieg; viel Zeit <strong>zum</strong> Schauen<br />
und Erzählen mitbringen; auch im Winter<br />
gut zu gehen<br />
Ausgangspunkt: Ettenhausen bei<br />
Schleching auf dem Parkplatz der zur<br />
Zeit stillgelegten Geigelsteinbahn<br />
(611 m), Kleingeld für Parkautomaten<br />
mitnehmen!<br />
Einkehr: Wirtshaus Klobenstein,<br />
Tel. 00 43/6 64/5 13 81 78;<br />
Berggasthof Streichen in Schleching,<br />
Tel. 0 86 49/2 65; Cafe Berti in<br />
Schleching, Tel. 0 86 49/8 10<br />
Route: Parkplatz – Weg 29 (Schlechinger<br />
Wanderweg/Schmugglerweg) – Fahrweg<br />
Richtung Klobenstein/Hängebrücke<br />
(Hinweis beachten!) – oberhalb der Tiroler<br />
Ache bis zur Hängebrücke – auf der<br />
östlichen Talseite bergauf <strong>zum</strong> Wirtshaus<br />
und zur Wallfahrtskirche Klobenstein<br />
(616 m) – etwa 200 m entlang der<br />
Bundesstraße nach Süden – Samerweg<br />
bis zur Abzweigung Streichenkirche<br />
(814 m) – Wagrain – Ettenhausen.<br />
2 Hochplatte (1587 m)<br />
▶ leicht 4½ Std.<br />
925 Hm 925 Hm<br />
Charakter: Leichte und familientaugliche<br />
Bergtour, die etwas Ausdauer und<br />
Trittsicherheit erfordert<br />
Ausgangspunkt: Mühlau (663 m) nördlich<br />
von Schleching<br />
Einkehr: Oberauerbrunstalm;<br />
Landgasthof Kampenwand in Mühlau,<br />
Tel. 0 86 49/2 06<br />
Route: Mühlau – Forststraße – Abzweigung<br />
nach rechts Richtung Hochplatte –<br />
Fußweg hinter den letzten Häusern<br />
des Ortes (Beschilderung »Hochplatte«)<br />
– Abstieg auf demselben Weg.<br />
3 Geigelstein (1813 m)<br />
▶ mittel 6 Std.<br />
<strong>12</strong>00 Hm <strong>12</strong>00 Hm<br />
Charakter: Mittelschwierige Bergtour,<br />
die am Ende durch Latschen und Geröll<br />
führt und bei der Ausdauer und Trittsicherheit<br />
erforderlich sind; für Familien<br />
bedingt geeignet (für größere Kinder,<br />
die gut zu Fuß sind und gerne in die<br />
Berge gehen)<br />
Ausgangspunkt: Geigelsteinbahn (611 m)<br />
in Ettenhausen, z. Zt. geschlossen<br />
Einkehr: Priener Hütte (1411 m),<br />
Tel. 0 80 57/4 28<br />
Route: Parkplatz – Wegweisern Richtung<br />
Wuhrsteinhütte/Geigelstein folgen –<br />
Grafenkaseralm – Wuhrsteinhütte –<br />
Wirts alm – der Markierung 8 Richtung<br />
Breitenstein und Geigelstein folgen –<br />
Geigelstein – Roßalm (Schlechinger Wanderweg)<br />
– Haidenholzalm – Ettenhausen.<br />
4 Taubensee (1165 m)<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
580 Hm 580 Hm<br />
Charakter: Winterliche Schneeschuhtour,<br />
bei der Ausdauer und Erfahrung mit<br />
dem Schneeschuhlaufen erforderlich sind<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Taubensee,<br />
Kössen in Tirol (589 m)<br />
Einkehr: Taubenseehütte (1165 m),<br />
Tel. 00 43/53 75/66 63<br />
Route: Kössen – Rinderbrach-Alm –<br />
Franken-Alm – Hirzinger-Alm – Taubenseehütte<br />
– über die Schaffl erkaralm<br />
am Mühlbergbach entlang zurück nach<br />
Kössen.<br />
5 Falkenstein über dem<br />
Wolfgangsee (556 m)<br />
▶ leicht 2 Std.<br />
150 Hm 150 Hm<br />
Charakter: Einfache Wanderung auf<br />
den Spuren des heiligen Wolfgang<br />
Ausgangspunkt: St. Wolfgang im Salzkammergut<br />
(548 m)<br />
Einkehr: zahlreiche Gasthöfe rund um<br />
den Wolfgangsee<br />
Route: Pilgerbrunnen an der Wallfahrtskirche<br />
St. Wolfang – Pilgerstraße<br />
Richtung Westen – beim Hotel Cortisen<br />
rechts auf die Sternallee – obere<br />
Riederstraße nach Ried – Wanderweg<br />
<strong>zum</strong> Falkenstein (556 m) – Kreuzweg<br />
<strong>zum</strong> Gasthof Fürberg und nach Brunnwinkl<br />
– Mondseestraße und Uferweg<br />
nach St. Gilgen – zurück mit dem Schiff<br />
(verkehrt in der Vorweihnachtszeit und im<br />
Sommer) oder den Wolfgangsee zu Fuß<br />
umrunden, dann dauert die Tour 4½ Std.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 73
AUF TOUR<br />
Skitouren-Festival in Berchtesgaden<br />
Auf den Spuren<br />
der Profis<br />
Die Workshops<br />
am Samstag 22. 02. 2014<br />
EINSTEIGER-Workshops:<br />
• Workshop 1 PIEPS Sicherheitsworkshop:<br />
Schulung zu LVS-Gerät, Sonde, Lawinenschaufel<br />
• Workshop 2 Sicherheit auf der Piste:<br />
<strong>Touren</strong>geher im Pistenbereich, Kollisionsprävention,<br />
DAV 10-Punkte-Regel<br />
• Workshop 3 Aufstiegs- und Abfahrtstechnik:<br />
Ausrüstungsumgang, Spitzkehrentechnik,<br />
Spuranlage, Parallelschwung,<br />
Stemmschwungtechnik in allen Schneearten<br />
• Workshop 4 ABS – Lawinen-Airbag:<br />
Funktionsweise, Umgang und Einsatz des<br />
Lawinen-Airbags<br />
FORTGESCHRITTENEN-Workshops:<br />
• Workshop 5 Sicherheit auf <strong>Touren</strong><br />
und Verschüttetensuche: Tipps für Aufstieg<br />
und Abfahrt, Mehrfachverschütteten-Suche,<br />
Punktortung<br />
• Workshop 6 Schnee- und Lawinenkunde<br />
mit Fahrtraining: Interpretation Lawinenlagebericht,<br />
Schneeprofi laufnahme,<br />
Beurteilung der Lawinengefahr in verschiedenen<br />
Hangexpositionen, Fahren im<br />
ungespurten Gelände, Parallelschwung-<br />
Technik<br />
• Zusatzworkshop »Faszination Skibergsteigen<br />
Live: Jennerstier« (siehe Text)<br />
Vom 21. bis 23. Februar ist es wieder soweit: Bei der<br />
dritten Auflage des Berchtesgadener Skitouren-<br />
Festivals werden erneut massig Höhenmeter unter<br />
die Felle genommen. Dieses Jahr neu auf dem Plan:<br />
ein Workshop für Fortgeschrittene, die erste<br />
Rennluft schnuppern wollen. Von Thomas Ebert<br />
Mit Ski einen Berg hochlaufen<br />
und anschließend wieder<br />
runterfahren – fertig ist<br />
die Skitour. Doch hinter der<br />
simplen Fortbewegungsart<br />
verbirgt sich ein ganzer Wissenszweig, der<br />
sich bisweilen mächtig verästelt: Schließlich<br />
hört es beim fixen Fellwechsel und<br />
einer sauberen Spitzkehre nicht auf. Lawinen-<br />
und Wetterkunde, Schneebeurteilung,<br />
Spuranlage, LVS-Handhabe und so weiter<br />
– so einiges will erlernt, geübt und verinnerlicht<br />
sein, wenn beim Skitourengehen<br />
Spaß und Sicherheit nicht auf der Strecke<br />
bleiben sollen.<br />
Weil alles auf einmal freilich zu viel ist,<br />
gibt es seit drei Jahren das Berchtesgadener<br />
Skitouren-Festival. Das Programm von Veranstalter<br />
Toni Grassl, selbst seit vielen Jahren<br />
Skitourencrack und Bergführer, deckt<br />
alle Facetten des Skibergsteigens ab. Neben<br />
den klassischen Einsteiger-Workshops zu<br />
Sicherheit und Bewegungsabläufen erklären<br />
die Experten etwa auch den richtigen<br />
Umgang mit einem Lawinenairbag.<br />
Der Boom der letzten Jahre hat dem Skitourensport<br />
einen deutlichen Zuwachs an<br />
Aktiven beschert. Allerdings vor allem auf<br />
den Skipisten, wie Bergwachtchef Rudi<br />
Fendt bemerkt. Damit es dabei nicht zu Unfällen<br />
kommt, setzen die Veranstalter einen<br />
Schwerpunkt bei der »Kollisionsprävention«:<br />
Wann darf auf welchen Pisten wo aufgestiegen<br />
werden, und wer hat im Zweifel Vorfahrt?<br />
Das frisch erworbene Können kann<br />
dann am Wochenende bei geführten Skitou-<br />
74 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Volles Programm: Nachts wird<br />
beim Charity-Rennen für die<br />
Bergwacht gesammelt, tagsüber<br />
stehen die Workshops, hier<br />
zur Lawinenkunde, auf dem Plan.<br />
Tickets & Preise<br />
Festivalkarte 99,– €<br />
Charity-Karte Samstag Abend 15,– €<br />
Veranstaltungsort: Skizentrum Hochschwarzeck,<br />
83486 Ramsau<br />
Online-Bestellung unter:<br />
www.outdoor-club.de/ticket-shop<br />
ren im Gelände auf die Probe gestellt werden.<br />
Neu im Programm und an die Fortgeschrittenen<br />
gerichtet ist der »Jennerstier-Workshop«.<br />
Parallel <strong>zum</strong> Festival findet nämlich<br />
die Deutsche Meisterschaft im Skibergsteigen<br />
statt. Bevor die Profis loslegen, können<br />
die Teilnehmer mit Martin Dufter die 600<br />
Höhenmeter lange Strecke erkunden. Der<br />
Betreuer des DAV-Nationalteams Skibergsteigen<br />
gibt unterwegs Hintergrundwissen und<br />
wertvolle Tipps weiter, etwa wie sich mit<br />
dem richtigen Kanteneinsatz im Steilgelände<br />
und effektiver Skibefestigung am Rucksack<br />
Zeit und Kraft sparen lassen. »Auch<br />
bei der Abfahrt gibt es Tricks, wie man gut,<br />
sicher und schnell durch Tiefschneelagen<br />
und unwegsames Gelände kommt«, sagt<br />
Veranstalter Grassl. Das Highlight beim Jennerstier:<br />
Im Ziel treffen die Rennläufer und<br />
Festival-Teilnehmer gemeinsam ein, was<br />
weitere Gelegenheiten <strong>zum</strong> Erfahrungsaustausch<br />
verspricht.<br />
Wie in den Vorjahren findet auch wieder<br />
das nächtliche Charity-Rennen statt, bei<br />
dem pro Höhenmeter ein Cent zugunsten<br />
der Bergwacht Berchtesgaden gespendet<br />
wird. 135 000 Höhenmeter aus dem Vorjahr<br />
gilt es zu übertreffen. Dazu stehen am<br />
gesamten Wochenende Leihausrüstungen<br />
der Firmen Dynafit, Hagan und La Sportiva<br />
zur Verfügung. Aktuelle Infos <strong>zum</strong> Festival<br />
gibt es unter www.berchtesgadener-land.<br />
com/de/skitouren-festival-2014/.<br />
◀<br />
Geführte <strong>Touren</strong> am<br />
Samstag und Sonntag<br />
22./23. Februar 2014<br />
Die Tricks der Profis: Ein schneller Fellwechsel spart im Rennen viel Zeit.<br />
Simon Köppl/Agentur Grassl (2), visual impact/Stefan Schlumpf, Dynafi t<br />
Leichte <strong>Touren</strong> für Anfänger<br />
Toter Mann/Hirschkaser: 750 Hm,<br />
2½ Std. von Ramsau<br />
Götschenkopf: 700 Hm, 2½ Std. von<br />
Bischofswiesen<br />
Roßfeld: 700 Hm, 2 Std. von Oberau<br />
Mittlere <strong>Touren</strong> für Fortgeschrittene<br />
Watzmann-Gugel: ca. <strong>12</strong>00 Hm, 3½ Std.<br />
von Ramsau<br />
Hochalm: 1350 Hm, 3½ Std. von Ramsau<br />
Kleine Reib’n: 800 Hm, 5 Std. von<br />
Hinterbrand<br />
Predigtstuhl-Runde: ca. 500 Hm, 5 Std.<br />
Anspruchsvolle <strong>Touren</strong> für Könner<br />
Hoher Göll: 1450 Hm, 4½ Std. von Hinterbrand<br />
Watzmannkar/3. Kind: 1600 Hm, 4½ Std.<br />
von Ramsau<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 75
#<br />
Rudi Fendt, 59, ist seit 26 Jahren<br />
bei der bayerischen Bergwacht.<br />
auch daran, dass sie eine bessere Selbsteinschätzung<br />
haben – man muss ja auf jeden Fall<br />
auch gut skifahren können, um abseits der Piste<br />
<strong>Touren</strong> gehen zu können. Auf den Watzmann<br />
schafft es im Sommer prinzipiell jeder, der gehen<br />
kann – eine Skitour macht man dagegen nicht<br />
einfach so.<br />
Foto: Rudi Fendt<br />
»Nicht mit Seepferdchen<br />
durch den Ärmelkanal«<br />
Wer Skitouren geht, muss sich selbst gut einschätzen<br />
können: Im BERGSTEIGER-Gespräch fordert Rudi Fendt,<br />
Bereitschaftsleiter der Bergwacht Ramsau, dazu auf,<br />
das eigene Können stets auf den Prüfstand zu stellen.<br />
BERGSTEIGER: Dieses Jahr gehen die Einnahmen<br />
aus dem Charityrennen an die Bergwacht<br />
in Berchtesgaden. Warum?<br />
RUDI FENDT: Der Veranstalter Toni Grassl wollte<br />
auch einmal die Bergwacht in Berchtesgaden<br />
belohnen. Wir haben einen guten Ruf, der auf<br />
ehrenamtlicher Arbeit beruht. Den wollen wir<br />
gerne halten.<br />
Wie finanziert sich die Bergwacht?<br />
Die großen Anschaffungen liegen beim Bayerischen<br />
Rettungsdienst, also beim Staat. Fahrzeuge,<br />
Funkgeräte, Seilwinden – so etwas. Für andere<br />
Ausrüstung müssen wir Sponsoren suchen,<br />
das funktioniert beispielsweise bei Jacken und<br />
Seilen. Die meiste persönliche Ausrüstung zahlen<br />
wir aber selbst. Natürlich sind einige Dinge<br />
vorhanden, da wir ja auch privat auf den Berg<br />
gehen. Aber die gehen eben auch mal kaputt.<br />
Verdient die bayerische Bergwacht am Unfall?<br />
Nein, <strong>zum</strong>indest nichts, was über die Einsatzkosten<br />
hinausgehen würde. Nur <strong>zum</strong> Vergleich: Wenn wir<br />
jemanden im Sommer vom Watzmann holen müssen,<br />
bekommen wir ca. 980 Euro für den Einsatz.<br />
Ein normaler Notarzt im Tal bekommt schon 600<br />
Euro. Dazu haben wir noch das Risiko am Berg.<br />
Wir sind also schon so etwas wie der billige Jakob.<br />
Die großen österreichischen Skigebiete organisieren<br />
die Rettung ja mittlerweile selbst ...<br />
Ja, weil es da auch zu geht ohne Ende. Das ist<br />
bei uns nicht nötig. Sölden oder Ischgl verhalten<br />
sich halt zu Berchtesgaden wie Mallorca zu<br />
einem gemütlichen Bierzelt. Wir bekommen die<br />
Arbeit gut hin, außerdem gibt es ja noch die<br />
Skiwacht vom DSV.<br />
Wie sieht Ihre Arbeit im Winter aus?<br />
Ein Großteil der Arbeit fi ndet natürlich auf der<br />
Piste statt, wegen Stürzen oder Kollisionen bei<br />
Alpinskifahrern. Am Wochenende haben wir<br />
immer zwei Mann im Skigebiet. Dann überwachen<br />
wir auch die neue Rodelbahn, die sehr gut<br />
angenommen wird. Lawineneinsätze sind im<br />
Vergleich dazu eher die Ausnahme.<br />
Trotz Skitourenboom?<br />
Der Boom beschränkt sich weitestgehend auf<br />
die Piste, beim Skibergsteigen sind die Zahlen<br />
der Aktiven gar nicht gestiegen. Mit denen haben<br />
wir die wenigsten Einsätze. Unser Hauptgeschäft<br />
liegt ohnehin im Sommer, da passiert viel mehr.<br />
Sind Skibergsteiger sozusagen die<br />
vernünftigeren <strong>Bergsteiger</strong>?<br />
Das kann man so sagen, ja. Das liegt vielleicht<br />
Welche Fehler werden noch gemacht?<br />
Zum einen ist es immer noch eine Ausrüstungsfrage.<br />
Es gibt weiterhin Leute, die keinen Piepser<br />
kaufen, weil ihnen der Schuh für 400 Euro<br />
schon teuer genug war. Da klären wir weiter auf,<br />
denn außer der Kameradensuche hilft bei einer<br />
Verschüttung nichts. Wir sind ja keine Berufsfeuerwehr,<br />
die an den Stangen herunterrutscht und<br />
in fünf Minuten am Einsatzort ist. Zum anderen<br />
nützen all die Geräte nichts, wenn man sie nicht<br />
anwenden kann, oder bei der Verschüttetensuche<br />
die Atemhöhle des Opfers zerstört. Selbst beim<br />
Schaufeln kann man noch Fehler machen.<br />
In der Halle gibt es den Kletterschein.<br />
Braucht es so etwas wie den Skitourenschein?<br />
Das Problem ist, wem will man den zeigen? Die<br />
Berge kann man ja nicht absperren. Aber: Bessere<br />
Ausbildung wäre auf jeden Fall sinnvoll, denn<br />
eine vernünftige <strong>Touren</strong>planung, zu der Wetterund<br />
Schneekunde usw. gehören, ist ein weites<br />
Feld. Dazu gehört auch der richtige Umgang mit<br />
der winterlichen Natur, damit die Leute wissen,<br />
was auf sie zukommt. Deshalb ist es gut, dass<br />
man sich auf Skitouren-Festivals mit Experten<br />
fortbilden kann. Die Bergwacht kann diese Arbeit<br />
leider nicht leisten.<br />
Kann ein Skibergsteiger diese ganzen<br />
Lehrinhalte überhaupt noch überschauen?<br />
Selbstverständlich! Die Infos zur sicheren <strong>Touren</strong>planung<br />
sind so gut zugänglich wie nie. Man<br />
