Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
eine Wiederverwertung ertung unter den<br />
Verhältnissen eines es großen Budgets<br />
verdient gehabt. "My Fairy<br />
King" sowieso. <strong>Queen</strong>s Flirt mit<br />
opernhaften Dramen tritt auf<br />
dem Erstling in diesem Song am<br />
deutlichsten zutage – inklusive<br />
der „singenden" n" Red Special<br />
Brain Mays und eines Freddie<br />
Mercury, der seine Stimmbänder<br />
derart strapaziert, dass zumindest<br />
Weingläser zu zerspringen<br />
drohen.<br />
" Liar" – Eröffnung der B-Seite<br />
– bringt in seiner kompromisslos<br />
gegen gängige Rockklischees<br />
gebürsteten Art den<br />
extrovertierten <strong>Queen</strong>-Stil der<br />
Frühzeit am besten rüber. Später<br />
wurde häufig darüber diskutiert,<br />
ob dieser brettharte, mit zahlreichen<br />
Brüchen versehene Song<br />
als erste Single-Auskopplung die<br />
bessere Wahl gewesen wäre. Dass<br />
diese Debatten unnütz waren,<br />
belegt allerdings die Tatsache, dass eine klanglich aufpolierte Version der Nummer<br />
im Februar 1974 als 7-Inch-Vinyl in den USA ebenso scheiterte wie zuvor<br />
"Keep Yourself Alive" in Großbritannien.<br />
Hätte "The Nights Come Down" nicht dieses hektische Intro und Outro –<br />
es wäre lediglich eine etwas zu lässig heruntergespielte Halbballade, die am<br />
Ende nur aufgenommen wurde, um den Boden für den Speed-Kracher "Modern<br />
Times Rock’n’Roll" zu bereiten. Der rast dann auch durch zwei atemberaubende<br />
Minuten und präsentiert die an Rod Stewart erinnernde Stimme Roger<br />
Taylors erstmals über die gesamte – wenn auch kurze – Zeit eines Songs.<br />
Und schließlich "Jesus". So hingebungsvoll wandte sich Freddie Mercury der<br />
christlichen Religion später nur noch ganz selten zu. Sein Verhältnis zum Christentum<br />
war das eines zweifelnden Abkömmlings, der vertrauen will, der widersprüchlichen<br />
Wirklichkeit aber nicht zu entrinnen vermag. Das Stück hat etwas<br />
von einem Kirchenchoral, der am Ende eilig von ein paar Heavy-Metal-Kids zum<br />
Rock-Statement umgezimmert wird.<br />
"Seven Seas Of Rhye" bleibt am LP-Schluss nur ein instrumentales Fragment.<br />
Ein wenig beängstigend erschien<br />
dieser klangliche Nachhall spätestens<br />
in dem Moment, als der<br />
mit Lyrics versehene Song am 23.<br />
Februar 1974 in der englischen<br />
Hitparade die Top 10 knackte.<br />
Was dem Quartett damals<br />
mächtig im Magen lag, ist<br />
heute eine charmante Fußnote,<br />
die QUEEN unter den Fans einen<br />
wohlwollenden Sonderstatus<br />
garantiert: der Sound. Hier ein<br />
bisschen Hall, da ein paar Stereospielereien<br />
– und das war's. Ansonsten<br />
ist vor allem Brian Mays<br />
Gitarrenklang hörbar in ein Korsett<br />
gezwängt. Und dort, wo in den<br />
hochmütigen Momenten orchestrale<br />
Übermacht den jeweiligen<br />
Song in Sphären der Erhabenheit<br />
gehoben hätte, blieben <strong>Queen</strong> ungewollt bodenständig. Derart auf die Möglichkeiten<br />
einer vierköpfigen Rockband reduziert, klang das Quartett nie wieder.<br />
Während die Songs der LP zum Teil bis zu drei Jahre Zeit gehabt hatten, im<br />
Proberaum und auf kleinen Clubbühnen zu reifen, war die Scheibe selbst über<br />
Nacht entstanden: Ihr Label Trident überließ der Band nämlich immer dann das<br />
hauseigene Studio, wenn gerade niemand dort aufnahm. Also enterten die vier<br />
eigenwilligen Typen die noch nach Schweiß, Qualm, Bier und Ausdünstungen<br />
stinkenden Produktionsräume nachts oder an den Wochenenden. Vor allem<br />
Fo<strong>to</strong>: © Universal<br />
Mercury fühlte sich ob dieser Situation<br />
ziemlich angepisst, verwandelte seinen<br />
Unmut jedoch in pure Energie und lieferte<br />
begnadete Gesangsleistungen ab.<br />
Es macht Spaß, auf QUEEN die vor<br />
allem durch Arbeit gekennzeichnete<br />
Studio-Atmosphäre zu erlauschen.<br />
Manchmal meint man, hinter der Glaswand<br />
im Aufnahmeraum zu sitzen und<br />
die Band bei ihrem konzentrierten Zusammenspiel<br />
zu beobachten. Die Gruppe<br />
kam danach nie wieder in die Situation,<br />
lediglich damit abgespeist zu werden, was jene, die bereits aufgegessen hatten,<br />
am Tellerrand übrigließen. Bereits mit dem Album QUEEN II, am 8. März 1974<br />
veröffentlicht, marschierte der Vierer schnurstracks ins erste Glied.<br />
An Daten orientierte Bandbiografien<br />
gibt es reichlich.<br />
Auch die Alben erfuhren unzählige<br />
Betrachtungen und erhielten<br />
erst 2011, im 40. Jahr des Bestehens<br />
der Band, umfassende Würdigungen<br />
(<strong>GoodTimes</strong> 3/2011).<br />
Dass <strong>Queen</strong> aber nicht nur musikalisch<br />
außergewöhnlich und<br />
kommerziell eminent erfolgreich<br />
waren, sondern zu den bizarrsten<br />
Musikergemeinschaften der<br />
gesamten Rockgeschichte gehören,<br />
bleibt häufig auf der Strecke.<br />
Während andere Giganten den<br />
Ruhm vor allem fast ausschließlich<br />
mit sexuellen Eskapaden und Drogenexzessen<br />
auslebten, ist das Anekdotenbuch<br />
von Freddie, Brian,<br />
John und Roger voll mit Hintersinnigem.<br />
Wer den Eindruck gewinnt, dass <strong>Queen</strong> nichts dem Zufall überließen,<br />
liegt definitiv nicht falsch.<br />
Kein Wunder. Bei den vier neuen Stars am Rock’n’Roll-Firmament handelte es<br />
sich 1973 um angehende oder ausgebildete Akademiker. Brian May saß über<br />
seiner Dok<strong>to</strong>rarbeit in Astrophysik, Roger Taylor hatte nach einem Abstecher<br />
ins Medizinfach Biologie studiert, Freddie Mercury hatte längst sein Diplom in<br />
Grafik, Kunst und Design in der Tasche, und John Deacon strebte nach einem<br />
Uni-Abschluss in Elektronik und Physik. Das war damals eine ungewöhnliche<br />
© Pressefo<strong>to</strong><br />
<strong>GoodTimes</strong> 2/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 11