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Bergsteiger Mount Madness - Reiz, Risiko, Rekorde - großes Jubiläumsspecial (Vorschau)

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04<br />

Berchtesgadens sagenhafter Untersberg<br />

EXTRA:<br />

Rucksäcke<br />

im Test<br />

| Bergwandern | Klettersteige | Alpinismus<br />

04 / April 2013<br />

Heiner Geißler<br />

»Bergsteigen ist<br />

die beste Schule<br />

fürs Leben«<br />

Everest: 60 Jahre Erstbesteigung<br />

<strong>Mount</strong> <strong>Madness</strong><br />

<strong>Reiz</strong>, <strong>Risiko</strong>, <strong>Rekorde</strong> – <strong>großes</strong> Jubiläums-Special<br />

Deutschland 5.90 € | Österreich 6.50 € | Schweiz 9.90 sFr | Italien 7.50 € | Luxemburg 6.50 € | Frankreich 6.50 €<br />

Top-Touren<br />

im Frühjahr<br />

Allgäuer und<br />

Ammergauer Alpen<br />

SÜDTIROLS<br />

SCHATZTRUHE<br />

Im Herzen des<br />

Silberbergs<br />

Stubai<br />

Tempel der Tourengeher:<br />

die Franz-Senn-Hütte<br />

Ralf Dujmovits<br />

über die Sherpa<br />

&<br />

REPORTAGE<br />

Singendes Eis: Ski-Expedition zum Nordpol<br />

PORTRÄT Zu Besuch beim »Sicherheitspapst« Pit Schubert<br />

AUF TOUR<br />

Hüttenrunde über dem Göschener Tal


Quality since 1923


EDITORIAL<br />

Der <strong>Mount</strong><br />

Everest gehört<br />

den wirklichen<br />

Alpinisten!<br />

Wenn Kurt Diemberger von seinen Filmaufnahmen<br />

1978 auf dem Gipfel des Everest erzählt,<br />

dann bricht bei seinen Zuhörern oft<br />

schallendes Gelächter aus. Das liegt einerseits<br />

an seiner kauzigen Art, Grenzerfahrungen in<br />

der Todeszone so zu beschreiben, als wären<br />

sie beim Grillabend in Nachbars Garten passiert. Die Komik nährt sich aber auch aus<br />

dem Erzählstoff: Kurt Diemberger versuchte am Gipfel, die Teilnehmer der deutschfranzösischen<br />

Expedition dazu zu bewegen, die Handschuhe auszuziehen und das<br />

Victory-Zeichen zu formen. Dazu brauchte er einiges an Überzeugungsarbeit, wie<br />

man sich bei minus 36 Grad Celsius vorstellen kann. Übrigens benutzte Diemberger,<br />

nachdem Messner/Habeler fünf Monate zuvor als erste den Everest ohne Maske bestiegen<br />

hatten, auch keinen Flaschensauerstoff; filmte und spaßte noch dabei.<br />

Diemberger gehört einer Alpinisten-Generation an, die die meisten nur noch aus Büchern<br />

oder Erzählungen kennen. Als es noch wirklich Neuland gab und nicht darum<br />

gestritten wurde, ob einer als erster alle zweit-, dritt- oder zehnthöchsten Gipfel der<br />

Erde bezwungen hat. »Ich bin dankbar, dass ich den Everest in den Tagen der Unschuld<br />

besteigen konnte«, schrieb Sir Edmund Hillary 1993 zum 40. Jahrtag seiner<br />

Erstbesteigung in einem Buch-Vorwort. Die heutigen <strong>Bergsteiger</strong> täten ihm leid, sagte<br />

er damals, »denn sie müssen sich bemühen, Neues und Interessantes rund um den<br />

Berg zu entdecken, um sowohl die öffentliche Aufmerksamkeit als auch die Achtung<br />

ihrer Kollegen zu erlangen«. Wie wahr. Den Everest-Kommerz aber, der Anfang der<br />

90er Jahre gerade begonnen hatte, hielt er für ein vorübergehendes Phänomen.<br />

Wenn er nur Recht behalten hätte! Im Jahr 1978 erreichten neben Messner, Habeler<br />

und Diemberger noch weitere 22 Alpinisten den Gipfel, damals ein Rekord. Von 2010<br />

bis 2012 waren es jedes Jahr mehr als 500. »Der Gipfel ist zur Ware geworden«, befindet<br />

Diemberger, der am 16. März 80 Jahre alt wird. Er sagt das nüchtern und ohne<br />

Anklage. Es wäre auch zu einfach, die kommerziellen Anbieter zu verurteilen. Jeder<br />

einzelne Everest-Träumer sollte sich die Frage stellen, warum er partout auf den<br />

höchsten Berg will (das gilt auch für andere »höchste Gipfel«) und ob er das nicht besser<br />

den wirklichen Alpinisten überlassen sollte. Unser Titelthema (S. 22-33) wirft zum<br />

Jubiläum genau diese Fragen auf. Schreiben Sie uns Ihre Meinung!<br />

The Great<br />

Himalaya Trail<br />

In 153 Tagen zu Fuß<br />

durch Nepal<br />

Wir organisieren den gesamten Trek individuell<br />

ab 2 Personen für Sie – in 153 Tagen.<br />

Sie starten im Kanchenjunga-Gebiet und<br />

beenden ihn im äußersten Westen.<br />

Wenn Sie in der Gruppe gehen möchten,<br />

haben Sie die Möglichkeit, die Etappen aufgeteilt<br />

in 6 Reisen in kleinen Gruppen über<br />

einen längeren Zeitraum „zu sammeln“<br />

<br />

1 GHT – Das Kanchenjunga Gebiet<br />

34 Tage ab € 4.990,–<br />

2 GHT – Everest Gebiet und Rolwaling<br />

24 Tage ab € 1.990,–<br />

3 GHT – Langtang mit Tilman Pass<br />

21 Tage ab € 2.690,–<br />

4 GHT – Manaslu und Annapurna<br />

28 Tage ab € 3.790,–<br />

5 GHT – Dolpo und Juphal<br />

25 Tage ab € 3.290,–<br />

6 GHT – Rara See bis Darchula<br />

28 Tage ab € 3.390,–<br />

Michael Ruhland, Chefredakteur<br />

Details anfordern unter Telefon:<br />

089 / 23 50 06 - 0<br />

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hauser-exkursionen.de


INHALT<br />

22<br />

<strong>Mount</strong> <strong>Madness</strong><br />

Vor 60 Jahren standen die ersten<br />

Menschen auf dem Gipfel des<br />

Everest. Inzwischen ist der Berg<br />

der Berge zum Massenziel<br />

geworden. Eine kritische Bilanz<br />

zum Jubiläum<br />

TITELTHEMA<br />

22 60 Jahre Erstbesteigung<br />

Vor 60 Jahren wurde der <strong>Mount</strong> Everest zum<br />

ersten Mal erklommen. In jüngerer Zeit haben<br />

kommerzielle Expeditionen den höchsten<br />

Berg der Welt in Verruf gebracht.<br />

AKTUELL<br />

12 Neues aus der Welt der Berge<br />

12 OHNE HAKEN Albert Leichtfried meistert<br />

Mixed-Route ohne künstliche Absicherung.<br />

14 SPONTAN ALLEIN Markus Pucher erfolgreich<br />

am Cerro Torre – und zwar free solo<br />

14 HARTE NUSS Adam Ondra ist erneut<br />

jenseits der Schwierigkeitsskala unterwegs.<br />

16 EVEREST FÜR ALLE? Über die Vorurteile<br />

gegenüber Touren auf den höchsten Berg<br />

18 MEDIEN-TIPPS Aktuelle Bücher, Apps und<br />

Webpages zum Thema Berg<br />

36<br />

Überm Göschener Tal<br />

Drei Tage Hüttentrekking in den Urner<br />

Alpen: eine Tour über Stock und Stein,<br />

die einem einiges abverlangt<br />

AUF TOUR<br />

36 Hüttenrunde Göschener Tal<br />

Die Urner Alpen sind das ideale Umfeld für<br />

eine Mehrtagetour für gehobene Ansprüche<br />

über Stock und Stein.


42<br />

Touren für Einsteiger<br />

Schritt für Schritt in Form kommen<br />

mit einem Touren-Trio in den Allgäuer<br />

oder Ammergauer Alpen<br />

TOURENKARTEN ZUM MITNEHMEN<br />

12 Top-Touren für den April<br />

Torbrücke– Voralphütte ............................................ 55<br />

Voralphütte – Chelenalphütte ............................ 55<br />

Chelenalphütte – Göscheneralp ........................ 55<br />

Alpseeblick .................................................................................... 57<br />

Spieser ................................................................................................ 57<br />

Grünten ............................................................................................. 57<br />

Heiligkreuzkofel ...................................................................59<br />

Monte Castello ..........................................................................59<br />

Wildes Hinterbergl ..............................................................59<br />

Östliche Seespitze ...................................................................61<br />

Salzburger Hochthron ......................................................61<br />

Hirschangerkopf ......................................................................61<br />

88<br />

Allround-<br />

Rucksäcke<br />

12 Modelle<br />

mit einem<br />

Volumen von<br />

30 Litern<br />

110<br />

Unsere Besten<br />

Ein Besuch beim Sicherheitsexperten<br />

Pit Schubert<br />

102<br />

Nordpol per Ski<br />

Eisig und strapaziös: Warum sich<br />

eine Expedition trotzdem lohnt<br />

Cover: A. Strauß (Telfser Wiesen mit Stubaier Hauptkamm); M. Zahel, R. Dujmovits, M. Pröttel, T. Ulrich, A. Strauß<br />

42 Der Weg zum Berg<br />

Ein aufeinander abgestimmtes Touren-Trio<br />

verschafft die nötige Kondition: für Berg-<br />

Neulinge ebenso wie nach einer längeren<br />

Pause oder zu Beginn der Wandersaison<br />

70 Serie: Hüttenzauber<br />

Winters wie sommers ist in der Franz-Senn-<br />

Hütte viel los. Kein Wunder, sie ist gut zu erreichen<br />

und ein optimaler Ausgangspunkt.<br />

74 Serie: GeoTop | Untersberg<br />

Um kaum einen Berg in den Alpen ranken<br />

sich so viele Sagen wie um den Untersberg.<br />

Sie alle haben ihren Ursprung in den geologischen<br />

Besonderheiten.<br />

78 Gipfeltouren in der Fanes<br />

Fern der touristischen Zentren hat sich<br />

die Fanesalpe ihren ganz eigenen Zauber<br />

bewahrt. In ihrer Abgeschiedenheit lässt<br />

sie die Sagen alter Zeiten aufleben.<br />

84 Serie: Stille Helfer<br />

neu!<br />

Familien-TIPP<br />

Unsere neue Serie steht ganz im Zeichen<br />

der Bergausrüstung. Teil 1 zeigt die Geschichte<br />

des Rucksacks – von Ötzis Kraxe<br />

bis zum Hightech-Tragesystem.<br />

SERVICE<br />

88 Kaufberatung Tagesrucksack<br />

Rucksäcke mit einem Volumen von rund 30<br />

Litern sind ideal für Tages- oder kleinere<br />

Hochtouren. Zwölf Modelle im Vergleich<br />

94 Im Test: Klettergurte<br />

Der Zweck aller Gurte ist gleich: Sie<br />

sollen Stürze halten. Dennoch gibt es je<br />

nach Vorhaben diverse Konstruktionen.<br />

REPORTAGE<br />

64 Südtirols Schatztruhe<br />

Angetrieben von der historischen Gier nach<br />

Silber ist zwischen Passeier- und Ridnauntal<br />

ein Bergwerkslabyrinth entstanden.<br />

102 Expedition zum Nordpol<br />

Wer den Nordpol per Ski erreichen will,<br />

muss sich täglich zwölf Stunden bewegen<br />

– sonst ist die Kälte nicht zu ertragen.<br />

110 Porträt: Pit Schubert<br />

Er kennt die Gefahren des Bergsports wie<br />

kein Zweiter: 32 Jahre lang hat Pit Schubert<br />

den Sicherheitskreis des DAV geleitet.<br />

48 Das große<br />

BERGSTEIGER-<br />

Interview<br />

Die Berge waren für den<br />

früheren Bundesminister<br />

und CDU-Generalsekretär<br />

Heiner<br />

Geißler immer<br />

eine Option für den<br />

Ausstieg. Ein Gespräch<br />

über Bergsteigen,<br />

<strong>Risiko</strong> und<br />

Fitness im Alter<br />

RUBRIKEN<br />

Editorial 3<br />

TV-Programm 19<br />

Kolumne 53<br />

Grassls Tipp 113<br />

Briefe/Impressum 113<br />

Comic 114<br />

<strong>Vorschau</strong> 114<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 5


BERG-BILDER<br />

Alle Fotos: Helmut Schulze<br />

Kantentanz<br />

Wie weit geht’s abwärts? Die Absicherungsmöglichkeiten<br />

in den Sandsteinfelsen von Adršpach verlangen<br />

noch stärkere Nerven als in der Sächsischen<br />

Schweiz. Für einige macht genau das den <strong>Reiz</strong> aus.<br />

Adršpach, Böhmen, Tschechien


04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 7


Kaminkunst<br />

Wann ist ein Riss ein Kamin?<br />

Beim Klettern per Definition<br />

genau dann, wenn der gesamte<br />

Körper darin Platz hat.<br />

Adršpach, Böhmen, Tschechien<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 9


Klettertraum<br />

Welcher Fels darf es sein? Mehr als eintausend<br />

Sandsteintürme und -nadeln stehen in der Felsenstadt<br />

auf engstem Raum. Diese hier heißen Großer<br />

Schöffe, Bürgermeister und Bürgermeisterin.<br />

Adršpach, Böhmen, Tschechien<br />

10 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Reich der 1000 Türme<br />

»Mauerglatte Wandfluchten, nur von<br />

schnurgeraden Rissen durchzogen«,<br />

heißt es über Adršpach in Böhmen.<br />

Unserem Fotografen Helmut Schulze<br />

wurde dies bestätigt.<br />

Viele Jahre verbrachte<br />

ich jede freie Minute<br />

kletternd an den Felsen<br />

der Sächsischen<br />

Schweiz. Dort hörte<br />

ich zum ersten Mal<br />

von einem Felsgebiet<br />

in Ostböhmen, dem ein gradezu mythischer<br />

Ruf voraus eilte: Adršpach. Ein Reich von 1000<br />

Türmen, manche davon unbestiegen. Ich wurde<br />

nicht enttäuscht: Planlos irrte ich erst einmal<br />

durchs Felslabyrinth. Sicherungsringe entdeckte<br />

ich meist erst hoch droben am Ende der<br />

Risse, die oft einige Meter unter den Gipfeln<br />

ausliefen. Vordergründig markierten die Ringe<br />

wohl mehr den Wechsel der Kletterei, denn von<br />

ihnen musste man sich über sandig-rollende<br />

Reibungswülste zum höchsten Punkt schleichen.<br />

Helmut Schulze<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 11


<strong>Bergsteiger</strong><br />

04/13 AKTUELL<br />

Ganz ohne Haken<br />

ALBERT LEICHTFRIED UND BENEDIKT PURNER GELINGT<br />

SCHWERE MIXED-ROUTE IN SÜDTIROL<br />

Mit ihrer neuen Route »Senza Piombo« (M10) ist den Österreichern<br />

Albert Leichtfried und Benedikt Purner am 30. Januar<br />

die vermutlich schwerste »clean« gekletterte Eis-Fels-Route der<br />

Welt gelungen. Trotz der hohen Kletterschwierigkeit war den<br />

Bergführern wichtig, die Route nur mit natürlicher Absicherung,<br />

also ohne die Verwendung von Haken und Bohrhaken, zu begehen.<br />

Nachdem Leichtfried beim ersten Versuch in der Schlüsselseillänge<br />

zweimal gestürzt war, konnten die beiden ihr Vorhaben<br />

beim zweiten Anlauf schließlich realisieren.<br />

»Senza Piombo« (auf Deutsch »bleifrei«) liegt im Südtiroler Langental<br />

bei Wolkenstein, rund 15 Minuten von der Route »Illuminati«<br />

(M11+/WI6+) entfernt. Mit der Erstbegehung dieser Route<br />

hatte Albert Leichtfried 2006 die Messlatte der Mixedrouten nach<br />

oben verschoben.<br />

–bd–<br />

Foto: Klaus Kranebitter<br />

Nur mit<br />

natürlicher<br />

Absicherung<br />

unterwegs:<br />

Albert Leichtfried<br />

in »Senza<br />

Piombo«<br />

Zitat des Monats<br />

»Der Everest ist zu einer<br />

Ware geworden, die man im<br />

Supermarkt kaufen kann.<br />

Ich habe schon vor zehn<br />

Jahren gefordert, dass Aspiranten<br />

zuerst den benachbarten<br />

6000er Island Peak<br />

besteigen müssen. Dann<br />

würde die Zahl der Bewerber<br />

rapide sinken.<br />

Alle haben damals geklatscht.<br />

Passiert ist nichts.«<br />

Kurt Diemberger, einzig noch lebender Erstbesteiger von<br />

zwei Achttausendern<br />

Auf die harte Tour<br />

ADAM ONDRA KNACKT »LA DURA DURA« (9b+)<br />

Zwei Kletter-Superstars,<br />

ein Ziel: Januar<br />

und Februar waren<br />

zwei spannende Monate<br />

im katalanischen<br />

Oliana. Denn Adam<br />

Ondra war nicht der<br />

Einzige, der den Durchstieg<br />

von »La Dura Dura«<br />

im Visier hatte.<br />

Auch Chris Sharma, der die 45 Meter lange Route selbst eingebohrt<br />

hat, arbeitet an diesem Projekt. Am 7. Februar gelang es<br />

schließlich dem jungen Tschechen, Sharmas Route, die übersetzt<br />

so viel wie »Die ganz Harte« bedeutet, sturzfrei zu klettern.<br />

Erst im Herbst eröffnete Ondra mit »Change« in der norwegischen<br />

Flatanger-Höhle eine Route, die er mit 9b+ (vergleichbar<br />

mit XII- nach UIAA) bewertete – ein bislang noch nicht gekletterter<br />

Schwierigkeitsgrad. Auch für »La Dura Dura« schlägt er<br />

diese Bewertung vor. Ihm persönlich sei die sehr kraftraubende<br />

und dynamische Route in Spanien allerdings schwerer gefallen.<br />

»Change« würde mehr seinem individuellen Kletterstil entsprechen,<br />

erklärte Ondra in einem Interview. Wichtiger war für den<br />

20-Jährigen nach eigenen Angaben die Zusammenarbeit mit<br />

Chris Sharma. Diese bezeichnete er als inspirierend und nicht<br />

als Konkurrenz.<br />

–bd–<br />

12 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Fünf Fragen an …<br />

Foto: privat<br />

Klaus Lehner (53),<br />

Geschäftsführer der<br />

Bergzeit GmbH war<br />

beim ISPO Award 2013<br />

erstmals Juror für<br />

Outdoor-Produkte.<br />

Sportiva<br />

Photo o © La S<br />

… den ISPO-Juror<br />

Sie waren einer von 14 Juroren auf der ISPO, die Produkt-Innovationen<br />

im Bereich Outdoor beurteilt haben. Wie läuft das ab?<br />

Zunächst mal ist das Ganze wesentlich anstrengender und anspruchsvoller,<br />

als ich es mir vorgestellt hätte. Man kommt in einen Raum voller<br />

Produkte aus unterschiedlichen Bereichen. Mit allen muss man sich<br />

genauestens auseinandersetzen, und zwar nicht draußen, wo man sie<br />

letztlich nutzt, sondern drinnen, am Tisch.<br />

Wie kam die Jury zu ihren Entscheidungen?<br />

Jeder erhielt ein iPad mit Informationen zu den Produkten und einer<br />

Kritierientabelle, anhand derer man bewerten sollte. Die Stimmen<br />

wurden zusammengeführt und dann haben wir das Ergebnis nochmal<br />

im Plenum besprochen. Erstaunlicherweise kamen wir zu sehr<br />

ähnlichen Einschätzungen, obwohl wir aus völlig unterschiedlichen<br />

Bereichen kamen: Athleten waren vertreten, ein Professor für<br />

Produktdesign, professionelle Produkttester. Aber umso besser, denn<br />

so war es letztlich ein sehr objektives Urteil.<br />

Was ist Ihnen bei den vielen Neuheiten denn aufgefallen?<br />

Irgendwelche Trends?<br />

Ein Trend in dem Sinne nicht. Höchstens in der Hinsicht, dass es immer<br />

schwieriger wird, im Outdoorbereich richtige Innovationen zu präsentieren.<br />

Der Markt ist inzwischen sehr weit entwickelt, da zeigen sich die<br />

Innovationen in erster Linie in Details. Daher gab es für mich auch nicht<br />

das eine Wow-Produkt, sondern viele kleine überzeugende Einzelheiten.<br />

LA SPORTIVA® is a trademark of the shoe manufacturing comp pany “L<br />

aSp<br />

ortiva S .p.A” locate<br />

d in Italy (TN)<br />

Ist die Zeit der großen Innovationen denn endgültig vorbei?<br />

Endgültig sicher nicht. Ich denke schon, dass dank der menschlichen<br />

Kreativität wieder ein großer Sprung kommen wird. Aber eventuell wird<br />

es noch eine Weile dauern.<br />

Wie wird man überhaupt Juror?<br />

Man wird eingeladen. In meinem Fall war es so, dass ich mit der<br />

Agentur, die den ISPO Award organisiert, schon öfter Kontakt wegen<br />

ähnlichen Themen hatte. Daher wussten sie, dass ich mich mit<br />

Outdoor-Produkten gut auskenne. Interview: Bettina Willmes<br />

WACHSEN, DIE HERAUSFORDERUNG SUCHEN, SICH ENTWICKELN: DIE ESSENZ DES SKITOURENGEHENS.<br />

DAS SIND DIE WERTE VON LA SPORTIVA. UND DAS IST DIE ERSTE BEKLEIDUNGSKOLLEKTION<br />

VON LA SPORTIVA: ALLEN SKITOURENGEHERN GEWIDMET.<br />

Mehr zur ISPO lesen Sie auf Seite 99; alle Award-Gewinner fi nden Sie<br />

unter www.ispo.com/award/de<br />

www.lasportiva.com - Become a La Sportiva fan


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 04/13 AKTUELL<br />

Foto: OeAV<br />

Cover: Petzl Foundation<br />

Berg-Splitter<br />

Der OeAV hat derzeit 450 000 Mitglieder.<br />

Rekordzuwachs beim OeAV<br />

Eine gute Bilanz: Der Österreichische<br />

Alpenverein (OeAV) ist im Jubiläumsjahr 2012<br />

um 35 000 Mitglieder gewachsen. Den größten<br />

Zuwachs verzeichneten die Sektionen Wien und<br />

Innsbruck. Nicht nur in Österreich, auch beim<br />

Deutschen Alpenverein (DAV) steigen die<br />

Mitgliedszahlen stetig an. Der DAV erwartet Mitte<br />

des Jahres sein Millionstes Mitglied, der OeAV<br />

hat aktuell rund 450 000 Mitglieder. –bd–<br />

Ausgezeichnet: Kurt Diemberger<br />

Vom 3. bis 6. April 2013 wird in Chamonix und<br />

Courmayeur bei den diesjährigen Piolets d’Or<br />

der »Oskar des Alpinismus« für herausragende<br />

bergsteigerische Leistungen vergeben. Den<br />

Preis für sein alpinistisches Lebenswerk erhält<br />

Kurt Diemberger. Diese Auszeichnung geht an<br />

Ausnahmealpinisten, die durch ihr Bergsteigen<br />

auch nachfolgende Generationen inspiriert<br />

haben. Den sogenannten »Lifetime Achievement<br />

Award« haben vor Diemberger bereits <strong>Bergsteiger</strong><br />

wie Walter Bonatti, Reinhold Messner,<br />

Doug Scott und Robert Paragot erhalten. –bd–<br />

Sicher auf den Mont Blanc<br />

Wer auf den höchsten Gipfel der Alpen<br />

möchte, muss sich vorbereiten, ausrüsten und<br />

informieren. Besonders einfach geht das mit<br />

dem neuen Faltblatt »Die Besteigung des Mont<br />

Blanc – eine Sache für Alpinisten«, das die Petzl<br />

Foundation jetzt herausgebracht<br />

hat. Auf 16 DIN A6-Seiten<br />

informiert es unter anderem<br />

über die verschiedenen<br />

Routen, ihre Schwierigkeiten<br />

und <strong>Risiko</strong>faktoren. Kostenloser<br />

Download unter<br />

www.foundation-petzl.org/<br />

userfi les/mtblanc-DE-mdef.<br />

pdf<br />

–bw–<br />

Foto: AustriAlpin<br />

Foto: Soulra<br />

Allein am Cerro Torre<br />

MARKUS PUCHER BEZWINGT DIE FERRARI-RAGNI-ROUTE FREE SOLO<br />

Abgekämpft: Markus Pucher<br />

nach seinem Alleingang<br />

Eisige Triologie<br />

Gemeinsam eine neue Route auf der Westseite<br />

des Cerro Torre klettern – das war das eigentliche<br />

Ziel von Markus Pucher und Markus Steiner.<br />

Doch weil er sich nicht gut fühlte, beschloss Steiner<br />

auf dem Weg zum Col de la Esperanza (dem »Sattel<br />

der guten Hoffnung«), nicht weiter zu gehen. »Kurz<br />

später war uns klar: Ich werde alleine auf den Cerro<br />

Torre gehen«, schreibt der Kärntner Markus Pucher<br />

in seinem Expeditionsbericht. Der 36-Jährige entschied<br />

sich für die Ferrari-Ragni-Route, die ab dem<br />

Col de la Esperanza in 600 Metern mit Mixed-Gelände bis M5 und Eis bis 95 Grad<br />

zum Gipfel führt. Nach einer kurzen Biwaknacht überholte Pucher drei vor ihm<br />

gestartete Seilschaften und war wieder allein in der Wand. Um 5.15 Uhr stand der<br />

österreichische Meister im Eisklettern am Gipfel und sicherte sich in fünf Stunden<br />

und 40 Minuten die vermutlich erste Free-Solo-Begehung des Cerro Torre. –bd–<br />

DANI ARNOLD KLETTERT DREI SCHWERE EIS-ROUTEN IN EINEM ZUG<br />

»Flying Circus« (M10, 165 m), »Mach 3« (IV/M9,<br />

150 m), »Crack Baby« (IV/WI6, 340 m): Das sind<br />

drei Klassiker des Mixed- und Eiskletterns an der Breitwangfluh<br />

oberhalb von Kandersteg mit insgesamt<br />

21 Seillängen. Der Schweizer Dani Arnold hat sie am<br />

17. Januar unmittelbar hintereinander abgespult<br />

– allesamt im Vorstieg und sturzfrei. Eigentlich veranschlagen<br />

Kletterer für jede der Routen einen Tag. Erfolgreich trotz sprödem,<br />

Arnold, Speedrekordhalter an der Eiger-Nordwand, instabilem Eis: Dani Arnold<br />

ist bekannt für Schnelligkeit und Klettereffizienz –<br />

selbst bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, wie sie am Tag der Trilogie<br />

herrschten: Das Eis, so Arnold, war spröde, instabil und anstrengend zu klettern. Um<br />

21 Uhr erreichte er mit Kletterpartner Walter Fetscher den Ausstieg der letzen Route<br />

»Crack Baby«; aufgebrochen waren die beiden um 5.30 Uhr.<br />

–bd–<br />

BoostTurbine 2000, erhältlich<br />

über www.soulra.de, 55 €<br />

Berg-Fundstück<br />

WAHRES HANDWERK<br />

Eine Minute Kurbeln für wahlweise<br />

drei SMS oder 30 Sekunden Telefonieren:<br />

Die mobile Handy-Stromquelle BoostTurbine 2000<br />

ist die ultimative Therapie für alle, die es auch in den Bergen<br />

nicht schaffen, die Finger vom Mobiltelefon zu lassen.<br />

Fotos: visual impact/Thomas Senf<br />

14 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Foto: Ç Privatsammlung /Schloßmuseum Murnau<br />

Alpenglühen an einem Gebirgssee<br />

(Rottmann-Schule), 1. Hälfte<br />

19. Jh., Öl auf Leinwand<br />

Sehnsuchtsort Berg<br />

SONDERAUSSTELLUNG IM SCHLOSSMUSEUM MURNAU<br />

Das Schlossmuseum in Murnau zeigt von 21. 3. bis 23. 6. 2013 unter dem Titel<br />

»Alpenglühen. Die Berglandschaft als Sehnsuchtsort« die Berge mit dem Blick der<br />

Maler. Anhand einer Privatsammlung wird der Anziehungskraft der Bergwelt mit<br />

Werken von Christian Morgenstern, Adam Klein, Johann Jakob Dorner d. J., Heinrich<br />

Bürkel u. a. nachgegangen. Der Betrachter wird über den Expressionismus<br />

mit Werken von Jawlensky, Kanoldt, Erbslöh, von Werefkin, Macke und Kirchner<br />

hin zur expressiven Malerei Brandls geführt. Generationsübergreifend werden<br />

die Maler Edward Theodore Compton und sein Sohn Edward Harrison, die selbst<br />

leidenschaftliche <strong>Bergsteiger</strong> waren, vorgestellt. Die Abfolge der Berglandschaften<br />

zeigt so nicht nur ein sich wandelndes Naturverständnis, sondern auch das ganz<br />

persönliche Verhältnis der Künstler zu ihrem »Objekt der Begierde«. –pgk–<br />

Foto: Martin Lugger<br />

Schuldig trotz Tube<br />

Wer seinen Kletterpartner<br />

nicht<br />

ausreichend sichert,<br />

muss bei Unfällen<br />

zahlen.<br />

NACH UNFALL IN DER KLETTERHALLE: SICHERNDER MUSS ZAHLEN<br />

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat nach einem Unfall in einer<br />

Kletterhalle den Sichernden zu Schadenersatz verurteilt. Der Mann<br />

hatte seinen Kletterpartner – den Kläger – mit einem Tube sichern sollen.<br />

Kurz vor dem Umlenkpunkt stürzte der Kläger jedoch zehn Meter<br />

ungebremst in die Tiefe. Dadurch erlitt er eine beidseitige Fraktur der<br />

Fersenbeine sowie eine Kieferköpfchenprellung. Nach Ansicht des Gerichts<br />

ist die Verletzung darauf zurückzuführen, dass der Beklagte zum<br />

Zeitpunkt des Sturzes den Kläger nicht korrekt gesichert hatte.<br />

Der Beklagte räumte zwar ein, dass er zum fraglichen Zeitpunkt dafür verantwortlich<br />

war, den Kläger zu sichern. Den Unfall habe der Kläger allerdings letztlich selbst<br />

verschuldet. Er habe sich bewusst auf eine Sicherung mittels Tube eingelassen, obwohl<br />

er wissen musste, dass es andere, wesentlich bessere Sicherungsgeräte gebe.<br />

Das Gericht räumte zwar ein, dass ein halbautomatisches Sicherungsgerät zuverlässiger<br />

funktioniere. Allerdings sei auch die Tube als verhältnismäßig sicher zu<br />

bezeichnen. Den Kläger treffe somit keine Schuld.<br />

–bw-


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 04/13 AKTUELL<br />

Der DAV appelliert<br />

an Skitourengeher,<br />

sich an Routenempfehlungen<br />

zu halten.<br />

Fotos: Andreas Strauß<br />

Auf der richtigen Route<br />

NEUE KARTEN, TAFELN UND SCHILDER: ERGEBNISSE DES<br />

PROJEKTS »SKIBERGSTEIGEN UMWELTFREUNDLICH«<br />

Ein Mammutprojekt geht zu Ende: Seit 1995 haben sich das<br />

Bayerische Umweltministerium, das Bayerische Landesamt für<br />

Umwelt und der Deutsche Alpenverein zusammengetan, um im<br />

Zuge des Projekts »Skibergsteigen umweltfreundlich« 500 Routenempfehlungen<br />

im gesamten bayerischen Alpenraum zu erar-<br />

beiten. Die Beteiligten wollen damit einen langfristigen Beitrag<br />

zum Arten- und Biotopschutz leisten, gleichzeitig aber auch den<br />

Skitouren- und Schneeschuhgehern Möglichkeiten bieten, den<br />

Alpenraum zu nutzen. Seit Februar ist das großangelegte Projekt<br />

abgeschlossen. Die Ergebnisse in Form einer Einteilung des<br />

Alpen raums in empfohlene Routen und Schongebiete sind künftig<br />

auf den bayerischen Alpenvereinskarten sowie auf Tafeln und<br />

Schildern vor Ort dokumentiert.<br />

–bd–<br />

GASTBeitrag<br />

»Du darfst<br />

da nicht hoch!«<br />

Die meisten Gegner von kommerziellen<br />

Expeditionen sagen mir ihre Kritik nicht ins<br />

Gesicht. Ich bekomme es nur über ein paar<br />

Ecken zu hören. Ich fi nde die Vorwürfe aus<br />

mehreren Gründen unsachlich bis anmaßend.<br />

1. <strong>Bergsteiger</strong>, die alleine und ohne Anbieter-<br />

Hilfe auf den Everest gehen wollen, sollen das<br />

tun. Sie sollen aber auch anderen Menschen die<br />

Möglichkeit geben, Träume zu verwirklichen.<br />

Bergsteigen ist generell so etwas herrlich<br />

Sinnloses, dass man jeden in Ruhe lassen<br />

sollte, der auf einen Berg steigen möchte. Egal,<br />

ob mit oder ohne Sauerstoff, ob mit oder ohne<br />

Anbieter-Hilfe.<br />

Der Schweizer<br />

Kari Kobler hat<br />

bereits zwölf<br />

Expeditionen zum<br />

Everest organisiert.<br />

Fünf Mal<br />

stand er selbst<br />

auf dem Gipfel.<br />

2. Mit dem gerne genannten Vorwurf, dass wir<br />

den Besten der Besten gewissermaßen im Weg<br />

stehen würden, habe ich Mühe. Wenn die<br />

selbsternannten Top-<strong>Bergsteiger</strong> über die<br />

Normalroute auf den Everest wollen, sind das<br />

keine Top-<strong>Bergsteiger</strong>. Es gibt etliche andere<br />

Routen, wo kaum ein Mensch unterwegs ist.<br />

3. Viele der Leute, die uns vorwerfen, wir würden<br />

den Berg verstopfen, wollen so billig wie möglich<br />

auf den Everest. Wir kommerziellen Anbieter sind<br />

dagegen die wichtigsten Verdienstfaktoren. Wenn<br />

ich keine Gäste mehr hätte, würden viele<br />

Bergführer, vor allem aber auch Sherpas und<br />

gewisse Regionen an Geld verlieren.<br />

4. Wir geben uns extrem Mühe, den Berg sauber<br />

zu verlassen. Am North Col haben wir extra eine<br />

Toilette aufgestellt. Die Tonne tragen wir auf<br />

unsere Kosten runter – wie übrigens auch viele<br />

andere Sachen, die frühere Expeditionen dort<br />

oben gelassen haben.<br />

5. Der Vorwurf, wir würden unvorbereitete<br />

Menschen in den Tod führen, stimmt einfach nicht.<br />

Das lässt sich mit Zahlen belegen: Zwischen 1980<br />

und 1989, als noch keine Anbieter unterwegs<br />

waren, starben 59 Menschen bei nur 182<br />

Gipfelbesteigungen. Zwischen 1999 und 2008<br />

stand diese Quote bei 45 zu 2943. Wenn im<br />

Unglücksfall übrigens jemand zu Hilfe gerufen wird,<br />

dann sind es oft wir, die kommerziellen Anbieter.<br />

6. Natürlich habe auch ich meine Fehler<br />

gemacht – und daraus gelernt. Heute nehme ich<br />

nur <strong>Bergsteiger</strong> mit, die ich vorher gesehen habe.<br />

Ich habe Kunden auch schon gesagt: »Du darfst<br />

da nicht hoch!«<br />

Foto: privat<br />

16 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Umwelt und Nachhaltigkeit<br />

beSIEGELt<br />

Die Initiative »<strong>Bergsteiger</strong>dörfer« vereint derzeit 18 Ortschaften<br />

in Österreich. Sie alle setzen auf sanften Tourismus und<br />

bemühen sich, ihre eigenen kulturellen Besonderheiten zu bewahren.<br />

Großen Wert legen sie darüber hinaus auf den Einklang zwischen<br />

Mensch und Natur. Die »<strong>Bergsteiger</strong>dörfer« sind ein Projekt des<br />

Österreichischen Alpenvereins. Infos unter www.bergsteigerdoerfer.at<br />

Foto: Michael Pröttel<br />

Pläne für riesigen Speichersee<br />

»ENERGIEALLIANZ« WILL AM JOCHBERG KRAFTWERK BAUEN<br />

Der Jochberg bietet genug Gefälle<br />

und den passenden Netzanschluss.<br />

Am 28. Februar haben die Energieallianz<br />

Bayern – ein Zusammenschluss aus 33<br />

Stadtwerken – sowie die Gemeinden Kochel<br />

und Jachenau ein riesiges Bauprojekt offiziell<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt: Am Jochberg<br />

zwischen Walchen- und Kochelsee soll<br />

ein Pumpspeicher-Kraftwerk mit dazugehörigem<br />

Speichersee gebaut werden. Es gebe<br />

noch keine konkreten Planungen, aber bei<br />

der Suche nach Standorten sei der Jochberg<br />

für das Vorhaben als geeignet eingestuft<br />

worden: genug Gefälle, passender Netzanschluss,<br />

kein Naturschutzgebiet. Pumpspeicher-Kraftwerke können Energie sowohl<br />

erzeugen als auch speichern. Ist ein Stromüberschuss vorhanden, würde Wasser aus<br />

dem Walchensee in den höher gelegenen Speichersee gepumpt werden; sobald<br />

Strom benötigt werde, könnte das Wasser durch das Gefälle des Pumpspeicher-<br />

Kraftwerks wieder hinab fließen und Turbinen zur Stromerzeugung antreiben. Eingeräumt<br />

haben die Investoren, dass der geplante Speichersee von der Größe her eine<br />

vielfach größere Dimension hätte als der See am Brauneck.<br />

–pgk–<br />

Mit gutem Beispiel voran<br />

JACK WOLFSKIN KÜNDIGT PFOA-FREIE WINTERKOLLEKTION AN<br />

Ende vergangenen Jahres hat Greenpeace die alarmierenden Ergebnisse einer<br />

Studie veröffentlicht, die gesundheitsgefährdende Schadstoffe in Outdoorkleidung<br />

nachgewiesen hatte. Der Schadstoffgehalt ist in erster Linie auf die Perfluoroctansäure<br />

(PFOA) zurückzuführen, eine Chemikalie, die Textilien dauerhaft wasser- und<br />

schmutzabweisend macht. Der Idsteiner Outdoor-Ausrüster Jack Wolfskin hat nun<br />

angekündigt, die Herbst- und Winter-Kollektion 2013 nahezu vollständig PFOA-frei<br />

zu produzieren. Der Ausstieg aus der Fluorchemie<br />

bedeute eine Umstellung der gesamten<br />

Textilherstellungskette, so Jack-Wolfskin-Geschäftsführer<br />

Christian Brandt. Wie<br />

auch andere Hersteller arbeitet die Idsteiner<br />

Firma auf dieses Ziel bereits seit mehreren<br />

Jahren hin. Eine gesetzliche Beschränkung<br />

gibt es derzeit noch nicht.<br />

–bd–<br />

Foto: Jack Wolfskin<br />

Wanderhotel Lumbergerhof<br />

Lumbergerhof Wanderopening 04.05.13–16.05.13<br />

Frühlingswandern im Tannheimertal und<br />

Erholen im neuen Wellnessbereich<br />

7 Nächte mit Halbpension<br />

4 geführte Bergwanderungen<br />

1 Massage mit Arnikaöl<br />

ab € 500,00 pro Person<br />

Wanderpauschalen von Mai bis Oktober<br />

A-6673 Grän - Tannheimertal<br />

T. +43 5675 6392<br />

www.lumbergerhof.at<br />

<br />

„Berglust pur 2013“ mit den besten<br />

alpinen Wanderhotels in Österreich,<br />

<br />

Lombardei.<br />

Weitere Wanderangebote<br />

<br />

www.wanderhotels.com


<strong>Bergsteiger</strong><br />

12/11 AKTUELL<br />

04/13 AKTUELL<br />

Medien<br />

BergBücher …<br />

Walter Klier<br />

»MEINE STEINIGE HEIMAT«<br />

216 Seiten, mit 12 Öl-, Gouacheund<br />

Ölpastellbildern des Autors,<br />

Format 20,5 x 12,5 cm, Paperback,<br />

Tyrolia Verlag, Innsbruck<br />

2012, 17,95 €<br />

Als Autor von Bergführern<br />

(Karwendel, Zillertaler,<br />

Stubaier und Ötztaler Alpen) ist Walter Klier ein profunder Kenner<br />

seiner Tiroler Heimat. Wenn er dann aber Geschichten und<br />

Episoden aus seinem eigenen Kletterer- und <strong>Bergsteiger</strong>leben<br />

(zum Beispiel verwegene Abenteuer in brüchigem Fels) erzählt,<br />

die Bewohner von Innsbruck (unter anderem die in der Gastronomie<br />

Beschäftigten) charakterisiert, die Fauna der Tiroler Berge<br />

(enthemmte Gämsen) beschreibt oder den einfallenden Touristen<br />

aus dem Norden den Spiegel vorhält, sprüht der Schalk aus<br />

vielen Zeilen. Die witzigen Texte sind äußerst unterhaltsam zu<br />

lesen. Illustriert ist das vergnügliche Lesebuch zusätzlich mit<br />

Bildern des Malers Walter Klier.<br />

–pgk–<br />

Janina und Markus Meier<br />

»LEICHTE HOCHTOUREN IN<br />

DEN ALPEN«<br />

144 Seiten, Format 16,5 x 23,5<br />

cm, Softcover, Bruckmann Verlag,<br />

München 2013, Preis 19,99 €<br />

Die Autoren leiten selbst<br />

Gletscherkurse beim Deutschen<br />

Alpenverein und stellen<br />

in diesem Buch ihre Empfehlungen<br />

für die ersten<br />

selbstständigen Schritte in<br />

Fels und Eis zusammen. Herausgekommen<br />

ist eine gute<br />

Mischung lohnender Ziele.<br />

Die vorgestellten Touren halten<br />

auch für den erfahrenen<br />

Wanderer Highlights bereit<br />

wie etwa Cevedale oder<br />

Großvenediger. –bd–<br />

Margit und Michael Kleemann<br />

»WANDERUNG ZU HÖHLEN UND<br />

SCHLUCHTEN«<br />

96 Seiten, Format 16,5 x 23,5 cm,<br />

Broschur m. Fadenheftung, J. Berg<br />

Verlag, München 2013, 14,99 €<br />

Es muss nicht immer der<br />

Gipfel sein: Dieses Buch<br />

präsentiert 20 Touren in die<br />

Unterwelt, genauer gesagt<br />

in Kluft-, Tropfstein- und<br />

Eishöhlen. Sie sind allesamt<br />

familientauglich und lassen<br />

sich größtenteils in Etappen<br />

aufteilen. Lehrreich sind die<br />

kleinen Happen zur Entstehung<br />

der einzelnen Höhlen,<br />

hilfreich die vielen Tipps zur<br />

Gegend, die bei den meisten<br />

Touren dabei stehen. –bw–<br />

BergApp … BergFilm … BergWeb …<br />

Foto: Discovery Channel/Polyband<br />

ANKOMMEN AUF EUROPAS GIPFEL<br />

Wofür? Wanderregionen Europas entdecken<br />

Wie? Wanderkarten sowie GPS-Tracks bieten<br />

zuverlässige Orientierung im Gelände. Zudem bietet<br />

die App detaillierte Wegbeschreibungen und<br />

Zusatzinformationen für derzeit 86 Regionen.<br />

Wieviel? »Wanderführer Europa« ist gratis;<br />

Inhaltspakete zwischen 3,59 und 9,99 €<br />

Warum? Immer den richtigen Weg einschlagen<br />

»EVEREST«<br />

Die Dokumentation »Everest« begleitet<br />

Expeditionsleiter Russel Brice und seine<br />

Teams beim Aufstieg zum <strong>Mount</strong> Everest.<br />

Die Teilnehmer berichten über Ängste<br />

und Hoffnungen bei der Bezwingung des<br />

höchsten Berges. Staffel eins und zwei der<br />

Dokumentation von Discovery Channel<br />

sind in einer DVD-Box erhältlich, die dritte<br />

Staffel ist gesondert erschienen. –sz–<br />

Von: Martin Pailthrope, Barny Revill, Ed Wardle<br />

Mit: Russel Brice u. a.<br />

Aus: USA<br />

www.calle-arco.de/book/booklist?usernam<br />

e=<strong>Mount</strong>ainWilderness&listID=1<br />

Es ist doch immer das Gleiche: Kurz vor<br />

dem Bergurlaub hat man kein passendes<br />

Buch zur Hand. Dann hilft ein Blick in das<br />

Buchregal von <strong>Mount</strong>ain Wilderness bei<br />

Calle Arco. Dort präsentieren die Vorstandsmitglieder<br />

Berg-Belletristik, Tourenführer<br />

und Bildbände. Bewertung inklusive.<br />

wetter.orf.at > Bergwetter<br />

Gute Quelle, um sich gezielt über das Wetter<br />

in Österreichs Bergen zu informieren.<br />

Direkt verlinkt sind Wetterstationen sowie<br />

Wetterkameras.<br />

–bw–<br />

18 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


11.3. | 17.00 | BR<br />

Der Mann und der Berg<br />

Eine Allgäuer<br />

Hüttenwirtlegende<br />

Dauer: 30 Min.<br />

12.3. | 22.00 | SWR<br />

Fahr mal hin<br />

Mandelblüte an der Bergstraße:<br />

Dem Frühling auf der Spur<br />

Dauer: 30 Min.<br />

13.3. | 12.25 | 3sat<br />

Österreichs Heiliger Berg<br />

Kraftorte rund<br />

um den Großglockner<br />

Dauer: 35 Min.<br />

13.3. | 14.10 | Servus TV<br />

Naturparadiese Afrikas<br />

<strong>Mount</strong> Kenya<br />

Dauer: 55 Min.<br />

13.3. | 20.15 | 3sat<br />

Australien<br />

Die sprechenden Felsen<br />

der Aborigines<br />

Dauer: 50 Min.<br />

14.3. | 17.00 | BR<br />

Hüttenwirte AH<br />

Die Schamanen<br />

vom Untersberg<br />

Dauer: 30 Min.<br />

16.3. | 9.35 | 3sat<br />

AH<br />

Götter der Berge<br />

Alte Opferplätze auf<br />

markanten Berggipfeln<br />

Dauer: 35 Min.<br />

16.3. | 12.25 | ORF 2<br />

Gipfel der Genüsse<br />

Das Hochplateau Luncanilor<br />

in Transsilvanien<br />

Dauer: 25 Min.<br />

16.3. | 19.30 | Arte<br />

360° – Geo Reportage<br />

Die Smaragdberge von Bahia<br />

Dauer: 45 Min.<br />

17.3. | 15.30 | BR<br />

Über die Alpen und<br />

bis an die Grenzen<br />

Dauer: 45 Min.<br />

17.3. | 20.15 | 3sat<br />

Die Traun – Ein Fluss wie ein<br />

Kristall Unsere Alpen<br />

Dauer: 50 Min.<br />

17.3. | 21.15 | BR<br />

Bergauf-Bergab<br />

Dauer: 30 Min.<br />

18.3. | 11.00 | Servus TV<br />

Aus dem Leben<br />

Rettung im Himalaya<br />

Dauer: 30 Min.<br />

TV-Programm März / April 2013<br />

22.3. | 15.15 | HR<br />

AH<br />

Der Tafelberg –<br />

Wächter des Südens<br />

Dauer: 45 Min.<br />

23.3. | 12.45 | MDR<br />

Der Fjord in den Bergen<br />

Ein Jahr am Vilsalpsee<br />

Dauer: 43 Min.<br />

23.3. | 16.45 | alpha<br />

Fernweh<br />

Zentralschweiz<br />

Dauer: 30 Min.<br />

J23.3. | 19.00 | BR<br />

natur exclusiv<br />

Die Victoria-Fälle<br />

Dauer: 45 Min.<br />

26.3. | 12.00 | ZDF Info<br />

Fahrt ins <strong>Risiko</strong><br />

Highway im Himalaya<br />

Dauer: 45 Min.<br />

26.3. | 14.15 | N 3<br />

Bilderbuch Deutschland<br />

Neuschwanstein und die<br />

Bergwelt des Märchenkönigs<br />

Dauer: 45 Min.<br />

29.3. | 10.45 | SWR<br />

Die Alpen von oben<br />

Von den Karawanken<br />

nach Graz<br />

Dokumentation<br />

Dauer: 40 Min.<br />

29.3. | 12.40 | Servus TV<br />

Aus dem Leben<br />

Gipfelwetter –<br />

Forschung in eisiger Höhe<br />

Das Jungfraujoch<br />

Dauer: 30 Min.<br />

30.3. | 9.35 | 3sat<br />

Kaiser, Tracht und Berge<br />

Ein Porträt des oberösterreichischen<br />

Salzkammergutes<br />

Dauer: 25 Min.<br />

3.4. | 12.25 | 3sat<br />

„Der Berg schläft nie” – AH<br />

Naturpark Dobratsch<br />

Dokumentationsreihe<br />

Dauer: 35 Min.<br />

J4.4. | 16.35 | Arte<br />

Mit dem Zug durch ...<br />

… die Julischen Alpen<br />

Dauer: 25 Min.<br />

J14.3. | 20.15 | N 3<br />

Länder – Menschen –<br />

Abenteuer: Australiens<br />

Nationalparks – Die Alpen<br />

Reihe von Bergketten im Hinterland<br />

von Südostaustralien<br />

Dauer: 45 Min.<br />

15.3. | 16.05 | 3sat<br />

Reiseziel<br />

Wanderreiten in Irland<br />

Dauer: 10 Min.<br />

16.3. | 7.30 | Phoenix<br />

Magisches Sibirien<br />

Reise durch Tuwa<br />

Dauer: 45 Min.<br />

16.3. | 9.30 | alpha<br />

Welt der Tiere<br />

Geheimnis vom Untersberg<br />

Dauer: 30 Min.<br />

J18.3. | 20.15 | Phoenix<br />

Vom Mittelmeer<br />

zum Mont Blanc<br />

Dauer: 45 Min.<br />

19.3. | 12.45 | HR<br />

Ostwärts<br />

Kaukasische Bergund<br />

Talfahrten<br />

Dauer: 25 Min.<br />

21.3. | 18.25 | Servus TV<br />

Auf Entdeckungsreise<br />

Der magische Berg Tibets<br />

Dauer: 50 Min.<br />

21.3. | 19.45 | Servus TV<br />

Aus dem Leben<br />

Historische Bergbahnen<br />

in Österreich<br />

Dauer: 25 Min.<br />

26.3. | 14.30 | HR<br />

Das vergessene Bergvolk<br />

Bei den Huzulen in Rumänien<br />

Dauer: 45 Min.<br />

27.3. | 13.15 | 3sat<br />

Die Bergretter im Himalaya<br />

Absturz in eisiger Höhe<br />

Dauer: 40 Min.<br />

27.3. | 20.15 | 3sat<br />

Mustang AH<br />

Tor zum Himmel im Himalaya<br />

Dauer: 50 Min.<br />

27.3. | 20.15 | Servus TV<br />

Terra Mater<br />

Wildes Arabien – Die Berge<br />

des Monsuns<br />

Dauer: 60 Min.<br />

27.3. | 21.05 | 3sat<br />

Abenteuer Dhaulagiri<br />

Auf den Spuren Schweizer<br />

Himalaya-Pioniere<br />

Dauer: 55 Min.<br />

4.4. | 18.15 | alpha<br />

Bergauf-Bergab<br />

Das Magazin für <strong>Bergsteiger</strong><br />

Dauer: 30 Min.<br />

4.4. | 18.20 | Arte<br />

Extreme Landschaften,<br />

Leben am Limit<br />

Himalaya<br />

Dauer: 50 Min<br />

5.4. | 8.25 | Arte<br />

Mit dem Zug in ...<br />

Die Seealpen<br />

Dauer: 30 Min.<br />

5.4. | 13.15 | 3sat<br />

Mustang<br />

Das Tor zum Himmel<br />

im Himalaya<br />

Dauer: 50 Min.<br />

Das tagesaktuelle<br />

TV-Programm finden Sie<br />

auf bergsteiger.de<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 19


The svalbard collection<br />

in stores now<br />

svalbard flex2 Jacket<br />

svalbard cotton Anorak<br />

svalbard warm1 Sweater<br />

svalbard warm1 Vest<br />

svalbard Gore-Tex® Pants<br />

svalbard cotton Pants<br />

svalbard Gore-Tex® Jacket<br />

Qualitativ hochwertige Outdoor-Produkte, die für<br />

Trekking und großartige Naturerlebnisse gemacht<br />

wurden. Norrønas komplette Svalbard Linie zeichnet<br />

sich durch Widerstandsfähigkeit und hervorragenden<br />

Wetterschutz aus. Alle Svalbard-Produkte<br />

verwenden sowohl Organic Cotton als auch<br />

recyceltes Polyester.<br />

Unsere neue Svalbard Kollektion ist auf norrona.com/svalbard oder bei einem Händler<br />

in Deiner Nähe erhältlich: Finde ihn auf norrona.com/stores. Mehr Infos und News gibt<br />

es auf facebook.com/norrona


PHOTO: CHRIS HOLTER<br />

AD: SLETTEN & ØSTVOLD<br />

Børge Ousland, 50, war der erste Polarforscher,<br />

dem eine Soloexpedition an den Nordpol ohne<br />

zusätzliche Versorgung aus der Luft gelang. Er war<br />

außerdem der Erste, der die Antarktis im Alleingang<br />

durchquerte und sie vollständig umsegelte.<br />

svalbard lifetime<br />

Norrøna svalbard.<br />

For a lifetime of outdoor experiences.<br />

Welcome to nature


TITELTHEMA<br />

Platz für mehr als 500<br />

Zelte: Das Basislager<br />

(5350 m) am Khumbu-<br />

Gletscher ist der<br />

Ausgangspunkt für die<br />

meisten Besteigungen.<br />

Everest: Das höchste der Gefühle?<br />

<strong>Mount</strong><br />

<strong>Madness</strong><br />

22 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Vor 60 Jahren erklommen Sir Edmund Hillary<br />

und Tenzing Norgay Sherpa als erste den Gipfel<br />

des Everest. Die alpinistische Großtat bleibt gültig,<br />

doch die kommerziellen Expeditionen haben<br />

den Berg in Verruf gebracht. Eine kritische Bilanz<br />

zum Jubiläum. Von Uli Auffermann<br />

Die letzten Meter scheinen endlos.<br />

Schmerzen in der Lunge,<br />

rasselnder Atem, Bewegungen,<br />

die nicht mehr willentlich sind.<br />

Winzige Schritte, Zusammensinken,<br />

Ringen nach Luft, Keuchen. Ja, eine<br />

Qual. Dann der entscheidende, der höchste<br />

Punkt. Der Gipfel! Er ist allein, ganz allein.<br />

Aber er ist oben, ganz oben! Reinhold<br />

Messner hat zum zweiten Mal den <strong>Mount</strong><br />

Everest bestiegen. Diesmal ohne Partner<br />

– solo. Und wieder ohne Tricks, ohne Flaschensauerstoff.<br />

Ohne gewaltige Expeditionslogistik.<br />

By fair means!<br />

Damals hatte der Alpinismus seinen Höhepunkt,<br />

seinen Endpunkt gefunden. Zumindest<br />

der Teil, der die Besteigung der Gipfel<br />

unserer Erde ausmacht. Das, was Reinhold<br />

Messner in jenem August 1980 gelang, lässt<br />

sich nicht weiterentwickeln. Er war ganz auf<br />

sich gestellt, nur auf seine Kräfte und seine<br />

Erfahrung vertrauend, ohne Nutzung künstlichen<br />

Sauerstoffs auf den höchsten zu erreichenden<br />

Punkt gestiegen – und aus eigener<br />

Kraft wieder zurückgekehrt. Kein Rekord,<br />

sondern der logische, der konsequente Zenit<br />

eines Abenteuer-Alpinisten.<br />

Sein Tun am Berg war dabei etwas Fundamentales,<br />

das in seinem Kern aus der Konfrontation<br />

mit dem Unbekannten, ja eigentlich<br />

dem Unmöglichen besteht. Im Versuch,<br />

dieses Unmögliche durch Nutzung aller<br />

Foto: Ralf Dujmovits


Nach Hans Engl 1978 gelingt 2001 dem Sachsen<br />

Jörg Stingl der Everest mit fairen Mitteln:<br />

»Für mich war es sehr<br />

hart an der Grenze –<br />

er ist eben sehr hoch!<br />

Macht man ihn aber mit<br />

Sauerstoffflasche, ist<br />

er als Ziel kaputt. Was<br />

will man denn dann noch<br />

schaffen?«<br />

Hans Engl (li.), der erste Deutsche, der es ohne Flaschensauerstoff auf den Gipfel schaffte<br />

