numis SPECIAL Wie sicher ist unser Euro? (Vorschau)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
NEU<br />
<strong>SPECIAL</strong><br />
Das Wissensmagazin rund ums Geld<br />
4 198262 904504<br />
August/September 2012 € 4,50<br />
06<br />
Österreich € 5,10, Benelux € 5,10, Schweiz/Liechtenstein sfr 7,50, Dänemark dkr 42, Italien € 5,50<br />
<strong>Wie</strong> <strong>sicher</strong> <strong>ist</strong><br />
<strong>unser</strong> <strong>Euro</strong>?<br />
<strong>numis</strong><strong>SPECIAL</strong>.de<br />
EZB<br />
Geschichte und<br />
Aufgaben einer Weltbank<br />
Münze Österreich<br />
Nicht nur<br />
eine Münzstätte<br />
Sotheby’s<br />
Eines der ältesten<br />
Auktionshäuser der Welt
SOS-Kinderdorf<br />
in Peru<br />
SOS-Kinderdorf<br />
in Swasiland<br />
SOS-Kindergarten<br />
in Thailand<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Wir machen mehr,<br />
als viele glauben!<br />
SOS-Nothilfe<br />
in Haiti<br />
SOS-Ausbildungszentrum<br />
in Ghana<br />
SOS-Familienhilfe<br />
in Indien<br />
SOS-Hermann-Gmeiner-Schule<br />
in Kambodscha<br />
Mehr als 500 SOS-Kinderdörfer<br />
Mehr als 230 SOS-Kindergärten<br />
Mehr als 180 SOS-Hermann-Gmeiner-Schulen<br />
Mehr als 100 SOS-Ausbildungszentren<br />
Mehr als 600 SOS-Sozialzentren mit<br />
SOS-Familienhilfe<br />
72 SOS-medizinische Zentren<br />
13 SOS-Nothilfeprogramme<br />
In 133 Ländern unterstützen wir so mehr als<br />
2,2 Millionen Kinder und deren Angehörige<br />
SOS-medizinisches<br />
Zentrum in Uganda<br />
Danke für Ihre Unterstützung!<br />
SOS-Sozialzentrum<br />
in Weißrussland
EDITORIAL<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
mit der zweiten „<strong>numis</strong> <strong>SPECIAL</strong>“-Ausgabe führen wir <strong>unser</strong>e neue Serie<br />
des Wissensmagazins rund ums Geld fort.<br />
Mit speziellen Leitartikeln wie zum Beispiel der EZB-Geschichte,<br />
Aufgaben einer Weltbank und Sotheby’s – eines der ältesten Auktionshäuser<br />
der Welt, prägen wir auch in der Zukunft <strong>unser</strong> Wissensmagazin zu einer<br />
interessanten Lektüre für Sie.<br />
Seien Sie gespannt auf die nächsten Ausgaben.<br />
Themen wie Vatikan - die Geldmaschine, „Engel“ das neue Geld,<br />
Anlagemünzen und viele weitere interessante Themen begleiten <strong>unser</strong><br />
Wissensmagazin in Zukunft.<br />
Helfen Sie auch mit!<br />
Wir suchen immer interessante Themen und Meinungen rund ums Geld.<br />
Schreiben Sie einfach eine E-Mail an: redaktion@<strong>numis</strong>special.de<br />
Viel Spaß beim Lesen ...<br />
... wünscht Ihnen Ihr<br />
Ralf Enders, Chefredakteur<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 3
InHALT<br />
18<br />
TITELTHEMA<br />
<strong>Wie</strong> <strong>sicher</strong> <strong>ist</strong> <strong>unser</strong> EURO?<br />
Die <strong>Euro</strong>päische Zentralbank und ihre Geschichte<br />
Die „Gründungsväter“ <strong>Euro</strong>pas, die in den Fünfzigerjahren die Verträge von Rom<br />
aushandelten, dachten noch nicht über eine gemeinsame Währung nach.<br />
Die ursprünglichen Ziele der <strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) waren<br />
weitgehend auf die Schaffung einer Zollunion und eines Gemeinsamen Agrarmarktes<br />
beschränkt; eine Integration im währungspolitischen Bereich wurde hierfür<br />
nicht als notwendig erachtet.<br />
Lesen Sie weiter auf Seite 18<br />
4 | <strong>numis</strong> Special 06/12
InHALT<br />
30<br />
44<br />
52<br />
60 70<br />
THEMEn<br />
RUBRIKEn<br />
Die <strong>Euro</strong>päische Zentralbank<br />
und ihre Geschichte ........................ 18<br />
Die Aufgaben der EZB und die<br />
Zukunft<strong>sicher</strong>heit des EURO .......... 30<br />
Impressionen vom Bau und der<br />
Grundsteinlegung der EZB ............. 34<br />
<strong>Wie</strong> <strong>sicher</strong> <strong>ist</strong> der EURO?<br />
Sicherheitsmerkmale<br />
und Techniken ................................. 38<br />
Geldwäsche? Sichere Banknoten?<br />
Kein Problem! ................................. 42<br />
Die Abschaffung<br />
des Kupfercents .............................. 44<br />
Tresore<br />
Ein guter Tresor <strong>ist</strong> Gold wert! ....... 52<br />
Auktionshaus Sotheby’s<br />
Eine der besten Adressen,<br />
wenn es um Kunst geht ................... 60<br />
Das besondere Objekt<br />
Teil 1 - Was kommuniziert Geld ..... 66<br />
Münze Österreich<br />
Nicht nur eine Münzstätte ............... 70<br />
Editorial .............................................. 3<br />
Kuriositäten rund ums Geld ............... 6<br />
<strong>numis</strong> Special Abo ............................ 43<br />
Cartoons ........................................... 49<br />
<strong>numis</strong> Special Rätsel ........................ 51<br />
Impressum ........................................ 82<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 5
6 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Kuriositäten rund ums Geld<br />
Unsere neue Serie zum Schmunzeln<br />
und Nachdenken<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 7
KURIOSITäTEn<br />
George Washington, ein Mann mit vielen Gesichtern.<br />
Für alle Fans ein Muß!<br />
Mit diesem 100 Dollar-Schein gedenkt<br />
Amerika der Star Wars-Saga.<br />
8 | <strong>numis</strong> Special 06/12
KURIOSITäTEn<br />
Die größte fre<strong>ist</strong>ehende Münze der Welt.<br />
„Big Nickel“ steht in Ontario Kanada und<br />
<strong>ist</strong> über 9 m hoch.<br />
Die Nachbildung des Fünf-Cent-Stückes<br />
<strong>ist</strong> heute in Kanada für Tour<strong>ist</strong>en eine riesen Attraktion.<br />
Auch David Bowie (Ziggy Stardust)<br />
hat seinen eigenen 100-Dollar-Schein.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 9
10 | <strong>numis</strong> Special 06/12
KURIOSITäTEn<br />
Künstler wagen sich Geld und Kunst<br />
in attraktiven und ästhetischen Bildern der<br />
Moderne zu verschmelzen.<br />
Die Verbindung von Musik und Geld<br />
wird in diesem Bild harmonisch<br />
zum Ausdruck gebracht.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 11
KURIOSITäTEn<br />
12 | <strong>numis</strong> Special 06/12
KURIOSITäTEn<br />
Schönes Betreuungsgeld?<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 13
Das EROS-Geld sollte nur ein Scherz sein,<br />
aber ein Tscheche tauschte einen<br />
1000-EROS-Schein in echtes Geld um.<br />
24.000 Kronen bekam der 47-jährige dafür.<br />
14 | <strong>numis</strong> Special 06/12
KURIOSITäTEn<br />
Das Freundschaftsgeld der Vergangenheit.<br />
Test-Druck einer Jules Verne Banknote.<br />
„Elvis lebt“...<br />
... auch auf einem englischen<br />
20-Pfund-Geldschein.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 15
16 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 17
<strong>Wie</strong> <strong>sicher</strong> <strong>ist</strong> <strong>unser</strong> <strong>Euro</strong>?<br />
Die <strong>Euro</strong>päische Zentralbank<br />
und ihre Geschichte<br />
18 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 19
GESCHICHTE DER EZB<br />
<strong>Wie</strong> hat alles begonnen?<br />
Als einen möglichen Ausgangspunkt<br />
dieser Chronik<br />
der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion<br />
könnte man die Römischen<br />
Verträge ansehen, die am 1. Januar 1958<br />
in Kraft traten. Immerhin <strong>ist</strong> die Verwirklichung<br />
der WWU wahrscheinlich einer<br />
der bisher größten Erfolge auf dem Weg<br />
zu einem vereinten <strong>Euro</strong>pa.<br />
Der Gedanke einer gemeinsamen<br />
Währung lag den Verfassern der Römischen<br />
Verträge allerdings noch fern; die<br />
Ziele der ursprünglichen Verträge waren<br />
viel enger gesteckt.<br />
Auch das Jahr 1989 könnte als Ausgangspunkt<br />
angesehen werden; damals<br />
beschloss der <strong>Euro</strong>päische Rat, die<br />
WWU noch vor Ende des Jahrhunderts<br />
zu verwirklichen. Allerdings wäre es aus<br />
h<strong>ist</strong>orischer Sicht nicht korrekt, die<br />
ersten Schritte auf dem Weg zur währungspolitischen<br />
Integration in <strong>Euro</strong>pa,<br />
die Mitte der Sechzigerjahre ihren Anfang<br />
nahm, außer Acht zu lassen. Die<br />
ersten Versuche zur Schaffung einer<br />
Währungsunion waren von unterschiedlich<br />
großem Erfolg gekennzeichnet,<br />
wobei sich Fortschritte und Rückschläge<br />
die Waage hielten.<br />
Dennoch waren die Errungenschaften<br />
dieser Zeit sowie einige der gewonnenen<br />
Erfahrungen für die Gestaltung des<br />
währungspolitischen Integrationsprozesses,<br />
der in den Neunzigerjahren schließlich<br />
auf den Weg gebracht wurde,<br />
unverzichtbar.<br />
Vor diesem Hintergrund dürften sich das<br />
Jahr 1962 und ein Dokument der <strong>Euro</strong>päischen<br />
Kommission, das so genannte<br />
Marjolin-Memorandum, als geeignetster<br />
Ausgangspunkt erweisen. Aufgrund des<br />
genannten Memorandums fanden auf<br />
Gemeinschaftsebene die ersten Gesprä-<br />
20 | <strong>numis</strong> Special 06/12
GESCHICHTE DER EZB<br />
che über die währungspolitische Integration<br />
statt, und es kam zu den ersten,<br />
wenn auch sehr begrenzten, Maßnahmen<br />
im Bereich der währungspolitischen<br />
Zusammenarbeit.<br />
Erste Schritte auf dem<br />
Weg zur währungspolitischen<br />
Integration<br />
in <strong>Euro</strong>pa<br />
Die „Gründungsväter“ <strong>Euro</strong>pas, die in<br />
den Fünfzigerjahren die Verträge von<br />
Rom aushandelten, dachten noch nicht<br />
über eine gemeinsame Währung nach.<br />
Die ursprünglichen Ziele der <strong>Euro</strong>päischen<br />
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)<br />
waren weitgehend auf die Schaffung<br />
einer Zollunion und eines Gemeinsamen<br />
Agrarmarktes beschränkt; eine Integration<br />
im währungspolitischen Bereich<br />
wurde hierfür nicht als notwendig erachtet.<br />
Zudem nahmen damals sämtliche<br />
EWG-Staaten an einem gut funktionierenden<br />
internationalen Währungssystem,<br />
dem Bretton-Woods-System, teil.<br />
Im Rahmen dieses Systems waren die<br />
Wechselkurse fest, aber anpassungsfähig,<br />
und blieben bis Mitte der Sechzigerjahre<br />
sowohl innerhalb der EWG als<br />
auch weltweit relativ stabil.<br />
Der Gedanke einer gemeinsamen<br />
Währung für die Mitgliedstaaten der<br />
EWG wurde erstmals im so genannten<br />
Marjolin-Memorandum der <strong>Euro</strong>päischen<br />
Kommission vom 24. Oktober<br />
1962 angestoßen. In diesem Memorandum<br />
forderte die Kommission, dass die<br />
Zollunion bis Ende der Sechzigerjahre<br />
zu einer Wirtschaftsunion mit unwiderruflich<br />
festgelegten Wechselkursen<br />
zwischen den Währungen der Mitgliedstaaten<br />
ausgebaut werden solle. Da das<br />
Bretton-Woods-System aber bereits eine<br />
weit reichende Wechselkursstabilität<br />
<strong>sicher</strong>stellte, waren die Mitgliedstaaten<br />
der Ansicht, dass die Wechselkursstabi-<br />
Bildquelle: EZB<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 21
GESCHICHTE DER EZB<br />
lität innerhalb der EWG gewährle<strong>ist</strong>et<br />
werden könne, ohne neue institutionelle<br />
Vereinbarungen auf Gemeinschaftsebene<br />
zu treffen. Daher zog dieses Memorandum<br />
keine weiteren Maßnahmen außer<br />
der Gründung eines Ausschusses der<br />
Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten<br />
der <strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
(nachfolgend als<br />
„Ausschuss der Zentralbankpräsidenten“<br />
bezeichnet) im Jahr 1964 nach sich. Der<br />
Ausschuss der Zentralbankpräsidenten<br />
ergänzte den in Artikel 105 Absatz 2 des<br />
EWG-Vertrags vorgesehenen Währungsausschuss.<br />
Anfänglich hatte der Ausschuss der<br />
Zentralbankpräsidenten nur ein sehr<br />
begrenztes Mandat, doch mit der Zeit<br />
gewann er zunehmend an Bedeutung<br />
und rückte in den Mittelpunkt der<br />
währungspolitischen Zusammenarbeit<br />
zwischen den Zentralbanken der Gemeinschaft.<br />
In dieser Eigenschaft entwickelte<br />
und gestaltete der Ausschuss die<br />
Rahmenbedingungen der währungspolitischen<br />
Kooperation, die in der Folge auf<br />
Gemeinschaftsebene festgelegt wurden.<br />
Die Arbeit des Ausschusses erwies<br />
sich auch für die letzten Schritte auf dem<br />
Weg zur WWU als bedeutsam. Bis Ende<br />
der Sechzigerjahre hatte sich das internationale<br />
Umfeld erheblich gewandelt.<br />
Das Bretton-Woods-System zeigte infolge<br />
der Zahlungsbilanzpolitik der Vereinigten<br />
Staaten immer mehr Anzeichen<br />
von Anspannung. Bei den Mitgliedstaaten<br />
der EWG bildeten sich zunehmend<br />
unterschiedliche wirtschaftspolitische<br />
Prioritäten heraus. Ein stärkeres<br />
Preis- und Kostengefälle zwischen den<br />
einzelnen Mitgliedern führte zu mehreren<br />
Wechselkurs- und Zahlungsbilanzkrisen,<br />
die wiederum die Zollunion und<br />
den Gemeinsamen Agrarmarkt, die bis<br />
dato recht gut funktioniert hatten, zu stören<br />
drohten.<br />
1969 legte die <strong>Euro</strong>päische Kommission<br />
den so genannten Barre-Plan vor, um in<br />
der Gemeinschaft eine eigene Identität<br />
im Währungsbereich zu schaffen. Auf<br />
der Grundlage dieses Plans forderten die<br />
Staats- und Regierungschefs auf ihrer<br />
Sitzung in Den Haag den Min<strong>ist</strong>errat<br />
dazu auf, einen Plan zur stufenweisen<br />
Verwirklichung einer Wirtschafts- und<br />
Währungsunion auszuarbeiten.<br />
Diese Aufgabe wurde von einer Expertenkommission<br />
unter der Leitung von<br />
Pierre Werner, dem damaligen Premiermin<strong>ist</strong>er<br />
von Luxemburg, übernommen.<br />
Der daraus hervorgegangene Werner-<br />
Bericht, der 1970 veröffentlicht wurde,<br />
sah die Schaffung einer Wirtschafts- und<br />
Währungsunion in mehreren Stufen bis<br />
1980 vor. Parallel zu diesen Entwicklungen<br />
wurden 1970 und 1971 die ersten<br />
Maßnahmen für einen Währungs- und<br />
Finanzbe<strong>ist</strong>and innerhalb der Gemeinschaft<br />
getroffen.<br />
Im März 1971 vereinbarten die Mitgliedstaaten<br />
die Schaffung einer Wirtschaftsund<br />
Währungsunion. In der ersten Stufe<br />
wurde ein gemeinsames System zur<br />
schrittweisen Verringerung der Schwankungsbandbreiten<br />
für die Währungen der<br />
Mitgliedstaaten eingeführt. Dieses System,<br />
auch „Währungsschlange“ genannt,<br />
wurde im April 1972 in Betrieb genommen.<br />
1973 wurde der <strong>Euro</strong>päische Fonds<br />
für währungspolitische Zusammenarbeit<br />
(EFWZ) als Kernstück einer zukünftigen<br />
Gemeinschaftsorganisation von Zentralbanken<br />
gegründet. Mit Blick auf die<br />
Verstärkung der wirtschaftspolitischen<br />
Koordinierung verabschiedete der Rat im<br />
Jahr 1974 eine Entscheidung zur Erreichung<br />
eines hohen Grades an Konvergenz<br />
in der Gemeinschaft sowie eine<br />
Richtlinie über Stabilität, Wachstum und<br />
Vollbeschäftigung.<br />
Mitte der Siebzigerjahre hatte der Integrationsprozess<br />
allerdings angesichts<br />
des von divergierenden wirtschaftspolitischen<br />
Reaktionen auf die damaligen<br />
Wirtschaftskrisen ausgehenden Drucks<br />
an Dynamik verloren.<br />
Von der Währungsschlange blieb nur<br />
noch ein Wechselkursmechanismus zwischen<br />
der D-Mark, den Währungen der<br />
Benelux-Länder und der Dänischen<br />
Krone übrig (eine Zeit lang gehörten<br />
auch zwei Drittlandswährungen – die<br />
schwedische Krone und die norwegische<br />
Krone – dem System an). Die übrigen<br />
Gemeinschaftswährungen nahmen nicht<br />
bzw. nur für kurze Zeit daran teil.<br />
Der EFWZ erwies sich als leere Hülle<br />
mit begrenzten Aufgaben der „Buchführung“:<br />
Da seine rechtliche Grundlage ihn<br />
den Institutionen der Gemeinschaft unterstellte,<br />
zögerten die Mitgliedstaaten<br />
und ihre Zentralbanken, ihm politische<br />
Funktionen zuzuweisen.<br />
<strong>Euro</strong>päisches Währungssystem<br />
