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GI - Gebäudetechnik Innenraumklima Sommerliche Raumkühlung im Wohnungsbau mittels kombinierter Heiz- und Kühlsysteme (Vorschau)

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K. W. Usemann In eigener Sache: Abschied von der Leserschaft 173<br />

P. Seidel <strong>Sommerliche</strong> <strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong> <strong>mittels</strong> 175<br />

R. Gritzki <strong>kombinierter</strong> <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong> –<br />

M. Rösler Teil I: Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenuntersuchungen<br />

R. Bäckmann Filternde Absaugsysteme bei thermischer Bearbeitung 183<br />

Thema: Energie <strong>und</strong> Stromfresser 191<br />

P. Tesche Energiebedarf von Wohnbauten 192<br />

M. Wang Lebensmittelhygiene <strong>und</strong> Brandschutz – Empfehlungen für Betriebe der 203<br />

Lebensmittelindustrie zum verstärkten Brandschutz<br />

P. Lein Schallschutz in heiztechnischen Anlagen in Anlehnung an VDI 2715 209<br />

Risiken der Vertragsgestaltung werden bei Großprojekten unterschätzt 214<br />

K. W. Usemann Über verbohrtes Deutsch in der Technik 217<br />

Neue Schriften 182, 202, 208<br />

Mitteilungen 190, 213<br />

Buchbesprechungen 191, 216, 220<br />

Patentschau 219<br />

Gefahrstoffe auf Baustellen / Rechtsecke / Aus den Verbänden / 221<br />

Neuheiten <strong>und</strong> Firmenberichte<br />

133. Jahrgang • August 2012<br />

Oldenbourg Industrieverlag München


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dass ich vom Oldenbourg Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante, fachspezifische Medien- <strong>und</strong> Informationsangebote informiert <strong>und</strong> beworben werde.<br />

Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.


Herausgegeben von K. W. Usemann 133. Jahrgang 2012 · Heft 4 · Seite 173 – 228<br />

unter Mitwirkung von<br />

in Verbindung mit dem<br />

F. Baum, H. Erhorn <strong>und</strong> H.-J. Moriske<br />

Umweltb<strong>und</strong>esamt, Fachbereich Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Wasser-, Boden- <strong>und</strong> Lufthygiene, Ökologie, Berlin-Dahlem; Bayerischen Landesamt<br />

für Umweltschutz, Augsburg <strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heitstechnischen Gesellschaft, Berlin.<br />

In eigener Sache:<br />

Abschied von der Leserschaft<br />

„… <strong>und</strong> führt entzückt durch das heiter geschaffene, das mit Anfang oft schließt <strong>und</strong> mit Ende beginnt“<br />

Dieser Rilke-Vers ist einmal wörtlich zu nehmen. Durch andere Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Gegebenheiten musste ich mich dazu entschließen, nach Erscheinen dieses<br />

gi-Heftes von der Herausgabe <strong>und</strong> Schriftleitung zurückzutreten. In diesem Jahr<br />

2012 erscheint der Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur seit 1878 <strong>im</strong> 133. Jahrgang, 42 Jahre<br />

davon hatte ich die schöne Aufgabe, diese Fachzeitschrift mit zugestalten, die<br />

mit ihrem breiten Wissensspektrum jung <strong>und</strong> aktuell geblieben ist. Der Verlag<br />

hat sich entschlossen, die Verantwortung der Herausgabe an Univ.-Prof. Dr.-Ing.<br />

Martin Kriegel, Hermann-Rietschel-Institut an der TU Berlin, zu übertragen. Der<br />

bisherige Betreuer kann seinen Abschied von den Lesern mit der Genugtuung<br />

verbinden, dass seine Herausgebertätigkeit in guten Händen liegt. Es beginnt<br />

<strong>im</strong> Beenden des gi ein neues Layout. Das äußere Bild der Zeitschrift wahrt die<br />

Tradition, Charakter <strong>und</strong> Auftrag ändern sich nicht. Die inhaltliche Leitlinie zielt<br />

nach wie vor auf die technischen Anlagen <strong>und</strong> normative Regelungen für ges<strong>und</strong>e,<br />

komfortable, ökonomische Lebensumstände <strong>im</strong> gebauten Habitat. Die Zeitschrift<br />

bleibt dem multum non multa verpflichtet. Sie erfreut sich seit den Anfängen<br />

eines relativ stabilen Interessenten- <strong>und</strong> Leserkreises. Ich glaube, einer der Gründe<br />

ist in der stets befolgten Devise „Überblick schaffen – Überblick erhalten“ zu<br />

sehen. In den kommenden Jahrgängen wird sich daran nichts ändern. Die fachlich<br />

– inhaltliche <strong>und</strong> formale Beurteilung der Manuskripte soll den Autoren <strong>und</strong><br />

natürlich auch der Redaktion helfen, dass die Fachzeitschrift weiterhin der Ort


174 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

konstruktiv-kritischer Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Forschung,<br />

technischer Entwicklung <strong>und</strong> politischen, rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen der Bauphysik, Gebäude- <strong>und</strong> Umwelttechnik bleibt.<br />

Fachzeitschriften sind ein wichtiger Teil der Innova tionsspirale. Wenn die<br />

Autoren ihr neues Wissen an die Leser weitergeben, tragen sie dazu bei, dass sich<br />

diese Spirale „in die Höhe“ dreht, also Innovation entsteht. Basis des persönlichen<br />

Know-hows wiederum sind die veröffentlichten Informationen. Und das<br />

veröffentlichte Wissen wird zur Gr<strong>und</strong>lage für die Arbeit der Leser <strong>und</strong> späterer<br />

Generationen. So geht es (fast) <strong>im</strong>mer weiter. Wie schnell sich die Spirale<br />

dreht, hängt zu einem großen Maß vom Fach, dem Engagement der Autoren,<br />

der Zugänglichkeit der Information <strong>und</strong> dem Interesse der Leser ab. Nicht<br />

nur sollen die veröffentlichten Aufsätze fachliches Niveau haben, ihre äußere<br />

Gestaltung muss dazu noch gewissen formal-ästhetischen Ansprüchen genügen.<br />

Um von anderen geachtet zu werden, muss man eben auf sich selbst achten!<br />

Alle Meinungen sollen zu Worte kommen zur Klärung strittiger Fragen, denn<br />

wie Goethe sagt: „Das Gleiche läßt uns in Ruhe, der Widerspruch ist es, der<br />

uns produktiv macht“. Jede Leistung hat letzten Endes ihren Ursprung in<br />

Spannungen – bei der geistigen <strong>im</strong> Gefühl entschiedenen Widerspruchs.<br />

Ich möchte dieses Editorial nicht schließen, ohne ein Wort des Dankes<br />

an die Mitarbeiter für ihre große Unterstützung <strong>und</strong> ihren klugen Rat <strong>und</strong><br />

wertvollen Stellungnahmen in den gemeinsamen gi-Jahren, des Dankes an<br />

die Vielen, die an ihr teilgenommen haben, des Dankes an den Verlag <strong>und</strong> für<br />

alle Gastfre<strong>und</strong>schaft in den vergangenen Jahrzehnten. Dankbarkeit für die<br />

fre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> liebenswürdige Menschlichkeit der Redaktion. Ich wünsche<br />

dem gesamten Leserkreis weiterhin günstige Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen.<br />

Solange die Erde sich dreht <strong>und</strong> denkende Menschen auf ihr wandeln, ist es<br />

<strong>im</strong>mer der Besitz von Wissen oder Kenntnissen gewesen, der dem einzelnen<br />

die Möglichkeit gab, sich in dem allgemeinen Wettstreit zu behaupten.<br />

Der Wissenschaftler denkt dabei zuerst an seine Theorien, während der<br />

Praktiker seine Geschäfte <strong>im</strong> Auge hat. Hier müssen Wunsch <strong>und</strong> Wille zur<br />

Kooperation wirksam werden <strong>und</strong> diese zu erreichen <strong>und</strong> zu festigen, ist eine der<br />

wichtigsten Aufgaben gerade auch einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift.<br />

Möge diese Fachzeitschrift wie bisher eines der Mitteilungsblätter<br />

bleiben, die sich in den Dienst dieses Gedankens stellen: „Der eine<br />

wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an<br />

<strong>und</strong> handelt“, Dante Alighri, ital. Dichter, 1265…1321.<br />

<br />

Klaus W. Usemann


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 175<br />

<strong>Sommerliche</strong> <strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong><br />

<strong>mittels</strong> <strong>kombinierter</strong> <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong><br />

Teil I – Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenuntersuchungen<br />

Paul Seidel, Ralf Gritzki <strong>und</strong> Markus Rösler<br />

Unter sommerlichen Bedingungen kommt es oft zu Situationen,<br />

in denen eine gewisse Kühlung ausgewählter<br />

Räume eines Wohnhauses erwünscht, wenn nicht sogar<br />

notwendig ist. Mittels Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation<br />

wird für ein typisches Einfamilienhaus dieser Kühlbedarf<br />

berechnet. Dabei werden verschiedene Wärmedämmstandards<br />

<strong>und</strong> unterschiedliche Wettersituationen berücksichtigt.<br />

Unter der Voraussetzung, dass das betrachtete Einfamilienhaus<br />

mit Fußbodenheizung oder alternativ mit <strong>Heiz</strong>körpern<br />

<strong>und</strong> jeweils einer Wärmepumpe ausgerüstet ist,<br />

wird ermittelt, wie gut sich die vorhandenen Systeme für<br />

den Kühlfall einsetzen lassen. Die Resultate werden anhand<br />

der erreichten operativen Temperaturen <strong>und</strong> der dafür notwendigen<br />

energetischen Aufwendungen verglichen.<br />

1. Einleitung<br />

Die tendenziell ansteigenden sommerlichen Außentemperaturen,<br />

das höhere Komfortbedürfnis des Menschen<br />

sowie der verstärkte Einsatz von Glasfassaden <strong>und</strong> großen<br />

Fensterflächen als architektonische Gestaltungsmittel führen<br />

nach Auffassung der meisten Fachleute in den kommenden<br />

Jahren zu einem deutlich ansteigenden Raumkühlbedarf.<br />

Diese absehbare Entwicklung bedeutet insbesondere<br />

für Wohngebäude eine völlig neue Herausforderung,<br />

da die Wohnraumkühlung bisher nicht üblich ist.<br />

Da offensichtlich die Möglichkeiten der einfach umzusetzenden<br />

freien Kühlung in Wohngebäuden (z. B. durch<br />

nächtliche Fensterlüftung) vielfach nicht ausreichen oder<br />

nur eingeschränkt genutzt werden können, lässt sich ein<br />

vermehrter Einsatz von sehr kostengünstigen, aber aus<br />

der Sicht des Energieverbrauchs <strong>und</strong> der thermischen<br />

Behaglichkeit (Zugluftrisiko) höchst problematischen<br />

Luftkühlgeräten beobachten. Geht man daher <strong>im</strong> obigen<br />

Sinn von einem wesentlich umfangreicheren Einsatz derartiger<br />

technischer Lösungen aus, so dürften die nationalen<br />

Anstrengungen zur Senkung des Pr<strong>im</strong>ärenergieverbrauchs<br />

<strong>und</strong> damit der CO 2<br />

-Emissionen zu einem erheblichen<br />

Teil konterkariert werden. Folgerichtig muss die<br />

Frage lauten, durch welche energetisch hocheffiziente,<br />

Dipl.-Ing. Paul Seidel, Dr.-Ing. Ralf Gritzki <strong>und</strong> Dr.-Ing. Markus<br />

Rösler, Technische Universität Dresden, Institut für Energietechnik,<br />

Helmholtzstraße 14, 01069 Dresden, E-Mail: Paul.Seidel@tu-dresden.de<br />

aber auch vom Bauherrn bzw. Nutzer finanziell <strong>und</strong> wärmephysiologisch<br />

akzeptierte anlagentechnische Lösung<br />

diesem wohnungsbauspezifischen Energieverbrauchsanstieg<br />

entgegengewirkt werden kann.<br />

Eine Möglichkeit besteht in der Analyse <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

Weiterentwicklung von Anlagensystemen mit<br />

<strong>Heiz</strong>körpern, die sowohl für den <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Kühlbetrieb<br />

geeignet sind, indem die <strong>Heiz</strong>körper als Kühlkörper<br />

genutzt werden können. Die Zielstellung hierbei ist, dass<br />

<strong>im</strong> sommerlichen Kühlbetrieb ein Kühlen <strong>im</strong> Sinne einer<br />

Temperierung eines Raumes erreicht wird bzw. die Beantwortung<br />

der Frage, inwieweit mit dieser Systemlösung ein<br />

Wohngebäude vollständig gekühlt werden kann. Die<br />

Wärme- bzw. Kältebereitstellung basiert auf einer in der<br />

Prozessführung umkehrbaren Wärmepumpe. Als Ergebnisse<br />

werden Aussagen zu Kühleffekt, Energiebedarf,<br />

thermischer Behaglichkeit, Anlagenregelung, Anlagenauslegung<br />

<strong>und</strong> Komponentenopt<strong>im</strong>ierung erarbeitet. In<br />

dem hier vorliegenden ersten Teil der Veröffentlichung<br />

stehen die Untersuchungen zur Diskussion, die <strong>mittels</strong><br />

Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation für ein komplettes<br />

Haus durchgeführt wurden. In einem zweiten Teil werden<br />

dann Detailuntersuchungen für einen Raum des Hauses<br />

<strong>und</strong> verschiedene <strong>Heiz</strong>- bzw. Kühlkörper in den Blick<br />

genommen.<br />

2. Materialien <strong>und</strong> Methoden<br />

Die den hier vorgestellten Resultaten zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Untersuchungen (Forschungsvorhaben „<strong>Sommerliche</strong><br />

<strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong> <strong>mittels</strong> <strong>kombinierter</strong><br />

<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong> <strong>und</strong> gleitender nicht normierter<br />

Raumtemperaturen“, Kennzeichen 0327483A) wurden<br />

mit Hilfe numerischer Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation<br />

auf Basis von TRNSYS-TUD durchgeführt.<br />

TRNSYS-TUD ist eine am Institut für Energietechnik<br />

der TU Dresden seit 15 Jahren umfassend weiterentwickelte<br />

Version des kommerziellen Gebäudes<strong>im</strong>ulationsprograms<br />

TRNSYS der Firma Transsolar. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

modularen Aufbaus lassen sich sehr leicht zusätzliche<br />

Anlagen- oder Gebäudemodule in das Programmsystem<br />

einbinden. Im Laufe der Jahre wurde auf diese Weise in<br />

TRNSYS-TUD eine Vielzahl spezieller Module <strong>im</strong>plementiert,<br />

mit deren Hilfe es aktuell möglich ist, nahezu<br />

jede beliebige Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenkonstellation zu<br />

untersuchen.


176 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Das Programmsystem ermöglicht die S<strong>im</strong>ulation sehr<br />

komplexer Gebäude mit einer Vielzahl von Räumen aber<br />

auch die S<strong>im</strong>ulation einzelner, räumlich sehr hoch aufgelöster<br />

Zonen <strong>und</strong> natürlich Kombinationen beider<br />

Modell ebenen. Weitere Informationen hierzu, auch Informationen<br />

zur umfassenden Validierung des Programmsystems<br />

sind in [1] zu finden.<br />

Bild 1. Geometrisches Modell des zugr<strong>und</strong>eliegenden Einfamilienhauses.<br />

Für die hier vorgestellten Untersuchungen diente als<br />

Basis das S<strong>im</strong>ulationsmodell eines typischen durchschnittlichen<br />

Einfamilienhauses in Deutschland mit A=160 m²<br />

Wohnfläche, siehe Bild 1.<br />

Als Höhe über NN. wurde die Höhe des jeweiligen<br />

Repräsentanzstandortes des Deutschen Wetterdienstes<br />

eingesetzt <strong>und</strong> es erfolgte eine Nord-Süd-Ausrichtung in<br />

der Weise, dass die sichtbare Dachfläche in Bild 1 nach<br />

Süden zeigt. Weitere Informationen zu diesem Modellgebäude<br />

sind in [2] zu finden.<br />

Für dieses Haus wurden entsprechende Wand- <strong>und</strong><br />

Fensteraufbauten der Gebäudehülle für die drei Wärmeschutzniveaus<br />

WSVO77, WSVO82 <strong>und</strong> ENEV04 modelliert.<br />

Um ein möglichst breites Spektrum an Resultaten zu<br />

erzielen, erfolgte die Variation der Wetterdaten für sechs<br />

verschiedene sommerliche Szenarien des Testreferenzjahres<br />

(TRY). Im Einzelnen waren dies Wetterdaten für die kl<strong>im</strong>atischen<br />

Regionen Ostseeküste (TRY02-10), Mitteldeutschland<br />

(TRY04-10), Mittelgebirge (TRY06-10), Oberrheingraben<br />

<strong>und</strong> unteres Neckartal (TRY12-10) <strong>und</strong> für einen<br />

Fall extremer sommerlicher Bedingungen (TRY12ex-10).<br />

Als Anlagenkomponenten wurden drei <strong>Kühlsysteme</strong><br />

untersucht, die das <strong>Heiz</strong>ungsnetz des Hauses über einen<br />

zentralen Pufferspeicher speisen. Das sind <strong>im</strong> Einzelnen<br />

eine Sole/Wasser-Wärmepumpe (SWWP) <strong>und</strong> eine Luft/<br />

Wasser-Wärmepumpe (LWWP), welche in der Prozessführung<br />

umkehrbar sind sowie die passive Nutzung einer<br />

Erdsonde (Länge 100 m, Doppel-U-Rohr-Sonde) über<br />

einen Wärmeübertrager, siehe Bild 2. Als <strong>Heiz</strong> ungsnetz<br />

wurde sowohl eine Variante mit Fußbodenheiz ung bzw.<br />

-kühlung als auch eine Variante mit <strong>Heiz</strong>- bzw. Kühlkörper<br />

berücksichtigt. Zudem erfolgte als Referenzfall die<br />

Bild 2. Darstellung der verwendeten hydraulischen Schaltungen mit den jeweils untersuchten Kälteerzeugern.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 177<br />

Implementierung eines idealen Kühlers, der in allen<br />

Zonen die Einhaltung der geforderten Sollraumtemperatur<br />

von ϑ op,s<br />

= 24,5 °C garantiert <strong>und</strong> somit den max<strong>im</strong>alen<br />

Kühlbedarf für die jeweilige Gebäude-Anlagenkonstellation<br />

darstellt. Alle konventionellen Systeme wurden<br />

gemäß <strong>Heiz</strong>last ausgelegt.<br />

Geregelt wurden die <strong>Kühlsysteme</strong> nach einer vorgegebenen<br />

Soll-Vorlauftemperatur <strong>im</strong> Pufferspeicher. Wird<br />

diese überschritten, geht das Kühlsystem in Betrieb. Die<br />

<strong>Raumkühlung</strong> wird aktiviert, wenn <strong>im</strong> Referenzraum (in<br />

diesem Falle der Raum mit den höchsten solaren Lasten)<br />

eine operative Temperatur von ϑ op,s<br />

= 24,5 °C überschritten<br />

wird. Als örtliche Regelsysteme in den Räumen wurden<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zum reinen <strong>Heiz</strong>fall keine Thermostatventile<br />

sondern PI-Regler verwendet um eine Raumregelung<br />

zur Kühlung zu gewährleisten.<br />

Für alle Räume sind Nutzungsprofile <strong>und</strong> dementsprechende<br />

typische innere Lastverläufe hinterlegt. Als Lüftungsprofil<br />

wurde eine Kombination aus Mindestluftwechsel<br />

<strong>und</strong> einem temperaturabhängigen Luftwechsel<br />

durch die Fensterlüftung nach [3] gewählt. Hier jedoch<br />

zusätzlich unter Berücksichtigung, dass bei Außentemperaturen<br />

oberhalb von ϑ a<br />

= 24,5°C die Fenster geschlossen<br />

sind <strong>und</strong> somit der Luftwechsel begrenzt wird. Bei der<br />

betrachteten zusätzlichen Nachtlüftung wurde das<br />

genutzte Lüftungsprofil auf die nächtliche Phase ausgedehnt.<br />

Da aktuelle Gebäude in der Regel mit Verschattungseinrichtungen<br />

an Fenstern ausgestattet sind, wurde<br />

zudem die Möglichkeit der Untersuchung des Einflusses<br />

einer Verschattung vorgesehen, welche die direkte Strahlung<br />

um 80 % <strong>und</strong> die diffuse Strahlung um 20 % reduziert.<br />

ein Wert von Q K<br />

= 3050 kWh/a. Somit kann belegt werden,<br />

dass die Notwendigkeit des Kühlens je nach geografischer<br />

Region sehr unterschiedlich ist <strong>und</strong> <strong>im</strong> Süden<br />

Deutschlands nahezu doppelt so hoch ausfallen kann wie<br />

<strong>im</strong> Norden Deutschlands an der Ostseeküste. Noch erheblicher<br />

ist der Unterschied bei schlechter gedämmten<br />

Wohngebäuden. Hier steigt die benötigte Kühlenergie bei<br />

einem Dämmstandard WSVO77 von Q K<br />

= 43 kWh/a<br />

(TRY06-10) auf Q K<br />

= 2560 kWh/a (TRY12ex-10). Es ist<br />

auch erkennbar, dass die Transmissionswärmeverluste bei<br />

geringem Wärmedämmstandard den Kühlbedarf deutlich<br />

reduzieren, sofern die nächtlichen Temperaturen dies<br />

ermöglichen.<br />

Um die Unterschiede zum Kühlbedarf in Deutschland<br />

weiter zu veranschaulichen, dient nachfolgend die<br />

Betrachtung der operativen Temperatur <strong>im</strong> Gebäude mit<br />

einem Wärmeschutz nach EnEV04, ohne Verschattung<br />

mit normalem Lüftungsprofil. Hierzu wird die Summenhäufigkeit<br />

der operativen Temperatur eines Raumes über<br />

den Zeitraum eines Jahres, für die Wetterdaten Mitteldeutschland<br />

sowie Oberrheingraben <strong>und</strong> unteres Neckartal,<br />

in einem Diagramm (Bild 4) dargestellt. Die Summen-<br />

3. Resultate<br />

3.1 Notwendigkeit des Kühlens<br />

Die in diesem Abschnitt dargestellten Resultate beziehen<br />

sich <strong>im</strong> Wesentlichen auf den mit idealem Kühler ermittelten<br />

Kühlbedarf der untersuchten Gebäude- <strong>und</strong> Wetterkonstellationen.<br />

Der Kühlbedarf variiert je nach Gebäudedämmstandard<br />

(Sanierungsgrad) sowie Standort <strong>und</strong><br />

den damit verb<strong>und</strong>enen Wetterbedingungen in Deutschland<br />

erheblich. Bild 3 zeigt die Kühlbedarfsver teilung in<br />

den verschiedenen kl<strong>im</strong>atischen Regionen [4] Ostseeküste<br />

(TRY02-10), Mitteldeutschland (TRY04-10), Mittelgebirge<br />

(TRY06-10) sowie Oberrheingraben <strong>und</strong> unteres<br />

Neckartal (TRY12-10) für ein Einfamilienhaus ohne<br />

Verschattung <strong>und</strong> gleichem Nutzerprofil. Außer dem Bad<br />

<strong>und</strong> den Kellerräumen werden alle Zonen/Räume des<br />

Wohnhauses mit einem idealen Kühler gekühlt.<br />

Es ist zu erkennen, dass der Standort <strong>und</strong> die damit<br />

verb<strong>und</strong>enen kl<strong>im</strong>atischen Bedingungen einen hohen Einfluss<br />

auf den möglichen Kühlbedarf eines Gebäudes<br />

haben. So beträgt für den Wärmeschutz EnEV04 die notwendige<br />

Kühlenergie für die Einhaltung der operativen<br />

Temperatur von ϑop = 24,5 °C <strong>im</strong> Gebäude an der Ostseeküste<br />

Q K<br />

= 1620 kWh/a, in Mitteldeutschland Q K<br />

=<br />

1915 kWh/a <strong>und</strong> in Süddeutschland Q K<br />

= 2180 kWh/a.<br />

Für die Betrachtung eines eng bebauten Stadtgebietes<br />

(TRY12ex-10) <strong>und</strong> extremen Sommer ergab sich hierfür<br />

Bild 3. Vergleich des Kühlbedarfs unterschiedlicher Wärmedämmstandards<br />

in verschiedenen kl<strong>im</strong>atischen Regionen.<br />

Bild 4. Summenhäufigkeit der operativen Temperaturen für den Raum mit<br />

den höchsten solaren Lasten (Wohnz<strong>im</strong>mer) mit idealer <strong>und</strong> ohne Kühlung<br />

für TRY04-10 (Potsdam) <strong>und</strong> TRY12ex-10 (Mannhe<strong>im</strong>, extremer Sommer).


178 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

häufigkeit ist ein Maß dafür, wie oft bzw. lange eine<br />

best<strong>im</strong>mte Temperatur vorherrschend war, wodurch sich<br />

die Notwendigkeit des Kühlens weiter detailliert best<strong>im</strong>men<br />

lässt.<br />

In Bild 4 erfolgte die Darstellung der Häufigkeitsverteilung<br />

für das Wohnz<strong>im</strong>mer, da dies die Zone mit den<br />

höchsten zu erwartenden solaren Lasten für den Referenzfall<br />

ist. Man erkennt, dass für diesen Referenzfall<br />

ohne Kühlung die operativen Temperaturen <strong>im</strong> Raum bei<br />

TRY04-10 bis auf ϑop = 33 °C <strong>und</strong> bei TRl12ex-10 auf<br />

ϑop = 39 °C steigen. Die max<strong>im</strong>al zulässige Temperatur<br />

des Behaglichkeitskennfeldes von ϑop,max = 26 °C wird<br />

hierbei mit den mittleren Wetterdaten von Potsdam zu<br />

62 % der Zeit des Jahres (226 Tage) eingehalten. Somit<br />

war es an 139 Tagen in dem Raum zu warm <strong>und</strong> es<br />

besteht ein eindeutiger Kühlbedarf. Be<strong>im</strong> extrem warmen<br />

Wetterdatensatz von Mannhe<strong>im</strong> erhöht sich die Zahl der<br />

Tage, an denen es <strong>im</strong> Raum wärmer als ϑop = 26 °C ist,<br />

auf 183. Im Vergleich dazu dienen die Verläufe der Temperaturkurven<br />

mit idealem Kühler. Mit Hilfe dieses Vergleichsfalls<br />

ist es in beiden Varianten der Wetterbedingungen<br />

möglich, eine max<strong>im</strong>ale operative Temperatur von<br />

ϑop = 24,5 °C in 100 % der Zeit einzuhalten. Für reale<br />

Systeme gilt nun, das Gebäude mit min<strong>im</strong>alen Aufwand<br />

so zu kühlen, wie es mit dem Vergleichssystem des idealen<br />

Kühlers gezeigt werden kann.<br />

Die Temperaturverläufe für weitere Räume des Wohngebäudes<br />

unter gleichen Randbedingungen sind in Bild 5<br />

dargestellt. In den Temperaturkurven ist deutlich zu<br />

erkennen, dass in der Zone mit nördlicher Ausrichtung<br />

(Diele) ein sehr geringer Kühlbedarf vorliegt. Die Behaglichkeitsobergrenze<br />

wird über das Jahr betrachtet in 95 %<br />

der Nutzungszeit eingehalten. Dieser Raum müsste also<br />

theoretisch nur an 18 Tagen <strong>im</strong> Jahr gekühlt werden. Im<br />

Gegensatz dazu weisen die weiteren Räume mit südlicher<br />

Ausrichtung deutlich höhere operative Temperaturen auf.<br />

So werden <strong>im</strong> Kinder- <strong>und</strong> Schlafz<strong>im</strong>mer Temperaturen<br />

von bis zu ϑop = 31 °C bzw. ϑop = 32 °C erreicht. Insgesamt<br />

ist die operative Temperatur in diesen beiden Räumen<br />

in ca. 35 % der Nutzungszeit (128 Tage) höher als ϑop<br />

= 26 °C. Es ist somit zu erkennen, dass die Notwendigkeit<br />

des Kühlens <strong>und</strong> damit der Kühlbedarf, bei gleichen inneren<br />

Randbedingungen stark von der Ausrichtung eines<br />

jeweiligen Raumes abhängt. Die Folge ist, dass in einem<br />

Gebäude einige Räume gekühlt werden müssen <strong>und</strong><br />

andere nicht, was in Zukunft eine große Herausforderung<br />

an die Regelung von kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n<br />

sein wird.<br />

3.2 Einflussparameter<br />

Bild 5. Summenhäufigkeit der operativen Temperaturen in verschiedenen<br />

Räumen in dem EFH ohne Kühlung für TRY04-10 (Potsdam).<br />

Bild 6. Darstellung des idealen Kühlbedarfs in Abhängigkeit von Verschattung<br />

<strong>und</strong> verändertem Lüftungsansatz für die verwendeten Wetterdatensätze<br />

mit dem EFH nach Wärmeschutz EnEV04.<br />

Der Kühlbedarf für ein Wohngebäude ist sehr stark von<br />

weiteren Einflussparametern, wie dem Nutzerverhalten,<br />

der Verschattung der Fenster oder dem Lüftungsverhalten<br />

abhängig. In Bild 6 sind die Auswirkungen der Einflussparameter<br />

auf den Kühlbedarf des Einfamilienhauses<br />

für drei verschiedene Wetterbedingungen dargestellt.<br />

Durch Nachtlüftung, also ein verändertes Lüftungsverhalten,<br />

bei dem man die <strong>im</strong> Vergleich zum Tag durchschnittlich<br />

niedrigeren nächtlichen Temperaturen nutzt,<br />

kann der Kühlbedarf des Gebäudes in allen kl<strong>im</strong>atischen<br />

Regionen um durchschnittlich ΔQ K<br />

= 340 kWh/a gesenkt<br />

werden. Durch den zusätzlichen Luftwechsel in der Nacht<br />

wird Wärme aus dem Gebäude abgeführt, wodurch die<br />

noch aufzuwendende Kühlenergie für die Einhaltung der<br />

Behaglichkeitsgrenzen sinkt.<br />

Durch Verschattungselemente an den Fenstern verringert<br />

sich infolge geringerer raumseitig wirksamer solarer<br />

Lasten der noch aufzubringende Kühlbedarf um durchschnittlich<br />

35 %. So sinkt der Kühlbedarf bei dem TRY12-<br />

10 von Q K<br />

= 2485 kWh/a ohne Verschattung auf Q K<br />

=<br />

1683 kWh/a mit der hier gewählten sehr guten Verschattung.<br />

Die Auswirkungen veränderter Einflussparameter<br />

auf die resultierenden Temperaturen <strong>im</strong> Raum mit den<br />

höchsten solaren Lasten des Gebäudes, ohne aktive Kühlung,<br />

sind exemplarisch für den „wärmsten“ Wetterdatensatz<br />

(TRY12ex-10), mit einem extremen Sommer, in Bild 7<br />

dargestellt.<br />

Ohne Verschattung können allein durch die zusätzliche<br />

nächtliche Lüftung die max<strong>im</strong>alen Temperaturen in dem


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 179<br />

Raum um Δϑ = 1K gesenkt werden. Jedoch wird in diesem<br />

Fall die operative Temperatur von ϑop = 26 °C nur in<br />

53 % der Zeit des Jahres eingehalten. Dies entspricht 172<br />

Tagen an denen gekühlt werden müsste. Durch den Einsatz<br />

von Verschattungselementen werden die max<strong>im</strong>alen<br />

Temperaturen weiterhin um ϑop = 2,5 bis 3,5K <strong>im</strong> Vergleich<br />

zum Referenzfall reduziert. Durch die Verschattung<br />

der Fenster allein wird die obere Behaglichkeitsgrenze in<br />

60 % der Zeit eingehalten, sodass nur an 146 Tagen des<br />

Jahres für das Erreichen behaglicher Verhältnisse in dem<br />

Raum gekühlt werden müsste. Mit der Kombination aus<br />

Verschattung <strong>und</strong> nächtlicher Lüftung wird der Kühlbedarf<br />

erwartungsgemäß am meisten reduziert <strong>und</strong> die noch<br />

notwendige Zeit der Kühlung verringert sich auf 122<br />

Tage. Als Vergleich dient hier ebenfalls die Summenhäufigkeitsverteilung<br />

für die Variante mit Verschattung,<br />

Nachtlüftung <strong>und</strong> idealem Kühler, in welcher der Sollwert<br />

der operativen Temperatur von ϑop,s = 24,5 °C zu<br />

keinem Zeitpunkt überschritten wurde.<br />

3.3 Kombinierte <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong><br />

Die Kühlung einzelner Gebäude wird, je nach System <strong>und</strong><br />

Gebäudetyp, über verschiedene Kühlflächen realisiert.<br />

Diese sind <strong>im</strong> Wohnungsbereich vorwiegend der Fußboden<br />

oder Kühlkörper, die der <strong>Heiz</strong>ungsanlage entstammen.<br />

Für den energetischen Vergleich <strong>und</strong> die Bewertung<br />

der einzelnen Systeme wird die Systemarbeitszahl verwendet.<br />

Diese ist definiert als das Verhältnis von genutzter<br />

thermischer zu aufgewendeter elektrischer Energie des<br />

Systems.<br />

t 2<br />

∫<br />

t 2<br />

˙QK, Erzeuger dt − ˙Q V,<br />

Speicher dt<br />

t1<br />

t1<br />

β sys =<br />

t 2<br />

Pel , System dt<br />

∫<br />

t1<br />

∫<br />

In Tabelle 1 sind exemplarisch die Ergebnisse dieses<br />

Vergleiches gegenübergestellt. Die Ergebnisse für den Systemvergleich<br />

gelten für ein Gebäude mit Wärmedämmstandart<br />

EnEV04. Mit der Kühlung über den Fußboden<br />

(FBK) kann mehr Energie aus dem Gebäude abgeführt<br />

werden als bei dem System mit Kühlkörpern (KK), die<br />

nach der <strong>Heiz</strong>last ausgelegt wurden. Ohne Verschattung<br />

beträgt hier der Unterschied 12 %, mit Verschattung 9 %.<br />

Der Gr<strong>und</strong> ist, dass die strahlungsbasierte FBK eine<br />

deutlich größere Fläche als die konvektionsbasierten<br />

Kühlkörper hat.<br />

Bild 7. Darstellung der Summenhäufigkeit der operativen Temperatur für das<br />

Wohnz<strong>im</strong>mer mit <strong>und</strong> ohne Verschattung bzw. Nachtlüftung, TRY12ex-10.<br />

Auf die Systemarbeitszahl hat dies jedoch keinen gravierenden<br />

Einfluss. Diese beträgt in beiden Varianten ϑsys<br />

= 2,4. Im Vergleich dazu verringert sich die Systemarbeitszahl<br />

der Wärmepumpe etwas auf ϑsys = 2,3 wenn<br />

man das Gebäude zusätzlich verschattet. Dabei ist jedoch<br />

zu beachten, dass sich die abgeführte Kühlenergie erheblich<br />

um ca. 33 % verringert. Für die verwendeten Pumpen<br />

wird jedoch weiterhin Elektroenergie benötigt. Diese verringert<br />

sich <strong>im</strong> Vergleich um ca. 3 %, wodurch die etwas<br />

geringere Systemarbeitszahl zu erklären ist.<br />

Ein weiterer Effekt <strong>im</strong> Kühlbetrieb ist, dass die <strong>im</strong><br />

eigentlichen Sinn genannten Wärmeverluste des Speichers<br />

nun positiv zu werten sind. Auf Gr<strong>und</strong> der entgegengesetzten<br />

Betriebsweise (Kühlen) des Speichers wirken die<br />

Wärmeverluste, also die Wärmeabgabe an den Aufstellungsraum<br />

als Gewinne für das Kühlsystem, da in diesem<br />

Fall vom System Wärme abgeführt werden soll. Dieser<br />

Effekt ist jedoch <strong>im</strong> Vergleich zu der umgesetzten Kühlenergie<br />

sehr gering <strong>und</strong> beträgt je nach Variante zwischen<br />

Q V,Speicher<br />

= 10 <strong>und</strong> 12 kWh.<br />

Mit der Kühlung über den Fußboden steigt die operative<br />

Temperatur <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer nur noch auf max<strong>im</strong>al<br />

ϑop,max = 25,3 °C <strong>und</strong> bei der Kühlung mit Kühlkörpern<br />

auf ϑop,max = 26,5 °C, siehe Bild 8. Somit kann durch die<br />

Kombination aus Verschattung <strong>und</strong> Kühlung über den<br />

Fußboden die obere Behaglichkeitsgrenze sehr gut in der<br />

kompletten Anwesenheitszeit eingehalten werden. Der<br />

Sollwert von ϑop,s = 24,5 °C wurde in 15 % der Zeit eingehalten<br />

<strong>und</strong> die max<strong>im</strong>ale Abweichung zum Sollwert<br />

beträgt Δϑ= 0,75 K.<br />

Tabelle 1. Übersicht der energetischen Auswertung zur Untersuchung des Einflusses der Kühlflächen <strong>und</strong> einer Verschattung in einem<br />

System mit LWWP <strong>und</strong> normalem Lüftungsprofil, TRY04-2010.<br />

Kühlfläche Fußbodenkühlung Kühlkörper<br />

Verschattung Nein Ja Nein Ja<br />

Kühlenergie in kWh 2139,7 1414,5 1877,1 1292,6<br />

El.-Energie (WP-System) in kWh 890,7 607,9 775,9 551,2<br />

Energieaufwand HK-Pumpe in kWh 182,7 179,4 190,6 185,4<br />

Speicherverluste in kWh –11,8 –11,1 –9,6 –10,1<br />

Systemarbeitszahl β sys<br />

(äußere Bilanz mit Speicher) 2,42 2,35 2,41 2,33


180 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Bild 8. Abweichung der operativen Raumtemperatur vom Sollwert ϑ op,s<br />

=<br />

24,5 °C <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer mit Verschattung für FK <strong>und</strong> KK <strong>im</strong> Sommer.<br />

Bild 9. Abweichung der operativen Raumtemperatur vom Sollwert ϑ op,s<br />

=<br />

24,5 °C in dem Wohnz<strong>im</strong>mer mit Kühlkörper, mit Verschattung <strong>und</strong> normaler<br />

Lüftung <strong>im</strong> Systemvergleich.<br />

Die Kühlung über Kühlkörper wird durch die<br />

Verschattung ebenfalls verbessert. In diesem Fall wurde<br />

der Sollwert in 6 % <strong>und</strong> die behagliche Temperaturobergrenze<br />

in 96 % der Anwesenheitszeit eingehalten. Die<br />

max<strong>im</strong>ale Abweichung vom Temperatursollwert beträgt<br />

dabei Δϑ = 2 K.<br />

3.4 Systemvergleich<br />

Als Erzeugersysteme für die Kühlung in kombinierten<br />

<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n wurden in der Prozessführung<br />

umkehrbare Wärmepumpen eingesetzt. Als Wärmequelle<br />

wurde Luft, Wasser oder das Erdreich verwendet. Verglichen<br />

wurden die passive Kühlung mit einer Erdsonde<br />

sowie die aktive Kühlung mit einer LWWP <strong>und</strong> SWWP,<br />

siehe Tabelle 2.<br />

Mit der passiven Kühlung über die Erdsonde konnte<br />

dem Gebäude mit Q K<br />

= 1261 kWh/a die geringste <strong>und</strong> bei<br />

der SWWP mit Q K<br />

= 1372 kWh/a die höchste Kühlenergie<br />

zur Verfügung gestellt werden. Dies ist darauf zurückzuführen,<br />

dass die passive Kühlung bei längeren Wärmeperioden<br />

bzw. zum Ende des Sommers an Leistungsfähigkeit<br />

verliert, da sich das die Erdsonde umgebende Erdreich<br />

erwärmt <strong>und</strong> nicht mehr genügend Wärme aus dem<br />

Gebäude aufnehmen kann. Die Auswirkung ist, dass die<br />

aufgenommene Energie ca. 10 % niedriger ist als bei der<br />

Variante mit aktiver Kühlung <strong>und</strong> SWWP.<br />

Tabelle 2. Übersicht der energetischen Auswertung zur Untersuchung<br />

mit unterschiedlichem Erzeuger, mit Verschattung in<br />

einem System mit KK, normaler Lüftung, TRY04-2010.<br />

Erzeuger<br />

Erdsonde LWWP SWWP<br />

(passiv)<br />

Kühlenergie in kWh 1261,3 1292,6 1371,9<br />

El.-Energie (WP-System) in kWh 22,5 551,2 258,6<br />

Energieaufwand HK-Pumpe 186,7 185,4 182,4<br />

in kWh<br />

Speicherverluste in kWh –16,3 –10,1 –10,7<br />

Systemarbeitszahl β sys<br />

(äußere Bilanz mit Speicher)<br />

17,2 2,33 5,31<br />

Im Gegensatz dazu benötigt die passive Kühlung für<br />

den Betrieb des Systems den geringsten Elektroenergieaufwand,<br />

da hier nur die Umwälzpumpe der Erdsonde,<br />

zur Speicherbeladung sowie die Pumpe des <strong>Heiz</strong>kreises<br />

verwendet werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ergibt sich daraus<br />

eine sehr hohe Systemarbeitszahl von βsys,passiv = 17,2.<br />

Im Vergleich dazu wird bei der aktiven Kühlung für<br />

den Betrieb der Wärmepumpe zusätzlich Elektroenergie<br />

für den Kompressor sowie Hilfsenergie für den Verdampfer-/Kondensatorkreis<br />

benötigt. Die Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />

erreicht in dieser Variante <strong>im</strong> Kühlbetrieb eine<br />

Systemarbeitszahl von βsys,LWWP = 2,3 <strong>und</strong> die Sole-Wasser-Wärmepumpe<br />

βsys,SWWP = 5,3.<br />

In Bild 9 sind die Auswirkungen der drei Erzeugersysteme<br />

auf die Summenhäufigkeitskurve der operativen<br />

Temperatur <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer dargestellt. Als max<strong>im</strong>ale<br />

Abweichung vom Sollwert wird bei der passiven Kühlung<br />

mit Δϑ passiv<br />

= 2,25 K (entspricht ϑ op<br />

= 27,25 °C), gefolgt<br />

von der Kühlung mit LWWP mit Δϑ LWWP<br />

= 2 K (entspricht<br />

ϑ op<br />

= 27 °C) <strong>und</strong> bei der SWWP mit Δϑ SWWP<br />

=<br />

1,5 K (entspricht ϑ op<br />

=26 °C) erreicht. Insgesamt sind die<br />

Unterschiede bei der max<strong>im</strong>alen operativen Temperatur<br />

<strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer gering <strong>und</strong> durch den Menschen eher<br />

weniger spürbar. Die behagliche Obergrenze von ϑ op<br />

=<br />

26 °C wird bei der Kühlung über die SWWP in der kompletten<br />

Zeit eingehalten. Demgegenüber konnte dies mit<br />

der LWWP nur in 96 % <strong>und</strong> mit der passiven Kühlung nur<br />

in 90 % der Zeit eingehalten werden.<br />

4. Diskussion<br />

Der Wärmeschutz hat einen hohen Einfluss auf den notwendigen<br />

Kühlbedarf eines Wohngebäudes. Dieser ist<br />

jedoch sehr stark abhängig von den vorherrschenden kl<strong>im</strong>atischen<br />

Bedingungen. Dies ist damit zu erklären, dass<br />

bei geringen Außentemperaturen (z. B. in der Nacht) ein<br />

Gebäude mit niedrigem Dämmstandard stärker auskühlt,<br />

also mehr Wärme an die Umgebung abgibt als das besser<br />

nach EnEV04 gedämmte Gebäude. Somit ist bei mittleren


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 181<br />

Wetterbedingungen, ein deutlich geringerer Kühlbedarf<br />

des schlechter gedämmten Gebäudes zu erwarten. Je wärmere<br />

Witterungsbedingungen vorherrschen, z. B. durch<br />

eine südlichere kl<strong>im</strong>a tische Region oder durch die Bildung<br />

von sogenannten extremen regionalen Wetterlagen<br />

in eng bebauten Innenstädten, desto geringer werden die<br />

Unterschiede zwischen den einzelnen Wärmedämmstandards<br />

der Gebäude. Dies kann damit begründet werden,<br />

dass bei höheren nächt lichen Außentemperaturen der für<br />

die Transmissionswärmeverluste erforderliche Temperaturgradient<br />

zwischen Gebäudeinnen- <strong>und</strong> Außentemperatur<br />

geringer wird. Somit kann das schlechter gedämmte<br />

Gebäude weniger Wärme an die Umgebung abgeben. Der<br />

Unterschied <strong>im</strong> Kühlbedarf zwischen den einzelnen Wärmedämmniveaus<br />

WSVO77 <strong>und</strong> EnEV04 reduziert sich<br />

somit von ΔQ K<br />

= 1500 kWh/a bei TRY02-10 auf ΔQ K<br />

=<br />

500 kWh/a bei dem TRY12ex-10. Somit wird sich bei<br />

einem weiter fortschreitenden Kl<strong>im</strong>awandel die Notwendigkeit<br />

des Kühlens auch <strong>im</strong> unsanierten Wohnbereich<br />

zeigen.<br />

Erheblich ist der Einfluss der Parameter (u. A. Lüftung<br />

<strong>und</strong> Verschattung), welche das Nutzerverhalten widerspiegeln,<br />

auf den Kühlbedarf bzw. die Notwendigkeit des Kühlens.<br />

So variiert der Kühlbedarf je nach untersuchter Variante<br />

um ca. 50 %. Somit müssen zu jeder Analyse die jeweiligen<br />

Randbedingungen genau herausgestellt werden.<br />

Bei der energetischen Betrachtung der Untersuchungen<br />

ist anzumerken, dass die relativ niedrigen Systemarbeitszahlen<br />

mit der Art der modellierten Wärmepumpe zu<br />

erklären sind (Tabelle 1). Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />

arbeitet zwischen den zwei sehr unterschiedlichen Temperaturniveaus<br />

der Umgebungsluft <strong>und</strong> des Kühlmediums.<br />

Dabei unterliegt die Umgebungsluft jahreszeitlich <strong>und</strong><br />

täglich großen Schwankungen. Besonders <strong>im</strong> Sommer,<br />

wenn <strong>im</strong> Gebäude ein Kühlbedarf besteht, ist die Umgebungsluft<br />

