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VDV - Das Magazin

Ausgabe 1 - Februar 2014

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Was uns bewegt. Wen wir bewegen. Ausgabe Februar 2014<br />

Schutzgebühr: 3,20 Euro<br />

Wohin des Weges?<br />

Erste Antworten von Verkehrsminister<br />

Alexander Dobrindt Seite 6<br />

Infrastruktur: Initiative<br />

startet in den Regionen.<br />

Seite 8<br />

Klimaschutz: Bielefelder<br />

setzen auf Energiespartechnik.<br />

Seite 10<br />

Personal: Deutsche Bahn<br />

schlägt neue Wege ein.<br />

Seite 16


Inhalt<br />

16 Arbeitsmarkt: Deutsche Bahn geht<br />

bei der Personalsuche neue Wege.<br />

10 Klimaschutz: Bielefelder machen<br />

bei EU-Projekt mit.<br />

6 Antworten: Verkehrsminister<br />

Dobrindt zur Infrastruktur<br />

14 Spannend: Ein Krimiautomat<br />

liefert Lektüre für unterwegs.<br />

18 Fahrerlos: In Nürnberg steuert<br />

der Rechner die U-Bahn.<br />

28 Hoch hinaus: Seilbahnen stützen<br />

die regionale Wirtschaft.<br />

3 Editorial<br />

Die alten Themen sind auch<br />

die neuen.<br />

4 <strong>VDV</strong> im Bild<br />

Ein Nadelöhr wird noch enger.<br />

6 Titelstory<br />

Bundesverkehrsminister<br />

Alexander Dobrindt im Interview<br />

8 Aktuell<br />

Infrastruktur-Initiative: Auftakt zu<br />

Länderkonferenzen in Bremen<br />

10 Hintergrund<br />

Wenn Stadtbahnen bremsen, kommt<br />

der Klimaschutz in Schwung.<br />

14 Aktuell<br />

Der Krimi aus dem Automaten<br />

2 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Editorial<br />

Die<br />

alten Themen<br />

sind auch<br />

die neuen<br />

Mehr als 9,8 Milliarden Kunden haben im vergangenen<br />

Jahr die Busse und Bahnen des ÖPNV genutzt:<br />

Damit sind die Fahrgastzahlen auf hohem Niveau<br />

weiter gestiegen. Ein deutliches Plus von 3,3 Prozent<br />

gab es auch bei den Einnahmen aus den Ticketverkäufen,<br />

die sich auf über elf Milliarden Euro beliefen.<br />

Dennoch ist die Bilanz der Verkehrsunternehmen<br />

durchwachsen. Höhere Ausgaben belasten unser Gesamtergebnis<br />

und drücken unseren Kostendeckungsgrad.<br />

Wirtschaftlich stehen die Verkehrsunternehmen<br />

zunehmend unter Druck, vor allem im ländlichen<br />

Raum.<br />

<strong>Das</strong> wird noch zunehmen, wenn Bund und Länder die<br />

Finanzierungsthemen, die uns auf der Seele liegen,<br />

nicht lösen. Leider sind auch in dieser Legislaturperiode<br />

die alten Themen wieder die neuen. Zu unpräzise<br />

sind die Aussagen zur Anschlussregelung für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />

(GVFG). Diese<br />

Frage wurde auf die Verhandlungen zwischen Bund<br />

und Ländern ab 2015 verschoben. Zu den Entflechtungsmitteln<br />

gibt es gar keine Aussage mehr, und<br />

beim Thema Infrastruktur wurde die Investitionslatte<br />

deutlich untersprungen. Die neue Bundesregierung<br />

hat sich für konsumtive Ausgaben (Rente) und gegen<br />

investive Ausgaben entschieden – ein Grund mehr,<br />

die Infrastrukturinitiative weiter zu forcieren und<br />

nun in die Fläche zu tragen.<br />

In die falsche Richtung gehen auch die aktuellen<br />

Entwicklungen bei der EEG-Umlage – eine weitere<br />

Finanzierungsbaustelle und ein Thema, das eigentlich<br />

erledigt zu sein schien und nun wieder Unsicherheiten<br />

birgt. Eine Ausnahmeregelung für die Schienenbahnen<br />

wird wohl weiter bestehen. Wie diese konkret<br />

aussehen wird, ist jedoch unklar. Sollten unseren<br />

Unternehmen durch die Neuregelung höhere Kosten<br />

drohen, werden letztlich die Fahrgäste über steigende<br />

Ticketpreise, die Güterverkehrskunden über anziehende<br />

Transportpreise, die Steuerzahler sowie die<br />

Städte und Gemeinden die Zeche zahlen.<br />

Herzlichst Ihr<br />

Jürgen Fenske<br />

16 Hintergrund<br />

Jagd um Talente: DB holt auf.<br />

18 Hintergrund<br />

Nürnberg: Die U-Bahn mit Kuss<br />

21 Aus dem Verband<br />

Fast zehn Milliarden Fahrgäste<br />

nutzten 2013 den ÖPNV.<br />

22 Standpunkt<br />

UTP-Hauptgeschäftsführer<br />

C. Faucher zum EU-Eisenbahnpaket<br />

24 U20<br />

RWTH Aachen und <strong>VDV</strong> bieten<br />

gemeinsame Vorlesung an.<br />

26 Blick von außen<br />

Vermieter profitieren vom ÖPNV.<br />

28 Unterwegs im Netz<br />

Seilbahnen: Zugkräftig in Sommer<br />

und Winter<br />

30 Abgefahren<br />

Hier gehen Fahrgäste in die Knie.<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ finden Sie<br />

auch im Internet als E-Paper unter<br />

www.vdv.de/das-magazin<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 3


<strong>VDV</strong> im Bild<br />

Ein Nadelöhr wird noch enger<br />

Über die Hohenzollernbrücke queren<br />

täglich knapp 1.200 Züge den Rhein.<br />

Damit ist das Bindeglied zwischen dem<br />

Kölner Hauptbahnhof und dem rechtsrheinischen<br />

Teil der Republik eine der<br />

meistbefahrenen Eisenbahnbrücken<br />

Deutschlands. Ab dem 7. März erneuert<br />

die Bahn turnusgemäß einen Monat<br />

lang Gleise und Weichen und sperrt die<br />

Brücke dafür teilweise. <strong>Das</strong> nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg wieder errichtete<br />

Bauwerk ist noch gut in Schuss – anders<br />

als 1.400 dringend sanierungsbedürftige<br />

Eisenbahnbrücken im Land,<br />

die 100 Jahre und älter sind.<br />

4 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


<strong>VDV</strong> im Bild<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 5


Titelstory<br />

„Wir können einen kräftigen<br />

Modernisierungsschub<br />

einleiten“<br />

Zu den positiven Nachrichten für die Branche zählt, dass laut Koalitionsvertrag<br />

nicht verbrauchte Investitionsmittel im Verkehrsbereich überjährig<br />

und ungekürzt zur Verfügung stehen sollen. Dazu äußerte sich<br />

Verkehrsminister Alexander Dobrindt gegenüber „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“.<br />

Wohin des Weges? –<br />

Für die Vereinbarungen<br />

im Koalitionsvertrag<br />

schafft die Bundesregierung<br />

die haushaltsrechtlichen<br />

Voraussetzungen.<br />

» Herr Dobrindt, wie beurteilen Sie<br />

persönlich den Zustand von<br />

Deutschlands Verkehrsinfrastruktur?<br />

Unsere Verkehrsinfrastruktur gehört zu<br />

den am besten ausgebauten der Welt. Die<br />

Dichte unseres Verkehrsnetzes sucht<br />

ihresgleichen. Dieses Netz sichert die<br />

Mobilität der Menschen und Güter und<br />

ist damit das Rückgrat unserer Wirtschaft<br />

und unseres Wohlstands. Es ist<br />

unsere Verantwortung, dieses Verkehrsnetz<br />

in gutem Zustand zu erhalten und<br />

dafür zu sorgen, dass es moderner wird.<br />

Der Nachholbedarf ist groß, aber wir<br />

packen das an. <strong>Das</strong> bedeutet zum einen:<br />

Wir werden mehr Geld in Bau und Erhalt<br />

von Straßen, Schienen und Wasserwegen<br />

investieren. Und zum anderen: Wir werden<br />

den Verkehr effizienter leiten. Hier<br />

greifen die Politikfelder für Verkehr und<br />

digitale Infrastruktur bestens zusammen.<br />

» Was ist Ihr Argument, wenn Sie<br />

Haushaltspolitiker beziehungsweise<br />

den Finanzminister davon überzeugen<br />

wollen, beim Thema Infrastruktur über<br />

die Legislaturperiode hinaus zu planen?<br />

Befürworten Sie die Fondslösung zum<br />

Erreichen der „Überjährigkeit“ der Mittel<br />

oder favorisieren Sie ein anderes<br />

Finanzierungsinstrument?<br />

Ich freue mich, dass wir in dieser Legislatur<br />

einen kräftigen Modernisierungsschub<br />

einleiten können. Wir haben fünf<br />

Milliarden Euro zusätzlich und eine vergleichsweise<br />

hohe Investitionslinie im<br />

allgemeinen Haushalt. Daneben brauchen<br />

wir ein zweites Standbein: Mittel,<br />

die unabhängig von Steuern direkt vom<br />

Nutzer aufgebracht werden, zum Beispiel<br />

aus der Lkw- und der Pkw-Maut.<br />

Diese Gelder können direkt zurück in die<br />

Infrastruktur fließen. Sie müssen bedarfsgerecht<br />

für Investitionen zur<br />

Verfügung stehen. Dazu haben wir im<br />

Koalitionsvertrag vereinbart, dass nicht<br />

verbrauchte Investitionsmittel im<br />

Verkehrsbereich überjährig und ungekürzt<br />

zur Verfügung stehen sollen. Die<br />

entsprechenden haushaltsrechtlichen<br />

Voraussetzungen werden jetzt geschaffen.<br />

Mit mehr Flexibilität erreichen wir<br />

eine solide und moderne Finanzierung<br />

für unsere Infrastruktur.<br />

» Der neue Zuschnitt Ihres Ministeriums<br />

kam für viele überraschend,<br />

weil das Thema digitale Infrastruktur<br />

neu hinzugekommen ist. Wie beurteilen<br />

Sie in diesem Zusammenhang die bisherigen<br />

Bestrebungen des ÖPNV, das<br />

elektronische Ticketing in Deutschland<br />

voran zu bringen? Tut die Branche<br />

genug dafür?<br />

Wir sind das Ministerium für Mobilität<br />

und Modernität. Der ÖPNV ist dafür ein<br />

gutes Beispiel: Um das Reisen in öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln kundenfreundlicher<br />

und komfortabler zu machen,<br />

muss das Angebot mit den Ansprüchen<br />

der Kunden Schritt halten. Handy- und<br />

Internetempfang in Zügen und Bahnhöfen<br />

gehört dazu. Auch Verbesserungen<br />

bei den Ticketsystemen sind notwendig.<br />

<strong>Das</strong> E-Ticketing schafft ganz neue<br />

Möglichkeiten. Es ist für Reisende<br />

heute oft noch schwer durchschaubar,<br />

welche Tickets man kaufen muss und<br />

wo: Mal geht das im Fahrzeug, mal nur<br />

auf dem Bahnsteig, mal muss es entwertet<br />

werden, mal nicht. Jeder Anbieter<br />

hat sein eigenes System und seine<br />

eigenen Vertriebswege. Im Interesse<br />

der Kunden wäre es gut, wenn die<br />

Nahverkehrsunternehmen zu einer<br />

Verabredung kämen, dies zu vereinfachen<br />

und zu vereinheitlichen.<br />

6 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Titelstory<br />

„Mit mehr Flexibilität<br />

erreichen wir eine solide<br />

und moderne Finanzierung<br />

für unsere Infrastruktur.“<br />

Alexander Dobrindt<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 7


Aktuell<br />

Frischer Wind<br />

aus<br />

Richtung Norden<br />

Die Initiative „Damit Deutschland vorne bleibt“ will das Bewusstsein für das Thema Infrastruktur<br />

weiter schärfen. Dafür geht sie jetzt mit Länderkonferenzen in die Regionen.<br />