und die Einheitliche<br />
<strong>Euro</strong>päische Akte<br />
Im März 1979 wurde der währungspolitische<br />
Integrationsprozess mit der<br />
Gründung des <strong>Euro</strong>päischen Währungssystems<br />
(EWS) erneut ins Rollen gebracht.<br />
Die Gründung des EWS beruhte<br />
auf einer Entschließung des <strong>Euro</strong>päischen<br />
Rates, und seine Funktionsweise<br />
wurde in einem Abkommen zwischen<br />
den teilnehmenden Zentralbanken festgeschrieben.<br />
Das EWS erwies sich für den weiteren<br />
währungspolitischen Integrationsprozess<br />
in <strong>Euro</strong>pa als besonders bedeutsam. Im<br />
Gegensatz zur Währungsschlange vermochte<br />
das EWS die me<strong>ist</strong>en Gemeinschaftswährungen<br />
in einem einheitlichen<br />
Wechselkurssystem unterzubringen. Einige<br />
Merkmale des EWS ähnelten der<br />
Währungsschlange; z.B. beruhte auch<br />
das EWS auf dem Konzept fester, aber<br />
anpassungsfähiger Leitkurse der teilnehmenden<br />
Gemeinschaftswährungen.<br />
Neu war jedoch die Einführung der<br />
<strong>Euro</strong>päischen Währungseinheit (ECU),<br />
die als ein „Währungskorb“ definiert<br />
war, der sich aus feststehenden Beträgen<br />
22 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Bildquelle: EZB<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 23
GESCHICHTE DER EZB<br />
der Währungen der Mitgliedstaaten<br />
zusammensetzte. Die ECU sollte als Bezugsgröße<br />
für den Wechselkursmechanismus<br />
(WKM), als Recheneinheit bei<br />
Interventions- und Kreditgeschäften<br />
sowie als Reservewährung und Zahlungsmittel<br />
zum Saldenausgleich für die<br />
teilnehmenden Zentralbanken dienen.<br />
Das EWS war jedoch nicht nur ein<br />
Wechselkursmechanismus. Im Einklang<br />
mit seinem Ziel, die interne und externe<br />
Geldwertstabilität zu fördern, beinhaltete<br />
das EWS auch die Anpassung der Geldpolitik<br />
und der Wirtschaftspolitik als<br />
Mittel zur Erreichung von Wechselkursstabilität.<br />
Die Teilnehmer schufen eine Region,<br />
in der zunehmend Geldwertstabilität<br />
herrschte und Kapitalverkehrskontrollen<br />
nach und nach gelockert wurden. Die<br />
Wechselkursvorgaben halfen Teilnehmerländern<br />
mit vergleichsweise hohen<br />
Inflationsraten maßgeblich bei der Eindämmung<br />
der Inflation vor allem über<br />
die Geldpolitik. Sie trugen also dazu bei,<br />
dass sich die Inflationsraten einander<br />
annäherten und auf ein niedrigeres<br />
Niveau fielen und führten zu einem<br />
hohen Maß an Wechselkursstabilität.<br />
Dies führte wiederum in vielen Ländern<br />
zu geringeren Kostensteigerungen und<br />
zu einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung.<br />
Darüber hinaus schützten die verminderte<br />
Un<strong>sicher</strong>heit über die Wechselkursentwicklung<br />
und das Bewusstsein, dass<br />
die Paritäten der teilnehmenden Währungen<br />
nicht allzu stark von den wirtschaftlichen<br />
Fundamentaldaten abweichen<br />
durften, den innereuropäischen Handel<br />
vor einer übermäßigen Wechselkursvolatilität.<br />
Wenngleich das EWS in den Mittelpunkt<br />
der verbesserten Koordinierung der<br />
Geldpolitik rückte, war sein Erfolg hinsichtlich<br />
einer stärkeren Annäherung<br />
der Wirtschaftspolitiken recht begrenzt.<br />
Auch die unzureichende finanzpolitische<br />
Konvergenz sorgte weiterhin für Spannungen:<br />
Einige Länder wiesen dauerhaft<br />
hohe Haushaltsdefizite auf (weshalb es<br />
Anfang der Neunzigerjahre zu mehreren<br />
Wechselkurskrisen kam), was eine überproportionale<br />
Belastung für die Geldpolitik<br />
darstellte.<br />
Die Entschließung des <strong>Euro</strong>päischen<br />
Rates von 1978 sah vor, dass die ECU<br />
im Mittelpunkt des EWS stehen sollte,<br />
doch in der Praxis spielte sie nur eine<br />
untergeordnete Rolle für die Funktionsweise<br />
des Systems. An den Finanzmärkten<br />
wurde ihr mit der Zeit allerdings eine<br />
gewisse Bedeutung als Mittel der Portfoliodiversifizierung<br />
und zur Ab<strong>sicher</strong>ung<br />
gegen Währungsrisiken beigemessen.<br />
Grund für den Anstieg der in ECU getätigten<br />
Finanzmarkttransaktionen war das<br />
steigende Volumen von auf ECU lautenden<br />
Schuldtiteln, die von Einrichtungen<br />
der Gemeinschaft und öffentlichen<br />
Stellen einiger Mitgliedstaaten begeben<br />
wurden. Aufgrund des Fehlens eines<br />
Ankers für die ECU blieben die weiteren<br />
Perspektiven für den ECU-Markt allerdings<br />
beschränkt.<br />
Einen weiteren Impuls erfuhr die Wirtschafts-<br />
und Währungsunion durch die<br />
Verabschiedung der Einheitlichen <strong>Euro</strong>päischen<br />
Akte (EEA), die im Februar<br />
1986 unterzeichnet wurde und am 1. Juli<br />
1987 in Kraft trat. Hauptziel dieser Akte<br />
war es, den Binnenmarkt als ein weiteres<br />
Ziel der Gemeinschaft einzuführen, die<br />
erforderlichen Veränderungen zur Vollendung<br />
des Binnenmarktes vorzunehmen<br />
und zu bekräftigen, dass die<br />
Gemeinschaft über währungspolitische<br />
Befugnisse verfügen muss, um die Wirtschafts-<br />
und Währungsunion zu verwirklichen.<br />
Es kam unter den politischen Entscheidungsträgern<br />
zu einem zunehmenden<br />
Konsens darüber, dass ein Markt ohne<br />
Binnengrenzen die nationalen Volkswirtschaften<br />
enger miteinander verknüpfen<br />
und das wirtschaftliche Zusammenwachsen<br />
innerhalb der Gemeinschaft spürbar<br />
fördern würde. Dadurch würde wiederum<br />
der politische Spielraum auf<br />
nationaler Ebene verringert, und die<br />
Mitgliedstaaten wären verpflichtet, ihre<br />
Wirtschaftspolitik stärker einander anzugleichen.<br />
Würde kein höheres Maß an<br />
Konvergenz erzielt, so würden der freie<br />
Kapitalverkehr und integrierte Finanzmärkte<br />
den Erwartungen zufolge eine<br />
unangemessene Belastung für die Geldpolitik<br />
darstellen. Der Integrationsprozess<br />
erforderte daher eine stärkere und<br />
effektivere wirtschaftspolitische Koordinierung,<br />
die durch den bestehenden institutionellen<br />
Rahmen nicht ausreichend<br />
abgedeckt erschien.<br />
Darüber hinaus war nicht anzunehmen,<br />
dass der Binnenmarkt ohne eine gemeinsame<br />
Währung sein volles Potenzial<br />
würde ausschöpfen können. Die Einführung<br />
einer einheitlichen Währung würde<br />
24 | <strong>numis</strong> Special 03/12
Bildquelle: Ralf Enders<br />
GESCHICHTE DER EZB<br />
eine höhere Pre<strong>ist</strong>ransparenz für Verbraucher<br />
und Anleger mit sich bringen,<br />
die Wechselkursrisiken innerhalb des<br />
Binnenmarkts beseitigen, die Transaktionskosten<br />
reduzieren und folglich den<br />
wirtschaftlichen Wohlstand in der Gemeinschaft<br />
deutlich erhöhen.<br />
Vor diesem Hintergrund beschlossen die<br />
damaligen zwölf Mitgliedstaaten der<br />
<strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
im Jahr 1988, den Prozess zur Schaffung<br />
der WWU wieder in Gang zu bringen.<br />
In den Bereichen, in denen der Werner-<br />
Plan Anfang der Siebzigerjahre gescheitert<br />
war, erwies sich der zweite Anlauf<br />
als Erfolg, und der Traum von einer gemeinsamen<br />
Währung wurde schließlich<br />
Wirklichkeit.<br />
Der Vertrag über die<br />
<strong>Euro</strong>päische Union<br />
Im Juni 1988 bestätigte der <strong>Euro</strong>päische<br />
Rat das Ziel einer stufenweisen Verwirklichung<br />
der Wirtschafts- und Währungsunion<br />
und beauftragte einen Ausschuss<br />
unter dem Vorsitz von Jacques Delors,<br />
dem damaligen Präsidenten der <strong>Euro</strong>päischen<br />
Kommission, konkrete Schritte<br />
hierzu vorzuschlagen. Mitglieder des<br />
Ausschusses waren neben den Präsidenten<br />
der nationalen Zentralbanken der<br />
Gemeinschaft auch Alexandre Lamfalussy,<br />
Generaldirektor der Bank für Internationalen<br />
Zahlungsausgleich (BIZ),<br />
Niels Thygesen, Professor für Wirtschaftswissenschaften<br />
in Kopenhagen,<br />
Miguel Boyer, Präsident der Banco Exterior<br />
de España, und Frans Andriessen,<br />
Mitglied der <strong>Euro</strong>päischen Kommission.<br />
In dem von diesem Gremium am<br />
17. April 1989 vorgelegten „Delors-<br />
Bericht“ wurde empfohlen, die Wirtschafts-<br />
und Währungsunion in drei<br />
aufeinander aufbauenden Stufen zu verwirklichen.<br />
• In der ersten Stufe sollte das Hauptaugenmerk<br />
auf der Vollendung des<br />
Binnenmarktes, der Verringerung von<br />
Disparitäten zwischen den Wirtschaftspolitiken<br />
der Mitgliedstaaten, der Beseitigung<br />
sämtlicher Hindernisse, die<br />
der finanzpolitischen Integration im<br />
Wege standen, und der Intensivierung<br />
der währungspolitischen Zusammenarbeit<br />
liegen.<br />
• Die zweite Stufe sollte der Vorbereitung<br />
des Übergangs in die Endstufe<br />
dienen. Ziel dabei war es, die institutionellen<br />
und organisatorischen Voraussetzungen<br />
für die Vollendung der WWU<br />
zu schaffen und die wirtschaftliche<br />
Konvergenz voranzutreiben.<br />
• In der dritten Stufe sollten die Wechselkurse<br />
unwiderruflich festgelegt und den<br />
verschiedenen Organen und Institutionen<br />
der Gemeinschaft die volle geldpolitische<br />
und wirtschaftliche Verantwortung<br />
übertragen werden.<br />
Während die erste Stufe innerhalb des<br />
bestehenden institutionellen Rahmens<br />
der Gemeinschaft umgesetzt werden<br />
konnte, waren zur Verwirklichung der<br />
zweiten und dritten Stufe einige Änderungen<br />
an diesem Rahmen erforderlich.<br />
Daher musste der Vertrag zur Gründung<br />
der <strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
entsprechend überarbeitet werden.<br />
Zu diesem Zweck wurden im November<br />
1990 zwei Regierungskonferenzen einberufen.<br />
Aufgabe der einen Konferenz<br />
war es, über die WWU zu beraten; die<br />
andere sollte sich mit der Weiterentwicklung<br />
der Gemeinschaft zu einer politischen<br />
Union befassen.<br />
Der <strong>Euro</strong>päische Rat hatte den Min<strong>ist</strong>errat,<br />
die <strong>Euro</strong>päische Kommission, den<br />
Währungsausschuss und den Ausschuss<br />
der Zentralbankpräsidenten darum gebeten,<br />
die Regierungskonferenz über die<br />
WWU ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich<br />
entsprechend vorzubereiten.<br />
Das Ergebnis der beiden Konferenzen<br />
war der Vertrag über die <strong>Euro</strong>päische<br />
Union (EU-Vertrag bzw. „Vertrag von<br />
Maastricht“), der am 7. Februar 1992 in<br />
Maastricht unterzeichnet wurde. Der<br />
EU-Vertrag begründete die <strong>Euro</strong>päische<br />
Union und änderte die Gründungsverträge<br />
der <strong>Euro</strong>päischen Gemeinschaften.<br />
Hierdurch wurde dem EWG-Vertrag<br />
unter anderem ein neues Kapitel über die<br />
Wirtschafts und Währungspolitik hinzugefügt.<br />
Dieses neue Kapitel schuf die<br />
Grundlage für die WWU und gab ein<br />
Verfahren und einen Zeitplan für ihre<br />
Realisierung vor.<br />
Um den zunehmenden Kompetenzen<br />
und Zuständigkeiten der Gemeinschaft<br />
Rechnung zu tragen, wurde die EWG in<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 25
GESCHICHTE DER EZB<br />
<strong>Euro</strong>päische Gemeinschaft (EG) umbenannt.<br />
Die Satzung des <strong>Euro</strong>päischen<br />
Systems der Zentralbanken und der<br />
<strong>Euro</strong>päischen Zentralbank (ESZB-Satzung)<br />
und die Satzung des <strong>Euro</strong>päischen<br />
Währungsinstituts (EWI-Satzung) wurden<br />
dem EG-Vertrag als Protokolle beigefügt.<br />
Dänemark und dem Vereinigten<br />
Königreich wurde ein Sonderstatus eingeräumt,<br />
aufgrund dessen sie nicht dazu<br />
verpflichtet sind, an der dritten Stufe der<br />
WWU teilzunehmen.<br />
Der EU-Vertrag sollte am 1. Januar 1993<br />
in Kraft treten. Aufgrund einiger Verzögerungen<br />
bei den innerstaatlichen Ratifizierungsverfahren<br />
in Dänemark und<br />
Deutschland trat er allerdings erst am<br />
1. November 1993 in Kraft.<br />
Die Verwirklichung der<br />
WWU und die Einführung<br />
des <strong>Euro</strong><br />
Auf der Grundlage des Delors-Berichts<br />
beschloss der <strong>Euro</strong>päische Rat im Juni<br />
1989, dass die erste Stufe der Wirtschafts-<br />
und Währungsunion am 1. Juli<br />
1990 beginnen sollte; von diesem Tag an<br />
sollten grundsätzlich alle Beschränkungen<br />
des Kapitalverkehrs zwischen den<br />
Mitgliedstaaten aufgehoben sein.<br />
Damals wurden dem Ausschuss der<br />
Zentralbankpräsidenten der Mitgliedstaaten<br />
der <strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
weitere Verantwortlichkeiten<br />
übertragen, die in einem Ratsbeschluss<br />
vom 12. März 1990 festgehalten wurden.<br />
Dazu zählten die Durchführung von<br />
Konsultationen über die Geldpolitik der<br />
Mitgliedstaaten und die Verbesserung<br />
der Koordination derselben mit dem<br />
Ziel, Preisstabilität zu erreichen.<br />
In Anbetracht der relativ kurzen zur<br />
Verfügung stehenden Zeit und der Komplexität<br />
der Aufgaben veranlasste der<br />
Ausschuss der Zentralbankpräsidenten<br />
unmittelbar nach der Unterzeichnung des<br />
Vertrags von Maastricht die Vorbereitungen<br />
für die dritte Stufe der Wirtschaftsund<br />
Währungsunion.<br />
In einem ersten Schritt sollten alle Fragen,<br />
die einer frühzeitigen Klärung bedurften,<br />
ermittelt und bis Ende 1993 ein<br />
Arbeitsprogramm erstellt werden. Ferner<br />
mussten die bereits bestehenden Unterausschüsse<br />
und die neuen Arbeitsgruppen,<br />
die zur Untersuchung bestimmter<br />
Themen eingerichtet worden waren, ein<br />
entsprechendes Mandat erhalten.<br />
Mit der Errichtung des EWI am 1. Januar<br />
1994 begann die zweite Stufe der Wirtschafts-<br />
und Währungsunion. Das EWI<br />
wurde als Übergangsinstitution ins<br />
Leben gerufen, um die dritte Stufe<br />
der WWU vorzubereiten, während die<br />
Durchführung der Geld- und Wechselkurspolitik<br />
in der <strong>Euro</strong>päischen Union<br />
weiterhin den nationalen Behörden vorbehalten<br />
war. Der Ausschuss der Zentralbankpräsidenten<br />
wurde zwar aufgelöst,<br />
tatsächlich jedoch als Rat (Leitungsgremium)<br />
des EWI wieder eingesetzt.<br />
Die beiden Hauptaufgaben des EWI<br />
waren:<br />
• die Verstärkung der Zusammenarbeit<br />
zwischen den nationalen Zentralbanken<br />
und der Koordinierung der Geldpolitik<br />
und<br />
• die Durchführung der Vorarbeiten, die<br />
für die Errichtung des ESZB, die Verfolgung<br />
einer einheitlichen Geldpolitik<br />
und die Schaffung einer gemeinsamen<br />
Währung in der dritten Stufe der WWU<br />
erforderlich waren.<br />
Im Dezember 1995 bestätigte der <strong>Euro</strong>päische<br />
Rat von Madrid, dass die dritte<br />
Stufe der WWU am 1. Januar 1999 beginnen<br />
würde. Außerdem legte er für die<br />
Gemeinschaftswährung, die mit Beginn<br />
der dritten Stufe eingeführt werden<br />
sollte, die Bezeichnung „<strong>Euro</strong>“ fest und<br />
gab den Zeitplan für den Übergang zum<br />
<strong>Euro</strong> bekannt. Die Grundlage für dieses<br />
Szenario bildeten im Wesentlichen detaillierte<br />
Vorschläge, die vom EWI ausgearbeitet<br />
worden waren und in denen<br />
auch die Formulierung „Übergang zum<br />
<strong>Euro</strong>“ anstelle von „Einführung des<br />
<strong>Euro</strong>“ verwendet wurde, um das Wesen<br />
des Übergangs zur Gemeinschaftswährung<br />
widerzuspiegeln.<br />
Im Rahmen seines Übergangsszenarios<br />
sprach sich das EWI für einen Übergangszeitraum<br />
von drei Jahren ab dem<br />
1. Januar 1999 aus, um dem unterschiedlichen<br />
Tempo Rechnung zu tragen, in<br />
dem sich die verschiedenen Wirtschaftsakteure<br />
(z.B. der Finanzsektor, die nichtfinanziellen<br />
Kapitalgesellschaften, der<br />
Staatssektor und die Bevölkerung) auf<br />
die einheitliche Währung einstellen<br />
könnten.<br />
Dem EWI wurde im Dezember 1995<br />
auch die Aufgabe übertragen, Vorarbeiten<br />
