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04<br />
Berchtesgadens sagenhafter Untersberg<br />
EXTRA:<br />
Rucksäcke<br />
im Test<br />
| Bergwandern | Klettersteige | Alpinismus<br />
04 / April 2013<br />
Heiner Geißler<br />
»Bergsteigen ist<br />
die beste Schule<br />
fürs Leben«<br />
Everest: 60 Jahre Erstbesteigung<br />
<strong>Mount</strong> <strong>Madness</strong><br />
<strong>Reiz</strong>, <strong>Risiko</strong>, <strong>Rekorde</strong> – <strong>großes</strong> Jubiläums-Special<br />
Deutschland 5.90 € | Österreich 6.50 € | Schweiz 9.90 sFr | Italien 7.50 € | Luxemburg 6.50 € | Frankreich 6.50 €<br />
Top-Touren<br />
im Frühjahr<br />
Allgäuer und<br />
Ammergauer Alpen<br />
SÜDTIROLS<br />
SCHATZTRUHE<br />
Im Herzen des<br />
Silberbergs<br />
Stubai<br />
Tempel der Tourengeher:<br />
die Franz-Senn-Hütte<br />
Ralf Dujmovits<br />
über die Sherpa<br />
&<br />
REPORTAGE<br />
Singendes Eis: Ski-Expedition zum Nordpol<br />
PORTRÄT Zu Besuch beim »Sicherheitspapst« Pit Schubert<br />
AUF TOUR<br />
Hüttenrunde über dem Göschener Tal
Quality since 1923
EDITORIAL<br />
Der <strong>Mount</strong><br />
Everest gehört<br />
den wirklichen<br />
Alpinisten!<br />
Wenn Kurt Diemberger von seinen Filmaufnahmen<br />
1978 auf dem Gipfel des Everest erzählt,<br />
dann bricht bei seinen Zuhörern oft<br />
schallendes Gelächter aus. Das liegt einerseits<br />
an seiner kauzigen Art, Grenzerfahrungen in<br />
der Todeszone so zu beschreiben, als wären<br />
sie beim Grillabend in Nachbars Garten passiert. Die Komik nährt sich aber auch aus<br />
dem Erzählstoff: Kurt Diemberger versuchte am Gipfel, die Teilnehmer der deutschfranzösischen<br />
Expedition dazu zu bewegen, die Handschuhe auszuziehen und das<br />
Victory-Zeichen zu formen. Dazu brauchte er einiges an Überzeugungsarbeit, wie<br />
man sich bei minus 36 Grad Celsius vorstellen kann. Übrigens benutzte Diemberger,<br />
nachdem Messner/Habeler fünf Monate zuvor als erste den Everest ohne Maske bestiegen<br />
hatten, auch keinen Flaschensauerstoff; filmte und spaßte noch dabei.<br />
Diemberger gehört einer Alpinisten-Generation an, die die meisten nur noch aus Büchern<br />
oder Erzählungen kennen. Als es noch wirklich Neuland gab und nicht darum<br />
gestritten wurde, ob einer als erster alle zweit-, dritt- oder zehnthöchsten Gipfel der<br />
Erde bezwungen hat. »Ich bin dankbar, dass ich den Everest in den Tagen der Unschuld<br />
besteigen konnte«, schrieb Sir Edmund Hillary 1993 zum 40. Jahrtag seiner<br />
Erstbesteigung in einem Buch-Vorwort. Die heutigen <strong>Bergsteiger</strong> täten ihm leid, sagte<br />
er damals, »denn sie müssen sich bemühen, Neues und Interessantes rund um den<br />
Berg zu entdecken, um sowohl die öffentliche Aufmerksamkeit als auch die Achtung<br />
ihrer Kollegen zu erlangen«. Wie wahr. Den Everest-Kommerz aber, der Anfang der<br />
90er Jahre gerade begonnen hatte, hielt er für ein vorübergehendes Phänomen.<br />
Wenn er nur Recht behalten hätte! Im Jahr 1978 erreichten neben Messner, Habeler<br />
und Diemberger noch weitere 22 Alpinisten den Gipfel, damals ein Rekord. Von 2010<br />
bis 2012 waren es jedes Jahr mehr als 500. »Der Gipfel ist zur Ware geworden«, befindet<br />
Diemberger, der am 16. März 80 Jahre alt wird. Er sagt das nüchtern und ohne<br />
Anklage. Es wäre auch zu einfach, die kommerziellen Anbieter zu verurteilen. Jeder<br />
einzelne Everest-Träumer sollte sich die Frage stellen, warum er partout auf den<br />
höchsten Berg will (das gilt auch für andere »höchste Gipfel«) und ob er das nicht besser<br />
den wirklichen Alpinisten überlassen sollte. Unser Titelthema (S. 22-33) wirft zum<br />
Jubiläum genau diese Fragen auf. Schreiben Sie uns Ihre Meinung!<br />
The Great<br />
Himalaya Trail<br />
In 153 Tagen zu Fuß<br />
durch Nepal<br />
Wir organisieren den gesamten Trek individuell<br />
ab 2 Personen für Sie – in 153 Tagen.<br />
Sie starten im Kanchenjunga-Gebiet und<br />
beenden ihn im äußersten Westen.<br />
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haben Sie die Möglichkeit, die Etappen aufgeteilt<br />
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einen längeren Zeitraum „zu sammeln“<br />
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Michael Ruhland, Chefredakteur<br />
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INHALT<br />
22<br />
<strong>Mount</strong> <strong>Madness</strong><br />
Vor 60 Jahren standen die ersten<br />
Menschen auf dem Gipfel des<br />
Everest. Inzwischen ist der Berg<br />
der Berge zum Massenziel<br />
geworden. Eine kritische Bilanz<br />
zum Jubiläum<br />
TITELTHEMA<br />
22 60 Jahre Erstbesteigung<br />
Vor 60 Jahren wurde der <strong>Mount</strong> Everest zum<br />
ersten Mal erklommen. In jüngerer Zeit haben<br />
kommerzielle Expeditionen den höchsten<br />
Berg der Welt in Verruf gebracht.<br />
AKTUELL<br />
12 Neues aus der Welt der Berge<br />
12 OHNE HAKEN Albert Leichtfried meistert<br />
Mixed-Route ohne künstliche Absicherung.<br />
14 SPONTAN ALLEIN Markus Pucher erfolgreich<br />
am Cerro Torre – und zwar free solo<br />
14 HARTE NUSS Adam Ondra ist erneut<br />
jenseits der Schwierigkeitsskala unterwegs.<br />
16 EVEREST FÜR ALLE? Über die Vorurteile<br />
gegenüber Touren auf den höchsten Berg<br />
18 MEDIEN-TIPPS Aktuelle Bücher, Apps und<br />
Webpages zum Thema Berg<br />
36<br />
Überm Göschener Tal<br />
Drei Tage Hüttentrekking in den Urner<br />
Alpen: eine Tour über Stock und Stein,<br />
die einem einiges abverlangt<br />
AUF TOUR<br />
36 Hüttenrunde Göschener Tal<br />
Die Urner Alpen sind das ideale Umfeld für<br />
eine Mehrtagetour für gehobene Ansprüche<br />
über Stock und Stein.
42<br />
Touren für Einsteiger<br />
Schritt für Schritt in Form kommen<br />
mit einem Touren-Trio in den Allgäuer<br />
oder Ammergauer Alpen<br />
TOURENKARTEN ZUM MITNEHMEN<br />
12 Top-Touren für den April<br />
Torbrücke– Voralphütte ............................................ 55<br />
Voralphütte – Chelenalphütte ............................ 55<br />
Chelenalphütte – Göscheneralp ........................ 55<br />
Alpseeblick .................................................................................... 57<br />
Spieser ................................................................................................ 57<br />
Grünten ............................................................................................. 57<br />
Heiligkreuzkofel ...................................................................59<br />
Monte Castello ..........................................................................59<br />
Wildes Hinterbergl ..............................................................59<br />
Östliche Seespitze ...................................................................61<br />
Salzburger Hochthron ......................................................61<br />
Hirschangerkopf ......................................................................61<br />
88<br />
Allround-<br />
Rucksäcke<br />
12 Modelle<br />
mit einem<br />
Volumen von<br />
30 Litern<br />
110<br />
Unsere Besten<br />
Ein Besuch beim Sicherheitsexperten<br />
Pit Schubert<br />
102<br />
Nordpol per Ski<br />
Eisig und strapaziös: Warum sich<br />
eine Expedition trotzdem lohnt<br />
Cover: A. Strauß (Telfser Wiesen mit Stubaier Hauptkamm); M. Zahel, R. Dujmovits, M. Pröttel, T. Ulrich, A. Strauß<br />
42 Der Weg zum Berg<br />
Ein aufeinander abgestimmtes Touren-Trio<br />
verschafft die nötige Kondition: für Berg-<br />
Neulinge ebenso wie nach einer längeren<br />
Pause oder zu Beginn der Wandersaison<br />
70 Serie: Hüttenzauber<br />
Winters wie sommers ist in der Franz-Senn-<br />
Hütte viel los. Kein Wunder, sie ist gut zu erreichen<br />
und ein optimaler Ausgangspunkt.<br />
74 Serie: GeoTop | Untersberg<br />
Um kaum einen Berg in den Alpen ranken<br />
sich so viele Sagen wie um den Untersberg.<br />
Sie alle haben ihren Ursprung in den geologischen<br />
Besonderheiten.<br />
78 Gipfeltouren in der Fanes<br />
Fern der touristischen Zentren hat sich<br />
die Fanesalpe ihren ganz eigenen Zauber<br />
bewahrt. In ihrer Abgeschiedenheit lässt<br />
sie die Sagen alter Zeiten aufleben.<br />
84 Serie: Stille Helfer<br />
neu!<br />
Familien-TIPP<br />
Unsere neue Serie steht ganz im Zeichen<br />
der Bergausrüstung. Teil 1 zeigt die Geschichte<br />
des Rucksacks – von Ötzis Kraxe<br />
bis zum Hightech-Tragesystem.<br />
SERVICE<br />
88 Kaufberatung Tagesrucksack<br />
Rucksäcke mit einem Volumen von rund 30<br />
Litern sind ideal für Tages- oder kleinere<br />
Hochtouren. Zwölf Modelle im Vergleich<br />
94 Im Test: Klettergurte<br />
Der Zweck aller Gurte ist gleich: Sie<br />
sollen Stürze halten. Dennoch gibt es je<br />
nach Vorhaben diverse Konstruktionen.<br />
REPORTAGE<br />
64 Südtirols Schatztruhe<br />
Angetrieben von der historischen Gier nach<br />
Silber ist zwischen Passeier- und Ridnauntal<br />
ein Bergwerkslabyrinth entstanden.<br />
102 Expedition zum Nordpol<br />
Wer den Nordpol per Ski erreichen will,<br />
muss sich täglich zwölf Stunden bewegen<br />
– sonst ist die Kälte nicht zu ertragen.<br />
110 Porträt: Pit Schubert<br />
Er kennt die Gefahren des Bergsports wie<br />
kein Zweiter: 32 Jahre lang hat Pit Schubert<br />
den Sicherheitskreis des DAV geleitet.<br />
48 Das große<br />
BERGSTEIGER-<br />
Interview<br />
Die Berge waren für den<br />
früheren Bundesminister<br />
und CDU-Generalsekretär<br />
Heiner<br />
Geißler immer<br />
eine Option für den<br />
Ausstieg. Ein Gespräch<br />
über Bergsteigen,<br />
<strong>Risiko</strong> und<br />
Fitness im Alter<br />
RUBRIKEN<br />
Editorial 3<br />
TV-Programm 19<br />
Kolumne 53<br />
Grassls Tipp 113<br />
Briefe/Impressum 113<br />
Comic 114<br />
<strong>Vorschau</strong> 114<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 5
BERG-BILDER<br />
Alle Fotos: Helmut Schulze<br />
Kantentanz<br />
Wie weit geht’s abwärts? Die Absicherungsmöglichkeiten<br />
in den Sandsteinfelsen von Adršpach verlangen<br />
noch stärkere Nerven als in der Sächsischen<br />
Schweiz. Für einige macht genau das den <strong>Reiz</strong> aus.<br />
Adršpach, Böhmen, Tschechien
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 7
Kaminkunst<br />
Wann ist ein Riss ein Kamin?<br />
Beim Klettern per Definition<br />
genau dann, wenn der gesamte<br />
Körper darin Platz hat.<br />
Adršpach, Böhmen, Tschechien<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 9
Klettertraum<br />
Welcher Fels darf es sein? Mehr als eintausend<br />
Sandsteintürme und -nadeln stehen in der Felsenstadt<br />
auf engstem Raum. Diese hier heißen Großer<br />
Schöffe, Bürgermeister und Bürgermeisterin.<br />
Adršpach, Böhmen, Tschechien<br />
10 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Reich der 1000 Türme<br />
»Mauerglatte Wandfluchten, nur von<br />
schnurgeraden Rissen durchzogen«,<br />
heißt es über Adršpach in Böhmen.<br />
Unserem Fotografen Helmut Schulze<br />
wurde dies bestätigt.<br />
Viele Jahre verbrachte<br />
ich jede freie Minute<br />
kletternd an den Felsen<br />
der Sächsischen<br />
Schweiz. Dort hörte<br />
ich zum ersten Mal<br />
von einem Felsgebiet<br />
in Ostböhmen, dem ein gradezu mythischer<br />
Ruf voraus eilte: Adršpach. Ein Reich von 1000<br />
Türmen, manche davon unbestiegen. Ich wurde<br />
nicht enttäuscht: Planlos irrte ich erst einmal<br />
durchs Felslabyrinth. Sicherungsringe entdeckte<br />
ich meist erst hoch droben am Ende der<br />
Risse, die oft einige Meter unter den Gipfeln<br />
ausliefen. Vordergründig markierten die Ringe<br />
wohl mehr den Wechsel der Kletterei, denn von<br />
ihnen musste man sich über sandig-rollende<br />
Reibungswülste zum höchsten Punkt schleichen.<br />
Helmut Schulze<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 11
<strong>Bergsteiger</strong><br />
04/13 AKTUELL<br />
Ganz ohne Haken<br />
ALBERT LEICHTFRIED UND BENEDIKT PURNER GELINGT<br />
SCHWERE MIXED-ROUTE IN SÜDTIROL<br />
Mit ihrer neuen Route »Senza Piombo« (M10) ist den Österreichern<br />
Albert Leichtfried und Benedikt Purner am 30. Januar<br />
die vermutlich schwerste »clean« gekletterte Eis-Fels-Route der<br />
Welt gelungen. Trotz der hohen Kletterschwierigkeit war den<br />
Bergführern wichtig, die Route nur mit natürlicher Absicherung,<br />
also ohne die Verwendung von Haken und Bohrhaken, zu begehen.<br />
Nachdem Leichtfried beim ersten Versuch in der Schlüsselseillänge<br />
zweimal gestürzt war, konnten die beiden ihr Vorhaben<br />
beim zweiten Anlauf schließlich realisieren.<br />
»Senza Piombo« (auf Deutsch »bleifrei«) liegt im Südtiroler Langental<br />
bei Wolkenstein, rund 15 Minuten von der Route »Illuminati«<br />
(M11+/WI6+) entfernt. Mit der Erstbegehung dieser Route<br />
hatte Albert Leichtfried 2006 die Messlatte der Mixedrouten nach<br />
oben verschoben.<br />
–bd–<br />
Foto: Klaus Kranebitter<br />
Nur mit<br />
natürlicher<br />
Absicherung<br />
unterwegs:<br />
Albert Leichtfried<br />
in »Senza<br />
Piombo«<br />
Zitat des Monats<br />
»Der Everest ist zu einer<br />
Ware geworden, die man im<br />
Supermarkt kaufen kann.<br />
Ich habe schon vor zehn<br />
Jahren gefordert, dass Aspiranten<br />
zuerst den benachbarten<br />
6000er Island Peak<br />
besteigen müssen. Dann<br />
würde die Zahl der Bewerber<br />
rapide sinken.<br />
Alle haben damals geklatscht.<br />
Passiert ist nichts.«<br />
Kurt Diemberger, einzig noch lebender Erstbesteiger von<br />
zwei Achttausendern<br />
Auf die harte Tour<br />
ADAM ONDRA KNACKT »LA DURA DURA« (9b+)<br />
Zwei Kletter-Superstars,<br />
ein Ziel: Januar<br />
und Februar waren<br />
zwei spannende Monate<br />
im katalanischen<br />
Oliana. Denn Adam<br />
Ondra war nicht der<br />
Einzige, der den Durchstieg<br />
von »La Dura Dura«<br />
im Visier hatte.<br />
Auch Chris Sharma, der die 45 Meter lange Route selbst eingebohrt<br />
hat, arbeitet an diesem Projekt. Am 7. Februar gelang es<br />
schließlich dem jungen Tschechen, Sharmas Route, die übersetzt<br />
so viel wie »Die ganz Harte« bedeutet, sturzfrei zu klettern.<br />
Erst im Herbst eröffnete Ondra mit »Change« in der norwegischen<br />
Flatanger-Höhle eine Route, die er mit 9b+ (vergleichbar<br />
mit XII- nach UIAA) bewertete – ein bislang noch nicht gekletterter<br />
Schwierigkeitsgrad. Auch für »La Dura Dura« schlägt er<br />
diese Bewertung vor. Ihm persönlich sei die sehr kraftraubende<br />
und dynamische Route in Spanien allerdings schwerer gefallen.<br />
»Change« würde mehr seinem individuellen Kletterstil entsprechen,<br />
erklärte Ondra in einem Interview. Wichtiger war für den<br />
20-Jährigen nach eigenen Angaben die Zusammenarbeit mit<br />
Chris Sharma. Diese bezeichnete er als inspirierend und nicht<br />
als Konkurrenz.<br />
–bd–<br />
12 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Fünf Fragen an …<br />
Foto: privat<br />
Klaus Lehner (53),<br />
Geschäftsführer der<br />
Bergzeit GmbH war<br />
beim ISPO Award 2013<br />
erstmals Juror für<br />
Outdoor-Produkte.<br />
Sportiva<br />
Photo o © La S<br />
… den ISPO-Juror<br />
Sie waren einer von 14 Juroren auf der ISPO, die Produkt-Innovationen<br />
im Bereich Outdoor beurteilt haben. Wie läuft das ab?<br />
Zunächst mal ist das Ganze wesentlich anstrengender und anspruchsvoller,<br />
als ich es mir vorgestellt hätte. Man kommt in einen Raum voller<br />
Produkte aus unterschiedlichen Bereichen. Mit allen muss man sich<br />
genauestens auseinandersetzen, und zwar nicht draußen, wo man sie<br />
letztlich nutzt, sondern drinnen, am Tisch.<br />
Wie kam die Jury zu ihren Entscheidungen?<br />
Jeder erhielt ein iPad mit Informationen zu den Produkten und einer<br />
Kritierientabelle, anhand derer man bewerten sollte. Die Stimmen<br />
wurden zusammengeführt und dann haben wir das Ergebnis nochmal<br />
im Plenum besprochen. Erstaunlicherweise kamen wir zu sehr<br />
ähnlichen Einschätzungen, obwohl wir aus völlig unterschiedlichen<br />
Bereichen kamen: Athleten waren vertreten, ein Professor für<br />
Produktdesign, professionelle Produkttester. Aber umso besser, denn<br />
so war es letztlich ein sehr objektives Urteil.<br />
Was ist Ihnen bei den vielen Neuheiten denn aufgefallen?<br />
Irgendwelche Trends?<br />
Ein Trend in dem Sinne nicht. Höchstens in der Hinsicht, dass es immer<br />
schwieriger wird, im Outdoorbereich richtige Innovationen zu präsentieren.<br />
Der Markt ist inzwischen sehr weit entwickelt, da zeigen sich die<br />
Innovationen in erster Linie in Details. Daher gab es für mich auch nicht<br />
das eine Wow-Produkt, sondern viele kleine überzeugende Einzelheiten.<br />
LA SPORTIVA® is a trademark of the shoe manufacturing comp pany “L<br />
aSp<br />
ortiva S .p.A” locate<br />
d in Italy (TN)<br />
Ist die Zeit der großen Innovationen denn endgültig vorbei?<br />
Endgültig sicher nicht. Ich denke schon, dass dank der menschlichen<br />
Kreativität wieder ein großer Sprung kommen wird. Aber eventuell wird<br />
es noch eine Weile dauern.<br />
Wie wird man überhaupt Juror?<br />
Man wird eingeladen. In meinem Fall war es so, dass ich mit der<br />
Agentur, die den ISPO Award organisiert, schon öfter Kontakt wegen<br />
ähnlichen Themen hatte. Daher wussten sie, dass ich mich mit<br />
Outdoor-Produkten gut auskenne. Interview: Bettina Willmes<br />
WACHSEN, DIE HERAUSFORDERUNG SUCHEN, SICH ENTWICKELN: DIE ESSENZ DES SKITOURENGEHENS.<br />
DAS SIND DIE WERTE VON LA SPORTIVA. UND DAS IST DIE ERSTE BEKLEIDUNGSKOLLEKTION<br />
VON LA SPORTIVA: ALLEN SKITOURENGEHERN GEWIDMET.<br />
Mehr zur ISPO lesen Sie auf Seite 99; alle Award-Gewinner fi nden Sie<br />
unter www.ispo.com/award/de<br />
www.lasportiva.com - Become a La Sportiva fan
<strong>Bergsteiger</strong><br />
12/11 04/13 AKTUELL<br />
Foto: OeAV<br />
Cover: Petzl Foundation<br />
Berg-Splitter<br />
Der OeAV hat derzeit 450 000 Mitglieder.<br />
Rekordzuwachs beim OeAV<br />
Eine gute Bilanz: Der Österreichische<br />
Alpenverein (OeAV) ist im Jubiläumsjahr 2012<br />
um 35 000 Mitglieder gewachsen. Den größten<br />
Zuwachs verzeichneten die Sektionen Wien und<br />
Innsbruck. Nicht nur in Österreich, auch beim<br />
Deutschen Alpenverein (DAV) steigen die<br />
Mitgliedszahlen stetig an. Der DAV erwartet Mitte<br />
des Jahres sein Millionstes Mitglied, der OeAV<br />
hat aktuell rund 450 000 Mitglieder. –bd–<br />
Ausgezeichnet: Kurt Diemberger<br />
Vom 3. bis 6. April 2013 wird in Chamonix und<br />
Courmayeur bei den diesjährigen Piolets d’Or<br />
der »Oskar des Alpinismus« für herausragende<br />
bergsteigerische Leistungen vergeben. Den<br />
Preis für sein alpinistisches Lebenswerk erhält<br />
Kurt Diemberger. Diese Auszeichnung geht an<br />
Ausnahmealpinisten, die durch ihr Bergsteigen<br />
auch nachfolgende Generationen inspiriert<br />
haben. Den sogenannten »Lifetime Achievement<br />
Award« haben vor Diemberger bereits <strong>Bergsteiger</strong><br />
wie Walter Bonatti, Reinhold Messner,<br />
Doug Scott und Robert Paragot erhalten. –bd–<br />
Sicher auf den Mont Blanc<br />
Wer auf den höchsten Gipfel der Alpen<br />
möchte, muss sich vorbereiten, ausrüsten und<br />
informieren. Besonders einfach geht das mit<br />
dem neuen Faltblatt »Die Besteigung des Mont<br />
Blanc – eine Sache für Alpinisten«, das die Petzl<br />
Foundation jetzt herausgebracht<br />
hat. Auf 16 DIN A6-Seiten<br />
informiert es unter anderem<br />
über die verschiedenen<br />
Routen, ihre Schwierigkeiten<br />
und <strong>Risiko</strong>faktoren. Kostenloser<br />
Download unter<br />
www.foundation-petzl.org/<br />
userfi les/mtblanc-DE-mdef.<br />
pdf<br />
–bw–<br />
Foto: AustriAlpin<br />
Foto: Soulra<br />
Allein am Cerro Torre<br />
MARKUS PUCHER BEZWINGT DIE FERRARI-RAGNI-ROUTE FREE SOLO<br />
Abgekämpft: Markus Pucher<br />
nach seinem Alleingang<br />
Eisige Triologie<br />
Gemeinsam eine neue Route auf der Westseite<br />
des Cerro Torre klettern – das war das eigentliche<br />
Ziel von Markus Pucher und Markus Steiner.<br />
Doch weil er sich nicht gut fühlte, beschloss Steiner<br />
auf dem Weg zum Col de la Esperanza (dem »Sattel<br />
der guten Hoffnung«), nicht weiter zu gehen. »Kurz<br />
später war uns klar: Ich werde alleine auf den Cerro<br />
Torre gehen«, schreibt der Kärntner Markus Pucher<br />
in seinem Expeditionsbericht. Der 36-Jährige entschied<br />
sich für die Ferrari-Ragni-Route, die ab dem<br />
Col de la Esperanza in 600 Metern mit Mixed-Gelände bis M5 und Eis bis 95 Grad<br />
zum Gipfel führt. Nach einer kurzen Biwaknacht überholte Pucher drei vor ihm<br />
gestartete Seilschaften und war wieder allein in der Wand. Um 5.15 Uhr stand der<br />
österreichische Meister im Eisklettern am Gipfel und sicherte sich in fünf Stunden<br />
und 40 Minuten die vermutlich erste Free-Solo-Begehung des Cerro Torre. –bd–<br />
DANI ARNOLD KLETTERT DREI SCHWERE EIS-ROUTEN IN EINEM ZUG<br />
»Flying Circus« (M10, 165 m), »Mach 3« (IV/M9,<br />
150 m), »Crack Baby« (IV/WI6, 340 m): Das sind<br />
drei Klassiker des Mixed- und Eiskletterns an der Breitwangfluh<br />
oberhalb von Kandersteg mit insgesamt<br />
21 Seillängen. Der Schweizer Dani Arnold hat sie am<br />
17. Januar unmittelbar hintereinander abgespult<br />
– allesamt im Vorstieg und sturzfrei. Eigentlich veranschlagen<br />
Kletterer für jede der Routen einen Tag. Erfolgreich trotz sprödem,<br />
Arnold, Speedrekordhalter an der Eiger-Nordwand, instabilem Eis: Dani Arnold<br />
ist bekannt für Schnelligkeit und Klettereffizienz –<br />
selbst bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, wie sie am Tag der Trilogie<br />
herrschten: Das Eis, so Arnold, war spröde, instabil und anstrengend zu klettern. Um<br />
21 Uhr erreichte er mit Kletterpartner Walter Fetscher den Ausstieg der letzen Route<br />
»Crack Baby«; aufgebrochen waren die beiden um 5.30 Uhr.<br />
–bd–<br />
BoostTurbine 2000, erhältlich<br />
über www.soulra.de, 55 €<br />
Berg-Fundstück<br />
WAHRES HANDWERK<br />
Eine Minute Kurbeln für wahlweise<br />
drei SMS oder 30 Sekunden Telefonieren:<br />
Die mobile Handy-Stromquelle BoostTurbine 2000<br />
ist die ultimative Therapie für alle, die es auch in den Bergen<br />
nicht schaffen, die Finger vom Mobiltelefon zu lassen.<br />
Fotos: visual impact/Thomas Senf<br />
14 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Foto: Ç Privatsammlung /Schloßmuseum Murnau<br />
Alpenglühen an einem Gebirgssee<br />
(Rottmann-Schule), 1. Hälfte<br />
19. Jh., Öl auf Leinwand<br />
Sehnsuchtsort Berg<br />
SONDERAUSSTELLUNG IM SCHLOSSMUSEUM MURNAU<br />
Das Schlossmuseum in Murnau zeigt von 21. 3. bis 23. 6. 2013 unter dem Titel<br />
»Alpenglühen. Die Berglandschaft als Sehnsuchtsort« die Berge mit dem Blick der<br />
Maler. Anhand einer Privatsammlung wird der Anziehungskraft der Bergwelt mit<br />
Werken von Christian Morgenstern, Adam Klein, Johann Jakob Dorner d. J., Heinrich<br />
Bürkel u. a. nachgegangen. Der Betrachter wird über den Expressionismus<br />
mit Werken von Jawlensky, Kanoldt, Erbslöh, von Werefkin, Macke und Kirchner<br />
hin zur expressiven Malerei Brandls geführt. Generationsübergreifend werden<br />
die Maler Edward Theodore Compton und sein Sohn Edward Harrison, die selbst<br />
leidenschaftliche <strong>Bergsteiger</strong> waren, vorgestellt. Die Abfolge der Berglandschaften<br />
zeigt so nicht nur ein sich wandelndes Naturverständnis, sondern auch das ganz<br />
persönliche Verhältnis der Künstler zu ihrem »Objekt der Begierde«. –pgk–<br />
Foto: Martin Lugger<br />
Schuldig trotz Tube<br />
Wer seinen Kletterpartner<br />
nicht<br />
ausreichend sichert,<br />
muss bei Unfällen<br />
zahlen.<br />
NACH UNFALL IN DER KLETTERHALLE: SICHERNDER MUSS ZAHLEN<br />
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat nach einem Unfall in einer<br />
Kletterhalle den Sichernden zu Schadenersatz verurteilt. Der Mann<br />
hatte seinen Kletterpartner – den Kläger – mit einem Tube sichern sollen.<br />
Kurz vor dem Umlenkpunkt stürzte der Kläger jedoch zehn Meter<br />
ungebremst in die Tiefe. Dadurch erlitt er eine beidseitige Fraktur der<br />
Fersenbeine sowie eine Kieferköpfchenprellung. Nach Ansicht des Gerichts<br />
ist die Verletzung darauf zurückzuführen, dass der Beklagte zum<br />
Zeitpunkt des Sturzes den Kläger nicht korrekt gesichert hatte.<br />
Der Beklagte räumte zwar ein, dass er zum fraglichen Zeitpunkt dafür verantwortlich<br />
war, den Kläger zu sichern. Den Unfall habe der Kläger allerdings letztlich selbst<br />
verschuldet. Er habe sich bewusst auf eine Sicherung mittels Tube eingelassen, obwohl<br />
er wissen musste, dass es andere, wesentlich bessere Sicherungsgeräte gebe.<br />
Das Gericht räumte zwar ein, dass ein halbautomatisches Sicherungsgerät zuverlässiger<br />
funktioniere. Allerdings sei auch die Tube als verhältnismäßig sicher zu<br />
bezeichnen. Den Kläger treffe somit keine Schuld.<br />
–bw-
<strong>Bergsteiger</strong><br />
12/11 04/13 AKTUELL<br />
Der DAV appelliert<br />
an Skitourengeher,<br />
sich an Routenempfehlungen<br />
zu halten.<br />
Fotos: Andreas Strauß<br />
Auf der richtigen Route<br />
NEUE KARTEN, TAFELN UND SCHILDER: ERGEBNISSE DES<br />
PROJEKTS »SKIBERGSTEIGEN UMWELTFREUNDLICH«<br />
Ein Mammutprojekt geht zu Ende: Seit 1995 haben sich das<br />
Bayerische Umweltministerium, das Bayerische Landesamt für<br />
Umwelt und der Deutsche Alpenverein zusammengetan, um im<br />
Zuge des Projekts »Skibergsteigen umweltfreundlich« 500 Routenempfehlungen<br />
im gesamten bayerischen Alpenraum zu erar-<br />
beiten. Die Beteiligten wollen damit einen langfristigen Beitrag<br />
zum Arten- und Biotopschutz leisten, gleichzeitig aber auch den<br />
Skitouren- und Schneeschuhgehern Möglichkeiten bieten, den<br />
Alpenraum zu nutzen. Seit Februar ist das großangelegte Projekt<br />
abgeschlossen. Die Ergebnisse in Form einer Einteilung des<br />
Alpen raums in empfohlene Routen und Schongebiete sind künftig<br />
auf den bayerischen Alpenvereinskarten sowie auf Tafeln und<br />
Schildern vor Ort dokumentiert.<br />
–bd–<br />
GASTBeitrag<br />
»Du darfst<br />
da nicht hoch!«<br />
Die meisten Gegner von kommerziellen<br />
Expeditionen sagen mir ihre Kritik nicht ins<br />
Gesicht. Ich bekomme es nur über ein paar<br />
Ecken zu hören. Ich fi nde die Vorwürfe aus<br />
mehreren Gründen unsachlich bis anmaßend.<br />
1. <strong>Bergsteiger</strong>, die alleine und ohne Anbieter-<br />
Hilfe auf den Everest gehen wollen, sollen das<br />
tun. Sie sollen aber auch anderen Menschen die<br />
Möglichkeit geben, Träume zu verwirklichen.<br />
Bergsteigen ist generell so etwas herrlich<br />
Sinnloses, dass man jeden in Ruhe lassen<br />
sollte, der auf einen Berg steigen möchte. Egal,<br />
ob mit oder ohne Sauerstoff, ob mit oder ohne<br />
Anbieter-Hilfe.<br />
Der Schweizer<br />
Kari Kobler hat<br />
bereits zwölf<br />
Expeditionen zum<br />
Everest organisiert.<br />
Fünf Mal<br />
stand er selbst<br />
auf dem Gipfel.<br />
2. Mit dem gerne genannten Vorwurf, dass wir<br />
den Besten der Besten gewissermaßen im Weg<br />
stehen würden, habe ich Mühe. Wenn die<br />
selbsternannten Top-<strong>Bergsteiger</strong> über die<br />
Normalroute auf den Everest wollen, sind das<br />
keine Top-<strong>Bergsteiger</strong>. Es gibt etliche andere<br />
Routen, wo kaum ein Mensch unterwegs ist.<br />
3. Viele der Leute, die uns vorwerfen, wir würden<br />
den Berg verstopfen, wollen so billig wie möglich<br />
auf den Everest. Wir kommerziellen Anbieter sind<br />
dagegen die wichtigsten Verdienstfaktoren. Wenn<br />
ich keine Gäste mehr hätte, würden viele<br />
Bergführer, vor allem aber auch Sherpas und<br />
gewisse Regionen an Geld verlieren.<br />
4. Wir geben uns extrem Mühe, den Berg sauber<br />
zu verlassen. Am North Col haben wir extra eine<br />
Toilette aufgestellt. Die Tonne tragen wir auf<br />
unsere Kosten runter – wie übrigens auch viele<br />
andere Sachen, die frühere Expeditionen dort<br />
oben gelassen haben.<br />
5. Der Vorwurf, wir würden unvorbereitete<br />
Menschen in den Tod führen, stimmt einfach nicht.<br />
Das lässt sich mit Zahlen belegen: Zwischen 1980<br />
und 1989, als noch keine Anbieter unterwegs<br />
waren, starben 59 Menschen bei nur 182<br />
Gipfelbesteigungen. Zwischen 1999 und 2008<br />
stand diese Quote bei 45 zu 2943. Wenn im<br />
Unglücksfall übrigens jemand zu Hilfe gerufen wird,<br />
dann sind es oft wir, die kommerziellen Anbieter.<br />
6. Natürlich habe auch ich meine Fehler<br />
gemacht – und daraus gelernt. Heute nehme ich<br />
nur <strong>Bergsteiger</strong> mit, die ich vorher gesehen habe.<br />
Ich habe Kunden auch schon gesagt: »Du darfst<br />
da nicht hoch!«<br />
Foto: privat<br />
16 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Umwelt und Nachhaltigkeit<br />
beSIEGELt<br />
Die Initiative »<strong>Bergsteiger</strong>dörfer« vereint derzeit 18 Ortschaften<br />
in Österreich. Sie alle setzen auf sanften Tourismus und<br />
bemühen sich, ihre eigenen kulturellen Besonderheiten zu bewahren.<br />
Großen Wert legen sie darüber hinaus auf den Einklang zwischen<br />
Mensch und Natur. Die »<strong>Bergsteiger</strong>dörfer« sind ein Projekt des<br />
Österreichischen Alpenvereins. Infos unter www.bergsteigerdoerfer.at<br />
Foto: Michael Pröttel<br />
Pläne für riesigen Speichersee<br />
»ENERGIEALLIANZ« WILL AM JOCHBERG KRAFTWERK BAUEN<br />
Der Jochberg bietet genug Gefälle<br />
und den passenden Netzanschluss.<br />
Am 28. Februar haben die Energieallianz<br />
Bayern – ein Zusammenschluss aus 33<br />
Stadtwerken – sowie die Gemeinden Kochel<br />
und Jachenau ein riesiges Bauprojekt offiziell<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt: Am Jochberg<br />
zwischen Walchen- und Kochelsee soll<br />
ein Pumpspeicher-Kraftwerk mit dazugehörigem<br />
Speichersee gebaut werden. Es gebe<br />
noch keine konkreten Planungen, aber bei<br />
der Suche nach Standorten sei der Jochberg<br />
für das Vorhaben als geeignet eingestuft<br />
worden: genug Gefälle, passender Netzanschluss,<br />
kein Naturschutzgebiet. Pumpspeicher-Kraftwerke können Energie sowohl<br />
erzeugen als auch speichern. Ist ein Stromüberschuss vorhanden, würde Wasser aus<br />
dem Walchensee in den höher gelegenen Speichersee gepumpt werden; sobald<br />
Strom benötigt werde, könnte das Wasser durch das Gefälle des Pumpspeicher-<br />
Kraftwerks wieder hinab fließen und Turbinen zur Stromerzeugung antreiben. Eingeräumt<br />
haben die Investoren, dass der geplante Speichersee von der Größe her eine<br />
vielfach größere Dimension hätte als der See am Brauneck.<br />
–pgk–<br />
Mit gutem Beispiel voran<br />
JACK WOLFSKIN KÜNDIGT PFOA-FREIE WINTERKOLLEKTION AN<br />
Ende vergangenen Jahres hat Greenpeace die alarmierenden Ergebnisse einer<br />
Studie veröffentlicht, die gesundheitsgefährdende Schadstoffe in Outdoorkleidung<br />
nachgewiesen hatte. Der Schadstoffgehalt ist in erster Linie auf die Perfluoroctansäure<br />
(PFOA) zurückzuführen, eine Chemikalie, die Textilien dauerhaft wasser- und<br />
schmutzabweisend macht. Der Idsteiner Outdoor-Ausrüster Jack Wolfskin hat nun<br />
angekündigt, die Herbst- und Winter-Kollektion 2013 nahezu vollständig PFOA-frei<br />
zu produzieren. Der Ausstieg aus der Fluorchemie<br />
bedeute eine Umstellung der gesamten<br />
Textilherstellungskette, so Jack-Wolfskin-Geschäftsführer<br />
Christian Brandt. Wie<br />
auch andere Hersteller arbeitet die Idsteiner<br />
Firma auf dieses Ziel bereits seit mehreren<br />
Jahren hin. Eine gesetzliche Beschränkung<br />
gibt es derzeit noch nicht.<br />
–bd–<br />
Foto: Jack Wolfskin<br />
Wanderhotel Lumbergerhof<br />
Lumbergerhof Wanderopening 04.05.13–16.05.13<br />
Frühlingswandern im Tannheimertal und<br />
Erholen im neuen Wellnessbereich<br />
7 Nächte mit Halbpension<br />
4 geführte Bergwanderungen<br />
1 Massage mit Arnikaöl<br />
ab € 500,00 pro Person<br />
Wanderpauschalen von Mai bis Oktober<br />
A-6673 Grän - Tannheimertal<br />
T. +43 5675 6392<br />
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„Berglust pur 2013“ mit den besten<br />
alpinen Wanderhotels in Österreich,<br />
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Lombardei.<br />
Weitere Wanderangebote<br />
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www.wanderhotels.com
<strong>Bergsteiger</strong><br />
12/11 AKTUELL<br />
04/13 AKTUELL<br />
Medien<br />
BergBücher …<br />
Walter Klier<br />
»MEINE STEINIGE HEIMAT«<br />
216 Seiten, mit 12 Öl-, Gouacheund<br />
Ölpastellbildern des Autors,<br />
Format 20,5 x 12,5 cm, Paperback,<br />
Tyrolia Verlag, Innsbruck<br />
2012, 17,95 €<br />
Als Autor von Bergführern<br />
(Karwendel, Zillertaler,<br />
Stubaier und Ötztaler Alpen) ist Walter Klier ein profunder Kenner<br />
seiner Tiroler Heimat. Wenn er dann aber Geschichten und<br />
Episoden aus seinem eigenen Kletterer- und <strong>Bergsteiger</strong>leben<br />
(zum Beispiel verwegene Abenteuer in brüchigem Fels) erzählt,<br />
die Bewohner von Innsbruck (unter anderem die in der Gastronomie<br />
Beschäftigten) charakterisiert, die Fauna der Tiroler Berge<br />
(enthemmte Gämsen) beschreibt oder den einfallenden Touristen<br />
aus dem Norden den Spiegel vorhält, sprüht der Schalk aus<br />
vielen Zeilen. Die witzigen Texte sind äußerst unterhaltsam zu<br />
lesen. Illustriert ist das vergnügliche Lesebuch zusätzlich mit<br />
Bildern des Malers Walter Klier.<br />
–pgk–<br />
Janina und Markus Meier<br />
»LEICHTE HOCHTOUREN IN<br />
DEN ALPEN«<br />
144 Seiten, Format 16,5 x 23,5<br />
cm, Softcover, Bruckmann Verlag,<br />
München 2013, Preis 19,99 €<br />
Die Autoren leiten selbst<br />
Gletscherkurse beim Deutschen<br />
Alpenverein und stellen<br />
in diesem Buch ihre Empfehlungen<br />
für die ersten<br />
selbstständigen Schritte in<br />
Fels und Eis zusammen. Herausgekommen<br />
ist eine gute<br />
Mischung lohnender Ziele.<br />
Die vorgestellten Touren halten<br />
auch für den erfahrenen<br />
Wanderer Highlights bereit<br />
wie etwa Cevedale oder<br />
Großvenediger. –bd–<br />
Margit und Michael Kleemann<br />
»WANDERUNG ZU HÖHLEN UND<br />
SCHLUCHTEN«<br />
96 Seiten, Format 16,5 x 23,5 cm,<br />
Broschur m. Fadenheftung, J. Berg<br />
Verlag, München 2013, 14,99 €<br />
Es muss nicht immer der<br />
Gipfel sein: Dieses Buch<br />
präsentiert 20 Touren in die<br />
Unterwelt, genauer gesagt<br />
in Kluft-, Tropfstein- und<br />
Eishöhlen. Sie sind allesamt<br />
familientauglich und lassen<br />
sich größtenteils in Etappen<br />
aufteilen. Lehrreich sind die<br />
kleinen Happen zur Entstehung<br />
der einzelnen Höhlen,<br />
hilfreich die vielen Tipps zur<br />
Gegend, die bei den meisten<br />
Touren dabei stehen. –bw–<br />
BergApp … BergFilm … BergWeb …<br />
Foto: Discovery Channel/Polyband<br />
ANKOMMEN AUF EUROPAS GIPFEL<br />
Wofür? Wanderregionen Europas entdecken<br />
Wie? Wanderkarten sowie GPS-Tracks bieten<br />
zuverlässige Orientierung im Gelände. Zudem bietet<br />
die App detaillierte Wegbeschreibungen und<br />
Zusatzinformationen für derzeit 86 Regionen.<br />
Wieviel? »Wanderführer Europa« ist gratis;<br />
Inhaltspakete zwischen 3,59 und 9,99 €<br />
Warum? Immer den richtigen Weg einschlagen<br />
»EVEREST«<br />
Die Dokumentation »Everest« begleitet<br />
Expeditionsleiter Russel Brice und seine<br />
Teams beim Aufstieg zum <strong>Mount</strong> Everest.<br />
Die Teilnehmer berichten über Ängste<br />
und Hoffnungen bei der Bezwingung des<br />
höchsten Berges. Staffel eins und zwei der<br />
Dokumentation von Discovery Channel<br />
sind in einer DVD-Box erhältlich, die dritte<br />
Staffel ist gesondert erschienen. –sz–<br />
Von: Martin Pailthrope, Barny Revill, Ed Wardle<br />
Mit: Russel Brice u. a.<br />
Aus: USA<br />
www.calle-arco.de/book/booklist?usernam<br />
e=<strong>Mount</strong>ainWilderness&listID=1<br />
Es ist doch immer das Gleiche: Kurz vor<br />
dem Bergurlaub hat man kein passendes<br />
Buch zur Hand. Dann hilft ein Blick in das<br />
Buchregal von <strong>Mount</strong>ain Wilderness bei<br />
Calle Arco. Dort präsentieren die Vorstandsmitglieder<br />
Berg-Belletristik, Tourenführer<br />
und Bildbände. Bewertung inklusive.<br />
wetter.orf.at > Bergwetter<br />
Gute Quelle, um sich gezielt über das Wetter<br />
in Österreichs Bergen zu informieren.<br />
Direkt verlinkt sind Wetterstationen sowie<br />
Wetterkameras.<br />
–bw–<br />
18 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
11.3. | 17.00 | BR<br />
Der Mann und der Berg<br />
Eine Allgäuer<br />
Hüttenwirtlegende<br />
Dauer: 30 Min.<br />
12.3. | 22.00 | SWR<br />
Fahr mal hin<br />
Mandelblüte an der Bergstraße:<br />
Dem Frühling auf der Spur<br />
Dauer: 30 Min.<br />
13.3. | 12.25 | 3sat<br />
Österreichs Heiliger Berg<br />
Kraftorte rund<br />
um den Großglockner<br />
Dauer: 35 Min.<br />
13.3. | 14.10 | Servus TV<br />
Naturparadiese Afrikas<br />
<strong>Mount</strong> Kenya<br />
Dauer: 55 Min.<br />
13.3. | 20.15 | 3sat<br />
Australien<br />
Die sprechenden Felsen<br />
der Aborigines<br />
Dauer: 50 Min.<br />
14.3. | 17.00 | BR<br />
Hüttenwirte AH<br />
Die Schamanen<br />
vom Untersberg<br />
Dauer: 30 Min.<br />
16.3. | 9.35 | 3sat<br />
AH<br />
Götter der Berge<br />
Alte Opferplätze auf<br />
markanten Berggipfeln<br />
Dauer: 35 Min.<br />
16.3. | 12.25 | ORF 2<br />
Gipfel der Genüsse<br />
Das Hochplateau Luncanilor<br />
in Transsilvanien<br />
Dauer: 25 Min.<br />
16.3. | 19.30 | Arte<br />
360° – Geo Reportage<br />
Die Smaragdberge von Bahia<br />
Dauer: 45 Min.<br />
17.3. | 15.30 | BR<br />
Über die Alpen und<br />
bis an die Grenzen<br />
Dauer: 45 Min.<br />
17.3. | 20.15 | 3sat<br />
Die Traun – Ein Fluss wie ein<br />
Kristall Unsere Alpen<br />
Dauer: 50 Min.<br />
17.3. | 21.15 | BR<br />
Bergauf-Bergab<br />
Dauer: 30 Min.<br />
18.3. | 11.00 | Servus TV<br />
Aus dem Leben<br />
Rettung im Himalaya<br />
Dauer: 30 Min.<br />
TV-Programm März / April 2013<br />
22.3. | 15.15 | HR<br />
AH<br />
Der Tafelberg –<br />
Wächter des Südens<br />
Dauer: 45 Min.<br />
23.3. | 12.45 | MDR<br />
Der Fjord in den Bergen<br />
Ein Jahr am Vilsalpsee<br />
Dauer: 43 Min.<br />
23.3. | 16.45 | alpha<br />
Fernweh<br />
Zentralschweiz<br />
Dauer: 30 Min.<br />
J23.3. | 19.00 | BR<br />
natur exclusiv<br />
Die Victoria-Fälle<br />
Dauer: 45 Min.<br />
26.3. | 12.00 | ZDF Info<br />
Fahrt ins <strong>Risiko</strong><br />
Highway im Himalaya<br />
Dauer: 45 Min.<br />
26.3. | 14.15 | N 3<br />
Bilderbuch Deutschland<br />
Neuschwanstein und die<br />
Bergwelt des Märchenkönigs<br />
Dauer: 45 Min.<br />
29.3. | 10.45 | SWR<br />
Die Alpen von oben<br />
Von den Karawanken<br />
nach Graz<br />
Dokumentation<br />
Dauer: 40 Min.<br />
29.3. | 12.40 | Servus TV<br />
Aus dem Leben<br />
Gipfelwetter –<br />
Forschung in eisiger Höhe<br />
Das Jungfraujoch<br />
Dauer: 30 Min.<br />
30.3. | 9.35 | 3sat<br />
Kaiser, Tracht und Berge<br />
Ein Porträt des oberösterreichischen<br />
Salzkammergutes<br />
Dauer: 25 Min.<br />
3.4. | 12.25 | 3sat<br />
„Der Berg schläft nie” – AH<br />
Naturpark Dobratsch<br />
Dokumentationsreihe<br />
Dauer: 35 Min.<br />
J4.4. | 16.35 | Arte<br />
Mit dem Zug durch ...<br />
… die Julischen Alpen<br />
Dauer: 25 Min.<br />
J14.3. | 20.15 | N 3<br />
Länder – Menschen –<br />
Abenteuer: Australiens<br />
Nationalparks – Die Alpen<br />
Reihe von Bergketten im Hinterland<br />
von Südostaustralien<br />
Dauer: 45 Min.<br />
15.3. | 16.05 | 3sat<br />
Reiseziel<br />
Wanderreiten in Irland<br />
Dauer: 10 Min.<br />
16.3. | 7.30 | Phoenix<br />
Magisches Sibirien<br />
Reise durch Tuwa<br />
Dauer: 45 Min.<br />
16.3. | 9.30 | alpha<br />
Welt der Tiere<br />
Geheimnis vom Untersberg<br />
Dauer: 30 Min.<br />
J18.3. | 20.15 | Phoenix<br />
Vom Mittelmeer<br />
zum Mont Blanc<br />
Dauer: 45 Min.<br />
19.3. | 12.45 | HR<br />
Ostwärts<br />
Kaukasische Bergund<br />
Talfahrten<br />
Dauer: 25 Min.<br />
21.3. | 18.25 | Servus TV<br />
Auf Entdeckungsreise<br />
Der magische Berg Tibets<br />
Dauer: 50 Min.<br />
21.3. | 19.45 | Servus TV<br />
Aus dem Leben<br />
Historische Bergbahnen<br />
in Österreich<br />
Dauer: 25 Min.<br />
26.3. | 14.30 | HR<br />
Das vergessene Bergvolk<br />
Bei den Huzulen in Rumänien<br />
Dauer: 45 Min.<br />
27.3. | 13.15 | 3sat<br />
Die Bergretter im Himalaya<br />
Absturz in eisiger Höhe<br />
Dauer: 40 Min.<br />
27.3. | 20.15 | 3sat<br />
Mustang AH<br />
Tor zum Himmel im Himalaya<br />
Dauer: 50 Min.<br />
27.3. | 20.15 | Servus TV<br />
Terra Mater<br />
Wildes Arabien – Die Berge<br />
des Monsuns<br />
Dauer: 60 Min.<br />
27.3. | 21.05 | 3sat<br />
Abenteuer Dhaulagiri<br />
Auf den Spuren Schweizer<br />
Himalaya-Pioniere<br />
Dauer: 55 Min.<br />
4.4. | 18.15 | alpha<br />
Bergauf-Bergab<br />
Das Magazin für <strong>Bergsteiger</strong><br />
Dauer: 30 Min.<br />
4.4. | 18.20 | Arte<br />
Extreme Landschaften,<br />
Leben am Limit<br />
Himalaya<br />
Dauer: 50 Min<br />
5.4. | 8.25 | Arte<br />
Mit dem Zug in ...<br />
Die Seealpen<br />
Dauer: 30 Min.<br />
5.4. | 13.15 | 3sat<br />
Mustang<br />
Das Tor zum Himmel<br />
im Himalaya<br />
Dauer: 50 Min.<br />
Das tagesaktuelle<br />
TV-Programm finden Sie<br />
auf bergsteiger.de<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 19
The svalbard collection<br />
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PHOTO: CHRIS HOLTER<br />
AD: SLETTEN & ØSTVOLD<br />
Børge Ousland, 50, war der erste Polarforscher,<br />
dem eine Soloexpedition an den Nordpol ohne<br />
zusätzliche Versorgung aus der Luft gelang. Er war<br />
außerdem der Erste, der die Antarktis im Alleingang<br />
durchquerte und sie vollständig umsegelte.<br />
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Welcome to nature
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Zelte: Das Basislager<br />
(5350 m) am Khumbu-<br />
Gletscher ist der<br />
Ausgangspunkt für die<br />
meisten Besteigungen.<br />
Everest: Das höchste der Gefühle?<br />
<strong>Mount</strong><br />
<strong>Madness</strong><br />
22 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Vor 60 Jahren erklommen Sir Edmund Hillary<br />
und Tenzing Norgay Sherpa als erste den Gipfel<br />
des Everest. Die alpinistische Großtat bleibt gültig,<br />
doch die kommerziellen Expeditionen haben<br />
den Berg in Verruf gebracht. Eine kritische Bilanz<br />
zum Jubiläum. Von Uli Auffermann<br />
Die letzten Meter scheinen endlos.<br />
Schmerzen in der Lunge,<br />
rasselnder Atem, Bewegungen,<br />
die nicht mehr willentlich sind.<br />
Winzige Schritte, Zusammensinken,<br />
Ringen nach Luft, Keuchen. Ja, eine<br />
Qual. Dann der entscheidende, der höchste<br />
Punkt. Der Gipfel! Er ist allein, ganz allein.<br />
Aber er ist oben, ganz oben! Reinhold<br />
Messner hat zum zweiten Mal den <strong>Mount</strong><br />
Everest bestiegen. Diesmal ohne Partner<br />
– solo. Und wieder ohne Tricks, ohne Flaschensauerstoff.<br />
Ohne gewaltige Expeditionslogistik.<br />
By fair means!<br />
Damals hatte der Alpinismus seinen Höhepunkt,<br />
seinen Endpunkt gefunden. Zumindest<br />
der Teil, der die Besteigung der Gipfel<br />
unserer Erde ausmacht. Das, was Reinhold<br />
Messner in jenem August 1980 gelang, lässt<br />
sich nicht weiterentwickeln. Er war ganz auf<br />
sich gestellt, nur auf seine Kräfte und seine<br />
Erfahrung vertrauend, ohne Nutzung künstlichen<br />
Sauerstoffs auf den höchsten zu erreichenden<br />
Punkt gestiegen – und aus eigener<br />
Kraft wieder zurückgekehrt. Kein Rekord,<br />
sondern der logische, der konsequente Zenit<br />
eines Abenteuer-Alpinisten.<br />
Sein Tun am Berg war dabei etwas Fundamentales,<br />
das in seinem Kern aus der Konfrontation<br />
mit dem Unbekannten, ja eigentlich<br />
dem Unmöglichen besteht. Im Versuch,<br />
dieses Unmögliche durch Nutzung aller<br />
Foto: Ralf Dujmovits
Nach Hans Engl 1978 gelingt 2001 dem Sachsen<br />
Jörg Stingl der Everest mit fairen Mitteln:<br />
»Für mich war es sehr<br />
hart an der Grenze –<br />
er ist eben sehr hoch!<br />
Macht man ihn aber mit<br />
Sauerstoffflasche, ist<br />
er als Ziel kaputt. Was<br />
will man denn dann noch<br />
schaffen?«<br />
Hans Engl (li.), der erste Deutsche, der es ohne Flaschensauerstoff auf den Gipfel schaffte<br />
Mit Lodenjacke und Hut: Expedition 1922<br />
Fotos: Archiv Engl, Jörg Stingl, Archiv Heckmair-Auffermann, Bruckmann Verlag Corbis<br />
Giganten: Im Hintergrund ragt die Spitze des <strong>Mount</strong> Everest (8848 m) empor; davor die Massive von<br />
der Sache gegenüber würdevollen Ressourcen<br />
in ein »vielleicht möglich« zu führen<br />
und dabei im Gelingen, im Verzicht oder<br />
Scheitern den Grenzgang zu überleben.<br />
Die Vollendung der Pioniertat<br />
Messner war dieser Vision des »by fair<br />
means« an den Weltbergen kompromisslos<br />
gefolgt. Zusammen mit dem Zillertaler<br />
Bergführer Peter Habeler gelangen die wichtigsten<br />
Schritte. Schnell und beweglich im<br />
Alpinstil an den 8000ern zu agieren, hatten<br />
die beiden schon 1975 am Hidden Peak eindrucksvoll<br />
dokumentiert. 1978 dann das<br />
ganz große Wagnis: Messner und Habeler<br />
stiegen gemeinsam ohne Flaschensauerstoff<br />
auf den <strong>Mount</strong> Everest – was im Vorfeld<br />
auch von Ärzten für bedenklich gehalten<br />
worden war. Ein Ereignis, das Schlagzeilen<br />
machte weit über die <strong>Bergsteiger</strong>kreise hinaus.<br />
Peter Habeler erinnert sich: »In mir war<br />
am Gipfel ein Gefühlsmix aus Freude und<br />
Traurigkeit gleichzeitig – ja, auch Angst vor<br />
dem Herunter. So habe ich nur schnell Fotos<br />
von Reinhold – und er von mir – gemacht<br />
und wollte gleich weg. Im Basislager dann<br />
empfand ich ein <strong>großes</strong> Gefühl des Erfolgs.<br />
Kein Stolz, das ist unwichtig. Es war Genugtuung<br />
und auch Dankbarkeit, dass uns die<br />
Schutzengel zur Seite gestanden haben.<br />
Wenige Tage später traf ich Edmund Hillary,<br />
und dabei kam noch einmal große Freude<br />
auf: Da habe ich kapiert, dass wir die Ersten<br />
waren, die das geschafft haben!«<br />
Im Grunde war es die Vollendung der Pioniertat<br />
von Hillary und Tenzing Norgay Sherpa,<br />
die vor 60 Jahren den Gipfel des <strong>Mount</strong> Everest,<br />
den damals sogenannten dritten Pol, als<br />
Erste erreicht hatten. Im Mittelpunkt die Tat<br />
– leidenschaftlich, ergebnisorientiert. Eine<br />
Leistung, vor der man den Hut zu ziehen hat.<br />
Der Abschlussakkord der großen Explorer.<br />
Dann ging es in den Weltraum, bis zur<br />