<strong>im</strong> Vergleich zum zu kühlenden Medium sehr<br />

warm. Es herrscht ein großer Temperaturunterschied, der<br />

von der Wärmepumpe überw<strong>und</strong>en werden muss, damit<br />

die Wärmepumpe Energie in Form von Wärme an die<br />

Umgebung abgeben kann. Der Unterschied in der Systemarbeitszahl<br />

der beiden Wärmepumpen (Tabelle 2) ist<br />

auf die jeweilige Wärmequelle, welche <strong>im</strong> Kühlbetrieb als<br />

Wärmesenke genutzt wird zurückzuführen. Diese ist bei<br />

der LWWP die Umgebungsluft. Bei der SWWP ist die<br />

eigentliche Wärmequelle das Erdreich. Dies ist jahreszeitlich<br />

gesehen nur geringen Schwankungen ausgesetzt <strong>und</strong><br />

besitzt ein geringeres Temperaturniveau, als das zu kühlende<br />

Gebäude, wodurch sich die höhere Systemarbeitszahl<br />

erklären lässt. Energetisch betrachtet ist die passive<br />

Kühlung allerdings erheblich günstiger als die aktive<br />

Kühlung mit der SWWP, gefolgt von der LWWP.<br />

Die hier erreichten Werte für die Systemarbeitszahl entsprechen<br />

dem Kenndatenbereich, welcher von verschiedenen<br />

Herstellern <strong>und</strong> in der Literatur für Luft/Wasser-Wärmepumpen<br />

<strong>im</strong> Kühlbetrieb angegeben wird, siehe z. B. [5].<br />

5. Fazit<br />

Mit dieser Untersuchung zur sommerlichen <strong>Raumkühlung</strong><br />

konnte gezeigt werden, dass die Anforderung des Kühlens<br />

in Deutschland auch bei Wohnbauten besteht. Diese ist<br />

jedoch stark abhängig von der jeweiligen kl<strong>im</strong>atischen<br />

Region sowie dem damit verb<strong>und</strong>enen Einfluss des Wetters.<br />

So ist der Kühlbedarf <strong>im</strong> Gebiet des Oberrheingrabens<br />

deutlich höher als an der Ostseeküste. In Bezug zu<br />

den Dämmstandards kann festgehalten werden, dass bei<br />

sehr heißen sommerlichen Umgebungsbedingungen<br />

nahezu unabhängig vom Wärmeschutz in allen betrachteten<br />

Gebäuden die Notwendigkeit des Kühlens gegeben ist.<br />

Somit kann davon ausgegangen werden, dass die sommerliche<br />

<strong>Raumkühlung</strong> in Zukunft nicht nur <strong>im</strong> Neubaubereich<br />

ein Thema sein wird, sondern auch vermehrt <strong>im</strong><br />

Alt- bzw. Sanierungsbau z. B. in Gebäuden, welche aus<br />

Denkmalschutzgründen äußerlich nicht verändert werden<br />

dürfen, eine stärkere Rolle spielt.<br />

Durch die Verwendung der <strong>Heiz</strong>körper als Kühlkörperbzw.<br />

der Fußbodenheizung als Fußbodenkühlung in<br />

kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n ist ein deutlicher<br />

Temperierungseffekt der Raumluft nachweisbar. In Verbindung<br />

mit zusätzlichen Maßnahmen wie der Verschattung<br />

können unter den angenommen Randbedingungen<br />

die Behaglichkeitskriterien in mindestens 90 % der Anwesenheitszeit<br />

eingehalten werden. Dabei ist durch die Fußbodenkühlung<br />

ein größerer Kühleffekt erreichbar als bei<br />

der Verwendung von Kühlkörpern, die <strong>mittels</strong> <strong>Heiz</strong>lastberechnung<br />

d<strong>im</strong>ensioniert wurden. Der anvisierte Temperierungseffekt<br />

ist jedoch bei beiden Systemen deutlich<br />

erkennbar. Be<strong>im</strong> Kühlkörper bestehen noch Reserven<br />

bezüglich D<strong>im</strong>ensionierung <strong>und</strong> Anordnung, worauf zu<br />

einem späteren Zeitpunkt in einem zweiten Teil der Veröffentlichung<br />

näher eingegangen wird.<br />

Der energetische Vergleich der Erzeugersysteme ergibt,<br />

dass die Sole/Wasser-Wärmepumpe die leistungsfähigste<br />

Variante unter den untersuchten Erzeugern ist <strong>und</strong> eine<br />

uneingeschränkte Einhaltung der Behaglichkeitskriterien<br />

ermöglicht.<br />

Demgegenüber ist die energetisch günstigste Variante,<br />

mit Einschränkungen bei der Einhaltung der thermischen<br />

Behaglichkeit, die passive Kühlung. Eine Kombination<br />

aus passiver <strong>und</strong> aktiver Kühlung über eine Sole/Wasser-<br />

Wärmepumpe wird dabei eine energetisch <strong>und</strong> behaglich<br />

sehr gute Lösung sein. Unabhängig von Kosten kann mit<br />

jedem dieser hier untersuchten kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Kühlsysteme</strong> ein Kühleffekt durch die Temperierung der<br />

Raumluft nachgewiesen werden. Dabei gilt es nun in<br />

Zukunft die Regelung der Systeme <strong>und</strong> damit deren Einsatzfähigkeit<br />

zu opt<strong>im</strong>ieren.<br />

Symbole <strong>und</strong> Abkürzungen<br />

TRY02-10 Testreferenzjahr Ostseeküste (Rostock)<br />

TRY04-10 Testreferenzjahr Mitteldeutschland (Potsdam)<br />

TRY06-10 Testreferenzjahr Mittelgebirge (Bad Marienberg)<br />

TRY12-10 Testreferenzjahr Oberrheingraben <strong>und</strong><br />

unteres Neckartal (Mannhe<strong>im</strong>)<br />

TRY12ex-10 Testreferenzjahr Oberrheingraben <strong>und</strong> u. Neckartal,<br />

extremer Sommer (Mannhe<strong>im</strong>)<br />

β sys<br />

Systemarbeitszahl<br />

ϑa<br />

Außentemperatur<br />

ϑop operative Temperatur<br />

ϑop,s operative Solltemperatur<br />

ϑop,max max<strong>im</strong>ale operative Temperatur


182 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

P el,System<br />

Q K<br />

Q K, Erzeuger<br />

Q V, Speicher<br />

DWD<br />

LWWP<br />

passiv<br />

SWWP<br />

WÜ<br />

Danksagung<br />

Elektroenergieaufwand des Systems<br />

Kühlenergie<br />

bereitgestellte Kühlleistung des jeweiligen Systems<br />

Verlustenergie des Speichers<br />

Deutscher Wetterdienst<br />

Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />

passive Kühlung <strong>mittels</strong> Erdsonde<br />

Sole/Wasser-Wärmepumpe<br />

Wärmeübertrager<br />

Die Forschungsarbeiten werden vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie unter dem Kennzeichen<br />

0327483A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt<br />

dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.<br />

Literatur<br />

[1] Perschk, A.: Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation – „Ein Dresdner<br />

Modell“. gi Ges<strong>und</strong>heitsingenieur – Haustechnik – Bauphysik<br />

– Umwelttechnik 131 (2010), Nr. 4.<br />

[2] Seifert, J.: Ein Beitrag zur Einschätzung der energetischen <strong>und</strong><br />

exergetischen Einsparpotentiale von Regelverfahren in der <strong>Heiz</strong>ungstechnik.<br />

Habilitationsschrift, TUDpress Verlag Dresden,<br />

November 2009.<br />

[3] Bühring, A.: Theoretische <strong>und</strong> exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen<br />

zum Einsatz von Lüftungs-Kompaktgeräten mit integrierter<br />

Kompressionswärmepumpe. Dissertation, TU Hamburg-Harburg,<br />

2001.<br />

[4] DWD: Testreferenzjahre von Deutschland für mittlere <strong>und</strong> extreme<br />

Witterungsverhältnisse (TRY) – Deutscher Wetterdienst<br />

Kl<strong>im</strong>a- <strong>und</strong> Umweltberatung, 2010.<br />

[5] D<strong>im</strong>plex- Innovatives <strong>Heiz</strong>en <strong>und</strong> Kühlen. Wärmepumpenkatalog,<br />

Glen D<strong>im</strong>plex Deutschland GmbH, 2011.<br />

Fachbericht zur Berechnung freier<br />

<strong>und</strong> regenerativer Kühlung<br />

Neue Schriften<br />

Der Trend zur Kl<strong>im</strong>atisierung insbesondere bei Bürogebäuden<br />

in Deutschland hält unvermindert an. Die Gründe<br />

dafür liegen auf der Hand: Sicherstellung der thermischen<br />

Behaglichkeit, Verbesserung der Innenraumluftqualität,<br />

Abfuhr innerer Lasten <strong>und</strong> weiterentwickelte,<br />

architektonische Anforderungen. Um hierbei einerseits<br />

die Energiekosten so gering wie möglich zu halten <strong>und</strong><br />

anderseits die Anforderungen an nationale Richtlinien zu<br />

erfüllen, bietet die Einbindung von Systemen zur freien<br />

Kühlung bzw. regenerativer Kühltechnologien eine wichtige<br />

Gr<strong>und</strong>lage. Die Umsetzung scheiterte bisher unter<br />

anderem an den fehlenden Berechnungs-Algorithmen.<br />

Deshalb haben das Institut für Luft- <strong>und</strong> Kältetechnik<br />

Dresden gGmbH (ILK), das Ingenieurbüro schiller<br />

engineering sowie der Fachverband Gebäude-Kl<strong>im</strong>a e.V.<br />

(FGK) <strong>im</strong> Rahmen eines vom B<strong>und</strong>esinstitut für Bau-,<br />

Stadt- <strong>und</strong> Raumforschung (BBSR) geförderten Forschungsvorhabens<br />

praktikable Berechnungsmethoden<br />

entwickelt, die teilweise Eingang in die DIN V 18599<br />

gef<strong>und</strong>en haben. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit<br />

liegen jetzt zudem in Form eines Abschlussberichts vor,<br />

der be<strong>im</strong> FGK bestellt werden kann. Der Fachbericht<br />

„Berechnungs-Algorithmen für freie <strong>und</strong> regenerative<br />

Kühltechnologien in Nichtwohngebäuden“ kann von der<br />

Internetseite des FGK unter www.fgk.de aus der Rubrik<br />

„Schriften“ kostenfrei als PDF-Datei geladen werden.<br />

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden vereinfachte<br />

Bewertungsverfahren für die Nutzung von regenerativen<br />

Energien <strong>im</strong> Bereich der Kühlung entwickelt,<br />

unter anderem für verschiedene Möglichkeiten der freien<br />

Kühlung, die indirekte Verdunstungskühlung, die sorptionsgestützte<br />

Kühlung/DEC-Technik <strong>und</strong> RLT-Anlagenintegrierte<br />

Kältetechnik. Zudem erstreckten sich die<br />

Untersuchungen auf Mehrerzeugeranlagen, die Kältespeicherung<br />

<strong>und</strong> sonstige energieeffiziente Kühltechnologien<br />

wie Geothermie- <strong>und</strong> Sorptionskälteanlagen. Zwar<br />

war es schon bisher prinzipiell möglich, Anlagen mit<br />

freier Kühlung oder Gr<strong>und</strong>wassernutzung über die Hydraulik<br />

zu berechnen, eine eindeutige Beschreibung in der<br />

Norm fehlte aber noch. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten<br />

liegen nun vereinfachte Kennzahlen für verschiedene<br />

praxisübliche Anlagenkonzepte vor, die teilweise<br />

Eingang in die DIN V 18599 gef<strong>und</strong>en haben <strong>und</strong> somit<br />

eine ein fache <strong>und</strong> normgerechte Bewertung erlauben. Zu<br />

den jetzt vereinfacht bewertbaren Anlagenkonzepten zählen<br />

die freie Kühlung über Rückkühlwerke <strong>im</strong> Alternativbetrieb,<br />

die freie Kühlung über luftgekühlte Kältemaschinen<br />

mit integrierten Freikühlregistern, die geothermische<br />

Kühlung über Erdsonden sowie die Kühlung <strong>mittels</strong><br />

Gr<strong>und</strong>wasser.<br />

Informationen zur Druckprüfung von<br />

Trinkwasser-Installationen<br />

Der BTGA-B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />

e. V. hat mit dem Erscheinungsdatum Juni<br />

2012 die BTGA-Regel 5.001 „Druckprüfung von Trinkwasserinstallationen“<br />

in einer neuen Ausgabe herausgegeben.<br />

Sie ist zum Preis von 9,90 € inkl. MwSt. zuzüglich<br />

Versandkosten be<strong>im</strong> Beuth Verlag unter www.beuth.de<br />

erhältlich. Mitgliedsunternehmen erhalten bei Bestellung<br />

über den TGC-Shop http://www.shop.tgc-gmbh.de einen<br />

Rabatt auf den Verkaufspreis.<br />

Die BTGA-Regel gibt an, wann in welchem Umfang<br />

<strong>und</strong> mit welchen Medien die Druckprüfung <strong>im</strong> Bereich<br />

der Trinkwasser-Installation vorzunehmen ist. Die Prüfverfahren<br />

wurden an den Stand der Normung angepasst.<br />

Die Überarbeitung wurde aufgr<strong>und</strong> verschiedener Änderungen<br />

der gesetzlichen <strong>und</strong> normativen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

erfolrderlich. Neben der Novellierung der Trinkwasserverordnung<br />

2011 ist es zu einer Anpassung der nationalen<br />

<strong>und</strong> europäischen Normen <strong>im</strong> Bereich der Trinkwasser-<br />

Installation gekommen.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 183<br />

Filternde Absaugsysteme<br />

bei thermischer Bearbeitung<br />

Reinhard Bäckmann<br />

Häufig werden thermische Trenn-, Füge- <strong>und</strong> Verformungstechniken<br />

bei der Verarbeitung nichtmetallischer<br />

Werkstoffe wie Kunststoff, Holz, Textilien <strong>und</strong> Faserverb<strong>und</strong>stoffe<br />

eingesetzt. Wegen hoher Bearbeitungstemperaturen<br />

zersetzen sich teilweise die Materialien <strong>und</strong> setzen<br />

Gase, Partikel <strong>und</strong> Schadstoffe frei. Um diese zu vermindern,<br />

werden filternde Absaugsysteme eingesetzt. Die<br />

Absaugsysteme, Filtermaterialien <strong>und</strong> Konstruktionen<br />

werden <strong>im</strong> Text erläutert <strong>und</strong> Folgerungen für die Filterentwicklung<br />

diskutiert.<br />

1. Thermische Bearbeitung nicht metallischer<br />

Werkstoffe<br />

Voraussetzung für die Produktion von Gütern aller Art,<br />

wie Automobile, Möbel, Solaranlagen oder Medizinprodukte<br />

ist die Verfügbarkeit von entsprechenden Funktionswerkstoffen<br />

sowie Struktur- bzw. Konstruktionswerkstoffen<br />

(Bild 1).<br />

Bekanntlich werden diese unterschieden in die chemischen<br />

Elemente der Metalle <strong>und</strong> Nichtmetalle. Da diese<br />

Elemente selten in reiner Form verwendbar sind, erfolgt<br />

in der Praxis ein Einteilung nach der molekularen Verbindung<br />

in<br />

– organische nichtmetallische Werkstoffe, wie Holz,<br />

Kunststoff, Textil, Papier, Gummi <strong>und</strong> biologische<br />

Werkstoffe<br />

– anorganische Metalle oder Nichtmetalle,<br />

z. B. Keramik, Glas, Silikate <strong>und</strong> Grafit,<br />

– sowie Halbleiterwerkstoffe.<br />

Hinzu kommen Verb<strong>und</strong>werkstoffe, sogenannte Composites,<br />

die aus zwei oder mehr verschiedenen Werkstoffen<br />

durch Stoff- oder Formschluss <strong>und</strong> Kombinationen daraus<br />

zusammengesetzt werden. Dies kann<br />

durch<br />

– Teilchenverb<strong>und</strong><br />

– Faserverb<strong>und</strong><br />

– Schichtverb<strong>und</strong><br />

– Durchdringungsverb<strong>und</strong><br />

geometrisch-räumlich erfolgen.<br />

Diese Werkstoffe müssen, um ein<br />

gebrauchsfähiges Endprodukt zu werden,<br />

durch<br />

– verschiedene Fertigungsverfahren, wie Trennen, Fügen<br />

<strong>und</strong> Verformen<br />

bearbeitet werden.<br />

Speziell sollen hier die thermischen Verfahrensgruppen<br />

für die wichtigsten nichtmetallischen Werkstoffe <strong>und</strong><br />

Werkstoffverb<strong>und</strong>e betrachtet werden. Diese sind das<br />

thermische Trennen bzw. Abtragen, thermisches Schweißen<br />

<strong>und</strong> Kleben <strong>und</strong> das thermische Umformen, bei<br />

denen verschiedene Formen von Wärmeenergie – thermische<br />

Effekte – auf die Werkstoffe <strong>und</strong> Werkstücke einwirken.<br />

Welche thermischen Effekte können zum Trennen,<br />

Fügen <strong>und</strong> Verformen eingesetzt werden?<br />

Welche werden überhaupt genutzt, <strong>und</strong> welche haben<br />

auch in Zukunft gute Aussichten?<br />

Verschafft man sich einen Überblick über die möglichen<br />

Arten der Wärmeerzeugung, so stellt man fest, dass<br />

vier Hauptgruppen vorhanden sind, <strong>und</strong> zwar<br />

– die mechanische Wärmeerzeugung<br />

– zahlreiche Möglichkeiten der Elektrowärme<br />

– chemische Wärmeentwicklung<br />

– Erwärmung durch Strahlung.<br />

Dies ist dabei keinesfalls nur von akademischem Interesse,<br />

sondern all diese Wärmeerzeugungsmöglichkeiten wurden<br />

oder werden tatsächlich genutzt. Wichtiger ist allerdings<br />

die Frage der Wirkenergie unmittelbar in der Trenn-,<br />

Füge- oder Verformungsstelle.<br />

Als Wirkenergie wird bezeichnet, was <strong>im</strong> Wirkelement,<br />

das ist die mikroskopische Umgebung <strong>im</strong> Erwärmungsbereich,<br />

unmittelbar, d. h. ohne eine Änderung der Erscheinungsform,<br />

zu einer energetischen Änderung oder Stoffveränderung<br />

führt. Sucht man nun alle Energiearten aus<br />

<strong>und</strong> betrachtet sie als mögliche Arten von Wirkenergien,<br />

Dipl.-Ing. Reinhard Bäckmann B.-A. (Univ.),<br />

Münchner Straße 16, 63939 Wörth a. Main,<br />

E-Mail: iub@baeckmann.de Bild 1. Einsatzbereiche von Kunststoffen wertmäßig. © IUBäckmann, nach Stat. B<strong>und</strong>esamt 2010.


184 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

dann lassen sich die thermischen Bearbeitungsverfahren<br />

systematisch ordnen.<br />

Eine Vielzahl von Wirkenergien ist schon lange mehr<br />

oder weniger <strong>im</strong> Einsatz, <strong>und</strong> die wichtigsten mit ihren<br />

Anwendungstendenzen sollen hier aufgezeigt werden<br />

(Bild 2). Be<strong>im</strong> Trennen sind insbesondere das<br />

– Ultraschallschneiden <strong>und</strong> das Laserschneiden eine<br />

hochaktuelle Technologie.<br />

Zum Fügen wird auf Baustellen<br />

– das Heißgasschweißen<br />

<strong>und</strong> in der Fabrikation<br />

– das Hochfrequenzschweißen, Ultraschall- <strong>und</strong><br />

Laserschweißen eingesetzt.<br />

Umgeformt wird vielfach mit<br />

– Elektrowärmeverfahren <strong>und</strong> Infraroterwärmung, <strong>und</strong><br />

be<strong>im</strong> Vulkanisieren werden Mikrowellen<br />

eingesetzt.<br />

Wenn man bedenkt, dass <strong>Heiz</strong>elementschweißen gerade<br />

125 Jahre alt ist, Heißgasschweißen 1937, Hochfrequenzschweißen<br />

1941, Wärme<strong>im</strong>pulsschweißen 1945, Ultraschallschweißen<br />

1948 <strong>und</strong> Laserschneiden <strong>und</strong> -schweißen<br />

1963 entwickelt wurden, dann ist es auch interessant<br />

zu wissen, dass<br />

– seit vielen Jahren z. B. Holz mit Lasern geschnitten <strong>und</strong><br />

Furnierkanten mit Laser geschweißt werden, sowie<br />

Holz <strong>und</strong> Woodplastik mit Vibrations- <strong>und</strong> Ultraschallschweißen<br />

verb<strong>und</strong>en werden. Auch in Reinräumen<br />

wird das Laserverfahren eingesetzt, ebenso bei<br />

Verb<strong>und</strong>konstruktionen.<br />

Die thermischen Trenn-, Füge- <strong>und</strong> Umformverfahren<br />

haben also eine stürmische Entwicklung hinter sich, <strong>und</strong><br />

bei nichtmetallischen Werkstoffen noch ein beachtliches<br />

Entwicklungspotential, wenn die Frage der Abluftreinigung<br />

durch Absaugungen <strong>und</strong> Luftfilter zuverlässig<br />

geklärt wird.<br />

2. Thermische Werkstoffveränderung <strong>und</strong><br />

-zersetzung<br />

Bild 2. IUBäckmann<br />

Bild 3. Laserausschmelzprozess bei thermoplastischen Polymeren. © newyorklaser/IUBäckmann<br />

Wenn man sich mit dem thermischen Bearbeiten nichtmetallischer<br />

Werkstoffe befasst, kommt man nicht umhin,<br />

diese Fragen zu diskutieren:<br />

– Wie reagieren die Werkstoffe bei thermischer<br />

Erwärmung?<br />

– Welche Abbauprodukte können entstehen?<br />

– Warum <strong>und</strong> wie müssen diese beseitigt werden?<br />

Man muss sich deswegen mit dem Verhalten von Werkstoffen<br />

unter Wärmeeinfluss etwas auseinandersetzen.<br />

Zur ersten Erläuterung eignet sich am besten ein aktuelles,<br />

modernes Beispiel: das Schneiden eines Thermoplastes<br />

mit kohärenter Strahlung – einem Laserstrahl.<br />

Im Laser wird die elektrische Energie in Strahlung einer<br />

engbegrenzten Wellenlänge <strong>und</strong> gleicher Phasenlage umgewandelt.<br />

Be<strong>im</strong> CO2-Laser ist dies eine Wellenlänge von<br />

10,6 μm (Mikrometer), also eine langwellige Infrarotstrahlung,<br />

die noch recht gut <strong>im</strong> günstigen Absorptionsspektrum<br />

der zu bearbeitenden Materialien liegt. Auf der Materialoberfläche<br />

erfolgt dann eine Wechselwirkung zwischen<br />

Laserstrahlung <strong>und</strong> Materie, wobei etwa 80 % der Strahlung<br />

absorbiert werden. Durch Reflexion <strong>und</strong> Wärmeleitfähigkeit<br />

wird allerdings <strong>im</strong> ersten Moment ein Großteil<br />

der Laserstrahlung unwirksam sein, <strong>und</strong> erst, wenn durch<br />

Anschmelzen eine normale Absorption auftritt, ist die<br />

Laserenergie voll wirksam. Dabei n<strong>im</strong>mt die Reflexion ab,<br />

während die Absorption <strong>im</strong> gleichen Maße zun<strong>im</strong>mt.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Wirkung Heft konzentrierter 4 gi Wärmezufuhr auf nichtmetallische 185<br />

Werkstoffe<br />

Durch Wärmeleitung bildet sich unter der Absorptionsschicht<br />

eine Schmelze aus, bis sich ein Gleichgewicht<br />

zwischen abgeführter Wärmeenergie <strong>und</strong> zugeführter<br />

Laserenergie einstellt. Nach Durchgang des Laserstrahls<br />

kühlt der Schmelzbereich ab <strong>und</strong> verfestigt sich, bis ein<br />

Wärmeausgleich entsteht (Bild 3).<br />

Die Laserintensität verläuft über die Strahldauer <strong>und</strong><br />

bei Bewegung über eine Textur – das ist beispielsweise die<br />

Materialoberfläche – nicht kontinuierlich, sondern in<br />

Form sogenannter „Spikes“. Während eines ersten Spikes<br />

erfolgt ein anormaler Temperaturanstieg bis über die<br />

Schmelztemperatur hinaus. Erst wenn diese erreicht ist,<br />

flacht der Temperaturverlauf ab, da die weiter zugeführte<br />

Leistung in Schmelz- bzw. Verdampfungsenergie umgesetzt<br />

wird. Die Temperatur bleibt konstant, wenn die<br />

absorbierte Intensität dem Energieinhalt des verflüssigten<br />

Materials entspricht. Danach erfolgt die Abkühlphase.<br />

Das gegebene Beispiel des Laserstrahlschneidens lässt<br />

sich verallgemeinern auf das Verhalten von Werkstoffen<br />

auf konzentrierte Wärme <strong>im</strong> Mikromaßstab. Bei Wärmezufuhr<br />

<strong>und</strong> steigender Temperatur ist das Verhalten der<br />

Makromoleküle eines Werkstoffes durch variable Phasen<br />

gekennzeichnet:<br />

– Erwärmung:<br />

Von einer äußeren oder inneren Wärmequelle wird<br />

Wärme zugeführt. Die Temperatur steigt, die physikalischen<br />

Eigenschaften des Stoffes verändern sich nur<br />

wenig.<br />

– Erweichung:<br />

In einem schmalen Temperaturbereich (oberhalb der<br />

Glas- oder Erweichungstemperatur) vollzieht sich mehr<br />

oder weniger rasch der Übergang des polymeren vom<br />

harten zum spröden Glaszustand in einen zähelastischen<br />

oder kautschukartigen Zustand bis zur flüssigen<br />

Phase, <strong>im</strong> engen Temperaturbereich bei den amorphen,<br />

<strong>im</strong> breiten bei den teilkristallinen Thermoplasten. Die<br />

Duroplaste erweichen nur wenig. Sie zersetzen sich<br />

schließlich <strong>und</strong> verbrennen. Der Erweichungsbereich<br />

ist für die Fügeverfahren wie Schweißen <strong>und</strong> Schmelzkleben<br />

bedeutend.<br />

– Verflüssigung<br />

Das gesamte Polymer bildet nunmehr eine Flüssigkeit<br />

mit teilweiser Verdampfung.<br />

– Abbau<br />

Die Polymerkette ist so stark wie ihr schwächstes<br />

Glied. Der Abbau beginnt bei der Temperatur, bei der<br />

das schwächste Glied bricht. Man kann nach dem bei<br />

Abwesenheit von Sauerstoff verlaufenden thermischen<br />

Abbau (Pyrolyse) <strong>und</strong> dem kombinierten thermisch/<br />

oxidativen Abbau (Verbrennung) unterscheiden. Der<br />

zeitliche Verlauf des Abbaus hängt von der Zahl der<br />

schwachen Bindungen, deren Abbautemperatur <strong>und</strong><br />

der dabei auftretenden Wärmetönung ab. Der Vorgang<br />

kann exotherm oder endotherm verlaufen. Demgemäß<br />

wird er beschleunigt oder verzögert. Das Material verfärbt<br />

sich nun auch.<br />

(exotherm: Wärme wird erzeugt / endotherm: es wird<br />

zusätzliche Wärme benötigt.)<br />

überspringbar bei<br />

Subl<strong>im</strong>ationserwärmung<br />

Erwärmung<br />

Erweichung<br />

Abbau<br />

Zersetzung<br />

Oxidation<br />

normaler<br />

Schweißbereich<br />

normaler<br />

Schneidebereich<br />

Zerstörungsbereich<br />

Bild 4. Wirkung konzentrierter Wärmezufuhr auf nichtmetallische Werkstoffe.<br />

© IUBäckmann<br />

– Zersetzung (Subl<strong>im</strong>ation)<br />

Die ganze Masse des Polymeren wird erfasst. Sie zerfällt<br />

in monomere Bestandteile, z. B. bei PVC oder<br />

PTFE, oder es bilden sich andere Substanzen mit anderen<br />

Eigenschaften. Abbau <strong>und</strong> Zersetzung können nur<br />

dann voneinander unterschieden werden, wenn die<br />

Abbautemperaturen der schwächsten <strong>und</strong> der stärksten<br />

Bindungen sehr unterschiedlich sind.<br />

– Oxidation (Verbrennung)<br />

Ist die Temperatur hoch genug <strong>und</strong> genügend Sauerstoff<br />

vorhanden, dann schreitet die Zersetzung unter<br />

Wärmeentwicklung rasch voran, <strong>und</strong> der Stoff wird<br />

durch Verbrennen getrennt.<br />

Be<strong>im</strong> thermischen Trennen werden demnach alle Phasen,<br />

die ein Stoff aufweisen kann, wie<br />

– fest<br />

– flüssig<br />

– gasförmig <strong>und</strong> plasmatisch<br />

durchlaufen.<br />

Überspringt man be<strong>im</strong> Erwärmen die flüssige Phase,<br />

spricht man von Subl<strong>im</strong>ation. Der Gr<strong>und</strong>gedanke des<br />

thermischen Trennens ist die (Bild 5):<br />

– Erweichung<br />

– Schmelzbarkeit<br />

– Subl<strong>im</strong>ierbarkeit oder<br />

– Verbrennung der Werkstoffe.<br />

Be<strong>im</strong> Fügen ist die Erweichung <strong>und</strong> Schmelzbarkeit pr<strong>im</strong>äres<br />

Ziel, <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Umformen der Bereich oberhalb<br />

der Glastemperatur bei Thermoelastizität.


186 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

3. Absaugsysteme – Prinzipien <strong>und</strong> Technologie<br />

Die Entstehung von gas- <strong>und</strong> partikelförmigen Abbauprodukten<br />

folgt in der Größenordnung folgender Beziehung:<br />

Trennen > Fügen > Verformen.<br />

Auch die Höhe der Prozesstemperatur zur Schmelzoder<br />

Abbautemperatur führt zur Bildung von evtl. Schadstoffen,<br />

wobei<br />

Prozesstemperatur > Schmelztemperatur<br />

> Abbautemperatur<br />

die Menge <strong>und</strong> Zusammensetzung wesentlich best<strong>im</strong>men.<br />

Was letztendlich signifikant ist, best<strong>im</strong>mt<br />

– das thermische Verfahren mit seinem spezifischen Temperaturprofil<br />

<strong>und</strong> der Werkstoff mit seinem Temperaturverhalten<br />

(Temperaturbereiche).<br />

Vereinfacht gilt, dass filternde Absauganlagen in ihrer<br />

Bedeutung für die Verfahren wie folgt relevant sind:<br />

Laser > Heißluft > <strong>Heiz</strong>element > Ultraschall<br />

<strong>und</strong> vergleichbare.<br />

Dies entspricht dem Temperaturgefälle, jedoch ohne<br />

vollständige Aufzählung der Verfahren. Hinzu kommt die<br />

störende (z. B. Geruch), beeinträchtigende (Rauch,<br />

Staub), <strong>und</strong> gefährdende (Toxine, Karzinogene) Wirkung,<br />

die von sich thermisch zersetzenden, nichtmetallischen<br />

Werkstoffen ausgehen kann.<br />

Kunststoff<br />

Daraus erst resultiert <strong>im</strong> Detail das anzuwendende<br />

Absaug- <strong>und</strong> Filtersystem sowie weitere technische <strong>und</strong><br />

organisatorische Maßnahmen bis hin zur persönlichen<br />

Schutzausrüstung (PSA), was unbedingt beachtet werden<br />

muss.<br />

Bei der thermischen Bearbeitung von vielen nichtmetallischen<br />

Werkstoffen werden durch die Wärmeeinwirkung<br />

gas-, dampf- oder partikelförmige Stoffe freigesetzt.<br />

So entstehen z. B. be<strong>im</strong> Glühdrahtschneiden, bei der<br />

Flammkaschierung <strong>und</strong> bei der thermischen Verformung<br />

von Hartschaumplatten Spaltprodukte <strong>und</strong> Dämpfe.<br />

Diese kondensieren auf kühlen Flächen <strong>und</strong> Maschinenteilen<br />

<strong>und</strong> sind geruchsintensiv <strong>und</strong> bisweilen unangenehm.<br />

Körperkontakt <strong>und</strong> Inhalation sollten vermieden<br />

werden. Eine wirkungsvolle Absaugung ist <strong>im</strong> Einzelfall<br />

anlage- <strong>und</strong> werkstoffabhängig ein wesentlicher Teil von<br />

Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Umweltschutzmaßnahmen.<br />

Gelegentlich werden Heißluft- <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>drahtschneidemaschinen<br />

<strong>im</strong> Freien <strong>im</strong> Bausektor eingesetzt, jedoch<br />

auch hier müssen Umweltschutzgesichtspunkte beachtet<br />

werden (Bild 6).<br />

Als Absauganlage werden alle Anlagen bezeichnet, die<br />

über Luft störende Partikel oder Gase entfernen. Die<br />

Absauganlage wird hierbei möglichst nah an der Emission<br />

platziert, um die Schadluft zu reinigen. Unter<br />

Umständen sind sie mit einer Einschaltautomatik <strong>und</strong><br />

Sensorik versehen.<br />

Als Trägermedium für die störenden Stoffe wird Luft<br />

verwendet; Ventilatoren oder Gebläse erzeugen einen<br />

Luftstrom, der die unerwünschten Stoffe absaugt. Im<br />

Bereich der Absaugtechnik ist die Erfassung der abzusaugenden<br />

Stoffe von besonderer Bedeutung. Diese Stoffe<br />

sind in der Regel ges<strong>und</strong>heitsschädlich oder verschmutzen<br />

die Umgebung so stark, dass sie als Störung empf<strong>und</strong>en<br />

werden. Um die Absauganlage kosten- <strong>und</strong> energieeffizient<br />

zu nutzen, muss die Erfassungseinrichtung die störenden<br />

Stoffe idealerweise vollständig erfassen, möglichst<br />

ohne dabei Raumluft mit einzusaugen.<br />

Je nach Anwendung sind die Absaugeinrichtungen in<br />

einem Gehäuse montiert, das die Arbeitsstelle umschließt,<br />

was vor allem bei vollautomatischer Produktion der Fall<br />

ist. In anderen Fällen, vor allem bei Handarbeit, kommen<br />

Absaugtische bzw. bewegliche Erfassungseinrichtungen<br />

mit Hauben oder Saugspitzen zum Einsatz.<br />

Der Begriff Absaugtisch ist ein Überbegriff für Anlagen,<br />

die <strong>mittels</strong> Luft ges<strong>und</strong>heitsschädliche Partikel <strong>und</strong> /<br />

oder Gase entfernen. Absaugtische dienen <strong>im</strong> produzierenden<br />

Gewerbe der Absaugung <strong>und</strong> Filterung von<br />

Rauch- <strong>und</strong> Staubentwicklung, die be<strong>im</strong> Schneiden <strong>und</strong><br />

Schweißen der Werkstoffe entstehen. Die Bedienpersonen<br />

werden vor ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden, die Maschinen vor<br />

Funktionsstörungen geschützt. Absaugtische tragen<br />

somit in recht hohem Maße zum Arbeitsschutz bei.<br />

Häufig sind Absaugtische in einzeln absaugbare Segmente<br />

unterteilt, um die Absaugleistung möglichst gering<br />

zu halten. Je nach Anlagentyp wird die Absaugung der<br />

einzelnen Segmente manuell oder vollautomatisch über<br />

die Steuerung der Schneidanlage ermöglicht. Die D<strong>im</strong>ensionen<br />

<strong>und</strong> Leistungen der Absaugtische müssen der<br />

jeweiligen Schweiß- oder Schneideanlage entsprechen.<br />

Unterschiedliche austauschbare Tischauflagen ermög-<br />

Erweichungstemperatur<br />

Zersetzungstemperatur<br />

Entflammungstemperatur<br />

Entzündungstemperatur<br />

°C °C °C °C<br />

PE 60-70 340 - 440 340 350<br />

PP 85-90 330-410 350 - 370 390-410<br />

PS 88 300 - 400 340 - 350 490<br />

PVC 70-80 200 - 300 390 455<br />

PU - Hartschaum 180 220 310 415<br />

PA 6 200 300 - 350 420 450<br />

PA 66 250 320 - 400 490 530<br />

PC 150-155 350 - 400 520 keine Entzündung<br />

PTFE 110 500 - 550 560 580<br />

POM 170 220 350 - 400 ca. 400<br />

ABS 90-121 – 390 480<br />

PETP 80 285 - 305 440 480<br />

PMMA 84-108 170-300 300 450<br />

PAN 78-81 250 - 300 480 560<br />

Bild 5. Thermische Eigenschaften der häufigsten Kunststoffe. © IUBäckmann,<br />

nach Domininghaus 2010.<br />

Laser 1500 °C<br />

Infrarot 800 °C<br />

Heißschneiden 650 °C<br />

Heißluft 600 °C<br />

<strong>Heiz</strong>keil 450 °C<br />

<strong>Heiz</strong>element 350 °C<br />

Hochfrequenz 200 °C<br />

Ultraschall 175 °C<br />

Bild 6. Durchschnittliche Prozesstemperaturen bei thermischen Trenn- <strong>und</strong><br />

Fügeverfahren. © IUBäckmann


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 187<br />

lichen einen den Bedürfnissen entsprechenden<br />

Einsatz. Zum Schutz vor Filterbränden,<br />

ausgelöst durch angesaugte<br />

Funken, dient die Vorreinigung der<br />

abgesaugten Luft. Hierdurch erhöht<br />

sich außerdem die Standzeit der eingesetzten<br />

Filter erheblich.<br />

Absauganlagen für thermische Bearbeitung<br />

führen die verunreinigte Luft in<br />

eine Vorabscheidekammer je nach Bautyp.<br />

In dieser Kammer erfolgt eine<br />

Abtrennung der schweren Fraktionen.<br />

Der verbleibende Staub kann dann an<br />

der Außenseite eines Filters abgeschieden<br />

<strong>und</strong> in einem Staubbehälter aufgefangen<br />

werden. Häufig sind Vorabscheidefilter<br />

zu reinigen, beispielsweise<br />

<strong>mittels</strong> Druckluft. Zur Filterung lungengängigen<br />

Feinstaubs werden<br />

Schwebstofffilter eingesetzt. Diese sind<br />

Sättigungsfilter <strong>und</strong> werden ausgetauscht,<br />

da bei Übernutzung ihre Filterfähigkeit<br />

nicht mehr gewährleistet ist<br />

(Bild 7).<br />

Anlagen, die giftige Gase absaugen<br />

müssen, besitzen je nach Substanz oft<br />

Aktivkohlefilter, häufig werden Filter<br />

verschiedener Partikelfilterklassen hintereinandergeschaltet,<br />

um die Lebensdauer<br />

der einzelnen Filterstufen zu<br />

erhöhen. Eine Vorabscheidung grober<br />

Partikel dient somit der Schonung der<br />

feinporigen Feinstaubfilter.<br />

Die gefilterte Luft wird entweder in<br />

den Arbeitsbereich zurückgeführt oder<br />

nach außen geleitet. Aus Gründen der<br />

Energieeffizienz ist eine Luftrückführung<br />

erstrebenswert, da so keine Wärme<br />

verloren geht. Hierbei sind jedoch die<br />

Best<strong>im</strong>mungen der Gefahrstoffverordnung<br />

(GefStoffV) <strong>und</strong> die festgelegten<br />

Grenzwerte für Gefahrstoffkonzentrationen in der Luft<br />

zu beachten. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Luftrückführung nach<br />

ausreichender Reinigung bei allen Stoffen möglich, die<br />

nicht krebserzeugend, erbgutverändernd oder reproduktionstoxisch<br />

sind, sogenannte KMRF-Stoffe. Hier gelten<br />

besondere Best<strong>im</strong>mungen.<br />

4. Praxisbeispiele – Folgerungen für die Filterentwicklung<br />

Bei den thermischen Bearbeitungsverfahren sind insbesondere<br />

– das Fügen mit Ultraschall <strong>und</strong> die Thermoformung<br />

relativ unproblematisch, da die Temperatur (100–<br />

250 °C) technologisch bedingt niedrig ist.<br />

Verarbeitungstemperatur < Zersetzungstemperatur<br />

Meist reicht eine Filterung zur Beseitigung von Gerüchen<br />

aus. Dies hängt jedoch stark von der Ausrüstung der<br />

Werkstoffe ab, z. B. von<br />

Hand-Heißschneidestation <strong>und</strong> Heißstanzautomat für Airbags<br />

– Flammschutzmitteln<br />

– Weichmachern<br />

– Füllstoffen<br />

– Stabilisatoren<br />

– Farbpigmenten.<br />

Thermische Beschnitt-Anlagen mit Formschnitten werden<br />

in der Automobilzuliefererindustrie eingesetzt für<br />

– flächige <strong>und</strong> verformte Automobilteppichböden<br />

– Automobil-Innenverkleidungen<br />

– kaschierte <strong>und</strong> hinterspritzte Türverkleidungen<br />

– A-, B- <strong>und</strong> C-Säulen<br />

– Hutablagen<br />

– Dachh<strong>im</strong>mel<br />

– Schaumstoffdämmungen für Türen<br />

– verformte Vliesteile<br />

– Kartentaschen<br />

– Sitzverkleidungen <strong>und</strong> Kopfstützen<br />

– Airbag-Abdeckungen<br />

Bild 7. Hand-Heißschneidestation <strong>und</strong> Heißstanzautomat für Airbags. © HSGM<br />

Bild 8. Heißluftschweißtisch mit unterer Absaugung. © IUBäckmann<br />

Besonders be<strong>im</strong> Trennen mit Glühdrähten oder Glühschneiden<br />

<strong>und</strong> be<strong>im</strong> <strong>Heiz</strong>keil- <strong>und</strong> Heißluftschweißen<br />

(Temperaturen von 300 – 600 °C) reagieren manche Werkstoffe<br />

mit der Freisetzung von Schadstoffen <strong>und</strong> Rauchentwicklung.<br />

Hier sind filternde Absaugsysteme geradezu<br />

Pflicht wie be<strong>im</strong> Heißluftschweißen. Damit können<br />

bekanntlich geschweißt werden (Bild 8):<br />

– Folien aus Weich-PVC <strong>und</strong> Polyäthylen<br />

– beschichtete <strong>und</strong> kaschierte Textilien mit PVC, PU,<br />

Hypalon bis zu Glasgewebe / PTFE<br />

– beflockte Textilien, Gittergewebe <strong>und</strong> Rascheltextilien,<br />

– Luftpolsterfolien mit Gewebe<br />

– Vliesstoffe <strong>und</strong> Nadelfilze, Nähgewirke aus Synthesefasern<br />

u.v.a.m.