muss sich nur gut vorbereiten, einschätzen und<br />
darf sich nicht übernehmen – jemand, der sein<br />
Seepferdchen gemacht hat, wird auch nicht am<br />
nächsten Tag den Ärmelkanal überqueren.<br />
Wie trägt die Bergwacht <strong>zum</strong> Skitouren-<br />
Festival bei, wo seid ihr vor Ort?<br />
Wir sammeln natürlich auch Höhenmeter beim<br />
Charity-Rennen. Außerdem sind wir bei den<br />
Workshops und den <strong>Touren</strong> vor Ort, auch wenn<br />
wir selber keine Workshops leiten. Wir sind<br />
ja Bergretter, keine Ausbilder. Aber wir helfen,<br />
wo es geht. Die Bergwacht ist gewissermaßen<br />
der »Beipackzettel« beim Skitouren-Festival. ◀<br />
Interview: Thomas Ebert<br />
76 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
TOUREN<br />
Leichte und mittelschwere Skitourenziele im Berchtesgadener Land<br />
Für die Münchner meistens schon zu weit: Die Gipfel und Flanken rund um Berchtesgaden<br />
bieten Spritztouren und Highlights en masse – und sind wenig überlaufen<br />
1 Sonntagshorn (1961 m)<br />
▶ mittel 2½ Std.<br />
1000 Hm 1000 Hm<br />
Exposition Aufstieg: Süd, Südwest<br />
Charakter: Eher leichte Skitour;<br />
nur der Gipfelhang (stellenweise 30<br />
bis 35 Grad) kann bei ungünstigen<br />
Verhältnissen in der Latschenzone<br />
etwas Mühe bereiten. Nur relativ kurz<br />
auf dem Forstweg, ansonsten freie<br />
Hänge und Waldschneisen. Toller<br />
Gipfelblick vom Chiemsee bis zu den<br />
Loferer Steinbergen.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz P2 beim<br />
ehemaligen Gasthaus Heutalbauer<br />
(968 m) im Unkener Heutal (gebührenpfl<br />
ichtig)<br />
Hütte: Jausenstation Hochalm (ca.<br />
1400 m) ganzjährig geöffnet, zur Skitourensaison<br />
nur am Wochenende.<br />
Route: Vom Heutalbauer geradeaus<br />
ins Tal hinein. Im Scheitelpunkt der<br />
Straßenkehre an der Reichenhaller<br />
Hütte geradeaus weiter, dann über<br />
einen engen, aber schönen Waldweg<br />
empor. Man überquert einen Forstweg<br />
und steigt über den freien Hang<br />
nach links oben <strong>zum</strong> Waldrand. Hier<br />
führt einen der Sommerweg wieder in<br />
den Wald hinein und alsbald ins freie<br />
Gelände der Hochalm (ca. 1350 m).<br />
Weiter geradeaus, genau auf die Einsattelung<br />
rechts unterm Sonntagshorn<br />
zu. Hier wendet man sich nach<br />
links und steigt über den Südhang<br />
<strong>zum</strong> höchsten Punkt empor.<br />
Abfahrt: Wie Aufstieg bis zur Hochalm.<br />
Hier auf dem Rodelweg nach<br />
links und an der Gschwendter Alm<br />
vorbei bis <strong>zum</strong> Hinweisschild »Skiabfahrt<br />
Heutalbauer«. Wo man auf<br />
einen Weg trifft, nach rechts zur meist<br />
eingefahrenen Waldschneise folgen.<br />
Diese hinunter und am Ende nach<br />
links auf den Weg <strong>zum</strong><br />
Heutalbauer.<br />
2 Gamsknogel (1750 m)<br />
<strong>Touren</strong>karte 4<br />
Heftmitte<br />
▶ mittel 2 Std.<br />
900 Hm 900 Hm<br />
Exposition Aufstieg: Süd<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz (880 m)<br />
am Ende der Jochbergstraße bei<br />
Weißbach (evtl. Schneeketten)<br />
Charakter: Ideale Tour für den Hochwinter,<br />
vor allem nach Neuschnee.<br />
Eine hohe Schneelage ist auf Grund<br />
des Waldgürtels und der Latschen am<br />
Gipfelhang erforderlich. Exposition<br />
beachten!<br />
Route: Vom Parkplatz entlang des<br />
Sommerweges durch schütteren<br />
Wald, bis man auf eine breite Forststraße<br />
trifft. Dieser folgen, nach einer<br />
starken Kurve in westliche Richtung<br />
(die Route <strong>zum</strong> Zwiesel zweigt rechts<br />
ab), ca. 700 Meter bis zu einer<br />
Kreuzung. Hier rechts aufwärts (DAV-<br />
Schild) und wieder auf einem Güterweg<br />
in den lichten Wald. Nun ziemlich<br />
gerade hinauf bis zur Lichtung. Kurz<br />
durch schütteren Baumbestand, ehe<br />
man den freien Gipfelhang erreicht.<br />
Abfahrt: Wie Aufstieg.<br />
3 Hochkönig (2941 m)<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
1550 Hm 1550 Hm<br />
Exposition Aufstieg: Vorwiegend Ost<br />
Ausgangspunkt: Großer Parkplatz<br />
oberhalb vom Arthurhaus (1502 m),<br />
8 km von Mühlbach bei Bischofshofen,<br />
evtl. Schneeketten<br />
Charakter: Traumhafte Skitour auf<br />
den höchsten Gipfel der Berchtesgadener<br />
Alpen. Lange und anstrengend<br />
(Gegenanstiege!), dafür nicht allzu<br />
schwierig und mit großartiger Kulisse.<br />
Bei Schlechtwetter Orientierung sehr<br />
schwierig, nur bei sicheren Verhältnissen<br />
unternehmen.<br />
Hütte: Mitterfeldalm (1670 m), ganzjährig<br />
bewirtschaftet. Franz-Eduard-<br />
Matrashaus, zur Skitourensaison nur<br />
am Wochenende bewirtschaftet.<br />
Route: Vom oberen Parkplatz aus<br />
quert man linkshaltend den Kinderschlepplift<br />
und erreicht so den breiten<br />
Wirtschaftsweg zur Mitterfeldalm.<br />
Von hier die steilen Lawinenhänge<br />
hinüber ins Ochsenkar queren: in<br />
nordwestlicher Richtung abwärts zu<br />
einer kleinen Felseninsel im Hang.<br />
Hier geht es drahtseilgesichert durch<br />
– bei guten Verhältnissen mit Ski.<br />
Danach problemlos weiter bis in die<br />
Mulde des unteren Ochsenkares. Nun<br />
über den Rücken rechterhand empor<br />
und in westlicher Grundrichtung direkt<br />
auf die markante Torsäule zu. Diese<br />
links passieren und in den Kessel<br />
unterhalb des Schoberschartls. Hinauf<br />
in die Scharte und nach links durch<br />
eine fl ache Mulde zu einem felsigen<br />
Kamm, dem man folgt. Einige Stangen<br />
vereinfachen die Routenfi ndung.<br />
Auf ca. 2740 Meter verlässt man<br />
den Kamm und fährt nach rechts zur<br />
Karstfl äche der Übergossenen Alm ab.<br />
Nun auf das bereits sichtbare Matrashaus<br />
zu, am Ende über den steilen<br />
Gipfelhang <strong>zum</strong> höchsten Punkt.<br />
Abfahrt: Wie Aufstieg. Alternativ ab<br />
dem Kessel auf Höhe der Torsäule<br />
rechts halten und über mehrere steile,<br />
schöne Stufen durch den Graben<br />
des Ochsenkares<br />
abfahren.<br />
4 Eckerleite (1776 m)<br />
<strong>Touren</strong>karte 5<br />
Heftmitte<br />
▶ leicht 1½ Std.<br />
400 Hm 400 Hm<br />
Exposition Aufstieg: Nord, Nordwest<br />
Charakter: Beliebte und häufi g<br />
schon nach den ersten ausgiebigeren<br />
Schneefällen durchführbare Spritztour.<br />
Weitgehend lawinensicher.<br />
Ausgangspunkt: Enzianhütte, an<br />
der Roßfeld-Panorama-Straße (von<br />
Berchtesgaden oder Marktschellenberg),<br />
Mautstraße<br />
Route: Vom Parkplatz links an der Enzianhütte<br />
vorbei (Wegtafel Purtschellerhaus)<br />
und <strong>zum</strong> Beginn des breiten<br />
Wiesenhanges. Man hält sich eher im<br />
rechten Bereich neben dem Waldrand,<br />
vor allem oben zur Kammlinie hin, da<br />
weiter links der Hang oft stark eingeweht<br />
ist. Man erreicht den Kamm und<br />
folgt diesem fl ach zu den Eckeralmen.<br />
Durch die anfangs breite Waldschneise,<br />
zuletzt durch einige Lärchen hinauf<br />
<strong>zum</strong> Purtschellerhaus. Am Grat Richtung<br />
Hoher Göll noch soweit aufwärts,<br />
bis dieser ganz schmal wird und fast<br />
waagrecht <strong>zum</strong> Fuß der Göllfl anke<br />
hinüberzieht. Im Hochwinter und Frühjahr<br />
ist auf dem letzten Gratstück die<br />
oft sehr starke Wechtenbildung nach<br />
Osten zu beachten.<br />
Abfahrt: Wie Aufstieg. Je nach<br />
Schneeverhältnissen kann auch<br />
schon oberhalb der Eckeralmen<br />
nach rechts in den unteren Hang<br />
eingefahren werden. Lawinensituation<br />
berücksichtigen!<br />
5 Kehlstein (1837 m)<br />
▶ leicht 2 Std.<br />
800 Hm 800 Hm<br />
Exposition Aufstieg: Süd<br />
Charakter: Einfache Frühwintertour,<br />
die oft schon beim allerersten<br />
Neuschnee »gemacht« wird, aber fast<br />
14 Straßenkilometer aufbietet. Meist<br />
pistenartig ausgefahren.<br />
Ausgangspunkt: Auf der Roßfeldstraße<br />
vor Oberau rechts abzweigen<br />
<strong>zum</strong> neuen Golfhotel. Der Straße<br />
etwa 700 Meter bis zu einem großen<br />
Parkplatz folgen.<br />
Route: Man folgt der beim Parkplatz<br />
ansetzenden Straße, überquert auf<br />
einer Brücke die obere Verbindungsstraße<br />
und folgt den Hinweisschildern<br />
<strong>zum</strong> Kehlstein. Nach drei Kehren,<br />
die man bei ausreichend Schnee<br />
abkürzen kann, folgt in einem fl achen<br />
Waldstück (rechts eine Diensthütte,<br />
eine erste Forststraße wird gequert)<br />
eine weitere Abzweigung mit Wegweiser<br />
<strong>zum</strong> Kehlstein im spitzen Winkel<br />
nach links. Hier hat man die Wahl.<br />
Links etwas zügiger, allerdings nordseitig<br />
und weniger aussichtsreich,<br />
rechts länger, ab 1400 Meter südseitig<br />
und aussichtsreich, dafür mit fünf<br />
Tunnels. Auf beiden Wegen gelangt<br />
man ohne Orientierungsprobleme<br />
<strong>zum</strong> großen Parkplatz auf 1700 Meter.<br />
Auf dem schmalen Sommerweg in<br />
vielen Kehren <strong>zum</strong> Kehlsteinhaus und<br />
weiter auf den kreuzgeschmückten<br />
Gipfel mit wunderbarer Aussicht.<br />
Abfahrt: Wie Aufstieg.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 77
ALPINISMUS<br />
Immer schneller, immer<br />
schwieriger: Stefan<br />
Glowacz an den Wänden<br />
der Gorge du Verdon<br />
Extremsportler am Berg: Warum machen die das?<br />
Egotrip<br />
Wir bewundern sie. Gleichzeitig finden wir aber auch, dass sie<br />
ziemlich verrückt sind. Extrembergsportler verschieben die<br />
Grenzen des Machbaren am Berg immer weiter. Was treibt sie an?<br />
Unsere Autorin Heidi Schmidt war bei der IMS-Diskussion<br />
»Mountain.Xtreme« in Brixen dabei und forschte nach.<br />
78 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
DER EHRGEIZ<br />
Eines muss klar sein: Extrembergsportler<br />
sind Leistungssportler. Auch Letztere verstehen<br />
wir in ihrem Tun oft nicht so ganz.<br />
Oder wer setzt sich freiwillig bei zwei Grad<br />
und Nieselregen stundenlang aufs Rad, um<br />
zu trainieren und verzichtet auf exquisites<br />
Essen und wildes Nachtleben nur der Leistungsfähigkeit<br />
wegen? Meist sind sie von<br />
Kindesbeinen an Sportler. Stefan Glowacz<br />
<strong>zum</strong> Beispiel, heute bekannt für seine Kletterexpeditionen<br />
»by fair means«, also ohne<br />
künstliche Hilfsmittel, mischte schon mit<br />
15 Jahren an der Weltspitze des Sportkletterns<br />
mit. Der Speed-Skibergsteiger Benedikt<br />
Böhm startete seine Karriere in der<br />
Kindheit als Skilangläufer. Der Sportkletterer<br />
und Alpinist David Lama schrieb bereits<br />
im Alter von zehn Jahren Klettergeschichte.<br />
Die Big-Wall-Expertin Silvia Vidal war in ihrem<br />
ersten Leben Leichtathletin, bevor sie<br />
mit 24 Jahren <strong>zum</strong> Klettern kam.<br />
Sie alle haben schon in der Kindheit und<br />
frühen Jugend gelernt, was es heißt, körperliche<br />
Grenzen zu überwinden, sich zu kontrollieren<br />
– und dass Anstrengung meist<br />
belohnt wird.<br />
DAS RISIKO<br />
Es gibt da natürlich trotzdem einen kleinen<br />
Unterschied: die Risikobereitschaft.<br />
Wir unterstellen den Extrembergsteigern<br />
gern, sie riskierten ihr Leben. Uns scheint<br />
eine zweiwöchige Expedition durch den<br />
südamerikanischen Urwald zu einer 600<br />
Meter hohen, weitgehend unerforschten<br />
Wand lebensgefährlicher als ein 24-Stunden-Marathon.<br />
Und es erscheint uns doch<br />
wesentlich extremer, wenn sich eine kleine,<br />
zierlich wirkende Frau in 32 Tagen allein<br />
und ohne Kommunikationsmittel eine abgelegene<br />
Big Wall in Chile hinaufkämpft,<br />
als wenn rundumversorgte Radprofis die –<br />
zweifellos harte – Tour de France fahren.<br />
Es ist also nicht nur die sportliche Höchstleistung,<br />
die einen Extrembergsportler ausmacht,<br />
sondern vor allem auch die extreme<br />
Umgebung, in der er sie ausübt. Der Berg,<br />
die Wand, der Schnee, die Wildnis – all das<br />
erhöht das Risiko zu sterben. Im Ernstfall<br />
ist Hilfe oft schlichtweg nicht möglich oder<br />
dauert sehr lange. Aus der Sicht der »Normalsportler«<br />
ist das so. Aus ihrer Sicht ist<br />
dieses Risiko kalkulierbar. »Extrem ist nur,<br />
wenn du das Risiko nicht abwägen kannst«,<br />
sagt <strong>zum</strong> Beispiel Stefan Glowacz bei der<br />
Diskussion »Mountain.Xtreme« beim International<br />
Mountain Summit in Brixen.<br />
DIE PSYCHE<br />
Er sagt aber auch: »Wir können nicht anders.«<br />
Für ihn und für seinesgleichen ist<br />
das alles gar nicht so extrem. »Die müssen<br />
das machen«, davon ist auch Arne Dietrich,<br />
Neurowissenschaftler und Professor für<br />
Psychologie an der Universität von Georgia<br />
(USA) überzeugt. »Extremsportler haben<br />
eine ganz andere Baseline als wir. Was sie<br />
für Langeweile und Erregung halten, unterscheidet<br />
sich von anderen. Bei Extremsportlern<br />
ist die Balance zwischen Neuem<br />
und der Komfortzone verschoben und zwar<br />
so, dass sie diesen Sport machen müssen,<br />
um sich normal zu fühlen«, sagt Dietrich.<br />
Das, was wir als riskant empfänden, sei für<br />
sie die einzige Möglichkeit, ein normales<br />
Leben zu führen. »Wenn sie das nicht täten,<br />
dann wären sie so gelangweilt, da würden<br />
sie sich die Kugel geben.«<br />
Ein Stefan Glowacz kann einen Wingsuit-Flyer<br />
wie Alexander Polli aber trotzdem ver-<br />
Fotos: Klaus Fengler, Garrett Grove/Dynavit<br />
Foto: xxxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
Zwei Wochen Wildnis:<br />
Benedikt Böhm in<br />
den Bergen von British<br />
Columbia, Kanada<br />
»Extremsportler müs -<br />
sen egoistisch sein,<br />
sie müssen alles andere<br />
ausblenden können«,<br />
sagt Benedikt Böhm,<br />
der regelmäßig Rekorde<br />
beim Skibergsteigen<br />
aufstellt.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 79
Ausnahme-Alpinist:<br />
David Lama,23,<br />
bei einer Erstbegehung<br />
in den Dolomiten<br />
»Extrem ist nur, wenn<br />
du das Risiko nicht abwä<br />
gen kannst«, sagt der<br />
frühere Sportkletterer<br />
Stefan Glowacz, der<br />
sich auf Expeditionen<br />
zu extremen Wänden<br />
spezialisiert hat.<br />
Allein in der Wand: Silvia Vidal meistert schwierigste<br />
Big-Wall-Routen oft im Alleingang – wie hier in Chile.<br />
rückt finden, genauso wie dieser wiederum<br />
ihn. Jeder denkt (wie die meisten Menschen),<br />
dass er selbst das Maß aller Dinge ist. So sagt<br />
es auch Arne Dietrich – und David Lama:<br />
»Was für mich extrem ist, muss nicht für alle<br />
anderen extrem sein und umgekehrt.«<br />
DER EGOISMUS<br />
Um Extremes leisten zu können, braucht<br />
es aber definitiv auch einen extremen Lebensstil.<br />
Da geht der Tag schon mal wie<br />
bei Benedikt Böhm um vier Uhr mit einem<br />
schnellen Lauf auf die Plose (2562 m) los. Er<br />
brauche wenig Schlaf, sagt er, und er habe<br />