Mondlandung.<br />
Die neue Ethik am Berg<br />
Erst die nachfolgende Generation stellte die<br />
Stilfrage. Der Respekt vor der Natur und die<br />
24 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Im Khumbu-Eisfall: Bis zu sechs aneinandergebundene Aluleitern überbrücken die Spalten. Es ist der gefährlichste Teil der Besteigung.<br />
Nuptse (7861 m) und Lhotse (8516 m; rechts)<br />
Reduktion technischer Hilfsmittel sollten<br />
den Kern des Alpinismus wieder freilegen.<br />
Sich in puristischer, ehrlicher Weise mit den<br />
gewaltigen Elementen des Hochgebirges zu<br />
konfrontieren, ließ den Wert des eigenen<br />
Lebens überdeutlich werden. Eigentlich<br />
musste man davon ausgehen, dass alle weiteren<br />
Besteigungen des Everest im Habeler-<br />
Messner-Stil erfolgt wären. In der Szene<br />
jedenfalls gab es eine neue Ethik und neue<br />
Maßstäbe, die die beiden gesetzt hatten. Und<br />
wenn auch weiterhin künstlicher Sauerstoff<br />
eingesetzt wurde, schien die veränderte<br />
Sichtweise – 8000er inklusive Everest by fair<br />
means – in den Köpfen der Höhenbergsteiger<br />
angekommen zu sein. Der deutsche Bergführer<br />
Hans Engl beispielsweise stieg bereits<br />
im Nachmonsum 1978 ohne Flaschensau-<br />
erstoff so selbstverständlich auf den <strong>Mount</strong><br />
Everest, wie er einen 4000er in den Alpen<br />
anging. Und einer, der mit zusätzlichem<br />
Sauerstoff hinaufkam, spricht heute offen<br />
über seinen Konflikt in dieser Sache. Bernd<br />
Kullmann, einer der ganz starken deutschen<br />
Alpinisten jener Jahre und heutiger Chef von<br />
einem der größten Rucksackhersteller, war<br />
zeitgleich mit Hans Engl am Berg, hatte aber<br />
mit einer Infektion zu kämpfen, als für ihn<br />
die Chance bestand, den Gipfel zu erreichen.<br />
So meint er rückblickend: »Sportlich kann es<br />
doch nur ohne Maske ein Ziel sein – alles<br />
andere wäre enttäuschend. Früher war das<br />
noch eine psychische Hemmschwelle – ich<br />
hätte es mich damals nicht getraut, das gebe<br />
ich ganz offen zu – aber heute, mit dem<br />
ganzen Wissen und den Erfahrungen…!«<br />
»Ich würde auch einen<br />
Gast auf den Everest<br />
führen, dann aber mit<br />
Flaschensauerstoff. Es<br />
ist nicht verwerflich, anderen<br />
ein Gipfelerlebnis<br />
zu ermöglichen.«<br />
Geniale Seilschaft: Tenzing<br />
Norgay (links) und Edmund<br />
Hillary 1953 nach ihrem<br />
Everest-Coup<br />
Michi Wärthl, erfahrener deutscher Höhenbergsteiger<br />
und Bergführer
Historisch: Tenzing Norgay 1953 am Gipfel<br />
Mutig: Lori Schneider, US-Amerikanerin, schafft trotz Multipler Sklerose den Everest-Gipfel.<br />
Reinhold Messners Gipfelalleingang 1980…<br />
…und nach den Strapazen im Basislager<br />
Fotos: Jamling Tenzing Norgay, Lori Schneider, Reinhold Messner (3), Hans Kammerlander<br />
Husarenstück: Hans Kammerlander gelangte 1996 in Rekordzeit (16 Stunden, 40 Minuten) zum Gipfel<br />
»Ich werde oft gefragt,<br />
kommerzielle Everest-<br />
Expeditionen zu führen,<br />
aber da fällt mir die Entscheidung<br />
leicht: Nein,<br />
das mache ich nicht!«<br />
Hans Kammerlander, Südtiroler Extrem-Alpinist,<br />
bestieg insgesamt 13 der 14 Achttausender<br />
Betrug am »eigentlich unmöglich«<br />
Der neue Geist war also angekommen, und<br />
Reinhold Messners damalige Vision, dass es<br />
in wenigen Jahren zur Selbstverständlichkeit<br />
würde, den Everest ohne Flaschensauerstoff<br />
zu besteigen, schien Wirklichkeit zu<br />
werden. Doch weit gefehlt! Von den rund<br />
6000 <strong>Bergsteiger</strong>n, die den Gipfel bis heute<br />
erreichten, verzichteten gerade einmal drei<br />
Prozent auf Sauerstoff aus der Flasche. Ein<br />
erschreckendes Zahlenverhältnis und eine<br />
erschreckende Situation am Everest, denn<br />
der Berg zeigt seit Jahren immer wieder ein<br />
geradezu surreales Gesicht, wenn Hunderte<br />
Menschen an den weißen, steilen Flanken<br />
eine bunte Kette bilden. Eine sich langsam<br />
bewegende Schlange, die von Zeit zu Zeit ins<br />
Stocken gerät.<br />
Der Berg wird um sein Geheimnis betrogen,<br />
um sein »eigentlich unmöglich«. Zumindest<br />
als Suggestion für unzählige »Besteigungswillige«,<br />
die davon ausgehen, sich ein Erlebnis<br />
der besonderen Art kaufen zu können,<br />
in scheinbarer Absicherung, die sie in der<br />
Komplexität der Anforderungen bereitwillig<br />
anderen überlassen.<br />
Sie streben nach oben, reihen sich ein auf<br />
einem mit Seilen und Leitern versicherten,<br />
26 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Ralf Dujmovits, einziger deutscher Höhenbergsteiger,<br />
der alle 14 Achttausender bestiegen hat:<br />
»Ich verdamme nicht<br />
jede kommerzielle Expedition,<br />
sondern lehne<br />
nur solche ab, die jeden<br />
mitnehmen. Wenn nur<br />
die gut Vorbereiteten am<br />
Berg wären, kämen sehr<br />
viel weniger Leute.«<br />
bei riskieren sie das eigene Leben in einem<br />
Maße, das ihnen womöglich nicht richtig<br />
deutlich wird. »Der Everest«, resümiert Ralf<br />
Dujmovits, »ist auch zum Fluchtpunkt der<br />
Eitelkeiten verkommen. Er wird nicht mehr<br />
als sportliches Ziel angesehen, sondern hat<br />
eine Abwertung erfahren, reduziert auf die<br />
bloße Namensnennung ›ich war oben‹!«<br />
Spielfeld für Glücksritter<br />
Die »Give me five«-Generation hat also ein<br />
weiteres Spielfeld gefunden, welches in der<br />
Rangliste vorweisbarer Erfolge ganz oben<br />
steht. Klar, dass vor diesem Hintergrund auch<br />
die Veranstalter, die Bergschulen, ja auch die<br />
Bergführer, die die 8000er im Allgemeinen<br />
und den Everest im Speziellen in ihrem Programm<br />
haben, in die Kritik geraten sind. Da<br />
tut sich ein schmaler Grat auf zwischen seriös<br />
und unseriös. Sicher, die Motive auf Berge<br />
zu steigen sind höchst unterschiedlich –<br />
und in den Bergen sollte jeder prinzipiell die<br />
Freiheit haben sich auszudrücken.<br />
Die US-Amerikanerin Lori Schneider hat<br />
über die höchsten Berge ihren Weg gefunden,<br />
mit der Schreckensdiagnose Multiple<br />
Sklerose fertig zu werden: »Ein Jahr nach<br />
der Diagnose MS stand ich auf dem Gipfel<br />
des Aconcagua. Ich entschied dort, wenn ich<br />
stark genug wäre, Berge zu besteigen, könnte<br />
ich auch ohne Furcht meine Krankheit akzeptieren.<br />
Den Everest zu besteigen änderte<br />
mein Leben für immer. Was ich am Gipfel<br />
sah, war in mir, war eine Person, die mutig<br />
geworden war.« Lori Schneider konnte die<br />
heutigen Möglichkeiten am Everest nutzen,<br />
und man kann verstehen, dass sie ihr Leben<br />
am tiefsten Punkt nach der Diagnose durch<br />
Erreichen des höchsten Punktes auf Erden<br />
zurück zu gewinnen suchte.<br />
Das wirkliche Problem stellen unzählige<br />
Glücksjäger dar, die längst zur kritischen<br />
Masse für den <strong>Mount</strong> Everest geworden<br />
sind. Erlebniskonsumenten, die in ihrer<br />
Menge zur wichtigen Einnahmequelle des<br />
jeweiligen Staates zählen und ein lukratives<br />
Geschäft bedeuten. Peter Habeler bilanziert:<br />
»Die Entwicklung ist verheerend. Dabei<br />
wehrt sich auch die Regierung Nepals gegen<br />
Änderungen, denn es geht ums Geld. Reinhold<br />
hat es gesagt: ›Der Berg ist zum Klettersteig<br />
geworden!‹«<br />
Was am Everest passiert, ist kein singuläres<br />
Ereignis einer alpinistischen Fehlentwicklung.<br />
Es ist symptomatisch für all diejenigen,<br />
die darauf reingefallen sind, dass ein »schneller,<br />
höher, weiter« Garanten persönlichen<br />
Glücks sind; für den Irrglauben, dass man einem<br />
»Ich habe es geschafft« mehr Beachtung<br />
schenkt als einem »So denke ich, so fühle<br />
ich«, ja, dass das eigentliche Sein, der Wesenskern,<br />
hinter dem Haben, dem Sammeln,<br />
dem Vorzeigbaren zurückzutreten habe!<br />
Vergewaltigt zum Event<br />
60 Jahre nach der Erstbesteigung und 35 Jahre<br />
nach Messners und Habelers Gang ohne<br />
künstlichen Sauerstoff ist festzustellen,<br />
60 Jahre Erstbesteigung – eine Kurzchronik<br />
wund mit Ski wieder heil hinunter.<br />
von Wegebauern zuvor angefertigten Pfad.<br />
Ihre Wahrnehmung ist durch die Behauptung<br />
des eigenen Platzes und die Maske,<br />
aus der sie den Sauerstoff beziehen und den<br />
Everest gefühlt niedriger machen, eingeschränkt.<br />
Sie kämpfen darum, in der Masse<br />
nicht unterzugehen, hoffen auf Euphorie<br />
und schier unendliches Glück, akzeptieren<br />
dabei Müllberge, stapfen bisweilen an Leichen<br />
vorbei, dürfen den Tod aber nicht ins<br />
Bewusstsein lassen. Vieles müssen sie verdrängen<br />
und sehnen sich doch danach, die<br />
eigene Identität intensiver und tiefgründiger<br />
zu erleben und mitteilen zu können. Da-<br />
Die beiden Erstbesteiger<br />
Edmund Hillary (links) und<br />
Tenzing Norgay Sherpa<br />
• 1953 Es ist die 10. britische<br />
Everest-Expedition, als<br />
am 29. Mai 1953 um 11.30<br />
Uhr Edmund Hillary und Sherpa<br />
Tenzing Norgay den 8848<br />
Meter hohen Gipfel erreichen.<br />
Dabei muss Hillary auf den<br />
letzten rund 100 Höhenmetern<br />
eine 12 Meter hohe<br />
Felswand überwinden. Tom<br />
Bourdillon und Charles Evans<br />
leisten entscheidende Vorarbeit<br />
und kommen bis auf den<br />
8760 Meter hohen Südgipfel.<br />
Bereits in den 1920er-Jahren<br />
war es gelungen, noch ohne<br />
Sauerstoffgerät auf über 8000<br />
Meter vorzudringen.<br />
• 1975 Junko Tabei<br />
(Japan) ist die erste Frau<br />
auf dem Gipfel<br />
• 1978 Reinhold Messner<br />
und Peter Habeler steigen<br />
erstmals ohne künstlichen<br />
Sauerstoff hinauf.<br />
(8. Mai)<br />
• 1980 Erste Besteigung<br />
im Winter; im Februar gelingt<br />
den Polen Cichy und Wielicki<br />
damit die erste Winterbesteigung<br />
eines Achttausenders<br />
überhaupt.<br />
• 1980 Im August gelingt<br />
Reinhold Messner der Aufstieg<br />
im Alleingang: ohne künstlichen<br />
Sauerstoff, ohne die Unterstützung<br />
anderer Expeditionen und<br />
über eine teilweise neue Route<br />
durch die Nordwand.<br />
• 1995 Alison Hargreaves<br />
(GB) erreicht als erste Frau<br />
allein und ohne künstlichen<br />
Sauerstoff den Gipfel.<br />
• 1996 Erste Skiabfahrt: Hans<br />
Kammerlander besteigt am 24.<br />
Mai ohne Zusatzsauerstoff den<br />
Gipfel über die Nordroute und<br />
fährt über die Nordseite auch<br />
wieder ab zum Baisilager; er<br />
benötigt dafür 23 Stunden und<br />
50 Minuten – ein neuer Rekord.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 27
Müllproblem: Trotz diverser Aufräumaktionen<br />
lagern Tonnen am Berg.<br />
Heroen: Messner und Habeler bei der Rückkehr nach der Besteigung ohne Flaschensauerstoff, 1978<br />
Fotos: Hans Kammerlander (2), Bruckmann Verlag/AP Photo<br />
dass der <strong>Mount</strong> Everest nicht mehr nur als<br />
das Symbol für die extreme Urkraft der Natur<br />
steht, an dem die fähigsten <strong>Bergsteiger</strong><br />
in Demut und Respekt großen Alpinismus<br />
zelebrieren, sondern auch zum Konsumgut,<br />
zum Event vergewaltigt wird.<br />
Das schmerzt angesichts der Tatsache, dass<br />
sich am Everest großer Alpinismus vollzog.<br />
Der Sachse Jörg Stingl, der als erst zweiter<br />
deutscher Alpinist den Gipfel ohne Flaschensauerstoff<br />
bestieg; Hans Kammerlanders legendäre<br />
Ski-Abfahrt vom höchsten Punkt der<br />
Erde; die Route von Stephen Venables durch<br />
die Ostflanke, die vor 25 Jahren erstmals begangen<br />
und erst einmal wiederholt wurde.<br />
Und es gäbe noch Herausforderungen.<br />
»Der Everest ist für die Spitzen-Höhenbergsteiger<br />
gar nicht mehr so wichtig, ist längst<br />
nicht mehr so populär wie vor 15 Jahren.<br />
Die wirklich Guten suchen sich neue Wege<br />
auf die hohen Berge«, urteilt der Schweizer<br />
Bergführer und erfahrene Höhenbergsteiger<br />
Norbert Joos, dem auch Hans Kammerlander<br />
große Anerkennung zollt: »Norbert<br />
Joos, der 13 Achttausender ohne Zusatzsauerstoff<br />
geschafft hat, vereitelten bei fünf<br />
oder sechs Anläufen am Everest widrige<br />
Umstände den Erfolg. Ich bewundere dabei<br />
seine saubere Entscheidung, auf den Gipfel<br />
zu verzichten, statt zu Flaschensauerstoff<br />
zu greifen!«<br />
Würden alle diesem Ideal folgen, wäre der<br />
Everest wieder einsam. Womöglich kehrte<br />
dann die Handvoll Spitzenalpinisten zurück,<br />
die an diesem Berg wie kaum anderswo<br />
in der starken Auseinandersetzung mit<br />
der Grenze des Machbaren, ja vielleicht mit<br />
dem Unmöglichen ihre Verheißung findet.<br />
Im Moment sieht es nicht danach aus. ◀<br />
Waghalsig: Hans Kammerlander fährt im Jahr 1996 vom Everest-Gipfel über die Nordflanke ab.<br />
Buchtipp: Der Berg der <strong>Rekorde</strong><br />
Der Everest hat viele Geschichten zu erzählen.<br />
Von Triumphen, Tragödien und übermenschlichen<br />
Leistungen. Zum 60. Jubiläum erinnert<br />
der Bildband »<strong>Mount</strong> Everest. Der Berg der<br />
<strong>Rekorde</strong>« an die legendärsten Begehungen<br />
und <strong>Bergsteiger</strong>: an Edmund Hillary und Tenzing<br />
Norgay, George Mallory und die Sherpas als die<br />
Helden im Hintergrund, an den ältesten Gipfelbezwinger,<br />
die erste Skiabfahrt und vieles mehr.<br />
Der Autor Sumatri Nagrath legt mit seinem Werk<br />
nicht nur einen spannenden geschichtlichen<br />
Abriss vor, der die ersten britischen Expeditionen<br />
mit vielen historischen Fotos wieder zum Leben<br />
erweckt. Er zeigt auch die andere Seite früher<br />
Alpinisten, die trotz der Entbehrungen auch für<br />
Scherze zu haben waren.<br />
224 Seiten, ca. 200 Abbildungen, Format<br />
23,2 x 28,3 cm, Hardcover, Bruckmann Verlag,<br />
34,99 Euro, erscheint Mitte März<br />
28 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Das Erbe des<br />
Menschenfreundes<br />
20 Cent für eine Zahnfüllung, 50 für<br />
eine Untersuchung: Himalayan Trust<br />
und die Sir Edmund Hillary-Stiftung<br />
unterstützen Kliniken, Schulen und<br />
die Aufforstung im Everest-Gebiet.<br />
Dienstpause: Krankenschwestern im Solu Hospital<br />
Der Weg zum Solu Hospital ist steil und<br />
beschwerlich: Kranke und Schwangere<br />
nehmen ihn auf sich, weil es einen<br />
24-Stunden-Notfall-Service gibt und Ärzte,<br />
die helfen, wenn der Dorf-Schamane nicht<br />
mehr weiter weiß. Mit Röntgen- und Ultraschallgeräten,<br />
einem Operations- und einem<br />
Kreißsaal, dem Labor, der Mutter-Kind-<br />
Station, Augen-, Zahnklinik und Apotheke<br />
weist das Krankenhaus einen medizinischen<br />
Standard auf, der in dieser Gegend alles<br />
andere als selbstverständlich ist.<br />
Dr. Vijay Bhushan Dutta ist Arzt am Solu<br />
Hospital in Paphlu, einem kleinen Ort im<br />
Solu-Khumbu-Gebiet, 80 Kilometer südlich<br />
des <strong>Mount</strong> Everest. »Jeder hier schätzt<br />
ihn«, sagt der 27-Jährige über Sir Edmund<br />
Hillary, den großen Menschenfreund, der das<br />
Krankenhaus 1975 errichten ließ. Die Mittel<br />
dazu kamen damals aus dem Himalayan<br />
Trust, den Hillary 1961 ins Leben gerufen<br />
hat, um die Landfl ucht zu stoppen und die<br />
Everest-Region nachhaltig als Wirtschaftsund<br />
Lebensraum zu fördern.<br />
Auch heute noch unterstützt der Himalayan<br />
Trust als Dachorganisation das mittlerweile<br />
staatlich geleitete Krankenhaus. Der Hauptteil<br />
der Spenden, welche die Partnerorganisation<br />
»Sir Edmund Hillary-Stiftung Deutschland«<br />
mit Sitz Bad Wiessee sammelt, fl ießt in dieses<br />
Projekt. Seit 1990 sind mehr als 700 000<br />
Euro zusammen gekommen.<br />
Die Spendengelder machen die medizinischen<br />
Leistungen für die Einheimischen bezahlbar:<br />
Eine Zahnfüllung kostet umgerechnet 20 Cent,<br />
eine Untersuchung 50. Wer stationär aufgenommen<br />
wird, zahlt einmalig fünf Euro. Rund<br />
500 Operationen machen die Ärzte jährlich<br />
in Paphlu, sie behandeln 18 000 Menschen,<br />
tagtäglich erblickt hier ein Kind das Licht der<br />
Bergwelt.<br />
Eine Klinik auf 4236 Metern<br />
Durchschnittlich 7000 Patienten im Jahr<br />
versorgt Dr. Kami Temba Sherpa mit seinem<br />
Team im Khunde Hospital bei Namche<br />
Bazar. Das Krankenhaus auf 4236 Metern<br />
ist das höchst gelegene der Welt. »Zwei Euro<br />
kostet die Behandlung für Nepali«, erklärt der<br />
56-jährige Arzt. Trekker müssen dafür 50 Dollar<br />
berappen. 1966 von Hillary gegründet, wird<br />
das Krankenhaus heute von der kanadischen<br />
Stiftung des Himalayan Trust unterhalten. Es<br />
ist vergleichsweise schlechter ausgestattet als<br />
das in Paphlu, Unterstützung von der nepalesischen<br />
Regierung bekommt es nicht.<br />
Geld für 63 Schulen<br />
Neben den Bemühungen um die Wiederaufforstung<br />
des Bergwaldes ist Bildung ein weiteres<br />
zentrales Anliegen des Himalayan Trust.<br />
Insgesamt werden 63 Schulen im Solu-<br />
Khumbu-Gebiet von der Stiftung unterstützt,<br />
allein 27 wurden mit ihren Mitteln gebaut.<br />
Mit den Spendengeldern werden Dächer,<br />
Computer, Schreibmaterial, die Gehälter für<br />
die Lehrer und deren Fortbildung bezahlt.<br />
Außerdem vergibt die Stiftung Stipendien.<br />
Nach dem Tod von Sir Edmund Hillary im<br />
Januar 2008 führen längst andere weiter,<br />
was er mit dem Himalayan Trust begonnen<br />
hat – zum Beispiel sein Sohn Peter. »Wir<br />
sind hier noch nicht fertig«, antwortet der<br />
58-jährige Neuseeländer auf die Frage nach<br />
der aktuellen Entwicklung im Everest-Gebiet.<br />
Sein Vater hatte sich vor geraumer Zeit anders<br />
ausgedrückt: »Wir sind wegen der Berge<br />
nach Nepal gekommen, aber wegen der<br />
Menschen geblieben.« Gemeint ist dasselbe.<br />
–Kerstin Wolters–<br />
Weitere Informationen im Internet:<br />
www.sir-edmund-hillary-stiftungdeutschland-ev.de<br />
sowie<br />
www.himalayantrust.org<br />
Dank der Spenden gibt es einen 24-Stunden-Notfallservice.<br />
Manfred Häupl, Hauser-Geschäftsführer, mit Peter Hillary<br />
Fotos: Kerstin Wolters
Der Zahlenberg<br />
Daten und Fakten über den <strong>Mount</strong> Everest<br />
-36<br />
Grad beträgt die Durchschnittstemperatur<br />
auf dem Everest-Gipfel im<br />
kältesten Monat Januar. Im Juli steigt<br />
dieser Wert dem Online-Portal<br />
Pubblinet Switzerland zufolge auf<br />
immerhin minus 19 Grad.<br />
2.012<br />
Meter legte der Japaner Yuichiro Miura<br />
laut seines Tagebucheintrags in nur<br />
140 Sekunden zurück, als er 1970<br />
eine Skiabfahrt vom Südsattel des<br />
Everests wagte. Dabei soll er Geschwindigkeiten<br />
von 150 Stundenkilometern<br />
erreicht haben und überlebte<br />
einen mehrere hundert Meter tiefen<br />
Sturz.<br />
3,2<br />
Kilogramm wiegt ein 4-Liter-Sauerstoff-Zylinder.<br />
Teilnehmer von kommerziellen<br />
Expeditionen benötigen etwa<br />
vier bis sechs Flaschen.<br />
27<br />
Kilogramm Gepäck schleppte der Erstbesteiger<br />
Sir Edmund Hillary, nachdem<br />
er und sein Team ein letztes Depot auf<br />
8323 Metern passiert hatten. Dies<br />
erzählt jedenfalls Stephen Venables<br />
in seinem Buch »Everest«. Ob Hillary<br />
auch eine Gepäckwaage mitführte, ist<br />
allerdings nicht erwähnt.<br />
39.200<br />
7.020<br />
Meter hoch liegt der North Col auf der<br />
Nordroute. Seit einiger Zeit steht dort<br />
das wahrscheinlich am höchsten gelegene<br />
Toilettenzelt der Welt, aufgestellt<br />
von einem Anbieter für Everest-Touren.<br />
Klopapier müssen die Benutzer allerdings<br />
selbst mitbringen.<br />
Euro kostet derzeit bei einem Schweizer Anbieter die Besteigung<br />
des <strong>Mount</strong> Everest von der Südseite aus. Für das gleiche Geld<br />
kann man als Alpenvereinsmitglied fast zehn Jahre lang ununterbrochen<br />
im Matratzenlager einer DAV-Hütte nächtigen.<br />
623<br />
Mal stand ein US-Bürger auf dem<br />
Gipfel, wobei alleine 14 Besteigungen<br />
auf das Konto von Dave Hahn gehen,<br />
dem alleinigen Rekordhalter unter den<br />
Nicht-Sherpas. Die USA sind nach<br />
Gastgeber Nepal damit die<br />
eifrigste Nation im<br />
Gipfelrennen.<br />
155<br />
<strong>Bergsteiger</strong> schafften es ohne Unterstützung<br />
von Flaschensauerstoff auf<br />
den Gipfel, einige von Ihnen – darunter<br />
Reinhold Messner – sogar mehrfach.<br />
76<br />
Jahre und 340 Tage war der Nepali<br />
Min Bahadur Sherchan alt, als er<br />
2008 auf dem Everest stand. Die<br />
älteste Frau war im Mai 2012 die<br />
Japanerin Tamae Watanabe in einem<br />
vergleichsweise jugendlichen Alter von<br />
73 Jahren.<br />
8.100<br />
Kilogramm Müll haben Medienberichten<br />
zufolge 29 Bergführer aus Nepal<br />
im Jahr 2011 vom höchsten Berg geräumt.<br />
Mit der Arbeit waren sie sechs<br />
Wochen beschäftigt und benötigten<br />
dafür 75 Yaks und 65 Träger.<br />
Die Schätzungen, wie viel Abfall<br />
dort noch immer liegt, reichen<br />
von 50 bis 600 Tonnen.<br />
Gipfelbesteigungen<br />
Tote<br />
25<br />
30<br />
9<br />
10 15 23<br />
4<br />
18 10 18 16<br />
5<br />
0 0 0 0 2 4 3 6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
0 0 0 0<br />
0<br />
0 0<br />
0<br />
0<br />
1 1 1<br />
1 1 1 1 1 2<br />
7 4<br />
2 1<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1<br />
3<br />
8<br />
6<br />
6 11 8 7<br />
1922 1924 1934 1952 1953 1956 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986<br />
4<br />
4
29.002<br />
Fuß (8840 Meter) war der damals Peak XV genannte<br />
<strong>Mount</strong> Everest im Jahr 1856 hoch. Zumindest teilte<br />
Andrew Scott Waugh diese Höhe der Royal Geographical<br />
Society in einem Schreiben mit. Heutigen<br />
Messungen zufolge hat sich der Offi zier um etwa<br />
zehn Meter vertan.<br />
8<br />
Stunden und 10 Minuten benötigte<br />
Sherpa Pemba Dorjee am 21. Mai<br />
2004 für den Aufstieg vom Basislager<br />
zum Gipfel. Im Normalfall sind für die<br />
etwa 3500 Höhenmeter mehrere Tage<br />
nötig. Zur Anerkennung des Rekords<br />
führte das nepalesische Ministerium<br />
für Kultur, Tourismus und zivile Luftfahrt<br />
sogar Nachforschungen durch.<br />
233<br />
<strong>Bergsteiger</strong> sind bis heute (Stand:<br />
Februar 2013) am Everest tödlich<br />
verunglückt. Viele davon liegen noch<br />
immer an den Flanken des Berges, da<br />
ein Abtransport aus diesen Höhen nur<br />
schwer möglich ist.<br />
0,33<br />
Bar beträgt der Luftdruck auf dem<br />
Everest-Gipfel. Das entspricht nur<br />
knapp einem Drittel des Luftdrucks<br />
auf Meeresspiegelniveau. Wasser<br />
siedet dadurch bereits bei 70 Grad<br />
Celsius, weshalb <strong>Bergsteiger</strong> auf Frühstückseier<br />
verzichten müssen.<br />
214<br />
Menschen standen am 19. Mai 2012 auf dem Gipfel des <strong>Mount</strong><br />
Everest. Diese vorläufi ge Zahl nennt zumindest der verlässliche<br />
Berg-Chronist Eberhard Jurgalski. Es war der bisher größte Ansturm<br />
auf den höchsten Gipfel der Erde.<br />
6.182<br />
Mal wurde der <strong>Mount</strong> Everest bis<br />
zu Beginn der Saison 2013 nach den<br />
bisher vorliegenden Zahlen bestiegen.<br />
6.382.414<br />
Meter ist der <strong>Mount</strong> Everest vom<br />
Erdmittelpunkt (EMP) entfernt.<br />
Diesbezüglich ist er eigentlich nur<br />
der sechshöchste Berg der Erde. Da<br />
der Erdradius mit steigender Nähe<br />
zum Äquator immer größer wird, liegt<br />
in dieser Rangliste der Chimborazo<br />
in Ecuador ganze 2143 Meter vorne<br />
(6.384.557 v. EMP, 6267 ü.M.)<br />
Fotos: Ralf Dujmovits, Reinhold Messner, Hans Kammerlander (2)<br />
2<br />
4<br />
50<br />
24<br />
10 8<br />
72<br />
38<br />
4 2<br />
90<br />
129<br />
51<br />
5 8 5 3<br />
83 95 85<br />
15 9<br />
121 118 145 182 159<br />
4 4 2 5 3 4<br />
1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
267<br />
337 307<br />
493 632 426 462 543 537 526*<br />
7 6 11 7<br />
1<br />
5<br />
3 4 10<br />
Datengrundlage:<br />
Eberhard Jurgalski/<br />
www.8000ers.com<br />
*vorläufi ge Zahl<br />
Ilustration: Ilona Burgarth/ Text: Dominik Prantl
Die stillen<br />
Helden des<br />
Everest<br />
Die »Icefall-Doctors« machen<br />
erst möglich, wovon<br />
so viele Everest-Aspiranten<br />
träumen: Sie bahnen Wege<br />
durch den mächtigen Eisbruch<br />
und riskieren dabei<br />
ihr Leben. Der Alpinist Ralf<br />
Dujmovits zollt den Sherpa<br />
höchsten Respekt.<br />
Abseits der Yak-Gasse stehen die steinalten<br />
Zelte der »Icefall-Doctors«,<br />
das Brummen ihres Kerosinkochers<br />
und das Zischen des Dampfdrucktopfs weisen<br />
uns den Weg zu ihrem Küchenzelt im<br />
Everest-Basislager. Ang Nima Sherpa unterbricht<br />
sein leises Singen, als Rolf Eberhardt<br />
und ich ins Dunkel treten und begrüßt uns<br />
wortlos lachend. Seit 1992 sind wir uns<br />
viele Male im Eisbruch des <strong>Mount</strong> Everest<br />
begegnet. Drei Tassen Milchtee stellt er auf<br />
die Sperrholzplatte auf einer verbogenen<br />
Leiter. Gemütliche Wärme steht im Zelt, obwohl<br />
unter der aus Granitblöcken zusammengefügten<br />
Sitzbank Gletschereis hervorschaut.<br />
Durchgescheuerte Klamotten, nasse<br />
Schuhe und getrocknetes Yak-Fleisch hängen<br />
an den Zeltstangen. Ang Nimas Zuhause:<br />
immer zweieinhalb Monate im Frühjahr<br />
und zweieinhalb Monate im Herbst. Seit<br />
mehr als 35 Jahren, – »mehr als die Hälfte<br />
meiner ungefähr 60 Jahre«, wie er grinsend<br />
sein Alter schätzt. Sir Chris Bonington<br />
hatte ihn 1975 zum ersten Mal für seine<br />
erfolgreiche Südwest-Wand-Expedition angeheuert:<br />
als Eisbruch-Sherpa oder »Icefall-<br />
Doctor« – wie Rob Hall in den 90er-Jahren<br />
diejenigen Sherpa-Träger nannte, die sich<br />
ausschließlich um die Absicherung der berühmt-berüchtigten<br />
Eiskaskade des nepalesischen<br />
Normalwegs zum Everest-Gipfel<br />
kümmern.<br />
Labyrinth aus hausgroßen Eisblöcken<br />
Der Everest, der 8000er Lhotse und der hohe<br />
7000er Nuptse bilden ein gigantisches, nach<br />
Westen offenes Hufeisen. Aus diesem quillt<br />
auf circa 6000 Metern ein mächtiger Eisstrom<br />
über eine 600 Meter hohe Steilstufe in die<br />
Tiefe. Sie ist so abrupt, dass das Eis im Abfließen<br />
aufbricht, zerbirst und ein instabiles<br />
Labyrinth aus tiefen Spalten und hausgroßen<br />
Eisblöcken bildet. Die gefährlichste Hürde<br />
für eine Besteigung des <strong>Mount</strong> Everest und<br />
Schauplatz vieler trauriger Unfälle! Auf 5400<br />
Metern ebnet sich das Eis allmählich wieder<br />
ein und gibt wenige Höhenmeter tiefer in der<br />
weiten Linkskurve des Khumbu-Gletschers<br />
genügend Platz für über 500 Basislagerzelte<br />
her. »Schon 14 Tage vor Ankunft der Expeditionen<br />
beginnen wir für die <strong>Bergsteiger</strong> und<br />
ihre Hochträger den Eisbruch gangbar zu<br />
machen«, erklärt Ang Nima Rolf. »Mit annähernd<br />
drei Kilometer Fixseilen und zwischen<br />
40 und 60 Leitern. Zum Überbrücken der<br />
besonders breiten Spalten im oberen Teil des<br />
Eisbruchs müssen wir vier, fünf oder manchmal<br />
sechs Leitern hintereinander binden.«<br />
Früher hatten die deutlich weniger Expeditionsgruppen<br />
untereinander geklärt, wer für<br />
das Absichern des Eisfalls und das Engagement<br />
der »Icefall-Doctors« verantwortlich<br />
war. 1996 war ich an der Reihe – und am läs-<br />
32 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Nur kleine Punkte im<br />
großen Meer aus Eis.<br />
Den Aufstieg durch<br />
das Chaos sichern die<br />
»Icefall-Doctors«.<br />
tigen Geldeintreiben. Seit dem Jahr 2000 mit<br />
den immer zahlreicher werdenden Gruppen<br />
wird die Absicherung des überdimensionalen<br />
Haufens aus Eiswürfeln vom »Sagarmatha<br />
Pollution Control Commitee« (SPCC) organisiert.<br />
»Noch nie ist seither ein tödlicher<br />
Unfall passiert«, berichtet Ang Nima stolz<br />
und blendet damit aber die tödlichen Unfälle<br />
aus, die sich durch menschliches Versagen<br />
der <strong>Bergsteiger</strong> oder Lawinenabgänge<br />
ereignet haben. Und diese sind in den letzten<br />
Jahren deutlich zahlreicher geworden. Vor<br />
allem unterhalb der Westschulter des Everest<br />
brechen oftmals hochhausgroße Seracs<br />
ab, die in den oberen Teil des Eisfalls hinein<br />
donnern. Die Wucht ist so groß, dass aufsteigende<br />
<strong>Bergsteiger</strong> wie Spielzeugfiguren<br />
in die Spalten geblasen und das gesamte Basislager<br />
von einem Hauch aus Eispartikeln<br />
überzogen wird. 2009 war ich trauriger Zeuge<br />
eines solchen Unfalls.<br />
Sherpas<br />
schleppen die<br />
Ausrüstung<br />
der Alpinisten<br />
durch den<br />
gefährlichen<br />
Eisfall.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 33
avarian<br />
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Team<br />
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Dafür sind wir hergekommen und wir haben‘s geschafft!<br />
Großen Dank an unsere belgischen Freunde, die uns diese<br />
Seillänge überlassen haben – wir hatten eine verdammt gute Zeit!<br />
Alexander and Thomas Huber, Mario Walder<br />
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© 2013 adidas AG. adidas und die 3-Streifen sind registrierte Warenzeichen der adidas Gruppe. South Tower, Mt. Asgard, Auyuittuq National Park, Baffin Island, Canada timeline productions
Thomas Huber | Mt. Asgard, Baffin Island timeline production<br />
Todesgefahr: Wenn große Seracs abbrechen, dann erzittert selbst das Everest-Basislager.<br />
Fotos: Ralf Dujmovits (4), Gerlinde Kaltenbrunner<br />
Trotzen dem Schneesturm: Sherpas beim Beladen von Yaks<br />
Das Gefühl von Papa Ang Nima<br />
Dank ihrer großen Erfahrung erkennen die<br />
»Doctors« rechtzeitig, wann die Route durch<br />
den stetig abwärts fließenden Eisbruch umgelegt<br />
werden muss. Im unteren Teil direkt<br />
hinter dem Basislager erscheint der Aufstieg<br />
zunächst noch wildromantisch – er führt<br />
über einzelne Spalten und windet sich um<br />
kleinere Mini-Eistürme herum. Es wird<br />
steiler und gefährlicher – besonders für<br />
die schlecht ausgerüsteten Icefall-Doctors<br />
und die Sherpa-Hochträger, die hier fast<br />
täglich und oft zweimal durchkommen. Im<br />
»Popcorn«-Teil des blaugrünen Eisbruchs<br />
würde keiner von ihnen stehen bleiben. Wo<br />
mancher »Everest-Tourist« seinem Spezi mit<br />
der Kamera in der Hand Anweisung gibt,<br />
ein weiteres Mal mit Nordwandblick vorbei<br />
zu klettern, ist bei den »Doctors« Vollgas angesagt.<br />
Besonders an sonnigen Tagen, wo es<br />
nach zehn Uhr schon unerträglich heiß und<br />
brandgefährlich wird, während sie schwitzend<br />
mit zwei Acht-Meter-Leitern auf dem<br />
Rücken die Route umbauen. Weil »Papa«<br />
Ang Nima – wie ihn seine<br />
Kollegen nennen – das sichere<br />
Gefühl hat, dass dort, wo<br />
heute noch alle aufsteigen,<br />
morgen nur noch ein Trümmerfeld<br />
aus Eisbrocken, Seilen<br />
und zerborstenen Leitern<br />
sein würde.<br />
Wir fragen Ang Gyalzen Sherpa<br />
– seit 2002 Kollege von<br />
Ang Nima – wie er sich gegen<br />
die Gefahren des Eisfalls<br />
schützt: »Immer wieder gesegneten<br />
Reis werfen«. Ich habe<br />
das oft gesehen und selbst<br />
praktiziert. »Gebete und Mandras<br />
sprechen« und »wenn<br />
diese nicht auf den Lippen sind, sie trotzdem<br />
immer im Geist mittragen«. Auf die Frage, ob<br />
seine Frau sich keine Sorgen macht, sagt er<br />
lapidar: »That’s my job.« Warum Ihnen nie<br />
etwas passiert sei, seit so langer Zeit, will Rolf<br />
wissen. »Das liegt am Dharma. Wir tun etwas<br />
Gutes, was den anderen hilft«, antwortet Ang<br />
Nima. Ein Satz, der Rolf – seines Zeichens<br />
Marketing-Häuptling bei Lowa – überzeugt:<br />
Im kommenden Jahr werden alle »Icefall-<br />
Doctors« mit nagelneuen Trekking-Schuhen<br />
und 6000er-Stiefeln unterwegs sein. ◀<br />
Ralf Dujmovits hat<br />
alle 14 Achttausender<br />
bestiegen.<br />
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AUF TOUR<br />
Trekking über dem Göschenertal<br />
Rund um den<br />
Urner Granit<br />
36 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Über dem Göschenertal lässt<br />
sich eine Handvoll Hütten über<br />
originelle alpine Routen verbinden<br />
– eine Tour über Stock und Stein<br />
für gehobene Ansprüche.<br />
Von Mark Zahel (Text und Bilder)<br />
Nur über eine Kraxeleinlage<br />
erreichbar: die Bergseehütte<br />
hoch über dem großen<br />
Göscheneralpsee<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 37
Ziel Nummer eins: die Salbithütte. Die Tagesetappe endet allerdings erst bei der Voralphütte.<br />
Die spektakuläre Salbitbrücke ist der Clou des<br />
Eines wird sofort klar, wenn man<br />
die Göschener Bergwelt in Augenschein<br />
nimmt: Lieblich ist anders.<br />
Hier strahlt die Landschaft unvermittelt<br />
erhabene Wildheit aus,<br />
wirklich stotzige Gipfel, wie der Schweizer<br />
zu sagen pflegt, prägen das Bild. Die Materie<br />
heißt Granit – ein Gestein, das ja nicht gerade<br />
für sanfte Formen bekannt ist. Freilich<br />
weiß man auch, dass es mit dem herkömmlichen<br />
Wandern im Granit keine einfache<br />
Sache ist, dass die Bergpfade rau und beschwerlich<br />
sind und hier ohnehin eher die<br />
Spezialisten fürs Steilere zum Zug kommen.<br />
Unweigerlich macht sich eine Mischung aus<br />
Spannung und Skepsis breit. Wie hoch werden<br />
die Hürden gesteckt sein?<br />
Fünf liebenswerte Bergnester<br />
Salbit, Voralp, Bergsee, Chelenalp und Damma:<br />
Fünf Hütten, fünf liebenswerte Bergnester,<br />
die der Schweizer Alpenclub rund<br />
ums Göschenertal verteilt hat, und zwar ursprünglich<br />
als Basislager für Hoch- und Klettertouren<br />
auf profilierte Gipfel wie Salbitschijen,<br />
Sustenhorn oder Dammastock. Erst<br />
viel später wurde die Idee geboren, von einer<br />
Hütte zur nächsten zu wandern, sprich ein<br />
regionales »Alpentrekking« zu absolvieren.<br />
Spannungsbögen bauen sich während der<br />
mehrtägigen Tour immer wieder neu auf,<br />
die Perspektive verschiebt sich sukzessive,<br />
nach und nach wird man immer vertrauter<br />
mit der anfangs so abweisend anmutenden<br />
Bergwelt und kommt verborgenen Winkeln<br />
auf die Spur.<br />
Mit anderen typischen Hüttentreks ist die<br />
Göschener Runde nur bedingt vergleichbar,<br />
bewegt man sich doch die längste Zeit<br />
nicht auf normalen Bergwegen, sondern auf<br />
sogenannten »alpinen Routen«. Diese Besonderheit,<br />
die nur in der Schweiz explizit<br />
ausgewiesen wird, greift auf weiß-blau-weiße<br />
Markierungen zurück und führt häufig<br />
mehr als Leitlinie denn als richtige Trasse<br />
durch hindernisreiches Gelände. Die ein<br />
oder andere alpine Schikane bleibt nicht aus.<br />
Zu gewagt? Gelegenheitswanderer dürfen<br />
vorher ruhig noch etwas üben. Routinierteren<br />
liegt ein Schlaraffenland vor Füßen.<br />
Am Heidelbeerteppich entlang<br />
Immerhin: Das erste Bergauf zur Salbithütte<br />
ist zum Eingewöhnen ideal. Im Spätsommer<br />
versüßen Heidelbeerteppiche den Zustieg.<br />
Der Name »Salbit« besitzt vor allem in Kletterkreisen<br />
Klang – der zugehörige Schijen<br />
gilt als herausragendes Ziel im Granit. Weil<br />
aber nicht allein die »steile Zunft« hier ein<br />
Tummelfeld finden soll, initiierte Hüttenwart<br />
Hans Berger eine Verbindung zur Voralphütte<br />
und damit den Anschluss seines<br />
Refugiums an das hochalpine Wegenetz im<br />
Göschenertal. Besonders die Einrichtung ei-<br />
Urig und aussichtsreich: die Voralphütte, im<br />
Hintergrund das Sustenhorn<br />
Steile Klettersteigpassagen<br />
sorgen für<br />
die alpine Würze am<br />
Salbit-Höhenweg<br />
38 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Übergangs zwischen Salbit- und Voralphütte.<br />
Verfügt über alles, was ein idyllisches Tal zu haben hat: das Trogtal mit der Chelenreuss<br />
Seit 2009 wird das<br />
Couloir von einer<br />
Brücke in Himalayamanier<br />
überspannt<br />
und damit zu einer<br />
spielerischen Einlage.<br />
ner 90 Meter langen Hängebrücke hat für Furore<br />
gesorgt! Zuvor ließ sich nur über einen<br />
»Kettenweg« das Hindernis des Mittwaldcouloirs<br />
– ein kapitaler Schluchteinriss, der aus<br />
den Wänden des Salbitschijen quasi ins Bodenlose<br />
abbricht – überlisten: anspruchsvoll<br />
und bestimmt nichts für Zartbesaitete.<br />
Seit 2009 wird das Couloir von einer spektakulären<br />
Hängebrücke gleichsam in Himalayamanier<br />
überspannt und damit beinahe<br />
zur spielerischen Einlage. Es schwankt und<br />
schaukelt zwar ein wenig, und vor der gähnenden<br />
Tiefe kann (besser: sollte) man seine<br />
Augen nicht verschließen, die »Mutprobe«<br />
ist aber eigentlich narrensicher. Die Brücke<br />
stammt ursprünglich vom Trifthüttenweg<br />
im Berner Oberland, musste dort jedoch<br />
rückgebaut werden und fand jetzt am Weg<br />
zum Salbitschijenbiwak ihre neue Bestimmung.<br />
Freilich war mit ihr die angepeilte<br />
Verbindung zur Voralphütte noch längst<br />
nicht komplett. Im Nachbarcouloir der<br />
Spicherribichelen wird echtes Klettersteigfeeling<br />
vermittelt: Eine fast senkrechte<br />
50-Meter-Leiter strapaziert womöglich weitaus<br />
mehr die Nerven als die Traverse der<br />
Hängebrücke. Da zeigt sich, dass dieser Übergang<br />
nach wie vor eine sehr ernsthafte Sache<br />
ist. Wo man sich früher mühsam und steinschlaggefährdet<br />
durch Rinnen talwärts zur<br />
Alp Horefelli tasten musste, erreicht man<br />
nun eine fabelhafte Hochterrasse, der man<br />
unbeschwert folgen kann, bis die Trogstufe<br />
später einen Durchschlupf zur Voralphütte<br />
gewährt. Die Aussicht auf das formschöne,<br />
von großen Gletschern umgarnte Sustenhorn<br />
macht das Wanderglück vollkommen.<br />
Blockfeldchaos mit System<br />
Kaum weniger Spannung verspricht der folgende<br />
Übergang. Rauschende Wildbäche,<br />
Moränenwälle und Gletscherschliffe, chaotische<br />
Blockfelder, die doch kein Zufallsprodukt<br />
sind, sondern geheimen Naturgesetzen<br />
folgen, formieren eine Urlandschaft, in der<br />
man als Mensch bescheiden wird. Kein materieller<br />
Wert zählt hier irgendwas, nur die eigene<br />
Physis sowie eine mentale Bereitschaft,<br />
sich gefangen nehmen zu lassen, sich mit<br />
der Natur zu verbünden. Zwei Gratrippen<br />
sind bis zur Bergseehütte zu überschreiten;<br />
besonders die zweite hat es einigermaßen<br />
in sich. Wieder gilt es ein wenig zu kraxeln,<br />
zu balancieren. Auf der Hütte, in prächtiger<br />
Balkonlage neben dem Bergsee und hoch<br />
über dem großen Göscheneralpsee, lässt<br />
sich auftanken und ein weiträumiger Blick<br />
genießen. Ob dabei vom gegenüberliegenden<br />
Planggenstock stets besondere Notiz<br />
genommen wird? Immerhin hoben dort<br />
vor einigen Jahren einheimische »Strahler«<br />
einen Megaschatz. Die Region gilt als Mineraliengebiet<br />
ersten Ranges.<br />
Auf geht’s in den innersten Winkel des<br />
Chelenalptals! Zu etwas Besonderem macht<br />
diesen Abschnitt neben der Routenführung<br />
entlang einer naturgegebenen Geländeterrasse<br />
die prachtvolle Schau auf die stark<br />
vergletscherte Dammastock-Kette, in ihrer<br />
Gesamtfront als »Winterberg« bezeichnet.<br />
Nirgends ragen die Urner Alpen in größere<br />
Höhen auf! Es ist aber wohl auch das vergnügte<br />
Springen von Block zu Block, dem<br />
freilich nicht alle Wanderer gleichermaßen<br />
etwas abgewinnen können. Man muss halt<br />
wissen, auf was man sich hier einlässt …<br />
Im Bann des Winterbergs<br />
Dabei wird’s auch auf der dritten Etappe<br />
noch Herausforderungen geben. Von der<br />
abgelegenen Chelenalphütte im Talschluss<br />
zieht man sich angesichts der Barrieren aus<br />
Fels und Eis erst einmal ein Stück zurück.<br />
Schon bald geht es aus dem Hochtal je-<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 39
KOMPAKT<br />
Immer wieder ein Blickfang: das Sustenhorn<br />
Es ist nicht ungewöhnlich,<br />
dass es erst nach<br />
einigen gescheiterten<br />
Sprungversuchen<br />
gelingt, den reißenden<br />
Wildbach zu überlisten.<br />
doch wieder die Biege bergwärts. Sofern man<br />
nicht jenseits der Chelenreuss, am Abfluss<br />
des Rötifirns abrupt ausgebremst wird! Denn<br />
ohne Steg ist hier unter Umständen Schluss<br />
mit lustig. Es ist nicht ungewöhnlich, dass<br />
es erst nach einigen gescheiterten Sprungversuchen<br />
gelingt, den reißenden Wildbach<br />
doch noch zu überlisten. Dieser zieht durch<br />
bewachsene Platten zuweilen ausgesetzt empor,<br />
quert dann weit unter dem Moosstock<br />
entlang und muss zu guter Letzt noch gefinkelt<br />
um einige Hindernisse lavieren – eine<br />
Alpinroute im besten Sinne, urtümlich und<br />
ein bisschen verwegen, aber nicht dramatisch<br />
schwierig. Eine Brücke über den Bach<br />
könnte freilich schon spendiert werden.<br />
Bei der niedlichen Dammahütte ist nochmals<br />
<strong>großes</strong> Kino angesagt: Der »Winterberg«<br />
liegt jetzt zum Greifen nah. Die Hütte<br />
selbst ist seit ihrem Bau 1914 unverändert.<br />
Sie wurde als SAC-Muster für die Berner Landesausstellung<br />
konzipiert und anschließend<br />
zum Nutzen der <strong>Bergsteiger</strong> unterhalb des<br />
Dammastocks aufgestellt. Fein lässt es sich<br />
hier rasten, in der Sonne räkeln, bevor die<br />
Tour Richtung Göscheneralpsee schließlich<br />
ihren Ausklang findet. Drei Tage im Urner<br />
Granit sind wahrlich kaum zu toppen. ◀<br />
Die Göschener Hüttenrunde<br />
Behagliches Nest für <strong>Bergsteiger</strong>: die Chelenalphütte<br />
Charakter: Anspruchsvolles<br />
Hüttentrekking, größtenteils<br />
auf markierten Alpinrouten in<br />
blockreichem Granitterrain.<br />
Streckenweise ohne echte<br />
Wegtrasse, mitunter ausgesetzt<br />
und vereinzelt auch gesicherte<br />
Kletterpassagen. Insgesamt<br />
nur für bergerfahrene Wanderer<br />
mit ausgeprägter Trittsicherheit<br />
Schwierigkeit: Nach der<br />
SAC-Wanderskala wiederholt<br />
bis T4, weithin T3<br />
Dauer: Bei gut ausgefüllten<br />
Etappen genügen 3 Tage, bei<br />
Übernachtung auf jeder Hütte<br />
bis zu 6 Tage ausdehnbar,<br />
konditionell also variabel<br />
Besondere Ausrüstung:<br />
Für den Übergang Salbit-Voralp<br />
wird offi ziell Klettersteigausrüstung<br />
empfohlen (kann auf der<br />
Hütte gemietet werden).<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz<br />
P1 »Torbrücke« (1195 m) bei<br />
Ulmi im vorderen Göschenertal<br />
Endpunkt: Hotel Dammagletscher<br />
(1783 m), am<br />
Ende der Straße zum<br />
Göschener-alpsee<br />
Öfftl. Verkehrsmittel: Postauto<br />
vom Bahnhof Göschenen<br />
bis zur Göscheneralp<br />
Hütten: Salbithütte (2105<br />
m), Mitte Juni bis Mitte<br />
Oktober, Tel. 00 41/41/8 85<br />
14 31; Voralphütte (2126 m),<br />
Mitte Juni bis Ende September,<br />
Tel. 00 41/41/8 87 04<br />
20; Bergseehütte (2370 m),<br />
Anfang Juni bis Ende Oktober,<br />
Tel. 00 41/41/8 85 14 35;<br />
Chelenalphütte (2350 m),<br />
Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />
Tel. 00 41/41/8 85 19 30;<br />
Dammahütte (2439 m),<br />
Anfang Juli bis Ende September,<br />
Tel. 00 41/41/<br />
8 85 17 81<br />
Karte: Swisstopo, 1:50 000,<br />
Blatt 255 T »Sustenpass«<br />
Literatur: Mark Zahel »Hüttentreks<br />
Schweiz«, Bruckmann<br />
Verlag, 2011<br />
Etappenverläufe:<br />
1. Tag: Torbrücke – Regliberg<br />
– Salbithütte – Salbitbrücke –<br />
Salbitschijenbiwak – Horefelliboden<br />
– Voralphütte; 1600<br />
Hm Aufstieg, 670 Hm<br />
Abstieg, 7 Std.<br />
2. Tag:<br />
Voralphütte –<br />
Horefellistock – Bergseelücke<br />
– Bergseehütte – Vorder Mur –<br />
Hinter Mur – Chelenalphütte;<br />
1020 Hm Aufstieg,<br />
Tourenkarte 1<br />
Heftmitte<br />
800 Hm Abstieg,<br />
6½ Std.<br />
3. Tag:<br />
Chelenalphütte – Hinter<br />
Röti – Moosstock-Traverse –<br />
Tourenkarte 2<br />
Heftmitte<br />
Dammahütte – Göscheneralp/<br />
Hotel Dammagletscher, 750<br />
Hm Aufstieg, 1320<br />
Hm Abstieg,<br />
5½ Std.<br />
Tipp: Wenn man<br />
eine längere An- und Abreise<br />
einkalkulieren muss, plant<br />
man am besten 4 Tage und<br />
übernachtet in der Salbit-,<br />
Bergsee- und Dammahütte.<br />
Tourenkarte 3<br />
Heftmitte<br />
■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />
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TOUREN<br />
DER WEG ZUM BERG<br />
Teil 1: Allgäuer und Ammergauer Alpen<br />
Alles auf<br />
Den Anstieg zur Siedelalpe<br />
schaffen auch schon<br />
kleine Bergwanderer.<br />
42 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Familien-TIPP<br />
Egal ob bei einem Berg-Neuling, nach einer<br />
Verletzungspause, zu Beginn der Wandersaison<br />
oder um den Nachwuchs zum Bergsteigen<br />
zu bringen – der rechte Weg zum<br />
Gipfelglück setzt sich aus einem Touren-Trio<br />
zusammen, das ideal aufeinander aufbaut.<br />
Von Michael Pröttel (Text und Fotos)<br />
Anfang<br />
»Da will ich rauf!« Wer einmal Blut,<br />
sprich Gipfel-Endorphine geleckt hat,<br />
kommt von dem Wunsch einfach<br />
nicht mehr los. Von ganz oben auf<br />
türkisblaue Voralpenseen zu blicken<br />
oder wie über einer flauschigen Nebeldecke<br />
zu schweben, ist einfach ein grandioses,<br />
wenn nicht sogar erhabenes Erlebnis, das<br />
man nicht oft genug wiederholen kann.<br />
Da Bergwandern alles andere als altmodisch,<br />
sondern voll angesagt ist, fand auf<br />
Gipfeln und Graten ein echter Bildwechsel<br />
statt: Anstelle des (mangels Vorkommen aus<br />
der roten Liste bereits gestrichenen) »Kniebundhosen-<strong>Bergsteiger</strong>s«<br />
tritt immer öfter<br />
der »überforderte Neu-<strong>Bergsteiger</strong>« in Erscheinung,<br />
der sein Ziel – wenn überhaupt<br />
– nur mit allerletzter Kraft erreicht. Dabei<br />
sind Blut, Schweiß und Tränen selbst für<br />
Neulinge keine unvermeidlichen Begleiterscheinungen<br />
der mit Sicherheit schönsten<br />
Nebensache der Welt. Man muss sich für seinen<br />
individuellen »Weg zum Berg« einfach<br />
nur Touren aussuchen, die von den konditionellen<br />
und technischen Anforderungen<br />
her ideal abgestimmt sind und aufeinander<br />
aufbauen.<br />
Auch erfahrene alte »Hasen« bedienen sich<br />
dieser »Step by step«-Strategie. Beispielsweise<br />
nach einer verletzungsbedingten längeren<br />
Pause oder jetzt im Frühjahr, wenn man<br />
die Höhenmeter-Skala genau in demselben<br />
Maß nach oben anhebt, wie der Schnee vom<br />
Berg verschwindet.<br />
In einer zweiteiligen Mini-Serie präsentieren<br />
wir Ihnen die besten Vorbereitungstouren<br />
am deutschen Alpenrand und stellen im ersten<br />
Teil jeweils drei Trainingstouren in den<br />
Allgäuer und Ammergauer Alpen vor.