188 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

ALTERNATIVE 1 ALTERNATIVE 2<br />

Absaugstutzen<br />

Vorfiltermodul<br />

Kombifilter<br />

Modul mit Z-Line-Filter<br />

Modul mit Aktivkohle<br />

Bild 9. Laserschneidemaschine mit Absauganlage <strong>und</strong> Filtersystem. © eurolaser<br />

Bild 10. Laserrauch – Laserstaub: Absaugung <strong>und</strong> Filterung. © THB GmbH<br />

Bei Beschichtungen mit PVC, PU oder PTFE treten dann<br />

CO, HCL, HCN <strong>und</strong> weitere auf, die aus der Abluft<br />

beseitigt werden müssen. Durch Schweißtische <strong>und</strong><br />

Punktabsaugung werden die Schweißgase direkt an der<br />

Entstehungsstelle <strong>im</strong> Fügespalt abgesaugt <strong>und</strong> absolut<br />

vermieden, somit entsteht bei korrekter Anwendung keine<br />

Geruchsbelästigung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung mehr.<br />

Das attraktivste <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer häufiger eingesetzte<br />

– Laserschneiden <strong>und</strong> -schweißen<br />

erfordert gerade bei der Verarbeitung nichtmetallischer<br />

Werkstoffe einen erhöhten Aufwand bei der Absaugung<br />

<strong>und</strong> Filterung (Temperaturen 800–1200 °C). Zwar kann<br />

durch hohe Arbeitsgeschwindigkeit die Temperatureinwirkungszeit<br />

klein gehalten werden, aber es ist nicht auszuschließen,<br />

dass Teilchen verdampfen oder chemisch<br />

reagieren <strong>und</strong> kritische Werte erreichen. Gerade bei der<br />

Bearbeitung organischer Materialien, wie Kunststoffe,<br />

Holz, Textilien, Leder ist dies der Fall. Diese Materialien<br />

werden häufig unter Einsatz von Lasertechnologie<br />

geschnitten, beschriftet <strong>und</strong> geschweißt (Bild 9).<br />

Besonders problematisch ist das Laserabgas dann,<br />

wenn Halogenverbindungen bearbeitet werden. Halogenverbindungen<br />

sind beispielsweise Kunststoffe wie PTFE<br />

(Polyterafluorethen) <strong>und</strong> PVC (Polyvinylchlorid). Hierbei<br />

kann Chlorwasserstoff (in Wasser gelöst als Salzsäure<br />

bekannt) oder Fluorwasserstoff (gelöst Flusssäure) entstehen,<br />

die bekanntermaßen extrem giftig <strong>und</strong> ätzend<br />

sind. Auch be<strong>im</strong> Bearbeiten von Materialien, die mit<br />

Flammschutzmitteln versehen sind, können hochgiftige<br />

Stoffe entstehen zum Beispiel Dioxine <strong>und</strong> Furane.<br />

Gefahrstoffe, die be<strong>im</strong> Bearbeiten von organischen<br />

Materialien (Polymerwerkstoffe, Holz, Epoxidharze) entstehen,<br />

sind<br />

– Benzol (giftig)<br />

– Formaldehyd (giftig)<br />

– Butadien (giftig)<br />

– Acetaldehyd (auch bekannt als Ethanol, giftig)<br />

– Propenal (auch bekannt als Acrylaldehyd, Acrolein,<br />

sehr giftig <strong>und</strong> umweltgefährlich)<br />

– Toluol (ges<strong>und</strong>heitsschädlich)<br />

– Methylmethacrylat (reizend)<br />

– Phenol ((giftig <strong>und</strong> ätzend)<br />

– Styrol (ges<strong>und</strong>heitsschädlich)<br />

– Kresole (giftig)<br />

Dazu kommt, dass ca. 90 % aller durch den Laser erzeugten<br />

Partikel einen Partikeldurchmesser von


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 189<br />

Tabelle 1. Europäische Normung von Schwebstofffiltern (Auszug)<br />

EN 1822-1/EN 779.<br />

EPA/HEPA-Filter<br />

Filterklasse Abscheidegrad (gesamt) Abscheidegrad (lokal)<br />

E10 > 85 % –<br />

E11 > 95 % –<br />

E12 > 99,5 % –<br />

H13 > 99,95 % > 99,75 %<br />

H14 > 99,995 % > 99,975 %<br />

Bild 11. Prinzip der SINBRAN ® -Membranfiltration. © W.L. Gore & Ass<br />

große Filterfläche sehr kompakte Filterbauweisen ermöglichen.<br />

Dabei erreicht man bei niedrigem Druckverlust<br />

hohe Abscheidegrade. Durch die Einzelfaltenverklebung<br />

besitzen die Filterelemente einen stabilen, selbsttragenden<br />

Aufbau, bei dem kein eigener Stützkörper nötig ist. Be<strong>im</strong><br />

Filtermaterial ermöglicht die große Auswahl eine opt<strong>im</strong>ale<br />

Anpassung an den jeweiligen Anwendungsfall. Auch<br />

Filterqualitäten zur Abscheidung von Feinstäuben sind<br />

erhältlich. Einsatzgebiete hierfür sind thermische Prozesse,<br />

wie z. B. Plasmaschneiden, Brennschneiden, thermisches<br />

Spritzen, Laserschneiden von organischen Stoffen<br />

(Holz, Kunststoffe) usw.<br />

Bei dem speziellen, zum Patent angemeldeten Precoatier-Verfahren<br />

wird durch Zugabe von Filterhilfsstoffen<br />

eine Schutzschicht auf den Filterelementen erzeugt. Diese<br />

schützt zum einen die eigentliche Filteroberfläche vor den<br />

klebrigen Aerosolen, absorbiert aber darüber hinaus auch<br />

einen großen Anteil an Kohlenwasserstoff. Das System<br />

kann auch überhaupt zum Abscheiden von klebrigen<br />

Stoffen oder Partikeln eingesetzt werden (Tabelle 1).<br />

Dazu wurden viele Messungen der staub- <strong>und</strong> gasförmigen<br />

Abgase durchgeführt vor <strong>und</strong> nach dem Filter <strong>im</strong><br />

Lasersystem. Absauganlagen zur Absaugung von Laserrauch<br />

<strong>und</strong> Laserstaub müssen verschiedene Anforderungen<br />

erfüllen, um geringen Wartungsaufwand, ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Schutz sowie hohe Arbeitsqualität zu gewährleisten:<br />

– Restlose Beseitigung sämtlicher anfallender Stäube,<br />

Dämpfe <strong>und</strong> Gase, die die Arbeitsqualität beeinträchtigen<br />

oder gar die Ges<strong>und</strong>heit gefährden können.<br />

– Stufenweise Filterung: Filter für grobe Partikel verhindern,<br />

dass die Feinstaubfilter sowie die Aktivkohlefilter<br />

zu schnell gesättigt sind <strong>und</strong> verringern so den Wartungsaufwand<br />

der Absauganlage.<br />

– Anpassung an den anfallenden Schmutz: fällt viel grobkörniger<br />

Staub an, sollte der Vorfilterbereich eine ausreichende<br />

Kapazität haben, um zu verhindern, dass die<br />

Filter bereits nach kurzer Laufzeit gesättigt sind. Fällt<br />

hingegen hauptsächlich Feinstaub an, sind überd<strong>im</strong>ensionierte<br />

Vorfilter nutzlos. Der Wartungsaufwand wird<br />

verringert.<br />

Thermische Bearbeitungsverfahren sind hochinnovativ <strong>und</strong><br />

werden auf weitere Werkstoffe ausgeweitet, insbesondere<br />

Verb<strong>und</strong>stoffe <strong>und</strong> nachwachsende Rohstoffe (Bild 12).<br />

ULPA-Filter<br />

Filterklasse Abscheidegrad (gesamt) Abscheidegrad (lokal)<br />

U15 > 99,9995 % > 99,9975 %<br />

U16 > 99,99995 % > 99,99975 %<br />

U17 > 99,999995 % > 99,9999 %<br />

Thermische Bearbeitung<br />

(Zersetzungsrückstände)<br />

feste flüssige gasförmige<br />

Oxidation<br />

(Sauerstoff)<br />

(brennbar)<br />

Oxidationsprodukte<br />

Schadstoffe<br />

(Abluft)<br />

gasförmige<br />

(nicht<br />

brennbar)<br />

Bild 12. Schema der Bildung von Zersetzungsrückständen bei der thermischen<br />

Bearbeitung. © IUBäckmann<br />

Dadurch treten bei<br />

– Biopolymeren<br />

– temperaturbeständigen Werkstoffen<br />

– metallisierten <strong>und</strong> nanobasierten Werkstoffen<br />

be<strong>im</strong> Trennen, Fügen <strong>und</strong> Verformen neue Emissionsprobleme<br />

auf, die mit filternden Absauganlagen gelöst werden<br />

müssen <strong>und</strong> können, wie z. B. bei der thermischen<br />

Verarbeitung von Holzprodukten oder Wood Plastic.


190 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Tabelle 2. Prüfschema zum Einsatz von Absaugfiltern bei thermischer Verarbeitung.<br />

TRENNEN > FÜGEN > VERFORMEN<br />

PROZESSTEMPERATUR > SCHMELZTEMPERATUR > ABBAUTEMPERATUR<br />

LASER > HEISSLUFT > HEIZELEMENT > ULTRASCHALL<br />

VERARBEITUNGSTEMPERATUR < > ZERSETZUNGSTEMPERATUR<br />

Die thermische Zersetzung von Holz (zellulosische<br />

Anteile) setzt bei Temperaturen über 105 °C ein, wird ab<br />

200 °C stark beschleunigt <strong>und</strong> erreicht ihren Höhepunkt<br />

bei 275 °C. Der Flammpunkt von Holz liegt zwischen 200<br />

<strong>und</strong> 275 °C. Bei Anwesenheit von Sauerstoff kommt es<br />

zur Oxidation <strong>und</strong> bei Abwesenheit zur Pyrolyse. Bei<br />

Temperaturen von 400 – 500 °C spalten sich aus dem Lignin<br />

Phenole, Methan, Kohlenmonoxid <strong>und</strong> Kohlenstoffprodukte<br />

ab. Darüber hinaus bei Lasertemperaturen (700<br />

– 1000 °C) auch Ethen, Benzol <strong>und</strong> Acetylen, also durchaus<br />

gefährliche <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädliche Stoffe<br />

(Tabelle 2).<br />

Zuerst müssen die entstehenden Zersetzungsprodukte<br />

identifiziert werden. Wenn bekannt ist, welche Gefahrstoffe<br />

<strong>und</strong> Konzentrationen bei der thermischen Bearbeitung<br />

eines neuen Werkstoffes auftreten, können die Filtermaterialien<br />

opt<strong>im</strong>iert <strong>und</strong> Anlagenhersteller <strong>und</strong> Anwender<br />

die geeigneten Maßnahmen treffen.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist der Einsatz von Absaugsystemen bei<br />

thermischer Bearbeitung <strong>im</strong>mer zu empfehlen <strong>und</strong> der<br />

innovative Maschinenlieferant, Filterhersteller <strong>und</strong> Anlagenbetreiber<br />

wird nicht warten, bis als „Ult<strong>im</strong>a Ratio“<br />

der Gesetzgeber tätig wird, sondern „proaktiv“ die Weichen<br />

stellen.<br />

Literatur<br />

Bäckmann, R.: Thermische Schneid- <strong>und</strong> Verbindungstechniken für<br />

Vliesstoffe. Vortrag INDEX 1981, Amsterdam NL, 1981.<br />

Bahners, T.: Verbesserung der Feinstaubabscheidung textiler Filtermaterialien.<br />

FZ Melliand-Textilberichte, 1989.<br />

Bäckmann, R.: Vorrichtung zum Verschweißen<br />

von aus Kunststoffen bestehenden<br />

oder mit Kunststoff beschichteten<br />

Materialbahnen. Patent DE 3036402 C2,<br />

1989.<br />

Schollmeyer, E. <strong>und</strong> Bahners, T.: Untersuchung<br />

zur Staubfiltration in der Textilindustrie.<br />

FZ Melliand-Textilberichte, 1991.<br />

Bäckmann, R.: PVC-beschichtete Textilien<br />

<strong>und</strong> Bekleidungs-Folien. FZ mbt, 1993.<br />

Hornbogen, E.: Werkstoffe. Springer Verlag,<br />

Berlin, 1994.<br />

Hampe, A.: Filtration von Emissionen bei der Laserstrahlbearbeitung.<br />

Fortschritt-Berichte VDI, FZ Fertigungstechnik, 1997.<br />

Bäckmann, R.: Sicherheit <strong>und</strong> Umweltschutz be<strong>im</strong> Schweißen <strong>und</strong><br />

Kleben. Seminar Textilschweißen <strong>und</strong> Thermokleben, IUB Unternehmensberatung<br />

Bäckmann, Wörth DE, 1999.<br />

Weitz, G.; Handte: Erfahrungen be<strong>im</strong> Einsatz von filternden Abscheidern<br />

be<strong>im</strong> Laserbearbeiten von Metallen. Vortrag Symposium<br />

Textile Filter, Tuttlingen DE, 2000.<br />

Loy, W.: Chemiefasern für technische Textilprodukte. Deutscher<br />

Fachverlag, Frankfurt/Main, 2001.<br />

N. N.: Gegen die he<strong>im</strong>liche Gefahr. Filteranlagen sorgen für Arbeitssicherheit<br />

in der Laserbearbeitung. FZ Instandhaltung, 2005.<br />

Kunststoff-Clusterland, FILUKA- Filtrierung von gelaserten<br />

Kunststoffen. Clusterland Oberösterreich GmbH A, 2008.<br />

Rehau: Raukantex Laser Edge. Firmenschrift Rehau DE, 2009.<br />

Bäckmann, R.: Thermische Verarbeitung technischer Kunststoffe.<br />

Seminar IUB Unternehmensberatung Bäckmann, Wörth DE,<br />

2009.<br />

N. N.: Schweißrauche – geeignete Lüftungsmaßnahmen. DGUV<br />

DE, 2010.<br />

TBH GmbH: Saubere Luft. FZ Plastverarbeiter, 2010.<br />

N. N.: Holz schweißen. FZ Forstzeitung, 2011.<br />

Kemper, B.: Absaug- <strong>und</strong> Düsensystem reinigt die Luft an Schweißarbeitsplätzen.<br />

FZ MaschinenMarkt, 2011.<br />

Sauer-Kunze, M.: Oberfläche oder Tiefgang? FZ Chemie Technik,<br />

2011.<br />

Ripperger, S.: Entwicklungen <strong>und</strong> Trends auf dem Gebiet der Separations-<br />

<strong>und</strong> Filtertechnik. FZ Filtrieren <strong>und</strong> Separieren, 2011.<br />

N. N.: Holz schweißen. Presseinformation FH Burgdorf DE, 2012.<br />

Wohnungslüftungsgeräte:<br />

Neuer Testbericht online<br />

Mitteilungen<br />

sofort über die Homepage des TZWL www.tzwl.de (Markt<br />

<strong>und</strong> Verbraucherinformationen). Das eBook mit den Testberichten<br />

gibt Aufschluss über die Energieeffi zienz der<br />

Wärmerückgewinnungs- <strong>und</strong> Wohnungslüftungs geräte.<br />

Das in Dortm<strong>und</strong> ansässige Europäische Testzentrum für<br />

Wohnungslüftungsgeräte (TZWL) e. V. veröffentlicht seinen<br />

neuen umfassenden Vergleichstest von Wohnungslüftungsgeräten<br />

mit <strong>und</strong> ohne Wärmerückgewinnung als<br />

eBook <strong>im</strong> Internet. 32 Geräte wurden neu in den Testbericht<br />

aufgenommen, insgesamt umfasst der Qualitätsvergleich<br />

167 Wohnungslüftungsgeräte. Heruntergeladen<br />

werden kann das neue Online-Bulletin (Ausgabe 12) ab<br />

Krankenhaushygiene<br />

Zum Wintersemester 2012/2013 startet an der Technischen<br />

Hochschule Mittelhessen der europaweit erste<br />

Bachelorstudiengang „Krankenhaushygiene“ (7 Semester).<br />

Die Studierenden lernen u. a. die Gr<strong>und</strong>lagen von<br />

Anatomie, Mikrobiologie, Präventivmedizin <strong>und</strong> Datenverarbeitung.<br />

www.forschungsop.de


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 191<br />

Thema: Energie <strong>und</strong> Stromfresser<br />

Anfang 2012 veröffentlichten die Deutsche Energie-Agentur<br />

(DENA), EcoTop-Ten, Eurostat, die Fraunhofer Institute<br />

ISI <strong>und</strong> IZM, das Joint Research Centre, selinaproject.eu,<br />

das Statistische B<strong>und</strong>esamt <strong>und</strong> das Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />

Studien über He<strong>im</strong>liche Stromfresser.<br />

Computer <strong>und</strong> ihr Zubehör sind nach Fernsehern<br />

die größten Stromfresser (ca. 64 kWh/Jahr). Viele PCs,<br />

Monitore, Drucker <strong>und</strong> Scanner verbrauchen selbst<br />

dann noch Strom, wenn sie ausgeschaltet sind („Schein-<br />

Aus“). Neuere Laptops sind sparsamer. Trotzdem lohnt<br />

es sich, sie vor dem Zuklappen auszuschalten, vor<br />

allem über Nacht. Eigentlich ist „Stand-by“ eine gute<br />

Idee, <strong>im</strong> Vergleich zum Dauerbetrieb spart der Be -<br />

reitschaftsmodus natürlich Strom. Vor allem dient er<br />

der Bequemlichkeit. Der Zuschauer kann den Fernseher<br />

jederzeit wecken <strong>und</strong> Hersteller brauchen nicht<br />

zu rätseln, wie ihr DVD-Player nach dem Ausschalten<br />

die Uhrzeit speichern kann. Doch der Leerlauf kostet<br />

Geld <strong>und</strong> tonnenweise CO 2<br />

. Für neue Geräte hat die<br />

EU deshalb Grenzwerte festgelegt.<br />

Audio-Geräte produzieren – <strong>im</strong> Vergleich zu den tatsächlichen<br />

Betriebskosten – sehr hohe Stand-by-Verluste<br />

(ca. 48 kWh/Jahr). Sie werden meist nur wenige St<strong>und</strong>en<br />

am Tag genutzt, den Rest der Zeit müssten sie überhaupt<br />

nicht am Netz hängen. Technischer Fortschritt <strong>und</strong><br />

Grenzwerte zeigen Wirkung. In den vergangenen Jahren<br />

ist der Stand-by-Verbrauch von Fernsehern dramatisch<br />

gesunken Die meisten Leerlaufverluste in der Privatwohnung<br />

gehen auf das Konto von Fernsehern <strong>und</strong> ihrem<br />

Zubehör (ca. 93 kWh/Jahr). Besondere Sorge bereitet<br />

Umweltschützern bei TV, Set-Top-Boxen, DVD-Playern<br />

<strong>und</strong> Spielkonsolen das Netzwerk-Stand-by: Immer mehr<br />

Geräte sind mit andren vernetzt <strong>und</strong> lassen sich durch<br />

diese „wecken“. Wie viel Strom sie in diesem Zustand verbrauchen<br />

dürfen, ist noch nicht gesetztlich geregelt.<br />

Bei Telefonen <strong>und</strong> ihrem Zubehör (ca. 28 kWh/Jahr)<br />

vermeidet man den Stand-by-Stromverbrauch am besten<br />

durch Abschaffung. Die Aufgaben von Anrufbeantwortern<br />

<strong>und</strong> Faxgeräten können fast alle vom Computer<br />

oder von Internetdiensten übernommen werden. Bei<br />

mobilen Geräten wie Handy, Digitalkamera <strong>und</strong> Camcorder<br />

verschwenden vor allem die Netzteile Strom,<br />

auch ohne angestöpseltes Gerät (ca. 4 kWh/Jahr). Deshalb:<br />

Ist das Handy geladen, „Kabel raus aus der Steckdose“.<br />

Ca. 237 kWh/Jahr: So viel kostet einem Privathaushalt<br />

der gesamte Leerlauf der Computer <strong>und</strong> Unterhaltungstechnik.<br />

Die Zahl wächst <strong>im</strong>mer noch, zwar werden die<br />

einzelnen Geräte effizienter, dafür steht in den Haushalten<br />

jährlich mehr Elektronik. Rote <strong>und</strong> grüne Dioden, die<br />

auch nachts leuchten, signalisieren: Ich bin nicht aus, sondern<br />

allzeit bereit.<br />

Selbst ausgeschaltete Geräte verbrauchen oft Strom.<br />

Die „Leerlaufverluste“ machen etwa 5 % der jährlichen<br />

Stromrechnung eines Haushalts aus (DIE ZEIT Grafik<br />

129/2011), damit sind allein in Deutschland zwei Kraftwerke<br />

ausgelastet. Europaweite Grenzwerte sollen die<br />

Verschwendung bremsen.<br />

Auch auf ein Kraftwerk könnte Deutschland verzichten,<br />

wenn Wasch- <strong>und</strong> Geschirrspülmaschinen ihre Energie<br />

aus Solarwärme beziehen würde. Wären auch Wäschetrockner<br />

<strong>im</strong> Solarbetrieb, könnten sogar zwei Kraftwerke<br />

abgeschaltet werden. Technisch ist die Umstellung kein<br />

Problem. Solarkollektoren entlasten in der Regel die<br />

<strong>Heiz</strong>ungsanlage <strong>und</strong> die Warmwasserversorgung, aber<br />

auch Haushaltesgeräte könne per Solarwärme betrieben<br />

werden. Der Ausbau der Stromnetze stagniert derzeit,<br />

Experten warnen schon vor Stromausfällen. Soll die Energiewende<br />

<strong>im</strong> Haushalt gelingen, braucht es kluge Ideen.<br />

<br />

– nn<br />

Buchbesprechungen<br />

Neuerscheinungen<br />

Die folgenden neuerschienen Bücher sind der Redaktion<br />

zugegangen. Eine ausführliche Besprechung der einzelnen<br />

Werke bleibt vorbehalten.<br />

Bauvorschriften – REPORT. Info-Dienst für Architekten <strong>und</strong><br />

Planer. Köln: Verlagsges. Rudolf Müller 2011. Erscheint<br />

10-mal jährlich. Jahresabo Deutschland € 99,00. Vorzugspreis<br />

für Bezieher der Normensammlung „Technische Baubest<strong>im</strong>mungen“<br />

oder „Sammlung Planen <strong>und</strong> Bauen“ € 84,00.<br />

Gaßner, M. <strong>und</strong> Kryschi, R.: Begriffe, Verfahren <strong>und</strong> Konzepte<br />

in der Wasserversorgung. Taschenbuch für Ausbilder<br />

<strong>und</strong> Beruf. München: R. Oldenbourg Industrieverlag<br />

2011. 377 S., Preis: € 29,00.<br />

Lampe, S. <strong>und</strong> Muller, J.N. (Hrsgb.): Architektur <strong>und</strong> Baukultur.<br />

Berlin: DOM Publishers, 2011. 624 S., zahlr. Abb.,<br />

Preis: € 28,00.<br />

Maßong, F.: Dachtabellen-Anforderungen, Arbeitshilfen,<br />

Berechnungen. Köln: Verlagsges. Rudolf Müller, 3. Aufl. 2011.<br />

1116 S., zahlr. Abb. u. Tab., Preis: € 59,00 mit CD-ROM.<br />

Spath, D., Bauer, W. <strong>und</strong> Braun, M.: Ges<strong>und</strong>es <strong>und</strong> erfolgreiches<br />

Arbeiten <strong>im</strong> Büro. Berlin: Erich Schmidt Verlag<br />

2011. 214 S., zahlr. Abb. <strong>und</strong> Tab., Preis: € 39,80.<br />

Wippermann, P. <strong>und</strong> Hintze, B.: Die besten Einfamilienhäuser<br />

des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts in Deutschland, Österreich,<br />

Schweiz. München: Callweg Verlag 2011. 176 S., 200 Abb.,<br />

100 Pläne, Preis: € 59,95.


192 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Energiebedarf von Wohnbauten<br />

Peter Tesche<br />

Herrn Prof. Dr. sc. techn. Karl Petzold in Dankbarkeit gewidmet<br />

Der Energiebedarf eines Wohngebäudes ergibt sich aus<br />

der Summe aller Energiemengen für die <strong>Heiz</strong>ung („<strong>Heiz</strong>energiebedarf“),<br />

Lüftung („Lüftungsenergiebedarf“),<br />

Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung („Trinkwasserenergiebedarf“),<br />

dem Energiebedarf für die Hilfsantriebe<br />

von vorgenannten Anlagen („Hilfsenergiebedarf“),<br />

dem Energiebedarf für die <strong>Raumkühlung</strong> („Kühlenergiebedarf“)<br />

<strong>und</strong> dem Strombedarf für die Innen –<br />

<strong>und</strong> Außenbeleuchtung sowie aller technischen Geräte.<br />

35,8<br />

3,8<br />

5,9<br />

54,5<br />

<strong>Heiz</strong>ung (HP)<br />

TWE (350d/a)<br />

Speisen (350d/a)<br />

Strom (365 d/a)<br />

Bild 1. Anteile des bereinigten Wärmeenergie- <strong>und</strong> Stromverbrauchs am<br />

Pr<strong>im</strong>ärenergieverbrauch für ein Einfamilienhaus (10-jähriger Mittelwert)<br />

in Prozent. Gas-Brennwerttherme; Baualtersklasse : WSV 95; Abluftanlage<br />

(Küche <strong>und</strong> Bad) [1].<br />

Tabelle 1. Wärmedämmklasse (W) ; A/V e<br />

= 0,3…1,0 m –1 ; Anforderungsniveau.<br />

EBS W-Klasse U h<br />

U m DU WB<br />

W/(m² K)<br />

Passivhaus (PH) W-1 0,30…0,15 0,25…0,15 0,05…0<br />

Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) W-2 0,45…0,28 0,40…0,23 0,05<br />

Niedrigenergiehaus (NEH) W-2 0,50…0,28 0,45…0,23 0,05<br />

EnEV 2002 [4] W-3 0,60…0,30 0,55…0,25 0,05<br />

WSV 95 [17] W-4 0,70…0,40 0,60…0,30 0,1<br />

WSV 84 [18] W-5 1,00…0,55 0,90…0,45 0,1<br />

WSV 77 [19] W-6 1,50…0,75 1,40…0,65 0,1<br />

<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) W-7 2,00…1,10 1,90…1,00 0,1<br />

Dass der Stromverbrauch der elektrischen Verbraucher<br />

(vornehmlich Beleuchtung <strong>und</strong> Geräte) einen relevanten<br />

Anteil am Gesamtenergieverbrauch hat, zeigt Bild 1.<br />

R<strong>und</strong> die Hälfte des Energieverbrauchs entfällt auf die<br />

<strong>Heiz</strong>ung (ohne Hilfsantriebe), knapp 40 % für Beleuchtung,<br />

Elektrogeräte (WM, Spüler usw.), Hilfsantriebe der<br />

Haustechnik <strong>und</strong> insgesamt etwa 10 % für die Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> die Speisenherstellung (Gasherd).<br />

Ansatzpunkte 1. Ordnung für einen sparsamen Umgang<br />

mit Energie liefert die <strong>Heiz</strong>ung, die Beleuchtung <strong>und</strong> der<br />

Betrieb der Elektrogeräte, wie Waschmaschine, Geschirrspüler,<br />

Elektrobackofen u.ä.m. sie verbrauchen <strong>im</strong> Mittel<br />

etwa 90 % der eingesetzten Pr<strong>im</strong>ärenergie.<br />

Für Wohngebäude, die nach Vorgaben der Wärmeschutzverordnungen<br />

von 1977 (WSV 77 [19]) bis 2002<br />

(EnEV 2002 [4]) errichtet worden sind, lässt sich ein Muster<br />

für die wichtigsten Eingangsgrößen aufstellen, mit<br />

denen eine durchgängige Klassifizierung <strong>und</strong> Best<strong>im</strong>mung<br />

des Energiebedarfs möglich ist. Dabei wird festgelegt,<br />

dass die Zielgröße der <strong>Heiz</strong>energieeinsparung mit<br />

jedem neuen Energiestandard um etwa 30 % <strong>im</strong> Vergleich<br />

zur Vorgängernorm betragen soll. Mit den verbindlichen<br />

Eingangsgrößen von WSV 95 bzw. ab EnEV 2002 wurden<br />

die energetischen Anforderungen für die WSV 84 <strong>und</strong><br />

WSV 77 hochgerechnet. Wohngebäude „vor 77“ sollen<br />

pauschal durch das so genannte „<strong>Heiz</strong>zeithaus“ (HZH)<br />

repräsentiert werden. Das <strong>Heiz</strong>zeithaus ist definitionsgemäss<br />

ein beheiztes Wohngebäude, das in der gesamten<br />

<strong>Heiz</strong>zeit, vom 1. September bis zum 31. Mai des Folgejahres,<br />

durchgehend beheizt werden muss.<br />

Für das Niedrigenergiehaus (NEH) <strong>und</strong> das Erneuerbare<br />

– Energie – Haus (EEH) gelten die gleichen Gr<strong>und</strong>sätze.<br />

Das Erneuerbare – Energie – Haus ist ein energetisches<br />

Bausystem (EBS), dass anstelle von fossiler Energie,<br />

mit erneuerbarer Energie beheizt wird.<br />

Gr<strong>und</strong>lage für alle Berechnungen ist ein vorgegebenes<br />

Modellgebäudesystem <strong>und</strong> die Standarddatensätze nach<br />

DIN V 4108-6 [2] <strong>und</strong> DIN V 4710–10<br />

[3], bezogen auf den „Mittleren Standort<br />

Deutschland“ (MSD). Damit kann<br />

ein Vergleich mit allgemeinen gebäudespezifischen<br />

Kennziffern gleicher Basis<br />

durchgeführt werden. Gebäude <strong>und</strong><br />

Anlagen werden <strong>im</strong> Sinne von EnEV<br />

2002 [4] als Einheit betrachtet. Sie wird<br />

<strong>im</strong> Folgenden als<br />

– „Systemlösung für rationelle<br />

Energienutzung“, kurz REN-WEL<br />

Dr.-Ing. Peter Tesche, Eichenstraße 26, 15344<br />

Strausberg, E-Mail: dr.peter.tesche@gmail.com


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 193<br />

bezeichnet. Drei Schwerpunktanforderungen sind als<br />

Gr<strong>und</strong>lage für eine Klassifizierung der REN-Systemlösung<br />

gewählt worden:<br />

1. die Wärmedämmklasse (W)<br />

2. die Wärme - Erzeugerklasse (E)<br />

3. die Lüftungsklasse (L)<br />

Festlegungen dazu sind den Tabellen 1 bis 4 zu entnehmen.<br />

1. <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

Der <strong>Heiz</strong>wärmebedarf Q h<br />

ist eine reine Gebäudeeigenschaft<br />

<strong>und</strong> als <strong>Heiz</strong>wärmenutzen definiert, der zur Erreichung<br />

einer vorgegebenen Solltemperatur <strong>im</strong> Gebäude<br />

unbedingt benötigt wird.<br />

Er ist aus einer Wärmebilanz von Verlusten <strong>und</strong><br />

Gewinnen zu berechnen, wobei die Bilanzgrenzen mit der<br />

wärmegedämmten Bauwerkshülle identisch sind. Eine<br />

charakteristische Größe für die Beschreibung des thermischen<br />

Verhaltens beheizter Wohngebäude, ist die <strong>Heiz</strong>grenztemperatur<br />

q h<br />

. Immer dann, wenn die Energiegewinne<br />

(Sonnenstrahlung, Wärmeabgabe durch Personen,<br />

Der <strong>Heiz</strong>energiebedarf eines Wohngebäudes<br />

kann als Produkt von <strong>Heiz</strong>wärmebedarf<br />

<strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl<br />

berechnet werden [3]:<br />

Q H,E<br />

= α H,E<br />

Q h<br />

(2)<br />

Es bedeuten<br />

Q H,E<br />

: Jahres-<strong>Heiz</strong>energiebedarf in kWh<br />

Q h<br />

: Jahres-<strong>Heiz</strong>wärmebedarf (ohne<br />

Sommer heizung) in kWh<br />

α H,E<br />

: modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-<br />

Aufwandszahl (s.u.)<br />

EBS E-Klasse Wärmeerzeuger-<br />

Systemtemperatur<br />

Tabelle 2. Erzeugerklasse (E) mit Systemtemperaturen (Vor - <strong>und</strong> Rücklauf, <strong>im</strong> Auslegungszustand).<br />

Energieträger<br />

Passivhaus (PH) E-1 WP el<br />

– 35/28 °C EET<br />

Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) E-2 WP el<br />

– 40/30 °C EET<br />

Niedrigenergiehaus (NEH) E-3 BWK_verbessert – 45/35 °C FET<br />

EnEV 2002 E-3 BWK – 55/45 °C FET<br />

WSV 95 E-4 NTK – 70/55 °C FET<br />

WSV 84 E-5 NTK – 80/60 °C FET<br />

WSV 77 E-6 SHK – 90/70 °C FET<br />

<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) E-7 SHK – 110/80 °C FET<br />

Tabelle 3. Lüftungsklasse (L).<br />

EBS WEL L-Klasse Bilanzluftwechsel n B<br />

h –1 Lüftungssystem<br />

Auslegung Betrieb 1)<br />

Passivhaus (PH) 111 L-1 Gleichung (1) Luftheizung-ZU/AB+WRG<br />

Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) 221 L-1 0,4…0,3 0,4 2) RLT-ZU/AB+WRG<br />

Niedrigenergiehaus (NEH) 232 L-2 0,55 0,5 Mechanische Abluftanlage<br />

EnEV 2002 [4] 333 L-3 0,6 0,3 Freie Lüftung<br />

WSV 95 [17] 444 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />

WSV 84 554 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />

WSV 77 664 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />

<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) 774 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />

Legende<br />

– n B<br />

Bilanzluftwechselzahl [2] in h –1 : n B<br />

= n A<br />

(1 – h v<br />

) + n x<br />

(1)<br />

–<br />

1) <br />

Untersuchungen in Bestandsbauten mit freier Lüftung bzw. mit Abluftanlagen haben gezeigt, dass sich in der Praxis ein deutlich kleinerer Luftwechsel,<br />

<strong>im</strong> Vergleich zur Auslegung, einstellt. Es kann bei der Ermittlung des Istwärmebedarfs bei freier Lüftung mit n B,fr<br />

= 0,3 h –1 <strong>und</strong> bei einer kontrollierten<br />

Lüftung, <strong>mittels</strong> Abluftanlage mit n B,A<br />

= 0,5 h –1 gerechnet werden [16].<br />

–<br />

2) h V-IB<br />

= 0,5<br />

Tabelle 4. REN – Systemlösung, Übersicht.<br />

EBS REN-Systemlösung EQ-Zahl q h,Rp-IB<br />

/° C q h,Rp-AP<br />

/° C<br />

Passivhaus (PH) REN-111 –3 5 5<br />

Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) REN-221 –5 8 8<br />

Niedrigenergiehaus (NEH) REN-232 –7 10 10<br />

EnEV 2002 REN-333 –9 10 11<br />

WSV 95 REN-444 –12 11 12<br />

WSV 84 REN-554 –14 12 13<br />

WSV 77 REN-664 –16 13 14<br />

<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) REN-774 –18 14 15<br />

Legende<br />

– EQ Energetische Qualität (s. u.)<br />

– q h,Rp-AP<br />

Repräsentative <strong>Heiz</strong>grenztemperatur (Anforderungsniveau)<br />

– q h,Rp-IB<br />

Repräsentative <strong>Heiz</strong>grenztemperatur (Istwärmebedarf)


194 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

<strong>Heiz</strong>wärmezahl W h kKh/a<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

-10<br />

Elektrogeräte, Beleuchtung) <strong>und</strong> die Energieverluste<br />

(Transmission <strong>und</strong> Lüftung) gleich groß sind <strong>und</strong> die<br />

Gefahr besteht, dass <strong>im</strong> Gebäude die Innentemperatur<br />

unter den Sollwert absinkt, dann ist die <strong>Heiz</strong>grenze<br />

erreicht <strong>und</strong> es muss geheizt werden. Der Rechenansatz,<br />

für die Ermittlung des <strong>Heiz</strong>wärmekennwertes q h(N)<br />

, ist als<br />

Funktion der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur, aus einer geschlossenen<br />

Energiebilanz um das Gebäude abgeleitet worden. In<br />

Anlehnung an [5] soll Gl. (3) gelten:<br />

q h(N)<br />

= W h<br />

(h (N)<br />

+ S(j sF(N)<br />

b m(F)<br />

) i<br />

)<br />

– Dq V(N)<br />

(3)<br />

mit<br />

W h<br />

<strong>Heiz</strong>wärmezahl in kKh/a :<br />

W h<br />

= Z h<br />

(q h<br />

– q emh<br />

)(4)<br />

h (N)<br />

Wärmeverlustkennwert in W/(m² K) :<br />

h (N)<br />

= h V(N)<br />

+ h T(N)<br />

(5)<br />

Sj sF(N)<br />

b m(F)<br />

Strahlungsgewinn-Faktor b<br />

Sj sF(N)<br />

a m(F)<br />

Strahlungsgewinn-Faktor a<br />

q h<br />

<strong>Heiz</strong>grenztemperatur<br />

Wärmerückgewinn aus der Fortluft<br />

Dq V(N)<br />

y = 0,165x 2 + 1,337x + 2,7177<br />

R 2 = 1<br />

MSD<br />

Ausgleichsgerade<br />

DIN V 4108-6/2/<br />

Mitteleuropäisches Tiefland /5/<br />

Jagnow/Wolff /8/<br />

Polynomisch (MSD)<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />

<strong>Heiz</strong>grenztemperatur θ h °C<br />

Bild 2. <strong>Heiz</strong>wärmezahl W h<br />

in Abhängigkeit von der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur q h<br />

(MSD). Kl<strong>im</strong>agebietskonstanten<br />

für Deutschland (Index D): K D<br />

= 4,64 kKh/a; q D<br />

= 2,75 °C.<br />

Die <strong>Heiz</strong>wärmezahl nach Gl. (4) st<strong>im</strong>mt mit der Definition<br />

der <strong>Heiz</strong>gradtage in VDI 3807 Bl. 1 [6] überein <strong>und</strong><br />

zwar für eine variable <strong>Heiz</strong>grenztemperatur q h<br />

.<br />

Im Bild 2 ist die <strong>Heiz</strong>wärmezahl W h<br />

(MSD) als Funktion<br />

der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur aufgetragen worden. Mit<br />

den Werten von Potsdam wurde seinerzeit<br />

das Mittel europäische Tiefland<br />

als abgeschlossenes Kl<strong>im</strong>agebiet definiert<br />

[5]. Es lieferte die meteorologischen<br />

Gr<strong>und</strong> lagen zur Best<strong>im</strong>mung<br />

des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs für das Wärmedämmgebiet<br />

1 (WDG 1 [5]). Der<br />

Vergleich zeigt, dass die Funktionenverläufe<br />

für den „Mittleren Standort<br />

Deutschland“ <strong>und</strong> das „Mitteleuropäische<br />

Tiefland“ <strong>im</strong> Definitionsbereich:<br />

5 °C < q h<br />

< 15 °C nahezu deckungsgleich<br />

sind. Die Werte für a m(F)<br />

<strong>und</strong><br />

b m(F)<br />

sind auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Strahlungsangaben in DIN V 4108-6<br />

[2] ermittelt worden (siehe Tabelle 5).<br />

Für den Fall, dass die Fenster gleichmäßig<br />

auf alle Fassaden (H<strong>im</strong>melsrichtung)<br />

verteilt sind, kann auf eine<br />

detaillierte Fassadenberechnung verzichtet<br />

<strong>und</strong> stattdessen mit einem<br />

arithmetischen Mittelwert gerechnet<br />

werden (a m(F),glm<br />

<strong>und</strong> b m(F)glm<br />

).<br />

Gl. (3) kann weiter vereinfacht werden, wenn anstelle<br />

der Potenzfunktion (MSD) die Ausgleichsgerade (Bild 2)<br />

zur Anwendung gelangt. In Anlehnung an [5] gilt für<br />

q <strong>im</strong><br />

= q Am<br />

Gl. (6):<br />

q h(N)<br />

= K D<br />

(h (N)<br />

(q <strong>im</strong><br />

– q D<br />

) – f <strong>im</strong>(N)<br />

– S j<br />

(j sF(N)<br />

(a m(F)<br />

+ b m(F)<br />

q D<br />

) j<br />

)(6)<br />

Der Sollwert der Innentemperatur für alle Gebäude mit<br />

normalen Nutzungsbedingungen ist in [2] mit 19 °C festgelegt.<br />

In [5] sind Angaben über mittlere Raumlufttemperaturen<br />

in Abhängigkeit von der Gebäudegröße, Nutzung<br />

<strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>einrichtung enthalten. Die Werte für Wohngebäude<br />

sind Tabelle 6 zu entnehmen.<br />

Die Unterschiede bei der Zentralheizung lassen sich<br />

dadurch erklären, dass bei einem freistehenden kleinen<br />

Wohngebäude beheizte <strong>und</strong> unbeheizte Räume die Regel<br />

sind. Die unbeheizten Räume sind durch thermische<br />

Ankoppelung mit den beheizten Räumen verb<strong>und</strong>en.<br />

Zusätzlich kann in Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern ein<br />

sparsamerer Umgang mit Energie, gegenüber großen<br />

Mehrfamilienhäusern, vorausgesetzt werden. Der Orientierungswert<br />

von 16 °C entspricht der unteren Grenze in<br />

kleinen schlecht wärmegedämmten Wohngebäuden [16].<br />

Bei einer weiteren Absenkung der mittleren Raumtemperatur<br />

unter 16 °C erhöht sich die Gefahr der Dauerkondensation<br />

an energetischen Schwachstellen der thermischen<br />

Hüllflächen. Dabei ist sicherlich die Überlegung<br />

Tabelle 5. Strahlungskonstanten (MSD), ermittelt mit<br />

Standard datensätzen nach [2].<br />

Fassadenorientierung a m(F)<br />

b m(F)<br />

a m(F),glm<br />

b m(F),glm<br />

W/m² W/(m² K) W/m² W/(m² K)<br />

Nord-90° 14,48 3,52 27,42 5,35<br />

Ost/West-90° 22,65 6,35 – –<br />

Süd-90° 49,89 5,19 – –<br />

Tabelle 6. Orientierungswerte für die mittlere<br />

Gebäudeinnen temperatur q <strong>im</strong><br />

in Wohnbauten [5].<br />

<strong>Heiz</strong>einrichtung / Hausgrösse<br />

q <strong>im</strong><br />

°C<br />

Ofenheizung 16<br />

Zentralheizung Einfamilienhaus 16<br />

Zentralheizung Wohnblock 19


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 195<br />

eingeflossen, dass die Eigensicherung<br />

des Gebäudes, hinsichtlich der Gefahr<br />

von Sch<strong>im</strong>melbildung an Außenwänden,<br />

zu gewährleisten ist [15]. Weiterhin<br />

muss die <strong>Heiz</strong>ung nach <strong>Heiz</strong>unterbrechungen,<br />

Absenkbetrieb usw. in<br />

der Lage sein die Wohnräume schnell<br />

auf behagliche Innentemperaturen<br />

aufzuheizen. Erfahrungsgemäß sind<br />

bei modernen Gebäuden (ab WSV 84<br />

<strong>und</strong> energetisch besser) <strong>und</strong> konventionellen<br />

<strong>Heiz</strong>flächen mit Thermostatventilen<br />

(2 K) mittlere Gebäudeinnentemperaturen<br />

von 18 …19 °C möglich,<br />

mit denen die vorgenannten <strong>Heiz</strong>aufgaben<br />

zu erfüllen sind.<br />

Gl. (6) zeigt auch, dass der Jahres-<br />

<strong>Heiz</strong>wärmebedarf nur noch eine<br />

Funktion des Wärmeverlustkennwertes<br />

h (N)<br />

ist. Die Funktion q h(N)<br />

= f(h (N)<br />

;<br />

q <strong>im</strong><br />

) ist Bild 3 zu entnehmen.<br />

Bild 3 kann auch für eine energetische<br />

Bewertung des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs<br />

herangezogen werden. Der<br />

Wärmeverlustkennwert h (N)<br />

ist zu -<br />

nächst mit den realen Lüftungs- <strong>und</strong><br />

Transmissionseingabewerten zu be -<br />

st<strong>im</strong>men. Der witterungsbereinigte<br />

<strong>Heiz</strong>energieverbrauch muss durch die<br />

<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl dividiert<br />

werden. Die mittlere Gebäudeinnentemperatur<br />

q <strong>im</strong><br />

ergibt sich <strong>im</strong> Schnittpunkt<br />

von Verbrauchs- <strong>und</strong> Wärmeverlustkennwert.<br />

Das Ergebnis ist kritisch<br />

zu diskutieren.<br />

Es ist sinnvoll, sich für eine Bewertung<br />

des Jahresheizwärmebedarfs von<br />

Wohngebäuden, ein Anforderungsniveau<br />

vorzugeben, dass die gesetzlichen<br />

Vorgaben als energetischen Rahmen<br />

aufn<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> dabei von einer gewollten<br />

Absenkung des <strong>Heiz</strong>wärme bedarfs<br />

von etwa jeweils 30 % ausgeht. Auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieser Vorgabe ist Bild 4<br />

entstanden. Einzige Ausnahmen von<br />

der Regel sind das Passivhaus <strong>und</strong> das<br />

Niedrigenergiehaus (NEH). Für das<br />

Passivhaus gilt die Vorgabe in [9] <strong>und</strong><br />

be<strong>im</strong> Niedrigenergiehaus tritt anstelle der <strong>Heiz</strong>wärmebedarfabsenkung<br />

die Reduzierung des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs,<br />

auch für 30 %. Die 30 %-ige Absenkung gegenüber EnEV<br />

2002 setzt sich aus den Anteilen <strong>Heiz</strong>wärme <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>aufwand<br />

zusammen. Das NEH stellt einen Grenzfall dar, weil<br />

ab dieser Gebäudeausführung ein Systemwechsel in der<br />

Anlagentechnik erforderlich wird. Eine weitere Verringerung<br />

des Wärmedämmniveaus ist notwendig, muss aber<br />

durch den Einsatz von erneuerbarer Energie begleitet werden.<br />

Das „Erneuerbaren-Energie-Hauses“ (EEH) ist ein<br />

Gebäudetyp, bei dem als Wärmeerzeuger für <strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong><br />

Trinkwasser erwärmung eine Wärmepumpe zum Einsatz<br />

gelangen soll. Die Lüftung der Wohnräume erfolgt <strong>mittels</strong><br />

<strong>Heiz</strong>wärmekennwert qh(N) kWh/(m² a)<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2<br />

Wärmeverlustkennwert h (N) W/(m² K)<br />

Bild 3. <strong>Heiz</strong>wärmekennwert q h(N)<br />

in Abhängigkeit vom Wärmeverlustkennwert h (N)<br />

.<br />

<strong>Heiz</strong>wärmekennwert qh(N)-AP kWh/(m² a)<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

IT=22 °C<br />

IT=21 °C<br />

IT=20 °C<br />

HH:IT=19 °C<br />

EFH:IT=18 °C<br />

mechanischer Be- <strong>und</strong> Entlüftungsanlage <strong>und</strong> zur Reduzierung<br />

der Lüftungsverluste ist der Energieinhalt der warmen<br />

Fortluft zur Vorwärmung der Aussenluft zu nutzen.<br />

Durch diese Maßnahmen kann der Wärmebedarf <strong>im</strong> Vergleich<br />

zum Niedrigenergiehaus um 30 % verringert, aber<br />

der <strong>Heiz</strong>energiebedarf, etwa bis 80 % gesenkt werden.<br />

Durch das Anforderungsniveau sind, <strong>im</strong> Rahmen von<br />

Wärmeschutzverordnungen, oder seit 2002 durch die<br />

Energieeinsparverordnung (EnEV), die Eingangsgrössen<br />

für den Gebäudeentwurf vorgegeben worden. In der<br />

WSV 84 <strong>und</strong> WSV 77 wurden u.a. nur die max<strong>im</strong>al<br />

zulässigen Wärmedurchgangskoeffizienten der Bauteile<br />

bzw. der thermischen Gebäudehülle festgelegt. In der<br />

EEH<br />

NEH<br />

EnEV 2002<br />

WSV 95<br />

WSV 84<br />

WSV 77<br />

Bild 4. Anforderungsniveau für den Jahresheizwärmebedarf von klassifizierten Wohngebäuden für den<br />

„Mittleren Standort Deutschland“, bezogen auf die Nutzfläche (A EB<br />

= A N<br />

).<br />

HZH


196 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Wärmeschutzverordnung von 1995 enthält die Vorschrift<br />

u.a. erstmalig den Gebäude-Bilanzluftwechsel in Höhe<br />

von 0,8 h –1 <strong>und</strong> einen gestaffelten max<strong>im</strong>al zulässigen<br />

<strong>Heiz</strong>wärmekennwert in Abhängigkeit vom Verhältnis A/<br />

V e<br />

. Die Vorgabe von Luftwechselzahlen fürs Gebäude<br />

wurde auch <strong>im</strong> Nachfolgestandard (EnEV) beibehalten<br />

<strong>und</strong> weiter differenziert. Für den Standardfall der „freien<br />