Mehr Geld für die Verkehrswege und der Konsens,<br />

dass etwas gegen den Sanierungsstau getan werden<br />

muss: <strong>Das</strong> Thema Infrastruktur ist in der Öffentlichkeit,<br />

in der Politik und nicht zuletzt im Koalitionsvertrag<br />

angekommen. Den politischen und medialen<br />

Rückenwind will die Initiative „Damit Deutschland<br />

vorne bleibt“ nutzen, um das Thema in die Regionen<br />

zu tragen. Der Auftakt zu einer bundesweiten Reihe<br />

von acht Veranstaltungen findet am 25. März in<br />

Bremen statt.<br />

Unter der Schirmherrschaft von Dr. Joachim Lohse,<br />

Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, wird ein gesellschaftlich<br />

breit aufgestelltes Bündnis über Infrastruktur<br />

und Projekte in Bremen und Bremerhaven<br />

diskutieren. „Der erste Schulterschluss hat gut funktioniert“,<br />

berichtet Wilfried Eisenberg, Vorstandssprecher<br />

der Bremer Straßenbahn AG, von der ersten<br />

Sitzung des regionalen Steuerungskreises. Dieses<br />

Gremium bereitet die Veranstaltung inhaltlich und<br />

organisatorisch vor. Im Mittelpunkt der bremischen<br />

Länderkonferenz werden die Themen Hinterlandanbindung<br />

der Häfen an das Schienennetz, Lärmreduzierung<br />

und Barrierefreiheit im ÖPNV stehen.<br />

Über eine Kooperation mit dem „Weser-Kurier“ und<br />

der „Nordsee-Zeitung“ wollen die Initiatoren der Veranstaltung<br />

die Bürger von Bremen und Bremerhaven<br />

für das Thema Infrastruktur sensibilisieren und<br />

Drei Fragen an Wilfried Eisenberg (Foto),<br />

Vorstandssprecher der Bremer Straßenbahn AG<br />

» Herr Eisenberg, wo liegen in Bremen und Bremerhaven<br />

die Herausforderungen bei der Verkehrsinfrastruktur?<br />

Als Hafenstandort müssen wir beispielsweise das in<br />

Zukunft stark wachsende Aufkommen im Güterverkehr<br />

bewältigen. Dringend notwendig ist unter anderem der<br />

Ausbau des Eisenbahnknotens. Aber wir dürfen auch die<br />

Lebensqualität der Bürger in Bremen und Bremerhaven<br />

nicht aus dem Auge verlieren. Diesen Spagat müssen<br />

wir schaffen.<br />

» Worauf kommt es aus Ihrer Sicht an, wenn das Thema in die Regionen<br />

getragen wird?<br />

Diese Initiative lebt von ihrer Geschlossenheit. <strong>Das</strong>s sich alle, die mit dem Thema Infrastruktur<br />

zu tun haben, gemeinsam an die Politik wenden, ist ein deutliches Signal.<br />

» Wie klappt es mit der Zusammenarbeit im Steuerungskreis?<br />

Infrastruktur ist kein „Insel-Thema“. Jeder hat verstanden, dass man alleine<br />

schlechtere Chancen hat. Deswegen denken alle Beteiligten nicht in Einzelprojekten,<br />

sondern komplex und übergreifend. Wenn wir hier die Verkehrsinfrastruktur<br />

verbessern können, haben auch unsere Nachbarn in Niedersachsen etwas davon<br />

und ganz Deutschland.<br />

8 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


We love Public Transport<br />

Bremen – hier der Industriehafen – und Bremerhaven rechnen<br />

mit einem stark wachsenden Aufkommen im Güterverkehr.<br />

auffordern, sich an der Länderkonferenz mit Ideen<br />

und Lösungsvorschlägen zu beteiligen.<br />

Für die bremische und die weiteren Länderkonferenzen<br />

haben sich die vorbereitenden Steuerungskreise<br />

breit aufgestellt. Dort arbeiten die jeweiligen Geschäftsführer<br />

der <strong>VDV</strong>-Landesgruppen, Vertreter der<br />

örtlichen Verkehrsunternehmen, die Konzernbevollmächtigten<br />

der Deutschen Bahn sowie Vertreter des<br />

Deutschen Städtetages, des Städte- und Gemeindebundes,<br />

der Industrie- und Handelskammern, der<br />

Landesverbände der Bauindustrie, der Verdi-Landesbezirke<br />

und der Infra Dialog GmbH zusammen.<br />

Ideen für die Infrastruktur<br />

Fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Infrastruktur decken<br />

zwar nicht den Bedarf, sind aber ein Anfang: Wo das Geld am<br />

dringendsten benötigt wird und wo die größten Schwachstellen<br />

im Verkehrssystem liegen, will „Damit Deutschland<br />

vorne bleibt“ aufzeigen. Im Rahmen von regionalen Ideenwerkstätten<br />

sollen Politiker, Bürger, Experten, Unternehmen<br />

und Verbände in einen Dialog über die Zukunft der Infrastruktur<br />

treten. Wichtige Kooperationspartner sind dabei die<br />

regionalen Tageszeitungen, die das Thema Infrastruktur<br />

redaktionell begleiten. Im Herbst sollen die besten Ideen auf<br />

dem zweiten Infrastrukturgipfel in Berlin Verkehrs- und<br />

Haushaltspolitikern vorgestellt werden.<br />

www.infra-dialog.de<br />

Planung und Betriebsführung<br />

Fahrzeug- und Personaleinsatz<br />

Betriebsleitsystem<br />

Daten- und Sprachkommunikation<br />

Ticketing, Fahrgeld- und Ertragsmanagement<br />

Reiseplanung und Fahrgastinformation<br />

Bordcomputer und Bedienterminals<br />

Business Intelligence<br />

Asset-Management<br />

Eco-Driving und Fahrertraining<br />

trapezegroup.com<br />

We love Public Transport


Hintergrund<br />

kommt der<br />

Bremst die<br />

Stadtbahn,<br />

Klimaschutz<br />

in Schwung<br />

1<br />

Gigawattstunde<br />

Strom pro Jahr spart moBiel<br />

durch die Rückgewinnung von<br />

Bremsenergie ein – das<br />

entspricht dem Verbrauch von<br />

300 Haushalten und<br />

520 Tonnen CO2.<br />

10 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Hintergrund<br />

Niedrige CO2-Emissionen als Standard für den Öffentlichen Personennahverkehr: Dieses Ziel<br />

haben sich fünf europäische Verkehrsunternehmen gesetzt, die am EU-Projekt „Ticket to<br />

Kyoto“ teilnehmen. Der kleinste Partner in dem Projekt ist moBiel aus Bielefeld. Die Ostwestfalen<br />

arbeiten unter anderem mit Energiespeichertechnik.<br />

Energiesparen kann auch Geräusche verursachen:<br />

Ein Gehörschutz ermöglicht einen erträglichen<br />

Aufenthalt in der Nähe der Anlage. Sie ist knapp<br />

drei Meter lang, 1,50 Meter tief und hat ein Gewicht<br />

von zehn Tonnen. Zwei Tonnen wiegt allein<br />

das Schwungrad, mit dem die Anlage Energie speichert.<br />

Wenn sich der surrende Ton des Antriebsmotors<br />

für das Schwungrad in ein lautes Brummen<br />

steigert, speist eine Stadtbahn ihre Bremsenergie<br />

in die Fahrleitung zurück, und der Speicher lädt<br />

sich mit 3.600 Umdrehungen pro Minute auf. Die<br />

maximale Speicherleistung beträgt 1 MW. Fährt<br />

eine Bahn an, gibt der Speicher den Strom wieder<br />

ab. Dies funktioniert, indem die kinetische Energie<br />

über einen Generator und anschließenden Gleichrichter<br />

dem Stadtbahnnetz wieder zur Verfügung<br />

gestellt wird. Die Anlage ist in einem unterwerksnahen<br />

Betriebsraum aufgestellt worden und befindet<br />

sich im Außenbereich der Bielefelder Stadtbahnlinie<br />

2.<br />

Bislang wurde diese Speichertechnologie im<br />

Öffentlichen Personenverkehr kaum genutzt. <strong>Das</strong><br />

könnte sich jedoch bald europaweit ändern: moBiel<br />

arbeitet mit den Verkehrsbetrieben von Paris,<br />

Rotterdam, Brüssel und Manchester im EU-Projekt<br />

6<br />

1<br />

7<br />

2<br />

8<br />

13<br />

3<br />

9<br />

14<br />

4<br />

10<br />

11<br />

5<br />

12<br />

„Ticket to Kyoto“: Im November 2013<br />

traf sich die Projektgruppe in Bielefeld<br />

Im Bild:<br />

Von RATP (Paris): 1) Tarek Ellabbadi, 2) Sandrine Bondeux,<br />

3) Sophie Klein, 8) Aurélie Randazzo, 13) Grégory Rohart<br />

Von STIB (Brüssel): 9) Patricia Remacle, 10) Marie-Hélène Noel<br />

Von moBiel: 4) Hartwig Meier, 5) Annekathrin Bode,<br />

6) Kai-Uwe Steinbrecher, 7) Hans-Jürgen Krain,<br />

11) Christina Augel, 12) Wilhelm Henning 14) Heinrich Töws<br />

Nicht im Bild die Projektteilnehmer<br />

von RET (Rotterdam) Theo Konijnendijk, Jan Smit, Ali Dinckan,<br />

Peter Kuijf, Ingrid Verheij sowie von TfGM (Manchester)<br />

Katherine Hudson und Matt Rostron<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 11