Begegnung am Berg: Wer hat mehr Respekt?<br />
Der Große Alpsee bei Immenstadt<br />
liegt verträumt in der<br />
sommerlichen Landschaft.<br />
Gemütlicher Weg direkt am Alpsee<br />
ALLGÄUER ALPEN<br />
1| Siedelalpe<br />
»Grandioser Berg- und Seeblick bei geschenkten<br />
300 Höhenmetern.« So oder ähnlich<br />
würde ein Immobilienmakler den perfekten<br />
Einstieg in die Allgäuer Bergwelt in<br />
seinem Portfolio beschreiben. Tatsächlich<br />
gibt es kaum ein besseres Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis, wenn es darum geht, das Panorama<br />
in Bezug zum erforderlichen Vertikal-<br />
Einsatz zu setzen.<br />
Dieser erfolgt, wie bei Bergtouren nicht<br />
ganz unüblich, gleich zu Beginn und verdeutlicht<br />
Einsteigern wie Geübten, dass<br />
auch bei kleinen Touren der Fleiß vor dem<br />
Preis steht.<br />
Nach gut einstündigem Aufstieg dürfen allenfalls<br />
Laktose-Allergiker einen Bogen um<br />
die köstliche Buttermilch an der Siedelalpe<br />
schlagen. Dass das köstliche Molkereiprodukt<br />
aus eigener Herstellung stammt, ist<br />
auf einer Allgäuer Almwirtschaft, die etwas<br />
auf sich hält, eine Selbstverständlichkeit.<br />
Dass man beim genüsslichen Schlürfen<br />
auch noch ein Panorama serviert bekommt,<br />
das von den glitzernden Wellen des Großen<br />
Alpsees über die tief grünen Hänge des Immenstädter<br />
Horns bis zum alles überragenden<br />
Grünten reicht, ist freilich ein Bergtouren-Einstieg<br />
der Sonderklasse.<br />
ALLGÄUER ALPEN<br />
2| Spieser<br />
Bei der Spieser-Runde<br />
verläuft der Weg meist in<br />
der Sonne.<br />
Da verwundert es nicht, dass Anfänger wie<br />
alte Hasen als nächstes am liebsten den<br />
»Wächter des Allgäus« erobern würden. Um<br />
nicht abgeschüttelt zu werden, sollten sich<br />
alle Grünten-Aspiranten zuvor an einem<br />
Berg akklimatisieren, der – vom gleichen<br />
Blickpunkt aus betrachtet – genau vom<br />
Grünten verdeckt wird.<br />
Dank des hoch gelegenen Ausgangspunkts<br />
Oberjoch ist die Rundtour auf den Spieser<br />
mit 650 Höhenmetern die ideale Auf baukost<br />
in Richtung 1000-Höhenmeter-Marke.<br />
Landschaftlich markiert die aussichtsreiche<br />
Bergtour mit ihren tollen Blicken auf den<br />
Allgäuer Hauptkamm ebenfalls eine Steigerung.<br />
Und auf dem Spieser-Westabstieg<br />
sind zusätzlich (und für den Einsteiger zum<br />
ersten Mal) Trittsicherheit und auch etwas<br />
Schwindelfreiheit gefragt, – was eine ideale<br />
Vorbereitung für das heiß ersehnte Meisterstück<br />
darstellt.<br />
44 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Am Burgberger Hörnle,<br />
einem Abstecher vom<br />
Grünten, muss man schon<br />
mal zupacken.<br />
Die enge Starzlachklamm<br />
gewährt<br />
beeindruckende<br />
Tiefblicke auf rauschendes<br />
Wasser.<br />
ALLGÄUER ALPEN<br />
3| Grünten<br />
Dank eines kleinen Gegenanstiegs liegt<br />
ein satter Höhen-Kilometer zwischen dem<br />
Start in Winkel und dem 1738 Meter hohen<br />
Gipfel. Dieser Wert stellt aber nur das<br />
rechnerische Schmankerl der Grünten-<br />
Besteigung dar. Viel spannender als unantastbare<br />
Zahlen ist nämlich der griffige<br />
Fels.<br />
Den kann man ertasten, greifen oder gar<br />
streicheln, wenn man auf dem Anstiegsweg<br />
den kleinen Umweg über das Burgberger<br />
Hörnle in Kauf nimmt. Zusätzlich<br />
zum Handanlegen gibt es zur Belohnung<br />
schaurig-schöne Tief blicke ins Illertal und<br />
an ausgesetzten Passagen ein bombenfestes<br />
Drahtseil. Dieses führt schnurstracks in<br />
Richtung Grüntenhaus, wo man sich vor<br />
der finalen Gipfelbesteigung stärken kann.<br />
Wer den Gipfel problemlos geschafft hat,<br />
ist für den kommenden Bergsommer konditionell<br />
bestens gewappnet, was sich in<br />
Bezug auf die Oberschenkelkraft erst noch<br />
herausstellen muss. Schließlich liegt der<br />
steile Südabstieg noch vor einem. Doch<br />
keine Angst: Brennende Beinmuskeln oder<br />
Fußsohlen kann man zuletzt in den eiskalten<br />
Fluten der beeindruckenden Starzlachklamm<br />
kühlen.<br />
AMMERGAUER ALPEN<br />
1| Auerberg<br />
Der »Römerweg« auf<br />
den Auerberg führt<br />
gemächlich immer am<br />
Waldrand entlang.<br />
Ein dem Alpenrand vorgelagerter Bergrücken<br />
stellt auch im Ostallgäu die ideale<br />
»Lust-machen-auf-mehr«-Tour dar. Von<br />
der tollen Aussicht auf die Ammergauer<br />
und Allgäuer Alpen waren schon die alten<br />
Römer dermaßen begeistert, dass sie am<br />
Gipfel des 1055 Meter hohen Berges bereits<br />
kurz nach Christi Geburt eine Siedlung anlegten,<br />
die heute als die älteste römische<br />
Gründung Bayerns gilt.<br />
Dass man den Auerberg über den »Römerweg«<br />
besteigt, ist übrigens nicht nur historisch,<br />
sondern auch landschaftlich ein<br />
absolutes Muss. Der fast immer entlang<br />
eines Waldrands verlaufende Weg steigt so<br />
gemächlich den sanften Bergrücken hinauf,<br />
dass selbst Anfänger die 300 zurückgelegten<br />
Höhenmeter kaum bemerken. Oben<br />
angekommen setzt man sich am besten<br />
nicht gleich in den Auerberg-Gasthof, sondern<br />
noch ein paar Höhenmeter drauf: Wer<br />
zusätzlich die burgartige Wendeltreppe von<br />
St. Georg bezwingt, wird von deren Aussichtsplattform<br />
mit einer Aussicht belohnt,<br />
die vom Wendelstein bis zum Bregenzer<br />
Wald reicht.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 45
AMMERGAUER ALPEN<br />
2| Ettaler Manndl<br />
Üblicherweise wird die<br />
Laber-Bergbahn zu Hilfe<br />
genommen, um das Ettaler<br />
Manndl zu besteigen.<br />
Eine ganz breite Gipfel-Tapete kann das<br />
Ettaler Manndl zwar nicht bieten, dafür<br />
aber großartige Aussichten auf das Loisachtal<br />
und das direkt dahinter aufragende<br />
Estergebirge. Vor allem aber: Der freche<br />
Kalkzacken ist genau das richtige Ziel für all<br />
diejenigen, die schon lange einmal einen<br />
»Beinahe-Klettersteig« antesten wollten.<br />
Dicke Kettenglieder vermitteln Sicherheit.<br />
Was dazu führt, dass die meisten Klettersteigneulinge<br />
zu wenig auf ihre Füße achten.<br />
Das genau sollte man aber tunlichst nicht<br />
vergessen. Denn die Tritte sind zwar nicht<br />
brüchig, dafür aber ordentlich abgespeckt<br />
bzw. auf »flachland-deutsch« schlüpfrig.<br />
Um unfallträchtig zitternde Gipfel-Waden<br />
zu vermeiden, wird bei diesem »Weg-zum-<br />
Berg«-Vorschlag eine historisch einzigartige<br />
Seilbahn zu Hilfe genommen: Die<br />
Laber-Bergbahn ist die letzte noch verkehrende<br />
Großkabinen-Zweiseil-Umlauf bahn<br />
weltweit.<br />
Die Besteigung der<br />
Notkarspitze stellt schon<br />
eine ausgewachsene<br />
Bergtour dar.<br />
Kleine Kinder<br />
werden in der<br />
Kraxe getragen<br />
und dürfen<br />
oben am Berg<br />
spielen.<br />
AMMERGAUER ALPEN<br />
3| Notkarspitze<br />
Vergleichbar dem Grünten in den Allgäuer<br />
Alpen stellt die hoch über Ettal aufragende<br />
Notkarspitze das ideale Testpiece für die<br />
Frage dar, ob man nun wirklich fit für die<br />
Ammergauer Alpen ist. 1050 Höhenmeter<br />
sind schließlich kein Pappenstiel und<br />
auch der steile Abstieg ins schattige Notkar<br />
ist alles andere als Turnschuh-tauglich.<br />
Lohn der Mühen ist neben einer extrem abwechslungsreichen<br />
Rundwanderung mit<br />
der Ettaler Mühle fast am Endpunkt der<br />
Tour eine der besten Einkehrmöglichkeiten<br />
weit und breit.<br />
Das nämlich ist die nächst höhere Kunst des<br />
ideal geplanten Bergsommers: Eine ausgetüftelte<br />
Touren-Abfolge, die nicht nur höhenmetermäßig,<br />
sondern auch kulinarisch<br />
immer in die nächst höhere Etage führt… ◀<br />
46 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
TOUREN<br />
Der Weg zum Berg<br />
Jeweils drei aufeinander aufbauende Gipfeltouren in den Allgäuer und Ammergauer<br />
Alpen führen am Anfang der Bergsaison zur gewünschten Kondition.<br />
Willkommene Trinkpause am sonnig-heißen Weg zum Spieser<br />
ALLGÄUER ALPEN<br />
1 Alpseeblick (1040 m)<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
350 Hm + 5 J.<br />
Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche<br />
und sehr aussichtsreiche<br />
Rundtour mit netten Einkehrmöglichkeiten.<br />
Nur ganz am Anfang ist ein<br />
steilerer Anstieg zu meistern.<br />
Ausgangspunkt: Nordostufer des<br />
Alpsees (725 m)<br />
Route: Alpsee – Zaumberg –<br />
Siedelalpe – Alpseeblick<br />
– Alpsee<br />
Tourenkarte 4<br />
Heftmitte<br />
2 Spieser (1651 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
650 Hm + 6 J.<br />
Charakter: Sehr abwechslungsreiche<br />
Rundtour, die traumhafte Blicke<br />
auf die Allgäuer Alpen bietet. Meist<br />
freies, südseitiges Gelände; im<br />
Sommer daher auf guten<br />
Sonnenschutz achten.<br />
Ausgangspunkt:<br />
Oberjoch (1180 m)<br />
Route: Oberjoch – Ornach –<br />
Spieser – Hirschberg<br />
– Oberjoch<br />
Tourenkarte 5<br />
Heftmitte<br />
3 Grünten (1738 m)<br />
▶ mittel 5½ Std.<br />
1000 Hm + 8 J.<br />
Charakter: Tolle Rundtour auf den<br />
besten Allgäuer Aussichtsgipfel. Der<br />
Anstieg zum Burgberger Hörnle ist<br />
teilweise steil und man muss ein<br />
paar Mal die Hände zu Hilfe nehmen.<br />
Ausgangspunkt: Winkel (770 m)<br />
Route: Winkel – Burgberger Hörnle<br />
– Grünten – Starzlachklamm<br />
– Winkel<br />
AMMERGAUER ALPEN<br />
1 Auerberg (1055 m)<br />
Tourenkarte 6<br />
Heftmitte<br />
▶ leicht 3 Std.<br />
320 Hm + 4 J.<br />
Charakter: Unschwere und dabei<br />
sehr aussichtsreiche Wanderung in<br />
einfach großartiger Landschaft<br />
Ausgangspunkt: Stötten (733 m)<br />
Route: Stötten – Auerberg – Stötten<br />
2 Ettaler Manndl (1633 m)<br />
▶ mittel 4 Std.<br />
900 Hm ▼ + 8 J.<br />
Charakter: Abwechslungsreiche<br />
Rundtour. Für die Gipfel-Besteigung<br />
ist Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />
erforderlich. Im Zweifel sollte<br />
man sich ein Klettersteigset mitnehmen;<br />
für Kinder Klettersteiggurt sehr<br />
empfehlenswert<br />
Ausgangspunkt: Talstation in Oberammergau<br />
(960 m)<br />
Route: Bergstation Laber – Ettaler<br />
Manndl – Soile-Alm – Talstation<br />
3 Notkarspitze (1889 m)<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
1050 Hm + 8 J.<br />
Charakter: Ausgedehnte Rundwanderung,<br />
die eine gute Kondition<br />
und stellenweise auch Trittsicherheit<br />
erfordert<br />
Ausgangspunkt: Ettaler Sattel<br />
(900 m)<br />
Route: Ettaler Sattel – Ziegelspitz –<br />
Notkarspitze – Ettaler Mühle – Ettaler<br />
Sattel<br />
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INTERVIEW<br />
Das große<br />
Heiner Geißler<br />
-Interview<br />
»Nicht gleich den<br />
Arzt fragen!«<br />
Heiner Geißler war einst einer der mächtigsten Männer in der CDU.<br />
Als Generalsekretär (1977–1989) polarisierte und polemisierte er.<br />
Geißler kämpfte für mehr soziale Gerechtigkeit und avancierte<br />
zum Globalisierungskritiker. In den Bergen sah er eine Option<br />
zum Ausstieg aus der Politik. Ein Gespräch über <strong>Risiko</strong>, Fitness im<br />
Alter und Bergsteigen als Schule fürs Leben.<br />
Von Michael Ruhland<br />
Foto: Meike Birck<br />
BERGSTEIGER: Fliegen Sie noch mit dem<br />
Gleitschirm?<br />
Heiner Geißler: Ich fliege seit genau 20 Jahren<br />
nicht mehr.<br />
Seit Ihrer Bruchlandung?<br />
Ja, aber ich bin nicht abgestürzt. Das muss<br />
ich ausdrücklich sagen.<br />
Sie sind im Baum gelandet.<br />
Richtig. (lacht) Und dann bin ich mit einem<br />
Teil der Baumkrone abgestürzt. Nach dem<br />
Unfall – ich war ja noch Abgeordneter im<br />
Bundestag bis 2002 – habe ich fast 5000<br />
Briefe bekommen. Von Rudolf Augstein angefangen<br />
bis zu vielen Bürgern aus meinem<br />
Wahlkreis. Der Tenor: Wir haben dich nicht<br />
gewählt, damit du mit deinem Leben spielst.<br />
In den Bergen sind Sie aber trotzdem unterwegs.<br />
Ich habe mich ja wieder gut erholt. Obwohl<br />
es nach der Operation noch eine unglückliche<br />
Episode gab. Ich hatte in meiner Wohnung<br />
in Bonn eine Reckstange eingezogen<br />
und begann zu trainieren. Bei einem Klimmzug<br />
nachts um halb zwölf, als ich von einer<br />
Fraktionssitzung zurückgekommen war,<br />
brach die Stange aus. Ich fiel rückwärts auf<br />
einen Eisenschemel, so dass es mir neben<br />
dem Operationsbereich drei Rippen sauber<br />
durchschlug. Und die Schraube, die alles zusammengehalten<br />
hatte, brach ab. Ich musste<br />
nochmals operiert werden.<br />
Seither läuft alles glatt?<br />
Zwischendurch war mal ’ne Schraube locker<br />
(lacht), und ich mache regelmäßig Reha. Mir<br />
fehlt an sich nichts. Weil ich Bücher schreibe<br />
und Vorträge halte, habe ich meinen Körper<br />
in der letzten Zeit etwas vernachlässigt. Ich<br />
will aber sportlich auf der Höhe bleiben.<br />
Sie sagen: Bergsteigen ist eines der letzten<br />
großen Abenteuer. Was macht das Abenteuer<br />
für Sie aus?<br />
Man weiß nie hundertprozentig, wie es ausgeht,<br />
wenn man eine große, schwere Tour<br />
macht. Es ist immer ein gewisses <strong>Risiko</strong> dabei.<br />
Dieses Abenteuer vollzieht sich in einer<br />
wunderschönen Umgebung.<br />
Wie gehen Sie mit dem <strong>Risiko</strong> um?<br />
Man muss es einigermaßen berechnen können.<br />
Mein Prinzip war immer: Ich gehe nie an<br />
meine Grenze, behalte immer eine Reserve.<br />
48 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Sie sind ein Sicherheitsdenker?<br />
Ich wollte und will mich nie retten lassen.<br />
Ich will aus einer schwierigen Situation immer<br />
selbst heraus kommen.<br />
Sie haben in Ihrem langen <strong>Bergsteiger</strong>leben<br />
nie die Bergwacht benötigt?<br />
Nicht aus eigenem Antrieb. Einmal drängte<br />
sich am Saleinagletscher die Heli-Rettung<br />
von Sion im Wallis auf. Das war Mitte der<br />
achtziger Jahre, als ich Minister war.<br />
Sie wollten gar nicht gerettet werden?<br />
Die Bergwacht hatte ein Abkommen mit<br />
der dortigen Gendarmerie – es ging um<br />
eine Zwangsrettung. Vor uns kam eine andere<br />
Seilschaft vom Saleinapass herunter,<br />
zwölf Leute. Sie hatten den Heli bestellt,<br />
wollten sich retten lassen, obwohl sie gar<br />
nicht in Bergnot waren. Offenbar hatten<br />
sie nicht das Können, an der schwierigen<br />
Gletscherpassage mit den Ski abzusteigen.<br />
Der Heli kam leider wieder, und zwar mit<br />
Polizisten an Bord. Sie forderten uns auf<br />
mitzukommen; sie behaupteten, es sei verboten,<br />
dort abzusteigen, weil zu riskant.<br />
Wir wollten nicht, erzählten denen von den<br />
schwierigen Touren, die wir schon gemacht<br />
hatten. Es war eine endlose Debatte, die hin<br />
und her wogte.<br />
Am Ende zogen Sie den Kürzeren?<br />
Wir weigerten uns letztlich nicht mehr mitzufliegen.<br />
Ich sagte aber zur Besatzung: Sie<br />
kriegen von uns keinen einzigen Franken.<br />
Im Tal wollten sie Geld. Ich sagte zu dem<br />
Gendarm: Wir fahren morgen nach Sion,<br />
dann werden wir die Sache aufrollen. Dann<br />
war Ruhe. Die versuchen öfters, ein Geschäft<br />
aus den Rettungen zu machen.<br />
Immerhin ein kleines Abenteuer. Gibt es<br />
wirkliche Abenteuer in den Alpen im Zeitalter<br />
der Handynetze überhaupt noch?<br />
Meine drei Söhne und ich beschlossen anfangs,<br />
auf Bergtouren keine Handys mitzunehmen.<br />
Und der Vorsatz klappte?<br />
Nein, das funktioniert nicht wirklich, wir<br />
hielten uns nicht dran. Problematisch ist<br />
aber, dass immer mehr Leute auf das Handy<br />
im Notfall vertrauen. Das halte ich für<br />
ziemlich gefährlich.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 49
David Lama in der<br />
Route »Safety Discussion«<br />
(11 SL, 8b) in den<br />
Lienzer Dolomiten.<br />
Bergbegeistert: Heiner Geißler mit seinen Söhnen Nikolai und Domink in den Tannheimern<br />
Es geht inzwischen aber darum, dass bestimmte<br />
Firmen Geld machen. Die Kommunen<br />
sahnen mit ab. Viel an Lebensqualität<br />
zu verbessern, gibt es meiner Ansicht nach<br />
nicht, wenn zum Beispiel in Samnaun noch<br />
eine vierte, fünfte oder sechste Seilbahn<br />
gebaut wird. Und die künstliche Beschneiung<br />
muss begrenzt werden. Man müsste<br />
länderübergreifend zu einer Konvention<br />
kommen, die besagt: Jetzt ist Schluss mit<br />
weiterer Erschließung.<br />
»Ich habe einen Pakt<br />
mit mir geschlossen.<br />
Eine Agenda 102. So<br />
ist das Ende relativ<br />
weit weg. «<br />
Die Alpenkonvention, die seit 1991 unterzeichnet<br />
ist, ist ein Papiertiger geblieben.<br />
Was denken Sie?<br />
Man darf die Alpen nicht weiter erschließen.<br />
Sie dürfen niemals so aussehen wie heute<br />
die Zugspitze! Es gibt keinen Grund, sie zu<br />
verdrahten, mit noch mehr Liften zu versehen.<br />
Eine der größten Gefahren ist die Kommerzialisierung,<br />
die von den Gemeinden<br />
ausgeht. Deren Motivation ist heute nicht<br />
mehr legitim.<br />
Was bedeuten Berge für Sie?<br />
Als junger Mensch von 17, 18 Jahren träumte<br />
ich ständig von den Bergen, nachdem ich<br />
ein paar Mal im Gebirge gewesen war. Diese<br />
Träume waren überwältigend, sie nahmen<br />
mich zutiefst gefangen. Das Faszinierende<br />
der Berge ist für mich bis auf den heutigen<br />
Tag die Kombination aus körperlicher, geistiger<br />
und seelischer Herausforderung und der<br />
Schönheit der Natur nicht nur in Form von<br />
Felsen, Blumen, Bäumen, sondern in Verbindung<br />
der darüber liegenden Umwelt, dem<br />
»Wenn Sie als <strong>Bergsteiger</strong> einen Ruhepuls von 50 haben, dann haut Sie nichts mehr um.« Heiner Geißler im Interview in Bad Wiessee<br />
Weil Menschen sich überschätzen?<br />
Es gibt im Gebirge subjektive und objektive<br />
Risiken: Die subjektiven kann man auf Null<br />
bringen. Dazu gehören psychische Belastbarkeit,<br />
körperliche Kondition – all das kann<br />
man trainieren. Zu den objektiven Risiken<br />
zählen Steinschlag, Lawine, Wetter. Man<br />
kann sie nicht ausschalten, aber minimieren.<br />
Das Handy verleitet dazu, diese objektiven<br />
Gefahren nicht mehr richtig einzuschätzen.<br />
Eine Gefahr für den gesamten Alpenraum<br />
ist die Zersiedelung und Übererschließung.<br />
Warum nicht?<br />
Früher, als die Orte arm waren und die<br />
Bergbauern ein hartes Dasein fristeten und<br />
sogar auswandern mussten, war die Forderung<br />
und der Wunsch nach einem besseren<br />
Leben nachvollziehbar. Die Orte verkauften<br />
ihr Potenzial – die Natur und die Landschaft<br />
– und das war auch okay. Über den<br />
Tourismus konnten die Menschen in den Alpen<br />
ein menschenwürdiges Leben führen.<br />
Die Kommunen führen das Argument heute<br />
immer noch ins Feld.<br />
Mond, der Sonne, den Sternen. Man kann aus<br />
der Natur heraus erfahren, wie viel Uhr es ist,<br />
wo es hingeht, wie man den Weg findet.<br />
Sind die Berge für Sie auch Rückzugsraum,<br />
um dem Alltag zu entfliehen?<br />
Während meiner Zeit als Politiker waren die<br />
Berge für mich als Alternative da. Ich hatte<br />
die schöne Gewissheit, falls es mir in der Politik<br />
nicht mehr passen sollte, mir eine Welt<br />
weiter erschließen zu können, in der ich<br />
glücklich bin. Das wären die Berge gewesen.<br />
Das hat mich unabhängig gemacht.<br />
50 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Fotos: Meike Birck (3), privat<br />
Wenn es Ihnen zu viel wurde, haben Sie sich<br />
aber schon mal die Freiheit rausgenommen,<br />
in den Bergen nicht erreichbar zu sein.<br />
Als Franz Josef Strauß aufgrund eines Beschlusses<br />
der Bundestagsfraktion Kanzlerkandidat<br />
geworden war, gab ich eine Presseerklärung<br />
ab. Meine Botschaft: Er solle sich<br />
gefälligst anstrengen, damit er auch die CDU-<br />
Leute in Norddeutschland und Süddeutschland,<br />
die ihn möglicherweise gar nicht wollen,<br />
überzeugen kann. Daraufhin brach der<br />
Sturm bei der CSU los: Die Bayern verlangten,<br />
dass ich abgesetzt werde in völliger Unkenntnis<br />
des Status der CDU, wonach der Generalsekretär<br />
nicht abgesetzt werden kann, weil<br />
er gewählt ist. Das war an Pfingsten 1979. Ich<br />
sagte zu meinen Söhnen: So, jetzt ist Schluss,<br />
die können reden, was sie wollen, wir hauen<br />
ab. Wir fuhren nach Saas Almagell und bestiegen<br />
der Reihe nach die Walliser 4000er.<br />
Sie sind über all die Jahre immer wieder mit<br />
Ihren Söhnen in die Berge gegangen. Als<br />
vertrauensbildende Maßnahme?<br />
Es war nicht sehr schwer, meine Söhne<br />
für die Berge zu begeistern. Der Vorteil ist,<br />
wenn man ins felsige Gelände geht, dass<br />
das Wandern auch für die Kinder plötzlich<br />
sehr interessant wird. Das Klettern bewältigten<br />
sie spielerisch, es gefiel ihnen wahnsinnig<br />
gut. Wir fingen mit dem Klettern in<br />
den Tannheimern an – Rote Flüh, Gimpel<br />
Köllenspitze, Gehrenspitze. Meine Kinder<br />
schmiedeten die tollsten Pläne. Im Unterricht<br />
lasen sie heimlich Bergführer. Wir<br />
hatten auch gefährliche Erlebnisse und retteten<br />
uns gegenseitig das Leben.<br />
Das schweißt zusammen. Bis heute?<br />
Ja. Wir gingen wenig mit anderen Leuten<br />
in die Berge. Wir verstanden uns blind,<br />
brauchten keine langen Zurufe, das ist gerade<br />
beim Klettern ein Riesenvorteil. Zu<br />
meinem achtzigsten Geburtstag wünschte<br />
ich mir von meinen drei Söhnen, dass wir<br />
eine der ersten Klettertouren wiederholen,<br />
und zwar den Westgrat der Köllenspitze.<br />
Das Wetter war übel, es schneite. Aber wir<br />
sind trotzdem hoch.<br />
Wenn Sie alleine in die Berge gehen, grübeln<br />
Sie dann viel?<br />
Beim Joggen im Gebirge kamen mir immer<br />
sehr gute Ideen. Wenn ich jetzt alleine in die<br />
Klettern im festen Kalk: Heiner Geißler 1982 an den Engelhörnern, Berner Oberland<br />
Berge gehe, ist es vor allem ein Test, ob ich<br />
noch gut bin (lacht), was ich noch schaffe. Das<br />
ist im Moment das Hauptmotiv geworden.<br />
Ich brauche eigentlich kaum medizinische<br />
Unterstützung. Am besten geht es mir aber<br />
über 2000 Meter Meereshöhe. Wenn ich<br />
mich mal zwei, drei Wochen in Höhenregionen<br />
aufhalten kann, dann bin ich gesundheitlich<br />
stabilisiert. Das fehlt mir im Flachland,<br />
obwohl der Pfälzer Wald, in dem ich<br />
wohne, auch ein schönes Mittelgebirge ist.<br />
ZUR PERSON<br />
Richter, Politiker, Schlichter<br />
Ist das Bergsteigen eine gute Schule für ein<br />
erfolgreiches Leben?<br />
Unbedingt! Man kommt auf jeden Fall mit<br />
dem Leben besser zurecht, weil man beim<br />
Bergsteigen lernt, mit ungewöhnlichen Situationen<br />
und Gefahren fertig zu werden.<br />
Viele Leute verlieren total die Nerven und<br />
drehen schier durch, wenn sie auf einer<br />
Höhenstraße bei Schneesturm eine Reifenpanne<br />
haben. Hocken im Auto und warten,<br />
ob irgendjemand kommt. Was kommt, ist<br />
die Panik. Ein <strong>Bergsteiger</strong>, der einmal einen<br />
Schneesturm im Biwak erlebt hat, wird natürlich<br />
mit der Sache fertig. Wenn Sie einen<br />
Ruhepuls von 48 oder 50 haben, dann haut<br />
Sie nichts mehr um.<br />
Wäre die Politik eine bessere, wenn mehr<br />
Politiker <strong>Bergsteiger</strong> wären?<br />
Das zu behaupten, wäre übertrieben. Es gibt<br />
auch bei <strong>Bergsteiger</strong>n üble Burschen und<br />
nicht nur Charakterhelden. Es muss Substanz<br />
da sein: Wenn einer Charakter hat,<br />
sozial eingestellt ist, auch wenn einer Führungsqualitäten<br />
hat, dann kann er durch das<br />
Bergsteigen eine große Steigerung erfahren.<br />
Aber Bergsteigen ist nicht der einzige schöne<br />
Natursport. Kanu ist beispielsweise eine<br />
tolle Sportart, auch das <strong>Mount</strong>ainbiken, das<br />
Segeln, Gleitschirmfliegen.<br />
Dr. Heiner Geißler, geboren am 3. März 1930,<br />
wollte eigentlich Missionar werden, studierte<br />
aber zunächst Philosophie an der Hochschule<br />
der Jesuiten in München (Examen 1953) und<br />
danach Jura an der Uni Tübingen. 1960 promovierte<br />
er über »Das Recht der Kriegsdienstverweigerung<br />
aus Gewissensgründen nach Art. 4 III<br />
GG». Schon während des Studiums engagierte<br />
sich Geißler politisch beim Ring Christlich-Demokratischer<br />
Studenten. Für kurze Zeit war der<br />
Jurist als Richter am Amtsgericht Stuttgart tätig,<br />
seine politischen Ambitionen brachten ihn aber<br />
schon bei der Wahl 1965 in den Bundestag.<br />
Als Sozialminister in Rheinland-Pfalz setzte er<br />
in den zehn Jahren seiner Amtszeit bundesweit<br />
anerkannte sozialpolitische Impulse, beispielsweise<br />
durch Gesetze zur<br />
Sportförderung sowie Gründung<br />
von Sozialstationen.<br />
Als CDU-Generalsekretär<br />
(1977–89) verhalf der Querdenker<br />
der Partei zu einem klareren Profi l in Sachen<br />
Sozialkompetenz. Als Bundesgesundheitsminister<br />
(1982–1985), reformierte er den Zivildienst,<br />
führte das Erziehungsgeld ein sowie die Anrechnung<br />
der Erziehungsjahre bei der Rentenversicherung.<br />
Seine Passion galt damals wie heute<br />
dem Bergsteigen (er fungiert als Schirmherr<br />
des Bergfi lmfestivals Tegernsee) – wenn er nicht<br />
gerade als Schlichter (Stuttgart 21), Buchautor<br />
oder Vortragsreisender tätig ist. Geißler ist seit<br />
1962 verheiratet und Vater von drei Söhnen.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 51
Fotos: privat<br />
Zum 80. noch<br />
mal eine Lieblingstour:<br />
am<br />
Westgrat der<br />
Köllenspitze,<br />
Tannheimer<br />
Alpen<br />
Wie gehen Sie mit der Aussicht um, dass<br />
es Sie in den nächsten Jahren irgendwann<br />
einmal so zwickt und zwackt, dass Sie nicht<br />
mehr in die Berge können?<br />
Dieser Perspektive begegne ich damit, dass<br />
ich alles mache, damit dieses Ereignis nicht<br />
eintritt. Ich habe mit mir selbst einen Pakt<br />
abgeschlossen, eine Agenda 102.<br />
Und was besagt Ihre Agenda?<br />
In meinem Garten steht ein Kirschbaum,<br />
der blüht jedes Jahr wunderbar. Mir kam<br />
der Gedanke, wie oft ich wohl diesen Kirschbaum<br />
noch würde blühen sehen. Viermal<br />
oder fünfmal? Da kann einen tiefe Traurigkeit<br />
überfallen. Ich habe deshalb einen<br />
Pakt mit mir selbst geschlossen. Mein Herz,<br />
meine Leber, meine Nieren und meine Lunge<br />
sind meine Freunde. Ich mache sie nicht<br />
kaputt, sondern behandle sie so, dass sie<br />
meine Freunde bleiben können. Wenn ich<br />
mit ihnen die Agenda 102 abschließe, ist<br />
das mögliche Ende relativ weit weg, und es<br />
muss mich nicht weiter beschäftigen.<br />
Hört sich nach Verdrängung an.<br />
Ich gebe zu, es ist eine etwas fantasievolle<br />
Konstruktion, aber sie hilft mir. Sie verschafft<br />
mir die Gewissheit, dass ich die Möglichkeit,<br />
weiter in die Berge zu geben, auch<br />
selbst in der Hand habe. Wenn man 82 ist,<br />
sagen viele, sie befänden sich auf der Zielgeraden.<br />
Das Ende sei absehbar und komme<br />
irgendwie, überfalle einen sozusagen.<br />
Diesem Ausgeliefertsein, dem können Sie<br />
begegnen. Mit dem Pakt. Ob es funktioniert,<br />
weiß ich natürlich auch nicht.<br />
Nehmen Sie Stöcke beim Bergwandern?<br />
Bergauf nehme ich Stöcke.<br />
Und runter nicht? Haben Sie keinerlei Knieprobleme?<br />
Nein, runter nicht. Ich habe keine Knieschmerzen.<br />
Und das, obwohl mir schon<br />
»Der Kapitalismus<br />
ist eine Form des Neofeudalismus.<br />
Im Grunde<br />
brauchen wir genau wie<br />
vor 250 Jahren eine<br />
Aufklärung und möglicherweise<br />
eine Revolution.<br />
«<br />
1979 links und rechts der Meniskus herausgeholt<br />
wurde. Der Oberarzt im Ulmer<br />
Krankenhaus sagte zu mir: »Jetzt sind Sie<br />
erledigt. Sie sind 50 Jahre alt, sie werden<br />
Arthrose bekommen und bald nicht mehr<br />
richtig gehen können.« Der Knieschneider<br />
dagegen, der damals auch für den 1. FC<br />
Köln tätig war, sagte: »Glauben Sie das ja<br />
nicht! Machen Sie weiter wie bisher! Auch<br />
wenn’s weh tut.« Denn erstens würden die<br />
Muskeln das Fehlen des Meniskus’ kompensieren,<br />
außerdem würde sich wieder<br />
Knorpelmasse bilden. Ich hielt mich eisern<br />
daran. Deshalb kann ich bis heute rennen.<br />
Und ich habe nirgendwo Arthrose.<br />
Sie waren von 1982 bis 1985 Bundesgesundheitsminister.<br />
Haben Sie damals eigene<br />
Erfahrungen mit Ärzten in Ihre Politik mit<br />
eingebracht?<br />
Sicher. Gerade als es um die Frage ging, ob<br />
alte Leute Sport machen dürfen. Es hieß zu<br />
der Zeit immer: Fragen Sie zuerst den Arzt.<br />
Das ist das Dümmste, was man machen<br />
kann! Die Ärzte werden natürlich sagen:<br />
Besser nicht – damit sie nicht verantwortlich<br />
sind, wenn etwas schiefgeht.<br />
Das Gegenteil ist aber richtig.<br />
Wenn einer noch nie Sport<br />
getrieben hat, kann er mit<br />
60 immer noch anfangen.<br />
Natürlich schön langsam.<br />
Es ist ein großer<br />
Irrtum unserer Ärzte,<br />
wenn sie sagen: Strengen<br />
Sie sich ja nicht<br />
an. Doch, man muss<br />
sich anstrengen!<br />
Nicht überanstrengen,<br />
klar. Aber<br />
es muss<br />
e i n e m<br />
schwerfallen.<br />
Weil der Mensch zur Bequemlichkeit neigt?<br />
Sport, auch das Bergsteigen, fordert auch<br />
geistige, charakterliche Kraft. Man muss<br />
sich überwinden. Ich bin immer gelaufen,<br />
auch wenn es Katzen hagelte, wie man im<br />
Schwäbischen sagt. Zum Entsetzen meines<br />
Büros. Sobald man anfängt, eine bestimmte<br />
Grenze zu setzen, wenn das Wetter so oder<br />
so ist, hat man schnell eine Ausrede parat.<br />
Was tun Sie als Bergbegeisterter für die<br />
Berge?<br />
Ich bin Ehrenvorsitzender des Kuratoriums<br />
Sport und Natur. Ich habe dieses Kuratorium<br />
vor 20 Jahren zusammen mit<br />
dem früheren Vorsitzenden des Deutschen<br />
Alpenvereins, Fritz März, begründet. Wir<br />
erreichten, dass im neuen Bundesnaturschutzgesetz<br />
– das ist schon ein paar Jahre<br />
her – der Natursport als Teil des Naturerlebnisses<br />
anerkannt worden ist. Das beinhaltet,<br />
dass die Natur nicht nur ökonomischen<br />
oder kulturellen Interessen zu dienen<br />
hat, sondern auch den sportlichen Interessen<br />
der Menschen. Uns gelang es, aus den<br />
früheren Konkurrenten Naturschützer und<br />
Natursportler Verbündete zu machen.<br />
Sie sind inzwischen Attac-Mitglied und fordern<br />
eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung.<br />
Die Kapitalinteressen haben der Natur und<br />
den Menschen zu dienen. Leider ist heute<br />
das Gegenteil der Fall: Die Kapitalinteressen<br />
beherrschen die Menschen und die Natur<br />
– global und regional. Das ist die perverse<br />
ökologische Situation, in der wir uns<br />
befinden. Die muss durch eine<br />
neue Weltwirtschaftsordnung<br />
geändert werden. Das heutige<br />
System läuft auf Vernichtung<br />
hinaus. Der Kapitalismus ist<br />
eine Form des Neofeudalismus.<br />
Im Grunde brauchen<br />
wir genau wie vor 250<br />
Jahren eine Aufklärung<br />
und möglicherweise<br />
eine Revolution. Und<br />
wenn sich die Situation<br />
nicht ändert,<br />
wird die Revolution<br />
auch<br />
kommen. ◀<br />
52 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
KOLUMNE<br />
Spendierhosen<br />
Sich auf Land und Leute einlassen, auf übertriebenen<br />
Luxus verzichten, regionale Projekte unterstützen –<br />
das ist gut für das Gewissen des Trekkingreisenden.<br />
Aber ist es das auch für die Einheimischen?<br />
Fünf oder sechs Jahre alt dürften sie<br />
sein, die drei kleinen Nepalesen. Sie<br />
stehen da, lachen mich an – und<br />
mir wird ganz mulmig.<br />
Es ist kurz vor sieben Uhr morgens an einem<br />
Tag Ende November in Tipling. Die Nächte<br />
sind jetzt schon recht kühl im Himalaya.<br />
Wenn man im Zelt schläft. Während tagsüber<br />
in der Sonne angenehme 20 Grad den<br />
Körper wärmen und die Seele streicheln,<br />
sackt das Thermometer nachts auf unter<br />
Null. Der Boden ist morgens gefroren, das<br />
Zelt von einer Schicht aus Raureif überzogen.<br />
Die Sonne wird das Dorf im Schatten eines<br />
Bergrückens erst gegen acht Uhr erreichen.<br />
Man würde also nur sehr ungern barfuß und<br />
mit nackten Beinen herumlaufen. So, wie<br />
die drei Kinder, die vor mir stehen und lächeln.<br />
Wir sagen nichts und betrachten uns.<br />
Die zwei Jungs tragen Stoffhosen und offene<br />
Plastikschuhe, das Mädchen T-Shirt, Pullover<br />
und einen Rock, der bis zur Wade reicht. Aus<br />
ihm ragen zwei nackte Beine heraus, die Füße<br />
stecken in Flipflops und leider sehe ich<br />
auch, dass die Kleine keine Unterwäsche<br />
trägt. Denn ihr Rock ist hinten zerrissen.<br />
Geste oder Affront?<br />
Hier stehe ich nun mit meinen Goretex-Stiefeln,<br />
Trekkinghose und Daunenjacke und<br />
komme mir verdammt eigenartig vor. Vor<br />
wenigen Minuten hatte ich mich noch selbst<br />
gelobt, dass ich mich nach der langen Etappe<br />
des Vortages so fit fühle, eine weitere kalte<br />
Nacht überstanden habe und das Abenteuer<br />
genießen kann, entlegene Bergdörfer Nepals<br />
kennenzulernen. Jetzt fühle ich mich peinlich<br />
berührt. Ein Gedanke, der seit Tagen im<br />
Kopf herumspukt, drängt sich in den Vordergrund:<br />
Was machen wir hier eigentlich?<br />
Am Vorabend haben wir aus der Gruppenkasse<br />
Geld gespendet für die Schule; der<br />
Bauer, auf dessen Feld wir unsere Zelte aufgeschlagen<br />
haben, hat ebenfalls ein paar Rupien<br />
bekommen. Aber tun wir den Menschen<br />
hier einen Gefallen damit, dass wir ein paar<br />
Kröten dalassen, während wir, ausgerüstet<br />
wie Außerirdische, unsere Geste selbst verhöhnen?<br />
Wird das Mädchen je etwas davon<br />
haben, dass Menschen wie wir vorbeikommen?<br />
Oder wird es nur irgendwann merken,<br />
dass es nicht überall als normal gilt, einen<br />
zerrissenen Rock zu tragen? Möchte man ihr<br />
von Herzen wünschen, dass eine Straße in<br />
ihr Dorf führte, dass sie Fernsehen hätte und<br />
ein Handy? Und, ganz ehrlich, würden wir<br />
Trekkingtouristen uns wünschen, dass ursprüngliche<br />
Orte wie dieser verschwänden?<br />
Fortschritt, aber wohin?<br />
Viele Gespräche mit Nepalesen haben bis<br />
heute zu keiner Antwort geführt. Sie sagen,<br />
Fortschritt sei wichtig, sanft betrieben mit<br />
Reisenden, wie wir es sind. Sie sagen, sie<br />
wollten es besser machen als andere Regionen.<br />
Sie wollten sich selbst nicht verkaufen.<br />
Ein schöner Gedanke. Dumm nur, dass mehr<br />
Touristen mehr Flüge bedeuten. Mehr Klimaerwärmung,<br />
weniger Gletscher. Weniger<br />
Attraktion für Bergtouristen.<br />
Ich betrachte die Kinder und lächle zurück.<br />
Freundlich, aber vor allem ratlos. ◀<br />
Foto: privat; Illustration: Max Baitinger<br />
Sandra Zistl<br />
ist im bayerischen Oberland<br />
an und mit den Bergen<br />
aufgewachsen. Sie arbeitet als<br />
freie Journalistin und Autorin<br />
für verschiedene Zeitungen<br />
und Magazine. Die 33-Jährige<br />
schreibt im Wechsel mit Axel<br />
Klemmer, Caroline Fink und<br />
Eugen E. Hüsler über das aktuelle<br />
Geschehen in den Bergen.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 53
TIPP<br />
12 Tourenkarten zum Mitnehmen<br />
Die besten Touren aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/13<br />
Urner, Stubaier und Berchtesgadener<br />
Alpen, Allgäuer Voralpen, Fanesgruppe<br />
Abtrennen<br />
Falten<br />
Einstecken<br />
1 Voralphütte, lange, 4 Alpseeblick, unschwierige<br />
5 Spieser, abwechslungsreiche<br />
9 Wildes Hinterbergl,<br />
10 Östl. Seespitze,<br />
11 Salzb. Hochthron,<br />
klettersteigartige Alpinroute<br />
Rundtour mit<br />
Bademöglichkeit<br />
Tour mit<br />
südseitigem Aufstieg toller Skigipfel<br />
mit Klettereinlage<br />
rassige Gletschertour<br />
für Abfahrtskönner<br />
lange Bergtour mit spektakulären<br />
Passagen<br />
2 Chelenalphütte,<br />
3 Göscheneralp,<br />
6 Grünten, aussichtsreicher<br />
7 Heiligkreuzkofel, 8 Monte Castello, Genusstour<br />
raue Höhenwege mit<br />
steilen Passagen<br />
anspruchsvoller Übergang<br />
für Bergerfahrene Gipfel<br />
mit markierten Wegen<br />
lange Skitour über die<br />
Fanes-Hochfläche<br />
mit nordseiti-<br />
ger Pulverschneeabfahrt<br />
12 Hirschangerkopf,<br />
einsame Wanderung<br />
meist im Wald<br />
GPS-Daten als Download unter www.bergsteiger.de, falls vorhanden<br />
Tourenart<br />
Schwierigkeit<br />
Wandern Klettern Klettersteig Hochtour Skitour<br />
Blau: leicht Rot: mittel Schwarz: schwierig
TIPP<br />
Urner Alpen Torbrücke/Ulmi – Salbithütte – Voralphütte (1. Etappe)<br />
1<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
TIPP<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
Der Salbit-Höhenweg mit Clou<br />
Die Göschener Hüttenrunde beginnt mit einem Aufstieg zur Salbithütte und zieht beim Übergang<br />
ins Voralptal bereits alle Register. Filetstück ist die Traverse des Salbitschijen, die mithilfe einer<br />
spektakulären Hängebrücke und luftigen Klettersteigabschnitten gelingt.<br />
1600 Hm | 7 Std. bis zur Salbithütte), 670 Hm Abstieg<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />
Bergausrüstung für Mehrtagetouren,<br />
Klettersteigsicherung<br />
ratsam<br />
Talort: Göschenen (1102 m), im Urner Reusstal<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz P1 »Torbrücke« (1195 m),<br />
bei Ulmi im Göschenertal<br />
Endpunkt: Voralphütte (2126 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />
Göschenen<br />
Gehzeiten: Aufstieg zur Salbithütte 2½ Std., Übergang<br />
zur Voralphütte 4½ Std.<br />
Höhenunterschied: 1600 Hm Aufstieg (davon 900 Hm<br />
Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />
bzw. 1:25 000, Blätter 1231 »Urseren« und 1211 »Meiental«;<br />
Mark Zahel »Hüttentreks Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />
Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />
Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />
Hütten: Salbithütte (2105 m), Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />
Tel. 00 41/41/8 85 14 31; Voralphütte (2126 m), Mitte Juni bis<br />
Ende September, Tel. 00 41/41/8 87 04 20<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Bis über die Salbithütte hinaus<br />
normaler Bergweg, anschließend anspruchsvolle Alpinroute mit<br />
klettersteigartigem Ausbau im Bereich einiger Schluchtrinnen<br />
(mindestens T4 nach SAC-Skala). Trittsicherheit und Schwindelfreiheit<br />
obligatorisch. Auch konditionell fordernd, sofern man<br />
nicht zwischendurch in der Salbithütte nächtigt<br />
Urner Alpen Voralphütte – Bergseehütte – Chelenalphütte (2. Etappe)<br />
Steine, Steine, nochmals Steine<br />
Die beiden Halbetappen des zweiten Tages schneiden die Hänge des Hoch Horefellistock und Bergseeschijen.<br />
Granitene Traumlandschaften, wohin das Auge schaut! Das Blockwerk gehört allenthalben<br />
dazu und gestaltet die Höhenwege rau, aber auch herzhaft urtümlich.<br />
1020 Hm | 6½ Std.<br />
Bergausrüstung<br />
für Mehrtagetouren<br />
Talort: Göschenen (1106 m), im Urner Reusstal<br />
Ausgangspunkt: Voralphütte (2126 m)<br />
Endpunkt: Chelenalphütte (2350 m)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />
Göschenen bis zur Endstation auf der Göscheneralp<br />
Gehzeiten: Voralphütte – Bergseehütte 3½ Std. –<br />
Chelenalphütte 3 Std.<br />
Höhenunterschied: 1020 Hm Aufstieg, 800 Hm<br />
Abstieg<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />
Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />
bzw. 1:25 000, Blätter 1231 »Urseren« und 1211 »Meiental«;<br />
Mark Zahel »Hüttentreks Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />
Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />
Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />
Hütten: Voralphütte (2126 m), Mitte Juni bis Ende September,<br />
Tel. 00 41/41/8 87 04 20; Bergseehütte (2370 m), Anf. Juni bis<br />
Ende Oktober, Tel. 00 41/41/8 85 14 35; Chelenalphütte (2350<br />
m), Mitte Juni bis Mitte Oktober, Tel. 00 41/41/ 885 19 30<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Blau-weiß bezeichnete alpine<br />
Routen entlang blockreicher Flanken und Geländeterrassen,<br />
die bei mangelnder Trittsicherheit wesentlich längere Gehzeiten<br />
verursachen können. Gesicherte Steilpassagen an der Bergseelücke<br />
(Schlüsselstelle, T4) sowie kurz vor der Chelenalphütte. Die<br />
anstrengende Etappe kann wiederum aufgeteilt werden.<br />
2<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />
TIPP<br />
Urner Alpen Chelenalphütte – Dammahütte – Göscheneralp (3. Etappe)<br />
3<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
Abenteuer Granit zum Dritten<br />
Der Übergang zwischen Chelenalp- und Dammahütte wird, obwohl ebenfalls ausreichend markiert,<br />
seltener begangen. Wer das Bisherige tadellos gemeistert hat, braucht aber auch vor der kniffligen<br />
Traverse des Moosstocks nicht zurückschrecken und wird fantastische Eindrücke sammeln.<br />
750 Hm | 5½ Std.<br />
Bergausrüstung<br />
für Mehrtagetouren<br />
Talort: Göschenen (1106 m), im Urner Reusstal<br />
Ausgangspunkt: Chelenalphütte (2350 m)<br />
Endpunkt: Hotel Dammagletscher (1783 m) auf der<br />
Göscheneralp<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Postauto ab Bahnhof<br />
Göschenen bis zur Endstation auf der Göscheneralp<br />
Gehzeiten: Chelenalphütte – Dammahütte 3½ Std. –<br />
Göscheneralp 2 Std.<br />
Höheunterschied: 750 Hm Aufstieg, 1320 Hm Abstieg<br />
Beste Jahreszeit: Juli bis September<br />
Karte/Führer: Swisstopo, 1:50 000, Blatt 255 T »Sustenpass«<br />
bzw. 1:25 000, Blatt 1231 »Urseren«; Mark Zahel »Hüttentreks<br />
Schweiz«, Bruckmann Verlag, 2011<br />
Fremdenverkehrsamt: CH-6487 Göschenen,<br />
Tel. 00 41/79/8 10 20 20<br />
Hütten: Chelenalphütte (2350 m), Mitte Juni bis Mitte Oktober,<br />
Tel. 00 41/41/8 85 19 30; Dammahütte (2439 m), Anfang Juli<br />
bis Ende September, Tel. 00 41/41/8 85 17 81<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Zwischen Chelenalptal und<br />
Dammahütte alpine Route (blau-weiß, T4) durch steile, bewachsene<br />
Plattenzonen und teils abschüssige Block- und Schutthänge,<br />
einige Passagen gesichert. Problematisch kann das Kreuzen<br />