Lüftung“ wird in der EnEV in Gebäude ohne Dichtheitsnachweis<br />

(DiNA) (0,7 h –1 ) <strong>und</strong> mit DiNA (0,6 h –1 )<br />

unterschieden. Diese hohen Luftwechselzahlen sind für<br />

den Gebäudeentwurf plausibel, weil sie auch als „Gegengewicht“<br />

zur Bemessung der Gebäudehülle verstanden<br />

werden können. Bei einem vorgegebenen max<strong>im</strong>alen<br />

<strong>Heiz</strong> wärme- bzw. Pr<strong>im</strong>ärenergiebedarf (WSchV 95 bzw.<br />

EnEV 2002) führen hohe Luftwechselzahlen zu verhältnismässig<br />

kleine mittlere Wärmedurchgangswerte der<br />

Gebäudehülle <strong>und</strong> umgekehrt. In Praxi werden jedoch<br />

Korrekturfaktor κ h-IB<br />

1<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Bild 5. Korrekturfaktor k h-IB<br />

(MSD).<br />

<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl α H,E<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Verhälnis A/V e m -1<br />

IB/AP-PH<br />

IB/AP-EEH<br />

IB/AP-NEH<br />

AP-EnEV<br />

Bestand 1<br />

Bestand 2<br />

kleinere Betriebsluftwechsel erwartet <strong>und</strong> auch erreicht.<br />

In einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena)<br />

[16] wird auf diese Problematik näher eingegangen <strong>und</strong><br />

für die Berechnung des Jahresheizwärme bedarfs werden<br />

neue Zahlen genannt, die in Tabelle 3 (siehe FN 1) aufgenommen<br />

worden sind. Dies ist vor allem für die Diskussion<br />

des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs, bei Gegenüberstellung<br />

des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs, von Bedeutung.<br />

Für die Berechnung des praktisch erreichbaren Jahresheizwärmebedarfs<br />

(„Istwärmebedarf“), bei einem reduzierten<br />

Luftwechsel, ist mit einem um den Faktor k h-IB<br />

kleineren <strong>Heiz</strong>wärme-Istbedarf (Index IB) zu rechnen:<br />

q h(N)-IB<br />

= k h-IB<br />

q h(N)-AP<br />

(7)<br />

Es bedeuten<br />

q h(N)-IB<br />

<strong>Heiz</strong>wärme – Istbedarf, bei reduziertem Luftwechsel<br />

in kWh/(m² NFL a)<br />

q h(N)-AP<br />

<strong>Heiz</strong>wärmebedarf nach<br />

Anforderungsniveau (Bild 4)<br />

in kWh/(m² NFL a)<br />

k h-IB<br />

Korrekturfaktor, siehe Bild 5<br />

NEH<br />

EnEV 2002<br />

WSV 95<br />

WSV 84<br />

WSV 77<br />

0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

Bild 6. Modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl („Mittlerer Standort Deutschland“)<br />

Anforderungsniveau (AP); Istbedarf (IB).<br />

Am stärksten wirkt sich die Luftwechselreduzierung<br />

bei schlecht wärmegedämmten<br />

Wohngebäuden aus, z.B.<br />

etwa 25 bis 45 % für nach der WSV 77<br />

errichtete Gebäude. Tendenziell ist der<br />

Einfluss bei kompakten Mehrfamilienhäusern<br />

größer als bei Einfamilienhäusern<br />

(siehe auch Bild 5).<br />

Der <strong>Heiz</strong>energiebedarf eines Wohngebäudes<br />

setzt sich zusammen aus<br />

Nutzwärmebedarf („<strong>Heiz</strong>wärmenutzen“)<br />

<strong>und</strong> dem Energieaufwand, der<br />

notwendig ist, um den angestrebten<br />

<strong>Heiz</strong>wärmenutzen zu erreichen. Der<br />

Energieaufwand kann insgesamt vier<br />

Verfahrensschritte umfassen [8] :<br />

1. Energieaufwand bei der Nutzensübergabe<br />

(Raumheizeinrichtung)<br />

2. Energieaufwand bei der Speicherung<br />

(Pufferspeicher)<br />

3. Energieaufwand bei der Verteilung<br />

<strong>und</strong> dem Transport des<br />

Wärmeträgers<br />

4. Energieaufwand bei der Wärmeerzeugung<br />

(<strong>Heiz</strong>kessel, Wärmepumpe<br />

usw.)<br />

Die Aufwandszahl a (in [2] als e bezeichnet)<br />

wird als Quotient aus Energieaufwand<br />

<strong>und</strong> Energiebedarf angegeben.<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage kann mit den<br />

Angaben in [3; 10], eine „<strong>Heiz</strong>anlagen-<br />

Aufwandszahl“ a H,E<br />

definiert werden,<br />

als das Verhältnis von <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

q H,E(N)<br />

zum <strong>Heiz</strong>wärmebedarf q h(N)<br />

,<br />

abzüglich <strong>Heiz</strong>wärmegutschrift (Wärmegewinn<br />

aus der Trinkwassererwärmung<br />

<strong>und</strong> Lüftungsanlage):


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 197<br />

a H,E<br />

= q H,E(N)<br />

/(q h(N)<br />

– q h,TW(N)<br />

– q hL(N)<br />

)(8)<br />

Aus Gl. (8) ist aus Praktikabilitätsgründen eine modifizierte<br />

<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl a H,E<br />

definiert worden:<br />

a H,E<br />

= q H,E(N)<br />

/ q h(N)<br />

(9)<br />

Aus Gründen einer übersichlichen Darstellung sind, wo es<br />

möglich war, die übrigen Baualtersklassen in zwei<br />

Bestandsgruppen zusammengefasst worden. Die Gruppe<br />

Bestand 1 umfasst:<br />

– AP-WSchV 95, AP/IB-WSV 84, AP/IB-WSV 77 <strong>und</strong><br />

AP/IB-HZH<br />

Für den Bestand 2 gilt:<br />

– IB-EnEV 2002 <strong>und</strong> IB-WSV 95<br />

<strong>Heiz</strong>energiekennwert kWh/(m² WFL a)<br />

Die modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl a H,E<br />

wird nach<br />

Gl. (9) zwar etwas zu klein berechnet (das Ergebnis von Gl.<br />

(2) bleibt dadurch unverändert). Dies hat aber den Vorteil,<br />

dass bei Kenntnis von <strong>Heiz</strong>wärmebedarf <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>anlagen-<br />

Aufwandszahl a H,E<br />

, der <strong>Heiz</strong>energiebedarf nach Gleichung<br />

(2) berechnet werden kann, ohne zuvor die <strong>Heiz</strong>wärmegutschrift<br />

q h,TW(N)<br />

<strong>und</strong> q h,L(N)<br />

best<strong>im</strong>men zu müssen.<br />

Die modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl für die klassifizierten<br />

EBS/Baualtersklassen ist Bild 6 zu entnehmen.<br />

Das Niedrigenergiehaus erweist sich hierbei als Systemgrenze.<br />

Oberhalb a H,E<br />

≥ 1 (einschliesslich NEH) befinden<br />

sich Wohngebäude, die mit fossilen Energieträgern<br />

(FET) beheizt werden. Weit darunter<br />

liegen Gebäude für eine Beheizung 500<br />

mit erneuerbaren Energieträgern<br />

(EET) konzipiert.<br />

Mit den Vorgaben in den Bildern 4<br />

450<br />

bis 6 wurde der <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

nach Gl. (2) best<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> in Bild 7 400<br />

dargestellt. Die dünn punktierten<br />

Linienverläufe stellen das <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

350<br />

– Anforderungsniveau<br />

(Gebäudeentwurf) aller untersuchten<br />

Bausysteme/Baualtersklassen dar.<br />

300<br />

Zum Vergleich ist der <strong>Heiz</strong>energie-<br />

Istbedarf (Betriebszustand) als dünner<br />

250<br />

Linienverlauf eingezeichnet wor-<br />

den. Der Unterschied zwischen dem 200<br />

Auslegungsfall <strong>und</strong> dem Betriebszustand<br />

ist insbesondere bei den schlecht<br />

wärmegedämmten Wohnbauten sehr<br />

groß, so dass bei der Best<strong>im</strong>mung der<br />

Energiekosteneinsparung nach einer<br />

150<br />

100<br />

energetischen Sanierung die realen<br />

Verhältnisse zu Gr<strong>und</strong>e gelegt werden 50<br />

müssen. D.h. für die Aufstellung eines<br />

Wirtschaftlichkeitsnachweises hat der 0<br />

Betriebszustand das Pr<strong>im</strong>at. In Richtung<br />

steigender Energieeffizienz bzw.<br />

abnehmender EQ-Zahl für EnEV<br />

2002, NEH <strong>und</strong> besser werden die<br />

Unterschiede zwischen einer AP- <strong>und</strong><br />

IB-Bilanzierung <strong>im</strong>mer kleiner <strong>und</strong> IB Istbedarf (Betrieb)<br />

können be<strong>im</strong> NEH praktisch vernachlässigt<br />

werden. Eines sollte aber nicht unerwähnt<br />

bleiben, dass Gebäudeluftwechsel von 0,3 h –1 <strong>und</strong> weniger<br />

nicht unbedingt den hygienischen Gr<strong>und</strong>sätzen entsprechen,<br />

wonach mit der abströmenden Luft auch<br />

Schad-, Riech- <strong>und</strong> Ekelstoffe abgeführt werden sollen.<br />

Auch die Feuchtebilanz des Raumes muss beachtet werden.<br />

Deshalb ist bei einer energetischen Sanierung vorzugsweise<br />

eine mechanische Raumentlüftung vorzusehen,<br />

mit der Raumluftwechsel von etwa 0,5 h –1 erreicht werden<br />

können (s. a. [16]).<br />

Der Autor lebt seit über 10 Jahren in einem mechanisch<br />

entlüfteten Wohngebäude. Er hat dabei die Erfahrung<br />

gemacht, dass während der <strong>Heiz</strong>periode <strong>im</strong> Wohnbereich<br />

kein Fenster mehr geöffnet werden muss <strong>und</strong> trotzdem die<br />

Luftverhältnisse <strong>im</strong> Raum zufriedenstellend sind. Die<br />

kalte Außenluft gelangt zunächst in den unbeheizten<br />

Wintergarten, in dem die Lufttemperatur durch die thermische<br />

Ankoppelung an den Wohnraum selten unter 5° C<br />

absinkt, <strong>und</strong> strömt anschliessend über Türfugen in den<br />

Wohnraum, wo sie sich mit der warmen Raumluft vermischt.<br />

Dieser Vorgang wird durch eine partielle Fußbodenheizung<br />

<strong>im</strong> Bereich der Überströmöffnungen noch<br />

unterstützt.<br />

Die Abluft wird in Küche <strong>und</strong> Bad erfasst <strong>und</strong> über<br />

Dach geführt. Dass sich der Langzeitmittelwert des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs<br />

nur unwesentlich vom berechneten Istwärmebedarf<br />

unterscheidet zeigt Bild 12.<br />

Für eine erste energetische Bewertung der Energieverläufe<br />

ist eine L<strong>im</strong>itierung vorgenommen worden. Die Ver-<br />

0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

Bild 7. <strong>Heiz</strong>energiekennwert für Wohngebäude (MSD), bezogen auf die Wohnfläche.<br />

AP Anforderungsprofil (Auslegung)<br />

HL <strong>Heiz</strong>energiel<strong>im</strong>it (FET: Erdgas; außer „Extrem niedrig“).<br />

AP-NEH<br />

AP-EnEV 2002<br />

AP-WSV 95<br />

AP-WSV 84<br />

AP-WSV 77<br />

AP-HZH<br />

IB-NEH<br />

IB-EnEV 2002<br />

IB-WSV 95<br />

IB-WSV 84<br />

IB-WSV 77<br />

IB-HZH<br />

HL-zu hoch [11]<br />

HL-erhöht [11]<br />

HL-mittel [11]<br />

HL-niedrig [11]<br />

HL-extrem niedrig


198 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

läufe für die Obergrenzen des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs – Wärmespeicherung : a TW,s<br />

(<strong>Heiz</strong>l<strong>im</strong>it : HL) sind aus Angaben eines b<strong>und</strong>esweiten – Wärmeerzeugung : a TW,g<br />

<strong>Heiz</strong>spiegels [11] erstellt worden. Sie besitzen zwar nur<br />

einen orientierenden Charakter, lassen jedoch eine Tendenz<br />

erkennen welche Gebäude für eine energetische<br />

Sanierung besonders geeignet erscheinen. Die Energieverbrauchskennwerte<br />

nach [11] sind in kWh/(m² WFL a)<br />

angegeben. Deswegen werden alle folgenden Kennwerte<br />

ebenfalls auf die Energiebezugsfläche: Wohnfläche bezogen.<br />

Für Wohngebäude, die auf der Gr<strong>und</strong>lage des Nach-<br />

oder nach Gl. (12)<br />

folgestandards WSV 95 bemessen wurden, kann in der<br />

Regel für Mehrfamilienhäuser das niedrige <strong>Heiz</strong>energiel<strong>im</strong>it<br />

vorausgesetzt werden. Lediglich bei kleinen Einfamilienhäusern<br />

können höhere Werte auftreten (Bild 7).<br />

Alle Wohngebäude die nach EnEV 2002 <strong>und</strong> energetisch<br />

besser ausgelegt worden sind, zählen generell zu den Bauwerken<br />

mit einem niedrigen bis extrem niedrigen Jahresheizenergieverbrauch.<br />

2. Trinkwasserenergiebedarf<br />

Der Trinkwasserenergiebedarf eines Wohngebäudes kann<br />

in Anlehnung an [3] auch als Produkt von Trinkwasserwärmebedarf<br />

<strong>und</strong> TWE-Anlagenaufwandszahl nach<br />

Gl. (10) ermittelt werden:<br />

q TW,E<br />

= a TW,E<br />

q tw<br />

(10)<br />

Es bedeuten<br />

q TW,E<br />

= Jahres-Trinkwasserenergiebedarf in<br />

kWh/(m² WFL a)<br />

mit<br />

q tw<br />

= Jahres-Trinkwasserwärmebedarf in<br />

r tw<br />

kWh/(m² WFL a)<br />

c tw<br />

a TW,E<br />

= TWE-Anlagenaufwandszahl<br />

1,163 10 -3 kWh/(kg K)<br />

q k<br />

Die TWE-Anlagenaufwandszahl beinhaltet die Energieaufwendungen<br />

für:<br />

q tw<br />

– Wärmeübergabe an den Zapfstellen : a TW,ce<br />

A W<br />

Wohnfläche<br />

– Wärmeverteilung <strong>im</strong> Gebäude : a TW,d<br />

Sie kann aus dem Produkt der vorgenannten Aufwandszahlen<br />

nach Gl. (11):<br />

a TW,E<br />

= a TW,ce<br />

a TW,d<br />

a TW,s<br />

a TW,g<br />

(11)<br />

a TW,E<br />

= (q tw<br />

+ a TW,ce<br />

+ a TW,d<br />

+ a TW,s<br />

+ a TW,g<br />

)/q tw<br />

(12)<br />

berechnet werden.<br />

Der Trinkwasserwärmebedarf q tw<br />

, der auch als „Warmwassernutzen<br />

[8]“ bezeichnet wird, ist abhängig von den<br />

Nutzergewohnheiten. Häufige Benutzung der Badewanne<br />

für Reinigungszwecke, Anschluss von Waschmaschine<br />

<strong>und</strong> Geschirrspüler an das Warmwassernetz treiben den<br />

Trinkwasser-Wärmeverbrauch nach oben. In Einfamilienhäusern<br />

kann eher ein sparsamer Umgang mit dem<br />

Warmwasser vorausgesetzt werden, als in Mehrfamilienhäusern.<br />

So ist z. B. in einem EFH, bei vorwiegend genutzter<br />

Dusche, <strong>und</strong> durch den Einbau eines Durchfluss-Mengenbegrenzer<br />

vor der Brause der Warmwasserverbrauch<br />

min<strong>im</strong>iert worden [1] (siehe auch Bild 12).<br />

Von Einfluss auf den spezifischen Jahres-Trinkwasserwärmebedarf<br />

ist das erwärmte Jahres-Nutzwasservolumen<br />

V tw,a<br />

in m³ <strong>und</strong> die Nutzwassertemperatur q tw<br />

[13]:<br />

q tw<br />

= r tw<br />

c tw<br />

V tw,a<br />

(q tw<br />

– q k<br />

)/A W<br />

(13)<br />

Dichte des erwärmten Trinkwassers ≈ 1 kg/l<br />

spezifische Wärmekapazität des Wassers ≈<br />

= 10 °C Kaltwassertemperatur<br />

= 40…60 °C Nutzwassertemperatur, in<br />

Wohngebäuden, <strong>im</strong> Mittel ≈ 50 °C<br />

TWE-Anlagenaufwandszahl aTW,E<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

EEH<br />

NEH<br />

EnEV 2002<br />

WSV 95<br />

WSV 84<br />

WSV 77<br />

<strong>Heiz</strong>eithaus<br />

WW-L<strong>im</strong>it<br />

0<br />

0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

Bild 8. TWE – Anlagenaufwandszahl a TW,E<br />

; „Mittlerer Standort Deutschland“.<br />

q tw-AP<br />

= 15 kWh/(m² WFL a) [3]; max<strong>im</strong>al 18 % vom thermischen Istenergiebedarf<br />

[12].<br />

2,15<br />

Für die Abrechnung der Warmwasserkosten des<br />

Betriebs zentraler <strong>Heiz</strong>ungs- <strong>und</strong> Trinkwassererwärmungsanlagen<br />

ist die <strong>Heiz</strong>kostenV in der jeweils neuesten<br />

<strong>und</strong> verbindlichen Fassung anzuwenden. In der Bekanntmachung<br />

von 2009 /12/ kann der Trinkwasserenergieverbrauch<br />

nach Gl. (14) best<strong>im</strong>mt werden:<br />

e TWg<br />

= 2,5 v twg<br />

(q twg<br />

– q k<br />

) (14)<br />

Es bedeuten:<br />

e TWg<br />

Trinkwasser – Endenergieverbrauchskennwert in<br />

kWh/(m² WFL a)<br />

v twg<br />

Volumen des verbrauchten Warmwassers in m³/<br />

(m² WFL a)<br />

q wwg<br />

= 50 °C Gemessene oder geschätzte mittlere Temperatur<br />

des Warmwassers<br />

Setzt man für den Warmwassernutzen q tw-AP<br />

v twg<br />

(q twg<br />

– q k<br />

) = 15 kWh/m² WFL a


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 199<br />

Tabelle 7. Energetische Bewertung der energetischen Bausysteme/Baualtersklasse mit der EQ-Zahl.<br />

Label<br />

EQ-Zahl > 0 0 –3 –5 –7 –9 –12 –14 –16 –18<br />

EBS PHEH NHEH PH EEH NEH EnEV WSV 95 WSV 84 WSV 77 HZH<br />

PHEH Plusheizenergiehaus<br />

<strong>und</strong> nach Bild 8: a TW,E-AP<br />

= 2,15, dann<br />

wird daraus Gl. (15):<br />

q TW,E-AP<br />

≈ 32 kWh/(m² WFL a) (15)<br />

Gl. (15) st<strong>im</strong>mt mit der <strong>Heiz</strong>kostenV<br />

2009 [12] überein. D.h. sie kann auch<br />

als L<strong>im</strong>itierung für den Trinkwasserenergieverbrauch<br />

(e VTW-L<strong>im</strong><br />

) verstanden<br />

werden.<br />

In Bild 9 ist der Trinkwasserenergiebedarf<br />

q TW,E<br />

für Wohnbauten aufgetragen<br />

worden. Daraus ergibt sich<br />

folgende Einschätzung:<br />

1. Für das <strong>Heiz</strong>zeithaus <strong>und</strong> Gebäude<br />

nach WSV 77 wird eine L<strong>im</strong>it-<br />

Überschreitung erwartet.<br />

2. Für die Mehrfamilienhäuser nach<br />

WSV 84 wird der Wert eingehalten,<br />

für kleine Gebäude (EFH) eventuell<br />

überschritten.<br />

3. Für Wohngebäude die nach der WSchV 95 errichtet<br />

wurden oder energetisch besser sind (EQ < –12) wird<br />

das WW-L<strong>im</strong>it (Gleichung (15)) eingehalten bzw. unterschritten.<br />

Für Wohnbauten, die nach der Energieeinsparverordnung<br />

oder dem Niedrighausstandard errichtet<br />

wurden, ist die solarthermische Trinkwassererwärmung<br />

eingerechnet worden. Dadurch liegen diese Wohnbauten<br />

<strong>im</strong>mer unterhalb des L<strong>im</strong>its (siehe auch Bild 9).<br />

3. Energetische Qualität (EQ-Zahl)<br />

Die energetische Qualität (EQ) von Gebäude <strong>und</strong> Anlage<br />

wird hier aus der WEL- Summe best<strong>im</strong>mt. Für Wohnbauten,<br />

die mit <strong>Heiz</strong>energie versorgt werden müssen; gilt Gl. (16):<br />

Tabelle 8. REN – Systemlösung für Wohnbauten.<br />

WEL Energieeffizienz EBS<br />

Label q P(N)<br />

EQ-Zahl<br />

000 0 0 Nullheizenergiehaus<br />

111 20…40 –3 Passivhaus<br />

221 30…70 –5 Erneuerbare Energie Haus<br />

232 40…100 –7 Niedrigenergiehaus<br />

333 50...120 –9 Energieeinsparverordnung 2002 [4]<br />

444 70…175 –12 Wärmeschutzverordnung 1995 [17]<br />

554 100…250 –14 Wärmeschutzverordnung 1984 [18]<br />

664 150…300 –16 Wärmeschutzverordnung 1977 [19]<br />

774 200...500 –18 <strong>Heiz</strong>zeithaus<br />

Legende<br />

EBS Energetisches Bausystem<br />

WEL Ziffernblock – REN – Systemlösung<br />

q P(N)<br />

Pr<strong>im</strong>ärenergiekennwert, auf die Nutzfläche bezogen in kWh/(m² a)<br />

EQ Energieeffizienz (Efficiency Quality)<br />

Trinkwasserenergiebedarf qTW,E kWh/(m² WFL a)<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

PH<br />

EEH<br />

NEH<br />

EnEV-2002<br />

WSV 95<br />

WSV 84<br />

WSV 77<br />

HZH<br />

WW-L<strong>im</strong>it<br />

32<br />

EQ = – S (W+E+L)(16)<br />

Zum Beispiel für Wohngebäude, die nach WSV 95 (REN-<br />

444) errichtet wurden, erhält man:<br />

EQ = – (4+4+4) = –12 (17)<br />

Für Wohnbauten, die die benötigte <strong>Heiz</strong>energie selbst<br />

erzeugen, gilt Gl. (18):<br />

EQ = + S (W+E+L) ≥ 0 (18)<br />

Ab dem Nullheizenergiehaus (NHEH) findet ein Systemwechsel<br />

statt. Diese Wohnbauten decken ihren Energiebedarf<br />

selbst, ohne Energiezufuhr von außen.<br />

Der thermische Endenergiebedarfskennwert, ist die<br />

Summe von flächenbezogenem <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Trinkwasser-<br />

0<br />

0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/Ve m -1<br />

Bild 9. Trinkwasserenergiebedarf q TW,E<br />

für Wohngebäude, auf die Wohnfläche<br />

(WFL) bezogen.<br />

Tabelle 9. Wärmeverbrauchsnormativ (WVN) für Wohngebäude<br />

(<strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong> Trinkwassererwärmung; FET: Erdgas, außer<br />

„Extrem niedrig“).<br />

WVN-Stufe WVN-Kennwert WVN-Bereich 1)<br />

kWh/(m² WFL a)<br />

Extrem niedrig 25 0... 50<br />

Niedrig 110 50…130<br />

Mittel 150 100…200<br />

Erhöht 220 170…270<br />

Hoch 270 240…350 (HZH)<br />

1) Der WVN – Bereich schliesst die Energietoleranz mit ein.


200 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Thermischer Istenergiebedarf kWh/(m² WFL a)<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

EEH<br />

NEH<br />

EnEV 2002<br />

WSV 95<br />

WSV 84<br />

WSV 77<br />

HZH<br />

WVN-extrem niedrig<br />

WVN-niedrig<br />

WVN-mittel<br />

WVN-erhöht<br />

WVN-hoch<br />

Bild 10. Thermischer Istenergiebedarf q T,E-IB<br />

für Wohngebäude, mit eingetragenen WVN-Stufen<br />

Zuschlag für Trinkwassererwärmung: q TW,E-L<strong>im</strong><br />

≤ 32 kWh/(m² WFL a);<br />

„Mittlerer Standort Deutschland“.<br />

energiebedarf nach Gl. (19) (A EB<br />

=<br />

A W<br />

):<br />

q T,E<br />

= q H,E<br />

+ q TW,E<br />

(19)<br />

Die Verläufe der Wärmeverbrauchsnormative<br />

in Bild 11, sind durch eine<br />

Zusammenfassung der <strong>Heiz</strong>l<strong>im</strong>itvorgaben<br />

in Bild 7, zuzüglich eines L<strong>im</strong>itwertes<br />

für die Trinkwassererwärmung<br />

(siehe Bild 8), als Mittelwerte best<strong>im</strong>mt<br />

worden. Jeder dieser Mittelwerte hat<br />

noch einen Streubereich von etwa ± 30<br />

bis 40 kWh/(m² WFL a). Zum Beispiel<br />

beginnt der Bereich „erhöhter Wärmeverbrauch“<br />

bei kleinen Gebäuden<br />

(z.B. EFH) für q T,E<br />

> 200 kWh/(m²<br />

WFL a).<br />

Wenn man sich als Obergrenze für<br />

die MVN – Stufe „hoch“ entscheiden<br />

würde, dann wären die vordringlichen<br />

Sanierungsobjekte aus der Baualtersklasse<br />

„vor 77“ auszuwählen, vorausgesetzt,<br />

dass sie den Referenzmerkmalen<br />

nach Tabelle 10 entsprechen.<br />

An zweiter Stelle könnten EFH-WSV<br />

77 in die energetische Gebäudesanierung<br />

einbezogen werden. Die Baualtersklassen<br />

WSV 84 (MFH) <strong>und</strong> WSV<br />

95 sind, unter Beachtung der Streubreite,<br />

<strong>im</strong> Gesamtbereich „WVN-mittel“<br />

bis „WVN-niedrig“ einzuordnen.<br />

Die Obergrenze des WVN-mittel-<br />

Bereichs für Wohnbauten liegt etwa<br />

bei<br />

Wärmeverbrauchsnormativ (WVN) kWh/(m² WFL a)<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />

Verhältnis A/V e m -1<br />

Bild 11. WVN-Übersicht (FET: Erdgas; außer „Extrem niedrig“).<br />

WVN-hoch<br />

Tendenz-hoch/erhöht<br />

WVN-erhöht<br />

Tendenz-erhöht/mittel<br />

WVN-mittel<br />

WVN-niedrig<br />

Tendenz-mittel/niedrig<br />

Tendenz-extrem niedrig<br />

WVN-extrem niedrig<br />

170…200 kWh/(m² WFL a).<br />

Bei der Diskussion der WVN-Werte<br />

werden die Ergebnisse, die auf den<br />

ausgezogenen Kurven liegen als WVN<br />

– Stufe (Tabelle 9), z.B. „WVN – mittel“<br />

bezeichnet. Ergebnisse, die innerhalb<br />

des strichlierten Feldes liegen<br />

(Bild 11) werden mit dem Zusatz,<br />

z. B. „Tendenz WVN – mittel“ ausgewiesen.<br />

4. Zusammenfassung der<br />

wichtigsten Ergebnisse von<br />

l angjährigen Energiemessungen<br />

in einem Einfamilienhaus [1]<br />

Bild 12 zeigt, dass der <strong>Heiz</strong>energieverbrauch<br />

während eines 10-Jahreszeitraums,<br />

um den <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

schwankt, wobei der Langzeitmittelwert<br />

nur 2 % über dem Istbedarf liegt.<br />

Die Jahresausschläge sind aus Korrekturen<br />

der <strong>Heiz</strong>kennlinie aber auch ver-


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 201<br />

Bild 12. Energie-Messergebnisse in einem<br />

Einfamilienhaus, nach WSchV 95 [1]<br />

Bereinigte Messwerte, A EB<br />

= A W<br />

, Brennwert-<br />

Umlaufwassertherme für <strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong> TWE<br />

Abluftventilator, in Küche <strong>und</strong> Bad;<br />

Systemlösung: REN-442.<br />

Energiemenge kWh/(m² WFL a)<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

99<br />

<strong>Heiz</strong>energieV<br />

H-Langzeitmittelwert<br />

TrinkwasserenergieV<br />

TWE-Langzeitmittelwert<br />

<strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />

WW-L<strong>im</strong>it<br />

101<br />

22<br />

14<br />

0<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

Jahr<br />

änderten mitt leren Gebäude-Innentemperaturen (bei<br />

einem Ausschlag nach oben – leichte Überheizung)<br />

zurückzuführen. Der Trinkwasserenergieverbrauch ist mit<br />

etwa zwei Drittel TWE-L<strong>im</strong>itwertes festgestellt worden.<br />

Das lag am niedrigen Warmwasserverbrauch <strong>und</strong> nicht<br />

am Energieaufwand für die Trinkwassererwärmung. Das<br />

Nutzerverhalten war konsequent auf Warmduschen<br />

anstelle von Warmbaden ausgerichtet. Das Volumen des<br />

warmen Wassers ist monatlich registriert worden.<br />

Der bereinigte thermische Endenergieverbrauch des<br />

untersuchten Gebäudes kann nach Bild 13 in einen<br />

Bereich von etwa 113 ± 10 kWh/(m² WFL a) eingeordnet<br />

werden. Der Langzeitmittelwert des thermischen Endenergieverbrauchs<br />

liegt etwa +3 % oberhalb von WVN -<br />

niedrig (siehe Bild 13). Nur in 2004 wird die fiktive Obergrenze<br />

von 125 kWh/(m² WFL a) erreicht. In allen anderen<br />

neun Jahren wurde letzterer Wert mehr oder weniger<br />

unterschritten. Durch die Installation einer Abluftanlage,<br />

konnte die Lüftungseffektivität formal um zwei Punkte,<br />

von 4 (Standard) auf 2, gesenkt werden. Die feuchtegesteuerte<br />

Dauerlüftung hat sicherlich zu einer Verbesserung<br />

der Luftqualität in der Erdgeschossebene beigetra-<br />

Thermische Endenergie kWh/(m² WFL a)<br />

170<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

Therm. Endenergieverbrauch<br />

WVN-niedrig<br />

WVN-mittel<br />

Tendenz-niedrig<br />

Therm.-Langzeitmittelwert<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

Jahr<br />

Bild 13. Einbettung der bereinigten Jahresverbrauchswerte [1] in das<br />

WVN-Feld A EB<br />

= A W<br />

.<br />

160<br />

125<br />

113<br />

110<br />

Tabelle 10.<br />

Referenzmerkmale der<br />

REN- Systemlösungen.<br />

Legende zu Tabelle 10<br />

1) a/i: bis 2 WE innerhalb<br />

thermischen Hülle; > 2WE<br />

ausserhalb thermischen<br />

Hülle; 2) ZLH: Zentrale<br />

Luftheizanlage; 3) RLT-ZU/<br />

AB+WRG: Zentrale RLT-<br />

Anlage mit Zu- <strong>und</strong> Abluft,<br />

Wärmerückgewinnung aus<br />

Fortluft 4) HK: <strong>Heiz</strong>körper;<br />

5) FH: Flächenheizung<br />

(Fussboden, Decke, Wand);<br />

6) LH: Luftheizung; 7)<br />

DiNA: Dichtheitsnachweis<br />

Einsatz von fossilen Energieträgern (FET)<br />

Erneuerbare ET<br />

Energetisches Bausystem HZH WSV 77 WSV 84 WSV 95 EnEV2002 NEH EEH Passivhaus<br />

Zeile<br />

REN - Systemlösung REN-774 REN-664 REN-554 REN-444 REN-333 REN-232 REN-221 REN-111<br />

1.<br />

Gebäude<br />

Wärmedurchgangskoeffizient (Anforderungsniveau) W/(m² K)<br />

1.1 Aussenwand<br />

2,2…2 1,2…1,0 0,65…0,45 0,45…0,3 0,45…0,27 0,3…0,20 0,3…0,25 0,15<br />

1.2 Bodenplatte, gegen Erdreich<br />

1,00 0,8…0,6 0,55…0,4 0,5…0,3 0,5…0,3 0,3. 0,2 0,3…0,25 0,15<br />

1.3 Dach, obere Geschossdecke<br />

1,0…0,75 0,5…0,4 0,4…0,3 0,3…0,2 0,3…0,2 0,3…0,2 0,2 0,15<br />

1.4<br />

1.5<br />

1.6<br />

1.7<br />

Fenster, Fenstertüren<br />

Gesamtenergiedurchlassgrad - Fenster<br />

Wärmebrückenzuschlag<br />

Anforderung zur Luftdichtheit-Gebäudehülle<br />

5,00<br />

0,87<br />

0,10<br />

--<br />

4,3<br />

0,75<br />

0,10<br />

--<br />

3,2<br />

0,75<br />

0,10<br />

--<br />

1,8…1,4<br />

0,60<br />

0,10<br />

--<br />

1,7…1,4<br />

0,60<br />

0,05<br />

DiNA<br />

1,6...1,3<br />

0,60<br />

0,05<br />

DiNA<br />

1,1...1,0<br />

0,50<br />

0,05<br />

DiNA<br />

0,85<br />

0,50<br />

0,05...0<br />

DiNA<br />

2. <strong>Heiz</strong>ungsanlage<br />

Zentrale Pumpenwarmwasserheizung<br />

2) ZLH<br />

2.1 Wärmeerzeuger<br />

KTK KTK NTK NTK BWK BWK_verb<br />

WP-el/RLT<br />

2.2 Aufstellungsort : Wärmeerzeuger<br />

a<br />

a<br />

a<br />

a<br />

1) a/i<br />

1) a/i<br />

i<br />

i<br />

2.3 Systemtemperaturen (Auslegungszustand) 110/80°C 90/70°C 80/60°C 70/55°C 55/45°C 45/35°C 40/30°C 35/28°C<br />

2.4<br />

2.5<br />

2.6<br />

2.7<br />

<strong>Heiz</strong>wasserpumpe-bedarfsgeregelt<br />

Verteilsystem : Keller/Wohnung (EFH)<br />

Verteilsystem : Keller/Wohnung (MFH)<br />

Raumheizeinrichtungen<br />

--<br />

a/i<br />

a/i<br />

HK<br />

--<br />

a/i<br />

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HK<br />

--<br />

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--<br />

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HK / FH<br />

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HK / FH<br />

x<br />

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HK / FH<br />

x<br />

i/i<br />

i/i<br />

5) FH<br />

x<br />

i/i<br />

i/i<br />

LH<br />

2.8 Steuerung (Vorlauftemperatur : ATS<br />

ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-1K ThV-1K EZR<br />

3. Trinkwasserer - Erwärmungsanlage<br />

Zentrale Trinkwasser-Erwärmungsanlage mit Zirkulation<br />

3.1 Aufstellungsort:Warmwasserspeicher Wärmeerzeuger- <strong>und</strong> Warmwasserspeicher-Aufstellungsort sind identisch (siehe Zeile 2.2)<br />

3.2 Warmwasserspeicher, indirekt beheizt<br />

x x x x<br />

--<br />

--<br />

-- --<br />

3.3<br />

3.4<br />

Bivalenter Solarspeicher < 500m² NF<br />

Monovalenter Solarspeicher > 500m² NF<br />

--<br />

--<br />

--<br />

--<br />

--<br />

--<br />

--<br />

--<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

x<br />

3.5<br />

3.6<br />

3.7<br />

Verteilsystem:Keller/Wohnung < 500m²<br />

Verteilsystem:Keller/Wohnung < 500m²<br />

Zirkulationspumpe,bedarfsgerecht geregelt<br />

a/i<br />

a/i<br />

--<br />

a/i<br />

a/i<br />

--<br />

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--<br />

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x<br />

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i/i<br />

x<br />

i/i<br />

i/i<br />

x<br />

4. Lüftungsanlage/Lüftungseinrichtung<br />

RLT: AB<br />

3) RLT:ZU/AB+WRG<br />

4.1 Auslegungsluftwechsel h -1 Freie Schacht- oder Querlüftung nach DIN 1946-6 [14]<br />

0,80 0,80 0,80 0,80 0,60 0,55 0,4 0,4…0,2<br />

4.2 Mittlerer Luftwechsel während der <strong>Heiz</strong>periode h -1 0,30 0,30 0,30 0,30 0,50 0,50 0,4…0,3 0,4…0,2


202 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

gen. Der <strong>Heiz</strong>energie-Istbedarf erhöhte sich allerdings<br />

durch diese Massnahme um ca. 15 %. Die EQ-Zahl verringerte<br />

sich durch die Lüftungsmassnahme von –12 auf<br />

–10. D. h. man kommt zu der plausiblen Schlussfolgerung,<br />

dass eine Senkung der EQ-Zahl zwar nicht <strong>im</strong>mer<br />

mit einer Reduzierung des Energieverbrauchs einhergeht,<br />

aber durch andere Qualitätsgewinne begründet werden<br />

kann.<br />

Die energetische Qualität des Untersuchungsobjektes<br />

kann zusammenfassend wie folgt bewertet werden:<br />

1. EQ-Zahl: –10<br />

2. Langzeitmittelwert über 10 Jahre: etwa „WVN – niedrig“,<br />

113 kWh/(m² WFL a) > 110 kWh/(m² a) (siehe<br />

auch Bild 13)<br />

3. Verlauf des bereinigten Jahresverlaufs über 10 Jahre:<br />

„Tendenz WVN – niedrig“<br />

4. Max<strong>im</strong>ale Jahresabweichung vom Langzeitmittelwert:<br />

< ± 10 % (Bild 13)<br />

Literatur<br />

[1] Tesche, P.: Unveröffentlichter Energiebericht.<br />

[2] DIN V 4108-6:2003-06. Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie – Einsparung<br />

in Gebäuden.<br />

Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- <strong>und</strong> des Jahresheizenergiebedarfs.<br />

[3] DIN V 4701–10: 2003-08: Energetische Bewertung heiz- <strong>und</strong><br />

raumlufttechnischer Anlagen.<br />

[4] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende<br />

Anlagentechnik bei Gebäuden. (Energieeinsparverordnung<br />

– EnEV). Vom 16. November 2001.<br />

[5] Petzold, K: Raumlufttemperatur. VEB Verlag Technik, Berlin,<br />

1983.<br />

[6] VDI 3807 Bl. 1: Juni 1994. Energieverbrauchswerte für Gebäude.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen.<br />

[7] VDI 4710 Bl. 2: 2007-05. Meteorologische Daten in der technischen<br />

Gebäudeausrüstung. Gradtage.<br />

[8] Jagnow, K. <strong>und</strong> Wolff, D.: Praktische Energieanalyse <strong>im</strong> Bestand<br />

<strong>und</strong> Neubau. Wolfenbüttel 2001.<br />

[9] Feist, W.: Passivhäuser – Renaissance für die Holzheizung?<br />

<strong>Heiz</strong>ungsjournal April/Mai 2002.<br />

[10] Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme <strong>und</strong> Datenverwendung<br />

<strong>im</strong> Wohngebäudebeststand vom 30. Juli 2009. Herausgeber:<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung.<br />

[11] <strong>Heiz</strong>spiegel, B<strong>und</strong>esweit 2010. Deutscher Mieterb<strong>und</strong> e.V.<br />

[12] Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der<br />

<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Warmwasserkosten<br />

(Verordnung über <strong>Heiz</strong>kostenabrechnung – <strong>Heiz</strong>kostenV). Bekanntmachung<br />

vom 15. Oktober 2009.<br />

[13] VDI 2067 Bl. 12: Juni 2000: Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer<br />

Anlage. Nutzenergiebedarf für die Trinkwassererwärmung.<br />

[14] DIN 1946-6: 2009-05. Raumlufttechnik. Lüftung von Wohnungen.<br />

[15] Häupl, P.: Bauphysik. Verlag Ernst & Sohn., Berlin, 2008.<br />

[16] dena - Sanierungsstudie, Teil 2: Wirtschaftlichkeit energetischer<br />

Modernisierung in selbstgenutzten Wohngebäuden. Deutsche<br />

Energie – Agentur. 26. März 2012.<br />

[17] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />

(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 16.<br />

August 1994.<br />

[18] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />

(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 24.<br />

Februar 1982.<br />

[19] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />

(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 11.<br />

August 1977.<br />

Neue Schriften<br />

<strong>Gebäudetechnik</strong>: Neues Online-Lexikon<br />

von Baunetz Wissen<br />

Wasser, Wärme, Luft: Das neue Online-Lexikon von Baunetz<br />

Wissen befasst sich mit der Versorgung von Bauwerken<br />

<strong>und</strong> stellt gebäudetechnisches Know-how für Architekten,<br />

Planer <strong>und</strong> andere Fachleute zur Verfügung – vom<br />

Einfluss der technischen Gebäudeausrüstung auf die<br />

Gestaltung <strong>und</strong> Konstruktion über den Einsatz erneuerbarer<br />

Energien bis hin zur Erläuterung von Fachbegriffen<br />

<strong>und</strong> Normen.<br />

Ein Schwerpunkt des neuen Angebots unter www.baunetzwissen.de/<strong>Gebäudetechnik</strong><br />

liegt auf den Themen<br />

Energieeffizienz <strong>und</strong> Ressourcenschonung – egal ob bei<br />

der <strong>Heiz</strong>ung, Lüftung oder Entwässerung. Dazu gehören<br />

unter anderem die Regenwassernutzung oder der Einsatz<br />

von Photovoltaik sowie die Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen.<br />

Aber auch das Thema Lüftung mit Wärmerückgewinnung,<br />

die sich auf die Behaglichkeit auswirkt <strong>und</strong><br />

zugleich die Abfuhr von Schadstoffen, Gerüchen <strong>und</strong><br />

Feuchtigkeit ermöglicht. Alle Themen werden mit Fachbeiträgen<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> Glossar behandelt.<br />

Ergänzt wird das lexikalische Wissen durch Objektberichte<br />

zu realisierten Gebäuden aus unterschiedlichen<br />

Bautypologien, die mit ihren Lösungen, wie z. B.<br />

der Bauteilaktivierung, der Nutzung von Erdwärme<br />

oder dem Einsatz von Blockheizkraftwerken, Inspiration<br />

für die eigenen Projekte liefern. Im Bereich „Tipps“<br />

finden sich darüber hinaus Verweise auf Veranstaltungen,<br />

Publika tionen <strong>und</strong> neue Entwicklungen in der<br />

TGA.<br />

Das Online-Kompendium <strong>Gebäudetechnik</strong> wird von<br />

der Baunetz Wissen-Redaktion zusammen mit Fachautoren<br />

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wird das Format von Stiebel Eltron.<br />

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Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 203<br />

Lebensmittelhygiene <strong>und</strong> Brandschutz –<br />

Empfehlungen für Betriebe der Lebensmittelindustrie<br />

zum verstärkten Brandschutz<br />

Mingyi Wang<br />

Bauwerke als Ganzes <strong>und</strong> in ihren Teilen müssen jeweils<br />

folgende Gr<strong>und</strong>anforderungen erfüllen:<br />

– Mechanische Festigkeit <strong>und</strong> Standsicherheit,<br />

– Brandschutz<br />

– Hygiene, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />

– Sicherheit <strong>und</strong> Barrierefreiheit bei der Nutzung,<br />

– Schallschutz,<br />

– Energieeinsparung <strong>und</strong> Wärmeschutz,<br />

– Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen.<br />

Diese Anforderungen sind <strong>im</strong> Anhang 1 der EU-Bauprodukten-Verordnung<br />

(Verordnung des europäischen Parlaments<br />

<strong>und</strong> des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen<br />

für die Vermarktung von Bauprodukten – BauPV)<br />

definiert. Die Bauprodukte-Verordnung ist <strong>im</strong> April 2011<br />

<strong>im</strong> europäischen Amtsblatt veröffentlicht <strong>und</strong> wird die bisherige<br />

Bauprodukten-Richtlinie (Richtlinie des Rates vom<br />

21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften<br />

der Mitgliedstaaten über Bauprodukte)<br />

ablösen. Die nationale Umsetzung der Bauprodukten-Verordnung<br />

soll zum 01.07.2013 über das Durchführungsgesetz<br />

zu Bauproduktenverordnung erfolgen. Die<br />

Bauprodukten-Richtlinie ist <strong>im</strong> Vergleich dazu seinerzeit<br />

über das Bauproduktengesetz national umgesetzt.<br />

Demnach müssen bei der Entwicklung, Planung <strong>und</strong><br />

Ausführung von Bauteilen <strong>und</strong> Bauarten die unterschiedlichen<br />

Gr<strong>und</strong>anforderungen nutzungs- <strong>und</strong> artbedingt<br />

ggf. gleichzeitig erfüllt werden, z. B. bei Außenwänden mit<br />

dem Schallschutz auf der einen Seite <strong>und</strong> dem Wärmeschutz<br />

auf der anderen Seite. Bei Betrieben der Lebensmittelindustrie<br />

müssen u. a. sowohl Hygieneanforderungen<br />

einschließlich Anforderungen der Lebensmittelhygiene,<br />

als auch Brandschutzbest<strong>im</strong>mungen eingehalten werden.<br />

Dies führt nach aktuellen Schadenerfahrungen dazu,<br />

dass Brandschäden bzw. deren Beseitigung besonders<br />

kostenintensiv werden können, weshalb die Vermeidung<br />

von Bränden <strong>und</strong> Begrenzung von Brandschäden bei<br />

Betrieben der Lebensmittelindustrie zusätzlich an Bedeutung<br />

gewonnen haben.<br />

1. Anforderungen an Hygiene <strong>und</strong><br />

Lebensmittelhygiene<br />

Dr.-Ing. Mingyi Wang, Brunsbütteler Damm 330E, 13591 Berlin,<br />

e-Mail: wr530@t-online.de<br />

Gemäß der Bauprodukte-Verordnung muss zum Schutz<br />

von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umweltschutz ein Bauwerk so entworfen<br />

<strong>und</strong> ausgeführt sein, dass weder die Hygiene noch<br />

die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Sicherheit von Arbeitnehmern,<br />