Hintergrund<br />

„Ticket to Kyoto“ (siehe Infokasten) zusammen.<br />

Neben dem Schwungradspeicher wurden zusätzlich<br />

drei Wechselrichter an unterschiedlichen<br />

Netzstandorten installiert. Über die Wechselrichter<br />

kann die Bremsenergie für Aufzüge, Rolltreppen<br />

und Haltestellenbeleuchtung genutzt werden. Die<br />

EU förderte diese Investitionen mit 500.000 Euro.<br />

moBiel zahlte noch einmal die gleiche Summe.<br />

„<strong>Das</strong> ist eine Investition, die sich schon nach fünf<br />

bis sechs Jahren amortisiert“, erläutert Kai-Uwe<br />

Steinbrecher, Technischer Leiter. Weitere Erfahrungen<br />

beim Energiesparen sammeln die Bielefelder<br />

derzeit mit einem druckluftbetriebenen<br />

Werkstatttor, das sich innerhalb von nur fünf Sekunden<br />

schließt. Zudem schalten die Ostwestfalen<br />

ihre Sensorsysteme für die Weichenheizungen<br />

auf dem Betriebshof sowie im Netz individuell<br />

und optimieren die Beleuchtung in den unterirdischen<br />

Haltestellen.<br />

Die moderne Technik der Bielefelder Fahrzeuge – hier eine von 16 „Vamos“-<br />

Stadtbahnen – ermöglicht die Rückspeisung von Strom beim Bremsen.<br />

Allein durch die Rückgewinnung von Bremsenergie<br />

spart moBiel auf diese Weise jedes Jahr<br />

etwa eine Gigawattstunde Strom ein. <strong>Das</strong> entspricht<br />

dem Verbrauch von etwa 300 Privathaushalten.<br />

Gemessen am Strommix in Deutschland<br />

wird das Klima damit um knapp 520 Tonnen CO2<br />

jährlich entlastet. „Diese Ergebnisse spornen uns<br />

an, mehr zu machen“, sagt Annekathrin Bode, die<br />

zusammen mit Hartwig Meier das EU-Projekt bei<br />

moBiel betreut: „Und wir können anderen Unternehmen<br />

wertvolle Tipps geben, wie sie beim Thema<br />

Energiesparen schnelle Erfolge erzielen können.“<br />

Denn es sind nicht die Zahlen, auf die es bei „Ticket<br />

to Kyoto“ ankommt: Im Mittelpunkt steht der<br />

Erfahrungs- und Kompetenzaustausch zwischen<br />

den beteiligten Unternehmen und Städten unterschiedlicher<br />

Größe. Die Wechselrichter-Technologie<br />

bei der Rückgewinnung von Bremsenergie<br />

wird beispielsweise auch in Brüssel und Rotterdam<br />

erprobt. <strong>Das</strong> EU-Projekt hat eine Spirale in Gang<br />

gesetzt, die eine stärkere Nachfrage, günstigere<br />

Preise und damit eine höhere Wirtschaftlichkeit<br />

nach sich zieht. Hartwig Meier: „Wenn viele Ver-<br />

Der Energiespeicher mit Schwungrad hilft, Bremsenergie zurückzugewinnen und zu nutzen.<br />

Auf diese Weise trägt die Anlage dazu bei, den Energieverbrauch spürbar zu senken.<br />

12 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Mit Fördermitteln zu<br />

schnellen Erfolgen<br />

®<br />

Der Name des EU-Projekts „Ticket to Kyoto“ bezieht sich auf das<br />

Abkommen der Weltklimakonferenz von 1997. Im Kyoto-Protokoll<br />

haben sich die Vertragsstaaten verpflichtet, ihren jährlichen<br />

Treibhausgas-Ausstoß bis 2012 um durchschnittlich 5,2 Prozent<br />

gegenüber 1990 zu reduzieren. Diese Ziele wollen die Verkehrsbetriebe<br />

von Paris (RATP), Manchester (TfGM), Rotterdam<br />

(RET), Brüssel (STIB) und Bielefeld (moBiel) mit neuen Techniken<br />

und Methoden in die Tat umsetzen. Noch bis Mai 2014 läuft das<br />

auf vier Jahre angelegte Projekt. <strong>Das</strong> Budget beträgt 12,7 Millionen<br />

Euro. Zur Hälfte wird es von der Europäischen Union im<br />

Rahmen des Förderprogramms „Interreg IVB Nordwesteuropa“<br />

bereitgestellt. Die andere Hälfte steuern die Verkehrsunternehmen<br />

bei.<br />

STUDIO 15<br />

Die professionelle<br />

Sprachausgabe für<br />

Verkehrsbetriebe<br />

Die Ergebnisse werden in einer Abschluss-Publikation zusammengefasst,<br />

die auf der Internetseite des EU-Projekts<br />

zum Download bereitgestellt wird. Zudem wird die Veröffentlichung<br />

als Buch bei den Projektpartnern erhältlich sein.<br />

www.tickettokyoto.eu<br />

kehrsunternehmen diese neuen Techniken nutzen,<br />

werden sie wirtschaftlich erst richtig interessant.“<br />

Neuestes Bielefelder Vorhaben im Rahmen von<br />

„Ticket to Kyoto“ ist der Bau einer „Greenstation“<br />

an der Endhaltestelle einer Stadtbahnlinie. Vor<br />

Ostern soll im Ortsteil Sieker eine Flüssiggasund<br />

Stromtankstelle für Elektroautos und -fahrräder<br />

in Betrieb gehen. Mit Beginn der Fahrradsaison<br />

werden E-Bikes auch verliehen. Den<br />

Strom liefern Photovoltaikmodule vom Dach<br />

eines Nachbargebäudes. An der Station sollen<br />

Kunden auf kurzen Wegen zwischen Angeboten<br />

wie Bus, Stadtbahn, Taxi, Carsharing, Fahrrad<br />

sowie Park and Ride wählen und wechseln können<br />

– und so dazu bewegt werden, vom Auto auf<br />

klimafreundliche Verkehrsmittel umzusteigen.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Weitere Infos unter<br />