Mit Lodenjacke und Hut: Expedition 1922<br />

Fotos: Archiv Engl, Jörg Stingl, Archiv Heckmair-Auffermann, Bruckmann Verlag Corbis<br />

Giganten: Im Hintergrund ragt die Spitze des <strong>Mount</strong> Everest (8848 m) empor; davor die Massive von<br />

der Sache gegenüber würdevollen Ressourcen<br />

in ein »vielleicht möglich« zu führen<br />

und dabei im Gelingen, im Verzicht oder<br />

Scheitern den Grenzgang zu überleben.<br />

Die Vollendung der Pioniertat<br />

Messner war dieser Vision des »by fair<br />

means« an den Weltbergen kompromisslos<br />

gefolgt. Zusammen mit dem Zillertaler<br />

Bergführer Peter Habeler gelangen die wichtigsten<br />

Schritte. Schnell und beweglich im<br />

Alpinstil an den 8000ern zu agieren, hatten<br />

die beiden schon 1975 am Hidden Peak eindrucksvoll<br />

dokumentiert. 1978 dann das<br />

ganz große Wagnis: Messner und Habeler<br />

stiegen gemeinsam ohne Flaschensauerstoff<br />

auf den <strong>Mount</strong> Everest – was im Vorfeld<br />

auch von Ärzten für bedenklich gehalten<br />

worden war. Ein Ereignis, das Schlagzeilen<br />

machte weit über die <strong>Bergsteiger</strong>kreise hinaus.<br />

Peter Habeler erinnert sich: »In mir war<br />

am Gipfel ein Gefühlsmix aus Freude und<br />

Traurigkeit gleichzeitig – ja, auch Angst vor<br />

dem Herunter. So habe ich nur schnell Fotos<br />

von Reinhold – und er von mir – gemacht<br />

und wollte gleich weg. Im Basislager dann<br />

empfand ich ein <strong>großes</strong> Gefühl des Erfolgs.<br />

Kein Stolz, das ist unwichtig. Es war Genugtuung<br />

und auch Dankbarkeit, dass uns die<br />

Schutzengel zur Seite gestanden haben.<br />

Wenige Tage später traf ich Edmund Hillary,<br />

und dabei kam noch einmal große Freude<br />

auf: Da habe ich kapiert, dass wir die Ersten<br />

waren, die das geschafft haben!«<br />

Im Grunde war es die Vollendung der Pioniertat<br />

von Hillary und Tenzing Norgay Sherpa,<br />

die vor 60 Jahren den Gipfel des <strong>Mount</strong> Everest,<br />

den damals sogenannten dritten Pol, als<br />

Erste erreicht hatten. Im Mittelpunkt die Tat<br />

– leidenschaftlich, ergebnisorientiert. Eine<br />

Leistung, vor der man den Hut zu ziehen hat.<br />

Der Abschlussakkord der großen Explorer.<br />

Dann ging es in den Weltraum, bis zur<br />

Mondlandung.<br />

Die neue Ethik am Berg<br />

Erst die nachfolgende Generation stellte die<br />

Stilfrage. Der Respekt vor der Natur und die<br />

24 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Im Khumbu-Eisfall: Bis zu sechs aneinandergebundene Aluleitern überbrücken die Spalten. Es ist der gefährlichste Teil der Besteigung.<br />

Nuptse (7861 m) und Lhotse (8516 m; rechts)<br />

Reduktion technischer Hilfsmittel sollten<br />

den Kern des Alpinismus wieder freilegen.<br />

Sich in puristischer, ehrlicher Weise mit den<br />

gewaltigen Elementen des Hochgebirges zu<br />

konfrontieren, ließ den Wert des eigenen<br />

Lebens überdeutlich werden. Eigentlich<br />

musste man davon ausgehen, dass alle weiteren<br />

Besteigungen des Everest im Habeler-<br />

Messner-Stil erfolgt wären. In der Szene<br />

jedenfalls gab es eine neue Ethik und neue<br />

Maßstäbe, die die beiden gesetzt hatten. Und<br />

wenn auch weiterhin künstlicher Sauerstoff<br />

eingesetzt wurde, schien die veränderte<br />

Sichtweise – 8000er inklusive Everest by fair<br />

means – in den Köpfen der Höhenbergsteiger<br />

angekommen zu sein. Der deutsche Bergführer<br />

Hans Engl beispielsweise stieg bereits<br />

im Nachmonsum 1978 ohne Flaschensau-<br />

erstoff so selbstverständlich auf den <strong>Mount</strong><br />

Everest, wie er einen 4000er in den Alpen<br />

anging. Und einer, der mit zusätzlichem<br />

Sauerstoff hinaufkam, spricht heute offen<br />

über seinen Konflikt in dieser Sache. Bernd<br />

Kullmann, einer der ganz starken deutschen<br />

Alpinisten jener Jahre und heutiger Chef von<br />

einem der größten Rucksackhersteller, war<br />

zeitgleich mit Hans Engl am Berg, hatte aber<br />

mit einer Infektion zu kämpfen, als für ihn<br />

die Chance bestand, den Gipfel zu erreichen.<br />

So meint er rückblickend: »Sportlich kann es<br />

doch nur ohne Maske ein Ziel sein – alles<br />

andere wäre enttäuschend. Früher war das<br />

noch eine psychische Hemmschwelle – ich<br />

hätte es mich damals nicht getraut, das gebe<br />

ich ganz offen zu – aber heute, mit dem<br />

ganzen Wissen und den Erfahrungen…!«<br />

»Ich würde auch einen<br />

Gast auf den Everest<br />

führen, dann aber mit<br />

Flaschensauerstoff. Es<br />

ist nicht verwerflich, anderen<br />

ein Gipfelerlebnis<br />

zu ermöglichen.«<br />

Geniale Seilschaft: Tenzing<br />

Norgay (links) und Edmund<br />

Hillary 1953 nach ihrem<br />

Everest-Coup<br />

Michi Wärthl, erfahrener deutscher Höhenbergsteiger<br />

und Bergführer


Historisch: Tenzing Norgay 1953 am Gipfel<br />

Mutig: Lori Schneider, US-Amerikanerin, schafft trotz Multipler Sklerose den Everest-Gipfel.<br />

Reinhold Messners Gipfelalleingang 1980…<br />

…und nach den Strapazen im Basislager<br />

Fotos: Jamling Tenzing Norgay, Lori Schneider, Reinhold Messner (3), Hans Kammerlander<br />

Husarenstück: Hans Kammerlander gelangte 1996 in Rekordzeit (16 Stunden, 40 Minuten) zum Gipfel<br />

»Ich werde oft gefragt,<br />

kommerzielle Everest-<br />

Expeditionen zu führen,<br />

aber da fällt mir die Entscheidung<br />

leicht: Nein,<br />

das mache ich nicht!«<br />

Hans Kammerlander, Südtiroler Extrem-Alpinist,<br />

bestieg insgesamt 13 der 14 Achttausender<br />

Betrug am »eigentlich unmöglich«<br />

Der neue Geist war also angekommen, und<br />

Reinhold Messners damalige Vision, dass es<br />

in wenigen Jahren zur Selbstverständlichkeit<br />

würde, den Everest ohne Flaschensauerstoff<br />

zu besteigen, schien Wirklichkeit zu<br />

werden. Doch weit gefehlt! Von den rund<br />

6000 <strong>Bergsteiger</strong>n, die den Gipfel bis heute<br />

erreichten, verzichteten gerade einmal drei<br />

Prozent auf Sauerstoff aus der Flasche. Ein<br />

erschreckendes Zahlenverhältnis und eine<br />

erschreckende Situation am Everest, denn<br />

der Berg zeigt seit Jahren immer wieder ein<br />

geradezu surreales Gesicht, wenn Hunderte<br />

Menschen an den weißen, steilen Flanken<br />

eine bunte Kette bilden. Eine sich langsam<br />

bewegende Schlange, die von Zeit zu Zeit ins<br />

Stocken gerät.<br />

Der Berg wird um sein Geheimnis betrogen,<br />

um sein »eigentlich unmöglich«. Zumindest<br />

als Suggestion für unzählige »Besteigungswillige«,<br />

die davon ausgehen, sich ein Erlebnis<br />

der besonderen Art kaufen zu können,<br />

in scheinbarer Absicherung, die sie in der<br />

Komplexität der Anforderungen bereitwillig<br />

anderen überlassen.<br />

Sie streben nach oben, reihen sich ein auf<br />

einem mit Seilen und Leitern versicherten,<br />

26 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Ralf Dujmovits, einziger deutscher Höhenbergsteiger,<br />

der alle 14 Achttausender bestiegen hat:<br />

»Ich verdamme nicht<br />

jede kommerzielle Expedition,<br />

sondern lehne<br />

nur solche ab, die jeden<br />

mitnehmen. Wenn nur<br />

die gut Vorbereiteten am<br />

Berg wären, kämen sehr<br />

viel weniger Leute.«<br />

bei riskieren sie das eigene Leben in einem<br />

Maße, das ihnen womöglich nicht richtig<br />

deutlich wird. »Der Everest«, resümiert Ralf<br />

Dujmovits, »ist auch zum Fluchtpunkt der<br />

Eitelkeiten verkommen. Er wird nicht mehr<br />

als sportliches Ziel angesehen, sondern hat<br />

eine Abwertung erfahren, reduziert auf die<br />

bloße Namensnennung ›ich war oben‹!«<br />

Spielfeld für Glücksritter<br />

Die »Give me five«-Generation hat also ein<br />

weiteres Spielfeld gefunden, welches in der<br />

Rangliste vorweisbarer Erfolge ganz oben<br />

steht. Klar, dass vor diesem Hintergrund auch<br />

die Veranstalter, die Bergschulen, ja auch die<br />

Bergführer, die die 8000er im Allgemeinen<br />

und den Everest im Speziellen in ihrem Programm<br />

haben, in die Kritik geraten sind. Da<br />

tut sich ein schmaler Grat auf zwischen seriös<br />

und unseriös. Sicher, die Motive auf Berge<br />

zu steigen sind höchst unterschiedlich –<br />

und in den Bergen sollte jeder prinzipiell die<br />

Freiheit haben sich auszudrücken.<br />

Die US-Amerikanerin Lori Schneider hat<br />

über die höchsten Berge ihren Weg gefunden,<br />

mit der Schreckensdiagnose Multiple<br />

Sklerose fertig zu werden: »Ein Jahr nach<br />

der Diagnose MS stand ich auf dem Gipfel<br />

des Aconcagua. Ich entschied dort, wenn ich<br />

stark genug wäre, Berge zu besteigen, könnte<br />

ich auch ohne Furcht meine Krankheit akzeptieren.<br />

Den Everest zu besteigen änderte<br />

mein Leben für immer. Was ich am Gipfel<br />

sah, war in mir, war eine Person, die mutig<br />

geworden war.« Lori Schneider konnte die<br />

heutigen Möglichkeiten am Everest nutzen,<br />

und man kann verstehen, dass sie ihr Leben<br />

am tiefsten Punkt nach der Diagnose durch<br />

Erreichen des höchsten Punktes auf Erden<br />

zurück zu gewinnen suchte.<br />

Das wirkliche Problem stellen unzählige<br />

Glücksjäger dar, die längst zur kritischen<br />

Masse für den <strong>Mount</strong> Everest geworden<br />

sind. Erlebniskonsumenten, die in ihrer<br />

Menge zur wichtigen Einnahmequelle des<br />

jeweiligen Staates zählen und ein lukratives<br />

Geschäft bedeuten. Peter Habeler bilanziert:<br />

»Die Entwicklung ist verheerend. Dabei<br />

wehrt sich auch die Regierung Nepals gegen<br />

Änderungen, denn es geht ums Geld. Reinhold<br />

hat es gesagt: ›Der Berg ist zum Klettersteig<br />

geworden!‹«<br />

Was am Everest passiert, ist kein singuläres<br />

Ereignis einer alpinistischen Fehlentwicklung.<br />

Es ist symptomatisch für all diejenigen,<br />

die darauf reingefallen sind, dass ein »schneller,<br />

höher, weiter« Garanten persönlichen<br />

Glücks sind; für den Irrglauben, dass man einem<br />

»Ich habe es geschafft« mehr Beachtung<br />

schenkt als einem »So denke ich, so fühle<br />

ich«, ja, dass das eigentliche Sein, der Wesenskern,<br />

hinter dem Haben, dem Sammeln,<br />

dem Vorzeigbaren zurückzutreten habe!<br />

Vergewaltigt zum Event<br />

60 Jahre nach der Erstbesteigung und 35 Jahre<br />

nach Messners und Habelers Gang ohne<br />

künstlichen Sauerstoff ist festzustellen,<br />

60 Jahre Erstbesteigung – eine Kurzchronik<br />

wund mit Ski wieder heil hinunter.<br />

von Wegebauern zuvor angefertigten Pfad.<br />

Ihre Wahrnehmung ist durch die Behauptung<br />

des eigenen Platzes und die Maske,<br />

aus der sie den Sauerstoff beziehen und den<br />

Everest gefühlt niedriger machen, eingeschränkt.<br />

Sie kämpfen darum, in der Masse<br />

nicht unterzugehen, hoffen auf Euphorie<br />

und schier unendliches Glück, akzeptieren<br />

dabei Müllberge, stapfen bisweilen an Leichen<br />

vorbei, dürfen den Tod aber nicht ins<br />

Bewusstsein lassen. Vieles müssen sie verdrängen<br />

und sehnen sich doch danach, die<br />

eigene Identität intensiver und tiefgründiger<br />

zu erleben und mitteilen zu können. Da-<br />

Die beiden Erstbesteiger<br />

Edmund Hillary (links) und<br />

Tenzing Norgay Sherpa<br />

• 1953 Es ist die 10. britische<br />

Everest-Expedition, als<br />

am 29. Mai 1953 um 11.30<br />

Uhr Edmund Hillary und Sherpa<br />

Tenzing Norgay den 8848<br />

Meter hohen Gipfel erreichen.<br />

Dabei muss Hillary auf den<br />

letzten rund 100 Höhenmetern<br />

eine 12 Meter hohe<br />

Felswand überwinden. Tom<br />

Bourdillon und Charles Evans<br />

leisten entscheidende Vorarbeit<br />

und kommen bis auf den<br />

8760 Meter hohen Südgipfel.<br />

Bereits in den 1920er-Jahren<br />

war es gelungen, noch ohne<br />

Sauerstoffgerät auf über 8000<br />

Meter vorzudringen.<br />

• 1975 Junko Tabei<br />

(Japan) ist die erste Frau<br />

auf dem Gipfel<br />

• 1978 Reinhold Messner<br />

und Peter Habeler steigen<br />

erstmals ohne künstlichen<br />

Sauerstoff hinauf.<br />

(8. Mai)<br />

• 1980 Erste Besteigung<br />

im Winter; im Februar gelingt<br />

den Polen Cichy und Wielicki<br />

damit die erste Winterbesteigung<br />

eines Achttausenders<br />

überhaupt.<br />

• 1980 Im August gelingt<br />

Reinhold Messner der Aufstieg<br />

im Alleingang: ohne künstlichen<br />

Sauerstoff, ohne die Unterstützung<br />

anderer Expeditionen und<br />

über eine teilweise neue Route<br />

durch die Nordwand.<br />

• 1995 Alison Hargreaves<br />

(GB) erreicht als erste Frau<br />

allein und ohne künstlichen<br />

Sauerstoff den Gipfel.<br />

• 1996 Erste Skiabfahrt: Hans<br />

Kammerlander besteigt am 24.<br />

Mai ohne Zusatzsauerstoff den<br />

Gipfel über die Nordroute und<br />

fährt über die Nordseite auch<br />

wieder ab zum Baisilager; er<br />

benötigt dafür 23 Stunden und<br />

50 Minuten – ein neuer Rekord.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 27


Müllproblem: Trotz diverser Aufräumaktionen<br />

lagern Tonnen am Berg.<br />

Heroen: Messner und Habeler bei der Rückkehr nach der Besteigung ohne Flaschensauerstoff, 1978<br />

Fotos: Hans Kammerlander (2), Bruckmann Verlag/AP Photo<br />

dass der <strong>Mount</strong> Everest nicht mehr nur als<br />

das Symbol für die extreme Urkraft der Natur<br />

steht, an dem die fähigsten <strong>Bergsteiger</strong><br />

in Demut und Respekt großen Alpinismus<br />

zelebrieren, sondern auch zum Konsumgut,<br />

zum Event vergewaltigt wird.<br />

Das schmerzt angesichts der Tatsache, dass<br />

sich am Everest großer Alpinismus vollzog.<br />

Der Sachse Jörg Stingl, der als erst zweiter<br />

deutscher Alpinist den Gipfel ohne Flaschensauerstoff<br />

bestieg; Hans Kammerlanders legendäre<br />

Ski-Abfahrt vom höchsten Punkt der<br />

Erde; die Route von Stephen Venables durch<br />

die Ostflanke, die vor 25 Jahren erstmals begangen<br />

und erst einmal wiederholt wurde.<br />

Und es gäbe noch Herausforderungen.<br />

»Der Everest ist für die Spitzen-Höhenbergsteiger<br />

gar nicht mehr so wichtig, ist längst<br />

nicht mehr so populär wie vor 15 Jahren.<br />

Die wirklich Guten suchen sich neue Wege<br />

auf die hohen Berge«, urteilt der Schweizer<br />

Bergführer und erfahrene Höhenbergsteiger<br />

Norbert Joos, dem auch Hans Kammerlander<br />

große Anerkennung zollt: »Norbert<br />

Joos, der 13 Achttausender ohne Zusatzsauerstoff<br />

geschafft hat, vereitelten bei fünf<br />

oder sechs Anläufen am Everest widrige<br />

Umstände den Erfolg. Ich bewundere dabei<br />

seine saubere Entscheidung, auf den Gipfel<br />

zu verzichten, statt zu Flaschensauerstoff<br />

zu greifen!«<br />

Würden alle diesem Ideal folgen, wäre der<br />

Everest wieder einsam. Womöglich kehrte<br />

dann die Handvoll Spitzenalpinisten zurück,<br />

die an diesem Berg wie kaum anderswo<br />

in der starken Auseinandersetzung mit<br />

der Grenze des Machbaren, ja vielleicht mit<br />

dem Unmöglichen ihre Verheißung findet.<br />

Im Moment sieht es nicht danach aus. ◀<br />

Waghalsig: Hans Kammerlander fährt im Jahr 1996 vom Everest-Gipfel über die Nordflanke ab.<br />

Buchtipp: Der Berg der <strong>Rekorde</strong><br />

Der Everest hat viele Geschichten zu erzählen.<br />

Von Triumphen, Tragödien und übermenschlichen<br />

Leistungen. Zum 60. Jubiläum erinnert<br />

der Bildband »<strong>Mount</strong> Everest. Der Berg der<br />

<strong>Rekorde</strong>« an die legendärsten Begehungen<br />

und <strong>Bergsteiger</strong>: an Edmund Hillary und Tenzing<br />

Norgay, George Mallory und die Sherpas als die<br />

Helden im Hintergrund, an den ältesten Gipfelbezwinger,<br />

die erste Skiabfahrt und vieles mehr.<br />

Der Autor Sumatri Nagrath legt mit seinem Werk<br />

nicht nur einen spannenden geschichtlichen<br />

Abriss vor, der die ersten britischen Expeditionen<br />

mit vielen historischen Fotos wieder zum Leben<br />

erweckt. Er zeigt auch die andere Seite früher<br />

Alpinisten, die trotz der Entbehrungen auch für<br />

Scherze zu haben waren.<br />

224 Seiten, ca. 200 Abbildungen, Format<br />

23,2 x 28,3 cm, Hardcover, Bruckmann Verlag,<br />

34,99 Euro, erscheint Mitte März<br />

28 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Das Erbe des<br />

Menschenfreundes<br />

20 Cent für eine Zahnfüllung, 50 für<br />

eine Untersuchung: Himalayan Trust<br />

und die Sir Edmund Hillary-Stiftung<br />

unterstützen Kliniken, Schulen und<br />

die Aufforstung im Everest-Gebiet.<br />

Dienstpause: Krankenschwestern im Solu Hospital<br />

Der Weg zum Solu Hospital ist steil und<br />

beschwerlich: Kranke und Schwangere<br />

nehmen ihn auf sich, weil es einen<br />

24-Stunden-Notfall-Service gibt und Ärzte,<br />

die helfen, wenn der Dorf-Schamane nicht<br />

mehr weiter weiß. Mit Röntgen- und Ultraschallgeräten,<br />

einem Operations- und einem<br />

Kreißsaal, dem Labor, der Mutter-Kind-<br />

Station, Augen-, Zahnklinik und Apotheke<br />

weist das Krankenhaus einen medizinischen<br />

Standard auf, der in dieser Gegend alles<br />

andere als selbstverständlich ist.<br />

Dr. Vijay Bhushan Dutta ist Arzt am Solu<br />

Hospital in Paphlu, einem kleinen Ort im<br />

Solu-Khumbu-Gebiet, 80 Kilometer südlich<br />

des <strong>Mount</strong> Everest. »Jeder hier schätzt<br />

ihn«, sagt der 27-Jährige über Sir Edmund<br />

Hillary, den großen Menschenfreund, der das<br />

Krankenhaus 1975 errichten ließ. Die Mittel<br />

dazu kamen damals aus dem Himalayan<br />

Trust, den Hillary 1961 ins Leben gerufen<br />

hat, um die Landfl ucht zu stoppen und die<br />

Everest-Region nachhaltig als Wirtschaftsund<br />

Lebensraum zu fördern.<br />

Auch heute noch unterstützt der Himalayan<br />

Trust als Dachorganisation das mittlerweile<br />

staatlich geleitete Krankenhaus. Der Hauptteil<br />

der Spenden, welche die Partnerorganisation<br />

»Sir Edmund Hillary-Stiftung Deutschland«<br />

mit Sitz Bad Wiessee sammelt, fl ießt in dieses<br />

Projekt. Seit 1990 sind mehr als 700 000<br />

Euro zusammen gekommen.<br />

Die Spendengelder machen die medizinischen<br />

Leistungen für die Einheimischen bezahlbar:<br />

Eine Zahnfüllung kostet umgerechnet 20 Cent,<br />

eine Untersuchung 50. Wer stationär aufgenommen<br />

wird, zahlt einmalig fünf Euro. Rund<br />

500 Operationen machen die Ärzte jährlich<br />

in Paphlu, sie behandeln 18 000 Menschen,<br />

tagtäglich erblickt hier ein Kind das Licht der<br />

Bergwelt.<br />

Eine Klinik auf 4236 Metern<br />

Durchschnittlich 7000 Patienten im Jahr<br />

versorgt Dr. Kami Temba Sherpa mit seinem<br />

Team im Khunde Hospital bei Namche<br />

Bazar. Das Krankenhaus auf 4236 Metern<br />

ist das höchst gelegene der Welt. »Zwei Euro<br />

kostet die Behandlung für Nepali«, erklärt der<br />

56-jährige Arzt. Trekker müssen dafür 50 Dollar<br />

berappen. 1966 von Hillary gegründet, wird<br />

das Krankenhaus heute von der kanadischen<br />

Stiftung des Himalayan Trust unterhalten. Es<br />

ist vergleichsweise schlechter ausgestattet als<br />

das in Paphlu, Unterstützung von der nepalesischen<br />

Regierung bekommt es nicht.<br />

Geld für 63 Schulen<br />

Neben den Bemühungen um die Wiederaufforstung<br />

des Bergwaldes ist Bildung ein weiteres<br />

zentrales Anliegen des Himalayan Trust.<br />

Insgesamt werden 63 Schulen im Solu-<br />

Khumbu-Gebiet von der Stiftung unterstützt,<br />

allein 27 wurden mit ihren Mitteln gebaut.<br />

Mit den Spendengeldern werden Dächer,<br />

Computer, Schreibmaterial, die Gehälter für<br />

die Lehrer und deren Fortbildung bezahlt.<br />

Außerdem vergibt die Stiftung Stipendien.<br />

Nach dem Tod von Sir Edmund Hillary im<br />

Januar 2008 führen längst andere weiter,<br />

was er mit dem Himalayan Trust begonnen<br />

hat – zum Beispiel sein Sohn Peter. »Wir<br />

sind hier noch nicht fertig«, antwortet der<br />

58-jährige Neuseeländer auf die Frage nach<br />

der aktuellen Entwicklung im Everest-Gebiet.<br />

Sein Vater hatte sich vor geraumer Zeit anders<br />

ausgedrückt: »Wir sind wegen der Berge<br />

nach Nepal gekommen, aber wegen der<br />

Menschen geblieben.« Gemeint ist dasselbe.<br />

–Kerstin Wolters–<br />

Weitere Informationen im Internet:<br />

www.sir-edmund-hillary-stiftungdeutschland-ev.de<br />

sowie<br />

www.himalayantrust.org<br />

Dank der Spenden gibt es einen 24-Stunden-Notfallservice.<br />

Manfred Häupl, Hauser-Geschäftsführer, mit Peter Hillary<br />

Fotos: Kerstin Wolters


Der Zahlenberg<br />

Daten und Fakten über den <strong>Mount</strong> Everest<br />

-36<br />

Grad beträgt die Durchschnittstemperatur<br />

auf dem Everest-Gipfel im<br />

kältesten Monat Januar. Im Juli steigt<br />

dieser Wert dem Online-Portal<br />

Pubblinet Switzerland zufolge auf<br />

immerhin minus 19 Grad.<br />

2.012<br />

Meter legte der Japaner Yuichiro Miura<br />

laut seines Tagebucheintrags in nur<br />

140 Sekunden zurück, als er 1970<br />

eine Skiabfahrt vom Südsattel des<br />

Everests wagte. Dabei soll er Geschwindigkeiten<br />

von 150 Stundenkilometern<br />

erreicht haben und überlebte<br />

einen mehrere hundert Meter tiefen<br />

Sturz.<br />

3,2<br />

Kilogramm wiegt ein 4-Liter-Sauerstoff-Zylinder.<br />

Teilnehmer von kommerziellen<br />

Expeditionen benötigen etwa<br />

vier bis sechs Flaschen.<br />

27<br />

Kilogramm Gepäck schleppte der Erstbesteiger<br />

Sir Edmund Hillary, nachdem<br />

er und sein Team ein letztes Depot auf<br />

8323 Metern passiert hatten. Dies<br />

erzählt jedenfalls Stephen Venables<br />

in seinem Buch »Everest«. Ob Hillary<br />

auch eine Gepäckwaage mitführte, ist<br />

allerdings nicht erwähnt.<br />

39.200<br />

7.020<br />

Meter hoch liegt der North Col auf der<br />

Nordroute. Seit einiger Zeit steht dort<br />

das wahrscheinlich am höchsten gelegene<br />

Toilettenzelt der Welt, aufgestellt<br />

von einem Anbieter für Everest-Touren.<br />

Klopapier müssen die Benutzer allerdings<br />

selbst mitbringen.<br />

Euro kostet derzeit bei einem Schweizer Anbieter die Besteigung<br />

des <strong>Mount</strong> Everest von der Südseite aus. Für das gleiche Geld<br />

kann man als Alpenvereinsmitglied fast zehn Jahre lang ununterbrochen<br />

im Matratzenlager einer DAV-Hütte nächtigen.<br />

623<br />

Mal stand ein US-Bürger auf dem<br />

Gipfel, wobei alleine 14 Besteigungen<br />

auf das Konto von Dave Hahn gehen,<br />

dem alleinigen Rekordhalter unter den<br />

Nicht-Sherpas. Die USA sind nach<br />

Gastgeber Nepal damit die<br />

eifrigste Nation im<br />

Gipfelrennen.<br />

155<br />

<strong>Bergsteiger</strong> schafften es ohne Unterstützung<br />

von Flaschensauerstoff auf<br />

den Gipfel, einige von Ihnen – darunter<br />

Reinhold Messner – sogar mehrfach.<br />

76<br />

Jahre und 340 Tage war der Nepali<br />

Min Bahadur Sherchan alt, als er<br />

2008 auf dem Everest stand. Die<br />

älteste Frau war im Mai 2012 die<br />

Japanerin Tamae Watanabe in einem<br />

vergleichsweise jugendlichen Alter von<br />

73 Jahren.<br />

8.100<br />

Kilogramm Müll haben Medienberichten<br />

zufolge 29 Bergführer aus Nepal<br />

im Jahr 2011 vom höchsten Berg geräumt.<br />

Mit der Arbeit waren sie sechs<br />

Wochen beschäftigt und benötigten<br />

dafür 75 Yaks und 65 Träger.<br />

Die Schätzungen, wie viel Abfall<br />

dort noch immer liegt, reichen<br />

von 50 bis 600 Tonnen.<br />

Gipfelbesteigungen<br />

Tote<br />

25<br />

30<br />

9<br />

10 15 23<br />

4<br />

18 10 18 16<br />

5<br />

0 0 0 0 2 4 3 6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 0 0 0<br />

0<br />

0 0<br />

0<br />

0<br />

1 1 1<br />

1 1 1 1 1 2<br />

7 4<br />

2 1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1<br />

3<br />

8<br />

6<br />

6 11 8 7<br />

1922 1924 1934 1952 1953 1956 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986<br />

4<br />

4


29.002<br />

Fuß (8840 Meter) war der damals Peak XV genannte<br />

<strong>Mount</strong> Everest im Jahr 1856 hoch. Zumindest teilte<br />

Andrew Scott Waugh diese Höhe der Royal Geographical<br />

Society in einem Schreiben mit. Heutigen<br />

Messungen zufolge hat sich der Offi zier um etwa<br />

zehn Meter vertan.<br />

8<br />

Stunden und 10 Minuten benötigte<br />

Sherpa Pemba Dorjee am 21. Mai<br />

2004 für den Aufstieg vom Basislager<br />

zum Gipfel. Im Normalfall sind für die<br />

etwa 3500 Höhenmeter mehrere Tage<br />

nötig. Zur Anerkennung des Rekords<br />

führte das nepalesische Ministerium<br />

für Kultur, Tourismus und zivile Luftfahrt<br />

sogar Nachforschungen durch.<br />

233<br />

<strong>Bergsteiger</strong> sind bis heute (Stand:<br />

Februar 2013) am Everest tödlich<br />

verunglückt. Viele davon liegen noch<br />

immer an den Flanken des Berges, da<br />

ein Abtransport aus diesen Höhen nur<br />

schwer möglich ist.<br />

0,33<br />

Bar beträgt der Luftdruck auf dem<br />

Everest-Gipfel. Das entspricht nur<br />

knapp einem Drittel des Luftdrucks<br />

auf Meeresspiegelniveau. Wasser<br />

siedet dadurch bereits bei 70 Grad<br />

Celsius, weshalb <strong>Bergsteiger</strong> auf Frühstückseier<br />

verzichten müssen.<br />

214<br />

Menschen standen am 19. Mai 2012 auf dem Gipfel des <strong>Mount</strong><br />

Everest. Diese vorläufi ge Zahl nennt zumindest der verlässliche<br />

Berg-Chronist Eberhard Jurgalski. Es war der bisher größte Ansturm<br />

auf den höchsten Gipfel der Erde.<br />

6.182<br />

Mal wurde der <strong>Mount</strong> Everest bis<br />

zu Beginn der Saison 2013 nach den<br />

bisher vorliegenden Zahlen bestiegen.<br />

6.382.414<br />

Meter ist der <strong>Mount</strong> Everest vom<br />

Erdmittelpunkt (EMP) entfernt.<br />

Diesbezüglich ist er eigentlich nur<br />

der sechshöchste Berg der Erde. Da<br />

der Erdradius mit steigender Nähe<br />

zum Äquator immer größer wird, liegt<br />

in dieser Rangliste der Chimborazo<br />

in Ecuador ganze 2143 Meter vorne<br />

(6.384.557 v. EMP, 6267 ü.M.)<br />

Fotos: Ralf Dujmovits, Reinhold Messner, Hans Kammerlander (2)<br />

2<br />

4<br />

50<br />

24<br />

10 8<br />

72<br />

38<br />

4 2<br />

90<br />

129<br />

51<br />

5 8 5 3<br />

83 95 85<br />

15 9<br />

121 118 145 182 159<br />

4 4 2 5 3 4<br />

1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />

267<br />

337 307<br />

493 632 426 462 543 537 526*<br />

7 6 11 7<br />

1<br />

5<br />

3 4 10<br />

Datengrundlage:<br />

Eberhard Jurgalski/<br />

www.8000ers.com<br />

*vorläufi ge Zahl<br />

Ilustration: Ilona Burgarth/ Text: Dominik Prantl


Die stillen<br />

Helden des<br />

Everest<br />

Die »Icefall-Doctors« machen<br />

erst möglich, wovon<br />

so viele Everest-Aspiranten<br />

träumen: Sie bahnen Wege<br />

durch den mächtigen Eisbruch<br />

und riskieren dabei<br />

ihr Leben. Der Alpinist Ralf<br />

Dujmovits zollt den Sherpa<br />

höchsten Respekt.<br />

Abseits der Yak-Gasse stehen die steinalten<br />

Zelte der »Icefall-Doctors«,<br />

das Brummen ihres Kerosinkochers<br />

und das Zischen des Dampfdrucktopfs weisen<br />

uns den Weg zu ihrem Küchenzelt im<br />

Everest-Basislager. Ang Nima Sherpa unterbricht<br />

sein leises Singen, als Rolf Eberhardt<br />

und ich ins Dunkel treten und begrüßt uns<br />

wortlos lachend. Seit 1992 sind wir uns<br />

viele Male im Eisbruch des <strong>Mount</strong> Everest<br />

begegnet. Drei Tassen Milchtee stellt er auf<br />

die Sperrholzplatte auf einer verbogenen<br />

Leiter. Gemütliche Wärme steht im Zelt, obwohl<br />

unter der aus Granitblöcken zusammengefügten<br />

Sitzbank Gletschereis hervorschaut.<br />

Durchgescheuerte Klamotten, nasse<br />

Schuhe und getrocknetes Yak-Fleisch hängen<br />

an den Zeltstangen. Ang Nimas Zuhause:<br />

immer zweieinhalb Monate im Frühjahr<br />

und zweieinhalb Monate im Herbst. Seit<br />

mehr als 35 Jahren, – »mehr als die Hälfte<br />

meiner ungefähr 60 Jahre«, wie er grinsend<br />

sein Alter schätzt. Sir Chris Bonington<br />

hatte ihn 1975 zum ersten Mal für seine<br />

erfolgreiche Südwest-Wand-Expedition angeheuert:<br />

als Eisbruch-Sherpa oder »Icefall-<br />

Doctor« – wie Rob Hall in den 90er-Jahren<br />

diejenigen Sherpa-Träger nannte, die sich<br />

ausschließlich um die Absicherung der berühmt-berüchtigten<br />

Eiskaskade des nepalesischen<br />

Normalwegs zum Everest-Gipfel<br />

kümmern.<br />

Labyrinth aus hausgroßen Eisblöcken<br />

Der Everest, der 8000er Lhotse und der hohe<br />

7000er Nuptse bilden ein gigantisches, nach<br />

Westen offenes Hufeisen. Aus diesem quillt<br />

auf circa 6000 Metern ein mächtiger Eisstrom<br />

über eine 600 Meter hohe Steilstufe in die<br />

Tiefe. Sie ist so abrupt, dass das Eis im Abfließen<br />

aufbricht, zerbirst und ein instabiles<br />

Labyrinth aus tiefen Spalten und hausgroßen<br />

Eisblöcken bildet. Die gefährlichste Hürde<br />

für eine Besteigung des <strong>Mount</strong> Everest und<br />

Schauplatz vieler trauriger Unfälle! Auf 5400<br />

Metern ebnet sich das Eis allmählich wieder<br />

ein und gibt wenige Höhenmeter tiefer in der<br />

weiten Linkskurve des Khumbu-Gletschers<br />

genügend Platz für über 500 Basislagerzelte<br />

her. »Schon 14 Tage vor Ankunft der Expeditionen<br />

beginnen wir für die <strong>Bergsteiger</strong> und<br />

ihre Hochträger den Eisbruch gangbar zu<br />

machen«, erklärt Ang Nima Rolf. »Mit annähernd<br />

drei Kilometer Fixseilen und zwischen<br />

40 und 60 Leitern. Zum Überbrücken der<br />

besonders breiten Spalten im oberen Teil des<br />

Eisbruchs müssen wir vier, fünf oder manchmal<br />

sechs Leitern hintereinander binden.«<br />

Früher hatten die deutlich weniger Expeditionsgruppen<br />

untereinander geklärt, wer für<br />

das Absichern des Eisfalls und das Engagement<br />

der »Icefall-Doctors« verantwortlich<br />

war. 1996 war ich an der Reihe – und am läs-<br />

32 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Nur kleine Punkte im<br />

großen Meer aus Eis.<br />

Den Aufstieg durch<br />

das Chaos sichern die<br />

»Icefall-Doctors«.<br />

tigen Geldeintreiben. Seit dem Jahr 2000 mit<br />

den immer zahlreicher werdenden Gruppen<br />

wird die Absicherung des überdimensionalen<br />

Haufens aus Eiswürfeln vom »Sagarmatha<br />

Pollution Control Commitee« (SPCC) organisiert.<br />

»Noch nie ist seither ein tödlicher<br />

Unfall passiert«, berichtet Ang Nima stolz<br />

und blendet damit aber die tödlichen Unfälle<br />

aus, die sich durch menschliches Versagen<br />

der <strong>Bergsteiger</strong> oder Lawinenabgänge<br />

ereignet haben. Und diese sind in den letzten<br />

Jahren deutlich zahlreicher geworden. Vor<br />

allem unterhalb der Westschulter des Everest<br />

brechen oftmals hochhausgroße Seracs<br />

ab, die in den oberen Teil des Eisfalls hinein<br />

donnern. Die Wucht ist so groß, dass aufsteigende<br />

<strong>Bergsteiger</strong> wie Spielzeugfiguren<br />

in die Spalten geblasen und das gesamte Basislager<br />

von einem Hauch aus Eispartikeln<br />

überzogen wird. 2009 war ich trauriger Zeuge<br />

eines solchen Unfalls.<br />

Sherpas<br />

schleppen die<br />

Ausrüstung<br />

der Alpinisten<br />

durch den<br />

gefährlichen<br />

Eisfall.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 33


avarian<br />

direct<br />

Team<br />

Free Ascent<br />

Dafür sind wir hergekommen und wir haben‘s geschafft!<br />

Großen Dank an unsere belgischen Freunde, die uns diese<br />

Seillänge überlassen haben – wir hatten eine verdammt gute Zeit!<br />

Alexander and Thomas Huber, Mario Walder<br />

supported by terrex<br />

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© 2013 adidas AG. adidas und die 3-Streifen sind registrierte Warenzeichen der adidas Gruppe. South Tower, Mt. Asgard, Auyuittuq National Park, Baffin Island, Canada timeline productions


Thomas Huber | Mt. Asgard, Baffin Island timeline production<br />

Todesgefahr: Wenn große Seracs abbrechen, dann erzittert selbst das Everest-Basislager.<br />

Fotos: Ralf Dujmovits (4), Gerlinde Kaltenbrunner<br />

Trotzen dem Schneesturm: Sherpas beim Beladen von Yaks<br />

Das Gefühl von Papa Ang Nima<br />

Dank ihrer großen Erfahrung erkennen die<br />

»Doctors« rechtzeitig, wann die Route durch<br />

den stetig abwärts fließenden Eisbruch umgelegt<br />

werden muss. Im unteren Teil direkt<br />

hinter dem Basislager erscheint der Aufstieg<br />

zunächst noch wildromantisch – er führt<br />

über einzelne Spalten und windet sich um<br />

kleinere Mini-Eistürme herum. Es wird<br />

steiler und gefährlicher – besonders für<br />

die schlecht ausgerüsteten Icefall-Doctors<br />

und die Sherpa-Hochträger, die hier fast<br />

täglich und oft zweimal durchkommen. Im<br />

»Popcorn«-Teil des blaugrünen Eisbruchs<br />

würde keiner von ihnen stehen bleiben. Wo<br />

mancher »Everest-Tourist« seinem Spezi mit<br />

der Kamera in der Hand Anweisung gibt,<br />

ein weiteres Mal mit Nordwandblick vorbei<br />

zu klettern, ist bei den »Doctors« Vollgas angesagt.<br />

Besonders an sonnigen Tagen, wo es<br />

nach zehn Uhr schon unerträglich heiß und<br />

brandgefährlich wird, während sie schwitzend<br />

mit zwei Acht-Meter-Leitern auf dem<br />

Rücken die Route umbauen. Weil »Papa«<br />

Ang Nima – wie ihn seine<br />

Kollegen nennen – das sichere<br />

Gefühl hat, dass dort, wo<br />

heute noch alle aufsteigen,<br />

morgen nur noch ein Trümmerfeld<br />

aus Eisbrocken, Seilen<br />

und zerborstenen Leitern<br />

sein würde.<br />

Wir fragen Ang Gyalzen Sherpa<br />

– seit 2002 Kollege von<br />

Ang Nima – wie er sich gegen<br />

die Gefahren des Eisfalls<br />

schützt: »Immer wieder gesegneten<br />

Reis werfen«. Ich habe<br />

das oft gesehen und selbst<br />

praktiziert. »Gebete und Mandras<br />

sprechen« und »wenn<br />

diese nicht auf den Lippen sind, sie trotzdem<br />

immer im Geist mittragen«. Auf die Frage, ob<br />

seine Frau sich keine Sorgen macht, sagt er<br />

lapidar: »That’s my job.« Warum Ihnen nie<br />

etwas passiert sei, seit so langer Zeit, will Rolf<br />

wissen. »Das liegt am Dharma. Wir tun etwas<br />

Gutes, was den anderen hilft«, antwortet Ang<br />

Nima. Ein Satz, der Rolf – seines Zeichens<br />

Marketing-Häuptling bei Lowa – überzeugt:<br />

Im kommenden Jahr werden alle »Icefall-<br />

Doctors« mit nagelneuen Trekking-Schuhen<br />

und 6000er-Stiefeln unterwegs sein. ◀<br />

Ralf Dujmovits hat<br />

alle 14 Achttausender<br />

bestiegen.<br />

© 2013 adidas AG. adidas, the 3-Bars logo and the 3-Stripes mark are registered trademarks of the adidas Group.<br />

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Sport 2000 Ski Willy A-8972 Ramsau am Dachstein<br />

Sport 2000 Wibmer<br />

A-9900 Lienz


AUF TOUR<br />

Trekking über dem Göschenertal<br />

Rund um den<br />

Urner Granit<br />

36 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Über dem Göschenertal lässt<br />

sich eine Handvoll Hütten über<br />

originelle alpine Routen verbinden<br />

– eine Tour über Stock und Stein<br />

für gehobene Ansprüche.<br />

Von Mark Zahel (Text und Bilder)<br />

Nur über eine Kraxeleinlage<br />

erreichbar: die Bergseehütte<br />

hoch über dem großen<br />

Göscheneralpsee<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 37


Ziel Nummer eins: die Salbithütte. Die Tagesetappe endet allerdings erst bei der Voralphütte.<br />

Die spektakuläre Salbitbrücke ist der Clou des<br />

Eines wird sofort klar, wenn man<br />

die Göschener Bergwelt in Augenschein<br />

nimmt: Lieblich ist anders.<br />

Hier strahlt die Landschaft unvermittelt<br />

erhabene Wildheit aus,<br />

wirklich stotzige Gipfel, wie der Schweizer<br />

zu sagen pflegt, prägen das Bild. Die Materie<br />

heißt Granit – ein Gestein, das ja nicht gerade<br />

für sanfte Formen bekannt ist. Freilich<br />

weiß man auch, dass es mit dem herkömmlichen<br />

Wandern im Granit keine einfache<br />

Sache ist, dass die Bergpfade rau und beschwerlich<br />

sind und hier ohnehin eher die<br />

Spezialisten fürs Steilere zum Zug kommen.<br />

Unweigerlich macht sich eine Mischung aus<br />

Spannung und Skepsis breit. Wie hoch werden<br />

die Hürden gesteckt sein?<br />

Fünf liebenswerte Bergnester<br />

Salbit, Voralp, Bergsee, Chelenalp und Damma:<br />

Fünf Hütten, fünf liebenswerte Bergnester,<br />

die der Schweizer Alpenclub rund<br />

ums Göschenertal verteilt hat, und zwar ursprünglich<br />

als Basislager für Hoch- und Klettertouren<br />

auf profilierte Gipfel wie Salbitschijen,<br />

Sustenhorn oder Dammastock. Erst<br />

viel später wurde die Idee geboren, von einer<br />

Hütte zur nächsten zu wandern, sprich ein<br />

regionales »Alpentrekking« zu absolvieren.<br />

Spannungsbögen bauen sich während der<br />

mehrtägigen Tour immer wieder neu auf,<br />

die Perspektive verschiebt sich sukzessive,<br />

nach und nach wird man immer vertrauter<br />

mit der anfangs so abweisend anmutenden<br />

Bergwelt und kommt verborgenen Winkeln<br />

auf die Spur.<br />

Mit anderen typischen Hüttentreks ist die<br />

Göschener Runde nur bedingt vergleichbar,<br />

bewegt man sich doch die längste Zeit<br />

nicht auf normalen Bergwegen, sondern auf<br />

sogenannten »alpinen Routen«. Diese Besonderheit,<br />

die nur in der Schweiz explizit<br />

ausgewiesen wird, greift auf weiß-blau-weiße<br />

Markierungen zurück und führt häufig<br />

mehr als Leitlinie denn als richtige Trasse<br />

durch hindernisreiches Gelände. Die ein<br />

oder andere alpine Schikane bleibt nicht aus.<br />

Zu gewagt? Gelegenheitswanderer dürfen<br />

vorher ruhig noch etwas üben. Routinierteren<br />

liegt ein Schlaraffenland vor Füßen.<br />

Am Heidelbeerteppich entlang<br />

Immerhin: Das erste Bergauf zur Salbithütte<br />

ist zum Eingewöhnen ideal. Im Spätsommer<br />

versüßen Heidelbeerteppiche den Zustieg.<br />

Der Name »Salbit« besitzt vor allem in Kletterkreisen<br />

Klang – der zugehörige Schijen<br />

gilt als herausragendes Ziel im Granit. Weil<br />

aber nicht allein die »steile Zunft« hier ein<br />

Tummelfeld finden soll, initiierte Hüttenwart<br />

Hans Berger eine Verbindung zur Voralphütte<br />

und damit den Anschluss seines<br />

Refugiums an das hochalpine Wegenetz im<br />

Göschenertal. Besonders die Einrichtung ei-<br />

Urig und aussichtsreich: die Voralphütte, im<br />

Hintergrund das Sustenhorn<br />

Steile Klettersteigpassagen<br />

sorgen für<br />

die alpine Würze am<br />

Salbit-Höhenweg<br />

38 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Übergangs zwischen Salbit- und Voralphütte.<br />

Verfügt über alles, was ein idyllisches Tal zu haben hat: das Trogtal mit der Chelenreuss<br />