des Rötifi rn-Abfl usses werden, falls weiterhin ohne Brücke.<br />
Beginn der Etappe und Abschluss ab Dammahütte verlaufen auf<br />
gewöhnlichen Bergwegen. Insgesamt nur für Bergerfahrene<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen
TIPP<br />
Urner Alpen Torbrücke/Ulmi – Salbithütte – Voralphütte (1. Etappe)<br />
TIPP<br />
<br />
<br />
Urner Alpen Voralphütte – Bergseehütte – Chelenalphütte (2. Etappe)<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Aufstieg zur Salbithütte: Vom Hüttenparkplatz bei der<br />
»Torbrücke« sogleich kräftig bergauf und mehrheitlich durch<br />
Wald nach Regliberg (1680 m; Einkehr). Dann im Zickzack<br />
bald auf die freien, nur mit Zwergsträuchern bewachsenen<br />
Hänge der Trögengand und links haltend an Hochmulden<br />
vorbei zur Salbithütte<br />
Salbithütte – Voralphütte: Der von nun an blau-weiß<br />
markierte Höhenweg führt in westlicher Richtung weiter durch<br />
das hier vorerst eher sanfte Mattengelände und schließt nach<br />
minimalem Höhenverlust allmählich bis unter die steileren<br />
Zonen am Salbitschijen auf. Mithilfe einer kleinen Leiter wird<br />
eine Kante passiert, ehe ein Grasband hoch über den Abbrüchen<br />
ins Voralptal zur Hängebrücke führt. Diese überspannt<br />
auf einer Breite von 90 Metern das grimmige Mittwaldcouloir,<br />
das früher auf dem sogenannten »Kettenweg« sehr<br />
abenteuerlich und schwierig traversiert werden musste. Die<br />
Begradigung (und alpintechnische Entschärfung) über die<br />
Hängebrücke ist dagegen ein kurzer Spaß, der keine Bedenken<br />
auslösen muss. Gleich im Anschluss hilft eine Leiter über<br />
eine plattige Felsstufe hinweg, bevor es über Blockfelder fast<br />
horizontal zum Salbitschijenbiwak (2400 m) hinübergeht.<br />
Von dort verliert man wieder ein paar Höhenmeter und biegt<br />
dann in die Spicherribichelen ein. Drahtseile und eine Leiter<br />
erleichtern den ausgesetzten Abstieg in den Grund der<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Schluchtrinne, die von losem Schotter angefüllt ist. Auf der<br />
Gegenseite mit gesichertem Quergang zu der fast 50 Meter<br />
messenden Leiter. Man steigt auf eine Hangterrasse aus, wo<br />
sich der Pfad bis zum Horefelliboden (ca. 2540 m) noch ein<br />
gutes Stück aufwärtswindet. Das ermöglicht, im weiteren Verlauf<br />
an einem weiteren Einriss problemlos oberhalb vorbeizukommen.<br />
Mit ständigem Blick auf das formgewaltige Sustenhorn<br />
setzt man die Route nordwestwärts fort, verliert über<br />
grasige Terrassen allmählich wieder an Höhe und gelangt<br />
zur Gabelung mit dem »Panoramaweg Flecki«. Schließlich in<br />
steileren Windungen hinab zur Voralphütte<br />
Mark Zahel<br />
<br />
<br />
<br />
Voralphütte – Bergseehütte: Zunächst südwärts zur<br />
Voralpreuss absteigen; den Hüttenweg verlassen und mit<br />
der blau-weißen Markierung auf die andere Bachseite. Bald<br />
darauf kräftig in die Höhe. Auf Brücke über den Schiessend<br />
Bach. Gleich danach um einen Moränenrücken in eine Hangmulde<br />
und in dieser weiter aufwärts. Über schrofi g-erdigen<br />
Untergrund zuletzt recht steil zum Überstieg in der Lücke<br />
knapp neben dem Horefellistock (2581 m). Drüben ein paar<br />
Meter abwärts in die folgende seichte Geländebucht, wo es<br />
über Grasfl ecken, Blockschutt und typische Gletscherschliffe<br />
weitergeht. Deutlich beschwerlicher wird es in den ausgedehnten<br />
groben Blockfeldern, die zur Bergseelücke (2600<br />
m) emporleiten. Der jenseitige plattige Felsriegel ist die<br />
schwierigste Stelle der Etappe, jedoch klettersteigartig entschärft<br />
und eher kurz. Dann folgen bergab durch Karmulden<br />
bis zur Bergseehütte (2370 m) wieder die obligatorischen<br />
Blockfelder.<br />
Bergseehütte – Chelenalphütte: Südlich am Bergsee<br />
vorbei und der nach wie vor blau-weißen Leitlinie etwas<br />
ansteigend in die Vorder Mur folgen. Weithin herrscht wieder<br />
typisches Blockgestein vor, doch präsentiert sich die Geländeterrasse<br />
davon abgesehen als gutmütig, d.h. wenig ausgesetzt.<br />
Um eine Hangkante unterhalb des Hoch Horefellistock<br />
wechselt man in die ausgedehntere Hinter Mur, wo neben<br />
Schutt und Blöcken auch einige Schliffrücken sowie ab und<br />
zu Bäche zu queren sind (Vorsicht bei starkem Wasseraufkommen;<br />
einmal mit Brücke). Nachdem die Route lange Zeit<br />
mit geringen Höhenunterschieden die Flanken geschnitten<br />
hat, trifft man schließlich auf das steilere Schlussstück zur<br />
Chelenalphütte: gut 200 Höhenmeter bergab, zwischendurch<br />
über einen felsigen Riegel auch mit Ketten gesichert<br />
Mark Zahel<br />
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Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />
TIPP<br />
Urner Alpen Chelenalphütte – Dammahütte – Göscheneralp (3. Etappe)<br />
Chelenalphütte – Dammahütte: Von der Chelenalphütte<br />
anfangs auf dem üblichen, gut ausgebauten Hüttenweg abwärts<br />
in die Sohle des Hochtals und dort fl ach hinaus Richtung<br />
Hinter Röti (1925 m). Unmittelbar dahinter Hinweis auf<br />
die Dammahütte. Die blau-weiße Markierung leitet zur soliden<br />
Brücke über die Chelenreuss und durch verwachsenes<br />
Terrain zum Abfl uss des Rötifi rns. Die beste Möglichkeit zur<br />
Überquerung bietet sich wahrscheinlich nahe der Mündung<br />
in die Chelenreuss (keine Garantie!). Weiter oben liegen die<br />
Blöcke jedenfalls oft zu weit auseinander, zumal die Gischt<br />
sehr reißend sein kann. Falls die Traverse gelungen ist, spürt<br />
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man durch Erlengebüsch wieder die Markierung auf und folgt<br />
ihr in die steileren Plattenzonen hinauf. Diese sind ebenfalls<br />
bewachsen und können auf ihren Absätzen gut durchstiegen<br />
werden. Nach kurzer Linkstraverse nochmals steil gegen den<br />
Moosstock empor, bevor auf ca. 2400 m die lange Querung<br />
durch abschüssige Schutthänge ansetzt. Dank der passablen<br />
Pfadspur ist diese zunächst nicht schwierig. Später wird es<br />
jedoch kniffl iger, wenn man an einem Plattenriegel entlang<br />
nochmals 100 Höhenmeter verliert, rechts um eine Kante<br />
biegt und neben einem Couloir steil aufwärts kraxelt (teilweise<br />
Sicherungen). Zu einer markanten Verfl achung und<br />
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kurz darauf zur kleinen Dammahütte (2439 m).<br />
Abstieg zur Göscheneralp: Der gut ausgebaute Hüttenweg<br />
führt zuerst südwärts, dann mehr nach Osten hinunter<br />
zur Dammareuss, die bei P. 1967 überschritten wird. Anschließend<br />
quert man auf längerem Stück den Nordhang<br />
über dem Göscheneralpsee, wobei sich anfangs eine Gegensteigung<br />
von etwa 70 Hm und später noch einige minimale<br />
dazwischenschalten. Bei P. 1927 (Älpergen) zweigt derweil<br />
der Übergang zur Albert-Heim-Hütte ab. Zum Staudamm hinab,<br />
auf seine gegenüberliegende Seite und zum Hotel Dammagletscher<br />
(Postautohaltestelle)<br />
Mark Zahel<br />
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Panorama: www.peakfinder.org
TIPP<br />
Allgäuer Voralpen Alpseeblick (1040 m)<br />
4<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
TIPP<br />
Wandern, Schauen und Baden, wie es besser nicht geht<br />
Der Alpsee bei Immenstadt ist auch als Start für eine großartige<br />
Rundtour bestens geeignet: Die abwechslungsreiche Wanderung<br />
über die urige Siedelalpe zum Alpseeblick lässt keine Wünsche offen.<br />
Im Hochsommer schließt natürlich ein Badenachmittag diesen tollen<br />
Tagesausflug ab.<br />
350 Hm | 4 Std.<br />
normale<br />
Wanderausrüstung<br />
Talort: Immenstadt (728 m)<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz am Nordostufer des<br />
Alpsees (725 m)<br />
Gehzeiten: Alpsee – Siedelalpe 1¾ Std. Siedelalpe –<br />
Alpseeblick ¾ Std., Alpseeblick – Alpsee 1½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: April bis Oktober<br />
Allgäuer Voralpen Spieser (1651 m)<br />
Almwiesen, Gipfelkämme und Traumblicke<br />
hoch über Hindelang<br />
Dank des hochgelegenen Ausgangspunktes bietet der Spieser ein<br />
extrem günstiges »Preis-Leistungs-Verhältnis«, was den grandiosen<br />
Bergblick in Bezug auf die zu bewältigenden Aufstiegsmeter angeht.<br />
Ferner wandert man auf sehr schönen und landschaftlich abwechslungsreichen<br />
Bergwegen.<br />
650 Hm | 4 Std.<br />
Karte: Bayer. Landesvermessungsamt, 1:50 000, UK L 8<br />
»Allgäuer Alpen«<br />
Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Gästeinformation Immenstadt,<br />
Tel. 0 83 23/99 88 77, E-Mail: info@immenstadt.de<br />
Einkehr: Siedelalpe, Pfarralpe, Alpe Schönesreuth; alle von<br />
Mitte Mai bis Mitte/Ende Oktober geöffnet<br />
Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche und sehr<br />
aussichtsreiche Rundtour mit netten Einkehrmöglichkeiten.<br />
Nur ganz am Anfang ist ein steilerer Anstieg zu meistern<br />
5<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />
Talort: Bad Hindelang (820 m)<br />
Ausgangspunkt: Großparkplatz Oberjoch (1140 m,<br />
gebührenpfl ichtig)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit dem Zug nach Sonthofen<br />
und weiter mit Bus 9748 zum Oberjoch<br />
Höhenunterschied: 650 Hm<br />
Gehzeiten: Oberjoch – Spieser 2 Std., Spieser – Hirschberg<br />
1 Std., Hirschberg – Oberjoch 1 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />
Karte: Kompass, 1:50 000, Blatt 3 »Allgäuer Alpen«<br />
Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Fremdenverkehrsamt Bad Hindelang,<br />
Tel. 0 83 24/89 20, info@hindelang.net<br />
Hütte: direkt am Weg keine Einkehrmöglichkeit<br />
Charakter/Schwierigkeit: Abwechslungsreiche Rundtour<br />
mit traumhaften Ausblicken. Meist freies, südseitiges<br />
Gelände (Sonnenschutz im Sommer!). Zum Abschluss empfi<br />
ehlt sich der Aussichtspunkt am Hirschberg.<br />
TIPP<br />
Allgäuer Voralpen Grünten (1738 m)<br />
6<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />
Zum »Wächter des Allgäus« und in eine beeindruckende Wildbachschlucht<br />
Starzlachklamm und Grünten bilden zwei besonders schöne Bergziele, die sich ideal miteinander<br />
kombinieren lassen. Auf der beschriebenen Rundtour können trittsichere Wanderer beim Anstieg<br />
das Burgberger Hörnle mitnehmen.<br />
1000 Hm/250 Hm | 5½ Std.<br />
normale<br />
Bergwanderausrüstung<br />
Talort: Sonthofen (743 m)<br />
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz im Ortsteil Winkel<br />
(760 m, gebührenpfl ichtig)<br />
Gehzeiten: Winkel – Burgberger Hörnle 2¼ Std., Burgberger<br />
Hörnle – Grünten 1 Std., Grünten – Winkel 2¼ Std.<br />
Höhenunterschied: 1000 Hm bzw. 250 Hm (nur Starzlachklamm<br />
zur Alpe Topfen)<br />
Beste Jahreszeit: Mai bis Oktober<br />
Karte: Bayer. Landesvermessungsamt, 1:50 000, UK L 8<br />
»Allgäuer Alpen«<br />
Führer: M. Pröttel »Tagesausfl üge Allgäu«, J. Berg Verlag<br />
Fremdenverkehrsamt: Gästeamt Sonthofen,<br />
Tel. 0 83 21/6 15-2 91, E-Mail: gaesteinfo@sonthofen.de<br />
Hütten: Grüntenhaus (1535 m), Alpe Obere Schwand (1330<br />
m), Alpe Topfen (1030 m); alle drei täglich von Mai bis Oktober<br />
geöffnet<br />
Charakter/Schwierigkeit: Tolle Rundtour auf den besten Allgäuer<br />
Aussichtsgipfel. Der Anstieg zum Burgberger Hörnle ist teils<br />
steil und man muss ein paarmal die Hände zu Hilfe nehmen.<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen
TIPP<br />
Allgäuer Voralpen Alpseeblick (1040 m)<br />
TIPP<br />
Wegverlauf: Kurz vor dem zweiten Parkplatz des Freibads<br />
in Höhe der Bahnunterführung dem Wegweiser »Zaumberg«<br />
nach Norden folgen und auf gutem Fußweg steiler bergan.<br />
Nach einem kurzen Waldstück fl acher und zwischen Wiesen<br />
auf den kleinen Ort Zaumberg zu. Dort nach links und vor<br />
einem Brunnen wieder nach rechts. Nun immer der Beschilderung<br />
»Siedelalpe« folgen. An einem letzten Hof vorbei und<br />
auf breitem Weg in den Wald hinein. Dieser führt nun immer<br />
leicht ansteigend mal durch Waldstücke, mal entlang von<br />
Almwiesen erst nach Nordwesten, dann nach Westen weiter.<br />
Alle Abzweigungen werden ignoriert. Hinter einem Gatter<br />
zu Kuhweide; auf einem Wiesenpfad über die Weide und zu<br />
<br />
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Allgäuer Voralpen Spieser (1651 m)<br />
Wegverlauf: Vom Parkplatz auf der Hauptstraße nach<br />
Westen und über diese vor der großen Kirche. Auf der<br />
anderen Seite auf Fußweg (Schild »Hirschalpe«) zu einer<br />
Teerstraße, der man geradeaus folgt. Am Krankenhaus<br />
vorbei und in den Wald hinein. An einer Gabelung rechts<br />
Richtung »Ornach.« Immer dem Fahrweg folgend gewinnt<br />
man an Höhe. Der Wald wird lichter. Kurz vor Ende des<br />
Fahrwegs rechts ab in einen Bergweg. Über Wiesenhänge<br />
zunächst nach Westen, dann nach Osten angenehm bergan<br />
zu einem Holzkreuz. Kurz danach an einem Wegweiser mit<br />
Aufschrift »Ornachgipfel« vorbei (eher Bergsattel). Geradeaus<br />
weiter zu Geländekante und ein Stück steiler bergab. An<br />
Fahrweg. Diesem nach links zur Siedelalpe folgen. Rechts<br />
am Haus vorbei und nun der Beschilderung »Alpseeblick«<br />
folgend am Hang entlang nach Westen weiter. Leicht absteigend<br />
zu Waldrand, vor dem ein Wegweiser steht (von hier aus<br />
bester Abstieg zum See). Weiter dem Hauptweg in den Wald<br />
und an ein Hochmoor folgen. Wieder wechseln sich schöne<br />
Wald- und Wiesenpassagen ab, wobei es meist leicht bergan<br />
geht. Aus dem Wald heraus, auf einen breiteren Fahrweg und<br />
vor der Pfarralpe (rechts auf einem kleinen Hügel) an einem<br />
Wegweiser nach links abzweigen und über einen Pfad erst<br />
leicht bergab, dann bergan zu einem breiten Wiesenrücken<br />
hinauf, dem man nach links zum Alpseeblick folgt.<br />
<br />
Zu erwähnter Weggabelung zurück und nun entlang eines<br />
(je nach Höhe des Grases teils undeutlichen) Wiesenpfades<br />
nach Süden absteigen (Wegweiser »Alpe Schönesreuth«).<br />
Der Weg führt über diese weitere Einkehrmöglichkeit zu einer<br />
Fahrstraße, über die man den Weiler Trieblings erreicht. Dort<br />
überquert man mittels eines Bahnübergangs die Gleise zum<br />
Seeuferweg. Über diesen nach links, immer entlang des<br />
Alpsees zum Freibad Hauser, wo sich eine Bahnunterführung<br />
befi ndet, über die man die Parkplätze auf der anderen Seite<br />
der Gleise erreicht.<br />
Michael Pröttel<br />
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der nächsten Gabelung links und in ansteigender Querung<br />
auf einen Wiesensattel. Hier der Beschilderung »Spießer«<br />
folgen, über einen schönen Wiesenkamm, dann unterhalb<br />
einer Wiesenkuppe und schließlich auf dem Kamm zum<br />
Spießer. Vom Gipfelkreuz weiter nach Westen hinab (ab jetzt<br />
Beschilderung »Hirschberg«), wobei ein kurzer Grat und<br />
eine steinige Rinne etwas Trittsicherheit erfordern. Wieder<br />
fl acher in Wiesengelände und an der nächsten Gabelung<br />
weiter der Beschilderung »Hirschberg« folgen. Erst auf<br />
Wiesenpfad, dann auf Holzbohlenweg über eine teils mit<br />
lichtem Wald bewachsenen Feuchtwiese. Wieder im Wald<br />
absteigend zu einem Bergkessel. Über einen Bach und einem<br />
Fahrweg nach links folgen. Zunächst ansteigend, dann<br />
absteigend zur (unbewirteten) Klankhütte. Hinter dieser auf<br />
Wiesenpfad gerade nach Süden bergan zum Hirschberg.<br />
Noch ein Stück nach Süden bergab und an der nächsten<br />
Gabelung links. Mal fl acher, mal steiler nach Osten hinab<br />
zu einem Bach und über eine Brücke. Wieder ansteigend zu<br />
Forststraße, der man nach links folgt, bis zu Teerweg. Diesem<br />
ein Stück bergab folgen und ihn an der nächsten Kehre<br />
geradeaus verlassen (Schild Oberjoch). Zuletzt auf einer<br />
aussichtsreichen Querung über den sogenannten Ifenblick<br />
nach Oberjoch<br />
Michael Pröttel<br />
Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />
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TIPP<br />
Allgäuer Voralpen Grünten (1738 m)<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz fl ußaufwärts und gleich hinter der<br />
Brücke nach links. Der Weg begleitet kurz den Fluss und steigt<br />
dann im Wald steil nach rechts bergan. Bei einer Gabelung<br />
rechts. Der Anstieg erreicht eine Lichtung und wird fl acher.<br />
Am oberen Ende der Freifl äche in den Wald, wo bald ein<br />
Forstweg zu einer Teerstraße hinab führt. Dieser ein Stück<br />
lang absteigend nach links folgen. Bald von der Straße nach<br />
rechts abzweigen (Schild »Grüntenhaus 2 Std.«) und einem<br />
Fahrweg steiler bergan folgen (Abkürzungen auf Fußweg).<br />
Auf dem Fahrweg über Bach, ihm noch ein Stück folgen und<br />
dann beschildert nach rechts in schmäleren Weg abbiegen.<br />
Dann entweder gerade dem direkten Weg zum Grüntenhaus<br />
folgen oder das Burgberger Hörnle mitnehmen (gut markierter<br />
Anstieg über einen teils steilen und leicht ausgesetzten<br />
Steig). Hinter dem Gipfelkreuz kurz direkt am Felsgrat (Drahtseile),<br />
dann dem Bergkamm nach Osten folgend zu einem<br />
Wiesensattel, wo der Normalweg hinzustößt. In einer leicht<br />
ansteigenden Querung zum Grüntenhaus. Von hier aus auf<br />
Weg nach links wieder zum Bergkamm und zum Vorgipfel des<br />
Grünten hinauf. Kurz vor der Seilbahnstation Gabelung (Wegweiser<br />
»Alpe Schwande«; für den Abstieg merken). Zunächst<br />
aber noch links am Seilbahngebäude vorbei und immer dem<br />
breiten Bergrücken folgend zum Grünten-Gipfel (1738 m)<br />
Abstieg: Zurück zum Wegweiser und diesem folgend auf<br />
Bergrücken nach links. Der Rücken führt zu einem Sattel, wo<br />
man abermals nach links absteigt. Wieder steiler in Kehren<br />
zur Alpe Ober Schwand hinab. Ab hier besserer Weg und teils<br />
über Wiesen teils durch Wald zur Alpe Unter Schwand und zu<br />
einer Teerstraße hinab. Dieser ein gutes Stück nach rechts<br />
folgen und dann nach links beschildert zur »Alpe Topfen«<br />
abzweigen. Über einen Wiesenweg zur Alpe und dahinter<br />
(Beschilderung »Starzlachklamm«) über einen Fahrweg und<br />
abermals über eine Wiese zum Abstieg in die Starzlachklamm.<br />
Über viele Stufen und an Felswänden vorbei zum Beginn<br />
des Bachbettes. Hier nach rechts und nun immer dem<br />
beeindruckenden Klammsteg bis zur Klammeingangshütte<br />
folgen, wo man die Eintrittsgebühr (3 Euro) entrichten muss.<br />
Immer dem Bach folgend zurück zum Ausgangspunkt<br />
Michael Pröttel<br />
Panorama: www.peakfinder.org
TIPP<br />
Dolomiten/Fanesgruppe Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />
7<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
TIPP<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />
Langer, flacher Aufstieg in eindrücklicher Umgebung<br />
Die Skitour auf den Heiligkreuzkofel ist sicher nicht die rassigste im<br />
Gebiet. Wer aber die eigentümliche Landschaft der Fanes im sprichwörtlichen<br />
Sinne »erfahren« will, der wird bei der Überquerung der<br />
riesigen Hochfläche mit einzigartigen Eindrücken belohnt.<br />
1370 Hm | 8 Std.<br />
normale<br />
Skitourenausrüstung<br />
Talort: St. Vigil (1193 m).<br />
Ausgangspunkt: Pederü (1548 m), hierher auf der Straße<br />
von St. Vigil<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn bis Bruneck.<br />
Weiter mit Bus nach St. Vigil. Ab dort mit Taxi nach Pederü<br />
Gehzeiten: Hüttenzustieg 2 Std., Gipfelaufstieg 4 Std.,<br />
Abfahrt total 2 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Januar bis April<br />
Karten/Führer: Tabacco, 1:25 000 »Wanderkarte Naturpark<br />
Fanes–Sennes–Prags Nr. 4«. Stefan Herbke »Dolomiten<br />
– Rother Skiführer«, Bergverlag Rother, Oberhaching 2013<br />
Informationen: Tourismusverein St. Vigil in Enneberg,<br />
Tel. 00 39/04 74/50 10 37, www.sanvigilio.com<br />
Hütten: Faneshütte (2060 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 97,<br />
Dolomiten/Fanesgruppe Monte Castello (2760 m)<br />
Ein wahrer Aussichtsbalkon gegenüber der Tofana<br />
Traumhafte Nordhänge führen durch das Zauberland des »weißen Tals« zum Fuße eines zackigen<br />
Kalkzahns. Der Castello ist zwar wahrlich nicht der höchste Gipfel im Rund. Dafür macht die Biwakhütte<br />
am Fuße der Felsen den Castello zu einem der beliebtesten Ziele der Umgebung.<br />
1330 Hm | 6½ Std.<br />
normale<br />
Skitourenausrüstung<br />
Talort: St. Vigil (1193 m).<br />
Ausgangspunkt: Pederü (1548 m), hierher auf der<br />
Straße von St. Vigil<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn bis Bruneck.<br />
Weiter mit Bus nach St. Vigil. Ab dort mit Taxi nach<br />
Pederü<br />
Gehzeiten: Hüttenzustieg 2 Std., Gipfelaufstieg 2½ Std.,<br />
Abfahrt total 2 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Januar bis April<br />
Karten/Führer: Tabacco, 1:25 000 »Wanderkarte Naturpark<br />
Fanes–Sennes–Prags Nr. 4«. Stefan Herbke »Dolomiten – Rother<br />
Skiführer«, Bergverlag Rother, Oberhaching 2013<br />
Informationen: Tourismusverein St. Vigil in Enneberg,<br />
Tel. 00 39/04 74/50 10 37, www.sanvigilio.com<br />
Hütten: Faneshütte (2060 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 97,<br />
www.rifugiofanes.com<br />
Lavarellahütte (2042 m), Tel. 00 39/04 74/50 10 79,<br />
www.lavarella.it<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Weil die Tour auch bei schwierigen<br />
Lawinenverhältnissen noch recht sicher ist, ist sie sehr<br />
beliebt. Zudem hält sich der Pulver in den nordseitigen Schneeschüsseln<br />
im Vallon Bianco meist recht lang. Die Route ist eine<br />
einfache Genusstour, die wenige Anforderungen verlangt.<br />
www.rifugiofanes.com; Lavarellahütte (2042 m),<br />
Tel. 00 39/04 74/50 10 79, www.lavarella.it<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Eher lange Tour mit manch<br />
fl acher Passage, einmal quer über die beeindruckende<br />
Hochfl äche, die das Herz der Fanesgruppe bildet. Außer am<br />
Gipfelaufbau sind die technischen Schwierigkeiten moderat.<br />
Vorsicht bei Nebel! Dann wird die Orientierung schwierig.<br />
8<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />
TIPP<br />
Stubaier Alpen Wildes Hinterbergl (3288) über Turmscharte<br />
9<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong>4/2013<br />
Wunderbarer Skigipfel mit kleiner Klettereinlage<br />
Weitgehend unproblematische Tour mit langem Anlauf durch das Alpeiner-Bach-Tal, bei der eine Kletterpassage<br />
an der mit Drahtseilen versicherten Turmscharte aufwartet. Bei einer möglichen Abfahrt<br />
über den Berglasferner besteht eine erhebliche Gefährdung durch Gletscherspalten.<br />
1140 Hm | 4½ Std.<br />
normale<br />
Skitourenausrüstung<br />
Talort: Neustift im Stubaital (994 m)<br />
Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte (2149 m)<br />
Anreise: Über die Inntalautobahn in das Stubaital<br />
und weiter nach Neustift (gebührenpfl ichtig) und den<br />
Weiler Seduck (1472 m). Dort kostenlose, jedoch eingeschränkte<br />
Parkmöglichkeiten. Anreise mit Bahn (über<br />
Innsbruck nach Fulpmes), Bus nach Neustift-Milders und<br />
schließlich Taxi wird empfohlen<br />
Gehzeiten: Hüttenzustieg 2½ Std.; 4–5 Std. zum Gipfel<br />
Beste Jahreszeit: Ende Februar bis Anfang Mai<br />
Karte: AV, 1:25 000, Nr. 31/1 »Stubaier Alpen/Hochstubai«<br />
Führer: M. Pröttel »Die schönsten Skitourenhütten«, Bruckmann<br />
Verlag, München 2007<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Stubai Tirol, Dorf 3,<br />
A-6167 Neustift im Stubaital, Tel. 00 43/50 18/8 10,<br />
www.stubai.at<br />
Hütte/Einkehr: Franz-Senn-Hütte (2149 m), OeAV, im Winter<br />
von Mitte Februar bis Anfang Mai bewirtschaftet, ca. 170 Schlafplätze,<br />
Tel. 00 43/52 26/22 18, www.franzsennhuette.at<br />
Charakter/Schwierigkeit: Nach langem Abschnitt zum<br />
Warmlaufen wird die Tour kontinuierlich steiler, ehe die Ski an der<br />
Turmscharte auf den Rucksack geschnallt werden. Bei entsprechender<br />
Routenführung ist die Spalten- und Lawinengefahr recht<br />
übersichtlich, wobei man sich nach der Turmscharte nicht zu weit<br />
links halten sollte. Vorsicht bei der Abfahrt über den Berglasferner!<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen
TIPP<br />
Dolomiten/Fanesgruppe Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />
TIPP<br />
Hüttenzustieg: Über die verschneite Fahrstraße (Rodelbahn)<br />
bis in die Ebene, in der Fanes- und Lavarellahütte liegen<br />
(2 Std.)<br />
Gipfelaufstieg: Von der Lavarellahütte westwärts über<br />
Brücklein in das enge Bachbett hinein. In diesem weiter<br />
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Dolomiten/Fanesgruppe Monte Castello (2760 m)<br />
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Hüttenzustieg: Über die verschneite Fahrstraße (Rodelbahn)<br />
bis in die Ebene, in der Lavarella- und Faneshütte<br />
liegen (2 Std.)<br />
Gipfelaufstieg: Von der Faneshütte über das verschneite<br />
Sträßlein südostwärts gen Limojoch. An Kreuz und Bank<br />
vorbei, später leicht fallend ca. 100 Hm hinab zur Großen<br />
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hinauf durch erst engen, später lichteren Wald immer in<br />
Richtung Kreuzkofelscharte haltend. Das Gelände öffnet sich,<br />
manchmal werden Markierungen des Sommerweges sichtbar.<br />
Weiter durch diverse Senken und Gräben über die zerklüftete<br />
Hochfl äche. Von der Kreuzkofelscharte (2612 m) auf dem<br />
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Fanesalm (2102 m). Ab hier gen Süden und hinein in das<br />
Vallon Bianco. Eher rechts haltend durch das kupierte Gelände<br />
und das markante Blockgewirr unterhalb der Ostwände<br />
der Campestrinspitzen entlang. Der Felszahn des<br />
Monte Castello ist schon früh sichtbar und wird in einem<br />
großen Linksbogen schließlich über einen felsdurchsetzten<br />
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breiten Gratrücken nordwärts (bisweilen Wechtengefahr) zum<br />
Skidepot. Schließlich zu Fuß zum Gipfel (4 Std.)<br />
Abfahrt: Auf der gleichen Route (2 Std.)<br />
Folkert Lenz<br />
Steilhang erreicht. Am Fuß des felsigen Gipfelaufbaus versteckt<br />
sich das Bivacco della Pace (2760 m) (2½ Std.).<br />
Abfahrt: Durch das Vallon Bianco über die perfekten Pulverhänge<br />
zur Großen Fanesalm hinab. Kurzer Gegenanstieg<br />
zum Limojoch. Dann über Faneshütte und die Straße wie<br />
beim Aufstieg hinaus nach Pederü Folkert Lenz<br />
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Panorama: www.peakfinder.org Panorama: www.peakfinder.org<br />
TIPP<br />
Stubaier Alpen Wildes Hinterbergl (3288) über Turmscharte<br />
Aufstieg: Vom Skitourenstützpunkt Franz-Senn-Hütte dem<br />
recht fl achen Tal des Alpeiner Bachs in Richtung Südwesten<br />
folgen. Nach etwa einer Stunde und nur 150 Höhenmetern<br />
wird eine erste Steilstufe erreicht, an der man sich leicht links<br />
hält, um zu einem fl achen Plateau aufzusteigen. Diesem folgt<br />
man weiter in Richtung des markanten Gletscherbruchs des<br />
Alpeiner Ferner nach Südwesten. Auf 2700 Metern geht es<br />
scharf rechts zum Verborgenen-Berg-Ferner. Dessen nördlicher<br />
Rand eignet sich durch seine moderate Steilheit perfekt<br />
für den Marsch in Richtung Turmscharte (3126 m) zwischen<br />
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Vorderem und Wildem Turm. An der felsigen Turmscharte<br />
heißt es: Ski ab- und auf den Rucksack schnallen, um sich an<br />
den Fixseilen über die 40-Meter-Steilstufe hinüber zum Berglasferner<br />
zu hangeln. Auf der anderen Seite der Scharte geht<br />
es – wegen der Gefährdung durch Lawinen vom Hinteren Wilden<br />
Turm jedoch nicht zu weit links – in nordwestlicher Richtung<br />
weiter. So führt der Weg quer über den sanft ansteigenden,<br />
weitläufi gen Gletscher zum etwas unscheinbaren Felsgipfel<br />
des Wilden Hinterbergls.<br />
Abfahrt: Neben der Abfahrt entlang des Aufstiegswegs gibt<br />
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es noch eine weitere, lohnende Möglichkeit: über den Turmferner.<br />
Während der Abfahrt in Richtung Vorderen Turmferner<br />
rechts halten. Es folgt ein leichter, mit Skatingschritten zu bewältigender<br />
Anstieg. Nach der Abfahrt über den Turmferner<br />
nach rechts orientieren und schließlich über eine steile Rinne<br />
abfahren. Ist diese bewältigt, geht es links entlang der Seitenmoräne<br />
wieder ins Alpeiner-Bach-Tal. Auf den letzten steilen<br />
Metern am besten Schwung für den langen Auslauf bis<br />
zur Hütte holen.<br />
Dominik Prantl<br />
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Panorama: www.peakfinder.org
TIPP<br />
Stubaier Alpen Östliche Seespitze (3416 m), über Franz-Senn-Hütte<br />
10<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
TIPP<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
Gletscherflanke für Abfahrtskönner<br />
Die Östliche Seespitze gehört nicht zu den Skitourenklassikern der Alpen. Dafür ist sie auf den oberen<br />
250 Metern zu steil, bei Pulver evtl. lawinengefährdet und bei Firn ohne Harscheisen absturzgefährdet.<br />
Das Gipfelpanorama und die rassige Abfahrt lohnen den Aufstiegsschweiß aber allemal.<br />
1930 bzw. 1650 Hm | 2 Tage<br />
Skitourenausrüstung mit<br />
Harsch-/Steigeisen/Pickel,<br />
evtl. Gletscherausrüstung<br />
Talort: Neustift im Stubaital (993 m)<br />
Ausgangspunkt: kleiner Parkplatz in Seduk (1472 m)<br />
oder großer in Oberiss (1742 m; nur Frühjahr); evtl. Gh.<br />
Bärenbad oder gar Neustift-Milders (auf Hütte anrufen!)<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Mit der Bahn nach<br />
Innsbruck, umsteigen in Stubaitalbahn nach Fulpmes und<br />
Bus nach Neustift-Milders. Taxi ins Oberbergtal oder bei<br />
Hüttenreservierung Abholung ausmachen<br />
Gehzeiten: Hüttenzustieg 3 bzw. 1½ Std., Gipfelaufstieg<br />
Berchtesgadener Alpen Salzburger Hochthron (1852 m)<br />
Unterwegs auf dem Weinsteig und dem Thomas-Eder-Steig<br />
Die Tour auf den Salzburger Hochthron ist lang, aber abwechslungsreich und bietet vor allem im<br />
Abstieg auf dem Toni-Lenz- und dem Thomas-Eder-Steig spektakuläre Passagen. Mit dem Besuch<br />
der Schellenberger Eishöhle ist ein ausgefülltes Tagesprogramm erreicht.<br />
1580 Hm | 6¾ Std.<br />
normale Wanderausrüstung;<br />
Stöcke empfehlenswert<br />
Talort: Grödig (450 m)<br />
Ausgangspunkt: Parkplatz Römerstraße beim Marmorwerk<br />
Steindl (585 m)<br />
Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite Nord:<br />
47.737139 Länge Ost: 013.004081<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: keine<br />
Entfernung: 15,45 km<br />
Gehzeiten: Aufstieg 3¼ Std.; Abstieg 3½ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Sommer und Herbst (nicht bei<br />
3¾ Std., Tal-Abfahrt 3¼ Std.<br />
Beste Jahreszeit: Mitte Februar bis Anfang Mai<br />
Karte: AV-Karte, 1:25 000, Nr. 31/1 »Stubaier Alpen/Hochstubai«;<br />
Kompass-Karte 1:50 000, Nr. 83 »Stubaier Alpen«<br />
Führer: Weiss »Skitourenführer Brenner-Region – Innsbruck,<br />
Stubai, Wipptal, Sterzing«, Bergverlag Rother, Oberhaching<br />
Fremdenverkehrsamt: Tourismusverband Stubai Tirol,<br />
Stubaitalhaus, Dorf 3, A-6167 Neustift im Stubaital,<br />
Tel. 00 43/50 18/8 10, info@stubai.at, www.stubai.at<br />
Hütte/Einkehr: Franz-Senn-Hütte (2149 m)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Nach einem Talhatscher zieht<br />
die Route meist zügig nordwestseitig hinauf zum Alpeiner Kräulferner<br />
und über diesen nordwest- bis nordseitig, oben steil (250<br />
Hm) hinauf zum Gipfel-Firngrat. In der Steilstufe Lawinen- oder<br />
Absturz- und evtl. Spaltengefahr. Der Nordostrand des Gletschers<br />
ist großteils abgeschmolzen.<br />
Schneelage)<br />
Karte: Alpenvereinskarte, 1:25 000, Blatt BY 22 und Topografi -<br />
sche Karte des Bayer. Landesamtes für Vermessung und Geoinformation,<br />
1:50 000, Blatt UK50-55<br />
Informationen: Tourismusverband Grödig, Gartenauerstr. 8,<br />
A-5083 Grödig - St. Leonhard, Tel. 00 43/62 46/7 47 95,<br />
www.groedig.net<br />
Einkehr: Toni-Lenz-Hütte (nicht direkt an der Route)<br />
Charakter/Schwierigkeiten: Sehr lange, anstrengende, aber<br />
nicht sehr schwierige Bergtour. An einigen Stellen sind Trittsicherheit<br />
und Schwindelfreiheit erforderlich, insbesondere beim Abstieg vom<br />
Gipfel zur Eishöhle auf dem Toni-Lenz-Weg und dem spektakulären<br />
Thomas-Eder-Steig. Führungen in die Schellenberger Eishöhle<br />
fi nden im Stundentakt statt und sind sehr zu empfehlen.<br />
11<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen Karte © Christian Rolle, Holzkirchen<br />
w<br />
TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Hirschangerkopf (1768 m)<br />
12<br />
aus <strong>Bergsteiger</strong> 4/2013<br />
Im Naturpark Untersberg<br />
Der Hirschangerkopf ist ein wenig besuchter, kleiner, aber feiner Gipfel des Untersbergs. Auf- und<br />
Abstieg verlaufen viel durch Wald, aber ab der verfallenen Vierkaseralm wird die Sicht rundum frei;<br />
am Gipfel fällt sie prächtig aus.<br />
1190 Hm | 5 Std.<br />
normale Wanderausrüstung;<br />
Stöcke empfehlenswert<br />
Talort: Großgmain (524 m)<br />
Ausgangspunkt: Großgmain, Bruchhäusl (644 m)<br />
Koordinaten/Ausgangspunkt: Breite N 47.724472°<br />
Länge E 012.935796°<br />
Öffentliche Verkehrsmittel: Busverbindung ab Salzburg<br />
und Bad Reichenhall<br />
Höhenunterschied: 1190 m<br />
Entfernung: 11,82 km<br />
Gehzeiten: Aufstieg 3 Std.; Abstieg 2 Std.<br />
Beste Jahreszeit: Sommer und Herbst<br />
Karten: Alpenvereinskarte, 1:25 000, Blatt BY 22 »Berchtesgaden,<br />
Untersberg« und Topografi sche Karte des Bayer. Landesamtes für<br />
Vermessung und Geoinformation, 1:50 000, Blatt UK50-55 »Berchtesgadener<br />
Alpen – Bad Reichenhall – Königssee – Hallein – Lofer<br />
– Saalfelden«<br />
Informationen: Tourismusverband Großgmain, Tel. 00 43/<br />
62 47/82 78; www.grossgmain.info<br />
Einkehr: auf der Route keine Möglichkeit<br />
Schwierigkeiten: Wenig durchgeführte, steile Bergtour mit langen<br />
Waldpassagen; kurze Kletterei unter dem Gipfel, streckenweise<br />
sehr rutschiger Untergrund herrscht; der Gipfel kann umgangen<br />
werden.<br />
Karte © Christian Rolle, Holzkirchen
TIPP<br />
Stubaier Alpen Östliche Seespitze (3416 m), über Franz-Senn-Hütte<br />
Aufstieg: Von Seduk auf meist gewalztem Fahrweg<br />
südostlich des Oberbergbachs, ab Stöcklealm (1598 m)<br />
nordwestlich zur Oberisshütte (1742 m). A) Kurz auf Karrenweg<br />
westwärts zum Beginn einer Steilhangquerung und im<br />
Linksbogen zu einem Absatz (evtl. Lawinengefahr von oben).<br />
B) Gerade unter der Materialseilbahn südwestwärts leicht<br />
abwärts (Stangen) und parallel zum Alpeiner Bach durch<br />
eine kurze, oben steile, aber kaum lawinengefährdete Rinne<br />
dorthin hinauf (auch Abfahrtsvariante). An der Nordseite des<br />
Alpeiner-Bach-Einschnitts aufwärts und über eine Brücke<br />
links zur Franz-Senn-Hütte (2149 m, 680 bzw. 400 Hm;<br />
Übernachtung). Zurück über den Bach und südwestwärts<br />
durch den Alpeiner Grund fast eben 2 km einwärts. Den<br />
Talkessel hinauf, nach Links-Rechts-Schleife zwischen Felsen<br />
zur Schwelle des oberen Tals (2440 m) und links einen Rücken<br />
südostwärts hinauf. Über die nördliche Seitenmoräne<br />
weiter auf den Alpeiner Kräulferner und auf (oder inzwischen<br />
neben) diesem aufwärts unter eine Barriere. Mehr oder<br />
weniger steil (bei hartem Schnee evtl. zu Fuß!) am linken<br />
(nordöstlichen) Rand des Gletschers hinauf bis zum Beginn<br />
des Seespitze-Südgrats. Südwärts hinauf zum Firnkamm des<br />
Ostgrats (2360 m) und auf diesem westwärts aufwärts, zum<br />
Schluss auf Firngrat zum Gipfel<br />
Abfahrt: wie Aufstieg; Direktvarianten vom Gipfel (Lawinengefahr!)<br />
und hinab zum Talboden vor dem Alpeiner Ferner<br />
Christian Schneeweiß<br />
Panorama: www.peakfinder.org<br />
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TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Salzburger Hochthron (1852 m)<br />
Aufstieg: Vom großen Parkplatz zuerst der Straße des Marmorwerks<br />
folgen und sich bei allen Abzweigungen exakt an<br />
die Beschilderung halten, dann zu Wanderweg, der die Straße<br />
nach rechts verlässt und relativ steil in vielen Kehren durch<br />
den Wald zu einem Aussichtspunkt ansteigt. Rund 35 Höhenmeter<br />
neben einer markanten Felswand abwärts und dann<br />
zur Skipiste hinauf. Auf dem steilen Skihang zur Schweigmühlalm<br />
hinauf und dort links abdrehend deutlich fl acher<br />
auf der Piste zum Kanonenrohr. Auf der Skiabfahrt weiter, an<br />
eindrucksvollen Dolinenlöchern vorbei und schließlich wird<br />
die mit Latschen bewachsene, breite Gipfelkalotte sichtbar.<br />
Erst kurz unter dem Gipfel die Skipiste nach links verlassen<br />
und im steilen, felsigen Hang durch Krummholz bis zum stark<br />
besuchten Kreuz hinauf.<br />
Abstieg: Bis zur Skipiste entlang der Aufstiegsroute. Nach<br />
ein paar Metern den Skihang nach links verlassen, um dem<br />
Wegweiser zur Toni-Lenz-Hütte zu folgen. Zunächst auf stark<br />
frequentiertem Bergweg im Latschengebüsch mehrmals<br />
auf und ab, dann steil hinab bis zur Verzweigung knapp über<br />
der Mittagsscharte. Dort links ab und anfangs noch durch<br />
Dolinengelände, dann auf den Treppenanlagen des Thomas-<br />
Eder-Steigs, der durch etliche Felsentunnels an steilen<br />
Felsenwänden entlangführt, bis in einem Schotterhang nach<br />
links der knapp 10-minütige Anstieg zum Sammelplatz für<br />
die Besichtigung der Schellenberger Eishöhle erreicht ist.<br />
Auf dem Thomas-Eder-Steig wieder rund 160 Höhenmeter<br />
aufsteigen, links zur Mittagsscharte abzweigen und dem gering<br />
abfallenden Weg durch Krummholz neben vielen Dolinen<br />
in den Großen Eiskeller hinunter folgen. Im weiteren Verlauf<br />
auf Bergpfad mehrmals auf und ab, rechts ab und beim Kanonenrohr<br />
wieder zur Aufstiegsroute; auf ihr ins Tal hinab<br />
Siegfried Garnweidner<br />
Panorama: www.peakfinder.org<br />
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TIPP<br />
Berchtesgadener Alpen Hirschangerkopf (1768 m)<br />
Aufstieg: Vom Parkplatz folgt man einem Weglein nach<br />
Süden zum Holzplatz und geht dann sehr lange steil durch<br />
dichten Wald hinauf. Der Bergpfad steigt in einer breiten<br />
Hangmulde in Kehren forsch an, führt kurz nach rechts zum<br />
Gratrücken auf der Fadererschneid hinaus und gleich wieder in<br />
den Waldhang hinein, bis er bei der verfallenen Viertelalm den<br />
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Wald verlässt. Anschließend kommt man in Latschengebüsch.<br />
Der Aufstiegsweg führt nordöstlich des Gipfels an einer gefassten<br />
Quelle vorbei und in Richtung Zehnkaser weiter. Direkt<br />
unter dem Gipfel zweigt in einem breiten Sattel ein Steig rechts<br />
ab und steigt im Krummholz sehr steil in leichter Kletterei die<br />
letzten Meter zum Gipfel an.<br />
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Abstieg: Normalerweise steigt man entlang der Aufstiegsroute<br />
ab. Man kann aber auch von der verfallenen Vierkaseralm<br />
durch Dolinengelände und dichte Waldhänge auf einem Bergpfad<br />
nach Osten zur Klingeralm hinübergehen und neben der<br />
Sausenden Wand am Klingersteig nach Norden absteigen.<br />
Siegfried Garnweidner<br />
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REPORTAGE<br />
Der Schatz im<br />
Silberberg<br />
Angetrieben vom Verlangen<br />
nach Reichtum wurde<br />
zwischen Passeier- und Ridnauntal<br />
ein Bergwerkslabyrinth<br />
von 150 Kilometern<br />
angelegt. Die jahrhundertealten<br />
Silberminen<br />
können noch heute besucht<br />
werden. Von Dagmar<br />
Steigenberger<br />
Ein Ritter reitet durch die lehmigen<br />
Gassen von Bozen. Aus einer<br />
Schmiede krachen rhythmische<br />
Hammerschläge, Funken stauben<br />
unter dem Dach der Werkstatt<br />
hervor. Das letzte der sieben Schwerter,<br />
die der Ritter bestellt hat, ist gerade fertig<br />
geworden. Er mustert die verzierten Griffe,<br />
prüft die Schneiden. Zufrieden zieht er<br />
schließlich einen Beutel hervor und schüttelt<br />
ein paar Silbermünzen in die Hände des<br />
Schmiedes. Reines, glänzendes Silber. Der<br />
Schmied staunt angesichts der Qualität.<br />
»Woher habt ihr das«, will er wissen. Der<br />
Ritter nennt ihm einen Ort droben in den<br />
Bergen Südtirols: den Schneeberg. Von jener<br />
Geschichte aus dem Jahr 1237 nach Christus<br />
ist nur eine Urkunde geblieben. Die erste,<br />
die den Schatz vom Schneeberg erwähnt.<br />
Ein Berg wie ein Emmentaler. Durchlöchert<br />
von vorn bis hinten, von oben bis unten:<br />
So ist der erste Eindruck vom Schneeberg.<br />
An sein Geheimnis, an seinen Schatz,<br />
kann man sich wunderbar anschleichen,<br />
beispielsweise auf einer Wanderung vom<br />
Ridnauntal hoch zur Schneebergscharte.<br />
Schon unterwegs häufen sich die Hinweise:<br />
ein Bremsberg – eine Holzrutschbahn,<br />
über die mithilfe eines Flaschenzuges Material<br />
bergauf und bergab transportiert wurde<br />
– und seltsame Holztüren. Sie führen in<br />
den Berg hinein. Ein paar Meter weit führt<br />
ein Tunnel in die Finsternis, dann versperren<br />
Felsbrocken den Weg. Auf der anderen<br />
Seite, dem Passeiertal, gibt es noch viel<br />
mehr davon. Mehr Felsbrocken und vor al-<br />
Alle Fotos: Heinz Widmann<br />
64 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
1 Das Kirchlein »Maria<br />
Schnee« und die<br />
Schutzhütte Schneeberg<br />
mit alten Hunten<br />
(Bergbau-Förderwagen)<br />
im Vordergrund<br />
2 Hochalpine Gleise:<br />
Der Seemooser-Wassertonnenaufzug<br />
ist<br />
inzwischen wieder<br />
hergestellt.<br />
2<br />
3 St. Martin am<br />
Schneeberg zwischen<br />
1924 und 1948<br />
4 Der Stollenplan des<br />
Schneebergs gleicht<br />
einem einzigen Gewirr<br />
an Gängen, das in den<br />
Felsen getrieben<br />
wurde.<br />
1<br />
3<br />
4<br />
lem viel mehr Gänge. Manche bohren sich<br />
waagrecht in die Felsflanken, andere senkrecht<br />
nach unten. Wären sie nicht vergittert,<br />
würde der Berg die Unvorsichtigen unter<br />
den Wanderern ganz schnell aussieben.<br />
Zig Meter hoch türmen sich Haufen aus rotem<br />