www.mobiel.de/unternehmen/wir-ueber-uns/<br />

projekte/eu-projekt-ticket-to-kyoto/<br />

<br />

<br />

<br />

www.linguatec.de<br />

L<br />

tec


Aktuell<br />

Der<br />

Krimi für<br />

unterwegs<br />

2.000<br />

Ausleihen<br />

hat der Krimiautomat seit<br />

seiner Inbetriebnahme<br />

gezählt. Er kann bis zu 500<br />

Bücher gleichzeitig lagern –<br />

keines ist älter als ein Jahr.<br />

Es ist der „Krimi to go“, der Thriller zum Mitnehmen:<br />

In Köln können Büchernarren jetzt<br />

rund um die Uhr spannende Lektüre ausleihen<br />

und wieder zurückgeben. Möglich macht<br />

das ein Krimiautomat auf der Zwischenebene<br />

der U-Bahn-Station Neumarkt. Einzige<br />

Voraussetzung für den Gebrauch: eine<br />

gültige Mitgliedskarte der Stadtbibliothek.<br />

Der metallene Kasten gegenüber dem Kundencenter<br />

der Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) ist kaum<br />

zwei Meter breit, und doch kann er bis zu 500 Bücher<br />

lagern, aus denen sich die Nutzer ihre Lektüre<br />

per Touchscreen auswählen können. Mitarbeiter der<br />

Stadtbibliothek tauschen die Werke regelmäßig aus.<br />

Beim Kölner Krimiautomaten handelt es sich nämlich<br />

um ein Gemeinschaftsprojekt von Bibliothek,<br />

KVB, dem örtlichen Telefon- und Internetanbieter<br />

NetCologne und der Troisdorfer mk Sorting Systems,<br />

Bücherfunk<br />

In Bibliotheken geht vieles nicht mehr ohne RFID – die<br />

Identifikation per Funk. Dieser Technologie bedient<br />

sich auch der Hersteller des Libdispensers, die mk Sorting<br />

Systems GmbH. Denn erst durch ein RFID-Etikett<br />

auf den Büchern erkennt der Kölner Krimiautomat, wo<br />

er welches Werk lagert. mk Sorting Systems entwickelt<br />

unter anderem Selbstverbuchungs- und Rückgabesysteme<br />

für Büchereien – so kam auch die Zusammenarbeit<br />

in Köln zustande. <strong>Das</strong> Unternehmen hatte zuvor das<br />

Selbstverbuchungssystem in der Bibliothek installiert.<br />

„Wir entwickeln und fertigen alle Produkte am Standort<br />

Troisdorf“, sagt Horst Twelkemeier, Sales- und Marketing-Engineer:<br />

„Der Krimiautomat, unser Lipdispenser,<br />

ist dabei für alle Arten von Medien und auch als Verkaufsautomat<br />

geeignet.“<br />

Mit dem Buch direkt in die<br />

Bahn: Jeder Inhaber eines<br />

Bibliotheksausweises kann<br />

den Krimiautomaten nutzen.<br />

14 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Aktuell<br />

Hersteller des sogenannten Libdispensers. Seit Juni<br />

2013 ist „Deutschlands erster Krimiautomat“, so die<br />

Bibliothek, in Betrieb – bisher gab es etwa 2.000<br />

Ausleihen. „Natürlich kann der Krimiautomat mit<br />

unseren Gesamtzahlen nicht mithalten“, sagt Bibliothekssprecherin<br />

Judith Petzold: „Aber das ist auch<br />

gar nicht seine Aufgabe. Der Automat ist für uns ein<br />

Sympathieträger. Er zeigt, dass die Bibliothek dahin<br />

geht, wo die Menschen sind.“<br />

Die Bibliothek hatte der KVB ihre Idee im Herbst<br />

2012 vorgestellt – und die sagte sofort zu. „Für unsere<br />

Kunden ist das ein attraktives neues Angebot“,<br />

sagt Jürgen Fenske, KVB-Vorstandsvorsitzender<br />

und Präsident des <strong>VDV</strong>. „Deswegen haben wir damals<br />

nicht lange gezögert.“ Die KVB stellte den<br />

Standort zur Verfügung und sorgte für den Stromanschluss.<br />

Die Vernetzung mit der EDV der Bücherei<br />

übernahm NetCologne. Fenske: „Wir haben einen<br />

Platz gesucht, der stark frequentiert wird und in der<br />

Nähe der Zentralbibliothek liegt. Da kam eigentlich<br />

nur der Neumarkt infrage.“<br />

Beim Genre entschieden sich die Macher schließlich<br />

dafür, nur Krimis und Thriller anzubieten. Diese<br />

sind in Deutschland besonders beliebt. Die Nutzer<br />

können die Bücher nun gleich in U- und Stadt-Bahn<br />

sowie Bussen aufschlagen – Gänsehaut inklusive.<br />

Der Krimiautomat<br />

steht seit Juni 2013<br />

auf der Zwischenebene<br />

der U-Bahn-<br />

Station Neumarkt.<br />

Per Touchscreen scrollt Bibliotheksmitarbeiterin<br />

Babett Hartmann durch den Katalog des<br />

Krimiautomaten und wählt das gewünschte<br />

Buch aus.<br />

Dann scannt sie den Strichcode<br />

ihrer Büchereikarte und<br />

gibt die entsprechende Pin<br />

ein. So wird sichergestellt,<br />

dass kein Unbefugter die<br />

Ausleihe nutzt.<br />

Will der Nutzer keinen weiteren Krimi ausleihen,<br />

gibt der Automat das Buch aus – und<br />

Babett Hartmann kann es aus der Klappe<br />

nehmen. Zuvor musste sie ihren Ausweis<br />

ein zweites Mal einscannen.<br />

Nach wenigen Sekunden hält Babett<br />

Hartmann das Buch in der Hand. Und<br />

wer es wie sie nicht abwarten mag, kann<br />

gleich in der U-Bahn-Station mit dem<br />

Lesen beginnen.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 15


Hintergrund<br />

Aufholjagd um Talente<br />

geht in die nächste Runde<br />

Bis 2020 will die Deutsche Bahn unter die<br />

zehn Top-Arbeitgeber aufrücken. Um das<br />

ehrgeizige Ziel zu erreichen, geht das Unternehmen<br />

bei der Personalsuche neue Wege.<br />

Unternehmen, die für Mobilität stehen, rangieren in<br />

der Beliebtheit abschlussnaher Studenten weit<br />

vorne – soweit die gute Nachricht für die Verkehrsbranche.<br />

Allerdings ist es die Automobilindustrie,<br />

die schon seit Jahren auf die Spitzenplätze unter<br />

Deutschlands beliebtesten 100 Arbeitgebern abonniert<br />

zu sein scheint und die Top Ten beherrscht. In<br />

diesen Zirkel will die Deutsche Bahn bis 2020 vorstoßen.<br />

Aktuell belegt der Konzern im Ranking des<br />

Trendence Graduate Barometers im Bereich Business<br />

Platz 37, bei den Ingenieuren immerhin Platz 14.<br />

Um im Rennen um motivierte und qualifizierte<br />

Mitarbeiter aufzuholen, schärft die DB weiter ihr<br />

Profil als Arbeitgeber und weitet ihre Recruitingaktivitäten<br />

aus. Seit Anfang Februar geht die<br />

Arbeitgeberkampagne „Kein Job wie jeder andere“<br />

weiter. Bahnspezifische Berufe wie Fahrdienstleiter,<br />

Triebfahrzeugführer oder Gleisbauer sollen vor<br />

allem Schülern näher gebracht werden. „Dabei<br />

verfolgen wir eine 360-Grad-Strategie“, erläutert<br />

Kerstin Wagner, Leiterin der Personalgewinnung:<br />

„Wir sprechen die Zielgruppe auf allen relevanten<br />

Kanälen an.“ Dazu zählen Spots im Fernsehen und<br />

vor allem der Dialog über Social-Media-Plattformen<br />

wie Facebook, Twitter und Xing. Egal wo Jugendliche<br />

auf die Kampagne aufmerksam werden – wenn<br />

es für die Bahn gut läuft, landen sie im nächsten<br />

200.000<br />

Bewerbungen<br />

gingen 2013 bei der DB ein.<br />

<strong>Das</strong> entspricht einem Plus<br />

von 30 Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr.<br />

16 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Hintergrund<br />

Schritt auf dem unternehmenseigenen<br />

Karriereportal. „Und hier<br />

machen wir einen Interessenten<br />

hoffentlich zu einem Bewerber“,<br />

sagt Kerstin Wagner selbstbewusst.<br />

Nachdem sich die Kampagne im<br />

vergangenen Jahr um die Vielfalt der beruflichen<br />

Möglichkeiten bei der DB drehte, will die Bahn nun<br />

mit Argumenten wie Sicherheit, Übernahmegarantie<br />

für Auszubildende, Kollegialität und der Zugehörigkeit<br />

zur „großen Eisenbahnerfamilie“ punkten.<br />

Schon die erste Welle der Kampagne hat die Bewerberzahlen<br />

spürbar erhöht. 200.000 – darunter<br />

Auszubildende, Hochschulabsolventen und Berufserfahrene<br />

– wollten 2013 zur Bahn kommen. <strong>Das</strong><br />

entspricht einem Plus von 30 Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr.<br />

„Die eigenen Mitarbeiter<br />

sind besonders wichtige<br />

Botschafter. <strong>Das</strong> gilt es zu<br />

nutzen.“<br />

Kerstin Wagner<br />

Genauso wie die gesamte Branche<br />

steht Deutschlands größtes Verkehrsunternehmen<br />

vor enormen<br />

Herausforderungen. Dafür hat die<br />

DB unter anderem auch ihre Personalgewinnung<br />

fest in ihrer Strategie<br />

„DB 2020“ verankert und organisatorisch in der<br />

Zentrale gebündelt. Unter der Leitung von Kerstin<br />

Wagner arbeitet ein 140-köpfiges Team, das strategisch<br />

und operativ die Bereiche Employer Branding<br />

und Recruiting verantwortet, an bis zu 7.000 jährlich<br />

geplanten Neueinstellungen. Diese sind erforderlich,<br />

um allein den demografischen Wandel in<br />

der Belegschaft auszugleichen. Zudem will die DB im<br />

laufenden Jahr zusätzlich bis zu 1.700 Mitarbeiter<br />

anwerben – darunter auch Fahrdienstleiter und<br />

Weichenwärter.<br />

Drei Fragen an Kerstin Wagner<br />

(Foto), Leiterin Personalgewinnung<br />

bei der Deutschen Bahn<br />

» Frau Wagner, worauf kommt es<br />

bei der Personalgewinnung an?<br />

Die Konzepte und Vorgehensweisen<br />

haben sich massiv verändert.<br />

Lediglich eine Anzeige zu<br />

schalten und abzuwarten, funktioniert<br />

nicht mehr. Wir müssen<br />

aktiv in den Markt gehen und<br />

beim Employer Branding glaubwürdig<br />

sein. Außerdem spielen<br />

Social-Media-Plattformen eine wichtige Rolle. Auf diesem<br />

Weg treten wir mit Bewerbern in einen Dialog.<br />

Erstmals in ihrer Geschichte startete die Deutsche Bahn<br />

2012 eine umfassende Arbeitgeberkampagne. Ziel ist es,<br />

die Vielfalt und Entwicklungsmöglichkeiten der Eisenbahnberufe<br />

darzustellen.<br />

https://karriere.deutschebahn.com/de/de/jobs<br />

» Wie gehen Sie und Ihr Team darüber hinaus die Personalsuche<br />

an?<br />

Ich bin davon überzeugt, dass Employer Branding und Recruiting<br />

Hand in Hand gehen müssen. Ein Recruiter ist heute<br />

mehr Berater und Navigator, weniger ein Administrator.<br />

Alles, was wir tun, muss auf den Bewerber ausgerichtet sein<br />

und ihm gefallen – nicht uns. Dabei wollen wir dem Bewerber<br />

das Gefühl geben, gut begleitet zu werden.<br />

» Was raten Sie Verkehrsunternehmen, die personell und<br />

finanziell nicht so ausgestattet sind wie die Bahn?<br />

Wir sollten ständig – auch untereinander – darüber sprechen,<br />

was für eine faszinierende Branche der Verkehrsbereich<br />

ist. Die eigenen Mitarbeiter sind dabei besonders<br />

wichtige Botschafter. <strong>Das</strong> gilt es zu nutzen. Und das funktioniert<br />

auch mit einem vergleichsweise geringen finanziellen<br />

Aufwand.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 17


Hintergrund<br />

Tunnelblick: Mit der Einführung ihrer fahrerlosen U-Bahnen eröffnete die Nürnberger VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft ungewohnte Perspektiven.<br />