drei klare Prioritäten: Sport, seinen Job als<br />
Geschäftsführer von Dynafit und seine Familie.<br />
Zeit für mehr bleibt nicht. Böhm sagt:<br />
»Extremsportler müssen egoistisch sein, sie<br />
müssen alles andere ausblenden können.«<br />
Stefan Glowacz ergänzt: »Das geht ganz klar<br />
auf die Kosten von anderen. Jeder Mensch,<br />
der etwas Außergewöhnliches leisten will,<br />
Ans Limit: Stefan<br />
Glowacz beim Versuch<br />
einer neuen Route<br />
in der Verdonschlucht<br />
80 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Cory Rich/Red Bull, Klaus Fengler, Sylvia Vidal, Dynavit<br />
muss in einer gewissen Weise zu bestimmten<br />
Zeiten Egoist sein und Einschränkungen<br />
im sozialen Bereich in Kauf nehmen.«<br />
DIE SUCHT<br />
Vielleicht dann doch eher eine Sucht? Eine<br />
psychische Abhängigkeit, die sich willentlicher<br />
Kontrolle entzieht? Die baskische<br />
Bigwall-Spezialistin Silvia Vidal sieht das<br />
teilweise so – in einem positiven Sinn.<br />
Sie brauche ihre Alleingänge an den großen<br />
Wänden der Welt, dort fühlt sie sich<br />
lebendig, gesteht sie. »Jeder tut, was er tun<br />
muss«, sagt Vidal, und zwar unabhängig ob<br />
Mann oder Frau. David Lama weiß nicht<br />
so recht, ob es eine Sucht ist, weil er noch<br />
nicht versucht habe, seinen Sport aufzugeben.<br />
Stefan Glowacz und Benedikt Böhm<br />
finden beide, dass Sucht zu negativ besetzt<br />
sei für das, was sie machen. Sie könnten ja<br />
beeinflussen, welche Projekte sie angingen.<br />
Sie nennen es Leidenschaft. Gleichzeitig<br />
stecken sie aber in vielem anderen zurück<br />
und sagen, dass sie es tun müssen. So wie<br />
ein Spieler immer wieder spielen muss?<br />
DIE ANERKENNUNG<br />
Und irgendwie scheint es auch immer ein<br />
wenig um andere zu gehen. Auf der einen<br />
Seite um die, mit denen man diese Extreme<br />
durchlebt. Benedikt Böhm redet in seinen<br />
Vorträgen oft von »wir« und wie sich alle gegenseitig<br />
pushen. Wingsuit-Flyer Alexander<br />
Polli sagt, es seien zu 50 Prozent die Menschen,<br />
mit denen er unterwegs ist, die ausschlaggebend<br />
dafür seien, dass er macht,<br />
was er macht.<br />
Auf der anderen Seite hat es auch mit denen<br />
zu tun, die beobachten. »Es geht schon auch<br />
um Aufmerksamkeit«, gibt Stefan Glowacz<br />
zu. »Mir kann keiner erzählen, dass das keine<br />
Rolle spielt. Für das Selbstwertgefühl, aber<br />
auch die Akzeptanz in der Gesellschaft. Vielleicht<br />
ist es auch eine Art Kompensation.«<br />
Extremsportler ticken also wirklich anders:<br />
Sie haben wissenschaftlich bewiesen ein<br />
anderes Gehirnprofil. Sie schätzen Risiko<br />
anders ein. Sie sind extrem leistungsfähig<br />
und -willig. Sie folgen ihrer Leidenschaft,<br />
die man auch als eine Art Sucht bezeichnen<br />
könnte. Und sie nehmen dafür in Kauf, oft<br />
egoistisch handeln zu müssen.<br />
◀<br />
Wer wie Böhm von<br />
Achttausendern abfährt,<br />
spielt sich in den Belluneser<br />
Dolomiten nur.<br />
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EVENT<br />
Kletterworkshop mit Stefan Glowacz und David Lama<br />
»Dann musst halt beißen«<br />
INFO<br />
Das Szene-Treffen<br />
Der »Kiku International Mountain<br />
Summit« (IMS) fand vom 17. bis <strong>zum</strong><br />
22. Oktober 2013 bereits <strong>zum</strong> fünften Mal<br />
in Brixen statt. Alpinisten aus der ganzen<br />
Welt kommen hier zusammen, Bergprofi s<br />
und Spitzenkletterer ebenso wie »Normalbergsteiger«.<br />
Mittlerweile ist das <strong>Bergsteiger</strong>treffen<br />
eine feste Institution in der<br />
internationalen Alpinszene – mit Kongressen,<br />
Vorträgen, Podiumsdiskussionen und<br />
Ausstellungen. Der IMS bietet für Bergbegeisterte<br />
eine hervorragende Möglichkeit,<br />
Persönlichkeiten des Alpinismus zu treffen,<br />
sich auszutauschen oder sogar gemeinsam<br />
mit Bergprominenz wie Reinhold Messner,<br />
Stefan Glowacz, David Lama, Silvia Vidal,<br />
Catherine Destivelle oder Andy Holzer durch<br />
die Berglandschaft Südtirols zu wandern.<br />
Klettern mit den Stars: Zum fünften Geburtstag des<br />
International Mountain Summit (IMS) in Brixen hatten<br />
die Veranstalter einen exklusiven Kletterworkshop<br />
mit Stefan Glowacz und David Lama im Angebot.<br />
Ausgewählte BERGSTEIGER-Leser konnten beim<br />
»Climb&Talk by Gore-Tex« in Südtirol dabei sein.<br />
Sie fanden perfekte Bedingungen vor. Von Joachim Stark<br />
82 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
1 Bequemer Zustieg<br />
<strong>zum</strong> Klettergebiet<br />
»Morderplotta«<br />
in Südtiroler Weinlandschaft<br />
2 Gruppenbild mit<br />
Stars: lauter zufriedene<br />
Gesichter<br />
nach dem Klettertag<br />
1<br />
2<br />
Die Teilnahmeplätze waren streng<br />
limitiert, und etwas Glück gehörte<br />
schon dazu, um an diesem<br />
besonderen Klettertag dabei sein<br />
zu können. In unserer Jubliäumsausgabe<br />
(BERGSTEIGER 10/13) vergaben wir<br />
vier Plätze des »Climb&Talk by Gore-Tex« exklusiv<br />
für unsere Leser. Wohlgemerkt: Auf<br />
dem Programm stand neben dem »Talk« mit<br />
den Stars ein Klettertag am Fels – kein Kurs<br />
für Einsteiger. Voraussetzung war das Vorsteigen<br />
im oberen sechsten Grad. Angesprochen<br />
wurden also Leute, die schon einiges<br />
an Klettererfahrung besitzen.<br />
Glück hatten die Teilnehmer nicht nur mit<br />
ihrem Los, sondern am Tag der Tage auch<br />
mit dem Wetter südlich des Brenners: Sonne<br />
satt und herbstlich frische Temperaturen<br />
ließen keine Ausreden am Fels zu.<br />
Der manchmal leicht abgespeckte Fels der<br />
»Morderplotta« in Kurtatsch – nicht etwa<br />
ein mörderischer Platz, sondern auf Deutsch<br />
»Marderplatte« – bot ausreichend Haftreibung,<br />
Sonnenexposition und fast 50 tolle<br />
Routen ab 6a aufwärts. Und statt Plattenschleicherei<br />
waren senkrechte oder leicht<br />
abdrängende Kletterei an kleinen Leisten<br />
und eine ordentliche Fußtechnik gefragt.<br />
Wenn die Technik jedoch mal hakte und<br />
es partout nicht <strong>zum</strong> nächsten Griff reichten<br />
wollte, hielten die beiden Profis David<br />
Lama und Stefan Glowacz mit ihren Klettertipps<br />
nicht hintern Berg: »Die Route<br />
bereits von unten studieren, um potentiell<br />
schwierige Stellen vorab zu planen!«,<br />
empfahl Lama. Klettern, so die Botschaft<br />
der beiden Cracks, fängt bereits am Boden<br />
im Kopf an, und nicht erst, wenn man in<br />
der Wand hängt. Aber falls man trotzdem<br />
unterwegs Probleme bekommt? Na, »dann<br />
musst halt beißen«, sagte Glowacz. Manch<br />
ein Teilnehmer gab offen zu, angesichts<br />
der eigenen Kletterfähigkeiten in Anwesenheit<br />
der beiden Profis leicht nervös zu<br />
sein. Dazu bestand jedoch kein Grund:<br />
Die Stars mussten sich und anderen nichts<br />
beweisen und wirkten konzentriert, aber<br />
tiefenentspannt. So konnte jeder den Klettertag<br />
stressfrei ganz nach seiner Fasson<br />
gestalten. Auch das Drumherum passte:<br />
Hanspeter Eisendle, selbst eine Institution<br />
in der <strong>Bergsteiger</strong>szene, zeichnete für die<br />
Organisation verantwortlich und stand als<br />
Sicherungspartner zur Verfügung. Für die<br />
Vitamin- und Kohlehydratzufuhr sorgte die<br />
Apfelmarke Kiku, Hauptsponsor des IMS.<br />
Zum Abschluss des Klettertages (und für<br />
den Fotografen) lieferte Stefan Glowacz<br />
noch eine kleine Showeinlage ab. Die mutmaßliche<br />
7c (oder war’s eine 7c+, vielleicht<br />
gar eine 8a?) entpuppte sich als äußerst<br />
fordernd. Stefan musste kein schauspielerisches<br />
Talent mehr auf bieten. Schweißperlen,<br />
Killerblick und Muskelzittern waren<br />
echt. Eine Tour im oberen neunten Grad<br />
ist eben auch für einen Meister manchmal<br />
mehr als eine Aufwärmübung. ◀<br />
3 Wo ist die nächste?<br />
Stefan Glowacz<br />
ballert onsight an<br />
kleinsten Leisten.<br />
4 / 5 / 6 Schauen,<br />
stehen, greifen,<br />
durchsteigen: die<br />
Teilnehmer des<br />
Climb&Talk beim<br />
Klettern statt<br />
Reden. Oberstes<br />
Gebot: Konzentration<br />
5<br />
6<br />
3<br />
4<br />
Fotos: Joachim Stark<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 83
SERVICE<br />
SERIE: Stille Helfer<br />
Stille<br />
Helfer<br />
+<br />
Teil 10: Lawinen-Airbags<br />
EINE INITIATIVE VON<br />
Mehr als<br />
Airbags erhöhen nachweislich die Überlebenschancen<br />
bei Lawinenabgängen. Dennoch wurden sie<br />
lange belächelt. Inzwischen ist die Nachfrage<br />
größer als das Angebot. Von Moritz Baumstieger<br />
84 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Obenauf: Ein<br />
Lawinen-Airbag kann<br />
im Ernstfall für den<br />
entscheidenden<br />
Auftrieb sorgen, …<br />
Einige <strong>Touren</strong>geher und Freerider<br />
haben ihr Leben einer toten Gämse<br />
zu verdanken. Die schoss einst<br />
der Reichenhaller Förster Josef<br />
Hohenester in einem Winter der<br />
1970er-Jahre. Er trug sie auf den Schultern<br />
ins Tal. Als er ein steiles Kar hinunterrutschte,<br />
kam der Schnee in Bewegung – und<br />
Hohenester trieb obenauf. Der Förster fing<br />
an zu experimentieren, benutzte für seine<br />
Versuche aber dann doch lieber Ballons und<br />
Kanister anstelle von Wildbret. Doch das<br />
Prinzip, das bis heute den Lawinenairbags<br />
zu Grunde liegt, war entdeckt.<br />
Die Physiker nennen dieses Prinzip Segregation,<br />
wenn sie sich untereinander unterhalten.<br />
Wenn sie es Laien erklären wollen,<br />
benutzen sie den Namen »Paranuss-Effekt«.<br />
Denn wie Lawinenairbags funktionieren,<br />
kann jeder nachvollziehen, der eine Müslipackung<br />
ein wenig schüttelt: Am Ende werden<br />
die großen Teile – wie etwa Paranüsse<br />
… ist wie die übrige Lawinenausrüstung<br />
aber keine Lebensversicherung.<br />
– oben schwimmen. Durch die Rüttelung<br />
entstehen immer wieder kleine Hohlräume,<br />
in die die größeren Bestandteile nicht<br />
hineinpassen. Wohl aber die kleinen, die<br />
sich deshalb unten immer stärker verdichten.<br />
Obenauf wie die Nüsse im Müsli<br />
Dieses Paranuss-Prinzip ist für Menschen in<br />
Lawinen hoch relevant: Nach einer Studie<br />
des Südtiroler Mediziners und Sicherheitsforschers<br />
Hermann Brugger sind noch 92<br />
Prozent der Lawinenopfer am Leben, wenn<br />
der Schnee <strong>zum</strong> Stillstand kommt. Die anderen<br />
acht Prozent haben die gewaltigen<br />
Kräfte, die bei einer Lawine auf den Körper<br />
wirken, nicht überlebt. Nun beginnt die<br />
Uhr zu ticken: 30 Minuten nach dem Lawinenabgang<br />
leben schon nur noch knapp<br />
die Hälfte der Verschütteten. Damit Lawinenopfer<br />
nicht ersticken, müssen die Helfer<br />
schnell sein. Wer es schafft, oben zu bleiben<br />
wie die Paranuss im Müsli, hat deutlich höhere<br />
Überlebenschancen.<br />
Von dem Zwischenfall mit der Gämse bis<br />
hin <strong>zum</strong> im Rucksack integrierten Lawinenairbag,<br />
dessen Kammern sich nach<br />
dem Auslösen durch eine Gaskartusche<br />
(die mittlerweile auch gewichtsoptimiert<br />
aus Carbon erhältlich sind) auf bis zu 170<br />
Liter Volumen ausdehnen, war es jedoch<br />
ein weiter Weg. Nachdem der Förster Hohenester<br />
seine Erkenntnis patentiert und<br />
im Jahr 1985 der Fraunhofer-Gesellschaft<br />
angetragen hatte, suchte die über eine Zeitungsannonce<br />
einen Investor.<br />
Der Münchner Unternehmer Peter Aschauer,<br />
der damals sein Geld vor allem mit Straßenleitpfosten<br />
verdiente, wurde aufmerksam:<br />
Kurz zuvor war er beim Heliskiing in<br />
Kanada selbst in eine Lawine geraten. »Ich<br />
war nicht der einzige, der daran interessiert<br />
war«, erinnert sich Aschauer, heute 71<br />
Jahre alt. Auch einige große Ausrüstungs-<br />
Hersteller hätten sich damals mit der Idee<br />
auseinandergesetzt. »Aber ich war der einzige<br />
Dumme, der bereit war, dafür sogar<br />
Geld hinzulegen.« 50 000 D-Mark kostete<br />
das Patent damals, dazu kamen immense<br />
Entwicklungskosten.<br />
Fotos: Hansi Heckmair/ABS, ABS/teorepo.com<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 85
Fotos: Mammut (2), ABS (3), BCA, The North Face, Simon Köppl/Agentur Grassl<br />
Airbags <strong>zum</strong> Anschnallen<br />
Als Aschauer noch 1985 die ersten Ergebnisse<br />
seines Teams auf der Sportmesse Ispo<br />
vorstellte, gab es zwar vorsichtiges Interesse<br />
von Fachleuten. Trotzdem floppte das Projekt.<br />
Einerseits glaubten viele nicht, dass<br />
es wirklich funktionieren könnte, andererseits<br />
gab es diverse Kinderkrankheiten:<br />
»Wenn ich an das Gurtsystem denke, mit<br />
dem man sich die ersten Airbags umschnallen<br />
musste, dann muss ich heute noch lachen«,<br />
sagt Aschauer. »Man war ungefähr<br />
so beweglich wie eine Mumie.«<br />
Es brauchte einige Jahre, viele neue Erkenntnisse<br />
und schließlich einen neuen<br />
Anlauf, um aus der netten, aber etwas abgehobenen<br />
Idee ein Produkt zu machen,<br />
»das gerade dabei ist, sich am Markt durchzusetzen«,<br />
wie es Aschauer formuliert.<br />
Inzwischen ist sein Patent von damals<br />
abgelaufen, und auch andere Hersteller<br />
haben erkannt, dass sich mit den ab 500<br />
Euro erhältlichen Systemen Geld verdienen<br />
lässt: In Europa bieten neben Aschauers<br />
Firma ABS auch die zu K2 gehörende Firma<br />
Backcountry Access (BCA) und der Schweizer<br />
Hersteller Mammut Airbag-Systeme an.<br />
Mammut, Marktführer im Bereich der LVS-<br />
Geräte, erwarb im Juli 2011 die fünf Jahre<br />
zuvor im Wallis gegründete Firma Snowpulse.<br />
Mammut setzt unter anderem auf<br />
einen Airbag, dessen oberer Teil den Kopf<br />
Zielt besonders auf die Freeride-Fraktion: Lawinen-Airbag-Erfinder Peter Aschauer.<br />
Den richtigen Umgang mit den Luftkissen lernt man am besten vorher, wie hier beim<br />
Skitouren-Festival in Berchtesgaden.<br />
wie ein Stehkragen umschließt, was das<br />
Genick vor Verletzungen schützen soll.<br />
ABS hin gegen sieht größeren Nutzen bei<br />
zwei seitlich am Rucksack angebrachten<br />
Airbags, um möglichst viel Auftriebsfläche<br />
zu generieren. Black Diamond und Pieps<br />
bringen <strong>zum</strong> nächsten Jahr zudem einen<br />
Lawinenair bag auf den Markt, der ohne<br />
Gaspatronen funktioniert. Über ein akkubetriebenes<br />
Düsengebläse wird der Airbag<br />
mit Umgebungs luft gefüllt.<br />
Für die Zukunft sind Systeme geplant, bei<br />
denen Partner im Notfall per Fernauslösung<br />
auch die Airbags ihrer Kameraden aktivieren<br />
können.<br />
Aber nicht nur die Konkurrenz hat das Geschäft<br />
belebt. Einige dramatische Unfälle<br />
beförderten den Ruf der Luftkissen: Aschauer<br />
erinnert sich etwa an Filmaufnahmen,<br />
bei denen eine Lawine abging und alle<br />