Seit 2009 wird das<br />

Couloir von einer<br />

Brücke in Himalayamanier<br />

überspannt<br />

und damit zu einer<br />

spielerischen Einlage.<br />

ner 90 Meter langen Hängebrücke hat für Furore<br />

gesorgt! Zuvor ließ sich nur über einen<br />

»Kettenweg« das Hindernis des Mittwaldcouloirs<br />

– ein kapitaler Schluchteinriss, der aus<br />

den Wänden des Salbitschijen quasi ins Bodenlose<br />

abbricht – überlisten: anspruchsvoll<br />

und bestimmt nichts für Zartbesaitete.<br />

Seit 2009 wird das Couloir von einer spektakulären<br />

Hängebrücke gleichsam in Himalayamanier<br />

überspannt und damit beinahe<br />

zur spielerischen Einlage. Es schwankt und<br />

schaukelt zwar ein wenig, und vor der gähnenden<br />

Tiefe kann (besser: sollte) man seine<br />

Augen nicht verschließen, die »Mutprobe«<br />

ist aber eigentlich narrensicher. Die Brücke<br />

stammt ursprünglich vom Trifthüttenweg<br />

im Berner Oberland, musste dort jedoch<br />

rückgebaut werden und fand jetzt am Weg<br />

zum Salbitschijenbiwak ihre neue Bestimmung.<br />

Freilich war mit ihr die angepeilte<br />

Verbindung zur Voralphütte noch längst<br />

nicht komplett. Im Nachbarcouloir der<br />

Spicherribichelen wird echtes Klettersteigfeeling<br />

vermittelt: Eine fast senkrechte<br />

50-Meter-Leiter strapaziert womöglich weitaus<br />

mehr die Nerven als die Traverse der<br />

Hängebrücke. Da zeigt sich, dass dieser Übergang<br />

nach wie vor eine sehr ernsthafte Sache<br />

ist. Wo man sich früher mühsam und steinschlaggefährdet<br />

durch Rinnen talwärts zur<br />

Alp Horefelli tasten musste, erreicht man<br />

nun eine fabelhafte Hochterrasse, der man<br />

unbeschwert folgen kann, bis die Trogstufe<br />

später einen Durchschlupf zur Voralphütte<br />

gewährt. Die Aussicht auf das formschöne,<br />

von großen Gletschern umgarnte Sustenhorn<br />

macht das Wanderglück vollkommen.<br />

Blockfeldchaos mit System<br />

Kaum weniger Spannung verspricht der folgende<br />

Übergang. Rauschende Wildbäche,<br />

Moränenwälle und Gletscherschliffe, chaotische<br />

Blockfelder, die doch kein Zufallsprodukt<br />

sind, sondern geheimen Naturgesetzen<br />

folgen, formieren eine Urlandschaft, in der<br />

man als Mensch bescheiden wird. Kein materieller<br />

Wert zählt hier irgendwas, nur die eigene<br />

Physis sowie eine mentale Bereitschaft,<br />

sich gefangen nehmen zu lassen, sich mit<br />

der Natur zu verbünden. Zwei Gratrippen<br />

sind bis zur Bergseehütte zu überschreiten;<br />

besonders die zweite hat es einigermaßen<br />

in sich. Wieder gilt es ein wenig zu kraxeln,<br />

zu balancieren. Auf der Hütte, in prächtiger<br />

Balkonlage neben dem Bergsee und hoch<br />

über dem großen Göscheneralpsee, lässt<br />

sich auftanken und ein weiträumiger Blick<br />

genießen. Ob dabei vom gegenüberliegenden<br />

Planggenstock stets besondere Notiz<br />

genommen wird? Immerhin hoben dort<br />

vor einigen Jahren einheimische »Strahler«<br />

einen Megaschatz. Die Region gilt als Mineraliengebiet<br />

ersten Ranges.<br />

Auf geht’s in den innersten Winkel des<br />

Chelenalptals! Zu etwas Besonderem macht<br />

diesen Abschnitt neben der Routenführung<br />

entlang einer naturgegebenen Geländeterrasse<br />

die prachtvolle Schau auf die stark<br />

vergletscherte Dammastock-Kette, in ihrer<br />

Gesamtfront als »Winterberg« bezeichnet.<br />

Nirgends ragen die Urner Alpen in größere<br />

Höhen auf! Es ist aber wohl auch das vergnügte<br />

Springen von Block zu Block, dem<br />

freilich nicht alle Wanderer gleichermaßen<br />

etwas abgewinnen können. Man muss halt<br />

wissen, auf was man sich hier einlässt …<br />

Im Bann des Winterbergs<br />

Dabei wird’s auch auf der dritten Etappe<br />

noch Herausforderungen geben. Von der<br />

abgelegenen Chelenalphütte im Talschluss<br />

zieht man sich angesichts der Barrieren aus<br />

Fels und Eis erst einmal ein Stück zurück.<br />

Schon bald geht es aus dem Hochtal je-<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 39


KOMPAKT<br />

Immer wieder ein Blickfang: das Sustenhorn<br />

Es ist nicht ungewöhnlich,<br />

dass es erst nach<br />

einigen gescheiterten<br />

Sprungversuchen<br />

gelingt, den reißenden<br />

Wildbach zu überlisten.<br />

doch wieder die Biege bergwärts. Sofern man<br />

nicht jenseits der Chelenreuss, am Abfluss<br />

des Rötifirns abrupt ausgebremst wird! Denn<br />

ohne Steg ist hier unter Umständen Schluss<br />

mit lustig. Es ist nicht ungewöhnlich, dass<br />

es erst nach einigen gescheiterten Sprungversuchen<br />

gelingt, den reißenden Wildbach<br />

doch noch zu überlisten. Dieser zieht durch<br />

bewachsene Platten zuweilen ausgesetzt empor,<br />

quert dann weit unter dem Moosstock<br />

entlang und muss zu guter Letzt noch gefinkelt<br />

um einige Hindernisse lavieren – eine<br />

Alpinroute im besten Sinne, urtümlich und<br />

ein bisschen verwegen, aber nicht dramatisch<br />

schwierig. Eine Brücke über den Bach<br />

könnte freilich schon spendiert werden.<br />

Bei der niedlichen Dammahütte ist nochmals<br />

<strong>großes</strong> Kino angesagt: Der »Winterberg«<br />

liegt jetzt zum Greifen nah. Die Hütte<br />

selbst ist seit ihrem Bau 1914 unverändert.<br />

Sie wurde als SAC-Muster für die Berner Landesausstellung<br />

konzipiert und anschließend<br />

zum Nutzen der <strong>Bergsteiger</strong> unterhalb des<br />

Dammastocks aufgestellt. Fein lässt es sich<br />

hier rasten, in der Sonne räkeln, bevor die<br />

Tour Richtung Göscheneralpsee schließlich<br />

ihren Ausklang findet. Drei Tage im Urner<br />

Granit sind wahrlich kaum zu toppen. ◀<br />

Die Göschener Hüttenrunde<br />

Behagliches Nest für <strong>Bergsteiger</strong>: die Chelenalphütte<br />

Charakter: Anspruchsvolles<br />

Hüttentrekking, größtenteils<br />

auf markierten Alpinrouten in<br />

blockreichem Granitterrain.<br />

Streckenweise ohne echte<br />

Wegtrasse, mitunter ausgesetzt<br />

und vereinzelt auch gesicherte<br />

Kletterpassagen. Insgesamt<br />

nur für bergerfahrene Wanderer<br />

mit ausgeprägter Trittsicherheit<br />

Schwierigkeit: Nach der<br />

SAC-Wanderskala wiederholt<br />

bis T4, weithin T3<br />

Dauer: Bei gut ausgefüllten<br />

Etappen genügen 3 Tage, bei<br />

Übernachtung auf jeder Hütte<br />

bis zu 6 Tage ausdehnbar,<br />

konditionell also variabel<br />

Besondere Ausrüstung:<br />

Für den Übergang Salbit-Voralp<br />

wird offi ziell Klettersteigausrüstung<br />

empfohlen (kann auf der<br />

Hütte gemietet werden).<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz<br />

P1 »Torbrücke« (1195 m) bei<br />

Ulmi im vorderen Göschenertal<br />

Endpunkt: Hotel Dammagletscher<br />

(1783 m), am<br />

Ende der Straße zum<br />

Göschener-alpsee<br />

Öfftl. Verkehrsmittel: Postauto<br />

vom Bahnhof Göschenen<br />

bis zur Göscheneralp<br />

Hütten: Salbithütte (2105<br />

m), Mitte Juni bis Mitte<br />

Oktober, Tel. 00 41/41/8 85<br />

14 31; Voralphütte (2126 m),<br />

Mitte Juni bis Ende September,<br />

Tel. 00 41/41/8 87 04<br />

20; Bergseehütte (2370 m),<br />

Anfang Juni bis Ende Oktober,<br />

Tel. 00 41/41/8 85 14 35;<br />

Chelenalphütte (2350 m),<br />

Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />

Tel. 00 41/41/8 85 19 30;<br />

Dammahütte (2439 m),<br />

Anfang Juli bis Ende September,<br />

Tel. 00 41/41/<br />

8 85 17 81<br />

Karte: Swisstopo, 1:50 000,<br />

Blatt 255 T »Sustenpass«<br />

Literatur: Mark Zahel »Hüttentreks<br />

Schweiz«, Bruckmann<br />

Verlag, 2011<br />

Etappenverläufe:<br />

1. Tag: Torbrücke – Regliberg<br />

– Salbithütte – Salbitbrücke –<br />

Salbitschijenbiwak – Horefelliboden<br />

– Voralphütte; 1600<br />

Hm Aufstieg, 670 Hm<br />

Abstieg, 7 Std.<br />

2. Tag:<br />

Voralphütte –<br />

Horefellistock – Bergseelücke<br />

– Bergseehütte – Vorder Mur –<br />

Hinter Mur – Chelenalphütte;<br />

1020 Hm Aufstieg,<br />

Tourenkarte 1<br />

Heftmitte<br />

800 Hm Abstieg,<br />

6½ Std.<br />

3. Tag:<br />

Chelenalphütte – Hinter<br />

Röti – Moosstock-Traverse –<br />

Tourenkarte 2<br />

Heftmitte<br />

Dammahütte – Göscheneralp/<br />

Hotel Dammagletscher, 750<br />

Hm Aufstieg, 1320<br />

Hm Abstieg,<br />

5½ Std.<br />

Tipp: Wenn man<br />

eine längere An- und Abreise<br />

einkalkulieren muss, plant<br />

man am besten 4 Tage und<br />

übernachtet in der Salbit-,<br />

Bergsee- und Dammahütte.<br />

Tourenkarte 3<br />

Heftmitte<br />

■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />

40 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


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TOUREN<br />

DER WEG ZUM BERG<br />

Teil 1: Allgäuer und Ammergauer Alpen<br />

Alles auf<br />

Den Anstieg zur Siedelalpe<br />

schaffen auch schon<br />

kleine Bergwanderer.<br />

42 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Familien-TIPP<br />

Egal ob bei einem Berg-Neuling, nach einer<br />

Verletzungspause, zu Beginn der Wandersaison<br />

oder um den Nachwuchs zum Bergsteigen<br />

zu bringen – der rechte Weg zum<br />

Gipfelglück setzt sich aus einem Touren-Trio<br />

zusammen, das ideal aufeinander aufbaut.<br />

Von Michael Pröttel (Text und Fotos)<br />

Anfang<br />

»Da will ich rauf!« Wer einmal Blut,<br />

sprich Gipfel-Endorphine geleckt hat,<br />

kommt von dem Wunsch einfach<br />

nicht mehr los. Von ganz oben auf<br />

türkisblaue Voralpenseen zu blicken<br />

oder wie über einer flauschigen Nebeldecke<br />

zu schweben, ist einfach ein grandioses,<br />

wenn nicht sogar erhabenes Erlebnis, das<br />

man nicht oft genug wiederholen kann.<br />

Da Bergwandern alles andere als altmodisch,<br />

sondern voll angesagt ist, fand auf<br />

Gipfeln und Graten ein echter Bildwechsel<br />

statt: Anstelle des (mangels Vorkommen aus<br />

der roten Liste bereits gestrichenen) »Kniebundhosen-<strong>Bergsteiger</strong>s«<br />

tritt immer öfter<br />

der »überforderte Neu-<strong>Bergsteiger</strong>« in Erscheinung,<br />

der sein Ziel – wenn überhaupt<br />

– nur mit allerletzter Kraft erreicht. Dabei<br />

sind Blut, Schweiß und Tränen selbst für<br />

Neulinge keine unvermeidlichen Begleiterscheinungen<br />

der mit Sicherheit schönsten<br />

Nebensache der Welt. Man muss sich für seinen<br />

individuellen »Weg zum Berg« einfach<br />

nur Touren aussuchen, die von den konditionellen<br />

und technischen Anforderungen<br />

her ideal abgestimmt sind und aufeinander<br />

aufbauen.<br />

Auch erfahrene alte »Hasen« bedienen sich<br />

dieser »Step by step«-Strategie. Beispielsweise<br />

nach einer verletzungsbedingten längeren<br />

Pause oder jetzt im Frühjahr, wenn man<br />

die Höhenmeter-Skala genau in demselben<br />

Maß nach oben anhebt, wie der Schnee vom<br />

Berg verschwindet.<br />

In einer zweiteiligen Mini-Serie präsentieren<br />

wir Ihnen die besten Vorbereitungstouren<br />

am deutschen Alpenrand und stellen im ersten<br />

Teil jeweils drei Trainingstouren in den<br />

Allgäuer und Ammergauer Alpen vor.


Begegnung am Berg: Wer hat mehr Respekt?<br />

Der Große Alpsee bei Immenstadt<br />

liegt verträumt in der<br />

sommerlichen Landschaft.<br />

Gemütlicher Weg direkt am Alpsee<br />

ALLGÄUER ALPEN<br />

1| Siedelalpe<br />

»Grandioser Berg- und Seeblick bei geschenkten<br />

300 Höhenmetern.« So oder ähnlich<br />

würde ein Immobilienmakler den perfekten<br />

Einstieg in die Allgäuer Bergwelt in<br />

seinem Portfolio beschreiben. Tatsächlich<br />

gibt es kaum ein besseres Preis-Leistungs-<br />

Verhältnis, wenn es darum geht, das Panorama<br />

in Bezug zum erforderlichen Vertikal-<br />

Einsatz zu setzen.<br />

Dieser erfolgt, wie bei Bergtouren nicht<br />

ganz unüblich, gleich zu Beginn und verdeutlicht<br />

Einsteigern wie Geübten, dass<br />

auch bei kleinen Touren der Fleiß vor dem<br />

Preis steht.<br />

Nach gut einstündigem Aufstieg dürfen allenfalls<br />

Laktose-Allergiker einen Bogen um<br />

die köstliche Buttermilch an der Siedelalpe<br />

schlagen. Dass das köstliche Molkereiprodukt<br />

aus eigener Herstellung stammt, ist<br />

auf einer Allgäuer Almwirtschaft, die etwas<br />

auf sich hält, eine Selbstverständlichkeit.<br />

Dass man beim genüsslichen Schlürfen<br />

auch noch ein Panorama serviert bekommt,<br />

das von den glitzernden Wellen des Großen<br />

Alpsees über die tief grünen Hänge des Immenstädter<br />

Horns bis zum alles überragenden<br />

Grünten reicht, ist freilich ein Bergtouren-Einstieg<br />

der Sonderklasse.<br />

ALLGÄUER ALPEN<br />

2| Spieser<br />

Bei der Spieser-Runde<br />

verläuft der Weg meist in<br />

der Sonne.<br />

Da verwundert es nicht, dass Anfänger wie<br />

alte Hasen als nächstes am liebsten den<br />

»Wächter des Allgäus« erobern würden. Um<br />

nicht abgeschüttelt zu werden, sollten sich<br />

alle Grünten-Aspiranten zuvor an einem<br />

Berg akklimatisieren, der – vom gleichen<br />

Blickpunkt aus betrachtet – genau vom<br />

Grünten verdeckt wird.<br />

Dank des hoch gelegenen Ausgangspunkts<br />

Oberjoch ist die Rundtour auf den Spieser<br />

mit 650 Höhenmetern die ideale Auf baukost<br />

in Richtung 1000-Höhenmeter-Marke.<br />

Landschaftlich markiert die aussichtsreiche<br />

Bergtour mit ihren tollen Blicken auf den<br />

Allgäuer Hauptkamm ebenfalls eine Steigerung.<br />

Und auf dem Spieser-Westabstieg<br />

sind zusätzlich (und für den Einsteiger zum<br />

ersten Mal) Trittsicherheit und auch etwas<br />

Schwindelfreiheit gefragt, – was eine ideale<br />

Vorbereitung für das heiß ersehnte Meisterstück<br />

darstellt.<br />

44 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Am Burgberger Hörnle,<br />

einem Abstecher vom<br />

Grünten, muss man schon<br />

mal zupacken.<br />

Die enge Starzlachklamm<br />

gewährt<br />

beeindruckende<br />

Tiefblicke auf rauschendes<br />

Wasser.<br />

ALLGÄUER ALPEN<br />

3| Grünten<br />

Dank eines kleinen Gegenanstiegs liegt<br />

ein satter Höhen-Kilometer zwischen dem<br />

Start in Winkel und dem 1738 Meter hohen<br />

Gipfel. Dieser Wert stellt aber nur das<br />

rechnerische Schmankerl der Grünten-<br />

Besteigung dar. Viel spannender als unantastbare<br />

Zahlen ist nämlich der griffige<br />

Fels.<br />

Den kann man ertasten, greifen oder gar<br />

streicheln, wenn man auf dem Anstiegsweg<br />

den kleinen Umweg über das Burgberger<br />

Hörnle in Kauf nimmt. Zusätzlich<br />

zum Handanlegen gibt es zur Belohnung<br />

schaurig-schöne Tief blicke ins Illertal und<br />

an ausgesetzten Passagen ein bombenfestes<br />

Drahtseil. Dieses führt schnurstracks in<br />

Richtung Grüntenhaus, wo man sich vor<br />

der finalen Gipfelbesteigung stärken kann.<br />

Wer den Gipfel problemlos geschafft hat,<br />

ist für den kommenden Bergsommer konditionell<br />

bestens gewappnet, was sich in<br />

Bezug auf die Oberschenkelkraft erst noch<br />

herausstellen muss. Schließlich liegt der<br />

steile Südabstieg noch vor einem. Doch<br />

keine Angst: Brennende Beinmuskeln oder<br />

Fußsohlen kann man zuletzt in den eiskalten<br />

Fluten der beeindruckenden Starzlachklamm<br />

kühlen.<br />

AMMERGAUER ALPEN<br />

1| Auerberg<br />

Der »Römerweg« auf<br />

den Auerberg führt<br />

gemächlich immer am<br />

Waldrand entlang.<br />

Ein dem Alpenrand vorgelagerter Bergrücken<br />

stellt auch im Ostallgäu die ideale<br />

»Lust-machen-auf-mehr«-Tour dar. Von<br />

der tollen Aussicht auf die Ammergauer<br />

und Allgäuer Alpen waren schon die alten<br />

Römer dermaßen begeistert, dass sie am<br />

Gipfel des 1055 Meter hohen Berges bereits<br />

kurz nach Christi Geburt eine Siedlung anlegten,<br />

die heute als die älteste römische<br />

Gründung Bayerns gilt.<br />

Dass man den Auerberg über den »Römerweg«<br />

besteigt, ist übrigens nicht nur historisch,<br />

sondern auch landschaftlich ein<br />

absolutes Muss. Der fast immer entlang<br />

eines Waldrands verlaufende Weg steigt so<br />

gemächlich den sanften Bergrücken hinauf,<br />

dass selbst Anfänger die 300 zurückgelegten<br />

Höhenmeter kaum bemerken. Oben<br />

angekommen setzt man sich am besten<br />

nicht gleich in den Auerberg-Gasthof, sondern<br />

noch ein paar Höhenmeter drauf: Wer<br />

zusätzlich die burgartige Wendeltreppe von<br />

St. Georg bezwingt, wird von deren Aussichtsplattform<br />

mit einer Aussicht belohnt,<br />

die vom Wendelstein bis zum Bregenzer<br />

Wald reicht.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 45


AMMERGAUER ALPEN<br />

2| Ettaler Manndl<br />

Üblicherweise wird die<br />

Laber-Bergbahn zu Hilfe<br />

genommen, um das Ettaler<br />

Manndl zu besteigen.<br />

Eine ganz breite Gipfel-Tapete kann das<br />

Ettaler Manndl zwar nicht bieten, dafür<br />

aber großartige Aussichten auf das Loisachtal<br />

und das direkt dahinter aufragende<br />

Estergebirge. Vor allem aber: Der freche<br />

Kalkzacken ist genau das richtige Ziel für all<br />

diejenigen, die schon lange einmal einen<br />

»Beinahe-Klettersteig« antesten wollten.<br />

Dicke Kettenglieder vermitteln Sicherheit.<br />

Was dazu führt, dass die meisten Klettersteigneulinge<br />

zu wenig auf ihre Füße achten.<br />

Das genau sollte man aber tunlichst nicht<br />

vergessen. Denn die Tritte sind zwar nicht<br />

brüchig, dafür aber ordentlich abgespeckt<br />

bzw. auf »flachland-deutsch« schlüpfrig.<br />

Um unfallträchtig zitternde Gipfel-Waden<br />

zu vermeiden, wird bei diesem »Weg-zum-<br />

Berg«-Vorschlag eine historisch einzigartige<br />

Seilbahn zu Hilfe genommen: Die<br />

Laber-Bergbahn ist die letzte noch verkehrende<br />

Großkabinen-Zweiseil-Umlauf bahn<br />

weltweit.<br />

Die Besteigung der<br />

Notkarspitze stellt schon<br />

eine ausgewachsene<br />

Bergtour dar.<br />

Kleine Kinder<br />

werden in der<br />

Kraxe getragen<br />

und dürfen<br />

oben am Berg<br />

spielen.<br />

AMMERGAUER ALPEN<br />

3| Notkarspitze<br />

Vergleichbar dem Grünten in den Allgäuer<br />

Alpen stellt die hoch über Ettal aufragende<br />

Notkarspitze das ideale Testpiece für die<br />

Frage dar, ob man nun wirklich fit für die<br />

Ammergauer Alpen ist. 1050 Höhenmeter<br />

sind schließlich kein Pappenstiel und<br />

auch der steile Abstieg ins schattige Notkar<br />

ist alles andere als Turnschuh-tauglich.<br />

Lohn der Mühen ist neben einer extrem abwechslungsreichen<br />

Rundwanderung mit<br />

der Ettaler Mühle fast am Endpunkt der<br />

Tour eine der besten Einkehrmöglichkeiten<br />

weit und breit.<br />

Das nämlich ist die nächst höhere Kunst des<br />

ideal geplanten Bergsommers: Eine ausgetüftelte<br />

Touren-Abfolge, die nicht nur höhenmetermäßig,<br />

sondern auch kulinarisch<br />

immer in die nächst höhere Etage führt… ◀<br />

46 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


TOUREN<br />

Der Weg zum Berg<br />

Jeweils drei aufeinander aufbauende Gipfeltouren in den Allgäuer und Ammergauer<br />

Alpen führen am Anfang der Bergsaison zur gewünschten Kondition.<br />

Willkommene Trinkpause am sonnig-heißen Weg zum Spieser<br />

ALLGÄUER ALPEN<br />

1 Alpseeblick (1040 m)<br />

▶ leicht 4 Std.<br />

350 Hm + 5 J.<br />

Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche<br />

und sehr aussichtsreiche<br />

Rundtour mit netten Einkehrmöglichkeiten.<br />

Nur ganz am Anfang ist ein<br />

steilerer Anstieg zu meistern.<br />

Ausgangspunkt: Nordostufer des<br />

Alpsees (725 m)<br />

Route: Alpsee – Zaumberg –<br />

Siedelalpe – Alpseeblick<br />

– Alpsee<br />

Tourenkarte 4<br />

Heftmitte<br />

2 Spieser (1651 m)<br />

▶ mittel 4 Std.<br />

650 Hm + 6 J.<br />

Charakter: Sehr abwechslungsreiche<br />

Rundtour, die traumhafte Blicke<br />

auf die Allgäuer Alpen bietet. Meist<br />

freies, südseitiges Gelände; im<br />

Sommer daher auf guten<br />

Sonnenschutz achten.<br />

Ausgangspunkt:<br />

Oberjoch (1180 m)<br />

Route: Oberjoch – Ornach –<br />

Spieser – Hirschberg<br />

– Oberjoch<br />

Tourenkarte 5<br />

Heftmitte<br />

3 Grünten (1738 m)<br />

▶ mittel 5½ Std.<br />

1000 Hm + 8 J.<br />

Charakter: Tolle Rundtour auf den<br />

besten Allgäuer Aussichtsgipfel. Der<br />

Anstieg zum Burgberger Hörnle ist<br />

teilweise steil und man muss ein<br />

paar Mal die Hände zu Hilfe nehmen.<br />

Ausgangspunkt: Winkel (770 m)<br />

Route: Winkel – Burgberger Hörnle<br />

– Grünten – Starzlachklamm<br />

– Winkel<br />

AMMERGAUER ALPEN<br />

1 Auerberg (1055 m)<br />

Tourenkarte 6<br />

Heftmitte<br />

▶ leicht 3 Std.<br />

320 Hm + 4 J.<br />

Charakter: Unschwere und dabei<br />

sehr aussichtsreiche Wanderung in<br />

einfach großartiger Landschaft<br />

Ausgangspunkt: Stötten (733 m)<br />

Route: Stötten – Auerberg – Stötten<br />

2 Ettaler Manndl (1633 m)<br />

▶ mittel 4 Std.<br />

900 Hm ▼ + 8 J.<br />

Charakter: Abwechslungsreiche<br />

Rundtour. Für die Gipfel-Besteigung<br />

ist Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />

erforderlich. Im Zweifel sollte<br />

man sich ein Klettersteigset mitnehmen;<br />

für Kinder Klettersteiggurt sehr<br />

empfehlenswert<br />

Ausgangspunkt: Talstation in Oberammergau<br />

(960 m)<br />

Route: Bergstation Laber – Ettaler<br />

Manndl – Soile-Alm – Talstation<br />

3 Notkarspitze (1889 m)<br />

▶ mittel 5 Std.<br />

1050 Hm + 8 J.<br />

Charakter: Ausgedehnte Rundwanderung,<br />

die eine gute Kondition<br />

und stellenweise auch Trittsicherheit<br />

erfordert<br />

Ausgangspunkt: Ettaler Sattel<br />

(900 m)<br />

Route: Ettaler Sattel – Ziegelspitz –<br />

Notkarspitze – Ettaler Mühle – Ettaler<br />

Sattel<br />

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INTERVIEW<br />

Das große<br />

Heiner Geißler<br />

-Interview<br />

»Nicht gleich den<br />

Arzt fragen!«<br />

Heiner Geißler war einst einer der mächtigsten Männer in der CDU.<br />

Als Generalsekretär (1977–1989) polarisierte und polemisierte er.<br />

Geißler kämpfte für mehr soziale Gerechtigkeit und avancierte<br />

zum Globalisierungskritiker. In den Bergen sah er eine Option<br />

zum Ausstieg aus der Politik. Ein Gespräch über <strong>Risiko</strong>, Fitness im<br />

Alter und Bergsteigen als Schule fürs Leben.<br />

Von Michael Ruhland<br />

Foto: Meike Birck<br />

BERGSTEIGER: Fliegen Sie noch mit dem<br />

Gleitschirm?<br />

Heiner Geißler: Ich fliege seit genau 20 Jahren<br />

nicht mehr.<br />

Seit Ihrer Bruchlandung?<br />

Ja, aber ich bin nicht abgestürzt. Das muss<br />

ich ausdrücklich sagen.<br />

Sie sind im Baum gelandet.<br />

Richtig. (lacht) Und dann bin ich mit einem<br />

Teil der Baumkrone abgestürzt. Nach dem<br />

Unfall – ich war ja noch Abgeordneter im<br />

Bundestag bis 2002 – habe ich fast 5000<br />

Briefe bekommen. Von Rudolf Augstein angefangen<br />

bis zu vielen Bürgern aus meinem<br />

Wahlkreis. Der Tenor: Wir haben dich nicht<br />

gewählt, damit du mit deinem Leben spielst.<br />

In den Bergen sind Sie aber trotzdem unterwegs.<br />

Ich habe mich ja wieder gut erholt. Obwohl<br />

es nach der Operation noch eine unglückliche<br />

Episode gab. Ich hatte in meiner Wohnung<br />

in Bonn eine Reckstange eingezogen<br />

und begann zu trainieren. Bei einem Klimmzug<br />

nachts um halb zwölf, als ich von einer<br />

Fraktionssitzung zurückgekommen war,<br />

brach die Stange aus. Ich fiel rückwärts auf<br />

einen Eisenschemel, so dass es mir neben<br />

dem Operationsbereich drei Rippen sauber<br />

durchschlug. Und die Schraube, die alles zusammengehalten<br />

hatte, brach ab. Ich musste<br />

nochmals operiert werden.<br />

Seither läuft alles glatt?<br />

Zwischendurch war mal ’ne Schraube locker<br />

(lacht), und ich mache regelmäßig Reha. Mir<br />

fehlt an sich nichts. Weil ich Bücher schreibe<br />

und Vorträge halte, habe ich meinen Körper<br />

in der letzten Zeit etwas vernachlässigt. Ich<br />

will aber sportlich auf der Höhe bleiben.<br />

Sie sagen: Bergsteigen ist eines der letzten<br />

großen Abenteuer. Was macht das Abenteuer<br />

für Sie aus?<br />

Man weiß nie hundertprozentig, wie es ausgeht,<br />

wenn man eine große, schwere Tour<br />

macht. Es ist immer ein gewisses <strong>Risiko</strong> dabei.<br />

Dieses Abenteuer vollzieht sich in einer<br />

wunderschönen Umgebung.<br />

Wie gehen Sie mit dem <strong>Risiko</strong> um?<br />

Man muss es einigermaßen berechnen können.<br />

Mein Prinzip war immer: Ich gehe nie an<br />

meine Grenze, behalte immer eine Reserve.<br />

48 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Sie sind ein Sicherheitsdenker?<br />

Ich wollte und will mich nie retten lassen.<br />

Ich will aus einer schwierigen Situation immer<br />

selbst heraus kommen.<br />

Sie haben in Ihrem langen <strong>Bergsteiger</strong>leben<br />

nie die Bergwacht benötigt?<br />

Nicht aus eigenem Antrieb. Einmal drängte<br />

sich am Saleinagletscher die Heli-Rettung<br />

von Sion im Wallis auf. Das war Mitte der<br />

achtziger Jahre, als ich Minister war.<br />

Sie wollten gar nicht gerettet werden?<br />

Die Bergwacht hatte ein Abkommen mit<br />

der dortigen Gendarmerie – es ging um<br />

eine Zwangsrettung. Vor uns kam eine andere<br />

Seilschaft vom Saleinapass herunter,<br />

zwölf Leute. Sie hatten den Heli bestellt,<br />

wollten sich retten lassen, obwohl sie gar<br />

nicht in Bergnot waren. Offenbar hatten<br />

sie nicht das Können, an der schwierigen<br />

Gletscherpassage mit den Ski abzusteigen.<br />

Der Heli kam leider wieder, und zwar mit<br />

Polizisten an Bord. Sie forderten uns auf<br />

mitzukommen; sie behaupteten, es sei verboten,<br />

dort abzusteigen, weil zu riskant.<br />

Wir wollten nicht, erzählten denen von den<br />

schwierigen Touren, die wir schon gemacht<br />

hatten. Es war eine endlose Debatte, die hin<br />

und her wogte.<br />

Am Ende zogen Sie den Kürzeren?<br />

Wir weigerten uns letztlich nicht mehr mitzufliegen.<br />

Ich sagte aber zur Besatzung: Sie<br />

kriegen von uns keinen einzigen Franken.<br />

Im Tal wollten sie Geld. Ich sagte zu dem<br />

Gendarm: Wir fahren morgen nach Sion,<br />

dann werden wir die Sache aufrollen. Dann<br />

war Ruhe. Die versuchen öfters, ein Geschäft<br />

aus den Rettungen zu machen.<br />

Immerhin ein kleines Abenteuer. Gibt es<br />

wirkliche Abenteuer in den Alpen im Zeitalter<br />

der Handynetze überhaupt noch?<br />

Meine drei Söhne und ich beschlossen anfangs,<br />

auf Bergtouren keine Handys mitzunehmen.<br />

Und der Vorsatz klappte?<br />

Nein, das funktioniert nicht wirklich, wir<br />

hielten uns nicht dran. Problematisch ist<br />

aber, dass immer mehr Leute auf das Handy<br />

im Notfall vertrauen. Das halte ich für<br />

ziemlich gefährlich.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 49


David Lama in der<br />

Route »Safety Discussion«<br />

(11 SL, 8b) in den<br />

Lienzer Dolomiten.<br />

Bergbegeistert: Heiner Geißler mit seinen Söhnen Nikolai und Domink in den Tannheimern<br />

Es geht inzwischen aber darum, dass bestimmte<br />

Firmen Geld machen. Die Kommunen<br />

sahnen mit ab. Viel an Lebensqualität<br />

zu verbessern, gibt es meiner Ansicht nach<br />

nicht, wenn zum Beispiel in Samnaun noch<br />

eine vierte, fünfte oder sechste Seilbahn<br />

gebaut wird. Und die künstliche Beschneiung<br />

muss begrenzt werden. Man müsste<br />

länderübergreifend zu einer Konvention<br />

kommen, die besagt: Jetzt ist Schluss mit<br />

weiterer Erschließung.<br />

»Ich habe einen Pakt<br />

mit mir geschlossen.<br />

Eine Agenda 102. So<br />

ist das Ende relativ<br />

weit weg. «<br />

Die Alpenkonvention, die seit 1991 unterzeichnet<br />

ist, ist ein Papiertiger geblieben.<br />

Was denken Sie?<br />

Man darf die Alpen nicht weiter erschließen.<br />

Sie dürfen niemals so aussehen wie heute<br />

die Zugspitze! Es gibt keinen Grund, sie zu<br />

verdrahten, mit noch mehr Liften zu versehen.<br />

Eine der größten Gefahren ist die Kommerzialisierung,<br />

die von den Gemeinden<br />

ausgeht. Deren Motivation ist heute nicht<br />

mehr legitim.<br />

Was bedeuten Berge für Sie?<br />

Als junger Mensch von 17, 18 Jahren träumte<br />

ich ständig von den Bergen, nachdem ich<br />

ein paar Mal im Gebirge gewesen war. Diese<br />

Träume waren überwältigend, sie nahmen<br />

mich zutiefst gefangen. Das Faszinierende<br />

der Berge ist für mich bis auf den heutigen<br />

Tag die Kombination aus körperlicher, geistiger<br />

und seelischer Herausforderung und der<br />

Schönheit der Natur nicht nur in Form von<br />

Felsen, Blumen, Bäumen, sondern in Verbindung<br />

der darüber liegenden Umwelt, dem<br />

»Wenn Sie als <strong>Bergsteiger</strong> einen Ruhepuls von 50 haben, dann haut Sie nichts mehr um.« Heiner Geißler im Interview in Bad Wiessee<br />

Weil Menschen sich überschätzen?<br />

Es gibt im Gebirge subjektive und objektive<br />

Risiken: Die subjektiven kann man auf Null<br />

bringen. Dazu gehören psychische Belastbarkeit,<br />

körperliche Kondition – all das kann<br />

man trainieren. Zu den objektiven Risiken<br />

zählen Steinschlag, Lawine, Wetter. Man<br />

kann sie nicht ausschalten, aber minimieren.<br />

Das Handy verleitet dazu, diese objektiven<br />

Gefahren nicht mehr richtig einzuschätzen.<br />

Eine Gefahr für den gesamten Alpenraum<br />

ist die Zersiedelung und Übererschließung.<br />

Warum nicht?<br />

Früher, als die Orte arm waren und die<br />

Bergbauern ein hartes Dasein fristeten und<br />

sogar auswandern mussten, war die Forderung<br />

und der Wunsch nach einem besseren<br />

Leben nachvollziehbar. Die Orte verkauften<br />

ihr Potenzial – die Natur und die Landschaft<br />

– und das war auch okay. Über den<br />

Tourismus konnten die Menschen in den Alpen<br />

ein menschenwürdiges Leben führen.<br />

Die Kommunen führen das Argument heute<br />

immer noch ins Feld.<br />

Mond, der Sonne, den Sternen. Man kann aus<br />

der Natur heraus erfahren, wie viel Uhr es ist,<br />

wo es hingeht, wie man den Weg findet.<br />

Sind die Berge für Sie auch Rückzugsraum,<br />

um dem Alltag zu entfliehen?<br />

Während meiner Zeit als Politiker waren die<br />

Berge für mich als Alternative da. Ich hatte<br />

die schöne Gewissheit, falls es mir in der Politik<br />

nicht mehr passen sollte, mir eine Welt<br />

weiter erschließen zu können, in der ich<br />

glücklich bin. Das wären die Berge gewesen.<br />

Das hat mich unabhängig gemacht.<br />

50 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Fotos: Meike Birck (3), privat<br />

Wenn es Ihnen zu viel wurde, haben Sie sich<br />

aber schon mal die Freiheit rausgenommen,<br />

in den Bergen nicht erreichbar zu sein.<br />

Als Franz Josef Strauß aufgrund eines Beschlusses<br />

der Bundestagsfraktion Kanzlerkandidat<br />

geworden war, gab ich eine Presseerklärung<br />

ab. Meine Botschaft: Er solle sich<br />

gefälligst anstrengen, damit er auch die CDU-<br />

Leute in Norddeutschland und Süddeutschland,<br />

die ihn möglicherweise gar nicht wollen,<br />

überzeugen kann. Daraufhin brach der<br />

Sturm bei der CSU los: Die Bayern verlangten,<br />

dass ich abgesetzt werde in völliger Unkenntnis<br />

des Status der CDU, wonach der Generalsekretär<br />

nicht abgesetzt werden kann, weil<br />

er gewählt ist. Das war an Pfingsten 1979. Ich<br />

sagte zu meinen Söhnen: So, jetzt ist Schluss,<br />

die können reden, was sie wollen, wir hauen<br />

ab. Wir fuhren nach Saas Almagell und bestiegen<br />

der Reihe nach die Walliser 4000er.<br />

Sie sind über all die Jahre immer wieder mit<br />

Ihren Söhnen in die Berge gegangen. Als<br />

vertrauensbildende Maßnahme?<br />

Es war nicht sehr schwer, meine Söhne<br />

für die Berge zu begeistern. Der Vorteil ist,<br />

wenn man ins felsige Gelände geht, dass<br />

das Wandern auch für die Kinder plötzlich<br />

sehr interessant wird. Das Klettern bewältigten<br />

sie spielerisch, es gefiel ihnen wahnsinnig<br />

gut. Wir fingen mit dem Klettern in<br />

den Tannheimern an – Rote Flüh, Gimpel<br />

Köllenspitze, Gehrenspitze. Meine Kinder<br />

schmiedeten die tollsten Pläne. Im Unterricht<br />

lasen sie heimlich Bergführer. Wir<br />

hatten auch gefährliche Erlebnisse und retteten<br />

uns gegenseitig das Leben.<br />

Das schweißt zusammen. Bis heute?<br />

Ja. Wir gingen wenig mit anderen Leuten<br />

in die Berge. Wir verstanden uns blind,<br />

brauchten keine langen Zurufe, das ist gerade<br />

beim Klettern ein Riesenvorteil. Zu<br />

meinem achtzigsten Geburtstag wünschte<br />

ich mir von meinen drei Söhnen, dass wir<br />

eine der ersten Klettertouren wiederholen,<br />

und zwar den Westgrat der Köllenspitze.<br />

Das Wetter war übel, es schneite. Aber wir<br />

sind trotzdem hoch.<br />

Wenn Sie alleine in die Berge gehen, grübeln<br />

Sie dann viel?<br />

Beim Joggen im Gebirge kamen mir immer<br />

sehr gute Ideen. Wenn ich jetzt alleine in die<br />

Klettern im festen Kalk: Heiner Geißler 1982 an den Engelhörnern, Berner Oberland<br />

Berge gehe, ist es vor allem ein Test, ob ich<br />

noch gut bin (lacht), was ich noch schaffe. Das<br />

ist im Moment das Hauptmotiv geworden.<br />

Ich brauche eigentlich kaum medizinische<br />

Unterstützung. Am besten geht es mir aber<br />

über 2000 Meter Meereshöhe. Wenn ich<br />

mich mal zwei, drei Wochen in Höhenregionen<br />

aufhalten kann, dann bin ich gesundheitlich<br />

stabilisiert. Das fehlt mir im Flachland,<br />

obwohl der Pfälzer Wald, in dem ich<br />

wohne, auch ein schönes Mittelgebirge ist.<br />

ZUR PERSON<br />

Richter, Politiker, Schlichter<br />

Ist das Bergsteigen eine gute Schule für ein<br />

erfolgreiches Leben?<br />

Unbedingt! Man kommt auf jeden Fall mit<br />

dem Leben besser zurecht, weil man beim<br />

Bergsteigen lernt, mit ungewöhnlichen Situationen<br />

und Gefahren fertig zu werden.<br />

Viele Leute verlieren total die Nerven und<br />

drehen schier durch, wenn sie auf einer<br />

Höhenstraße bei Schneesturm eine Reifenpanne<br />

haben. Hocken im Auto und warten,<br />

ob irgendjemand kommt. Was kommt, ist<br />

die Panik. Ein <strong>Bergsteiger</strong>, der einmal einen<br />

Schneesturm im Biwak erlebt hat, wird natürlich<br />

mit der Sache fertig. Wenn Sie einen<br />

Ruhepuls von 48 oder 50 haben, dann haut<br />

Sie nichts mehr um.<br />

Wäre die Politik eine bessere, wenn mehr<br />

Politiker <strong>Bergsteiger</strong> wären?<br />

Das zu behaupten, wäre übertrieben. Es gibt<br />

auch bei <strong>Bergsteiger</strong>n üble Burschen und<br />

nicht nur Charakterhelden. Es muss Substanz<br />

da sein: Wenn einer Charakter hat,<br />

sozial eingestellt ist, auch wenn einer Führungsqualitäten<br />

hat, dann kann er durch das<br />

Bergsteigen eine große Steigerung erfahren.<br />

Aber Bergsteigen ist nicht der einzige schöne<br />

Natursport. Kanu ist beispielsweise eine<br />

tolle Sportart, auch das <strong>Mount</strong>ainbiken, das<br />

Segeln, Gleitschirmfliegen.<br />

Dr. Heiner Geißler, geboren am 3. März 1930,<br />

wollte eigentlich Missionar werden, studierte<br />

aber zunächst Philosophie an der Hochschule<br />

der Jesuiten in München (Examen 1953) und<br />

danach Jura an der Uni Tübingen. 1960 promovierte<br />

er über »Das Recht der Kriegsdienstverweigerung<br />

aus Gewissensgründen nach Art. 4 III<br />

GG». Schon während des Studiums engagierte<br />

sich Geißler politisch beim Ring Christlich-Demokratischer<br />

Studenten. Für kurze Zeit war der<br />

Jurist als Richter am Amtsgericht Stuttgart tätig,<br />

seine politischen Ambitionen brachten ihn aber<br />

schon bei der Wahl 1965 in den Bundestag.<br />

Als Sozialminister in Rheinland-Pfalz setzte er<br />

in den zehn Jahren seiner Amtszeit bundesweit<br />

anerkannte sozialpolitische Impulse, beispielsweise<br />

durch Gesetze zur<br />

Sportförderung sowie Gründung<br />

von Sozialstationen.<br />

Als CDU-Generalsekretär<br />

(1977–89) verhalf der Querdenker<br />

der Partei zu einem klareren Profi l in Sachen<br />

Sozialkompetenz. Als Bundesgesundheitsminister<br />

(1982–1985), reformierte er den Zivildienst,<br />

führte das Erziehungsgeld ein sowie die Anrechnung<br />

der Erziehungsjahre bei der Rentenversicherung.<br />

Seine Passion galt damals wie heute<br />

dem Bergsteigen (er fungiert als Schirmherr<br />

des Bergfi lmfestivals Tegernsee) – wenn er nicht<br />

gerade als Schlichter (Stuttgart 21), Buchautor<br />

oder Vortragsreisender tätig ist. Geißler ist seit<br />

1962 verheiratet und Vater von drei Söhnen.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 51


Fotos: privat<br />

Zum 80. noch<br />

mal eine Lieblingstour:<br />

am<br />

Westgrat der<br />

Köllenspitze,<br />

Tannheimer<br />

Alpen<br />

Wie gehen Sie mit der Aussicht um, dass<br />

es Sie in den nächsten Jahren irgendwann<br />

einmal so zwickt und zwackt, dass Sie nicht<br />

mehr in die Berge können?<br />

Dieser Perspektive begegne ich damit, dass<br />

ich alles mache, damit dieses Ereignis nicht<br />

eintritt. Ich habe mit mir selbst einen Pakt<br />

abgeschlossen, eine Agenda 102.<br />

Und was besagt Ihre Agenda?<br />

In meinem Garten steht ein Kirschbaum,<br />

der blüht jedes Jahr wunderbar. Mir kam<br />

der Gedanke, wie oft ich wohl diesen Kirschbaum<br />

noch würde blühen sehen. Viermal<br />

oder fünfmal? Da kann einen tiefe Traurigkeit<br />

überfallen. Ich habe deshalb einen<br />

Pakt mit mir selbst geschlossen. Mein Herz,<br />

meine Leber, meine Nieren und meine Lunge<br />

sind meine Freunde. Ich mache sie nicht<br />

kaputt, sondern behandle sie so, dass sie<br />

meine Freunde bleiben können. Wenn ich<br />

mit ihnen die Agenda 102 abschließe, ist<br />

das mögliche Ende relativ weit weg, und es<br />

muss mich nicht weiter beschäftigen.<br />

Hört sich nach Verdrängung an.<br />

Ich gebe zu, es ist eine etwas fantasievolle<br />

Konstruktion, aber sie hilft mir. Sie verschafft<br />

mir die Gewissheit, dass ich die Möglichkeit,<br />

weiter in die Berge zu geben, auch<br />

selbst in der Hand habe. Wenn man 82 ist,<br />

sagen viele, sie befänden sich auf der Zielgeraden.<br />

Das Ende sei absehbar und komme<br />

irgendwie, überfalle einen sozusagen.<br />

Diesem Ausgeliefertsein, dem können Sie<br />

begegnen. Mit dem Pakt. Ob es funktioniert,<br />

weiß ich natürlich auch nicht.<br />

Nehmen Sie Stöcke beim Bergwandern?<br />

Bergauf nehme ich Stöcke.<br />

Und runter nicht? Haben Sie keinerlei Knieprobleme?<br />

Nein, runter nicht. Ich habe keine Knieschmerzen.<br />

Und das, obwohl mir schon<br />

»Der Kapitalismus<br />

ist eine Form des Neofeudalismus.<br />

Im Grunde<br />

brauchen wir genau wie<br />

vor 250 Jahren eine<br />

Aufklärung und möglicherweise<br />

eine Revolution.<br />

«<br />

1979 links und rechts der Meniskus herausgeholt<br />

wurde. Der Oberarzt im Ulmer<br />

Krankenhaus sagte zu mir: »Jetzt sind Sie<br />

erledigt. Sie sind 50 Jahre alt, sie werden<br />

Arthrose bekommen und bald nicht mehr<br />

richtig gehen können.« Der Knieschneider<br />

dagegen, der damals auch für den 1. FC<br />

Köln tätig war, sagte: »Glauben Sie das ja<br />

nicht! Machen Sie weiter wie bisher! Auch<br />

wenn’s weh tut.« Denn erstens würden die<br />

Muskeln das Fehlen des Meniskus’ kompensieren,<br />

außerdem würde sich wieder<br />

Knorpelmasse bilden. Ich hielt mich eisern<br />

daran. Deshalb kann ich bis heute rennen.<br />

Und ich habe nirgendwo Arthrose.<br />

Sie waren von 1982 bis 1985 Bundesgesundheitsminister.<br />

Haben Sie damals eigene<br />

Erfahrungen mit Ärzten in Ihre Politik mit<br />

eingebracht?<br />

Sicher. Gerade als es um die Frage ging, ob<br />

alte Leute Sport machen dürfen. Es hieß zu<br />

der Zeit immer: Fragen Sie zuerst den Arzt.<br />

Das ist das Dümmste, was man machen<br />

kann! Die Ärzte werden natürlich sagen:<br />

Besser nicht – damit sie nicht verantwortlich<br />

sind, wenn etwas schiefgeht.<br />

Das Gegenteil ist aber richtig.<br />

Wenn einer noch nie Sport<br />

getrieben hat, kann er mit<br />

60 immer noch anfangen.<br />

Natürlich schön langsam.<br />

Es ist ein großer<br />

Irrtum unserer Ärzte,<br />

wenn sie sagen: Strengen<br />

Sie sich ja nicht<br />

an. Doch, man muss<br />

sich anstrengen!<br />

Nicht überanstrengen,<br />

klar. Aber<br />

es muss<br />

e i n e m<br />

schwerfallen.<br />

Weil der Mensch zur Bequemlichkeit neigt?<br />

Sport, auch das Bergsteigen, fordert auch<br />

geistige, charakterliche Kraft. Man muss<br />

sich überwinden. Ich bin immer gelaufen,<br />

auch wenn es Katzen hagelte, wie man im<br />

Schwäbischen sagt. Zum Entsetzen meines<br />

Büros. Sobald man anfängt, eine bestimmte<br />

Grenze zu setzen, wenn das Wetter so oder<br />

so ist, hat man schnell eine Ausrede parat.<br />

Was tun Sie als Bergbegeisterter für die<br />

Berge?<br />

Ich bin Ehrenvorsitzender des Kuratoriums<br />

Sport und Natur. Ich habe dieses Kuratorium<br />

vor 20 Jahren zusammen mit<br />

dem früheren Vorsitzenden des Deutschen<br />

Alpenvereins, Fritz März, begründet. Wir<br />

erreichten, dass im neuen Bundesnaturschutzgesetz<br />

– das ist schon ein paar Jahre<br />

her – der Natursport als Teil des Naturerlebnisses<br />

anerkannt worden ist. Das beinhaltet,<br />

dass die Natur nicht nur ökonomischen<br />

oder kulturellen Interessen zu dienen<br />

hat, sondern auch den sportlichen Interessen<br />

der Menschen. Uns gelang es, aus den<br />

früheren Konkurrenten Naturschützer und<br />

Natursportler Verbündete zu machen.<br />

Sie sind inzwischen Attac-Mitglied und fordern<br />

eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung.<br />

Die Kapitalinteressen haben der Natur und<br />

den Menschen zu dienen. Leider ist heute<br />

das Gegenteil der Fall: Die Kapitalinteressen<br />

beherrschen die Menschen und die Natur<br />

– global und regional. Das ist die perverse<br />

ökologische Situation, in der wir uns<br />

befinden. Die muss durch eine<br />

neue Weltwirtschaftsordnung<br />

geändert werden. Das heutige<br />

System läuft auf Vernichtung<br />

hinaus. Der Kapitalismus ist<br />

eine Form des Neofeudalismus.<br />

Im Grunde brauchen<br />

wir genau wie vor 250<br />

Jahren eine Aufklärung<br />

und möglicherweise<br />

eine Revolution. Und<br />

wenn sich die Situation<br />

nicht ändert,<br />

wird die Revolution<br />

auch<br />

kommen. ◀<br />

52 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


KOLUMNE<br />

Spendierhosen<br />

Sich auf Land und Leute einlassen, auf übertriebenen<br />

Luxus verzichten, regionale Projekte unterstützen –<br />

das ist gut für das Gewissen des Trekkingreisenden.<br />

Aber ist es das auch für die Einheimischen?<br />

Fünf oder sechs Jahre alt dürften sie<br />

sein, die drei kleinen Nepalesen. Sie<br />

stehen da, lachen mich an – und<br />

mir wird ganz mulmig.<br />

Es ist kurz vor sieben Uhr morgens an einem<br />

Tag Ende November in Tipling. Die Nächte<br />

sind jetzt schon recht kühl im Himalaya.<br />

Wenn man im Zelt schläft. Während tagsüber<br />

in der Sonne angenehme 20 Grad den<br />

Körper wärmen und die Seele streicheln,<br />

sackt das Thermometer nachts auf unter<br />

Null. Der Boden ist morgens gefroren, das<br />

Zelt von einer Schicht aus Raureif überzogen.<br />

Die Sonne wird das Dorf im Schatten eines<br />

Bergrückens erst gegen acht Uhr erreichen.<br />

Man würde also nur sehr ungern barfuß und<br />

mit nackten Beinen herumlaufen. So, wie<br />

die drei Kinder, die vor mir stehen und lächeln.<br />

Wir sagen nichts und betrachten uns.<br />

Die zwei Jungs tragen Stoffhosen und offene<br />

Plastikschuhe, das Mädchen T-Shirt, Pullover<br />

und einen Rock, der bis zur Wade reicht. Aus<br />

ihm ragen zwei nackte Beine heraus, die Füße<br />

stecken in Flipflops und leider sehe ich<br />

auch, dass die Kleine keine Unterwäsche<br />

trägt. Denn ihr Rock ist hinten zerrissen.<br />

Geste oder Affront?<br />

Hier stehe ich nun mit meinen Goretex-Stiefeln,<br />

Trekkinghose und Daunenjacke und<br />

komme mir verdammt eigenartig vor. Vor<br />

wenigen Minuten hatte ich mich noch selbst<br />

gelobt, dass ich mich nach der langen Etappe<br />

des Vortages so fit fühle, eine weitere kalte<br />

Nacht überstanden habe und das Abenteuer<br />

genießen kann, entlegene Bergdörfer Nepals<br />

kennenzulernen. Jetzt fühle ich mich peinlich<br />

berührt. Ein Gedanke, der seit Tagen im<br />

Kopf herumspukt, drängt sich in den Vordergrund:<br />

Was machen wir hier eigentlich?<br />

Am Vorabend haben wir aus der Gruppenkasse<br />

Geld gespendet für die Schule; der<br />

Bauer, auf dessen Feld wir unsere Zelte aufgeschlagen<br />

haben, hat ebenfalls ein paar Rupien<br />

bekommen. Aber tun wir den Menschen<br />

hier einen Gefallen damit, dass wir ein paar<br />

Kröten dalassen, während wir, ausgerüstet<br />

wie Außerirdische, unsere Geste selbst verhöhnen?<br />

Wird das Mädchen je etwas davon<br />

haben, dass Menschen wie wir vorbeikommen?<br />

Oder wird es nur irgendwann merken,<br />

dass es nicht überall als normal gilt, einen<br />

zerrissenen Rock zu tragen? Möchte man ihr<br />

von Herzen wünschen, dass eine Straße in<br />

ihr Dorf führte, dass sie Fernsehen hätte und<br />

ein Handy? Und, ganz ehrlich, würden wir<br />

Trekkingtouristen uns wünschen, dass ursprüngliche<br />

Orte wie dieser verschwänden?<br />

Fortschritt, aber wohin?<br />

Viele Gespräche mit Nepalesen haben bis<br />

heute zu keiner Antwort geführt. Sie sagen,<br />

Fortschritt sei wichtig, sanft betrieben mit<br />

Reisenden, wie wir es sind. Sie sagen, sie<br />

wollten es besser machen als andere Regionen.<br />

Sie wollten sich selbst nicht verkaufen.<br />

Ein schöner Gedanke. Dumm nur, dass mehr<br />

Touristen mehr Flüge bedeuten. Mehr Klimaerwärmung,<br />

weniger Gletscher. Weniger<br />

Attraktion für Bergtouristen.<br />

Ich betrachte die Kinder und lächle zurück.<br />

Freundlich, aber vor allem ratlos. ◀<br />

Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />

Sandra Zistl<br />

ist im bayerischen Oberland<br />

an und mit den Bergen<br />

aufgewachsen. Sie arbeitet als<br />

freie Journalistin und Autorin<br />

für verschiedene Zeitungen<br />

und Magazine. Die 33-Jährige<br />

schreibt im Wechsel mit Axel<br />

Klemmer, Caroline Fink und<br />

Eugen E. Hüsler über das aktuelle<br />

Geschehen in den Bergen.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 53


TIPP<br />

12 Tourenkarten zum Mitnehmen<br />

Die besten Touren aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/13<br />