DieU-Bahn<br />

mit Kuss<br />

Unter Deutschlands U-Bahn-Systemen ist das in<br />

Nürnberg einzigartig: Zwei der drei Linien werden<br />

fahrerlos und vollautomatisch betrieben. Die innovative<br />

Technik ist inzwischen alltäglich und bewährt.<br />

Die resolute Dame, die sich am Service-<br />

Telefon der Nürnberger VAG Verkehrs-<br />

Aktiengesellschaft beschwerte, wurde<br />

höflich behandelt, doch ihre Kritik lief<br />

ins Leere: Sie habe dem Fahrer gewunken,<br />

dass sie noch in die U2 wolle, doch<br />

der habe ihr vor der Nase einfach die Tür<br />

zugemacht und sei losgefahren. Was der<br />

verärgerten Kundin offenbar entgangen<br />

war: Im Fahrerstand der U-Bahn saß gar<br />

kein Fahrer, der von ihr Notiz hätte nehmen<br />

können – auf dieser Nürnberger<br />

U-Bahn-Linie steuert der Rechner die<br />

Züge; der Fahrersitz bleibt leer.<br />

Aufmerksamen Nürnberg-Besuchern,<br />

die etwa am Hauptbahnhof oder am<br />

Flughafen auf die U2 oder andernorts in<br />

der Franken-Metropole auf die U3 warten,<br />

bietet sich deshalb immer wieder ein<br />

ungewöhnliches Bild: In der Bahn, die<br />

aus dem Tunnel an den Bahnsteig rollt,<br />

18 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


100<br />

Sekunden<br />

In diesem Abstand können<br />

die fahrerlosen, elektronisch<br />

gesteuerten Züge auf der<br />

gemeinsamen Strecke von<br />

U2 und U3 fahren.<br />

ist der Fahrerstand leer. Gleichwohl ist es<br />

kein Geisterzug, der da kommt, sondern<br />

ein ferngesteuerter Zug.<br />

den, wollte man einen attraktiven Takt<br />

anbieten.“<br />

Ein Rechnerprogramm, das mit den<br />

Fahrplandaten gefüttert ist, schickt vollautomatisch<br />

die fahrerlosen Züge auf der<br />

U2 und der U3 auf die Strecken: Dichte<br />

Taktfolge zu den Berufsverkehrsspitzen<br />

und dem mittäglichen Schülerverkehr,<br />

weniger Züge in den verkehrsschwachen<br />

Zeiten. Zusätzlich zur Zugfolge können<br />

die Kapazitäten auch in der Zuglänge angepasst<br />

werden: Per automatischer<br />

Kupplung werden die zweiteiligen<br />

Grund-Einheiten in den Abstellanlagen<br />

verdoppelt oder wieder getrennt – per<br />

Fernbedienung von der Leitstelle. May:<br />

„Wir müssen keine Fahrer nach Hause<br />

schicken, wenn die Fahrgastspitze vorbei<br />

ist, und niemanden zurückholen für die<br />

nächste Spitze.“ Auch nicht, wenn es ungeplant<br />

ein hohes Verkehrsaufkommen<br />

Seit 1972 betreibt Nürnberg eine<br />

U-Bahn, seit Ende der 90er-Jahre hat<br />

die VAG gemeinsam mit der Bahnindustrie<br />

das Projekt „Rubin“-Realisierung<br />

einer automatischen U-Bahn in Nürnberg<br />

– umgesetzt. Es waren betriebliche<br />

Erfordernisse und wirtschaftliche Erkenntnis,<br />

die das Unternehmen und<br />

seinen Eigentümer, die Stadt Nürnberg,<br />

innovativ werden ließen, beschreibt Andreas<br />

May, langjähriger Kopf des Projektes<br />

und heute Chef der Leitstelle: „Die<br />

neue U-Bahn-Linie U3 versprach hohes<br />

Fahrgastpotenzial, allerdings musste sie<br />

sich Streckenabschnitte mit der bereits<br />

vorhandenen Linie U2 teilen. Diese<br />

Herausforderung konnte nur mit einem<br />

automatischen Betrieb gemeistert wergibt.<br />

Weitere U-Bahn-Züge werden dann<br />

einfach per Mausklick von der Leitstelle<br />

auf die Reise geschickt.<br />

Seit der Jahrtausendwende bis 2010<br />

wurde das Projekt schrittweise bis zur<br />

endgültigen Umstellung der vormals<br />

konventionellen Linie U2 auf automatischen<br />

Betrieb verwirklicht. Die offizielle<br />

Eröffnung der automatischen Linie U3<br />

feierten die Nürnberger bereits im Juni<br />

2008. <strong>Das</strong> 610-Millionen-Euro-Vorhaben<br />

wurde zu über 80 Prozent vom<br />

Bund und dem Freistaat Bayern mitfinanziert.<br />

Seit 2010 läuft der fahrplanmäßige<br />

Betrieb auf rund 20 Streckenkilometern<br />

und in 21 Bahnhöfen vollautomatisch.<br />

In den nächsten Jahren<br />

wird das Netz durch Verlängerungen der<br />

U3 noch etwas größer. <strong>Das</strong> innovative<br />

System freut die Controller der VAG, weil<br />

es Personalkosten senkt. Es erfreut aber<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 19


Hintergrund<br />

auch die Kunden, weil sie dank einer<br />

dichten Zugfolge nie lange warten müssen.<br />

Die fahrerlosen Züge können aufgrund<br />

elektronischer Steuerung und der<br />

Leit- und Sicherungstechnik auf der gemeinsamen<br />

Strecke von U2 und U3 im<br />

100-Sekunden-Abstand fahren.<br />

Seit den Anfängen des Projektes hatte die<br />

VAG die Öffentlichkeit miteinbezogen.<br />

„<strong>Das</strong>s es auf den automatisch betriebenen<br />

Linien keinen Kontakt zwischen Fahrer<br />

und Fahrgast gibt, das war schon ein erheblicher<br />

Lern- und Vermittlungsprozess“,<br />

sagt May. Viele kleine Schritte mussten<br />

den Kunden klar gemacht werden. Etwa<br />

die Funktionsweise der „intelligenten<br />

Türen“: Die schließen zwar nach einer<br />

bestimmten Öffnungszeit, doch wer sich<br />

trotz Warnsignal noch schnell in den Zug<br />

mogeln will und eingeklemmt wird, kann<br />

sich befreien, denn die Tür öffnet sich<br />

wieder. Und was passiert, wenn jemand im<br />

Bahnhof unglücklich auf das Gleis stürzt<br />

oder seine Einkaufstüte fallen lässt? Ein<br />

Überwachungssystem mit Hochfrequenzstrahlen<br />

erkennt den Gegenstand. Es<br />

stoppt dann den nächsten Zug automatisch<br />

unmittelbar an der Bahnhofseinfahrt. Per<br />

Video-Überwachung kann sich die Leitstelle<br />

sofort ein Bild von der jeweiligen<br />

Situation machen. Hightech am Bahnsteig<br />

ist auch der „Taubenfilter“: Eine ausgeklügelte<br />

Elektronik reduziert Alarme durch<br />

Vögel im Gleis.<br />

Und schließlich „Kuss“: <strong>Das</strong> ist der<br />

menschliche „Kunden- und Systemservice“<br />

der VAG. Mitarbeiter, die in<br />

den Bahnhöfen ständig präsent und<br />

erster Ansprechpartner für die Kunden<br />

sind. Für Kuss setzt das Unternehmen auf<br />

absolute Profis: in Technik und Service<br />

eigens geschulte U-Bahn-Fahrer. Mit<br />

der entsprechenden Lizenz, denn fahren<br />

müssen sie immer noch: Auf Nürnbergs<br />

U1 bleibt es vorerst beim konventionellen<br />

Betrieb.<br />

„<strong>Das</strong>s es auf den automatisch<br />

betriebenen Linien<br />

keinen Kontakt zwischen<br />

Fahrer und Fahrgast gibt,<br />

das war schon ein erheblicher<br />

Lern- und Vermittlungsprozess.“<br />

Andreas May<br />

Flexible Bahn<br />

Für den automatischen Betrieb auf der U2<br />

und der U3 beschaffte die VAG die neue<br />

Fahrzeug-Generation DT 3 mit 32 zweiteiligen<br />

Einheiten, ohne Fahrerkabinen und<br />

mit Fahrgasträumen bis zur Frontscheibe.<br />

Um sie über die U1-Strecke in die Werkstatt<br />

zu fahren, verfügen sie über ein Notfallpult.<br />

Die jüngsten 14 Fahrzeuge DT3-F<br />

sind dagegen wieder mit Fahrerständen und<br />

zugleich mit der kompletten Sicherheitsund<br />

Überwachungstechnik für den automatischen<br />

Betrieb ausgestattet: So können<br />

sie flexibel entweder konventionell oder<br />

fahrerlos eingesetzt werden.<br />

Auf rund 20 Kilometern Strecke und in 21 Bahnhöfen<br />

läuft der fahrplanmäßige Betrieb vollautomatisch<br />

– überwacht von der Leitstelle.<br />

20 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Aus dem Verband<br />

9,8<br />

Milliarden<br />

Menschen haben 2013<br />

den ÖPNV genutzt.<br />

Höheren Einnahmen stehen<br />

jedoch auch höhere<br />

Ausgaben gegenüber.<br />

Fahrgastzahlen im ÖPNV<br />

steigen weiter<br />

Die deutschen Bus- und Bahnunternehmen<br />

nähern sich der Zehn-Milliarden-Grenze:<br />

9,8 Milliarden Fahrgäste<br />

haben dem <strong>VDV</strong> zufolge 2013 den<br />

ÖPNV genutzt – 0,8 Prozent mehr als<br />

im Vorjahr. Positiv hat sich unter anderem<br />

die Nachfrage im Busbereich<br />

entwickelt. Die Fahrgastzahlen sind<br />

mit 0,5 Prozent zwar nur halb so stark<br />

gestiegen wie bei Eisenbahn und Tram<br />

– dies sei aber eine Verbesserung gegenüber<br />

den Vorjahren, als die Nachfrage<br />

beim Busverkehr stagnierte oder<br />

sank. „Trotzdem bleibt es bei der<br />

schwierigen Situation des ÖPNV im<br />

ländlichen Raum“, sagt <strong>VDV</strong>-Präsident<br />

Jürgen Fenske. „Die Verkehrsunternehmen<br />

spüren dort den demografischen<br />

Wandel und rückläufige<br />

Schülerzahlen am deutlichsten.“ Auch<br />

insgesamt sei die wirtschaftliche Lage<br />

des ÖPNV schwieriger geworden –<br />

trotz gestiegener Einnahmen aus den<br />

Ticketverkäufen (+3,3 Prozent). Deutlich<br />

höhere Ausgaben, etwa für Busanmietungen<br />

(+ 4,5 Prozent) und Personal<br />

(+ 1,1), belasteten das Ergebnis.<br />

<strong>VDV</strong>: Neue Vorgabe zum Schienenlärm<br />

ist so nicht umsetzbar<br />

Der <strong>VDV</strong> kritisiert die Pläne der Bundesregierung<br />

in Sachen Schienenlärm. Laut Koalitionsvertrag<br />

soll bereits 2016 geprüft werden, ob mindestens<br />

die Hälfte der 180.000 in Deutschland fahrenden<br />

Güterwagen auf Flüsterbremsen umgerüstet<br />

worden ist. Ansonsten drohen unter anderem<br />

Nachtfahrverbote. Der <strong>VDV</strong> kritisiert den Zeitraum<br />

als zu knapp und die Androhung von<br />

Verboten als überzogen. „Die Vorgaben sind für<br />

die Branche so nicht umsetzbar“, urteilt <strong>VDV</strong>-<br />

Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Die Branche<br />

habe bereits signalisiert, die Flotte bis 2020<br />

komplett und, bei entsprechender finanzieller<br />

Unterstützung des Bundes, bis 2017 zur Hälfte<br />

umzurüsten. Schneller gehe es angesichts<br />

verfügbarer Bremssohlen und wirtschaftlicher<br />

Möglichkeiten nicht. Sanktionen wie Nachtfahrverbote<br />

hätten laut <strong>VDV</strong> schwerwiegende Folgen<br />

für den gesamten Eisenbahnverkehr, da viele<br />

Gütertransporte auf den Tag verlegt würden<br />

und so den Personenverkehr beeinträchtigten.<br />

Koalitionsvertrag: Nichts Halbes und<br />

nichts Ganzes für den Verkehr?<br />

Sind die Weichen im öffentlichen Verkehr richtig gestellt? Mit Verkehrspolitikern<br />

diskutierte der <strong>VDV</strong>-Verbandsbeirat den Koalitionsvertrag<br />

(Foto). „Man ist gesprungen, aber irgendwo stehen geblieben“, so <strong>VDV</strong>-<br />

Präsident Jürgen Fenske angesichts der offenen Finanzierungsfragen.<br />

Kurt Bodewig begrüßte die Überjährigkeit der Mittel, forderte aber, den<br />

Reformprozess beharrlich weiterzutreiben. Als Vertreterin der großen<br />

Koalition sah die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Kirsten Lühmann,<br />

„mehr erreicht als in den letzten Jahren“. Für Stephan Kühn von den<br />

Grünen blieb der Vertrag allerdings „ein Stück weit zukunftsvergessen“.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 21


Standpunkt<br />

„Die UTP bedauert die<br />

Vorgabe sehr detaillierter<br />

und einengender Pläne<br />

für den Stadtverkehr“<br />

<strong>Das</strong> Vierte Eisenbahnpaket der EU-Kommission sorgt für Diskussionen in<br />

weiten Teilen Europas. Die Vorgaben der Kommission zur Liberalisierung des<br />

Schienenpersonenverkehrs stoßen bei den Unternehmen in vielerlei Hinsicht<br />

auf Widerspruch. Viele Bedenken des <strong>VDV</strong> teilt auch seine französische<br />