Gestein, einer nach dem anderen. Als<br />
hätten riesenhafte Murmeltiere gewühlt<br />
und gewütet. An den Hängen gegenüber<br />
wächst Gras: ein hübscher Gegenpol zu<br />
dieser roten Marslandschaft, die unter den<br />
Bergschuhen knirscht. Trotzdem laufen die<br />
Wanderer allesamt hier, nicht drüben in der<br />
grünen Idylle. Und sie scheinen zudem gar<br />
keinen Blick zu haben für die Landschaft.<br />
Gebeugt tasten sie sich Schritt für Schritt<br />
weiter. Hin und wieder taucht einer ab,<br />
greift sich einen Stein und beäugt ihn sorgfältig<br />
von allen Seiten. Es bleibt einem gar<br />
keine andere Wahl, als ebenfalls den Boden<br />
abzusuchen. Zu sehen sind: Steine. Rostrote<br />
Steine. Hie und da auch schwarze. Aber<br />
jener Stein hat scheinbar eine seltsame Plage;<br />
er ist übersät von tiefroten, scharfkantigen<br />
Warzen. »Granate, Halbedelsteine«,<br />
erklärt Gabriel Rainer, ein blonder Ridnauner<br />
Wander- und Bergwerksführer. Überall<br />
stechen uns nun Platten mit roten Granat-<br />
Einschlüssen in die Augen. Wenn man die<br />
tiefroten Kristalle doch herausbekäme aus<br />
der steinernen Mangel!<br />
Das Schneeberghaus auf 2355 Metern<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 65
Unfälle waren an der Tagesordnung.<br />
Kurz nach<br />
Eröffnung eines Stollens<br />
brach das weiche Gestein<br />
und schloss sieben<br />
Bergleute ein.<br />
4<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1 Bei der großen<br />
Führung geht es zu<br />
Fuß und mit der<br />
Grubenbahn über<br />
mehrere Kilometer<br />
durch den Berg.<br />
2 Schauraum am<br />
Schneeberg mit<br />
Geräten aus<br />
vergangenen<br />
Bergbauzeiten<br />
3 Der Schneeberg<br />
hat auch über Tage<br />
seinen <strong>Reiz</strong>, vor<br />
allem bei Sonnenschein.<br />
4 Der St.-Martins-<br />
Stollen war einst die<br />
Hauptverkehrsader<br />
des Tunnelsystems.<br />
5 Blick über den<br />
kleinen Schwarzsee<br />
hinüber zu den<br />
Ötztaler Alpen<br />
6 Auf Schutt<br />
gebaut: St. Martin<br />
liegt auf einer Halde<br />
aus zutage gefördertem<br />
Gestein.<br />
ist der Umschlagplatz der Schatzsucher.<br />
Hier sitzen die Wanderer bei einer Suppe,<br />
bei Holunderschnaps oder den speziellen<br />
Nudelgerichten, für die das Haus bekannt<br />
ist, und begutachten ihre Funde. Geoden<br />
– unscheinbare Kugeln, die erst nach dem<br />
Knacken ihr grün, blau oder rot glitzerndes<br />
Inneres offenbaren. Dunkelrote Granate,<br />
hellgoldene Pyrit-Würfel, Brocken mit Silberfäden<br />
und manchmal sogar mit Goldeinschlüssen.<br />
Mineraliensucher mit weniger<br />
Finderglück können im Haus auch einfach<br />
besondere Steine aus der Region kaufen.<br />
Auch früher schon befand sich hier mit der<br />
Knappensiedlung St. Martin das Zentrum<br />
der Schatzsucher, in dem die Bergmänner<br />
aßen und schliefen. Es gab ein Krankenhaus<br />
und sogar eine Schmiede für die<br />
Pferde, die beim Transport halfen. Von den<br />
meisten Gebäuden stehen heute, gut 30<br />
Jahre nach Schließung des Bergwerks, nur<br />
noch die Grundmauern. Lediglich die alte<br />
Schmiede hat die Handwerkskammer als<br />
Schaubetrieb renoviert.<br />
Die Knappen waren hauptsächlich auf eins<br />
aus: Silber. Zuerst schürften sie es an der<br />
Oberfläche des Berges. Als das nicht mehr<br />
genug hergab, sprengten und gruben Bergarbeiter<br />
unzählige Stollen und Schächte<br />
in den Berg. Etwa 150 Kilometer Gänge<br />
durchziehen die Gesteinsmassen zwischen<br />
Passeier- und Ridnauntal. 300 Höhenmeter<br />
unterhalb des Schneeberghauses beginnt<br />
der Karlstollen, der tiefste Stollenteil des<br />
Schneebergs. Erzherzog Ferdinand Karl<br />
hatte 1660 den Auftrag gegeben, auf der<br />
Passeier Seite nach Silber zu graben.<br />
Als man dort das erste Silber findet, lebt Karl<br />
längst nicht mehr. Vier Generationen von<br />
Bergleuten graben den gerade mal schulterbreiten<br />
Tunnel – in einem Jahr kommen<br />
sie etwa drei Meter weit. 90 Jahre lang<br />
wird der Lichtschein ihrer Karbit-Lampen<br />
Alle Fotos: Heinz Widmann<br />
66 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
5 6<br />
nur vom Wasser reflektiert, das als feuchte<br />
Schicht den Granit überzieht, sich zu ihren<br />
Füßen zu einem Rinnsal sammelt und<br />
zum Ausgang plätschert. Hinaus ans Tageslicht,<br />
während die Bergleute sich Schlag für<br />
Schlag zentimeterweise in die andere Richtung<br />
arbeiten. Scheinbar sinnlos. Weit und<br />
breit ist kein Edelmetall in Sicht. Hin und<br />
wieder meißelt einer die Jahreszahl in den<br />
Stein. Dann endlich ernten sie den Lohn für<br />
ihre Mühen: die erste Silberader.<br />
Bis zu 1000 Knappen<br />
Gierig folgen die Arbeiter der Ader in jeder<br />
ihrer Windungen. Das Gestein ist jetzt weicher,<br />
die Arbeit leichter. Aber auch gefährlicher.<br />
Holzbalken werden ins Innere geschafft,<br />
um die Wände gegen ein Einstürzen<br />
abzusichern. Zugleich muss das Silber nach<br />
draußen transportiert werden. Ein emsiges<br />
Wuseln beginnt in den engen Gängen, die<br />
sich jetzt zu einem Labyrinth auf mehreren<br />
Ebenen verästeln. Abzweigungen nach oben,<br />
nach rechts, nach links…<br />
Von der Ridnauner Seite her arbeiten sich die<br />
Menschen ebenfalls in den Berg vor. Nicht<br />
nur mit Pickel und Haue, sondern schließlich<br />
auch mit Sprengstoff, das geht schneller. In<br />
der ersten großen Blütezeit des Bergwerkes<br />
im 15. Jahrhundert sind bis zu 1000 Knappen<br />
untertage an der Arbeit. Sommers wie winters<br />
leben sie während der Werktage in der<br />
Siedlung am Schneeberg. Wenn der Schnee<br />
mehrere Meter hoch liegt – was laut Bergwerksführer<br />
Gabriel Rainer oft passiert, denn<br />
davon hat der Berg schließlich seinen Namen<br />
– graben sie sich in der weißen Masse bis zu<br />
den Stolleneingängen durch. Sicherer ist das<br />
allemal, wegen der Lawinen.<br />
Vor anderen Unglücken waren die Knappen<br />
vom Schneeberg jedoch nicht gefeit.<br />
Mitten im Berg und bei Stirnlampenlicht<br />
erzählt Gabriel Rainer vom letzten Unglück<br />
kurz vor der Schließung des Bergwerks:<br />
Vier Knappen seien damals beinahe<br />
ums Leben gekommen. Das Wasser<br />
hatte nach starken Regengüssen plötzlich<br />
die Gänge überflutet. Schwimmend und<br />
tauchend retteten sich die Bergleute spätabends<br />
nach draußen, während ihre Kollegen<br />
sich bereits zum Totengebet versammelt<br />
hatten. Andere, wie jene, die 1720 in<br />
den Gängen knapp unter der Schneeberg-<br />
Scharte arbeiteten, hatten weniger Glück.<br />
Kurz nach Eröffnung eines Stollens stürzte<br />
das weiche Gestein in sich zusammen und<br />
schloss sieben Arbeiter ein. Als sie nach<br />
einer Woche gefunden wurden, waren<br />
sie längst erstickt. »Das sind nur einige<br />
der Unfälle, von den meisten weiß man<br />
gar nichts«, sagt Rainer. Wer im Bergbau<br />
arbeitete, musste damit rechnen, früh zu<br />
sterben. Entweder bei einem Unglück<br />
TOUR<br />
Durch und über Berge<br />
Führung Schneeberg Bergbauwelt: Vom<br />
Poschhaus geht es mit geliehener Bergmanns-<br />
Ausrüstung – Stiefel, Jacke, Helm und Stirnlampe<br />
– entlang alter Knappenwege auf den höchsten<br />
Punkt, das Kaindljoch mit 2700 Metern. Auf der<br />
anderen Seite führt die Tour hinunter zum<br />
Einkehrschwung ins Schneeberghaus in St.<br />
Martin am Schneeberg. In den Halden rund um<br />
die Schutzhütte fi ndet man Erzstücke und<br />
■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />
Ein Licht am Ende der Tunnels<br />
Mineralien wie Granate und Achate. Der Rückweg<br />
führt über den Karlstollen ins Berginnere, wo die<br />
Grubenbahn wartet und die Wanderer zurück<br />
Richtung Ridnaun transportiert. Tagestour mit<br />
einer Gehzeit von vier bis fünf Stunden.<br />
Sieben Seen: Der erste See, der Moarer<br />
Egetensee auf 2468 Metern, ist vom Poschhaus<br />
aus in einer Stunde zu erreichen. Weiter über das<br />
Egetenjoch (2695 m) und – vorbei an anderen<br />
Berggewässern wie dem Mittleren Egetensee<br />
– hinunter zum Trüber See. Von dort führt ein Weg<br />
zurück »In der Wiegen« zum ersten See und<br />
hinunter zum Poschhaus (4 Stunden). Wer den<br />
großen Rundweg mit Übernachtung auf der<br />
Teplitzer Hütte machen will, marschiert am Trüber<br />
See vorbei Richtung Grohmannhütte und weiter<br />
hinauf zur Teplitzer Hütte (von Maiern aus 6–7<br />
Stunden), und in einer zweiten Etappe über den<br />
Unteren Hochtrog (2839 m) und den Pfurnsee<br />
zurück nach Maiern (4 Stunden).<br />
Beste Jahreszeit: Juni bis Oktober<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 67
Die Flüsse waren so<br />
verseucht, dass bis<br />
Sterzing kein einziger<br />
Fisch mehr im Ridnaunbach<br />
schwamm.<br />
KOMPAKT<br />
Hütten, Bergbau, Museen<br />
Anreise: Mit dem Zug mehrmals täglich<br />
über Innsbruck und Brenner nach Sterzing, von<br />
dort mit dem Bus nach Ridnaun, Auskunft zum<br />
Busfahrplan unter www.sii.bz.it/de/orari.php<br />
oder www.postbus.at<br />
Mit dem Auto über Innsbruck und den Brennerpass<br />
bis Sterzing, von dort auf der Landstraße<br />
nach Ridnaun. Oder über das Ötztal und das<br />
Timmelsjoch nach St. Leonhard in Passeier<br />
Information: BergbauWelt Ridnaun Schneeberg,<br />
Maiern 48, I-39040 Ridnaun, Tel. 00<br />
39/04 72/65 63 64, ridnaun.schneeberg@<br />
bergbaumuseum.it, www.ridnaun-schneeberg.it<br />
Öffnungszeiten Bergbaumuseum Ridnaun:<br />
April bis Oktober und Dezember Dienstag bis<br />
Sonntag 9.30–16.30 Uhr (im August und an<br />
Feiertagen auch montags geöffnet)<br />
ErlebnisBergwerk Schneeberg Passeier,<br />
Schneeberg OHG, Gerichtsweg 9, I-39015 St.<br />
Leonhard in Passeier, Tel. 00 39/04 73/64 70<br />
45, info@schneeberg.org, www.schneeberg.org,<br />
1<br />
1 Die Barbaratafel<br />
an einer Abzweigung<br />
des Martins-Stollens.<br />
Die heilige<br />
Barbara gilt seit<br />
jeher als Schutzpatronin<br />
der Bergleute.<br />
Der Stollen rechts<br />
führt unter anderem<br />
ins »Himmelreich«.<br />
2 Silberhaltiger<br />
Bleiglanz, bis etwa<br />
1870 das Haupterz<br />
am Schneeberg<br />
oder, was viel häufiger vorkam, an der<br />
Staublunge.<br />
Doch das Bergwerk brachte auch Wohlstand.<br />
Von den Höfen in der Nachbarschaft<br />
gibt es kaum einen, der nicht irgendwie in<br />
den Bergbau involviert gewesen wäre: als<br />
Knappe, Fuhrmann, Schmied oder Tischler.<br />
Dabei wurde das Silber<br />
nicht einmal direkt vor<br />
Ort verarbeitet,<br />
sondern in der<br />
Öffnungszeiten ErlebnisBergwerk Passeier: 15.<br />
Juni bis 15. Oktober<br />
Hütten: Schneeberghaus (2355 m), 100<br />
Schlafplätze, geöffnet 15. Juni bis 15. Oktober,<br />
Tel. 00 39/04 73/64 70 45, info@schneeberg.<br />
org, www.schneeberg.org, Zustieg von Moos in<br />
Passeier 4 Stunden, von Maiern im Ridnauntal<br />
über das Poschhaus und die Schneebergscharte<br />
5 Stunden;<br />
Poschhaus (2113 m), 25 Matratzenlager,<br />
geöffnet Juni bis Oktober, Tel. 00 39/04 72/75<br />
68 84, Zustieg von Maiern 2 Stunden;<br />
Teplitzer Hütte (auch Feuersteinhütte, 2586<br />
m), 30 Betten und 50 Matratzenlager, geöffnet<br />
Ende Juni bis Ende September, Winterraum,<br />
Tel. 00 39/04 72/65 62 56, kürzester Zustieg<br />
von Maiern 3½ Stunden, über Poschhaus und<br />
sieben Seen 6–7 Stunden<br />
Karte: Freytag & Berndt 1:50 000, WKS 8<br />
»Passeiertal – Timmelsjoch – Jaufenpass«,<br />
www.freytagberndt.com<br />
2<br />
Münzprägestätte in Hall. »Ridnaun- und<br />
Passeiertal waren vom Bergbau abhängig«,<br />
sagt Gabriel Rainer. Sein Vater hat noch im<br />
Erzbergwerk geschürft.<br />
Das Silber bringen jetzt die Touristen<br />
1979 wurde der Abbau unter dem Schneeberg<br />
beendet. Zum einen wurde das Metall<br />
anderswo inzwischen billiger zutage gefördert;<br />
weshalb sich die mühselige und gefährliche<br />
Arbeit nicht mehr rentierte. Zum<br />
anderen entwickelte sich zur gleichen Zeit<br />
ein immer stärker werdendes Bewusstsein<br />
für die Umwelt. Ringsum seien die Flüsse<br />
verseucht gewesen von den Chemikalien,<br />
mit deren Hilfe man das Silber aus den<br />
abgebauten Steinbrocken wusch, erinnert<br />
sich Gabriel Rainer. »Bis Sterzing ist kein<br />
einziger Fisch mehr im Ridnaunbach geschwommen.«<br />
Und heute? In gewisser Weise zehren die Bewohner<br />
noch immer vom Schatz des Berges:<br />
nicht mehr vom Erz, das in seinen Eingeweiden<br />
übrigens nach wie vor haufenweise vorhanden<br />
wäre (eine kanadische Firma fragte<br />
vor ein paar Jahren nach, ob sie am Schneeberg<br />
nach Gold schürfen dürfe). Sondern von<br />
seiner einzigartigen Geschichte, die im Museum,<br />
mit der Vorführung alter Gerätschaften<br />
und bei Rundgängen in den Stollen zum<br />
Leben erweckt wird: Das Silber bringen jetzt<br />
die Touristen in die Region.<br />
Mit Regenjacke, Helm und Stirnlampe anstatt<br />
grober Leinenklamotten, Pickel und<br />
Karbitlampe sind die Urlaubsknappen mit<br />
Rainer Gabriel in den Stollen unterwegs.<br />
Alleine wären sie hier unten verloren: in<br />
diesem Labyrinth von Gängen, die zum Teil<br />
in nicht durchlüftete Sackgassen führen.<br />
Manche Stollen sind eingestürzt, andere<br />
einsturzgefährdet. Wie tief sie führen, weiß<br />
nicht mal Rainer genau, obwohl er mit seinen<br />
Kollegen schon eine ganze Menge erforscht<br />
hat. »In den ältesten Teil unterhalb<br />
des Karlstollens kommt man nicht rein, das<br />
ist zu gefährlich«, sagt der Bergwerksführer.<br />
Sogar in den begehbaren Bereichen sind die<br />
Gänge teils so niedrig, dass auch die Kleinsten<br />
den Kopf einziehen müssen.<br />
Der Fels glitzert im Schein der Stirnlampen,<br />
nicht nur wegen der Silberadern, sondern<br />
auch wegen des Wassers, das aus den Ritzen<br />
tritt und sich zu Füßen der Abenteurer zu einem<br />
klaren Bächlein sammelt. An den morschen<br />
Holzbalken nagt ein weißer Schimmelpilz.<br />
Wie Watte sieht er aus. Rostrote<br />
und weiße Rinnsale überziehen die Wände<br />
wie Malerfarbe, die zu dick aufgetragen wurde.<br />
Sie stammen vom Eisen, das mit Wasser<br />
und Kalk gemischt einen zähflüssigen Brei<br />
gibt. Rainer sagt: »Der Berg blutet.« ◀<br />
68 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
12x grüßt BERGSTEIGER<br />
Die neue Fotoedition exklusiv und gratis nur für Abonnenten!<br />
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Exemplar der BERGSTEIGER-<br />
Fotoedition.<br />
Die Postkarten – mit Motiven von<br />
dem renommierten Bergfotografen<br />
Bernd Ritschel – sind aus hochwertigem<br />
Chromokarton, 12 x 17 cm<br />
groß und erscheinen in limitierter<br />
Auflage.<br />
In 5/2013<br />
Foto: Andreas Strauß<br />
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AUF TOUR<br />
SERIE: Hüttenzauber<br />
TEIL 5: Franz-Senn- Hütte<br />
HÜTTENZAUBER<br />
Stubaier Wintermärchen: Bis<br />
weit in das Frühjahr hinein<br />
strotzen die Hänge rund um<br />
die Franz-Senn-Hütte nur so<br />
vor Schnee.<br />
Tempel der<br />
Tourengeher<br />
Der Tourismuspionier und DAV-Mitbegründer<br />
Franz Senn würde heute wohl seinen<br />
Augen kaum trauen: Die nach ihm benannte<br />
Hütte verfügt über WLAN und Webcam.<br />
Von Dominik Prantl<br />
Wenn man so möchte, hat<br />
Franz Senn es geschafft. Unten<br />
am Parkplatz in der kleinen<br />
Siedlung Seduck reihen<br />
sich selbst unter der Woche<br />
Autos an VW-Busse und Transporter. Ein gutes<br />
Dutzend Skitourengeher jeglichen Alters<br />
und Fitnesszustands schnallt sich gerade die<br />
Ski unter. Wer sich dann auf den dreistündigen<br />
Weg macht, über Stücklenalm und<br />
Oberissalm hinauf zur Franz-Senn-Hütte,<br />
ist selten allein. Oben kann es passieren,<br />
dass Thomas Fankhauser, Wirt der bis zu<br />
180 Hochtouristen fassenden Hütte, erklärt:<br />
»Wir sind ausgebucht.«<br />
Franz Senn konnte von einem derartigen Ansturm<br />
nur träumen. Er durfte nicht einmal<br />
die Eröffnung der nach ihm benannten Hütte,<br />
einer der frühen Bauten im hochalpinen<br />
Gelände, erleben. Dafür ist er im Januar 1884<br />
etwa 20 Monate zu früh verstorben. Aber
Wie eine Ameisenstraße zieht sich die Tourengeher-Karawane zum Alpeiner Ferner.<br />
Fotos: Horst Fankhauser, Dominik Prantl<br />
Senn ist ein Pionier des Alpentourismus. Zu<br />
seiner Zeit gab es keine Autoreihen in abgelegenen<br />
Alpentälern, keine Tourengeherkolonnen;<br />
ja, selbst den Deutschen Alpenverein<br />
musste Senn 1869 erst noch mit ein paar<br />
Gleichgesinnten gründen.<br />
Senn glaubte an die positiven Effekte des<br />
Fremdenverkehrs und dass dieser ein Motor<br />
in den von Industrialisierung und Wohlstand<br />
weitgehend abgeschnittenen Alpenregionen<br />
sein könnte. So wie in Vent im hinteren Ötztal,<br />
wo er als Priester anno1860 freiwillig die<br />
Kuratie St. Jakob übernahm. Oder in Neustift,<br />
wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte,<br />
ehe er an Tuberkulose starb.<br />
Nach allem, was der Literatur zu entnehmen<br />
ist, war Franz Senn ein Hochbegabter aus<br />
dem Ötztal, dem ein Gönner das Studium finanzierte.<br />
Der vom Schicksal derart Begünstigte<br />
dachte fortan keineswegs nur an sich<br />
selbst. Bitterarm waren die Menschen in seiner<br />
Heimat und an seinen Wirkungsstätten<br />
damals, weil noch keine Teerstraßen ans Talende<br />
führten, wo die Navigationssystem-gelenkten<br />
VW-Busse perfekt ausgestattete Freizeitalpinisten<br />
in Powerstretch und Hardshell<br />
ausspucken. Senn plädierte schon damals –<br />
vor 150 Jahren – dafür, Hütten, Steige und<br />
Wege anzulegen, wo andere nur wertlose<br />
Bäche, Almen und Berge sahen.<br />
Diese Almen und Bäche sind freilich immer<br />
noch da, die Berge sowieso. Groß und schön<br />
und stolz sind sie in menschlichen Dimensionen<br />
gemessen ein nahezu zeitloses Kapitel.<br />
Der Tourismus hat allerdings nicht nur die<br />
Wege und Mittel geändert – wer möchte<br />
kann sich sein Gepäck gegen einen Aufpreis<br />
hoch zur Hütte transportieren lassen –, er<br />
unterliegt selbst einer ständigen Veränderung.<br />
Wurden für das Jahr 1891 insgesamt 97<br />
<strong>Bergsteiger</strong> auf der Franz-Senn-Hütte regist-<br />
riert, trifft diese Zahl heute manchmal innerhalb<br />
weniger Stunden ein. Horst Fankhauser,<br />
der vor seinem Sohn Thomas hier oben 31<br />
Jahre lang als Wirt und Bergführer Gäste betreute,<br />
hat eine Beschleunigung registriert. Er<br />
nennt es »ein ständiges Kommen und Gehen«.<br />
Früher seien die Bergtouristen im Normalfall<br />
eine Woche geblieben, manchmal auch<br />
14 Tage; und wenn das Wetter nicht passte,<br />
wurde gespielt, gelesen, oder was den Menschen<br />
sonst eben so auf einer Hütte einfällt.<br />
Heute stornieren die Bergliebhaber ihren<br />
Aufenthalt bei negativen Wetterprognosen,<br />
oder erkundigen sich vor Schönwetterperioden<br />
kurzfristig nach einem Bett. Vorzugsweise<br />
im Doppelzimmer. Hüttengefühl ist<br />
schön und gut, aber am besten doch bitte<br />
bei strahlendem Sonnenschein und in privater<br />
Atmosphäre. Dabei kostet eine Übernachtung<br />
im Doppelzimmer mit Halb-<br />
Alle Fotos: Bernd Ritschel<br />
KOMPAKT<br />
Hütteneinmaleins<br />
Lage: Auf 2149 Metern in den<br />
Stubaier Alpen oberhalb des<br />
kleinen Weilers Seduck bei<br />
Neustift im Stubaital<br />
Kapazität: 80 Betten und 90<br />
Plätze in den Matratzenlagern;<br />
der Winterraum bietet Platz für<br />
acht Personen.<br />
Zugänge: Im Winter (Februar<br />
bis Mai) wird der Ausgangsort<br />
Seduck meist mit dem eigenen<br />
Pkw angefahren. Wegen der<br />
eingeschränkten Parkmöglichkeiten<br />
wird allerdings eine<br />
Anreise in Fahrgemeinschaften<br />
bzw. dem Taxi empfohlen.<br />
Von Seduck mit Tourenski<br />
dem ausgeschilderten Weg<br />
zur Hütte folgten (ca. 3 Std.).<br />
Ein Gepäcktransport ist nach<br />
telefonischer Vereinbarung<br />
möglich.<br />
Öffnungszeiten 2013: 20.<br />
Februar bis Anfang Mai und<br />
12. Juni bis Ende September/<br />
Anfang Oktober<br />
Preise: AV-Mitglieder zahlen<br />
8,50 Euro im Matratzenlager<br />
und 17,50 Euro im Zweibettzimmer,<br />
Nicht-Mitglieder 19,50<br />
im Matratzenlager und 32,20<br />
Euro im Zweibettzimmer. Die<br />
Halbpension (mehrere Gänge)<br />
kostet je 34 Euro Aufpreis.<br />
Adresse: Fam. Fankhauser,<br />
Schulweg 18, A-6167<br />
Neustift i.St.<br />
E-Mail:<br />
www.franzsennhuette.at<br />
Telefon:<br />
Tel. 00 43/52 26/22 18<br />
Infrastruktur: Die Hütte<br />
wist ausgestattet mit Kaltund<br />
Warmwasser, Duschen,<br />
einem eigenen Wasserkraftwerk<br />
zur Energieversorgung,<br />
einer Seilbahn für Material<br />
und Gepäcktransport, einer<br />
hybriden Heizanlage (Strom,<br />
Öl und Pyrolyse) sowie einer<br />
teilbiologischen Kläranlage.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 71
TOUREN<br />
Skihochtouren für<br />
Könner und Anfänger<br />
Rund um die Franz-Senn-Hütte gibt es etliche Skitouren<br />
von leicht bis anspruchsvoll. Hier eine kleine Auswahl.<br />
1 Hüttenzustieg<br />
▶ mittel 3 Std.<br />
700 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Bis zur Oberisshütte<br />
fl acher, langgezogener Anstieg durch<br />
eine herrliches Tal. Von der Oberisshütte<br />
geht es dem Winterweg folgend<br />
auf schmalem Weg durch einen<br />
bewaldeteten Hang stets aufwärts<br />
und schließlich an der Schlucht des<br />
Alpeiner Baches scharf rechts durch<br />
Latschen und über die Almwiesen<br />
der Alpeinalm über eine Bachbett zu<br />
einem kurzen, aber steilen Hang. Ist<br />
dieser überwunden, kommt schon<br />
bald die Hütte in Sicht.<br />
Ausgangpunkt: Seduck (1456 m)<br />
Route: Seduck – Stöcklenalm –<br />
Oberisshütte – Alpeinalm (2042 m)<br />
– Franz-Senn-Hütte<br />
2 Kräulscharte (3069 m)<br />
▶ einfach 3½ Std.<br />
950 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Wegen der vergleichsweise<br />
geringen Spalten- und Lawinengefahr<br />
sowie der unschwierigen<br />
Anstiege eine der beliebtesten Touren<br />
rund um die Franz-Senn-Hütte. Von<br />
dieser führt der Aufstieg gen Süden<br />
durch das Stiergschwez. Dort nach<br />
rechts und parallel zu den Abstürzen<br />
der Sommerwand zum Sommerwandferner.<br />
Rechts des markanten, den<br />
Gletscher trennenden Felskopfes geht<br />
es hoch zur Kräulscharte.<br />
Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />
(2149 m)<br />
Route: Franz-Senn-Hütte – Stiergschwez<br />
– Sommerwandsee – Sommerwandferner<br />
– Kräulscharte – und zurück.<br />
3 Wildes Hinterbergl (3288 m)<br />
▶ mittel 4½ Std.<br />
1140 Hm + 15 J.<br />
Charakter: Beliebte, nur an der<br />
Turmscharte etwas kniffl ige Skitour.<br />
Die erste Stunde entlang des Alpeiner<br />
Baches dient dem Warmlaufen,<br />
ehe die erste, unproblematische<br />
Steilstufe kommt. Ist diese überwunden,<br />
geht es weiter in Richtung<br />
des markanten Gletscherbruchs und<br />
auf 2700 Metern schließlich scharf<br />
rechts zum Verborgenen-Berg-Ferner.<br />
An dessen nördlichen Rand steigt<br />
man zur Turmscharte (3126 m), einer<br />
drahtseilversicherten Kletterpassage<br />
zwischen Vorderem und Wildem Turm,<br />
auf. Bei entsprechender Routenführung<br />
ist die Spalten- und Lawinengefahr<br />
recht übersichtlich, wobei<br />
man sich nach der Turmscharte auf<br />
den letzten etwa 150 Höhenmetern<br />
zum Gipfel nicht zu weit links<br />
halten sollte. Die Abfahrt über den<br />
Turmferner ist sicherer als über den<br />
Berglasferner!<br />
Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />
(2149 m)<br />
Route: Franz-Senn-Hütte – Verborgener-Berg-Ferner<br />
– Turmscharte (3126<br />
m) – Wildes Hinterbergl<br />
– Turmferner – Franz-<br />
Senn-Hütte.<br />
Tourenkarte 9<br />
Heftmitte<br />
4 Östliche Seespitze (3416 m)<br />
Nachmittags füllt sich die Terasse mit Südwest-Blick.<br />
Passt nicht in die Wintersaison: Klettersteige und Flying Fox<br />
■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />
72 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13<br />
▶ schwierig 4½ Std.<br />
1270 Hm –<br />
Charakter: Anspruchvolle Skitour<br />
mit teilweise erheblicher Spalten-<br />
und Lawinengefahr. Mehrere<br />
steile Anstiege und extrem steile<br />
Gipfelpassagen! Talhatscher-Auftakt<br />
bis zur Gletscherzunge des Alpeiner<br />
Ferners, dann nach links auf den<br />
Alpeiner Kräulferner, den es sehr<br />
steil zu queren gilt. Immer entlang<br />
der von unten gesehen linken Seite<br />
An der Turmscharte werden die Skier an den Rucksack geschnallt.<br />
(orografi sch rechts) und durch den<br />
relativ fl achen Gletscherkessel zur<br />
steilen, oft harten Gipfelfl anke. Stets<br />
links haltend (orogr. rechts) gen<br />
Scharte. Von dort je nach Schneelage<br />
mit Ski oder Schuhen (Steigeisen!)<br />
über den Ostgrat ohne größere technische<br />
Schwierigkeiten zum Gipfel.<br />
Scharte und Grat sind teilweise stark<br />
überwechtet.<br />
Ausgangspunkt: Franz-Senn-Hütte<br />
(2149 m)<br />
Route: Franz-Senn-Hütte – Alpeiner<br />
Ferner (ca. 2660 m) – Alpeiner<br />
Kräulferner – Scharte – Ostgrat – Östliche<br />
Seespitze – zurück auf dem<br />
Anstiegsweg<br />
Tourenkarte 10<br />
Heftmitte
Fotos: Dominik Prantl<br />
Dreitausender-Blick vom Wilden Hinterbergl, einem Skitourenklassiker der Stubaier Alpen<br />
pension für Nicht-Alpenvereinsmitglieder<br />
auf der Franz-Senn-Hütte fast so viel wie<br />
eine feine Unterkunft unten in Neustift.<br />
Angesichts der steigenden Nachfrage hat der<br />
Wirt die Grundsätze Senns längst weiterentwickelt.<br />
»Wir sollten den Mut haben, mehr<br />
zu bieten und mehr zu verlangen«, sagt Thomas<br />
Fankhauser. Es geht nicht mehr darum,<br />
wie man die Leute in die Berge lockt, sondern<br />
was man ihnen dort bieten sollte. Die<br />
großen Schlafeinheiten seien nicht mehr<br />
zeitgemäß, außerdem übersteige die Nachfrage<br />
nach Doppelzimmern das Angebot. In<br />
anderen Bereichen hat Fankhauser (wie auch<br />
schon dessen Eltern) das Erbe in die Moderne<br />
überführt. Mit Webseite und Webcam<br />
informieren die Pächter über die aktuelle<br />
Lage am Berg; auf der Hütte kann der Gast<br />
wiederum per WLAN mit der Welt in Verbindung<br />
bleiben. Das Essen schmeckt sowieso<br />
besser als in den meisten Wirtshäusern im<br />
Tal, und man weiß nicht so recht, ob das nun<br />
an der Höhenluft oder der Küche liegt. Wie<br />
viele andere alpinen Unterkünfte verliert die<br />
Franz-Senn-Hütte damit langsam den Status<br />
als Zufluchts- und Schutzstätte abseits der<br />
Zivilisation. Sie dient den Menschen mehr<br />
als Tapeten- oder besser: Panoramenwechsel.<br />
Und der ist natürlich großartig, weil die umliegenden<br />
Dreitausender der Stubaier Alpen<br />
bis weit in den Frühling hinein nur so vor<br />
Schnee strotzen. Bis Anfang Mai wird die Sai-<br />
son laufen, ehe die Natur die umliegenden<br />
Hänge während einer relativ kurzen Betriebspause<br />
von etwa fünf Wochen neu einkleidet.<br />
Fankhauser selbst mag den Winter, trotz der<br />
etwas komplizierteren Logistik, denn »er ist<br />
für uns gemütlicher.« Seine Winterbesucher<br />
reservieren in 95 Prozent der Fälle und buchen<br />
beinahe ebenso häufig die Halbpension<br />
mit mehrgängigem Abendessen. Sie ist das<br />
tägliche Brot des Hüttenwirts, da er an den<br />
vom Alpenverein vorgegebenen Übernachtungspreisen<br />
kaum etwas verdiene. Außerdem<br />
starten Wintergäste frühmorgens schon<br />
allein wegen der im Tagesverlauf steigenden<br />
Lawinengefahr beinahe gleichzeitig. Dem<br />
Wirt gibt das Planungssicherheit und auch<br />
etwas Zeit zum Durchschnaufen. Um halb<br />
acht zieht die Tourengeher-Karawane zum<br />
Alpeiner Gletscher und dann auf die umliegenden<br />
Gipfel und Scharten. Im Sommer,<br />
wenn Alpinisten und Wanderer eher spontan<br />
vorbeischauen, ist das ständige Kommen<br />
und Gehen noch viel ausgeprägter.<br />
Franz Senn, den eine Tafel an der Hüttenwand<br />
als »Seelsorger, Tourismuspionier, Mitbegründer<br />
des Alpenvereins, Alpinist« würdigt,<br />
würde sich wohl sommers wie winters<br />
ganz schön wundern. Vor allem aber wäre er<br />
ein bisschen stolz auf seine Hütte.<br />
LITERATURTIPP: Luis Oberwalder u. a. »Franz<br />
Senn. Alpinismuspionier und Gründer des Alpenvereins«,<br />
199 Seiten, Tyrolia Innsbruck, 2004<br />
Die Bordierhütte bietet ein tolles 4000er-Panorama<br />
Meine Lieblingshütte:<br />
Bordierhütte, Walliser Alpen<br />
Von BERGSTEIGER-Leser Andreas Effenberger<br />
aus Weil im Schönbuch<br />
Foto: Pius Schnidrig<br />
Die kleine, aber feine Bordierhütte<br />
steht spektakulär in der<br />
Nördlichen Mischabelkette in<br />
den Walliser Alpen gegenüber dem<br />
Riedgletschereisfall. Die Lage beeindruckt<br />
nicht nur wegen des Blicks<br />
zu den 4000ern wie Dürrenhorn<br />
oder Stecknadelhorn, sondern<br />
auch durch wunderbare Sonnenuntergänge.<br />
Diese genießt man<br />
am besten nach einem reichhal-<br />
tigen Abendessen auf den von der Sonne<br />
erwärmten Granitfelsen, welche auch die<br />
Steinböcke ringsum sehr zu schätzen wissen.<br />
Die Bordierhütte ist auch deshalb ein echter<br />
»Leckerbissen«, weil nach langen sensationellen<br />
Touren wie dem Nadelgrat ein selbstgebackener<br />
Kuchen der Hüttenwirtin auf die<br />
<strong>Bergsteiger</strong> wartet – einfach klasse!<br />
Steckbrief:<br />
Bordierhütte,<br />
Walliser Alpen<br />
Lage: Mischabelgruppe<br />
in den Walliser Alpen auf<br />
2886 m (Talort Grächen)<br />
Schlafplätze: 44 (aufgeteilt<br />
in 4 Schlafl ager)<br />
Kontakt:<br />
Tel. 00 41/27/9 56 23 45<br />
www.bordierhuette.ch<br />
Öffnungszeiten: Mitte Juni<br />
bis Mitte September<br />
Schicken Sie uns Ihre Lieblingshütte<br />
per Post oder an<br />
bergsteiger@bruckmann.de!<br />
Es gibt Preise…<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 73
AUF TOUR<br />
Der<br />
hohle<br />
Berg<br />
Der Thomas-Eder-<br />
Steig, den man im<br />
Abstieg vom Salzburger<br />
Hochthron<br />
begeht, bietet spektakuläre<br />
Passagen.<br />
Es gibt wohl im gesamten Alpenbogen kaum<br />
einen Berg, um den sich so viele Sagen ranken,<br />
wie um den Untersberg, und das hat einen<br />
geologischen Hintergrund. Von Ulrich Lagally<br />
(Geologie) und Siegfried Garnweidner (Tour)<br />
Weit reicht der Blick vom Salzburger Hochthron<br />
über das Geiereck nach Salzburg.<br />
»Dieser Untersberg wird auch genennt<br />
der Wunderberg und zwar<br />
darum, weil er sowohl an äußerlich,<br />
sonderbar aber an innerer Gestalt<br />
viel Wunderwürdiges in sich fasset.«<br />
Dies steht in Aeußers Büchlein »Sagen der<br />
Vorzeit, oder ausführliche Beschreibung<br />
von dem berühmten salzburgischen Untersberg<br />
oder Wunderberg« von 1782.<br />
Durch die vielen Höhlen und Dolinen hat<br />
der Untersberg auf den Menschen schon immer<br />
unheimlich gewirkt, und tatsächlich<br />
ist der Berg innen mehr oder weniger hohl.<br />
Alle möglichen Gestalten sollen dort wohnen:<br />
Friedrich Barbarossa, Kaiser Karl der<br />
Große, wilde Frauen, die ins Tal kamen, um<br />
Knaben zu rauben, oder Bergmännlein, die<br />
in einem riesigen Marmorschloss wohnen.<br />
Wer sich auf die Suche nach diesen Wesen<br />
machen will, steigt am besten auf dem<br />
Weinsteig auf. Der Weg wird wenig begangen,<br />
weshalb die Chance, eine bewohnte<br />
Höhle zu finden, wahrscheinlich größer<br />
ist als auf den viel begangenen Steigen<br />
oder gar in der Nähe der Seilbahntrasse.<br />
Hält man sich an die Routenbeschreibung,<br />
kommt man nicht nur auf den Gipfel, sondern<br />
auch zur Schellenberger Eishöhle, die<br />
allein schon die Mühe des langen Aufstiegs<br />
und des gewaltigen Rückwegs wert ist. Und<br />
angesichts der enormen Tagesleistung von<br />
1850 Höhenmetern und gut 15 Kilometern<br />
Entfernung wird der Wanderer in der folgenden<br />
Nacht gut schlafen und sich im<br />
Traum nicht mit mysteriösen Gestalten aus<br />
dem Untersberg herumplagen müssen.<br />
Der Grund, warum der Weg Weinsteig<br />
heißt, könnte mit einer alten Sage zu tun<br />
haben: Ein rechtschaffener Fuhrmann war<br />
74 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
SERIE: GeoTop-Touren in den Alpen<br />
Teil 12: Was der Untersberg hergibt<br />
Fotos: Siegfried Garnweidner<br />
mit einem großen Weinfass nach Hallein<br />
unterwegs, um es bei einem vornehmen<br />
Herrn abzuliefern. Bei St. Leonhard in der<br />
Nähe des Untersbergs wurde er von einem<br />
Bergmännlein aufgehalten, das ihn aufforderte,<br />
ihm zu folgen. Es würde ihn gut<br />
für den Wein bezahlen, besser als er es in<br />
Hallein zu erwarten habe. Der brave Fuhrmann<br />
lehnte ab. Daraufhin drohte das<br />
Bergmännlein, den Fuhrmann derart in<br />
die Irre zu führen, dass er sich nicht mehr<br />
auskenne. In seiner Angst gab der biedere<br />
Kutscher nach und willigte ein, denn es<br />
erschien ihm besser, einer dubiosen Sache<br />
nachzugeben als verloren zu sein.<br />
Das Männlein führte die Pferde auf den<br />
Wunderberg zu, und dem Fuhrmann war,<br />
als ob sie auf einer Straße unterwegs seien,<br />
die er noch nie gesehen hatte. So recht bekam<br />
er das alles aber nicht mehr mit, denn<br />
je näher sie dem Berg kamen, umso müder<br />
wurde er, und schließlich sank er in tiefem<br />
Schlaf. Er erwachte erst, als sie bei einem<br />
riesigen Schloss ankamen, das aus weißem<br />
und rotem Untersberger Marmor erbaut<br />
auf einem hohen Felsen stand. Das Dach<br />
des Schlossturms war mit blankem Kupfer<br />
gedeckt und die Fenster waren aus reinem<br />
Kristall. Erst nach vielen Gräben, Brücken,<br />
Toren und Gittern gelangten sie schließlich<br />
ins Schloss, in dem viele kleine Bergmännlein<br />
hausten. Nur eins war etwas kräftiger<br />
als die anderen, und wie sich herausstellte,<br />
der Kellermeister. Er forderte den Fuhrmann<br />
mit fröhlicher Stimme auf, nicht<br />
traurig zu sein und seiner Einladung folgend<br />
kräftig zu essen und zu trinken.<br />
Glossar: Marmor<br />
Als Marmor bezeichnet man landläufi g<br />
einen Kalkstein, der sich gut für bildhauerische<br />
oder bauliche Zwecke eignet. Im<br />
wissenschaftlichen Sinn ist Marmor ein<br />
metamorphes, d. h. im Erdinneren bei der<br />
unter hohen Temperaturen und Drucken<br />
verlaufenden Metamorphose umgewandeltes<br />
Karbonatgestein. Es weist mindestens 50 %<br />
der Minerale Calcit, Dolomit oder Aragonit<br />
auf. Meist sind Calcitkristalle mit bloßem<br />
Auge erkennbar.<br />
Untersberger Marmor bekommt man<br />
in dem Steinbruch gleich am Beginn der<br />
Tour zu sehen.<br />
Untersberger Marmor<br />
wird seit Jahrhunderten wirtschaftlich<br />
genutzt. Dieser<br />
Aufschluss hier, wie Geologen<br />
Gesteinsfreilegungen ohne Bodenbedeckung<br />
und Bewuchs<br />
nennen, ist gleich in zweifacher<br />
Hinsicht interessant. Einmal ist<br />
es das Gestein selbst, das als dekorativer<br />
Baustein schon in der<br />
Römerzeit sehr geschätzt war.<br />
Man weiß das von Bruchstücken<br />
verschiedener Gegenstände, die<br />
man in einer Abfallhalde in der<br />
Nähe gefunden hat und die nun<br />
im Untersbergmuseum in Fürstenbrunn<br />
(www.museum.untersberg.net)<br />
ausgestellt sind.<br />
Untersberger Marmor kommt in<br />
unterschiedlichen Varietäten vor:<br />
von gelblichen und rötlichen,<br />
brekziösen Kalksteinen bis zu<br />
einer mit roten Flecken gesprenkelten<br />
Spielart, dem so genannten<br />
Forellenmarmor. Auf Grund<br />
seiner guten Bearbeitbarkeit, Polierfähigkeit<br />
und Beständigkeit<br />
wird das Gestein mit dem hier im<br />
wissenschaftlichen Sinn nicht<br />
zutreffenden Begriff »Marmor«<br />
bezeichnet.<br />
In weitestem Sinne ähnelt der<br />
Untersberger Marmor einigen<br />
der von mehreren Stellen am<br />
Alpennordrand bekannten »Marmoren«<br />
der Jurazeit. Sie wurden<br />
in der Gegend von Schwangau,<br />
Mittenwald, Tegernsee und Ruhpolding<br />
gebrochen oder befinden<br />
sich, wie südlich von Salzburg<br />
bei Adnet, immer noch in Abbau.<br />
Diese Kalksteine entstanden im<br />
Zeitraum von 200 und 150 Millionen<br />
Jahren vor heute in einem<br />
unruhigen Meer, das in unterschiedliche<br />
Becken und Schwellen<br />
gegliedert war. Im Verlauf<br />
der Bildung des Alpengebirges<br />
wurden die Schichten dieser Ablagerungsbereiche<br />
zusammengestaucht,<br />
übereinander geschoben<br />
und als so genannte Decken weit<br />
nach Norden transportiert.<br />
Obwohl er direkt auf einer solchen<br />
Decke liegt, besitzt der<br />
Untersberger Marmor hingegen<br />
eine ganz andere Entstehungsgeschichte.<br />
Zwar entstand auch er<br />
in einem unruhigen Meeresteil<br />
küstennah im Bereich von Riffen.<br />
Darauf weisen uns die vielen<br />
unterschiedlichen, mit Kalkspat<br />
zusammengekitteten Gesteinsbruchstücke<br />
und Reste von Fossilien<br />
hin. Allerdings sind diese<br />
Schichten wesentlich jünger, sie<br />
wurden erst in der Oberkreidezeit<br />
vor rund 85 Millionen Jahren<br />
abgelagert. Und das Besondere<br />
ist: Sie entstanden erst, nachdem<br />
die Hauptphase des Deckenbaus<br />
der Nördlichen Kalkalpen bereits<br />
abgeschlossen war. Die Sedimente,<br />
man bezeichnet sie nach<br />
ihrem typischen Vorkommen<br />
im Salzkammergut als »Gosau«,<br />
legten sich über den jeweiligen<br />
Untergrund, so wie er nach der<br />
Faltung und Verschiebung der<br />
Gesteine verblieben war: Darunter<br />
findet man fast alle Gesteine<br />
vom verfalteten Wettersteinkalk<br />
und Ramsaudolomit, ja sogar den<br />
Werfener Schichten vom Beginn<br />
der Triaszeit, bis zu den Riffkalksteinen<br />
des oberen Jura.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 75
Das Ziel der Tour ist nicht unbedingt der Gipfel, sondern eine Führung durch die<br />
Schellenberger Eishöhle.<br />
Heute werden Kugeln in verschiedenen<br />
Größen als Souvenir hergestellt.<br />
Fotos: Siegfried Garnweidner<br />
Schellenberger Eishöhle<br />
Mit der Schellenberger Eishöhle<br />
am Ziel unserer Tour erwartet<br />
uns auf bayerischem Gebiet<br />
eine weitere geologische Sensation.<br />
Denn hier, in 1570 Meter<br />
Höhe, befindet sich die einzige<br />
Eisschauhöhle Deutschlands.<br />
Sie wurde im Jahr 1826 erstmals<br />
erwähnt, seit 1874 laufen die Arbeiten<br />
zu ihrer Erforschung und<br />
Erschließung, die noch lange<br />
nicht abgeschlossen sind. Allerdings<br />
kann man bei der Führung<br />
etwa 500 Meter der bisher bekannten<br />
Länge von 3621 Meter<br />
besichtigen.<br />
Bei der Eishöhle, die auch im<br />
Geotopkataster Bayern des<br />
Landesamtes für Umwelt verzeichnet<br />
ist und aus geowissen-<br />
Nach dem Mahl führten sie ihn von einer<br />
Palasthalle in die nächste, jede großartiger<br />
als die vorherige: Mauern aus purem Gold,<br />
vier angekettete goldene Riesen und ein<br />
gekröntes Männlein, das die Riesen zusammenhielt.<br />
Die Bedeutung der Statuen konnte<br />
der Fuhrmann nicht erraten. Es wird gemunkelt,<br />
dass es in allen damals bekannten<br />
vier Weltteilen Krieg geben würde oder die<br />
vier größten Monarchen in unserem Erdteil<br />
schaftlicher Sicht als besonders<br />
wertvoll eingestuft wurde, handelt<br />
es sich nicht, wie bei der Eiskapelle<br />
am Fuß des Watzmanns,<br />
um eine Höhle innerhalb eines<br />
Gletschers oder Firneisfeldes.<br />
Hier ist ein großer Hohlraum<br />
im mächtigen Dachsteinkalk<br />
ganzjährig mit unterschiedlichen<br />
Eisbildungen gefüllt. Da<br />
die Temperatur in der Höhle nur<br />
geringfügig um die 0°-C-Marke<br />
pendelt, kommt es im jahreszeitlichen<br />
Wechsel zu teilweisem<br />
Abschmelzen und Zuwächsen.<br />
Dabei entstehen phantastische<br />
Figuren wie Seen, Vorhänge, Säulen,<br />
Stalagtiten und -miten aus<br />
Eis. Die Eismasse von geschätzt<br />
60 000 m³ bleibt aber im Wesentlichen<br />
ganzjährig erhalten.<br />
vom Kleinsten abhängig werden würden.<br />
Genaueres hat man nie erfahren. Dann<br />
zeigten die Bergmännlein dem Fuhrmann<br />
den gut gefüllten Weinkeller und entlohnten<br />
ihn mit einem Stein, mit dem er blinde<br />
Pferde sehend machen konnte, und so vielen<br />
Golddukaten, dass er bis an sein Ende<br />
in Wohlstand leben konnte. So angeblich<br />
geschehen am Untersberg im Jahre 1694.<br />
Wer die Tour über den Weinsteig zur Schel-<br />
Kugelmühlen am<br />
Untersberg<br />
Seit Jahrhunderten hat man rund um den<br />
Untersberg Steinkugeln von unterschiedlicher<br />
Größe und Farbe hergestellt. Um<br />
sich die Arbeit zu erleichtern, verwendete<br />
man dazu wassergetriebene Kugelmühlen.<br />
Bereits im Jahr 1683 wurden die ersten<br />
eingerichtet, die damit zu den ältesten<br />
Gewerbebetrieben im heutigen Bayern<br />
gehören. Vor allem Bergbauern, die sich<br />
damit eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit<br />
zur Land- und Holzwirtschaft erschlossen,<br />
gingen dem Gewerbe nach. Um die Mitte<br />
des vorletzten Jahrhunderts liefen am<br />
Almbach etwa 40 Kugelmühlen, in der<br />
Umgebung gab es noch 90 weitere. Heute<br />
sind am Untersberg nur mehr zwei Mühlen,<br />
am Almbach und beim Untersbergmuseum<br />
Fürstenbrunn, in Betrieb. Dort werden<br />
Kugeln verschiedener Größe als Souvenir<br />
hergestellt.<br />
Als Ausgangsmaterial für die Kugeln<br />
dienten Abfälle der Kalkstein-Steinbrüche<br />
am Untersberg, aber man nahm auch<br />
vorgerundete Steine aus den Bächen.<br />
Zuerst wurden sie mit einem Hammer einigermaßen<br />
rund geschlagen, dann kamen<br />
die Rohlinge in die Mühle. Man legte sie<br />
zwischen einen unteren, feststehenden<br />
Schleifstein aus hartem Sandstein und<br />
eine obere Drehscheibe aus Buchenholz,<br />
die mit einem Wasserrad angetrieben war.<br />
Der Mahlvorgang dauerte je nach Größe<br />
der Kugeln zwischen zwei und acht Tagen.<br />
Anschließend erfolgt der Feinschliff und<br />