Urner, Stubaier und Berchtesgadener<br />

Alpen, Allgäuer Voralpen, Fanesgruppe<br />

Abtrennen<br />

Falten<br />

Einstecken<br />

1 Voralphütte, lange, 4 Alpseeblick, unschwierige<br />

5 Spieser, abwechslungsreiche<br />

9 Wildes Hinterbergl,<br />

10 Östl. Seespitze,<br />

11 Salzb. Hochthron,<br />

klettersteigartige Alpinroute<br />

Rundtour mit<br />

Bademöglichkeit<br />

Tour mit<br />

südseitigem Aufstieg toller Skigipfel<br />

mit Klettereinlage<br />

rassige Gletschertour<br />

für Abfahrtskönner<br />

lange Bergtour mit spektakulären<br />

Passagen<br />

2 Chelenalphütte,<br />

3 Göscheneralp,<br />

6 Grünten, aussichtsreicher<br />

7 Heiligkreuzkofel, 8 Monte Castello, Genusstour<br />

raue Höhenwege mit<br />

steilen Passagen<br />

anspruchsvoller Übergang<br />

für Bergerfahrene Gipfel<br />

mit markierten Wegen<br />

lange Skitour über die<br />

Fanes-Hochfläche<br />

mit nordseiti-<br />

ger Pulverschneeabfahrt<br />

12 Hirschangerkopf,<br />

einsame Wanderung<br />

meist im Wald<br />

GPS-Daten als Download unter www.bergsteiger.de, falls vorhanden<br />

Tourenart<br />

Schwierigkeit<br />

Wandern Klettern Klettersteig Hochtour Skitour<br />

Blau: leicht Rot: mittel Schwarz: schwierig


TIPP<br />

Urner Alpen Torbrücke/Ulmi – Salbithütte – Voralphütte (1. Etappe)<br />

1<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

TIPP<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

Der Salbit-Höhenweg mit Clou<br />

Die Göschener Hüttenrunde beginnt mit einem Aufstieg zur Salbithütte und zieht beim Übergang<br />

ins Voralptal bereits alle Register. Filetstück ist die Traverse des Salbitschijen, die mithilfe einer<br />

spektakulären Hängebrücke und luftigen Klettersteigabschnitten gelingt.<br />

1600 Hm | 7 Std. bis zur Salbithütte), 670 Hm Abstieg<br />

Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />

Bergausrüstung für Mehrtagetouren,<br />

Klettersteigsicherung<br />

ratsam<br />

Talort: Göschenen (1102 m), im Urner Reusstal<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz P1 »Torbrücke« (1195 m),<br />

bei Ulmi im Göschenertal<br />

Endpunkt: Voralphütte (2126 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />

Göschenen<br />

Gehzeiten: Aufstieg zur Salbithütte 2½ Std., Übergang<br />

zur Voralphütte 4½ Std.<br />

Höhenunterschied: 1600 Hm Aufstieg (davon 900 Hm<br />

Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />

bzw. 1:25 000, Blätter 1231 »Urseren« und 1211 »Meiental«;<br />

Mark Zahel »Hüttentreks Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />

Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />

Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />

Hütten: Salbithütte (2105 m), Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />

Tel. 00 41/41/8 85 14 31; Voralphütte (2126 m), Mitte Juni bis<br />

Ende September, Tel. 00 41/41/8 87 04 20<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Bis über die Salbithütte hinaus<br />

normaler Bergweg, anschließend anspruchsvolle Alpinroute mit<br />

klettersteigartigem Ausbau im Bereich einiger Schluchtrinnen<br />

(mindestens T4 nach SAC-Skala). Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />

obligatorisch. Auch konditionell fordernd, sofern man<br />

nicht zwischendurch in der Salbithütte nächtigt<br />

Urner Alpen Voralphütte – Bergseehütte – Chelenalphütte (2. Etappe)<br />

Steine, Steine, nochmals Steine<br />

Die beiden Halbetappen des zweiten Tages schneiden die Hänge des Hoch Horefellistock und Bergseeschijen.<br />

Granitene Traumlandschaften, wohin das Auge schaut! Das Blockwerk gehört allenthalben<br />

dazu und gestaltet die Höhenwege rau, aber auch herzhaft urtümlich.<br />

1020 Hm | 6½ Std.<br />

Bergausrüstung<br />

für Mehrtagetouren<br />

Talort: Göschenen (1106 m), im Urner Reusstal<br />

Ausgangspunkt: Voralphütte (2126 m)<br />

Endpunkt: Chelenalphütte (2350 m)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />

Göschenen bis zur Endstation auf der Göscheneralp<br />

Gehzeiten: Voralphütte – Bergseehütte 3½ Std. –<br />

Chelenalphütte 3 Std.<br />

Höhenunterschied: 1020 Hm Aufstieg, 800 Hm<br />

Abstieg<br />

Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />

Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />

bzw. 1:25 000, Blätter 1231 »Urseren« und 1211 »Meiental«;<br />

Mark Zahel »Hüttentreks Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />

Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />

Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />

Hütten: Voralphütte (2126 m), Mitte Juni bis Ende September,<br />

Tel. 00 41/41/8 87 04 20; Bergseehütte (2370 m), Anf. Juni bis<br />

Ende Oktober, Tel. 00 41/41/8 85 14 35; Chelenalphütte (2350<br />

m), Mitte Juni bis Mitte Oktober, Tel. 00 41/41/ 885 19 30<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Blau-weiß bezeichnete alpine<br />

Routen entlang blockreicher Flanken und Geländeterrassen,<br />

die bei mangelnder Trittsicherheit wesentlich längere Gehzeiten<br />

verursachen können. Gesicherte Steilpassagen an der Bergseelücke<br />

(Schlüsselstelle, T4) sowie kurz vor der Chelenalphütte. Die<br />

anstrengende Etappe kann wiederum aufgeteilt werden.<br />

2<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />

TIPP<br />

Urner Alpen Chelenalphütte – Dammahütte – Göscheneralp (3. Etappe)<br />

3<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

Abenteuer Granit zum Dritten<br />

Der Übergang zwischen Chelenalp- und Dammahütte wird, obwohl ebenfalls ausreichend markiert,<br />

seltener begangen. Wer das Bisherige tadellos gemeistert hat, braucht aber auch vor der kniffligen<br />

Traverse des Moosstocks nicht zurückschrecken und wird fantastische Eindrücke sammeln.<br />

750 Hm | 5½ Std.<br />

Bergausrüstung<br />

für Mehrtagetouren<br />

Talort: Göschenen (1106 m), im Urner Reusstal<br />

Ausgangspunkt: Chelenalphütte (2350 m)<br />

Endpunkt: Hotel Dammagletscher (1783 m) auf der<br />

Göscheneralp<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />

Göschenen bis zur Endstation auf der Göscheneralp<br />

Gehzeiten: Chelenalphütte – Dammahütte 3½ Std. –<br />

Göscheneralp 2 Std.<br />

Höheunterschied: 750 Hm Aufstieg, 1320 Hm Abstieg<br />

Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />

Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />

bzw. 1:25 000, Blatt 1231 »Urseren«; Mark Zahel »Hüttentreks<br />

Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />

Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />

Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />

Hütten: Chelenalphütte (2350 m), Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />

Tel. 00 41/41/8 85 19 30; Dammahütte (2439 m), Anfang Juli<br />

bis Ende September, Tel. 00 41/41/8 85 17 81<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Zwischen Chelenalptal und<br />

Dammahütte alpine Route (blau-weiß, T4) durch steile, bewachsene<br />

Plattenzonen und teils abschüssige Block- und Schutthänge,<br />

einige Passagen gesichert. Problematisch kann das Kreuzen<br />

des Rötifi rn-Abfl usses werden, falls weiterhin ohne Brücke.<br />

Beginn der Etappe und Abschluss ab Dammahütte verlaufen auf<br />

gewöhnlichen Bergwegen. Insgesamt nur für Bergerfahrene<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen


TIPP<br />

Urner Alpen Torbrücke/Ulmi – Salbithütte – Voralphütte (1. Etappe)<br />

TIPP<br />

<br />

<br />

Urner Alpen Voralphütte – Bergseehütte – Chelenalphütte (2. Etappe)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Aufstieg zur Salbithütte: Vom Hüttenparkplatz bei der<br />

»Torbrücke« sogleich kräftig bergauf und mehrheitlich durch<br />

Wald nach Regliberg (1680 m; Einkehr). Dann im Zickzack<br />

bald auf die freien, nur mit Zwergsträuchern bewachsenen<br />

Hänge der Trögengand und links haltend an Hochmulden<br />

vorbei zur Salbithütte<br />

Salbithütte – Voralphütte: Der von nun an blau-weiß<br />

markierte Höhenweg führt in westlicher Richtung weiter durch<br />

das hier vorerst eher sanfte Mattengelände und schließt nach<br />

minimalem Höhenverlust allmählich bis unter die steileren<br />

Zonen am Salbitschijen auf. Mithilfe einer kleinen Leiter wird<br />

eine Kante passiert, ehe ein Grasband hoch über den Abbrüchen<br />

ins Voralptal zur Hängebrücke führt. Diese überspannt<br />

auf einer Breite von 90 Metern das grimmige Mittwaldcouloir,<br />

das früher auf dem sogenannten »Kettenweg« sehr<br />

abenteuerlich und schwierig traversiert werden musste. Die<br />

Begradigung (und alpintechnische Entschärfung) über die<br />

Hängebrücke ist dagegen ein kurzer Spaß, der keine Bedenken<br />

auslösen muss. Gleich im Anschluss hilft eine Leiter über<br />

eine plattige Felsstufe hinweg, bevor es über Blockfelder fast<br />

horizontal zum Salbitschijenbiwak (2400 m) hinübergeht.<br />

Von dort verliert man wieder ein paar Höhenmeter und biegt<br />

dann in die Spicherribichelen ein. Drahtseile und eine Leiter<br />

erleichtern den ausgesetzten Abstieg in den Grund der<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Schluchtrinne, die von losem Schotter angefüllt ist. Auf der<br />

Gegenseite mit gesichertem Quergang zu der fast 50 Meter<br />

messenden Leiter. Man steigt auf eine Hangterrasse aus, wo<br />

sich der Pfad bis zum Horefelliboden (ca. 2540 m) noch ein<br />

gutes Stück aufwärtswindet. Das ermöglicht, im weiteren Verlauf<br />

an einem weiteren Einriss problemlos oberhalb vorbeizukommen.<br />

Mit ständigem Blick auf das formgewaltige Sustenhorn<br />

setzt man die Route nordwestwärts fort, verliert über<br />

grasige Terrassen allmählich wieder an Höhe und gelangt<br />

zur Gabelung mit dem »Panoramaweg Flecki«. Schließlich in<br />

steileren Windungen hinab zur Voralphütte<br />

Mark Zahel<br />

<br />

<br />

<br />

Voralphütte – Bergseehütte: Zunächst südwärts zur<br />

Voralpreuss absteigen; den Hüttenweg verlassen und mit<br />

der blau-weißen Markierung auf die andere Bachseite. Bald<br />

darauf kräftig in die Höhe. Auf Brücke über den Schiessend<br />

Bach. Gleich danach um einen Moränenrücken in eine Hangmulde<br />

und in dieser weiter aufwärts. Über schrofi g-erdigen<br />

Untergrund zuletzt recht steil zum Überstieg in der Lücke<br />

knapp neben dem Horefellistock (2581 m). Drüben ein paar<br />

Meter abwärts in die folgende seichte Geländebucht, wo es<br />

über Grasfl ecken, Blockschutt und typische Gletscherschliffe<br />

weitergeht. Deutlich beschwerlicher wird es in den ausgedehnten<br />

groben Blockfeldern, die zur Bergseelücke (2600<br />

m) emporleiten. Der jenseitige plattige Felsriegel ist die<br />

schwierigste Stelle der Etappe, jedoch klettersteigartig entschärft<br />

und eher kurz. Dann folgen bergab durch Karmulden<br />

bis zur Bergseehütte (2370 m) wieder die obligatorischen<br />

Blockfelder.<br />

Bergseehütte – Chelenalphütte: Südlich am Bergsee<br />

vorbei und der nach wie vor blau-weißen Leitlinie etwas<br />

ansteigend in die Vorder Mur folgen. Weithin herrscht wieder<br />

typisches Blockgestein vor, doch präsentiert sich die Geländeterrasse<br />

davon abgesehen als gutmütig, d.h. wenig ausgesetzt.<br />

Um eine Hangkante unterhalb des Hoch Horefellistock<br />

wechselt man in die ausgedehntere Hinter Mur, wo neben<br />

Schutt und Blöcken auch einige Schliffrücken sowie ab und<br />

zu Bäche zu queren sind (Vorsicht bei starkem Wasseraufkommen;<br />

einmal mit Brücke). Nachdem die Route lange Zeit<br />

mit geringen Höhenunterschieden die Flanken geschnitten<br />

hat, trifft man schließlich auf das steilere Schlussstück zur<br />

Chelenalphütte: gut 200 Höhenmeter bergab, zwischendurch<br />

über einen felsigen Riegel auch mit Ketten gesichert<br />

Mark Zahel<br />

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Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />

TIPP<br />

Urner Alpen Chelenalphütte – Dammahütte – Göscheneralp (3. Etappe)<br />

Chelenalphütte – Dammahütte: Von der Chelenalphütte<br />

anfangs auf dem üblichen, gut ausgebauten Hüttenweg abwärts<br />

in die Sohle des Hochtals und dort fl ach hinaus Richtung<br />

Hinter Röti (1925 m). Unmittelbar dahinter Hinweis auf<br />

die Dammahütte. Die blau-weiße Markierung leitet zur soliden<br />

Brücke über die Chelenreuss und durch verwachsenes<br />

Terrain zum Abfl uss des Rötifi rns. Die beste Möglichkeit zur<br />

Überquerung bietet sich wahrscheinlich nahe der Mündung<br />

in die Chelenreuss (keine Garantie!). Weiter oben liegen die<br />

Blöcke jedenfalls oft zu weit auseinander, zumal die Gischt<br />

sehr reißend sein kann. Falls die Traverse gelungen ist, spürt<br />

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man durch Erlengebüsch wieder die Markierung auf und folgt<br />

ihr in die steileren Plattenzonen hinauf. Diese sind ebenfalls<br />

bewachsen und können auf ihren Absätzen gut durchstiegen<br />

werden. Nach kurzer Linkstraverse nochmals steil gegen den<br />

Moosstock empor, bevor auf ca. 2400 m die lange Querung<br />

durch abschüssige Schutthänge ansetzt. Dank der passablen<br />

Pfadspur ist diese zunächst nicht schwierig. Später wird es<br />

jedoch kniffl iger, wenn man an einem Plattenriegel entlang<br />

nochmals 100 Höhenmeter verliert, rechts um eine Kante<br />

biegt und neben einem Couloir steil aufwärts kraxelt (teilweise<br />

Sicherungen). Zu einer markanten Verfl achung und<br />

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kurz darauf zur kleinen Dammahütte (2439 m).<br />

Abstieg zur Göscheneralp: Der gut ausgebaute Hüttenweg<br />

führt zuerst südwärts, dann mehr nach Osten hinunter<br />

zur Dammareuss, die bei P. 1967 überschritten wird. Anschließend<br />

quert man auf längerem Stück den Nordhang<br />

über dem Göscheneralpsee, wobei sich anfangs eine Gegensteigung<br />

von etwa 70 Hm und später noch einige minimale<br />

dazwischenschalten. Bei P. 1927 (Älpergen) zweigt derweil<br />

der Übergang zur Albert-Heim-Hütte ab. Zum Staudamm hinab,<br />

auf seine gegenüberliegende Seite und zum Hotel Dammagletscher<br />

(Postautohaltestelle)<br />

Mark Zahel<br />

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Panorama: www.peakfinder.org


TIPP<br />

Allgäuer Voralpen Alpseeblick (1040 m)<br />

4<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

TIPP<br />

Wandern, Schauen und Baden, wie es besser nicht geht<br />

Der Alpsee bei Immenstadt ist auch als Start für eine großartige<br />

Rundtour bestens geeignet: Die abwechslungsreiche Wanderung<br />

über die urige Siedelalpe zum Alpseeblick lässt keine Wünsche offen.<br />

Im Hochsommer schließt natürlich ein Badenachmittag diesen tollen<br />

Tagesausflug ab.<br />

350 Hm | 4 Std.<br />

normale<br />

Wanderausrüstung<br />

Talort: Immenstadt (728 m)<br />

Ausgangspunkt: Wanderparkplatz am Nordostufer des<br />

Alpsees (725 m)<br />

Gehzeiten: Alpsee – Siedelalpe 1¾ Std. Siedelalpe –<br />

Alpseeblick ¾ Std., Alpseeblick – Alpsee 1½ Std.<br />

Beste Jahreszeit: April bis Oktober<br />

Allgäuer Voralpen Spieser (1651 m)<br />

Almwiesen, Gipfelkämme und Traumblicke<br />

hoch über Hindelang<br />

Dank des hochgelegenen Ausgangspunktes bietet der Spieser ein<br />

extrem günstiges »Preis-Leistungs-Verhältnis«, was den grandiosen<br />

Bergblick in Bezug auf die zu bewältigenden Aufstiegsmeter angeht.<br />

Ferner wandert man auf sehr schönen und landschaftlich abwechslungsreichen<br />

Bergwegen.<br />

650 Hm | 4 Std.<br />

Karte: Bayer. Landesvermessungsamt, 1:50 000, UK L 8<br />

»Allgäuer Alpen«<br />

Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />

Fremdenverkehrsamt: Gästeinformation Immenstadt,<br />

Tel. 0 83 23/99 88 77, E-Mail: info@immenstadt.de<br />

Einkehr: Siedelalpe, Pfarralpe, Alpe Schönesreuth; alle von<br />

Mitte Mai bis Mitte/Ende Oktober geöffnet<br />

Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche und sehr<br />

aussichtsreiche Rundtour mit netten Einkehrmöglichkeiten.<br />

Nur ganz am Anfang ist ein steilerer Anstieg zu meistern<br />

5<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />

Talort: Bad Hindelang (820 m)<br />

Ausgangspunkt: Großparkplatz Oberjoch (1140 m,<br />

gebührenpfl ichtig)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug nach Sonthofen<br />

und weiter mit Bus 9748 zum Oberjoch<br />

Höhenunterschied: 650 Hm<br />

Gehzeiten: Oberjoch – Spieser 2 Std., Spieser – Hirschberg<br />

1 Std., Hirschberg – Oberjoch 1 Std.<br />

Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />

Karte: Kompass, 1:50 000, Blatt 3 »Allgäuer Alpen«<br />

Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />

Fremdenverkehrsamt: Fremdenverkehrsamt Bad Hindelang,<br />

Tel. 0 83 24/89 20, info@hindelang.net<br />

Hütte: direkt am Weg keine Einkehrmöglichkeit<br />

Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche Rundtour<br />

mit traumhaften Ausblicken. Meist freies, südseitiges<br />

Gelände (Sonnenschutz im Sommer!). Zum Abschluss empfi<br />

ehlt sich der Aussichtspunkt am Hirschberg.<br />

TIPP<br />

Allgäuer Voralpen Grünten (1738 m)<br />

6<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />

Zum »Wächter des Allgäus« und in eine beeindruckende Wildbachschlucht<br />

Starzlachklamm und Grünten bilden zwei besonders schöne Bergziele, die sich ideal miteinander<br />

kombinieren lassen. Auf der beschriebenen Rundtour können trittsichere Wanderer beim Anstieg<br />

das Burgberger Hörnle mitnehmen.<br />

1000 Hm/250 Hm | 5½ Std.<br />

normale<br />

Bergwanderausrüstung<br />

Talort: Sonthofen (743 m)<br />

Ausgangspunkt: Wanderparkplatz im Ortsteil Winkel<br />

(760 m, gebührenpfl ichtig)<br />

Gehzeiten: Winkel – Burgberger Hörnle 2¼ Std., Burgberger<br />

Hörnle – Grünten 1 Std., Grünten – Winkel 2¼ Std.<br />

Höhenunterschied: 1000 Hm bzw. 250 Hm (nur Starzlachklamm<br />

zur Alpe Topfen)<br />

Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />

Karte: Bayer. Landesvermessungsamt, 1:50 000, UK L 8<br />

»Allgäuer Alpen«<br />

Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />

Fremdenverkehrsamt: Gästeamt Sonthofen,<br />

Tel. 0 83 21/6 15-2 91, E-Mail: gaesteinfo@sonthofen.de<br />

Hütten: Grüntenhaus (1535 m), Alpe Obere Schwand (1330<br />

m), Alpe Topfen (1030 m); alle drei täglich von Mai bis Oktober<br />

geöffnet<br />

Charakter/Schwierigkeit: Tolle Rundtour auf den besten Allgäuer<br />

Aussichtsgipfel. Der Anstieg zum Burgberger Hörnle ist teils<br />

steil und man muss ein paarmal die Hände zu Hilfe nehmen.<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen


TIPP<br />

Allgäuer Voralpen Alpseeblick (1040 m)<br />

TIPP<br />

Wegverlauf: Kurz vor dem zweiten Parkplatz des Freibads<br />

in Höhe der Bahnunterführung dem Wegweiser »Zaumberg«<br />

nach Norden folgen und auf gutem Fußweg steiler bergan.<br />

Nach einem kurzen Waldstück fl acher und zwischen Wiesen<br />

auf den kleinen Ort Zaumberg zu. Dort nach links und vor<br />

einem Brunnen wieder nach rechts. Nun immer der Beschilderung<br />

»Siedelalpe« folgen. An einem letzten Hof vorbei und<br />

auf breitem Weg in den Wald hinein. Dieser führt nun immer<br />

leicht ansteigend mal durch Waldstücke, mal entlang von<br />

Almwiesen erst nach Nordwesten, dann nach Westen weiter.<br />

Alle Abzweigungen werden ignoriert. Hinter einem Gatter<br />

zu Kuhweide; auf einem Wiesenpfad über die Weide und zu<br />

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Allgäuer Voralpen Spieser (1651 m)<br />

Wegverlauf: Vom Parkplatz auf der Hauptstraße nach<br />

Westen und über diese vor der großen Kirche. Auf der<br />

anderen Seite auf Fußweg (Schild »Hirschalpe«) zu einer<br />

Teerstraße, der man geradeaus folgt. Am Krankenhaus<br />

vorbei und in den Wald hinein. An einer Gabelung rechts<br />

Richtung »Ornach.« Immer dem Fahrweg folgend gewinnt<br />

man an Höhe. Der Wald wird lichter. Kurz vor Ende des<br />

Fahrwegs rechts ab in einen Bergweg. Über Wiesenhänge<br />

zunächst nach Westen, dann nach Osten angenehm bergan<br />

zu einem Holzkreuz. Kurz danach an einem Wegweiser mit<br />

Aufschrift »Ornachgipfel« vorbei (eher Bergsattel). Geradeaus<br />

weiter zu Geländekante und ein Stück steiler bergab. An<br />

Fahrweg. Diesem nach links zur Siedelalpe folgen. Rechts<br />

am Haus vorbei und nun der Beschilderung »Alpseeblick«<br />

folgend am Hang entlang nach Westen weiter. Leicht absteigend<br />

zu Waldrand, vor dem ein Wegweiser steht (von hier aus<br />

bester Abstieg zum See). Weiter dem Hauptweg in den Wald<br />

und an ein Hochmoor folgen. Wieder wechseln sich schöne<br />

Wald- und Wiesenpassagen ab, wobei es meist leicht bergan<br />

geht. Aus dem Wald heraus, auf einen breiteren Fahrweg und<br />

vor der Pfarralpe (rechts auf einem kleinen Hügel) an einem<br />

Wegweiser nach links abzweigen und über einen Pfad erst<br />

leicht bergab, dann bergan zu einem breiten Wiesenrücken<br />

hinauf, dem man nach links zum Alpseeblick folgt.<br />

<br />

Zu erwähnter Weggabelung zurück und nun entlang eines<br />

(je nach Höhe des Grases teils undeutlichen) Wiesenpfades<br />

nach Süden absteigen (Wegweiser »Alpe Schönesreuth«).<br />

Der Weg führt über diese weitere Einkehrmöglichkeit zu einer<br />

Fahrstraße, über die man den Weiler Trieblings erreicht. Dort<br />

überquert man mittels eines Bahnübergangs die Gleise zum<br />

Seeuferweg. Über diesen nach links, immer entlang des<br />

Alpsees zum Freibad Hauser, wo sich eine Bahnunterführung<br />

befi ndet, über die man die Parkplätze auf der anderen Seite<br />

der Gleise erreicht.<br />

Michael Pröttel<br />

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der nächsten Gabelung links und in ansteigender Querung<br />

auf einen Wiesensattel. Hier der Beschilderung »Spießer«<br />

folgen, über einen schönen Wiesenkamm, dann unterhalb<br />

einer Wiesenkuppe und schließlich auf dem Kamm zum<br />

Spießer. Vom Gipfelkreuz weiter nach Westen hinab (ab jetzt<br />

Beschilderung »Hirschberg«), wobei ein kurzer Grat und<br />

eine steinige Rinne etwas Trittsicherheit erfordern. Wieder<br />

fl acher in Wiesengelände und an der nächsten Gabelung<br />

weiter der Beschilderung »Hirschberg« folgen. Erst auf<br />

Wiesenpfad, dann auf Holzbohlenweg über eine teils mit<br />

lichtem Wald bewachsenen Feuchtwiese. Wieder im Wald<br />

absteigend zu einem Bergkessel. Über einen Bach und einem<br />

Fahrweg nach links folgen. Zunächst ansteigend, dann<br />

absteigend zur (unbewirteten) Klankhütte. Hinter dieser auf<br />

Wiesenpfad gerade nach Süden bergan zum Hirschberg.<br />

Noch ein Stück nach Süden bergab und an der nächsten<br />

Gabelung links. Mal fl acher, mal steiler nach Osten hinab<br />

zu einem Bach und über eine Brücke. Wieder ansteigend zu<br />

Forststraße, der man nach links folgt, bis zu Teerweg. Diesem<br />

ein Stück bergab folgen und ihn an der nächsten Kehre<br />

geradeaus verlassen (Schild Oberjoch). Zuletzt auf einer<br />

aussichtsreichen Querung über den sogenannten Ifenblick<br />

nach Oberjoch<br />

Michael Pröttel<br />

Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />

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TIPP<br />

Allgäuer Voralpen Grünten (1738 m)<br />

Aufstieg: Vom Parkplatz fl ußaufwärts und gleich hinter der<br />

Brücke nach links. Der Weg begleitet kurz den Fluss und steigt<br />

dann im Wald steil nach rechts bergan. Bei einer Gabelung<br />

rechts. Der Anstieg erreicht eine Lichtung und wird fl acher.<br />

Am oberen Ende der Freifl äche in den Wald, wo bald ein<br />

Forstweg zu einer Teerstraße hinab führt. Dieser ein Stück<br />

lang absteigend nach links folgen. Bald von der Straße nach<br />

rechts abzweigen (Schild »Grüntenhaus 2 Std.«) und einem<br />

Fahrweg steiler bergan folgen (Abkürzungen auf Fußweg).<br />

Auf dem Fahrweg über Bach, ihm noch ein Stück folgen und<br />

dann beschildert nach rechts in schmäleren Weg abbiegen.<br />

Dann entweder gerade dem direkten Weg zum Grüntenhaus<br />

folgen oder das Burgberger Hörnle mitnehmen (gut markierter<br />

Anstieg über einen teils steilen und leicht ausgesetzten<br />

Steig). Hinter dem Gipfelkreuz kurz direkt am Felsgrat (Drahtseile),<br />

dann dem Bergkamm nach Osten folgend zu einem<br />

Wiesensattel, wo der Normalweg hinzustößt. In einer leicht<br />

ansteigenden Querung zum Grüntenhaus. Von hier aus auf<br />

Weg nach links wieder zum Bergkamm und zum Vorgipfel des<br />

Grünten hinauf. Kurz vor der Seilbahnstation Gabelung (Wegweiser<br />

»Alpe Schwande«; für den Abstieg merken). Zunächst<br />

aber noch links am Seilbahngebäude vorbei und immer dem<br />

breiten Bergrücken folgend zum Grünten-Gipfel (1738 m)<br />

Abstieg: Zurück zum Wegweiser und diesem folgend auf<br />

Bergrücken nach links. Der Rücken führt zu einem Sattel, wo<br />

man abermals nach links absteigt. Wieder steiler in Kehren<br />

zur Alpe Ober Schwand hinab. Ab hier besserer Weg und teils<br />

über Wiesen teils durch Wald zur Alpe Unter Schwand und zu<br />

einer Teerstraße hinab. Dieser ein gutes Stück nach rechts<br />

folgen und dann nach links beschildert zur »Alpe Topfen«<br />

abzweigen. Über einen Wiesenweg zur Alpe und dahinter<br />

(Beschilderung »Starzlachklamm«) über einen Fahrweg und<br />

abermals über eine Wiese zum Abstieg in die Starzlachklamm.<br />

Über viele Stufen und an Felswänden vorbei zum Beginn<br />

des Bachbettes. Hier nach rechts und nun immer dem<br />

beeindruckenden Klammsteg bis zur Klammeingangshütte<br />

folgen, wo man die Eintrittsgebühr (3 Euro) entrichten muss.<br />

Immer dem Bach folgend zurück zum Ausgangspunkt<br />

Michael Pröttel<br />

Panorama: www.peakfinder.org


TIPP<br />

Dolomiten/Fanesgruppe Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />

7<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

TIPP<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />

Langer, flacher Aufstieg in eindrücklicher Umgebung<br />

Die Skitour auf den Heiligkreuzkofel ist sicher nicht die rassigste im<br />

Gebiet. Wer aber die eigentümliche Landschaft der Fanes im sprichwörtlichen<br />

Sinne »erfahren« will, der wird bei der Überquerung der<br />

riesigen Hochfläche mit einzigartigen Eindrücken belohnt.<br />

1370 Hm | 8 Std.<br />

normale<br />

Skitourenausrüstung<br />

Talort: St. Vigil (1193 m).<br />

Ausgangspunkt: Pederü (1548 m), hierher auf der Straße<br />

von St. Vigil<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn bis Bruneck.<br />

Weiter mit Bus nach St. Vigil. Ab dort mit Taxi nach Pederü<br />

Gehzeiten: Hüttenzustieg 2 Std., Gipfelaufstieg 4 Std.,<br />

Abfahrt total 2 Std.<br />

Beste Jahreszeit: Januar bis April<br />

Karten/Führer: Tabacco, 1:25 000 »Wanderkarte Naturpark<br />

Fanes–Sennes–Prags Nr. 4«. Stefan Herbke »Dolomiten<br />

– Rother Skiführer«, Bergverlag Rother, Oberhaching 2013<br />

Informationen: Tourismusverein St. Vigil in Enneberg,<br />

Tel. 00 39/04 74/50 10 37, www.sanvigilio.com<br />

Hütten: Faneshütte (2060 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 97,<br />

Dolomiten/Fanesgruppe Monte Castello (2760 m)<br />

Ein wahrer Aussichtsbalkon gegenüber der Tofana<br />

Traumhafte Nordhänge führen durch das Zauberland des »weißen Tals« zum Fuße eines zackigen<br />

Kalkzahns. Der Castello ist zwar wahrlich nicht der höchste Gipfel im Rund. Dafür macht die Biwakhütte<br />

am Fuße der Felsen den Castello zu einem der beliebtesten Ziele der Umgebung.<br />

1330 Hm | 6½ Std.<br />

normale<br />

Skitourenausrüstung<br />

Talort: St. Vigil (1193 m).<br />

Ausgangspunkt: Pederü (1548 m), hierher auf der<br />

Straße von St. Vigil<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn bis Bruneck.<br />

Weiter mit Bus nach St. Vigil. Ab dort mit Taxi nach<br />

Pederü<br />

Gehzeiten: Hüttenzustieg 2 Std., Gipfelaufstieg 2½ Std.,<br />

Abfahrt total 2 Std.<br />

Beste Jahreszeit: Januar bis April<br />

Karten/Führer: Tabacco, 1:25 000 »Wanderkarte Naturpark<br />

Fanes–Sennes–Prags Nr. 4«. Stefan Herbke »Dolomiten – Rother<br />

Skiführer«, Bergverlag Rother, Oberhaching 2013<br />

Informationen: Tourismusverein St. Vigil in Enneberg,<br />

Tel. 00 39/04 74/50 10 37, www.sanvigilio.com<br />

Hütten: Faneshütte (2060 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 97,<br />

www.rifugiofanes.com<br />

Lavarellahütte (2042 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 79,<br />

www.lavarella.it<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Weil die Tour auch bei schwierigen<br />

Lawinenverhältnissen noch recht sicher ist, ist sie sehr<br />

beliebt. Zudem hält sich der Pulver in den nordseitigen Schneeschüsseln<br />

im Vallon Bianco meist recht lang. Die Route ist eine<br />

einfache Genusstour, die wenige Anforderungen verlangt.<br />

www.rifugiofanes.com; Lavarellahütte (2042 m),<br />

Tel. 00 39/04 74/50 10 79, www.lavarella.it<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Eher lange Tour mit manch<br />

fl acher Passage, einmal quer über die beeindruckende<br />

Hochfl äche, die das Herz der Fanesgruppe bildet. Außer am<br />

Gipfelaufbau sind die technischen Schwierigkeiten moderat.<br />

Vorsicht bei Nebel! Dann wird die Orientierung schwierig.<br />

8<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />

TIPP<br />

Stubaier Alpen Wildes Hinterbergl (3288) über Turmscharte<br />

9<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />

Wunderbarer Skigipfel mit kleiner Klettereinlage<br />

Weitgehend unproblematische Tour mit langem Anlauf durch das Alpeiner-Bach-Tal, bei der eine Kletterpassage<br />

an der mit Drahtseilen versicherten Turmscharte aufwartet. Bei einer möglichen Abfahrt<br />

über den Berglasferner besteht eine erhebliche Gefährdung durch Gletscherspalten.<br />

1140 Hm | 4½ Std.<br />

normale<br />

Skitourenausrüstung<br />

Talort: Neustift im Stubaital (994 m)<br />

Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte (2149 m)<br />

Anreise: Über die Inntalautobahn in das Stubaital<br />

und weiter nach Neustift (gebührenpfl ichtig) und den<br />

Weiler Seduck (1472 m). Dort kostenlose, jedoch eingeschränkte<br />

Parkmöglichkeiten. Anreise mit Bahn (über<br />

Innsbruck nach Fulpmes), Bus nach Neustift-Milders und<br />

schließlich Taxi wird empfohlen<br />

Gehzeiten: Hüttenzustieg 2½ Std.; 4–5 Std. zum Gipfel<br />

Beste Jahreszeit: Ende Februar bis Anfang Mai<br />

Karte: AV, 1:25 000, Nr. 31/1 »Stubaier Alpen/Hochstubai«<br />

Führer: M. Pröttel »Die schönsten Skitourenhütten«, Bruckmann<br />

Verlag, München 2007<br />

Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Stubai Tirol, Dorf 3,<br />

A-6167 Neustift im Stubaital, Tel. 00 43/50 18/8 10,<br />

www.stubai.at<br />

Hütte/Einkehr: Franz-Senn-Hütte (2149 m), OeAV, im Winter<br />

von Mitte Februar bis Anfang Mai bewirtschaftet, ca. 170 Schlafplätze,<br />

Tel. 00 43/52 26/22 18, www.franzsennhuette.at<br />

Charakter/Schwierigkeit: Nach langem Abschnitt zum<br />

Warmlaufen wird die Tour kontinuierlich steiler, ehe die Ski an der<br />

Turmscharte auf den Rucksack geschnallt werden. Bei entsprechender<br />

Routenführung ist die Spalten- und Lawinengefahr recht<br />

übersichtlich, wobei man sich nach der Turmscharte nicht zu weit<br />

links halten sollte. Vorsicht bei der Abfahrt über den Berglasferner!<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen


TIPP<br />

Dolomiten/Fanesgruppe Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />

TIPP<br />

Hüttenzustieg: Über die verschneite Fahrstraße (Rodelbahn)<br />

bis in die Ebene, in der Fanes- und Lavarellahütte liegen<br />

(2 Std.)<br />

Gipfelaufstieg: Von der Lavarellahütte westwärts über<br />

Brücklein in das enge Bachbett hinein. In diesem weiter<br />

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Dolomiten/Fanesgruppe Monte Castello (2760 m)<br />

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Hüttenzustieg: Über die verschneite Fahrstraße (Rodelbahn)<br />

bis in die Ebene, in der Lavarella- und Faneshütte<br />

liegen (2 Std.)<br />

Gipfelaufstieg: Von der Faneshütte über das verschneite<br />

Sträßlein südostwärts gen Limojoch. An Kreuz und Bank<br />

vorbei, später leicht fallend ca. 100 Hm hinab zur Großen<br />

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hinauf durch erst engen, später lichteren Wald immer in<br />

Richtung Kreuzkofelscharte haltend. Das Gelände öffnet sich,<br />

manchmal werden Markierungen des Sommerweges sichtbar.<br />

Weiter durch diverse Senken und Gräben über die zerklüftete<br />

Hochfl äche. Von der Kreuzkofelscharte (2612 m) auf dem<br />

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Fanesalm (2102 m). Ab hier gen Süden und hinein in das<br />

Vallon Bianco. Eher rechts haltend durch das kupierte Gelände<br />

und das markante Blockgewirr unterhalb der Ostwände<br />

der Campestrinspitzen entlang. Der Felszahn des<br />

Monte Castello ist schon früh sichtbar und wird in einem<br />

großen Linksbogen schließlich über einen felsdurchsetzten<br />

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breiten Gratrücken nordwärts (bisweilen Wechtengefahr) zum<br />

Skidepot. Schließlich zu Fuß zum Gipfel (4 Std.)<br />

Abfahrt: Auf der gleichen Route (2 Std.)<br />

Folkert Lenz<br />

Steilhang erreicht. Am Fuß des felsigen Gipfelaufbaus versteckt<br />

sich das Bivacco della Pace (2760 m) (2½ Std.).<br />

Abfahrt: Durch das Vallon Bianco über die perfekten Pulverhänge<br />

zur Großen Fanesalm hinab. Kurzer Gegenanstieg<br />

zum Limojoch. Dann über Faneshütte und die Straße wie<br />

beim Aufstieg hinaus nach Pederü Folkert Lenz<br />

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Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />

TIPP<br />

Stubaier Alpen Wildes Hinterbergl (3288) über Turmscharte<br />

Aufstieg: Vom Skitourenstützpunkt Franz-Senn-Hütte dem<br />

recht fl achen Tal des Alpeiner Bachs in Richtung Südwesten<br />

folgen. Nach etwa einer Stunde und nur 150 Höhenmetern<br />

wird eine erste Steilstufe erreicht, an der man sich leicht links<br />

hält, um zu einem fl achen Plateau aufzusteigen. Diesem folgt<br />

man weiter in Richtung des markanten Gletscherbruchs des<br />

Alpeiner Ferner nach Südwesten. Auf 2700 Metern geht es<br />

scharf rechts zum Verborgenen-Berg-Ferner. Dessen nördlicher<br />

Rand eignet sich durch seine moderate Steilheit perfekt<br />

für den Marsch in Richtung Turmscharte (3126 m) zwischen<br />

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Vorderem und Wildem Turm. An der felsigen Turmscharte<br />

heißt es: Ski ab- und auf den Rucksack schnallen, um sich an<br />

den Fixseilen über die 40-Meter-Steilstufe hinüber zum Berglasferner<br />

zu hangeln. Auf der anderen Seite der Scharte geht<br />

es – wegen der Gefährdung durch Lawinen vom Hinteren Wilden<br />

Turm jedoch nicht zu weit links – in nordwestlicher Richtung<br />

weiter. So führt der Weg quer über den sanft ansteigenden,<br />

weitläufi gen Gletscher zum etwas unscheinbaren Felsgipfel<br />

des Wilden Hinterbergls.<br />

Abfahrt: Neben der Abfahrt entlang des Aufstiegswegs gibt<br />

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es noch eine weitere, lohnende Möglichkeit: über den Turmferner.<br />

Während der Abfahrt in Richtung Vorderen Turmferner<br />

rechts halten. Es folgt ein leichter, mit Skatingschritten zu bewältigender<br />

Anstieg. Nach der Abfahrt über den Turmferner<br />

nach rechts orientieren und schließlich über eine steile Rinne<br />

abfahren. Ist diese bewältigt, geht es links entlang der Seitenmoräne<br />

wieder ins Alpeiner-Bach-Tal. Auf den letzten steilen<br />

Metern am besten Schwung für den langen Auslauf bis<br />

zur Hütte holen.<br />

Dominik Prantl<br />

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Panorama: www.peakfinder.org


TIPP<br />

Stubaier Alpen Östliche Seespitze (3416 m), über Franz-Senn-Hütte<br />

10<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

TIPP<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

Gletscherflanke für Abfahrtskönner<br />

Die Östliche Seespitze gehört nicht zu den Skitourenklassikern der Alpen. Dafür ist sie auf den oberen<br />

250 Metern zu steil, bei Pulver evtl. lawinengefährdet und bei Firn ohne Harscheisen absturzgefährdet.<br />

Das Gipfelpanorama und die rassige Abfahrt lohnen den Aufstiegsschweiß aber allemal.<br />

1930 bzw. 1650 Hm | 2 Tage<br />

Skitourenausrüstung mit<br />

Harsch-/Steigeisen/Pickel,<br />

evtl. Gletscherausrüstung<br />

Talort: Neustift im Stubaital (993 m)<br />

Ausgangspunkt: kleiner Parkplatz in Seduk (1472 m)<br />

oder großer in Oberiss (1742 m; nur Frühjahr); evtl. Gh.<br />

Bärenbad oder gar Neustift-Milders (auf Hütte anrufen!)<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn nach<br />

Innsbruck, umsteigen in Stubaitalbahn nach Fulpmes und<br />

Bus nach Neustift-Milders. Taxi ins Oberbergtal oder bei<br />

Hüttenreservierung Abholung ausmachen<br />

Gehzeiten: Hüttenzustieg 3 bzw. 1½ Std., Gipfelaufstieg<br />

Berchtesgadener Alpen Salzburger Hochthron (1852 m)<br />

Unterwegs auf dem Weinsteig und dem Thomas-Eder-Steig<br />

Die Tour auf den Salzburger Hochthron ist lang, aber abwechslungsreich und bietet vor allem im<br />

Abstieg auf dem Toni-Lenz- und dem Thomas-Eder-Steig spektakuläre Passagen. Mit dem Besuch<br />

der Schellenberger Eishöhle ist ein ausgefülltes Tagesprogramm erreicht.<br />

1580 Hm | 6¾ Std.<br />

normale Wanderausrüstung;<br />

Stöcke empfehlenswert<br />

Talort: Grödig (450 m)<br />

Ausgangspunkt: Parkplatz Römerstraße beim Marmorwerk<br />

Steindl (585 m)<br />

Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite Nord:<br />

47.737139 Länge Ost: 013.004081<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: keine<br />

Entfernung: 15,45 km<br />

Gehzeiten: Aufstieg 3¼ Std.; Abstieg 3½ Std.<br />

Beste Jahreszeit: Sommer und Herbst (nicht bei<br />

3¾ Std., Tal-Abfahrt 3¼ Std.<br />

Beste Jahreszeit: Mitte Februar bis Anfang Mai<br />

Karte: AV-Karte, 1:25 000, Nr. 31/1 »Stubaier Alpen/Hochstubai«;<br />

Kompass-Karte 1:50 000, Nr. 83 »Stubaier Alpen«<br />

Führer: Weiss »Skitourenführer Brenner-Region – Innsbruck,<br />

Stubai, Wipptal, Sterzing«, Bergverlag Rother, Oberhaching<br />

Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Stubai Tirol,<br />

Stubaitalhaus, Dorf 3, A-6167 Neustift im Stubaital,<br />

Tel. 00 43/50 18/8 10, info@stubai.at, www.stubai.at<br />

Hütte/Einkehr: Franz-Senn-Hütte (2149 m)<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Nach einem Talhatscher zieht<br />

die Route meist zügig nordwestseitig hinauf zum Alpeiner Kräulferner<br />

und über diesen nordwest- bis nordseitig, oben steil (250<br />

Hm) hinauf zum Gipfel-Firngrat. In der Steilstufe Lawinen- oder<br />

Absturz- und evtl. Spaltengefahr. Der Nordostrand des Gletschers<br />

ist großteils abgeschmolzen.<br />

Schneelage)<br />

Karte: Alpenvereinskarte, 1:25 000, Blatt BY 22 und Topografi -<br />

sche Karte des Bayer. Landesamtes für Vermessung und Geoinformation,<br />

1:50 000, Blatt UK50-55<br />

Informationen: Tourismusverband Grödig, Gartenauerstr. 8,<br />

A-5083 Grödig - St. Leonhard, Tel. 00 43/62 46/7 47 95,<br />

www.groedig.net<br />

Einkehr: Toni-Lenz-Hütte (nicht direkt an der Route)<br />

Charakter/Schwierigkeiten: Sehr lange, anstrengende, aber<br />

nicht sehr schwierige Bergtour. An einigen Stellen sind Trittsicherheit<br />

und Schwindelfreiheit erforderlich, insbesondere beim Abstieg vom<br />

Gipfel zur Eishöhle auf dem Toni-Lenz-Weg und dem spektakulären<br />

Thomas-Eder-Steig. Führungen in die Schellenberger Eishöhle<br />

fi nden im Stundentakt statt und sind sehr zu empfehlen.<br />

11<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />

w<br />

TIPP<br />

Berchtesgadener Alpen Hirschangerkopf (1768 m)<br />

12<br />

aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />

Im Naturpark Untersberg<br />

Der Hirschangerkopf ist ein wenig besuchter, kleiner, aber feiner Gipfel des Untersbergs. Auf- und<br />