Skifahrer bis auf eine Frau mit Airbag verschüttet<br />
wurden. Und als der niederländi-<br />
Viele Systeme führen <strong>zum</strong> Ziel<br />
Auf dem noch relativ jungen Feld der Lawinenairbags<br />
gibt es naturgemäß große Entwicklungssprünge<br />
und viele unterschiedliche Ansätze.<br />
Eins haben alle gemeinsam: Es gilt, gegen das<br />
Zusatzgewicht anzukämpfen. Um die zwei Kilo<br />
mehr müssen <strong>Touren</strong>geher schon ertragen, wenn<br />
sie zusätzliche Sicherheit wollen. Immerhin gibt<br />
es bereits Gaskartuschen aus Carbon, die<br />
das Gewicht ein wenig<br />
drücken. Die Kartuschen können beim Händler<br />
wiederbefüllt werden. Beim Airbag selbst setzt<br />
Mammut auf eine herausnehmbare Auslöseeinheit.<br />
Diese kann in kompatible Rucksäcke platziert<br />
werden, so dass ein Volumenspektrum von<br />
22 bis 35 Liter abgedeckt ist. ABS bietet dagegen<br />
eine Basiseinheit, an die der entsprechende<br />
Rucksack (8 bis 55 Liter) angedockt wird.<br />
Bei BCA ist der Airbag jeweils fest integriert.<br />
ABS Silver Base Unit<br />
Gewicht: 2000 Gramm<br />
(ohne Patrone),<br />
Preis: 539,95 Euro<br />
Auslöseeinheit Stahl:<br />
109,95 Euro, 510 Gramm<br />
Auslöseeinheit Carbon:<br />
214,95 Euro, 280 Gramm<br />
Mammut Protection<br />
Airbag System (P.A.S.)<br />
Preis: 499,95 Euro<br />
Patrone Stahl: 99,95 Euro<br />
Patrone Carbon: 199,95 Euro<br />
Gewicht: 870 Gramm (ohne<br />
Patrone, ohne Rucksack)<br />
ABS Vario 55<br />
Gewicht: 800 Gramm<br />
Volumen: 55 Liter<br />
Preis: 99,95 Euro<br />
(zzgl. ABS-System)<br />
The North Face Patrol<br />
24 ABS<br />
Gewicht: 2980 Gramm<br />
Volumen: 32 Liter (8 für ABS)<br />
Preis: 799 Euro<br />
Mammut Pro<br />
Protection Airbag ready<br />
Gewicht: 1770 Gramm<br />
Volumen: 35 Liter<br />
Preis: 239,95 Euro (zzgl. P.A.S.-System)<br />
BCA Float 22<br />
Gewicht: 2500 Gramm<br />
(mit Patrone)<br />
Volumen: 22 Liter<br />
Preis: 499,95 Euro<br />
86 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
sche Prinz Friso in Vorarlberg verunglückte,<br />
während sein Begleiter mit Airbag der Lawine<br />
entkommen konnte, berichteten selbst<br />
RTL und die Bunte über die lebensrettenden<br />
Luftsäcke. Auch das Video des Spaniers<br />
Aymar Navarro, der sich per Airbag retten<br />
konnte, wurde ein youtube-Hit. Neben diesen<br />
prominenten Fällen belegen aber auch<br />
harte Fakten die Wirksamkeit: Nach einer<br />
Studie des Schweizer Instituts für Schneeund<br />
Lawinenforschung SLF haben von 262<br />
Personen, die mit ausgelöstem Airbag in eine<br />
Lawine gerieten, 97 Prozent überlebt, 84<br />
Prozent von ihnen unverletzt. In der Studie<br />
sind jedoch nur die erfasst, die es schafften,<br />
das System auszulösen – das Tragen alleine<br />
hilft natürlich nichts.<br />
Mehr und mehr Freerider<br />
Der Durchbruch der Airbags rührt aber<br />
auch daher, dass sich in den letzten Jahren<br />
die Szene der Tiefschneefahrer gewandelt<br />
hat. Zu den Skitourengehern kamen Variantenfahrer<br />
und Freerider hinzu, die Zielgruppe<br />
der Airbag-Hersteller steigt enorm.<br />
Die Freerider machen heute fast 50 Prozent<br />
der Kunden aus, werden wegen höherer Zuwachsraten<br />
bald die Mehrheit stellen.<br />
An diesem Punkt haken die Kritiker gerne<br />
ein: Airbags würden für ein trügerisches Sicherheitsgefühl<br />
sorgen und unbedarfte Anfänger<br />
dazu verleiten, in gefährliche Hänge<br />
zu fahren. Nach dem Motto: Im Notfall könne<br />
man sich ja wie Münchhausen aus dem<br />
Sumpf ziehen, nur eben mit einem Airbag<br />
und nicht an den eigenen Haaren. Aschauer<br />
hält dem entgegen, dass er gerade unter den<br />
Jüngeren »eine viel größere Bereitschaft«<br />
feststellt, sich dem Thema zu stellen, »als<br />
bei den alten Hasen, die sich sagen: Ich gehe<br />
jetzt schon 30 Jahre Skitouren – und mir<br />
ist noch nie etwas passiert.« Die Einführung<br />
von Airbags in Autos habe auch nicht dazu<br />
geführt, dass Fahrer jetzt riskanter überholen,<br />
weil sie eine Sicherheitsreserve haben.<br />
Sicher lässt sich <strong>zum</strong>indest sagen: Die Zahl<br />
der Lawinentoten ist im Alpenraum mit<br />
circa 100 pro Jahr seit langem konstant<br />
– während die Zahl der Skitourengeher<br />
und Tiefschnee-Fahrer rasant gestiegen ist.<br />
Daran haben die Schneeforscher, der Lawinenwarndienst<br />
sowie immer bessere LVS-<br />
Geräte einen großen Anteil.<br />
Aber eben auch jene tote Gams aus Bad Reichenhall,<br />
die den Förster Josef Hohenester<br />
einst auf der Lawine schwimmen ließ. ◀<br />
Taglingers Tipp:<br />
Schwimmen<br />
und Luft holen!<br />
»Natürlich ist es am besten, gar nicht erst<br />
in eine Lawine zu geraten. Doch falls das<br />
passiert und man keinen Airbag dabei hat,<br />
der eine Verschüttung zu vermeiden hilft,<br />
gibt es Verhaltensregeln, mit denen sich<br />
die Überlebenswahrscheinlichkeit <strong>zum</strong>indest<br />
etwas erhöhen lässt. Zwei Dinge sind<br />
wichtig: Man sollte sich bemühen, nicht<br />
zu tief verschüttet zu werden, andererseits<br />
versuchen, sich ein wenig Raum <strong>zum</strong> Atmen<br />
zu verschaffen. Um das Erste zu erreichen,<br />
sollte man Ski und Stöcke loswerden, bevor<br />
man vom fl ießenden Schnee erfasst wird.<br />
Dann Schwimmbewegungen machen, so<br />
kann man etwas Auftrieb bekommen. Weil<br />
sich Ski und Stöcke nirgendwo verhaken<br />
können, tritt so derselbe Effekt wie beim<br />
Airbag ein, nur eben in klein. Wenn man<br />
merkt, dass der Schnee langsamer wird,<br />
liegt die Priorität jedoch auf der Atemluft<br />
– schließlich sterben die meisten Lawinenopfer<br />
an Ersticken. Deshalb sollte man<br />
kurz vor dem Stillstand der Lawine mit dem<br />
Schwimmen aufhören und sich Hände und<br />
Arme vor das Gesicht halten. So lässt sich<br />
eine kleine Atemhöhle schaffen, außerdem<br />
kann man versuchen, die Atemwege zu<br />
befreien, falls man Schnee in den Mund<br />
bekommen hat.<br />
Reiner Taglinger, Jahrgang 1969, ist Leiter der<br />
Mammut Alpine School und Ausbildungsreferent<br />
des deutschen Bergführerverbandes.<br />
ERFAHRUNG, QUALITÄT, KOMPETENZ AM BERG.<br />
(Foto: Josef Mallaun)<br />
DIE BERGE SIND UNSER ZUHAUSE. ZU JEDER ZEIT.<br />
Mehr als ein Gefühl: Daheim sein<br />
heißt für uns, die schönsten Momente<br />
gemeinsam geniessen.<br />
Bergreisen weltweit – der neue<br />
Katalog ist da! Jetzt anfordern unter:<br />
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Beratung und Buchung: DAV Summit Club GmbH – <strong>Bergsteiger</strong>schule des Deutschen Alpenvereins | Am Perlacher Forst 186 – 81545 München | Telefon +49 89 64240-0 | info@dav-summit-club.de | www.dav-summit-club.de
SERVICE<br />
Bergbekleidung aus Merinofaser<br />
Die Zauberwolle<br />
Bis vor kurzem schien der Siegeszug der Synthetikfaser unaufhaltsam.<br />
Leicht, billig und effektiv – kein anderer Stoff konnte der »Funktionswäsche«<br />
das Wasser reichen. Nun versucht es ein alter Bekannter. Von Thomas Ebert<br />
die Natur dem<br />
Tier alles Rüstzeug mitgab,<br />
ist der Mensch darauf<br />
angewiesen, sich »Während<br />
Stoffe und Kräfte der Erde durch besondere<br />
Zubereitung dienstbar zu machen.« Soweit<br />
Karl Schmidt in seinem Ausrüstungsratgeber<br />
für <strong>Bergsteiger</strong> aus dem Jahr 1935. Doch<br />
mit der Synthetikfaser schien es, als hätte<br />
der Mensch, insbesondere der <strong>Bergsteiger</strong>,<br />
die Natur endlich überlistet. Superleichte<br />
Fleecejacken und im Nu trocknende Unterwäsche,<br />
erhältlich zu moderaten Preisen:<br />
Der heilige Bekleidungsgral war gefunden.<br />
Vom Peutereygrat bis in die Fußgängerzone<br />
reichte die Front der Funktionsträger. Und<br />
heute? Wollen alle zurück zur Natur.<br />
Der Grund dafür liegt in der Rückkehr einer<br />
fast vergessenen Faser: Schafwolle. Ihr<br />
Ruf war nicht der beste: kratzig, schwer,<br />
im Regen wie ein Schwamm. Und dennoch<br />
kommt heute kaum eine Bekleidungsfirma<br />
ohne eigene Wollkollektion aus. »Schuld«<br />
ist das Merinoschaf, eine besondere Rasse,<br />
die fast ausschließlich auf der Südhalbkugel<br />
lebt. Seit knapp 20 Jahren wird seine<br />
Wolle hierzulande in Bergsportkleidung<br />
verarbeitet. Hauptunterschied zur normalen<br />
Schurwolle: Die Fasern sind nur halb<br />
so dick wie ein menschliches Haar, was das<br />
Kratzgefühl vollständig eliminiert.<br />
Entscheidender sind aber andere Eigenschaften,<br />
denn am Berg zählen vor allem<br />
drei Dinge: Hält es warm? Wieviel Nässe<br />
INFO<br />
»Spanische Wolle«<br />
Lange besaß Spanien das Monopol auf<br />
Merinoschafe – die Ausfuhr der »spanischen<br />
Wolle« wurde einst mit dem Tod bestraft.<br />
Erst im 19. Jahrhundert fand die Rasse<br />
ihre Heimat im sogenannten Merinogürtel,<br />
der Argentinien, Südafrika und Neuseeland<br />
verbindet. Hauptexporteur ist Australien:<br />
Von dort stammen 85 % der Bekleidungswolle.<br />
Die Verarbeitung fi ndet heute größtenteils<br />
in China statt, wo auch die meisten<br />
Endprodukte produziert werden. Europäische<br />
Merinoschafe besitzen zwar auch feine<br />
Unterwolle, die aber muss aufwendig vom<br />
dicken Deckhaar getrennt werden.<br />
88 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Fotos: Woolmark (2), Ortovox, Icebreaker, Smartwool, Mover<br />
Edler Rohstoff: Etwa<br />
vier bis fünf Kilogramm<br />
Wolle produziert ein<br />
Merinoschaf im Jahr.<br />
nimmt es auf ? Und wie viel schwitze ich darin?<br />
Eins vorab: In keiner dieser Disziplinen<br />
ist die Merinofaser absolute Spitze. Daune<br />
isoliert besser, Synthetik trocknet schneller<br />
und saugt sich auch weniger voll. Allerdings<br />
ist Merinowolle überall vorne dabei und hat<br />
kaum Schwächen – was sich übrigens auch<br />
im Preis niederschlägt.<br />
Das Geheimnis liegt in der Struktur: Zwischen<br />
den feinen Fasern liegen kleine Hohlräume,<br />
die für Temperaturausgleich sorgen.<br />
Im Gegensatz zur glatten Oberfläche<br />
von Synthetik wird hier Luft und Dampf<br />
zwischengespeichert, was den Körper (bis<br />
zu einem gewissen Grad) wärmt oder kühlt.<br />
Am Berg macht sich das vor allem bei Pausen<br />
bemerkbar: Mit Merinokleidung wird<br />
man seltener Überflüssiges weg- oder Zusätzliches<br />
auspacken. Ihre Trümpfe spielt<br />
die Merinowolle aus, wenn die Kleidung<br />
über längere Zeit getragen wird. Zum sehr<br />
hohen Tragekomfort kommt dann vor allem<br />
die Geruchskomponente, denn Merino<br />
ist selbstreinigend und entwickelt bei weitem<br />
nicht den Gestank von verschwitzten<br />
Synthetikklamotten – ein klares Alleinstellungsmerkmal.<br />
Und: Im Vergleich zu<br />
normaler Wolle ist Merino deutlich leichter.<br />
Für bestimmte Spielarten hat die Synthetikfaser<br />
allerdings weiterhin ihre Berechtigung,<br />
denn in puncto Feuchtigkeitstransport<br />
bleibt das Plastikshirt unschlagbar.<br />
Wer in Merino, besonders in enganliegender<br />
Wäsche, viel schwitzt, wird vom klammen<br />
Gefühl erst später erlöst als in Funktionsshirts.<br />
Die klassische Wechselwäsche ist<br />
im Rucksack von sportlichen <strong>Bergsteiger</strong>n<br />
also weiterhin sinnvoll. Zudem sollte beim<br />
Kauf unbedingt die Materialdichte beachtet<br />
werden. Üblicherweise wird der Stoff<br />
in Gramm pro Quadratmeter angegeben<br />
– die dünnsten Merinoshirts beginnen bei<br />
130 g/m². Wer denkt, Merino ist gleich Merino,<br />
wird den Fehler, bei 30° Celsius mit<br />
einem 240er-Shirt loszuziehen, nur einmal<br />
machen. Auch auf die Zusammensetzung<br />
lohnt ein Blick: Viele Hersteller mischen<br />
der reinen Merinowolle Elasthan oder Polyester<br />
bei, um sie funktioneller zu machen.<br />
Natürlicher Alleskönner<br />
Merino genießt einen guten ökologischen<br />
Ruf. Die reine Wolle ist nachwachsend, biologisch<br />
abbaubar und auf der Haut deutlich<br />
angenehmer als Synthetikmaterial.<br />
Ganz »grün« ist aber auch Merino nicht:<br />
Verarbeitet und produziert wird häufig in<br />
Billiglohnländern, und die Behandlung der<br />
Schafe (Stichwort: Mulesing) ist mitunter<br />
zweifelhaft.<br />
Unterm Strich ist Merino aber gerade für<br />
<strong>Bergsteiger</strong> ein echter Alleskönner. Das hat<br />
auch die Bergrettung Tirol erkannt. Geschäftsleiter<br />
Peter Veider hat für seine Mannen<br />
von der Unterhose bis zur Fütterung alles<br />
auf Merino getrimmt: »Anfangs war es ein<br />
Zwangsumstieg, heute gibt es keinen mehr,<br />
der nichts aus Merino hat«. Karl Schmidt<br />
würde sagen: Manchmal ist das Rüstzeug der<br />
Natur eben doch das Beste.<br />
◀<br />
Merinofasern sind dünner als menschliches<br />
Haar und kratzen daher nicht auf der Haut.<br />
TIPP<br />
Merino –<br />
Wie pflegen?<br />
Ganz oben auf der Liste sollte der Schutz<br />
vor Motten stehen, denn die lieben Merinowäsche.<br />
Hier empfi ehlt sich ein Kleidersack.<br />
Ansonsten verfügen Merinofasern über eine<br />
gute Selbstreinigung, sind geruchsneutral<br />
und müssen nicht nach jedem Tragen gewaschen<br />
werden. Lieber auslüften! Wenn die<br />
Wäsche unumgänglich ist, dann am besten<br />
mit einem enzymfreien Wollwaschmittel bei<br />
30° Grad im Schonwaschgang – normales<br />
Waschmittel bricht die Keratinfasern der<br />
Wolle auf. Anschließend nicht in den Trockner<br />
geben oder über Hitze trocknen.<br />
Riecht nicht und trägt sich angenehm auf der Haut: vier Merino-Produkttipps<br />
Ortovox<br />
Merino Supersoft<br />
Long Sleeve<br />
53 % Merino, 43 %<br />
Modal, 4 % Polyamid<br />
UVP: 79,95 Euro<br />
www.ortovox.de<br />
Icebreaker<br />
Sprint Legless<br />
96 % Merino,<br />
4 % Elasthan<br />
UVP: 70,- Euro<br />
www.icebreaker.de<br />
Smartwool<br />
Hike Medium Crew<br />
SW130<br />
74 % Merino, 25 %<br />
Nylon, 1 % Elasthan<br />
UVP: 19,95 Euro<br />
www.smartwool.de<br />
Mover<br />
Merino Cap<br />
100 % Merino<br />
UVP: 40,- Euro<br />
www.mover.eu<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 89
KAUFBERATUNG: Schneeschuhe<br />
Großspurig<br />
Die Erfindung von Schneeschuhen ist nichts Neues. Seit jeher nutzen<br />
die Menschen die breiten Teller an den Füßen, um sich im Winter mühelos<br />
fortbewegen zu können. Neu ist jedoch: Immer mehr Hersteller setzen<br />
inzwischen auf Schneeschuhe für alpines Gelände. Von Christian Schneeweiß<br />
90 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Auf großem Fuß: Mit<br />
Schneeschuhen sinkt<br />
man weder tief ein noch<br />
verliert man den Halt.<br />
Man muss kein Skitourengeher sein, um im Winter abgelegene Orte aufspüren zu können.<br />
Fotos: Bernd Römmelt<br />
Selbst ein guter Schneeschuh ist<br />
zwangsläufig ein Kompromiss:<br />