für die zukünftigen geld- und<br />
wechselkurspolitischen Beziehungen<br />
zwischen dem <strong>Euro</strong> und den Währungen<br />
der EU-Länder außerhalb des <strong>Euro</strong>-<br />
Währungsgebiets zu le<strong>ist</strong>en.<br />
Im Dezember 1996 legte das EWI dem<br />
<strong>Euro</strong>päischen Rat einen Bericht vor, der<br />
in der Folge die Grundlage für eine im<br />
Juni 1997 verabschiedete Entschließung<br />
des <strong>Euro</strong>päischen Rates über die Grundsätze<br />
und die wesentlichen Elemente<br />
des neuen Wechselkursmechanismus<br />
(WKM II)24 bildete.<br />
Im Dezember 1996 stellte das EWI dem<br />
<strong>Euro</strong>päischen Rat und der Öffentlichkeit<br />
den Entwurf vor, der den Wettbewerb zur<br />
Gestaltung der <strong>Euro</strong>-Banknoten gewonnen<br />
hatte und somit das Aussehen der<br />
Banknoten bestimmte, die am 1. Januar<br />
2002 vom ESZB in Umlauf gegeben<br />
würden. Die Gestaltung der <strong>Euro</strong>-Münzen,<br />
die von den EU-Mitgliedstaaten<br />
ausgegeben werden sollten, wurde 1997<br />
vom <strong>Euro</strong>päischen Rat gebilligt.<br />
Im Juni 1997 verabschiedete der <strong>Euro</strong>päische<br />
Rat den Stabilitäts- und Wachstumspakt,<br />
der die Vertragsbestimmungen<br />
26 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Bildquelle: Ralf Enders<br />
ergänzt und auf die Einhaltung der Haushaltsdisziplin<br />
in der WWU abzielt.<br />
Der Pakt besteht aus einer Entschließung<br />
des <strong>Euro</strong>päischen Rates und zwei<br />
Ratsverordnungen. Eine Erklärung des<br />
Rates vom Mai 1998 ergänzte den Pakt<br />
und verstärkte die entsprechenden Verpflichtungen.<br />
Die Mitgliedstaaten führten Maßnahmen<br />
zur Erfüllung der wirtschaftlichen<br />
„Konvergenzkriterien“ (Artikel 121 EG-<br />
Vertrag) durch und nahmen zahlreiche<br />
Änderungen an ihren innerstaatlichen<br />
Rechtsvorschriften vor, um sie mit der<br />
Verpflichtung zur rechtlichen Konvergenz<br />
in Einklang zu bringen (Artikel 109<br />
EG-Vertrag). Die Anpassungen betrafen<br />
in erster Linie die Zentralbanksatzungen<br />
und -gesetze hinsichtlich der Integration<br />
in das <strong>Euro</strong>system.<br />
Die letzten Entscheidungen zur WWU<br />
wurden ab Mai 1998 getroffen. Am<br />
2. Mai 1998 entschied der EU-Rat in<br />
der Zusammensetzung der Staats- und<br />
Regierungschefs einstimmig, dass elf<br />
Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland,<br />
Spanien, Frankreich, Irland, Italien,<br />
Luxemburg, Niederlande, Österreich,<br />
Portugal und Finnland) die notwendigen<br />
Voraussetzungen für die Einführung<br />
der einheitlichen Währung am 1. Januar<br />
1999 erfüllten und somit an der dritten<br />
Stufe der WWU teilnehmen würden.<br />
Aufgrund ihres Sonderstatus entschieden<br />
sich Dänemark und das Vereinigte<br />
Königreich, nicht an der dritten Stufe der<br />
WWU teilzunehmen; Griechenland und<br />
Schweden erfüllten zu diesem Zeitpunkt<br />
nicht die Kriterien für die Einführung der<br />
Gemeinschaftswährung.<br />
Die Staats- und Regierungschefs erzielten<br />
ferner politisches Einvernehmen über<br />
die Mitglieder des künftigen Direktoriums<br />
der EZB. Gleichzeitig vereinbarten<br />
die Finanzmin<strong>ist</strong>er der Mitgliedstaaten,<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 27
GESCHICHTE DER EZB<br />
die die einheitliche Währung einführten,<br />
und die Präsidenten der nationalen<br />
Zentralbanken dieser Mitgliedstaaten gemeinsam<br />
mit der <strong>Euro</strong>päischen Kommission<br />
und dem EWI, zur Bestimmung<br />
der unwiderruflichen Umrechnungskurse<br />
für den <strong>Euro</strong> die aktuellen bilateralen<br />
WKM-Leitkurse der Währungen der teilnehmenden<br />
Mitgliedstaaten zugrunde zu<br />
legen.<br />
Am 25. Mai 1998 wurden der Präsident,<br />
der Vizepräsident und die vier weiteren<br />
Mitglieder des EZB-Direktoriums von<br />
den Regierungen der damals elf an der<br />
WWU teilnehmenden Mitgliedstaaten<br />
auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs<br />
einvernehmlich ernannt.<br />
Im Einklang mit Artikel 50 der ESZB-<br />
Satzung erfolgte ihre Ernennung auf<br />
Empfehlung des ECOFIN-Rates und<br />
nach Anhörung des <strong>Euro</strong>päischen Parlaments<br />
und des Rates des EWI (welcher<br />
anstelle des EZBRates handelte, da dieser<br />
noch nicht ex<strong>ist</strong>ierte).<br />
Die sechs Mitglieder des Direktoriums<br />
wurden mit Wirkung zum 1. Juni 1998,<br />
also mit Errichtung der EZB, ernannt.<br />
Das EWI hatte seine Aufgaben erfüllt<br />
und wurde im Einklang mit Artikel 123<br />
Absatz 2 des EG-Vertrags aufgelöst.<br />
Als Nachfolger des EWI konnte die<br />
EZB nicht nur auf dessen umfangreiche<br />
Vorarbeiten zurückgreifen, sondern auch<br />
auf seine gesamte Infrastruktur einschließlich<br />
eines Mitarbeiterstabs, der<br />
darauf vorbereitet war, in der Folge für<br />
die EZB zu arbeiten. Dies trug maßgeblich<br />
dazu bei, dass die EZB das <strong>Euro</strong>system<br />
innerhalb von nur sieben Monaten,<br />
also rechtzeitig zum Beginn der dritten<br />
Stufe, handlungsfähig machen und die<br />
Vorarbeiten für die <strong>Euro</strong>-Bargeldumstellung<br />
bis zum 1. Januar 2002 abschließen<br />
konnte.<br />
Die dritte und letzte Stufe der WWU<br />
begann am 1. Januar 1999. Die Umrechnungskurse<br />
der Währungen der elf Mitgliedstaaten,<br />
die von Beginn an der Währungsunion<br />
angehörten, wurden unwiderruflich<br />
festgelegt, und die EZB war<br />
von nun an für die Durchführung der einheitlichen<br />
Geldpolitik im <strong>Euro</strong>-Währungsgebiet<br />
verantwortlich.<br />
Im Einklang mit dem vom EU-Rat<br />
festgelegten rechtlichen Rahmenwerk<br />
des sekundären Gemeinschaftsrechts trat<br />
der <strong>Euro</strong> unmittelbar an die Stelle der nationalen<br />
Vorgängerwährungen, die in der<br />
Übergangsphase vom 1. Januar 1999 bis<br />
zum 31. Dezember 2001 zu nichtdezimalen<br />
Untereinheiten des <strong>Euro</strong> wurden.<br />
In den ersten drei Jahren stand es allen<br />
Akteuren frei, entweder den <strong>Euro</strong> oder<br />
dessen nationale Untereinheiten zur<br />
Denominierung von Forderungen und<br />
Verbindlichkeiten sowie im unbaren<br />
Zahlungsverkehr zu verwenden (gemäß<br />
dem Grundsatz „weder Zwang noch<br />
Verbot“). Die Mitgliedstaaten waren jedoch<br />
berechtigt, Einrichtungen dazu zu<br />
verpflichten, den <strong>Euro</strong> zur Neudenominierung<br />
handelbarer in Umlauf befindlicher<br />
Schuldtitel, für den Handel an<br />
geregelten Märkten und als Rechnungseinheit<br />
in Zahlungssystemen zu verwenden.<br />
Diese Möglichkeit wurde von den<br />
Mitgliedstaaten im Vorfeld der dritten<br />
Stufe der WWU intensiv genutzt. Ferner<br />
gab das EWI bekannt, dass das <strong>Euro</strong>system<br />
seine geldpolitischen Geschäfte<br />
ausschließlich in <strong>Euro</strong> abwickeln würde<br />
und Zahlungen über das TARGET-System<br />
nur in <strong>Euro</strong> abgewickelt werden<br />
könnten.<br />
Vor diesem Hintergrund traf der Finanzsektor<br />
umfangreiche Vorbereitungen für<br />
die Teilnahme am integrierten Finanzmarkt<br />
ab Beginn der dritten Stufe. Dem<br />
Finanzsektor selbst war an einer raschen<br />
und umfassenden Umstellung der Finanzmärkte<br />
auf den <strong>Euro</strong> gelegen, und<br />
keine Gruppe von Marktteilnehmern<br />
wollte hinter der Konkurrenz zurückbleiben.<br />
Mit der Unterstützung des EWI<br />
schlossen die Finanzmarktverbände Vereinbarungen<br />
über die Vereinheitlichung<br />
von Marktgepflogenheiten, und es wurden<br />
Referenzzinssätze (z.B. der EURI-<br />
BOR und der EONIA) entwickelt.<br />
Dank dieser Vorarbeiten waren die Finanzmärkte<br />
in der Lage, mit Beginn der<br />
dritten Stufe der WWU sofort zum <strong>Euro</strong><br />
überzugehen. Die Geschäfte an den Finanzmärkten<br />
wurden ausschließlich in<br />
<strong>Euro</strong> getätigt, und das Gros der im Umlauf<br />
befindlichen handelbaren Schuldtitel<br />
wurde auf <strong>Euro</strong> umgestellt.<br />
Sämtliche grenzüberschreitenden Großbetragszahlungssysteme<br />
arbeiteten mit<br />
<strong>Euro</strong>. Die Umstellung des Finanzmarkts<br />
erfolgte nicht nur zügig, sondern verlief<br />
auch völlig reibungslos.<br />
Während die Unternehmen in der Übergangsphase<br />
nach und nach auf <strong>Euro</strong> umstellten,<br />
verwendete die Bevölkerung –<br />
angesichts des noch fehlenden <strong>Euro</strong>-<br />
Bargelds – den <strong>Euro</strong> bei Transaktionen<br />
zunächst nicht besonders häufig. Dies<br />
änderte sich natürlich mit der Einführung<br />
der <strong>Euro</strong>-Banknoten und -Münzen am<br />
1. Januar 2002.<br />
Am 1. Januar 2001 trat Griechenland<br />
dem <strong>Euro</strong>-Währungsgebiet bei, womit<br />
sich die Zahl der Teilnehmerländer auf<br />
zwölf erhöhte; die Bank von Griechenland<br />
wurde damit Bestandteil des <strong>Euro</strong>systems.<br />
Nach dem Verfahren gemäß<br />
Artikel 122 Absatz 2 des EG-Vertrags<br />
hatte der EU-Rat am 19. Juni 2000 entschieden,<br />
dass Griechenland die Voraussetzungen<br />
für die Einführung des <strong>Euro</strong><br />
erfüllte. Der Umrechnungskurs zwischen<br />
dem <strong>Euro</strong> und der griechischen Drachme<br />
war in einer Ratsverordnung am gleichen<br />
Tag vorab angekündigt worden.<br />
Die Einführung des <strong>Euro</strong> wurde mit der<br />
Bargeldumstellung am 1. Januar 2002<br />
vollendet: Die <strong>Euro</strong>-Banknoten und<br />
-Münzen wurden in Umlauf gegeben,<br />
und die nationalen Währungen verloren<br />
ihre Eigenschaft als nichtdezimale Untereinheiten<br />
des <strong>Euro</strong>. Die auf nationale<br />
28 | <strong>numis</strong> Special 06/12
GESCHICHTE DER EZB<br />
Der Weg zum EURO<br />
1962 Die <strong>Euro</strong>päische Kommission legt ihren ersten Vorschlag<br />
(Marjolin-Memorandum) für eine Wirtschafts- und Währungsunion vor.<br />
1964 Ein Ausschuss der Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten der<br />
<strong>Euro</strong>päischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wird gebildet, um die Zusammenarbeit<br />
zwischen den Zentralbanken der EWG zu institutionalisieren.<br />
1970 Mit dem Werner-Bericht wird ein Plan zur Verwirklichung der Wirtschaftsund<br />
Währungsunion der Gemeinschaft bis 1980 vorgelegt.<br />
1972 Ein System (die „Währungsschlange“) zur allmählichen Verengung<br />
der Bandbreiten, in denen die Währungen der EWGMitgliedstaaten in<br />
Relation zueinander schwanken, wird eingerichtet.<br />
1973 Der <strong>Euro</strong>päische Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ)<br />
wird eingerichtet, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Währungsschlange<br />
zu gewährle<strong>ist</strong>en.<br />
1979 Das <strong>Euro</strong>päische Währungssystem (EWS) wird geschaffen.<br />
1986 Die Einheitliche <strong>Euro</strong>päische Akte (EEA) wird unterzeichnet.<br />
1988 Der <strong>Euro</strong>päische Rat beauftragt einen Ausschuss von Experten unter dem<br />
Vorsitz von Jacques Delors („Delors-Ausschuss“), Vorschläge zur<br />
Verwirklichung der WWU zu unterbreiten.<br />
1989 Der „Delors-Bericht“ wird dem <strong>Euro</strong>päischen Rat vorgelegt.<br />
1989 Der <strong>Euro</strong>päische Rat stimmt der Verwirklichung der WWU in drei Stufen zu.<br />
1990 Die erste Stufe der WWU beginnt.<br />
Eine Regierungskonferenz zur Vorbereitung der zweiten und dritten Stufe der<br />
WWU wird einberufen.<br />
1992 Der Vertrag über die <strong>Euro</strong>päische Union („Vertrag von Maastricht“) wird<br />
unterzeichnet.<br />
1993 Frankfurt am Main wird als Sitz des <strong>Euro</strong>päischen Währungsinstituts (EWI)<br />
und der <strong>Euro</strong>päischen Zentralbank (EZB) ausgewählt, und der Präsident des<br />
EWI wird nominiert.<br />
Der Vertrag über die <strong>Euro</strong>päische Union tritt in Kraft.<br />
1993 Alexandre Lamfalussy wird zum Präsidenten des am 1. Januar zu errichtenden<br />
EWI ernannt.<br />
1994 Die zweite Stufe der WWU beginnt, und das EWI wird errichtet.<br />
1995 Der <strong>Euro</strong>päische Rat von Madrid beschließt den Namen der einheitlichen<br />
Währung und legt das Szenario für ihre Einführung und die Bargeldumstellung<br />
fest.<br />
1996 Das EWI legt dem <strong>Euro</strong>päischen Rat Muster der <strong>Euro</strong>-Banknoten vor.<br />
1997 Der <strong>Euro</strong>päische Rat verständigt sich auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt.<br />
1998 Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg,<br />
die Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland erfüllen die notwendigen<br />
Voraussetzungen für die Einführung des <strong>Euro</strong> als ihrer einheitlichen<br />
Währung; die Mitglieder des Direktoriums der EZB werden ernannt.<br />
Die EZB und das ESZB werden errichtet.<br />
Die EZB gibt die Strategie und den Handlungsrahmen für die einheitliche<br />
Geldpolitik, die sie ab Januar 1999 durchführen wird, bekannt.<br />
1999 Die dritte Stufe der WWU beginnt. Der <strong>Euro</strong> wird die einheitliche Währung<br />
des <strong>Euro</strong>-Währungsgebiets. Die Umrechnungskurse für die ehemaligen nationalen<br />
Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten werden unwiderruflich<br />
festgelegt. Für den <strong>Euro</strong>raum wird eine einheitliche Geldpolitik durchgeführt.<br />
2001 Griechenland tritt als zwölfter Mitgliedstaat dem <strong>Euro</strong>-Währungsgebiet bei.<br />
2002 Die <strong>Euro</strong>-Bargeldeinführung: <strong>Euro</strong>-Banknoten und -Münzen werden eingeführt<br />
und zum Ende Februar 2002 alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel im<br />
<strong>Euro</strong>-Währungsgebiet.<br />
2004 Die NZBen der zehn neuen EU-Mitgliedstaaten treten dem ESZB bei.<br />
Währungseinheiten lautenden Banknoten<br />
und Münzen verloren Ende Februar<br />
2002 ihre Gültigkeit als gesetzliches<br />
Zahlungsmittel, und der <strong>Euro</strong> wurde<br />
alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel in<br />
den Ländern des <strong>Euro</strong>raums.<br />
Die WWU wurde im Rahmen der <strong>Euro</strong>päischen<br />
Gemeinschaft geschaffen, die<br />
sich seit ihrer Gründung im Jahr 1952<br />
deutlich erweitert hat.<br />
Seit dem Beitritt von 10 Ländern aus<br />
Mittel- und Osteuropa sowie dem Mittelmeerraum<br />
am 1. Mai 2004 besteht die<br />
<strong>Euro</strong>päische Union nun aus 25 Mitgliedstaaten.<br />
Zwei weitere osteuropäische Staaten,<br />
Bulgarien und Rumänien, unterzeichneten<br />
im April 2005 den Beitrittsvertrag<br />
und werden ab 2007 der EU angehören.<br />
Mit zwei weiteren Beitrittskandidaten,<br />
Kroatien und der Türkei, wurden im<br />
Herbst 2005 Verhandlungen aufgenommen.<br />
Da ein Mitgliedstaat der EU vor Einführung<br />
des <strong>Euro</strong> die hierfür erforderlichen<br />
Kriterien erfüllen muss, treten neue EU-<br />
Mitgliedstaaten nicht sofort der Währungsunion<br />
bei. Allerdings sind sie den<br />
Zielen der WWU verpflichtet, und die<br />
jeweiligen NZBen werden mit dem EU-<br />
Beitritt ex officio zu integralen Bestandteilen<br />
des ESZB und bereiten sich auf<br />
eine Eingliederung in das <strong>Euro</strong>system<br />
vor. Slowenien wird zum 1. Januar 2007<br />
als erster der neuen EU-Mitgliedstaaten<br />
den <strong>Euro</strong> einführen. Nach dem in Artikel<br />
122 Absatz 2 des EG-Vertrags festgelegten<br />
Verfahren entschied der EU-<br />
Rat am 11. Juli 2006, dass Slowenien<br />
die Voraussetzungen für die Einführung<br />
des <strong>Euro</strong> erfüllt. Der mit Wirkung vom<br />
1. Januar 2007 geltende Umrechnungskurs<br />
wurde auf 239,640 slowenische<br />