zum Schluss noch eine Politur.<br />
76 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
lenberger Eishöhle psychisch oder physisch<br />
nicht packt, kann z. B. auf die spannende<br />
Wanderung durch die idyllische Almbachklamm<br />
nach Ettenberg ausweichen.<br />
Lohnend und ziemlich ruhig ist außerdem<br />
die Wanderung von Großgmain durch den<br />
Naturpark Untersberg auf den Hirschangerkopf.<br />
◀<br />
IN DER NÄCHSTEN FOLGE: Teil 13: Flyschgesteine<br />
an der Hohen Bleick in den Ammergauer Alpen<br />
KOMPAKT<br />
Salzburger Hochthron<br />
(1852 m), Berchtesgadener<br />
Alpen<br />
Tourenkarte 11/<br />
12 Heftmitte<br />
Charakter: Im oberen Bereich<br />
sehr abwechslungsreiche Bergtour für ein<br />
tagesfüllendes Programm<br />
Anforderungen: Sehr lange, anstrengende,<br />
aber nicht schwierige Bergtour.<br />
An einigen Stellen sind Trittsicherheit und<br />
Schwindelfreiheit erforderlich, insbesondere<br />
beim Abstieg vom Gipfel zur Eishöhle auf<br />
dem Toni-Lenz-Weg und dem spektakulären<br />
Thomas-Eder-Steig.<br />
Ausgangs-/Endpunkt: Parkplatz Römerstraße<br />
beim Marmorwerk Steindl (585 m)<br />
Hütte: Toni-Lenz-Hütte (nicht direkt an der<br />
Route)<br />
Gehzeiten: Aufstieg 3¼ Std.;<br />
Abstieg 3½ Std.<br />
Karten: Alpenvereinskarte 1:25 000,<br />
Blatt BY 22; Topografi sche Karte des Bayer.<br />
Landesamtes für Vermessung und Geoinformation<br />
1:50 000, Blatt UK50-55; Kompass<br />
Wanderkarte 1:50 000, Blatt 14<br />
Tourenführer: Witt/Höfl er »Die 40<br />
schönsten Wanderungen in den Berchtesgadener<br />
Alpen«, Bruckmann Verlag; Garnweidner<br />
»Großer Wanderatlas Chiemgau<br />
– Berchtesgaden«, Kompass-Verlag<br />
Schellenberger Eishöhle: Besichtigung<br />
von Mai bis Oktober mit Führer. Für die<br />
Besucher stehen am Sammelpunkt in der<br />
Höhle Lampen bereit. Die Temperaturen in<br />
der Höhle liegen zwischen -0,5 und +1,0<br />
Grad. Infos unter: 83487 Marktschellenberg,<br />
Tel. 0 86 50/3 41, www.eishoehle.net<br />
Almbachklamm<br />
Viele kleine Bäche sammeln sich<br />
am Untersberg zum Almbach,<br />
der sich zwischen Kneifelspitze<br />
und Ettenberg einen wilden Weg<br />
sucht, bevor er in die Berchtesgadener<br />
Ache mündet. Der Bach<br />
hat sich nach der letzten Eiszeit<br />
einen tiefen Durchlass geschaffen<br />
und dabei auch vor hartem<br />
Gestein nicht Halt gemacht.<br />
Wie an manch anderen Stellen<br />
im ehemals vergletscherten<br />
Alpenraum bildete sich auch<br />
hier, wo die steile Ostflanke<br />
des Untersberges zum Tal der<br />
Berchtesgadener Ache abfällt,<br />
eine typische Klamm. Sie wurde<br />
bereits im Jahr 1894 touristisch<br />
erschlossen und ist als wertvolles<br />
Geotop im Geotopkataster<br />
Bayern registriert. Mächtige<br />
Abfolgen von relativ hartem<br />
Ramsaudolomit, der zur gleichen<br />
Zeit wie der bekannte<br />
Wettersteinkalk in der Mittleren<br />
Trias vor etwa 240 Millionen Jah-<br />
Der Almbach hat sich<br />
auch in hartes Gestein<br />
gegraben und eine typische<br />
Klamm gebildet.<br />
ren abgelagert wurde, bildeten<br />
hier ein natürliches Bollwerk.<br />
Dies musste der Almbach erst<br />
einmal überwinden. Weil der<br />
Höhenunterschied bis zum<br />
tiefer liegenden Flusstal sehr<br />
groß war – auch heute beträgt<br />
er noch mehrere hundert Meter<br />
– überwand der Bach die Geländestufe<br />
nach dem Abschmelzen<br />
der letzten Gletscher zunächst<br />
als Wasserfall. Auf Grund seiner<br />
hohen Erosionskraft schnitt er<br />
sich dann allmählich tief in die<br />
Gesteinsbarriere ein und bildete<br />
bald eine schmale Öffnung<br />
mit überwiegend senkrechten<br />
Seitenwänden – eine typische<br />
Klamm.<br />
Dieser Wasserlauf war ideal für<br />
die Holztrift. Am oberen Eingang<br />
in die enge Klamm konnte<br />
mit vertretbarem Aufwand eine<br />
Staumauer, eine so genannte<br />
Triftklause gebaut werden. Mit<br />
ihr wurde das Wasser zurückgehalten,<br />
bis man es in einem<br />
gewaltigen Schwall zusammen<br />
mit dem Holz zu Tal beförderte.<br />
Bei der Kugelmühle wurde das<br />
Holz dann am Triftrechen gesammelt.<br />
Die Theresienklause<br />
am oberen Ende der Almbachklamm<br />
wurde 1836 errichtet<br />
und ist nach der bayerischen<br />
Königin Therese, der Gemahlin<br />
Ludwigs I., benannt. Bis ins Jahr<br />
1963 war die Holztrift im Almbach<br />
in Betrieb.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 77
AUF TOUR<br />
WinterStille Gipfel in der Fanes<br />
in Mittelerde<br />
Feine Fanes: Die Hochalmen<br />
bieten zig Varianten, für Schneeschuh-<br />
und Skitourengeher. Im<br />
Hintergrund der Monte Castello<br />
und die Tofanagipfel<br />
Viele verbinden die Dolomiten<br />
in der Wintersaison mit<br />
»Superski« und Skischaukel.<br />
Doch die Fanes hat sich fern<br />
der touristischen Zentren<br />
ihren ganz eigenen Zauber<br />
bewahrt. Eine Entdeckungsreise<br />
zu Prinzessin Dolasilla<br />
und zum jungen Helden Eyde-Net.<br />
Von Sandra Zistl<br />
78 <strong>Bergsteiger</strong> 09 ⁄12
Unverwundbare Prinzessin, die am Ende<br />
doch besiegt wird: Dolasilla im Holzrelief<br />
Die kleinen Hütten an der Schwelle zur Fanesalpe sind im Winter geschlossen. Doch Fanesund<br />
Lavarellahütte sind nur noch wenige Minuten entfernt.<br />
Der Traum eines jeden Skitourengehers:<br />
unverspurte Hänge zum Abfahren<br />
Fotos: Max Willeit, Tourismusverein St. Vigil in Enneberg, Sandra Zistl, Simon Kehrer<br />
Plötzlich ist er da. Etwa 20 Meter<br />
entfernt, inmitten der weiß überzuckerten<br />
Felsbrocken unterhalb<br />
der Zehnerspitze sitzt ein Schneehase.<br />
Hinter ihm schwingt sich der<br />
Gipfelhang steil auf, und die Vorstellung,<br />
bald die ersten Skispuren in den Pulver zu<br />
ziehen, hat die Aufmerksamkeit der Tourengeher<br />
gebündelt. Der Hase richtet sich<br />
mit einem Ruck auf. Die abrupte Bewegung<br />
macht ihn, der die Farbe seiner Umgebung<br />
trägt, plötzlich lokalisierbar. Er scheint so<br />
verblüfft, Menschen zu sehen, dass er erst<br />
einmal gar nicht an Flucht denkt.<br />
Begegnungen wie diese sind in der Bergwelt<br />
der Fanes keine Seltenheit. Wer sich nur<br />
wenige hundert Meter von den beiden Hütten<br />
der Alpe entfernt, findet sich oft allein<br />
auf Tour. Nur 530 Höhenmeter und sechs<br />
Kilometer vom Parkplatz in Pederü entfernt,<br />
eröffnet sich hier oben eine eigene Welt. Ein<br />
Kranz aus weißen, bis zu 3000 Meter hohen<br />
Gipfeln schließt die kleine und große Fanesalpe<br />
ein – zwei Kessel auf knapp über<br />
2000 Metern. Zwei Hütten, Fanes und Lavarella,<br />
bilden die idealen Ausgangspunkte<br />
für gut 30 Gipfelvarianten. Je nachdem von<br />
welcher Terrasse aus der Tourengeher in<br />
die Berge blickt, baut sich vor seinem Auge<br />
entweder das Panorama rund um Lavarella<br />
(3055 m), Neuner- (2968 m) und Zehnerspitze<br />
(3026 m) auf oder jenes von Monte del<br />
Vallon Bianco (2687 m), den Furcia-Rossa-<br />
Spitzen (2703 bis 2806 m), Monte Castello<br />
(2760 m), Monte Casale (2707 m) und Monte<br />
Cavallo (2862 m). Und, mit ihrer imposanten,<br />
weiß schimmernden Südflanke, die besonders<br />
fotogene Pareispitze (2794 m).<br />
Früher wie heute ein Geheimtipp<br />
Obwohl die Fanesalpe heute auch im Winter<br />
innerhalb von zwei, drei Stunden leicht<br />
zu erreichen ist – zu Fuß, auf Ski oder mit<br />
der Schneekatze der Hüttenwirte – hat sie<br />
kaum etwas von ihrem Zauber eingebüßt.<br />
Die gern zitierte »wilde Bergwelt der Fanes«<br />
ist mit zwei modern ausgestatteten Hütten<br />
komfortabler geworden, aber nicht weniger<br />
reizvoll. Denn da der Gast mit dem Auto<br />
nicht direkt vor die Tür fahren kann, tummeln<br />
sich dort oben nur Tourengeher und<br />
Schneeschuhwanderer. Die Fanes versteckt<br />
sich so nach wie vor ganz gut hinter den von<br />
Postkarten bekannten (und zum Teil mit<br />
Skigebieten gepflasterten) Massiven der Drei<br />
Zinnen, der Tofanen, des Sella-Stocks und<br />
der Marmolada.<br />
»Wenige Theile in diesen Kalkalpen wird<br />
es geben, wo die Natur so überaus grossartig<br />
und wild sich zeigt wie hier«, notierte<br />
Paul Grohmann, Erstbesteiger mehrerer<br />
Dolomitengipfel und Mitbegründer des<br />
Österreichischen Alpenvereins, 1877 in<br />
seinem Buch »Wanderungen in den Dolomiten«.<br />
Doch die Fanes blieb ein Geheimtipp.<br />
Bereits hundert Jahre zuvor hatte der<br />
Innsbrucker Peter Anich den »Atlas Tyrolensis«<br />
herausgegeben. Jahrelang hatte er<br />
Nord- und Südtirol in damals einzigartiger<br />
Genauigkeit kartografiert. Östlich des Abteitales<br />
verzeichnete er in einer Karte den<br />
»H. Creutz Kofel« – und daneben etwa acht<br />
Zentimeter namenlose Fantasielandschaft.<br />
Mit der östlich hinter dem Heiligkreuzkofel<br />
gelegenen Fanes hatte er offenbar nicht<br />
gerechnet.<br />
Wer zum ersten Mal von der anderen Seite<br />
– also von Pederü kommend – am Rande<br />
des Talkessels steht, wäre auch heute nicht<br />
verwundert, wenn ihm ein Hobbit auf Ski<br />
oder mit Schneeschuhen begegnete, freundlich<br />
grüßte und ihn zum Abendessen einlüde.<br />
Denn obwohl der Aufstieg über eine<br />
Fahrstraße führt, auf der dem Tourengeher<br />
Tagestouristen auf Schlitten oder einer der<br />
Wirte mit seiner Schneekatze begegnen,<br />
wirkt der Kessel der kleinen Fanesalpe wie<br />
ein von Fabelwesen bewohnter Mikrokosmos.<br />
Winter in Mittelerde, so ähnlich würde<br />
er aussehen. Kein Wunder, dass hier oben<br />
Sagen entstanden sind, zwar nicht mit Hobbits,<br />
aber dafür mit Königen, Prinzessinnen<br />
und Murmeltieren.<br />
Mit wehendem Haar sitzt sie auf ihrem<br />
Pferd, in einer Hand den Bogen, die andere<br />
zum Gruß erhoben. Ihre schmale Taille wird<br />
von einem Harnisch umgeben, der Jüngling<br />
mit dem Schild blickt bewundernd zu ihr<br />
auf: Dolasilla, Prinzessin aus der Fanessage,<br />
und Ey-de-Net, der junge Held, in den sie sich<br />
verliebt. Die Geschichte der beiden bildet einen<br />
Teil der ausschweifenden Legende.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 79
TOUREN<br />
Die sieben<br />
schönsten Skitouren<br />
im Fanesgebiet<br />
Fotos: Sandra Zistl (2), Simon Kehrer/Tourismusverein St. Vigil in Enneberg<br />
Eine der schönsten Touren:<br />
die Lavarellaspitze mit<br />
ihrem Doppelgipfel, links<br />
Piz Parom und Piz Stiga<br />
Ein massives Holzrelief im Treppenhaus der<br />
Lavarallahütte hat die beiden inmitten der<br />
Bergkulisse rund um die Fanesburg (2657 m)<br />
verewigt.<br />
Mit der Schneekatze zur Schule<br />
Wirt Hanspeter Frenner ist mit der Sage<br />
aufgewachsen. »Die Oma hat uns immer<br />
davon erzählt«, erinnert er sich. Mittlerweile<br />
ist der 56-Jährige bereits selbst Großvater,<br />
und die Enkelinnen Emma (7) und Marta (3)<br />
lauschen seinen Erzählungen. Denn auf der<br />
Lavarellahütte leben noch heute drei Generationen<br />
zusammen. Vom zweiten Weihnachtsfeiertag<br />
bis zwei Wochen nach Ostern<br />
sind sie zusammen auf der Alm. Jeden<br />
Morgen bringt der Großvater die Kleinen<br />
mit der Schneekatze hinunter nach Pederü<br />
und von dort mit dem Auto nach St. Vigil.<br />
Während Emma und Marta Kindergarten<br />
und Schule besuchen, erledigt er seine Einkäufe.<br />
Sieht man von dem ungewöhnlichen<br />
Schulbus und dem Internet-Anschluss auf<br />
der Lavarellahütte ab, verbringen die beiden<br />
also eine ähnliche Kindheit wie ihr<br />
Großvater Hanspeter. Der Familienbesitz<br />
an der mehrmals renovierten und erweiterten<br />
Hütte geht noch weiter zurück. Von<br />
Idealer Ausgangspunkt: die Lavarellahütte<br />
1912 stammt das erste schriftliche Dokument,<br />
dass das Gebäude mit der Hausnummer<br />
»St. Vigil 125« erwähnt.<br />
Mehr als 250 Alpenvereinshütten gab es zu<br />
dieser Zeit bereits in den Ostalpen, aber keine<br />
auf der Fanes. Veröffentlichungen von<br />
damals beklagen genau diese Tatsache. Wer<br />
das Sagenreich erkunden wollte, war darauf<br />
angewiesen, dass ihm einer der Senner<br />
eine Nacht im Heu gewährte. Die Sektionen<br />
Ladinia und Danzig bemühten sich zwar<br />
lange um eine Genehmigung, erhielten sie<br />
aber nicht, weil die Jagdpächter dagegen<br />
waren. Dem Bewirtschafter der Kleinfanesalm,<br />
an deren Platz heute die Lavarellahütte<br />
steht, war das offenbar egal. Er bot<br />
<strong>Bergsteiger</strong>n an, im Lager zu übernachten.<br />
So konnte die Fanes vergangenen Herbst<br />
ihren 100. Geburtstag feiern.<br />
Frontgebiet im Ersten Weltkrieg<br />
Die friedliche Kulisse, das Lachen der Kinder,<br />
der <strong>Reiz</strong> der weißen Hänge – kaum<br />
vorstellbar, dass hier einst Pferdefuhrwerke<br />
mit Munition, Essen und Trinken hinaufratterten,<br />
um die Soldaten an der Front<br />
zu versorgen. Denn auch in diesem Teil der<br />
Dolomiten standen sich italienische »Alpini«<br />
und österreichische »Kaiserjäger« und<br />
deren Verbündete vom Deutschen Alpenkorps<br />
drei Sommer und zwei schreckliche<br />
Winter lang gegenüber. Blitz und Steinschlag,<br />
Kälte und Lawinen forderten von<br />
Mai 1915 bis Oktober 1917 zeitweise mehr<br />
Opfer als die Schüsse des Feindes. Die Front<br />
verlief mitten durch die südöstliche Bergkette<br />
der Fanes, vom Lagazuoi im Süden<br />
über die Fanesspitzen, Monte Cavallo und<br />
Monte Castello, Furcia Rossa und bis hinüber<br />
zum Monte del Vallon Bianco.<br />
Der Verein »Dolomitenfreunde« begann<br />
1973 damit, die Originalpfade des Ersten<br />
Weltkrieges wieder begehbar zu ma-<br />
1 Heiligkreuzkofel (2907 m)<br />
▶ mittel 5 Std.<br />
900 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Klassische Tour in sehr<br />
schöner Berglandschaft durch das<br />
Herz der Fanes. Technisch etwas<br />
anspruchsvoller am Gipfel<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
(knapp über 2000 m)<br />
Route: Von der Lavarellahütte<br />
über die Hochfl äche zur Kreuzkofelscharte<br />
und von dort über den<br />
breiten Gratrücken bis zum Skidepot<br />
auf dem Vorgipfel, der Pilatospitze.<br />
Durch eine Schneerinne und über<br />
den Grat zum Gipfel. Abfahrt über die<br />
gleiche Route<br />
2 Monte Castello (2760 m)<br />
▶ leicht 4 Std.<br />
720 Hm + 12 J.<br />
Charakter: Sehr beliebte Tour, die viele<br />
Tourengeher an der Biwakschachtel<br />
des Bivacco della Pace beenden. Die<br />
Felsen des Gipfels verlangen<br />
klettertechnisches Können.<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Faneshütte zur Großen<br />
Fanesalm, von dort nach Süden ins<br />
Vallon Bianco. In einem Linksbogen<br />
hinauf zum Bivacco della Pace<br />
3 Zehnerspitze (3026m)<br />
▶ schwierig 4–5 Std.<br />
980 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Schwierige Skitour, aber<br />
sehr lohnend wegen der großartigen<br />
Berglandschaft. Am Schluss fast<br />
senkrechte Flanke, ausgesetzt, bei<br />
schneefreien Verhältnissen Fixseil<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Lavarellahütte in<br />
Richtung Fanesburg, nordwestlich<br />
an ihr vorbei über eine Landschaft<br />
mit großen Felsblöcken. Dann sehr<br />
steile Hänge bis zum Südwestgrat der<br />
Zehnerspitze<br />
4 Neunerspitze (2968 m)<br />
Tourenkarte 7<br />
Heftmitte<br />
Tourenkarte 8<br />
Heftmitte<br />
▶ schwierig 3–4 Std.<br />
930 Hm + 14 J.<br />
80 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Faneshütte und Lavarellahütte sind ideale<br />
Ausgangspunkte für etwa 30 Gipfeltouren.<br />
Wir haben die reizvollsten für Sie ausgesucht.<br />
Saunafreuden an der Lavarellahütte<br />
Charakter: Beliebte, aber technisch<br />
anspruchsvolle Tour, bei der ein lawinengefährlicher<br />
Steilhang passiert<br />
werden muss<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Lavarellahütte<br />
zunächst Richtung Nordwesten aufsteigen<br />
und über Gelände mit großen<br />
Felsblöcken zu einem keilförmigen<br />
Steilhang. Mit Spitzkehren hinauf und<br />
weiter bis zum Grat. Auf der Südseite<br />
des Gratrückens zum Skidepot<br />
5 Lavarella (3055 m)<br />
▶ mittel 4–5 Std.<br />
1010 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Sehr beliebte Tour, bei<br />
der allerdings eine ausgesetzte Passage<br />
überwunden werden muss<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Lavarellahütte zur<br />
Mulde des Paromsees. Am östlichen<br />
Rand entlang ins Paromtal. Im Talschluss<br />
rechts, durch eine Schneerinne<br />
zur Scharte des Nordgrats. Dort<br />
nach links, erst ausgesetzt, dann<br />
leichter Aufstieg zum Gipfel<br />
6 Monte Casale (2707 m)<br />
▶ mittel 4–5 Std.<br />
670 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Klassische Skitour mit<br />
besonders lohnender, langer Abfahrt<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Faneshütte in Richtung<br />
Vallon Bianco. In Südost-Richtung<br />
über weite, freie Hänge aufwärts. Etwas<br />
250 Hm unterhalb des Monte Castello<br />
weiter Richtung Süden. Unterhalb der<br />
Casalescharte sehr steiler Hang. Lange,<br />
leichte Abfahrt durch das Vallon Bianco<br />
7 Pareispitze (2794 m)<br />
▶ mittel 3 Std.<br />
750 Hm + 14 J.<br />
Charakter: Relativ lawinensicher, tolles<br />
Panorama, Gefahr von Wechten<br />
Ausgangspunkt: Fanesalpe<br />
Route: Von der Faneshütte zum Limojoch,<br />
nach links und um den Limosee<br />
herum. Durch Felsblöcke und Latschen<br />
zum Fuß der steilen Westhänge, auf<br />
etwa 2425 m nach rechts in fl acheres<br />
Gelände ausweichen und durch zwei<br />
Hochtäler zum Südsporn der Pareispitze.<br />
Dort nach links und steil hinauf zum<br />
Gipfelgrat<br />
RAGNA<br />
KRÜCKELS<br />
staatl. geprüfte<br />
Berg- und Skiführerin<br />
TALENT<br />
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■ = leicht ■ = mittelschwer ■ = schwierig<br />
Guide 30+ SL<br />
» Women`s Fit Version<br />
Alpine Serie<br />
www.deuter.com<br />
Offizieller Ausrüster des<br />
Verbands der Deutschen<br />
Berg- und Skiführer
Fotos: Sandra Zistl, Simon Kehrer<br />
STOLZ AUF DAS LADINISCHE<br />
Ücia Lavarella, Sass dles Nö oder Mai Guai: Das<br />
ist keine fantasievolle, melodische Kindersprache,<br />
das sind die Lavarellahütte, die Neunerspitze<br />
und der Ausspruch »nie Schwierigkeiten« auf<br />
Ladinisch. Es handelt sich dabei um eine Gruppe<br />
romanischer Dialekte, die in mehreren Tälern<br />
Oberitaliens gesprochen werden, vor allem in<br />
Gadertal, Fassatal, Cortina und der Provinz<br />
Belluno. Ähnlich wie beim Bairischen existieren<br />
auch innerhalb des Ladinischen regionale<br />
Unterschiede. Meist bilden die Talgrenzen auch<br />
in etwa die Sprachgrenzen. Und ähnlich wie die<br />
Bayern sind die Menschen hier sehr stolz auf<br />
ihren Dialekt. Einige Gemeinden erkennen das<br />
Ladinische als regionale Behörden- und Schulsprache<br />
an. Etwa 30 000 Menschen zählt die<br />
Sprachgruppe heute. Im Alpenraum hat es das<br />
Ladinische in den vergangenen Jahren zu etwas<br />
höherer Bekanntheit gebracht, da die Band<br />
»Ganes« in der Sprache ihrer Heimat singt. Die<br />
schönen Stimmen der drei »Wasserhexen« Elisabeth<br />
und Marlene Schuen und ihrer Cousine<br />
Maria Moling aus La Val sind mittlerweile im<br />
kompletten Alpenraum bekannt. »Mai Guai« ist<br />
der Titel ihres zweiten Albums.<br />
chen. Die Freiwilligen rund um den österreichischen<br />
Offizier Walther Schaumann<br />
brachten neue Sicherungsdrahtseile und<br />
Leitern an, spannten eine Eisenbrücke über<br />
die Schlucht zwischen Monte del Vallon Bianco<br />
und Furcia Rossa und errichteten zwei<br />
Biwakhütten, das Bivacco Baccon-Baborka<br />
und das Bivacco della Pace. Eine der belieb-<br />
Finaler Anstieg zur Zehnerspitze<br />
– den Gipfel erklimmt<br />
man freilich ohne Ski.<br />
testen Skitouren der Fanesaspiranten führt<br />
am Friedensbiwak (Skidepot, 2760 m) vorbei<br />
zum Monte Castello.<br />
Naturpark statt Dolomitenstraße<br />
Der Krieg hatte den beginnenden Bergtourismus<br />
auf der Fanes jäh beendet. Erst mit<br />
dem Bau der beiden Hütten kam wieder Leben<br />
auf die Almen. Auch die zweite, deutlich<br />
größere Faneshütte befindet sich seit<br />
Generationen in Familienbesitz: Seit 1928<br />
wird sie von der Familie Mutschlechner bewirtschaftet.<br />
Ebenso wie die Lavarellahütte<br />
bildet sie einen idealen Ausgangspunkt für<br />
alle Touren in der Fanes. Wer sich die Gipfel<br />
im Südosten vorgenommen hat (Pareispitze,<br />
Monte del Vallon Bianco, Furcia-Rossa-<br />
Spitzen, Monte Castello, Monte Casale,<br />
Monte Cavallo), ist diesen ein klein wenig<br />
näher, denn die Hütten liegen etwa 500 Meter<br />
auseinander.<br />
Strategisch günstig erschien übrigens auch<br />
einigen Verkehrsplanern die Lage der Fanesalpe:<br />
Ende der 1970er-Jahre verfolgten<br />
sie die Idee einer großen Dolomitenstraße<br />
zwischen St. Vigil und Cortina d‘Ampezzo.<br />
Sie konnten sich zum Glück nicht durchsetzen.<br />
Stattdessen wurde 1980 der Naturpark<br />
Fanes-Sennes-Prags gegründet, der mit<br />
25 680 Hektar größte Naturpark der Dolomiten.<br />
Zusammen mit acht weiteren Dolomitenregionen<br />
ist dieser seit 2009 außerdem<br />
Weltnaturerbe der Unesco.<br />
Und so sitzt der Schneehase immer noch mit<br />
erhobenen Pfötchen im funkelnden Weiß<br />
und blickt die Menschen an. Als einer der<br />
Tourengeher seine Hand in Richtung Kameratasche<br />
bewegt, ist es jedoch vorbei mit seiner<br />
Starre: Der Hase spurtet los. Eine kurze<br />
Zeit lässt sich der weiße Popo, der schnurstracks<br />
bergauf hoppelt, noch verfolgen.<br />
Dann wird er eins mit der Schneedecke. ◀<br />
Lohnende Gratwanderung<br />
von Pederü<br />
aus ins Gebiet der<br />
Sennes: Col de<br />
Riciogogn<br />
KOMPAKT<br />
Zu den Gipfeln im Reich der Fanes<br />
Anreise: Über den Brenner,<br />
Ausfahrt Brixen/Pustertal;<br />
Richtung Bruneck ins Pustertal,<br />
dann kurz vor St. Lorenzen<br />
abbiegen nach Süden ins<br />
Gadertal, das in Richtung Alta<br />
Badia führt. Über St. Vigil in<br />
Enneberg und das Tamersc-<br />
Tal nach Pederü. Dort gibt es<br />
einen großen Parkplatz.<br />
Touristische Informationen:<br />
Tourismusverein St.<br />
Vigil/San Vigilio, Catarina Lanz<br />
Straße 14, 39030 St. Vigil<br />
in Enneberg, Tel. 00 39/04<br />
74/50 10 37, www.sanvigilio.<br />
com, info@sanvigilio.com<br />
Berghütten: Faneshütte<br />
(2060 m), geöffnet von Anfang<br />
Juni bis Mitte Oktober und von<br />
Mitte Dezember bis Mitte April,<br />
www.rifugiofanes.com, Tel. 00<br />
39/04 74 50 10 97, info@<br />
rifugiofanes.com; Lavarellahütte<br />
(2042 m), geöffnet von<br />
Mitte Juni bis Mitte Oktober<br />
und vom 26. Dezember bis<br />
zwei Wochen nach Ostern,<br />
mit fi nnischer Sauna, www.<br />
lavarella.it, Tel. 00 39/04 74<br />
50 10 79, rifugio@lavarella.it<br />
Führer: Auf der Website der<br />
Lavarellahütte fi nden sich<br />
unter der Rubrik »Aktivitäten«<br />
30 detaillierte Tourenbeschreibungen.<br />
Die Website der<br />
Faneshütte bietet ebenfalls<br />
mehrere Tourenvorschläge.<br />
Beide Hütten verkaufen die<br />
gesammelten Tourentipps<br />
auch als kleines Heftchen<br />
auf der Hütte: »Fanes erleben<br />
– Ski- und Wandertouren zu<br />
den schönsten Gipfeln im<br />
Fanesreich«. Stefan Herbke<br />
»Dolomiten – Rother<br />
Skiführer«, Bergverlag Rother,<br />
Oberhaching 2013<br />
Karte: Tabacco 1:50 000,<br />
Nr. 03 »Cortina d’Ampezzo e<br />
Dolomiti Ampezzane«<br />
82 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
alpinprogramm.de<br />
Wenn Sie höher hinaus wollen<br />
Foto: Wolfgang Ehn<br />
Wir sind Ihre kompetenten Partner für Einstieg<br />
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Touren pro Jahr in allen Bergsportarten – von der<br />
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SERVICE<br />
Stille<br />
Helfer<br />
SERIE: Stille Helfer<br />
Teil 1: Der Rucksack im Wandel der Zeit<br />
EINE INITIATIVE VON<br />
+<br />
Die Last der Freiheit<br />
Ein Rucksack steht wie kein anderer Ausrüstungsgegenstand<br />
für Individualität, Aufbruch<br />
und Natur. Seit Ötzis Zeiten ist das Konstruktionsprinzip,<br />
das dahinter steckt, das gleiche<br />
geblieben. Von Moritz Baumstieger<br />
84 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Alles dabei: Bei größeren Touren muss das Gepäck für mehrere Tage im Rucksack Platz finden.<br />
Fotos: Royal Geographical Society, Archiv des Deutschen Alpenvereins München, Robert Bösch/Mammut<br />
Als Anshu Jain 2012 den Vorstandsvorsitz<br />
der Deutschen Bank übernahm,<br />
beschäftigte die Öffentlichkeit<br />
vor allem eines: sein<br />
Rucksack. Nicht die indische Herkunft<br />
des Top-Bankers, nicht seine riskanten<br />
Hypothekengeschäfte, nicht sein Hobby, das<br />
Cricketspielen. Es war der Rucksack, der irritierte.<br />
Jain steht für Milliardengeschäfte und<br />
Vorstandsetage – und so einer schnallt sich<br />
seine Akten auf den Buckel, anstatt einen<br />
vornehmen Lederkoffer zu nehmen?<br />
Die Verwirrung war groß. Mit dem Rucksack<br />
verbindet man Freiheit, Natur, Individualität.<br />
Der Rucksack ist mehr als ein Gefäß, mit dem<br />
man Dinge transportiert. Man packt ihn für<br />
Touren in den Bergen, für weite Reisen, meist<br />
verbunden mit körperlicher Anstrengung.<br />
Wie kein anderer Ausrüstungsgegenstand<br />
steht er damit für ein bestimmtes Lebensgefühl.<br />
Wer Rucksack trägt, will zeigen: Ich bin<br />
unabhängig, mobil, verzichte auf Luxus. Ich<br />
will die Welt auf meine Art kennenlernen,<br />
verlasse dafür die ausgetretenen Pfade. Alles,<br />
was ich brauche, schleppe ich selbst.<br />
Als sich der Mensch entschloss, seine Höhlen<br />
zu verlassen, stand er vor einem Problem:<br />
Wer raus will in die Welt, muss ein paar Sachen<br />
mitnehmen. Essen, warme Kleidung.<br />
Vielleicht noch etwas, das an die Heimat erinnert.<br />
»Homo portans« nennen einige Kulturwissenschaftler<br />
uns deshalb, »tragender<br />
Mensch«.<br />
Doch wie sollte man das anstellen? Die Menge<br />
an Sachen, die sich in der Hand tragen lassen,<br />
ist begrenzt. Und ziemlich bald dürften die<br />
Hauptsache, der Rucksack sitzt: Howard<br />
Sommervell, Arthur Wakefield und George<br />
Mallory (v. r.)<br />
Menschen bemerkt haben, dass es praktisch<br />
ist, beim Gehen die Hände frei zu haben. Zum<br />
Beerenpflücken, zum Klettern. Um sich den<br />
Schweiß von der Stirn zu wischen. Also dachte<br />
sich der Mensch etwas aus.<br />
Der erste verbürgte Rucksackträger lebte lange<br />
vor Anshu Jain, und Überlegungen zum<br />
Lebensgefühl und Image seinesgleichen dürften<br />
ihm herzlich egal gewesen sein. Für den<br />
Mann, den wir heute als Ötzi kennen, war das<br />
Tragen auf dem Rücken blanke Notwendigkeit.<br />
Die Wissenschaftler streiten noch, ob er<br />
Hirte oder Sammler war, in beiden Fällen aber<br />
musste er viel Zeit draußen verbringen. Ötzi<br />
hatte deshalb eine jungsteinzeitliche Version<br />
der heutigen Trekkingausrüstung: Unter anderem<br />
eine aus Gras geflochtene Matte, wahrscheinlich,<br />
um darauf zu schlafen, ein Beil,<br />
einen Übermantel, zwei kleine Dosen aus Birkenrinde,<br />
in denen er etwas Glut transportierte,<br />
um Feuer machen zu können. Und eine<br />
Kraxe, in der er all das transportierte.<br />
Im Grab des Steinzeitmenschen unter dem<br />
Hauslabjoch fand man ein Tragegestell aus<br />
gebogenen Haselnussstecken und Querstreben,<br />
die Bespannung hat die Jahrtausende<br />
nicht überdauert. Diese Überreste haben auf<br />
den ersten Blick nichts mit den Hightech-<br />
Rucksäcken zu tun, mit denen wir jetzt, 5300<br />
Jahre später, zum Vergnügen durch die Berge<br />
laufen. Aber das Konstruktionsprinzip ist<br />
gleich geblieben: ein möglichst leichter Rahmen,<br />
der auf den Rücken geschnallt und an<br />
dem der Tragesack aufgehängt wird.<br />
Natürlich sind die Materialien leichter und<br />
widerstandsfähiger geworden, statt Fellen<br />
oder Grasgeflecht nahm man erst Filz, dann<br />
Leinen, heute wasserabweisende Synthetikfasern.<br />
Anstelle des Holzgestells, das die Bergbewohner<br />
noch lange in der Landwirtschaft<br />
nutzten, traten Rahmen aus Leichtme-<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 85
Früher: Auch auf Expeditionen<br />
wie hier im Karakorum<br />
anno 1954 mussten<br />
<strong>Bergsteiger</strong> einst mit<br />
einfachen Rucksäcken<br />
auskommen.<br />
Taglingers<br />
Tipp: Rucksack<br />
richtig packen<br />
Schließlich waren es<br />
die stets effizienten<br />
Preußen, die den<br />
Brustriemen einführten.<br />
So ließen<br />
sich noch schwerere<br />
Lasten tragen.<br />
Heute: In modernen<br />
Rucksäcken<br />
steckt jede Menge<br />
Forschung und<br />
Entwicklung.<br />
tall, die schließlich ins Innere der Konstrution<br />
wanderten und gepolstert wurden.<br />
Einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung<br />
leistete wie so oft das Militär. Soldaten<br />
mussten mobil sein, einen Teil ihrer Ausrüstung<br />
selbst tragen, ohne dadurch im Kampf<br />
behindert zu sein. Vom 17. Jahrhundert an<br />
wurden die Soldaten einheitlich ausgerüstet,<br />
der Tornister für Verpflegung, Munition und<br />
Lagerutensilien wurde Teil der Uniform. Der<br />
Vorläufer des modernen Rucksacks.<br />
Schließlich waren es die stets effizienten<br />
Preußen, die im 19. Jahrhundert eine Neuerung<br />
einführten, die das Tragen revolutionierte:<br />
den Brustriemen. Das Prinzip mag<br />
schon vorher bekannt gewesen sein, doch<br />
jetzt ging es in Serie. Die Last wurde nun<br />
auch von der Brust des Trägers gehalten,<br />
der Rucksack zog nicht mehr so stark nach<br />
hinten. Dass das Tragen so bequemer wurde,<br />
Schon das Packen entscheidet, ob eine Tour<br />
zum Genuss wird: Wer zu viel in den Rucksack<br />
stopft, tut sich keinen Gefallen. Maximal<br />
20 bis 25 Prozent des Körpergewichts sollte<br />
der Rucksack wiegen, eigentlich aber sind<br />
acht bis zwölf Kilo genug. Es hilft, sich für<br />
einen kleineren Rucksack zu entscheiden,<br />
dann packt man automatisch weniger ein.<br />
Ich komme im Normalfall mit 35 Litern Fassungsvermögen<br />
aus. Beim Packen sollten die<br />
leichten Sachen nach unten, die schweren<br />
nah an den Rücken, dann zieht der Rucksack<br />
nicht zu sehr nach hinten. Natürlich gibt es<br />
keine Regel ohne Ausnahme: Handschuhe<br />
und Mütze etwa sind leicht – aber wer sie<br />
ganz nach unten packt, darf bald alles<br />
wieder auspacken. Deshalb mein Tipp: Hirn<br />
einschalten! Nicht nur Chaoten empfehle<br />
ich, Dinge, die zusammengehören, in kleine<br />
Beutel zu tun – so ist im Rucksack auch<br />
nach einer Tourenwoche noch Ordnung. Und<br />
obwohl ich Minimalismus predige, gibt es<br />
einige Dinge, die immer in meinem Rucksack<br />
zu fi nden sind: Erste-Hilfe-Set, Handschuhe<br />
und Mütze, eine kleine Stirnlampe und ein<br />
Wechsel-Shirt.<br />
Reiner Taglinger, Jahrgang 69, ist Leiter der<br />
Mammut Alpine School, Vorstand Ausbildung<br />
des deutschen Bergführerverbandes und<br />
Profi bergfürer seit mehr als 20 Jahren.<br />
dürfte die Soldaten gefreut haben. Dass sich<br />
durch die Einführung des Brustgurtes gleichzeitig<br />
aber auch schwerere Lasten tragen ließen,<br />
eher nicht.<br />
Denn auch, wenn der Rucksack längere<br />
Touren überhaupt erst möglich macht: besonders<br />
beliebt ist er nicht. Seit der Mensch<br />
ist, trägt er – und seit er trägt, fühlt er sich<br />
durch seine Last behindert. Es ist kein Zufall,<br />
Fotos: Südtiroler Archäologiemuseum/www.iceman.it, Thomas Senf/Mammut, Archiv des Deutschen Alpenvereins München (3)<br />
Die Anfänge des Rucksacks: die Ötzi-Kraxe und seine Nachfolger zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
86 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Deuter-Chef Bernd Kullmann am Everest<br />
dass diese Wörter zur Metapher wurden:<br />
Wer einen Schicksalsschlag noch nicht verarbeitet<br />
hat, »trägt schwer an einer Last«. Und<br />
auch der Rucksack taucht immer wieder als<br />
Metapher auf. Wenn Reinhold Messner etwa<br />
über den Tod seines Bruders am Nanga Parbat<br />
spricht, sagt er: »Es ist wie ein Rucksack,<br />
den ich mit mir trage, eine Verantwortung,<br />
die mir für immer bleibt.«<br />
Wer trägt, fühlt ein Joch auf seinen Schultern.<br />
Jeder, der sich in der Natur bewegt,<br />
kennt den verlockenden Gedanken, das<br />
schwere Bündel einfach vom Rücken zu<br />
nehmen und abzustellen. Wie frei, wie leicht<br />
und wie mühelos ließe es sich gehen, wäre da<br />
nicht diese bremsende Last.<br />
17 Jahre vor dem Tod von Günther Messner<br />
am Nanga Parbat gab Hermann Buhl bei<br />
der Erstbesteigung des »Schicksalsberg der<br />
Deutschen« dieser Versuchung nach. Diese<br />
Entscheidung hätte ihn das Leben kosten<br />
können. Als Buhl spätabends auf dem Gipfel<br />
stand, war an einen Abstieg ins Lager nicht<br />
mehr zu denken. Ein Biwak auf knapp 8000<br />
Metern ist auch mit guter Ausrüstung Wahnsinn<br />
– weil Buhl es aber nicht einmal mehr<br />
zum Rucksack mit Proviant und wärmendem<br />
Wollpulli schaffte, musste er mit dem<br />
auskommen, was er am Körper trug. Wären<br />
die Witterungsbedingungen nicht außergewöhnlich<br />
günstig gewesen, er hätte mehr<br />
verloren als nur zwei Zehen.<br />
Nach dieser Nacht ließ Hermann Buhl sein<br />
Gepäck wohl nicht noch einmal zurück. Vielleicht<br />
hat der Banker Anshu Jain aus dieser<br />
Geschichte seine Lehren gezogen: Auch in<br />
den oberen Etagen der Bankentürme Frankfurts<br />
ist die Luft sehr dünn. Wohl dem, der<br />
einen Rucksack dabei hat.<br />
◀<br />
IM NÄCHSTEN HEFT dreht sich in der Serie »Stille<br />
Helfer« alles um Schuhe und Trailrunning.<br />
Von Florenz<br />
nach Rom<br />
- auf den Spuren des<br />
Heiligen Franziskus<br />
Gehen Sie mit Wikinger<br />
Reisen auf eine 12-tägige<br />
Trekkingreise:<br />
· Abgelegene Klöster, kleine Dörfer,<br />
mittelalterliche Städte<br />
· Übernachtung in Hotels und<br />
kleinen Gasthäusern<br />
· Inkl. Flug, Übernachtung, Verpflegung,<br />
Gepäcktransport und<br />
Wikinger-Reiseleitung ab 1.830 €<br />
Kleiner Größen-Guide<br />
Nur wenn der Rucksack auf den Rücken abgestimmt<br />
ist, verteilt sich die Last optimal.<br />
Zum Wandern<br />
Mammut Creon Pro;<br />
30 Liter; 1390 Gramm<br />
Fotos: R. Allenbach/Archiv Kullmann, Mammut (4)<br />
Rucksäcke gibt es in vielen Ausformungen: von<br />
Wander-, über Kletter- und Fahrrad-Rucksäcke bis<br />
hin zum speziellen Produkt für Skitouren – je nach<br />
Zweck sind sie auf die besonderen Bedürfnisse der<br />
Sportarten zugeschnitten. Zusätzlich sollte man sich<br />
über das gewünschte Fassungsvermögen<br />
Gedanken machen. Man unterscheidet<br />
Daypacks (0-30 Liter), Mehrtagerucksäcke<br />
(35-65 Liter) und Trekkingrucksäcke<br />
(65-100 Liter).<br />
Vor dem Kauf ist es wichtig, den Rücken<br />
auszumessen. Entscheidend ist<br />
hier der Abstand zwischen der Oberkante<br />
des Beckenknochens und dem<br />
siebten Halswirbel – das ist der, der im<br />
Nacken hervorsteht, wenn man den Kopf<br />
auf die Brust legt. Mammut hat ein spezielles<br />
»Sizing Tool« entwickelt, das die geeignete<br />
Größe gleich angibt. Ansonsten gilt die Faustformel:<br />
»Klein« entspricht 40-49, »mittel« 50-57 und<br />
»lang« 58-69 Zentimetern. (Mehr Kaufberatung zu<br />
Rucksäcken auf den folgenden Seiten 88 bis 93.)<br />
Beim Trekken<br />
Mammut Heron Pro;<br />
85+15 Liter; 2900 Gramm<br />
Für jeden Zweck<br />
ein Anderer:<br />
Rucksäcke gibt es<br />
heute in allerlei<br />
Größen, Formen.<br />
und Farben.<br />
Im Tiefschnee<br />
Mammut Protection RAS;<br />
15 Liter; 2300 Gramm mit<br />
Lawinenairbag-System<br />
Für Minimalisten<br />
Mammut Lithium Z;<br />
8 Liter; 510 Gramm<br />
WIKINGER REISEN<br />
UND WWF<br />
DEUTSCHLAND<br />
SIND PARTNER FÜR<br />
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REISEN<br />
Infos und Katalog unter<br />
Wikinger Reisen GmbH<br />
Kölner Str. 20 · 58135 Hagen<br />
www.wikinger.de<br />
02331-9046
KAUFBERATUNG TEIL 1: Tagesrucksäcke<br />
Erst wenn der Rucksack<br />
voll bepackt ist, zeigt sich,<br />
ob er wirklich gut sitzt.<br />
Keine Tour<br />
ohne Rucksack<br />
(Berg-)Wandern: Leicht konkav gekrümmte<br />
Rücken mit 3D-Mesh oder lüftende Netzrücken<br />
bzw. schweißsaugende, luftige (innen Fasern)<br />
oder durchbrochene Gurte sollen verhindern,<br />
dass man schwitzt und das Material durchfeuchtet.<br />
Kompressionsriemen sind nicht nötig,<br />
stattdessen Stöckehalter<br />
Alpin(-Bergsteigen): Um bei Drehbewegung<br />
kaum Fliehkraft zu entfalten, sollte der Rucksack<br />
am teillüftenden Rückenpolster anliegen.<br />
Die Schultergurte können Riemen zum Variieren<br />
der Lastposition und des Anpressdrucks besitzen.<br />
Kompressionsriemen und Stock-/Pickel-/<br />
Beil-Halter erhöhen die Variabilität.<br />
Klettern/Klettersteig: Der seitenstabile,<br />
eng anliegende Rucksack sollte schlank<br />
geschnitten, robust und schlicht sein (keine<br />
seitlichen Riemen). Der Traggurt ist wegen<br />
schwererer Zustiegslast oder Schwerpunkt auf<br />
den Schultern komfortabel und der gepolsterte<br />
Hüftgurt abnehmbar oder durch einen Riemen<br />
ersetzt.<br />
Bike&Hike: Flexibles Anliegen, ein sehr guter<br />
Seitenhalt und Schulterfreiheit, effektive Kompression<br />
und ein geringes Gewicht zeichnen<br />
den Rucksack aus. Ein einigermaßen lüftender<br />
Rücken und luftige Gurte sind angenehm.<br />
Schlaufen sollten es ermöglichen, einen Helm<br />
oder Stöcke anzubringen.<br />
Mit Sack<br />
und Pack<br />
Rucksäcke mit einem Volumen von 30<br />
Litern sind optimal für größere Tagessowie<br />
kleine Hochtouren. Das optimale<br />
Einsatzgebiet eines Rucksacks hängt aber<br />
darüber hinaus von diversen anderen<br />
Faktoren ab. Von Christian Schneeweiß<br />
88 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Die vielseitigen Tagesrucksäcke für<br />
<strong>Bergsteiger</strong> besitzen ein Volumen<br />
um 30 Liter (l). Die Mindestmenge,<br />
die Packsack samt Taschen<br />
und Fächer fassen sollte, liegt bei<br />
25 Litern; bei Mehrtagetouren oder Wintertouren<br />
mit voluminöser Ausrüstung sogar<br />
30 Liter. Für Hochtouren sollten Rucksäche<br />
mindestens 35 Liter Volumen haben und<br />
einen variablen Deckelverschluss (Ortovox<br />
und Mammut). Die Volumenangaben der<br />
Hersteller sind aber nicht immer korrekt, da<br />
es Modelle mit mehreren Längen (z. B. Osprey)<br />
oder variablem Volumen (z. B. ausziehbarer<br />
Mammut) und verschiedene Messverfahren<br />
(Lowe Alpine ohne offene Fächer) gibt.<br />
Tatonka wurde vom Hersteller schlichtweg<br />
zu großzügig, Berghaus vor Aufspannen des<br />
Netzes gemessen.<br />
Dieser Mini-Trekkingrucksack von Berghaus<br />
ist der schwerste (1,4 kg) der ansonsten<br />
durchwegs relativ leichten Modelle, von denen<br />
Mammut und Ortovox (1,3 kg) für hochtourentaugliche<br />
Rucksäcke sehr leicht und<br />
Jack Wolfskin sowie Tatonka (0,6 bzw. 0,8 kg)<br />
ultraleicht sind. Neben Uni- und Herrenrucksäcken<br />
werden in dieser Kaufberatung<br />
auch Damenrucksäcke vorgestellt.<br />
Was einen guten Rucksack ausmacht<br />
Ein Rucksack muss zum einen gut sitzen, sollte<br />
sich aber auch intelligent bepacken lassen.<br />
1 Deckel<br />
Im Deckel des Schnallenriemen-Verschlusses sollten sich eine größere Tasche für Allerlei<br />
und innen ein Wertfach befi nden. Extremere Modelle besitzen zwei Verschlüsse und einen<br />
Kompressionsriemen zum Unterlegen eines Seils.<br />
2 Tragsystem<br />
Das Tragsystem aus Schulter- und Hüftgurt sollte dampfdurchlässig und für besseren<br />
Komfort gepolstert sein. Gute Verstellriemen an den Schultern ermöglichen eine Variation<br />
zwischen am Rücken liegendem und luftigem Packsack.<br />
3 Rücken<br />
Sommer-Rucksäcke besitzen leicht konkave Rücken, die eine Polsterung mit<br />
Luftkanälen oder sogar ein aufgespanntes, hinterlüftetes Netz besitzen.<br />
Extremere Rucksäcke liegen mit oder ohne Lüftung am Körper an.<br />
4 Externe Fixierung<br />
Externe Fixierungen erlauben ein Verstauen von sperriger Ausrüstung wie<br />
Trekkingstöcken, Eispickel oder Helm sowie bei extremeren Rucksäcken die<br />
Befestigung von Beilen und Karabinern.<br />
5 Seitliche Netzfächer<br />
Ein beliebter Zusatz sind die unverschlossenen seitlichen Stretch- oder Netzfächer,<br />
die sich idealerweise auf je einen Liter ausdehnen lassen und mit<br />
dem unteren der beiden Kompressionsriemen gesichert werden können.<br />
2<br />
3<br />
1<br />
4<br />
5<br />
Fotos: Andreas Strauß<br />
Rucksacktyp und Kompression<br />
Der klassische Deckelverschluss mit ein oder<br />
zwei Schnallenfixierungen ist wieder im<br />
Vormarsch, selbst bei reinen Wanderrucksäcken<br />
oder Bike&Hike-Modellen (außer Black<br />
Diamond mit Rundbogen-RV). Nur Ortovox<br />
hat als Seiteneingriff in den Packsack (auch<br />
bei Deuter, Lowe Alpine) oder zum Packen einen<br />
genialen Koffer-RV.<br />
Der »Toploader« ist aus mehreren Gründen<br />
von Vorteil: er ist weniger defektanfällig als<br />
der RV (zudem sind die Schnallen austauschbar);<br />
schützt effektiver vor Nässe durch den<br />
Deckel, zudem lässt sich das Volumen erweitern,<br />
indem man Kleidung oder Kletterseil<br />
unter den Deckel legt.<br />
Daher besitzen Deckelrucksäcke mit (Eis-)<br />
Kletteranspruch einen »Top-Kompressions«-<br />
Schnallenriemen, mit dem sich Ausrüstung<br />
unter dem Deckel fixieren oder ein voller<br />
Rucksack auch oben komprimieren lässt.<br />
Die häufig schlank und länglich geformten<br />
Rucksäcke dieser Kauf beratung besitzen<br />
teils gar keine seitlichen Kompressionsriemen<br />
(Black Diamond Frontnetz) – was den<br />
Packsack unten eher zum Wackeln bringt<br />
(v. a. Ortovox und Lowe Alpine), dafür aber<br />
vermeidet, dass man beim Klettern seitlich<br />
verhakt. Andererseits können die üblichen<br />