Schwesterorganisation UTP, deren neuer Hauptgeschäftsführer (Délégué<br />

général) Claude Faucher seinen Standpunkt im Interview erläutert. Wie der<br />

<strong>VDV</strong> sieht aber auch Faucher positive Punkte in dem Paket.<br />

„Die UTP ist sehr besorgt<br />

über die Verpflichtung, bis<br />

2019 integrierte nationale<br />

Ticketsysteme für alle<br />

Eisenbahnunternehmen<br />

zu schaffen.“<br />

» Monsieur Faucher, am 17. Dezember hat<br />

der Verkehrsausschuss des Europaparlaments<br />

dem Vierten Eisenbahnpaket zugestimmt.<br />

Was bedeutet dieses Votum für<br />

die französischen Unternehmen?<br />

Die UTP verfolgte aufgrund ihres kleinen<br />

Teams vor allem die Modifikation der<br />

Verordnung 1370/2007 und den Vorschlag<br />

der Eisenbahnstruktur-Richtlinie.<br />

Dennoch haben wir wichtige Erwartungen<br />

an den technischen Teil, der im Prinzip<br />

auf einem guten Weg zu sein scheint.<br />

Erinnern wir uns, dass die UTP mehr als<br />

160 städtische ÖPNV-Unternehmen –<br />

private, öffentliche, einschließlich der<br />

Pariser RATP, und halböffentliche –<br />

sowie ein Dutzend Eisenbahnunternehmen<br />

repräsentiert, darunter die SNCF<br />

und neue Marktteilnehmer.<br />

Was die VO 1370 angeht, ist das Votum<br />

ziemlich negativ für unsere Mitglieder,<br />

die eine Position pro Wettbewerb bezogen<br />

haben. Die UTP bedauert die sehr umfangreichen<br />

Möglichkeiten der Direktvergabe<br />

der öffentlichen Eisenbahndienstleistungsverträge<br />

ohne Wettbewerb<br />

im Art. 5.6 und die hohen Schwellenwerte.<br />

Die Beibehaltung dieser Direktvergabe<br />

stellt den ganzen Sinn der Modifikation<br />

der Verordnung 1370/2007, wie sie<br />

von der EU-Kommission vorgeschlagen<br />

wurde, infrage.<br />

Die UTP bedauert auch die neue Übergangsperiode<br />

bis 2022 und die Möglichkeit,<br />

die Verträge für eine Periode von<br />

zehn Jahren abzuschließen, gerechnet<br />

ab Inkrafttreten der Verordnung.<br />

Bezüglich der Reziprozitätsklausel ist die<br />

Formulierung des am 17. Dezember angenommenen<br />

Änderungsantrags nicht<br />

eindeutig. Sie dürfte Interpretationsspielraum<br />

öffnen und damit auch für die Anwendungen<br />

nicht hilfreich sein, was der<br />

erwarteten Rechtssicherheit entgegensteht.<br />

<strong>Das</strong> Prinzip der Reziprozität muss<br />

auf gerechte und faire Weise definiert<br />

werden, ohne die Unternehmen nur eines<br />

Mitgliedstaates im Blick zu haben.<br />

Obwohl Frankreich schon seit vielen<br />

Jahren Verkehrspläne anwendet, bedauert<br />

die UTP die Vorgabe sehr detaillierter und<br />

einengender Pläne für den Stadtverkehr,<br />

die eher den Charakter von Verträgen als<br />

von Planungs- und Rationalisierungsinstrumenten<br />

annehmen. Wir verstehen<br />

auch nicht die Definition der zuständigen<br />

örtlichen Behörde.<br />

» Welche Punkte des Vorschlags hält die<br />

UTP für positiv?<br />

Ich will für die UTP drei positive Punkte des<br />

Vorschlags hervorheben, der am 17. Dezember<br />

letzten Jahres angenommen wurde.<br />

Punkt eins: Der Vorschlag enthält sehr<br />

begrüßenswerte Bestimmungen zum Rollmaterial,<br />

in der Erkenntnis, dass dieses ein<br />

entscheidendes Kriterium für eine wirkliche<br />

Marktöffnung ist, insbesondere in<br />

Krisenzeiten. Es war auch der Grund, weshalb<br />

in den letzten Jahren viele Eisenbahnunternehmen<br />

nicht auf Ausschreibungen<br />

– auch in Deutschland – reagieren konnten;<br />

es wäre schlichtweg unmöglich<br />

gewesen, die Investitionen zu tragen.<br />

Punkt zwei: Der Vorschlag enthält eine<br />

verlässlichere Definition der gemein-<br />

22 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Standpunkt<br />

„Die erste Priorität besteht<br />

darin, das französische<br />

Netz wieder in einen Zustand<br />

zu versetzen, dass<br />

es keine Verkehrsbehinderungen<br />

auf den<br />

Hauptachsen mehr gibt.“<br />

Claude Faucher ist neuer Hauptgeschäftsführer der Union des Transports Publics et ferroviaires (UTP).<br />

wirtschaftlichen Verpflichtungen.<br />

Diese Definition präzisiert, dass diese<br />

Verpflichtungen nicht nur defizitäre,<br />

sondern auch profitable Strecken umfassen<br />

können.<br />

Dritter positiver Punkt: Der Vorschlag<br />

enthält begrüßenswerte Präzisierungen,<br />

um die Unterfinanzierung der gemeinwirtschaftlichen<br />

Verpflichtungen zu<br />

verbieten.<br />

UTP vertritt 160 französische Verkehrsunternehmen<br />

Die UTP (Union des Transports Publics et<br />

ferroviaires) mit Sitz in Paris repräsentiert<br />

als Verband die französischen Unternehmen<br />

des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs<br />

und die Infrastrukturbetreiber. Sie<br />

hat mehr als 160 Mitglieder, deren Interessen<br />

sie gegenüber den französischen und europäischen<br />

Institutionen vertritt. Dazu gehört<br />

Was die Eisenbahnstruktur-Richtlinie<br />

angeht, ist die UTP sehr besorgt über die<br />

Verpflichtung, bis 2019 integrierte nationale<br />

Ticketsysteme für alle Eisenbahnunternehmen<br />

zu schaffen. Darüber hinaus<br />

frage ich mich, welchen Wert die Garantien<br />

haben, für welche die „chinesischen<br />

Mauern“ sorgen sollten, wenn die Ausarbeitung<br />

der genauen Modalitäten den<br />

Mitgliedstaaten überlassen wird.<br />

» Welche Elemente des Vierten Eisenbahnpakets<br />

wollen Sie nachgebessert<br />

sehen? Wie sehen Sie die Erfolgschancen?<br />

Die Elemente, die verbessert werden<br />

sollen, habe ich gerade benannt. Nachdem<br />

die Änderungen jedoch schon von einer<br />

großen Mehrheit angenommen wurden,<br />

werden nur marginale Modifikationen<br />

des Vorschlags zur Änderung der Verordnung<br />

1370/2007 möglich sein. Die UTP<br />

wünscht sich, dass das Dossier vom Ministerrat<br />

übernommen wird. Aber es<br />

scheint, als ob die griechische Präsidentschaft<br />

nicht über den technischen Teil<br />

hinausgehen will. Die UTP ist deshalb<br />

gespannt, was die italienische Präsidentschaft<br />

mit diesem Paket macht.<br />

in einzelnen Fällen auch das Management<br />

von Tarifverträgen. Darüber hinaus hat<br />

sie sich die Förderung des öffentlichen<br />

Verkehrs zum Ziel gesetzt, das sie mit der<br />

Herausgabe von Zeitschriften wie „Transport<br />

public“ und anderen Publikationen sowie<br />

der Organisation von Messen und Kongressen<br />

verfolgt.<br />

» Der letzte <strong>VDV</strong>-Eisenbahnkongress hat<br />

sich mit dem Schienengüterverkehr zwischen<br />

Frankreich und Deutschland beschäftigt.<br />

Was könnten die Ansatzpunkte<br />

sein, um den Bahntransport zwischen<br />

den beiden wichtigen Handelspartnern<br />

zu verbessern?<br />

Während des <strong>VDV</strong>-Kongresses hat die<br />

UTP in der Person von Pascal Sainson<br />

tatsächlich eine Bestandsaufnahme des<br />

Bahnverkehrs in Frankreich erstellt. Bei<br />

dieser Gelegenheit haben wir besonders<br />

die drei Prioritäten betont, die dazu dienen<br />

sollen, den Verkehr zu fördern und<br />

flüssiger zu gestalten, wie wir es in unserer<br />

Stellungnahme zum Schéma National<br />

des Infrastructures de Transport (SNIT)<br />

schreiben, die unser Verwaltungsrat im<br />

April 2013 verabschiedet hat.<br />

Die erste Priorität besteht darin, das<br />

französische Netz wieder in einen<br />

Zustand zu versetzen, dass es keine<br />

Verkehrsbehinderungen auf den Hauptachsen<br />

mehr gibt. Zweite Priorität ist,<br />

die Einschränkungen zu minimieren,<br />

die aus dem hohen Baustellenaufkommen<br />

im Netz resultieren. Die dritte und letzte<br />

Priorität besteht darin, in einigen Fällen<br />

die Betriebsregeln an einigen Produktionsstätten<br />

zu revidieren. Diese drei Prioritäten<br />

wurden in den Arbeitsgruppen<br />

auf der Güterverkehrskonferenz besprochen<br />

und stellen einen Teil der Themen<br />

dar, die wir Anfang 2013 im Rahmen des<br />

großen Netzmodernisierungsprojektes<br />

an Réseau ferré de France (RFF) herangetragen<br />

haben.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 23


U20<br />

Komplex – aber spannend<br />

Eine komplexe IT, aufwendig vernetzte Systeme: Der ÖPNV bietet ein spannendes Arbeitsumfeld<br />

für Informatiker und Ingenieure. Damit das auch der Nachwuchs erfährt, haben<br />

RWTH Aachen und <strong>VDV</strong> zusammen mit Partnern eine Vorlesung aus der Taufe gehoben:<br />