Bewohnern oder Anwohnern während seines gesamten<br />

Lebenszyklus gefährdet wird. Das Bauwerk darf sich<br />

zudem weder bei Errichtung noch bei Nutzung oder<br />

Abriss übermäßig stark auf die Umweltqualität oder das<br />

Kl<strong>im</strong>a auswirken. Zur Prüfung <strong>und</strong> Bewertung möglicher<br />

Freisetzung von ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Stoffen aus Baustoffen<br />

<strong>und</strong> Bauteilen werden derzeit Verfahren <strong>und</strong> Kriterien<br />

erarbeitet, u. a. auch <strong>im</strong> Zuge der europäischen<br />

Normung.<br />

Für Arbeitsstätten werden die Hygieneanforderungen<br />

durch die nationalen Best<strong>im</strong>mungen zum Arbeitsschutz,<br />

z. B. Arbeitsstättenverordnung, <strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Arbeitsschutzgesetzes konkretisiert. Dabei sollen die<br />

jeweils ggf. notwendigen Schutzmaßnahmen nach Vorschriften<br />

der Hygiene <strong>und</strong> gemäß der betriebsspezifischen<br />

Beurteilung möglicher Gefährdungen der Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Sicherheit von Beschäftigten ergriffen werden.<br />

Bei Betriebsstätten, in denen mit Lebensmittel umgegangen<br />

wird, müssen darüber hinaus die Anforderungen<br />

der Lebensmittelhygiene gemäß der Lebensmittelhygiene-<br />

Verordnung (LMHV) erfüllt werden, welche national die<br />

Verordnung des europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates<br />

vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (Nr.<br />

852/2004) umsetzt. Es wird hierbei u. a. gefordert, dass die<br />

Betriebsstätten geeignete Bearbeitungs- <strong>und</strong> Lagerräume<br />

haben, z. B. Kühlräume <strong>und</strong> -häuser, die insbesondere<br />

eine Temperaturkontrolle <strong>und</strong> ausreichende Kapazität<br />

haben müssen, damit die Lebensmittel auf einer geeigneten<br />

Temperatur gehalten werden können. In Räumen, in<br />

denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet<br />

werden, müssen gemäß der LMHV die Oberflächen<br />

raumumschließender Bauteile (Fußboden, Decken,<br />

Wände einschließlich Fenster <strong>und</strong> Tür)<br />

– aus nicht toxischen Materialien bestehen,<br />

– Kondensation <strong>und</strong> Schmutzsammlung vermeiden<br />

helfen sowie<br />

– wasser<strong>und</strong>urchlässig, wasserabstoßend, abriebfest,<br />

leicht zu reinigen <strong>und</strong> erforderlichenfalls leicht zu<br />

desinfizieren sind.<br />

Demgemäß werden für Außenbauteile von Betriebsgebäuden<br />

der Lebensmittelindustrie, z. B. Außenwände <strong>und</strong><br />

Dächer, vielfach die sogenannten Sandwichelemente als<br />

raumabschließende Wand- <strong>und</strong> Dachbauteile verwendet.<br />

Diese mehrschichtigen Bauelemente bestehen <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

aus zwei profilierten Metalldeckschichten <strong>und</strong> einer<br />

dazwischen angeordneten Wärmedämmschicht. Die


204 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Metalldeckschicht zur Innenseite des Gebäudes besteht<br />

vielfach aus Aluminium oder Stahl <strong>und</strong> ist dementsprechend<br />

abriebfest <strong>und</strong> leicht zu reinigen. Als Dämmstoff<br />

werden insbesondere Polyurethane (PUR) in Deutschland<br />

eingesetzt, der zwar brennbar ist, aber <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

nichtbrennbaren Dämmstoffen bauphysikalische Vorzüge<br />

aufweist.<br />

2. Brandschutzanforderungen an<br />

bauliche Anlagen<br />

Gemäß der Bauprodukte-Verordnung muss ein Bauwerk<br />

zum Brandschutz so entworfen <strong>und</strong> ausgeführt sein, dass<br />

bei einem Brand<br />

– die Tragfähigkeit des Bauwerks während eines<br />

best<strong>im</strong>mten Zeitraums erhalten bleibt,<br />

– die Entstehung <strong>und</strong> Ausbreitung von Feuer <strong>und</strong> Rauch<br />

innerhalb des Bauwerks begrenzt wird,<br />

– die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke<br />

begrenzt wird,<br />

– die Bewohner das Bauwerk unverletzt verlassen oder<br />

durch andere Maßnahmen gerettet werden können <strong>und</strong><br />

– die Sicherheit der Rettungsmannschaften berücksichtigt<br />

ist.<br />

National sollen gemäß der Bauordnung der B<strong>und</strong>esländer<br />

(Landesbauordnung − LBO) bauliche Anlagen so<br />

angeordnet, errichtet, geändert <strong>und</strong> instandgehalten werden,<br />

dass der Entstehung eines Brandes der Ausbreitung<br />

von Feuer <strong>und</strong> Rauch vorgebeugt wird. Die allgemeinen<br />

Brandschutzanforderungen an bauliche Anlagen sind<br />

darüber hinaus in bauordnungsrechtlichen Best<strong>im</strong>mungen<br />

der B<strong>und</strong>esländer, z. B. Richtlinie über den baulichen<br />

Brandschutz <strong>im</strong> Industriebau, art- <strong>und</strong> nutzungsspezifisch<br />

konkretisiert.<br />

3. Schnittstellen zwischen dem Brandschutz <strong>und</strong><br />

der Hygiene bzw. Lebensmittelhygiene<br />

Für Betriebsgebäude der Lebensmittelindustrie bestehen<br />

zwischen der Hygiene <strong>und</strong> dem Brandschutz erfahrungsgemäß<br />

funktionale Wechselwirkungen, sowohl bei der<br />

Bauart als auch bei der Produkt- <strong>und</strong> <strong>Gebäudetechnik</strong>.<br />

Diese Wechselwirkungen sollen bei der Bauplanung <strong>und</strong><br />

-ausführung umfassend betrachtet <strong>und</strong> berücksichtigt<br />

werden.<br />

3.1 Lüftungsanlagen<br />

Arbeitsstätten <strong>und</strong> damit Betriebsstätten mit umschlossenen<br />

Arbeitsräumen werden u. a. mit Hilfe von raumlufttechnischen<br />

Anlagen − kurz Lüftungsanlagen − belüftet.<br />

Die Belüftung ist erforderlich, um ges<strong>und</strong>heitlich zuträgliche<br />

Atemluft unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren,<br />

der körperlichen Beanspruchung <strong>und</strong> der Anzahl der<br />

Beschäftigten sowie sonst anwesenden Personen ausreichend<br />

bereit zu stellen. Hierfür muss die Abluft, die auch<br />

u. a. durch die Verarbeitung von Lebensmittel belastet werden<br />

kann, abgeführt <strong>und</strong> ggf. gereinigt werden.<br />

Bild 1. Ursachen der Brandübertragung durch die Lüftungsleitungen (Quelle:<br />

VdS 2298).<br />

Lüftungsanlagen können erfahrungsgemäß zugleich<br />

selbst Ursprung eines Schadenfeuers werden, z. B. durch<br />

die Überhitzung überlasteter Ventilatoren (Lüfter), Funkenbildung<br />

in den Filteranlagen infolge der Ansaugung<br />

von Fremdkörpern oder elektrostatischen Aufladung<br />

sowie Selbst- oder Fremdzündung brennbarer Ablagerungen<br />

in Lüftungsleitungen.<br />

Lüftungsanlagen (Bild 1) können bedingt durch ihre<br />

Bau- <strong>und</strong> Betriebsart zudem eine Ausbreitung von Feuer<br />

<strong>und</strong> Rauch <strong>im</strong> Brandfall begünstigen, was insbesondere<br />

darauf zurückzuführen ist, dass die baulichen Abtrennungen<br />

(Wände <strong>und</strong> Decken) von Lüftungsleitungen vielfach<br />

überbrückt werden müssen, um Gebäudeabschnitte<br />

<strong>und</strong> Räume lufttechnisch zu versorgen. Gerade der<br />

Brandrauch fordert erfahrungsgemäß die meisten Todesopfer<br />

<strong>und</strong> verursacht zusätzlich hohe Sach- <strong>und</strong> Betriebsunterbrechungsschäden,<br />

u. a. auch in Gebäudebereiche,<br />

die nicht unmittelbar vom Feuer betroffen sind. Daher<br />

muss neben der Übertragung von Feuer insbesondere die<br />

Ausbreitung von Brandrauch <strong>und</strong> -gasen durch Lüftungsanlagen<br />

verhindert werden 1 . Hierfür müssen Lüftungsanlagen<br />

in die Brandschutzplanung einbezogen <strong>und</strong> regelmäßig<br />

geprüft werden, nicht nur hinsichtlich der biologischen<br />

<strong>und</strong> chemischen Stoffe sowie partikulären Staubbelastung<br />

gemäß den Arbeitsschutzbest<strong>im</strong>mungen <strong>und</strong><br />

Hygieneanforderungen, sondern auch mit Bezug auf die<br />

Aufrechterhaltung der Brandschutzfunktionen gemäß<br />

dem Bauordnungsrecht, etwa nach der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie<br />

(Muster-Richtlinie über brandschutztechnische<br />

Anforderungen an Lüftungsanlagen) <strong>und</strong><br />

Muster-Prüfverordnung (Muster-Verordnung über Prü-<br />

1<br />

Gefahren der Brandentstehung <strong>und</strong> -ausbreitung bei Lüftungsanlagen<br />

können − ergänzenden zu den bauordnungsrechtlichen<br />

Best<strong>im</strong>mungen, z. B. Lüftungsanlagen-Richtlinie − mit Hilfe eines<br />

ganzheitlichen Brandschutzkonzeptes wirksam vorgebeugt werden,<br />

was z. B. in der GDV-Publikation „Lüftungsanlagen“ (VdS<br />

2298) als Musterbeispiel eingehend beschrieben ist (siehe auch<br />

unter www.-industrial.de).


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 205<br />

fungen von technischen Anlagen <strong>und</strong><br />

Einrichtungen nach Bauordnungsrecht).<br />

3.2 Betriebsprozesse<br />

Die Lebensmittelherstellung <strong>und</strong><br />

-verarbeitung sind vielfach mit thermischen<br />

Prozessen verb<strong>und</strong>en. Zu<br />

nennen sind u. a.<br />

– Backen, Braten, Frittieren, Rösten<br />

<strong>und</strong><br />

– Kochen sowie<br />

– Räuchern<br />

Die hohe Betriebstemperatur der<br />

betreffenden Prozessanlagen bzw.<br />

-einrichtungen verursacht dabei<br />

zugleich eine hohe Temperatur an<br />

deren Oberfläche. Kommen brennbare<br />

Materialien, z. B. Verpackungsmaterial,<br />

in Berührung mit heißen Oberflächen oder in<br />

die Nähe der Hitzequellen, ist erfahrungsgemäß eine<br />

Brandentstehung vorprogrammiert.<br />

Die prozesstypischen Brandgefahren führen in den<br />

letzten Jahren erfahrungsgemäß auch vermehrt zu Brandschäden,<br />

was auffällig aus der Entwicklung von Großschäden<br />

abzulesen ist (siehe auch Bild 2). Als Großschäden<br />

werden nach der Definition vom GDV Brandschäden<br />

bezeichnet, die insgesamt einen gesamten Schadenaufwand<br />

einschließlich der Betriebsunterbrechung von mehr<br />

als 500 000 Euro verursachen.<br />

Bild 2. Schadenentwicklung in der Lebensmittelindustrie mit Bezug auf die Anzahl <strong>und</strong> Aufwand der<br />

Schäden (Quelle: VdS 3454).<br />

auch wenn sie ggf. nicht sichtbar beschädigt sind. Nach<br />

§ 2 der Lebensmittelhygiene-Verordnung dürfen Lebensmittel<br />

nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr<br />

gebracht werden, dass sie bei Beachtung der <strong>im</strong> Verkehr<br />

erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen<br />

Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. Als eine nachteilige<br />

Beeinflussung gilt neben ungeeigneten Behandlungs- <strong>und</strong><br />

Zubereitungsverfahren u. a. auch Beeinträchtigung der<br />

einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln<br />

durch Verunreinigungen, Gerüche, Gase, Dämpfe,<br />

Rauch, Aerosole <strong>und</strong> Reinigungsmittel.<br />

3.3 Sandwichelemente für Außenwände<br />

<strong>und</strong> Dächer<br />

Das Brandverhalten von Sandwichelementen, die als typische<br />

Bauart für Außenwände <strong>und</strong> Dächer der Betriebsgebäude<br />

in der Lebensmittelindustrie einschließlich Kühlhäuser<br />

eingesetzt werden, muss abgesehen von bauphysikalischen<br />

<strong>und</strong> hygienischen Aspekten bei der Bauplanung<br />

betrachtet werden. Bei einem Entstehungsbrand tragen<br />

Sandwichelemente erfahrungsgemäß kaum zur Brandentwicklung<br />

bei, weil die ggf. brennbare Dämmschicht, z. B.<br />

Polyurethan, zunächst von der metallischen Deckschicht<br />

vor einer direkten Flammeneinwirkung geschützt ist.<br />

Diese Bauart weist in der Regel keine klassifizierte Feuerwiderstandsfähigkeit<br />

auf <strong>und</strong> versagt dementsprechend<br />

be<strong>im</strong> fortentwickelten Brand. Deshalb sollen Sandwichelemente<br />

nicht als Bauteile der inneren Abtrennungen<br />

eingesetzt werden, u. a. auch weil durch die betriebsnotwendigen<br />

Öffnungen in der jeweiligen Abtrennung die<br />

brennbaren Dämmstoffe für Flammen ggf. leichter<br />

zugänglich werden.<br />

Nach einem Brand besteht bei den vom Brandrauch<br />

erreichten Sandwichelementen vielfach die Befürchtung,<br />

dass die Zersetzungsprodukte des Brandes über Fugen in<br />

die zusammengesetzten Bauelemente eindringen <strong>und</strong><br />

später wieder heraus diff<strong>und</strong>ieren können. In diesem Fall<br />

werden die Bauelemente zur Vermeidung einer möglichen<br />

Beeinträchtigung der Lebensmittelhygiene ersetzt werden,<br />

4. Empfehlungen der Versicherer zum<br />

verstärkten Brandschutz<br />

Nach Schadenerfahrungen der Versicherer, die auf Gr<strong>und</strong><br />

auffälliger Schadenentwicklung in den letzten Jahren die<br />

aktuellen Schadenfälle eingehend analysiert haben, ist ein<br />

verstärkter <strong>und</strong> gezielter Brandschutz bei Betrieben der<br />

Lebensmittelindustrie sinnvoll. Durch eine erfolgreiche<br />

Schadenverhütung kann nicht nur der Verlust von Sachwert<br />

<strong>und</strong> eine ggf. folgenschwere Betriebsunterbrechung<br />

mit dem Verlust von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Markanteil vermieden,<br />

sondern auch das betriebliche bzw. unternehmerische<br />

Risikomanagement einschließlich des Versicherungsschutzes<br />

kann opt<strong>im</strong>al gestaltet werden. Eine auskömmliche<br />

Schadenquote z. B. kommt schließlich allen Versicherten<br />

zu Gute.<br />

Zum verstärkten Brandschutz haben Experten der Versicherer<br />

ein Muster-Schutzkonzept (VdS 3454) mit branchen-<br />

<strong>und</strong> betriebsartspezifischen Empfehlungen erarbeitet,<br />

das insbesondere aus folgenden Elementen besteht:<br />

– Schadenbeispiele zur Veranschaulichung typischen<br />

Schadenursachen (vgl. mit Bild 3), die mit Bezug auf<br />

Ursachen der Schadenentstehung <strong>und</strong>/oder des Schadenausmaß<br />

als Überzeugungsargumente aufbereitet<br />

sind<br />

– Systematische Nennung von allgemeinen Brandschutzmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> deren Schutzfunktionen, die in der


206 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Regel in anerkannten Regeln der Technik eingehend<br />

behandelt sind.<br />

– Übersichtliche Zuordnung prozess- <strong>und</strong> anlagentypischer<br />

Gefahren <strong>und</strong> Schutzmaßnahmen in Tabellenform,<br />

um eine gezielte Vermeidung <strong>und</strong> Begrenzung<br />

von Brandgefahren zu ermöglichen.<br />

– Schematische Darstellung einiger Betriebsabläufe als<br />

Beispiele, bei denen die betriebstypischen Gefahren<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Risiken, z. B. Betriebsunterbrechung<br />

(BU) gekennzeichnet sind (vgl. Tab. 1 für die<br />

Verpackungstechnik).<br />

Das neue Musterkonzept ist gemäß der Europäischen<br />

Lebensmittelrichtlinie insbesondere auf Betriebe der<br />

industriellen Be- <strong>und</strong> Verarbeitung sowie Herstellung von<br />

Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittel (Lebensmittel) fokussiert,<br />

die auf Gr<strong>und</strong> der Unternehmensgröße auch dem Mittelstand<br />

zugeordnet sein können. Die Erzeugung der Nahrungsmittel<br />

als Rohstoffe in der Landwirtschaft wird<br />

nicht behandelt.<br />

Als betriebstypische Prozesse <strong>und</strong> Anlagen sind u. a. zu<br />

nennen:<br />

– Anlagen der Elektro-, Kälte- <strong>und</strong> Kühltechnik sowie<br />

zur Dampferzeugung<br />

– Mahlanlagen <strong>und</strong> Silos<br />

– Anlagen zum Backen, Braten, Frittieren <strong>und</strong> Räuchern<br />

sowie Rösten<br />

– Thermoölanlagen, Trockner (Sprühtrockner) <strong>und</strong> Verpackungstechnik<br />

– Abluftanlagen <strong>und</strong> Lüfter (Filteranlagen).<br />

Hiermit sind sowohl die Anlagen <strong>und</strong> Prozesse der<br />

Haupt- <strong>und</strong> Hilfsbetriebe als auch die der <strong>Gebäudetechnik</strong><br />

erfasst. Für die konkrete Festlegung der Schutzmaßnahmen<br />

werden zudem auf die anerkannten Regeln der<br />

Technik insbesondere hingewiesen.<br />

Die schematischen Darstellungen der Betriebsprozesse<br />

sind beispielhaft erarbeitet für die Bäckerei, Brauerei,<br />

Kaffeerösterei <strong>und</strong> Herstellung von Schokoladen <strong>und</strong> Pizzen.<br />

Hierfür wurde als Novum ein neues Warnsymbol<br />

entwickelt (siehe auch Bild 3), um auf die besondere Relevanz<br />

der betreffenden Prozesse bzw. Anlagen für die<br />

Betriebsunterbrechung hinzuweisen.<br />

Tabelle 1. Übersicht prozesstypischer Gefahren <strong>und</strong> Schutzmaßnahmen – Versorgungstechnik.<br />

Gefahren/Risiken Schutzmaßnahmen (Regeln der Technik) Erläuterungen (Schutzziele)<br />

Verpackungsprozess: Verpackungsvorgänge (z. B. Blistern, Stretchen, Folienschrumpfen, Kartonieren), Verpackungsmaterial als Abfälle<br />

<strong>und</strong> Brandlast, Zwischenlagerung usw.<br />

Verpackungsvorgang:<br />

Z. B. Schweißen<br />

<strong>und</strong> Schrumpfen<br />

von Folien, was<br />

bei Betriebsstörung<br />

oder unsachgemäßer<br />

Handhabung<br />

zur lokalen Überhitzung<br />

<strong>und</strong> damit<br />

zur Brandentstehung<br />

führen kann.<br />

Verpackungsmaterial<br />

Zwischenlagerung<br />

(Quarantänelagerung)<br />

bei thermisch<br />

verpackten Waren.<br />

Einsatz von Verfahren ohne Wärme, z.B. Wickelstretchanlagen<br />

oder mit indirekter Wärmeübertragung,<br />

z.B. <strong>mittels</strong> Warmluft.<br />

Abschaltung der Wärmezufuhr bei Überschreitung<br />

der Max<strong>im</strong>altemperatur <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Materialstau oder<br />

sonstigen Beriebsstörungen.<br />

Regelmäßige Reinigung <strong>und</strong> Instandhaltung von<br />

technischen Anlagen (DIN 31051, VdS 2000).<br />

Schulung <strong>und</strong> Sicherheitsunterweisung für das<br />

Bedienpersonal (VdS2213).<br />

Feuergefährliche Güter nicht in Schrumpffolien<br />

verpacken (VdS 2199).<br />

Verwendung von Verpackungsmaterial aus nichtbrennbaren<br />

oder schwerentflammbaren Stoffen.<br />

Aufstellen stationärer Anlagen in feuerbeständigabgetrennten<br />

Räumen, alternativ mit Objektschutz.<br />

Lagerung in feuerbeständig abgetrennten Räumen<br />

oder <strong>im</strong> Freien mit ausreichendem Abstand zu<br />

Gebäuden (VdS 2000).<br />

Vorhalten brennbarer Materialien <strong>im</strong> Verpackungsbereich<br />

max<strong>im</strong>al für den Tagesbedarf.<br />

Durchsetzten <strong>und</strong> Überwachen von Rauchverbot <strong>im</strong><br />

Verpackungsbereich (VdS 2000).<br />

Regelmäßiges Entfernen von Abfällen aus dem<br />

Verpackungsbereich.<br />

Untersuchen auf mögliche Gl<strong>im</strong>mreste am Ende der<br />

Schicht oder eines Arbeitstages mit Nachkontrolle<br />

nach etwa einer halben St<strong>und</strong>e sowie innerhalb der<br />

nächsten St<strong>und</strong>en.<br />

Zwischenlagern frisch geschrumpfter Einheiten vor<br />

dem Einlagern zum Auskühlen, z. B. in einem eigenständigen<br />

feuerbeständig angetrennten Raum oder<br />

<strong>im</strong> ausreichenden Abstand zu anderen Lagergütern.<br />

Eine lokale Überhitzung <strong>und</strong> damit eine Brandentstehung<br />

aus dem Verpackungsverfahren heraus soll vermieden<br />

werden.<br />

Eine Betriebsstörung als Ausgang einer lokalen Überhitzung<br />

soll vermieden werden.<br />

Eine Betriebsstörung duch unsachgemäße Handhabung<br />

bei der Verpackung soll vermieden werden.<br />

Die Entzündung von gefährlichen Lagerstoffen sowie<br />

der Verpackungsmittel soll verhindert werden.<br />

Die Brandausbreitung <strong>im</strong> Brandfall soll auf den Brandentstehungsraum<br />

begrenzt werden.<br />

Die Gefahr der Brandausbreitung <strong>im</strong> Brandfall soll<br />

durch die Begrenzung der Brandlast verringert werden.<br />

Die Gefahr der Brandentstehung soll durch die organisatorische<br />

Schutzmaßnahme min<strong>im</strong>iert werden.<br />

Die Begrenzung der Brandlast verringert einen größeren<br />

Brand <strong>und</strong> damit das Risiko der Brandausbreitung.<br />

Es soll versteckte Brandnester frühzeitig erkannt sowie<br />

der Verschleppung von Brand- <strong>und</strong> Gl<strong>im</strong>mnestern vorgebeugt<br />

werden.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 207<br />

Eine Checkliste zur Erstellung des<br />

betrieblichen Notfallplans r<strong>und</strong>en die<br />

Empfehlungen ab, um Betriebe der<br />

Lebensmittelindustrie be<strong>im</strong> Risikomanagement<br />

konkret zu unterstützen,<br />

etwa bei der Begrenzung der Betriebsunterbrechung<br />

<strong>im</strong> Fall eines Brandes<br />

<strong>und</strong> bei der Wiederinbetriebnahme<br />

nach einem Schaden.<br />

Der Entwurf dieses Muster-<br />

Schutzkonzeptes wird gemäß dem<br />

neuen Konsultationsverfahrens des<br />

GDV (Gesamtverband der deutschen<br />

Versicherungswirtschaft e. V.) demnächst<br />

<strong>im</strong> Internet veröffentlicht<br />

(siehe auch www.gdv.de <strong>und</strong> www.<br />

vds-industrial.de), um sowohl national<br />

als auch europäisch die Industrie<br />

<strong>und</strong> andere tangierten Fachkreise bei<br />

allen zukünftigen GDV-Publikationen<br />

einzubinden.<br />

Danach wird das Muster-Konzept (Bild 4) als GDV-<br />

Publikation zu Schadenverhütung bei VdS Schadenverhütung<br />

Verlag veröffentlicht <strong>und</strong> ist zum kostenfreien Download<br />

zudem auf der Webseite www.vds-industrial.de bereit<br />

gestellt. Damit sollen sowohl die Fachplaner für Betriebe<br />

der Lebensmittelindustrie als auch deren Betreiber dabei<br />

unterstützt werden, Brände <strong>und</strong> Brandschäden in der<br />

Bild 3. Eine Industriefritteuse verursacht einen Totalschaden des Gebäudebereichs <strong>und</strong> Symbole für die<br />

prozesstypischen Gefahren (Quelle: VdS 3454).<br />

betrieblichen Praxis nach Möglichkeit zu vermeiden <strong>und</strong><br />

ggf. zu begrenzen. Diese Empfehlungen der Versicherer<br />

sind auch deshalb hilfreich, weil in bauordnungsrechtlichen<br />

Brandschutzbest<strong>im</strong>mungen, z. B. Muster-Industriebau-Richtlinie,<br />

die prozess- <strong>und</strong> anlagentypischen Brandgefahren<br />

sowie die damit verb<strong>und</strong>enen Risiken nicht eingehend<br />

behandelt werden können.<br />

Bild 4. Deckblatt des Muster-Schutzkonzeptes <strong>und</strong> Beispiel Betriebstypische Abläufe für die Herstellung von Pizzen (Quelle: VdS 3454).


208 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

5. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Bei der Planung, Errichtung <strong>und</strong> insbesondere be<strong>im</strong><br />

Betrieb von Gebäuden müssen verschiedene gesetzliche<br />

Anforderungen erfüllt werden, die z. B. als Gr<strong>und</strong>anforderungen<br />

in der europäischen Bauprodukten-Verordnung<br />

verankert sind. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang<br />

u. a. Hygiene <strong>und</strong> Brandschutz. Diese Anforderungen<br />

werden zudem jeweils durch nationale Festlegungen, z. B.<br />

Bauordnungsrecht <strong>und</strong> Arbeitsschutzbest<strong>im</strong>mungen,<br />

konkretisiert. Bei Betrieben der Lebensmittelindustrie gelten<br />

darüber hinaus, die gesetzlichen Vorgaben zu Lebensmittelhygiene<br />

umzusetzen <strong>und</strong> einzuhalten. Dabei müssen<br />

gemäß den aktuellen Schadenerfahrungen der Versicherer<br />

die erforderlichen Maßnahmen zum Brandschutz <strong>und</strong> für<br />

die Lebensmittelhygiene aufeinander abgest<strong>im</strong>mt werden.<br />

Damit soll ein technisch <strong>und</strong> wirtschaftlich opt<strong>im</strong>aler<br />

Gesamtschutz ermöglicht werden. Hierfür haben die Versicherer<br />

Empfehlungen zur Schadenverhütung als Hilfestellung<br />

für die Praxis erarbeitet <strong>und</strong> werden allen interessierten<br />

Kreisen diese als Orientierungshilfe zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Literatur<br />

Verordnung des europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 29.<br />

April 2004 über Lebensmittelhygiene (Nr. 852/2004).<br />

Verordnung über Anforderungen an die Hygiene be<strong>im</strong> Herstellen,<br />

Behandeln <strong>und</strong> Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung-LMHV).<br />

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes<br />

zur Verbesserung der Sicherheit <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />

der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz –<br />

ArbSchG).<br />

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung –<br />

ArbStättV).<br />

Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU:<br />

– Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz <strong>im</strong> Industriebau<br />

(Muster-Industriebaurichtlinie – MIndBauRL)<br />

– Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen<br />

an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie M-<br />

LüAR1)<br />

– Muster-Verordnung über Prüfungen von technischen Anlagen<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen nach Bauordnungsrecht (Muster-Prüfverordnung)<br />

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV),<br />

VdS Schadenverhütung Verlag, Köln (www.vds.de):<br />

– Brandschutz für Kühl- <strong>und</strong> Tiefkühllager, Leitfaden für die<br />

Planung, Ausführung <strong>und</strong> den Betrieb (VdS 2032) – Enthält die<br />

CEA-Publikation Schutz von Kühlräumen <strong>und</strong> anderen Kühlbereichen<br />

in der Produktion; CEA-Richtlinien (CEA 4050)<br />

– Sandwichelemente als raumabschließende Wand- <strong>und</strong> Dachbauteile,<br />

Brandschutz-Hinweise für die Planung, Ausführung<br />

<strong>und</strong> Instandhaltung (VdS 2244)<br />

– Lüftungsanlagen <strong>im</strong> Brandschutzkonzept, Merkblatt für Planung,<br />

Ausführung <strong>und</strong> Betrieb (VdS 2298)<br />

– Lebensmittelherstellung <strong>und</strong> -verarbeitung; Leitfaden zum<br />

Brandschutz (VdS 3454, in Vorbereitung)<br />

Industrieverband für Bausysteme <strong>im</strong> Metallbau e. V. (ehemals Galileo)<br />

Kreatives Bauen mit Sandwich; Infos für Planer, Handwerk<br />

<strong>und</strong> Bauherr:<br />

Neue Schriften<br />

VBI-Leitfaden „Oberflächennahe Geothermie“<br />

Der Verband Beratender Ingenieure VBI legt wichtige<br />

Arbeitshilfe für Ingenieure <strong>und</strong> Architekten vor – Schnittstelle<br />

zwischen Anlage <strong>im</strong> Boden <strong>und</strong> oberirdischem Teil<br />

genau definiert. Gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Energiewende<br />

bleibt das Thema Geothermie brandaktuell.<br />

Daher hat der Verband Beratender Ingenieure VBI seinen<br />

Leitfaden „Oberflächennahe Geothermie“ in dritter überarbeiteter<br />

Fassung nun deutlich erweitert.<br />

Ein interdisziplinär zusammengesetztes Autorenteam<br />

aus dem gleichnamigen VBI-Arbeitskreis hat eine verständliche<br />

Handlungsanleitung für Ingenieure, Architekten,<br />

Planer <strong>und</strong> Auftraggeber erarbeitet.<br />

Das Zusammenwirken von Fachleuten aller beteiligten<br />

Disziplinen <strong>im</strong> Planungsprozess <strong>und</strong> die sinnvolle Vernetzung<br />

ihrer Arbeit stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt des Leitfadens.<br />

Zudem werden die am Markt bereits etablierten Systeme<br />

<strong>und</strong> Technologien wie Sonden mit Zirkulationspumpen,<br />

Sonden mit Phasenwechsel, erdberührte Betonbauteile<br />

<strong>und</strong> Brunnenanlagen vorgestellt.<br />

Der VBI-Leitfaden definiert die Schnittstelle zwischen<br />

der Anlage <strong>im</strong> Boden <strong>und</strong> dem oberirdischen Teil. Unterschieden<br />

wird <strong>im</strong> Leitfaden konsequent zwischen Technischer<br />

Baugr<strong>und</strong>ausrüstung (TBA) <strong>und</strong> Technischer<br />

Gebäudeausrüstung (TGA). Neu behandelte Aspekte der<br />

dritten Auflage sind Tunnel, Verkehrsflächen, Bergwerke<br />

<strong>und</strong> Abwasser.<br />

Die Kapitel <strong>im</strong> Einzelnen: Systeme <strong>und</strong> Technologien,<br />

Geothermische Gr<strong>und</strong>lagenermittlung <strong>und</strong> Vorplanung,<br />

Bemessung <strong>und</strong> Auslegung, Projektablauf, Qualitätssicherung<br />

<strong>und</strong> Dokumentation, Genehmigungsfragen <strong>und</strong> Um -<br />

weltaspekte, Honorierung, Haftung <strong>und</strong> Mängelansprüche.<br />

Die r<strong>und</strong> 100 Seiten starke Broschüre kostet 13 Euro.<br />

VBI-Mitglieder erhalten Band 18 (3. Auflage) der VBI-<br />

Schriftenreihe zum Sonderpreis von 7,50 Euro je Exemplar.<br />

Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten.<br />

Bestelladresse: VBI Service- <strong>und</strong> Verlagsgesellschaft,<br />

Budapester Straße 31, 10787 Berlin, E-Mail: versand@<br />

vbi.de, Fax (030) 26062-100, www.vbi.de


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 209<br />

Schallschutz in heiztechnischen Anlagen in<br />

Anlehnung an VDI 2715<br />

Peter Lein VDI<br />

Schallschutz ist ein wesentliches Gütemerkmal eines<br />

Gebäudes <strong>und</strong> ist ausschlaggebend für das Wohlbefinden<br />

der sich darin aufhaltenden Personen.<br />

Nach § 15 MBO, „Wärme-, Schall-, Erschütterungsschutz“,<br />

wird gefordert:<br />

(2) „Gebäude müssen einen ihrer Nutzung entsprechenden<br />

Schallschutz haben. Geräusche, die von ortsfesten Einrichtungen<br />

in baulichen Anlagen oder auf Baugr<strong>und</strong>stücken<br />

ausgehen, sind so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare<br />

Belästigungen nicht entstehen.“<br />

Der bauliche Schallschutz in <strong>und</strong> an Gebäuden ist<br />

gewährleistet, wenn die Schalldämmung nach den Anerkannten<br />

Regeln der Technik ausgeführt wird. Die Schalldämmung<br />

dient der Minderung der Schallübertragung<br />

zwischen Räumen oder zwischen dem Außenbereich <strong>und</strong><br />

Räumen in Gebäuden durch schalldämmende Bauteile<br />

sowie durch schalldämmende Maßnahmen an Bauteilen<br />

<strong>und</strong> sonstigen übertragenden Elementen.<br />

Der bauliche Schallschutz wird durch D nT,w<br />

für den<br />

Luftschallschutz, L’ nT,w<br />

für den Trittschallschutz <strong>und</strong><br />

L AFmax,nT<br />

für Geräusche aus der Wasserinstallation <strong>und</strong><br />

gebäudetechnischen Anlagen beschrieben.<br />

Fehler bei der Planung des gebäudetechnischen Schallschutzes<br />

lassen sich nur vermeiden, wenn Architekt <strong>und</strong><br />

Fachplaner bereits von der Entwurfsphase an zusammenarbeiten.<br />

Nach Fertigstellung lassen sich Fehler häufig<br />

gar nicht oder nur mit großem Aufwand beheben.<br />

Zur Unterstützung der Planung hat der NALS zusammen<br />

mit dem VDI die Richtlinie VDI 2715, „Schallschutz<br />

an heiztechnischen Anlagen“, erarbeitet <strong>und</strong> herausgegeben.<br />

Diese Richtlinie gilt für heiztechnische Anlagen<br />

mit öl- <strong>und</strong> gasbeheizten Wärmeerzeugern mit Gebläsebrennern<br />

<strong>und</strong> deren Abgasanlagen, an die schalltechnische<br />

Anforderungen gestellt sind.<br />

Die Richtlinie gibt Hinweise<br />

– für den baulichen Schallschutz<br />

– für die Anforderung hinsichtlich der Geräuschemission<br />

– für die Aufstellung des Wärmeerzeugers <strong>im</strong> Aufstellraum<br />

– für die Abgasleitung <strong>und</strong> für die an der Mündung der<br />

Abgasanlage zu erwartende Geräuschemission<br />

– für das Aufzeigen von Maßnahmen zur Lärmminderung,<br />

die bei der Planung <strong>und</strong> Ausführung von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen<br />

zu empfehlen sind.<br />

Es wurde beschlossen, diese Richtlinie für aktuelle technische<br />

Weiterentwicklungen, wie Wärmeerzeuger für Festbrennstoff,<br />

KKW-Anlagen <strong>und</strong> Wärmepumpen, zu überarbeiten.<br />

Dipl.-Ing. Peter Lein, Ingenieurbüro, Im Eichengr<strong>und</strong> 13,<br />

13629 Berlin, E-Mail: peter@lein.com<br />

1. Geräuschemission<br />

1.1 Geräuschquellen der heiztechnischen Anlage<br />

Be<strong>im</strong> Betrieb einer heiztechnischen Anlage entstehen<br />

Luft- <strong>und</strong> Körperschall, die über Fußboden, Decken <strong>und</strong><br />

Wände sowie die Abgasanlage <strong>und</strong> Schächte in Nachbarräume<br />

<strong>und</strong> andere Räume auch ins Freie übertragen werden<br />

können (Bild 1).<br />

Es gibt beispielsweise folgende Geräuschquellen:<br />

– Gebläsebrenner/Wärmeerzeugersysteme<br />

– Druckhalte- <strong>und</strong> Volumenausgleichssysteme<br />

– Schalteinrichtungen<br />

– Umwälzpumpen<br />

– <strong>Heiz</strong>ölpumpen<br />

– Armaturen<br />

– Rohrleitungen<br />

– <strong>Heiz</strong>flächen <strong>und</strong> Thermostatventile<br />

– Abgasanlage.<br />

Geräusche von Bauteilen der heiztechnischen Anlage<br />

infolge von Druckstößen <strong>und</strong> Flüssigkeitsschlägen entstehen<br />

beispielsweise durch:<br />

– schnelle Schalthandlungen an Armaturen<br />

– Pumpen-/Gebläseausfall<br />

– Pumpenan- <strong>und</strong> -abfahren, Umschaltungen<br />

– Phasenänderung (Verdampfung <strong>und</strong> Kondensation)<br />

– Ansprechen von Druckentlastungseinrichtungen<br />

(Sicherheitsventile)<br />

– Schnelle Regelvorgänge<br />

1.2 Geräuschübertragungswege<br />

Die Geräuschübertragung aus dem Aufstellraum<br />

erfolgt durch Luftschall- <strong>und</strong> durch Körperschallübertragung.<br />

Mögliche Übertragungswege werden in Bild 1 gezeigt.<br />

1.3 Brenner- <strong>und</strong> Verbrennungsgeräusche<br />

Die wesentliche Geräuschquelle einer heiztechnischen<br />

Anlage, die zu Belästigungen führen kann, ist der Gebläsebrenner<br />

des Wärmeerzeugers.<br />

Diese sind<br />

– Anfahrgeräusche<br />

– Gebläsegeräusche<br />

– Verbrennungsgeräusche<br />

Be<strong>im</strong> Anfahren der Wärmeerzeugeranlage können beispielsweise<br />

durch ungünstige Abst<strong>im</strong>mung zwischen<br />

Gebläsebrenner <strong>und</strong> Wärmeerzeuger gegenüber dem<br />

Dauerbetrieb um bis 30 dB höhere A-bewertete Schalldruckpegel<br />

der Verbrennungsgeräusche auftreten, die auf


210 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Der A-bewertete Schalldruckpegel <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />

L pA,Verb<br />

<strong>und</strong> dessen spektrale Verteilung unmittelbar<br />

hinter dem Wärmeerzeugeraustritt sind von besonderer<br />

Bedeutung für die Auslegung von Abgasschalldämpfern.<br />

Soll zur Auslegung von Abgasschalldämpfern der<br />

Schalldruckpegel <strong>im</strong> Verbindungsstück frequenzabhängig<br />

best<strong>im</strong>mt werden, ist die Mündungsreflexion ∆ LA,Münd<br />

nach DIN EN ISO 14163 oder VDI 2081 Blatt 1 zu<br />

berücksichtigen.<br />

1.5 Installation<br />

Bild 1. Luftschallübertragungswege von Geräuschen des Wärmeerzeugers aus<br />

dem Aufstellraum mit Außenwandöffnung (Quelle: Informationsblatt 10, BDH).<br />

die plötzlich einsetzende Volumenexpansion des Brenn<strong>und</strong><br />

Abgases zurückzuführen sind.<br />

Strömungsgeräusche der Gebläse haben in der Regel<br />

einen wesentlichen Anteil an den Geräuschen aus heiztechnischen<br />

Anlagen. Weitere Geräusche können durch<br />

Drosseleinrichtungen <strong>und</strong> durch Unwucht, Lager- oder<br />

Schaufelschäden von Motor <strong>und</strong> Gebläse auftreten. Maßnahmen<br />

zum Schallschutz sind in Abst<strong>im</strong>mung mit dem<br />

Hersteller zu treffen.<br />

Die Verbrennungsgeräusche haben mehrere Einzelursachen:<br />

– Aerodynamische Geräusche<br />

Diese entstehen durch turbulente Strömungsvorgänge<br />

bei der Vermischung von Brennstoff <strong>und</strong> Luft. Der<br />

Geräuschanteil weist über einen breiten Frequenzbereich<br />

weitgehend gleiche Schalldruckpegel auf <strong>und</strong><br />

ist in der Regel vernachlässigbar<br />

– Flammengeräusche<br />

Diese sind Folge der bei der Verbrennungsreaktion auftretenden<br />

explosionsartigen Volumenänderungen, bei<br />

denen vorwiegend tiefe Frequenzen entstehen<br />

– Flammenerregte Hohlraumschwingungen<br />

Diese Geräusche werden durch Rückwirkung der<br />

Druckschwankungen <strong>im</strong> System Wärmeerzeuger/<br />

Abgasführung auf die Flamme erzeugt <strong>und</strong> sind durch<br />

tieffrequente Töne gekennzeichnet. Sie werden häufig<br />

be<strong>im</strong> Anfahren der Anlage angeregt.<br />

Das Verbrennungsgeräusch wird durch Abstrahlung von<br />

Brenner, Wärmeerzeuger <strong>und</strong> Abgasführung in den Aufstellraum<br />

des Wärmeerzeugers übertragen. Zur Verringerung<br />

der durch die Verbrennung verursachten Geräusche<br />

ist vor allem eine Abst<strong>im</strong>mung des Gebläsebrenner/Wärmeerzeugersystems<br />

erforderlich.<br />

1.4 Abgasanlage<br />

Die Abgasanlage besteht aus dem Verbindungsstück zum<br />

Wärmeerzeuger, gegebenenfalls dem Abgasschalldämpfer,<br />

der vertikalen Abgasleitung <strong>und</strong> der Mündung.<br />

Es wird vorgeschlagen, die Messungen an der Mündung<br />

der Abgasanlage nach DIN 45635-47 durchzuführen <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls auf die Werte <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />

zurückzurechnen. Bezüglich der Messung <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />

gilt auch DIN EN ISO 5136.<br />

Neben den Geräuschen der Gebläsebrenner entstehen<br />

Fließgeräusche in der Rohrleitungsinstallation. Diese sind<br />

auf hohe Fließgeschwindigkeiten in best<strong>im</strong>mten Bereichen<br />

der Wärmeverteilung, z. B. in Ventilen, zurückzuführen.<br />

Hinzu können Geräusche von Pumpen übertragen werden.<br />

Daneben entstehen Knackgeräusche, die <strong>im</strong> Gegensatz<br />

zu Fließgeräuschen nicht direkt zu lokalisieren sind.<br />

Knackgeräusche werden irrtümlicherweise dem <strong>Heiz</strong>körper<br />

zugeordnet, weil diese Geräusche von der <strong>Heiz</strong>fläche<br />

an den Raum abgegeben werden.<br />

Ursachen für Knackgeräusche sind Dehnungsbewegungen<br />

des Wärmeverteilsystems bei kurzzeitigen, extremen<br />

Temperaturänderungen, z. B. bei Aufheizphasen.<br />

Insbesondere Dehnungen von Rohrleitungen in Bereichen<br />

von Wand-, Boden- <strong>und</strong>/oder Deckendurchführungen<br />

führen zu diesen Geräuschen.<br />

Mit der Ausdehnung der Rohrleitung treten Kräfte auf,<br />

die größer als die Haltekräfte durch Einzementieren sein<br />

können. Die Dehnungsspannungen bauen sich nicht stufenlos<br />

gleitend, sondern sprunghaft ab, was zu den Geräuschen<br />

führt.<br />

2. Geräusch<strong>im</strong>mission<br />

2.1 Allgemeines<br />

Als Geräusch<strong>im</strong>missionen werden nach dem BImSchG<br />

alle auf den Menschen <strong>und</strong> seine Umwelt einwirkenden<br />

Geräusche bezeichnet (vgl. § 3 Abs. 2 BImSchG). Hierzu<br />

gehören Geräusche von einer Schallquelle, z. B. eines<br />

Gebläsebrenners. Schädliche Immissionen sind Geräusche<br />

(Luft <strong>und</strong> Körperschall), die nach Art, Ausmaß oder<br />

Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder Belästigungen<br />

für Personen herbeizuführen. Diese lassen sich<br />

nur vermeiden, wenn die Schallabstrahlung (Geräuschquellen)<br />

wirksam reduziert wird.<br />

Die Europäische Union hat mit der RL 2002/49 Regelungen<br />

zu Geräusch<strong>im</strong>missionen erlassen. Ziel ist die<br />

Erfassung der Lärmbelästigung nach objektiven Kriterien<br />

sowie die Bekämpfung der Geräusch<strong>im</strong>missionen.<br />

2.2 Zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in<br />

schutzbedürftigen Räumen<br />

Die von einer heiztechnischen Anlage verursachten Geräusche<br />

dürfen nach DIN 4109 bzw. DIN 4109/A11 in fremden<br />

schutzbedürftigen Räumen die in Tabelle 1 genannten<br />

A-bewerteten Schalldruckpegel nicht überschreiten.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 211<br />

Tabelle 1. Zulässige A-bewertete Schalldruckpegel L AFmax<br />

von heiztechnischen<br />

Anlagen in fremden schutzbedürftigen Räumen.<br />

Wohn- <strong>und</strong> Schlafräume Unterrichts- <strong>und</strong> Arbeitsräume<br />

≤ 30 dB<br />

≤ 35 dB<br />

2.3 Immissionsrichtwerte in der Nachbarschaft<br />

Die Beurteilung der Geräusche von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen in<br />

der Nachbarschaft erfolgt nach TA Lärm. In diesem<br />

Zusammenhang wird auch der Umgang mit gegebenenfalls<br />

in der Nachbarschaft durch die heiztechnische<br />

Anlage auftretenden tieffrequenten Geräusch<strong>im</strong>missionen<br />

(f < 90 Hz) geregelt.<br />

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen aus heiztechnischen<br />

Anlagen L Afmax<br />

, z. B. Starten der Gebläsefeuerung,<br />

dürfen die angegebenen Immissionsrichtwerte am Tage<br />

um nicht mehr als 30 dB(A) <strong>und</strong> in der Nacht um nicht<br />

mehr als 20 dB(A) überschreiten.<br />

Die TA Lärm gibt auch Immissionsrichtwerte für<br />

Immissionsorte innerhalb von Gebäuden an (Tabelle 2).<br />

Tabelle 2. A-bewertete Immissionsrichtwerte für Immissionsorte<br />

innerhalb von Gebäuden [nach TA Lärm].<br />

Betriebsfremde schutzbedürftige Räume<br />

tags<br />

35 dB<br />

nachts<br />

25 dB<br />

3. Schallschutzmaßnahmen<br />

3.1 Allgemeines<br />

Bei den Schallschutzmaßnahmen wird zwischen pr<strong>im</strong>ären<br />

<strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ären Maßnahmen unterschieden.<br />

3.2 Pr<strong>im</strong>äre Maßnahmen<br />

Pr<strong>im</strong>äre Maßnahmen sind beispielsweise<br />

– Planung <strong>und</strong> Ausführung mit Beachtung <strong>und</strong> Um -<br />

setzung der schallschutztechnischen Empfehlungen<br />

– Auswahl von Bauteilen mit nachgewiesenen schalltechnisch<br />

günstigen Eigenschaften (Prüfzeugnis)<br />

– Entkopplung angeregter Bauteile<br />

– Bedämpfung von Flächen, die nicht von<br />

anregenden Bauteilen entkoppelt werden können<br />

3.3 Sek<strong>und</strong>äre Maßnahmen<br />

Sek<strong>und</strong>äre Maßnahmen sind beispielsweise<br />

– Kapselung von Maschinen <strong>und</strong> Anlageteilen<br />

– Dämmung <strong>und</strong> Kapselung dominanter<br />

Geräuschquellen<br />

– Verschließen von Öffnungen durch Schalldämpfer<br />

3.4 Möglichkeiten des Schallschutzes<br />

3.4.1 Allgemeines<br />

Der bauliche Schallschutz <strong>und</strong> die zu erwartende<br />

Geräusch<strong>im</strong>mission in der Wohnnachbarschaft müssen<br />

best<strong>im</strong>mt werden, um die in schutzbedürftigen Räumen<br />

festgelegten A-bewerteten Schalldruckpegel nicht zu<br />

überschreiten.<br />

Bei Beginn der Planung müssen die A-bewerteten Schalldruckpegel<br />

der Gebläsebrenner/Wärmeerzeugereinheit <strong>im</strong><br />

Aufstellraum <strong>und</strong> in der Abgasleitung sowie die Geräusche<br />

an der Mündung der Abgasanlage bekannt sein.<br />

Bauliche Maßnahmen zur Verringerung der Körperschallübertragung<br />

sind <strong>im</strong> Allgemeinen aufwändig <strong>und</strong><br />

ergeben nur dann eine Verbesserung der Körperschalldämmung,<br />

wenn Körperschallbrücken konsequent vermieden<br />

werden.<br />

3.4.2 Anordnung von Aufstellraum, Abgasanlage<br />

<strong>und</strong> zugehörige Öffnungen<br />

Bei der D<strong>im</strong>ensionierung des Aufstellraumes des Wärme<br />

erzeugers ist darauf zu achten, dass dieser für Schallschutzmaßnahmen<br />

(z. B. Einbau <strong>und</strong> Demontage eines<br />

Abgasschalldämpfers, eines Kompensators <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />

<strong>und</strong> einer Schalldämmhaube) aus reichend<br />

Platz bietet. (siehe hierzu auch VDI 2050 Blatt 3).<br />

Eine wirksame Luftschalldämmung wird mit einer großen<br />

flächenbezogenen Masse von Wänden <strong>und</strong> Decken<br />

erreicht.<br />

Bei höheren Anforderungen an den Schallschutz kann<br />

der Aufstellraum vom Wohngebäude räumlich oder durch<br />

Fugen getrennt werden, um die Körperschallübertragung<br />

zu vermindern.<br />

Lüftungsöffnungen <strong>im</strong> Aufstellraum müssen so angeordnet<br />

oder mit ausreichend bemessenen Schalldämpfern<br />

ausgestattet sein, dass auf fremde oder zum Gebäude<br />

gehörende schutzbedürftige Räume keine unzumutbaren<br />

Geräusche einwirken, siehe TALärm.<br />

3.4.3 Körperschall<br />

Der Körperschall entsteht durch mechanische Schwingungen<br />

der heiztechnischen Anlage, vor allem aus der<br />

Gebläsebrenner/Wärmeerzeugeranlage <strong>und</strong> wird in F<strong>und</strong>amenten,<br />

Fußböden, Wänden sowie in den angeschlossenen<br />

Rohrleitungen <strong>und</strong> Abgasanlage weitergeleitet.<br />

Weitere Schallquellen sind Umwälzpumpen, Regelventile<br />

sowie Rohrleitungen.<br />

3.4.4 Luftschall<br />

Die Schallausbreitung von der Schallquelle, z. B. <strong>im</strong> Aufstellraum,<br />

in schutzbedürftige Räume wird durch einoder<br />

zweischalige Bauteile gemindert.<br />

Der Einsatz von Vorsatzschalen für Wände zur angestrebten<br />

Verbesserung der Luftschalldämmung von heiztechnischen<br />

Anlagen ist möglich, jedoch sind Vorsatzschalen<br />

wegen des tieffrequenten Charakters der Geräusche<br />

von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen nur bei entsprechender fachlichen<br />

Auslegung erfolgversprechend.<br />

Eine hohe Schalldämmung ist nur möglich, wenn der<br />

Aufstellraum des Wärmeerzeugers vom Wohngebäude<br />

räumlich oder durch Fugen getrennt errichtet wird, das<br />

heißt die mögliche Geräuschübertragung über flankierende<br />

Bauteile min<strong>im</strong>iert wird.