zwischen Auftrieb und Handlichkeit,<br />
zwischen Robustheit und<br />
Gewicht. Je kleiner der Schneeschuh,<br />
desto geländetauglicher ist er, aber<br />
desto tiefer sinkt man damit in den Schnee.<br />
Schmale Schneeschuhe mit bis zu 20 Zentimetern<br />
Breite ermöglichen eine natürlichere<br />
Gehweise, besitzen bessere Querungseigenschaften<br />
und sind somit alpintauglicher als<br />
Standard-Schneeschuhe (21 bis 23 cm). Die<br />
starke Frontaufbiegung der meisten Modelle<br />
zahlt sich sowohl in tiefem Schnee als auch<br />
bei steilen Aufschwüngen aus. Damenmodelle<br />
sind in der Regel schmaler und kürzer<br />
(MSR, Tubbs; Atlas mit eigener Elektra-Reihe).<br />
▶ Optimale Länge, passendes Gewicht<br />
Es gibt drei Grundtypen von Schneeschuhen.<br />
Erstens: originale Holzrahmenmodelle mit<br />
empfindlicher Haut- oder schwerer Leder-<br />
Bespannung und mittigem Schwerpunkt.<br />
Sie verbreiten einen Hauch von Nostalgie<br />
und eignen sich für flachere Routen und<br />
Tiefschnee.<br />
Zweitens: Klassische Alurahmenmodelle mit<br />
flexibler Hypalonbespannung und vorgelagertem<br />
Schwerpunkt gibt es in mehreren<br />
Längen und für fast alle Bedingungen außer<br />
extreme Alpineinsätze; da schwächeln sie bei<br />
Querungen. Genial sind die Verlängerungen<br />
von MSR für tieferen Schnee, die man im steilen<br />
Abstieg allerdings abnehmen sollte.<br />
Drittens: Kunststoffschneeschuhe haben normalerweise<br />
Einheitsgrößen (Tubbs Flex gibt es<br />
auch in XL) und sind eher kurz. Die Stärken<br />
von Alpinmodellen aus Kunststoff liegen in<br />
der hohen Beweglichkeit und Griffigkeit auf<br />
harten oder steilen Hängen. Neuerdings gibt<br />
es Kunststoffmodelle mit flexiblem Schwanz<br />
(Tubbs Flex) oder Seiten (Salewa), die sich im<br />
Abstieg oder bei Querungen dem Hang etwas<br />
anpassen.<br />
▶ Harschkrallen im alpinen Gelände<br />
Originalschneeschuhe ohne Harschkrallen,<br />
Billigmodelle unter 100 Euro oder einfache<br />
Kindermodelle sind meist nur bei weichem<br />
Schnee oder in flachem Gelände sicher zu<br />
verwenden. Schneeschuhe mit guten Harscheisen<br />
sind hingegen überall einsetzbar und<br />
greifen auch auf vereisten Fahrwegen. Je<br />
nach Länge (Alpinmodell Tubbs Flex 4 cm,<br />
Trekkingmodell Xpedition 2,5 cm), Stellung<br />
und »Aggressivität« der Krallen ist der Griff<br />
der Schneeschuhe sehr unterschiedlich.<br />
Beim Modell Atlas etwa stehen die Krallen<br />
nach unten in alle Richtungen, während<br />
Komperdell auf breite Frontkrallen setzt. Im<br />
Vergleich zu den Krallen des TSL 325 sind jene<br />
des Salewa-Modells extrem spitz.<br />
Entscheidend sind die Krallen vorne unter<br />
den Fußballen, die mittels Kunststoffbelag<br />
oder Oberflächenbehandlung gegen Schneestollen<br />
geschützt sind. Ausgeprägte Frontkrallen<br />
sind beim Aufsteigen wichtig, wobei<br />
Alurahmenmodelle meist auch Krallen gegen<br />
Zurückrutschen besitzen. Bei Kunststoffmodellen<br />
stabilisieren Rahmenstreben den<br />
Schneeschuh im Schnee – bei den alpinklassischen<br />
MSR Lightning und bei Atlas Spindrift<br />
erledigt das sogar ein kompletter Krallenrahmen!<br />
Alle Kunststoff-Alpinmodelle besitzen<br />
inzwischen unterm Rahmen längs Krallenschienen<br />
für sicheren Halt bei Querungen<br />
vor allem in hartem Schnee (Tubbs Flex top,<br />
MSR Evo, Salewa, auch Inook Freestep). Schneeschuh-Krallen<br />
sind immer so angeordnet,<br />
dass sie sich gegenseitig stützen und man<br />
auch apere Passagen damit gut bewältigt.<br />
▶ Starr oder elastisch: die Aufhängung<br />
Der Dreh- und Schwerpunkt der Bindung<br />
befindet sich meist ein Viertel, bei kurzen<br />
Modellen und Faber ein Drittel der Schneeschuhlänge<br />
hinter der Spitze. Längere<br />
Schneeschuhe sind daher im Abstieg frontlastig.<br />
Eine feste Platte mit Drehpunkt<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 91
EXPERTEN-TIPP<br />
»Auf bergigen<br />
<strong>Touren</strong> ist man<br />
mit kleineren<br />
Rahmen wendiger.«<br />
Bernhard Mitterhuber, für MSR und<br />
Tubbs im Außendienst, war Teilnehmer<br />
der ersten Alpenüberquerung mit<br />
Schneeschuhen.<br />
Tipp 1 Erster Anhaltspunkt bei der Wahl<br />
des passenden Schneeschuhs sind die An -<br />
gaben des Herstellers <strong>zum</strong> Körpergewicht (mit<br />
Ausrüstung). Für bergige <strong>Touren</strong> oder gespurte<br />
Pfade ist im Zweifelsfall die kleinere Rahmengröße<br />
besser, weil das Gehen damit wendiger<br />
und leichter funktioniert. Im Tiefschnee und<br />
beim Spuren sind dagegen Schneeschuhe<br />
der empfohlenen Größe angesagt. Mehrtägige<br />
Durchquerungen mit schwerem Gepäck<br />
erfordern einen größeren Rahmen.<br />
Tipp 2 Eine elastische Aufhängung zieht<br />
den Schneeschuh wie eine Feder zurück an<br />
die Ferse, was in fl achem Gelände komfortabel<br />
ist. Bei steilen Anstiegen muss man das Bein<br />
allerdings höher anheben. Eine starre Achs -<br />
aufhängung ermöglicht ein Anwinkeln des<br />
Schneeschuhs bis zu 90 Grad und optimales<br />
Aufsteigen in bergigem Gelände. Bei steilen<br />
Abwärtspassagen ist darauf zu achten, dass der<br />
Schneeschuh nicht »vorklappt«.<br />
Tipp 3 Alurahmen-Schneeschuhe sind<br />
leichter als Kunststoffmodelle und ermöglichen<br />
ein komfortables Auftreten durch ihr weiches<br />
Deck. Klassische Rohrrahmen-Modelle sind für<br />
steile Querungen nur bedingt geeignet. Für<br />
alpine Bedingungen gibt es daher Modelle mit<br />
gezahntem Alufl achrahmen und hochklappbarer<br />
Steighilfe. Kunststoff-Decks machen<br />
beim Gehen mehr Geräusche und sind nicht<br />
reparierbar. Ein Anstollen der Krallen ist selten,<br />
lässt sich aber nicht hundertprozentig aus -<br />
schließen. Meist reicht eine Antistollplatte aus<br />
Kunststoff; ansonsten hilft Silikonspray. Auf<br />
Tour sollte man Kontakt mit Wasser, beispielsweise<br />
bei Bachüberquerungen, meiden.<br />
unterm Fußballen (perfekt bei Inook Freestep)<br />
fixiert die Schuhstellung. Alle klassischen<br />
Schneeschuhe funktionieren nach diesem<br />
Grundprinzip, wobei Modelle mit starrer<br />
Achse eine exakte Kantstellung im Schnee<br />
ermöglichen. Schneeschuhe mit elastischer<br />
Aufhängung wie beispielsweise bei Komperdell<br />
und Atlas passen sich hartem Untergrund<br />
an und sind manövrierfähiger (ideal als kleine<br />
leichte »Jogger«). Doch sie bieten auch<br />
weniger Seitenhalt als Starr-Achser, wirbeln<br />
bei flottem Gehen Schnee von hinten gegen<br />
die Beine und behindern (Atlas) beim Abstieg.<br />
▶ Schlupf oder Steg: Bindungen<br />
Nur die Einsteigermodelle sind mit einem<br />
umständlicheren, schwächer fixierenden<br />
und möglicherweise einschneidenden Riemenverschluss<br />
versehen. Komperdell hat dieses<br />
System für seine Schneeschuhe perfekt<br />
abgewandelt. Modelle für Ambitionierte besitzen<br />
vorne eine komfortable Schlupfbindung<br />
aus flexiblem Kunststoff über Vorfuß<br />
und Rist oder eine Korbbindung mit seitlicher<br />
Führung. Diese Bindungen werden bei<br />
hochwertigen Modellen mit einem zentrierenden<br />
Doppelriemen-Schnellverschluss fixiert;<br />
Atlas hat dies besser umgesetzt als Tubbs.<br />
Gegen Rückrutschen des Schuhs sichert ein<br />
Fersenriemen. Als Material hat sich hierbei<br />
Elastomer mit vereisungsresistenter Dornfixierung<br />
und Schnellverschluss (Tubbs, Atlas)<br />
durchgesetzt. Diese Konstruktion stammt<br />
von MSR, dessen Modelle sich mit vier verbesserten<br />
Riemen fest schließen lassen, jedoch<br />
nicht für weiche Schuhe geeignet sind.<br />
Bei den meisten Kunststoffschneeschuhen<br />
(außer alpine MSR Evo, Tubbs Flex) stabilisiert<br />
eine Bindung mit starrem, aber bis auf Salewa<br />
nicht verwindungssteifem Steg den<br />
gesamten Schuh. Diese Stegbindungen aus<br />
Supergrip: Die aggressiven Harschkrallen<br />
des Alpinmodells Tubbs Flex Alp mit sehr<br />
spitzen Zacken an den Längsschienen (für<br />
Querungen) und dem Krallenkorb unterm<br />
Vorfuß halten auch bei weicherem Schnee.<br />
Kunststoff besitzen vorne einen Korb mit<br />
Riemenfixierung (Doppelriemen sind hier<br />
effektiver) und hinten einen Fersenkorb.<br />
Dieser wird mit einfachem Schnallenriemen<br />
(perfekt umgesetzt bei Salewa) oder besser<br />
per »zugkräftigem«, trimmbarem Ratschenschnellverschluss<br />
mit Polsterung überm Rist<br />
fixiert. Bei letzterem ist TSL führend. Nach<br />
Einstellung der passenden Bindungslänge ist<br />
ein komfortables Gehen auch mit weichen,<br />
wasserdichten Trekkingschuhen möglich.<br />
Die Schneeschuhe von TSL kann man mit<br />
verschiedenen Bindungen kaufen.<br />
Steighilfen sind an allen Schneeschuhen für<br />
den Berg- und Alpinbereich sinnvoll. Inook<br />
und Salewa kombinieren die Transportfixierung<br />
der Bindung mit einer per Stock verstellbaren<br />
Steighilfe, bei TSL sind sie getrennt. ◀<br />
TIPP<br />
Schneeschuh mit<br />
Schneeweiß<br />
Auf 192 Seiten hat der Alpinjournalist<br />
Christian Schneeweiß sein umfassendes<br />
Wissen über die Technik des Schneeschuhgehens<br />
verständlich<br />
und professionell aufbereitet,<br />
sodass nicht nur<br />
Einsteiger einen guten<br />
Überblick bekommen. Auch<br />
Fortgeschrittene erfahren<br />
in diesem Lehrbuch einige<br />
neue, nützliche Hinweise.<br />
»Schneeschuhgehen« ist<br />
im Bruckmann-Verlag<br />
erschienen und kostet<br />
19,95 Euro.<br />
Stollenschreck: Zur Vermeidung von<br />
Schneeanlagerungen besitzen diese Harschkrallen<br />
eine schneeabweisende Oberfläche<br />
plus Kunststoffbelag (Komperdell).<br />
Auch die Hypalon-Bespannung stollt nicht.<br />
92 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
So bewertet der BERGSTEIGER<br />
2<br />
Fotos: Andreas Strauß, Christian Schneeweiß (o.re.), privat (o.li.)<br />
KONSTRUKTION<br />
Schon beim Anschnallen wurden<br />
Bedienbarkeit und Halt der<br />
Bindung getestet. Die Bindungen<br />
funktionierten meist dank Doppelriemenbindung<br />
(top Schlupfbindung<br />
beim Atlas Spindrift) oder<br />
Stegbindung (alle schnell, Salewa<br />
<strong>zum</strong> Öffnen einfach per Schnallenklick)<br />
unkompliziert in zwei Zügen<br />
(vorn und Ferse). Verbessert haben<br />
sich MSR mit seinen dornfi xierten<br />
Elastikriemen (schneller und sicherer)<br />
und Komperdell (schneller<br />
zu bedienender Korbriemen). Die<br />
Längenverstellung von Stegbindungen<br />
war bei Inook, TSL 325 sehr<br />
einfach (mit Schuh einstellbar)<br />
und deren Arretierung bei Salewa<br />
überzeugend sicher, jedoch beim<br />
Verkleinern mühsam.<br />
Bei Hangneigungen von fl ach bis<br />
steil und bei Steilhangquerungen<br />
konnten die Schneeschuhe einem<br />
wirklichkeitsnahen Funktionstest<br />
unterzogen werden. Im Flachen<br />
ließ sich mit allen Schneeschuhen<br />
bequem gehen, weshalb diese<br />
Bewertung herausgenommen<br />
wurde. Ansonsten ergaben sich<br />
große Unterschiede, die letztlich<br />
die Einsatzbereiche der Schneeschuhe<br />
abbilden. Der Aufstieg in<br />
der Direttissima war die Königsdisziplin<br />
der Berg-Schneeschuhe,<br />
was sich in sehr gutem Verkrallen<br />
(Alpinschneeschuhe Tubbs Flex<br />
Alp, MSR Evo) schon im gesetzten<br />
oder feuchten Pulverschnee niederschlug.<br />
Weniger Griffsicherheit<br />
zeigten Trekkingmodelle mit schwächeren<br />
Krallen (vor allem Atlas<br />
930, TSL 325). Das Originalmodell<br />
Faber fi el eher durch mangelndes<br />
Anheben der Spitze ab, die Griffi<br />
gkeit des Gefl echts machte sich<br />
hingegen erstaunlich gut. Steighilfen<br />
waren eine große Entlastung<br />
(bei Inook etwas niedrig).<br />
Beim Abstieg wurden sowohl die<br />
Ergonomie als auch die Griffi g-<br />
keit im Schnee bewertet. Mit<br />
den kurzen Alpinmodellen MSR<br />
Evo, Salewa und Tubbs Flex Alp<br />
ließ sich erwartungsgemäß am<br />
besten direkt absteigen. Längere<br />
Schneeschuhe waren wegen ihrer<br />
Schwänze (Tubbs Expedition, Komperdell)<br />
ungünstiger im Abstieg,<br />
und sofern ihre Unterseite glatt<br />
bespannt war, auch relativ rutschig<br />
(vor allem Atlas 930). Das ist<br />
kein Nachteil, wenn man abrodeln<br />
will. Faber und TSL 325 dagegen<br />
rutschten mangels (ausgeprägter)<br />
Harschkrallen.<br />
Auch bei Querungen machten sich<br />
die breiten Schneeschuhe oder<br />
jene mit schwachen Harschkrallen<br />
schlecht. Bei den Alurahmenmodellen<br />
schnitten nur die Krallenrahmenversionen<br />
MSR Lightning<br />
und Atlas Spindrift sehr gut bzw.<br />
1<br />
Bindungseinstieg (Abb. 1):<br />
Durchdachte Schlupf- und<br />
Korbbindungen lassen sich<br />
vorne durch Zug an gedoppelten<br />
Riemen mit einem Handgriff<br />
schließen und perfekt an den<br />
Schuh anpassen (Atlas 930 mit<br />
Einhandbedienung).<br />
Steighilfen (Abb. 2): Beim Gehen<br />
taucht der Schuh in die vordere<br />
Öffnung des Schneeschuhs,<br />
wegen weicher Aufhängung nur<br />
relativ gut ab. Tubbs, Salewa, MSR<br />
Denali eigneten sich dank aggressiver<br />
Längs-Krallenschienen perfekt<br />
<strong>zum</strong> Queren auch bei hartem<br />
Schnee: die optimalen Schneeschuhe<br />
für den Alpineinsatz.<br />
EINSATZBEREICHE<br />
Flach: Der Schwerpunkt der<br />
Belastung liegt möglichst mittig<br />
(optimale Gewichtsverteilung), die<br />
Front kann wenig aufgebogen sein.<br />
Auf Harscheisen muss hierbei kein<br />
großer Wert gelegt werden: Sie<br />
können weniger griffi g sein oder<br />
ganz fehlen.<br />
3<br />
wobei sich die Front automatisch<br />
anhebt. Zudem besitzen alle<br />
Alpin-Modelle Steighilfen für den<br />
Aufstieg (MSR Lightning Ascent).<br />
Krallenschienen (Abb. 3): Bei Querungen<br />
greifen Schneeschuhe mit<br />
Krallenrahmen (MSR Lightning)<br />
oder Längsschienen am besten.<br />
In weichem Schnee reicht vor<br />
allem bei starrer Achse das Einkanten<br />
des Rahmens aus.<br />
Bergig: Bei aufstiegstauglichen<br />
Schneeschuhen liegt der Schwerpunkt<br />
bei den meisten Modellen<br />
weiter vorne, die Größe ist eher<br />
mittel (ca. 63–65 cm; für Schwerere<br />
oder bei tieferem Schnee:<br />
76 cm), die Harscheisen sind griffi g.<br />
Alpin: Der Schwerpunkt liegt deutlich<br />
vorne, die Front ist stark aufgebogen<br />
und die Fläche eher klein<br />
(56–63 cm). Die vorzugsweise vom<br />
Rahmen unterstützten Harscheisen<br />
sind nicht nur sehr griffi g, sondern<br />
greifen durch Krallenschienen bzw.<br />
Krallenrahmen (beides Erfi ndungen<br />
von MSR) auch seitlich sehr<br />
gut. Auch bei gefrorenem Schnee<br />
gut einsetzbar.<br />
Mehrzwecksystem: Die meisten Kunststoffschneeschuhe<br />
besitzen eine Stegbindung<br />
mit per Stock zu bedienender Steighilfe, mit<br />