Informationsmanagement für öffentliche Mobilitätsangebote. Sie soll Master-Studenten<br />

für den öffentlichen Verkehr als Arbeitgeber begeistern.<br />

Die grauen Beton-Fassaden erinnern an die späten<br />

70er-Jahre – doch hinter den Mauern des Lehrstuhls<br />

für Informatik 5 an der RWTH Aachen<br />

arbeiten Forscher an der Mobilität von morgen.<br />

Elektroautos, Intermodalität oder die Entwicklung<br />

eines IT-gestützten Bikesharing-Systems für<br />

Aachen: Die Arbeitsgruppe Informationslogistik<br />

um Dr. Karl-Heinz Krempels befasst sich mit vielen<br />

Bereichen. Jetzt also auch mit der Ausbildung junger<br />

Fachkräfte, gemeinsam mit dem <strong>VDV</strong> und dem<br />

IT-Unternehmen IVU Traffic Technologies.<br />

30 Studenten haben im Sommer 2013 an dem<br />

einwöchigen Block-Seminar teilgenommen. Im<br />

Sommer 2014 soll die Vorlesung auf zwei Wochen<br />

ausgeweitet und für Studenten anderer Hochschulen<br />

geöffnet werden.<br />

„Auf diesem Weg versuchen wir, Studierende für<br />

eine Abschlussarbeit zum ÖPNV zu motivieren und<br />

sie vielleicht auch später für diesen Bereich zu be-<br />

24 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


U20<br />

geistern“, erklärt Karl-Heinz Krempels das Ziel.<br />

„Wenn man erst einmal mit den Details des öffentlichen<br />

Verkehrs konfrontiert wird, entdeckt man<br />

Vieles, das fasziniert.“ Bei Fabian Ohler hat das<br />

gefruchtet. Der Informatikstudent (25) nahm 2013<br />

an der Vorlesung teil. Schon vorher arbeitete er als<br />

studentischer Mitarbeiter in Krempels Forschungsgruppe.<br />

„Ich war überrascht, wie viel Technologie<br />

in einem Bus steckt“, blickt er zurück.<br />

Dabei war das nur ein Aspekt von vielen. Der Vorlesungsplan<br />

war umfangreich und umfasste Themen<br />

wie Kommunikationssysteme, Datenbanken<br />

und Fahrgastinformation. Klar wurde: Die IT im<br />

ÖPNV ist komplex. Zum Beispiel, wenn es um das<br />

Vernetzen der Echtzeit-Infos zum Fahrplan geht.<br />

Die erhält der Kunde per Website, App oder elektronischer<br />

Anzeigetafel an der Haltestelle. Karl-Heinz<br />

Krempels: „<strong>Das</strong> Übermitteln aktueller An- und Abfahrtzeiten<br />

über alle Kanäle stellt hohe Ansprüche<br />

an die Programmierer – macht die Arbeit aber<br />

spannend.“<br />

<strong>Das</strong>s dieses Wissen Studenten dafür begeistert,<br />

beruflich im ÖPNV Fuß zu fassen, darauf hoffen<br />

auch die Partnerunternehmen. Im zunehmend<br />

härteren Rennen um die besten Köpfe wollen sie<br />

schließlich gegenüber anderen Branchen die Nase<br />

vorn haben. „Es ist wichtiger denn je, Faszination<br />

und Begeisterung für die vielfältigen Entwicklungs-<br />

und Karrierechancen im ÖPNV zu wecken“,<br />

sagt dazu etwa Martin in der Beek. Er ist Geschäftsführer<br />

der Mannheimer Rhein-Neckar-Verkehr<br />

GmbH, die einen Dozenten gestellt hatte. In der Beek<br />

urteilt: „Fachvorträge und -seminare sind eine<br />

optimale Chance für uns, um Appetit auf das vielfältige<br />

Arbeitsplatzspektrum zu machen.“<br />

www.dbis.rwth-aachen.de<br />

30<br />

Studenten<br />

haben im Sommer 2013<br />

an der ersten Auflage der<br />

Vorlesung teilgenommen.<br />

2014 sollen es noch<br />

mehr werden – dann sind<br />

auch Studenten anderer<br />

Hochschulen dabei.<br />

Informatiker und Mobilitätsexperten (v. l.): Dr. Karl-Heinz Krempels, Mitarbeiter und Dozent Christoph Terwelp sowie<br />

Student Fabian Ohler programmieren ein IT-gestütztes Bikesharing-System.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 25


Blick von außen<br />

25<br />

Prozent<br />

des erzielbaren<br />

Mietpreises macht eine<br />

gute ÖPNV-Verbindung<br />

aus, so eine aktuelle<br />

Doktorarbeit.<br />

Immobilienbesitzer<br />

profitieren vom<br />

„Schienenbonus“<br />

Nicht nur Fahrgäste haben von guten ÖPNV-<br />

Anbindungen einen Vorteil, sondern auch<br />

Unternehmen und Immobilienbesitzer: <strong>Das</strong> will<br />

die Wissenschaft genauer wissen. Lässt sich<br />

der Mehrwert von U-, S- und Stadt-Bahnen in<br />

Euro und Cent messen? Bei der Beantwortung<br />

dieser Frage ist die Bergische Universität<br />

Wuppertal einen Schritt weitergekommen.<br />

Eigentümer von Büroimmobilien profitieren offenbar<br />

recht deutlich von der Nähe zum schienengebundenen<br />

Nahverkehr – durch die Höhe der<br />

erzielbaren Mieten. Zu diesem Ergebnis kommt<br />

Kersten Stieringer in seiner Doktorarbeit, die er<br />

im Februar 2014 an der Bergischen Universität<br />

Wuppertal vorlegte. Dazu wertete er mehr als<br />

4.000 Einzelmietverträge in sieben Top-Immobilienstandorten<br />

sowie im Detail die Märkte<br />

Frankfurt und München aus. Wie sich die Nähe<br />

zum schienengebundenen Nahverkehr im Mietpreis<br />

widerspiegeln kann, erläutert Kersten Stieringer<br />

am Beispiel eines Neubaus in München: „Hier<br />

macht die gute ÖPNV-Verbindung knapp ein<br />

Viertel des erzielbaren Quadratmeterpreises aus.“<br />

An der Bergischen Universität Wuppertal widmet<br />

sich das „Lehr- und Forschungsgebiet für Öffentliche<br />

Verkehrs- und Transportsysteme – Nahverkehr<br />

in Europa“ schon seit mehr als zehn Jahren<br />

dem Zusammenhang von Immobilienpreisen und<br />

ÖPNV. Die aktuellen Ergebnisse tragen dazu bei, ein<br />

Gesamtbild weiter zu vervollständigen, das sich aus<br />

einer Reihe von Einzelstudien und -beispielen zusammensetzt.<br />

Bei privatem Wohneigentum ist es<br />

26 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Blick von außen<br />

noch vergleichsweise leicht möglich, die positiven<br />

Auswirkungen von Stadtbahnanschlüssen auf den<br />

Wert von Immobilien und Grundstücken zu ermitteln:<br />

Bei den Wohnbauflächen konnte ein Mehrwert<br />

von 20 Prozent festgestellt werden. Weitaus<br />

schwieriger gestaltet sich das bei Gewerbeimmobilien.<br />

Hintergrund ist, dass es kaum auswertbare<br />

Daten gibt. Ein Problem, dem Prof. Dr. Carmen<br />

Hass-Klau, langjährige Leiterin des Wuppertaler<br />

Fachbereichs, und Dr. Volker Albrecht bereits vor<br />

vier Jahren gegenüberstanden. Damals untersuchten<br />

sie die Auswirkung von Stadtbahninvestitionen<br />

auf Grundstückswerte in Gewerbegebieten. Zwar<br />

gebe es nicht sehr oft Gewerbegebiete mit guten<br />

schienengebundenen Anschlüssen, so die Wissenschaftler.<br />

Doch dort, wo sie den Markt beobachten<br />

konnten, stellten sie ebenfalls deutliche Mehrwerte<br />

fest.<br />

Folglich sollten die Nutznießer von Investitionen in<br />

die Schiene stärker in die Pflicht genommen und an<br />

den Kosten für den Ausbau dieser Infrastruktur beteiligt<br />

werden – so damals eine Anregung der beiden<br />

Wissenschaftler. „Es gibt gute Gründe, diese Diskussion<br />

fortzusetzen“, sagt Volker Albrecht auch heute<br />

noch mit Blick auf die ausstehende Anschlussrege-<br />

lung für das 2019 auslaufende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />

(GVFG). „Da<br />

der Schienenpersonennahverkehr einen<br />

Mehrwert bringt, ist bei der Suche nach<br />

neuen Finanzierungsinstrumenten<br />

durchaus zu überlegen, ob die Nutznießer<br />

eine Abgabe entrichten sollen, die sich an<br />

diesem Mehrwert orientiert.“<br />

In diese Richtung geht ein Beispiel aus<br />

Frankreich: Hier erheben Kommunen und<br />

kommunale Verbände von Arbeitgebern<br />

das „Versement Transport“, eine zwar geringe Steuer,<br />

die aber das wichtigste Finanzierungsinstrument<br />

des städtischen ÖPNV in Frankreich ist. Carmen<br />

Hass-Klau: „Diese Mittel sind ein wesentlicher<br />

Grund dafür, dass es in Frankreich vergleichsweise<br />

kostspielige Stadtbahnprojekte gibt.“<br />

Die Dissertation von Kersten Stieringer wird ab<br />

Ende März auf dem Hochschulschriften-Server<br />

der Uni-Bibliothek Wuppertal abrufbar sein.<br />

http://elpub.bib.uni-wuppertal.de<br />

„Bei der Suche nach neuen<br />

Finanzierungsinstrumenten<br />

ist zu überlegen, ob die<br />

Nutznießer eine Abgabe<br />

entrichten sollen, die sich<br />

am Mehrwert durch den<br />

SPNV orientiert.“<br />

Dr. Volker Albrecht<br />

Intelligente Lösungen fü r<br />

nachhaltige Bahninfrastruktur<br />

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Unterwegs im Netz<br />

Seilbahnen: Zugkräftig<br />

in Sommer und Winter<br />

Die Urlaubsgebiete der deutschen Mittelgebirge haben stark in ihre touristische<br />

Infrastruktur investiert. Wenn es darum geht, ein paar Tage in Ski- oder Wanderschuhen<br />

zu verbringen, sind Seilbahnen und Schlepplifte ein Argument, das „zieht“.<br />

Wer bei Seilbahnen nur an Wintersport denkt, sieht nur eine<br />

Seite der Medaille: Zahlreiche Betriebe haben auch in der Sommersaison<br />

ein festes geschäftliches Standbein. <strong>Das</strong>s sich der<br />

Winter in dieser Saison bisher überwiegend von seiner milden<br />

Seite zeigt, sieht Birgit Priesnitz nicht als Anlass für Schreckensszenarien:<br />

„Der Großteil der Seilbahnen arbeitet traditionell<br />

ganzjährig– mit wachsender Nachfrage im Sommer“, sagt<br />

die Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Seilbahnen und<br />

Schlepplifte (VDS).<br />

In der warmen Jahreszeit sind die deutschen Seilbahnen zwischen<br />

140 und 180 Tage, im Winter zwischen 80 und 140 Tage<br />

in Betrieb – und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Tourismusgebiete.<br />

<strong>Das</strong> belegt eine Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Instituts für Fremdenverkehr an der<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München (siehe Infokasten).<br />