212 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Die bauaufsichtlich geforderten Mindestanforderungen<br />

an die Luftschalldämmung von Bauteilen zwischen<br />

„besonders lauten“ <strong>und</strong> schutzbedürftigen Räumen können<br />

der Tabelle 5 in DIN 4109 entnommen werden.<br />

4. Schallschutzmaßnahmen<br />

4.1 Allgemeines<br />

Bei bestehenden heiztechnischen Anlagen, bei denen nicht<br />

klar erkennbar ist, ob Luft- oder Körperschallübertragung<br />

vorliegt, sind entsprechende Messungen erforderlich.<br />

Zuerst wird die Schallpegeldifferenz D zwischen Aufstellraum<br />

des Wärmeerzeugers <strong>und</strong> schutzbedürftigem<br />

Raum bei in Betrieb befindlicher Anlage gemessen.<br />

Anschließend wird bei abgeschalteter Anlage die Schallpegeldifferenz<br />

Da zwischen Aufstellraum des Wärmeerzeugers<br />

<strong>und</strong> schutzbedürftigem Raum nach DIN EN ISO<br />

140-4 best<strong>im</strong>mt. Ergeben sich bei beiden Messungen gleiche<br />

Schallpegeldifferenzen, liegt ausschließlich Luftschallübertragung<br />

vor.<br />

Bei Abweichungen der gemessenen Werte von mehr als<br />

3 dB überwiegt der Körperschallanteil <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mt bei<br />

Differenzen von mehr als 10 dB allein den Schalldruckpegel<br />

<strong>im</strong> schutzbedürftigen Raum.<br />

Nach diesen Ergebnissen sind die erforderlichen Maßnahmen<br />

einzuleiten.<br />

4.2 Körperschalldämmung<br />

Wärmeerzeuger, Trinkwassererwärmer, Ausdehnungsgefäße,<br />

Druckhaltesysteme, Vor- <strong>und</strong> Rücklaufverteiler mit<br />

den <strong>Heiz</strong>kreispumpen sind bei Bedarf körperschallgedämmt<br />

aufzustellen. Das Verteilnetz ist mit Körperschall<br />

dämmenden Rohrschellen zu installieren.<br />

Als Körperschall dämmende Unterlagen kommen<br />

punktförmige oder flächige elastische Materialien in<br />

Betracht. Hierzu ist die Richtlinie VDI 3727 Blatt 1<br />

„Schallschutz durch Körperschalldämpfung“ eine Planungsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Weitere Hinweise zur Schwingungsisolierung<br />

<strong>und</strong> Körperschalldämpfung befinden sich in den<br />

Richtlinien VDI 2062 sowie in VDI 2081.<br />

Rohre sind frei durch Mauerdurchbrüche zu führen,<br />

wenn brandschutztechnische Bedingungen dies nicht verhindern.<br />

Sie dürfen nicht durch Mörtel <strong>und</strong>/oder Estrich<br />

am Ausdehnen gehindert werden, um Knackgeräusche zu<br />

vermeiden. Diese Geräusche können auch durch den hydraulischen<br />

Abgleich <strong>und</strong> eventuelle differenzdruckregelnde<br />

Maßnahmen abgestellt werden.<br />

Geräuschübertragungen durch <strong>Heiz</strong>flächen können<br />

vermindert werden, wenn die <strong>Heiz</strong>flächenbefestigung an<br />

der Wand körperschallisoliert durch entsprechende<br />

Kunststoffelemente an den Kontaktflächen zwischen<br />

Wandkonsole <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>körper erfolgt.<br />

4.3 Luftschalldämmung<br />

Zur Ermittlung der erforderlichen Luftschalldämmung<br />

zwischen einer vertikalen Abgasleitung <strong>und</strong> dem schutzbedürftigen<br />

Raum liegt ein detailliertes Rechenverfahren<br />

zurzeit jedoch noch nicht vor. Es wird deshalb empfohlen,<br />

schutzbedürftige Räume nicht unmittelbar an vertikale<br />

Abgasleitungen angrenzen zu lassen, sondern mindestens<br />

einen Raum mit geringerer Schutzbedürftigkeit (Küche,<br />

Bad, Abstellraum o. Ä.) dazwischen anzuordnen.<br />

4.3.1 Schalldämmhauben<br />

Mit Gebläsebrenner-Schalldämmhauben werden die<br />

A-bewerteten Schallleistungspegel <strong>und</strong> Schalldruckpegel<br />

reduziert. Die Minderung wird in Tabelle 3 dargestellt.<br />

Die Brennerkapselung muss so ausgelegt <strong>und</strong> gestaltet<br />

sein, dass eine ausreichende Brenn- <strong>und</strong> Kühlluftversorgung<br />

für Antriebsmotor <strong>und</strong> elektrische Schaltteile sichergestellt<br />

ist. Der saugseitige Druckverlust der Brennerkapsel<br />

ist bei der feuerungstechnischen Bemessung zu berücksichtigen.<br />

Weiterhin ist ausreichender Platz für Montage<br />

<strong>und</strong> Demontage der Schalldämmhaube vorzusehen.<br />

Tabelle 3. Erreichbare Minderung der A-bewerteten Schalldruckpegel<br />

durch Schalldämmhauben für Gebläsebrenner in Abhängigkeit<br />

von der Nennwärmeleistung des Wärmeerzeugers.<br />

Nennwärmeleistung P Kessel<br />

Minderung der A-bewerteten<br />

Schalldruckpegel (Einfügungsdämm-Maß)<br />

D I<br />

< 50 kW bis zu 20 dB bis zu 20 dB<br />

500 kW bis 1000 kW bis zu 22 dB<br />

> 1000 kW bis zu 24 dB<br />

4.3.2 Abgasschalldämpfer<br />

Die erforderlichen Einfügungsdämpfungs-Maße DI von<br />

Abgasschalldämpfern sind stark abhängig von den Verbrennungsgeräuschen<br />

der Gebläsebrenner/Wärmeerzeugereinheiten<br />

<strong>und</strong> den zulässigen oder vereinbarten Immissionsrichtwerten<br />

nach DIN 4109 (VDI 4100) <strong>und</strong> TA<br />

Lärm.<br />

Es sind besonders die Schalldruckpegel <strong>im</strong> Frequenzbereich<br />

von 31,5 Hz bis 1 000 Hz zu beachten, weil bei<br />

den niedrigen Frequenzen gr<strong>und</strong>sätzlich ein erhöhter Aufwand<br />

für die Dämpfung erforderlich ist, z. B. wesentlich<br />

größere Maße <strong>und</strong> Gewichte.<br />

Der abgasseitige Strömungswiderstand eines Abgasschalldämpfers<br />

muss bei der feuerungstechnischen Bemessung<br />

berücksichtigt bzw. vom Gebläsebrenner mit überw<strong>und</strong>en<br />

werden.<br />

4.3.3 Lüftungsschalldämpfer<br />

Zur Minderung von Geräuschen, die durch die Lüftungsöffnung<br />

des Aufstellraumes des Wärmeerzeugers in<br />

schutzbedürftige Räume übertragen werden, ist der Einbau<br />

eines Kulissenschalldämpfer mit geringem Druckverlust<br />

zweckmäßig.<br />

Wird die Frischluft <strong>mittels</strong> maschinellem Ventilator<br />

dem Aufstellraum des Wärmeerzeugers zugeführt, ist<br />

saug- <strong>und</strong> druckseitig ein ausreichend bemessener<br />

Absorptionsschalldämpfer vorzusehen. Zur richtigen <strong>und</strong><br />

opt<strong>im</strong>alen Auslegung des Schalldämpfers muss das <strong>im</strong><br />

Aufstellraum des Wärmeerzeugers vorhandene Schallspektrum<br />

zugr<strong>und</strong>e gelegt werden.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 213<br />

Je nach Ventilatorbauart <strong>und</strong> Einbauort kann zusätzlich<br />

eine Kapselung des Ventilatoraggregates notwendig<br />

werden.<br />

5. Schlussbemerkung<br />

Der Betrieb einer heiztechnischen Anlage führt gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zu Geräuschen, die zu Beeinträchtigungen des<br />

Wohlbefinden von betroffenen Menschen führen können,<br />

wenn sie lauter als zulässig sind. In VDI 2715 als anerkannte<br />

Regel der Technik sind alle Maßnahmen beschrieben,<br />

die zur Dämpfung der entstehenden Geräusche führen<br />

können.<br />

Es wird beispielsweise empfohlen, Gebläsebrenner/<br />

Wärmeerzeugereinheiten vorzusehen, die einen best<strong>im</strong>mten<br />

A-bewerteten Schallleistungspegel unterschreiten.<br />

Sind konkrete Angaben über den A-bewerteten Schallleistungspegel<br />

vom Hersteller nicht zu erhalten, können die<br />

Angaben der Richtlinie hierzu herangezogen werden.<br />

Es sind auch die Berechnungsgleichungen aufgeführt,<br />

mit denen der zu erwartende A-bewertete Schalldruckpegel<br />

<strong>im</strong> Aufstellraum des Wärmeerzeugers sowie <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />

der Abgasanlage näherungsweise berechnet<br />

werden kann.<br />

Die Bemessung der Luftschalldämmung zwischen Aufstellraum<br />

des Wärmeerzeugers <strong>und</strong> nächst benachbartem<br />

schutzbedürftigen Raum kann nach einer in der Richtlinie<br />

angegebenen Gleichung vorgenommen werden. Der<br />

Nachweis der tatsächlich erreichten Luftschalldämmung<br />

am Bau erfolgt durch Messungen nach DIN EN ISO 140-4.<br />

Ebenfalls sind Berechnungen nach VDI 2715 für die<br />

Auslegung der Federsteifen von Körperschall dämmenden<br />

Unterlagen möglich.<br />

Beachtung <strong>und</strong> Anwendung der Anerkannten Regeln<br />

der Technik, die in VDI 2715 <strong>und</strong> den anderen hier angeführten<br />

Regelwerken dokumentiert sind, ermöglichen es<br />

Planern <strong>und</strong> Unternehmern der Ausführung, wirksame<br />

Schallschutzmaßnahmen für heiztechnische Anlagen zu<br />

planen <strong>und</strong> zu verwirklichen.<br />

Ges<strong>und</strong>heitstechnische Gesellschaft<br />

Mitteilungen<br />

Am 19. April 2012 fand satzungsgemäß die Mitgliederversammlung<br />

<strong>im</strong> Hörsaal des Hermann-Rietschel-Institutes<br />

der TU Berlin statt. Tagesordnung: TOP 1: Der<br />

vorsitzende Prof. Dr. Külpmann erläutert den Geschäftsbericht.<br />

Insgesamt fanden <strong>im</strong> Berichtsjahr 12 Vortragsveranstaltungen<br />

statt mit technisch-wissenschaftlicher Aussprache<br />

<strong>und</strong> Nachsitzung. Inhaltlich wurden alle Sachgebiete<br />

der <strong>Gebäudetechnik</strong> behandelt sowie am Beispiel<br />

von ausgeführten ges<strong>und</strong>heitstechnischen Anlagen in<br />

Wohn-, Zweck- <strong>und</strong> Industriebauten der aktuelle Stand<br />

der Technik vermittelt. Im Dezember 2011 wurde eine<br />

Besichtigung als Gesamtveranstaltung von GG <strong>und</strong> VDI<br />

durchgeführt <strong>im</strong> Vattenfall-<strong>Heiz</strong>kraftwerk Barnackufer.<br />

Erstmals vertreten war die Ges<strong>und</strong>heitstechnische Gesellschaft<br />

<strong>im</strong> Mai 2011 auf dem 3. Forum Wohnungslüftung,<br />

veranstaltet von der HEA-Fachgemeinschaft für effiziente<br />

Energieanwendung e.V. <strong>und</strong> Solarpraxis AG. Um den<br />

Anspruch auf hohe Aktualität zu entsprechen, fand ein<br />

Koloquium TrinkWasser statt gemeinsam mit dem<br />

Umweltb<strong>und</strong>esamt.<br />

Satzungsgemäß wurde <strong>im</strong> Berichtszeitraum die denkmalgeschützte<br />

Grabstätte von Professor Hermann Rietschel<br />

durch Pflege in ehrendem Andenken gehalten. Die<br />

Fachvorträge zu GG-Veranstaltungen wurden <strong>im</strong> gi veröffentlicht<br />

sowie <strong>im</strong> Mitteilungsblatt der Ges<strong>und</strong>heitstechnischen<br />

Gesellschaft. Die Gesellschaft verzeichnet per<br />

31.12.2011 eine Mitgliederzahl von 704 (–8).<br />

TOP 2: Kassenbericht 2011 sowie Haushaltsplan 2012.<br />

Insgesamt ist eine positive Bilanz zu verzeichnen. Die<br />

2012 begonnenen Initiativen werden weitergeführt, besonders<br />

u. a. die Messepräsenz auf der bautec, Partner von<br />

lnnovationsmarkt <strong>Gebäudetechnik</strong>, 27. Berliner Ges<strong>und</strong>heitstechnische<br />

Tagung. Der Kassenbericht <strong>und</strong> der<br />

Haushaltsplan für 2012 wurden erläutert.<br />

TOP 3: Bericht der Kassenprüfer für das Geschäftsjahr<br />

2011. Kassenprüfer Dipl.-Ing. Peter Lein berichtet<br />

über die am 16. April 2012 in den Geschäftsräumen der<br />

Innung SHK Berlin durchgeführte Kassenprüfung. Keinerlei<br />

Beanstandungen.<br />

TOP 4: Entlastungen. Nach einer Würdigung der<br />

geleisteten Arbeit mit Worten des Dankes über die geleistete<br />

Arbeit bat der Sitzungsleiter Peter Lein die Anwesenden<br />

jeweils um Entlastung für den Vorsitzenden<br />

(Prof. Dr. Rüdiger Külpmann), die drei gleichberechtigten<br />

Stellvertreter (Dipl.-Ing. Charles Bittrich, Dipl.-Ing.<br />

Dirk Borrmann, Dipl.-Ing. Dietrich Wittmer), die<br />

Geschäftsführerin (Ass.HL Angelika Bopp) <strong>und</strong> den<br />

Schatzmeister (Dr. Klaus Rinkenburger). Entlastungen<br />

ohne Gegenst<strong>im</strong>men bei Enthaltung der anwesenden<br />

Betroffenen.<br />

TOP 5: Wahlen,Kassenprüfer. Für die Wahl der Kassenprüfer<br />

kandidierten die amtierenden Kassenprüfer<br />

Dipl.-Ing. Peter Lein <strong>und</strong> Dr.-Ing. Axel Rathey. Beide<br />

wurden satzungsgemäß ohne Gegenst<strong>im</strong>me bei Enthaltung<br />

der anwesenden Betroffenen erneut gewählt <strong>und</strong><br />

nahmen die Wahl an. Neu wurde bereits in den Vorstand<br />

gewählt auf der Jahreshauptversammlung 2011 Dipl.-Ing.<br />

Dirk Borrmann für Dipl.-Ing. Eduard Rabe, der <strong>im</strong> Mai<br />

2011 in den Ruhestand ging.<br />

TOP 6: Festsetzung der Aufnahmegebühr <strong>und</strong> der Mitgliedsbeiträge.<br />

Der aktuelle Status zu Mitgliedsbeirägen<br />

<strong>und</strong> Aufnahmegebühr wurden bestätigt.<br />

TOP 7: Beschlussfassung über eingegangene Anträge.<br />

Es lagen keine Anträge vor.<br />

TOP 8: Verschiedenes. Es lagen keine Anfragen vor.


214 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Risiken der Vertragsgestaltung werden bei<br />

Großprojekten unterschätzt<br />

Eigentlich hätte es ein großer Tag werden sollen. Am<br />

3. Juni, so war es geplant, sollte der neue Flughafen Berlin<br />

Brandenburg (BER) in Betrieb gehen. Wie manche Beteiligten<br />

erst kurz zuvor erfahren haben, muss die Eröffnung<br />

nun um 273 Tage, konkret auf den 17. März 2013, verschoben<br />

werden. Auch wenn es viele, die sich in den letzten<br />

Wochen die Baustelle angesehen hatten, bereits geahnt<br />

hatten, <strong>und</strong> einige der an diesem Großprojekt tätigen Planer<br />

<strong>und</strong> Ausführenden es auch schon gewusst hatten. Die<br />

Nachricht, dass der geplante Termin nicht zu halten ist,<br />

traf die Öffentlichkeit wie ein Schlag.<br />

Dabei ist es keine Seltenheit, dass öffentliche Bauprojekte<br />

ihrem ursprünglichen Zeitplan hinterherhinken –<br />

manchmal nur einige Tage, in anderen Fällen mehrere<br />

Jahre. Die Gründe für die Bauzeitverzögerungen sind<br />

vielfältig: So kommt es vor, dass Bauherren <strong>und</strong> Planer<br />

<strong>und</strong>/oder Bauunternehmer sich nicht einig sind oder die<br />

Planung in der Baupraxis gar nicht oder nur mit erhöhten<br />

Kosten umsetzbar ist. Baumängel, Zahlungsverzug oder<br />

Lieferschwierigkeiten – bei jedem Bauprojekt könnten<br />

zahlreiche Punkte ergänzt werden.<br />

Ein Gesichtspunkt ist bei der Suche nach den Ursachen,<br />

die in Berlin noch ganz am Anfang steht, bislang<br />

jedoch außer Acht gelassen worden: die Vertragsgestaltung,<br />

deren Aufgabe es ja gerade ist, den Vertragsparteien<br />

für unvorhergesehene <strong>und</strong> problematische Situationen<br />

Lösungen zur Verfügung zu stellen, <strong>und</strong> zwar bevor das<br />

Projekt in eine Schieflage gerät. Eine solche <strong>im</strong> Vertrag zu<br />

berücksichtigende Problemlage ist regelmäßig die (drohende)<br />

Insolvenz eines Planers <strong>und</strong>/oder eines Bauunternehmers,<br />

denn diese kann den Zeitplan von einem<br />

Moment zum anderen aus den Angeln heben. Auch das<br />

Flughafenprojekt Berlin ist hiervon nicht verschont<br />

geblieben. Die Insolvenz der IGK-IGR Ingenieurgesellschaft<br />

Kruck mbH, der Fachplanerin für die technische<br />

Gebäudeausrüstung (TGA), ist derzeit zwar von der<br />

Öffentlichkeit noch gar nicht in den Blick genommen<br />

worden, wird <strong>im</strong> Ergebnis jedoch vermutlich als eine der<br />

Hauptursachen des Desasters anzusehen sein, zumal dieses<br />

Büro – neben den Architekturbüros GMP <strong>und</strong> JSK –<br />

Gesellschafterin der Planungsgemeinschaft Flughafen<br />

Berlin Brandenburg International (PG BBI) war, der –<br />

nach Ausscheiden der insolventen IGK-IGR – viel zu spät<br />

der Auftrag entzogen worden war.<br />

Ein weiteres Negativbeispiel ist der Bau der Elbphilharmonie<br />

in der Hamburger HafenCity. Das seit 2007 <strong>im</strong><br />

Bau befindliche zukünftige Konzerthaus sollte ursprünglich<br />

2010 fertig werden <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 80 Millionen Euro kosten.<br />

Die Eröffnung wurde seitdem einige Male verschoben<br />

<strong>und</strong> ist aktuell für 2014 oder 2015 geplant. Die Kosten<br />

haben sich inzwischen vervielfacht, Schätzungen liegen<br />

mittlerweile bei knapp 480 Millionen Euro. Intransparente<br />

Verhandlungen, die Struktur des Bauvertrags, eine<br />

verfrühte Ausschreibung – die Reihe der Kritikpunkte ist<br />

auch hier lang. Die logische Konsequenz sind Schadenersatzklagen,<br />

die das Bauprojekt vermutlich weiter in die<br />

Länge ziehen werden. Auch hier ist die Frage der richtigen<br />

Vertragsgestaltung <strong>und</strong> -verhandlung <strong>und</strong> deren<br />

Verantwortlichkeit zu klären.<br />

„Für den Bauherrn bzw. den Investor eines Großbauprojekts<br />

ist nicht nur die Auswahl der Vertragspartner,<br />

sondern auch die richtige Vertragsgestaltung von kaum zu<br />

überschätzender Bedeutung. Dies zeigen auch die aktuellen<br />

Erfahrungen mit dem Flughafen Berlin Brandenburg“,<br />

so Dr. Andreas Koenen, Baurechtsspezialist <strong>und</strong><br />

Gründer der Baurechtskanzlei KOENEN RECHTS-<br />

ANWÄLTE. „Die termingerechte <strong>und</strong> mangelfreie Erledigung<br />

der geschuldeten Leistung sicherzustellen, muss<br />

Aufgabe <strong>und</strong> Ziel einer jeden Vertragsgestaltung sein.<br />

Vertragsgestaltung ist jedoch mehr als das Heraussuchen<br />

eines vermeintlich passenden Vertragsmusters. Genau dies<br />

ist allerdings die Realität, auch bei Großbauvorhaben.<br />

Wenn Google in diesem Bereich eine größere Rolle spielt<br />

als juristischer Sachverstand <strong>und</strong> baupraktische Erfahrung,<br />

braucht sich niemand zu w<strong>und</strong>ern, wenn es <strong>im</strong><br />

Ernstfall schiefgeht. Denn richtige Vertragsgestaltung<br />

fängt – wie dies bei der Planung <strong>im</strong> Übrigen eine Selbstverständlichkeit<br />

ist – bei der juristischen Gr<strong>und</strong>lagenermittlung<br />

an. Und hierauf wird in der Regel verzichtet“, so<br />

Koenen.<br />

Tiefer gehende Informationen<br />

Der erste Schritt bei den meisten Bauvorhaben ist die<br />

Erbringung der technischen Gr<strong>und</strong>lagenermittlung durch<br />

einen Architekten (Leistungsphase 1), der sich dabei<br />

jedoch – vor allem wenn er befürchten muss, diese Leistung<br />

als Akquisitionsleistung erbringen zu müssen – auf<br />

wenige Prüfungspunkte beschränkt. So fragt er in diesem<br />

Planungsstadium lediglich die baulichen Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn ab, prüft die<br />

damit verb<strong>und</strong>enen Nutzungsmöglichkeiten, st<strong>im</strong>mt den<br />

Leistungsbedarf ab <strong>und</strong> unterbreitet Vorschläge, welche<br />

weiteren Fachplaner hinzugezogen werden sollen. Dass<br />

hierdurch bereits wesentliche Weichen gestellt werden, ist<br />

häufig noch nicht einmal den Architekten bewusst.<br />

Anstatt bereits in diesem frühen Stadium rechtliche<br />

Gesichtspunkte einfließen zu lassen, sind juristische<br />

Tätigkeiten bei dem – in der Honorarordnung für Architekten<br />

<strong>und</strong> Ingenieure (HOAI) nachgebildeten – typischen<br />

Bauablauf in nur sehr eingeschränktem Umfang<br />

vorgesehen. Zudem werden sie in der Regel vom Architekten<br />

selbst erledigt: In der Leistungsphase 4 geht es um<br />

Fragen des öffentlichen Baurechts <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. In den Leis-


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 215<br />

tungsphasen 6 (Vorbereitung der Vergabe) <strong>und</strong> 7 (Mitwirkung<br />

bei der Vergabe) geht es um die konkrete Vertragsgestaltung,<br />

die nach der Vorstellung der HOAI gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zum Aufgabenbereich des Architekten gehört.<br />

Schließlich geht es in den Leistungsphasen 8 (Bauüberwachung)<br />

<strong>und</strong> 9 (Objektbetreuung in der Gewährleistungsphase)<br />

um die – stark juristisch geprägte – Durchsetzung<br />

von Mängelrechten.<br />

Da diese juristischen Aufgaben <strong>im</strong> Leistungskatalog<br />

des Architekten regelmäßig eine untergeordnete Rolle<br />

spielen, ist es diesem gesetzlich erlaubt, diese Aufgaben zu<br />

erledigen, ohne mit dem – die gewerbsmäßige Besorgung<br />

fremder Rechtsangelegenheiten beschränkenden – Rechtsdienstleistungsgesetz<br />

in Konflikt zu geraten. Dieses „Dürfen“<br />

führt, zum Leidwesen vieler Architekten, in der Praxis<br />

jedoch dazu, dass die Architekten diese Aufgaben<br />

auch erledigen müssen, weil sie – aus Sicht des Bauherrn<br />

– zu den Gr<strong>und</strong>leistungen des Architekten gehören <strong>und</strong><br />

durch das Architektenhonorar bereits bezahlt sind. Dabei<br />

ist jedenfalls den Architekten durchaus bewusst, wie<br />

schwierig <strong>und</strong> haftungsträchtig die juristischen Tätigkeiten<br />

sind <strong>und</strong> dass sie von ihren Haftpflichtversicherern<br />

dementsprechend nicht gern gesehen sind. Den Architekten<br />

gelingt es jedoch häufig nicht, ihre Auftraggeber<br />

davon zu überzeugen, dass es für diese letztlich sogar<br />

günstiger wäre, gleich von Beginn an einen Sonderfachmann<br />

Recht einzuschalten.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> hat sich in den vergangenen<br />

Jahren bei Großbauvorhaben neben den Architekten <strong>und</strong><br />

Generalplanern eine weitere Berufsgruppe etabliert: die<br />

dem Bauingenieurwesen entstammenden Baubetriebler,<br />

die – neben Projektmanagement, Projektsteuerung <strong>und</strong><br />

Baubetreuung – auch das „Vertrags-, Cla<strong>im</strong>- & Nachtragsmanagement“<br />

zwischenzeitlich fest in ihren Leistungskatalog<br />

aufgenommen haben. Ob diese Entwicklung<br />

die Probleme des Bauherrn <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />

Vertragsgestaltung lösen kann, erscheint fraglich, zumal<br />

die Frage der Wirksamkeit dieser Verträge in der Regel<br />

erst <strong>im</strong> Haftungsfall geklärt werden kann. Denn nur<br />

dann, wenn die juristischen Tätigkeiten unwesentlicher<br />

Bestandteil der <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehenden bautechnischen<br />

<strong>und</strong> baufachlichen Prüfung sind, Planungs-, Kontroll-<br />

<strong>und</strong> Koordinierungsaufgaben des Ingenieurbüros<br />

somit <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, kann es sich bei einem Vertrags-,<br />

Cla<strong>im</strong>- oder Nachtragsmanagement um ein erlaubnisfreies<br />

Nebengeschäft <strong>im</strong> Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes<br />

handeln, wobei bei der auf den Einzelfall<br />

abzustellenden Entscheidung auch die Gesichtspunkte<br />

der Beeinträchtigung der Qualität <strong>und</strong> der Funktionsfähigkeit<br />

der Rechtspflege Berücksichtigung finden (vgl.<br />

Art. 1 § 5 RBerG bzw. § 5 Abs. 1 RDG sowie OLG Naumburg,<br />

Urteil vom 14.03.2008 – 10 U 64/07; BauR 2009,<br />

1171; BGH, Beschluss vom 25.09.08 – VII ZR 102/08;<br />

BauR 2009, 1171).<br />

So ist unter diesem Blickwinkel unter „Mitwirkung bei<br />

der Vergabe“ (Leistungsphase 7 der HOAI) lediglich die<br />

Vorbereitung üblicher Bauverträge, d. h. das Heraussuchen<br />

handelsüblicher Vertragsmuster zu verstehen.<br />

Diese müssen beispielsweise Gewährleistungsfristen,<br />

Skontovereinbarungen <strong>und</strong> übliche Vertragsstrafklauseln<br />

enthalten. Geht die Beratung hierüber hinaus, bewegt sich<br />

der Architekt/Bauingenieur auf dem Terrain, das der<br />

anwaltlichen Haupttätigkeit vorbehalten ist.<br />

Um vor diesem Hintergr<strong>und</strong> auf der vermeintlich<br />

sicheren Seite zu sein, beziehen Architekten <strong>und</strong> Bauingenieure<br />

üblicherweise die VOB/B in den Vertrag ein, jedoch<br />

ohne dabei zu beachten, dass die wirksame Einbeziehung<br />

an best<strong>im</strong>mte Voraussetzungen geknüpft ist, in den meisten<br />

Fällen auch gar nicht ausreicht <strong>und</strong> die sonstigen Vertragsbedingungen<br />

zudem in die VOB/B, die es schon seit<br />

den 1920er-Jahren gibt, eingreifen. Viele Architekten/<br />

Bauingenieure wissen nicht, dass es seit Anfang 2004 die<br />

bis dahin weitgehend geschützte „VOB/B als Ganzes“ gar<br />

nicht mehr gibt.<br />

Den Ingenieurbüros ist allerdings nicht damit geholfen,<br />

sich <strong>im</strong> Einzelfall selbst anwaltlichen Rat einzuholen. Die<br />

Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, die ohne entsprechende<br />

Erlaubnis erbracht wird, wird nämlich nicht<br />

dadurch gerechtfertigt, dass sich der Handelnde (hier das<br />

Ingenieurbüro) seinerseits der Hilfe eines Rechtsanwalts<br />

bedient (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 166/06;<br />

GRUR 2009, 1077; MDR 2009, 1366; NJW 2009, 3242;<br />

WM 2009, 1953).<br />

Ob es sich <strong>im</strong> Fall des Flughafens Berlin Brandenburg<br />

bei den von den beauftragten Ingenieurbüros erbrachten<br />

juristischen Tätigkeiten <strong>im</strong> Einzelfall um ein untergeordnetes<br />

Nebengeschäft oder um erlaubnispflichtige Rechtsberatung<br />

handelte, werden vermutlich erst die Gerichte<br />

entscheiden. Eindeutig ist jedoch, dass die Folgen eines<br />

Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz für den<br />

Bauherrn, die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH,<br />

katastrophal wären. Denn wird die Grenze der erlaubten<br />

Rechtsberatung überschritten, wäre der Vertrag mit dem<br />

Ingenieurbüro nichtig, mit der Folge, dass der Bauherr<br />

auch keine (vertraglichen) Haftungsansprüche für den<br />

Fall der Schlechtleistung hätte <strong>und</strong> zudem auch kein Versicherungsschutz<br />

bestünde.<br />

Rechtlich zulässig ist das Vertrags-, Cla<strong>im</strong>- <strong>und</strong> Nachtragsmanagement<br />

durch ein Ingenieurbüro also <strong>im</strong>mer<br />

nur dann, wenn es sich um ein Nebengeschäft handelt,<br />

wobei die Erbringung einer best<strong>im</strong>mten Rechtsdienstleistung<br />

nicht als vertragliche Nebenleistung vereinbart sein<br />

darf.<br />

Ob <strong>im</strong> Ergebnis ein erlaubtes Nebengeschäft vorliegt,<br />

ist nach seinem Inhalt <strong>und</strong> Umfang sowie dem sachlichen<br />

Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung<br />

der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die<br />

Haupttätigkeit erforderlich sind. Ein Architekt bzw. Bauingenieur<br />

darf als Nichtanwalt also nur so weit rechtsberatend<br />

tätig werden, wie er für die Ausübung seiner<br />

Haupttätigkeit über Rechtskenntnisse verfügen muss.<br />

Und diese Rechtskenntnisse muss er <strong>im</strong> Rahmen der Ausbildung<br />

erworben haben oder sie sind für die Ausübung<br />

des Berufes eigentümlich <strong>und</strong> für die Haupttätigkeit erforderlich.<br />

Maßstab für die Abgrenzung zwischen erlaubter<br />

Tätigkeit (wirksamer Vertrag mit Haftung des Ingenieurs)<br />

<strong>und</strong> unerlaubter Rechtsberatung sind somit vor allem die<br />

Rechtskenntnisse, die die Architekten bzw. Bauingenieure<br />

<strong>im</strong> Rahmen ihrer Ausbildung üblicherweise erwerben<br />

(müssen), um ihren Beruf ausüben zu können. „Zum Studiengang<br />

Master of Science gehört auch das Bauvertragsrecht“,<br />

konstatiert Dr. Koenen, selbst Lehrbeauftragter


216 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

für Bauvertragsrecht am Institut Baubetrieb <strong>und</strong> Baumanagement<br />

der Universität Duisburg Essen. „Die angehenden<br />

Bauingenieure sollen die Gr<strong>und</strong>lagen des Bauvertragsrechts<br />

beherrschen <strong>und</strong> das wird in den Klausuren<br />

auch abgefragt. Vertragsgestaltung setzt jedoch sehr viel<br />

mehr als Gr<strong>und</strong>lagenwissen voraus. Vor allem gehören<br />

hierzu vertiefte Kenntnisse <strong>im</strong> Zivilprozessrecht, die Juristen<br />

erst nach dem ersten Staatsexamen abverlangt werden.<br />

Insofern gehört Vertragsgestaltung bei uns an der<br />

Universität Duisburg Essen selbstverständlich nicht zum<br />

Studienprogramm.“ Nichts anderes gilt <strong>im</strong> Übrigen für<br />

die Zusatzqualifikation Privates Baurecht an der Juristischen<br />

Fakultät der Universität Marburg, an der Dr. Koenen<br />

ebenfalls einen Lehrauftrag innehat. „Zwar geht die<br />

Ausbildung der Juristen in Marburg über drei Semester<br />

<strong>und</strong> nicht wie be<strong>im</strong> Masterstudiengang der Bauingenieure<br />

lediglich über ein Semester. Aber auch hier wäre es verfrüht,<br />

Kenntnisse in Vertragsgestaltung zu vermitteln.<br />

Man muss den Vertrag vom Ende her denken <strong>und</strong> gestalten,<br />

d. h. von dem zu vermeidenden Bauprozess. Und<br />

ohne vertiefte Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen in diesem<br />

Bereich bringt die Vermittlung des Wissens, wie Verträge<br />

gestaltet <strong>und</strong> ausgehandelt werden sollten, nicht viel.<br />

Insofern darf man dies von Bauingenieuren auch nicht<br />

erwarten. Und das tut auch niemand.“<br />

Wenn aber die Vertragsgestaltung wie auch andere<br />

über das Gr<strong>und</strong>lagenwissen hinausgehende juristische<br />

Themen in der Ausbildung keine Rolle spielen, hat dies<br />

unmittelbar Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Verträge<br />

mit Ingenieurbüros. Umso erstaunlicher ist es, dass<br />

Bauherren die Vertragsgestaltung nach wie vor Architekten<br />

<strong>und</strong> Ingenieuren überlassen. Die Erwartung des Bauherrn/Auftraggebers,<br />

er werde auf diese Problemlage von<br />

seinem Architekten/Ingenieur aufmerksam gemacht, ist<br />

unbegründet. Denn hierzu dürften diese gar nicht verpflichtet<br />

sein, zumal sie – anders als Rechtsanwälte, die<br />

dem Verbot der Tätigkeit <strong>im</strong> Bereich widerstreitender<br />

Interessen unterliegen (§§ 43a, 45, 46 BRAO) – nicht ausschließlich<br />

die Interessen ihres Auftraggebers vertreten<br />

müssen. Ein Interessenkonflikt hat nämlich nur die für<br />

den Bauherrn problematische Unwirksamkeit des Vertrages<br />

zur Folge. Nach § 4 RDG dürfen keine Rechtsdienstleistungen<br />

erbracht werden, die unmittelbaren Einfluss<br />

auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben<br />

können.<br />

Nach alledem sollte sich ein Bauherr, vor allem bei<br />

Großbauvorhaben, möglichst vor Erteilung eines Auftrages<br />

an eines der bei der späteren Realisierung des Baus<br />

beteiligten Unternehmen mit der vorrangigen Frage nach<br />

der richtigen Aufgabenverteilung <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />

vertraglichen Ausgestaltung beschäftigen. „Der<br />

richtige Vertrag zum richtigen Zeitpunkt ist für den Erfolg<br />

eines Projekts von entscheidender Bedeutung“, so Dr.<br />

Koenen. „Auch be<strong>im</strong> Bauvorhaben Flughafen Berlin<br />

Brandenburg dürfte die Bauzeitverzögerung nicht nur auf<br />

die – häufig nur vorgeschobenen – technischen Probleme,<br />

sondern möglicherweise sogar vorrangig auf eine unzureichende<br />

Vertragsgestaltung zurückzuführen sein. Denn<br />

Probleme, wie sie jetzt in Berlin aufgetreten sind, kann<br />

man in der Regel in den Griff bekommen. Das ist jedenfalls<br />

Aufgabe <strong>und</strong> Ziel einer professionellen Vertragsgestaltung.“<br />

Weitere Informationen unter www.bauanwaelte.de<br />

Über KOENEN RECHTSANWÄLTE<br />

KOENEN RECHTSANWÄLTE ist eine ausschließlich<br />

auf Baurecht spezialisierte Anwaltskanzlei. Ein Team<br />

von derzeit acht Bauanwälten, die an den Standorten<br />

Essen, Hannover, Münster <strong>und</strong> Bielefeld standortübergreifend<br />

tätig sind, bietet neben außergerichtlicher <strong>und</strong><br />

gerichtlicher Vertretung auch baubegleitende Rechtsberatung<br />

an, <strong>und</strong> zwar von Beginn an, d. h. der Gr<strong>und</strong>lagenermittlung<br />

bis zur Bauausführung <strong>und</strong> Abrechnung.<br />

Gewerbliche <strong>und</strong> private Bauherren zählen<br />

ebenso zu den Mandanten wie Bauunternehmer, Architekten<br />

<strong>und</strong> Ingenieure.<br />

Von anderen Anwaltskanzleien unterscheidet sich<br />

das von dem Baurechtsspezialisten Dr. Andreas Koenen<br />

gegründete Anwaltsunternehmen vor allem durch seine<br />

konsequente Spezialisierung.<br />

Buchbesprechungen<br />

Everding, D.: Handbuch Barrierefreies Bauen. Leitfaden<br />

zur DIN 18040 <strong>und</strong> weitere Normen des barrierefreien<br />

Bauen Köln: Verlagsgruppe Rudolf Müller 2011. 275 S.,<br />

197 Abb., 18 Tab. Preis: € 69.00.<br />

Das Handbuch veranschaulicht praxisnah die neuen<br />

Anforderungen des barrierefreien Bauens <strong>und</strong> erläutert<br />

die Vorgaben der neuen DIN 18040 Teil 1 <strong>und</strong> 2. Dabei<br />

berücksichtigt die Autorin die Anforderungen an Wohnungen,<br />

öffentliche Gebäude <strong>und</strong> Arbeitsstätten, aber<br />

auch an Außen- <strong>und</strong> Verkehrsanlagen sowie an die barrierefreie<br />

Gestaltung von Städten <strong>und</strong> Gemeinden.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 217<br />

Über verbohrtes Deutsch in der Technik<br />

Verbohrt ist in der Sprache der Werkstatt ein Loch, das<br />

nicht genau an der richtigen Stelle sitzt. Nicht ganz richtig<br />

oder völlig daneben sind auch viele Wendungen in der<br />

Sprache des Ingenieurs.<br />

Außenluft ist nicht gleich Frischluft! Dieser Begriff<br />

wird fälschlicherweise für gezieltes Lüften gebraucht. Wie<br />

frisch eine Außenluft ist hängt jedoch in großem Maße<br />

davon ab, von wo die Außenluft zuströmt (über <strong>und</strong>ichte<br />

Fugen in Räumen) bzw. angesaugt wird. Im dicht befahrenen<br />

urbanen Raum wird alle nachströmende Außenluft<br />

in den seltensten Fällen mit dem Adjektiv frisch zu<br />

bezeichnen sein <strong>und</strong> nicht <strong>im</strong>mer die sauberste ist.<br />

„Frisch“ ist meist in diesem Zusammenhang auch eher als<br />

Gegenteil zur abgestandenen Luft gemeint, also der sauerstoffarmen,<br />

kohlenstoffdioxidreichen Luft, die sich in<br />

geschlossenen Räumen mit vielen Menschen bildet.<br />

„Frischluft“ ist eine unpräzise <strong>und</strong> umgangssprachliche<br />

Bezeichnung für „Außenluft“. Von außen in ein Gebäude<br />

einströmende Luft ist „Außenluft“.<br />

Mit der Einführung der neuen Einheiten ist in besserem<br />

Schrifttum das Wort Gewicht weitgehend durch das<br />

Wort Masse, gemessen in kg, ersetzt worden, wenn es<br />

sich um die Bezeichnung einer Menge handelt. Geblieben<br />

ist leider das hässliche Zwittergebilde Gewichtskraft<br />

(DIN 1305), womit der Druck einer Masse auf ihre<br />

Unterlage gemeint sein soll. Es bleibt unerfindlich, warum<br />

man hier nicht das schlichte Wort Schwere gewählt hat;<br />

sagt man doch auch nicht Gewichtskraftlosigkeit, sondern<br />

Schwerelosigkeit.<br />

In einer Zeit, da sich die Mengenlehre sogar Eingang in<br />

die Gr<strong>und</strong>schule verschafft hat, ist der Begriff der Wärmemenge<br />

nicht mehr vertretbar. Denn Wärme kann weder Teilmengen<br />

noch Schnittmengen, weder Vereinigungs- noch<br />

Komplementärmengen bilden. Statt Wärmemenge sagt man<br />

Wärmebetrag! Wie man ja auch von Geldbetrag spricht.<br />

Eine spezifisch technische Missbildung ist der Wärmeausdehnungskoeffizient.<br />