Abstieg verlaufen viel durch Wald, aber ab der verfallenen Vierkaseralm wird die Sicht rundum frei;<br />

am Gipfel fällt sie prächtig aus.<br />

1190 Hm | 5 Std.<br />

normale Wanderausrüstung;<br />

Stöcke empfehlenswert<br />

Talort: Großgmain (524 m)<br />

Ausgangspunkt: Großgmain, Bruchhäusl (644 m)<br />

Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite N 47.724472°<br />

Länge E 012.935796°<br />

Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung ab Salzburg<br />

und Bad Reichenhall<br />

Höhenunterschied: 1190 m<br />

Entfernung: 11,82 km<br />

Gehzeiten: Aufstieg 3 Std.; Abstieg 2 Std.<br />

Beste Jahreszeit: Sommer und Herbst<br />

Karten: Alpenvereinskarte, 1:25 000, Blatt BY 22 »Berchtesgaden,<br />

Untersberg« und Topografi sche Karte des Bayer. Landesamtes für<br />

Vermessung und Geoinformation, 1:50 000, Blatt UK50-55 »Berchtesgadener<br />

Alpen – Bad Reichenhall – Königssee – Hallein – Lofer<br />

– Saalfelden«<br />

Informationen: Tourismusverband Großgmain, Tel. 00 43/<br />

62 47/82 78; www.grossgmain.info<br />

Einkehr: auf der Route keine Möglichkeit<br />

Schwierigkeiten: Wenig durchgeführte, steile Bergtour mit langen<br />

Waldpassagen; kurze Kletterei unter dem Gipfel, streckenweise<br />

sehr rutschiger Untergrund herrscht; der Gipfel kann umgangen<br />

werden.<br />

Karte © Christian Rolle, Holzkirchen


TIPP<br />

Stubaier Alpen Östliche Seespitze (3416 m), über Franz-Senn-Hütte<br />

Aufstieg: Von Seduk auf meist gewalztem Fahrweg<br />

südostlich des Oberbergbachs, ab Stöcklealm (1598 m)<br />

nordwestlich zur Oberisshütte (1742 m). A) Kurz auf Karrenweg<br />

westwärts zum Beginn einer Steilhangquerung und im<br />

Linksbogen zu einem Absatz (evtl. Lawinengefahr von oben).<br />

B) Gerade unter der Materialseilbahn südwestwärts leicht<br />

abwärts (Stangen) und parallel zum Alpeiner Bach durch<br />

eine kurze, oben steile, aber kaum lawinengefährdete Rinne<br />

dorthin hinauf (auch Abfahrtsvariante). An der Nordseite des<br />

Alpeiner-Bach-Einschnitts aufwärts und über eine Brücke<br />

links zur Franz-Senn-Hütte (2149 m, 680 bzw. 400 Hm;<br />

Übernachtung). Zurück über den Bach und südwestwärts<br />

durch den Alpeiner Grund fast eben 2 km einwärts. Den<br />

Talkessel hinauf, nach Links-Rechts-Schleife zwischen Felsen<br />

zur Schwelle des oberen Tals (2440 m) und links einen Rücken<br />

südostwärts hinauf. Über die nördliche Seitenmoräne<br />

weiter auf den Alpeiner Kräulferner und auf (oder inzwischen<br />

neben) diesem aufwärts unter eine Barriere. Mehr oder<br />

weniger steil (bei hartem Schnee evtl. zu Fuß!) am linken<br />

(nordöstlichen) Rand des Gletschers hinauf bis zum Beginn<br />

des Seespitze-Südgrats. Südwärts hinauf zum Firnkamm des<br />

Ostgrats (2360 m) und auf diesem westwärts aufwärts, zum<br />

Schluss auf Firngrat zum Gipfel<br />

Abfahrt: wie Aufstieg; Direktvarianten vom Gipfel (Lawinengefahr!)<br />

und hinab zum Talboden vor dem Alpeiner Ferner<br />

Christian Schneeweiß<br />

Panorama: www.peakfinder.org<br />

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TIPP<br />

Berchtesgadener Alpen Salzburger Hochthron (1852 m)<br />

Aufstieg: Vom großen Parkplatz zuerst der Straße des Marmorwerks<br />

folgen und sich bei allen Abzweigungen exakt an<br />

die Beschilderung halten, dann zu Wanderweg, der die Straße<br />

nach rechts verlässt und relativ steil in vielen Kehren durch<br />

den Wald zu einem Aussichtspunkt ansteigt. Rund 35 Höhenmeter<br />

neben einer markanten Felswand abwärts und dann<br />

zur Skipiste hinauf. Auf dem steilen Skihang zur Schweigmühlalm<br />

hinauf und dort links abdrehend deutlich fl acher<br />

auf der Piste zum Kanonenrohr. Auf der Skiabfahrt weiter, an<br />

eindrucksvollen Dolinenlöchern vorbei und schließlich wird<br />

die mit Latschen bewachsene, breite Gipfelkalotte sichtbar.<br />

Erst kurz unter dem Gipfel die Skipiste nach links verlassen<br />

und im steilen, felsigen Hang durch Krummholz bis zum stark<br />

besuchten Kreuz hinauf.<br />

Abstieg: Bis zur Skipiste entlang der Aufstiegsroute. Nach<br />

ein paar Metern den Skihang nach links verlassen, um dem<br />

Wegweiser zur Toni-Lenz-Hütte zu folgen. Zunächst auf stark<br />

frequentiertem Bergweg im Latschengebüsch mehrmals<br />

auf und ab, dann steil hinab bis zur Verzweigung knapp über<br />

der Mittagsscharte. Dort links ab und anfangs noch durch<br />

Dolinengelände, dann auf den Treppenanlagen des Thomas-<br />

Eder-Steigs, der durch etliche Felsentunnels an steilen<br />

Felsenwänden entlangführt, bis in einem Schotterhang nach<br />

links der knapp 10-minütige Anstieg zum Sammelplatz für<br />

die Besichtigung der Schellenberger Eishöhle erreicht ist.<br />

Auf dem Thomas-Eder-Steig wieder rund 160 Höhenmeter<br />

aufsteigen, links zur Mittagsscharte abzweigen und dem gering<br />

abfallenden Weg durch Krummholz neben vielen Dolinen<br />

in den Großen Eiskeller hinunter folgen. Im weiteren Verlauf<br />

auf Bergpfad mehrmals auf und ab, rechts ab und beim Kanonenrohr<br />

wieder zur Aufstiegsroute; auf ihr ins Tal hinab<br />

Siegfried Garnweidner<br />

Panorama: www.peakfinder.org<br />

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TIPP<br />

Berchtesgadener Alpen Hirschangerkopf (1768 m)<br />

Aufstieg: Vom Parkplatz folgt man einem Weglein nach<br />

Süden zum Holzplatz und geht dann sehr lange steil durch<br />

dichten Wald hinauf. Der Bergpfad steigt in einer breiten<br />

Hangmulde in Kehren forsch an, führt kurz nach rechts zum<br />

Gratrücken auf der Fadererschneid hinaus und gleich wieder in<br />

den Waldhang hinein, bis er bei der verfallenen Viertelalm den<br />

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Wald verlässt. Anschließend kommt man in Latschengebüsch.<br />

Der Aufstiegsweg führt nordöstlich des Gipfels an einer gefassten<br />

Quelle vorbei und in Richtung Zehnkaser weiter. Direkt<br />

unter dem Gipfel zweigt in einem breiten Sattel ein Steig rechts<br />

ab und steigt im Krummholz sehr steil in leichter Kletterei die<br />

letzten Meter zum Gipfel an.<br />

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Abstieg: Normalerweise steigt man entlang der Aufstiegsroute<br />

ab. Man kann aber auch von der verfallenen Vierkaseralm<br />

durch Dolinengelände und dichte Waldhänge auf einem Bergpfad<br />

nach Osten zur Klingeralm hinübergehen und neben der<br />

Sausenden Wand am Klingersteig nach Norden absteigen.<br />

Siegfried Garnweidner<br />

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Panorama: www.peakfinder.org


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REPORTAGE<br />

Der Schatz im<br />

Silberberg<br />

Angetrieben vom Verlangen<br />

nach Reichtum wurde<br />

zwischen Passeier- und Ridnauntal<br />

ein Bergwerkslabyrinth<br />

von 150 Kilometern<br />

angelegt. Die jahrhundertealten<br />

Silberminen<br />

können noch heute besucht<br />

werden. Von Dagmar<br />

Steigenberger<br />

Ein Ritter reitet durch die lehmigen<br />

Gassen von Bozen. Aus einer<br />

Schmiede krachen rhythmische<br />

Hammerschläge, Funken stauben<br />

unter dem Dach der Werkstatt<br />

hervor. Das letzte der sieben Schwerter,<br />

die der Ritter bestellt hat, ist gerade fertig<br />

geworden. Er mustert die verzierten Griffe,<br />

prüft die Schneiden. Zufrieden zieht er<br />

schließlich einen Beutel hervor und schüttelt<br />

ein paar Silbermünzen in die Hände des<br />

Schmiedes. Reines, glänzendes Silber. Der<br />

Schmied staunt angesichts der Qualität.<br />

»Woher habt ihr das«, will er wissen. Der<br />

Ritter nennt ihm einen Ort droben in den<br />

Bergen Südtirols: den Schneeberg. Von jener<br />

Geschichte aus dem Jahr 1237 nach Christus<br />

ist nur eine Urkunde geblieben. Die erste,<br />

die den Schatz vom Schneeberg erwähnt.<br />

Ein Berg wie ein Emmentaler. Durchlöchert<br />

von vorn bis hinten, von oben bis unten:<br />

So ist der erste Eindruck vom Schneeberg.<br />

An sein Geheimnis, an seinen Schatz,<br />

kann man sich wunderbar anschleichen,<br />

beispielsweise auf einer Wanderung vom<br />

Ridnauntal hoch zur Schneebergscharte.<br />

Schon unterwegs häufen sich die Hinweise:<br />

ein Bremsberg – eine Holzrutschbahn,<br />

über die mithilfe eines Flaschenzuges Material<br />

bergauf und bergab transportiert wurde<br />

– und seltsame Holztüren. Sie führen in<br />

den Berg hinein. Ein paar Meter weit führt<br />

ein Tunnel in die Finsternis, dann versperren<br />

Felsbrocken den Weg. Auf der anderen<br />

Seite, dem Passeiertal, gibt es noch viel<br />

mehr davon. Mehr Felsbrocken und vor al-<br />

Alle Fotos: Heinz Widmann<br />

64 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


1 Das Kirchlein »Maria<br />

Schnee« und die<br />

Schutzhütte Schneeberg<br />

mit alten Hunten<br />

(Bergbau-Förderwagen)<br />

im Vordergrund<br />

2 Hochalpine Gleise:<br />

Der Seemooser-Wassertonnenaufzug<br />

ist<br />

inzwischen wieder<br />

hergestellt.<br />

2<br />

3 St. Martin am<br />

Schneeberg zwischen<br />

1924 und 1948<br />

4 Der Stollenplan des<br />

Schneebergs gleicht<br />

einem einzigen Gewirr<br />

an Gängen, das in den<br />

Felsen getrieben<br />

wurde.<br />

1<br />

3<br />

4<br />

lem viel mehr Gänge. Manche bohren sich<br />

waagrecht in die Felsflanken, andere senkrecht<br />

nach unten. Wären sie nicht vergittert,<br />

würde der Berg die Unvorsichtigen unter<br />

den Wanderern ganz schnell aussieben.<br />

Zig Meter hoch türmen sich Haufen aus rotem<br />

Gestein, einer nach dem anderen. Als<br />

hätten riesenhafte Murmeltiere gewühlt<br />

und gewütet. An den Hängen gegenüber<br />

wächst Gras: ein hübscher Gegenpol zu<br />

dieser roten Marslandschaft, die unter den<br />

Bergschuhen knirscht. Trotzdem laufen die<br />

Wanderer allesamt hier, nicht drüben in der<br />

grünen Idylle. Und sie scheinen zudem gar<br />

keinen Blick zu haben für die Landschaft.<br />

Gebeugt tasten sie sich Schritt für Schritt<br />

weiter. Hin und wieder taucht einer ab,<br />

greift sich einen Stein und beäugt ihn sorgfältig<br />

von allen Seiten. Es bleibt einem gar<br />

keine andere Wahl, als ebenfalls den Boden<br />

abzusuchen. Zu sehen sind: Steine. Rostrote<br />

Steine. Hie und da auch schwarze. Aber<br />

jener Stein hat scheinbar eine seltsame Plage;<br />

er ist übersät von tiefroten, scharfkantigen<br />

Warzen. »Granate, Halbedelsteine«,<br />

erklärt Gabriel Rainer, ein blonder Ridnauner<br />

Wander- und Bergwerksführer. Überall<br />

stechen uns nun Platten mit roten Granat-<br />

Einschlüssen in die Augen. Wenn man die<br />

tiefroten Kristalle doch herausbekäme aus<br />

der steinernen Mangel!<br />

Das Schneeberghaus auf 2355 Metern<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 65


Unfälle waren an der Tagesordnung.<br />

Kurz nach<br />

Eröffnung eines Stollens<br />

brach das weiche Gestein<br />

und schloss sieben<br />

Bergleute ein.<br />

4<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1 Bei der großen<br />

Führung geht es zu<br />

Fuß und mit der<br />

Grubenbahn über<br />

mehrere Kilometer<br />

durch den Berg.<br />

2 Schauraum am<br />

Schneeberg mit<br />

Geräten aus<br />

vergangenen<br />

Bergbauzeiten<br />

3 Der Schneeberg<br />

hat auch über Tage<br />

seinen <strong>Reiz</strong>, vor<br />

allem bei Sonnenschein.<br />

4 Der St.-Martins-<br />

Stollen war einst die<br />

Hauptverkehrsader<br />

des Tunnelsystems.<br />

5 Blick über den<br />

kleinen Schwarzsee<br />

hinüber zu den<br />

Ötztaler Alpen<br />

6 Auf Schutt<br />

gebaut: St. Martin<br />

liegt auf einer Halde<br />

aus zutage gefördertem<br />

Gestein.<br />

ist der Umschlagplatz der Schatzsucher.<br />

Hier sitzen die Wanderer bei einer Suppe,<br />

bei Holunderschnaps oder den speziellen<br />

Nudelgerichten, für die das Haus bekannt<br />

ist, und begutachten ihre Funde. Geoden<br />

– unscheinbare Kugeln, die erst nach dem<br />

Knacken ihr grün, blau oder rot glitzerndes<br />

Inneres offenbaren. Dunkelrote Granate,<br />

hellgoldene Pyrit-Würfel, Brocken mit Silberfäden<br />

und manchmal sogar mit Goldeinschlüssen.<br />

Mineraliensucher mit weniger<br />

Finderglück können im Haus auch einfach<br />

besondere Steine aus der Region kaufen.<br />

Auch früher schon befand sich hier mit der<br />

Knappensiedlung St. Martin das Zentrum<br />

der Schatzsucher, in dem die Bergmänner<br />

aßen und schliefen. Es gab ein Krankenhaus<br />

und sogar eine Schmiede für die<br />

Pferde, die beim Transport halfen. Von den<br />

meisten Gebäuden stehen heute, gut 30<br />

Jahre nach Schließung des Bergwerks, nur<br />

noch die Grundmauern. Lediglich die alte<br />

Schmiede hat die Handwerkskammer als<br />

Schaubetrieb renoviert.<br />

Die Knappen waren hauptsächlich auf eins<br />

aus: Silber. Zuerst schürften sie es an der<br />

Oberfläche des Berges. Als das nicht mehr<br />

genug hergab, sprengten und gruben Bergarbeiter<br />

unzählige Stollen und Schächte<br />

in den Berg. Etwa 150 Kilometer Gänge<br />

durchziehen die Gesteinsmassen zwischen<br />

Passeier- und Ridnauntal. 300 Höhenmeter<br />

unterhalb des Schneeberghauses beginnt<br />

der Karlstollen, der tiefste Stollenteil des<br />

Schneebergs. Erzherzog Ferdinand Karl<br />

hatte 1660 den Auftrag gegeben, auf der<br />

Passeier Seite nach Silber zu graben.<br />

Als man dort das erste Silber findet, lebt Karl<br />

längst nicht mehr. Vier Generationen von<br />

Bergleuten graben den gerade mal schulterbreiten<br />

Tunnel – in einem Jahr kommen<br />

sie etwa drei Meter weit. 90 Jahre lang<br />

wird der Lichtschein ihrer Karbit-Lampen<br />

Alle Fotos: Heinz Widmann<br />

66 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


5 6<br />

nur vom Wasser reflektiert, das als feuchte<br />

Schicht den Granit überzieht, sich zu ihren<br />

Füßen zu einem Rinnsal sammelt und<br />

zum Ausgang plätschert. Hinaus ans Tageslicht,<br />

während die Bergleute sich Schlag für<br />

Schlag zentimeterweise in die andere Richtung<br />

arbeiten. Scheinbar sinnlos. Weit und<br />

breit ist kein Edelmetall in Sicht. Hin und<br />

wieder meißelt einer die Jahreszahl in den<br />

Stein. Dann endlich ernten sie den Lohn für<br />

ihre Mühen: die erste Silberader.<br />

Bis zu 1000 Knappen<br />

Gierig folgen die Arbeiter der Ader in jeder<br />

ihrer Windungen. Das Gestein ist jetzt weicher,<br />

die Arbeit leichter. Aber auch gefährlicher.<br />

Holzbalken werden ins Innere geschafft,<br />

um die Wände gegen ein Einstürzen<br />

abzusichern. Zugleich muss das Silber nach<br />

draußen transportiert werden. Ein emsiges<br />

Wuseln beginnt in den engen Gängen, die<br />

sich jetzt zu einem Labyrinth auf mehreren<br />

Ebenen verästeln. Abzweigungen nach oben,<br />

nach rechts, nach links…<br />

Von der Ridnauner Seite her arbeiten sich die<br />

Menschen ebenfalls in den Berg vor. Nicht<br />

nur mit Pickel und Haue, sondern schließlich<br />

auch mit Sprengstoff, das geht schneller. In<br />

der ersten großen Blütezeit des Bergwerkes<br />

im 15. Jahrhundert sind bis zu 1000 Knappen<br />

untertage an der Arbeit. Sommers wie winters<br />

leben sie während der Werktage in der<br />

Siedlung am Schneeberg. Wenn der Schnee<br />

mehrere Meter hoch liegt – was laut Bergwerksführer<br />

Gabriel Rainer oft passiert, denn<br />

davon hat der Berg schließlich seinen Namen<br />

– graben sie sich in der weißen Masse bis zu<br />

den Stolleneingängen durch. Sicherer ist das<br />

allemal, wegen der Lawinen.<br />

Vor anderen Unglücken waren die Knappen<br />

vom Schneeberg jedoch nicht gefeit.<br />

Mitten im Berg und bei Stirnlampenlicht<br />

erzählt Gabriel Rainer vom letzten Unglück<br />

kurz vor der Schließung des Bergwerks:<br />

Vier Knappen seien damals beinahe<br />

ums Leben gekommen. Das Wasser<br />

hatte nach starken Regengüssen plötzlich<br />

die Gänge überflutet. Schwimmend und<br />

tauchend retteten sich die Bergleute spätabends<br />

nach draußen, während ihre Kollegen<br />

sich bereits zum Totengebet versammelt<br />

hatten. Andere, wie jene, die 1720 in<br />

den Gängen knapp unter der Schneeberg-<br />

Scharte arbeiteten, hatten weniger Glück.<br />

Kurz nach Eröffnung eines Stollens stürzte<br />

das weiche Gestein in sich zusammen und<br />

schloss sieben Arbeiter ein. Als sie nach<br />

einer Woche gefunden wurden, waren<br />

sie längst erstickt. »Das sind nur einige<br />

der Unfälle, von den meisten weiß man<br />

gar nichts«, sagt Rainer. Wer im Bergbau<br />

arbeitete, musste damit rechnen, früh zu<br />

sterben. Entweder bei einem Unglück<br />

TOUR<br />

Durch und über Berge<br />

Führung Schneeberg Bergbauwelt: Vom<br />

Poschhaus geht es mit geliehener Bergmanns-<br />

Ausrüstung – Stiefel, Jacke, Helm und Stirnlampe<br />

– entlang alter Knappenwege auf den höchsten<br />

Punkt, das Kaindljoch mit 2700 Metern. Auf der<br />

anderen Seite führt die Tour hinunter zum<br />

Einkehrschwung ins Schneeberghaus in St.<br />

Martin am Schneeberg. In den Halden rund um<br />

die Schutzhütte fi ndet man Erzstücke und<br />

■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />

Ein Licht am Ende der Tunnels<br />

Mineralien wie Granate und Achate. Der Rückweg<br />

führt über den Karlstollen ins Berginnere, wo die<br />

Grubenbahn wartet und die Wanderer zurück<br />

Richtung Ridnaun transportiert. Tagestour mit<br />

einer Gehzeit von vier bis fünf Stunden.<br />

Sieben Seen: Der erste See, der Moarer<br />

Egetensee auf 2468 Metern, ist vom Poschhaus<br />

aus in einer Stunde zu erreichen. Weiter über das<br />

Egetenjoch (2695 m) und – vorbei an anderen<br />

Berggewässern wie dem Mittleren Egetensee<br />

– hinunter zum Trüber See. Von dort führt ein Weg<br />

zurück »In der Wiegen« zum ersten See und<br />

hinunter zum Poschhaus (4 Stunden). Wer den<br />

großen Rundweg mit Übernachtung auf der<br />

Teplitzer Hütte machen will, marschiert am Trüber<br />

See vorbei Richtung Grohmannhütte und weiter<br />

hinauf zur Teplitzer Hütte (von Maiern aus 6–7<br />

Stunden), und in einer zweiten Etappe über den<br />

Unteren Hochtrog (2839 m) und den Pfurnsee<br />

zurück nach Maiern (4 Stunden).<br />

Beste Jahreszeit: Juni bis Oktober<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 67


Die Flüsse waren so<br />

verseucht, dass bis<br />

Sterzing kein einziger<br />

Fisch mehr im Ridnaunbach<br />

schwamm.<br />

KOMPAKT<br />

Hütten, Bergbau, Museen<br />

Anreise: Mit dem Zug mehrmals täglich<br />

über Innsbruck und Brenner nach Sterzing, von<br />

dort mit dem Bus nach Ridnaun, Auskunft zum<br />

Busfahrplan unter www.sii.bz.it/de/orari.php<br />

oder www.postbus.at<br />

Mit dem Auto über Innsbruck und den Brennerpass<br />

bis Sterzing, von dort auf der Landstraße<br />

nach Ridnaun. Oder über das Ötztal und das<br />

Timmelsjoch nach St. Leonhard in Passeier<br />

Information: BergbauWelt Ridnaun Schneeberg,<br />

Maiern 48, I-39040 Ridnaun, Tel. 00<br />

39/04 72/65 63 64, ridnaun.schneeberg@<br />

bergbaumuseum.it, www.ridnaun-schneeberg.it<br />

Öffnungszeiten Bergbaumuseum Ridnaun:<br />

April bis Oktober und Dezember Dienstag bis<br />

Sonntag 9.30–16.30 Uhr (im August und an<br />

Feiertagen auch montags geöffnet)<br />

ErlebnisBergwerk Schneeberg Passeier,<br />

Schneeberg OHG, Gerichtsweg 9, I-39015 St.<br />

Leonhard in Passeier, Tel. 00 39/04 73/64 70<br />

45, info@schneeberg.org, www.schneeberg.org,<br />

1<br />

1 Die Barbaratafel<br />

an einer Abzweigung<br />

des Martins-Stollens.<br />

Die heilige<br />

Barbara gilt seit<br />

jeher als Schutzpatronin<br />

der Bergleute.<br />

Der Stollen rechts<br />

führt unter anderem<br />

ins »Himmelreich«.<br />

2 Silberhaltiger<br />

Bleiglanz, bis etwa<br />

1870 das Haupterz<br />

am Schneeberg<br />

oder, was viel häufiger vorkam, an der<br />

Staublunge.<br />

Doch das Bergwerk brachte auch Wohlstand.<br />

Von den Höfen in der Nachbarschaft<br />

gibt es kaum einen, der nicht irgendwie in<br />

den Bergbau involviert gewesen wäre: als<br />

Knappe, Fuhrmann, Schmied oder Tischler.<br />

Dabei wurde das Silber<br />

nicht einmal direkt vor<br />

Ort verarbeitet,<br />

sondern in der<br />

Öffnungszeiten ErlebnisBergwerk Passeier: 15.<br />

Juni bis 15. Oktober<br />

Hütten: Schneeberghaus (2355 m), 100<br />

Schlafplätze, geöffnet 15. Juni bis 15. Oktober,<br />

Tel. 00 39/04 73/64 70 45, info@schneeberg.<br />

org, www.schneeberg.org, Zustieg von Moos in<br />

Passeier 4 Stunden, von Maiern im Ridnauntal<br />

über das Poschhaus und die Schneebergscharte<br />

5 Stunden;<br />

Poschhaus (2113 m), 25 Matratzenlager,<br />

geöffnet Juni bis Oktober, Tel. 00 39/04 72/75<br />

68 84, Zustieg von Maiern 2 Stunden;<br />

Teplitzer Hütte (auch Feuersteinhütte, 2586<br />

m), 30 Betten und 50 Matratzenlager, geöffnet<br />

Ende Juni bis Ende September, Winterraum,<br />

Tel. 00 39/04 72/65 62 56, kürzester Zustieg<br />

von Maiern 3½ Stunden, über Poschhaus und<br />

sieben Seen 6–7 Stunden<br />

Karte: Freytag & Berndt 1:50 000, WKS 8<br />

»Passeiertal – Timmelsjoch – Jaufenpass«,<br />

www.freytagberndt.com<br />

2<br />

Münzprägestätte in Hall. »Ridnaun- und<br />

Passeiertal waren vom Bergbau abhängig«,<br />

sagt Gabriel Rainer. Sein Vater hat noch im<br />

Erzbergwerk geschürft.<br />

Das Silber bringen jetzt die Touristen<br />

1979 wurde der Abbau unter dem Schneeberg<br />

beendet. Zum einen wurde das Metall<br />

anderswo inzwischen billiger zutage gefördert;<br />

weshalb sich die mühselige und gefährliche<br />

Arbeit nicht mehr rentierte. Zum<br />

anderen entwickelte sich zur gleichen Zeit<br />

ein immer stärker werdendes Bewusstsein<br />

für die Umwelt. Ringsum seien die Flüsse<br />

verseucht gewesen von den Chemikalien,<br />

mit deren Hilfe man das Silber aus den<br />

abgebauten Steinbrocken wusch, erinnert<br />

sich Gabriel Rainer. »Bis Sterzing ist kein<br />

einziger Fisch mehr im Ridnaunbach geschwommen.«<br />

Und heute? In gewisser Weise zehren die Bewohner<br />

noch immer vom Schatz des Berges:<br />

nicht mehr vom Erz, das in seinen Eingeweiden<br />

übrigens nach wie vor haufenweise vorhanden<br />

wäre (eine kanadische Firma fragte<br />

vor ein paar Jahren nach, ob sie am Schneeberg<br />

nach Gold schürfen dürfe). Sondern von<br />

seiner einzigartigen Geschichte, die im Museum,<br />

mit der Vorführung alter Gerätschaften<br />

und bei Rundgängen in den Stollen zum<br />

Leben erweckt wird: Das Silber bringen jetzt<br />

die Touristen in die Region.<br />

Mit Regenjacke, Helm und Stirnlampe anstatt<br />

grober Leinenklamotten, Pickel und<br />

Karbitlampe sind die Urlaubsknappen mit<br />

Rainer Gabriel in den Stollen unterwegs.<br />

Alleine wären sie hier unten verloren: in<br />

diesem Labyrinth von Gängen, die zum Teil<br />

in nicht durchlüftete Sackgassen führen.<br />

Manche Stollen sind eingestürzt, andere<br />

einsturzgefährdet. Wie tief sie führen, weiß<br />

nicht mal Rainer genau, obwohl er mit seinen<br />

Kollegen schon eine ganze Menge erforscht<br />

hat. »In den ältesten Teil unterhalb<br />

des Karlstollens kommt man nicht rein, das<br />

ist zu gefährlich«, sagt der Bergwerksführer.<br />

Sogar in den begehbaren Bereichen sind die<br />

Gänge teils so niedrig, dass auch die Kleinsten<br />

den Kopf einziehen müssen.<br />

Der Fels glitzert im Schein der Stirnlampen,<br />

nicht nur wegen der Silberadern, sondern<br />

auch wegen des Wassers, das aus den Ritzen<br />

tritt und sich zu Füßen der Abenteurer zu einem<br />

klaren Bächlein sammelt. An den morschen<br />

Holzbalken nagt ein weißer Schimmelpilz.<br />

Wie Watte sieht er aus. Rostrote<br />

und weiße Rinnsale überziehen die Wände<br />

wie Malerfarbe, die zu dick aufgetragen wurde.<br />

Sie stammen vom Eisen, das mit Wasser<br />

und Kalk gemischt einen zähflüssigen Brei<br />

gibt. Rainer sagt: »Der Berg blutet.« ◀<br />

68 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


12x grüßt BERGSTEIGER<br />

Die neue Fotoedition exklusiv und gratis nur für Abonnenten!<br />

2013 erhalten Sie als Abonnent von<br />

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Exemplar der BERGSTEIGER-<br />

Fotoedition.<br />

Die Postkarten – mit Motiven von<br />

dem renommierten Bergfotografen<br />

Bernd Ritschel – sind aus hochwertigem<br />

Chromokarton, 12 x 17 cm<br />

groß und erscheinen in limitierter<br />

Auflage.<br />

In 5/2013<br />

Foto: Andreas Strauß<br />

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AUF TOUR<br />

SERIE: Hüttenzauber<br />

TEIL 5: Franz-Senn- Hütte<br />

HÜTTENZAUBER<br />

Stubaier Wintermärchen: Bis<br />

weit in das Frühjahr hinein<br />

strotzen die Hänge rund um<br />

die Franz-Senn-Hütte nur so<br />

vor Schnee.<br />

Tempel der<br />

Tourengeher<br />

Der Tourismuspionier und DAV-Mitbegründer<br />

Franz Senn würde heute wohl seinen<br />

Augen kaum trauen: Die nach ihm benannte<br />

Hütte verfügt über WLAN und Webcam.<br />

Von Dominik Prantl<br />

Wenn man so möchte, hat<br />

Franz Senn es geschafft. Unten<br />

am Parkplatz in der kleinen<br />

Siedlung Seduck reihen<br />

sich selbst unter der Woche<br />

Autos an VW-Busse und Transporter. Ein gutes<br />

Dutzend Skitourengeher jeglichen Alters<br />

und Fitnesszustands schnallt sich gerade die<br />

Ski unter. Wer sich dann auf den dreistündigen<br />

Weg macht, über Stücklenalm und<br />

Oberissalm hinauf zur Franz-Senn-Hütte,<br />

ist selten allein. Oben kann es passieren,<br />

dass Thomas Fankhauser, Wirt der bis zu<br />

180 Hochtouristen fassenden Hütte, erklärt:<br />

»Wir sind ausgebucht.«<br />

Franz Senn konnte von einem derartigen Ansturm<br />

nur träumen. Er durfte nicht einmal<br />

die Eröffnung der nach ihm benannten Hütte,<br />

einer der frühen Bauten im hochalpinen<br />

Gelände, erleben. Dafür ist er im Januar 1884<br />

etwa 20 Monate zu früh verstorben. Aber


Wie eine Ameisenstraße zieht sich die Tourengeher-Karawane zum Alpeiner Ferner.<br />

Fotos: Horst Fankhauser, Dominik Prantl<br />

Senn ist ein Pionier des Alpentourismus. Zu<br />

seiner Zeit gab es keine Autoreihen in abgelegenen<br />

Alpentälern, keine Tourengeherkolonnen;<br />

ja, selbst den Deutschen Alpenverein<br />

musste Senn 1869 erst noch mit ein paar<br />

Gleichgesinnten gründen.<br />

Senn glaubte an die positiven Effekte des<br />

Fremdenverkehrs und dass dieser ein Motor<br />

in den von Industrialisierung und Wohlstand<br />

weitgehend abgeschnittenen Alpenregionen<br />

sein könnte. So wie in Vent im hinteren Ötztal,<br />

wo er als Priester anno1860 freiwillig die<br />

Kuratie St. Jakob übernahm. Oder in Neustift,<br />

wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte,<br />

ehe er an Tuberkulose starb.<br />

Nach allem, was der Literatur zu entnehmen<br />

ist, war Franz Senn ein Hochbegabter aus<br />

dem Ötztal, dem ein Gönner das Studium finanzierte.<br />

Der vom Schicksal derart Begünstigte<br />

dachte fortan keineswegs nur an sich<br />

selbst. Bitterarm waren die Menschen in seiner<br />

Heimat und an seinen Wirkungsstätten<br />

damals, weil noch keine Teerstraßen ans Talende<br />

führten, wo die Navigationssystem-gelenkten<br />

VW-Busse perfekt ausgestattete Freizeitalpinisten<br />

in Powerstretch und Hardshell<br />

ausspucken. Senn plädierte schon damals –<br />

vor 150 Jahren – dafür, Hütten, Steige und<br />

Wege anzulegen, wo andere nur wertlose<br />

Bäche, Almen und Berge sahen.<br />

Diese Almen und Bäche sind freilich immer<br />

noch da, die Berge sowieso. Groß und schön<br />

und stolz sind sie in menschlichen Dimensionen<br />

gemessen ein nahezu zeitloses Kapitel.<br />

Der Tourismus hat allerdings nicht nur die<br />

Wege und Mittel geändert – wer möchte<br />

kann sich sein Gepäck gegen einen Aufpreis<br />

hoch zur Hütte transportieren lassen –, er<br />

unterliegt selbst einer ständigen Veränderung.<br />

Wurden für das Jahr 1891 insgesamt 97<br />

<strong>Bergsteiger</strong> auf der Franz-Senn-Hütte regist-<br />

riert, trifft diese Zahl heute manchmal innerhalb<br />

weniger Stunden ein. Horst Fankhauser,<br />

der vor seinem Sohn Thomas hier oben 31<br />

Jahre lang als Wirt und Bergführer Gäste betreute,<br />

hat eine Beschleunigung registriert. Er<br />

nennt es »ein ständiges Kommen und Gehen«.<br />

Früher seien die Bergtouristen im Normalfall<br />

eine Woche geblieben, manchmal auch<br />

14 Tage; und wenn das Wetter nicht passte,<br />

wurde gespielt, gelesen, oder was den Menschen<br />

sonst eben so auf einer Hütte einfällt.<br />

Heute stornieren die Bergliebhaber ihren<br />

Aufenthalt bei negativen Wetterprognosen,<br />

oder erkundigen sich vor Schönwetterperioden<br />

kurzfristig nach einem Bett. Vorzugsweise<br />

im Doppelzimmer. Hüttengefühl ist<br />

schön und gut, aber am besten doch bitte<br />

bei strahlendem Sonnenschein und in privater<br />

Atmosphäre. Dabei kostet eine Übernachtung<br />

im Doppelzimmer mit Halb-<br />

Alle Fotos: Bernd Ritschel<br />

KOMPAKT<br />

Hütteneinmaleins<br />

Lage: Auf 2149 Metern in den<br />

Stubaier Alpen oberhalb des<br />

kleinen Weilers Seduck bei<br />

Neustift im Stubaital<br />

Kapazität: 80 Betten und 90<br />

Plätze in den Matratzenlagern;<br />

der Winterraum bietet Platz für<br />

acht Personen.<br />

Zugänge: Im Winter (Februar<br />

bis Mai) wird der Ausgangsort<br />

Seduck meist mit dem eigenen<br />

Pkw angefahren. Wegen der<br />

eingeschränkten Parkmöglichkeiten<br />

wird allerdings eine<br />

Anreise in Fahrgemeinschaften<br />

bzw. dem Taxi empfohlen.<br />

Von Seduck mit Tourenski<br />

dem ausgeschilderten Weg<br />

zur Hütte folgten (ca. 3 Std.).<br />

Ein Gepäcktransport ist nach<br />

telefonischer Vereinbarung<br />

möglich.<br />

Öffnungszeiten 2013: 20.<br />

Februar bis Anfang Mai und<br />

12. Juni bis Ende September/<br />

Anfang Oktober<br />

Preise: AV-Mitglieder zahlen<br />

8,50 Euro im Matratzenlager<br />

und 17,50 Euro im Zweibettzimmer,<br />

Nicht-Mitglieder 19,50<br />

im Matratzenlager und 32,20<br />

Euro im Zweibettzimmer. Die<br />

Halbpension (mehrere Gänge)<br />

kostet je 34 Euro Aufpreis.<br />

Adresse: Fam. Fankhauser,<br />

Schulweg 18, A-6167<br />

Neustift i.St.<br />

E-Mail:<br />

www.franzsennhuette.at<br />

Telefon:<br />

Tel. 00 43/52 26/22 18<br />

Infrastruktur: Die Hütte<br />

wist ausgestattet mit Kaltund<br />

Warmwasser, Duschen,<br />

einem eigenen Wasserkraftwerk<br />

zur Energieversorgung,<br />

einer Seilbahn für Material<br />

und Gepäcktransport, einer<br />

hybriden Heizanlage (Strom,<br />

Öl und Pyrolyse) sowie einer<br />

teilbiologischen Kläranlage.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 71


TOUREN<br />

Skihochtouren für<br />

Könner und Anfänger<br />

Rund um die Franz-Senn-Hütte gibt es etliche Skitouren<br />

von leicht bis anspruchsvoll. Hier eine kleine Auswahl.<br />

1 Hüttenzustieg<br />

▶ mittel 3 Std.<br />

700 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Bis zur Oberisshütte<br />

fl acher, langgezogener Anstieg durch<br />

eine herrliches Tal. Von der Oberisshütte<br />

geht es dem Winterweg folgend<br />

auf schmalem Weg durch einen<br />

bewaldeteten Hang stets aufwärts<br />

und schließlich an der Schlucht des<br />

Alpeiner Baches scharf rechts durch<br />

Latschen und über die Almwiesen<br />

der Alpeinalm über eine Bachbett zu<br />

einem kurzen, aber steilen Hang. Ist<br />

dieser überwunden, kommt schon<br />

bald die Hütte in Sicht.<br />

Ausgangpunkt: Seduck (1456 m)<br />

Route: Seduck – Stöcklenalm –<br />

Oberisshütte – Alpeinalm (2042 m)<br />

– Franz-Senn-Hütte<br />

2 Kräulscharte (3069 m)<br />

▶ einfach 3½ Std.<br />

950 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Wegen der vergleichsweise<br />

geringen Spalten- und Lawinengefahr<br />

sowie der unschwierigen<br />

Anstiege eine der beliebtesten Touren<br />

rund um die Franz-Senn-Hütte. Von<br />

dieser führt der Aufstieg gen Süden<br />

durch das Stiergschwez. Dort nach<br />

rechts und parallel zu den Abstürzen<br />

der Sommerwand zum Sommerwandferner.<br />

Rechts des markanten, den<br />

Gletscher trennenden Felskopfes geht<br />

es hoch zur Kräulscharte.<br />

Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />

(2149 m)<br />

Route: Franz-Senn-Hütte – Stiergschwez<br />

– Sommerwandsee – Sommerwandferner<br />

– Kräulscharte – und zurück.<br />

3 Wildes Hinterbergl (3288 m)<br />

▶ mittel 4½ Std.<br />

1140 Hm + 15 J.<br />

Charakter: Beliebte, nur an der<br />

Turmscharte etwas kniffl ige Skitour.<br />

Die erste Stunde entlang des Alpeiner<br />

Baches dient dem Warmlaufen,<br />

ehe die erste, unproblematische<br />

Steilstufe kommt. Ist diese überwunden,<br />

geht es weiter in Richtung<br />

des markanten Gletscherbruchs und<br />

auf 2700 Metern schließlich scharf<br />

rechts zum Verborgenen-Berg-Ferner.<br />

An dessen nördlichen Rand steigt<br />

man zur Turmscharte (3126 m), einer<br />

drahtseilversicherten Kletterpassage<br />

zwischen Vorderem und Wildem Turm,<br />

auf. Bei entsprechender Routenführung<br />

ist die Spalten- und Lawinengefahr<br />

recht übersichtlich, wobei<br />

man sich nach der Turmscharte auf<br />

den letzten etwa 150 Höhenmetern<br />

zum Gipfel nicht zu weit links<br />

halten sollte. Die Abfahrt über den<br />

Turmferner ist sicherer als über den<br />

Berglasferner!<br />

Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />

(2149 m)<br />

Route: Franz-Senn-Hütte – Verborgener-Berg-Ferner<br />

– Turmscharte (3126<br />

m) – Wildes Hinterbergl<br />

– Turmferner – Franz-<br />

Senn-Hütte.<br />

Tourenkarte 9<br />

Heftmitte<br />

4 Östliche Seespitze (3416 m)<br />

Nachmittags füllt sich die Terasse mit Südwest-Blick.<br />

Passt nicht in die Wintersaison: Klettersteige und Flying Fox<br />

■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />

72 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13<br />

▶ schwierig 4½ Std.<br />

1270 Hm –<br />

Charakter: Anspruchvolle Skitour<br />

mit teilweise erheblicher Spalten-<br />

und Lawinengefahr. Mehrere<br />

steile Anstiege und extrem steile<br />

Gipfelpassagen! Talhatscher-Auftakt<br />

bis zur Gletscherzunge des Alpeiner<br />

Ferners, dann nach links auf den<br />

Alpeiner Kräulferner, den es sehr<br />

steil zu queren gilt. Immer entlang<br />

der von unten gesehen linken Seite<br />

An der Turmscharte werden die Skier an den Rucksack geschnallt.<br />

(orografi sch rechts) und durch den<br />

relativ fl achen Gletscherkessel zur<br />

steilen, oft harten Gipfelfl anke. Stets<br />

links haltend (orogr. rechts) gen<br />

Scharte. Von dort je nach Schneelage<br />

mit Ski oder Schuhen (Steigeisen!)<br />

über den Ostgrat ohne größere technische<br />

Schwierigkeiten zum Gipfel.<br />

Scharte und Grat sind teilweise stark<br />

überwechtet.<br />

Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />

(2149 m)<br />

Route: Franz-Senn-Hütte – Alpeiner<br />

Ferner (ca. 2660 m) – Alpeiner<br />

Kräulferner – Scharte – Ostgrat – Östliche<br />

Seespitze – zurück auf dem<br />

Anstiegsweg<br />

Tourenkarte 10<br />

Heftmitte


Fotos: Dominik Prantl<br />

Dreitausender-Blick vom Wilden Hinterbergl, einem Skitourenklassiker der Stubaier Alpen<br />

pension für Nicht-Alpenvereinsmitglieder<br />

auf der Franz-Senn-Hütte fast so viel wie<br />

eine feine Unterkunft unten in Neustift.<br />

Angesichts der steigenden Nachfrage hat der<br />

Wirt die Grundsätze Senns längst weiterentwickelt.<br />

»Wir sollten den Mut haben, mehr<br />

zu bieten und mehr zu verlangen«, sagt Thomas<br />

Fankhauser. Es geht nicht mehr darum,<br />

wie man die Leute in die Berge lockt, sondern<br />

was man ihnen dort bieten sollte. Die<br />

großen Schlafeinheiten seien nicht mehr<br />

zeitgemäß, außerdem übersteige die Nachfrage<br />

nach Doppelzimmern das Angebot. In<br />

anderen Bereichen hat Fankhauser (wie auch<br />

schon dessen Eltern) das Erbe in die Moderne<br />

überführt. Mit Webseite und Webcam<br />

informieren die Pächter über die aktuelle<br />

Lage am Berg; auf der Hütte kann der Gast<br />

wiederum per WLAN mit der Welt in Verbindung<br />

bleiben. Das Essen schmeckt sowieso<br />

besser als in den meisten Wirtshäusern im<br />

Tal, und man weiß nicht so recht, ob das nun<br />

an der Höhenluft oder der Küche liegt. Wie<br />

viele andere alpinen Unterkünfte verliert die<br />

Franz-Senn-Hütte damit langsam den Status<br />

als Zufluchts- und Schutzstätte abseits der<br />

Zivilisation. Sie dient den Menschen mehr<br />

als Tapeten- oder besser: Panoramenwechsel.<br />

Und der ist natürlich großartig, weil die umliegenden<br />

Dreitausender der Stubaier Alpen<br />

bis weit in den Frühling hinein nur so vor<br />

Schnee strotzen. Bis Anfang Mai wird die Sai-<br />

son laufen, ehe die Natur die umliegenden<br />

Hänge während einer relativ kurzen Betriebspause<br />

von etwa fünf Wochen neu einkleidet.<br />

Fankhauser selbst mag den Winter, trotz der<br />

etwas komplizierteren Logistik, denn »er ist<br />

für uns gemütlicher.« Seine Winterbesucher<br />

reservieren in 95 Prozent der Fälle und buchen<br />

beinahe ebenso häufig die Halbpension<br />

mit mehrgängigem Abendessen. Sie ist das<br />

tägliche Brot des Hüttenwirts, da er an den<br />

vom Alpenverein vorgegebenen Übernachtungspreisen<br />

kaum etwas verdiene. Außerdem<br />

starten Wintergäste frühmorgens schon<br />

allein wegen der im Tagesverlauf steigenden<br />

Lawinengefahr beinahe gleichzeitig. Dem<br />

Wirt gibt das Planungssicherheit und auch<br />

etwas Zeit zum Durchschnaufen. Um halb<br />

acht zieht die Tourengeher-Karawane zum<br />

Alpeiner Gletscher und dann auf die umliegenden<br />

Gipfel und Scharten. Im Sommer,<br />

wenn Alpinisten und Wanderer eher spontan<br />

vorbeischauen, ist das ständige Kommen<br />

und Gehen noch viel ausgeprägter.<br />

Franz Senn, den eine Tafel an der Hüttenwand<br />

als »Seelsorger, Tourismuspionier, Mitbegründer<br />

des Alpenvereins, Alpinist« würdigt,<br />

würde sich wohl sommers wie winters<br />

ganz schön wundern. Vor allem aber wäre er<br />

ein bisschen stolz auf seine Hütte.<br />

LITERATURTIPP: Luis Oberwalder u. a. »Franz<br />

Senn. Alpinismuspionier und Gründer des Alpenvereins«,<br />

199 Seiten, Tyrolia Innsbruck, 2004<br />

Die Bordierhütte bietet ein tolles 4000er-Panorama<br />

Meine Lieblingshütte:<br />

Bordierhütte, Walliser Alpen<br />

Von BERGSTEIGER-Leser Andreas Effenberger<br />

aus Weil im Schönbuch<br />

Foto: Pius Schnidrig<br />

Die kleine, aber feine Bordierhütte<br />

steht spektakulär in der<br />

Nördlichen Mischabelkette in<br />

den Walliser Alpen gegenüber dem<br />

Riedgletschereisfall. Die Lage beeindruckt<br />

nicht nur wegen des Blicks<br />

zu den 4000ern wie Dürrenhorn<br />

oder Stecknadelhorn, sondern<br />

auch durch wunderbare Sonnenuntergänge.<br />

Diese genießt man<br />

am besten nach einem reichhal-<br />

tigen Abendessen auf den von der Sonne<br />

erwärmten Granitfelsen, welche auch die<br />

Steinböcke ringsum sehr zu schätzen wissen.<br />

Die Bordierhütte ist auch deshalb ein echter<br />

»Leckerbissen«, weil nach langen sensationellen<br />

Touren wie dem Nadelgrat ein selbstgebackener<br />

Kuchen der Hüttenwirtin auf die<br />

<strong>Bergsteiger</strong> wartet – einfach klasse!<br />

Steckbrief:<br />

Bordierhütte,<br />

Walliser Alpen<br />

Lage: Mischabelgruppe<br />

in den Walliser Alpen auf<br />

2886 m (Talort Grächen)<br />

Schlafplätze: 44 (aufgeteilt<br />

in 4 Schlafl ager)<br />

Kontakt:<br />

Tel. 00 41/27/9 56 23 45<br />

www.bordierhuette.ch<br />

Öffnungszeiten: Mitte Juni<br />

bis Mitte September<br />

Schicken Sie uns Ihre Lieblingshütte<br />

per Post oder an<br />

bergsteiger@bruckmann.de!<br />

Es gibt Preise…<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 73


AUF TOUR<br />

Der<br />

hohle<br />

Berg<br />

Der Thomas-Eder-<br />

Steig, den man im<br />

Abstieg vom Salzburger<br />

Hochthron<br />

begeht, bietet spektakuläre<br />

Passagen.<br />

Es gibt wohl im gesamten Alpenbogen kaum<br />

einen Berg, um den sich so viele Sagen ranken,<br />

wie um den Untersberg, und das hat einen<br />

geologischen Hintergrund. Von Ulrich Lagally<br />

(Geologie) und Siegfried Garnweidner (Tour)<br />

Weit reicht der Blick vom Salzburger Hochthron<br />

über das Geiereck nach Salzburg.<br />

»Dieser Untersberg wird auch genennt<br />

der Wunderberg und zwar<br />

darum, weil er sowohl an äußerlich,<br />

sonderbar aber an innerer Gestalt<br />

viel Wunderwürdiges in sich fasset.«<br />

Dies steht in Aeußers Büchlein »Sagen der<br />

Vorzeit, oder ausführliche Beschreibung<br />

von dem berühmten salzburgischen Untersberg<br />

oder Wunderberg« von 1782.<br />

Durch die vielen Höhlen und Dolinen hat<br />

der Untersberg auf den Menschen schon immer<br />

unheimlich gewirkt, und tatsächlich<br />

ist der Berg innen mehr oder weniger hohl.<br />

Alle möglichen Gestalten sollen dort wohnen:<br />

Friedrich Barbarossa, Kaiser Karl der<br />

Große, wilde Frauen, die ins Tal kamen, um<br />

Knaben zu rauben, oder Bergmännlein, die<br />

in einem riesigen Marmorschloss wohnen.<br />

Wer sich auf die Suche nach diesen Wesen<br />

machen will, steigt am besten auf dem<br />

Weinsteig auf. Der Weg wird wenig begangen,<br />

weshalb die Chance, eine bewohnte<br />

Höhle zu finden, wahrscheinlich größer<br />

ist als auf den viel begangenen Steigen<br />

oder gar in der Nähe der Seilbahntrasse.<br />

Hält man sich an die Routenbeschreibung,<br />

kommt man nicht nur auf den Gipfel, sondern<br />

auch zur Schellenberger Eishöhle, die<br />

allein schon die Mühe des langen Aufstiegs<br />

und des gewaltigen Rückwegs wert ist. Und<br />

angesichts der enormen Tagesleistung von<br />

1850 Höhenmetern und gut 15 Kilometern<br />

Entfernung wird der Wanderer in der folgenden<br />

Nacht gut schlafen und sich im<br />

Traum nicht mit mysteriösen Gestalten aus<br />

dem Untersberg herumplagen müssen.<br />

Der Grund, warum der Weg Weinsteig<br />

heißt, könnte mit einer alten Sage zu tun<br />

haben: Ein rechtschaffener Fuhrmann war<br />

74 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


SERIE: GeoTop-Touren in den Alpen<br />

Teil 12: Was der Untersberg hergibt<br />

Fotos: Siegfried Garnweidner<br />

mit einem großen Weinfass nach Hallein<br />

unterwegs, um es bei einem vornehmen<br />

Herrn abzuliefern. Bei St. Leonhard in der<br />

Nähe des Untersbergs wurde er von einem<br />

Bergmännlein aufgehalten, das ihn aufforderte,<br />

ihm zu folgen. Es würde ihn gut<br />

für den Wein bezahlen, besser als er es in<br />

Hallein zu erwarten habe. Der brave Fuhrmann<br />

lehnte ab. Daraufhin drohte das<br />

Bergmännlein, den Fuhrmann derart in<br />

die Irre zu führen, dass er sich nicht mehr<br />

auskenne. In seiner Angst gab der biedere<br />

Kutscher nach und willigte ein, denn es<br />

erschien ihm besser, einer dubiosen Sache<br />

nachzugeben als verloren zu sein.<br />

Das Männlein führte die Pferde auf den<br />

Wunderberg zu, und dem Fuhrmann war,<br />

als ob sie auf einer Straße unterwegs seien,<br />

die er noch nie gesehen hatte. So recht bekam<br />

er das alles aber nicht mehr mit, denn<br />

je näher sie dem Berg kamen, umso müder<br />

wurde er, und schließlich sank er in tiefem<br />

Schlaf. Er erwachte erst, als sie bei einem<br />

riesigen Schloss ankamen, das aus weißem<br />

und rotem Untersberger Marmor erbaut<br />

auf einem hohen Felsen stand. Das Dach<br />

des Schlossturms war mit blankem Kupfer<br />

gedeckt und die Fenster waren aus reinem<br />

Kristall. Erst nach vielen Gräben, Brücken,<br />

Toren und Gittern gelangten sie schließlich<br />

ins Schloss, in dem viele kleine Bergmännlein<br />

hausten. Nur eins war etwas kräftiger<br />

als die anderen, und wie sich herausstellte,<br />

der Kellermeister. Er forderte den Fuhrmann<br />

mit fröhlicher Stimme auf, nicht<br />

traurig zu sein und seiner Einladung folgend<br />

kräftig zu essen und zu trinken.<br />

Glossar: Marmor<br />

Als Marmor bezeichnet man landläufi g<br />

einen Kalkstein, der sich gut für bildhauerische<br />

oder bauliche Zwecke eignet. Im<br />

wissenschaftlichen Sinn ist Marmor ein<br />

metamorphes, d. h. im Erdinneren bei der<br />

unter hohen Temperaturen und Drucken<br />

verlaufenden Metamorphose umgewandeltes<br />

Karbonatgestein. Es weist mindestens 50 %<br />

der Minerale Calcit, Dolomit oder Aragonit<br />

auf. Meist sind Calcitkristalle mit bloßem<br />

Auge erkennbar.<br />

Untersberger Marmor bekommt man<br />

in dem Steinbruch gleich am Beginn der<br />

Tour zu sehen.<br />

Untersberger Marmor<br />

wird seit Jahrhunderten wirtschaftlich<br />

genutzt. Dieser<br />

Aufschluss hier, wie Geologen<br />

Gesteinsfreilegungen ohne Bodenbedeckung<br />

und Bewuchs<br />

nennen, ist gleich in zweifacher<br />

Hinsicht interessant. Einmal ist<br />

es das Gestein selbst, das als dekorativer<br />

Baustein schon in der<br />

Römerzeit sehr geschätzt war.<br />

Man weiß das von Bruchstücken<br />

verschiedener Gegenstände, die<br />

man in einer Abfallhalde in der<br />

Nähe gefunden hat und die nun<br />

im Untersbergmuseum in Fürstenbrunn<br />

(www.museum.untersberg.net)<br />

ausgestellt sind.<br />

Untersberger Marmor kommt in<br />

unterschiedlichen Varietäten vor:<br />

von gelblichen und rötlichen,<br />

brekziösen Kalksteinen bis zu<br />

einer mit roten Flecken gesprenkelten<br />

Spielart, dem so genannten<br />

Forellenmarmor. Auf Grund<br />

seiner guten Bearbeitbarkeit, Polierfähigkeit<br />

und Beständigkeit<br />

wird das Gestein mit dem hier im<br />

wissenschaftlichen Sinn nicht<br />

zutreffenden Begriff »Marmor«<br />

bezeichnet.<br />

In weitestem Sinne ähnelt der<br />

Untersberger Marmor einigen<br />

der von mehreren Stellen am<br />

Alpennordrand bekannten »Marmoren«<br />

der Jurazeit. Sie wurden<br />

in der Gegend von Schwangau,<br />

Mittenwald, Tegernsee und Ruhpolding<br />

gebrochen oder befinden<br />

sich, wie südlich von Salzburg<br />

bei Adnet, immer noch in Abbau.<br />

Diese Kalksteine entstanden im<br />

Zeitraum von 200 und 150 Millionen<br />

Jahren vor heute in einem<br />

unruhigen Meer, das in unterschiedliche<br />

Becken und Schwellen<br />

gegliedert war. Im Verlauf<br />

der Bildung des Alpengebirges<br />

wurden die Schichten dieser Ablagerungsbereiche<br />

zusammengestaucht,<br />

übereinander geschoben<br />

und als so genannte Decken weit<br />

nach Norden transportiert.<br />

Obwohl er direkt auf einer solchen<br />

Decke liegt, besitzt der<br />

Untersberger Marmor hingegen<br />

eine ganz andere Entstehungsgeschichte.<br />

Zwar entstand auch er<br />

in einem unruhigen Meeresteil<br />

küstennah im Bereich von Riffen.<br />

Darauf weisen uns die vielen<br />

unterschiedlichen, mit Kalkspat<br />

zusammengekitteten Gesteinsbruchstücke<br />

und Reste von Fossilien<br />

hin. Allerdings sind diese<br />

Schichten wesentlich jünger, sie<br />

wurden erst in der Oberkreidezeit<br />

vor rund 85 Millionen Jahren<br />

abgelagert. Und das Besondere<br />

ist: Sie entstanden erst, nachdem<br />

die Hauptphase des Deckenbaus<br />

der Nördlichen Kalkalpen bereits<br />

abgeschlossen war. Die Sedimente,<br />

man bezeichnet sie nach<br />

ihrem typischen Vorkommen<br />

im Salzkammergut als »Gosau«,<br />

legten sich über den jeweiligen<br />

Untergrund, so wie er nach der<br />

Faltung und Verschiebung der<br />

Gesteine verblieben war: Darunter<br />

findet man fast alle Gesteine<br />

vom verfalteten Wettersteinkalk<br />

und Ramsaudolomit, ja sogar den<br />

Werfener Schichten vom Beginn<br />

der Triaszeit, bis zu den Riffkalksteinen<br />

des oberen Jura.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 75


Das Ziel der Tour ist nicht unbedingt der Gipfel, sondern eine Führung durch die<br />