zwei Paar Kompressionsriemen (oben meist<br />
Schnallenriemen) als zusätzliches Fixierungsmittel<br />
fungieren.<br />
Fixierungen<br />
Typischerweise haben die Rucksäcke eine externe<br />
Fixierungsmöglichkeit für Pickel (nur<br />
Lowe Alpine, Black Diamond und Jack Wolfskin),<br />
bei Rucksäcken mit extremerem Anspruch<br />
existieren darüber hinaus zwei Beilhalterungen<br />
(bei schlichten Modellen wie Haglöfs<br />
versenkt). Diese lassen sich notfalls als Stockhalter<br />
verwenden, während Lowe Alpine, Deuter<br />
und Berghaus die funktionelleren, reinen<br />
Stöcke- oder einzelne Stockhalter besitzen.<br />
Osprey besitzt eine ausgeklügelte Stöcke-<br />
Teillüftung: Die Rückenpolster mit Faserfütterung<br />
sind durch einen vertikalen Lüftungskanal<br />
ergänzt. Allerdings darf der Packsack<br />
nicht zu voll sein, sonst wird der Rücken<br />
ausgebeult und liegt eng an (Jack Wolfskin).<br />
Der »Toploader«<br />
ist weniger<br />
defektanfällig<br />
als ein RV.<br />
Sauger: Die beste Ableitung an Gurten<br />
bei gutem Trag komfort und ausreichender<br />
Stabilität erreicht man durch verschiedene<br />
Lochungen, meist innen mit Netzmesh und<br />
außen mit Netz überzogen (Berghaus).<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 89
EXPERTEN-TIPP<br />
»Bei mehr als 30 Liter<br />
Volumen erfolgt die<br />
Verteilung primär<br />
über den Hüftgurt.«<br />
Bei wärmeren Temperaturen<br />
ist es angenehm, wenn<br />
der Rucksack nicht direkt<br />
am Rücken liegt.<br />
Martin Beerli ist leitender Produktmanager<br />
der Mammut Sports Group<br />
Tipp 1 Als Polsterung werden Schaumstoffe<br />
eingesetzt, bei hochwertigen Produkten im<br />
Lagenaufbau: Das formstabile EVA absorbiert<br />
den Druck, das PU sorgt für eine weiche<br />
Aufl age. Entscheidend für den Tragkomfort ist<br />
aber, dass Träger, Rücken und Flossen analog<br />
der menschlichen Ana to mie vorgeformt sind.<br />
Damit werden Druckstellen und Fehlbelastungen<br />
verhindert. Die höchste Dampfdurchlässigkeit<br />
an den Gurten erreicht man mit dem<br />
porösen Mesh-Textil: Je grobmaschiger es ist,<br />
desto luftdurchlässiger ist es, desto eher spürt<br />
man es auf der Haut. Weiter hilft der Einsatz<br />
von perforierten Polsterungen.<br />
Tipp 2 Für die Lastverteilung gilt bei einem<br />
Tagesrucksack das gleiche wie bei einem<br />
großen: Schwere Gegenstände sollten nahe am<br />
Körper platziert sein, damit der Rucksack nicht<br />
nach hinten zieht und man mehr Kraft braucht.<br />
Bei über 30 Liter Volumen erfolgt die Verteilung<br />
überwiegend über den Lendenbereich und den<br />
Hüftgurt, bei einem kleineren Rucksack mehr<br />
über die Schulterträger.<br />
Tipp 3 Ein Wanderrucksack hat ein eher<br />
starres Rückensystem, da hier die Belüftung im<br />
Vor dergrund steht. Für aktive Sportarten wie<br />
Bergsteigen, Trail Running oder beim Klettern<br />
ist der nahe Sitz am Körper wichtiger. Der<br />
Rücken sollte hier fl exibel sein und die<br />
Bewe gungsfreiheit nicht einschränken. Bei<br />
einem Rucksack mit Rahmen sollte dieser<br />
entsprechend der S-Form der Wirbelsäule<br />
vorgeformt sein.<br />
fixierung, bei der der Rucksack nicht abgenommen<br />
werden muss.<br />
Beliebt sind multifunktionelle Front- oder<br />
Deckelschlaufen für Befestigungsriemen<br />
oder Gumminetze (z. B. für Steigeisen bzw.<br />
Helm). Für Gletscher und Klettersteig sind<br />
Karabinerschlaufen gedacht; Rücklicht-Fixierungen<br />
fürs <strong>Mount</strong>ainbiken. Bedingt skitourentauglich<br />
sind Tatonka, Mammut (Skischlaufen)<br />
sowie Jack Wolfskin mit großem Trink-/<br />
Schaufelfach und Stiel-/Sondenhülle innen,<br />
aber ohne Skibefestigung.<br />
Tragsystem<br />
Das Tragsystem besteht aus Hüftgurt und<br />
durch einen Brustriemen verbundene Schultergurte.<br />
Diese sollten bei voluminöseren<br />
Rucksäcken Schulterriemen besitzen. Dadurch<br />
lässt sich variieren, wie die Last positioniert<br />
wird (Mammut top): soll der Rucksack<br />
vom Rücken abstehen oder besser anliegen,<br />
TIPP<br />
Den richtigen<br />
Rucksack finden<br />
■ Es existieren viele unterschiedliche<br />
Fixierungen und Extras, Komforteigenschaften<br />
und Tragsysteme. Daher sollte man<br />
am besten vor dem Gang zum Händler die<br />
gewünschten Optionen festlegen.<br />
■ Zum Anprobieren beim Händler ein<br />
voluminöses Gewicht (z. B. zwei Bergseile)<br />
in den Rucksack stecken und wie bei den<br />
Bewertungen dieser Kaufberatung verfahren.<br />
■ Beim Anlegen des Rucksacks alle<br />
Gurte lockern, den Hüftgurt mittig auf dem<br />
Beckenkamm aufl egen und schließen, dann<br />
die Traggurte anziehen (locker zum Wandern,<br />
fester für intensive Aktivitäten).<br />
■ Relativ dünne Pickelhalterschlaufen eignen<br />
sich gut als Stockhalter, wenn man sie<br />
zu einer schmalen Öse für die Stockspitze<br />
verdrillt.<br />
■ Zu breite oder zu harte Schultergurte<br />
können die Beweglichkeit im Schulterbereich<br />
beim Klettern oder <strong>Mount</strong>ainbiken<br />
beeinträchtigen.<br />
90 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
So bewertet der BERGSTEIGER<br />
Groß und deutlich stehen die<br />
Volumenangaben auf den meisten<br />
Rucksäcken. Doch nicht immer<br />
sind sie richtig. Wir haben sie<br />
daher mit Kügelchen-Säcken<br />
»ausgelitert«, und zwar inklusive<br />
aller (Volumen-)Taschen und unverschlossenen<br />
(Stretch-)Fächer.<br />
Tragkomfort: Die Rucksäcke wurden<br />
mit sechs Kilo Zuladung geprüft. Das<br />
Tragsystem sollte eher luftig als hart<br />
gepolstert sein – es sei denn, man<br />
trägt schwere Kletter-/Hochtourenausrüstung<br />
(Ortovox, Arc’teryx; teils Haglöfs,<br />
Black Diamond und Mammut).<br />
Bei Tatonka, Haglöfs und Jack Wolfskin<br />
musste man Komfortabstriche für<br />
Leichtkonstruktion eintauschen.<br />
Halt: Um seine Tauglichkeit für<br />
Gleichgewicht erfordernde Bergaktivitäten<br />
zu prüfen, schwenkten<br />
die Testpersonen den gut fi xierten<br />
Rucksack seitwärts. Es gab nur gut<br />
bis sehr gut sitzende Modelle (aber<br />
Berghaus hohe Fliehkraft), bei denen<br />
allenfalls der untere Packsack<br />
etwas schwabbelte (Leichtrucksäcke<br />
Jack Wolfskin und Haglöfs).<br />
Mammut saß wie angegossen.<br />
Der Winter ist zwar nicht die<br />
passende Jahreszeit für einen<br />
Netzrücken. Aber auch so lassen<br />
sich dessen Luftzirkulations-Qualitäten<br />
erkennen (hier der Rückenlänge<br />
anpassbar; Berghaus).<br />
Lüftung: Die Qualität der Lüftung<br />
lässt sich beim Tragen besser erkennen<br />
als dem Anschein nach, denn<br />
ein dünnes 3D-Polster funktioniert<br />
kaum. Das Spektrum reichte von<br />
aufgespannten Netzrücken mit<br />
Luftzirkulation (Wanderrucksäcke<br />
Berghaus und Deuter) über<br />
3D-Mesh mit funktionierenden<br />
Lüftungskanälen (v. a. genialer<br />
Mammut; Jack Wolfskin) bis zu<br />
ungelüftet anliegenden Modellen<br />
(Arc’teryx und Tatonka).<br />
Ausstattung: Hier wurde letztlich<br />
die Vielseitigkeit des Rucksacks<br />
Mit Messbeutel ließen sich<br />
die Rucksäcke »auslitern«. Die<br />
Volumenangaben der Hersteller<br />
waren nicht immer korrekt,<br />
teilweise wurden auch andere<br />
Messkriterien angelegt.<br />
bewertet. Die umfangreichste<br />
Ausstattung besaßen naturgemäß<br />
die hochtourentauglichen Modelle<br />
(Mammut und Ortovox), die übliche<br />
umfasste mindestens Pickel- und<br />
Stöckefi xierungen, die reine Wanderausstattung<br />
zwei Stockhalter (Berghaus<br />
mit Rücken längenanpassung,<br />
Deuter mit großem Fronteingriff)<br />
Optimal verteilt: Unten<br />
wenig gebrauchte oder<br />
mittelschwere Ausrüstung<br />
wie Schlafsack,<br />
am Rücken schwere<br />
Teile wie Flasche oder<br />
Kletter(steig)-Set,<br />
außen Kleidung, im<br />
Deckelfach Wertsachen<br />
und Kleinkram<br />
um nicht zu wackeln? Kleinere Tagesrucksäcke<br />
brauchen keine dick, sondern luftig gepolsterte<br />
Schultergurte, um Schweißdampf<br />
abzuleiten. Statt dem üblichen, festeren<br />
Mesh mit Schaumstoffkern ist hier das luftdurchlässige<br />
Airmesh (z. B. Black Diamond)<br />
ideal, besonders in Kombination mit gelochtem<br />
Schaumstoff (z. B. Deuter). Die gibt<br />
es auch am Hüftgurt. Die dort verwendete<br />
Polsterung entspricht in der Regel jener bei<br />
den Schulterträgern.<br />
Tagesrucksäcke mit extremerem Anspruch<br />
besitzen teils ungepolsterte, wenn auch meist<br />
breitere Hüftriemen (z. B. Arc’teryx und Haglöfs),<br />
um nicht den Klettergurt zu behindern<br />
und um besser radeln zu können. Dampf leiten<br />
am besten reine Netzflossen (Jack Wolfskin)<br />
ab, Polsterungen mit Schlitz am Beckenkamm<br />
(Ortovox, Osprey) passen sich hingegen am komfortabelsten<br />
an. Bei größeren oder extremeren<br />
Rucksäcken (Klettern, Bike&Hike) erhöht ein<br />
Hebelzug (Riemen nach innen statt außen<br />
ziehen; Mammut und Black Diamond) die Effektivität<br />
der Anpassung des Gurts.<br />
Rückensystem<br />
Bei Tagesrucksäcken lässt sich so viel Gewicht<br />
zuladen, dass ein Gestell sinnvoll ist<br />
– sei es eine festere Platte mit Formstrebe (z.<br />
B. Arc’teryx optimal S-förmig) oder eine flexiblere<br />
Formplatte (z. B. Osprey lüftend-konkav).<br />
Ulraleicht-Rucksäcke besitzen nur eine gerade<br />
Schaumstoffmatte im Rücken, die sich<br />
jeder Bewegung anpasst oder sogar zusammengefaltet<br />
in einem Mehrtagerucksack<br />
verstauen lässt (Jack Wolfskin und Tatonka). Die<br />
Trockner: Der Hüftgurt leitet den Schweiß<br />
von den Hüften optimal nach außen; der Netzrücken<br />
verhindert mit seiner Luftzirkulation,<br />
dass man am Rücken schwitzt (Deuter).<br />
Polsterungen reichen vom 3D-Hartschaum<br />
mit Textil- oder Meshbezug für schwerere<br />
Lasten (kann unten im Kreuz drücken) über<br />
weicheres Mesh oder Airmesh mit zentralem<br />
Lüftungskanal bis zu netzbezogenem<br />
Schaumstoff. Für einen stabileren Seitenhalt<br />
sollten diese am Rücken anliegen, sich aber<br />
nicht anpressen. Lüftungskanäle, konkave<br />
Formung und v. a. für Luftzirkulation aufgespannte<br />
Netze (leichter Zug nach hinten)<br />
sorgen für Lüftung bei Sommeraktivitäten.<br />
Eine längenverstellbare Rückenanpassung<br />
(genauer: Traggurtaufhängung) besitzen in<br />
dieser Kauf beratung nur Berghaus (Haken)<br />
und Osprey (Klett), die beide einfach, aber etwas<br />
mühsam funktionieren.<br />
◀<br />
Zugkraft: Beim »Hebelzug« werden die Riemen<br />
des Hüftgurts umgelenkt, so dass man<br />
sie mit verstärktem Zug nach innen zieht und<br />
sie sich nicht lockern können (Mammut).<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 91
KAUFBERATUNG 1: Tagesrucksäcke<br />
TIPP<br />
Komfort<br />
TIPP<br />
Preis/Leistg.<br />
Arc’teryx<br />
Altra 33 LT Women’s<br />
Berghaus<br />
Freeflow 25+5<br />
Black Diamond Sonic<br />
Pack (Größe M)<br />
Deuter<br />
Spectro AC 32 SL<br />
Haglöfs<br />
Roc Speed 25<br />
Jack Wolfskin<br />
Ascent Pack 26<br />
Vertrieb, Info 0 89/32 19 77 70,<br />
www.arcteryx.com<br />
08 00/1 00 87 65,<br />
www.berghaus.com<br />
00 41/61/5 64 33 33,<br />
www.blackdiamondequipment.com<br />
08 21/4 98 70,<br />
www.deuter.com<br />
08 31/51 28 00,<br />
www.haglofs.se<br />
0 61 26/95 40<br />
www.jack-wolfskin.com<br />
Preis in Euro 180,- 109,95 109,- 124,95 120,- 79,95<br />
Volumen/<br />
Gewicht gem.<br />
33 l/1150 g 24,5 l/1405 g 24 l/1100 g 32 l/1215 g 25 l/920 g 26 l/590 g<br />
Typ mit<br />
Verschluss<br />
Deckel-Toploader mit 2<br />
Schnallenriemen<br />
Deckel-Toploader mit 1<br />
Schnallenriemen<br />
Frontloader mit RV<br />
obere Hälfte<br />
Deckel-Toploader mit 2<br />
Schnallenriemen<br />
Deckel-Toploader mit 1<br />
Schnallenriemen<br />
Deckel-Toploader mit 1<br />
Schnallenriemen<br />
Tragsystem<br />
(Traggurt/<br />
Hüftgurt)<br />
Dünn gepolstert,<br />
Schulterriemen/breit,<br />
ungepolstert<br />
gelochte Airmesh-<br />
Polster/Flossen 3D-Mesh<br />
Airmesh-gepolstert/<br />
Flossen Airmeshgepolstert<br />
Loch-Airmeshpolster,<br />
Schulterriemen/Flossen<br />
Airmesh-gepolstert<br />
Netz mit Mesh-Polster/<br />
mittelbreite Riemen<br />
Airmesh-gepolstert/Flossen<br />
doppeltes Netz<br />
Rückensystem<br />
(Form/Gestell/<br />
Polster)<br />
S-förmig/Platte mit<br />
Alustreben/nur Bezug<br />
Leicht konkav/Kunststoffplatte/Luft,<br />
Netz,<br />
Mesh-Polster<br />
Gerade/Platte mit<br />
Alustäben/3D-Netzmesh<br />
Leicht konkav/Alustreben<br />
+ Drahtkreuz/Netz<br />
Flexibel gerade/fl exible<br />
Platte/Netz mit Mesh-<br />
Polster + Lüftungskanal<br />
Flexibel gerade/Schaummatte/Airmesh-Polster<br />
+<br />
Lüftungskanal<br />
Externe<br />
Fixierung<br />
Frontfi xierung,<br />
2 Beil-/Pickelhalter<br />
2 Stockhalter 1 Stöcke-/Pickelhalter<br />
versenkbar, Rücklicht-<br />
Fixierung<br />
1 Stöckehalter 2 Stock-/Beil-/Pickelhalter<br />
versenkbar<br />
Stöcke-/Pickelhalter<br />
Kompression<br />
2 Paar Riemen,<br />
Top-Kompression<br />
1 Paar Riemen Front-Gumminetz 2 Paar Riemen + 3<br />
weitere Schnallenriemen<br />
2 Paar Riemen, Top-<br />
Kompression<br />
–<br />
Taschen und<br />
Fächer<br />
Deckel, Wert, Frontfl ap, 2<br />
Fächer, 2 Außentaschen<br />
Deckel, Wert, 2 Balg,<br />
Stretchnetz-Seitenfächer<br />
Deckel, Wert, Hüft/Foto,<br />
Stretch-Seitenfächer<br />
Deckel groß, Volumen<br />
Front, Stretch-Seitenfächer<br />
Deckel<br />
Deckel, Front groß, Hüften,<br />
Stretch-Seitenfächer<br />
Extras<br />
Springschnallen, Key<br />
Clip, Trinksystem rückseitig,<br />
Deckel abnehmbar<br />
Rückenlängen-Verstellung<br />
XS-XL, Regenhülle,<br />
Refl ektoren<br />
Hebelzug, Signalpfeife,<br />
Key Clip, Hüftgurt mit<br />
Gelenk, Größe L: 26 L<br />
RV-Fronteingriff,<br />
Notsignalanweisung,<br />
Bedienungsanleitung, Key<br />
Clip, Blüte, auch in 26 L<br />
Signalpfeife, Key Clip,<br />
fl exible Platte ausziehbar,<br />
Spring-Schnallen,<br />
Refl ektor<br />
Notsignalanleitung, Stiel-/<br />
Sonden- + Pumphülle,<br />
<strong>großes</strong> Trinkfach, Spring-<br />
Schnallen<br />
BEWERTUNGEN<br />
Halt ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Tragkomfort ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Lüftung – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Ausstattung ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Unser<br />
Eindruck<br />
Spartanischer Alpin-<br />
Allrounder; schlanke<br />
Form, vielseitige Fixierungen,<br />
liegt eng an, Rücken<br />
top Ergonomie, aber hart,<br />
Alustangen ausziehbar,<br />
Schnell-Sackverschluss<br />
schwergängig, viele<br />
Schnallen und Bändel,<br />
drückt unten, wackelt<br />
EINSATZBEREICHE<br />
Wanderrucksack mit<br />
top Lüftung; optimaler<br />
Komfortsitz, kaum spürbar,<br />
Rückenverstellung<br />
sehr einfach, aber etwas<br />
hakelig, Volumen kleiner<br />
als angegeben, starke<br />
Fliehkraft und etwas<br />
Zug nach hinten, relativ<br />
schwer<br />
Schlichter Allrounder;<br />
trotzdem alles dran,<br />
schlank und keine<br />
Kompressionsriemen,<br />
Rucksack geht mit<br />
Körper, volle Bewegungsfreiheit,<br />
oben anliegend,<br />
Seitenfächer fl aschentauglich,<br />
Hartpolster<br />
drückt im Kreuz<br />
Rundum luftiger<br />
Komfortrucksack;<br />
Netzrücken mit Luftzirkulation,<br />
luftdurchlässiges<br />
Tragsystem, Lastposition<br />
sehr variabel, unübersichtliches<br />
Riemensystem,<br />
bedingt skitauglich, etwas<br />
Fliehkraft<br />
Sehr schlichter (Eis-)<br />
Kletterrucksack; aber<br />
alles dran, sitzt wie<br />
angegossen, länglicher<br />
Schnitt, keinerlei Bewegungseinschränkung,<br />
Deckel guter Nässeschutz,<br />
bei Hüftbelastung<br />
wenig komfortabel, leicht<br />
und deutlich abspeckbar<br />
Vielseitiger Ultraleicht-<br />
Rucksack; günstig, ideal<br />
für Sportliche, ziemlich<br />
luftig, zusammenfaltbar,<br />
da kein Gestell, super<br />
Sackverschluss einhändig,<br />
kaum Bändel, bedingt<br />
skitauglich, wenig robust,<br />
Packsack wackelt unten<br />
Bergwandern – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Alpin ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
Klettern ■■■■■ – ■■■■■ – ■■■■■ ■■■■■<br />
Bike&Hike ■■■■■ – ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■ ■■■■■<br />
92 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
TIPP<br />
Allround<br />
Lowe Alpine<br />
Airzone Quest 27<br />
Mammut<br />
Trion Element 30<br />
Ortovox<br />
Thunder 35+<br />
Ortlieb<br />
Elevation 32<br />
Osprey Kestrel 28<br />
(Größe M/L)<br />
Tatonka<br />
Cima di Basso 35<br />
0 89/8 99 60 30,<br />
www.lowealpine.com<br />
0 18 05/05 62 66 89,<br />
www.mammut.ch<br />
0 89/66 67 40,<br />
www.ortovox.com<br />
0 98 72/80 00,<br />
www.ortlieb.com<br />
0 88 21/7 61 13,<br />
www.ospreyeurope.com<br />
104,95 100,- 135,95 219,95 120,- 70,-<br />
0 82 05/9 60 20,<br />
www.tatonka.com<br />
28,5 l/1270 g 30-35 l/1285 g 36,5 l/1300 g 33 l/1255 g 28,5 l/1285 g 33,5 l/800 g<br />
Deckel-Toploader mit 2<br />
Schnallenriemen<br />
Deckel-Toploader mit 2<br />
Schnallenriemen<br />
Top-/Frontloader mit<br />
Schnalle bzw. RV<br />
Deckel-Toploader mit 1<br />
Hakenriemen<br />
Deckel-Toploader mit 2<br />
Schnallenriemen<br />
Deckel-Toploader mit<br />
1 Schnallenriemen<br />
Airmesh-gepolstert, gelocht,<br />
Schulterriemen/Airmesh<br />
geschlitzt<br />
Airmesh-gepolstert,<br />
Schulterriemen/Flossen<br />
Airmesh-gepolstert<br />
Lochpolster, Schulterriemen/<br />
geschlitzte Polsterfl ossen<br />
Schaumstoff breiter, Schulterriemen/Flossen<br />
dick<br />
gepolstert<br />
Mesh-Polster dicker, Schulterriemen/wie<br />
Mesh-Polster,<br />
an Hüften geschlitzt<br />
Dickes (Air-)Mesh-Polster<br />
gelocht/Riemen mittelbreit,<br />
abnehmbar<br />
gerade/Kunststoffplatte<br />
+ Formstäbe/Luft, Netz,<br />
Airmesh<br />
Leicht S-förmig/fl exible<br />
Platte + Alu-Formstab/3D-<br />
Airmesh-Polster<br />
Gerade/fl exible Platte +<br />
Alustrebe/bezogener<br />
3D-Hartschaum<br />
Leicht konvex, fl exibel/3D-<br />
Schaummatte/nur Bezug<br />
Konkav/Formplatte/Netz<br />
über Schaumstoff, Mesh-<br />
Netz<br />
Flexibel gerade/Schaummatte/Airmesh-Polster<br />
unstrukturiert<br />
Stöckehalter, Pickelhalter,<br />
Rücklicht-Fixierung,<br />
4 Frontschlaufen<br />
2 Stöcke-/Beil-/Pickelhalter<br />
versenkbar, Materialleisten,<br />
Karabinerschlaufen<br />
2 Stock-/Beil-/Pickelhalter<br />
versenkbar, Karabinerschlaufe,<br />
Innenschlaufen<br />
2 Stock-/Beilhalter, Helmhalter,<br />
Signalpfeife, Materialleisten,<br />
Karabinerschlaufen<br />
2 Beil-/Pickelhalter,<br />
seitlicher Stöckehalter,<br />
Deckelschlaufen<br />
2 Stock-/Pickelhalter, Karabiner-<br />
+ Deckelschlaufen<br />
2 Paar Riemen 2 Paar Schnallenriemen,<br />
Top-Kompression<br />
– 2 Paar Riemen mit Haken 2 Paar Schnallenriemen,<br />
Top-Kompression<br />
2 Paar Schnallenriemen,<br />
Top-Kompression<br />
Deckel, 2 Wert, Foto, Front, Deckel groß, Wert<br />
Frontfach groß, Stretch-Seiten<br />
Deckel groß, Wert, innen,<br />
Netz, Foto wasserresistent<br />
Deckel innen wasserdicht,<br />
Wert, 2 Hüft<br />
Deckel groß, Wert, Stretch-<br />
Frontfach Stretch-Seiten, Foto<br />
Deckel groß, 2 kleine<br />
Stretch-Seiten<br />
Seit-Eingriff, Regenhülle, Key<br />
Clip, Notsignalanweisung,<br />
Signalpfeife<br />
Funktionsanleitung,<br />
Formstab ausziehbar, Hüftgurt<br />
abnehmbar, Hebelzug,<br />
Key Clip<br />
Hebelzug, Bändel einrollbar,<br />
Alustrebe ausziehbar, Key<br />
Clip, Signalpfeife, Deckel<br />
auch Hip Pack<br />
Material 100% wasserdicht,<br />
Funktionsanleitung,<br />
Kompression optional<br />
Skifi xierung<br />
Regenhülle, Trinkfach<br />
zwischen Trägern und Sack,<br />
Rückenlängenverstellung,<br />
Key Clip<br />
Springschnallen, Signalpfeife,<br />
Refl ektor, <strong>großes</strong><br />
Trinkfach, Skifi xierung<br />
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Luftiger Wander- und<br />
Alpinrucksack; schlank,<br />
super bequem und<br />
belüftet, gute Ausstattung,<br />
Taschenwunder, mehr Volumen<br />
als angegeben, kein<br />
Verrutschen, aber Packsack<br />
wackelt deutlich + zieht<br />
etwas nach hinten<br />
Schlichter Allround- und<br />
Hochtouren-Rucksack;<br />
robust und doch leicht,<br />
länglich-schlanke Form,<br />
sitzt wie angegossen,<br />
bedingt skitauglich,<br />
variabelste Lastpositionen,<br />
super Spring-Schnallen, viel<br />
Zusatzvolumen, kann unten<br />
drücken<br />
Cleaner Trekking- und<br />
Hochtourenrucksack; sitzt<br />
optimal am Körper, durch<br />
optionale Komplettöffnung<br />
top befüllbar, schlanker<br />
langer Schnitt, kaum externe<br />
Fixierungen, Hüftgurt<br />
super anpassend, robust,<br />
kann unten drücken, Sack<br />
wackelt<br />
Wasserdichter Komfortrucksack;<br />
sehr robust,<br />
Quaderform erleichtert<br />
Packen, hält dauerhaft<br />
dicht, aufrecht super Lüftung,<br />
gekrümmt super Halt,<br />
variable Lastpositionierung,<br />
Trinkschlauchinstallation<br />
mühsam, etwas Fliehkraft/<br />
Wackeln<br />
Sehr komfortabler Allrounder;<br />
länglich-schlank,<br />
liegt an, aber nicht fest,<br />
Sackverschluss gut, aber<br />
gewöhnungsbedürftig,<br />
Schnellfi xierung Stöckehalter<br />
raffi niert, aber etwas<br />
mühsam, Trinkfach eng und<br />
Regenfänger<br />
Ultraleichter Kletter-/<br />
Tourenrucksack; sehr<br />
günstig, voll anliegend,<br />
breite Form, Rücken nicht<br />
formstabil, für Hüftgurtverächter<br />
komfortabel, zusammenfaltbar,<br />
Gepäck kann<br />
durchdrücken, Rucksack<br />
zieht etwas nach hinten,<br />
Bändelei<br />
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04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 93
KAUFBERATUNG TEIL 2: Klettergurte<br />
Ein Gurt für<br />
alle Fälle<br />
Welcher Klettergurt<br />
eignet sich wofür?<br />
Klettersteig: Der Gurt benötigt nur ein bis<br />
zwei Karabinerschlaufen zum Verstauen der Sicherungsäste<br />
des Klettersteigsets. Verstellbare<br />
Beinschlaufen für dickere Hosen oder Schuhe<br />
auf Hochgebirgssteigen sind sinnvoll.<br />
Gletscher/leichte Hochtour: Gurt- und<br />
Beinschlaufen sollten sich leicht öffnen und<br />
schließen lassen. Der Gurt kann einfach gehalten<br />
sein, und sollte für Fels- oder Eispassagen<br />
eine zweite Materialschlaufe besitzen.<br />
Alpinklettern/Hochgebirge: Vier Schlaufen<br />
und evtl. zusätzliche Fixierungen inkl. Haul Loop<br />
ermöglichen eine übersichtliche Materialverteilung;<br />
verstellbare Beinschlaufen erleichtern die<br />
Anpassung an die Oberschenkelweite. Gute und<br />
luftige Polsterung ist empfehlenswert.<br />
Klettergarten/Halle: Vor allem fürs Hängen<br />
sollte der Gurt komfortabel sein und bis zu<br />
sechs Größen und narrensichere Verschlüsse<br />
aufweisen. In der Halle reichen zwei Karabinerschlaufen<br />
für die Expressschlingen. Verstärkungen<br />
sind wegen der Wechselbelastung sinnvoll.<br />
Beinschlaufenverstellung ist nicht erforderlich.<br />
Letztlich geht es bei allen Klettergurten<br />
darum, dass sie einen Sturz halten. Je<br />
nach Einsatzschwerpunkt unterscheidet<br />
sich die Konstruktion dennoch ganz<br />
erheblich. Von Christian Schneeweiß<br />
94 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Von Schlaufen und Schnallen<br />
Wenn man drin hängt, merkt<br />
man es sofort: ist der Hüftgurt<br />
gut gepolstert? Das<br />
sollte er; und zudem am Rücken<br />
etwas breiter. Hohen<br />
Tragkomfort verschaffen Schweiß absorbierende<br />
oder besser durchlässige Materialien<br />
wie Meshpolster (Stubai), luftiges Netz-Mesh<br />
(Singing Rock) oder gelochter Schaumstoff mit<br />
Netzlüftung (Edelrid). Verstellen lässt sich der<br />
Umfang des Hüftgurts an dem tragenden<br />
Band mit einer Sicherheitsschnalle (Slidelock;<br />
Black Diamond zwei Zentrierungsschnallen;<br />
außer LACD), die sich nicht unbeabsichtigt<br />
lösen kann. Die meisten vorgestellten<br />
Gurte lassen sich übrigens relativ leicht inklusive<br />
Beinschlaufen komplett öffnen, so<br />
dass man sie anlegen kann, ohne von oben<br />
einsteigen zu müssen.<br />
Abhängig vom Zweck, für den der Hüftgurt gedacht ist,<br />
gibt es einige Punkte, die Sie beim Kauf beachten sollten.<br />
1 Sicherheitsschnalle<br />
Der Hüftgurt sollte mit einer Sicherheitsschnalle (Slidelock) verschließbar und das Bändel<br />
des tragenden Gurtbands gut fi xierbar sein, um nicht zu stören.<br />
2 Zentralring und Aufhängung<br />
Beim Hüftgurt sollten Zentralring (alias Anseilring) und dessen Aufhängungen<br />
in Hüftgurt und Beinschlaufen verstärkt sein, beim Sitzgurt<br />
reicht die Anseilschlaufe.<br />
3 Beinschlaufen<br />
Die im Umfang einstellbaren Beinschlaufen sollten hinten längenverstellbar<br />
aufgehängt und für eventuelle Entwirrung vor dem<br />
Einsteigen aushängbar sein.<br />
4 Materialschlaufen<br />
Für Klettersteig oder Gletscher reichen ein bis zwei Materialschlaufen<br />
aus, für Halle und Klettergarten zwei bis vier<br />
(Standard).<br />
2<br />
3<br />
1<br />
4<br />
Verschluss<br />
Die Verschlüsse funktionierten alle zuverlässig,<br />
nur der für eine Komplettöffnung<br />
vorgesehene LACD kann sich bei Entlastung<br />
lockern. Die meisten Schnallen waren mehr<br />
oder weniger hakelig zu öffnen (v. a. Singing<br />
Rock und Black Diamond; außer Stubai). Bei<br />
Edelrid dagegen flutschte das Gurtband leichtgängig<br />
durch die Hüftgurt-Schnalle. Als einzige<br />
ließ sie sich nicht komplett öffnen.<br />
Zentrierung<br />
Eine gute Zentrierung des Gurts erhöht den<br />
Komfort beim Hängen und ermöglicht einen<br />
optimalen Zugriff auf die Materialschlaufen.<br />
Dies war nur bei Black Diamond mit Doppelschnalle<br />
und LACD mit einseitiger Materialschlaufe<br />
und breitem Hüftband der Fall. Die<br />
anderen Modelle ließen sich allenfalls zufällig<br />
(Stubai) oder bei feiner Größenabstufung<br />
(Edelrid und Mammut) gut zentrieren.<br />
Wegen der Reibung der beweglichen Teile<br />
aneinander und am Seil, sollten die beiden<br />
Aufhängungen Verstärkungen besitzen<br />
und der Zentralring aus zwei, besser<br />
drei Bandlagen bestehen. Der Ring wird<br />
an Klettersteig (Klettersteigset) und Gletscher<br />
(Seilkarabiner) sowie zum Sichern<br />
verwendet. Beim direkten Einbinden ins<br />
Seil hingegen sollte man die Aufhängungen<br />
verbinden, anstatt den Zentralring zu<br />
verwenden. So bleibt er von Seilreibung<br />
Viele Gurte lassen<br />
sich samt Beinschlaufen<br />
öffnen.<br />
So muss man<br />
nicht von oben<br />
einsteigen.<br />
Fotos: Andreas Strauß<br />
Tragekomfort<br />
Alle Gurte passten sich beim Gehen oder<br />
Klettern dem Körper an, außer Stubai (schräge<br />
Hüftgurt-Aufhängung) und Edelrid (etwas<br />
starre, schmalere Beinschlaufen). Entscheidend<br />
für die Bewertung waren aber Polsterung<br />
und v. a. Schweißableitung. Hier punktete<br />
Singing Rock und Edelrid.<br />
Aufhängungen und Verstärkungen<br />
Herzstück des Hüftgurts ist der Textil-Ring,<br />
der Hüftteil und Beinteile lose verbindet.<br />
Effektiv: Normalerweise wird die Weite der<br />
Beinschlaufen mit der gleichen Schnalle wie<br />
der Hüftgurt verstellt. Hier geschieht dies<br />
durch einen Schieber. Dafür sind die Beinschlaufen<br />
nicht zu öffnen (Black Diamond).<br />
Sammelstelle: Diese Materialschlaufe ist<br />
doppelt ergonomisch geformt, da sie nach<br />
außen steht und hinten höher aufgehängt<br />
ist, um die Karabiner leichter einhängen zu<br />
können (Edelrid).<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 95
KAUFBERATUNG 2: Klettergurte<br />
Black Diamond<br />
Momentum DS M’s<br />
Edelrid<br />
Atmosphere<br />
LACD<br />
Easy Ferrata<br />
Mammut<br />
Ophir 3 Slide Men<br />
TIPP<br />
Preis/Leistg.<br />
Preis: 54,90 €<br />
Preis: 80,- €<br />
Preis: 35,- €<br />
Preis: 60,- €<br />
Info: 00 41/61/5 64 33 33,<br />
www.blackdiamondequipment.com<br />
Info: 0 75 62/98 10,<br />
www.edelrid.de<br />
Info: 0 89/45 23 08 80,<br />
www.getgear.eu<br />
Info: 0 18 05/05 62 66 89,<br />
www.mammut.ch<br />
Gewicht: 395 g/Größe L–XL<br />
(2 Größen, XS–XL)<br />
Gewicht: 320 g/Größe M<br />
(4 Größen, XS–L)<br />
Gewicht: 520 g/Größe Uni<br />
Gewicht: Gewicht: 430 g/Größe M<br />
(6 Größen, XS–XXL)<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Breiterer Hüftgurt mit bezogenem<br />
Hartschaum + 2 Sicherheitsschnallen<br />
Beinschlaufen: anpassende Verstellung,<br />
bezogener Hartschaum<br />
Aufhängung: Zentralring groß,<br />
Beinschlaufen getrennt verstell- und<br />
aushängbar<br />
Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />
Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />
Extras: Haul Loop, Anleitung am Gurt,<br />
Beinschlaufen mit Schiebregler, doppelte<br />
Bändel-Fixierungen, Netzbeutel<br />
Schmalerer Hüftgurt mit bezogenem<br />
Loch-Netz + Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: etwas anpassend,<br />
Loch-Netz + Sicherheitsschnalle<br />
Aufhängung: Zentralring groß, Beinschlaufen<br />
nur aushängbar<br />
Verstärkungen: Zentralring dreifach,<br />
Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Kunststoff<br />
Materialschlaufen: 4 sehr ergonomisch<br />
Extras: Beinschlaufen mit Gummizug,<br />
robuster Netzbeutel, Chalk-Bag-<br />
Schlaufe, Gebrauchsanleitung<br />
Ungepolsterter Sitzgurt aus Nylonband<br />
mit Klickschnalle<br />
Beinschlaufen: verstellbar, ungepolstert,<br />
Klickschnalle<br />
Aufhängung: Anseilschlaufe<br />
groß, Beinschlaufen verstell- und<br />
abschnallbar<br />
Verstärkungen: Anseilschlaufe,<br />
Nähte<br />
Materialschlaufen: 1 links<br />
Extras: Netzbeutel, weite Umfangverstellungen,<br />
verschiebbare Hüftbändelschlaufe<br />
Komfort-Hüftgurt mit gelochtem<br />
Schaumstoff + Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: verstellbar, gepolstert,<br />
Sicherheitsschnallen<br />
Aufhängung: Zentralring klein, Beinschlaufen<br />
verstell- und aushängbar<br />
Verstärkungen: Zentralring zweifach<br />
dick, Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Kunststoff<br />
Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />
Extras: Haul Loop, Netzbeutel, top<br />
Bändel-/Gurtende-Fixierungen,<br />
Schad-Indikator, Fair-Wear-zertifi ziert<br />
Bewertungen<br />
Bewertungen<br />
Bewertungen<br />
Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
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■■■■■<br />
■■■■■<br />
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Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Alpingurt mit perfekter Zentrierung;<br />
Hüftgurt komplett zu öffnen, keine<br />
Bändelei; Beinschlaufenweite schnell<br />
verstellbar, Riemen kaum verstellbar,<br />
Verschluss hakelig, Hängen kaum<br />
aufrecht, kann ins Kreuz drücken<br />
Ultraleichter komfortabler Sportklettergurt;<br />
luftig, sehr robust, Slidelock-<br />
Schnalle super leichtgängig + Bändel<br />
schnell befestigt/gelöst, Beinschlaufen<br />
anpassend, aber nicht verstellbar;<br />
relativ starr, schneiden hängend ein<br />
Günstiger Gurt für Klettersteig/<br />
Gletscher; Hüftgurt/Beinschlaufen<br />
komplett zu öffnen, Bändelfi xierungen<br />
mitlaufend, keine Schweißaufnahme,<br />
Riemenverstellung mühsam, Schnallen<br />
können sich lockern, relativ schwer<br />
Sehr robuster Allround-Klettergurt;<br />
sehr komfortabel gepolstert, Verstärkungen<br />
sehr robust, keine Bändelei,<br />
Hüftgurt/Beinschlaufen komplett zu<br />
öffnen, Materialschlaufen optimal zum<br />
Einhängen, kann ins Kreuz drücken<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Klettersteig<br />
Gletscher<br />
Alpinklettern<br />
Klettergarten<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Klettersteig ■■■■■<br />
Gletscher –<br />
Alpinklettern ■■■■■<br />
Klettergarten ■■■■■<br />
Klettersteig ■■■■■<br />
Gletscher ■■■■■<br />
Alpinklettern –<br />
Klettergarten –<br />
Klettersteig<br />
Gletscher<br />
Alpinklettern<br />
Klettergarten<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
verschont. Für diesen Zweck besitzen die<br />
besonders robusten Mammut und Edelrid<br />
eine kunststoffverstärkte Aufhängung am<br />
Beinteil. Dagegen werden bei fest verbundenen,<br />
einteiligen Sitzgurten (Petzl und<br />
LACD) Seil und Sicherung in die verstärkte<br />
Anseilschlaufe gehängt. Sie sind einfacher<br />
konstruiert und günstiger als Hüftgurte.<br />
Beinschlaufen I: Komfort und Verstellung<br />
Obwohl sie nur je die Hälfte des Hüftgurts<br />
aushalten müssen, sind die Beinschlaufen<br />
wesentlich für den »Hängkomfort« eines<br />
Klettergurts. Sie sollten daher gut ausgestattet<br />
sein – sprich um den hinteren Oberschenkel<br />
ausreichend breit und so gut gepolstert wie<br />
der Hüftgurt. Da man je nach Wetter unter-<br />
schiedlich dicke Hosen verwendet, empfiehlt<br />
sich im Gebirge eine Weitenverstellung mit<br />
Schnallen wie am Hüftgurt (fast alle Modelle).<br />
Black Diamond hat dagegen einen »Schieberegler«,<br />
der sich ohne zu drücken elastisch dem<br />
Oberschenkel umfang anpassen lässt. Die fixen<br />
Beinschlaufen von Edelrid sind dehnbar,<br />
passen sich also bedingt an die Hose an.<br />
96 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Petzl<br />
Aspir<br />
Singing Rock<br />
Versa<br />
Skylotec<br />
guro Men<br />
Stubai<br />
Triple<br />
TIPP<br />
Allround<br />
Preis: 55,95 €<br />
Preis: 59,95 €<br />
Preis: 89,95 €<br />
Preis: 59,90 €<br />
Info: 0 88 21/9 32 30,<br />
www.petzl.com<br />
Info: 0 80 21/50 78 90,<br />
www.singingrock.de<br />
Info: 0 89/32 21 02 58,<br />
www.skylotec.de<br />
Info: 00 43/52 25/6 96 00,<br />
www.stubai.com<br />
Gewicht: 450 g/Größe 1<br />
(Größen 0 bis 2)<br />
Gewicht: 445 g/Größe L-XXL<br />
(3 Größen, XS-XXL)<br />
Gewicht: 400 g/Größe M<br />
4 Größen, S-XL)<br />
Gewicht: 445 g/Größe S-XL<br />
(2 Größen, XS-XL)<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Ausstattung<br />
Breiter Sitzgurt mit robustem Mesh +<br />
Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: verstellbar, Mesh,<br />
markiert, Sicherheitsschnallen<br />
Aufhängung: Anseilschlaufe klein,<br />
Beinschlaufen einzeln verstell- und<br />
aushängbar<br />
Verstärkungen: Anseilschlaufe, Nähte<br />
Materialschlaufen: 2 ergonomisch<br />
+ robust<br />
Extras: Gute Anleitung auch auf Gurt,<br />
robuster Netzbeutel, 3 Jahre Garantie,<br />
Chalk-Bag-Schlaufe<br />
Breiter Sitzgurt mit Netzmesh-Polster<br />
+ Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: verstellbar,<br />
Netzmesh-Polster, Sicherheitsschnalle<br />
Aufhängung: Zentralring groß, Beinschlaufen<br />
verstell- und abschnallbar<br />
Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />
Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Materialschlaufen: 4 ergonomisch<br />
Extras: Gurtweiten-Voreinstellung,<br />
Gurtende-Fixierung, gute Anleitung,<br />
Netzbeutel, stabile Haul Loop, Eisclip-<br />
Einstecker<br />
Ergonomischer Hüftgurt mit Porenmesh-Polster<br />
+ Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: elastisch anpassend,<br />
Porenmesh-Polster, Sicherheitsschnallen<br />
Aufhängung: Zentralring groß,<br />
Beinschlaufen getrennt verstell- und<br />
abschnallbar<br />
Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />
Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Materialschlaufen: 4<br />
Extras: Anseil-Anleitung, Chalk Bag-/<br />
Haul-Loop, robuster Netzbeutel<br />
Breiter Hüftgurt mit Mesh-Polster +<br />
Sicherheitsschnalle<br />
Beinschlaufen: verstellbar, Mesh-<br />
Polster, Sicherheitsschnallen<br />
Aufhängung: Zentralring, Beinschlaufen<br />
verstell- und abklippbar<br />
Verstärkungen: Zentralring zweifach,<br />
Hüftgurt-Aufhängung, Beinschlaufen<br />
Materialschlaufen: 4<br />
Extras: Große einfache Haul Loop,<br />
reiner Netzbeutel (anfällig)<br />
Bewertungen<br />
Bewertungen<br />
Bewertungen<br />
Bewertungen<br />
Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
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Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
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■■■■■<br />
Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
■■■■■<br />
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■■■■■<br />
■■■■■<br />
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Verschluss:<br />
Zentrierung:<br />
Verdrehen:<br />
Tragkomfort:<br />
Hängen:<br />
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■■■■■<br />
■■■■■<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Unser Eindruck<br />
Narrensicherer Gurt für Klettersteig/<br />
Gletscher und Halle; Hüftgurt/Beinschlaufen<br />
komplett zu öffnen, aufrechtes<br />
Hängen, keine Beinschlaufen-<br />
Verwechslung, sehr grifffreundliche<br />
Materialschlaufen, Bändelei<br />
Komfortabler Alpingurt; luftig gepols -<br />
tert, Gurt leichtgängig + voreinstellbar,<br />
samt Beinschlaufen komplett zu<br />
öffnen, aber hakelig, ergon. vordere<br />
Materialschlaufen gegen Vorrutschen,<br />
hintere für besseres Einhängen<br />
Variabler Sportklettergurt; super<br />
bequem, durchdachte Bändelschlaufen,<br />
Beinschlaufen relativ variabel,<br />
obwohl ohne Verstellung, Hüftgurt<br />
komplett zu öffnen<br />
Schlichter Allrounder; Hüftgurt/<br />
Bein schlaufen komplett zu öffnen,<br />
aufrechtes Hängen, Beinschlaufen-<br />
Riemen leichtgängig, Materialschlaufen<br />
ganz vorne, Hüftgurt evtl. Bändelei<br />
+ an Aufhängung schräg<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Eignungen<br />
Klettersteig ■■■■■<br />
Gletscher ■■■■■<br />
Alpinklettern –<br />
Klettergarten ■■■■■<br />
Klettersteig<br />
Gletscher<br />
Alpinklettern<br />
Klettergarten<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Klettersteig<br />
Gletscher<br />
Alpinklettern<br />
Klettergarten<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Klettersteig<br />
Gletscher<br />
Alpinklettern<br />
Klettergarten<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
■■■■■<br />
Hängen<br />
Ohne Schmerzen an den Beinen zu bekommen,<br />
lässt sich am längsten mit Petzl und<br />
Stubai (zudem Oberkörper ganz aufrecht)<br />
und Mammut hängen. Edelrid schneidet trotz<br />
Komfortkonstruktion an den Schenkelinnenseiten<br />
ein, bei Black Diamond kann man sich<br />
ohne Festhalten am Seil nicht aufrecht halten.<br />
Beinschlaufen II: Elastische Straffung<br />
Um die Beinschlaufen oben zu halten, besitzen<br />
alle Klettergurte hinten dünne elastische<br />
Riemen, die sich verstellen lassen<br />
(Mammut leichtgängig, LACD kompliziert,<br />
Black Diamond praktisch nicht, Edelrid keine<br />
Verstellung). Sie sind gebündelt aufgehängt<br />
und abhäng- oder abschnallbar. Parallele<br />
Aufhängungen wie bei Singing Rock erlauben<br />
eine exakte Einzelverstellung.<br />
Mit abschnallbaren Riemen lassen sich zudem<br />
beim Packen und Transport verdrehte<br />
Beinschlaufen vor dem Anlegen des Gurts<br />
leichter entwirren. Gleiches gilt für die relativ<br />
steifen Beinschlaufen von Edelrid und die<br />
Sitzgurte (Petzl sogar mit »Right«-Etikett).<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 97
Ideale Tour zu Beginn der Wandersaison<br />
Die Tour ist Teil des Tiroler Adlerweges<br />
Rückfahrt mit gratis Wanderbus „KaiserJet“<br />
Nur eine Stunde von München entfernt<br />
Standardmäßig<br />
haben Hüftgurte<br />
vier Materialschlaufen,<br />
teils<br />
sind sie ergonomisch<br />
geformt.<br />
Damit der Gurt auch über<br />
dickere Hosen passt,<br />
muss man Beinschlaufen<br />
verstellen können.<br />
Ein Aushängen der Riemen kann die Entwirrung<br />
erleichtern.<br />
Die dreitägige Wanderung<br />
von Hütte zu Hütte führt<br />
vom Goinger Badesee über<br />
die Gruttenhütte und die<br />
Walleralm bis zum kristall<br />
klaren Hintersteiner See in<br />
<br />
<br />
<br />
Materialschlaufen und Extras<br />
Standardmäßig haben Hüftgurte vier Materialschlaufen.<br />
Zum leichteren Einhängen<br />
ergonomisch geformt sind nach außen aufgebogene<br />
(Black Diamond) oder hinten höhere<br />
(Mammut; Edelrid beides) Schlaufen. Petzl<br />
braucht für Klettersteig und Gletscher nur<br />
zwei Materialschlaufen (sehr gut einzuhängen),<br />
LACD nur eine.<br />
Jeder Klettergurt sollte neben Beutel mit Netz<br />
eine ausführliche Anleitung besitzen. Bei<br />
Petzl und Black Diamond befinden sich Anleitungsskizzen<br />
am Gurt. Hinten sollte sich eine<br />
kleine Schlaufe für den Magnesiabeutel oder<br />
eine robuste Haul Loop für Schuhe, Trinkflasche<br />
oder Seil befinden. Die überstehenden<br />
Bändel von Hüftgurt und Beinschlaufen<br />
lassen sich mit je zwei Schlaufen am besten<br />
fixieren (Mammut, Black Diamond, Singing<br />
Rock; LACD mitlaufende Schlaufen). Mammut<br />
besitzt einen Schad-Indikator (rote Fasern bei<br />
Aufrieb) und ist Fair-Wear-zertifiziert. ◀<br />
TIPP<br />
Erst mal fünf<br />
Minuten hängen<br />
■ Beim Kauf eines Hüft- oder Sitzgurts<br />
sollte man sich für mindestens fünf Minuten<br />
in den Gurt hängen, um das Drücken am<br />
Oberschenkel und die Körperhaltung zu<br />
überprüfen.<br />
■ Beim Kauf eines Gurts mit fi xen Beinschlaufen<br />
bzw. bei der Weiteneinstellung<br />
sollten die Beinschlaufen gerade so eng<br />
sein, dass sie nicht am Oberschenkel stören<br />
oder gar einschneiden.<br />
■ Bei mäßiger Zentrierung sind ohne<br />
Verrenkungen nur drei von vier Materialschlaufen<br />
erreichbar. Rechts hinten lassen<br />
sich dann Abseil- und Rettungsausrüstung<br />
einhängen.<br />
<br />
<br />
Hintersteinersee<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
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die Kombiniermöglichkeit mit einem Brustgurt<br />
und auffällige Hinweise machen den<br />
Sitzgurt zum idealen Einsteigermodell und<br />
Klettersteiggurt (auch für Gletscher; Petzl).<br />
Extrem robust: Zentralring (2 extradicke<br />
Lagen + Defektindikator), Hüftgurtaufhängung<br />
und Beinschlaufenaufhängung mit<br />
Kunststoffschutz, an welcher die Last des<br />
Gurtes hängt (Mammut).