Tolar für 1 <strong>Euro</strong> festgelegt.<br />
Quelle:<br />
Die <strong>Euro</strong>päische Zentralbank -<br />
Geschichte, Rolle und Aufgaben<br />
Hanspeter K. Scheller<br />
Zweite, überarbeitete Auflage 2006<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 29
Die Aufgaben der EZB<br />
und die Zukunft<strong>sicher</strong>heit des EURO<br />
30 | <strong>numis</strong> Special 06/12
DIE AUfGABEn DER EZB<br />
Theoretische Grundlagen<br />
Die Möglichkeit der Geldpolitik, Preisstabilität<br />
auf mittlere Sicht zu gewährle<strong>ist</strong>en,<br />
liegt darin begründet, dass<br />
das Bankensystem auf Zentralbankgeld<br />
(„Basisgeld“) angewiesen <strong>ist</strong>, um<br />
1. den öffentlichen Bargeldbedarf zu<br />
decken,<br />
2. Interbanksalden auszugleichen,<br />
3. die Anforderungen hinsichtlich der<br />
bei der Zentralbank zu hinterlegenden<br />
Mindestreserven zu erfüllen.<br />
Aufgrund seines Monopols auf die<br />
Schaffung von Basisgeld <strong>ist</strong> das <strong>Euro</strong>system<br />
in der Lage, die Bedingungen am<br />
Geldmarkt und die Geldmarktsätze maßgeblich<br />
zu beeinflussen. Von der Zentralbank<br />
herbeigeführte Änderungen der<br />
Geldmarktzinsen setzen bei den Wirtschaftsteilnehmern<br />
eine Reihe von Mechanismen<br />
und Handlungen in Gang,<br />
die sich schließlich in ökonomischen<br />
Variablen wie Produktion und Preisen<br />
niederschlagen. Dieser komplexe, als<br />
„geldpolitischer Transmissionsmechanismus“<br />
bekannte Ablauf <strong>ist</strong> in der Publikation<br />
„Die Geldpolitik der EZB“<br />
näher beschrieben. Da er eine Anzahl<br />
verschiedener Mechanismen und Handlungen<br />
der Wirtschaftsakteure über mehrere<br />
Phasen hinweg umfasst, schlagen<br />
die geldpolitischen Maßnahmen für gewöhnlich<br />
erst nach geraumer Zeit auf die<br />
Entwicklung der Preise durch. Darüber<br />
hinaus können Breite und Stärke der<br />
Wirkung je nach Wirtschaftslage variieren,<br />
weshalb eine präzise Schätzung des<br />
Einflusses schwierig <strong>ist</strong>.<br />
Unter Ökonomen allerdings findet sich<br />
eine breite Zustimmung zu der These,<br />
dass sich langfr<strong>ist</strong>ig – wenn alle Anpassungen<br />
in der Wirtschaft ihre Wirkung<br />
entfaltet haben – eine Änderung des<br />
Geldumlaufs (unter sonst gleichen Bedingungen)<br />
in einem veränderten allgemeinen<br />
Preisniveau niederschlägt und<br />
nicht zu einer dauerhaften Veränderung<br />
realer Variablen wie der gesamtwirtschaftlichen<br />
Produktion oder der Arbeitslosigkeit<br />
führt.<br />
In diesem Zusammenhang <strong>ist</strong> auch die<br />
Aussage zu verstehen, Inflation sei letztlich<br />
ein monetäres Phänomen. Tatsächlich<br />
gehen länger anhaltende Phasen<br />
hoher Inflation gemeinhin mit einem<br />
starken Geldmengenwachstum einher.<br />
Sonstige Faktoren (z.B. Veränderungen<br />
der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage,<br />
technologischer Wandel oder Rohstoffpreisschocks)<br />
können sich zwar durchaus<br />
über kürzere Zeiträume auf die Preisentwicklung<br />
auswirken, dieser Einfluss<br />
lässt sich aber auf längere Sicht durch<br />
eine gewisse Anpassung der Geldmenge<br />
neutralisieren.<br />
So gesehen <strong>ist</strong> der längerfr<strong>ist</strong>ige Preisoder<br />
Inflationstrend von der Zentralbank<br />
also steuerbar. Der geldpolitische Transmissionsmechanismus<br />
<strong>ist</strong> folglich ein<br />
komplexes Geflecht ökonomischer Wirkungszusammenhänge,<br />
und die Zentralbanken<br />
müssen in der Geldpolitik<br />
langwierige, veränderliche und schwer<br />
bestimmbare Wirkungsverzögerungen in<br />
Rechnung stellen. Dabei dürfte die Un<strong>sicher</strong>heit<br />
im Falle der EZB größer als<br />
bei vielen anderen Zentralbanken sein,<br />
da sie für einen multinationalen Währungsraum<br />
verantwortlich <strong>ist</strong>, der erst<br />
1999 errichtet wurde. Zudem könnten institutionelle<br />
und verhaltensmäßige Veränderungen<br />
nach der Einführung der<br />
Einheitswährung die Beziehungen zwischen<br />
den verschiedenen ökonomischen<br />
Variablen verändert haben.<br />
Im Laufe der Zeit hat sich mit der<br />
höheren Verfügbarkeit von Informationen<br />
und Forschungsergebnissen ein besseres<br />
Verständnis des geldpolitischen<br />
Transmissionsprozesses im <strong>Euro</strong>-Währungsgebiet<br />
herausgebildet. Dennoch<br />
sind weitere Fortschritte vonnöten.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 31
DIE AUfGABEn DER EZB<br />
Die geldpolitische Strategie der EZB<br />
Kernpunkt der geldpolitischen Strategie<br />
der EZB <strong>ist</strong> eine quantitative Definition<br />
von Preisstabilität. Daneben gibt die<br />
Strategie einen Rahmen vor, der <strong>sicher</strong>stellt,<br />
dass der EZB-Rat alle relevanten<br />
Informationen und Analysen prüft, die<br />
für eine vorausschauende geldpolitische<br />
Entscheidungsfindung nötig sind.<br />
Wahl eines quantitativen<br />
Ansatzes für die Preisstabilität<br />
Obgleich der EG-Vertrag die Gewährle<strong>ist</strong>ung<br />
von Preisstabilität als vorrangiges<br />
Ziel der EZB eindeutig festschreibt,<br />
fehlt darin eine Definition dessen, was<br />
unter Preisstabilität eigentlich zu verstehen<br />
<strong>ist</strong>.<br />
Daher gab der EZB-Rat im Oktober<br />
1998 eine quantitative Abgrenzung von<br />
Preisstabilität bekannt.<br />
Für die Wahl eines quantitativen Ansatzes<br />
sprach im Wesentlichen dreierlei:<br />
1. Die Definition trägt dazu bei, die<br />
Geldpolitik transparenter zu gestalten.<br />
2. Eine quantitative Definition liefert der<br />
Öffentlichkeit einen Maßstab, an dem<br />
sie die EZB messen kann. Da von der<br />
Preisstabilitätsdefinition abweichende<br />
Preisentwicklungen leicht feststellbar<br />
sind, muss die EZB über anhaltende<br />
Abweichungen dieser Art Rechenschaft<br />
geben und darlegen, wie Preisstabilität<br />
innerhalb eines vertretbaren<br />
Zeitraums wiederherzustellen <strong>ist</strong>.<br />
3. Die Definition soll Anhaltspunkte für<br />
die Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen<br />
Preisentwicklung vorgeben<br />
und somit die Glaubwürdigkeit und<br />
Effektivität der Geldpolitik der EZB<br />
steigern. Die vorrangige Ausrichtung<br />
der EZB an der Gewährle<strong>ist</strong>ung von<br />
Preisstabilität sollte sowohl den Finanzmärkten<br />
als auch der Öffentlichkeit<br />
ein guter Grund sein, mit einer<br />
Inflationsrate zu rechnen, die mittelfr<strong>ist</strong>ig<br />
innerhalb der mit Preisstabilität<br />
zu vereinbarenden Bandbreite liegt.<br />
Eine so erzielte Stabilisierung der<br />
längerfr<strong>ist</strong>igen Inflationserwartungen<br />
sollte die Unternehmen, Gewerkschaften<br />
und individuellen Wirtschaftsakteure,<br />
die am Lohn- und Preisbildungsprozess<br />
beteiligt sind, davon<br />
abhalten, bei ihren Entscheidungen<br />
höhere Inflationsraten einzukalkulieren,<br />
wodurch wiederum die Gewährle<strong>ist</strong>ung<br />
von Preisstabilität erschwert<br />
würde.<br />
Quelle:<br />
Die <strong>Euro</strong>päische Zentralbank -<br />
Geschichte, Rolle und Aufgaben<br />
Hanspeter K. Scheller<br />
Zweite, überarbeitete Auflage 2006<br />
Bildquelle: EZB<br />
32 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Bildquelle: EZB<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 33
34 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Bau und Grundsteinlegung der EZB<br />
Bedeutungsschwerer hätte der Zeitpunkt<br />
kaum sein können:<br />
Mitten in ihrer tiefsten Krise setzt die <strong>Euro</strong>päische<br />
Zentralbank (EZB) auf Neubeginn.<br />
Am 19.05.2010 abends legte sie den Grundstein für ihr<br />
neues Gebäude an der alten Großmarkthalle im Osten<br />
Frankfurts.<br />
Nachdem alle Festreden gehalten waren, gab Trichet<br />
ein Bündel <strong>Euro</strong>scheine in den Grundstein. Dazugelegt<br />
wurden auch die Baupläne, Tageszeitungen aus den<br />
27 EU-Mitgliedstaaten und je ein Satz Münzen aus den<br />
16 <strong>Euro</strong>-Ländern. Das soll dem Neubau Glück bringen.<br />
Dann wurde der Stein in der Baugraube versenkt.<br />
Fast alle Notenbankchefs des <strong>Euro</strong>raums waren bei dem<br />
Ereignis zugegen. Nur wenige fehlten.<br />
Bis Ende 2013 soll das 500 Millionen <strong>Euro</strong><br />
teure Gebäude der <strong>Wie</strong>ner Architekten Coop<br />
Himmelb(l)au stehen.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 35
36 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Bildquelle und Artwork: Streetwalker<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 37
<strong>Wie</strong> <strong>sicher</strong> <strong>ist</strong> der EURO?<br />
Sicherheitsmerkmale und Techniken<br />
38 | <strong>numis</strong> Special 06/12
WIE SICHER IST DER EURO?<br />
Die derzeit anfallenden Fälschungen<br />
sind als Fälschungen zu<br />
erkennen, wenn die Sicherheitsmerkmale<br />
geprüft werden. Fälscher konzentrieren<br />
sich me<strong>ist</strong>ens bei der Nachahmung<br />
auf ein oder wenige Sicherheitsmerkmale,<br />
so dass es deshalb ratsam <strong>ist</strong>,<br />
mehrere Merkmale einzubeziehen.<br />
Das Papier der Banknoten besteht aus<br />
Baumwolle. Es fühlt sich griffig und fest<br />
an. Mit Erfahrung und Praxis kann man<br />
echtes Geld bereits am Material erkennen.<br />
Schnelltest mit Kippen<br />
Je nach Situation möchten Sie vielleicht<br />
eine Banknote unauffällig auf Echtheit<br />
überprüfen, beispielsweise, damit Ihr<br />
Gegenüber nichts davon bemerkt. Während<br />
der Test selbst nur Sekundenbruchteile<br />
erfordert, muss man sich vorher<br />
einige ausgewählte Sicherheitsmerkmale<br />
besonders genau ansehen. Der Schnelltest<br />
besteht aus zwei separaten Teilen:<br />
Kippen und Fühlen.<br />
Jede Banknote we<strong>ist</strong> sowohl auf der<br />
Vorderseite als auch auf der Rückseite je<br />
ein Echtheitsmerkmal aus der Kategorie<br />
"Kippen" auf: Hologramm oder Farbwechsel.<br />
Also <strong>ist</strong> immer ein "Kippen"-<br />
Merkmal sichtbar. Sie sehen sich die<br />
Banknote schon an, wenn Ihr Gegenüber<br />
sie Ihnen reicht. Während er den Arm<br />
ausstreckt, verändert sich der Betrachtungswinkel<br />
auf die Banknote. So können<br />
Sie das Geld oft schon prüfen, bevor<br />
Sie es in der Hand haben.<br />
Sichtbarkeit des Glanzstreifens, wenn<br />
Sie auf den Effekt achten. Leider lassen<br />
sich nicht alle Eigenschaften des Hologrammes<br />
in voller Detailschärfe prüfen.<br />
Hier reicht es, bei den Hologramm der<br />
50 € - 500 € Scheinen auf die Bewegung<br />
der konzentrischen Kreise aus Regenbogenfarben<br />
zu achten.<br />
Bei den 5 € - 20 € Scheinen wandern<br />
die Regenbogenfarben parallel durch den<br />
Hologrammstreifen.<br />
Etwas Übung mit einem Geldschein<br />
sollte reichen, um den Kipptest zu lernen<br />
und in normalen Handbewegungen der<br />
Geldannahme unterzubringen.<br />
Erklärende Videos werden am Ende<br />
des Artikels als Download angeboten.<br />
Schnelltest mit Fühlen<br />
Beim Fühlen kommt es darauf an, wo Sie<br />
die Banknote anfassen. Fassen Sie die<br />
Banknote mit Daumen und Zeigefinger<br />
genau auf dem deutlich spürbaren trapezförmigen<br />
Feld an (siehe grüner Pfeil),<br />
um das Relief zu erfühlen. Beim anschließenden<br />
Glätten und Ausrichten der<br />
Banknote ziehen Sie den Schein mit der<br />
anderen Hand so, dass die deutlich fühlbaren<br />
Schriftzeichen BCE, ECB, EZB,<br />
EKT, EKP zwischen Daumen und Zeigefinger<br />
der ersten Hand durchgleiten.<br />
Schnelltest mit Kippen<br />
MPEG Videos zum Download<br />
Quelle: Deutsche Bundesbank<br />
<strong>Euro</strong>-Banknotenfälschungen in Deutschland (i.Z.)<br />
pro Jahr seit 2002<br />
Dieser Film zeigt den<br />
Folienstreifen einer echten<br />
5 <strong>Euro</strong> Banknote. Beim Bewegen/<br />
Kippen der Banknote<br />
zeigt ein silbriger<br />
Spezialfolienstreifen im farbigen<br />
Wechselspiel mehrfach<br />
das <strong>Euro</strong>-Symbol oder<br />
die Wertzahl als Hologramm.<br />
Dieser Film zeigt den Perlglanzstreifen<br />
einer echten<br />
20 <strong>Euro</strong> Banknote. Auf der<br />
Rückseite wird ein goldfarbener<br />
Streifen ("Perlglanzstreifen")<br />
sichtbar, in dem<br />
sich das <strong>Euro</strong>-Symbol und<br />
die Wertzahl mehrfach dunkel<br />
absetzen.<br />
Dieser Film zeigt ein silbriges<br />
Folienelement im farbigen<br />
Wechselspiel das<br />
Architekturmotiv oder die<br />
Wertzahl als Hologramm,<br />
wenn man die Banknote<br />
bewegt bzw. kippt.<br />
Dieser Film zeigt den<br />
Wechsel die mit Spezialfarbe<br />
gedruckte große<br />
Wertzahl auf der Rückseite<br />
von Purpurrot nach Olivgrün<br />
oder Braun beim Kippen<br />
der Banknote.<br />
War die Banknote gefaltet oder konnten<br />
Sie aus einem sonstigen Grund nichts erkennen,<br />
dann müssen Sie die Banknote<br />
auffalten oder glätten. Eine winzige<br />
Kippbewegung aus dem Handgelenk<br />
lässt sich in diesem Bewegungsablauf<br />
unauffällig unterbringen. Schauen Sie<br />
dabei auf die Banknote.<br />
Schon eine relativ geringe Kippbewegung<br />
führt zum Farbwechsel bzw. zur<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 39
WIE SICHER IST DER EURO?<br />
Auf allen Banknoten <strong>ist</strong> der „Glanzstreifen“<br />
zu sehen (Abgebildet <strong>ist</strong> eine 20 EURO-<br />
Banknote).<br />
Hologramm ab der 50 EURO-Banknote<br />
(Abgebildet <strong>ist</strong> eine 50 EURO-Banknote).<br />
Hologramm bis 20 EURO-Banknoten<br />
(Abgebildet <strong>ist</strong> eine 20 EURO-Banknote).<br />
40 | <strong>numis</strong> Special 06/12
WIE SICHER IST DER EURO?<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 41
Geldwäsche?<br />
Sichere Banknoten? Kein Problem!<br />
In Kanada werden ab Ende 2013<br />
alle neu gedruckten Banknoten aus<br />
Kunststoff sein. Bereits sind schon<br />
die 50- und 100-Noten im Umlauf, sie<br />
können wie die alten Banknoten aus<br />
Papier gerollt und gefaltet werden. Sie<br />
sind langlebig, ca. zwei- bis dreimal<br />
länger als die Papierbanknoten, durch<br />
das reißfeste und waschbare Material.<br />
Durch die zwei transparenten Fenster,<br />
links ein Ahornblatt mit Zahlen eingearbeitet,<br />
die nur unter einem speziellen<br />
Licht sichtbar sind. Rechts ein Streifen<br />
mit Hologramm, die je nach Lichtverhältnissen<br />
die Farbe wechselt. Die Kanadische<br />
Regierung hat viel Zeit und Geld<br />
investiert, um den Schaden in der Vergangenheit<br />
von jährlich mehreren Millionen<br />
Dollar einzudemmen. Australien im<br />
Jahre 1988 war das erste Land das Plastikbanknoten<br />
eingeführt hat. Auch einige<br />
afrikanische Länder haben sich entschieden<br />
Ihre Banknoten nicht mehr aus Papier<br />
sondern in dem besonderen Plastikmaterial<br />
herzustellen und auszugeben.<br />
Warum Polymer?<br />
Zwischen 1992 und<br />
1996, die Reserve<br />
Bank of Australia<br />
(RBA) schrittweise<br />
eine neue Serie von<br />
Banknoten, um die ursprünglichen<br />
Dezimal-Banknoten, die erstmals im<br />
Jahr 1966 ausgegeben wurden ersetzen.<br />
Die neuen Banknoten werden auf Polymer<br />
(Kunststoff-) Substrat anstelle der<br />
traditionellen Papier gedruckt. Polymer-Banknoten-Technologie<br />
wurde in<br />
Australien entwickelt, die gemeinsam<br />
von der RBA und der Commonwealth<br />
Scientific and Industrial Research<br />
Organisation (CSIRO). Die RBA machte<br />
den Umzug in Polymer zu machen<br />
Australiens Banknoten <strong>sicher</strong>er gegen<br />
Fälschungen, die auf dem Vormarsch<br />
gewesen war als moderne Vervielfältigungsausrüstung<br />
wurde leichter verfügbar.<br />
Polymer-Banknoten sind auch<br />
haltbarer als Papier-Banknoten, sind<br />
sauberer und hygienischer, und können<br />