Schellenberger Eishöhle.<br />

Heute werden Kugeln in verschiedenen<br />

Größen als Souvenir hergestellt.<br />

Fotos: Siegfried Garnweidner<br />

Schellenberger Eishöhle<br />

Mit der Schellenberger Eishöhle<br />

am Ziel unserer Tour erwartet<br />

uns auf bayerischem Gebiet<br />

eine weitere geologische Sensation.<br />

Denn hier, in 1570 Meter<br />

Höhe, befindet sich die einzige<br />

Eisschauhöhle Deutschlands.<br />

Sie wurde im Jahr 1826 erstmals<br />

erwähnt, seit 1874 laufen die Arbeiten<br />

zu ihrer Erforschung und<br />

Erschließung, die noch lange<br />

nicht abgeschlossen sind. Allerdings<br />

kann man bei der Führung<br />

etwa 500 Meter der bisher bekannten<br />

Länge von 3621 Meter<br />

besichtigen.<br />

Bei der Eishöhle, die auch im<br />

Geotopkataster Bayern des<br />

Landesamtes für Umwelt verzeichnet<br />

ist und aus geowissen-<br />

Nach dem Mahl führten sie ihn von einer<br />

Palasthalle in die nächste, jede großartiger<br />

als die vorherige: Mauern aus purem Gold,<br />

vier angekettete goldene Riesen und ein<br />

gekröntes Männlein, das die Riesen zusammenhielt.<br />

Die Bedeutung der Statuen konnte<br />

der Fuhrmann nicht erraten. Es wird gemunkelt,<br />

dass es in allen damals bekannten<br />

vier Weltteilen Krieg geben würde oder die<br />

vier größten Monarchen in unserem Erdteil<br />

schaftlicher Sicht als besonders<br />

wertvoll eingestuft wurde, handelt<br />

es sich nicht, wie bei der Eiskapelle<br />

am Fuß des Watzmanns,<br />

um eine Höhle innerhalb eines<br />

Gletschers oder Firneisfeldes.<br />

Hier ist ein großer Hohlraum<br />

im mächtigen Dachsteinkalk<br />

ganzjährig mit unterschiedlichen<br />

Eisbildungen gefüllt. Da<br />

die Temperatur in der Höhle nur<br />

geringfügig um die 0°-C-Marke<br />

pendelt, kommt es im jahreszeitlichen<br />

Wechsel zu teilweisem<br />

Abschmelzen und Zuwächsen.<br />

Dabei entstehen phantastische<br />

Figuren wie Seen, Vorhänge, Säulen,<br />

Stalagtiten und -miten aus<br />

Eis. Die Eismasse von geschätzt<br />

60 000 m³ bleibt aber im Wesentlichen<br />

ganzjährig erhalten.<br />

vom Kleinsten abhängig werden würden.<br />

Genaueres hat man nie erfahren. Dann<br />

zeigten die Bergmännlein dem Fuhrmann<br />

den gut gefüllten Weinkeller und entlohnten<br />

ihn mit einem Stein, mit dem er blinde<br />

Pferde sehend machen konnte, und so vielen<br />

Golddukaten, dass er bis an sein Ende<br />

in Wohlstand leben konnte. So angeblich<br />

geschehen am Untersberg im Jahre 1694.<br />

Wer die Tour über den Weinsteig zur Schel-<br />

Kugelmühlen am<br />

Untersberg<br />

Seit Jahrhunderten hat man rund um den<br />

Untersberg Steinkugeln von unterschiedlicher<br />

Größe und Farbe hergestellt. Um<br />

sich die Arbeit zu erleichtern, verwendete<br />

man dazu wassergetriebene Kugelmühlen.<br />

Bereits im Jahr 1683 wurden die ersten<br />

eingerichtet, die damit zu den ältesten<br />

Gewerbebetrieben im heutigen Bayern<br />

gehören. Vor allem Bergbauern, die sich<br />

damit eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit<br />

zur Land- und Holzwirtschaft erschlossen,<br />

gingen dem Gewerbe nach. Um die Mitte<br />

des vorletzten Jahrhunderts liefen am<br />

Almbach etwa 40 Kugelmühlen, in der<br />

Umgebung gab es noch 90 weitere. Heute<br />

sind am Untersberg nur mehr zwei Mühlen,<br />

am Almbach und beim Untersbergmuseum<br />

Fürstenbrunn, in Betrieb. Dort werden<br />

Kugeln verschiedener Größe als Souvenir<br />

hergestellt.<br />

Als Ausgangsmaterial für die Kugeln<br />

dienten Abfälle der Kalkstein-Steinbrüche<br />

am Untersberg, aber man nahm auch<br />

vorgerundete Steine aus den Bächen.<br />

Zuerst wurden sie mit einem Hammer einigermaßen<br />

rund geschlagen, dann kamen<br />

die Rohlinge in die Mühle. Man legte sie<br />

zwischen einen unteren, feststehenden<br />

Schleifstein aus hartem Sandstein und<br />

eine obere Drehscheibe aus Buchenholz,<br />

die mit einem Wasserrad angetrieben war.<br />

Der Mahlvorgang dauerte je nach Größe<br />

der Kugeln zwischen zwei und acht Tagen.<br />

Anschließend erfolgt der Feinschliff und<br />

zum Schluss noch eine Politur.<br />

76 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


lenberger Eishöhle psychisch oder physisch<br />

nicht packt, kann z. B. auf die spannende<br />

Wanderung durch die idyllische Almbachklamm<br />

nach Ettenberg ausweichen.<br />

Lohnend und ziemlich ruhig ist außerdem<br />

die Wanderung von Großgmain durch den<br />

Naturpark Untersberg auf den Hirschangerkopf.<br />

◀<br />

IN DER NÄCHSTEN FOLGE: Teil 13: Flyschgesteine<br />

an der Hohen Bleick in den Ammergauer Alpen<br />

KOMPAKT<br />

Salzburger Hochthron<br />

(1852 m), Berchtesgadener<br />

Alpen<br />

Tourenkarte 11/<br />

12 Heftmitte<br />

Charakter: Im oberen Bereich<br />

sehr abwechslungsreiche Bergtour für ein<br />

tagesfüllendes Programm<br />

Anforderungen: Sehr lange, anstrengende,<br />

aber nicht schwierige Bergtour.<br />

An einigen Stellen sind Trittsicherheit und<br />

Schwindelfreiheit erforderlich, insbesondere<br />

beim Abstieg vom Gipfel zur Eishöhle auf<br />

dem Toni-Lenz-Weg und dem spektakulären<br />

Thomas-Eder-Steig.<br />

Ausgangs-/Endpunkt: Parkplatz Römerstraße<br />

beim Marmorwerk Steindl (585 m)<br />

Hütte: Toni-Lenz-Hütte (nicht direkt an der<br />

Route)<br />

Gehzeiten: Aufstieg 3¼ Std.;<br />

Abstieg 3½ Std.<br />

Karten: Alpenvereinskarte 1:25 000,<br />

Blatt BY 22; Topografi sche Karte des Bayer.<br />

Landesamtes für Vermessung und Geoinformation<br />

1:50 000, Blatt UK50-55; Kompass<br />

Wanderkarte 1:50 000, Blatt 14<br />

Tourenführer: Witt/Höfl er »Die 40<br />

schönsten Wanderungen in den Berchtesgadener<br />

Alpen«, Bruckmann Verlag; Garnweidner<br />

»Großer Wanderatlas Chiemgau<br />

– Berchtesgaden«, Kompass-Verlag<br />

Schellenberger Eishöhle: Besichtigung<br />

von Mai bis Oktober mit Führer. Für die<br />

Besucher stehen am Sammelpunkt in der<br />

Höhle Lampen bereit. Die Temperaturen in<br />

der Höhle liegen zwischen -0,5 und +1,0<br />

Grad. Infos unter: 83487 Marktschellenberg,<br />

Tel. 0 86 50/3 41, www.eishoehle.net<br />

Almbachklamm<br />

Viele kleine Bäche sammeln sich<br />

am Untersberg zum Almbach,<br />

der sich zwischen Kneifelspitze<br />

und Ettenberg einen wilden Weg<br />

sucht, bevor er in die Berchtesgadener<br />

Ache mündet. Der Bach<br />

hat sich nach der letzten Eiszeit<br />

einen tiefen Durchlass geschaffen<br />

und dabei auch vor hartem<br />

Gestein nicht Halt gemacht.<br />

Wie an manch anderen Stellen<br />

im ehemals vergletscherten<br />

Alpenraum bildete sich auch<br />

hier, wo die steile Ostflanke<br />

des Untersberges zum Tal der<br />

Berchtesgadener Ache abfällt,<br />

eine typische Klamm. Sie wurde<br />

bereits im Jahr 1894 touristisch<br />

erschlossen und ist als wertvolles<br />

Geotop im Geotopkataster<br />

Bayern registriert. Mächtige<br />

Abfolgen von relativ hartem<br />

Ramsaudolomit, der zur gleichen<br />

Zeit wie der bekannte<br />

Wettersteinkalk in der Mittleren<br />

Trias vor etwa 240 Millionen Jah-<br />

Der Almbach hat sich<br />

auch in hartes Gestein<br />

gegraben und eine typische<br />

Klamm gebildet.<br />

ren abgelagert wurde, bildeten<br />

hier ein natürliches Bollwerk.<br />

Dies musste der Almbach erst<br />

einmal überwinden. Weil der<br />

Höhenunterschied bis zum<br />

tiefer liegenden Flusstal sehr<br />

groß war – auch heute beträgt<br />

er noch mehrere hundert Meter<br />

– überwand der Bach die Geländestufe<br />

nach dem Abschmelzen<br />

der letzten Gletscher zunächst<br />

als Wasserfall. Auf Grund seiner<br />

hohen Erosionskraft schnitt er<br />

sich dann allmählich tief in die<br />

Gesteinsbarriere ein und bildete<br />

bald eine schmale Öffnung<br />

mit überwiegend senkrechten<br />

Seitenwänden – eine typische<br />

Klamm.<br />

Dieser Wasserlauf war ideal für<br />

die Holztrift. Am oberen Eingang<br />

in die enge Klamm konnte<br />

mit vertretbarem Aufwand eine<br />

Staumauer, eine so genannte<br />

Triftklause gebaut werden. Mit<br />

ihr wurde das Wasser zurückgehalten,<br />

bis man es in einem<br />

gewaltigen Schwall zusammen<br />

mit dem Holz zu Tal beförderte.<br />

Bei der Kugelmühle wurde das<br />

Holz dann am Triftrechen gesammelt.<br />

Die Theresienklause<br />

am oberen Ende der Almbachklamm<br />

wurde 1836 errichtet<br />

und ist nach der bayerischen<br />

Königin Therese, der Gemahlin<br />

Ludwigs I., benannt. Bis ins Jahr<br />

1963 war die Holztrift im Almbach<br />

in Betrieb.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 77


AUF TOUR<br />

WinterStille Gipfel in der Fanes<br />

in Mittelerde<br />

Feine Fanes: Die Hochalmen<br />

bieten zig Varianten, für Schneeschuh-<br />

und Skitourengeher. Im<br />

Hintergrund der Monte Castello<br />

und die Tofanagipfel<br />

Viele verbinden die Dolomiten<br />

in der Wintersaison mit<br />

»Superski« und Skischaukel.<br />

Doch die Fanes hat sich fern<br />

der touristischen Zentren<br />

ihren ganz eigenen Zauber<br />

bewahrt. Eine Entdeckungsreise<br />

zu Prinzessin Dolasilla<br />

und zum jungen Helden Eyde-Net.<br />

Von Sandra Zistl<br />

78 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄12


Unverwundbare Prinzessin, die am Ende<br />

doch besiegt wird: Dolasilla im Holzrelief<br />

Die kleinen Hütten an der Schwelle zur Fanesalpe sind im Winter geschlossen. Doch Fanesund<br />

Lavarellahütte sind nur noch wenige Minuten entfernt.<br />

Der Traum eines jeden Skitourengehers:<br />

unverspurte Hänge zum Abfahren<br />

Fotos: Max Willeit, Tourismusverein St. Vigil in Enneberg, Sandra Zistl, Simon Kehrer<br />

Plötzlich ist er da. Etwa 20 Meter<br />

entfernt, inmitten der weiß überzuckerten<br />

Felsbrocken unterhalb<br />

der Zehnerspitze sitzt ein Schneehase.<br />

Hinter ihm schwingt sich der<br />

Gipfelhang steil auf, und die Vorstellung,<br />

bald die ersten Skispuren in den Pulver zu<br />

ziehen, hat die Aufmerksamkeit der Tourengeher<br />

gebündelt. Der Hase richtet sich<br />

mit einem Ruck auf. Die abrupte Bewegung<br />

macht ihn, der die Farbe seiner Umgebung<br />

trägt, plötzlich lokalisierbar. Er scheint so<br />

verblüfft, Menschen zu sehen, dass er erst<br />

einmal gar nicht an Flucht denkt.<br />

Begegnungen wie diese sind in der Bergwelt<br />

der Fanes keine Seltenheit. Wer sich nur<br />

wenige hundert Meter von den beiden Hütten<br />

der Alpe entfernt, findet sich oft allein<br />

auf Tour. Nur 530 Höhenmeter und sechs<br />

Kilometer vom Parkplatz in Pederü entfernt,<br />

eröffnet sich hier oben eine eigene Welt. Ein<br />

Kranz aus weißen, bis zu 3000 Meter hohen<br />

Gipfeln schließt die kleine und große Fanesalpe<br />

ein – zwei Kessel auf knapp über<br />

2000 Metern. Zwei Hütten, Fanes und Lavarella,<br />

bilden die idealen Ausgangspunkte<br />

für gut 30 Gipfelvarianten. Je nachdem von<br />

welcher Terrasse aus der Tourengeher in<br />

die Berge blickt, baut sich vor seinem Auge<br />

entweder das Panorama rund um Lavarella<br />

(3055 m), Neuner- (2968 m) und Zehnerspitze<br />

(3026 m) auf oder jenes von Monte del<br />

Vallon Bianco (2687 m), den Furcia-Rossa-<br />

Spitzen (2703 bis 2806 m), Monte Castello<br />

(2760 m), Monte Casale (2707 m) und Monte<br />

Cavallo (2862 m). Und, mit ihrer imposanten,<br />

weiß schimmernden Südflanke, die besonders<br />

fotogene Pareispitze (2794 m).<br />

Früher wie heute ein Geheimtipp<br />

Obwohl die Fanesalpe heute auch im Winter<br />

innerhalb von zwei, drei Stunden leicht<br />

zu erreichen ist – zu Fuß, auf Ski oder mit<br />

der Schneekatze der Hüttenwirte – hat sie<br />

kaum etwas von ihrem Zauber eingebüßt.<br />

Die gern zitierte »wilde Bergwelt der Fanes«<br />

ist mit zwei modern ausgestatteten Hütten<br />

komfortabler geworden, aber nicht weniger<br />

reizvoll. Denn da der Gast mit dem Auto<br />

nicht direkt vor die Tür fahren kann, tummeln<br />

sich dort oben nur Tourengeher und<br />

Schneeschuhwanderer. Die Fanes versteckt<br />

sich so nach wie vor ganz gut hinter den von<br />

Postkarten bekannten (und zum Teil mit<br />

Skigebieten gepflasterten) Massiven der Drei<br />

Zinnen, der Tofanen, des Sella-Stocks und<br />

der Marmolada.<br />

»Wenige Theile in diesen Kalkalpen wird<br />

es geben, wo die Natur so überaus grossartig<br />

und wild sich zeigt wie hier«, notierte<br />

Paul Grohmann, Erstbesteiger mehrerer<br />

Dolomitengipfel und Mitbegründer des<br />

Österreichischen Alpenvereins, 1877 in<br />

seinem Buch »Wanderungen in den Dolomiten«.<br />

Doch die Fanes blieb ein Geheimtipp.<br />

Bereits hundert Jahre zuvor hatte der<br />

Innsbrucker Peter Anich den »Atlas Tyrolensis«<br />

herausgegeben. Jahrelang hatte er<br />

Nord- und Südtirol in damals einzigartiger<br />

Genauigkeit kartografiert. Östlich des Abteitales<br />

verzeichnete er in einer Karte den<br />

»H. Creutz Kofel« – und daneben etwa acht<br />

Zentimeter namenlose Fantasielandschaft.<br />

Mit der östlich hinter dem Heiligkreuzkofel<br />

gelegenen Fanes hatte er offenbar nicht<br />

gerechnet.<br />

Wer zum ersten Mal von der anderen Seite<br />

– also von Pederü kommend – am Rande<br />

des Talkessels steht, wäre auch heute nicht<br />

verwundert, wenn ihm ein Hobbit auf Ski<br />

oder mit Schneeschuhen begegnete, freundlich<br />

grüßte und ihn zum Abendessen einlüde.<br />

Denn obwohl der Aufstieg über eine<br />

Fahrstraße führt, auf der dem Tourengeher<br />

Tagestouristen auf Schlitten oder einer der<br />

Wirte mit seiner Schneekatze begegnen,<br />

wirkt der Kessel der kleinen Fanesalpe wie<br />

ein von Fabelwesen bewohnter Mikrokosmos.<br />

Winter in Mittelerde, so ähnlich würde<br />

er aussehen. Kein Wunder, dass hier oben<br />

Sagen entstanden sind, zwar nicht mit Hobbits,<br />

aber dafür mit Königen, Prinzessinnen<br />

und Murmeltieren.<br />

Mit wehendem Haar sitzt sie auf ihrem<br />

Pferd, in einer Hand den Bogen, die andere<br />

zum Gruß erhoben. Ihre schmale Taille wird<br />

von einem Harnisch umgeben, der Jüngling<br />

mit dem Schild blickt bewundernd zu ihr<br />

auf: Dolasilla, Prinzessin aus der Fanessage,<br />

und Ey-de-Net, der junge Held, in den sie sich<br />

verliebt. Die Geschichte der beiden bildet einen<br />

Teil der ausschweifenden Legende.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 79


TOUREN<br />

Die sieben<br />

schönsten Skitouren<br />

im Fanesgebiet<br />

Fotos: Sandra Zistl (2), Simon Kehrer/Tourismusverein St. Vigil in Enneberg<br />

Eine der schönsten Touren:<br />

die Lavarellaspitze mit<br />

ihrem Doppelgipfel, links<br />

Piz Parom und Piz Stiga<br />

Ein massives Holzrelief im Treppenhaus der<br />

Lavarallahütte hat die beiden inmitten der<br />

Bergkulisse rund um die Fanesburg (2657 m)<br />

verewigt.<br />

Mit der Schneekatze zur Schule<br />

Wirt Hanspeter Frenner ist mit der Sage<br />

aufgewachsen. »Die Oma hat uns immer<br />

davon erzählt«, erinnert er sich. Mittlerweile<br />

ist der 56-Jährige bereits selbst Großvater,<br />

und die Enkelinnen Emma (7) und Marta (3)<br />

lauschen seinen Erzählungen. Denn auf der<br />

Lavarellahütte leben noch heute drei Generationen<br />

zusammen. Vom zweiten Weihnachtsfeiertag<br />

bis zwei Wochen nach Ostern<br />

sind sie zusammen auf der Alm. Jeden<br />

Morgen bringt der Großvater die Kleinen<br />

mit der Schneekatze hinunter nach Pederü<br />

und von dort mit dem Auto nach St. Vigil.<br />

Während Emma und Marta Kindergarten<br />

und Schule besuchen, erledigt er seine Einkäufe.<br />

Sieht man von dem ungewöhnlichen<br />

Schulbus und dem Internet-Anschluss auf<br />

der Lavarellahütte ab, verbringen die beiden<br />

also eine ähnliche Kindheit wie ihr<br />

Großvater Hanspeter. Der Familienbesitz<br />

an der mehrmals renovierten und erweiterten<br />

Hütte geht noch weiter zurück. Von<br />

Idealer Ausgangspunkt: die Lavarellahütte<br />

1912 stammt das erste schriftliche Dokument,<br />

dass das Gebäude mit der Hausnummer<br />

»St. Vigil 125« erwähnt.<br />

Mehr als 250 Alpenvereinshütten gab es zu<br />

dieser Zeit bereits in den Ostalpen, aber keine<br />

auf der Fanes. Veröffentlichungen von<br />

damals beklagen genau diese Tatsache. Wer<br />

das Sagenreich erkunden wollte, war darauf<br />

angewiesen, dass ihm einer der Senner<br />

eine Nacht im Heu gewährte. Die Sektionen<br />

Ladinia und Danzig bemühten sich zwar<br />

lange um eine Genehmigung, erhielten sie<br />

aber nicht, weil die Jagdpächter dagegen<br />

waren. Dem Bewirtschafter der Kleinfanesalm,<br />

an deren Platz heute die Lavarellahütte<br />

steht, war das offenbar egal. Er bot<br />

<strong>Bergsteiger</strong>n an, im Lager zu übernachten.<br />

So konnte die Fanes vergangenen Herbst<br />

ihren 100. Geburtstag feiern.<br />

Frontgebiet im Ersten Weltkrieg<br />

Die friedliche Kulisse, das Lachen der Kinder,<br />

der <strong>Reiz</strong> der weißen Hänge – kaum<br />

vorstellbar, dass hier einst Pferdefuhrwerke<br />

mit Munition, Essen und Trinken hinaufratterten,<br />

um die Soldaten an der Front<br />

zu versorgen. Denn auch in diesem Teil der<br />

Dolomiten standen sich italienische »Alpini«<br />

und österreichische »Kaiserjäger« und<br />

deren Verbündete vom Deutschen Alpenkorps<br />

drei Sommer und zwei schreckliche<br />

Winter lang gegenüber. Blitz und Steinschlag,<br />

Kälte und Lawinen forderten von<br />

Mai 1915 bis Oktober 1917 zeitweise mehr<br />

Opfer als die Schüsse des Feindes. Die Front<br />

verlief mitten durch die südöstliche Bergkette<br />

der Fanes, vom Lagazuoi im Süden<br />

über die Fanesspitzen, Monte Cavallo und<br />

Monte Castello, Furcia Rossa und bis hinüber<br />

zum Monte del Vallon Bianco.<br />

Der Verein »Dolomitenfreunde« begann<br />

1973 damit, die Originalpfade des Ersten<br />

Weltkrieges wieder begehbar zu ma-<br />

1 Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />

▶ mittel 5 Std.<br />

900 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Klassische Tour in sehr<br />

schöner Berglandschaft durch das<br />

Herz der Fanes. Technisch etwas<br />

anspruchsvoller am Gipfel<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

(knapp über 2000 m)<br />

Route: Von der Lavarellahütte<br />

über die Hochfl äche zur Kreuzkofelscharte<br />

und von dort über den<br />

breiten Gratrücken bis zum Skidepot<br />

auf dem Vorgipfel, der Pilatospitze.<br />

Durch eine Schneerinne und über<br />

den Grat zum Gipfel. Abfahrt über die<br />

gleiche Route<br />

2 Monte Castello (2760 m)<br />

▶ leicht 4 Std.<br />

720 Hm + 12 J.<br />

Charakter: Sehr beliebte Tour, die viele<br />

Tourengeher an der Biwakschachtel<br />

des Bivacco della Pace beenden. Die<br />

Felsen des Gipfels verlangen<br />

klettertechnisches Können.<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Faneshütte zur Großen<br />

Fanesalm, von dort nach Süden ins<br />

Vallon Bianco. In einem Linksbogen<br />

hinauf zum Bivacco della Pace<br />

3 Zehnerspitze (3026m)<br />

▶ schwierig 4–5 Std.<br />

980 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Schwierige Skitour, aber<br />

sehr lohnend wegen der großartigen<br />

Berglandschaft. Am Schluss fast<br />

senkrechte Flanke, ausgesetzt, bei<br />

schneefreien Verhältnissen Fixseil<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Lavarellahütte in<br />

Richtung Fanesburg, nordwestlich<br />

an ihr vorbei über eine Landschaft<br />

mit großen Felsblöcken. Dann sehr<br />

steile Hänge bis zum Südwestgrat der<br />

Zehnerspitze<br />

4 Neunerspitze (2968 m)<br />

Tourenkarte 7<br />

Heftmitte<br />

Tourenkarte 8<br />

Heftmitte<br />

▶ schwierig 3–4 Std.<br />

930 Hm + 14 J.<br />

80 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Faneshütte und Lavarellahütte sind ideale<br />

Ausgangspunkte für etwa 30 Gipfeltouren.<br />

Wir haben die reizvollsten für Sie ausgesucht.<br />

Saunafreuden an der Lavarellahütte<br />

Charakter: Beliebte, aber technisch<br />

anspruchsvolle Tour, bei der ein lawinengefährlicher<br />

Steilhang passiert<br />

werden muss<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Lavarellahütte<br />

zunächst Richtung Nordwesten aufsteigen<br />

und über Gelände mit großen<br />

Felsblöcken zu einem keilförmigen<br />

Steilhang. Mit Spitzkehren hinauf und<br />

weiter bis zum Grat. Auf der Südseite<br />

des Gratrückens zum Skidepot<br />

5 Lavarella (3055 m)<br />

▶ mittel 4–5 Std.<br />

1010 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Sehr beliebte Tour, bei<br />

der allerdings eine ausgesetzte Passage<br />

überwunden werden muss<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Lavarellahütte zur<br />

Mulde des Paromsees. Am östlichen<br />

Rand entlang ins Paromtal. Im Talschluss<br />

rechts, durch eine Schneerinne<br />

zur Scharte des Nordgrats. Dort<br />

nach links, erst ausgesetzt, dann<br />

leichter Aufstieg zum Gipfel<br />

6 Monte Casale (2707 m)<br />

▶ mittel 4–5 Std.<br />

670 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Klassische Skitour mit<br />

besonders lohnender, langer Abfahrt<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Faneshütte in Richtung<br />

Vallon Bianco. In Südost-Richtung<br />

über weite, freie Hänge aufwärts. Etwas<br />

250 Hm unterhalb des Monte Castello<br />

weiter Richtung Süden. Unterhalb der<br />

Casalescharte sehr steiler Hang. Lange,<br />

leichte Abfahrt durch das Vallon Bianco<br />

7 Pareispitze (2794 m)<br />

▶ mittel 3 Std.<br />

750 Hm + 14 J.<br />

Charakter: Relativ lawinensicher, tolles<br />

Panorama, Gefahr von Wechten<br />

Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />

Route: Von der Faneshütte zum Limojoch,<br />

nach links und um den Limosee<br />

herum. Durch Felsblöcke und Latschen<br />

zum Fuß der steilen Westhänge, auf<br />

etwa 2425 m nach rechts in fl acheres<br />

Gelände ausweichen und durch zwei<br />

Hochtäler zum Südsporn der Pareispitze.<br />

Dort nach links und steil hinauf zum<br />

Gipfelgrat<br />

RAGNA<br />

KRÜCKELS<br />

staatl. geprüfte<br />

Berg- und Skiführerin<br />

TALENT<br />

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■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />

Guide 30+ SL<br />

» Women`s Fit Version<br />

Alpine Serie<br />

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Offizieller Ausrüster des<br />

Verbands der Deutschen<br />

Berg- und Skiführer


Fotos: Sandra Zistl, Simon Kehrer<br />

STOLZ AUF DAS LADINISCHE<br />

Ücia Lavarella, Sass dles Nö oder Mai Guai: Das<br />

ist keine fantasievolle, melodische Kindersprache,<br />

das sind die Lavarellahütte, die Neunerspitze<br />

und der Ausspruch »nie Schwierigkeiten« auf<br />

Ladinisch. Es handelt sich dabei um eine Gruppe<br />

romanischer Dialekte, die in mehreren Tälern<br />

Oberitaliens gesprochen werden, vor allem in<br />

Gadertal, Fassatal, Cortina und der Provinz<br />

Belluno. Ähnlich wie beim Bairischen existieren<br />

auch innerhalb des Ladinischen regionale<br />

Unterschiede. Meist bilden die Talgrenzen auch<br />

in etwa die Sprachgrenzen. Und ähnlich wie die<br />

Bayern sind die Menschen hier sehr stolz auf<br />

ihren Dialekt. Einige Gemeinden erkennen das<br />

Ladinische als regionale Behörden- und Schulsprache<br />

an. Etwa 30 000 Menschen zählt die<br />

Sprachgruppe heute. Im Alpenraum hat es das<br />

Ladinische in den vergangenen Jahren zu etwas<br />

höherer Bekanntheit gebracht, da die Band<br />

»Ganes« in der Sprache ihrer Heimat singt. Die<br />

schönen Stimmen der drei »Wasserhexen« Elisabeth<br />

und Marlene Schuen und ihrer Cousine<br />

Maria Moling aus La Val sind mittlerweile im<br />

kompletten Alpenraum bekannt. »Mai Guai« ist<br />

der Titel ihres zweiten Albums.<br />

chen. Die Freiwilligen rund um den österreichischen<br />

Offizier Walther Schaumann<br />

brachten neue Sicherungsdrahtseile und<br />

Leitern an, spannten eine Eisenbrücke über<br />

die Schlucht zwischen Monte del Vallon Bianco<br />

und Furcia Rossa und errichteten zwei<br />

Biwakhütten, das Bivacco Baccon-Baborka<br />

und das Bivacco della Pace. Eine der belieb-<br />

Finaler Anstieg zur Zehnerspitze<br />

– den Gipfel erklimmt<br />

man freilich ohne Ski.<br />

testen Skitouren der Fanesaspiranten führt<br />

am Friedensbiwak (Skidepot, 2760 m) vorbei<br />

zum Monte Castello.<br />

Naturpark statt Dolomitenstraße<br />

Der Krieg hatte den beginnenden Bergtourismus<br />

auf der Fanes jäh beendet. Erst mit<br />

dem Bau der beiden Hütten kam wieder Leben<br />

auf die Almen. Auch die zweite, deutlich<br />

größere Faneshütte befindet sich seit<br />

Generationen in Familienbesitz: Seit 1928<br />

wird sie von der Familie Mutschlechner bewirtschaftet.<br />

Ebenso wie die Lavarellahütte<br />

bildet sie einen idealen Ausgangspunkt für<br />

alle Touren in der Fanes. Wer sich die Gipfel<br />

im Südosten vorgenommen hat (Pareispitze,<br />

Monte del Vallon Bianco, Furcia-Rossa-<br />

Spitzen, Monte Castello, Monte Casale,<br />

Monte Cavallo), ist diesen ein klein wenig<br />

näher, denn die Hütten liegen etwa 500 Meter<br />

auseinander.<br />

Strategisch günstig erschien übrigens auch<br />

einigen Verkehrsplanern die Lage der Fanesalpe:<br />

Ende der 1970er-Jahre verfolgten<br />

sie die Idee einer großen Dolomitenstraße<br />

zwischen St. Vigil und Cortina d‘Ampezzo.<br />

Sie konnten sich zum Glück nicht durchsetzen.<br />

Stattdessen wurde 1980 der Naturpark<br />

Fanes-Sennes-Prags gegründet, der mit<br />

25 680 Hektar größte Naturpark der Dolomiten.<br />

Zusammen mit acht weiteren Dolomitenregionen<br />

ist dieser seit 2009 außerdem<br />

Weltnaturerbe der Unesco.<br />

Und so sitzt der Schneehase immer noch mit<br />

erhobenen Pfötchen im funkelnden Weiß<br />

und blickt die Menschen an. Als einer der<br />

Tourengeher seine Hand in Richtung Kameratasche<br />

bewegt, ist es jedoch vorbei mit seiner<br />

Starre: Der Hase spurtet los. Eine kurze<br />

Zeit lässt sich der weiße Popo, der schnurstracks<br />

bergauf hoppelt, noch verfolgen.<br />

Dann wird er eins mit der Schneedecke. ◀<br />

Lohnende Gratwanderung<br />

von Pederü<br />

aus ins Gebiet der<br />

Sennes: Col de<br />

Riciogogn<br />

KOMPAKT<br />

Zu den Gipfeln im Reich der Fanes<br />

Anreise: Über den Brenner,<br />

Ausfahrt Brixen/Pustertal;<br />

Richtung Bruneck ins Pustertal,<br />

dann kurz vor St. Lorenzen<br />

abbiegen nach Süden ins<br />

Gadertal, das in Richtung Alta<br />

Badia führt. Über St. Vigil in<br />

Enneberg und das Tamersc-<br />

Tal nach Pederü. Dort gibt es<br />

einen großen Parkplatz.<br />

Touristische Informationen:<br />

Tourismusverein St.<br />

Vigil/San Vigilio, Catarina Lanz<br />

Straße 14, 39030 St. Vigil<br />

in Enneberg, Tel. 00 39/04<br />

74/50 10 37, www.sanvigilio.<br />

com, info@sanvigilio.com<br />

Berghütten: Faneshütte<br />

(2060 m), geöffnet von Anfang<br />

Juni bis Mitte Oktober und von<br />

Mitte Dezember bis Mitte April,<br />

www.rifugiofanes.com, Tel. 00<br />

39/04 74 50 10 97, info@<br />

rifugiofanes.com; Lavarellahütte<br />

(2042 m), geöffnet von<br />

Mitte Juni bis Mitte Oktober<br />

und vom 26. Dezember bis<br />

zwei Wochen nach Ostern,<br />

mit fi nnischer Sauna, www.<br />

lavarella.it, Tel. 00 39/04 74<br />

50 10 79, rifugio@lavarella.it<br />

Führer: Auf der Website der<br />

Lavarellahütte fi nden sich<br />

unter der Rubrik »Aktivitäten«<br />

30 detaillierte Tourenbeschreibungen.<br />

Die Website der<br />

Faneshütte bietet ebenfalls<br />

mehrere Tourenvorschläge.<br />

Beide Hütten verkaufen die<br />

gesammelten Tourentipps<br />

auch als kleines Heftchen<br />

auf der Hütte: »Fanes erleben<br />

– Ski- und Wandertouren zu<br />

den schönsten Gipfeln im<br />

Fanesreich«. Stefan Herbke<br />

»Dolomiten – Rother<br />

Skiführer«, Bergverlag Rother,<br />

Oberhaching 2013<br />

Karte: Tabacco 1:50 000,<br />

Nr. 03 »Cortina d’Ampezzo e<br />

Dolomiti Ampezzane«<br />

82 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


alpinprogramm.de<br />

Wenn Sie höher hinaus wollen<br />

Foto: Wolfgang Ehn<br />

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Unser „alpinprogramm“ bietet rund 3.500 Kurse und<br />

Touren pro Jahr in allen Bergsportarten – von der<br />

Hausberg-Wanderung bis zum Gletscherkurs.<br />

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sich von unserer Bergbegeisterung anstecken und<br />

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Mehr Infos: DAVplus.de


SERVICE<br />

Stille<br />

Helfer<br />

SERIE: Stille Helfer<br />

Teil 1: Der Rucksack im Wandel der Zeit<br />

EINE INITIATIVE VON<br />

+<br />

Die Last der Freiheit<br />

Ein Rucksack steht wie kein anderer Ausrüstungsgegenstand<br />

für Individualität, Aufbruch<br />

und Natur. Seit Ötzis Zeiten ist das Konstruktionsprinzip,<br />

das dahinter steckt, das gleiche<br />

geblieben. Von Moritz Baumstieger<br />

84 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Alles dabei: Bei größeren Touren muss das Gepäck für mehrere Tage im Rucksack Platz finden.<br />

Fotos: Royal Geographical Society, Archiv des Deutschen Alpenvereins München, Robert Bösch/Mammut<br />

Als Anshu Jain 2012 den Vorstandsvorsitz<br />

der Deutschen Bank übernahm,<br />

beschäftigte die Öffentlichkeit<br />

vor allem eines: sein<br />

Rucksack. Nicht die indische Herkunft<br />

des Top-Bankers, nicht seine riskanten<br />

Hypothekengeschäfte, nicht sein Hobby, das<br />

Cricketspielen. Es war der Rucksack, der irritierte.<br />

Jain steht für Milliardengeschäfte und<br />

Vorstandsetage – und so einer schnallt sich<br />

seine Akten auf den Buckel, anstatt einen<br />

vornehmen Lederkoffer zu nehmen?<br />

Die Verwirrung war groß. Mit dem Rucksack<br />

verbindet man Freiheit, Natur, Individualität.<br />

Der Rucksack ist mehr als ein Gefäß, mit dem<br />

man Dinge transportiert. Man packt ihn für<br />

Touren in den Bergen, für weite Reisen, meist<br />

verbunden mit körperlicher Anstrengung.<br />

Wie kein anderer Ausrüstungsgegenstand<br />

steht er damit für ein bestimmtes Lebensgefühl.<br />

Wer Rucksack trägt, will zeigen: Ich bin<br />

unabhängig, mobil, verzichte auf Luxus. Ich<br />

will die Welt auf meine Art kennenlernen,<br />

verlasse dafür die ausgetretenen Pfade. Alles,<br />

was ich brauche, schleppe ich selbst.<br />

Als sich der Mensch entschloss, seine Höhlen<br />

zu verlassen, stand er vor einem Problem:<br />

Wer raus will in die Welt, muss ein paar Sachen<br />

mitnehmen. Essen, warme Kleidung.<br />

Vielleicht noch etwas, das an die Heimat erinnert.<br />

»Homo portans« nennen einige Kulturwissenschaftler<br />

uns deshalb, »tragender<br />

Mensch«.<br />

Doch wie sollte man das anstellen? Die Menge<br />

an Sachen, die sich in der Hand tragen lassen,<br />

ist begrenzt. Und ziemlich bald dürften die<br />

Hauptsache, der Rucksack sitzt: Howard<br />

Sommervell, Arthur Wakefield und George<br />

Mallory (v. r.)<br />

Menschen bemerkt haben, dass es praktisch<br />

ist, beim Gehen die Hände frei zu haben. Zum<br />

Beerenpflücken, zum Klettern. Um sich den<br />

Schweiß von der Stirn zu wischen. Also dachte<br />

sich der Mensch etwas aus.<br />

Der erste verbürgte Rucksackträger lebte lange<br />

vor Anshu Jain, und Überlegungen zum<br />

Lebensgefühl und Image seinesgleichen dürften<br />

ihm herzlich egal gewesen sein. Für den<br />

Mann, den wir heute als Ötzi kennen, war das<br />

Tragen auf dem Rücken blanke Notwendigkeit.<br />

Die Wissenschaftler streiten noch, ob er<br />

Hirte oder Sammler war, in beiden Fällen aber<br />

musste er viel Zeit draußen verbringen. Ötzi<br />

hatte deshalb eine jungsteinzeitliche Version<br />

der heutigen Trekkingausrüstung: Unter anderem<br />

eine aus Gras geflochtene Matte, wahrscheinlich,<br />

um darauf zu schlafen, ein Beil,<br />

einen Übermantel, zwei kleine Dosen aus Birkenrinde,<br />

in denen er etwas Glut transportierte,<br />

um Feuer machen zu können. Und eine<br />

Kraxe, in der er all das transportierte.<br />

Im Grab des Steinzeitmenschen unter dem<br />

Hauslabjoch fand man ein Tragegestell aus<br />

gebogenen Haselnussstecken und Querstreben,<br />

die Bespannung hat die Jahrtausende<br />

nicht überdauert. Diese Überreste haben auf<br />

den ersten Blick nichts mit den Hightech-<br />

Rucksäcken zu tun, mit denen wir jetzt, 5300<br />

Jahre später, zum Vergnügen durch die Berge<br />

laufen. Aber das Konstruktionsprinzip ist<br />

gleich geblieben: ein möglichst leichter Rahmen,<br />

der auf den Rücken geschnallt und an<br />

dem der Tragesack aufgehängt wird.<br />

Natürlich sind die Materialien leichter und<br />

widerstandsfähiger geworden, statt Fellen<br />

oder Grasgeflecht nahm man erst Filz, dann<br />

Leinen, heute wasserabweisende Synthetikfasern.<br />

Anstelle des Holzgestells, das die Bergbewohner<br />

noch lange in der Landwirtschaft<br />

nutzten, traten Rahmen aus Leichtme-<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 85


Früher: Auch auf Expeditionen<br />

wie hier im Karakorum<br />

anno 1954 mussten<br />

<strong>Bergsteiger</strong> einst mit<br />

einfachen Rucksäcken<br />

auskommen.<br />

Taglingers<br />

Tipp: Rucksack<br />

richtig packen<br />

Schließlich waren es<br />

die stets effizienten<br />

Preußen, die den<br />

Brustriemen einführten.<br />

So ließen<br />

sich noch schwerere<br />

Lasten tragen.<br />

Heute: In modernen<br />

Rucksäcken<br />

steckt jede Menge<br />

Forschung und<br />

Entwicklung.<br />

tall, die schließlich ins Innere der Konstrution<br />

wanderten und gepolstert wurden.<br />

Einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung<br />

leistete wie so oft das Militär. Soldaten<br />

mussten mobil sein, einen Teil ihrer Ausrüstung<br />

selbst tragen, ohne dadurch im Kampf<br />

behindert zu sein. Vom 17. Jahrhundert an<br />

wurden die Soldaten einheitlich ausgerüstet,<br />

der Tornister für Verpflegung, Munition und<br />

Lagerutensilien wurde Teil der Uniform. Der<br />

Vorläufer des modernen Rucksacks.<br />

Schließlich waren es die stets effizienten<br />

Preußen, die im 19. Jahrhundert eine Neuerung<br />

einführten, die das Tragen revolutionierte:<br />

den Brustriemen. Das Prinzip mag<br />

schon vorher bekannt gewesen sein, doch<br />

jetzt ging es in Serie. Die Last wurde nun<br />

auch von der Brust des Trägers gehalten,<br />

der Rucksack zog nicht mehr so stark nach<br />

hinten. Dass das Tragen so bequemer wurde,<br />

Schon das Packen entscheidet, ob eine Tour<br />

zum Genuss wird: Wer zu viel in den Rucksack<br />

stopft, tut sich keinen Gefallen. Maximal<br />

20 bis 25 Prozent des Körpergewichts sollte<br />

der Rucksack wiegen, eigentlich aber sind<br />

acht bis zwölf Kilo genug. Es hilft, sich für<br />

einen kleineren Rucksack zu entscheiden,<br />

dann packt man automatisch weniger ein.<br />

Ich komme im Normalfall mit 35 Litern Fassungsvermögen<br />

aus. Beim Packen sollten die<br />

leichten Sachen nach unten, die schweren<br />

nah an den Rücken, dann zieht der Rucksack<br />

nicht zu sehr nach hinten. Natürlich gibt es<br />

keine Regel ohne Ausnahme: Handschuhe<br />

und Mütze etwa sind leicht – aber wer sie<br />

ganz nach unten packt, darf bald alles<br />

wieder auspacken. Deshalb mein Tipp: Hirn<br />

einschalten! Nicht nur Chaoten empfehle<br />

ich, Dinge, die zusammengehören, in kleine<br />

Beutel zu tun – so ist im Rucksack auch<br />

nach einer Tourenwoche noch Ordnung. Und<br />

obwohl ich Minimalismus predige, gibt es<br />

einige Dinge, die immer in meinem Rucksack<br />

zu fi nden sind: Erste-Hilfe-Set, Handschuhe<br />

und Mütze, eine kleine Stirnlampe und ein<br />

Wechsel-Shirt.<br />

Reiner Taglinger, Jahrgang 69, ist Leiter der<br />

Mammut Alpine School, Vorstand Ausbildung<br />

des deutschen Bergführerverbandes und<br />

Profi bergfürer seit mehr als 20 Jahren.<br />

dürfte die Soldaten gefreut haben. Dass sich<br />

durch die Einführung des Brustgurtes gleichzeitig<br />

aber auch schwerere Lasten tragen ließen,<br />

eher nicht.<br />

Denn auch, wenn der Rucksack längere<br />

Touren überhaupt erst möglich macht: besonders<br />

beliebt ist er nicht. Seit der Mensch<br />

ist, trägt er – und seit er trägt, fühlt er sich<br />

durch seine Last behindert. Es ist kein Zufall,<br />

Fotos: Südtiroler Archäologiemuseum/www.iceman.it, Thomas Senf/Mammut, Archiv des Deutschen Alpenvereins München (3)<br />

Die Anfänge des Rucksacks: die Ötzi-Kraxe und seine Nachfolger zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

86 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Deuter-Chef Bernd Kullmann am Everest<br />

dass diese Wörter zur Metapher wurden:<br />

Wer einen Schicksalsschlag noch nicht verarbeitet<br />

hat, »trägt schwer an einer Last«. Und<br />

auch der Rucksack taucht immer wieder als<br />

Metapher auf. Wenn Reinhold Messner etwa<br />

über den Tod seines Bruders am Nanga Parbat<br />

spricht, sagt er: »Es ist wie ein Rucksack,<br />

den ich mit mir trage, eine Verantwortung,<br />

die mir für immer bleibt.«<br />

Wer trägt, fühlt ein Joch auf seinen Schultern.<br />

Jeder, der sich in der Natur bewegt,<br />

kennt den verlockenden Gedanken, das<br />

schwere Bündel einfach vom Rücken zu<br />

nehmen und abzustellen. Wie frei, wie leicht<br />

und wie mühelos ließe es sich gehen, wäre da<br />

nicht diese bremsende Last.<br />

17 Jahre vor dem Tod von Günther Messner<br />

am Nanga Parbat gab Hermann Buhl bei<br />

der Erstbesteigung des »Schicksalsberg der<br />

Deutschen« dieser Versuchung nach. Diese<br />

Entscheidung hätte ihn das Leben kosten<br />

können. Als Buhl spätabends auf dem Gipfel<br />

stand, war an einen Abstieg ins Lager nicht<br />

mehr zu denken. Ein Biwak auf knapp 8000<br />

Metern ist auch mit guter Ausrüstung Wahnsinn<br />

– weil Buhl es aber nicht einmal mehr<br />

zum Rucksack mit Proviant und wärmendem<br />

Wollpulli schaffte, musste er mit dem<br />

auskommen, was er am Körper trug. Wären<br />

die Witterungsbedingungen nicht außergewöhnlich<br />

günstig gewesen, er hätte mehr<br />

verloren als nur zwei Zehen.<br />

Nach dieser Nacht ließ Hermann Buhl sein<br />

Gepäck wohl nicht noch einmal zurück. Vielleicht<br />

hat der Banker Anshu Jain aus dieser<br />

Geschichte seine Lehren gezogen: Auch in<br />

den oberen Etagen der Bankentürme Frankfurts<br />

ist die Luft sehr dünn. Wohl dem, der<br />

einen Rucksack dabei hat.<br />

◀<br />

IM NÄCHSTEN HEFT dreht sich in der Serie »Stille<br />

Helfer« alles um Schuhe und Trailrunning.<br />

Von Florenz<br />

nach Rom<br />

- auf den Spuren des<br />

Heiligen Franziskus<br />

Gehen Sie mit Wikinger<br />

Reisen auf eine 12-tägige<br />

Trekkingreise:<br />

· Abgelegene Klöster, kleine Dörfer,<br />

mittelalterliche Städte<br />

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Nur wenn der Rucksack auf den Rücken abgestimmt<br />

ist, verteilt sich die Last optimal.<br />

Zum Wandern<br />

Mammut Creon Pro;<br />

30 Liter; 1390 Gramm<br />

Fotos: R. Allenbach/Archiv Kullmann, Mammut (4)<br />

Rucksäcke gibt es in vielen Ausformungen: von<br />

Wander-, über Kletter- und Fahrrad-Rucksäcke bis<br />

hin zum speziellen Produkt für Skitouren – je nach<br />

Zweck sind sie auf die besonderen Bedürfnisse der<br />

Sportarten zugeschnitten. Zusätzlich sollte man sich<br />

über das gewünschte Fassungsvermögen<br />

Gedanken machen. Man unterscheidet<br />

Daypacks (0-30 Liter), Mehrtagerucksäcke<br />

(35-65 Liter) und Trekkingrucksäcke<br />

(65-100 Liter).<br />

Vor dem Kauf ist es wichtig, den Rücken<br />

auszumessen. Entscheidend ist<br />

hier der Abstand zwischen der Oberkante<br />

des Beckenknochens und dem<br />

siebten Halswirbel – das ist der, der im<br />

Nacken hervorsteht, wenn man den Kopf<br />

auf die Brust legt. Mammut hat ein spezielles<br />

»Sizing Tool« entwickelt, das die geeignete<br />

Größe gleich angibt. Ansonsten gilt die Faustformel:<br />

»Klein« entspricht 40-49, »mittel« 50-57 und<br />

»lang« 58-69 Zentimetern. (Mehr Kaufberatung zu<br />

Rucksäcken auf den folgenden Seiten 88 bis 93.)<br />

Beim Trekken<br />

Mammut Heron Pro;<br />

85+15 Liter; 2900 Gramm<br />

Für jeden Zweck<br />

ein Anderer:<br />

Rucksäcke gibt es<br />

heute in allerlei<br />

Größen, Formen.<br />

und Farben.<br />

Im Tiefschnee<br />

Mammut Protection RAS;<br />

15 Liter; 2300 Gramm mit<br />

Lawinenairbag-System<br />

Für Minimalisten<br />

Mammut Lithium Z;<br />

8 Liter; 510 Gramm<br />

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Wikinger Reisen GmbH<br />

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KAUFBERATUNG TEIL 1: Tagesrucksäcke<br />

