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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)

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Unternehmen&Märkte<br />

»<br />

»2014, 2015,<br />

2016 wird die<br />

Chemie in<br />

Deutschland und<br />

Europa nicht<br />

wachsen«<br />

auch weiter Verkäufe geben, aber nicht in<br />

der bisherigen Dimension.<br />

Sie haben sich jüngst von Geschäften<br />

wie der Textil- und Lederchemie getrennt;<br />

Käufer waren Finanzinvestoren. Breiten<br />

die sich in der Chemiebranche weiter aus?<br />

Es wird künftig in der Branche mehr Abschlüsse<br />

mit Finanzinvestoren geben. In<br />

den USA lässt sich das bereits beobachten.<br />

Wo bleiben die klassischen Konzerne?<br />

Es sind ja oft kleinere Kapazitäten, die auf<br />

den Markt kommen. Nehmen Sie unser<br />

Emulsionsgeschäft – also Mischungen von<br />

Flüssigkeiten –, das wir zusammen mit der<br />

Textil- und Papierchemie an die US-Beteiligungsgesellschaft<br />

SK Capital verkauft haben.<br />

Das waren zwölf verschiedene Standorte,<br />

alles eher kleinteilig. Für eine BASF<br />

oder Dow Chemical ist das uninteressant.<br />

Clariant hat 20<strong>11</strong> die Süd Chemie <strong>vom</strong><br />

Finanzinvestor One Equity Partners für<br />

etwa zwei Milliarden Euro erworben.<br />

Was hat der Kauf gebracht? Der große<br />

Wachstumssprung ist ausgeblieben.<br />

Es ging uns bei der Akquisition nicht um<br />

starkes Wachstum, sondern um Kosteneinsparungen<br />

und margenstarke Innovationen.<br />

Die Süd Chemie verfügte über einige<br />

erstklassige Produkte wie das Geschäft mit<br />

Katalysatoren. Und über ein bahnbrechendes<br />

Verfahren, um Bioethanol aus Stroh<br />

herzustellen. Die industrielle Biotechnologie<br />

werden wir ausbauen.<br />

Durch die Süd Chemie sind noch einmal<br />

etwa 1000 deutsche Mitarbeiter zu<br />

Clariant kommen. Wie vertragen sich<br />

Schweizer und Deutsche?<br />

Als Clariant Ende der Neunzigerjahre im<br />

Wesentlichen aus der Schweizer Sandoz<br />

und der deutschen Hoechst AG entstand,<br />

gab es richtige Machtkämpfe. Die damaligen<br />

Manager haben das noch geschürt.<br />

Und dann haben Sie für Ruhe gesorgt?<br />

Es sind nun ausgeglichenere Charaktere<br />

am Werk. Clariant beschäftigt inzwischen<br />

in Basel mehr Deutsche als Schweizer. Ich<br />

bin selbst ehemaliger Hoechster, aber ich<br />

habe ein ganz klares Verständnis: Das Unternehmen<br />

heißt Clariant, die Zentrale<br />

liegt in der Schweiz, in Muttenz bei Basel.<br />

Wo müssen die Mitarbeiter umdenken?<br />

Clariant hatte keine sehr kommunikationsorientierte<br />

Kultur. Viele Mitarbeiter sind<br />

lieber ein bisschen für sich, haben ihr Silo<br />

und machen die Türe zu. Wir brauchen<br />

Leute, die Probleme selbstständig angehen,<br />

aufstehen und ihre Meinung vertreten.<br />

Wir müssen anders denken und arbeiten.<br />

Das sage ich den Mitarbeitern seit vier,<br />

fünf Jahren, es ist ein langer Prozess.<br />

Weniger Erlöse, mehr Ertrag<br />

Umsatz-und Gewinnentwicklungbei<br />

Clariant(in Millionen Schweizer Franken)<br />

seit dem Amtsantritt vonKonzernchef<br />

HariolfKottmann<br />

10000<br />

7500<br />

5000<br />

2500<br />

0<br />

2008<br />

2009<br />

Kosmetik und Katalysatoren<br />