Transportfixierung und Bindungseinstellung<br />
auf die Schuhlänge (Komfortmodell TSL).<br />
All-in-one: Mit einem Zuggriff lässt sich<br />
diese Doppelriemenbindung aufziehen<br />
(Atlas Spindrift). Bei vergleichbaren Systemen<br />
anderer Hersteller benötigt man<br />
dazu beide Hände.<br />
Flächenvariabel: Ansetzen, reinschieben,<br />
zudrehen – so funktioniert die 15 Zentimeter<br />
lange Verlängerung diese Kurzschneeschuhs<br />
(Alpinmodell MSR Evo) für besseren Auftrieb<br />
bei weicherem Schnee.<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 93
KAUFBERATUNG : Schneeschuhe<br />
TIPP<br />
Preis/Leistg.<br />
Atlas 930<br />
Snowshoe (Men’s)<br />
Atlas Spindrift 28<br />
Backcountry<br />
Faber<br />
Snowshoes<br />
Inook<br />
Expert<br />
Inook<br />
Freestep<br />
Komperdell<br />
Alpinist 30<br />
Vertrieb, Info 0 88 56/9 01-0,<br />
www.atlassnowshoe.com<br />
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0 80 31/9 08 20 13,<br />
www.schneeschuhe.de<br />
0 75 20/95 61-50, www.<br />
schneeschuhprofi .com<br />
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Preis in Euro 159,95 299,95 289,- 139,95 184,95 <strong>12</strong>9,95<br />
Gew./Paar 2080 g 2170 g 2480 g 2300 g 2200 g 2090 g<br />
Maße/<br />
Größen<br />
76,5 x 23–16cm /<br />
3 Größen 25/30/35 Zoll<br />
62 x 22–17,5 cm /<br />
Größen 24/28 Zoll<br />
90 x 25–11 cm /<br />
Größen 30/36 Zoll<br />
61,5 x 22–19 cm /<br />
Einheitsgröße<br />
63 x 20–18,5 cm /<br />
Einheitsgröße, am Ballen<br />
breiter<br />
77 x 23–17,5 cm /<br />
Größen 25/30 Zoll<br />
Konstruktion<br />
und Material<br />
Alurahmen mit Hypalon-<br />
Bespannung, vorn<br />
aufgebogen<br />
Alukrallenrahmen mit<br />
Hypalon-Bespannung,<br />
vorn stark aufgebogen<br />
Holzrahmen mit Hautbespannung,<br />
vorn kaum<br />
aufgebogen<br />
Kunststoff, vorn und<br />
hinten aufgebogen<br />
Kunststoff, vorn aufgebogen,<br />
seitlich fl exibel<br />
Alurahmen mit Bespannung,<br />
vorn lang<br />
aufgebogen<br />
Harschkrallen Front 2,5 cm, schräg<br />
1,5 cm, hinten 2 cm,<br />
Rückzacken<br />
Vorn 2,5–3 cm,<br />
Krallenrahmen<br />
1,7–3 cm, Rahmen-<br />
Querkralle 3 cm<br />
Keine (Halt durch Gefl<br />
echt der Bespannung)<br />
Front 2 cm, 6 Krallenstifte,<br />
Außenrahmen,<br />
Querstreben niedrig<br />
Front 2 cm,<br />
4 Krallenschienen Alu<br />
3–4 cm, Außenrahmen,<br />
Querstreben<br />
3,5/2,5 cm scharf,<br />
Antistoll-Belag/Beschichtung,<br />
Seitenzacken auch<br />
an Ferse, Rückzacke<br />
Bindung<br />
Riemenkorb-Bindung mit<br />
Doppelverschluss vorn<br />
und Dornverschluss hinten;<br />
federnd aufgehängt<br />
Schlupfkorb-Bindung<br />
mit Doppelverschluss<br />
vorn und Dornschnellverschluss<br />
hinten; federnd<br />
aufgehängt<br />
Robuste Lederbindung<br />
»heavy duty«<br />
mit Klemmschnürung,<br />
Fersenschnalle; fest<br />
aufgehängt<br />
Stegbindung mit Korbriemen<br />
vorn und trimmbarer<br />
Schnellratsche hinten;<br />
starre Achse<br />
Stegbindung mit Korbriemen<br />
vorn und trimmbarer<br />
Schnellratsche<br />
hinten; starre Achse<br />
Feste Riemenkorb-Bindung<br />
mit Doppelverschluss und<br />
hinten Riemenverschluss;<br />
elastisch aufgehängt<br />
/<br />
Extras<br />
Stauverbindung<br />
Rahmenklammern,<br />
Frauenvariante Elektra<br />
Schwanz etwas aufgebogen,<br />
Steighilfe, Fixierung<br />
mit Stock hochklappbar<br />
auch mit spitzem<br />
»Biberschwanz«, Trittschutz<br />
gegen Bespannungsschäden,<br />
nach Tour<br />
trocken lagern!<br />
Steighilfe/Bindungsfi -<br />
xierung mit Stockbedienung,<br />
Stautasche mit<br />
Stöckefi xierung<br />
Steighilfe/Bindungsfi -<br />
xierung mit Stockbedienung,<br />
Stautasche mit<br />
Stöckefi xierung<br />
–<br />
BEWERTUNGEN<br />
Bindungshalt ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Bedienung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Aufstieg ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Abstieg ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Querung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Unser<br />
Eindruck<br />
Günstiger Trekking-<br />
Schneeschuh; großfl<br />
ächig, Bindung fest,<br />
aber dehnt sich; Krallen<br />
weniger griffi g, Fersenriemen<br />
hakelig, nicht für<br />
weiche Schuhe, Schwanz<br />
schleudert Schnee,<br />
kaum Seitenhalt, rutscht<br />
bergab<br />
EINSATZBEREICHE<br />
Geländegängiger Allrounder<br />
mit Krallenrahmen;<br />
überall gut, außer bei<br />
Querungen, Bindung<br />
top, aber Aufhängung<br />
zu dehnbar, sichere<br />
Steighilfe, Gummischlupf<br />
für Schuhe hakelig,<br />
Schwanz schleudert<br />
Schnee<br />
Großfl ächiger Originalschneeschuh;<br />
ideal für<br />
weichen Schnee u. fl a-<br />
ches Gelände, einfache<br />
Bindung mit guter Führung,<br />
Einschlupf mühsam<br />
Gefl echt hält gut, aber<br />
Frontpartie hebt kaum<br />
an (schaufelt Schnee),<br />
Tanka vereist/lockert evtl.<br />
Günstiger Trekking-<br />
Allrounder; robustes<br />
Verleihmodell; schnelle<br />
Ratschenbindung mit<br />
top Halt, mit Schuh<br />
verstellbar, seitenstabiler<br />
Gang, Steighilfe sehr<br />
leicht bedienbar, aber<br />
niedrig, weniger für<br />
weiche Schuhe<br />
Komfortabler Berg-<br />
Allrounder; schnelle Ratschenbindung<br />
top Halt,<br />
aber wenig seitenstabil,<br />
mit Schuh verstellbar,<br />
Steighilfe sehr leicht<br />
bedienbar, aber niedrig,<br />
optimaler Drehpunkt,<br />
Krallenschienen kaum<br />
eistauglich<br />
Sehr günstiger Allrounder;<br />
bergtauglicher »Großfl ä-<br />
cher« mit Detailschwächen,<br />
rutscht etwas<br />
bergab, Bindung kann<br />
drücken, Fersenriemen<br />
suboptimal (mühsam +<br />
nicht sehr fest), Steighilfe<br />
fehlt<br />
Flach ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Bergig ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Alpin – ■■■■■ – – ■■■■■ ■■■■■<br />
94 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
TIPP<br />
Allround<br />
TIPP<br />
Alpin<br />
MSR Evo Ascent<br />
+ Tails 6‘‘<br />
MSR Lightning<br />
Ascent + Tails 5“<br />
Salewa<br />
999 Pro<br />
TSL<br />
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Tubbs<br />
Flex Alp 24<br />
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229,90 + 39,95 299,90 + 49,95 199,95 169,99 219,- 199,90<br />
1820 g 1800 g 1955 g 1830 g 2050 g 2010 g<br />
57 x 20,5–18 cm /<br />
Einheitsgröße + Option<br />
15 cm Verlängerung<br />
64 x 20,3–16 / + Option<br />
13 cm Verlängerung;<br />
Größen 56/65 cm<br />
57,5 x 20,5–15,5 cm /<br />
Einheitsgröße<br />
58 x 22–16,5 / Größen<br />
56/61 cm (+2 cm<br />
Führungs-Stummel)<br />
62,5 x 20,5–16,5 cm /<br />
Größen Herren/Damen/XL<br />
56/61/71 cm<br />
65,5 x 20,5–13 cm /<br />
Größen 53/63/76/91 cm<br />
Kunststoff,<br />
vorn stark aufgebogen<br />
Alukrallenrahmen mit<br />
Bespannung,<br />
vorn wenig aufgebogen<br />
Am Rand fl exibler Kunststoff,<br />
vorn stark aufgebogen<br />
Kunststoff,<br />
vorn aufgebogen<br />
hinten fl exibler Kunststoff,<br />
vorn aufgebogen<br />
Alurahmen mit Hypalon-/<br />
Plastik-Bespannung,<br />
vorn stark aufgebogen<br />
3/2 cm, Antistoll-beschichtet,<br />
spitze Krallenschienen,<br />
Rahmen-Querstreben<br />
3/2 cm, Antistoll-beschichtet,<br />
Krallen-Rahmen,<br />
Rahmen-Querkrallen<br />
3/2 cm, Front Alu spitz,<br />
sehr spitze Krallenschienen,<br />
niedrige Rahmen-Querstreben<br />
Front 3/1,5 cm Alu, 6<br />
Stahlstifte, Rahmen mit<br />
Längs- und Querstreben<br />
Antistoll-Krallenkorb 4 cm,<br />
sehr spitze Krallenschienen,<br />
Rahmen-Querstreben<br />
Krallen-Korb 2,5 cm, Ferse<br />
2 cm, teils quer/teils längs,<br />
Antistoll-Belag<br />
Gummi-Riemenbindung<br />
mit 4 elastischen<br />
Dornverschluss-Riemen;<br />
starre Achse<br />
Gummi-Riemenbindung<br />
mit 4 elastischen<br />
Dornverschluss-Riemen;<br />
starre Achse<br />
Sicher verstellbare Stegbindung<br />
mit Riemen-Korb<br />
vorn und Schnallverschluss<br />
mit Trimmung hinten;<br />
starre Achse<br />
Verstellbare Stegbindung<br />
mit Doppelriemen-Korb<br />
vorn und Schnellratsche<br />
mit Trimmung hinten; starre<br />
Achse<br />
Riemenbindung mit Führung<br />
und Doppel-Schnellverschluss,<br />
Dornschnellverschluss<br />
hinten;<br />
starre Achse<br />
Korbbindung mit Doppel-<br />
Schnellverschluss, vorn<br />
und Dornschnellverschluss<br />
hinten; starre Achse<br />
Steighilfe mit Zuglasche,<br />
Verlängerung ansteckbar,<br />
Transportgummis,<br />
Produktionsjahr-Angabe<br />
Hohe Steighilfe, Verlängerung<br />
ansteckbar, Transportgummis,<br />
auch schmälere<br />
Damenversion<br />
Steighilfe mit Bindungs-<br />
Fixierung, Staubeutel,<br />
Produktionsjahr-Angabe,<br />
Anleitung<br />
Steighilfe, Bindungs-<br />
Fixierung, Stautasche<br />
Produktionsjahr-Angabe,<br />
Anleitung<br />
Steighilfe, Stau-Klettband,<br />
Front/Schwanz fl exibel,<br />
Produktionsjahr-Angabe<br />
Steighilfe an festem Fersenbereich,<br />
robuster Rahmen<br />
hinten aufgebogen<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Super Gelände-/Alpinschneeschuh;<br />
einfache/<br />
feste Bindung ohne Vereisung,<br />
aber viele Riemen,<br />
sicheres Gehen, sicherste<br />
Steighilfe, Schuhvorstand<br />
variabel, nicht für weiche<br />
Schuhe, Verlängerung bei<br />
Tiefschnee<br />
Alpintauglicher Allrounder<br />
mit Krallenrahmen;<br />
einfache/feste Bindung<br />
ohne Vereisung, aber viele<br />
Riemen, super Geradeauslauf,<br />
Schuhvorstand<br />
variabel, nicht für weiche<br />
Schuhe, Verlängerung bei<br />
Tiefschnee<br />
Alpin-Schneeschuh mit<br />
Stegbindung; Bindung<br />
nach Einstellung sehr exakt<br />
und schnell, Anleitung<br />
ausführlich, Frontkrallen<br />
super, aber stumpfen ab;<br />
Steighilfe gut bedienbar,<br />
aber streng; rutscht etwas<br />
rückwärts<br />
Handlicher Allrounder (außer<br />
alpin), ideal für Verleih,<br />
leichteste Längenverstellung<br />
mit Schuh, mittiger Schwerpunkt,<br />
leichte Steighilfenbedienung,<br />
schnelle<br />
Komfort-Ratschenbindung,<br />
Frontkrallen stumpfen ab<br />
Idealer Alpinschneeschuh;<br />
bester Schneeschuh bei<br />
hartem Schnee, optimal<br />
konstruierte Bindung, kaum<br />
spürbar und wie angegossen,<br />
sichere Steighilfe,<br />
Einstieg hakelig bei voluminösen<br />
Schuhen<br />
Super Allrounder (außer<br />
alpin); schmale Steighilfe<br />
unter Sohle spürbar, in 4<br />
Längen erhältlich, Schwanz<br />
stört bergab, gut konstruierte<br />
Bindung mit optimalem<br />
Halt, Zacken weniger griffi g<br />
■■/■■■ * ■■■/■■■■*<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ – ■■■■■ –<br />
* verlängert<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 95
Wo der Schuh<br />
passen muss<br />
Schneeschuhe sind die willkommene Alternative<br />
zu <strong>Touren</strong>ski. Sie ermöglichen es auch Winterwanderern,<br />
die entlegensten Winkel in der tief<br />
verschneiten Winterlandschaft zu erkunden.<br />
TIPP<br />
Schneeschuhgehen<br />
richtig gemacht<br />
■ Schmalere Schneeschuhe bis maximal<br />
20,5 cm Breite sind optimal für Querungen<br />
geeignet und somit als Alpinmodelle ideal.<br />
■ Bei Schneeschuhen ohne Steg- oder<br />
Korbbindung lassen sich die Ballen der Füße<br />
für optimalen Aufstieg etwas vorschieben<br />
und für sicheren Abstieg etwas zurücksetzen.<br />
■ Rückwärtsgehen sollte man vermeiden, da<br />
sich dann die hinten herabhängenden Schneeschuhe<br />
im Schnee vergraben.<br />
■ Erst wenn frischer Pulverschnee sich<br />
gesetzt hat, kommt die Fläche der Schneeschuhe<br />
erkennbar <strong>zum</strong> Tragen.<br />
■ Zur Sicherheit sollte man die Riemen<br />
der Bindungen nach 20 Minuten Gehzeit<br />
nachziehen.<br />
LÄNGE<br />
Ein längerer Schneeschuh oder eine<br />
Verlängerung bietet mehr Auftrieb,<br />
aber geringere Beweglichkeit und<br />
behindert im Abstieg.<br />
HARSCHKRALLEN<br />
Für den Trekkingbereich sollten die<br />
Harschkrallen stumpfer, für den<br />
Alpinbereich länger und spitzer sein<br />
sowie auch seitlich gut greifen.<br />
AUFHÄNGUNG<br />
Eine Bindung mit starrer Achsaufhängung<br />
lässt sich bei Querungen<br />
in weichem Schnee besser einkanten,<br />
eine elastische ermöglicht in<br />
hartem Schnee ergonomischeres<br />
Schrittsetzen.<br />
STEIGHILFEN<br />
Steighilfen erleichtern das<br />
Aufsteigen erheblich.<br />
BINDUNG<br />
Die Bindung sollte den Schuh fest<br />
umschließen; nicht nur, um ein<br />
Vor- und Zurückrutschen, sondern<br />
auch, um seitliches Verrutschen zu<br />
vermindern.<br />
96 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
Glaubt man den Herstellern,<br />
ist so gut wie jedes Produkt<br />
grandios. Doch stimmt<br />
das wirklich? Die Redaktion<br />
schildert ihre Eindrücke.<br />
Mammut Miva Hooded<br />
Jacket Women<br />
▶ Das sagt der Hersteller:<br />
Unser Klassiker überarbeitet:<br />
kleines Packmaß (in Innentasche verstaubar) und<br />
doch hervorragende Wärmequalitäten; zusätzlich<br />
mit einer mit Daunen gefütterten, wärmenden<br />
Kapuze. Ideal für Expeditionen sowie <strong>zum</strong> Sport-,<br />
Eis- und Mixedklettern, aber auch für alle anderen<br />
Wintersportarten gut geeignet.<br />
Gewicht: 360 g Farbe: bloom, schwarz, peridot,<br />
mangrove, imperial Obermaterial: Pertex®<br />
Microlight Füllung: 105 g Gänsedaunen 90/10,<br />
750 cuin Preis: 270 € Info: www.mammut.ch<br />
▶ Das sagen wir: Extrem leichte und dünne,<br />
dabei sehr warme, atmungsaktive Daunenjacke.<br />
Guter Schnitt für Damen: Sie liegt am Körper an,<br />
es zieht weder von unten hinein, noch trägt die<br />
Jacke unter einer <strong>Touren</strong>jacke auf.<br />
Packmaß/Gewicht ■■■■■■<br />
Tragekomfort ■■■■■■<br />
Preis/Leistung ■■■■■<br />
CEP Strümpfe<br />
Thermo Socks<br />
Kari Traa Damen-Skiwäsche<br />
Rose Polo Zip, Rose Pant<br />
Mountain Equipment<br />
Everest Schlafsack<br />
Fotos: Hersteller, Andreas Strauß<br />
▶ Das sagt der Hersteller: Perfekt <strong>zum</strong><br />
Laufen im Winter, aber auch für Skitourengeher<br />
und Langläufer. Aus einem<br />
speziellen Gestrick, das die<br />
Füße warm und zugleich<br />
trocken hält; Flex-Zonen im<br />
Spannbereich verhindern Faltenentstehung.<br />
Farben: black/pink; black/grey; black/green<br />
Material: 74 % Polyamid, 26 % Elasthan<br />
Preis: 49,90 € Größen: Wadenumfang<br />
25–32 cm (II), 32–38 cm (III), 39–44 cm (IV),<br />
45–50 cm (V) Info: www.cepsports.com<br />
▶ Das sagen wir: Socken können Bergsportler<br />
(und manchmal auch ihre Mitstreiter) quälen:<br />
reiben, drücken, stinken. Bei den Testsocken trifft<br />
keine der Negativ-Eigenschaften zu. Im Gegenteil:<br />
Man fühlt sich in den Dingern sauwohl.<br />
Tragekomfort<br />
Design<br />
Preis/Leistung<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