Erst wenn der Rucksack<br />

voll bepackt ist, zeigt sich,<br />

ob er wirklich gut sitzt.<br />

Keine Tour<br />

ohne Rucksack<br />

(Berg-)Wandern: Leicht konkav gekrümmte<br />

Rücken mit 3D-Mesh oder lüftende Netzrücken<br />

bzw. schweißsaugende, luftige (innen Fasern)<br />

oder durchbrochene Gurte sollen verhindern,<br />

dass man schwitzt und das Material durchfeuchtet.<br />

Kompressionsriemen sind nicht nötig,<br />

stattdessen Stöckehalter<br />

Alpin(-Bergsteigen): Um bei Drehbewegung<br />

kaum Fliehkraft zu entfalten, sollte der Rucksack<br />

am teillüftenden Rückenpolster anliegen.<br />

Die Schultergurte können Riemen zum Variieren<br />

der Lastposition und des Anpressdrucks besitzen.<br />

Kompressionsriemen und Stock-/Pickel-/<br />

Beil-Halter erhöhen die Variabilität.<br />

Klettern/Klettersteig: Der seitenstabile,<br />

eng anliegende Rucksack sollte schlank<br />

geschnitten, robust und schlicht sein (keine<br />

seitlichen Riemen). Der Traggurt ist wegen<br />

schwererer Zustiegslast oder Schwerpunkt auf<br />

den Schultern komfortabel und der gepolsterte<br />

Hüftgurt abnehmbar oder durch einen Riemen<br />

ersetzt.<br />

Bike&Hike: Flexibles Anliegen, ein sehr guter<br />

Seitenhalt und Schulterfreiheit, effektive Kompression<br />

und ein geringes Gewicht zeichnen<br />

den Rucksack aus. Ein einigermaßen lüftender<br />

Rücken und luftige Gurte sind angenehm.<br />

Schlaufen sollten es ermöglichen, einen Helm<br />

oder Stöcke anzubringen.<br />

Mit Sack<br />

und Pack<br />

Rucksäcke mit einem Volumen von 30<br />

Litern sind optimal für größere Tagessowie<br />

kleine Hochtouren. Das optimale<br />

Einsatzgebiet eines Rucksacks hängt aber<br />

darüber hinaus von diversen anderen<br />

Faktoren ab. Von Christian Schneeweiß<br />

88 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Die vielseitigen Tagesrucksäcke für<br />

<strong>Bergsteiger</strong> besitzen ein Volumen<br />

um 30 Liter (l). Die Mindestmenge,<br />

die Packsack samt Taschen<br />

und Fächer fassen sollte, liegt bei<br />

25 Litern; bei Mehrtagetouren oder Wintertouren<br />

mit voluminöser Ausrüstung sogar<br />

30 Liter. Für Hochtouren sollten Rucksäche<br />

mindestens 35 Liter Volumen haben und<br />

einen variablen Deckelverschluss (Ortovox<br />

und Mammut). Die Volumenangaben der<br />

Hersteller sind aber nicht immer korrekt, da<br />

es Modelle mit mehreren Längen (z. B. Osprey)<br />

oder variablem Volumen (z. B. ausziehbarer<br />

Mammut) und verschiedene Messverfahren<br />

(Lowe Alpine ohne offene Fächer) gibt.<br />

Tatonka wurde vom Hersteller schlichtweg<br />

zu großzügig, Berghaus vor Aufspannen des<br />

Netzes gemessen.<br />

Dieser Mini-Trekkingrucksack von Berghaus<br />

ist der schwerste (1,4 kg) der ansonsten<br />

durchwegs relativ leichten Modelle, von denen<br />

Mammut und Ortovox (1,3 kg) für hochtourentaugliche<br />

Rucksäcke sehr leicht und<br />

Jack Wolfskin sowie Tatonka (0,6 bzw. 0,8 kg)<br />

ultraleicht sind. Neben Uni- und Herrenrucksäcken<br />

werden in dieser Kaufberatung<br />

auch Damenrucksäcke vorgestellt.<br />

Was einen guten Rucksack ausmacht<br />

Ein Rucksack muss zum einen gut sitzen, sollte<br />

sich aber auch intelligent bepacken lassen.<br />

1 Deckel<br />

Im Deckel des Schnallenriemen-Verschlusses sollten sich eine größere Tasche für Allerlei<br />

und innen ein Wertfach befi nden. Extremere Modelle besitzen zwei Verschlüsse und einen<br />

Kompressionsriemen zum Unterlegen eines Seils.<br />

2 Tragsystem<br />

Das Tragsystem aus Schulter- und Hüftgurt sollte dampfdurchlässig und für besseren<br />

Komfort gepolstert sein. Gute Verstellriemen an den Schultern ermöglichen eine Variation<br />

zwischen am Rücken liegendem und luftigem Packsack.<br />

3 Rücken<br />

Sommer-Rucksäcke besitzen leicht konkave Rücken, die eine Polsterung mit<br />

Luftkanälen oder sogar ein aufgespanntes, hinterlüftetes Netz besitzen.<br />

Extremere Rucksäcke liegen mit oder ohne Lüftung am Körper an.<br />

4 Externe Fixierung<br />

Externe Fixierungen erlauben ein Verstauen von sperriger Ausrüstung wie<br />

Trekkingstöcken, Eispickel oder Helm sowie bei extremeren Rucksäcken die<br />

Befestigung von Beilen und Karabinern.<br />

5 Seitliche Netzfächer<br />

Ein beliebter Zusatz sind die unverschlossenen seitlichen Stretch- oder Netzfächer,<br />

die sich idealerweise auf je einen Liter ausdehnen lassen und mit<br />

dem unteren der beiden Kompressionsriemen gesichert werden können.<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

5<br />

Fotos: Andreas Strauß<br />

Rucksacktyp und Kompression<br />

Der klassische Deckelverschluss mit ein oder<br />

zwei Schnallenfixierungen ist wieder im<br />

Vormarsch, selbst bei reinen Wanderrucksäcken<br />

oder Bike&Hike-Modellen (außer Black<br />

Diamond mit Rundbogen-RV). Nur Ortovox<br />

hat als Seiteneingriff in den Packsack (auch<br />

bei Deuter, Lowe Alpine) oder zum Packen einen<br />

genialen Koffer-RV.<br />

Der »Toploader« ist aus mehreren Gründen<br />

von Vorteil: er ist weniger defektanfällig als<br />

der RV (zudem sind die Schnallen austauschbar);<br />

schützt effektiver vor Nässe durch den<br />

Deckel, zudem lässt sich das Volumen erweitern,<br />

indem man Kleidung oder Kletterseil<br />

unter den Deckel legt.<br />

Daher besitzen Deckelrucksäcke mit (Eis-)<br />

Kletteranspruch einen »Top-Kompressions«-<br />

Schnallenriemen, mit dem sich Ausrüstung<br />

unter dem Deckel fixieren oder ein voller<br />

Rucksack auch oben komprimieren lässt.<br />

Die häufig schlank und länglich geformten<br />

Rucksäcke dieser Kauf beratung besitzen<br />

teils gar keine seitlichen Kompressionsriemen<br />

(Black Diamond Frontnetz) – was den<br />

Packsack unten eher zum Wackeln bringt<br />

(v. a. Ortovox und Lowe Alpine), dafür aber<br />

vermeidet, dass man beim Klettern seitlich<br />

verhakt. Andererseits können die üblichen<br />

zwei Paar Kompressionsriemen (oben meist<br />

Schnallenriemen) als zusätzliches Fixierungsmittel<br />

fungieren.<br />

Fixierungen<br />

Typischerweise haben die Rucksäcke eine externe<br />

Fixierungsmöglichkeit für Pickel (nur<br />

Lowe Alpine, Black Diamond und Jack Wolfskin),<br />

bei Rucksäcken mit extremerem Anspruch<br />

existieren darüber hinaus zwei Beilhalterungen<br />

(bei schlichten Modellen wie Haglöfs<br />

versenkt). Diese lassen sich notfalls als Stockhalter<br />

verwenden, während Lowe Alpine, Deuter<br />

und Berghaus die funktionelleren, reinen<br />

Stöcke- oder einzelne Stockhalter besitzen.<br />

Osprey besitzt eine ausgeklügelte Stöcke-<br />

Teillüftung: Die Rückenpolster mit Faserfütterung<br />

sind durch einen vertikalen Lüftungskanal<br />

ergänzt. Allerdings darf der Packsack<br />

nicht zu voll sein, sonst wird der Rücken<br />

ausgebeult und liegt eng an (Jack Wolfskin).<br />

Der »Toploader«<br />

ist weniger<br />

defektanfällig<br />

als ein RV.<br />

Sauger: Die beste Ableitung an Gurten<br />

bei gutem Trag komfort und ausreichender<br />

Stabilität erreicht man durch verschiedene<br />

Lochungen, meist innen mit Netzmesh und<br />

außen mit Netz überzogen (Berghaus).<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 89


EXPERTEN-TIPP<br />

»Bei mehr als 30 Liter<br />

Volumen erfolgt die<br />

Verteilung primär<br />

über den Hüftgurt.«<br />

Bei wärmeren Temperaturen<br />

ist es angenehm, wenn<br />

der Rucksack nicht direkt<br />

am Rücken liegt.<br />

Martin Beerli ist leitender Produktmanager<br />

der Mammut Sports Group<br />

Tipp 1 Als Polsterung werden Schaumstoffe<br />

eingesetzt, bei hochwertigen Produkten im<br />

Lagenaufbau: Das formstabile EVA absorbiert<br />

den Druck, das PU sorgt für eine weiche<br />

Aufl age. Entscheidend für den Tragkomfort ist<br />

aber, dass Träger, Rücken und Flossen analog<br />

der menschlichen Ana to mie vorgeformt sind.<br />

Damit werden Druckstellen und Fehlbelastungen<br />

verhindert. Die höchste Dampfdurchlässigkeit<br />

an den Gurten erreicht man mit dem<br />

porösen Mesh-Textil: Je grobmaschiger es ist,<br />

desto luftdurchlässiger ist es, desto eher spürt<br />

man es auf der Haut. Weiter hilft der Einsatz<br />

von perforierten Polsterungen.<br />

Tipp 2 Für die Lastverteilung gilt bei einem<br />

Tagesrucksack das gleiche wie bei einem<br />

großen: Schwere Gegenstände sollten nahe am<br />

Körper platziert sein, damit der Rucksack nicht<br />

nach hinten zieht und man mehr Kraft braucht.<br />

Bei über 30 Liter Volumen erfolgt die Verteilung<br />

überwiegend über den Lendenbereich und den<br />

Hüftgurt, bei einem kleineren Rucksack mehr<br />

über die Schulterträger.<br />

Tipp 3 Ein Wanderrucksack hat ein eher<br />

starres Rückensystem, da hier die Belüftung im<br />

Vor dergrund steht. Für aktive Sportarten wie<br />

Bergsteigen, Trail Running oder beim Klettern<br />

ist der nahe Sitz am Körper wichtiger. Der<br />

Rücken sollte hier fl exibel sein und die<br />

Bewe gungsfreiheit nicht einschränken. Bei<br />

einem Rucksack mit Rahmen sollte dieser<br />

entsprechend der S-Form der Wirbelsäule<br />

vorgeformt sein.<br />

fixierung, bei der der Rucksack nicht abgenommen<br />

werden muss.<br />

Beliebt sind multifunktionelle Front- oder<br />

Deckelschlaufen für Befestigungsriemen<br />

oder Gumminetze (z. B. für Steigeisen bzw.<br />

Helm). Für Gletscher und Klettersteig sind<br />

Karabinerschlaufen gedacht; Rücklicht-Fixierungen<br />

fürs <strong>Mount</strong>ainbiken. Bedingt skitourentauglich<br />

sind Tatonka, Mammut (Skischlaufen)<br />

sowie Jack Wolfskin mit großem Trink-/<br />

Schaufelfach und Stiel-/Sondenhülle innen,<br />

aber ohne Skibefestigung.<br />

Tragsystem<br />

Das Tragsystem besteht aus Hüftgurt und<br />

durch einen Brustriemen verbundene Schultergurte.<br />

Diese sollten bei voluminöseren<br />

Rucksäcken Schulterriemen besitzen. Dadurch<br />

lässt sich variieren, wie die Last positioniert<br />

wird (Mammut top): soll der Rucksack<br />

vom Rücken abstehen oder besser anliegen,<br />

TIPP<br />

Den richtigen<br />

Rucksack finden<br />

■ Es existieren viele unterschiedliche<br />

Fixierungen und Extras, Komforteigenschaften<br />

und Tragsysteme. Daher sollte man<br />

am besten vor dem Gang zum Händler die<br />

gewünschten Optionen festlegen.<br />

■ Zum Anprobieren beim Händler ein<br />

voluminöses Gewicht (z. B. zwei Bergseile)<br />

in den Rucksack stecken und wie bei den<br />

Bewertungen dieser Kaufberatung verfahren.<br />

■ Beim Anlegen des Rucksacks alle<br />

Gurte lockern, den Hüftgurt mittig auf dem<br />

Beckenkamm aufl egen und schließen, dann<br />

die Traggurte anziehen (locker zum Wandern,<br />

fester für intensive Aktivitäten).<br />

■ Relativ dünne Pickelhalterschlaufen eignen<br />

sich gut als Stockhalter, wenn man sie<br />

zu einer schmalen Öse für die Stockspitze<br />

verdrillt.<br />

■ Zu breite oder zu harte Schultergurte<br />

können die Beweglichkeit im Schulterbereich<br />

beim Klettern oder <strong>Mount</strong>ainbiken<br />

beeinträchtigen.<br />

90 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


So bewertet der BERGSTEIGER<br />

Groß und deutlich stehen die<br />

Volumenangaben auf den meisten<br />

Rucksäcken. Doch nicht immer<br />

sind sie richtig. Wir haben sie<br />

daher mit Kügelchen-Säcken<br />

»ausgelitert«, und zwar inklusive<br />

aller (Volumen-)Taschen und unverschlossenen<br />

(Stretch-)Fächer.<br />

Tragkomfort: Die Rucksäcke wurden<br />

mit sechs Kilo Zuladung geprüft. Das<br />

Tragsystem sollte eher luftig als hart<br />

gepolstert sein – es sei denn, man<br />

trägt schwere Kletter-/Hochtourenausrüstung<br />

(Ortovox, Arc’teryx; teils Haglöfs,<br />

Black Diamond und Mammut).<br />

Bei Tatonka, Haglöfs und Jack Wolfskin<br />

musste man Komfortabstriche für<br />

Leichtkonstruktion eintauschen.<br />

Halt: Um seine Tauglichkeit für<br />

Gleichgewicht erfordernde Bergaktivitäten<br />

zu prüfen, schwenkten<br />

die Testpersonen den gut fi xierten<br />

Rucksack seitwärts. Es gab nur gut<br />

bis sehr gut sitzende Modelle (aber<br />

Berghaus hohe Fliehkraft), bei denen<br />

allenfalls der untere Packsack<br />

etwas schwabbelte (Leichtrucksäcke<br />

Jack Wolfskin und Haglöfs).<br />

Mammut saß wie angegossen.<br />

Der Winter ist zwar nicht die<br />

passende Jahreszeit für einen<br />

Netzrücken. Aber auch so lassen<br />

sich dessen Luftzirkulations-Qualitäten<br />

erkennen (hier der Rückenlänge<br />

anpassbar; Berghaus).<br />

Lüftung: Die Qualität der Lüftung<br />

lässt sich beim Tragen besser erkennen<br />

als dem Anschein nach, denn<br />

ein dünnes 3D-Polster funktioniert<br />

kaum. Das Spektrum reichte von<br />

aufgespannten Netzrücken mit<br />

Luftzirkulation (Wanderrucksäcke<br />

Berghaus und Deuter) über<br />

3D-Mesh mit funktionierenden<br />

Lüftungskanälen (v. a. genialer<br />

Mammut; Jack Wolfskin) bis zu<br />

ungelüftet anliegenden Modellen<br />

(Arc’teryx und Tatonka).<br />

Ausstattung: Hier wurde letztlich<br />

die Vielseitigkeit des Rucksacks<br />

Mit Messbeutel ließen sich<br />

die Rucksäcke »auslitern«. Die<br />

Volumenangaben der Hersteller<br />

waren nicht immer korrekt,<br />

teilweise wurden auch andere<br />

Messkriterien angelegt.<br />

bewertet. Die umfangreichste<br />

Ausstattung besaßen naturgemäß<br />

die hochtourentauglichen Modelle<br />

(Mammut und Ortovox), die übliche<br />

umfasste mindestens Pickel- und<br />

Stöckefi xierungen, die reine Wanderausstattung<br />

zwei Stockhalter (Berghaus<br />

mit Rücken längenanpassung,<br />

Deuter mit großem Fronteingriff)<br />

Optimal verteilt: Unten<br />

wenig gebrauchte oder<br />

mittelschwere Ausrüstung<br />

wie Schlafsack,<br />

am Rücken schwere<br />

Teile wie Flasche oder<br />

Kletter(steig)-Set,<br />

außen Kleidung, im<br />

Deckelfach Wertsachen<br />

und Kleinkram<br />

um nicht zu wackeln? Kleinere Tagesrucksäcke<br />

brauchen keine dick, sondern luftig gepolsterte<br />

Schultergurte, um Schweißdampf<br />

abzuleiten. Statt dem üblichen, festeren<br />

Mesh mit Schaumstoffkern ist hier das luftdurchlässige<br />

Airmesh (z. B. Black Diamond)<br />

ideal, besonders in Kombination mit gelochtem<br />

Schaumstoff (z. B. Deuter). Die gibt<br />

es auch am Hüftgurt. Die dort verwendete<br />

Polsterung entspricht in der Regel jener bei<br />

den Schulterträgern.<br />

Tagesrucksäcke mit extremerem Anspruch<br />

besitzen teils ungepolsterte, wenn auch meist<br />

breitere Hüftriemen (z. B. Arc’teryx und Haglöfs),<br />

um nicht den Klettergurt zu behindern<br />

und um besser radeln zu können. Dampf leiten<br />

am besten reine Netzflossen (Jack Wolfskin)<br />

ab, Polsterungen mit Schlitz am Beckenkamm<br />

(Ortovox, Osprey) passen sich hingegen am komfortabelsten<br />

an. Bei größeren oder extremeren<br />

Rucksäcken (Klettern, Bike&Hike) erhöht ein<br />

Hebelzug (Riemen nach innen statt außen<br />

ziehen; Mammut und Black Diamond) die Effektivität<br />

der Anpassung des Gurts.<br />

Rückensystem<br />

Bei Tagesrucksäcken lässt sich so viel Gewicht<br />

zuladen, dass ein Gestell sinnvoll ist<br />

– sei es eine festere Platte mit Formstrebe (z.<br />

B. Arc’teryx optimal S-förmig) oder eine flexiblere<br />

Formplatte (z. B. Osprey lüftend-konkav).<br />

Ulraleicht-Rucksäcke besitzen nur eine gerade<br />

Schaumstoffmatte im Rücken, die sich<br />

jeder Bewegung anpasst oder sogar zusammengefaltet<br />

in einem Mehrtagerucksack<br />

verstauen lässt (Jack Wolfskin und Tatonka). Die<br />

Trockner: Der Hüftgurt leitet den Schweiß<br />

von den Hüften optimal nach außen; der Netzrücken<br />

verhindert mit seiner Luftzirkulation,<br />

dass man am Rücken schwitzt (Deuter).<br />

Polsterungen reichen vom 3D-Hartschaum<br />

mit Textil- oder Meshbezug für schwerere<br />

Lasten (kann unten im Kreuz drücken) über<br />

weicheres Mesh oder Airmesh mit zentralem<br />

Lüftungskanal bis zu netzbezogenem<br />

Schaumstoff. Für einen stabileren Seitenhalt<br />

sollten diese am Rücken anliegen, sich aber<br />

nicht anpressen. Lüftungskanäle, konkave<br />

Formung und v. a. für Luftzirkulation aufgespannte<br />

Netze (leichter Zug nach hinten)<br />

sorgen für Lüftung bei Sommeraktivitäten.<br />

Eine längenverstellbare Rückenanpassung<br />

(genauer: Traggurtaufhängung) besitzen in<br />

dieser Kauf beratung nur Berghaus (Haken)<br />

und Osprey (Klett), die beide einfach, aber etwas<br />

mühsam funktionieren.<br />

◀<br />

Zugkraft: Beim »Hebelzug« werden die Riemen<br />

des Hüftgurts umgelenkt, so dass man<br />

sie mit verstärktem Zug nach innen zieht und<br />

sie sich nicht lockern können (Mammut).<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 91


KAUFBERATUNG 1: Tagesrucksäcke<br />

TIPP<br />

Komfort<br />

TIPP<br />

Preis/Leistg.<br />

Arc’teryx<br />

Altra 33 LT Women’s<br />

Berghaus<br />

Freeflow 25+5<br />

Black Diamond Sonic<br />

Pack (Größe M)<br />

Deuter<br />

Spectro AC 32 SL<br />

Haglöfs<br />

Roc Speed 25<br />

Jack Wolfskin<br />

Ascent Pack 26<br />

Vertrieb, Info 0 89/32 19 77 70,<br />

www.arcteryx.com<br />

08 00/1 00 87 65,<br />

www.berghaus.com<br />

00 41/61/5 64 33 33,<br />

www.blackdiamondequipment.com<br />

08 21/4 98 70,<br />

www.deuter.com<br />

08 31/51 28 00,<br />

www.haglofs.se<br />

0 61 26/95 40<br />

www.jack-wolfskin.com<br />

Preis in Euro 180,- 109,95 109,- 124,95 120,- 79,95<br />

Volumen/<br />

Gewicht gem.<br />

33 l/1150 g 24,5 l/1405 g 24 l/1100 g 32 l/1215 g 25 l/920 g 26 l/590 g<br />

Typ mit<br />

Verschluss<br />

Deckel-Toploader mit 2<br />

Schnallenriemen<br />

Deckel-Toploader mit 1<br />

Schnallenriemen<br />

Frontloader mit RV<br />

obere Hälfte<br />

Deckel-Toploader mit 2<br />

Schnallenriemen<br />

Deckel-Toploader mit 1<br />

Schnallenriemen<br />

Deckel-Toploader mit 1<br />

Schnallenriemen<br />

Tragsystem<br />

(Traggurt/<br />

Hüftgurt)<br />

Dünn gepolstert,<br />

Schulterriemen/breit,<br />

ungepolstert<br />

gelochte Airmesh-<br />

Polster/Flossen 3D-Mesh<br />

Airmesh-gepolstert/<br />

Flossen Airmeshgepolstert<br />

Loch-Airmeshpolster,<br />

Schulterriemen/Flossen<br />

Airmesh-gepolstert<br />

Netz mit Mesh-Polster/<br />

mittelbreite Riemen<br />

Airmesh-gepolstert/Flossen<br />

doppeltes Netz<br />

Rückensystem<br />

(Form/Gestell/<br />

Polster)<br />

S-förmig/Platte mit<br />

Alustreben/nur Bezug<br />

Leicht konkav/Kunststoffplatte/Luft,<br />

Netz,<br />

Mesh-Polster<br />

Gerade/Platte mit<br />

Alustäben/3D-Netzmesh<br />

Leicht konkav/Alustreben<br />

+ Drahtkreuz/Netz<br />

Flexibel gerade/fl exible<br />

Platte/Netz mit Mesh-<br />

Polster + Lüftungskanal<br />

Flexibel gerade/Schaummatte/Airmesh-Polster<br />

+<br />

Lüftungskanal<br />

Externe<br />

Fixierung<br />

Frontfi xierung,<br />

2 Beil-/Pickelhalter<br />

2 Stockhalter 1 Stöcke-/Pickelhalter<br />

versenkbar, Rücklicht-<br />

Fixierung<br />

1 Stöckehalter 2 Stock-/Beil-/Pickelhalter<br />

versenkbar<br />

Stöcke-/Pickelhalter<br />

Kompression<br />

2 Paar Riemen,<br />

Top-Kompression<br />

1 Paar Riemen Front-Gumminetz 2 Paar Riemen + 3<br />

weitere Schnallenriemen<br />

2 Paar Riemen, Top-<br />

Kompression<br />

–<br />

Taschen und<br />

Fächer<br />

Deckel, Wert, Frontfl ap, 2<br />

Fächer, 2 Außentaschen<br />

Deckel, Wert, 2 Balg,<br />

Stretchnetz-Seitenfächer<br />

Deckel, Wert, Hüft/Foto,<br />

Stretch-Seitenfächer<br />

Deckel groß, Volumen<br />

Front, Stretch-Seitenfächer<br />

Deckel<br />

Deckel, Front groß, Hüften,<br />

Stretch-Seitenfächer<br />

Extras<br />

Springschnallen, Key<br />

Clip, Trinksystem rückseitig,<br />

Deckel abnehmbar<br />

Rückenlängen-Verstellung<br />

XS-XL, Regenhülle,<br />

Refl ektoren<br />

Hebelzug, Signalpfeife,<br />

Key Clip, Hüftgurt mit<br />

Gelenk, Größe L: 26 L<br />

RV-Fronteingriff,<br />

Notsignalanweisung,<br />

Bedienungsanleitung, Key<br />

Clip, Blüte, auch in 26 L<br />

Signalpfeife, Key Clip,<br />

fl exible Platte ausziehbar,<br />

Spring-Schnallen,<br />

Refl ektor<br />

Notsignalanleitung, Stiel-/<br />

Sonden- + Pumphülle,<br />

<strong>großes</strong> Trinkfach, Spring-<br />

Schnallen<br />

BEWERTUNGEN<br />

Halt ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Tragkomfort ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Lüftung – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Ausstattung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Unser<br />

Eindruck<br />

Spartanischer Alpin-<br />

Allrounder; schlanke<br />

Form, vielseitige Fixierungen,<br />

liegt eng an, Rücken<br />

top Ergonomie, aber hart,<br />

Alustangen ausziehbar,<br />

Schnell-Sackverschluss<br />

schwergängig, viele<br />

Schnallen und Bändel,<br />

drückt unten, wackelt<br />

EINSATZBEREICHE<br />

Wanderrucksack mit<br />

top Lüftung; optimaler<br />

Komfortsitz, kaum spürbar,<br />

Rückenverstellung<br />

sehr einfach, aber etwas<br />

hakelig, Volumen kleiner<br />

als angegeben, starke<br />

Fliehkraft und etwas<br />

Zug nach hinten, relativ<br />

schwer<br />

Schlichter Allrounder;<br />

trotzdem alles dran,<br />

schlank und keine<br />

Kompressionsriemen,<br />

Rucksack geht mit<br />

Körper, volle Bewegungsfreiheit,<br />

oben anliegend,<br />

Seitenfächer fl aschentauglich,<br />

Hartpolster<br />

drückt im Kreuz<br />

Rundum luftiger<br />

Komfortrucksack;<br />

Netzrücken mit Luftzirkulation,<br />

luftdurchlässiges<br />

Tragsystem, Lastposition<br />

sehr variabel, unübersichtliches<br />

Riemensystem,<br />

bedingt skitauglich, etwas<br />

Fliehkraft<br />

Sehr schlichter (Eis-)<br />

Kletterrucksack; aber<br />

alles dran, sitzt wie<br />

angegossen, länglicher<br />

Schnitt, keinerlei Bewegungseinschränkung,<br />

Deckel guter Nässeschutz,<br />

bei Hüftbelastung<br />

wenig komfortabel, leicht<br />

und deutlich abspeckbar<br />

Vielseitiger Ultraleicht-<br />

Rucksack; günstig, ideal<br />

für Sportliche, ziemlich<br />

luftig, zusammenfaltbar,<br />

da kein Gestell, super<br />

Sackverschluss einhändig,<br />

kaum Bändel, bedingt<br />

skitauglich, wenig robust,<br />

Packsack wackelt unten<br />

Bergwandern – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Alpin ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

Klettern ■■■■■ – ■■■■■ – ■■■■■ ■■■■■<br />

Bike&Hike ■■■■■ – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />

92 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


TIPP<br />

Allround<br />

Lowe Alpine<br />

Airzone Quest 27<br />

Mammut<br />

Trion Element 30<br />

Ortovox<br />

Thunder 35+<br />

Ortlieb<br />

Elevation 32<br />

Osprey Kestrel 28<br />

(Größe M/L)<br />

Tatonka<br />

Cima di Basso 35<br />

0 89/8 99 60 30,<br />

www.lowealpine.com<br />

0 18 05/05 62 66 89,<br />

www.mammut.ch<br />

0 89/66 67 40,<br />

www.ortovox.com<br />

0 98 72/80 00,<br />

www.ortlieb.com<br />

0 88 21/7 61 13,<br />

www.ospreyeurope.com<br />

104,95 100,- 135,95 219,95 120,- 70,-<br />

0 82 05/9 60 20,<br />

www.tatonka.com<br />

28,5 l/1270 g 30-35 l/1285 g 36,5 l/1300 g 33 l/1255 g 28,5 l/1285 g 33,5 l/800 g<br />

Deckel-Toploader mit 2<br />

Schnallenriemen<br />

Deckel-Toploader mit 2<br />

Schnallenriemen<br />

Top-/Frontloader mit<br />

Schnalle bzw. RV<br />

Deckel-Toploader mit 1<br />

Hakenriemen<br />

Deckel-Toploader mit 2<br />

Schnallenriemen<br />

Deckel-Toploader mit<br />

1 Schnallenriemen<br />

Airmesh-gepolstert, gelocht,<br />

Schulterriemen/Airmesh<br />

geschlitzt<br />

Airmesh-gepolstert,<br />

Schulterriemen/Flossen<br />

Airmesh-gepolstert<br />

Lochpolster, Schulterriemen/<br />

geschlitzte Polsterfl ossen<br />

Schaumstoff breiter, Schulterriemen/Flossen<br />

dick<br />

gepolstert<br />

Mesh-Polster dicker, Schulterriemen/wie<br />

Mesh-Polster,<br />

an Hüften geschlitzt<br />

Dickes (Air-)Mesh-Polster<br />

gelocht/Riemen mittelbreit,<br />

abnehmbar<br />

gerade/Kunststoffplatte<br />

+ Formstäbe/Luft, Netz,<br />

Airmesh<br />

Leicht S-förmig/fl exible<br />

Platte + Alu-Formstab/3D-<br />

Airmesh-Polster<br />

Gerade/fl exible Platte +<br />

Alustrebe/bezogener<br />

3D-Hartschaum<br />

Leicht konvex, fl exibel/3D-<br />

Schaummatte/nur Bezug<br />

Konkav/Formplatte/Netz<br />

über Schaumstoff, Mesh-<br />

Netz<br />

Flexibel gerade/Schaummatte/Airmesh-Polster<br />

unstrukturiert<br />

Stöckehalter, Pickelhalter,<br />

Rücklicht-Fixierung,<br />

4 Frontschlaufen<br />

2 Stöcke-/Beil-/Pickelhalter<br />

versenkbar, Materialleisten,<br />

Karabinerschlaufen<br />

2 Stock-/Beil-/Pickelhalter<br />

versenkbar, Karabinerschlaufe,<br />

Innenschlaufen<br />

2 Stock-/Beilhalter, Helmhalter,<br />

Signalpfeife, Materialleisten,<br />

Karabinerschlaufen<br />

2 Beil-/Pickelhalter,<br />

seitlicher Stöckehalter,<br />

Deckelschlaufen<br />

2 Stock-/Pickelhalter, Karabiner-<br />

+ Deckelschlaufen<br />

2 Paar Riemen 2 Paar Schnallenriemen,<br />

Top-Kompression<br />

– 2 Paar Riemen mit Haken 2 Paar Schnallenriemen,<br />

Top-Kompression<br />

2 Paar Schnallenriemen,<br />

Top-Kompression<br />

Deckel, 2 Wert, Foto, Front, Deckel groß, Wert<br />

Frontfach groß, Stretch-Seiten<br />

Deckel groß, Wert, innen,<br />

Netz, Foto wasserresistent<br />

Deckel innen wasserdicht,<br />

Wert, 2 Hüft<br />

Deckel groß, Wert, Stretch-<br />

Frontfach Stretch-Seiten, Foto<br />

Deckel groß, 2 kleine<br />

Stretch-Seiten<br />

Seit-Eingriff, Regenhülle, Key<br />

Clip, Notsignalanweisung,<br />

Signalpfeife<br />

Funktionsanleitung,<br />

Formstab ausziehbar, Hüftgurt<br />

abnehmbar, Hebelzug,<br />

Key Clip<br />

Hebelzug, Bändel einrollbar,<br />

Alustrebe ausziehbar, Key<br />

Clip, Signalpfeife, Deckel<br />

auch Hip Pack<br />

Material 100% wasserdicht,<br />

Funktionsanleitung,<br />

Kompression optional<br />

Skifi xierung<br />

Regenhülle, Trinkfach<br />

zwischen Trägern und Sack,<br />

Rückenlängenverstellung,<br />

Key Clip<br />

Springschnallen, Signalpfeife,<br />

Refl ektor, <strong>großes</strong><br />

Trinkfach, Skifi xierung<br />

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Luftiger Wander- und<br />

Alpinrucksack; schlank,<br />

super bequem und<br />

belüftet, gute Ausstattung,<br />

Taschenwunder, mehr Volumen<br />

als angegeben, kein<br />

Verrutschen, aber Packsack<br />

wackelt deutlich + zieht<br />

etwas nach hinten<br />

Schlichter Allround- und<br />

Hochtouren-Rucksack;<br />

robust und doch leicht,<br />

länglich-schlanke Form,<br />

sitzt wie angegossen,<br />

bedingt skitauglich,<br />

variabelste Lastpositionen,<br />

super Spring-Schnallen, viel<br />

Zusatzvolumen, kann unten<br />

drücken<br />

Cleaner Trekking- und<br />

Hochtourenrucksack; sitzt<br />

optimal am Körper, durch<br />

optionale Komplettöffnung<br />

top befüllbar, schlanker<br />

langer Schnitt, kaum externe<br />

Fixierungen, Hüftgurt<br />

super anpassend, robust,<br />

kann unten drücken, Sack<br />

wackelt<br />

Wasserdichter Komfortrucksack;<br />

sehr robust,<br />

Quaderform erleichtert<br />

Packen, hält dauerhaft<br />

dicht, aufrecht super Lüftung,<br />

gekrümmt super Halt,<br />

variable Lastpositionierung,<br />

Trinkschlauchinstallation<br />

mühsam, etwas Fliehkraft/<br />

Wackeln<br />

Sehr komfortabler Allrounder;<br />

länglich-schlank,<br />

liegt an, aber nicht fest,<br />

Sackverschluss gut, aber<br />

gewöhnungsbedürftig,<br />

Schnellfi xierung Stöckehalter<br />

raffi niert, aber etwas<br />

mühsam, Trinkfach eng und<br />

Regenfänger<br />

Ultraleichter Kletter-/<br />

Tourenrucksack; sehr<br />

günstig, voll anliegend,<br />

breite Form, Rücken nicht<br />

formstabil, für Hüftgurtverächter<br />

komfortabel, zusammenfaltbar,<br />

Gepäck kann<br />

durchdrücken, Rucksack<br />

zieht etwas nach hinten,<br />

Bändelei<br />

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04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 93


KAUFBERATUNG TEIL 2: Klettergurte<br />

Ein Gurt für<br />

alle Fälle<br />

Welcher Klettergurt<br />

eignet sich wofür?<br />

Klettersteig: Der Gurt benötigt nur ein bis<br />

zwei Karabinerschlaufen zum Verstauen der Sicherungsäste<br />

des Klettersteigsets. Verstellbare<br />

Beinschlaufen für dickere Hosen oder Schuhe<br />

auf Hochgebirgssteigen sind sinnvoll.<br />

Gletscher/leichte Hochtour: Gurt- und<br />

Beinschlaufen sollten sich leicht öffnen und<br />

schließen lassen. Der Gurt kann einfach gehalten<br />

sein, und sollte für Fels- oder Eispassagen<br />

eine zweite Materialschlaufe besitzen.<br />

Alpinklettern/Hochgebirge: Vier Schlaufen<br />

und evtl. zusätzliche Fixierungen inkl. Haul Loop<br />

ermöglichen eine übersichtliche Materialverteilung;<br />

verstellbare Beinschlaufen erleichtern die<br />

Anpassung an die Oberschenkelweite. Gute und<br />

luftige Polsterung ist empfehlenswert.<br />

Klettergarten/Halle: Vor allem fürs Hängen<br />

sollte der Gurt komfortabel sein und bis zu<br />

sechs Größen und narrensichere Verschlüsse<br />

aufweisen. In der Halle reichen zwei Karabinerschlaufen<br />

für die Expressschlingen. Verstärkungen<br />

sind wegen der Wechselbelastung sinnvoll.<br />

Beinschlaufenverstellung ist nicht erforderlich.<br />

Letztlich geht es bei allen Klettergurten<br />

darum, dass sie einen Sturz halten. Je<br />

nach Einsatzschwerpunkt unterscheidet<br />

sich die Konstruktion dennoch ganz<br />

erheblich. Von Christian Schneeweiß<br />

94 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Von Schlaufen und Schnallen<br />

Wenn man drin hängt, merkt<br />

man es sofort: ist der Hüftgurt<br />

gut gepolstert? Das<br />

sollte er; und zudem am Rücken<br />

etwas breiter. Hohen<br />

Tragkomfort verschaffen Schweiß absorbierende<br />

oder besser durchlässige Materialien<br />

wie Meshpolster (Stubai), luftiges Netz-Mesh<br />

(Singing Rock) oder gelochter Schaumstoff mit<br />

Netzlüftung (Edelrid). Verstellen lässt sich der<br />

Umfang des Hüftgurts an dem tragenden<br />

Band mit einer Sicherheitsschnalle (Slidelock;<br />

Black Diamond zwei Zentrierungsschnallen;<br />

außer LACD), die sich nicht unbeabsichtigt<br />

lösen kann. Die meisten vorgestellten<br />

Gurte lassen sich übrigens relativ leicht inklusive<br />

Beinschlaufen komplett öffnen, so<br />

dass man sie anlegen kann, ohne von oben<br />

einsteigen zu müssen.<br />

Abhängig vom Zweck, für den der Hüftgurt gedacht ist,<br />

gibt es einige Punkte, die Sie beim Kauf beachten sollten.<br />

1 Sicherheitsschnalle<br />

Der Hüftgurt sollte mit einer Sicherheitsschnalle (Slidelock) verschließbar und das Bändel<br />

des tragenden Gurtbands gut fi xierbar sein, um nicht zu stören.<br />

2 Zentralring und Aufhängung<br />

Beim Hüftgurt sollten Zentralring (alias Anseilring) und dessen Aufhängungen<br />

in Hüftgurt und Beinschlaufen verstärkt sein, beim Sitzgurt<br />

reicht die Anseilschlaufe.<br />

3 Beinschlaufen<br />

Die im Umfang einstellbaren Beinschlaufen sollten hinten längenverstellbar<br />

aufgehängt und für eventuelle Entwirrung vor dem<br />

Einsteigen aushängbar sein.<br />

4 Materialschlaufen<br />

Für Klettersteig oder Gletscher reichen ein bis zwei Materialschlaufen<br />

aus, für Halle und Klettergarten zwei bis vier<br />

(Standard).<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

Verschluss<br />

Die Verschlüsse funktionierten alle zuverlässig,<br />

nur der für eine Komplettöffnung<br />

vorgesehene LACD kann sich bei Entlastung<br />

lockern. Die meisten Schnallen waren mehr<br />

oder weniger hakelig zu öffnen (v. a. Singing<br />

Rock und Black Diamond; außer Stubai). Bei<br />

Edelrid dagegen flutschte das Gurtband leichtgängig<br />

durch die Hüftgurt-Schnalle. Als einzige<br />

ließ sie sich nicht komplett öffnen.<br />

Zentrierung<br />

Eine gute Zentrierung des Gurts erhöht den<br />

Komfort beim Hängen und ermöglicht einen<br />

optimalen Zugriff auf die Materialschlaufen.<br />

Dies war nur bei Black Diamond mit Doppelschnalle<br />

und LACD mit einseitiger Materialschlaufe<br />

und breitem Hüftband der Fall. Die<br />

anderen Modelle ließen sich allenfalls zufällig<br />

(Stubai) oder bei feiner Größenabstufung<br />

(Edelrid und Mammut) gut zentrieren.<br />

Wegen der Reibung der beweglichen Teile<br />

aneinander und am Seil, sollten die beiden<br />

Aufhängungen Verstärkungen besitzen<br />

und der Zentralring aus zwei, besser<br />

drei Bandlagen bestehen. Der Ring wird<br />

an Klettersteig (Klettersteigset) und Gletscher<br />

(Seilkarabiner) sowie zum Sichern<br />

verwendet. Beim direkten Einbinden ins<br />

Seil hingegen sollte man die Aufhängungen<br />

verbinden, anstatt den Zentralring zu<br />

verwenden. So bleibt er von Seilreibung<br />

Viele Gurte lassen<br />

sich samt Beinschlaufen<br />

öffnen.<br />

So muss man<br />

nicht von oben<br />

einsteigen.<br />

Fotos: Andreas Strauß<br />

Tragekomfort<br />

Alle Gurte passten sich beim Gehen oder<br />

Klettern dem Körper an, außer Stubai (schräge<br />

Hüftgurt-Aufhängung) und Edelrid (etwas<br />

starre, schmalere Beinschlaufen). Entscheidend<br />

für die Bewertung waren aber Polsterung<br />

und v. a. Schweißableitung. Hier punktete<br />

Singing Rock und Edelrid.<br />

Aufhängungen und Verstärkungen<br />

Herzstück des Hüftgurts ist der Textil-Ring,<br />

der Hüftteil und Beinteile lose verbindet.<br />

Effektiv: Normalerweise wird die Weite der<br />

Beinschlaufen mit der gleichen Schnalle wie<br />

der Hüftgurt verstellt. Hier geschieht dies<br />

durch einen Schieber. Dafür sind die Beinschlaufen<br />

nicht zu öffnen (Black Diamond).<br />

Sammelstelle: Diese Materialschlaufe ist<br />

doppelt ergonomisch geformt, da sie nach<br />

außen steht und hinten höher aufgehängt<br />

ist, um die Karabiner leichter einhängen zu<br />

können (Edelrid).<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 95


KAUFBERATUNG 2: Klettergurte<br />

Black Diamond<br />

Momentum DS M’s<br />

Edelrid<br />

Atmosphere<br />

LACD<br />

Easy Ferrata<br />

Mammut<br />

Ophir 3 Slide Men<br />

TIPP<br />

Preis/Leistg.<br />

Preis: 54,90 €<br />

Preis: 80,- €<br />

Preis: 35,- €<br />

Preis: 60,- €<br />

Info: 00 41/61/5 64 33 33,<br />

www.blackdiamondequipment.com<br />

Info: 0 75 62/98 10,<br />

www.edelrid.de<br />

Info: 0 89/45 23 08 80,<br />

www.getgear.eu<br />

Info: 0 18 05/05 62 66 89,<br />

www.mammut.ch<br />

Gewicht: 395 g/Größe L–XL<br />

(2 Größen, XS–XL)<br />

Gewicht: 320 g/Größe M<br />

(4 Größen, XS–L)<br />

Gewicht: 520 g/Größe Uni<br />

Gewicht: Gewicht: 430 g/Größe M<br />

(6 Größen, XS–XXL)<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Breiterer Hüftgurt mit bezogenem<br />

Hartschaum + 2 Sicherheitsschnallen<br />

Beinschlaufen: anpassende Verstellung,<br />

bezogener Hartschaum<br />

Aufhängung: Zentralring groß,<br />

Beinschlaufen getrennt verstell- und<br />

aushängbar<br />

Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />

Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />

Extras: Haul Loop, Anleitung am Gurt,<br />

Beinschlaufen mit Schiebregler, doppelte<br />

Bändel-Fixierungen, Netzbeutel<br />

Schmalerer Hüftgurt mit bezogenem<br />

Loch-Netz + Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: etwas anpassend,<br />

Loch-Netz + Sicherheitsschnalle<br />

Aufhängung: Zentralring groß, Beinschlaufen<br />

nur aushängbar<br />

Verstärkungen: Zentralring dreifach,<br />

Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Kunststoff<br />

Materialschlaufen: 4 sehr ergonomisch<br />

Extras: Beinschlaufen mit Gummizug,<br />

robuster Netzbeutel, Chalk-Bag-<br />

Schlaufe, Gebrauchsanleitung<br />

Ungepolsterter Sitzgurt aus Nylonband<br />

mit Klickschnalle<br />

Beinschlaufen: verstellbar, ungepolstert,<br />

Klickschnalle<br />

Aufhängung: Anseilschlaufe<br />

groß, Beinschlaufen verstell- und<br />

abschnallbar<br />

Verstärkungen: Anseilschlaufe,<br />

Nähte<br />

Materialschlaufen: 1 links<br />

Extras: Netzbeutel, weite Umfangverstellungen,<br />

verschiebbare Hüftbändelschlaufe<br />

Komfort-Hüftgurt mit gelochtem<br />

Schaumstoff + Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: verstellbar, gepolstert,<br />

Sicherheitsschnallen<br />

Aufhängung: Zentralring klein, Beinschlaufen<br />

verstell- und aushängbar<br />

Verstärkungen: Zentralring zweifach<br />

dick, Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Kunststoff<br />

Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />

Extras: Haul Loop, Netzbeutel, top<br />

Bändel-/Gurtende-Fixierungen,<br />

Schad-Indikator, Fair-Wear-zertifi ziert<br />

Bewertungen<br />

Bewertungen<br />

Bewertungen<br />

Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

■■■■■<br />

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■■■■■<br />

■■■■■<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Alpingurt mit perfekter Zentrierung;<br />

Hüftgurt komplett zu öffnen, keine<br />

Bändelei; Beinschlaufenweite schnell<br />

verstellbar, Riemen kaum verstellbar,<br />

Verschluss hakelig, Hängen kaum<br />

aufrecht, kann ins Kreuz drücken<br />

Ultraleichter komfortabler Sportklettergurt;<br />

luftig, sehr robust, Slidelock-<br />

Schnalle super leichtgängig + Bändel<br />

schnell befestigt/gelöst, Beinschlaufen<br />

anpassend, aber nicht verstellbar;<br />

relativ starr, schneiden hängend ein<br />

Günstiger Gurt für Klettersteig/<br />

Gletscher; Hüftgurt/Beinschlaufen<br />

komplett zu öffnen, Bändelfi xierungen<br />

mitlaufend, keine Schweißaufnahme,<br />

Riemenverstellung mühsam, Schnallen<br />

können sich lockern, relativ schwer<br />

Sehr robuster Allround-Klettergurt;<br />

sehr komfortabel gepolstert, Verstärkungen<br />

sehr robust, keine Bändelei,<br />

Hüftgurt/Beinschlaufen komplett zu<br />

öffnen, Materialschlaufen optimal zum<br />

Einhängen, kann ins Kreuz drücken<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Klettersteig<br />

Gletscher<br />

Alpinklettern<br />

Klettergarten<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

Klettersteig ■■■■■<br />

Gletscher –<br />

Alpinklettern ■■■■■<br />

Klettergarten ■■■■■<br />

Klettersteig ■■■■■<br />

Gletscher ■■■■■<br />

Alpinklettern –<br />

Klettergarten –<br />

Klettersteig<br />

Gletscher<br />

Alpinklettern<br />

Klettergarten<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

verschont. Für diesen Zweck besitzen die<br />

besonders robusten Mammut und Edelrid<br />

eine kunststoffverstärkte Aufhängung am<br />

Beinteil. Dagegen werden bei fest verbundenen,<br />

einteiligen Sitzgurten (Petzl und<br />

LACD) Seil und Sicherung in die verstärkte<br />

Anseilschlaufe gehängt. Sie sind einfacher<br />

konstruiert und günstiger als Hüftgurte.<br />

Beinschlaufen I: Komfort und Verstellung<br />

Obwohl sie nur je die Hälfte des Hüftgurts<br />

aushalten müssen, sind die Beinschlaufen<br />

wesentlich für den »Hängkomfort« eines<br />

Klettergurts. Sie sollten daher gut ausgestattet<br />

sein – sprich um den hinteren Oberschenkel<br />

ausreichend breit und so gut gepolstert wie<br />

der Hüftgurt. Da man je nach Wetter unter-<br />

schiedlich dicke Hosen verwendet, empfiehlt<br />

sich im Gebirge eine Weitenverstellung mit<br />

Schnallen wie am Hüftgurt (fast alle Modelle).<br />

Black Diamond hat dagegen einen »Schieberegler«,<br />

der sich ohne zu drücken elastisch dem<br />

Oberschenkel umfang anpassen lässt. Die fixen<br />

Beinschlaufen von Edelrid sind dehnbar,<br />

passen sich also bedingt an die Hose an.<br />

96 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Petzl<br />

Aspir<br />

Singing Rock<br />

Versa<br />

Skylotec<br />

guro Men<br />

Stubai<br />

Triple<br />

TIPP<br />

Allround<br />

Preis: 55,95 €<br />

Preis: 59,95 €<br />

Preis: 89,95 €<br />

Preis: 59,90 €<br />

Info: 0 88 21/9 32 30,<br />

www.petzl.com<br />

Info: 0 80 21/50 78 90,<br />

www.singingrock.de<br />

Info: 0 89/32 21 02 58,<br />

www.skylotec.de<br />

Info: 00 43/52 25/6 96 00,<br />

www.stubai.com<br />

Gewicht: 450 g/Größe 1<br />

(Größen 0 bis 2)<br />

Gewicht: 445 g/Größe L-XXL<br />

(3 Größen, XS-XXL)<br />

Gewicht: 400 g/Größe M<br />

4 Größen, S-XL)<br />

Gewicht: 445 g/Größe S-XL<br />

(2 Größen, XS-XL)<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Ausstattung<br />

Breiter Sitzgurt mit robustem Mesh +<br />

Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: verstellbar, Mesh,<br />

markiert, Sicherheitsschnallen<br />

Aufhängung: Anseilschlaufe klein,<br />

Beinschlaufen einzeln verstell- und<br />

aushängbar<br />

Verstärkungen: Anseilschlaufe, Nähte<br />

Materialschlaufen: 2 ergonomisch<br />

+ robust<br />

Extras: Gute Anleitung auch auf Gurt,<br />

robuster Netzbeutel, 3 Jahre Garantie,<br />

Chalk-Bag-Schlaufe<br />

Breiter Sitzgurt mit Netzmesh-Polster<br />

+ Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: verstellbar,<br />

Netzmesh-Polster, Sicherheitsschnalle<br />

Aufhängung: Zentralring groß, Beinschlaufen<br />

verstell- und abschnallbar<br />

Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />

Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />

Extras: Gurtweiten-Voreinstellung,<br />

Gurtende-Fixierung, gute Anleitung,<br />

Netzbeutel, stabile Haul Loop, Eisclip-<br />

Einstecker<br />

Ergonomischer Hüftgurt mit Porenmesh-Polster<br />

+ Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: elastisch anpassend,<br />

Porenmesh-Polster, Sicherheitsschnallen<br />

Aufhängung: Zentralring groß,<br />

Beinschlaufen getrennt verstell- und<br />

abschnallbar<br />

Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />

Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Materialschlaufen: 4<br />

Extras: Anseil-Anleitung, Chalk Bag-/<br />

Haul-Loop, robuster Netzbeutel<br />

Breiter Hüftgurt mit Mesh-Polster +<br />

Sicherheitsschnalle<br />

Beinschlaufen: verstellbar, Mesh-<br />

Polster, Sicherheitsschnallen<br />

Aufhängung: Zentralring, Beinschlaufen<br />

verstell- und abklippbar<br />

Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />

Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />

Materialschlaufen: 4<br />

Extras: Große einfache Haul Loop,<br />

reiner Netzbeutel (anfällig)<br />

Bewertungen<br />

Bewertungen<br />

Bewertungen<br />

Bewertungen<br />

Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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Verschluss:<br />

Zentrierung:<br />

Verdrehen:<br />

Tragkomfort:<br />

Hängen:<br />

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■■■■■<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Unser Eindruck<br />

Narrensicherer Gurt für Klettersteig/<br />

Gletscher und Halle; Hüftgurt/Beinschlaufen<br />

komplett zu öffnen, aufrechtes<br />

Hängen, keine Beinschlaufen-<br />

Verwechslung, sehr grifffreundliche<br />

Materialschlaufen, Bändelei<br />

Komfortabler Alpingurt; luftig gepols -<br />

tert, Gurt leichtgängig + voreinstellbar,<br />

samt Beinschlaufen komplett zu<br />

öffnen, aber hakelig, ergon. vordere<br />

Materialschlaufen gegen Vorrutschen,<br />

hintere für besseres Einhängen<br />

Variabler Sportklettergurt; super<br />

bequem, durchdachte Bändelschlaufen,<br />

Beinschlaufen relativ variabel,<br />

obwohl ohne Verstellung, Hüftgurt<br />

komplett zu öffnen<br />

Schlichter Allrounder; Hüftgurt/<br />

Bein schlaufen komplett zu öffnen,<br />

aufrechtes Hängen, Beinschlaufen-<br />

Riemen leichtgängig, Materialschlaufen<br />

ganz vorne, Hüftgurt evtl. Bändelei<br />

+ an Aufhängung schräg<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Eignungen<br />

Klettersteig ■■■■■<br />

Gletscher ■■■■■<br />

Alpinklettern –<br />

Klettergarten ■■■■■<br />

Klettersteig<br />

Gletscher<br />

Alpinklettern<br />

Klettergarten<br />

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Klettersteig<br />

Gletscher<br />

Alpinklettern<br />

Klettergarten<br />

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Klettersteig<br />

Gletscher<br />

Alpinklettern<br />

Klettergarten<br />

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■■■■■<br />

■■■■■<br />

■■■■■<br />

Hängen<br />

Ohne Schmerzen an den Beinen zu bekommen,<br />

lässt sich am längsten mit Petzl und<br />

Stubai (zudem Oberkörper ganz aufrecht)<br />

und Mammut hängen. Edelrid schneidet trotz<br />

Komfortkonstruktion an den Schenkelinnenseiten<br />

ein, bei Black Diamond kann man sich<br />

ohne Festhalten am Seil nicht aufrecht halten.<br />

Beinschlaufen II: Elastische Straffung<br />

Um die Beinschlaufen oben zu halten, besitzen<br />

alle Klettergurte hinten dünne elastische<br />

Riemen, die sich verstellen lassen<br />

(Mammut leichtgängig, LACD kompliziert,<br />

Black Diamond praktisch nicht, Edelrid keine<br />

Verstellung). Sie sind gebündelt aufgehängt<br />

und abhäng- oder abschnallbar. Parallele<br />

Aufhängungen wie bei Singing Rock erlauben<br />

eine exakte Einzelverstellung.<br />

Mit abschnallbaren Riemen lassen sich zudem<br />

beim Packen und Transport verdrehte<br />

Beinschlaufen vor dem Anlegen des Gurts<br />

leichter entwirren. Gleiches gilt für die relativ<br />

steifen Beinschlaufen von Edelrid und die<br />

Sitzgurte (Petzl sogar mit »Right«-Etikett).<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 97


Ideale Tour zu Beginn der Wandersaison<br />

Die Tour ist Teil des Tiroler Adlerweges<br />

Rückfahrt mit gratis Wanderbus „KaiserJet“<br />

Nur eine Stunde von München entfernt<br />

Standardmäßig<br />

haben Hüftgurte<br />

vier Materialschlaufen,<br />

teils<br />

sind sie ergonomisch<br />

geformt.<br />

Damit der Gurt auch über<br />

dickere Hosen passt,<br />

muss man Beinschlaufen<br />

verstellen können.<br />

Ein Aushängen der Riemen kann die Entwirrung<br />

erleichtern.<br />

Die dreitägige Wanderung<br />

von Hütte zu Hütte führt<br />

vom Goinger Badesee über<br />

die Gruttenhütte und die<br />

Walleralm bis zum kristall<br />

klaren Hintersteiner See in<br />

<br />

<br />

<br />

Materialschlaufen und Extras<br />

Standardmäßig haben Hüftgurte vier Materialschlaufen.<br />

Zum leichteren Einhängen<br />

ergonomisch geformt sind nach außen aufgebogene<br />

(Black Diamond) oder hinten höhere<br />

(Mammut; Edelrid beides) Schlaufen. Petzl<br />

braucht für Klettersteig und Gletscher nur<br />

zwei Materialschlaufen (sehr gut einzuhängen),<br />

LACD nur eine.<br />

Jeder Klettergurt sollte neben Beutel mit Netz<br />

eine ausführliche Anleitung besitzen. Bei<br />

Petzl und Black Diamond befinden sich Anleitungsskizzen<br />

am Gurt. Hinten sollte sich eine<br />

kleine Schlaufe für den Magnesiabeutel oder<br />

eine robuste Haul Loop für Schuhe, Trinkflasche<br />

oder Seil befinden. Die überstehenden<br />

Bändel von Hüftgurt und Beinschlaufen<br />

lassen sich mit je zwei Schlaufen am besten<br />

fixieren (Mammut, Black Diamond, Singing<br />

Rock; LACD mitlaufende Schlaufen). Mammut<br />

besitzt einen Schad-Indikator (rote Fasern bei<br />

Aufrieb) und ist Fair-Wear-zertifiziert. ◀<br />

TIPP<br />

Erst mal fünf<br />

Minuten hängen<br />

■ Beim Kauf eines Hüft- oder Sitzgurts<br />

sollte man sich für mindestens fünf Minuten<br />

in den Gurt hängen, um das Drücken am<br />

Oberschenkel und die Körperhaltung zu<br />

überprüfen.<br />

■ Beim Kauf eines Gurts mit fi xen Beinschlaufen<br />

bzw. bei der Weiteneinstellung<br />

sollten die Beinschlaufen gerade so eng<br />

sein, dass sie nicht am Oberschenkel stören<br />

oder gar einschneiden.<br />

■ Bei mäßiger Zentrierung sind ohne<br />

Verrenkungen nur drei von vier Materialschlaufen<br />

erreichbar. Rechts hinten lassen<br />

sich dann Abseil- und Rettungsausrüstung<br />

einhängen.<br />

<br />

<br />

Hintersteinersee<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Genaue Tourenbeschreibung und<br />

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T: +43 (0) 50509<br />

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Starter-Set: Ein eindeutiger Einbindepunkt,<br />

die Kombiniermöglichkeit mit einem Brustgurt<br />

und auffällige Hinweise machen den<br />

Sitzgurt zum idealen Einsteigermodell und<br />

Klettersteiggurt (auch für Gletscher; Petzl).<br />

Extrem robust: Zentralring (2 extradicke<br />

Lagen + Defektindikator), Hüftgurtaufhängung<br />

und Beinschlaufenaufhängung mit<br />

Kunststoffschutz, an welcher die Last des<br />

Gurtes hängt (Mammut).