Umsatzanteilebei ClariantnachSparten<br />

Katalysatorenund<br />

Batteriematerialien<br />

Chemikalienfür<br />

dieÖl- und<br />

Bergbauindustrie<br />

Umsatz<br />

21<br />

Quelle:Geschäftsbericht,<br />

Quartalsberichtzum 30.9.<strong>2013</strong><br />

Gewinn<br />

2010 20<strong>11</strong><br />

10<br />

26<br />

%<br />

43<br />

2012<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

Kunststoffund<br />

Lackchemie<br />

Chemikalienfür Pflegeprodukte<br />

(z.B.Kosmetik)<br />

Im Clariant-Vorstand sitzen nur Deutsche.<br />

Das sorgt doch sicher für böses Blut?<br />

Ich bin <strong>vom</strong> Verwaltungsrat, der mehrheitlich<br />

aus Schweizern besteht, bestellt worden.<br />

Ich hatte dann freie Hand bei der Auswahl<br />

meines Führungsteams. Finanzvorstand<br />

Patrick Jany ist zwar dem Pass nach<br />

Deutscher, hat aber französische Wurzeln.<br />

Die anderen beiden Vorstandskollegen<br />

kenne ich noch von der Hoechst AG.<br />

Im Vorstand und im Verwaltungsrat findet<br />

sich keine Frau. Wann ändert sich das?<br />

Wenn es eine geeignete Kollegin gibt, können<br />

wir darüber reden. Unserem Verwaltungsrat<br />

würde es sicher gut tun, ein oder<br />

zwei Frauen im Gremium zu haben.<br />

Dem Vorstand nicht?<br />

Ich würde mich freuen, wenn sich mehr<br />

Frauen für die Chemiebranche entscheiden<br />

würden. Wir haben nicht genügend<br />

junge Kandidatinnen, die wir entwickeln<br />

können. Ich habe mal unsere Leiterin Personalentwicklung<br />

gebeten, eine Liste mit<br />

den 30 Top-Frauen bei Clariant anzulegen.<br />

Es sind nur 20 zusammengekommen.<br />

Das ist wenig bei rund 22 000 Mitarbeitern.<br />

Arbeiten Sie daran, den Talentpool<br />

für Frauen zu vergrößern?<br />

Nein, da gibt es keine Initiativen. Ich bin<br />

auch gegen eine Frauenquote in Unternehmen.<br />

Eine solche Quote würde selbstbewussten<br />

Frauen, die beruflich ihren Weg<br />

gehen, eher schaden.<br />

2012 haben Sie 7,4 Millionen Schweizer<br />

Franken verdient. Das ist mehr als die<br />

Chefs von BASF und Bayer jeweils erhalten.<br />

Sind Sie so viel Geld wert?<br />

Diese Frage müsste unser Verwaltungsrat<br />

beantworten. Der Betrag liegt sicher am<br />

oberen Ende der Spannbreite, die ich mir<br />

selbst zusprechen würde. Darin enthalten<br />

ist allerdings eine Einmalzahlung von 1,5<br />

Millionen Franken für Leistungen im Zusammenhang<br />

mit der Integration der Süd<br />

Chemie. Und große Teile meiner Vergütung<br />

habe ich noch gar nicht bekommen –<br />

die sind an die Erreichung eines Gewinnziels<br />

geknüpft. Wenn wir das nicht schaffen,<br />

ist das Geld weg. Mein Grundgehalt<br />

liegt bei einer Million Franken, umgerechnet<br />

etwa 800 000 Euro.<br />

Am 24. November stimmt die Schweiz darüber<br />

ab, ob Vorstände künftig nur noch<br />

das maximal Zwölffache des niedrigsten<br />

Arbeiterlohns im Unternehmen verdienen<br />

sollen. Wie stehen Sie dazu?<br />

Ablehnend. Ich habe den Eindruck, dass<br />

da eine Gruppe von Jungsozialisten die<br />

Schweiz rocken will.<br />

n<br />

juergen.salz@wiwo.de, stephanie heise<br />

FOTO: ANGELIKA ZINZOW FÜR WIRTSCHAFTSWOCHE<br />

70 Nr. 46 <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<strong>2013</strong> WirtschaftsWoche<br />

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