am Ende ihrer Nutzungsdauer in eine<br />
Reihe von Kunststoff-Produkten recycelt<br />
werden. Australien war das erste Land<br />
der Welt, um all ihren Papier-Banknoten<br />
mit Polymer-Banknoten zu ersetzen.<br />
Text: Ralf Enders, Bilder: Royal Bank of Canada<br />
42 | <strong>numis</strong> Special 06/12
IHR<br />
ABO-<br />
VORTEIL<br />
6 Ausgaben erhalten Sie zum Preis<br />
von 23 € inkl. Porto in Deutschland<br />
<strong>SPECIAL</strong><br />
Das Wissensmagazin rund ums Geld<br />
Regelmäßige,<br />
bequeme und<br />
kostenlose<br />
Lieferung<br />
an Ihre Adresse<br />
im Kuvert!<br />
Bestellen Sie jetzt unter<br />
abo.<strong>numis</strong>special.de
Die Abschaffung<br />
des Kupfercents<br />
44 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Das EU-Parlament plant die Abschaffung<br />
der kleinen Kupfermünzen.<br />
Es geht um Bargeld<br />
mit einem Gewicht von 120.000 Tonnen.<br />
Die von vielen wenig geliebten Ein- und<br />
Zwei-Cent-Münzen könnten im <strong>Euro</strong>-<br />
Zahlungsraum bald der Vergangenheit<br />
angehören. Das EU-Parlament hat zwei<br />
Vorlagen zur möglichen Abschaffung<br />
dieser Münzen und zur Einführung von<br />
Ein- und Zwei-<strong>Euro</strong>-Banknoten mit<br />
großer Mehrheit angenommen. Würde<br />
dies durchgesetzt, auch dem Deutschen<br />
Bundestag liegen entsprechende Petitionen<br />
vor, wäre demnächst der Glücks-<br />
Cent in der Nachfolge des Glückspfennigs<br />
passe, und der Bürger hätte außerdem<br />
wieder solche kleinen „Lappen“<br />
in der Brieftasche wie seinerzeit 1948,<br />
als die D-Mark eingeführt wurde; ebenfalls<br />
mit kleinen Scheinen.<br />
45 Milliarden Münzen sind<br />
ausgegeben worden<br />
Die kleinen Münzen; ihre Abschaffung -<br />
heißt es in der EU-Kommission – könnte<br />
zu Kostensenkungen bei der Münzproduktion<br />
und zu mehr Effizienz führen.<br />
Dabei geht es um 45 Milliarden Ein- und<br />
Zwei-Cent-Münzen, die europaweit ausgegeben<br />
worden sind. Sie besitzen einen<br />
Stahlkern und sind mit Kupfer ummantelt.<br />
Alle Münzen zusammen haben ein<br />
Gewicht von 120.000 Tonnen. Würde<br />
man sie aneinander legen, ergäbe sich<br />
eine Strecke, die den zweifachen Abstand<br />
von der Erde zum Mond umfasst.<br />
Schließlich: Ein-Cent-Münzen sind die<br />
einzigen <strong>Euro</strong>-Münzen, deren Materialwert<br />
nicht kleiner <strong>ist</strong> als ihr Nennwert.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 45
DIE ABSCHAffUnG DES KUPfERCEnTS<br />
Auch das Brötchen<br />
würde teuerer<br />
Im Jahr 2004 hatte die Abschaffung dieser<br />
Münzen schon einmal zur Diskussion<br />
gestanden. Doch eine Mehrheit der<br />
Bürger war dagegen gewesen. Denn<br />
befürchtet wurde und wird ein „Anpassungsprozeß“,<br />
der in Finnland und an<br />
den me<strong>ist</strong>en Kassen auch in den Niederlanden<br />
Praxis <strong>ist</strong>. Kosten beispielsweise<br />
bislang die Augentropfen in der Apotheke<br />
3,41 <strong>Euro</strong>, dann würde aufgerundet<br />
auf 3,45 <strong>Euro</strong>. Und das Brötchen, bisher<br />
mit 27 Cent ausgezeichnet, wäre dann<br />
30 Cent teuer. Marktforscher in der<br />
Bundesrepublik sehen das locker. „Der<br />
eine oder andere Kunde wird zwar zunächst<br />
stutzen, aber dann <strong>ist</strong> das Thema<br />
bald durch“.<br />
„Wer den Pfennig<br />
nicht ehrt…“<br />
„Bald durch“ <strong>ist</strong> es allerdings nicht<br />
für etliche Wohltätigkeitsorganisationen.<br />
Beispielsweise für die Organisatoren<br />
der im vergangenen März gegründeten<br />
Aktion „Deutschland rundet auf“. Bei<br />
vielen Unternehmen können Kunden an<br />
der Kasse ihren Rechnungsbetrag freiwillig<br />
zugunsten wohltätiger Zwecke<br />
aufrunden. Das hat im Startmonat bereits<br />
95.000 <strong>Euro</strong> eingebracht. Die Aktion,<br />
sie <strong>ist</strong> nicht die einzige dieser Art, geht<br />
ein bisschen nach dem alten Wort: „Wer<br />
den Pfennig nicht ehrt…“.<br />
<strong>Wie</strong> bezahlt die Braut<br />
ihre Brautschuhe?<br />
„Wer den Pfennig nicht ehrt, <strong>ist</strong> des<br />
Talers nicht wert“. Für Generationen<br />
war dieser Satz Leitspruch eines Sparsamkeitsideals,<br />
an dem nicht gerüttelt<br />
wurde. Doch die Zeiten haben sich geändert.<br />
In <strong>Euro</strong>pa denkt man in Zeiten<br />
von Finanzkrisen in Milliarden-Dimensionen.<br />
Kein Wunder also, dass die kleinen<br />
Kupferlinge – wenn auch mit<br />
Stahlkern – zur Disposition stehen. Sie<br />
sorgen bei den Banken und im Handel<br />
für Log<strong>ist</strong>ikprobleme. Wahrlich: Im<br />
Schuhgeschäft schlügen sie die Hände<br />
über dem Kopf zusammen, wenn eine<br />
Braut ihre Brautschuhe heute noch mit<br />
Pfennigen, genauer: Mit Cent-Stücken<br />
bezahlen wollte. Symbol für eine sparsame<br />
Braut war das einmal. Und der<br />
Glaube daran, dass in allem Kleinen der<br />
Ursprung für etwas Großes liegt...<br />
Quelle: Klaus J. Schwehn, Italien<br />
46 | <strong>numis</strong> Spezial 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 47
Helfen Sie<br />
traumatisierten<br />
Kindern.<br />
Mit uns. Weltweit.<br />
Kinder, die auf den Straßen von El Salvador oder Sierra Leone<br />
leben, erhalten eine berufliche Ausbildung. Kinder in Pak<strong>ist</strong>an<br />
und Indien, die im Steinbruch schuften, können künftig zur Schule<br />
gehen. Ehemalige Kindersoldaten in Kongo und Uganda finden<br />
psychologische Hilfe und neue Perspektiven. Caritas international<br />
arbeitet in vielen Ländern an einer besseren Welt für Kinder.<br />
Spendenkonto 202<br />
BFS Karlsruhe<br />
BLZ 660 205 00<br />
www.caritas-international.de
Cartoons<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 49
Cartoons<br />
50 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>SPECIAL</strong><br />
Rätsel<br />
Das Rätsel für diese<br />
Ausgabe lautet:<br />
<strong>Wie</strong>viele Sicherheitsmerkmale<br />
gibt es auf der<br />
50 EURO-Banknote?<br />
1. Preis:<br />
50,- EURO-Gutschein von<br />
AMAZON<br />
2. Preis:<br />
Ein Jahresabonnement der<br />
„Numis Special“<br />
Die Antwort senden Sie bitte an:<br />
raetsel@<strong>numis</strong>special.de<br />
Einsendeschluß <strong>ist</strong> der<br />
30.09.2012<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 51
Tresore<br />
Ein guter Tresor<br />
<strong>ist</strong> Gold wert!<br />
52 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 53
Allgemeine Informationen<br />
zum Tresorkauf<br />
Auf welche Eigenschaften eines<br />
Tresors sollten Besitzer wertvoller<br />
Münzsammlungen bei<br />
der Auswahl des passenden Wertschutzschrankes<br />
achten?<br />
Es sollten nur von neutralen Zertifizierungsinstituten<br />
wie der VdS GmbH<br />
oder der ESSA (<strong>Euro</strong>pean Security<br />
Systems Association e.V.) geprüfte und<br />
zertifizierte Tresore erworben werden.<br />
Sie sind an einer entsprechenden Zertifizierungsplakette<br />
im Inneren des Tresors<br />
erkennbar.<br />
Diese Tresore werden nach europaweit<br />
einheitlichen Kriterien auf ihre Einbruch<strong>sicher</strong>heit<br />
getestet. Bei den Tests<br />
der VdS Schadenverhütung beispielsweise<br />
wird ihnen mit allen mechanischen,<br />
elektrischen und thermischen<br />
Werkzeugen „zu Leibe gerückt“, mit<br />
denen auch Unbefugte versuchen könnten,<br />
einen Tresor zu öffnen, z.B. Vorschlaghammer,<br />
Bohrmaschine, Winkelschleifer<br />
oder Brennschneider.<br />
Über einige der bei den Tests verwendeten<br />
Spezialwerkzeuge bewahrt das<br />
Prüfinstitut sogar Stillschweigen, um<br />
Nachahmungen zu verhindern.<br />
Nur wenn die Tresore den Aufbruchtests<br />
standhalten, bekommen sie als Qualitätssiegel<br />
eine Prüfplakette, die den erreichten<br />
Widerstandsgrad nach <strong>Euro</strong>-Norm<br />
dokumentiert. Die wesentlichste Norm<br />
für den Einbruchschutz von Wertschutzschränken<br />
<strong>ist</strong> die EN 1143-1.<br />
Der Widerstandsgrad <strong>ist</strong> wichtig für die<br />
Ver<strong>sicher</strong>barkeit des Tresorinhalts. Je<br />
höher der Widerstandsgrad, desto höher<br />
54 | <strong>numis</strong> Special 06/12
TRESORE<br />
kann der Tresorinhalt ver<strong>sicher</strong>t werden.<br />
Bei den gängigen Widerstandsgraden<br />
0 bis IV liegen die Ver<strong>sicher</strong>ungssummen<br />
zwischen 40.000 und 400.000 <strong>Euro</strong><br />
und steigen bei noch höheren Widerstandsgraden<br />
entsprechend weiter an.<br />
Diese Angaben sind unverbindliche<br />
Richtwerte, die je nach Ver<strong>sicher</strong>ung<br />
leicht variieren können. Am besten sind<br />
die Ver<strong>sicher</strong>ungssummen bei der eigenen<br />
Sachver<strong>sicher</strong>ung zu erfragen.<br />
Bei Anschluss des Tresors an eine<br />
VdS-anerkannte Einbruchmeldeanlage<br />
(EMA) erhöhen – in der Regel verdoppeln<br />
– sich die Ver<strong>sicher</strong>ungssummen.<br />
Wer dies in Betracht zieht, sollte also<br />
überlegen, den Tresor gleich mit Komponenten<br />
zum Anschluss an eine EMA<br />
ausstatten zu lassen.<br />
Nicht nur an den Einbruchschutz, auch<br />
an den Feuerschutz sollte man bei der<br />
Anschaffung eines Tresors denken –<br />
schließlich können Münzen auch bei<br />
einem Brand Schaden nehmen. Auch<br />
hier gilt: nur Tresore erwerben, die neben<br />
dem geprüften Einbruchschutz auch über<br />
einen ebenfalls geprüften Feuerschutz<br />
verfügen, sogenannte Duplexschränke.<br />
Eine Überlegung wert <strong>ist</strong> auch die Wahl<br />
des Schlosses. Ein Elektronikschloss <strong>ist</strong><br />
in der Anschaffung etwas teurer als ein<br />
Doppelbartschloss, bietet aber einen<br />
entscheidenden Vorteil: Es gibt keinen<br />
Schlüssel, der verloren gehen könnte und<br />
um dessen <strong>sicher</strong>e Verwahrung man sich<br />
wiederum Gedanken machen muss. Ein<br />
Elektronikschloss signalisiert eventuellen<br />
Einbrechern zudem, dass es sich<br />
nicht lohnt, auf der Suche nach einem<br />
Schlüssel Schränke und Schubladen zu<br />
durchwühlen.<br />
Die wesentlichen Eigenschaften eines<br />
Tresors sind von außen nicht sichtbar<br />
und können von Laien nicht beurteilt<br />
werden. Daher <strong>ist</strong> Vorsicht bei besonders<br />
günstigen „Schnäppchen“ geboten – ein<br />
Tresor sollte nur nach vorheriger Beratung<br />
im Fachhandel gekauft werden.<br />
Wo und wie sollte ein Tresor<br />
aufgestellt werden?<br />
In der Regel sollte ein Tresor so aufgestellt<br />
werden, dass er von Besuchern<br />
nicht sofort gesehen wird, z. B. in einem<br />
Keller- oder Nebenraum.<br />
Tresore lassen sich auch als Wandtresore<br />
einmauern – dies <strong>ist</strong> vor allem eine<br />
Option, wenn schon beim Neu- oder<br />
Umbau an das Thema Einbruchschutz<br />
gedacht wird.<br />
Wichtig <strong>ist</strong> es, den Tresor professionell<br />
verankern zu lassen. Für Tresore mit<br />
einem Gewicht unter 200 kg <strong>ist</strong> dies in<br />
Hausratsrisiken ohnehin verpflichtend,<br />
die VdS Schadenverhütung GmbH empfiehlt<br />
eine Verankerung jedoch dringend<br />
bei allen Tresoren unter 1.000 kg * – denn<br />
sonst besteht die Gefahr, dass der<br />
Schrank im Falle eines Einbruchs einfach<br />
mitgenommen werden kann.<br />
Quellen:<br />
* VdS 0691 „Sicherungsempfehlungen<br />
für Haushalte“<br />
HARTMANN TRESORE AG<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 55
TRESORE<br />
Keine Chance für Panzerknacker<br />
Tresore oder stählerne<br />
„Geldmöbel“ blicken auf<br />
eine lange Geschichte zurück.<br />
Heute sind sie vielseitig<br />
einsetzbar.<br />
Ob Uhren, Schmuck, Geld oder<br />
Goldbarren - Tresore gibt es<br />
schon so lange wie Menschen<br />
ihren Besitz ab<strong>sicher</strong>n. Im Laufe der<br />
Jahrhunderte haben sie sich von simplen<br />
Schatztruhen in wahre High-Tech-<br />
Gebilde gewandelt. Mussten vormals<br />
Besitzer beispielsweise ihre Schatullen<br />
vergraben, um so ihre Schätze vor Dieben<br />
zu schützen, so können heute Eigner<br />
dem ganzen entspannt entgegen sehen.<br />
Denn schon längst bieten die stählernen,<br />
sehr anpassungsfähigen Schutzschränke<br />
je nach Einsatz einen enorm hohen<br />
Schutz.<br />
Landläufig gilt der Tresor (griechisch<br />
θεσαύρος oder Schatzkammer) als ein<br />
besonders ge<strong>sicher</strong>tes Behältnis für<br />
Geld, Wert- oder sonstige Gegenstände<br />
wie Kunst, Waffen oder Datenträger.<br />
Doch im Zeitalter der Internationalisierung<br />
und Technologisierung haben auch<br />
Tresore neue Züge angenommen.<br />
So gibt es heute Behältnisse von unterschiedlichster<br />
Materialbeschaffenheit<br />
und Ausrichtung - demzufolge <strong>ist</strong> die<br />
Produktpalette vielfältig und lässt keinen<br />
Kundenwunsch offen: von Haustresoren,<br />
Möbeleinbautresoren über fre<strong>ist</strong>ehende<br />
Wertschutzschränke und hochmoderne<br />
Papier– und Daten<strong>sicher</strong>ungsschränke<br />
bis zu modernen Cash-Safes inklusive<br />
integrierten Cash-Management-Systemen.<br />
Hinzu kommen ergänzendes Engineering<br />
und integrierte, softwarebasierte<br />
Steuerungs- und Überwachungsmöglichkeiten<br />
einzelner Tresormodule. Moderne<br />
Deposit Safes beispielsweise lassen sich<br />
mit Radio Frequency Identification<br />
(RFID) Technologie ausgestatten. Hierbei<br />
werden mit Funk-Chips versehene<br />
Safebags beim so genannten Cash drop<br />
von Lesegeräten erfasst und damit durchgängig<br />
kontrolliert und ge<strong>sicher</strong>t.<br />
Vom Einzelkämpfer zur<br />
Serien-Produktion<br />
Dieses sehr vielschichtige technische<br />
Raffinement zeugt von der großen Innovationskraft<br />
der Hersteller:<br />
Zunächst gab es unter den Tresorbauern<br />
den klassischen „Einzelkämpfer“,<br />
der bis 1960 die Behältnisse je nach<br />
Kundenanforderung und Situation in unterschiedlicher<br />
Ausführung nach Maß<br />
56 | <strong>numis</strong> Special 06/12
TRESORE<br />
fertigte. In dieser Zeit galten Tresore<br />
landläufig als ein im Keller „verstecktes“<br />
Beiwerk zum Schutz gegen Diebstahl<br />
oder Feuer; die Herstellung richtete sich<br />
jedoch nach keinen festgelegten Normen<br />
oder gesetzlichen Vorgaben.<br />
Viel hat sich seitdem geändert. Heute<br />
sind die Geld- und Wertmöbel längst zu<br />
einem wichtigen Bestand unterschiedlichster<br />
Sicherlösungen avanciert, die<br />
allesamt strenge Regeln erfüllen. Denn<br />
die Kunden wollen zunehmend Lösungen,<br />
die neben einer hohen Materialsqualität<br />
auch höchste Sicherheitsstandards<br />
aufweisen.<br />
Auf dem Prüfstand<br />
Um in dem Umfeld eine verbindliche<br />
Grundlage für die Anwender zu schaffen,<br />
erarbeitete daher der Fachverband Sicherheitssysteme<br />
im VDMA (Verband<br />
Deutscher Maschinen- und Anlagenbau<br />
e.V.) einzelne Richtlinien, wo je nach<br />
Bauart und Anwendung die Stahl- und<br />
Wertschutzschränke einzelnen Sicherheitsklassen<br />
zugeteilt werden - immer<br />
unterteilt in Einbruchschutz und Feuerschutz.<br />
In den jeweiligen Stufen decken die<br />
Ver<strong>sicher</strong>ungsunternehmen Beträge von<br />
2.500 <strong>Euro</strong> bis zu mehreren 100.000<br />
<strong>Euro</strong> ab. Hiermit zeigt sich, dass der<br />
Schutzwert eines Wertschrankes nach<br />
äußerlichen Merkmalen kaum zu beurteilen<br />
<strong>ist</strong>.<br />
Allein die im Schrank befindliche Plakette<br />
dokumentiert die Sicherheit, wenn<br />
sie mit dem Kennzeichen VdS (Verband<br />
der Sachver<strong>sicher</strong>er) oder ECB-S (<strong>Euro</strong>pean<br />
Certification Boards Security) versehen<br />
<strong>ist</strong>. Im Zuge der Harmonisierung<br />
des europäischen Marktes wurden in den<br />
letzten Jahren durch das europäische<br />
Institut CEN (Comité <strong>Euro</strong>péen de Normalisation)<br />