Nicht die Wärme dehnt sich aus,<br />

wie man diesem Wortgetüm vermuten müsste, sondern<br />

der erwärmte Gegenstand dehnt sich aus. Will man ausdrücken,<br />

es dehne sich gerade wegen der Erwärmung,<br />

nicht etwas wegen einer auf ihn wirkenden Zugkraft, so<br />

sollte man DIN 1304 folgen <strong>und</strong> vom thermischen<br />

Längs(aus)dehnungskoeffizienten sprechen, jedoch keinesfalls<br />

mit DIN 1345 vom Längenausdehnungskoeffizienten,<br />

dieweil sich nicht die Länge ausdehnt, sondern<br />

der Körper, <strong>und</strong> zwar in Längsrichtung.<br />

Man sage auch nicht Ausdehnungszahl, Wärmeleitzahl<br />

u.a.; denn Zahlen sind 1, 2, 3451 usw. Der Dehnungskoeffizient<br />

aber ist eine physikalische Größe. Eine solche ist<br />

das Produkt aus Zahlenwert mal Einheit.<br />

Eine Scheußlichkeit eigener Art ist der Wärmeaustauscher.<br />

Es wird auch nicht besser, wenn man Wärmetauscher<br />

daraus macht. Wer etwas mit Wärmeüber tragung<br />

zu tun hat, weiß doch, dass Wärme stets vom wärmeren<br />

zum kälteren Körper fließt. Da jedoch Tausch, wie in<br />

jedem Lexikon zu lesen ist, die Hingabe eines Gutes (oder<br />

Gedankens = Gedankenaustausch) gegen Überlassung<br />

eines anderen ist, also eine Wechselseitigkeit bedingt,<br />

kann der nur in eine Richtung sich vollziehende Wärmefluss<br />

niemals als Tausch bezeichnet werden. Wärmetauscher<br />

ist also einwandfrei Unsinn (ohne Sinn). Man<br />

sage schlicht <strong>und</strong> einfach Wärmeübertrager, Vorwärmer,<br />

Kühler usw. Je nach den Umständen.<br />

Dass Stärke entweder eine chemische Substanz<br />

best<strong>im</strong>mter Zusammensetzung ist oder der Ausdruck für<br />

eine Kraft oder gar Leistung (früher z. B. Pferdestärke),<br />

hat sich allmählich herumgesprochen. Man hört aber<br />

jedoch noch gelegentlich das Wort Wandstärke anstelle<br />

von Wanddicke.<br />

Nicht nur Techniker verwenden das falsche hoch. Man<br />

fährt z.B. mit dem Lift hoch, anstatt nach oben oder aufwärts.<br />

Man merke: Hoch bezieht sich <strong>im</strong>mer auf einen<br />

Zustand, nie auf eine Richtung. Man kann wohl hochfahren<br />

(Betonung auf fahren), wenn man auf einer Hochstraße<br />

(etwa in den Alpen) dahinfährt. Hoch geht <strong>im</strong>mer<br />

nur dann, wenn auch tief st<strong>im</strong>mt. Hochstapler, Hochbau<br />

sind richtig. Ebenso st<strong>im</strong>men Tiefstapler, Tiefbau, wenn<br />

man in der Tiefe stapelnde Geräte oder jene Technik<br />

meint, die sich mit Bauarbeiten in oder unter der Erde<br />

beschäftigt. In diesem Sinne sind auch Hochdruck <strong>und</strong><br />

Tiefdruck richtige Wortbildungen in einer Wetterangabe.<br />

Man mag zur Energiewende stehen wie man will – die<br />

Mehrheit der Deutschen befürwortet einen beschleunigten<br />

Ausstieg aus der Kerntechnik. Und der Mehrheitswille<br />

hat in einer Demokratie Gewicht. Dennoch muss ein<br />

solcher Umstieg streng rational nach Möglichkeiten,<br />

Risiken, Zeitabläufen <strong>und</strong> nicht zuletzt nach ökonomischen<br />

<strong>und</strong> den realen ökologischen Konsequenzen<br />

analysiert <strong>und</strong> bewertet werden. An der Rationalität der<br />

derzeit ablaufenden Prozesse ist Zweifel mehr als angebracht.<br />

Es steht schon über dem Ganzen ein wissenschaftlich<br />

absurder Begriff: „Erneuerbare“ Energien. Die<br />

Hauptsätze der Thermodynamik bekommen eine Gänsehaut.<br />

Dem „erneuerbaren“ ist nachhaltig Hausverbot zu<br />

erteilen. Selbstverständlich sollen auch die Exponenten<br />

von Interessengruppen zu Wort kommen. Wenn aber die<br />

Aussagen einzelner Experten in Überschriften so verwendet<br />

werden, als ob es sich um unumstößliche Fakten handelt<br />

– <strong>und</strong> nicht um deren Meinung – dann ist das wenig<br />

nützlich. So werden interessante Entwicklungen – etwa<br />

Elektromobilität, Hybridtechnik, Offshore-Technik usw.<br />

– zu abgesicherten Antworten auf Zukunftsprobleme<br />

hochstilisiert. Konkret machte man Kl<strong>im</strong>aprognosen an<br />

einer einzigen, über h<strong>und</strong>ertfünfzig Jahre alten bayerischen<br />

Messung fest.<br />

Solarenergie bezeichnet die Energie, die in der Sonne<br />

entsteht <strong>und</strong> uns in Form von Sonnenlicht erreicht. Daraus<br />

wiederum technisch Strom oder Wärme gewinnen.<br />

Das Wort Solarenergie ist ein Fremdwort. Es stammt aus<br />

anderen Sprachen. Zu einem Teil kommt es aus dem Latei-


218 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

nischen, der Sprache, die die alten Römer gesprochen<br />

haben. Dort heißt sol Sonne <strong>und</strong> solaris zur Sonne gehörig.<br />

Griechisch heißt Sonne helios. Der zweite Teil des<br />

Wortes Solarenergie stammt aus dem Griechischen. Energie<br />

kommt von en ergon, was soviel heißt, wie von innen<br />

wirkend. Unter Energie versteht man nämlich in der Wissenschaft<br />

Physik, die Fähigkeit Arbeit zu ver richten.<br />

Welche Bedeutung hat die Beschreibung der Eigenschaft<br />

eines Flächenheizsystems mit „leicht“ bzw.<br />

„schwer“ nach DIN V 18599-5: 2007-02 Tabelle A.6?<br />

Nach dieser Norm mit dem Titel „Korrekturfaktor für<br />

Teillastbetrieb“ in Kapitel 6.4.2.6.1 dargelegten Gr<strong>und</strong>sätze<br />

takten Wärmepumpen mit Verdichtern ohne Leistungsregelung<br />

<strong>im</strong> Teillastbetrieb. Durch dieses „Takten“<br />

was nichts anderes ist, als das Ein- <strong>und</strong> Abschalten des<br />

Verdichters, entstehen Verluste, welche die Leistungszahl<br />

(COP) einer Wärmepumpe reduzieren. Die Berechnung<br />

der Leistungszahl <strong>im</strong> Teillastbetrieb erfolgt nach ge -<br />

nannter Norm in Gleichung (80). In dem Korrekturfaktor<br />

für den Teillastbetrieb werden die thermische Tätigkeit<br />

des Verdichtersystems <strong>und</strong> der Wärmepumpe sowie die<br />

Laufzeit der Wärmepumpe berücksichtigt. Für elektrisch<br />

betriebene Wärmepumpen werden <strong>im</strong> Anhang A zur<br />

DIN V 18599-5 für die Abgabesysteme (Wärmeübergabe)<br />

Konvektoren/Radiatoren <strong>und</strong> Flächenheizung in Abhängigkeit<br />

des äquivalenten Wassergehalts in Litern/kW <strong>und</strong><br />

des Lastfaktors in Prozent (für Konvektoren/Radiatoren,<br />

siehe Tabelle A.5) sowie der Eigenschaft „leicht“ bzw.<br />

„schwer“, dem Abstand der Rohre <strong>und</strong> des Lastfaktors in<br />

Prozent (für Flächenheizungen, siehe Tabelle A.6)<br />

Korrekturfaktoren für den Teillastbetrieb angegeben. Bei<br />

der Beschreibung der Eigenschaften eines Verteilersystems<br />

für Flächenheizungen nach Tabelle A.6 werden die<br />

Bezeichnungen „leicht“ <strong>und</strong> „schwer“ verwendet, für die<br />

sich in der Ausgabe DIN V 18599: 2007-02 keine weiterführende<br />

Informationen in der Bedeutung finden.<br />

Das Informationsservice der Heilmann Software IT<br />

GmbH (Dipl.-Ing. Lutz Friederichs) hat be<strong>im</strong> „Infoportal<br />

Gebäudebilanzierung“ der DENA nachgefragt, was bei<br />

der Beschreibung der Eigenschaft eines Flächenheizsystems<br />

unter „leicht“ bzw. „schwer“ zu verstehen ist <strong>und</strong><br />

nachfolgende Antwort erhalten: „ In DIN V 18599-5:<br />

2007-02 werden in Tabelle A.6 Korrekturfaktoren für den<br />

Teillastbetrieb elektrisch angetriebener Wärmepumpen mit<br />

Flächenheizsystemen angegeben. Dabei erfolgt eine Differenzierung<br />

der Werte für „leichte“ <strong>und</strong> „schwere“ Flächenheizungen.<br />

Eine Definition für diese Kategorien gibt es <strong>im</strong><br />

Teil 5 von 2007, ebenso wie <strong>im</strong> Teil 100 von 2009, nicht.<br />

Inhaltlich sind unter „schwer“ nassverlegte Systeme zu verstehen.<br />

Leichte Systeme sind trocken verlegt. Die Neuausgabe<br />

der DIN V 18599: 2011 wird folgende Klarstellung<br />

beinhalten: „Schwer“: nassverlegte Systeme, alle anderen<br />

Systeme sind als „leicht“ einzustufen.“. Unter Fachleuten<br />

sind die Systeme Typ A <strong>und</strong> Typ C in DIN EN 1264 als<br />

„nass verlegt“ anzusehen.<br />

Natura non facit saltus<br />

Ein weiterer irreführender Begriff: Die Wirtschaft macht<br />

einen Quantensprung. Sprachlich haben die Deutschen<br />

eine ausgeprägte Vorliebe für die Atomphysik. Wo man<br />

hinhört, ist vom „Quantensprung“ die Rede. Besonders<br />

die Politiker schmücken sich mit dem gelehrt klingenden<br />

Fachausdruck. Auf seinem Weg von der Wirtschafts- in<br />

die Umgangssprache hat der Quantensprung einen<br />

erstaunlichen Bedeutungswandel durchlaufen. In der<br />

Sprache der Evolutionsbiologie würde man sagen: Hier<br />

ist eine Mutation entstanden, die sich stark ausgebreitet<br />

hat <strong>und</strong> offenbar bislang noch keinerlei Selektionsdruck<br />

unterliegt. Die Quantenmechanik ist ein seit Jahrzehnten<br />

kultiviertes Mysterium. Es gilt als allgemein bekannt,<br />

dass man die ihr zugr<strong>und</strong>e liegenden Phänomene zu<br />

akzeptieren hat, weil sie prinzipiell unbegreiflich sind.<br />

Das von Goethe über die Natur gesagte: „Sie macht<br />

keine Sprünge“, ist ja der alte dogmatische Satz: Natura<br />

non facit saltus. Hierzu hat die moderne Physik eine<br />

ablehnende Stellung eingenommen, <strong>und</strong> zwar vornehmlich<br />

auf Gr<strong>und</strong> der Entdeckung in Plancks Schrift von<br />

den „Quantensprüngen“ des Lichts. Bekanntlich zeigte<br />

Planck, dass bei Schwingungen einer gegebenen Frequenz<br />

(d.h. Anzahl Schwingungen pro Sek<strong>und</strong>e) nicht alle Energiebeträge<br />

auftreten können, sondern nur <strong>im</strong>mer 1 h, 2 h,<br />

3 h usw. Diese Quantenhypothese steht nun <strong>im</strong> Widerspruch<br />

zu jenem alten Satz, „<strong>und</strong> wenn nicht alle Zeichen<br />

trügen, so sind die Tage seiner Gültigkeit gezählt“<br />

(M. Planck, Neue Bahnen der physikalischen Erkenntnis,<br />

Leipzig 1914, S. 14). Dazu wäre be<strong>im</strong> „unstetigen Gr<strong>und</strong>vorgang<br />

der Mikrophysik“ einschränkend zu bemerken,<br />

dass die Größe h (Plancksche Konstante) allerdings „so<br />

klein ist, dass die Abweichung von der Stetigkeit nur<br />

bemerkbar wird, wenn die Messung einen sehr hohen<br />

Genauigkeitsgrad erreicht“ (B. Russel, Mensch <strong>und</strong> Welt,<br />

1930, S. 111). Eine bildliche Darstellung des Zusammenfallens<br />

zwischen Stetigkeit (nach der klassischen Physik)<br />

<strong>und</strong> Quantensprüngen gibt Eddington (Das Weltbild der<br />

Physik, Braunschweig, 1931, S. 196): „Am Dienstag renne<br />

ich die Stufen hinunter <strong>und</strong> am Mittwoch rutsche ich das<br />

Geländer hinab. Wenn aber die Treppe aus einer unendlichen<br />

Anzahl unendlich kleiner Stufen besteht, so ist kein<br />

wesentlicher Unterschied zwischen meiner Fortbewegungsart<br />

an diesen beiden Tagen.“<br />

In seiner ursprünglichen Bedeutung ist der Quantensprung<br />

ein Übergang zwischen zwei Werten einer physikalischen<br />

Größe <strong>im</strong> atomaren Bereich. Ein Quant ist die<br />

kleinste Einheit, ein Lichtquant, ein Wirkungsquant. Die<br />

Quantentheorie erforscht den Ursprung des Seins. Sie<br />

sucht zu finden, woraus die ganze Welt <strong>im</strong> Makrokosmos<br />

besteht. Da <strong>im</strong> Atomaren alle Größen diskrete (abgegrenzte)<br />

Werte annehmen, sind solche Veränderungen<br />

<strong>im</strong>mer sprunghaft <strong>und</strong> in den meisten Fällen nicht mit<br />

einer quantitativen Änderung des Systems verb<strong>und</strong>en.<br />

Typisch für den Quantensprung ist, dass er winzig ist <strong>und</strong><br />

in sehr kurzer Zeit abläuft. – Die zweckentfremdete<br />

Anwendung des Begriffs hat allerdings seine ursprüngliche<br />

Bedeutung vollständig auf den Kopf gestellt. Nun<br />

wird er benutzt, ob statt kleiner atomarer Schritte große<br />

qualitative Sprünge zu beschreiben. Nur durch diesen<br />

inhaltlichen Wandel konnte sich der Quantensprung<br />

selbst bis ins Feuilleton <strong>und</strong> auf die Wirtschaftsseite vorarbeiten.<br />

– Was steckt hinter diesem Bedeutungswandel,<br />

bei dem jedem Physiker die Haare zu Berge stehen? Dass


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 219<br />

jemand be<strong>im</strong> sinnbild lichen Gebrauch eines Fachausdrucks<br />

einmal fulminant danebenhaut, ist nicht der Rede<br />

wert. Die Tatsache, dass dieser Ausrutscher <strong>im</strong>mer wieder<br />

produziert wird, lässt tiefer blicken. Hier tritt eine Vorliebe<br />

für bedeutungsschwere Worthülsen zu Tage, wie wir<br />

sie von der Werbung ständig zu hören bekommen. Offenbar<br />

erregt <strong>im</strong> Zeitalter der Superlative ein gewöhnlicher<br />

Sprung durch Abheben der Beine vom Boden keine Aufmerksamkeit<br />

mehr. Da muss dann schon der Quantensprung<br />

als eine Art „Supersprung“ herhalten. Echte<br />

Quantensprünge sind nun einmal nur in der Summe ein<br />

deutlich wahrnehmbares <strong>und</strong> damit interessantes Phänomen.<br />

Wer aber würde sich für die Quantensprünge der<br />

Arbeitslosigkeit der Wirtschaft interessieren - wenn sie –<br />

physikalisch korrekt – die Freisetzung oder Einstellung<br />

einer einzelnen Arbeitskraft beschrieben? Für Germanisten<br />

könnte sich hier ein interessantes Arbeitsgebiet eröffnen:<br />

„Die Ausbreitungs geschichte des Quantensprungs in<br />

der deutschen Alltagssprache unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Rück wirkungen auf die theoretische Physik“<br />

– das wäre doch ein Promotionsthema mit dem<br />

Untertitel: „Quanten <strong>und</strong> Quasseler“.<br />

Wir sollten den Verkündern von Quantensprüngen<br />

nicht auf den Sprachle<strong>im</strong> gehen. Ein Blick ins Internet<br />

zeigt fast 4000 Webseiten zum Stichwort „Quantensprung“.<br />

Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie den Begriff<br />

in aller Regel falsch auslegen. Ein groteskes Missverständnis<br />

ist an die Stelle der nüchternen, korrekten Fakten<br />

getreten <strong>und</strong> hat sie ins Gegenteil verkehrt. Ob die<br />

tönenden Herolde des Fortschritts, die ihre Botschaften<br />

mit dem Signalbegriff so gerne eine Aura naturwissenschaftlicher<br />

Gewissheit zu verleihen wünschten, vielleicht<br />

sogar wissen, dass sie ihren Erfolgsmeldungen ein kümmerliches<br />

Zeugnis ausstellen, wenn sie das Quanten-Maß<br />

anlegten? Handelt es sich um bewusste Sprachmanipulation<br />

– eine Aussage mit Hintertür? Oder gibt es wo -<br />

möglich noch eine andere Erklärung? Bewegen sich die<br />

doppelzüngigen Propagandisten in Politik, Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Wissenschaft gar auf zweisprachlichen Ebenen<br />

gleichzeitig, von denen die eine die andere gleisnerisch<br />

überlagern soll? In der Gaunersprache nämlich bedeuten<br />

„Quanten“ große Füße oder auch Schuhe. Mag ja sein,<br />

dass man mit großen Schuhen weiter Sätze fertig bringen<br />

kann, <strong>und</strong> dass, wer auf großem Fuße lebt, gerne auch<br />

große Sprünge macht. So gesehen bekommt die schillernde<br />

Worthülse vom gewaltigen „Quantensprung“ eine<br />

neue, freilich bedenkliche Bedeutungsnuance.<br />

Im „Kleinen Muret-Sanders“ steht unter Quantensprung:<br />

Entscheidender Schritt nach vorn, (endgültiger)<br />

Durchbruch. – Für alle Begriffe aus dem atomaren<br />

Bereich gilt jedoch: Sie sind unvorstellbar klein – die<br />

Entfernung zum erdnächsten Fixstern (viereinhalb Lichtjahre)<br />

wäre dagegen ein Katzensprung.<br />

Auch das noch: Die Kommunikationstechnik steht vor<br />

einem Quantensprung, d. h. zur faszinierenden Wissenschaft<br />

des Allerkleinsten.<br />

Quanten sind bloß große Füße. Mit ihnen könnte man<br />

durch einen Quantennebel direkt <strong>im</strong> Quantenschaum landen,<br />

wohin der dumm-deutsche Quantensprung gehört.<br />

Klaus W. Usemann<br />

Patentschau<br />

Vorrichtung <strong>und</strong> Verfahren zur Durchflusssteuerung von<br />

solarbetriebenen Trinkwasser-Durchflussgeräten<br />

DE-PS 102008028984, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

05.11.2009, Patentinhaber: Robert Bosch GmbH,<br />

70469 Stuttgart<br />

Die Erfindung betrifft eine Trinkwasserversorgungsanlage,<br />

eine Vorrichtung <strong>und</strong> ein Verfahren zur Durchflusssteuerung<br />

für ein solarenergiebetriebenes Warmwasser-<br />

Durchflussgerät insbesondere für eine Trinkwasserversorgung<br />

mit Durchlauferhitzer, umfassend: ein Leitungssystem<br />

zum Leiten von Trinkwasser, welches ausgangsseitig<br />

mit einem Verbraucher <strong>und</strong> eingangsseitig mit einem Pr<strong>im</strong>ärwasservorrat<br />

<strong>und</strong> einem Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat über<br />

mindestens ein Umschaltventil verbindbar ist, sodass je<br />

nach Schaltung des Umschaltventils Trinkwasser über<br />

den Pr<strong>im</strong>ärwasservorrat oder den Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat<br />

zu dem Verbraucher leitbar ist, <strong>und</strong> eine Steuerung zum<br />

Umschalten des Ventils. Es ist eine Aufgabe der Erfindung,<br />

ein Verfahren, eine Vorrichtung sowie eine Trinkwasserversorgungsanlage<br />

zu schaffen, bei denen die Nachteile<br />

gemäß dem Stand der Technik überw<strong>und</strong>en werden.<br />

Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren,<br />

eine Vorrichtung sowie eine Trinkwasserversorgungsanlage<br />

zu schaffen, bei welchen auf einfache Weise<br />

Verunreinigungen vermieden werden <strong>und</strong> die Trinkwasserversorgung<br />

hygienisch opt<strong>im</strong>iert realisierbar ist.<br />

Gekennzeichnet ist die Erfindung dadurch, dass Mittel<br />

zum Vermeiden von Trinkwasserstagnation in der Vorrichtung,<br />

insbesondere in dem Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat,<br />

vorgesehen sind.<br />

Gliederheizkörper<br />

DE-PS 102008013278, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

12.11.2009, Patentinhaber: Danfoss A/S, Nordborg,<br />

DK<br />

Es wird ein Gliederheizkörper angegeben mit mehreren<br />

Segmenten, die der Reihe nach jeweils durch Verbindungsmuffen<br />

miteinander verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> <strong>im</strong> Bereich ihrer Verbindungen<br />

durch jeweils eine Dichtungsanordnung nach<br />

außen abgedichtet sind, wobei das erste Segment ein Einbauventil<br />

aufweist, das bis zur Verbindungsmuffe zwischen<br />

dem ersten Segment <strong>und</strong> dem zweiten Segment<br />

reicht, <strong>und</strong> die Verbindungsmuffe über eine Gewindeanordnung<br />

mit den Segmenten verb<strong>und</strong>en ist, die ein erstes<br />

Gewinde, das mit einem ersten Gegengewinde <strong>im</strong> ersten<br />

Segment in Eingriff steht, <strong>und</strong> ein zum ersten Gewinde<br />

gegenläufiges zweites Gewinde, das mit einem zweiten<br />

Gegengewinde <strong>im</strong> zweiten Segment in Eingriff steht, aufweist,<br />

wobei eine Nut zwischen dem ersten Gewinde <strong>und</strong><br />

dem zweiten Gewinde angeordnet ist. Man möchte sicherstellen,<br />

dass die Steuerung des Wärmeträgermediums nur


220 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

durch das Einbauventil erfolgt. Hierzu ist vorgesehen,<br />

dass in der Nut ein Dichtring angeordnet ist, dessen axiale<br />

Erstreckung größer als seine radiale Dicke ist.<br />

Schutzbeschlag für Türen<br />

DE-PS 102009004999, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

19.11.2009, Patentinhaber: ASSA ABLOY<br />

Sicherheitstechnik GmbH, 72458 Albstadt<br />

Die Erfindung betrifft einen Schutzbeschlag für Türen,<br />

dessen Schild eine Profil-Schließzylinder-Lochung, eine<br />

Durchtrittsöffnung für einen Antriebsvierkant, sowie vier<br />

Senkungen für die Befestigungsschrauben einer Griffplatte<br />

aufweist, die am Umfang der Durchtrittsöffnung,<br />

diese vergrößernd, angeordnet sind, wobei von diesen jede<br />

Befestigung der Griffplatte am Schild genutzt werden.<br />

Erfindungsgemäß ist vorgesehen, das in der <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche der Griffplatte zwei Paar<br />

mit Gewinde versehene, sich schräg gegenüberliegende<br />

Bohrungen vorgesehen sind, von denen jeweils eine Bohrung<br />

der Schmalseite der rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche zugewandt<br />

ist <strong>und</strong> die zugehörige zweite Bohrung nahe der<br />

Mitte der rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche angeordnet ist <strong>und</strong><br />

wobei deren schräger Abstand voneinander dem Abstand<br />

der Senkungen für die Befestigungsschrauben am Umfang<br />

der Durchtrittsöffnung <strong>im</strong> Schild entspricht.<br />

Absperrklappe insbesondere zur Verwendung in einer<br />

Vorrichtung zur Abgasreinigung<br />

DE-PS 102006050213, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

19.11.2009, Patentinhaber: EISENMANN Anlagenbau<br />

GmbH & Co. KG, 71032 Böblingen<br />

Die Erfindung betrifft eine Absperrklappe insbesondere<br />

zur Verwendung in einer Vorrichtung zur Abgasreinigung,<br />

insbesondere zur regenerativen Nachverbrennung<br />

von Teer- <strong>und</strong>/oder Kohle- <strong>und</strong>/oder Graphitpartikeln in<br />

Abluft, mit einem Klappenblatt, welches zum Verschließen<br />

einer Ventilöffnung an einer dortigen Dichtfläche<br />

anliegt <strong>und</strong> ist dadurch gekennzeichnet, dass das Klappenblatt<br />

über wenigstens eine bewegliche Verbindung an<br />

einem freien Ende eines Schwenkarms schwenkbar befestigt<br />

ist <strong>und</strong> der Schwenkarm über ein Gr<strong>und</strong>-Schwenkgelenk<br />

relativ zur Dichtfläche schwenkbar befestigt ist,<br />

derart, dass das Klappenblatt zum Verschließen der Ventilöffnung<br />

zunächst eine Bewegung auf die Dichtfläche zu<br />

<strong>und</strong> be<strong>im</strong> Anliegen an der Dichtfläche eine Bewegung<br />

parallel zur Dichtfläche ausführt.<br />

Rückstandsfreie Abwasserverbrennung<br />

DE-PS 102008012340, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

19.11.2009, Patentinhaber: J. Eberspächer GmbH<br />

& Co. KG, 73730 Esslingen<br />

Es wird eine Brennkammer zum Verbrennen von Abwasser<br />

besprochen mit – einem Brennkammerbehälter, – einer<br />

für den Anschluss einer Abwasserzufuhreinrichtung ausgebildeten<br />

ersten Verbindung zum Einleiten von Ab wasser<br />

in den Brennkammerbehälter, wobei die Brennkammer<br />

zum Verbrennen kontinuierlich eingeleiteten Abwassers<br />

geeignet ist, – einer für den Anschluss einer Brennenergiezufuhreinrichtung<br />

ausgebildeten zweiten Verbindung zum<br />

Einbringen von <strong>Heiz</strong>energie in den Brennkammerbehälter,<br />

– einer für den Anschluss einer Abgasabfuhreinrichtung<br />

ausgebildeten dritten Verbindung zum Abführen von<br />

Abgasen aus dem Brennkammerbehälter <strong>und</strong> – einer <strong>im</strong><br />

Inneren des Brennkammerbehälters angeordneten Schalenkaskade,<br />

die zur Aufnahme von über die erste Verbindung<br />

eingeleitetem Abwasser ausgebildet ist, wobei die<br />

Schalenkaskade zumindest zwei Schalen umfasst <strong>und</strong> die<br />

Schalen so übereinander angeordnet <strong>und</strong> ausgebildet sind,<br />

dass ein Befüllen einer unteren Schale mit in die Brennkammer<br />

eingeleitetem Abwasser ausschließlich durch aus<br />

einer oberen Schale überlaufendes Abwasser erfolgt.<br />

Dachhaut <strong>und</strong> Verfahren zur Herstellung mechanisch<br />

belastbarer Bereiche auf Flachdächern<br />

DE-PS 102006031889, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />

26.11.2009, Patentinhaber: FRANKEN-Systems<br />

GmbH, 97320 Sulzfeld<br />

Es wird eine Dachhaut eines Flachdaches oder Flachdachbereiches<br />

vorgestellt, mit einem mehrlagigen Beschichtungsaufbau,<br />

der mindestens eine Lage einer Wärmedämmung<br />

<strong>und</strong> mindestens eine flächige Abdichtung auf Basis<br />

polymerer oder bituminöser Materialien aufweist die<br />

dadurch gekennzeichnet ist, dass die Abdichtung zumindest<br />

bereichsweise eine Lage aus einer flüssig auftragbaren<br />

Beschichtungsmasse umfasst, wobei die Beschichtungsmasse<br />

enthält: A) eines oder mehrere epoxifunktionelle<br />

Polysulfidharze, B) eines oder mehrere Epoxidharze <strong>und</strong><br />

C) ein Härtergemisch, welches bei Umgebungstemperatur<br />

reaktiv gegenüber Epoxidgruppen ist.<br />

Wg.<br />

Neuerscheinungen<br />

Buchbesprechungen<br />

Die folgenden neuerschienen Bücher sind der Redaktion<br />

zugegangen. Eine ausführliche Besprechung der einzelnen<br />

Werke bleibt vorbehalten.<br />

Böhringer, D.: Barrierefreie Gestaltung von Kontrasten <strong>und</strong><br />

Schriften. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag 2011. 136 S.,<br />

zahlr. Abb., Tab., Preis: € 25,00.<br />

Metlitzky, N. <strong>und</strong> Engelhardt, L.: 18040 Norm zur Barrierefreiheit<br />

<strong>im</strong> Fokus des Bauordnungsrechts. Stuttgart:<br />

Fraunhofer IRB-Verlag, 2011. 272 S., zahlr. Abb. u. Tab.,<br />

Preis: € 39,00.<br />

Lenze, W.: Fachwerkhäuser restaurieren – sanieren –<br />

modernisieren. Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011.<br />

256 S., zahlr. Abb. u. Fotos, Preis: € 39,00.<br />

Scheffler, M.: Gr<strong>und</strong>stücksentwässerung auf einen Blick.<br />

Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011. 171 S., 56 Abb., 5<br />

Tab., Preis: € 25,00.<br />

Engels, D., Engels, H.-J., Gerhardt, H.-J., Hilgers, P.,<br />

Konrath, B. <strong>und</strong> Lieb, R.-D.: Fachplanung Entrauchung.<br />

Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011. 285 S., zahlr.<br />

Abb. u. Tab., Preis: € 69,00.


Gefahrstoffe auf Baustellen<br />

Bauen ohne Chemie ist heute nicht mehr möglich. Strapazierfähige<br />

Betone, Estriche für höchste Anforderungen<br />

<strong>und</strong> nachhaltige Beschichtungen aus Epoxidharzen<br />

machen moderne Bauten überhaupt erst möglich. Die<br />

neuen chemiehaltigen Baustoffe bergen jedoch Gefahren<br />

für Beschäftigte. Über 200 Gefahrstoffexperten aus Verbänden,<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Regierungsstellen hat die<br />

Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) am<br />

29. März 2012 deshalb zu einer Fachtagung in das Kulturzentrum<br />

Bad Vilbel-Dortelweil eingeladen. Im Mittelpunkt<br />

stand ein Austausch von Erfahrungen, diese sollen<br />

nun den Praktikern in den Unternehmen zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

„Deshalb wollen wir mehr Wissen zu Gewerbezweige<br />

übergreifenden Ges<strong>und</strong>heitsgefahren, etwa durch mineralische<br />

Stäube, Abgase von Baumaschinen, Lösemitteln,<br />

Dämpfe aus Bitumen sowie Mineralwolle Dämmstoffe an<br />

die Hand geben. Und sie brauchen mehr Wissen über<br />

mögliche Alternativen <strong>und</strong> die notwendige Schutzmaßnahmen“,<br />

sagte Bernhard Arenz, Leiter der Prävention der<br />

BG BAU. Diese Initiative ergänzt die Beratungsleistungender<br />

BG BAU, deren Mitarbeiter die 446 000 Mitgliedsunternehmen<br />

der Berufsgenossenschaft jeden Tag mit Rat<br />

<strong>und</strong> Tat unterstützen, zum Beispiel bei der Gefährdungsanalyse<br />

<strong>und</strong> bei der Anschaffung persönlicher Schutzausrüstung.<br />

Dass es großen Bedarf an Fachwissen über Gefahrstoffe<br />

gibt, leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass die<br />

gewerbliche Wirtschaft mit etwa 30 000 verschiedenen<br />

Gefahrstoffen arbeitet, viele davon werden am Bau eingesetzt.<br />

Falscher Umgang mit Gefahrstoffen kann zu erheblichen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschäden führen. „Mögliche Auswirkungen<br />

reichen etwa von leichten Haut- oder Augenreizungen<br />

über chronische Lungenerkrankungen bis hin zu<br />

Nervenschädigungen <strong>und</strong> Krebs“, ergänzte Arenz. Neben<br />

dem ges<strong>und</strong>heitlichen Leid für die Betroffenen entstehen<br />

zudem hohe Kosten, wie ein Blick auf die Statistik zeigt:<br />

Allein für die über 8 000 Silikosen <strong>und</strong> Lungenkrebsfälle<br />

auf Gr<strong>und</strong> von Quarzstaub sowie Hautkrankheiten hatte<br />

die BG BAU <strong>im</strong> Jahr 2010 mehr als 30 Millionen Euro für<br />

medizinische <strong>und</strong> berufliche Rehabilitation sowie Rentenleistungen<br />

aufzubringen.<br />

Wenn die Beschäftigten eines Gewerbezweiges mit<br />

Gefahrstoffen umgehen, können für die Mitarbeiter anderer<br />

Gewerbezweige Gefährdungen entstehen. Die Gefahrstoffe<br />

werden entweder in Form von Bauchemikalien auf<br />

die Baustelle gebracht oder sie entstehen durch die Bauprozesse:<br />

So wird zum Beispiel bei jedem Bohrvorgang –<br />

um nur eine Tätigkeit zu nennen – Quarzstaub frei. Wenn<br />

Gefahrstoffe freigesetzt werden, verbreiten sie sich unkontrolliert.<br />

Der Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen,<br />

wie Atemschutzmasken, schützt zwar den Verarbeiter<br />

selbst, nicht jedoch Dritte. Ziel muss es sein, den Eintrag<br />

von Gefahrstoffen auf Baustellen zu vermeiden <strong>und</strong> die<br />

Ausbreitung auf der Baustelle entstehender Gefahrstoffe<br />

zu min<strong>im</strong>ieren. Dieses Ziel zu erreichen ist einerseits Aufgabe<br />

jeden Bauunternehmers aufgr<strong>und</strong> der Gefährdungsbeurteilung<br />

für seine Mitarbeiter, zum anderen ist es eine<br />

Aufgabe für den Sicherheits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzkoordinator<br />

nach der Baustellenverordnung (SiGeKo). Da<br />

durch die Gefahrstoffe gegenseitige Gefährdungen entstehen<br />

können <strong>und</strong> erschwerend einige Gefahrstoffe auf Baustellen<br />

anerkannt krebserzeugend sind, besteht die Pflicht<br />

zur Koordinierung.<br />

Bei vielen Tätigkeiten am Bau wird die zulässige Menge<br />

von 10 mg/m 3 einatembaren Staubes (E-Staub) überschritten.<br />

Auch der Arbeitsplatzgrenzwert für Feinstaub, der bis<br />

in die Lungenbläschen vordringt (A-Staub) wird häufig<br />

nicht eingehalten (3 mg/m 3 ). Trotz erheblicher Auswirkungen<br />

für die Ges<strong>und</strong>heit wird Staub am Bau häufig <strong>im</strong>mer<br />

noch nicht als Problem ernst genommen. Im Feinstaub<br />

kommen Quarzanteile vor, die Krebs erregen können.<br />

Dabei wird durch eine regelmäßige Staubaufnahme der<br />

Reinigungsmechanismus der Lunge überfordert, es kann<br />

zu einem „Überladungseffekt“ <strong>und</strong> damit zu einer Überforderung<br />

der körpereigenen Abwehrkräfte kommen. Die<br />

Folge können chronische Lungen- <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen<br />

sein, mit Husten, Auswurf, später Atemnot, sowie<br />

<strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall schließlich Lungenkrebs.<br />

Deshalb ist auf Baustellen darauf zu achten, dass<br />

Stäube möglichst gar nicht entstehen. Sind Stäube einmal<br />

freigesetzt, halten sie sich insbesondere <strong>im</strong> Innenbereich<br />

über die ganze Arbeitszeit in der Luft <strong>und</strong> „ziehen“ durch<br />

das ganze Gebäude. Die Feinstäube sind dabei tückischer<br />

Weise für den Betroffenen gar nicht sichtbar. Dabei sind<br />

in der Regel nicht nur die Verursacher betroffen, sondern<br />

auch andere Beschäftigte. Im Außenbereich sind Stäube<br />

ebenfalls ein Problem. Die Staubaufwirbelung von Fahrzeugen<br />

ist oft weithin sichtbar.<br />

Lösungen für viele Probleme gibt es aber schon seit<br />

Jahren. Eine deutliche Staubreduzierung kann zum Beispiel<br />

durch staubreduzierte Produkte wie Fliesenkleber<br />

oder Spachtelmassen erfolgen. Weiterhin besteht die<br />

Möglichkeit viele Produkte statt als Sack als Siloware zu<br />

beziehen <strong>und</strong> zu verwenden. Hier gibt es mittlerweile auch<br />

für kleinere Mengen Lösungen in der Form von Klein-


222 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

silos. Die BG BAU hat in den vergangenen Jahren zusammen<br />

mit den Herstellern viel Engagement in die Entwicklung<br />

staubarmer Maschinen <strong>und</strong> deren wirksamer Absaugung<br />

mit Entstaubern investiert. Das Schneiden, Schleifen,<br />

Stemmen oder Bohren in mineralischen Werkstoffen<br />

kann heute in der Regel mit geeigneten Maschinen staubarm<br />

durchgeführt werden. Kombinationen von staubarmen<br />

Geräten <strong>und</strong> den zugehörigen Entstaubern können<br />

bei www.gisbau.de heruntergeladen werden. Nach Vorstellung<br />

der BG BAU sollen in wenigen Jahren nur noch<br />

entsprechende staubarme Maschinen auf den Markt<br />

kommen.<br />

Für Anwendungen, bei denen eine Absaugung direkt<br />

an der Maschine nicht angebracht werden kann, bieten<br />

Hersteller leichte, transportable Absaugsysteme an. Werden<br />

solche Systeme direkt an der Staubquelle positioniert,<br />

lassen sich damit <strong>im</strong> Arbeitsbereich hohe Luftwechselzahlen<br />

erreichen, die zu einer deutlichen Absenkung der<br />

Staubbelastung führen. Und auch <strong>im</strong> Bereich des Straßenbaus<br />

konnten Fortschritte in der Staubbekämpfung<br />

erzielt werden. Bis 2014 werden alle Asphaltfräsen staubarm<br />

sein.<br />

Im Baugewerbe kommt es <strong>im</strong>mer wieder zu Unfällen<br />

durch Brände <strong>und</strong> Explosionen bei der Verwendung von<br />

Gefahrstoffen. Häufig werden diese Gefährdungen unterschätzt<br />

oder nicht erkannt. Gerade wenn mehrere<br />

Gewerke gleichzeitig tätig sind, muss beachtet werden,<br />

dass Brände oder Explosionen erst durch Wechselwirkungen<br />

zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen auftreten können.<br />

Wird beispielsweise in einem Rohbau mit lösemittelhaltigen<br />

Produkten gearbeitet, dann werden brennbare<br />

Lösemitteldämpfe freigesetzt. Diese sind schwerer als<br />

Luft, reichern sich daher am Boden an <strong>und</strong> können sich in<br />

benachbarte oder tiefer liegende Bereiche ausbreiten.<br />

Dort können sie durch geeignete Zündquellen wie zum<br />

Beispiel durch Schweißfunken, die bis zu zehn Meter weit<br />

fliegen können, entzündet werden.<br />

Um Brand- <strong>und</strong> Explosionsgefahren zu erkennen <strong>und</strong><br />

zu beurteilen, müssen die Bedingungen an den Arbeitsplätzen<br />

<strong>und</strong> auf den Baustellen ermittelt werden. Brände<br />

entstehen nur, wenn brennbarere Stoffe durch geeignete<br />

Zündquellen in Gegenwart von Luftsauerstoff entzündet<br />

werden können. Haben die verwendeten brennbaren<br />

Stoffe einen Explosionsbereich <strong>und</strong> liegen in einer Gefahr<br />

drohenden Konzentration oder in einer best<strong>im</strong>mten Form<br />

wie beispielsweise als Aerosol oder als Feinstaub vor,<br />

kann in Verbindung mit Luftsauerstoff eine Explosionsgefahr<br />

bestehen.<br />

Unfälle mit brennbaren Bauchemikalien wie hochentzündliche<br />

Bauschäume, lösemittelhaltige Bitumenvoranstriche<br />

oder Schweißgase, deren Dämpfe bzw. Gase durch<br />

<strong>Heiz</strong>luftföne, Schweißbrenner, Halogenstrahler, brennende<br />

Zigaretten oder <strong>Heiz</strong>körper entzündet werden, sind<br />

keine Seltenheit. Eine Alternative ist der Einsatz nicht<br />

brennbarer Produkte. So gehören Unfälle durch Verpuffungen<br />

bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen<br />

Vorstrichen <strong>und</strong> Klebstoffen <strong>im</strong> Bodenbereich der Vergangenheit<br />

an. Heute werden lösemittelfreie Produkte,<br />

wie in der TRGS 610 beschrieben, verwendet.<br />

Häufig treten auch Brände be<strong>im</strong> Auftragen von Bitumen<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiz</strong>verfahren oder be<strong>im</strong> Verschweißen von Bitumenbahnen<br />

auf Flachdächern auf. Hier ist es zum Beispiel<br />

wichtig, die Menge an entzündlichen Gefahrstoffen<br />

zu begrenzen, Feuerlöscher mitzuführen, Schutzmaßnahmen<br />

in einem Erlaubnisschein für Feuerarbeiten festzulegen<br />

<strong>und</strong> eine Brandwache aufzustellen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften<br />

werden Mineralwolle (Glas- <strong>und</strong> Steinwolle) in<br />

großem Umfang zur Wärme- <strong>und</strong> Schalldämmung <strong>im</strong><br />

Hochbau sowie in der technischen Isolierung eingesetzt.<br />

Bei Tätigkeiten mit diesen Produkten werden jedoch<br />

zwangsläufig einatembare Faserstäube freigesetzt. Die<br />

vor 1996 eingebauten „alten“ Mineralwolle-Produkte<br />

werden in Deutschland als krebserzeugend bewertet.<br />

Nach dieser Zeit eingebaute Mineralwolle-Dämmstoffe<br />

gelten als frei vom Krebsverdacht.<br />

Die notwendigen Maßnahmen bei Tätigkeiten mit<br />

Mineralwolle-Dämmstoffen <strong>und</strong> auch bei späteren<br />

Instandhaltungsarbeiten mit den Produkten richten sich<br />

nach der Beurteilung der Fasern. Die Unternehmer oder<br />

ihre Beauftragten müssen deshalb vor Aufnahme der<br />

Arbeiten prüfen, wie die Fasern beurteilt werden, d.h. ob<br />

es sich um „alte“ oder „neue“ Mineralwolle handelt. Im<br />

Idealfall sollten bereits die Bauherren vor Vergabe der<br />

Arbeiten diese Beurteilung sachgerecht durchführen<br />

beziehungsweise durchführen lassen; allein schon um<br />

nicht von zusätzlichen Mehrkosten überrascht zu werden.<br />

Hilfestellung bei der Bewertung von Mineralwolle-<br />

Dämmstoffen <strong>im</strong> Zusammenhang mit Abbruch-, Sanierungs-<br />

<strong>und</strong> Instandhaltungs- sowie Instandsetzungsarbeiten<br />

gibt <strong>im</strong> Übrigen die Gütegemeinschaft Mineralwolle<br />

e. V. (GGM). Auf Basis einer kostenpflichtigen chemischen<br />

Analyse bewertet die GGM anhand der bei ihr hinterlegten<br />

Dokumentation, ob es sich bei der Materialprobe<br />

um „alte“ oder „neu“ Mineralwolle handelt (www.<br />

mineralwolle.de).<br />

Bei den nach wie vor notwendigen Tätigkeiten mit eingebauten<br />

„alten“ MineralwolleDämmstoffen <strong>im</strong> Zuge von<br />

Abbruch- Sanierungs- <strong>und</strong> Instandsetzungsarbeiten gelten<br />

strenge Arbeitsschutzmaßnahmen. Diese sind in der<br />

Technischen Regel für Gefahrstoffe TRGS 521 beschrieben,<br />

die <strong>im</strong> Frühjahr 2008 in einer Neufassung veröffentlicht<br />

wurde.<br />

Die bereits seit Jahren bewährte Handlungsanleitung<br />

„Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffe (Glaswolle,<br />

Steinwolle) wurde auf Basis der TRGS 521 von den beteiligten<br />

Verbänden <strong>und</strong> Institutionen überarbeitet <strong>und</strong> liegt<br />

seit Mai 2010 in der aktuellen Version vor. Die Broschüre<br />

beschreibt verständlich die notwendigen Schutzmaßnahmen<br />

bei unterschiedlichen Tätigkeiten mit den „gelben<br />

Matten“ <strong>und</strong> kann <strong>im</strong> Internet unter www.gisbau.de heruntergeladen<br />

werden. Die Handlungsanleitung kann<br />

unter der Abrufnummer 341 auch bei der Berufsgenossenschaft<br />

der Bauwirtschaft – BG BAU bestellt werden.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 223<br />