▶ Das sagt der Hersteller:<br />
Extrem weich, warm und vielseitig: Basisschicht<br />
aus 100 % Merinowolle mit femininem Schnitt<br />
und edlem Design; atmungsaktiv und von Natur<br />
aus geruchsresistent; mit Front-Zipper<br />
Farben: grau, grün, beige, blau/orange, violett,<br />
rot, orange Material: 100 % Merinowolle<br />
Größen: S, M, L, XL Preis: 99,95 € (Polo);<br />
89,95 € (Pant) Info: www.karitraa.com<br />
▶ Das sagen wir: Sieht nicht nur gut aus,<br />
sondern fühlt sich auch so an. Die Merinowolle<br />
wärmt auf Wintertouren hervorragend, die<br />
Flachnähte drücken nirgends und der breite<br />
Gummibund an der Hose sitzt, ohne zu rutschen<br />
oder einzuengen. Und mit dem farbenfrohen<br />
Muster gewinnt frau nach der Tour zudem jeden<br />
Style-Contest im Matratzenlager!<br />
Tragekomfort<br />
Design<br />
Preis/Leistung<br />
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▶ Das sagt der Hersteller: Die<br />
Extreme Serie für die kältesten Orte auf<br />
dieser Erde: Die hochwertige Daune<br />
wärmt auch nach wochenlangem Einund<br />
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Farbe: blau Preis: 849,90 € (XL 929,90 €)<br />
Info: www.mountain-equipment.co.uk<br />
▶ Das sagen wir: Einer der wärmsten Schlafsäcke,<br />
die man sich vorstellen kann. Besonders<br />
angenehm: Wärmekragen und doppelt abgedeckter<br />
Reißverschluss, elastische Nähte im Beinbereich.<br />
Allerdings: Die Wärme hat ihr Gewicht.<br />
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01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 97
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Fred Mack e.K.<br />
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01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 99
BERGTIERE<br />
Steinböcke liefern sich schwere Gefechte<br />
um die Herrschaft über Gegner und Geißen.<br />
Danach ist Paarungszeit – für den Gewinner.<br />
INFO<br />
Ein preisgekrönter Filmstar<br />
Über ein Jahr lang beobachteten die beiden<br />
Filmer Gerhard Baur und sein Sohn Fridolin<br />
Baur eine Steinbockgruppe, die um die Mindelheimer<br />
Hütte in den Allgäuer Bergen lebt. Mit<br />
viel Geduld und Einfühlungsvermögen gelang es<br />
den beiden, das Zutrauen selbst der scheuen<br />
Geißen zu gewinnen. So entstand ein Tierfi lm<br />
Es ist eine Schande. Wer heute<br />
in die Höllenmaschine namens<br />
Google den Begriff »Steinbock«<br />
eintippt, findet bei den Suchergebnissen<br />
recht weit oben zwar<br />
einen Wikipedia-Eintrag über mehrere<br />
»Tierarten aus der Gattung der Ziegen (Capra)«,<br />
aber was danach folgt, stellt dem<br />
<strong>Bergsteiger</strong> die Haare auf: astrowoche.de,<br />
horoskop-traumdeutung.de bis hin zu –<br />
kein Witz – brigitte.de. Dabei ist der Steinbock<br />
in den Alpen jenseits all des Horoskop-<br />
Wahnsinns für Wanderer wie Alpinisten<br />
natürlich eines: ein Vorbild.<br />
Man muss sich diesen Prachtkerl nur einmal<br />
genau ansehen. Die Füße sind dank<br />
weicher Innenflächen mit hartem Hufrand<br />
besser fürs Gelände geeignet als jede noch<br />
so ausgetüftelte Sohle mit EVA-Auftrittsdämpfung,<br />
IceGrip, Shockabsorber oder<br />
Versteifungseinlage (das Zeug heißt wirklich<br />
so). Die Hinterbeine sind regelrechte<br />
Katapulte, dank deren Hilfe die bis zu mehr<br />
als 100 Kilogramm schweren Steinböcke im<br />
Steilgelände mit einem Satz über Schlüsselstellen<br />
springen, wo bei manchem Sonntagswanderer<br />
und selbst -kletterer schon<br />
die Nähmaschine im Oberschenkel einsetzt.<br />
Gewaltige Hörner und Riesenkräfte<br />
Der Steinbock treibt sich zudem bei miserabelstem<br />
Wetter im Gebirge herum – ohne<br />
Gore-Tex und Biwaksack. Und dann dieser<br />
Rumpf, der selbst Boulderer nach der täglichen<br />
Krafteinheit wie abgemagerte Gäm-<br />
mit Aufnahmen aus nächster Nähe, die den<br />
Tagesrhythmus dieser faszinierenden Tiere in<br />
ihrer natürlichen Umgebung zeigen. Beim Bergfi<br />
lmfestival Tegernsee 2013 wurde »Steinböcke<br />
in den Allgäuer Bergen« als bester Film in der<br />
Kategorie »Naturraum Berg« ausgezeichnet.<br />
Zu sehen ist der Film im Internet in der Mediathek<br />
des Bayerischen Rundfunks (BR) unter<br />
www.br.de/mediathek – Suche: Steinbock.<br />
Buch/Kamera/Regie:<br />
Gerhard und Fridolin Baur<br />
Assistenz: Tobias Baur/Manfred Bodem<br />
Schnitt: Tomas Frank<br />
Redaktion: Johannes Pechtold<br />
Länge: ca. 43 Min.<br />
sen aussehen lässt! Wer nun einwenden<br />
möchte, dass die Tiere keinen Rucksack<br />
schleppen müssen: Ganz nebenbei tragen<br />
<strong>zum</strong>indest die Herren der Steinbock-Schöpfung<br />
Hörner auf dem Kopf spazieren, gegen<br />
deren Gewicht sich manch ein Rucksack<br />
wie ein Turnbeutel ausnimmt. Biologen<br />
be richteten in diversen Artikeln, dass sie<br />
schon Steinböcke aus mehr als 20 Meter Höhe<br />
in den Abgrund stürzen sahen, worauf<br />
100 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
BERGSTEIGER-Porträt: Steinbock<br />
Der<br />
Gehörnte<br />
Der Steinbock bewegt sich<br />
schneller und sicherer durchs<br />
Gelände als die meisten<br />
<strong>Bergsteiger</strong>, braucht weder<br />
Gore-Tex noch Biwaksack<br />
– und paart sich selbst bei<br />
Minusgraden im Schnee.<br />
Von Dominik Prantl<br />
Trophäe und<br />
Aphrodisiakum<br />
– wegen<br />
seines prächtigen<br />
Geweihs<br />
wurde der<br />
Steinbock fast<br />
ausgerottet.<br />
Fotos: picture alliance, Baur Film, Manuela Zilio / Archiv der Stiftung Gran Paradiso<br />
sich die zähen Viecher kurz schüttelten und<br />
<strong>zum</strong> Tagesgeschäft übergingen.<br />
Dabei war dieser grandioseste aller <strong>Bergsteiger</strong><br />
viele Jahre lang, man muss es so<br />
hart sagen, eine arme Sau. Wurde gejagt,<br />
geschossen, fast ausgerottet. Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts gab es nur noch im Bereich<br />
des heutigen Gran-Paradiso-Nationalparks<br />
eine kleine Population von etwa 100 Tieren,<br />
welche dort der italienische König Viktor<br />
Emanuel II. unter Schutz gestellt hatte.<br />
Von ihr stammen sämtliche Artgenossen im<br />
gesamten Alpenbogen ab. In der Schweiz etwa<br />
wurden die ersten Tiere 1911 ausgesetzt.<br />
Sie waren einige Jahre zuvor aus dem Aostatal<br />
illegal ins Land gebracht worden, nachdem<br />
der italienische König eine Anfrage des<br />
Schweizer Bundesrates abgelehnt hatte:<br />
Kein Steinbockhilfspaket fürs Nachbarland.<br />
100 Jahre später hatte sich die Schmuggelware<br />
auf 17 000 Exemplare vermehrt.<br />
Stimulierendes »Steinbock-Spray«<br />
Warum der Steinbock beinahe auf Nimmerwiedersehen<br />
aus den Alpen verschwunden<br />
wäre, hatte auch damit zu tun, dass seine<br />
imposante Erscheinung so manche Phantasie<br />
beflügelte. Das Tier galt als wandelnde<br />
Apotheke. Ob Haare, Magensteine oder<br />
Ausscheidungen, es gab fast nichts, das<br />
sich nicht irgendwie medizinisch verwerten<br />
ließ – und sei es auch nur in der Einbildung.<br />
Vor allem dem Herzkreuz, einer<br />
kleinen Verknöcherung im Herz, wurden<br />
regelrechte Wunder zugesprochen. Noch<br />
heute gibt es Herzkreuze bei manchem<br />
Schmuckspezialisten als Amulett zu kaufen.<br />
Wichtig waren auch die Hörner, sei es<br />
als Trophäe im Wohnzimmer oder gar wegen<br />
der angeblich aphrodisischen Wirkung.<br />
Eine Apothekerin aus dem Engadin hat jedenfalls<br />
erst vor wenigen Jahren das Steinbockhorn<br />
als Grundlage für einen Marketinggag<br />
entdeckt und das »Steinbockspray«<br />
kreiert. »Alpen-Viagra aus Bockshorn«, titelte<br />
der nicht unbedingt als sensationslüstern<br />
bekannte Tagesanzeiger in der Schweiz. Die<br />
Essenz, in der Steinbockhorn nur in Spuren<br />
enthalten sei (auf Deutsch: so gut wie<br />
nix), diene der »Behandlung von Erschöp-<br />
Das Tier galt als wandelnde<br />
Apotheke. Ob Haare,<br />
Magensteine oder Ausscheidungen:<br />
Es gab fast<br />
nichts, was sich nicht<br />
irgendwie medizinisch<br />
verwerten ließ.<br />
fungszuständen und Schwäche – seien<br />
diese körperlicher, seelischer oder sexueller<br />
Natur«, heißt es auf der Webseite des<br />
Herstellers. »Als Kur angewendet, sprüht<br />
man 3- bis 6-mal täglich 3 Spritzer in den<br />
Mund.« So solle sich die Kraft des phallussymbolbestückten<br />
Tieres quasi auf das beste<br />
Stück des Mannes übertragen. Ob wirklich<br />
die Hörnerspuren oder doch eher als<br />
01⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 101
TOUREN<br />
Steinbocktouren<br />
Mit etwas Glück zeigen sich<br />
die scheuen Tiere auf einigen<br />
Routen dem <strong>Bergsteiger</strong>.<br />
Wir haben zwei Tipps für Sie.<br />
1 Benediktenwand (1801 m),<br />
von der Jachenau<br />
▶ mittel 6 Std.<br />
1100 Hm 1100 Hm<br />
Fotos: picture alliance<br />
Schon die Jungtiere fühlen sich im verschneiten Hochgebirge wohl.<br />
Steinböcke paaren sich<br />
zur kältesten Jahreszeit<br />
im Hochgebirge. Die<br />
Paarungszeit fällt mit<br />
dem Tierkreiszeichen<br />
zusammen.<br />
Stimulanzien bekannte Pflanzenextrakte<br />
in dem Spray verantwortlich sind, soll hier<br />
nicht diskutiert werden.<br />
Kämpfen und Kuscheln im Winter<br />
Eines ist klar: Das alles hat ein Steinbock<br />
natürlich nicht nötig. Er ist den meisten<br />
<strong>Bergsteiger</strong>n nämlich nicht nur in Sachen<br />
Bergsteigen voraus. Im November rammt<br />
er im Regelfall die Konkurrenz aus<br />
dem Weg, ehe er sich Wochen<br />
später die Steinbockdamen<br />
vorknöpft. Warum<br />
die Paarung von Mitte<br />
Dezember bis Januar<br />
dauert und zeitlich<br />
erstaunlicherweise<br />
mit<br />
dem Tierkreiszeichen<br />
zusammenfällt,<br />
können nicht einmal<br />
Steinbockexper- ten wie der<br />
Wildtierbiologe Christian Willisch von<br />
der Universität Zürich erklären: »Das lässt<br />
sich nicht eindeutig beantworten.« Nun ist<br />
es aber nicht nur so, dass sich der Steinbock<br />
das Hochgebirge und dort auch noch die kälteste<br />
Jahreszeit zur Fortpflanzung aussucht.<br />
Es kommt noch besser: Laut Willisch paaren<br />
sich Steinböcke meist erst in der zweiten<br />
Lebenshälfte im Alter von etwa acht, neun<br />
Jahren, weil sie dann die Herrschaft über<br />
Gegner und Geißen gewinnen.<br />
Wer übrigens eines der anderen Suchergebnisse<br />
anklickt, findet dort unter anderem<br />
die typischen Eigenschaften des Steinbocks:<br />
geduldig, verantwortungsbewusst, ehrgeizig<br />
– und bis ins hohe Alter aktiv.<br />
Aber wer glaubt schon an Horoskope? ◀<br />
*Der Autor ist keineswegs<br />
im Sternzeichen<br />
des Steinbock geboren,<br />
wohl aber zwei<br />
Kollegen aus der<br />
BERGSTEIGER-<br />
Redaktion.<br />
Auch im deutschen Alpenraum gibt<br />
es mehrere Steinbockpopulationen,<br />
darunter im Allgäu, im Hagengebirge<br />
und an der Benediktenwand. Dort<br />
wurden in den Sechzigern einige<br />
Exemplare ausgesiedelt. Die Kolonie<br />
ist mittlerweile auf etwa 70 Tiere angewachsen.<br />
In den kälteren Monaten<br />
sind sie vor allem, aber keinesweg<br />
immer auf der Südseite zu sehen.<br />
Charakter: Schöne, südexponierte<br />
Wanderung mit leider sehr langem<br />
Forstweg-Hatscher. Oberhalb der<br />
Bichler Alm dafür umso reizvoller.<br />
Beim Gipfelanstieg ist Trittsicherheit<br />
erforderlich.<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz bei Petern<br />
(730 m) in der Jachenau<br />
Route: Petern (730 m) – Langenecksattel<br />
(1167 m) – Bichler Alm<br />
(1430 m) – Gipfel<br />
Karte: AV-Karte 1:25 000, BY 11<br />
»Isarwinkel, Benediktenwand«<br />
2 Rifugio Vittorio Sella (2584 m)<br />
Nationalpark Gran Paradiso<br />
▶ leicht 5 Std.<br />
920 Hm 920 Hm<br />
Ein Teil des Rifugio Vittorio Sella war<br />
einst das Jagdhaus des italienischen<br />
Königs Viktor Emanuel II., der einerseits<br />
Jagd auf Steinböcke machte,<br />
sie andererseits für diesen Zweck<br />
auch unter Schutz stellte. Oberhalb<br />
des Rifugios sind so gut wie immer<br />
Steinböcke zu sehen – und wer<br />
möchte, kann über den Col Lauson<br />
(3295 m) weiter bis ins Valsavarenche<br />
wandern.<br />
Charakter: Relativ einfach, aber<br />
sehr schöne Wanderung. Im Winter,<br />
wenn das Rifugio geschlossen hat,<br />
auch auf <strong>Touren</strong>ski als Teil der Grande<br />
Haute Route Valdotaine möglich.<br />
Ausgangspunkt: Valnontey<br />
(1666 m) bei Cogne<br />
Route: Valnontey – La Pascieu (1994<br />
m) – Rif. Vittorio Sella<br />
Karte: Kompass, 1:50 000, Nr. 86<br />
»Gran Paradiso, Valle d’Aosta«<br />
102 <strong>Bergsteiger</strong> 01⁄14
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BERGMENSCHEN<br />
Abenteuer Kaukasus: Peter Schlickenrieder im BERGSTEIGER-Interview<br />
BERGSTEIGER: Sie haben die Transalp auf<br />
Ski gemacht und den Atlas in Marokko<br />
per Bike durchquert. Ist die Kaukasustour<br />
schon länger in Ihrem Kopf gewesen?<br />
Peter Schlickenrieder: Ich wollte in ein Gebirge,<br />
das höher ist und eine größere sportliche<br />
Herausforderung darstellt. Und mein<br />
Lieblingssportgerät sind halt mal <strong>Touren</strong>ski.<br />
Auch schon während Ihrer aktiven Zeit<br />
als Langläufer?<br />
Mein »Entdecker« und langjähriger Jugendtrainer<br />
Gerd Müller brachte mich <strong>zum</strong> <strong>Touren</strong>gehen.<br />
Er und seine zwei Spezln galten<br />
als Erfinder des Skitourenrennens »Watzmanngams«.<br />
Folglich musste ich da mit.<br />
Wer seine Ski liebt, der trägt:<br />
Peter Schlickenrieders<br />
Team auf dem Weg <strong>zum</strong> Gipfel<br />
des Elbrus (5642 m)<br />
Wildnis, Wodka,<br />
Wunderland<br />
Das bisher größte Filmprojekt von Ex-Langlauf-Profi Peter Schlickenrieder<br />
über seine Kaukasus-Skidurchquerung im April 2013<br />
ist im Kasten – rechtzeitig als Einstimmung zu den Olympischen<br />
Winterspielen in Sotschi vom 7. bis 23. Februar. Im BERGSTEIGER-<br />
Interview spricht Schlickenrieder exklusiv über das Abenteuer<br />
Elbrus, die Kunst der Improvisation und darüber, was man beim<br />
Bestechen unbedingt beachten muss. Von Michael Ruhland<br />
Fotos: Peter Schlickenrieder (www.schlickenrieder.de)<br />
Und waren sofort infiziert?<br />
Überhaupt nicht. Anfangs hasste ich es.<br />
Schon allein diese schweren Stiefel, wegen<br />
derer ich nach einer Viertelstunde derartige<br />
Blasen bekam, dass ich nicht wusste, wie<br />
ich die nächste Stunde überleben sollte. Ich<br />
dachte mir: Warum tut man sich das an,<br />
wenn es doch so ein schönes, leichtes Langlaufmaterial<br />
gibt? Deshalb waren wir oft mit<br />
Langlaufski und Steckenreiten in den Bergen<br />
unterwegs. Schnell, leicht, lustig. Zu der Zeit<br />