internationale Prüf- und Gütenormen<br />
für die Tresore eingeführt.<br />
Um die begehrte Prüfplakette zu erlangen,<br />
werden gemäß der <strong>Euro</strong>panorm<br />
CEN EN 1143 - 1 Geldschränke, Tresorraumtüren,<br />
Tresorräume auf den Widerstand<br />
bei Einbruchdiebstahl getestet;<br />
Deposit-Systeme werden gemäß der<br />
CEN EN 1143 - 2 unter anderem in<br />
puncto Gewaltanwendung, Herausfischen<br />
(Fishing) von Deposit`s und Abfangen<br />
(Trapping Last Deposit) geprüft,<br />
Papier und Daten<strong>sicher</strong>ungsschränke<br />
nach der EN 1047-1.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 57
Die Entwicklung von dem einfachen<br />
Tresor zu einem technologisch ausgereiften<br />
Schutzschrank erfordert Spezialwissen:<br />
In der hauseigenen Entwicklung<br />
und Produktion in Hessisch Lichtenau<br />
arbeiten daher Entwickler, Ingenieure<br />
und durchweg qualifizierte Facharbeiter<br />
Hand in Hand.<br />
Die versierten Monteure und Schweißer<br />
stehen nicht – wie man vielleicht erwarten<br />
könnte - am Fließband. Vielmehr<br />
<strong>ist</strong> jeder Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz<br />
für „seinen“ Tresor verantwortlich,<br />
den er von Anfang bis zur Abnahme<br />
durch den Betriebsleiter komplett in Eigenregie<br />
fertigt. Darüber hinaus haben<br />
die Lichtenauer in der „Next Generation<br />
Production“ die weltweit einzige vollautomatisierte<br />
Safeproduktion in Betrieb<br />
genommen, die kleinere Margen flexibel<br />
und bedarfsgerecht produziert - – punktgenau<br />
und just in time.<br />
Pfiffige Lösungen von<br />
Spezial<strong>ist</strong>en<br />
Dieses für den Laien sehr komplizierte<br />
Regelwerk gilt auch für die Format<br />
Tresorbau GmbH & Co.KG aus Hessisch<br />
Lichtenau. Das 1989 gegründete Spezialunternehmen<br />
bietet ein breites Produktsortiment:<br />
Wert- und Brandschutzschränke unterschiedlichster<br />
Ausführung, modernste<br />
softwarebasierte Cash-Management-<br />
Systeme, Daten<strong>sicher</strong>ungsschränke und<br />
Server<strong>sicher</strong>ung bis hin zu speziellen<br />
Branchenlösungen wie Apotheker-Safes.<br />
„Viele der Wertschutzschränke werden<br />
nicht mehr nur durch Schlüssel, sondern<br />
vorrangig durch moderne Elektronik-,<br />
Zeit- oder Zahlenkombinationsschlösser<br />
ge<strong>sicher</strong>t“, erläutert Jürgen Feihl. Geschäftsführer<br />
von Format Tresorbau,<br />
„Damit können Tresore über implementierte<br />
Software-Lösungen intelligent mit<br />
anderen Sicherheitsgewerken verzahnt<br />
werden. Und der Anwender hat die Möglichkeit,<br />
jeglichen Zugriff auf einen<br />
Wertschrank jederzeit zu kontrollieren.“<br />
ECB•S<br />
ECB•S <strong>ist</strong> die „Marke“ der <strong>Euro</strong>pean Security<br />
Systems Association (ESSA) e.V.<br />
als akkreditierte Zertifizierungsstelle<br />
nach EN 45 011 für Sicherheitsprodukte.<br />
Die ESSA bietet als europäisch orientierter<br />
Zertifizierer nach EN 45 011<br />
Zertifizierungsdienstle<strong>ist</strong>ungen für Erzeugnisse<br />
der Sicherheitsbranche<br />
□ zum Schutz gegen Einbruchdiebstahl<br />
□ zum Schutz gegen Brände<br />
□ für Hoch<strong>sicher</strong>heitsschlösser<br />
□ und für feuerwiderstandsfähige<br />
Lagerschränke<br />
Die ESSA <strong>ist</strong> seit 1996 Mitglied der <strong>Euro</strong>pean<br />
Fire and Security Group (EFSG),<br />
der <strong>Euro</strong>päischen Vereinigung der nationalen<br />
Zertifizierungsorganisationen<br />
unter anderem für Einbruchdiebstahl-<br />
Produkte, Alarmanlagen oder brandschutztechnische<br />
Erzeugnisse.<br />
Informationen unter www.ecb-s.com<br />
Quelle: 2/2009 – Medium<br />
FORMAT Tresorbau GmbH & Co. KG<br />
58 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 59
Auktionshaus Sotheby’s<br />
Seit 268 Jahren eine der besten<br />
Adressen, wenn es um Kunst geht<br />
60 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 61
62 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Sotheby’s <strong>ist</strong> mit Auktionszentren<br />
in New York, London, Paris und<br />
in Hongkong vertreten, und beschäftigt<br />
mehr als 300 Experten, die über<br />
70 Sammelgebiete betreuen, unter anderem<br />
Armband- und Standuhren, Bücher,<br />
Fotografien, Gemälde, Möbel, Musikinstrumente,<br />
Manuskripte, Skulpturen,<br />
Teppiche und Wein und natürlich auch<br />
Juwelen.<br />
Ein dicht verzweigtes Netz mit weltweit<br />
100 Niederlassungen (vier davon in<br />
Deutschland) in 40 Ländern, darunter<br />
in Moskau/Russland, Beijing/China,<br />
Doha/Katar, Jakarta/Indonesien, garantiert<br />
dafür, daß jeder Kunde umfassend<br />
betreut und beraten wird. Ein besonderer<br />
Sotheby’s-Service <strong>ist</strong> das Schätzen von<br />
Kunstgegenständen.<br />
Jeder Interessierte kann nach Voranmeldung<br />
im nächstgelegenen Sotheby’s-<br />
Büro seinen Besitz (sei es ein Gemälde,<br />
ein antiker Teppich oder ein Diamantcollier)<br />
von einem Experten auf seinen<br />
Wert hin prüfen lassen – völlig kostenlos<br />
und unverbindlich.<br />
Im Jahre 1744 wurde Sotheby’s von<br />
Samuel Baker in London gegründet.<br />
Doch erst sein Neffe John Sotheby, der<br />
1778 in die Firma eintrat, hat der Firma<br />
ihren endgültigen Namen gegeben.<br />
200 Jahre lang dominierten Bücher und<br />
Handschriften das Geschäft. Den Aufstieg<br />
zum Weltauktionator und Finanzimperium<br />
verdankt Sotheby’s dem Ehrgeiz,<br />
der Geschicklichkeit und dem<br />
Charme des legendären Chairmans Peter<br />
Wilson, der nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
als der große Stratege die Internationalisierung<br />
des Auktionsgeschäftes betrieb.<br />
1983 übernahm der amerikanische Geschäftsmann<br />
und Kunstfreund Alfred<br />
Taubman das Unternehmen. In seiner<br />
Ära wurden erstmals phänomenale<br />
Höchstpreise für Impression<strong>ist</strong>en bezahlt<br />
(78 Millionen Dollar beispielsweise für<br />
das Renoir-Gemälde „Au Moulin de la<br />
Galette“). Und im Mai 1990 erzielte<br />
Sotheby’s in einer einzelnen Impression<strong>ist</strong>en-Auktion<br />
einen nie dagewesenen<br />
Rekord-Umsatz: 286 Millionen Dollar.<br />
Jährlich veranstaltet Sotheby’s mehr<br />
als 300 Auktionen weltweit. Dabei erzielte<br />
Sotheby’s in der ersten Hälfte des<br />
Jahres 2011 einen Konzernumsatz von<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 63
AUKTIOnSHAUS SOTHEBy’S<br />
$ 3,4 Milliarden. Während der letzten<br />
Jahrzehnte hat Sotheby’s im Bereich<br />
„Kunst des Impressionismus & Klassische<br />
Moderne“ sowie „Zeitgenössische<br />
Kunst“ exzeptionelle Me<strong>ist</strong>erwerke und<br />
die berühmtesten Sammlungen dieser<br />
Welt versteigert, so wie die Deyhle-<br />
Sammlung, die Beck-Sammlung, die<br />
Helga und Walther Lauffs Sammlung,<br />
die „Sammlung Lenz Schönberg“ sowie<br />
im Frühjahr 2012 die „Sammlung Gunter<br />
Sachs“.<br />
Im Februar 2010 avancierte mit<br />
£ 65.001,250 ($ 104.327,006; 74.185,983)<br />
Alberto Giacomettis L’Homme qui marche<br />
I zur teuersten Skulptur, die jemals in<br />
einer Auktion verkauft wurde (Schätzpreis:<br />
£ 12 Mio.-18 Mio.). Diese Skulptur,<br />
die seit 1980 Teil der Unternehmenssammlung<br />
der Dresdner Bank AG war,<br />
kam nach der Übernahme der Dresdner<br />
Bank AG 2009 in den Besitz der<br />
Commerzbank.<br />
Unter den weiteren Verkäufern in der<br />
Auktionsgeschichte von Sotheby’s befanden<br />
sich so bekannte Namen wie der<br />
Herzog und die Herzogin von Windsor,<br />
die Fürstin von Thurn und Taxis, Karl<br />
Lagerfeld, Sir Elton John, Andy Warhol,<br />
Andrew Lloyd Webber, Wolfgang Joop,<br />
die Kinder von Jackie Kennedy Onassis,<br />
Cher und Damien Hirst („Pharmacysale“).<br />
Sotheby’s hält den Weltrekord für eine<br />
Schlossauktion: Die größte Schlossauktion<br />
in der bisherigen Auktionsgeschichte<br />
endete mit einem sensationellen<br />
Ergebnis von € 43.950,915.<br />
Erzielt wurde dieses fulminante Ergebnis<br />
auf Schloss Marienburg mit der Auktion<br />
der „Kunstwerke des königlichen<br />
Hauses Hannover“. Die bis dahin erfolgreichsten<br />
deutschen Sotheby’s-Auktionen<br />
waren mit 77,7 Millionen DM<br />
(34,1 Mio. £) die Markgrafen-Auktion in<br />
Baden-Baden im Oktober 1995 und mit<br />
31,4 Millionen DM (12,8 Mio. £) die<br />
Thurn-und-Taxis-Auktion im Oktober<br />
1993 in Regensburg.<br />
Anfang 2004 vermittelte Sotheby’s den<br />
Verkauf der Fabergé-Kollektion aus der<br />
vormals legendären Forbes Sammlung<br />
an den russischen Industriellen Viktor<br />
Vekselberg. Im Mai 2007 wurde in New<br />
York das Ölgemälde „White Center“ von<br />
Mark Rothko für ein sensationelles<br />
Ergebnis von $ 72,8 Millionen versteigert<br />
– dies <strong>ist</strong> ein Rekordpreis, den je<br />
ein zeitgenössisches Werk bei Sotheby’s<br />
erzielt hat. Im September 2007 erstand<br />
Alischer Usmanow die komplette ursprünglich<br />
zur Auktion kommende<br />
Kunstsammlung des verstorbenen Cell<strong>ist</strong>en<br />
Rostropowitsch und seiner Frau der<br />
Sopran<strong>ist</strong>in Galina Vischneskaya.<br />
Im November 2007 erzielte in New<br />
York Jeff Koons “Hanging Heart” mit<br />
$ 23,6 Millionen einen Auktionsrekordpreis<br />
- das bisher höchste Ergebnis, das<br />
je in einer Auktion für ein Werk eines<br />
lebenden Künstlers realisiert wurde.<br />
Im Sommer 2008 versteigerte Sotheby’s<br />
in London in der zweitägigen Auktion<br />
„Beautiful Inside My Head Forever“<br />
erstmals ganz neue Werke von Damien<br />
Hirst - einem der führenden britischen<br />
Künstler des 21. Jahrhunderts. In dieser<br />
h<strong>ist</strong>orischen Versteigerung wurde mit<br />
über $ 200 Millionen ein fulminantes<br />
Ergebnis realisiert.<br />
Am 2. Mai 2012 schrieb Sotheby’s<br />
Auktionsgeschichte als der Auktionator<br />
des Abends, Tobias Meyer, Edvard<br />
Munchs‘ Me<strong>ist</strong>erwerk „Der Schrei“ als<br />
Losnummer 20 aufrief: Nach einem lang<br />
anhaltenden Bieterwechsel zwischen anfänglich<br />
mindestens acht Bietern, der<br />
sich am Ende über 12 Minuten lang<br />
zwischen zwei Bietern am Telefon abspielte,<br />
avancierte mit $ 119.922,500 /<br />
£73.921,284 / € 91.033,826 diese von<br />
1895 stammende Version (Pastell auf<br />
Karton) zum teuersten jemals zur Auktion<br />
kommenden Werk schlechthin!<br />
Dieses Gemälde, das aus dem Besitz des<br />
norwegischen Geschäftsmannes Petter<br />
Olsen zur Auktion kam, dessen Vater<br />
Thomas Olsen Freund, Förderer und<br />
Nachbar von Munch war, war seit mehr<br />
als 70 Jahren Teil der Sammlung der Familie<br />
Olsen und wechselte als eine von<br />
vier bestehenden Versionen dieses Sujets<br />
in den Besitz eines anonymen Käufers.<br />
Text- und Bildquellen:<br />
Sotheby’s Frankfurt/Main<br />
64 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 65
66 | <strong>numis</strong> Special 06/12
Das besondere Objekt<br />
Die Serie zu Exponaten aus der<br />
Geldgeschichtlichen Sammlung<br />
der Deutschen Bundesbank<br />
Teil 1 - Was kommuniziert Geld?<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 67
DAS BESOnDERE OBjEKT<br />
Quelle: „Copyright: Deutsche Bundesbank,<br />
Frankfurt am Main, Deutschland“<br />
68 | <strong>numis</strong> Special 06/12
DAS BESOnDERE OBjEKT<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 69
Münze Österreich<br />
Nicht nur eine Münzstätte<br />
70 | <strong>numis</strong> Special 06/12
MünZE ÖSTERREICH<br />
Die heutige Münze Österreich AG<br />
<strong>ist</strong> das am längsten bestehende<br />
Unternehmen in Österreich.<br />
Kein anderes heimisches Unternehmen<br />
blickt auf eine derart lange, ereignisund<br />
erfahrungsreiche Geschichte zurück.<br />
Heute <strong>ist</strong> sie der Grundstein auf dem<br />
modernste Technik und international gefragtes<br />
Know-how aufbauen.<br />
Begonnen hat alles im Jahr 1194, also<br />
ganz genau weiß man das heute natürlich<br />
nicht mehr. Jedenfalls taucht die „<strong>Wie</strong>ner<br />
Münze“ als Institution erstmals 1194 in<br />
den Geschichtsbüchern auf. Zu ihrer<br />
Gründung hat ein Silberschatz beigetragen,<br />
den die Babenberger den Rauhen<br />
Sitten der damalogen Zeit verdankten.<br />
Reisen wir also zurück in die Zeit des<br />
ausklingenden 12. Jahrhunderts, in die<br />
Zeit der Kreuzzüge.<br />
Der Babenberger Herzog Leopold V.<br />
(1157-1194) wie auch der englische<br />
König Richard Löwenherz (1157-1199)<br />
nahmen damals am Dritten Kreuzzug<br />
im Heiligen Land teil. Bei der Eroberung<br />
der Festung Akkon, unweit von Jerusalem,<br />
im Jahr 1191 kam es zum Streit<br />
zwischen den beiden. Wenig diplomatisch<br />
hatte König Richard die Standarte<br />
Leopolds vom Burgturm werfen lassen.<br />
Während Leopold wütend abre<strong>ist</strong>e,<br />
machte sich Richard erst Ende Oktober<br />
1192 auf den Heimweg. Ein Schiffbruch<br />
in der Adria zwang ihn, die Heimreise zu<br />
Land fortzusetzen. Sein Weg führte ihn<br />
über österreichisches Gebiet. Obwohl als<br />
Pilger verkleidet wurde er in Erdberg –<br />
also nicht weit von hier – erkannt und<br />
von Leopolds Truppen festgenommen.<br />
Der englische König wurde in Dürnstein<br />
gefangen gehalten und 1193 an<br />
Kaiser Heinrich VI. ausgeliefert. Der<br />
Preis für seine Freilassung waren letztlich<br />
100.000 kölnische Mark Silber,<br />
das sind etwa 23 Tonnen. Eine enorme<br />
Summe, die wohl nie zur Gänze bezahlt<br />
wurde.<br />
Von seinem Anteil, etwa 11 Tonnen,<br />
ließ Leopold die Befestigung von <strong>Wie</strong>n<br />
sowie von Enns und Hainburg erneuern.<br />
Er verwendete das Silber auch, um die<br />
<strong>Wie</strong>ner Neustadt zu gründen. Und<br />
schließlich wurde von ihm im Jahr 1194<br />
die erste <strong>Wie</strong>ner Prägestätte errichtet, wo<br />
Silber aus dem Lösegeld unter den Prägehammer<br />
kam und zum berühmten<br />
<strong>Wie</strong>ner Pfennig wurde.<br />
Die Münze entstand tatsächlich „am<br />
Hof“, nämlich am Hof der Babenberger.<br />
Der Sitz der „Urmünze“ dürfte wahrscheinlich<br />
zwischen den Hohen Markt<br />
und der Landskrongasse gewesen sein.<br />
Heute erinnert eine Gedenktafel an den<br />
Standort der ersten <strong>Wie</strong>ner Prägestätte.<br />
Um die Geschichte abzuschließen sei<br />
erwähnt, dass Leopold vom Papst wegen<br />
des Festhaltens eines Kreuzfahrers exkommuniziert<br />
wurde. Erst als er am<br />
Sterbebett unter anderem versprach, das<br />
Lösegeld zurückzugeben, wurde der Kirchenbann<br />
aufgehoben. Wenig überraschend:<br />
Viel war vom Lösegeld nicht<br />
übrig.<br />
Herzog Albrecht III. schenkte 1386 den<br />
Münzhof den Karmelitern. Die Prägestätte<br />
verlegte man in die Wollzeile.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 71
MünZE ÖSTERREICH<br />
Wir kennen die erste urkundliche Erwähnung<br />
der neuen Adresse aus dem Jahr<br />
1397. Rund 350 Jahre blieb die <strong>Wie</strong>ner<br />
Prägestätte nun in der Wollzeile.<br />
Nicht nur das Schlagen der Münzen,<br />
auch die Herstellung des Vormaterials<br />
war im Mittelalter Handarbeit.<br />
Hatte der Gießer das Metall geschmolzen<br />
und die Zaine - die schmalen, dünnen<br />
Metallstreifen – gegossen, griff der<br />
Zainme<strong>ist</strong>er zum Hammer und schlug<br />
und schlug bis die Münzdicke erreicht<br />
war. Der Schrotme<strong>ist</strong>er schnitt mit der<br />
Benehmschere aus dem gehämmerten<br />
Blech die Schrötlinge (heute Ronden genannt)<br />
und bemühte sich, mit diesen<br />
Plättchen dem Münzgewicht möglichst<br />
nahe zu kommen. Das führte zu einer<br />
großzügigen Gewichtstoleranz, die in der<br />
Praxis nur dadurch ausgeglichen werden<br />
konnte, dass man beim Zahlen auf ein<br />
möglichst genaues Gesamtgewicht der<br />
Münzen Wert legte.<br />