Rechtsecke<br />

Milliarden Sachschaden durch Sch<strong>im</strong>melpilzbelastungen<br />

in Neubauten?<br />

Hoher Informations- <strong>und</strong> Aufklärungsbedarf, das rege<br />

Besucherinteresse bei der Erstveranstaltung <strong>im</strong> März letzten<br />

Jahres sowie die große Nachfrage des Fachpublikums<br />

nach einer Folgeveranstaltung, veranlassten Dr. Gerhard<br />

Führer, Leiter des unterfränkischen Instituts Peridomus<br />

<strong>und</strong> Veranstalter des Forums, zu einer Neuauflage des<br />

Würzburger Sch<strong>im</strong>melpilz Forums. Im Focus standen dieses<br />

Jahr Sch<strong>im</strong>melschäden in Neubauten. Ein weitgehend<br />

unbekanntes, aber hochaktuelles <strong>und</strong> brisantes Thema,<br />

das alle am Bau Beteiligten wie Planer, die Wohnungs<strong>und</strong><br />

Immobilienwirtschaft <strong>und</strong> jeden Bauherrn betrifft, so<br />

Dr. Gerhard Führer.<br />

Immer mehr Neubauten sind bereits in der Bauphase<br />

mit Sch<strong>im</strong>melpilzen in den Innenräumen belastet. Die<br />

Ursachen hierfür sind vielfältig: Planung, Bauleitung,<br />

Bauausführung <strong>und</strong>/oder witterungsbedingte Feuchteeinträge<br />

sind dafür verantwortlich. Schnelles Bauen ohne<br />

notwendige Trocknungszeiten der Bausubstanz begünstigt<br />

dies. Doch Kosteneinsparungen durch zeitnahen Erstbezug<br />

stehen (noch) <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>. Und so wird meist<br />

schnellst möglich die Gebäudehülle geschlossen, damit<br />

wetterunabhängig die Innenausbauten erfolgen können.<br />

Dabei werden beispielsweise in ein massiv gebautes Einfamilienwohnhaus<br />

alleine durch Baumaterialien wie Beton,<br />

Mörtel, Estrich <strong>und</strong> Putze ca. 10 bis 20 Kubikmeter Wasser<br />

eingebracht. Dies entspricht einer Wassermenge von<br />

10 000 bis 20 000 Litern – <strong>und</strong> Feuchtigkeit ist die wesentliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage für jedes Sch<strong>im</strong>melpilzwachstum. Doch<br />

auch komplexe <strong>Gebäudetechnik</strong> <strong>und</strong> rasante Technologiesprünge<br />

stellen die Bauwirtschaft vor neue Herausforderungen,<br />

denn seitens der ausführenden Unternehmen<br />

fehlen oftmals das Know-how <strong>und</strong> die Erfahrungswerte<br />

<strong>im</strong> Umgang mit den neuen Baumaterialien <strong>und</strong> den einhergehenden<br />

Problemen. Energieeffiziente <strong>und</strong> damit<br />

dichte Bauweisen gemäß der Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV), fehlerhaftes Lüftungs- aber auch falsches <strong>Heiz</strong>verhalten<br />

verschärfen diese Problematik noch zusätzlich.<br />

Fazit: Die so in den Gebäuden verbleibende Feuchtigkeit<br />

bildet einen idealen Nährboden für Sch<strong>im</strong>melpilzwachstum.<br />

B<strong>und</strong>esweit liegt bisher auch keine Erhebung zu den<br />

Sanierungskosten bei Sch<strong>im</strong>melschäden in Neubauten<br />

vor, bedauert Führer. Fest steht jedoch, dass bei einem<br />

Schaden oftmals 50 000 Euro <strong>und</strong> mehr in eine fachgerechte<br />

Sanierung zu investieren sind. Bei r<strong>und</strong> 200 000<br />

deutschen Neubauten jährlich summiert sich dies schnell<br />

zu einem Milliardenbetrag. Dies deckt sich mit dem<br />

Ergebnis der Umfrage: 79 Prozent der Experten des<br />

Würzburger Sch<strong>im</strong>melpilz Forums schätzen aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Erfahrungswerte den b<strong>und</strong>esweiten Sachschaden<br />

auf mindestens 5 Milliarden Euro. Davon wiederum<br />

gehen 40 Prozent sogar von einem Sachschadenspotenzial<br />

von 20 Milliarden Euro <strong>und</strong> mehr aus. Ein horrender<br />

Betrag, der aber zumindest teilweise erklärt, weshalb seit<br />

dem Jahr 2010 drei Versicherungsunternehmen die Kosten<br />

für Sch<strong>im</strong>melpilzsanierungen aus ihren Versicherungsleistungen<br />

ausgeschlossen haben. Daraus ergeben sich<br />

Konsequenzen für alle am Bau Beteiligten: 1. Wenn keine<br />

Versicherungsleistung (mehr) besteht, kann ein Sch<strong>im</strong>melschaden<br />

<strong>im</strong> Neubau schnell zum wirtschaftlichen Ruin<br />

des Schaden verursachenden Unternehmens führen <strong>und</strong><br />

zum Alptraum für den Bauherrn werden. 2. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> muss das Thema „Feuchtigkeit“ aktiv angegangen<br />

werden, ein „Feuchtemanagement“ ist be<strong>im</strong> Neubau<br />

zur Vermeidung von Bauschäden dringend nötig.<br />

Wie erkennt <strong>und</strong> beseitigt man Sch<strong>im</strong>melschäden <strong>im</strong><br />

Neubau – war Thema einer Diskussionsr<strong>und</strong>e, eröffnet<br />

<strong>und</strong> moderiert von Dr. Christian Hanus, Dipl. Arch. ETH<br />

vom Department für Bauen <strong>und</strong> Umwelt der Donau-<br />

Universität Krems in Österreich. Was Lüftungsanlagen<br />

<strong>im</strong> Neubau leisten erläuterte Dipl.-Ing. Rolf Schmidt aus<br />

Celle, Architekt <strong>und</strong> Mitglied des Vorstandes <strong>im</strong> Verband<br />

für Wohnungslüftung e.V.<br />

Über die rechtlichen Aspekte von Sch<strong>im</strong>melschäden in<br />

Mietwohnungen informierte Rechtsanwalt Hans-Dieter<br />

Nicolay von der Kanzlei Rechtsanwälte Nicolay & Kremling.<br />

Nicolay ist Vorsitzender des Haus- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>besitzervereins<br />

Würzburg.<br />

Zu „Schadens- <strong>und</strong> Konfliktpotenzialen durch Sch<strong>im</strong>mel<br />

<strong>im</strong> Neubau <strong>und</strong> Bestand, divergierende Interessenslagen<br />

bei den Protagonisten der Wohnungswirtschaft“<br />

referierte Dipl.-Kfm. (Univ.) Nikolaus Kuner, Strategy<br />

Consultant, München.<br />

Gerd Warda, Chefredakteur von „Wohnungswirtschaft<br />

heute“ aus Bosau eröffnete <strong>und</strong> moderierte die Diskussionsr<strong>und</strong>e<br />

„Welche Maßnahmen sind zur Vermeidung<br />

von Sch<strong>im</strong>melschäden <strong>im</strong> Neubau nötig?“<br />

Der Tagungsband zur Veranstaltung kann für 28 Euro<br />

über die Website des Veranstalters www.peridomus.de<br />

angefordert werden.<br />

Christine Scharf,<br />

Agentur für Unternehmenskommunikation,<br />

Untere Ringstraße 48, 97267 H<strong>im</strong>melstadt<br />

Mängel an Fliesen<br />

Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat die Gewährleistungsansprüche<br />

von Verbrauchern mit einem Urteil gestärkt. Verkäufer<br />

müssen mangelhafte Einbauwaren nicht nur ersetzen,<br />

sondern – falls erforderlich – die mangelhafte Ware auch<br />

ausbauen <strong>und</strong> abtransportieren sowie neue Ware einbauen.<br />

Dies gilt, wenn die mangelhafte Kaufsache sich<br />

nicht reparieren lässt <strong>und</strong> der Mangel vor dem Einbau<br />

nicht erkennbar war. Nur wenn dies absolut unverhältnismäßig<br />

wäre, kann der Händler ersatzweise eine Entschädigung<br />

anbieten. Im konkreten Fall ging es um<br />

Bodenfliesen, die bereits kurz nach dem Verlegen irreparable<br />

Schäden aufwiesen.<br />

Lüftungsanlage<br />

Wenn die Entlüftungsanlage in einer Mietwohnung nicht<br />

funktioniert, muss der Vermieter für Abhilfe sorgen. Das<br />

geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München


224 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

(Az.: 461 C 2775/10) hervor. Im Fall hatte sich <strong>im</strong> Bad<br />

einer Mieterin Feuchtigkeit gesammelt, weil der Abluftkanal<br />

verstopft war, durch den die feuchte Luft entweichen<br />

sollte. Der Schacht war <strong>im</strong> unmittelbaren Anschluss<br />

an die Wand des Badez<strong>im</strong>mers dicht <strong>und</strong> verschmutzt.<br />

Die Mieterin machte Fotos <strong>und</strong> bat die Vermieterin um<br />

Abhilfe. Diese meinte, die Angelegenheit sei Sache der<br />

Mieterin. Das sah das Gericht anders. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

obliege die Einhaltungspflicht bezüglich der Mietsache<br />

dem Vermieter. Die normale Abnutzung gehe zu seinen<br />

Lasten. Unter die Erhaltungspflicht fielen auch Anlagen,<br />

die der Ver- oder Entsorgung dienen.<br />

Spielplatzlärm<br />

Lärm ist nicht gleich Lärm: Schreien Kinder abends auf<br />

Spielplätzen, müssen Anwohner in der näheren Umgebung<br />

das dulden. Geht der Krach aber von Jugendlichen<br />

aus, müssen sie das nicht hinnehmen, wie der Verwaltungsgerichtshof<br />

Mannhe<strong>im</strong> (Az.: 10 S 2428/11) entschieden<br />

hat. Anwohner hätten lediglich Anspruch darauf,<br />

dass die Kommune die klar missbräuchliche Nutzung von<br />

Spielplätzen unterbinde.<br />

Definition für Überschwemmung<br />

Strömt Regenwasser über eine Garageneinfahrt in den<br />

Keller <strong>und</strong> staut sich bis zur Decke, ist das versicherungstechnisch<br />

keine Überschwemmung. Das entschied das<br />

Oberlandesgericht Oldenburg (Az.: 5 U 160/11). Eine Elementarschadenversicherung<br />

müsse nur für den Schaden<br />

aufkommen, wenn das Gr<strong>und</strong>stück komplett überflutet<br />

werde.<br />

Balkonabfluss<br />

Mieter müssen dafür sorgen, dass der Abfluss auf dem<br />

Balkon frei ist. Versäumen sie dies, haften sie für daraus<br />

resultierende Schäden, urteilte das Amtsgericht Berlin-<br />

Neukölln, Az.: 13 C 197/11.<br />

Im laufenden Insolvenzverfahren:<br />

Vorsicht bei Weiterbelieferung<br />

Wird über das Vermögen eines Schuldners ein Insolvenzverfahren<br />

eröffnet, ist es nicht selten, dass das schuldnerische<br />

Unternehmen zunächst durch den Verwalter<br />

fortgeführt wird. Damit geht in der Regel die Bitte des<br />

Verwalters einher, das schuldnerische Unternehmen doch<br />

möglichst weiterhin zu beliefern, um eine Betriebsfortführung<br />

nicht zu gefährden. „Bei Weiterbelieferung des<br />

schuldnerischen Unternehmens ist jedoch äußerste Vorsicht<br />

geboten“, erklärt Bernd Drumann, Geschäftsführer<br />

der Bremer Inkasso GmbH. „Es ist nämlich keineswegs<br />

das man sich sicher sein kann, dass die Rechnungen auch<br />

tatsächlich bezahlt werden. Neben den Rechnungen, die<br />

man vor dem Insolvenzverfahren erteilt hat, besteht nämlich<br />

weiter die Gefahr, auch noch die Rechnungen für solche<br />

Lieferungen als uneinbringlich ausbuchen zu müssen,<br />

die erst auf Veranlassung des Insolvenzverwalters vorgenommen<br />

wurden. Und das, obwohl es sich dabei um vorrangig<br />

zu befriedigende ,Masseverbindlichkeiten‘ handelt.“<br />

Das Risiko des Ausfalls ist <strong>im</strong>mer dann gegeben, wenn<br />

der Insolvenzverwalter § 208 InsO anzeigt, dass die Masse<br />

nicht einmal mehr ausreicht, um diese Masseverbindlichkeiten<br />

auszugleichen. Man spricht hier von einer Massearmut<br />

oder auch Masseunzulänglichkeit. In solchen<br />

Fällen folgt quasi ein Insolvenzverfahren <strong>im</strong> Insolvenzverfahren:<br />

Die Gläubiger, die den Insolvenzverwalter beliefert<br />

haben, bekommen nur noch anteilige Zahlungen aus<br />

der Masse. Für die Schuld haftet der Verwalter § 61 InsO<br />

nicht persönlich, wenn er bei Bestellung nicht erkennen<br />

konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Begleichung<br />

nicht ausreichen würde. „Um dem Ausfall solcher Forderungen<br />

vorzubeugen, sollte vor Aufnahme der Belieferungen<br />

eine spezielle Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter<br />

geschlossen werden, in der er die Zahlung persönlich<br />

garantiert“, rät Drumann. „Noch besser ist, Vorkasse zu<br />

vereinbaren.“<br />

Sollten Gläubiger mit einer Masseverbindlichkeit aber<br />

doch einmal mit der Masseunzulänglichkeit konfrontiert<br />

werden, müssen sie aufpassen, wollen sie ihren Anspruch<br />

nicht komplett einbüßen. Drumann weiß von einem Fall<br />

zu berichten, in dem sich ein Insolvenzverwalter <strong>im</strong> Bremer<br />

Umland kürzlich auf die Verjährung berief: „Zuvor<br />

hatte er noch über einen Zeitraum von 6 Jahren mehrfach<br />

beteuert, die anteilige Quotenausschüttung zu Gunsten<br />

der beteiligten Massegläubiger werde durchgeführt,<br />

sobald die letzten Forderungen eingezogen wurden <strong>und</strong><br />

ein lastenfreier Miteigentumsanteil an einer Immobilie<br />

verwertet worden sei. Über all die Jahre hat er dabei bei<br />

uns den Eindruck erweckt, das Verfahren gehe seinen<br />

geordneten Gang <strong>und</strong> die Masseverbindlichkeiten würden<br />

bedient, sobald alles verwertet wurde. Damit hatten wir<br />

aber ,die Rechnung ohne den Verwalter‘ gemacht. Er<br />

lehnte dann nämlich auf einmal gegenüber den Massegläubigern<br />

jegliche Zahlungen ab. Sie hätten, um die Verjährung<br />

zu verhindern, Feststellungsklage erheben oder<br />

einen Verjährungsverzicht aushandeln müssen, meinte der<br />

Verwalter.“ Für Drumanns Mandantin nahm der Fall<br />

übrigens einen guten Ausgang, da auch die beharrliche<br />

Forderungsverfolgung den Eintritt der Verjährung hatte<br />

verhindern können.<br />

Weitere Informationen unter: Bremer Inkasso GmbH,<br />

Norderoog 1, 28259 Bremen, E-Mail: info@bremeninkasso.de,<br />

www.bremer-inkasso.de<br />

Mietrechtsreform 2012:<br />

Was Vermieter wissen müssen<br />

Dürfen die Kosten für energetische Sanierungen auf die<br />

Mieter umgelegt werden? Darf während der dafür notwendigen<br />

Bauarbeiten die Miete gemindert werden? In<br />

der aktuell beschlossenen Mietrechtsreform wurden diese<br />

Punkte verbindlich festgelegt. Der Haufe-Ratgeber „Mietrecht<br />

für Vermieter von A-Z“ beleuchtet alle wichtigen


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 225<br />

Neuerungen. Das neu aufgelegte Standardwerk von<br />

Rudolf Stürzer bietet rechtssichere Expertentipps, umfassendes<br />

Gr<strong>und</strong>lagenwissen, hilfreiche Hinweise auf Stolperfallen<br />

r<strong>und</strong> um die Mietrechtsreform <strong>und</strong> alle weiteren<br />

wichtigen Punkte r<strong>und</strong> ums Thema Vermieten.<br />

Mit der Mietrechtsreform will der Gesetzgeber die energetische<br />

Sanierung von Wohn- <strong>und</strong> Geschäftsgebäuden<br />

vereinfachen. Die wichtigsten Beschlüsse: Mietminderungen<br />

aufgr<strong>und</strong> von Baulärm sind erst nach drei Monaten<br />

möglich. Und: Nach wie vor dürfen jährlich max<strong>im</strong>al elf<br />

Prozent der entstehenden Kosten auf die Miete umgelegt<br />

werden. Auch um die so genannten Mietnomaden kümmert<br />

sich die Reform <strong>und</strong> vereinfacht in Zukunft Räumungsklagen.<br />

Neben diesen Punkten sollten Vermieter<br />

aber auch in Sachen Kündigung, Mietvertrag oder Schönheitsreparaturen<br />

auf dem neuesten Stand sein, um Auseinandersetzungen<br />

mit ihren Mietern zu ver meiden.<br />

Der Ratgeber „Mietrecht für Vermieter von A-Z“ hilft<br />

Vermietern, in diesen Punkten rechtlich auf der sicheren<br />

Seite zu sein. Der Autor, Rudolf Stürzer, ist als Rechtsanwalt<br />

<strong>und</strong> Vorsitzender des Haus- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>besitzervereins<br />

München, absoluter Experte auf diesem Gebiet. Das<br />

solide Gr<strong>und</strong>lagenwissen wird ergänzt durch hilfreiche<br />

Schritt-für-Schritt-Guides zu Themen wie Mietminderung<br />

oder Rückgabe. Rechts-<strong>und</strong> Kosten-Checks helfen,<br />

auch rechtlich <strong>und</strong> finanziell auf der sicheren Seite zu<br />

sein. Neben den Aktualisierungen <strong>im</strong> Mietrecht auch neu<br />

in der 3. Auflage: Die neue Trinkwasserverordnung <strong>und</strong><br />

aktuelle BGH-Urteile.<br />

Die beiliegende CD-ROM bietet Musterformulare,<br />

Musterbriefe, Musterverträge <strong>und</strong> die wichtigsten Gesetze<br />

<strong>im</strong> Wortlaut.<br />

Der in Zusammenarbeit mit Haus + Gr<strong>und</strong> München<br />

entstandene Ratgeber ist für 19,95 Euro bei Haufe <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />

Buchhandel erhältlich.<br />

Aus den Verbänden<br />

Deutsches Institut für vorbeugenden<br />

Brandschutz e. V. (DIvB) gegründet<br />

Mehrere Brandschutz-Verbände gründeten gemeinsam<br />

das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz e. V.<br />

(DlvB). Das Institut wird die verbandsübergreifenden<br />

Themen koordinieren <strong>und</strong> die Interessen der Brandschutzbranche<br />

gegenüber Politik, Behörden <strong>und</strong> anderen<br />

Gruppen vertreten.<br />

Wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />

engagieren sich seit vielen Jahren auch <strong>im</strong> Brandschutz<br />

zahlreiche Vereinigungen <strong>und</strong> Verbände. Ihre wertvolle<br />

Arbeit ist wichtig für die Branche <strong>und</strong> legte die Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die breite Akzeptanz, die der vorbeugende Brandschutz<br />

in der Bevölkerung genießt. Die Vielfalt der verschiedenen<br />

Interessengruppen erschwerte bislang die<br />

Durchsetzung gemeinsamer Ziele gegenüber den politischen<br />

Entscheidungsträgern. Es fehlte eine starke St<strong>im</strong>me,<br />

die übergreifende Interessen der Branche <strong>im</strong> vorbeugenden<br />

Brandschutz verfolgt.<br />

Ziele des DIvB<br />

Nach intensiven Gesprächen gründeten schließlich mehrere<br />

Verbände <strong>und</strong> Einzelpersonen am 24. Februar in<br />

Nürnberg das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz<br />

e. V. (DIvB).<br />

Das DIvB hat gemäß Satzung die Aufgabe,<br />

– die Öffentlichkeit über neue Entwicklungen auf dem<br />

Gebiet des vorbeugenden Brandschutzes zu informieren,<br />

– kompetenter Partner in allen Fragen des vorbeugenden<br />

Brandschutzes für Politik <strong>und</strong> Wirtschaft zu sein,<br />

– brandschutztechnisches Fachwissen zu bündeln <strong>und</strong><br />

zur baulichen <strong>und</strong> betrieblichen Sicherheit beizutragen,<br />

– die wissenschaftliche Forschung <strong>und</strong> Bildung sowie die<br />

Entwicklung auf dem Gebiet des vorbeugenden Brandschutzes<br />

zu fördern,<br />

– die Erkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen des In- <strong>und</strong> Auslandes<br />

über neueste Verfahren <strong>und</strong> Methoden aufzubereiten<br />

<strong>und</strong> interessierten Kreisen zu vermitteln.<br />

Zur Erfüllung dieser Aufgaben wurde bereits ein Projektkatalog<br />

festgelegt. Die vorläufige Internetseite unter<br />

www.divb.org bietet dazu einen umfassenden Überblick.<br />

Zu den ersten Projekten gehört u. a. die Festlegung von<br />

Mindeststandards zur Ausbildung der Fachplaner, die<br />

Beteiligung an Anhörungsverfahren zur Brandschutzgesetzgebung<br />

<strong>und</strong> die Vorbereitung der Branche auf die Folgen<br />

(aus) der Bauproduktenverordnung.<br />

Gründungsmitglieder<br />

Gründungsmitgliedern des DIvB sind<br />

– B<strong>und</strong>esvereinigung Fachplaner <strong>und</strong> Sachverständige<br />

für den vorbeugenden Brandschutz e. V. (BFSB)<br />

– Gütegemeinschaft Brandschutz <strong>im</strong> Ausbau e. V. (GBA)<br />

– B<strong>und</strong>esverband Brandschutz e. V. (BVB)<br />

– Wirtschaftsverband Brandschutz e. V. (WVB)<br />

– B<strong>und</strong>esverband Brandschutz-Fachbetriebe e. V. (bvbf)<br />

– Vereinigung der Brandschutzplaner e. V. (VdBP)<br />

– Europäisches Institut für Brandschutz (EIB)<br />

– Feuertrutz GmbH Verlag für Brandschutzpublikationen<br />

– DEUTSCHE ROCKWOOL Mineralwoll GmbH &<br />

Co. OHG<br />

– ZAPP-ZIMMERMANN GmbH<br />

– sowie 7 persönliche Mitglieder<br />

Dem Gründungsvorstand führen als Vorsitzender<br />

Senator h.c. Volker Rodenberg sowie als Stellvertreter Lutz<br />

Battran, Peter Hilgers <strong>und</strong> Dr. Roman Rupp. Geschäftsführer<br />

des DIvB ist Günter Ruhe vom Feuertrutz Verlag.<br />

Das DIvB – eine offene Plattform<br />

Das Institut ist offen für alle, die sich für den vorbeugenden<br />

Brandschutz in Deutschland engagieren. Die übergreifenden<br />

Zielsetzungen des vorbeugenden Brandschutzes<br />

– baulich, anlagentechnisch <strong>und</strong> organisatorisch – stehen<br />

<strong>im</strong> Mittelpunkt. Das DIvB sucht dazu auch die<br />

Zusammenarbeit mit allen Organisationen, die <strong>im</strong> deutschen<br />

Brandschutz aktiv sind. Deren wichtige Arbeit soll


226 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

unterstützt werden. Ob mit Einzelmitgliedschaft, Unternehmens-<br />

oder Verbandsmitgliedschaft, das Deutsche<br />

Institut für vorbeugenden Brandschutz bietet eine Fülle<br />

von Möglichkeiten, sich zu engagieren.<br />

Weitere Informationen: Günter Ruhe, E-Mail: info@<br />

divb.org<br />

Aus BHKS wird BTGA<br />

„B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />

e. V.“, abgekürzt BTGA, – so lautet der neue Verbandsname<br />

des bisherigen BHKS, B<strong>und</strong>esindustrieverband<br />

<strong>Heiz</strong>ungs-, Kl<strong>im</strong>a-, Sanitärtechnik/Technische<br />

Gebäudesysteme e. V. „Mit dieser Namensänderung tragen<br />

wir der Entwicklung Rechnung, dass die Mitglieder<br />

unserer Verbandsorganisation mittlerweile ein deutlich<br />

breiteres Spektrum in der Haus- <strong>und</strong> <strong>Gebäudetechnik</strong><br />

abdecken als dies mit dem bisherigen Verbandsnamen<br />

zum Ausdruck kam“, so BTGA-Präsident Josef Oswald<br />

zur Namensänderung. Die Änderung des Verbandsnamens<br />

wurde <strong>im</strong> Rahmen der diesjährigen Mitgliederversammlung<br />

am 11. Mai in Chemnitz einst<strong>im</strong>mig beschlossen.<br />

Der Beschluss wurde bereits be<strong>im</strong> Vereinsregister<br />

eingereicht.<br />

Der B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />

e. V. mit Sitz in Bonn vertritt über seine Landesverbände<br />

<strong>und</strong> die Direktmitglieder r<strong>und</strong> 500 Mitgliedsunternehmen<br />

des industriell ausgerichteten Anlagenbaus in<br />

der <strong>Gebäudetechnik</strong>. Neben den klassischen Gewerken<br />

der <strong>Heiz</strong>ungs-, Kl<strong>im</strong>a- <strong>und</strong> Sanitärtechnik decken die<br />

Mitgliedsunternehmen das gesamte Spektrum der <strong>Gebäudetechnik</strong><br />

einschließlich der Kälte-, Elektro- <strong>und</strong> MSR-<br />

Technik sowie der Gebäudeautomation ab. Der Verband<br />

wurde bereits 1898 gegründet <strong>und</strong> ist damit eine der ältesten<br />

deutschen Wirtschaftsorganisationen.<br />

Die Presseinformation steht unter www.btga.de zum<br />

Download bereit.<br />

Neuheiten <strong>und</strong> Firmenberichte<br />

Dichtheitsprüfung<br />

Mit Unverständnis reagiert der RSV – Rohrleitungssanierungsverband<br />

e.V auf die aktuelle Entwicklung in Nordrhein-Westfalen<br />

r<strong>und</strong> um den § 61a LWG. Bestrebungen,<br />

die Verpflichtung privater Kanalbetreiber zur Dichtheitsprüfung<br />

„auszusetzen“, seien ökologisch <strong>und</strong> öko nomisch<br />

hoch kontraproduktiv. Häusliches Abwasser sei heute<br />

alles andere als „harmlos“ <strong>und</strong> die Forderung, dass Rohre<br />

dicht sein müssen, somit absolut begründet, <strong>und</strong> zwar <strong>im</strong><br />

privaten ebenso wie <strong>im</strong> öffentlichen Raum. Im Übrigen<br />

sei der Versuch, die Rechtslage in NRW auf den Kopf zu<br />

stellen, schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die<br />

Landespolitik die gr<strong>und</strong>sätzlichen Betreiberpflichten des<br />

(B<strong>und</strong>es-)Wasserhaushaltsgesetzes gar nicht aufheben<br />

könne. Das WHG verpflichte seit der letzten WHG-<br />

Novelle erstmals ausdrücklich auch die privaten Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />

zur Inspektion <strong>und</strong> ggf. zur Sanierung<br />

ihrer Leitungen <strong>und</strong> Schächte – b<strong>und</strong>esweit! Somit steht<br />

die politische Debatte in NRW quer zur aktuellen Entwicklung<br />

des B<strong>und</strong>esrechts.<br />

Nachfolgend eine Stellungnahme mit Erläuterungen des<br />

RSV´s zur Dichtheitsprüfung von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen<br />

1. Das <strong>im</strong> Jahr 2009 novellierte Wasserhaushaltsgesetz<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland fordert unabhängig<br />

von der Eigentumsart (öffentlich oder privat) die Überwachung<br />

<strong>und</strong> ggfls. Sanierung von Abwasseranlagen.<br />

Der §61a LWG hatte diese Forderung für NRW in<br />

Landesrecht umgesetzt.<br />

Die aktuelle Diskussion um die Dichtheitsprüfung<br />

von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen in NRW ist<br />

daher fachlich nicht nachvollziehbar <strong>und</strong> verunsichert<br />

alle davon betroffenen Gr<strong>und</strong>stückseigentümer, Kommunen<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungsunternehmen.<br />

2. Die Schadstofffracht aus dem Abwasser infolge von<br />

bisher wenig beachteten Inhaltsstoffen führt in Oberflächengewässern<br />

trotz Kläranlagen zunehmend zu<br />

unzulässigen Belastungen. Die B<strong>und</strong>esregierung plant<br />

deshalb für dieses Jahr eine Verordnung, die Kläranlagenbetreiber<br />

zur Nachrüstung von Anlagen zur Reduzierung<br />

dieser Fracht zwingt.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Behauptung, häusliches<br />

Abwasser sei unbedenklich, ein gefährlicher<br />

Irrtum. So können Haushaltschemikalien, Krankheitserreger<br />

<strong>und</strong> Medikamente bei <strong>und</strong>ichten Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen<br />

sehr wohl zur Gefährdung von<br />

Mensch <strong>und</strong> Umwelt führen (z. B. über den Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />

in das Trinkwasser).<br />

3. Im Gr<strong>und</strong>wasser sind heute noch Medikamente nachweisbar,<br />

die bereits in den 60er Jahren aus dem Verkehr<br />

gezogen wurden. Das lässt erahnen, welche Langzeitschäden<br />

die Exfiltrationen von heute nach sich ziehen<br />

können.<br />

Politisch motivierte Entscheidungen gegen die<br />

Sicherung der Dichtheit von Kanälen delegieren damit<br />

die Folgen für die Umwelt in unverantwortlicher Art<br />

<strong>und</strong> Weise auf die nachfolgenden Generationen.<br />

4. Die Notwendigkeit zur Sicherung dichter Kanäle ist <strong>im</strong><br />

öffentlichen Bereich seit vielen Jahren unumstritten<br />

<strong>und</strong> es wird sehr viel Geld ausgegeben, um die Entwässerungsnetze<br />

systematisch zu sanieren.<br />

In den Bereichen, wo die privaten Leitungen nicht<br />

dicht sind, wird die Ex- oder Infiltration nachweislich<br />

nur örtlich verlagert <strong>und</strong> die Investitionen <strong>im</strong> öffentlichen<br />

Bereich werden zumindest teilweise in ihrer<br />

Wirksamkeit aufgehoben <strong>und</strong> damit verschwendet. Die<br />

daraus resultierenden Abwassergebühren sind aber<br />

auch von den privaten Kanalbetreibern zu zahlen, deren<br />

Anlagen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.<br />

Hier geht das Prinzip der Gleichbehandlung verloren.<br />

5. Die mancherorts festgestellten überteuerten Angebote<br />

<strong>und</strong> eine unprofessionelle Ausführung der Prüfung <strong>und</strong><br />

ggfls Sanierung von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungs anlagen<br />

haben in der Diskussion dazu geführt, dass die<br />

ganze Branche unter den Generalverdacht der Ab -<br />

zocke gestellt wurde.


Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 227<br />

Viele erfahrene Sanierungsfirmen haben sich aufgr<strong>und</strong><br />

des erklärten politischen Willens technisch <strong>und</strong><br />

personell auf diese Aufgaben vorbereitet. Der RSV hat<br />

in Zusammenarbeit mit anderen Fachverbänden diese<br />

Bemühungen durch die Qualifizierung von Personal<br />

<strong>und</strong> demnächst auch die Zertifizierung von Fachfirmen<br />

begleitet <strong>und</strong> unterstützt, um den Auftraggeber die<br />

Auswahl von seriösen Firmen zu erleichtern.<br />

6. Der RSV ist bereit <strong>und</strong> interessiert, über die organisatorische<br />

<strong>und</strong> zeitliche Umsetzung der Betreiberpflichten<br />

von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen (wie<br />

bisher schon intensiv geschehen) politisch <strong>und</strong> fachlich<br />

zu diskutieren <strong>und</strong> daher für alle Gesprächsangebote<br />

offen!<br />

RSV – Rohrleitungssanierungsverband e.V.,<br />

Eidechsenweg 2, 49811 Lingen (Ems),<br />

E-Mail: rsv-ev@t-online.de<br />

Gasturbinen für hohe Energieeffizienz<br />

Laut einer Analyse des Bremer Energieinstituts <strong>und</strong> des<br />

Deutschen Instituts für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt sind die<br />

Möglichkeiten von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in<br />

Deutschland bei weitem noch nicht opt<strong>im</strong>al eingesetzt.<br />

Ergebnisse zeigen, dass das Potenzial für Strom <strong>und</strong><br />

Wärme aus KWK-Anlagen grob geschätzt bei r<strong>und</strong><br />

90 Terawattst<strong>und</strong>en (TWh) liegen könnte. In der Realität<br />

erzeugen Unternehmen derzeitig jedoch erst zirka 26 TWh<br />

<strong>mittels</strong> KWK-Stromerzeugung. Mit entsprechenden<br />

Investitionen in KWK-Anlagen könnten nach Einschätzung<br />

der Wissenschaftler pro Jahr r<strong>und</strong> 60 TWh Pr<strong>im</strong>ärenergie<br />

<strong>und</strong> 20 Millionen Tonnen CO 2<br />

eingespart werden 1 .<br />

In nahezu allen Produktionsprozessen wird Prozesswärme<br />

benötigt. Um gleichzeitig umweltschonend <strong>und</strong><br />

energieeffizient zu arbeiten, ist die Nutzung von Kraft-<br />

Wärme-Kopplung zur Erzeugung von Prozesswärme<br />

sinnvoll. Kraft-Wärme-Kopplung ist dabei eine besonders<br />

effiziente Form der Energiewandlung, da gleichzeitig<br />

Strom <strong>und</strong> Nutzwärme erzeugt werden. Ohne KWK wird<br />

elektrische Energie beispielsweise in Großkraftwerken mit<br />

Wirkungsgraden zwischen 35 <strong>und</strong> 40 Prozent bezogen auf<br />

den Einsatz an Pr<strong>im</strong>ärenergie erzeugt. Ohne Nutzung der<br />

bei der Stromerzeugung entstehenden Wärme wird diese<br />

an die Umgebung abgegeben <strong>und</strong> ist damit für die weitere<br />

Verwertung verloren. Die KWK verlagert die Stromerzeugung<br />

durch Dezentralisierung der Erzeugungsanlagen an<br />

Orte, an denen kontinuierlicher Wärmebedarf vorhanden<br />

ist, beispielsweise der Prozessdampf in der Industrie.<br />

Durch die Kombination von Strom- <strong>und</strong> Wärmeerzeugung<br />

wird die Energiegewinnung bezogen auf den Pr<strong>im</strong>ärenergieeinsatz<br />

effizienter.<br />

Das Bild zeigt anschaulich die Vorteile der Kraft-<br />

Wärme-Kopplung.<br />

Zusätzlich zu den ökologischen Vorteilen genießen<br />

Betreiber von KWK-Anlagen deutliche finanzielle <strong>und</strong><br />

betriebliche Vorteile:<br />

– Die elektrische Energie aus der Eigenerzeugung ersetzt<br />

kostenintensiven externen Strombezug.<br />

– Die Stromerzeugung in KWK-Anlagen wird entsprechend<br />

des KWK-Gesetzes gefördert.<br />

– Die KWK-Anlage sichert die Stromversorgung der<br />

Produktionsanlagen gegen Ausfall der externen Netzversorgung.<br />

„Besonders Unternehmen mit einem hohen <strong>und</strong> kontinuierlichen<br />

Bedarf an Prozesswärme, wie zum Beispiel in<br />

der Papier-, Lebensmittel- oder Chemieindustrie haben<br />

einen enormen Vorteil von dem Einsatz einer KWK-<br />

Anlage“, erklärt Dietmar Cordts, Bereichsleitung<br />

Geschäftsbereich Energie bei der TIG Group GmbH <strong>und</strong><br />

ergänzt: „Aber nicht nur große Unternehmen können<br />

KWK-Anlagen einsetzen. Mit der technologischen Entwicklung<br />

der Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung genießen<br />

auch Industrieunternehmen mit vergleichsweise geringem<br />

Bedarf an Prozesswärme Vorteile durch Einsatz dieser<br />

Technologie.“<br />

Mikro-Gasturbinen zeichnen sich durch eine hohe<br />

Lebensdauer <strong>und</strong> geringe Wartungskosten aus. Die<br />

Lebensdauer einer Mikro-Gasturbine liegt bei circa 40 000<br />

Betriebsst<strong>und</strong>en. Durch eine einmalige Revision kann die<br />

Lebensdauer auf insgesamt 80 000 h verlängert werden.<br />

Das elektrische Leistungsspektrum der Turbine reicht von<br />

30 kW bis 200 kW. Durch Kombination mehrerer Turbinen<br />

kann eine elektrische Leistung von insgesamt 1000<br />

kW erreicht werden. Der elektrische Wirkungsgrad liegt<br />

je nach Baugröße zwischen 29 <strong>und</strong> 33 Prozent, sodass<br />

circa 65 bis 69 Prozent der Pr<strong>im</strong>ärenergie zur Erzeugung<br />

von Prozesswärme zur Verfügung stehen. Im Gegensatz<br />

zu Gasmotoren liegt die Abwärme der Mikrogasturbine<br />

nahezu vollständig als Abgas vor <strong>und</strong> kann in Kombination<br />

mit einer auf die Mikrogasturbine abgest<strong>im</strong>mten<br />

Zusatzfeuerung für die Erzeugung von Hochtemperaturwärme,<br />

zum Beispiel für Prozessdampf genutzt werden.<br />

Als Pr<strong>im</strong>ärenergie wird zumeist Erdgas eingesetzt, aber<br />

auch die Verwendung von Biogas oder Diesel ist möglich.<br />

„Wichtig für einen opt<strong>im</strong>alen ökologischen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Nutzen ist die Anpassung von Mikrogasturbine<br />

<strong>und</strong> Zusatzfeuerung auf die Kesselanlage <strong>und</strong> deren<br />

Betriebsverhalten. Eine sorgfältige Ermittlung der<br />

Betriebsverhältnisse ist daher als Basis für die richtige<br />

Auswahl <strong>und</strong> Auslegung der eingesetzten Komponenten<br />

unerlässlich“, sagt Dietmar Cordts.<br />

1 „Neue Chancen mit Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie effizient<br />

produzieren – nachhaltig wirtschaften“, Seite 5, B<strong>und</strong>esverband<br />

Kraft-Wärme-Kopplung e. V. 2011<br />

© TIG|Group Total Site Solutions


228 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />

Mikro-KWK kann an unterschiedlichen Wärmeerzeugern<br />

mit Dampf, Heißwasser oder Thermalöl als Wärmeträger<br />

eingesetzt werden. Auch die Kopplung der Mikro-<br />

Gasturbine mit einer Trocknungsanlage ist denkbar.<br />

Wichtig für den kommerziellen Erfolg des Vorhabens ist<br />

weniger eine Opt<strong>im</strong>ierung des Investitionsvolumens, sondern<br />

eher die bedarfsgerechte Anpassung der KWK-<br />

Anlage an den Wärmeerzeuger. Zusätzlicher Nutzen<br />

kann durch eine erweiterte Abwärmenutzung beispielsweise<br />

durch die Übertragung der Abwärme der Kesselanlage<br />

auf Brauchwasser oder Kesselspeisewasser entstehen.<br />

Unter idealen Verhältnissen ist sogar die Brennwert-<br />

Nutzung des eingesetzten Erdgases möglich.Als Experte<br />

für Kesseltechnik <strong>und</strong> Anlagen sowie Umwelttechnologie<br />

unterstützt die TIG Group GmbH dabei, die opt<strong>im</strong>ale<br />

Lösung zur Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung zu finden.<br />

Dabei reicht die Beratung <strong>und</strong> Konzeption des<br />

Husumer Unternehmens von individuell angepassten<br />

Anlagenkomponenten bis zu maßgeschneiderten KWK-<br />

Anlagen. Aufgr<strong>und</strong> der gesetzlichen Zuschüsse lohnen<br />

sich in den meisten Fällen sogar Modernisierungen bestehender<br />

Anlagen. Dietmar Cordts führt weiter aus: „Viele<br />

Unternehmen müssen hierzu lediglich ihre vorhandene<br />

Kesselanlage umrüsten. Eine Mikrogasturbine mit<br />

Zusatzfeuerung wird ergänzt, um Kraft-Wärme-Kopplung<br />

einzusetzen.“<br />

Durch Änderung der Zufeuerungsleistung kann die<br />

Wärmeerzeugung flexibel an den Produktionsprozess<br />

angepasst werden. Zur Opt<strong>im</strong>ierung der Energieeffizienz<br />

sollte allerdings ein kontinuierlicher Betrieb <strong>im</strong> Leistungsbereich<br />

80 bis 100 Prozent angestrebt werden. Nur in diesem<br />

Leistungsbereich wird der Sauerstoffgehalt des Turbinenabgases<br />

voll ausgenutzt <strong>und</strong> der max<strong>im</strong>al mögliche<br />

Anlagenwirkungsgrad erreicht.<br />

„Um herauszufinden, ob ein KWK-Einsatz rentabel<br />

ist <strong>und</strong> welchen Umfang eine Anlage einnehmen würde,<br />

analysieren unsere Fachkräfte jeden Einzelfall <strong>und</strong> bilanzieren<br />

Einsatz <strong>und</strong> Ertrag“, sagt Dietmar Cordts <strong>und</strong><br />

erläutert: „Eine detaillierte Analyse ist entscheidend, um<br />

Technologien <strong>und</strong> Anlagen individuell auf spezifische<br />

Anforderungen zuzuschneiden.“<br />

Bei einem Dampfkessel (5 t/h) mit 8000 Volllastst<strong>und</strong>en<br />

lässt sich bei Einsatz einer Mikrogasturbine ein Kostenvorteil<br />

bis zu 160 000 Euro pro Jahr erzielen. Dadurch<br />

ergeben sich geringe Amortisationszeiten. In Bezug auf<br />

das genannte Beispiel wäre die Anlage bereits nach r<strong>und</strong><br />

drei Jahren finanziell ausgeglichen.Langfristig gesehen<br />

unterstützt der Einsatz von KWK-Kraftwerken die Erfüllung<br />

der Kl<strong>im</strong>aschutzziele <strong>und</strong> wird aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

auch wirtschaftlich gefördert. Nach dem KWK-Gesetz ist<br />

es Ziel, bis 2020 r<strong>und</strong> 25 Prozent der Stromversorgung<br />

aus KWK-Anlagen zu beziehen. Zuschläge erhalten<br />

Betreiber über zehn Jahre, egal, ob Einspeisung oder<br />

Eigennutzung erfolgt. Jedoch ist der finanzielle Nutzen<br />

bei der Eigennutzung durch die vergleichsweise geringe<br />

Einspeisevergütung deutlich höher. Der verstärkte Einsatz<br />

von KWK-Anlagen in der Industrie führt langfristig<br />

zu einer Reduzierung der CO 2<br />

-Emission, schont damit die<br />

Umwelt <strong>und</strong> senkt Energiekosten.„Mikro-KWK-Anlagen<br />

stellen eine zukunftsweisende Entwicklung für kleine bis<br />

mittlere Unternehmen <strong>im</strong> Bereich der nachhaltigen <strong>und</strong><br />

umweltbewussten Energieerzeugung dar, da sie hohe Leistungen<br />

erbringen <strong>und</strong> dabei äußerst kompakt <strong>und</strong> kl<strong>im</strong>aschonend<br />

sind. In diesem Sinne unterstützen sie bei der<br />

Sicherstellung eigener Energieressourcen“, sagt Dietmar<br />

Cordts abschließend.<br />

Weitere Informationen unter www.tig-group.com<br />

Mitteilungen des Verlages:<br />

Verantwortlich für den Textteil: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Klaus W. Usemann,<br />

Technische Universität Kaiserslautern, Pfaffenbergstraße 95, 67663 Kaiserslautern.<br />

Redaktionsbüro <strong>im</strong> Verlag:<br />

Sieglinde Balzereit, Tel. (089) 450 51-222,<br />

Fax (089) 450 51-207, e-mail: balzereit@oiv.de<br />

Verlag:<br />

Oldenbourg Industrieverlag GmbH, Rosenhe<strong>im</strong>er Straße 145,<br />

81671 Mün chen, Telefon: (089) 450 51-0, Telefax: (089) 450 51-207,<br />

Internet: http://www.oldenbourg-industrieverlag.de<br />

Geschäftsführer:<br />

Carsten Augsburger, Jürgen Franke<br />

Anzeigenabteilung:<br />

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Helga Pelzer, Vulkan Verlag, Essen,<br />

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Smart Metering 2.0<br />

Vom intelligenten Gaszähler<br />

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Dieses Fachbuch zeigt die Entwicklung, die Vorteile<br />

<strong>und</strong> die Potenziale dieser Technologien auf <strong>und</strong> setzt<br />

sich mit den aktuell diskutierten Themen auseinander.<br />

Smart Metering – an der Schnittstelle von Smart Homes<br />

<strong>und</strong> Smart Grids – ist ein wichtiges Element zur Modernisierung<br />

<strong>und</strong> Opt<strong>im</strong>ierung der Energieversorgungssysteme.<br />

Obwohl sich Hersteller <strong>und</strong> Anwender auf technologische<br />

Gr<strong>und</strong>lagen verständigt haben, entwickelt sich der<br />

deutsche Markt verhalten. Die Ursachen für diese Marktentwicklung<br />

werden sowohl in den politischen Rahmenbedingungen<br />

als auch in der Verfügbarkeit verlässlicher<br />

Standards gesehen.<br />

In dem Buch werden in einer Zusammenstellung technisch<br />

orientierter Fachbeiträgen die Gründe <strong>und</strong> Hintergründe aus<br />

unterschiedlichen Blickwinkeln veranschaulicht.<br />

Hrsg.: U. Wernekinck, N. Burger<br />

1. Aufl age 2011, ca. 300 Seiten mit eBook auf DVD,<br />

Farbdruck, Hardcover<br />

gas erscheint in der Oldenbourg Industrieverlag GmbH, Rosenhe<strong>im</strong>er Str. 145, 81671 München<br />

Oldenbourg-Industrieverlag<br />

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