Rund 81 000 Fachbesucher aus 109 Ländern statteten der ISPO einen Besuch ab.<br />

ISPO 2013<br />

Neuheiten auf<br />

der ISPO 2013 –<br />

eine Auswahl:<br />

Fotos: Messe München, Hersteller<br />

Es bleibt bunt<br />

Besucherrekord, Ausstellerrekord, Flächenrekord:<br />

Die ISPO Munich 2013 hat neue Maßstäbe gesetzt.<br />

Auffällig war vor allem eines: Die Hersteller setzen<br />

weiterhin auf knallige Farben. Von Bettina Willmes<br />

So viele Aussteller wie nie, so viele<br />

Besucher wie nie, so viel Fläche<br />

wie nie: Die diesjährige »ISPO Munich«<br />

legte bei allen Kennzahlen<br />

zu – zum Teil deutlich. Wie jedes<br />

Jahr präsentierten die Hersteller bei der Fachmesse<br />

die Neuheiten für die kommende Wintersaison.<br />

Große Innovationen gab es zwar<br />

kaum, dafür aber viele kleine Neuerungen.<br />

Auffallend ist beispielsweise, dass immer<br />

mehr Hersteller auf Hybrid-Bekleidung<br />

setzen und je nach Körperpartie wasserabweisende,<br />

isolierende oder atmungsaktive<br />

Die meisten<br />

Hard shells sind<br />

bereits mit dem<br />

neuen GoreTex<br />

Pro ausgestattet.<br />

Materialien verwenden. Ein Großteil der<br />

vorgestellten Hardshell-Jacken ist bereits<br />

mit der neuen Generation der GoreTex Pro<br />

Membran ausgestattet, die von Herbst an<br />

verfügbar ist.<br />

Während es derzeit noch eine Besonderheit<br />

ist, dass Handschuhe so konstruiert oder<br />

behandelt sind, dass man Smartphones mit<br />

ihnen bedienen kann, wird dies in der kommenden<br />

Saison schon fast die Regel sein.<br />

Beständig zeigten sich die Hersteller in ihrer<br />

Farbenfreude. So bleibt die Outdoor-<br />

Kleidung auch im Winter 2013/14 bunt und<br />

knallig. Auch auf Design wird großen Wert<br />

gelegt. Ebenfalls erwähnenswert: Jack Wolfskin<br />

präsentierte die erste Bekleidungsreihe<br />

speziell für Schneeschuhgeher.<br />

Mehr als 30 Produkte aus dem Outdoor-Bereich<br />

wurden mit dem ISPO-Award ausgezeichnet.<br />

Genaueres zum Auswahlverfahren<br />

erfahren Sie in unserem Interview auf<br />

Seite 13.<br />

Ortovox stellte die erste<br />

Hardshell-Garnitur vor, deren<br />

Innenseite vollfl ächig aus<br />

Merinowolle besteht. Laut<br />

Hersteller sorgt das für ein<br />

völlig neues Komfortlevel.<br />

Merinowolle kann große<br />

Mengen an Feuchtigkeit<br />

speichern, ohne sich nass<br />

anzufühlen. Die Feuchtigkeit<br />

kann dann langsam durch<br />

die Membran nach außen gelangen. Drei Jahre<br />

hat Ortovox nach eigenen Angaben an der<br />

Merino Guardian Shell getestet. Die Modelle<br />

sind von Herbst an im Handel erhältlich.<br />

Das Mammut Protection<br />

Airbag System<br />

ist die Weiterentwicklung<br />

des bekannten<br />

Snowpulse Lifebag<br />

Systems. Die Airbagform<br />

schützt Kopf-, Nacken- und<br />

Brustbereich vor Verletzungen<br />

und sorgt in der Lawine<br />

für eine optimale Position.<br />

Neu ist, dass das Airbagsystem<br />

vollständig ausbaubar ist und man dadurch<br />

immer den passenden Rucksack für den<br />

jeweiligen Einsatzbereich wählen kann.<br />

Es gibt vier Rucksacktypen, die mit dem<br />

System kompatibel sind. Erhältlich ab September<br />

2013, je nach Rucksack liegt der<br />

Preis zwischen 640 und 720 €, Kartusche<br />

20 € zzgl. Pfand<br />

Berghaus hat die Ulvetanna Pro<br />

Jacket vorgestellt. Die Besonderheit<br />

ist die mehrfach<br />

verstellbare Kapuze, die<br />

auf Höhe des Mundes<br />

kleinste Öffnungen hat, so<br />

dass die feuchte Atemluft<br />

aus der geschlossenen<br />

Kapuze entweichen kann.<br />

Preis: 599,95 €; von Herbst<br />

an erhältlich<br />

Schön bunt: Dieses Motto galt allerorts.<br />

Meindl hat Schuhe mit ausfahrbaren<br />

Spikes präsentiert. In drei Modellen, (Gastein<br />

Spike, Island Spike und Arctic Spike)<br />

lassen sich diese über eine Handschraube<br />

im Fersenbereich stufenlos aus- und einfahren.<br />

Preis 359 bis 399 €, erhältlich seit<br />

Februar (Island Spike) bzw. ab September<br />

Fotos: Hersteller<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 99


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04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 101


REPORTAGE<br />

Ski-Expedition zum Nordpol<br />

12 Tage für<br />

einen Grad<br />

Der größte Feind bei einer Nordpol-Expedition ist die Sinnfrage. Wenn sie sich<br />

einschleicht, wird es schwer, die Strapazen zu ertragen. Sobald die Arktis aber<br />

auch nur für einen Moment ihre Schönheit preisgibt, sind alle Anstrengungen<br />

vergessen. Von Birgit Lutz<br />

102 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


Gefangen im Eis: Bei<br />

Sturm kann man das<br />

Zelt teilweise mehrere<br />

Tage nicht verlassen.<br />

Foto: Thomas Ulrich<br />

Am Anfang ist es nur ein heller<br />

Streifen. Weit weg, am Horizont.<br />

Das diffuse Licht, durch das wir<br />

seit Tagen wandern, verändert<br />

sich, ganz langsam. Aus dem<br />

Weißgrau schälen sich Konturen. Eisblöcke<br />

ragen wie Finger in den Himmel. Das<br />

Weißgrau wird zu einem schimmernden<br />

Blauweiß. Der helle Streifen wächst über<br />

den ganzen Horizont, als sei er lebendig und<br />

komme näher. Es wird kalt. Die Wolkende-<br />

cke, die uns bisher gewärmt hat, zieht über<br />

unsere Köpfe hinweg, und lässt die Kälte auf<br />

uns herab fallen. Wir ziehen ein drittes Paar<br />

Handschuhe an. Wir bleiben stehen, stumm,<br />

staunend. Wir sehen dieses riesige Tief, wie<br />

es über uns davon zieht. Fünf Minuten später<br />

spannt sich der arktische Himmel über uns<br />

auf, mit einer Klarheit, an die sich unsere<br />

Augen erst gewöhnen müssen, keine Wolke,<br />

kein Dunst mehr, nur blau und weiß und<br />

weiß und blau, das Licht der Sonne strömt<br />

in uns hinein, es wärmt unsere Körper nicht,<br />

aber unsere Seelen. Wir können nicht fassen,<br />

was wir soeben gesehen haben, was wir jetzt<br />

sehen, die Presseisrücken, die aufeinander<br />

gestapelten Schollen, die vielen Töne Blau,<br />

die Sastrugi, die Muster die der Wind in den<br />

Schnee gegraben hat, Wellen wie an einem<br />

sandigen Strand, Eiskristalle, glitzernd.<br />

Dieser Moment allein, er ist es wert. Er ist<br />

alles wert, die Monate der Vorbereitung, die<br />

vielen Stunden in der Schwimmhalle,


am Berg, an den Hanteln. Er ist die Zeit wert,<br />

die geopfert werden muss, die Kosten, und<br />

schließlich auch die Schmerzen unterwegs.<br />

In diesem einen Moment ist er da, der Sinn,<br />

warum das alles. Darum.<br />

Wir sind auf dem Weg zum Nordpol, sind<br />

aufgebrochen von der russischen Drifteisstation<br />

Barneo. Wir gehen nur den letzten Breitengrad,<br />

»The Last Degree« nennen sich solche<br />

Expeditionen, 110 Kilometer über den<br />

arktischen Ozean sind das in der Luftlinie.<br />

Unser Gepäck ziehen wir in Schlitten hinter<br />

uns her, die zwischen 70 und 80 Kilo wiegen.<br />

Die Temperaturen liegen zwischen minus<br />

vier und minus 38 Grad, der Wind erreicht<br />

mitunter Sturmstärke. Das sind die Eckdaten.<br />

Die nicht im Geringsten zu beschreiben<br />

vermögen, wie es sich anfühlt, was es ausmacht,<br />

wie es ist, dort unterwegs zu sein.<br />

Warum geht man eine so weite Strecke geradeaus?<br />

Auf ein virtuelles Ziel zu? Auf einen<br />

Fleck, der exakt genauso aussieht wie die<br />

110 Kilometer davor? Was treibt einen an,<br />

es ist kein Berg, kein Gipfel, immer nur Eis.<br />

Wie oft habe ich diese Fragen beantworten<br />

müssen.<br />

Eis ist nie gleich. Eis ist wie Feuer. Man<br />

kann es endlos ansehen, in seinem Anblick<br />

versinken. Es verändert seine Farbe, seine<br />

Form, seine Konsistenz, sogar das Geräusch,<br />

wenn die Ski darüber gleiten. Wenn es wärmer<br />

ist, erklingt unter ihnen ein schleppendes<br />

Schleifen, der Schnee auf dem Eis ist<br />

sumpfig, schneefreie Stellen sind weich, der<br />

Schlitten schwer. Wenn es kalt ist, klingt der<br />

Schnee staubiger, er ist trocken, noch viel<br />

trockener als jeder Powder der Rocky <strong>Mount</strong>ains,<br />

denn in der hohen Arktis herrscht ein<br />

Wüstenklima, so wenige Niederschläge gibt<br />

es hier. Der Schlitten wird leichter.<br />

Wenn die Temperatur unter minus 30 Grad<br />

sinkt, fängt das Eis zu singen an, manchmal<br />

rutschen die Ski aus auf dem glatten Schnee,<br />

und der Untergrund klingt so hohl, als könne<br />

man hier jeden Moment einbrechen. Auf<br />

schneefreien Stellen beginnt der Schlit-<br />

» Dieser eine Moment<br />

ist alles wert.<br />

Die Monate der Vorbereitung,<br />

die vielen<br />

Stunden in der<br />

Schwimmhalle. «<br />

104 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


1<br />

2<br />

1 An manchen Tagen die<br />

einzige Abwechslung:<br />

Sastrugi, Windmuster im Eis<br />

2 Ab einer gewissen Höhe<br />

lassen sich Presseisrücken<br />

nur ohne Ski überqueren.<br />

3 Alle zwei Stunden zehn<br />

Minuten Pause. Mehr ist<br />

wegen der Kält nicht drin.<br />

Dann heißt es, schnell und<br />

viel essen und trinken<br />

4 Keine Wolke, kein Dunst,<br />

nur blau und weiß: Das sind<br />

die besonderen Momente.<br />

5 Nichtmal die Wimpern<br />

bleiben vom Eis der Arktis<br />

verschont.<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Foto: Birgit Lutz (2), Thomas Ulrich<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 105


» Es ist, als gingen wir<br />

auf einer Rolltreppe,<br />

die rückwärts fährt,<br />

und wenn wir stehen<br />

bleiben, verlieren wir<br />

an Strecke. «<br />

ten zu tanzen. Bleibt man stehen, und wenn<br />

man stehen bleibt, muss man Acht geben,<br />

dass er nicht in die Hacken saust.<br />

Verzaubert von Sastrugi<br />

Manchmal geht man stundenlang über ebene<br />

Flächen, auf denen die einzige Abwechslung<br />

Sastrugi sind. In den Alpen heißen sie<br />

Windgangeln: bezaubernde Muster, die der<br />

Wind in den Schnee fräst. Manchmal ist das<br />

Eis aufgeworfen, zerbrochen, verwüstet. Es<br />

ist kein Land, über das wir gehen, es ist ein<br />

Meer, und dieses Meer ist in ständiger Bewegung,<br />

auch wenn es reglos erscheint. Von Sibirien<br />

nach Kanada wandern die Eismassen,<br />

in einem unvorhersehbaren Zickzack-Kurs,<br />

der von der Erdbewegung, von Wetter und<br />

Wind bestimmt wird. Diese Gewalten brechen<br />

das Eis auf, lassen es sich an der einen<br />

Stelle innerhalb weniger Minuten fünfhundert<br />

Meter weit öffnen, an der anderen Stelle<br />

meterhoch aufstapeln, mit einem Kreischen<br />

und Poltern als seien hier Geister am Werk.<br />

Zeuge dieser Arbeit der Natur zu werden<br />

rührt ans Herz, erzeugt ein Staunen in Demut<br />

und Dankbarkeit.<br />

Das Ergebnis dieser Arbeit aber sind meterhohe<br />

Eisbarrieren, manchmal aus Blankeis,<br />

manchmal eingeweht, und beide haben ihre<br />

Eigenheiten. Das Blankeis ist rutschig, auf<br />

Ski mit dem Schlitten über sie zu klettern<br />

ist eine wacklige Angelegenheit und jeder<br />

Sturz schmerzt. Die eingewehten sind heimtückisch,<br />

weil man sich sicher wähnt und<br />

doch einbrechen kann zwischen den Schollen.<br />

Schon erfahrene Polfahrer haben sich<br />

so die Beine und Hüften gebrochen. Es kann<br />

passieren, dass man sich zwei Stunden lang<br />

über Eisschollen hievt, in denen der Schlitten<br />

hunderte Male umkippt, und feststellt,<br />

man ist 580 Meter weit gekommen. Weil der<br />

Untergrund das Vorankommen schwierig<br />

macht, aber auch weil die Drift negativ ist<br />

– das heißt, das Eis bewegt sich Richtung<br />

Süden, während wir nach Norden wollen.<br />

Es ist, als gingen wir auf einer Rolltrep-<br />

106 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


2<br />

1 Von Eishügeln aus<br />

sind Hindernisse<br />

leichter zu erkennen.<br />

2 Werkstatt im<br />

Zelt: Mit einem<br />

Benzinkocher<br />

werden Ski und Felle<br />

vorm Aufkleben<br />

gewärmt.<br />

3 Ein Blick aus dem<br />

Zelt reicht, um zu<br />

erkennen, dass der<br />

Sturm zu stark ist,<br />

um weitergehen zu<br />

können.<br />

3<br />

TIPP<br />

1<br />

Gut gerüstet ins Eis: je natürlicher, umso funktionaler<br />

Fotos:<br />

Fotos: Birgit Lutz (3), Thomas Ulrich<br />

Auch im Zelt ist man stets warm eingepackt.<br />

Grundsätzlich gilt, dass vieles, was in den<br />

Bergen gut ist, im Eis nicht viel taugt. Fleece zum<br />

Beispiel wird feucht und klamm. Die Ausrüstung ist<br />

erstaunlich simpel: je natürlicher, umso funktionaler;<br />

je größer, umso besser; je simpler, umso<br />

weniger störungsanfällig. Tagsüber trägt man zwei<br />

bis drei Schichten Unterwäsche aus Merinowolle,<br />

darüber wasserdichte Hose und Jacke. Wichtig:<br />

Durch einen Fellkragen um die Kapuze entsteht vor<br />

dem Gesicht ein Mikroklima, das vor Erfrierungen<br />

schützt. Bei großer Kälte wird das Gesicht durch<br />

eine Neoprenmaske geschützt. Wärme entsteht vor<br />

allem durch Bewegung, deswegen muss man fi t<br />

genug sein, sich zwölf Stunden zu bewegen. Optional<br />

sind bei sehr tiefen Temperaturen Isolationsjacken<br />

hilfreich, deswegen alles in ausreichender<br />

Größe besorgen. Eine Expeditionsdaunenjacke wird<br />

in den Pausen über die anderen Schichten angezogen,<br />

etwa alle zwei Stunden für zehn Minuten.<br />

Die Hände stecken in dünnen Wollhandschuhen,<br />

die immer angezogen bleiben, darüber zwei Paar<br />

Wollhandschuhe und ein Paar Sturmhandschuhe.<br />

Alle so groß, dass man sie in einem Rutsch aus-<br />

Norwegische Spezialschuhe<br />

fürs Eis<br />

und wieder anziehen<br />

kann.<br />

Für die Füße als erstes<br />

ein Paar Socken<br />

aus Merinowolle<br />

anziehen, darüber<br />

eine Plastiktüte als<br />

Dampfsperre. So<br />

schlüpft man in zwei<br />

Paar dicke Filzschuhe, die wiederum in weiche<br />

Telemarküberschuhe, eine norwegische Spezialanfertigung,<br />

gehören. Da diese keine Druckstellen<br />

verursachen, gibt es keine Erfrierungen. Durch die<br />

Dampfsperre werden nur die Wollsocken feucht,<br />

die man am Abend über dem Kocher trocknet.<br />

Die Ski sind Sonderanfertigungen, eine Mischung<br />

aus Langlauf- und Tourenski, die im Mittelbereich<br />

verstärkt sind, um über Presseisrücken steigen zu<br />

können. Unbedingt nötig ist ein Expeditionszelt<br />

mit Schneelaschen, auf die zur Stabilisierung<br />

und Isolierung Schnee gehäuft wird. Ausführliche<br />

Ausrüstungslisten gibt es bei den Expeditionsveranstaltern.<br />

04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 107


Fotos: Thomas Ulrich, Markus Merk, Birgit Lutz<br />

KOMPAKT<br />

Ausgangspunkt<br />

89. Breitengrad<br />

Anreise: Linienfl ug über Oslo nach Longyearbyen<br />

auf Spitzbergen. Von dort weiter in<br />

einer Antonow zur Drifteisstation Barneo. Je<br />

nachdem, wo sich die Station befi ndet, Start<br />

von dort oder Flug mit dem Hubschrauber<br />

zum 89. Breitengrad<br />

Reisezeit: April<br />

Eiskarten: www.iup.uni-bremen.de:8084/<br />

ssmis<br />

Buchungsmöglichkeiten: www.<br />

thomasulrich.com, www.norpolex.com,<br />

www.northpolevoyages.com<br />

pe, die rückwärts fährt. Bleiben wir stehen,<br />

verlieren wir an Strecke. Das Eis bewegt sich<br />

manchmal mit einer Geschwindigkeit von<br />

1,2 Kilometern pro Stunde, fast 30 Kilometer<br />

in 24 Stunden. Das ist mehr, als man gehen<br />

kann. Man geht also den ganzen Tag und<br />

kommt doch nicht voran. Im Gegenteil.<br />

Das ist die Herausforderung einer Nordpolexpedition.<br />

Und deswegen sind Nordpolexpeditionen<br />

auf ihre Art anspruchsvoller als<br />

alles, was man tun kann in den Polregionen.<br />

Zu allen Unwägbarkeiten des Wetters<br />

kommt die Unwägbarkeit des Untergrunds<br />

hinzu. Man weiß niemals, wie die nächsten<br />

Kilometer aussehen werden. Man weiß<br />

nicht, ob man ebenes Eis, aufgeworfenes<br />

Eis, viel Schnee oder offenes Wasser finden<br />

wird. Es gibt keine Karte. Es gibt keine Wegbeschreibung.<br />

Es ist jedes Mal wieder eine<br />

Erstbegehung, und niemand sonst wird jemals<br />

diesen Weg nachgehen, denn das Eis<br />

wird weiterziehen. Nachfolgende Expeditionen<br />

werden ihre ganz eigenen Bedingungen<br />

vorfinden. 2010 ist die Strecke, die ich gehe,<br />

wohl 200 Kilometer lang. 2011 vielleicht 70.<br />

Es ist nicht festzustellen.<br />

All das ist eine immense Herausforderung<br />

für die Psyche. Das Gefühl, wenn man sich<br />

auf unbekanntem Terrain bewegt. Das Wissen,<br />

dass mehr als 4000 Meter Wasser unter<br />

den Füßen schwappen, schwarz und kalt.<br />

Die Ernüchterung beim Blick auf das GPS,<br />

wenn man sieht, man hat Strecke verloren.<br />

Besuch von der Sinnfrage<br />

Dann besucht die Sinnfrage auch mich, sie<br />

setzt sich auf meinen Schlitten, schwer und<br />

immer schwerer, sie nimmt mir Kraft und<br />

Energie, lässt mich die Schmerzen der Kälte<br />

deutlicher spüren und die Müdigkeit in meinen<br />

Armen und Beinen. Die Sinnfrage ist es,<br />

die alles kaputt machen kann hier, sie ist der<br />

größte Feind.<br />

Ich beantworte diese Frage nicht mit einem<br />

Kampf, ich will mir nichts beweisen und<br />

auch anderen nicht, ich muss nicht mich<br />

besiegen oder das Eis und die Kälte. Der Sinn<br />

1 Aufnahme aus dem Sommer:<br />

Im April sind Vögel nur selten in<br />

der Arktis anzutreffen.<br />

2 Presseisrücken erschweren<br />

das Weitergehen immer wieder.<br />

3 Zeugnis unvorstellbarer<br />

Kräfte: zwei Meter hohe<br />

Eisrücken<br />

108 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13


liegt für mich in der Schönheit, und der Weg<br />

dorthin führt über ein Einswerden mit dieser<br />

Welt, ich kämpfe nicht und kann deshalb<br />

weder gewinnen noch verlieren. Ich erbitte<br />

Zutritt, erbitte die Erlaubnis zum Weitergehen.<br />

Die Arktis ist für mich ein lebendiges<br />

Wesen, sie hat eine Seele. Sie ist gerecht, sagt<br />

Thomas Ulrich, einer der bekanntesten Polfahrer.<br />

Tausende Kilometer ist er schon über<br />

dieses Eis gegangen. Mit ihm bin ich unterwegs,<br />

und er sagt, was dir die Arktis nimmt,<br />

das bekommst du auch wieder. Daran muss<br />

man glauben, darauf muss man vertrauen.<br />

An den Tagen, an denen man am Vormittag<br />

mit den Presseisrücken kämpft und nicht<br />

vorankommt, und am Nachmittag dann aus<br />

der Nebelsuppe auftaucht in die strahlende<br />

Weite, wenn das Licht dünn und silbern<br />

wird, dann weiß man, was es heißt, dann erlebt<br />

man, die Arktis ist gerecht. Nun gibt sie<br />

uns, sie lässt uns weitergehen.<br />

Wanderbar.<br />

NEU!<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Lebendige Eiswüste<br />

Inuit glauben, dass alles eine Seele hat, Menschen,<br />

Tiere, Pflanzen. Wenn sie Jagdglück<br />

haben, so sind es nicht sie, die erfolgreich<br />

waren, es ist das Tier, das sich hingegeben<br />

hat, das entschieden hat, erlegt zu werden,<br />

und diesem Beschluss zollen die Jäger der<br />

Inuit großen Respekt. Ein wunderbarer Gedanke.<br />

Seit ich dort oben unterwegs war,<br />

verstehe ich, wie dieser Animismus gerade<br />

dort entstehen konnte. Es ist ein Gefühl, das<br />

langsam in einem wächst, wenn man sich<br />

in dieser Umgebung aufhält, in der die Gewalten<br />

der Natur mit einer solchen Wucht<br />

auf einen prallen. Das sichere Gefühl, dass<br />

gerade in dieser Eiswüste alles auf seine Art<br />

lebendig ist.<br />

Dankbar wird man. Und aufmerksam. Die<br />

Sinne schärfen sich. In einem Dschungel,<br />

der strotzt vor Leben und wildem Gewirr<br />

verschwinden und verschwimmen die kleinen<br />

Dinge. Hier, wo es nichts gibt als Eis und<br />

Luft werden die kleinsten Dinge riesengroß,<br />

wir bestaunen die Presseisrücken, Kristalle,<br />

Lichtspiele mit einer Aufmerksamkeit, als<br />

wären wir gerade neu in diese Welt gekommen.<br />

Wir hören das Eis, wir lesen den Himmel,<br />

wo er dunkel ist, wartet offenes Wasser<br />

auf uns, es dauert, bis man die Zeichen der<br />

Natur erkennen lernt, doch hat man hier<br />

nichts andres zu tun und so wächst man mit<br />

jedem Tag weiter hinein in diese Welt. Und<br />

wenn man ankommt, am Ziel, ist man ein<br />

andrer, man hat jene arktische Wandlung<br />

durchlaufen, von der all die berichten, die<br />

sich dort oben auf den Weg gemacht haben.<br />

Man ist angekommen. Doch wird man von<br />

nun an immer wieder aufs Neue losmüssen.<br />

Weil man gar nicht mehr anders kann. ◀<br />

Zur Magnolienblüte den Frühling im Tessin genießen, die Midsommernacht<br />

auf einem Lofotengipfel erleben, im Herbst durch<br />

Cornwall oder den Triglav-Nationalpark wandern und dem deutschen<br />

Winter nach Patagonien oder Neuseeland entfliehen.<br />

400 Tourentipps in 80 Regionen weltweit – dieses WanderReise-<br />

Buch ist der perfekte Ideengeber für alle Genusswanderer, die<br />

gerne jahreszeitenunabhängig wandern und stets auf der Suche<br />

nach etwas Neuem sind.<br />

168 Seiten · ca. 250 Abb.<br />

21,8 x 26,0 cm<br />

€ [A] 30,80<br />

sFr. 39,90 € 29,95<br />

ISBN 978-3-7654-6068-5<br />

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PORTRÄT<br />

UNSERE BESTEN<br />

Pit Schubert im Jahr 1960<br />

an der Gelben Kante der<br />

Kleinen Zinne<br />

110 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


Pit Schubert<br />

»Wir hatten alle<br />

keine Ahnung«<br />

»Ich bin selten<br />

gestürzt. Früher hat<br />

man sich nicht getraut<br />

zu stürzen, weil man<br />

nie wusste, ob das<br />

Material hält.«<br />

Fotos: Bergverlag Rother, Bettina Willmes, Archiv Pit Schubert<br />

Abgetrennte Beine oder zerfetzte Gliedmaßen<br />

waren lange Zeit Teil von Pit Schuberts Berufs.<br />

32 Jahre lang war er Leiter des Sicherheitskreises<br />

des Deutschen Alpenvereins. Die Gefahren<br />

des Bergsteigens kennt er dadurch wie kein<br />

Zweiter. Von Bettina Willmes<br />

Auch ein Sicherheitspapst ist bisweilen<br />

eitel. »Wer wird denn<br />

solch eine Haube aufsetzen?«,<br />

war Pit Schuberts erster Gedanke,<br />

als 1960 der erste Kletterhelm<br />

auf den Markt kam. Rund neun Monate<br />

später rettete ihm solch eine »Haube« wahrscheinlich<br />

das Leben, als ihm an der Westlichen<br />

Zinne ein faustgroßer Stein direkt auf<br />

den Kopf fiel.<br />

Heute ist es selbstverständlich, beim Klettern<br />

im Gebirge einen Helm zu tragen.<br />

Auch sonst herrscht inzwischen ein anderes<br />

Bewusstsein für alpine Gefahren. Einer,<br />

der wesentlich dazu beigetragen hat, ist Pit<br />

Schubert. Von 1968 bis 2000 leitete er den Sicherheitskreis<br />

des Deutschen Alpenvereins<br />

(DAV) und hatte in dieser Funktion ständig<br />

mit Unfällen am Berg zu tun. Viele davon<br />

waren tödlich. Erschüttert haben sie ihn nie.<br />

Weder jene, die er beruflich analysiert hat,<br />

noch jene, die sich in seinem privaten Umfeld<br />

ereignet haben: »Ich bin mit der Gefahr<br />

groß geworden und wusste immer, dass jederzeit<br />

etwas passieren kann.«<br />

Fallhöhe des Steins: 1,50 Meter.<br />

Material des Helms: nicht<br />

alterungsbeständiger<br />

Kunststoff<br />

Er selbst kam immer glimpflich davon. Sowohl<br />

bei der Erstdurchsteigung der Südflanke<br />

der Annapurna IV, als auch in den großen<br />

Nordwänden der Alpen. »Ich bin selten gestürzt.<br />

Früher hat man sich nicht getraut zu<br />

stürzen, weil man nie wusste, ob das Material<br />

hält.« Als seine beiden Kinder, heute 46<br />

und 47 Jahre alt, mit dem Klettern anfingen,<br />

hatte sich in dieser Hinsicht bereits einiges<br />

verbessert. Trotzdem war er froh, als die beiden<br />

vor mehr als 20 Jahren damit aufhörten.<br />

Ihr Interesse am Bergsteigen verflog einfach.<br />

Bei vielen anderen hatte hingegen Pit Schuberts<br />

Standardwerk »Sicherheit und <strong>Risiko</strong><br />

in Fels und Eis« (Bergverlag Rother) wesentlichen<br />

Anteil daran, dass sie ihre Touren<br />

bewusster aussuchten – oder nur noch mit<br />

mulmigem Gefühl unterwegs waren. Wer<br />

»Pit Schubert« googelt, stößt schnell auf den<br />

Eintrag »Pit Schubert, Du hast mein Leben<br />

zerstört«. Er verlinkt auf eine Diskussion auf<br />

der Plattform gipfeltreffen.at. Dort tauschen<br />

sich <strong>Bergsteiger</strong> aus, denen beim Klettern die<br />

Bilder aus Schuberts Büchern nicht aus dem<br />

Kopf gehen.<br />

Die Bilder, von denen sie sprechen,<br />

sind in der Tat nichts<br />

für Zartbesaitete. Eine<br />

Aufnahme mit der Bildunterschrift<br />

Mit sich im Reinen: Pit Schubert<br />

»Nicht gestellt… (†)« zeigt beispielsweise einen<br />

Kletterer, der bei einem Sturz mit dem<br />

Kopf aufgeprallt ist. »Nur mit derart grässlichen<br />

Bildern lassen sich die Leser beeinflussen<br />

und zum Nachdenken anregen, was ja<br />

von mir beabsichtigt war«, begründet Schubert<br />

die Auswahl der Bilder. Erhalten hat er<br />

die Aufnahmen in der Regel von Augenzeugen.<br />

»Dass die Polizei am Ort des Geschehens<br />

solche Fotos gemacht hätte, das gab es<br />

INFO<br />

Sicherheitskreis wird<br />

Sicherheitsforschung<br />

Was einst aus der Initiative einiger<br />

<strong>Bergsteiger</strong> entstand, ist heute eine fest<br />

im Deutschen Alpenverein verankerte<br />

Institution. Geändert hat sich unter anderem<br />

der Name: Der Sicherheitskreis heißt heute<br />

Sicherheitsforschung. Diese befasst sich mit<br />

den Themenfeldern Unfallanalysen, Materialforschung<br />

und Normenarbeit. Während<br />

es zu Pit Schuberts Zeiten zunächst darum<br />

ging, die Ausrüstung zu verbessern, steht<br />

nun der Mensch als <strong>Risiko</strong>faktor stärker<br />

im Fokus. Bis August 2012 waren Chris<br />

Semmel (48) und Florian Hellberg (31) die<br />

DAV-Sicherheitsforscher, seit Semmels Weggang<br />

besteht das Team aus Hellberg, Sophia<br />

Steinmüller (26, Physikerin, seit Januar<br />

2013) sowie Thomas Exner (41, Bergführer<br />

und Physiker; beginnt im April 2013).<br />

04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 111


Foto: Bergverlag Rother<br />

Nichts für<br />

zarte Gemüter:<br />

Schubert<br />

setzt in seinen<br />

Büchern auf<br />

Schocktherapie.<br />

früher nicht. Da ist halt einer abgestürzt,<br />

und der war dann tot.«<br />

Bücher zu verfassen, war nicht das eigentliche<br />

Anliegen von Pit Schubert. Es ging<br />

dem gelernten Werkzeugmacher und<br />

Maschinenbau-Ingenieur wie seinen Mitstreitern<br />

im Sicherheitskreis darum, das<br />

Bergsteigen sicherer zu machen. »1969 war<br />

der erste Flug zum Mond, und wir haben<br />

primitive Eispickel mit Holzschaft verwendet,<br />

die bei der ersten größeren Belastung<br />

zu Bruch gingen«, sagt er. Der Anstoß, den<br />

Kreis zu gründen, kam 1968 von Manfred<br />

Sturm. Ein enger Freund von Sturm war in<br />

den Zillertaler Alpen verunglückt – eine<br />

Standplatzsicherung hatte nicht gehalten.<br />

Daraufhin rief Sturm einige <strong>Bergsteiger</strong><br />

zusammen. Noch am gleichen Tag wurde<br />

der Sicherheitskreis gegründet. »Per Zuruf<br />

wurde ich kurzerhand zum Chef ernannt«,<br />

erzählt Schubert und lacht kurz auf.<br />

Zwei Jahre später wurde der Kreis in den<br />

DAV integriert. Zehn Jahre lang erledigte<br />

Schubert seine Aufgabe nebenberuflich,<br />

1978 genehmigte der Alpenverein eine<br />

hauptamtliche Stelle – erst nur Teilzeit,<br />

dann Vollzeit. »Mit Zugversuchen nahmen<br />

wir alles mögliche ins Visier: Klemmkeile,<br />

Karabiner, Reepschnüre.« In den ersten Jahren<br />

fiel ein Großteil der Arbeit auf Nachtschichten<br />

– »am Wochenende wollten wir<br />

raus zum Klettern«. Bei einem der ersten<br />

Versuche hat sich Schubert die Lendenwirbel<br />

eingedrückt, bei einem anderen wäre<br />

ein Kollege um ein Haar von einem Fallgewicht<br />

erschlagen worden. »Wir hatten damals<br />

alle keine Ahnung.« Dieser Satz fällt<br />

bei Schuberts Erzählungen von den Anfängen<br />

des Sicherheitskreises immer wieder.<br />

Heute ist der gebürtige Breslauer 77 – und<br />

längst im Ruhestand. Es gehe ihm gut, sagt<br />

er. Man glaubt es ihm, wie er so da sitzt in<br />

seiner Wohnung in Niederndorf bei Kufstein,<br />

zurückgelehnt, die Hände ruhen auf<br />

dem Tisch. »Ich bin komplett ausgefüllt mit<br />

Klettern und Skifahren.« Nicht mehr die<br />

hohen Wände, das brauche er nicht mehr.<br />

Aber immer noch so, dass es ihn fordert,<br />

und am liebsten mit Kameraden von früher.<br />

Einst war er viel mit seiner Lebensgefährtin<br />

Margarethe unterwegs, einer Wienerin.<br />

Kennengelernt hat er sie auf einer seiner<br />

vielen Reisen in den Himalaya. »Damals habe<br />

ich schnell gemerkt: Hoppla, da muss ich<br />

mich anstrengen, um in der Höhe mithalten<br />

zu können.« Das gefiel ihm. Heute machen<br />

ihr steife Gelenke das Bergsteigen schwer.<br />

Natürlich will der einstige Präsident der »Internationalen<br />

Union der Alpinistenverbände«<br />

(UIAA) immer noch wissen, was sich tut<br />

in Sachen Sicherheit und Ausrüstung. Veranstaltungen<br />

wie ISPO oder Outdoor sind<br />

für ihn daher Pflichttermine. Erfährt er von<br />

einem Bergunfall, nimmt er das nicht einfach<br />

nur zur Kenntnis, sondern beschafft<br />

sich Informationen und analysiert die Hergänge.<br />

Intensiv beschäftigt hat er sich auch<br />

mit dem Klettersteigunfall in Tirol im August<br />

2012, bei dem ein Jugendlicher starb.<br />

»Ich habe sogar Bilder von dem Toten«, verrät<br />

er. »Wollen Sie sie sehen?« Woher er sie<br />

hat, behält er für sich.<br />

TOUR<br />

Pit Schuberts Klettertipp:<br />

Die »Via Somadossi« bei Arco<br />

Eine elegante Freikletterei<br />

(VI), die ich aufgrund ihrer<br />

Schönheit hinsichtlich<br />

Routenführung sowie<br />

hinsichtlich Felsqualität und<br />

Ausgesetztheit weit über 50<br />

Mal gemacht und schließlich<br />

saniert habe – wie übrigens<br />

zahlreiche weitere klassische<br />

Routen am Colodri und an der<br />

Rupa Secca; die »Somadossi«<br />

ist allerdings recht sparsam<br />

eingebohrt.<br />

Wandhöhe: gute 200 m<br />

Kletterlänge: über 300 m,<br />

10 Seillängen<br />

Ausgangspunkt: nördlich von<br />

Arco im Sarca-Tal<br />

Route: In der dritten Seillänge<br />

der »Via Somadossi« sollte<br />

man nicht den alten Normalhaken<br />

der Erstbegeher gerade<br />

hinauf folgen, sondern etwas<br />

rechts davon durch einen frei<br />

zu kletternden Riss nahe der<br />

Verschneidung und wieder<br />

wenige Meter nach links zur<br />

Originalführe queren. Obwohl<br />

eingebohrt, ist es keine nach<br />

modernen Maßstäben sanierte<br />

Route; Wand- und Risskletterei<br />

überwiegt. Erstbegangen wurde<br />

die »Somadossi« am 12. September<br />

1975 von den Brüdern<br />

»1969 war der erste<br />

Flug zum Mond, und<br />

wir <strong>Bergsteiger</strong> haben<br />

noch immer primitive<br />

Eispickel mit Holzschaft<br />

verwendet.«<br />

Auf dem Laufenden halten muss er sich<br />

auch – schließlich publiziert er nach wie<br />

vor in Magazinen wie »bergundsteigen«<br />

und »analyse:berg«. Außerdem schreibt er<br />

Bücher. Zuletzt erschien von ihm im November<br />

der Titel »Im Himalaya ist vieles<br />

anders«. Bei den vielen Büchern in seiner<br />

Wohnung entsteht der Eindruck, dass er<br />

nicht nur gerne schreibt, sondern auch<br />

liest. »Ich lese aber nur, was mich weiter<br />

bringt«, sagt Schubert knapp. Geschichten,<br />

die sich jemand ausgedacht hat, mag er<br />

nicht – er bevorzugt Fakten.<br />

Umso mehr stört es ihn, dass so manche<br />

Fakten ihm nicht mehr auf Anhieb einfallen.<br />

»Ab 75 Jahren lässt das Gedächtnis<br />

verdammt nach«, sagt er, und an der Art,<br />

wie er »verdammt« betont, wird klar: Das<br />

gefällt ihm nicht. Aber das scheint auch so<br />

ziemlich alles zu sein, womit dieser Mann<br />

in seinem Leben hadert.<br />

◀<br />

M. und U. Ischia. Am Colodri<br />

und an der westlich davon<br />

gelegenen Rupa Secca gibt es<br />

zahlreiche wunderschöne<br />

Kletterrouten ähnlicher Art und<br />

Schwierigkeit. Darüber hinaus<br />

ist die gesamte Region um<br />

Arco sowie das Sarcatal (Valle<br />

di Sarca) ein fantastisches<br />

Klettergebiet mit bis zu 1000<br />

Meter langen Mehrseillängen-<br />

Routen in allen Schwierigkeitsgraden.<br />

Aufgrund der Ost- und<br />

Süd-Exposition vor allem im<br />

Winter sowie im Frühjahr und<br />

Herbst ideal; im Sommer ist es<br />

meist zu heiß.<br />

112 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13


LESERBRIEFE/IMPRESSUM<br />

GRASSLS TIPPS<br />

Toni Grassl ist staatlich geprüfter<br />

Berg- und Skiführer<br />

und Inhaber der Eventagentur<br />

grassl-eps. Exklusiv für<br />

den BERGSTEIGER gibt er<br />

Tipps rund ums Bergsteigen.<br />

Dieses Mal geht es um<br />

gefährliche Altschneefelder<br />

im Frühjahr.<br />

»Gerade das Frühjahr zeigt<br />

immer wieder, wie tückisch<br />

und gefährlich Altschneefelder<br />

in den Bergen sein können.<br />

Schneereste bleiben bei<br />

einsetzender Schneeschmelze<br />

vorwiegend in schattigen<br />

Rinnen oder Mulden liegen.<br />

Nicht selten müssen diese bei<br />

Bergtouren überquert oder<br />

auf diesen auf- und abgestiegen<br />

werden. Das Ausrutschen<br />

auf vereisten Altschneefeldern<br />

führt oft zu fatalen Un-<br />

GLÜCKWUNSCH!<br />

Die Gewinner unseres dreiteiligen<br />

BERGSTEIGER-Quiz’ stehen<br />

fest. Die Hauptpreise gehen an:<br />

1. Preis Benjamin Hart aus<br />

Hausham<br />

2. Preis Anton Richter aus<br />

Taufkirchen<br />

3. Preis Doris Stengl-Herrmann<br />

aus Fürth<br />

4. Preis Albert Raufer aus<br />

Unterhaching<br />

fällen, weil sich ein Sturz<br />

kaum mehr bremsen lässt. Bei<br />

der Planung der Tour sollte<br />

man sich daher mit den Gebietskarten<br />

beschäftigen und<br />

sich bei lokalen Bergführern<br />

erkundigen, ob bei der Tour<br />

noch mit Schnee zu rechnen<br />

ist. Falls ja, sind leichte Steigeisen<br />

und ein Pickel ratsam, um<br />

sich auf den Schneefeldern sicher<br />

bewegen zu können.<br />

Auch bei Skitouren im Frühjahr<br />

sind häufig Übergänge<br />

von Schneefeldern in das Felsgelände<br />

oder umgekehrt zu<br />

überwinden. Oft bildet sich<br />

zwischen Fels und Schnee eine<br />

Randkluft. Deren Kante ist<br />

nicht selten einsturzgefährdet,<br />

wird beim Betreten aber<br />

gerne unterschätzt.<br />

Wählen Sie für den Übergang<br />

jene Stelle, an der sich der<br />

Schnee am stabilsten mit dem<br />

Fels verbindet. Testen lässt<br />

sich dies, indem man die Festigkeit<br />

des Schnees mit dem<br />

Skistock sondiert. Gehen Sie<br />

anschließend dennoch nur<br />

sehr vorsichtig weiter. Beim<br />

ersten Vorantasten mit dem<br />

Bergschuh spürt man sehr<br />

schnell, ob der Schnee tragfähig<br />

ist – oder nicht.«<br />

Eine Übersicht über alle Gewinner<br />

finden Sie auf www.bergsteiger.de<br />

sowie in unserer Mai-<br />

Ausgabe. Dort verraten wir<br />

Ihnen auch die richtigen Lösungen<br />

auf jede einzelne der 39<br />

Fragen.<br />

Ein herzliches Dankeschön an<br />

alle Teilnehmer. Wir hoffen,<br />

das Miträtseln hat Ihnen Spaß<br />

gemacht!<br />

BERGSTEIGER<br />

März 2013<br />

Schöne Mischung!<br />

Betrifft: Frühjahrswandern<br />

Liebe BERGSTEIGER-Redaktion,<br />

Ihr habt mich mit der neuen<br />

Ausgabe richtig glücklich gemacht.<br />

Denn ich habe gerade<br />

damit gehadert, dass die Skisaison<br />

in ihr letztes Drittel geht<br />

und es ja noch dauert, bis man<br />

bei uns wieder wandern kann.<br />

Und dann liefert mir der BERG-<br />

STEIGER gleich alles auf einmal:<br />

Winterwanderungen und<br />

Frühjahrswandern anderswo.<br />

Schön!<br />

Katja Riedel, per E-Mail<br />

Ziemlich daneben<br />

Betrifft: Kaufberatung Hardshells<br />

Ciao ragazzi<br />

Ich finde diese »Kaufberatung«<br />

ziemlich daneben. Die großen<br />

Unterschiede in der Regendichtheit<br />

werden vernachlässigt,<br />

obwohl es bei den Hardshells<br />

genau darauf ankommt.<br />

Und ausgerechnet Jack Wolfskin,<br />

eine der wirklich besten<br />

und am meisten verkauften<br />

Marken, wird nicht berücksichtigt!<br />

Zeitschrift TEST August 2012:<br />

Nur die Jacke von Wolfskin<br />

hält als einziger von sage und<br />

schreibe 17 getesteten Outdoorfetzen<br />

auch nach fünfmaligem<br />

Waschen noch sehr gut dicht<br />

– ein Skandal per se und eine,<br />

auf gut Schwäbisch, saumäßige<br />

Schande für sämtliche anderen<br />

Hersteller!!<br />

Jörg Klingenfuß, per Mail<br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

Bei dem erwähnten Test der Stiftung<br />

Warentest wurden lediglich günstigere<br />

Zwei-Lagen-Jacken betrachtet. Die<br />

Kaufberatung hingegen behandelt<br />

dreilagige Hardshells, insofern sind<br />

die Ergebnisse nicht vergleichbar.<br />

Sagen Sie uns Ihre Meinung zum BERGSTEIGER, wir freuen uns über jede Zuschrift!<br />

Je kürzer ein Leserbrief, desto größer die Chance auf Veröffentlichung. Alle Zuschriften bitte an<br />

BERGSTEIGER, Postfach 40 02 09, D-80702 München oder E-Mail: bergsteiger@bruckmann.de<br />

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die abgedruckten Leserbriefe nicht die Meinung der Redaktion,<br />

sondern die der Unterzeichnenden wiedergeben. Wir behalten uns vor, Briefe vor Abdruck zu kürzen.<br />

04/13 | 80. Jahrgang<br />

Internet: www.bergsteiger.de<br />

Redaktionsanschrift<br />

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Chefredakteur Michael Ruhland<br />

Redaktion Beate Dreher, Petra Gössl-Kubin,<br />

Dominik Prantl, Bettina Willmes<br />

Assistenz Beate Dreher<br />

Layout Tanja Beyerle<br />

Kartographie Christian Rolle<br />

Illustrationen Max Baitinger, Moritz Reischl<br />

Aboservice/Leserservice<br />

BERGSTEIGER-Aboservice, Postfach 1280,<br />

82197 Gilching, DEUTSCHLAND<br />

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(* 14 Cent pro Minute)<br />

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