war ich 15 Jahre alt und lernte den Böhm Bene<br />
an der Bodenschneid kennen, der auch<br />
steckenreitenderweise unterwegs war.<br />
Wie funktioniert Steckenreiten?<br />
Das Problem beim Langlaufen ist ja, dass<br />
man keine vernünftigen Kurven fahren<br />
kann, weil die Bindung so instabil und leicht<br />
ist. Zum schnellen Runterfahren nahmen<br />
wir deshalb stabile Stöcke mit Krallentellern,<br />
die im eisigen Schnee gut griffen. Man schob<br />
die Stecken zwischen den Beinen durch und<br />
setzte sich drauf. So konnte man schnell und<br />
schnurstracks die Hänge hinunterfahren.<br />
Im Kaukasus haben Sie auf modernes,<br />
leichtes Skitourengerät zurückgegriffen.<br />
Die Filmidee hatte auch mit Ihrer ARD-<br />
Moderatorenrolle zu tun?<br />
Ja. Als damals verkündet wurde, dass die<br />
Winterspiele in Sotschi stattfinden würden,<br />
wusste ich gar nicht richtig, wo das ist. Sotschi?<br />
Kaukasus? Schwarzes Meer? Ich wollte<br />
mehr zeigen als nur die Olympiastadien.<br />
Wie ist der Kaukasus? Welche Menschen<br />
leben dort, was für einen Bezug haben sie<br />
zu Olympia? Wie tickt das Land?<br />
Wie schwierig war es, die nötigen Genehmigungen<br />
zu kriegen?<br />
104 <strong>Bergsteiger</strong> 01 ⁄14
Sobald man mehrere Regionen durchquert,<br />
wird es unheimlich bürokratisch. Wir<br />
wussten nicht, ob wir an Grenztruppen<br />
scheitern würden. Auf dem Hauptkamm<br />
des Kaukasus verläuft die Grenze zwischen<br />
Russland, Georgien beziehungsweise der<br />
abtrünnigen Region Abchasien, und die ist<br />
wegen Terrorismus relativ streng bewacht.<br />
Wie viele Relikte des Sozialismus haben<br />
Sie angetroffen?<br />
Sehr viele. Das Demütige, Duldsame, Leidensfähige,<br />
kurz: die Obrigkeitshörigkeit<br />
erlebt man dort überall. Motto: Das werden<br />
die da oben schon entscheiden. Beginn der<br />
Tour war am Elbrus in Terskol, Talstation.<br />
Dort stehen seit der Perestroika die meisten<br />
Anlagen des früheren Olympiastützpunktes<br />
still, weil der Geldfluss versiegte.<br />
Es waren riesige Anlagen für ein Höhenleistungszentrum<br />
geplant, Mauern waren<br />
schon hochgezogen. Eigentlich würden die<br />
Olympischen Spiele dort viel besser hinpassen.<br />
Terskol liegt auf 2100 Meter, dort hat<br />
man die Höhe, die Schneesicherheit, eine<br />
gewisse Infrastruktur. Nur: Es ist eine kaukasische<br />
Region, die Russen bevorzugen ihr<br />
Sotschi.<br />
Mussten Sie vor Ort mit Geld nachhelfen?<br />
Wir mussten höllisch aufpassen. Man darf<br />
<strong>zum</strong> Beispiel die Polizei bestechen, das Militär<br />
aber nicht, sonst landet man im Militärgefängnis.<br />
Polizisten haben wenig Geld und<br />
leben auch von dem, was sonst noch über<br />
den Tisch geschoben wird.<br />
Wie kamen Sie persönlich damit klar, wenn<br />
vor Ort etwas nicht klappte?<br />
Es waren für mich zwei Wochen Dauerstress.<br />
Wir wollten ja eine bestimmte Menge<br />
Filmmaterial mit nach Hause bringen.<br />
Wenn einem dann die Zeit zwischen den<br />
Fingern zerrinnt, weil man wieder stundenlang<br />
diskutiert, warum gerade ein Protagonist<br />
nicht da ist – dann zerrt das an<br />
den Nerven.<br />
Zeitdruck ist vermutlich nichts, was im<br />
Kaukasus interessiert.<br />
Wir sind gewohnt, wenn 14 Uhr ausgemacht<br />
ist, dass spätestens 14.10 Uhr alle da<br />
sind. Das gibt es dort nicht. Wir bekamen<br />
zu hören: »Diese Woche kommt der Hirte<br />
nicht mehr.« Ich sagte dann: »Aber wir<br />
haben das doch vor einem halben Jahr fest<br />
ausgemacht.« Die Antwort: »Ja, vor einem<br />
halben Jahr. Der Mann ist ja nicht weg, es<br />
dauert halt noch eine Woche.« Dass jeder<br />
Tag einen Haufen Geld kostete und die Uhr<br />
tickte, machte mich schon ziemlich nervös.<br />
INFO<br />
Elbrus (5642 m)<br />
Schlickenrieders Tipps für eine Ski-<br />
Besteigung von Europas Höchstem<br />
Anreise: München–Moskau, weiter nach<br />
Mineralny Vody mit Ankunft frühmorgens<br />
und Anreise bei Tag in das wunderschöne<br />
Baksan-Tal (ca. 4–5 Std.) bis Terskol am Fuß<br />
des Elbrus. Vorher oder nachher unbedingt<br />
die Narzan-Mineralquellen und die heißen<br />
Quellen in der Nähe von Nalchik anschauen.<br />
Beste Zeit: Ende April bis Anfang Juli<br />
Besteigung: Für ganz Hastige in acht<br />
Tagen machbar, besser sind zehn Tage.<br />
Buchungstipp: Mein Anbieter war der DAV<br />
Summit Club und vor Ort Lyana mit ihrer<br />
Agentur in Nalchik (http://kavkazskitur.<br />
com/): Weltklasse! Ein Touristenvisa dauert<br />
fünf bis zehn Tage; am besten über »Visum-<br />
Centrale« (www.visumcentrale.de) machen<br />
lassen, das spart Zeit und ist einfacher.<br />
Mehr Bilder zu Schlickenrieders Kaukasus<br />
Tour unter www.bergsteiger.de<br />
Sie lernten zu improvisieren?<br />
Und wie! Letztlich hat alles funktioniert,<br />
wenn auch völlig anders als geplant. Der<br />
Mann, mit dem ich im Juni 20<strong>12</strong> einen Dreh<br />
übers Bierbrauen vereinbart hatte, der war<br />
einfach nicht da. Drei Tagesritte weg. Das war<br />
wirklich so, ich wollte ihn holen lassen, aber<br />
es gab keine Straße. Doch plötzlich tauchte<br />
ein anderer Kaukase auf. Wir fragten ihn:<br />
»Braust du auch dein eigenes Bier?« Er: »Ja.«<br />
Wir: »Hast du vielleicht gerade vier Stunden<br />
Zeit?« Er: »Ja.« So kamen wir zu unserem<br />
Dreh, der wahrscheinlich noch viel authentischer<br />
war als der eigentlich geplante.<br />
ZUR PERSON<br />
Wie (system-)kritisch ist der Film?<br />
Manche Einheimischen schimpfen über<br />
die Umsiedlungen, das kommt auch in unserem<br />
Film vor. Doch wenn man vergleicht,<br />
wie die meisten Menschen wohnten, bevor<br />
die Spiele beschlossen waren, und wie jetzt,<br />
dann sind manche westlichen Vorstellungen<br />
ziemlich romantisch. Wer zuvor in<br />
einem Haus gelebt hat, das jährlich überschwemmt<br />
wurde, das keinen Trinkwasseranschluss<br />
hatte, in dem es keine Gas- und<br />
Stromversorgung gab, und jetzt in einem<br />
neu gebauten, hochwassersicheren Haus<br />
wohnt mit der ganzen Infrastruktur –<br />
dann kann ich der Argumentation folgen,<br />
die wir oft hörten: Wir hatten Glück, umgesiedelt<br />
zu werden. Ich glaube, unser Film<br />
bringt das Lebensgefühl ziemlich authentisch<br />
rüber. Es sind auch einige skurrile Situationen<br />
dabei.<br />
Zum Beispiel?<br />
Wir interviewten in Sotschi einen orthodoxen<br />
Pfarrer. Das war gar nicht geplant, sondern<br />
eine spontane Aktion. Er erzählte uns,<br />
dass er auch leidenschaftlich gerne Ski fährt<br />
und im olympischen Komitee von Sotschi<br />
sitzt. Wir konnten das erst gar nicht fassen.<br />
Er berichtete uns lächelnd, dass auf dem<br />
Olympiagelände alles platt gemacht worden<br />
sei. Bis auf einen Friedhof. Mittendrin. Um<br />
den wurde eine Mauer gezogen, so dass dort<br />
weiter Tote bestattet werden können. ◀<br />
Die 45-minütige Doku »Abenteuer Olympia. Der<br />
lange Weg über den Elbrus bis nach Sotschi« wird<br />
am 28. Dezember in der ARD (<strong>12</strong> Uhr) ausgestrahlt<br />
und erscheint zeitgleich im Allianzmagazin 1899.<br />
Silber-Gewinner, Unternehmer, Abenteurer<br />
Seinen größten Erfolg feierte Peter Schlickenrieder<br />
bei den Olympischen Winterspielen<br />
2002 in Salt Lake City: Er holte für das deutsche<br />
Team die Silbermedaille im Langlauf-<br />
Sprint. Parallel zu seiner sportlichen Karriere<br />
studierte Schlickenrieder Wirtschaftswissenschaften<br />
und gründete nach seiner aktiven Zeit<br />
als Skilangläufer eine Sportmarketing-Agentur.<br />
Sein Film »Abenteuer Olympia« ist nach der<br />
Bike-Transatlas in Marokko und der Ski-Transalp<br />
sein bisher größtes Filmprojekt mit seiner Filmproduktionsfi<br />
rma. Seit 2002 arbeitet er als Skilanglauf-Experte<br />
und Co-Moderator für die ARD<br />
und ist auch in Sotschi bei den Olympischen<br />
Winterspielen 2014 mit von der Partie. Jüngst<br />
erschien von ihm das Buch »Madonna Mia<br />
– Transalp auf Skiern« (Paul Pietsch Verlage,<br />
Stuttgart 2013, 19,95 Euro), das er zusammen<br />
mit dem Journalisten und Unternehmensberater<br />
Robert Jacobi verfasste. Beide begründeten die<br />
Internetplattform mountix (www.mountix.com),<br />
eine Art Facebook für <strong>Bergsteiger</strong>.<br />
Schlickenrieder wurde am 16. Februar 1970 in<br />
Tegernsee geboren und lebt heute mit seiner<br />
Frau und den zwei Kindern am Schliersee.<br />
Peter Schlickenrieder auf Olympia-Tour<br />
01 ⁄14 <strong>Bergsteiger</strong> 105
REPORTAGE<br />
Trekkingtour auf den Kilimandscharo<br />
Die Entdeckung<br />
der Langsamkeit<br />
Er ist der Traumgipfel vieler Menschen: nicht schwierig,<br />
aber hoch, der Höchste auf dem afrikanischen Kontinent.<br />
Sandra Zistl (Text und Fotos) hat eine Gruppe des<br />
Deutschen Alpenvereins auf ihrem Weg <strong>zum</strong> 5895 Meter<br />
hohen Kilimandscharo begleitet.<br />
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Wer auf den höchsten Berg<br />
Afrikas geht, sieht tagelang ihn<br />
aus den Wolken ragen: den<br />
4565 Meter hohen Mount Meru.
Am ersten Tag führen alle Wege auf den Kili durch Regenwald.<br />
Da geht es hinauf: der höchste Berg Afrikas, 5895 Meter hoch.<br />
vation. Doch Jackson kennt die Antwort<br />
bereits, oft besser als der Befragte. »Mir geht<br />
es gar nicht gut«, meldet sich eine Frau zu<br />
Wort. Ihre Stimme ist erregt, denn sie tut,<br />
was die Bergführer raten, in größeren Gruppen<br />
allerdings nur wenige befolgen: Sie gibt<br />
zu, dass sie sich nicht wohl fühlt. »Mir ist<br />
schwindlig, schon länger. Ich kann nicht<br />
auf den Gipfel gehen.« »Du musst mehr<br />
trinken«, entgegnet Jackson ruhig, »du<br />
kannst weitergehen.« Schwindel sei nicht<br />
schlimm, Gleichgewichtsstörungen schon.<br />
Er hat die 48-Jährige wie alle anderen seit<br />
sechs Tagen beobachtet und auch in den<br />
vergangenen Stunden. »Ich habe Familie,<br />
ich kann nichts riskieren«, widerspricht<br />
die Frau. Ihre Augen funkeln Jackson an.<br />
Der bleibt gelassen. »Ndessario wird deinen<br />
Rucksack tragen. Sei unbesorgt. Du gehst<br />
kein Risiko ein, wenn du weitergehst.« Die<br />
<strong>Bergsteiger</strong>in gibt ihren Rucksack ab, trinkt<br />
und geht weiter.<br />
Atmung, Gang, Gesprächsverhalten. Blick,<br />
Gesichtsausdruck, Appetit, all das sind Zeichen,<br />
die die Bergführer zu lesen wissen.<br />
Ihr Job ist jedoch nicht nur, die Höhentauglichkeit<br />
der Kunden besser einzuschätzen<br />
als diese, den Weg zu weisen, zu motivieren,<br />
sich um Probleme zu kümmern und<br />
das Trägerteam zu koordinieren. Sie müssen<br />
auch gar nicht so selten den Ehrgeiz der<br />
Touristen in Schranken weisen.<br />
Denn der Kilimandscharo ist nicht einfach<br />
irgendein hoher Berg. Er ist ein Sehnsuchtsberg<br />
der Europäer und Amerikaner. Höchster<br />
Berg Afrikas – und in unrühmlichen<br />
Kolonialzeiten als »Kaiser-Wilhelm-Spitze«<br />
kurzzeitig sogar höchster Berg Deutschlands.<br />
Der größte frei stehende Berg der<br />
Welt. Einer der Seven Summits. Wer ihn<br />
bezwingt, durchschreitet sämtliche Klimazonen<br />
der Erde. Und dann ist er auch noch<br />
technisch einfach. Also ein greif bares Ziel<br />
und somit Lebenstraum vieler Hobbyberg-<br />
Das Knirschen verstummt. Die<br />
Stiefel stehen still. Die Menschen,<br />
die sie an den Füßen tragen,<br />
verharren in der Dunkelheit<br />
und lauschen. Auf den Atem<br />
der anderen und auf den eigenen. In sich<br />
hinein. Wie geht es meinem Körper? Ist mir<br />
schlecht? Schwindlig? Bekomme ich Kopfweh?<br />
Muss ich mehr trinken? Seit fast fünf<br />
Stunden arbeiten sich die <strong>Bergsteiger</strong> aus<br />
Bayern Schritt für Schritt durch die Nacht,<br />
die südliche Kraterflanke des Kilimandscharo<br />
hoch. Ein bis zwei weitere Stunden<br />
liegen vor ihnen. »Gegen vier Uhr morgens<br />
wird es zäh«, hatte Jackson Obadia, der tansanische<br />
Bergführer, vor dem Abmarsch<br />
prophezeit. Und es stimmt: Selbst die, die<br />
hören, dass der Vordermann lauter atmet<br />
als sie selbst und im Lichtkegel ihrer Stirnlampe<br />
beobachten, dass dieser aus dem<br />
Tritt gerät, können den fantastischen Sternenhimmel<br />
nicht genießen. Es ist zäh.<br />
»Jamboo, jambo bwana«, hebt Jackson an<br />
zu singen. Ein paar Meter über und unter<br />
der rastenden Gruppe stimmen seine Kollegen<br />
mit ein, klatschen und singen den<br />
Kilimandscharo-Song in die Stille und die<br />
klare Nacht hinein. Auf 5500 Metern Höhe,<br />
gegen vier Uhr morgens, kommt das selbst<br />
für eine Alpenvereinstruppe überraschend,<br />
die die Tansanier tagsüber in Sangesfreude<br />
übertrumpft. Nur zwei von zwölf klatschen<br />
mit, allen anderen können die Bergführer<br />
<strong>zum</strong>indest ein Lächeln ins Gesicht zaubern.<br />
»Geht es euch gut?«, ruft Jackson.<br />
Schwindel in der Höhe<br />
Seit zehn Jahren führt er als staatlich geprüfter<br />
Guide Touristen auf Afrikas höchsten<br />
Gipfel. Der 35-Jährige weiß, wie es den<br />
Leuten geht. Schon ab dem dritten Tag<br />
kann er absehen, wer es auf den Uhuru<br />
Peak (5895 m) schaffen wird und wer nicht.<br />
Seine Frage ist höflich, sie dient der Moti-<br />
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Bis zu 20 Kilogramm schleppt ein Träger auf Kopf oder Nacken.<br />
Wie in der Savanne: das New Shira Camp auf 3845 Metern<br />
»Ich habe als kleines<br />
Mädchen im Fernsehen<br />
Bilder vom Kilimandscharo<br />
gesehen.<br />
Ich wusste, da will<br />
ich mal rauf.«<br />
steiger. Jedes Jahr wollen 35 000 bis 40 000<br />
von ihnen auf seinen Gipfel, den Uhuru<br />
Peak. Etwa 75 Prozent schaffen es.<br />
Der Sehnsuchtsberg<br />
»Ich habe als kleines Mädchen, mit fünf<br />
Jahren, im Fernsehen Bilder vom Kilimandscharo<br />
gesehen«, erzählt eine der Teilnehmerinnen<br />
am vierten Tag beim Frühstück.<br />
»Ich wusste, da will ich mal rauf. Jetzt hat<br />
es halt 43 Jahre gedauert«, sagt sie und<br />
lächelt. Sie will auf den Gipfel, klar. Aber<br />
nicht um jeden Preis. Die Mutter von zwei<br />
Kindern ist mit elf weiteren DAV-Mitgliedern<br />
aus Peiting und Schongau unterwegs<br />
auf der Machame-Route, einem siebentägigen<br />
Zelt-Trekking. Seit Jahren geht die<br />
Truppe in wechselnder Besetzung gemeinsam<br />
in die Berge. Die Jüngsten sind unter<br />
30, die Ältesten über 70 Jahre alt. Ungefähr<br />
alle zwei Jahre nehmen sie sich ein großes<br />
Ziel vor, das Herwig Skalitza, zweiter Vorsitzender<br />
der Sektion Peiting, vorschlägt.<br />
Im Everest-Basecamp waren sie schon und<br />
mehrmals in der nepalesischen Himalaya-<br />
Region. Und sie bereiten sich auch gemeinsam<br />
auf die Pässe u