Rund 81 000 Fachbesucher aus 109 Ländern statteten der ISPO einen Besuch ab.<br />
ISPO 2013<br />
Neuheiten auf<br />
der ISPO 2013 –<br />
eine Auswahl:<br />
Fotos: Messe München, Hersteller<br />
Es bleibt bunt<br />
Besucherrekord, Ausstellerrekord, Flächenrekord:<br />
Die ISPO Munich 2013 hat neue Maßstäbe gesetzt.<br />
Auffällig war vor allem eines: Die Hersteller setzen<br />
weiterhin auf knallige Farben. Von Bettina Willmes<br />
So viele Aussteller wie nie, so viele<br />
Besucher wie nie, so viel Fläche<br />
wie nie: Die diesjährige »ISPO Munich«<br />
legte bei allen Kennzahlen<br />
zu – zum Teil deutlich. Wie jedes<br />
Jahr präsentierten die Hersteller bei der Fachmesse<br />
die Neuheiten für die kommende Wintersaison.<br />
Große Innovationen gab es zwar<br />
kaum, dafür aber viele kleine Neuerungen.<br />
Auffallend ist beispielsweise, dass immer<br />
mehr Hersteller auf Hybrid-Bekleidung<br />
setzen und je nach Körperpartie wasserabweisende,<br />
isolierende oder atmungsaktive<br />
Die meisten<br />
Hard shells sind<br />
bereits mit dem<br />
neuen GoreTex<br />
Pro ausgestattet.<br />
Materialien verwenden. Ein Großteil der<br />
vorgestellten Hardshell-Jacken ist bereits<br />
mit der neuen Generation der GoreTex Pro<br />
Membran ausgestattet, die von Herbst an<br />
verfügbar ist.<br />
Während es derzeit noch eine Besonderheit<br />
ist, dass Handschuhe so konstruiert oder<br />
behandelt sind, dass man Smartphones mit<br />
ihnen bedienen kann, wird dies in der kommenden<br />
Saison schon fast die Regel sein.<br />
Beständig zeigten sich die Hersteller in ihrer<br />
Farbenfreude. So bleibt die Outdoor-<br />
Kleidung auch im Winter 2013/14 bunt und<br />
knallig. Auch auf Design wird großen Wert<br />
gelegt. Ebenfalls erwähnenswert: Jack Wolfskin<br />
präsentierte die erste Bekleidungsreihe<br />
speziell für Schneeschuhgeher.<br />
Mehr als 30 Produkte aus dem Outdoor-Bereich<br />
wurden mit dem ISPO-Award ausgezeichnet.<br />
Genaueres zum Auswahlverfahren<br />
erfahren Sie in unserem Interview auf<br />
Seite 13.<br />
Ortovox stellte die erste<br />
Hardshell-Garnitur vor, deren<br />
Innenseite vollfl ächig aus<br />
Merinowolle besteht. Laut<br />
Hersteller sorgt das für ein<br />
völlig neues Komfortlevel.<br />
Merinowolle kann große<br />
Mengen an Feuchtigkeit<br />
speichern, ohne sich nass<br />
anzufühlen. Die Feuchtigkeit<br />
kann dann langsam durch<br />
die Membran nach außen gelangen. Drei Jahre<br />
hat Ortovox nach eigenen Angaben an der<br />
Merino Guardian Shell getestet. Die Modelle<br />
sind von Herbst an im Handel erhältlich.<br />
Das Mammut Protection<br />
Airbag System<br />
ist die Weiterentwicklung<br />
des bekannten<br />
Snowpulse Lifebag<br />
Systems. Die Airbagform<br />
schützt Kopf-, Nacken- und<br />
Brustbereich vor Verletzungen<br />
und sorgt in der Lawine<br />
für eine optimale Position.<br />
Neu ist, dass das Airbagsystem<br />
vollständig ausbaubar ist und man dadurch<br />
immer den passenden Rucksack für den<br />
jeweiligen Einsatzbereich wählen kann.<br />
Es gibt vier Rucksacktypen, die mit dem<br />
System kompatibel sind. Erhältlich ab September<br />
2013, je nach Rucksack liegt der<br />
Preis zwischen 640 und 720 €, Kartusche<br />
20 € zzgl. Pfand<br />
Berghaus hat die Ulvetanna Pro<br />
Jacket vorgestellt. Die Besonderheit<br />
ist die mehrfach<br />
verstellbare Kapuze, die<br />
auf Höhe des Mundes<br />
kleinste Öffnungen hat, so<br />
dass die feuchte Atemluft<br />
aus der geschlossenen<br />
Kapuze entweichen kann.<br />
Preis: 599,95 €; von Herbst<br />
an erhältlich<br />
Schön bunt: Dieses Motto galt allerorts.<br />
Meindl hat Schuhe mit ausfahrbaren<br />
Spikes präsentiert. In drei Modellen, (Gastein<br />
Spike, Island Spike und Arctic Spike)<br />
lassen sich diese über eine Handschraube<br />
im Fersenbereich stufenlos aus- und einfahren.<br />
Preis 359 bis 399 €, erhältlich seit<br />
Februar (Island Spike) bzw. ab September<br />
Fotos: Hersteller<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 99
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04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 101
REPORTAGE<br />
Ski-Expedition zum Nordpol<br />
12 Tage für<br />
einen Grad<br />
Der größte Feind bei einer Nordpol-Expedition ist die Sinnfrage. Wenn sie sich<br />
einschleicht, wird es schwer, die Strapazen zu ertragen. Sobald die Arktis aber<br />
auch nur für einen Moment ihre Schönheit preisgibt, sind alle Anstrengungen<br />
vergessen. Von Birgit Lutz<br />
102 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
Gefangen im Eis: Bei<br />
Sturm kann man das<br />
Zelt teilweise mehrere<br />
Tage nicht verlassen.<br />
Foto: Thomas Ulrich<br />
Am Anfang ist es nur ein heller<br />
Streifen. Weit weg, am Horizont.<br />
Das diffuse Licht, durch das wir<br />
seit Tagen wandern, verändert<br />
sich, ganz langsam. Aus dem<br />
Weißgrau schälen sich Konturen. Eisblöcke<br />
ragen wie Finger in den Himmel. Das<br />
Weißgrau wird zu einem schimmernden<br />
Blauweiß. Der helle Streifen wächst über<br />
den ganzen Horizont, als sei er lebendig und<br />
komme näher. Es wird kalt. Die Wolkende-<br />
cke, die uns bisher gewärmt hat, zieht über<br />
unsere Köpfe hinweg, und lässt die Kälte auf<br />
uns herab fallen. Wir ziehen ein drittes Paar<br />
Handschuhe an. Wir bleiben stehen, stumm,<br />
staunend. Wir sehen dieses riesige Tief, wie<br />
es über uns davon zieht. Fünf Minuten später<br />
spannt sich der arktische Himmel über uns<br />
auf, mit einer Klarheit, an die sich unsere<br />
Augen erst gewöhnen müssen, keine Wolke,<br />
kein Dunst mehr, nur blau und weiß und<br />
weiß und blau, das Licht der Sonne strömt<br />
in uns hinein, es wärmt unsere Körper nicht,<br />
aber unsere Seelen. Wir können nicht fassen,<br />
was wir soeben gesehen haben, was wir jetzt<br />
sehen, die Presseisrücken, die aufeinander<br />
gestapelten Schollen, die vielen Töne Blau,<br />
die Sastrugi, die Muster die der Wind in den<br />
Schnee gegraben hat, Wellen wie an einem<br />
sandigen Strand, Eiskristalle, glitzernd.<br />
Dieser Moment allein, er ist es wert. Er ist<br />
alles wert, die Monate der Vorbereitung, die<br />
vielen Stunden in der Schwimmhalle,
am Berg, an den Hanteln. Er ist die Zeit wert,<br />
die geopfert werden muss, die Kosten, und<br />
schließlich auch die Schmerzen unterwegs.<br />
In diesem einen Moment ist er da, der Sinn,<br />
warum das alles. Darum.<br />
Wir sind auf dem Weg zum Nordpol, sind<br />
aufgebrochen von der russischen Drifteisstation<br />
Barneo. Wir gehen nur den letzten Breitengrad,<br />
»The Last Degree« nennen sich solche<br />
Expeditionen, 110 Kilometer über den<br />
arktischen Ozean sind das in der Luftlinie.<br />
Unser Gepäck ziehen wir in Schlitten hinter<br />
uns her, die zwischen 70 und 80 Kilo wiegen.<br />
Die Temperaturen liegen zwischen minus<br />
vier und minus 38 Grad, der Wind erreicht<br />
mitunter Sturmstärke. Das sind die Eckdaten.<br />
Die nicht im Geringsten zu beschreiben<br />
vermögen, wie es sich anfühlt, was es ausmacht,<br />
wie es ist, dort unterwegs zu sein.<br />
Warum geht man eine so weite Strecke geradeaus?<br />
Auf ein virtuelles Ziel zu? Auf einen<br />
Fleck, der exakt genauso aussieht wie die<br />
110 Kilometer davor? Was treibt einen an,<br />
es ist kein Berg, kein Gipfel, immer nur Eis.<br />
Wie oft habe ich diese Fragen beantworten<br />
müssen.<br />
Eis ist nie gleich. Eis ist wie Feuer. Man<br />
kann es endlos ansehen, in seinem Anblick<br />
versinken. Es verändert seine Farbe, seine<br />
Form, seine Konsistenz, sogar das Geräusch,<br />
wenn die Ski darüber gleiten. Wenn es wärmer<br />
ist, erklingt unter ihnen ein schleppendes<br />
Schleifen, der Schnee auf dem Eis ist<br />
sumpfig, schneefreie Stellen sind weich, der<br />
Schlitten schwer. Wenn es kalt ist, klingt der<br />
Schnee staubiger, er ist trocken, noch viel<br />
trockener als jeder Powder der Rocky <strong>Mount</strong>ains,<br />
denn in der hohen Arktis herrscht ein<br />
Wüstenklima, so wenige Niederschläge gibt<br />
es hier. Der Schlitten wird leichter.<br />
Wenn die Temperatur unter minus 30 Grad<br />
sinkt, fängt das Eis zu singen an, manchmal<br />
rutschen die Ski aus auf dem glatten Schnee,<br />
und der Untergrund klingt so hohl, als könne<br />
man hier jeden Moment einbrechen. Auf<br />
schneefreien Stellen beginnt der Schlit-<br />
» Dieser eine Moment<br />
ist alles wert.<br />
Die Monate der Vorbereitung,<br />
die vielen<br />
Stunden in der<br />
Schwimmhalle. «<br />
104 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
1<br />
2<br />
1 An manchen Tagen die<br />
einzige Abwechslung:<br />
Sastrugi, Windmuster im Eis<br />
2 Ab einer gewissen Höhe<br />
lassen sich Presseisrücken<br />
nur ohne Ski überqueren.<br />
3 Alle zwei Stunden zehn<br />
Minuten Pause. Mehr ist<br />
wegen der Kält nicht drin.<br />
Dann heißt es, schnell und<br />
viel essen und trinken<br />
4 Keine Wolke, kein Dunst,<br />
nur blau und weiß: Das sind<br />
die besonderen Momente.<br />
5 Nichtmal die Wimpern<br />
bleiben vom Eis der Arktis<br />
verschont.<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Foto: Birgit Lutz (2), Thomas Ulrich<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 105
» Es ist, als gingen wir<br />
auf einer Rolltreppe,<br />
die rückwärts fährt,<br />
und wenn wir stehen<br />
bleiben, verlieren wir<br />
an Strecke. «<br />
ten zu tanzen. Bleibt man stehen, und wenn<br />
man stehen bleibt, muss man Acht geben,<br />
dass er nicht in die Hacken saust.<br />
Verzaubert von Sastrugi<br />
Manchmal geht man stundenlang über ebene<br />
Flächen, auf denen die einzige Abwechslung<br />
Sastrugi sind. In den Alpen heißen sie<br />
Windgangeln: bezaubernde Muster, die der<br />
Wind in den Schnee fräst. Manchmal ist das<br />
Eis aufgeworfen, zerbrochen, verwüstet. Es<br />
ist kein Land, über das wir gehen, es ist ein<br />
Meer, und dieses Meer ist in ständiger Bewegung,<br />
auch wenn es reglos erscheint. Von Sibirien<br />
nach Kanada wandern die Eismassen,<br />
in einem unvorhersehbaren Zickzack-Kurs,<br />
der von der Erdbewegung, von Wetter und<br />
Wind bestimmt wird. Diese Gewalten brechen<br />
das Eis auf, lassen es sich an der einen<br />
Stelle innerhalb weniger Minuten fünfhundert<br />
Meter weit öffnen, an der anderen Stelle<br />
meterhoch aufstapeln, mit einem Kreischen<br />
und Poltern als seien hier Geister am Werk.<br />
Zeuge dieser Arbeit der Natur zu werden<br />
rührt ans Herz, erzeugt ein Staunen in Demut<br />
und Dankbarkeit.<br />
Das Ergebnis dieser Arbeit aber sind meterhohe<br />
Eisbarrieren, manchmal aus Blankeis,<br />
manchmal eingeweht, und beide haben ihre<br />
Eigenheiten. Das Blankeis ist rutschig, auf<br />
Ski mit dem Schlitten über sie zu klettern<br />
ist eine wacklige Angelegenheit und jeder<br />
Sturz schmerzt. Die eingewehten sind heimtückisch,<br />
weil man sich sicher wähnt und<br />
doch einbrechen kann zwischen den Schollen.<br />
Schon erfahrene Polfahrer haben sich<br />
so die Beine und Hüften gebrochen. Es kann<br />
passieren, dass man sich zwei Stunden lang<br />
über Eisschollen hievt, in denen der Schlitten<br />
hunderte Male umkippt, und feststellt,<br />
man ist 580 Meter weit gekommen. Weil der<br />
Untergrund das Vorankommen schwierig<br />
macht, aber auch weil die Drift negativ ist<br />
– das heißt, das Eis bewegt sich Richtung<br />
Süden, während wir nach Norden wollen.<br />
Es ist, als gingen wir auf einer Rolltrep-<br />
106 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
2<br />
1 Von Eishügeln aus<br />
sind Hindernisse<br />
leichter zu erkennen.<br />
2 Werkstatt im<br />
Zelt: Mit einem<br />
Benzinkocher<br />
werden Ski und Felle<br />
vorm Aufkleben<br />
gewärmt.<br />
3 Ein Blick aus dem<br />
Zelt reicht, um zu<br />
erkennen, dass der<br />
Sturm zu stark ist,<br />
um weitergehen zu<br />
können.<br />
3<br />
TIPP<br />
1<br />
Gut gerüstet ins Eis: je natürlicher, umso funktionaler<br />
Fotos:<br />
Fotos: Birgit Lutz (3), Thomas Ulrich<br />
Auch im Zelt ist man stets warm eingepackt.<br />
Grundsätzlich gilt, dass vieles, was in den<br />
Bergen gut ist, im Eis nicht viel taugt. Fleece zum<br />
Beispiel wird feucht und klamm. Die Ausrüstung ist<br />
erstaunlich simpel: je natürlicher, umso funktionaler;<br />
je größer, umso besser; je simpler, umso<br />
weniger störungsanfällig. Tagsüber trägt man zwei<br />
bis drei Schichten Unterwäsche aus Merinowolle,<br />
darüber wasserdichte Hose und Jacke. Wichtig:<br />
Durch einen Fellkragen um die Kapuze entsteht vor<br />
dem Gesicht ein Mikroklima, das vor Erfrierungen<br />
schützt. Bei großer Kälte wird das Gesicht durch<br />
eine Neoprenmaske geschützt. Wärme entsteht vor<br />
allem durch Bewegung, deswegen muss man fi t<br />
genug sein, sich zwölf Stunden zu bewegen. Optional<br />
sind bei sehr tiefen Temperaturen Isolationsjacken<br />
hilfreich, deswegen alles in ausreichender<br />
Größe besorgen. Eine Expeditionsdaunenjacke wird<br />
in den Pausen über die anderen Schichten angezogen,<br />
etwa alle zwei Stunden für zehn Minuten.<br />
Die Hände stecken in dünnen Wollhandschuhen,<br />
die immer angezogen bleiben, darüber zwei Paar<br />
Wollhandschuhe und ein Paar Sturmhandschuhe.<br />
Alle so groß, dass man sie in einem Rutsch aus-<br />
Norwegische Spezialschuhe<br />
fürs Eis<br />
und wieder anziehen<br />
kann.<br />
Für die Füße als erstes<br />
ein Paar Socken<br />
aus Merinowolle<br />
anziehen, darüber<br />
eine Plastiktüte als<br />
Dampfsperre. So<br />
schlüpft man in zwei<br />
Paar dicke Filzschuhe, die wiederum in weiche<br />
Telemarküberschuhe, eine norwegische Spezialanfertigung,<br />
gehören. Da diese keine Druckstellen<br />
verursachen, gibt es keine Erfrierungen. Durch die<br />
Dampfsperre werden nur die Wollsocken feucht,<br />
die man am Abend über dem Kocher trocknet.<br />
Die Ski sind Sonderanfertigungen, eine Mischung<br />
aus Langlauf- und Tourenski, die im Mittelbereich<br />
verstärkt sind, um über Presseisrücken steigen zu<br />
können. Unbedingt nötig ist ein Expeditionszelt<br />
mit Schneelaschen, auf die zur Stabilisierung<br />
und Isolierung Schnee gehäuft wird. Ausführliche<br />
Ausrüstungslisten gibt es bei den Expeditionsveranstaltern.<br />
04 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 107
Fotos: Thomas Ulrich, Markus Merk, Birgit Lutz<br />
KOMPAKT<br />
Ausgangspunkt<br />
89. Breitengrad<br />
Anreise: Linienfl ug über Oslo nach Longyearbyen<br />
auf Spitzbergen. Von dort weiter in<br />
einer Antonow zur Drifteisstation Barneo. Je<br />
nachdem, wo sich die Station befi ndet, Start<br />
von dort oder Flug mit dem Hubschrauber<br />
zum 89. Breitengrad<br />
Reisezeit: April<br />
Eiskarten: www.iup.uni-bremen.de:8084/<br />
ssmis<br />
Buchungsmöglichkeiten: www.<br />
thomasulrich.com, www.norpolex.com,<br />
www.northpolevoyages.com<br />
pe, die rückwärts fährt. Bleiben wir stehen,<br />
verlieren wir an Strecke. Das Eis bewegt sich<br />
manchmal mit einer Geschwindigkeit von<br />
1,2 Kilometern pro Stunde, fast 30 Kilometer<br />
in 24 Stunden. Das ist mehr, als man gehen<br />
kann. Man geht also den ganzen Tag und<br />
kommt doch nicht voran. Im Gegenteil.<br />
Das ist die Herausforderung einer Nordpolexpedition.<br />
Und deswegen sind Nordpolexpeditionen<br />
auf ihre Art anspruchsvoller als<br />
alles, was man tun kann in den Polregionen.<br />
Zu allen Unwägbarkeiten des Wetters<br />
kommt die Unwägbarkeit des Untergrunds<br />
hinzu. Man weiß niemals, wie die nächsten<br />
Kilometer aussehen werden. Man weiß<br />
nicht, ob man ebenes Eis, aufgeworfenes<br />
Eis, viel Schnee oder offenes Wasser finden<br />
wird. Es gibt keine Karte. Es gibt keine Wegbeschreibung.<br />
Es ist jedes Mal wieder eine<br />
Erstbegehung, und niemand sonst wird jemals<br />
diesen Weg nachgehen, denn das Eis<br />
wird weiterziehen. Nachfolgende Expeditionen<br />
werden ihre ganz eigenen Bedingungen<br />
vorfinden. 2010 ist die Strecke, die ich gehe,<br />
wohl 200 Kilometer lang. 2011 vielleicht 70.<br />
Es ist nicht festzustellen.<br />
All das ist eine immense Herausforderung<br />
für die Psyche. Das Gefühl, wenn man sich<br />
auf unbekanntem Terrain bewegt. Das Wissen,<br />
dass mehr als 4000 Meter Wasser unter<br />
den Füßen schwappen, schwarz und kalt.<br />
Die Ernüchterung beim Blick auf das GPS,<br />
wenn man sieht, man hat Strecke verloren.<br />
Besuch von der Sinnfrage<br />
Dann besucht die Sinnfrage auch mich, sie<br />
setzt sich auf meinen Schlitten, schwer und<br />
immer schwerer, sie nimmt mir Kraft und<br />
Energie, lässt mich die Schmerzen der Kälte<br />
deutlicher spüren und die Müdigkeit in meinen<br />
Armen und Beinen. Die Sinnfrage ist es,<br />
die alles kaputt machen kann hier, sie ist der<br />
größte Feind.<br />
Ich beantworte diese Frage nicht mit einem<br />
Kampf, ich will mir nichts beweisen und<br />
auch anderen nicht, ich muss nicht mich<br />
besiegen oder das Eis und die Kälte. Der Sinn<br />
1 Aufnahme aus dem Sommer:<br />
Im April sind Vögel nur selten in<br />
der Arktis anzutreffen.<br />
2 Presseisrücken erschweren<br />
das Weitergehen immer wieder.<br />
3 Zeugnis unvorstellbarer<br />
Kräfte: zwei Meter hohe<br />
Eisrücken<br />
108 <strong>Bergsteiger</strong> 04 ⁄13
liegt für mich in der Schönheit, und der Weg<br />
dorthin führt über ein Einswerden mit dieser<br />
Welt, ich kämpfe nicht und kann deshalb<br />
weder gewinnen noch verlieren. Ich erbitte<br />
Zutritt, erbitte die Erlaubnis zum Weitergehen.<br />
Die Arktis ist für mich ein lebendiges<br />
Wesen, sie hat eine Seele. Sie ist gerecht, sagt<br />
Thomas Ulrich, einer der bekanntesten Polfahrer.<br />
Tausende Kilometer ist er schon über<br />
dieses Eis gegangen. Mit ihm bin ich unterwegs,<br />
und er sagt, was dir die Arktis nimmt,<br />
das bekommst du auch wieder. Daran muss<br />
man glauben, darauf muss man vertrauen.<br />
An den Tagen, an denen man am Vormittag<br />
mit den Presseisrücken kämpft und nicht<br />
vorankommt, und am Nachmittag dann aus<br />
der Nebelsuppe auftaucht in die strahlende<br />
Weite, wenn das Licht dünn und silbern<br />
wird, dann weiß man, was es heißt, dann erlebt<br />
man, die Arktis ist gerecht. Nun gibt sie<br />
uns, sie lässt uns weitergehen.<br />
Wanderbar.<br />
NEU!<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Lebendige Eiswüste<br />
Inuit glauben, dass alles eine Seele hat, Menschen,<br />
Tiere, Pflanzen. Wenn sie Jagdglück<br />
haben, so sind es nicht sie, die erfolgreich<br />
waren, es ist das Tier, das sich hingegeben<br />
hat, das entschieden hat, erlegt zu werden,<br />
und diesem Beschluss zollen die Jäger der<br />
Inuit großen Respekt. Ein wunderbarer Gedanke.<br />
Seit ich dort oben unterwegs war,<br />
verstehe ich, wie dieser Animismus gerade<br />
dort entstehen konnte. Es ist ein Gefühl, das<br />
langsam in einem wächst, wenn man sich<br />
in dieser Umgebung aufhält, in der die Gewalten<br />
der Natur mit einer solchen Wucht<br />
auf einen prallen. Das sichere Gefühl, dass<br />
gerade in dieser Eiswüste alles auf seine Art<br />
lebendig ist.<br />
Dankbar wird man. Und aufmerksam. Die<br />
Sinne schärfen sich. In einem Dschungel,<br />
der strotzt vor Leben und wildem Gewirr<br />
verschwinden und verschwimmen die kleinen<br />
Dinge. Hier, wo es nichts gibt als Eis und<br />
Luft werden die kleinsten Dinge riesengroß,<br />
wir bestaunen die Presseisrücken, Kristalle,<br />
Lichtspiele mit einer Aufmerksamkeit, als<br />
wären wir gerade neu in diese Welt gekommen.<br />
Wir hören das Eis, wir lesen den Himmel,<br />
wo er dunkel ist, wartet offenes Wasser<br />
auf uns, es dauert, bis man die Zeichen der<br />
Natur erkennen lernt, doch hat man hier<br />
nichts andres zu tun und so wächst man mit<br />
jedem Tag weiter hinein in diese Welt. Und<br />
wenn man ankommt, am Ziel, ist man ein<br />
andrer, man hat jene arktische Wandlung<br />
durchlaufen, von der all die berichten, die<br />
sich dort oben auf den Weg gemacht haben.<br />
Man ist angekommen. Doch wird man von<br />
nun an immer wieder aufs Neue losmüssen.<br />
Weil man gar nicht mehr anders kann. ◀<br />
Zur Magnolienblüte den Frühling im Tessin genießen, die Midsommernacht<br />
auf einem Lofotengipfel erleben, im Herbst durch<br />
Cornwall oder den Triglav-Nationalpark wandern und dem deutschen<br />
Winter nach Patagonien oder Neuseeland entfliehen.<br />
400 Tourentipps in 80 Regionen weltweit – dieses WanderReise-<br />
Buch ist der perfekte Ideengeber für alle Genusswanderer, die<br />
gerne jahreszeitenunabhängig wandern und stets auf der Suche<br />
nach etwas Neuem sind.<br />
168 Seiten · ca. 250 Abb.<br />
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PORTRÄT<br />
UNSERE BESTEN<br />
Pit Schubert im Jahr 1960<br />
an der Gelben Kante der<br />
Kleinen Zinne<br />
110 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
Pit Schubert<br />
»Wir hatten alle<br />
keine Ahnung«<br />
»Ich bin selten<br />
gestürzt. Früher hat<br />
man sich nicht getraut<br />
zu stürzen, weil man<br />
nie wusste, ob das<br />
Material hält.«<br />
Fotos: Bergverlag Rother, Bettina Willmes, Archiv Pit Schubert<br />
Abgetrennte Beine oder zerfetzte Gliedmaßen<br />
waren lange Zeit Teil von Pit Schuberts Berufs.<br />
32 Jahre lang war er Leiter des Sicherheitskreises<br />
des Deutschen Alpenvereins. Die Gefahren<br />
des Bergsteigens kennt er dadurch wie kein<br />
Zweiter. Von Bettina Willmes<br />
Auch ein Sicherheitspapst ist bisweilen<br />
eitel. »Wer wird denn<br />
solch eine Haube aufsetzen?«,<br />
war Pit Schuberts erster Gedanke,<br />
als 1960 der erste Kletterhelm<br />
auf den Markt kam. Rund neun Monate<br />
später rettete ihm solch eine »Haube« wahrscheinlich<br />
das Leben, als ihm an der Westlichen<br />
Zinne ein faustgroßer Stein direkt auf<br />
den Kopf fiel.<br />
Heute ist es selbstverständlich, beim Klettern<br />
im Gebirge einen Helm zu tragen.<br />
Auch sonst herrscht inzwischen ein anderes<br />
Bewusstsein für alpine Gefahren. Einer,<br />
der wesentlich dazu beigetragen hat, ist Pit<br />
Schubert. Von 1968 bis 2000 leitete er den Sicherheitskreis<br />
des Deutschen Alpenvereins<br />
(DAV) und hatte in dieser Funktion ständig<br />
mit Unfällen am Berg zu tun. Viele davon<br />
waren tödlich. Erschüttert haben sie ihn nie.<br />
Weder jene, die er beruflich analysiert hat,<br />
noch jene, die sich in seinem privaten Umfeld<br />
ereignet haben: »Ich bin mit der Gefahr<br />
groß geworden und wusste immer, dass jederzeit<br />
etwas passieren kann.«<br />
Fallhöhe des Steins: 1,50 Meter.<br />
Material des Helms: nicht<br />
alterungsbeständiger<br />
Kunststoff<br />
Er selbst kam immer glimpflich davon. Sowohl<br />
bei der Erstdurchsteigung der Südflanke<br />
der Annapurna IV, als auch in den großen<br />
Nordwänden der Alpen. »Ich bin selten gestürzt.<br />
Früher hat man sich nicht getraut zu<br />
stürzen, weil man nie wusste, ob das Material<br />
hält.« Als seine beiden Kinder, heute 46<br />
und 47 Jahre alt, mit dem Klettern anfingen,<br />
hatte sich in dieser Hinsicht bereits einiges<br />
verbessert. Trotzdem war er froh, als die beiden<br />
vor mehr als 20 Jahren damit aufhörten.<br />
Ihr Interesse am Bergsteigen verflog einfach.<br />
Bei vielen anderen hatte hingegen Pit Schuberts<br />
Standardwerk »Sicherheit und <strong>Risiko</strong><br />
in Fels und Eis« (Bergverlag Rother) wesentlichen<br />
Anteil daran, dass sie ihre Touren<br />
bewusster aussuchten – oder nur noch mit<br />
mulmigem Gefühl unterwegs waren. Wer<br />
»Pit Schubert« googelt, stößt schnell auf den<br />
Eintrag »Pit Schubert, Du hast mein Leben<br />
zerstört«. Er verlinkt auf eine Diskussion auf<br />
der Plattform gipfeltreffen.at. Dort tauschen<br />
sich <strong>Bergsteiger</strong> aus, denen beim Klettern die<br />
Bilder aus Schuberts Büchern nicht aus dem<br />
Kopf gehen.<br />
Die Bilder, von denen sie sprechen,<br />
sind in der Tat nichts<br />
für Zartbesaitete. Eine<br />
Aufnahme mit der Bildunterschrift<br />
Mit sich im Reinen: Pit Schubert<br />
»Nicht gestellt… (†)« zeigt beispielsweise einen<br />
Kletterer, der bei einem Sturz mit dem<br />
Kopf aufgeprallt ist. »Nur mit derart grässlichen<br />
Bildern lassen sich die Leser beeinflussen<br />
und zum Nachdenken anregen, was ja<br />
von mir beabsichtigt war«, begründet Schubert<br />
die Auswahl der Bilder. Erhalten hat er<br />
die Aufnahmen in der Regel von Augenzeugen.<br />
»Dass die Polizei am Ort des Geschehens<br />
solche Fotos gemacht hätte, das gab es<br />
INFO<br />
Sicherheitskreis wird<br />
Sicherheitsforschung<br />
Was einst aus der Initiative einiger<br />
<strong>Bergsteiger</strong> entstand, ist heute eine fest<br />
im Deutschen Alpenverein verankerte<br />
Institution. Geändert hat sich unter anderem<br />
der Name: Der Sicherheitskreis heißt heute<br />
Sicherheitsforschung. Diese befasst sich mit<br />
den Themenfeldern Unfallanalysen, Materialforschung<br />
und Normenarbeit. Während<br />
es zu Pit Schuberts Zeiten zunächst darum<br />
ging, die Ausrüstung zu verbessern, steht<br />
nun der Mensch als <strong>Risiko</strong>faktor stärker<br />
im Fokus. Bis August 2012 waren Chris<br />
Semmel (48) und Florian Hellberg (31) die<br />
DAV-Sicherheitsforscher, seit Semmels Weggang<br />
besteht das Team aus Hellberg, Sophia<br />
Steinmüller (26, Physikerin, seit Januar<br />
2013) sowie Thomas Exner (41, Bergführer<br />
und Physiker; beginnt im April 2013).<br />
04⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 111
Foto: Bergverlag Rother<br />
Nichts für<br />
zarte Gemüter:<br />
Schubert<br />
setzt in seinen<br />
Büchern auf<br />
Schocktherapie.<br />
früher nicht. Da ist halt einer abgestürzt,<br />
und der war dann tot.«<br />
Bücher zu verfassen, war nicht das eigentliche<br />
Anliegen von Pit Schubert. Es ging<br />
dem gelernten Werkzeugmacher und<br />
Maschinenbau-Ingenieur wie seinen Mitstreitern<br />
im Sicherheitskreis darum, das<br />
Bergsteigen sicherer zu machen. »1969 war<br />
der erste Flug zum Mond, und wir haben<br />
primitive Eispickel mit Holzschaft verwendet,<br />
die bei der ersten größeren Belastung<br />
zu Bruch gingen«, sagt er. Der Anstoß, den<br />
Kreis zu gründen, kam 1968 von Manfred<br />
Sturm. Ein enger Freund von Sturm war in<br />
den Zillertaler Alpen verunglückt – eine<br />
Standplatzsicherung hatte nicht gehalten.<br />
Daraufhin rief Sturm einige <strong>Bergsteiger</strong><br />
zusammen. Noch am gleichen Tag wurde<br />
der Sicherheitskreis gegründet. »Per Zuruf<br />
wurde ich kurzerhand zum Chef ernannt«,<br />
erzählt Schubert und lacht kurz auf.<br />
Zwei Jahre später wurde der Kreis in den<br />
DAV integriert. Zehn Jahre lang erledigte<br />
Schubert seine Aufgabe nebenberuflich,<br />
1978 genehmigte der Alpenverein eine<br />
hauptamtliche Stelle – erst nur Teilzeit,<br />
dann Vollzeit. »Mit Zugversuchen nahmen<br />
wir alles mögliche ins Visier: Klemmkeile,<br />
Karabiner, Reepschnüre.« In den ersten Jahren<br />
fiel ein Großteil der Arbeit auf Nachtschichten<br />
– »am Wochenende wollten wir<br />
raus zum Klettern«. Bei einem der ersten<br />
Versuche hat sich Schubert die Lendenwirbel<br />
eingedrückt, bei einem anderen wäre<br />
ein Kollege um ein Haar von einem Fallgewicht<br />
erschlagen worden. »Wir hatten damals<br />
alle keine Ahnung.« Dieser Satz fällt<br />
bei Schuberts Erzählungen von den Anfängen<br />
des Sicherheitskreises immer wieder.<br />
Heute ist der gebürtige Breslauer 77 – und<br />
längst im Ruhestand. Es gehe ihm gut, sagt<br />
er. Man glaubt es ihm, wie er so da sitzt in<br />
seiner Wohnung in Niederndorf bei Kufstein,<br />
zurückgelehnt, die Hände ruhen auf<br />
dem Tisch. »Ich bin komplett ausgefüllt mit<br />
Klettern und Skifahren.« Nicht mehr die<br />
hohen Wände, das brauche er nicht mehr.<br />
Aber immer noch so, dass es ihn fordert,<br />
und am liebsten mit Kameraden von früher.<br />
Einst war er viel mit seiner Lebensgefährtin<br />
Margarethe unterwegs, einer Wienerin.<br />
Kennengelernt hat er sie auf einer seiner<br />
vielen Reisen in den Himalaya. »Damals habe<br />
ich schnell gemerkt: Hoppla, da muss ich<br />
mich anstrengen, um in der Höhe mithalten<br />
zu können.« Das gefiel ihm. Heute machen<br />
ihr steife Gelenke das Bergsteigen schwer.<br />
Natürlich will der einstige Präsident der »Internationalen<br />
Union der Alpinistenverbände«<br />
(UIAA) immer noch wissen, was sich tut<br />
in Sachen Sicherheit und Ausrüstung. Veranstaltungen<br />
wie ISPO oder Outdoor sind<br />
für ihn daher Pflichttermine. Erfährt er von<br />
einem Bergunfall, nimmt er das nicht einfach<br />
nur zur Kenntnis, sondern beschafft<br />
sich Informationen und analysiert die Hergänge.<br />
Intensiv beschäftigt hat er sich auch<br />
mit dem Klettersteigunfall in Tirol im August<br />
2012, bei dem ein Jugendlicher starb.<br />
»Ich habe sogar Bilder von dem Toten«, verrät<br />
er. »Wollen Sie sie sehen?« Woher er sie<br />
hat, behält er für sich.<br />
TOUR<br />
Pit Schuberts Klettertipp:<br />
Die »Via Somadossi« bei Arco<br />
Eine elegante Freikletterei<br />
(VI), die ich aufgrund ihrer<br />
Schönheit hinsichtlich<br />
Routenführung sowie<br />
hinsichtlich Felsqualität und<br />
Ausgesetztheit weit über 50<br />
Mal gemacht und schließlich<br />
saniert habe – wie übrigens<br />
zahlreiche weitere klassische<br />
Routen am Colodri und an der<br />
Rupa Secca; die »Somadossi«<br />
ist allerdings recht sparsam<br />
eingebohrt.<br />
Wandhöhe: gute 200 m<br />
Kletterlänge: über 300 m,<br />
10 Seillängen<br />
Ausgangspunkt: nördlich von<br />
Arco im Sarca-Tal<br />
Route: In der dritten Seillänge<br />
der »Via Somadossi« sollte<br />
man nicht den alten Normalhaken<br />
der Erstbegeher gerade<br />
hinauf folgen, sondern etwas<br />
rechts davon durch einen frei<br />
zu kletternden Riss nahe der<br />
Verschneidung und wieder<br />
wenige Meter nach links zur<br />
Originalführe queren. Obwohl<br />
eingebohrt, ist es keine nach<br />
modernen Maßstäben sanierte<br />
Route; Wand- und Risskletterei<br />
überwiegt. Erstbegangen wurde<br />
die »Somadossi« am 12. September<br />
1975 von den Brüdern<br />
»1969 war der erste<br />
Flug zum Mond, und<br />
wir <strong>Bergsteiger</strong> haben<br />
noch immer primitive<br />
Eispickel mit Holzschaft<br />
verwendet.«<br />
Auf dem Laufenden halten muss er sich<br />
auch – schließlich publiziert er nach wie<br />
vor in Magazinen wie »bergundsteigen«<br />
und »analyse:berg«. Außerdem schreibt er<br />
Bücher. Zuletzt erschien von ihm im November<br />
der Titel »Im Himalaya ist vieles<br />
anders«. Bei den vielen Büchern in seiner<br />
Wohnung entsteht der Eindruck, dass er<br />
nicht nur gerne schreibt, sondern auch<br />
liest. »Ich lese aber nur, was mich weiter<br />
bringt«, sagt Schubert knapp. Geschichten,<br />
die sich jemand ausgedacht hat, mag er<br />
nicht – er bevorzugt Fakten.<br />
Umso mehr stört es ihn, dass so manche<br />
Fakten ihm nicht mehr auf Anhieb einfallen.<br />
»Ab 75 Jahren lässt das Gedächtnis<br />
verdammt nach«, sagt er, und an der Art,<br />
wie er »verdammt« betont, wird klar: Das<br />
gefällt ihm nicht. Aber das scheint auch so<br />
ziemlich alles zu sein, womit dieser Mann<br />
in seinem Leben hadert.<br />
◀<br />
M. und U. Ischia. Am Colodri<br />
und an der westlich davon<br />
gelegenen Rupa Secca gibt es<br />
zahlreiche wunderschöne<br />
Kletterrouten ähnlicher Art und<br />
Schwierigkeit. Darüber hinaus<br />
ist die gesamte Region um<br />
Arco sowie das Sarcatal (Valle<br />
di Sarca) ein fantastisches<br />
Klettergebiet mit bis zu 1000<br />
Meter langen Mehrseillängen-<br />
Routen in allen Schwierigkeitsgraden.<br />
Aufgrund der Ost- und<br />
Süd-Exposition vor allem im<br />
Winter sowie im Frühjahr und<br />
Herbst ideal; im Sommer ist es<br />
meist zu heiß.<br />
112 <strong>Bergsteiger</strong> 04⁄13
LESERBRIEFE/IMPRESSUM<br />
GRASSLS TIPPS<br />
Toni Grassl ist staatlich geprüfter<br />
Berg- und Skiführer<br />
und Inhaber der Eventagentur<br />
grassl-eps. Exklusiv für<br />
den BERGSTEIGER gibt er<br />
Tipps rund ums Bergsteigen.<br />
Dieses Mal geht es um<br />
gefährliche Altschneefelder<br />
im Frühjahr.<br />
»Gerade das Frühjahr zeigt<br />
immer wieder, wie tückisch<br />
und gefährlich Altschneefelder<br />
in den Bergen sein können.<br />
Schneereste bleiben bei<br />
einsetzender Schneeschmelze<br />
vorwiegend in schattigen<br />
Rinnen oder Mulden liegen.<br />
Nicht selten müssen diese bei<br />
Bergtouren überquert oder<br />
auf diesen auf- und abgestiegen<br />
werden. Das Ausrutschen<br />
auf vereisten Altschneefeldern<br />
führt oft zu fatalen Un-<br />
GLÜCKWUNSCH!<br />
Die Gewinner unseres dreiteiligen<br />
BERGSTEIGER-Quiz’ stehen<br />
fest. Die Hauptpreise gehen an:<br />
1. Preis Benjamin Hart aus<br />
Hausham<br />
2. Preis Anton Richter aus<br />
Taufkirchen<br />
3. Preis Doris Stengl-Herrmann<br />
aus Fürth<br />
4. Preis Albert Raufer aus<br />
Unterhaching<br />
fällen, weil sich ein Sturz<br />
kaum mehr bremsen lässt. Bei<br />
der Planung der Tour sollte<br />
man sich daher mit den Gebietskarten<br />
beschäftigen und<br />
sich bei lokalen Bergführern<br />
erkundigen, ob bei der Tour<br />
noch mit Schnee zu rechnen<br />
ist. Falls ja, sind leichte Steigeisen<br />
und ein Pickel ratsam, um<br />
sich auf den Schneefeldern sicher<br />
bewegen zu können.<br />
Auch bei Skitouren im Frühjahr<br />
sind häufig Übergänge<br />
von Schneefeldern in das Felsgelände<br />
oder umgekehrt zu<br />
überwinden. Oft bildet sich<br />
zwischen Fels und Schnee eine<br />
Randkluft. Deren Kante ist<br />
nicht selten einsturzgefährdet,<br />
wird beim Betreten aber<br />
gerne unterschätzt.<br />
Wählen Sie für den Übergang<br />
jene Stelle, an der sich der<br />
Schnee am stabilsten mit dem<br />
Fels verbindet. Testen lässt<br />
sich dies, indem man die Festigkeit<br />
des Schnees mit dem<br />
Skistock sondiert. Gehen Sie<br />
anschließend dennoch nur<br />
sehr vorsichtig weiter. Beim<br />
ersten Vorantasten mit dem<br />
Bergschuh spürt man sehr<br />
schnell, ob der Schnee tragfähig<br />
ist – oder nicht.«<br />
Eine Übersicht über alle Gewinner<br />
finden Sie auf www.bergsteiger.de<br />
sowie in unserer Mai-<br />
Ausgabe. Dort verraten wir<br />
Ihnen auch die richtigen Lösungen<br />
auf jede einzelne der 39<br />
Fragen.<br />
Ein herzliches Dankeschön an<br />
alle Teilnehmer. Wir hoffen,<br />
das Miträtseln hat Ihnen Spaß<br />
gemacht!<br />
BERGSTEIGER<br />
März 2013<br />
Schöne Mischung!<br />
Betrifft: Frühjahrswandern<br />
Liebe BERGSTEIGER-Redaktion,<br />
Ihr habt mich mit der neuen<br />
Ausgabe richtig glücklich gemacht.<br />
Denn ich habe gerade<br />
damit gehadert, dass die Skisaison<br />
in ihr letztes Drittel geht<br />
und es ja noch dauert, bis man<br />
bei uns wieder wandern kann.<br />
Und dann liefert mir der BERG-<br />
STEIGER gleich alles auf einmal:<br />
Winterwanderungen und<br />
Frühjahrswandern anderswo.<br />
Schön!<br />
Katja Riedel, per E-Mail<br />
Ziemlich daneben<br />
Betrifft: Kaufberatung Hardshells<br />
Ciao ragazzi<br />
Ich finde diese »Kaufberatung«<br />
ziemlich daneben. Die großen<br />
Unterschiede in der Regendichtheit<br />
werden vernachlässigt,<br />
obwohl es bei den Hardshells<br />
genau darauf ankommt.<br />
Und ausgerechnet Jack Wolfskin,<br />
eine der wirklich besten<br />
und am meisten verkauften<br />
Marken, wird nicht berücksichtigt!<br />
Zeitschrift TEST August 2012:<br />
Nur die Jacke von Wolfskin<br />
hält als einziger von sage und<br />
schreibe 17 getesteten Outdoorfetzen<br />
auch nach fünfmaligem<br />
Waschen noch sehr gut dicht<br />
– ein Skandal per se und eine,<br />
auf gut Schwäbisch, saumäßige<br />
Schande für sämtliche anderen<br />
Hersteller!!<br />
Jörg Klingenfuß, per Mail<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Bei dem erwähnten Test der Stiftung<br />
Warentest wurden lediglich günstigere<br />
Zwei-Lagen-Jacken betrachtet. Die<br />
Kaufberatung hingegen behandelt<br />
dreilagige Hardshells, insofern sind<br />
die Ergebnisse nicht vergleichbar.<br />
Sagen Sie uns Ihre Meinung zum BERGSTEIGER, wir freuen uns über jede Zuschrift!<br />
Je kürzer ein Leserbrief, desto größer die Chance auf Veröffentlichung. Alle Zuschriften bitte an<br />
BERGSTEIGER, Postfach 40 02 09, D-80702 München oder E-Mail: bergsteiger@bruckmann.de<br />
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die abgedruckten Leserbriefe nicht die Meinung der Redaktion,<br />
sondern die der Unterzeichnenden wiedergeben. Wir behalten uns vor, Briefe vor Abdruck zu kürzen.<br />
04/13 | 80. Jahrgang<br />
Internet: www.bergsteiger.de<br />
Redaktionsanschrift<br />
BERGSTEIGER<br />
Postfach 40 02 09, 80702 München<br />
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Fax +49 (0) 89.13 06 99.690<br />
bergsteiger@bruckmann.de<br />
Chefredakteur Michael Ruhland<br />
Redaktion Beate Dreher, Petra Gössl-Kubin,<br />
Dominik Prantl, Bettina Willmes<br />
Assistenz Beate Dreher<br />
Layout Tanja Beyerle<br />
Kartographie Christian Rolle<br />
Illustrationen Max Baitinger, Moritz Reischl<br />
Aboservice/Leserservice<br />
BERGSTEIGER-Aboservice, Postfach 1280,<br />
82197 Gilching, DEUTSCHLAND<br />
Tel. 01 80-5 32 16 17*<br />
Fax 01 80-5 32 16 20*<br />
(* 14 Cent pro Minute)<br />
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Anzeigenleitung<br />
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