Mitte des 15. Jahrhunderts begann man<br />
unter Kaiser Friedrich III. mit der Prägung<br />
von Kreuzern, Halbgroschen und<br />
Groschen, später folgten Dukaten und<br />
Goldgulden. Der <strong>Wie</strong>ner Pfennig wurde<br />
nach und nach zur geringwertigen Kleinmünze.<br />
Fehlendes Gold und die Entdeckung<br />
großer Silbervorkommen führten<br />
dazu, dass Groß-Silbermünzen geprägt<br />
wurden. Hochwertigere und größere<br />
Münzen, wie die Guldiner und später die<br />
Taler – von dessem Namen sich später<br />
auch der Dollar ableiten sollte - waren<br />
nun gefragt.<br />
Die neuen und größeren Münzen verlangten<br />
nun auch einen Wandel in der<br />
Technik.<br />
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gab<br />
es erste Versuche, die Walzenprägung,<br />
die in Tirol recht gut funktionierte, auch<br />
in <strong>Wie</strong>n einzuführen. Der Erfolg blieb<br />
aber aus. Eine Ursache dafür dürfte die<br />
fehlende Wasserkraft zum Betrieb der<br />
Anlage gewesen sein.<br />
Die größeren Aufgaben verlangten aber<br />
auch mehr Platz. So entstanden im<br />
17. Jahrhundert Nebenbetriebe, etwa in<br />
Gumpendorf und im Stadtgraben bzw.<br />
im sogenannten Münzgraben.<br />
Im Münzgebäude in der Wollzeile trug<br />
sich eine weitere Anekdote in der Geschichte<br />
des Hauses zu:<br />
Im Jahr 1679 suchte die Pest, der<br />
schwarze Tod, abermals <strong>Wie</strong>n heim. In<br />
diesem Jahr ereignete sich nicht nur die<br />
Geschichte des lieben Augustin.<br />
Der damalige Münzme<strong>ist</strong>er Matthias<br />
Mittermayer von Waffenberg war sehr<br />
um seine Mitarbeiter und deren Familien<br />
bemüht. Deshalb beschloss er, seine<br />
Leute, deren Familien und sich selbst<br />
sowie die notwendigsten Lebensmittel<br />
für die nächsten Monate im wahrsten<br />
Sinn des Wortes in der Prägestätte einzumauern.<br />
Alle Münzer begaben sich in<br />
„ihr“ Gebäude, und sämtliche Fenster<br />
und Türen wurden bis auf winzige Gucklöcher<br />
zugemauert. Als neun Monate<br />
später die Epidemie ein Ende nahm und<br />
die Totenglocken in der Stadt immer seltener<br />
zu hören waren, war das Wunder<br />
perfekt: Die Pest hatte alle Münzer und<br />
deren Familien verschont. „Nicht ein<br />
Kind fehlte, ja nicht einmal ein Krankheitsfall<br />
hatte sich unter ihnen ergeben.“<br />
Zum Dank wurde eine jährliche Wallfahrt<br />
beschlossen, die bis heute satttfindet<br />
und zwar zur Dreifaltigkeitskirche in<br />
Lainz. Die alljährliche „Münzer“-Wallfahrt<br />
zählt heute zu den ältesten aufrechten<br />
Traditionen der Stadt.<br />
Einen Höhepunkt erlebte die Münze in<br />
<strong>Wie</strong>n, als Karl VI. 1733 eine Graveurakademie<br />
gründete. Schon seit ungefähr<br />
1715 sprach man nicht mehr vom Münzamt<br />
sondern vom Hauptmünzamt, und<br />
ab 1764 haben wir es schriftlich:<br />
,,lst das allhiesige Haupt-Münz-Amt<br />
nicht ein Simples Münz-Amt, sondern<br />
zugleich auch quasi ein Factor-Amt<br />
für alle Erbländische Münz- und Berg-<br />
Ämter“.<br />
Mit fortschreitender Zeit wurde die Organisation<br />
der vielen Produktionsstätten<br />
der Monarchie zu einem Problem, mittlerweile<br />
war unter der Regierung Maria<br />
Theresias 1753 die <strong>Wie</strong>ner Münze zum<br />
Kay. Kön. Haubt-Müntz-Ambt (Kaiserlich<br />
Königliches Hauptmünzamt) aufgestiegen<br />
und für die Versorgung der<br />
österreichischen Teile des Reiches mit<br />
Münzen zuständig.<br />
Für den ungarischen Teil war Kremnitz<br />
zuständig, eine Prägestätte mit ähnlichem<br />
h<strong>ist</strong>orischem Hintergrund. Heute<br />
liegt Kremnitz in der Slowakei und <strong>ist</strong><br />
deren Prägestätte.<br />
1752 erwarb der Staat das ehemalige<br />
Winterpalais des Prinzen Eugen, jenes<br />
Palais in der Himmelpfortgasse 8, in dem<br />
sich heute das Finanzmin<strong>ist</strong>erium befindet.<br />
Neben verschiedenen Ämtern und<br />
Behörden hielt hier auch die Münze<br />
Einzug. Wo der feinsinnige Prinz einst<br />
seine illustren Gäste empfangen hatte,<br />
stampften jetzt die Stoßwerke der Prägemaschinen.<br />
Als nach der Einführung des<br />
Kupferkreuzers Tag und Nacht gearbeitet<br />
wurde, fühlte sich ein Min<strong>ist</strong>er, der auch<br />
hier wohnte, empfindlich in seinem<br />
Schlaf gestört.<br />
Es gab aber noch ein weiteres Haus am<br />
Ochsengries (heute am Heumarkt), also<br />
bereits auf dem Areal der heutigen<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG.<br />
Schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />
stiegen die Anforderungen an<br />
das <strong>Wie</strong>ner Münzamt, und in den ersten<br />
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts waren<br />
immer mehr Prägungen notwendig.<br />
Wurden am Anfang in der Himmelpfortgasse<br />
jährlich nur einige hunderttausend<br />
Gulden geprägt, so waren es um<br />
1830 jedes Jahr ungefähr vier Millionen<br />
in Gold oder Silber. Verschiedene Werkstätten<br />
lagen außerhalb des Hauses. Das<br />
alte Palais war zu klein geworden.<br />
,,Mit allerh. Entschließung weiland Sr.<br />
Majestät Kaiser Franz I. vom 7. Novem-<br />
72 | <strong>numis</strong> Special 06/12
MünZE ÖSTERREICH<br />
ber 1834 <strong>ist</strong> die Erbauung eines neuen<br />
Münzhauses, dann eines Streck-,<br />
Schlemm-, Amalgamir- und Hammergebäudes<br />
auf der Stelle des alten Goldund<br />
Silberdrahtzugsgebäudes und auf<br />
dem daran anstoßenden zu dem <strong>Wie</strong>ner-<br />
Neustädter Canal gehörigen Steinkohlenplatze<br />
auf der Landstraße zwischen<br />
diesem Canal und der Reißnerstraße anbefohlen,<br />
und die Leitung des Baues dem<br />
k.k. Professor und akademischen Rathe<br />
Paul Sprenger, der auch die Pläne entworfen<br />
hatte, unter unmittelbarer Aufsicht<br />
der k.k. Hofkammer in Münz- und<br />
Bergwesen übertragen worden. Dieser<br />
Befehl war eine der letzten Entschließungen<br />
des verewigten Monarchen.<br />
Am 2. März 1835, „also am Tage des Regierungsantrittes<br />
Sr. jetzt regierenden<br />
Majestät Kaiser Ferdinand I., ward der<br />
Anfang der Grundgrabung gemacht und<br />
das Hauptgebäude stand schon mit Ende<br />
des Jahres 1835 unter Dache.“, heißt es<br />
in einem Werk aus dieser Zeit.<br />
Der gleiche Zeitzeuge fährt fort: ,,Im<br />
Laufe des Jahres 1836 und 1837 war dasselbe<br />
nicht nur vollendet, sondern auch<br />
die Uebertragung sämmtlicher, der Manipulation<br />
angehörigen Werkstätten und<br />
des Hauptmünzamtes mit sämmtlichen<br />
Geschäftsabtheilungen und Cassen in das<br />
neue Gebäude vorbereitet, die ordentliche<br />
Benützung des herrlichen Bauwerkes<br />
aber auf das Jahr 1838 festgesetzt.“<br />
Schließlich dauerte es noch bis August<br />
1839, bevor der volle Betrieb aufgenommen<br />
wurde.<br />
Die Gesamtkosten samt lnneneinrichtung<br />
lagen bei einer Million Gulden. Der<br />
Baume<strong>ist</strong>er dieses wahrhaftig ,,herrlichen<br />
Bauwerkes“ war der spätere k.k.<br />
Hofbaurat Karl Sprenger, von Architekten<br />
seiner Zeit als ,,Metternich der Architektur“<br />
bezeichnet.<br />
Nun hatte das österreichische Münzwesen<br />
ein solides und repräsentatives Heim,<br />
eine ,,Burg der klingenden Münze“ –<br />
damals wie heute eine gute Adresse:<br />
Am Heumarkt 1.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 73
74 | <strong>numis</strong> Special 06/12
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 75
Inzwischen nahm die <strong>Wie</strong>ner Münze die<br />
führende Stellung im Habsburger Reich<br />
ein. <strong>Wie</strong> groß die Bedeutung des <strong>Wie</strong>ner<br />
Hauptmünzamts war, zeigt folgendes<br />
Beispiel: 1848 - 50 wurden in <strong>Wie</strong>n rund<br />
40 Millionen Gulden geprägt, während<br />
es die anderen Münzstätten zusammen<br />
auf ca. 17 Millionen Gulden brachten.<br />
Ursprünglich kannte man nur die freie<br />
Prägung: Das beim Prägen verdrängte<br />
Material floss in den Rand, der dadurch<br />
eine unregelmäßige Form einnahm.<br />
Um 1830 führte man in <strong>Wie</strong>n die Ringprägung<br />
ein, wie sie im Prinzip bis heute<br />
verwendet wird: Die Ronde liegt in<br />
einem Prägering. Durch die Presskraft<br />
beim Prägen fließt das Material exakt in<br />
die Ausnehmungen des Prägestempels<br />
und wird gleichzeitig an den Prägering<br />
angepresst. Das garantiert die tadellos<br />
runde Form. 1826 waren für <strong>Wie</strong>n zwei<br />
Kniehebelpressen bestellt worden.<br />
Wasserkraft kam aus dem <strong>Wie</strong>ner<br />
Neustädter Kanal neben dem Hauptmünzamt,<br />
und zwar dort, wo heute die<br />
Schnellbahn verläuft. Es gab zwei<br />
Dampfmaschinen mit jeweils 14 Pferdekräften.<br />
lm 19. Jahrhundert kam es mit der<br />
Friktionspresse zu einer Verbesserung<br />
der Spindelpresse. Die Aufwärts- und<br />
Abwärtsbewegungen besorgten ein<br />
Schwungrad und zwei rotierende Friktionsscheiben.<br />
Um 1880 begann im Hauptmünzamt<br />
mit der Reduziermaschine ein neuer Abschnitt<br />
der Stempelherstellung. Nun<br />
konnte von großen Modellen das Münzmotiv,<br />
auf Münzgröße reduziert, in Stahl<br />
geschnitten werden, Bisher hatte man die<br />
Stempel 1:1 graviert.<br />
Bei der Einführung der Kronenwährung<br />
stand das Hauptmünzamt in technischer<br />
Hinsicht vor seiner größten<br />
Herausforderung. Man baute sowohl das<br />
Kessel- als auch das Maschinenhaus um,<br />
ein neuer Dampfkessel und eine neue<br />
Dampfmaschine gingen in Betrieb.<br />
Man erweiterte das ,,Streckwerkslokale“.<br />
Dazu kamen neue Glühöfen mit der doppelten<br />
Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit. 28 Pressen<br />
gaben den Münzen ihre Prägung. Ab<br />
1907 führte der Elektromotor als Antriebskraft<br />
zu neuen Le<strong>ist</strong>ungsdimensionen.<br />
Wer zählt die Münzstätten, die im Laufe<br />
der Jahrhunderte dem Geld in <strong>unser</strong>em<br />
Land ihren Stempel aufprägten. Krems,<br />
Neunkirchen, Fischau und Enns, Graz,<br />
Friesach und Villach hatten das Privileg<br />
der ,,Geldmacher“. In <strong>Wie</strong>ner Neustadt<br />
ebenso wie in St. Pölten, Linz, Salzburg,<br />
Innsbruck und Hall verwandelten sich<br />
unter den Prägehammern gesichtslose<br />
Schrötlinge in blanke Taler und andere<br />
Münzen. Jenseits der heutigen Grenzen<br />
lagen Prägestätten in Eger, Prag und<br />
Kremnitz, in Günzburg, in Mailand und<br />
Mantua, ja in Brüssel, Brügge und Antwerpen.<br />
Allmählich wurde die <strong>Wie</strong>ner Münze<br />
durch Qualität und Quantität zum führenden<br />
Hersteller der einzigartigen vielbegehrten<br />
Produkte. Und schließlich –<br />
nach l9l8 – blieb das <strong>Wie</strong>ner Hauptmünzamt<br />
als einzige Prägestätte der neu<br />
entstandenen Republik.<br />
Das Münzamt war ein Ressort des<br />
Finanzmin<strong>ist</strong>eriums, das heute seinen<br />
Sitz in dem Prinz Eugen-Palais in der<br />
Himmelpfortgasse hat, wo seinerzeit die<br />
<strong>Wie</strong>ner Münze zu Hause war. Ein Teil<br />
des Gebäudes wird heute noch als Münztrakt<br />
bezeichnet.<br />
Obwohl die <strong>Wie</strong>ner Münze durch die<br />
Jahrhunderte ein Stück Österreich war,<br />
ging sie 1938 in den Besitz des Deutschen<br />
Reichs über. Hatte am Beginn der<br />
Prägestätte der <strong>Wie</strong>ner Pfennig gestanden,<br />
so wurden jetzt deutsche Pfennige<br />
und Reichsmark geprägt.<br />
<strong>Wie</strong> man weiß, dauerte das nicht sehr<br />
lange. 1945 musste die Münze eine kurze<br />
Zeit der russischen Verwaltung über sich<br />
ergehen lassen. Im gleichen Jahr kam der<br />
Schilling wieder. Bei der Herstellung<br />
von Zehngroschenstücken behalf man<br />
sich zunächst sogar damit, dass man<br />
Zehnpfennigstücke überprägte.<br />
76 | <strong>numis</strong> Special 06/12
MünZE ÖSTERREICH<br />
Die Münze wurde nicht nur dem großen<br />
Bedarf der Zweiten Republik an Umlaufmünzen<br />
gerecht:<br />
Schon 1955 kam zur <strong>Wie</strong>dereröffnung<br />
der Bundestheater eine 25 S-Silbergedenkmünze<br />
heraus. Das war der Anfang<br />
einer großen Zahl silberner Sammlermünzen,<br />
eine schöner als die andere.<br />
Zuerst waren es 25er, später Silbergedenkmünzen<br />
zum Nominale von S 50<br />
und S 100, schließlich zum Nennwert<br />
von S 500.<br />
Man übernahm auch Exportaufträge.<br />
Als ab 1974 der private Goldbesitz in<br />
den USA gestattet wurde, war Österreich<br />
mit seinen Kronen- und Dukatennachprägungen<br />
der größte Exporteur von<br />
Goldmünzen nach Amerika. Tonnenweise<br />
gingen die Goldprägungen „Made<br />
in Austria“ über den ,,großen Teich“.<br />
Im Jahr 1974 hatte man auch 60.000<br />
Kilo Gold für Saudiarabien und andere<br />
Scheichtümer zu prägen.<br />
Nach 1979 kamen Ronden für deutsche<br />
Zehnmarkstücke aus <strong>Wie</strong>n. <strong>Wie</strong> eh<br />
und je waren jedes Jahr Hunderttausende<br />
von Maria-Theresien-Talern für Abnehmer<br />
in aller Welt bestimmt.<br />
In den Siebzigerjahren gingen die jährlichen<br />
Prägezahlen des Levantinertalers<br />
sogar in die Millionen.<br />
Für die Herstellung der Edelmetallronden<br />
setzte man seit 1969 das Horizontal-<br />
Stranggussverfahren ein. Dabei wird das<br />
Material in einem ,,unendlichen“ Strang<br />
gegossen und zu einem Band aufgewickelt.<br />
Nach dem Walzen auf die gewünschte<br />
Dicke stanzt man daraus die<br />
Ronden, das unmittelbare Vormaterial<br />
für die Münzenprägung.<br />
Die bedeutendste Rationalisierung seit<br />
der Einführung der Kniehebelpresse<br />
ergab sich durch eine neue Prägetechnik<br />
in den letzten Jahrzehnten.<br />
In der Zeit vorher konnte man auf<br />
Pressen mit Transmissionsantrieb höchstens<br />
120 Münzen pro Minute prägen.<br />
Mit elektropneumatisch gesteuerten Prägemaschinen<br />
Anfang der 60er Jahre begann<br />
eine neue Münzära.<br />
Mit diesen Maschinen, bei denen die<br />
Stempel waagrecht angeordnet waren,<br />
erreichte man einen Ausstoß von rund<br />
500 Stück in der Minute. Die hochmodernen<br />
Prägeautomaten <strong>unser</strong>er Zeitwieder<br />
senkrecht arbeitend – bringen es<br />
bis auf 750 Münzen in jeder Minute. Das<br />
sind 12,5 Münzen pro Sekunde. Der Prägedruck,<br />
dem die Ronden ausgesetzt<br />
sind, macht bis zu 200 t aus.<br />
1989 war das Jahr der einschneidenden<br />
Veränderung in der Firmenstruktur:<br />
Am 1. Jänner 1989 wurde aus dem<br />
Hauptmünzamt die MÜNZE ÖSTER-<br />
REICH AG. Die eigenständige Aktiengesellschaft<br />
hat die gesetzliche Aufgabe,<br />
die Umlaufmünzen der Republik Österreich<br />
herzustellen. Während das Hauptmünzamt<br />
zum Bereich des Finanzmin<strong>ist</strong>eriums<br />
gehört hatte, <strong>ist</strong> die MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG eine Tochtergesellschaft<br />
der OESTERREICHISCHEN<br />
NATIONAL-BANK. Entsprechend der<br />
Unternehmensform wird der Betrieb<br />
nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen<br />
gewinnorientiert geführt.<br />
Die Stunde Null der MÜNZE ÖSTER-<br />
REICH AG beginnt mit einem Paukenschlag.<br />
Zum ersten Mal gab es eine österreichische<br />
so genannte Goldbullionmünze,<br />
eine Anlagemünze aus purem Gold. Erst<br />
das neue Scheidemünzengesetz vom<br />
November 1988 erlaubte das.<br />
Und für diese Gesetzesänderung war<br />
viel Überzeugungsarbeit von Seiten der<br />
Münze notwendig gewesen.<br />
<strong>Wie</strong> soll das Goldstück heißen? Eine<br />
österreichische Goldmünze musste im<br />
Musikland Österreich einen ,,musikalischen<br />
Namen“ haben – davon war man<br />
in der MÜNZE ÖSTERREICH AG<br />
überzeugt. Schließlich sollte man sich<br />
gegen fünf etablierte Goldbullionmünzen<br />
großer Länder durchsetzen.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 77
MünZE ÖSTERREICH<br />
Nach langem Hin und Her war der<br />