Zudem spielt die Seilbahn-Infrastruktur eine zentrale<br />

Rolle bei der Wahl eines Urlaubs- und Ausflugsziels. Damit die<br />

Urlauber umweltfreundlich in die Zielregionen kommen und<br />

dort auch ohne Auto mobil sind, macht sich der VDS für eine<br />

noch bessere, direkte Anbindung seiner Unternehmen an den<br />

ÖPNV stark – und ist nicht zuletzt deshalb außerordentliches<br />

Mitglied im <strong>VDV</strong>.<br />

28 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


2<br />

4<br />

1<br />

3<br />

Kurzentschlossene finden auch in der Nähe von Ballungsgebieten attraktive Skiregionen<br />

Die Spitzingsee-Alpenbahnen<br />

gehören zu einem der größten<br />

deutschen Skipass- und Bergbahnverbunde:<br />

Besucher der Wintersportgebiete<br />

Spitzingsee-<br />

Tegernsee, Brauneck-Wegscheid,<br />

Wallberg, Sudelfeld und Zahmer<br />

Kaiser können mit nur einem Skipass<br />

75 Bergbahnen und Liftanlagen<br />

nutzen. Die Bayerische<br />

Oberlandbahn verbindet München<br />

mit den Bahnhöfen Tegernsee und<br />

Fischhausen-Neuhaus. Von dort<br />

geht es mit den Bussen der Regionalverkehr<br />

Oberbayern GmbH<br />

(RVO) weiter zu den Talstationen.<br />

www.alpenbahnen-spitzingsee.de<br />

Wurmberg (Bild 1 u. 2): Norddeutschlands<br />

größtes Skigebiet<br />

liegt am Wurmberg im Oberharz. Acht<br />

Millionen Euro wurden dort zuletzt in<br />

die Tourismusinfrastruktur investiert<br />

– darunter in den Bau einer Ende<br />

2013 fertiggestellten Sesselbahn und<br />

neuer Pisten sowie in die Anschaffung<br />

einer leistungsstarken<br />

Beschneiungsanlage. Die soll die<br />

Schneesicherheit erhöhen. Vom<br />

Bahnhof Bad Harzburg, der beispielsweise<br />

von Hannover aus umsteigefrei<br />

in 80 Minuten erreichbar ist, fahren<br />

stündlich Busse bis zur Haltestelle<br />

Eisstadion in Braunlage. Von dort<br />

sind es rund 100 Meter Fußweg zur<br />

Talstation der Wurmbergseilbahn.<br />

www.wurmberg-seilbahn.de<br />

Bayerischer Wald (Bild 3): Den<br />

ältesten Nationalpark Deutschlands<br />

und den Arber erreichen Wintersportler<br />

und Wanderer bequem mit<br />

der Bahn. Am Knotenbahnhof Plattling<br />

halten beispielsweise ICE aus<br />

Richtung Dortmund, Düsseldorf,<br />

Köln, Frankfurt und Hamburg.<br />

Ab Plattling verkehrt die Waldbahn<br />

nach Zwiesel und Bayerisch Eisenstein<br />

sowie ab Zwiesel nach Bodenmais<br />

und Grafenau.<br />

www.arber.de<br />

In Willingen bringt die Ettelsberg-<br />

Seilbahn (Bild 4) ganzjährig<br />

Skifahrer und Wanderer auf<br />

838 Meter Höhe. In den Panorama-Kabinen<br />

ist auch Platz für<br />

Kinderwagen und Mountainbikes.<br />

Wintersportler können dort auf<br />

beschneite Skipisten gehen oder<br />

in ein Loipen- und Winterwanderwegenetz<br />

einsteigen. In knapp<br />

zweieinhalb Stunden gelangen<br />

Besucher mit Nahverkehrszügen<br />

beispielsweise aus Dortmund in<br />

den Urlaubsort im Hochsauerland.<br />

Vom Bahnhof sind es knapp<br />

15 Minuten Fußweg zur Talstation<br />

der Seilbahn.<br />

www.ettelsberg-seilbahn.de<br />

Von der einfachen Familienabfahrt<br />

bis zur anspruchsvollen<br />

Weltcup-Strecke: Im Wintersportzentrum<br />

Feldberg können<br />

Skifahrer Pisten aller Schwierigkeitsstufen<br />

wählen. Moderne<br />

Sessellifte haben die Kapazität,<br />

stündlich über 24.000 Personen<br />

an den Startpunkt zu bringen.<br />

Feldberg ist per Bahn zum Beispiel<br />

von Freiburg aus in ungefähr<br />

50 Minuten und im Stundentakt<br />

erreichbar. Von Feldberg-Bärental<br />

aus können sich Wintersportler<br />

dann per Bus auf den Weg ins<br />

Skigebiet machen.<br />

www.liftverbund-feldberg.de<br />

Motor für die regionale Wertschöpfung<br />

In Deutschland sind 169 Seilschwebebahnen, vier Zahnradbahnen, 20 Standseilbahnen<br />

und rund 1.600 Schlepplifte in Betrieb. Ein Drittel aller Seilbahnen arbeitet in<br />

den Mittelgebirgen, zwei Drittel befinden sich in den Alpen. Im ländlichen Raum<br />

sind die Anlagen ein wichtiger Treiber der Wirtschaft. 1.000 Euro Umsatz einer<br />

Seilbahn führen zu 4.500 Euro Umsatz bei Hotels, Gastronomie, Skischulen, dem<br />

Handel und weiteren Dienstleistern. Nicht zuletzt sind die Seilbahnen mit insgesamt<br />

1.200 Mitarbeitern in fester Anstellung sowie einer etwa gleichen Anzahl an saisonalen<br />

Kräften ein bedeutender Arbeitgeber: Ein Arbeitsplatz bei der Seilbahn schafft<br />

und sichert 4,2 Arbeitsplätze in der regionalen Wirtschaft.<br />

Mit diesem Slogan wirbt der VDS auf der Titelseite seiner<br />

Imagebroschüre.<br />

www.seilbahnen.de<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 29


Abgefahren<br />

Fahrgäste gehen<br />

für ein Gratisticket<br />

in die Knie<br />

30 Kniebeugen für eine Freifahrt: Mit<br />

dieser ungewöhnlichen Aktion hat das<br />

Russische Olympische Komitee die Passagiere<br />

der Moskauer U-Bahn in die Knie<br />

gezwungen. Die Aktion hatte bereits im<br />

Vorfeld der Olympischen Winterspiele<br />

für das Großereignis in Sotschi geworben<br />

– und die Moskowiter nebenbei zu mehr<br />

Sport animiert.<br />

Dafür ließen die Offiziellen extra einen<br />

speziellen Ticketautomaten entwickeln,<br />

der in der Metro-Station Wystawotschnaja<br />

aufgestellt wurde (Foto). Per<br />

Sensoren und Kamera überwachte er,<br />

dass der sportwillige Fahrgast 30 Kniebeugen<br />

korrekt und innerhalb von zwei<br />

Minuten ausführte. Nur dann spuckte<br />

das Gerät den Fahrschein aus. <strong>Das</strong> erste<br />

Freiticket erarbeitete sich übrigens Jelena<br />

Samolodtschikowa – die Turnerin hatte<br />

im Jahr 2000 bei den Sommerspielen in<br />

Sydney zwei Goldmedaillen gewonnen.<br />

Ob die Werbeaktion in Wystawotschnaja<br />

auch international ein Vorbild sein wird,<br />

bleibt abzuwarten. Ansatzpunkte gäbe es<br />

auf jeden Fall. In Deutschland etwa stehen<br />

im Sommer die viel besuchten Public<br />

Viewings zur Fußball-Weltmeisterschaft<br />

an. Torwandschießen für Freifahrten –<br />

das klingt doch nach einer sportlichen<br />

Herausforderung für angehende Weltmeister.<br />

Termine<br />

19. bis 21. März 2014<br />

10. Deutscher Nahverkehrstag<br />

in Koblenz<br />

700 Teilnehmer und Aussteller<br />

diskutieren auf der Fachmesse über den<br />

öffentlichen Nahverkehr der Zukunft.<br />

26. bis 28. Mai 2014<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung in Berlin<br />

„Öffentlicher Verkehr – Wirtschaftsfaktor<br />

und Lebensqualität“ ist das Motto der<br />

Tagung. Vertreter der Branche sowie<br />

aus Politik und Wirtschaft reden<br />

über aktuelle Themen rund um Bus<br />

und Bahn.<br />

Die nächste<br />

Ausgabe von<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />

erscheint Ende<br />

April 2014<br />

www.vdv.de/veranstaltungenpersonenverkehr.aspx<br />

www.vdv.de/jahrestagung<br />

Impressum<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Herausgeber:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (<strong>VDV</strong>)<br />

Kamekestraße 37-39, 50672 Köln<br />

Tel. 02 21/5 79 79-0<br />

E-Mail: info@vdv.de<br />

Internet: www.vdv.de<br />

Redaktion <strong>VDV</strong>:<br />

Lars Wagner (V.i.S.d.P.)<br />

Pressesprecher und Leiter Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>)<br />

Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />

Leipziger Platz 8, 10117 Berlin<br />

magazin@vdv.de<br />

Realisierung, Text und Redaktion:<br />

AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.),<br />

Elena Grawe, Christian Horn<br />

Mitarbeit:<br />

Eberhard Krummheuer, Thomas Rietig<br />

Gesamtleitung und Anzeigen:<br />

Christian Horn (AD HOC PR)<br />

Tel. 0 52 41/90 39-33<br />

horn@adhocpr.de<br />

Grafik-Design:<br />

Volker Kespohl (Volker.Kespohl ı Werbung Münster)<br />

Produktion und Druck:<br />

Druckhaus Rihn, Blomberg<br />

Anzeigenpreise:<br />

Laut Mediadaten 2014<br />

Bildnachweise:<br />

Titelmotiv: Fotolia (Montage)<br />

Bremer Straßenbahn AG: 8; Corbis: 14; Deutsche Bahn AG:<br />

2, 4, 5, 8, 16, 17; Michael Fahrig: 21; Fotolia: 6, 10, 11, 12, 15,<br />

21, 24, 30; Tanja Ghirardini: 2, 28; Elena Grawe: 2, 15, 25;<br />

Ettelsberg-Seilbahn: 29; Olaf Lewald: 12; moBiel: 2, 10,<br />

12 (Infografik); RIA Novosti: 30, Marc-Steffen Unger: 2,<br />

7; UTP: 23; VAG, Claus Felix: 18, 20; VDS: 29; <strong>VDV</strong>: 2, 3,<br />

9, 18, 19, 26; Wallbergbahn/Thomas Plettenberg: 29;<br />

Wurmbergseilbahn/www.bergbild.info: 28, 29<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal<br />

im Jahr). Alle im <strong>Magazin</strong> erscheinenden Beiträge und<br />

Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der<br />

Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die<br />

Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. <strong>Das</strong> gilt vor<br />

allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die<br />

elektronische Speicherung und Verarbeitung.<br />

Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter magazin@vdv.de<br />

30 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


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