,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“ geboren.<br />
Und wie sollte er aussehen? Es folgten<br />
Entwürfe, Entwürfe, Entwürfe. Schließlich<br />
machte der spätere Chefgraveur der<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG Thomas<br />
Pesendorfer ,,das Rennen“.<br />
Eine Seite zeigt die Orgel des <strong>Wie</strong>ner<br />
Musikvereins, die bei jedem Neujahrskonzert<br />
auf Millionen Bildschirmen in<br />
der ganzen Welt zu sehen <strong>ist</strong>, auf der anderen<br />
Seite symbolisieren Musikinstrumente<br />
das weltberühmte Orchester; ganz<br />
einfach und damit einfach ideal.<br />
Zunächst gab es das Goldstück zu<br />
einer Unze und zu einer Viertelunze,<br />
1991 folgte eine Zehntelunze und 1994<br />
eine halbe Unze.<br />
Die Fachwelt war vom neuen Glanzstück<br />
aus Österreich angetan. Schon im Ausgabejahr<br />
wählten die renommierten<br />
Krause Publications, der führende<br />
Numismatikverlag in den USA, den<br />
,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“ zur Best Gold<br />
Coin, also schlicht und einfach zur besten<br />
Goldmünze.<br />
1991 verlieh dann die ,,Münzen<br />
Revue“ der neuen Parademünze den in<br />
der Fachwelt äußerst begehrten Vreneli-<br />
Preis – ebenfalls für die beste Goldmünze.<br />
Hatte die zweifellos besonders schöne<br />
Goldmünze aus dem kleinen Österreich<br />
auch nur die geringste Chance gegen die<br />
fünf Großen; Maple Leaf aus Kanada,<br />
Nugget aus Australien, Eagle aus den<br />
USA, Britannia aus Großbritannien und<br />
Krügerrand aus Südafrika?<br />
Anfangs wurde das Projekt oft mitleidig<br />
belächelt. Doch 1990 wurde schon<br />
der einmillionste ,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“<br />
geprägt. 1991 war er <strong>Euro</strong>pas Nummer<br />
1 und überholte die etablierten Goldbullionmiinzen<br />
Maple Leaf und Krugerrand.<br />
Bereits 1992 hatte er weltweit<br />
einen Marktanteil von 40 Prozent. lm<br />
gleichen Jahr lag er weltweit auf dem<br />
ersten Platz. Das wiederholte sich 1995,<br />
1996 und im Jahr 2000.<br />
Besonders gut kam der ,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“<br />
in den USA an, aber auch<br />
bei den Japanern, unter denen es viele<br />
Liebhaber österreichischer Klassik gibt.<br />
2002 wurde zum Rekordabsatzjahr in<br />
Japan. Und die Prägemaschinen ,,liefen<br />
heiß“; 1996 gab es den fünfmillionsten<br />
,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“ aus Gold.<br />
lm Zug der angespannten Wirtschaftslage<br />
wurde 2008 zum Rekordjahr für<br />
Gold und viele, viele Anleger setzen<br />
dabei auf den ,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“.<br />
So kam es in diesem Jahr zur zehnmillionsten<br />
Goldbullionmünze aus Österreich.<br />
Bis Sommer 2012 gingen etwa<br />
15 Millionen goldene <strong>Wie</strong>ner Philharmoniker<br />
in die ganze Welt.<br />
Schon 1995 bot die MÜNZE ÖSTER-<br />
REICH AG eine Alternative oder Ergänzung<br />
zum ,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“ und<br />
brachte ihr Goldbarrenprogramm heraus:<br />
Die so genannten ,,Good-Delivery-<br />
Goldbarren“, zehn Barren vom kleinen<br />
1-g-kinebar TM bis zum gewichtigen<br />
1-kg-Barren.<br />
78 | <strong>numis</strong> Special 06/12
MünZE ÖSTERREICH<br />
Unabhängig von diesen Innovationen<br />
setzte die MÜNZE ÖSTERREICH AG<br />
mit den so genannten Handelsgoldmünzen<br />
eine gute alte Tradition fort, Nachprägungen<br />
h<strong>ist</strong>orischer Münzen.<br />
Im Angebot gibt es 1-Dukaten- und<br />
4-Dukaten-Stücke sowie 4-Gulden-,<br />
8-Gulden-Stücke, 10-Kronen-, 20-Kronen-<br />
und 100-Kronen-Münzen.<br />
Sie haben sich als ideale wertbeständige<br />
Geschenke und auch als <strong>sicher</strong>e<br />
Anlagemöglichkeit bewährt. Eine Attraktion<br />
ganz eigener Art <strong>ist</strong> die Nachprägung<br />
des weltberühmten silbernen<br />
Maria-Theresien-Talers.<br />
Genau zur richtigen Zeit, nämlich im<br />
Jahr 2008, brachte die MÜNZE ÖSTER-<br />
REICH AG die Alternative zum goldenen<br />
,,<strong>Wie</strong>ner Philharmoniker“ heraus,<br />
sozusagen den silbernen Bruder – zu<br />
einer Unze. Damit wurde eine Edelmetallanlage<br />
auch für kleinere Budgets geschaffen.<br />
Der Erfolg übertraf alle Erwartungen;<br />
auf Anhieb wurden im ersten Jahr fast<br />
acht Millionen Unzen verkauft. Im Sommer<br />
2012 waren es bereits unglaubliche<br />
50 Mio. Unzen bzw. Stück.<br />
Vor 1989 hatten die silbernen Gedenkmünzen<br />
zu 25, 50, 100 und schließlich<br />
500 Schilling nur eine Motivseite. Die<br />
Seite mit dem Nennwert hatte auf allen<br />
dieser Münzen nur das Wappen, den<br />
Bundesadler oder die neun Bundesländerwappen<br />
zu bieten. Mit Gründung der<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG werden<br />
nun beide Seiten individuell gestaltet und<br />
damit für Sammler und Münzliebhaber<br />
um einiges interessanter.<br />
Vor 1989 gab es auch nur einzelne<br />
Gedenkmünzen zu bestimmten Anlässen.<br />
Nun machte man mit 500-Schilling-<br />
Münzen zum Thema ,,Künstler der<br />
Jahrhundertwende“ den ersten Schritt in<br />
Richtung Münzserie.<br />
1991 wurde die Welt der Münzfreunde<br />
entschieden bereichert. Es erschien als<br />
erste Kleinserie die Mozart-Reihe mit<br />
Gold- und Silber-Sammlermünzen in der<br />
höchsten Prägequalitat ,,Polierte Platte“<br />
ohne Umlaufmünzen-Version.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 79
MünZE ÖSTERREICH<br />
lm selben Jahr startete die große<br />
Millennium-Serie. Nun folgten laufend<br />
künstlerisch hochwertige Münzenserien<br />
zu anspruchsvollen oder spannenden<br />
Themen in Gold und Silber.<br />
Wer seine Stücke liebt, will sie in einem<br />
würdigen Rahmen sehen. Dem trägt die<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG Rechnung<br />
und schafft den attraktiven, gediegenen<br />
Rahmen für die edlen Prägungen. Für die<br />
Münzen der einzelnen Serien gibt es repräsentative<br />
Etuis und Echtheitszertifikate.<br />
Überdies kann man sehr schöne<br />
Sammelkassetten für die komplette Serie<br />
erwerben.<br />
1994 war es 800 Jahre, dass<br />
die <strong>Wie</strong>ner Münze im Jahr<br />
1194 gegründet wurde.<br />
Die 800-Jahr-Feier<br />
war der ideale Anlass,<br />
eine außergewöhnliche<br />
Münze in einer<br />
völlig neuen<br />
Münztechnik<br />
herzustellen. Es entstand eine mittelalterlich<br />
anmutende Münze, für welche die<br />
Punze zum Münzstempel handgeschnitten<br />
wurde wie in alten Tagen.<br />
Das lnnovative und damals Einzigartige;<br />
es wurden zwei Edelmetalle, Gold<br />
und Silber, in einer Münze verarbeitet.<br />
So vereint diese Münze jahrhundertealte<br />
Tradition und neueste Technik. Es war<br />
die erste Bimetallmünze der MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG.<br />
Von nun an spielte die Bimetallmethode<br />
eine wichtige Rolle bei ganz besonderen<br />
Münzen, aber auch bei den späteren<br />
<strong>Euro</strong>-Umlaufmünzen.<br />
Bei dieser Prägetechnik sind zwei verschiedene<br />
Metalle zu einer Münze vereint.<br />
Die Münze besteht aus dem äußeren<br />
Ring und der inneren ,,Pille“. Es finden<br />
wertvolle Metalle Verwendung – wie<br />
etwa bei der Münze ,,Mobilität“ aus dem<br />
Jahr 2000, bei welcher der Ring aus<br />
Silber und die ,,PiIle“ aus Titan <strong>ist</strong>.<br />
Es wurden und werden aber auch Bimetallmünzen<br />
aus unedlen Metallen hergestellt.<br />
Mit diesen Münzen machte sich<br />
die MÜNZE ÖSTERREICH AG fit für<br />
die spätere Prägung der 1- und 2-<strong>Euro</strong>-<br />
Münzen, die ebenfalls Bimetallmünzen<br />
sind. 1995 erscheint die Münze<br />
,,Österreich in der EU“, ebenfalls<br />
eine Bimetallmünze in der<br />
Kombination von Gold<br />
und Silber. Dieses<br />
Me<strong>ist</strong>erstück war<br />
technisch allerdings<br />
noch aufwendiger,<br />
denn im Goldring<br />
sind die EU-Sterne<br />
ausgestanzt.<br />
80 | <strong>numis</strong> Special 06/12
MünZE ÖSTERREICH<br />
Bisher konnte man farbige Münzen nur<br />
durch Emaillieren oder im Weg der<br />
Drucktechnik herstellen. 2003 kam es<br />
erstmalig zur Zusammenarbeit mit der<br />
Firma Plansee in Reutte, Tirol, einer Spezial<strong>ist</strong>in<br />
u. a. für Niob, das auch in der<br />
Hoch- und Kommunikationstechnologie<br />
zur Anwendung kommt.<br />
Das absolut Neue für die Münzgestaltung;<br />
das Metall selbst ließ sich durch ein<br />
spezielles Verfahren färben. So brachte<br />
die MÜNZE ÖSTERREICH AG die<br />
erste Bimetallmünze aus Silber und tiefblauem<br />
Niob heraus: ,,700 Jahre Stadt<br />
Hall in Tirol“.<br />
ln der Folge entstanden weitere faszinierende<br />
farbige Bimetallmünzen, mit<br />
denen ein breites Farbspektrum abgedeckt<br />
wurde. Ein Riesenerfolg unter bestehenden,<br />
vor allem aber auch neuen<br />
Münzfreunden.<br />
Schon bei der Planung eines neuen Rondenwerks<br />
wurden Kapazitätsreserven für<br />
Aufträge anderer Unternehmen berücksichtigt.<br />
Die Kunden sollten allerdings<br />
nicht mit fertigen Münzprojekten vor<br />
vollendete Tatsachen gestellt werden.<br />
Wichtig war die echte Partnerschaft<br />
mit dem Auftraggeber. Von der Gestaltung<br />
über die Dimensionierung der Münzen<br />
bis zur Auflagenhohe wurde und<br />
wird alles gemeinsam auf die Bedürfnisse<br />
des jeweiligen Landes abgestimmt.<br />
Das große technische und betriebswirtschaftliche<br />
Know-how der MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG kommt dabei international<br />
den Kunden uneingeschränkt<br />
zugute.<br />
Seit I994 werden Münzstätten in <strong>Euro</strong>pa<br />
und Übersee mit Halbfabrikaten, also<br />
Ronden, aus Gold und Silber beliefert.<br />
Bei Großaufträgen kann das sieben bis<br />
zehn Millionen Stück ausmachen.<br />
Das Edelmetall wird von Fall zu Fall<br />
vom Kunden beigestellt. Die MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG kauft aber auch im<br />
Kundenauftrag Material an der Metallbörse<br />
in London und bewahrt es für Kunden<br />
in Depots auf.<br />
Bei der Zusammenarbeit mit weltweit<br />
circa 40 Kunden werden die verschiedensten<br />
Qualitätsanforderungen an die<br />
Metalloberfläche erfüllt. Das erstreckt<br />
sich vom rohen Münzplättchen über die<br />
geglühte Ausführung bis zur prägefertigen<br />
Ronde in Sonderausführungen wie<br />
kugel- oder bürstenpoliert.<br />
Die Qualitäts<strong>sicher</strong>ung durchläuft in<br />
der Regel mehrere Stationen von der<br />
Prüfung beim Wareneingang bis zur Gewichts-<br />
und Durchmesserkontrolle. Die<br />
Verpackung erfolgt ganz nach jeweiligem<br />
Kundenwunsch.<br />
Im August l995 wurde für Kasachstan<br />
die erste fertig geprägte Gedenkmünzenserie<br />
in Gold und Silber ausgeliefert.<br />
In den folgenden Jahren gingen Gedenkmünzen<br />
und ganze Serien, die in der<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG entwickelt<br />
und geprägt werden, in aller Herren Länder.<br />
Für die Entwürfe stehen den Kunden<br />
die - im wahrsten Sinn des Wortes - ausgezeichneten<br />
Graveure der MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG zur Verfügung, die<br />
immer wieder mit zahlreichen Preisen<br />
bedacht werden.<br />
Die Ausführung der Prägungen reicht<br />
vom Schüttgut bis zu den Top-Qualitäten.<br />
Dazu kommt die Verpackung ,,nach<br />
Maß“ in Absprache mit dem Kunden.<br />
Die MÜNZE ÖSTERREICH AG prägt<br />
aber nicht nur Hartgeld, sondern ganze<br />
Projekte bei der Einführung neuer Währungen<br />
hinsichtlich Log<strong>ist</strong>ik - einschließlich<br />
Recycling der alten Währung.<br />
Noch wichtiger als hochwertige Ronden<br />
und Münzen <strong>ist</strong> für manche Kunden<br />
die Erfahrung der österreichischen<br />
Münzexperten. So liefert die MÜNZE<br />
ÖSTERREICH AG auch Maschinen und<br />
Werkzeuge samt dem nötigen technischen<br />
Wissen.<br />
Durch den EU-Beitritt wurde die<br />
MÜNZE ÖSTERREICH AG 1995<br />
Mitglied der <strong>Euro</strong>pean Mint Directors<br />
Conference (<strong>Euro</strong>parsche Munzdirektorenkonferenz)<br />
und übernimmt den Vorsitz<br />
in der Collector Coin Sub-Group<br />
(der Sammlermünzen-Arbeitsgruppe).<br />
So trug das österreichische Unternehmen<br />
maßgeblich zur Koordination bei der<br />
Vorbereitung zur <strong>Euro</strong>-Einführung bei.<br />
Bereits seit November 1998 rasselten in<br />
<strong>Wie</strong>n die <strong>Euro</strong>-Münzen aus den Prägemaschinen.<br />
Bis Ende 2001 waren es zwei<br />
Milliarden Stück.<br />
2002 war die Stunde null der <strong>Euro</strong>-<br />
Münzen und Banknoten. In zwölf Ländern<br />
wurde mit einem Schlag aus der<br />
Landes- die <strong>Euro</strong>pawährung. Aber schon<br />
ab 15. Dezember 2001 waren in Österreich<br />
so genannte ,,Starter-Kits“ mit<br />
sämtlichen <strong>Euro</strong>- und Cent-Münzen für<br />
200 Schilling pro Set zu haben. Insgesamt<br />
sechs Millionen dieser Startpakete<br />
im Wert von 87 Millionen <strong>Euro</strong> gingen<br />
in die Haushalte.<br />
Für Unternehmen gab es eigene ,,Vorsorgeprogramme“.<br />
Das Ergebnis ab Neujahr<br />
2002; lückenlose Versorgung der<br />
Bevölkerung und der Wirtschaft mit<br />
Münzen.<br />
Die Münze Österreich AG <strong>ist</strong> heute eine<br />
der führenden Prägeanstalten der Welt<br />
und wird in einem Atemzug mit den ganz<br />
großen genannt. Dies resultiert nicht nur<br />
aus der langen H<strong>ist</strong>orie des Unternehmens,<br />
sondern vor allem aus dem Einsatz<br />
modernster Technologie gepaart mit<br />
Jahrhunderte altem Wissen.<br />
Hinter denkmalgeschützter, biedermeierlicher<br />
Fassade verbirgt sich eines der<br />
modernsten Industrieunternehmen Österreichs<br />
von Weltrang. Die Weitergabe des<br />
„Feuers“ <strong>ist</strong> Garant für die positive Entwicklung<br />
der Münze Österreich AG in<br />
der Zukunft.<br />
<strong>numis</strong> Special 06/12 | 81
MünZE ÖSTERREICH<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>SPECIAL</strong><br />
Was wird die Zukunft<br />
bringen?<br />
Wir werden künftig vermutlich weniger<br />
Einkäufe mit Bargeld tätigen. Verschiedene<br />
Zahlungssysteme machen den<br />
Banknoten und Münzen bereits heute<br />
Konkurrenz. ln den kommenden Jahren<br />
werden Handy, kontaktlose Karten oder<br />
das biometrische Verfahren, bei dem der<br />
Kunde anhand seines unverwechselbaren<br />
Fingerabdrucks identifiziert wird, noch<br />
stärker zum Zahlungseinsatz kommen.<br />
Wenn auch in den Kassen des alltäglichen<br />
Lebens weniger Münzen klingeln,<br />
so werden sie als Wertanlage auch weiterhin<br />
goldene Zeiten erleben. Vor allem<br />
dann, wenn wir gewohnt stark auf <strong>unser</strong>e<br />
weltweite Einzigartigkeit setzen und internationale<br />
Aufmerksamkeit erzielen<br />
wie mit der ersten Niobprägung oder<br />
der ersten Münze aus dem Raumfahrtmetall<br />
Titan. Kleinste Auflagen, Unikate<br />
und ungewöhnliche Münzformen werden<br />
noch an Bedeutung zulegen.<br />
<strong>Wie</strong> auch immer die einzelnen Ausprägungen<br />
<strong>unser</strong>er Produkte im Detail ausfallen<br />
werden, eines <strong>ist</strong> <strong>sicher</strong>: Gold und<br />
Silber halten ihren Wert seit Jahrtausenden<br />
und werden auch in der Zukunft Anleger<br />
wie Sammler bereichern.<br />
Text- und Bildquelle: Münze Österreich AG<br />
82 | <strong>numis</strong> Special 06/12
VORSCHAU<br />
Ausgabe 07 / 2012 erscheint am 25. September 2012<br />
mit dem folgenden Thema:<br />
Hinter den Toren des<br />
VATIKAN<br />
Die Geldmaschine<br />
Der Papst-EURO<br />
Philatal<strong>ist</strong>isches und<br />
<strong>numis</strong>matisches Amt<br />
Vatikan-Bank<br />
Die Geschäfte<br />
der Heiligen<br />
Währung von Morgen?<br />
Das neue Geld<br />
der „Engel“