GI - Gebäudetechnik Innenraumklima Sommerliche Raumkühlung im Wohnungsbau mittels kombinierter Heiz- und Kühlsysteme (Vorschau)
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K. W. Usemann In eigener Sache: Abschied von der Leserschaft 173<br />
P. Seidel <strong>Sommerliche</strong> <strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong> <strong>mittels</strong> 175<br />
R. Gritzki <strong>kombinierter</strong> <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong> –<br />
M. Rösler Teil I: Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenuntersuchungen<br />
R. Bäckmann Filternde Absaugsysteme bei thermischer Bearbeitung 183<br />
Thema: Energie <strong>und</strong> Stromfresser 191<br />
P. Tesche Energiebedarf von Wohnbauten 192<br />
M. Wang Lebensmittelhygiene <strong>und</strong> Brandschutz – Empfehlungen für Betriebe der 203<br />
Lebensmittelindustrie zum verstärkten Brandschutz<br />
P. Lein Schallschutz in heiztechnischen Anlagen in Anlehnung an VDI 2715 209<br />
Risiken der Vertragsgestaltung werden bei Großprojekten unterschätzt 214<br />
K. W. Usemann Über verbohrtes Deutsch in der Technik 217<br />
Neue Schriften 182, 202, 208<br />
Mitteilungen 190, 213<br />
Buchbesprechungen 191, 216, 220<br />
Patentschau 219<br />
Gefahrstoffe auf Baustellen / Rechtsecke / Aus den Verbänden / 221<br />
Neuheiten <strong>und</strong> Firmenberichte<br />
133. Jahrgang • August 2012<br />
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dass ich vom Oldenbourg Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante, fachspezifische Medien- <strong>und</strong> Informationsangebote informiert <strong>und</strong> beworben werde.<br />
Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.
Herausgegeben von K. W. Usemann 133. Jahrgang 2012 · Heft 4 · Seite 173 – 228<br />
unter Mitwirkung von<br />
in Verbindung mit dem<br />
F. Baum, H. Erhorn <strong>und</strong> H.-J. Moriske<br />
Umweltb<strong>und</strong>esamt, Fachbereich Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Wasser-, Boden- <strong>und</strong> Lufthygiene, Ökologie, Berlin-Dahlem; Bayerischen Landesamt<br />
für Umweltschutz, Augsburg <strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heitstechnischen Gesellschaft, Berlin.<br />
In eigener Sache:<br />
Abschied von der Leserschaft<br />
„… <strong>und</strong> führt entzückt durch das heiter geschaffene, das mit Anfang oft schließt <strong>und</strong> mit Ende beginnt“<br />
Dieser Rilke-Vers ist einmal wörtlich zu nehmen. Durch andere Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> Gegebenheiten musste ich mich dazu entschließen, nach Erscheinen dieses<br />
gi-Heftes von der Herausgabe <strong>und</strong> Schriftleitung zurückzutreten. In diesem Jahr<br />
2012 erscheint der Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur seit 1878 <strong>im</strong> 133. Jahrgang, 42 Jahre<br />
davon hatte ich die schöne Aufgabe, diese Fachzeitschrift mit zugestalten, die<br />
mit ihrem breiten Wissensspektrum jung <strong>und</strong> aktuell geblieben ist. Der Verlag<br />
hat sich entschlossen, die Verantwortung der Herausgabe an Univ.-Prof. Dr.-Ing.<br />
Martin Kriegel, Hermann-Rietschel-Institut an der TU Berlin, zu übertragen. Der<br />
bisherige Betreuer kann seinen Abschied von den Lesern mit der Genugtuung<br />
verbinden, dass seine Herausgebertätigkeit in guten Händen liegt. Es beginnt<br />
<strong>im</strong> Beenden des gi ein neues Layout. Das äußere Bild der Zeitschrift wahrt die<br />
Tradition, Charakter <strong>und</strong> Auftrag ändern sich nicht. Die inhaltliche Leitlinie zielt<br />
nach wie vor auf die technischen Anlagen <strong>und</strong> normative Regelungen für ges<strong>und</strong>e,<br />
komfortable, ökonomische Lebensumstände <strong>im</strong> gebauten Habitat. Die Zeitschrift<br />
bleibt dem multum non multa verpflichtet. Sie erfreut sich seit den Anfängen<br />
eines relativ stabilen Interessenten- <strong>und</strong> Leserkreises. Ich glaube, einer der Gründe<br />
ist in der stets befolgten Devise „Überblick schaffen – Überblick erhalten“ zu<br />
sehen. In den kommenden Jahrgängen wird sich daran nichts ändern. Die fachlich<br />
– inhaltliche <strong>und</strong> formale Beurteilung der Manuskripte soll den Autoren <strong>und</strong><br />
natürlich auch der Redaktion helfen, dass die Fachzeitschrift weiterhin der Ort
174 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
konstruktiv-kritischer Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Forschung,<br />
technischer Entwicklung <strong>und</strong> politischen, rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen der Bauphysik, Gebäude- <strong>und</strong> Umwelttechnik bleibt.<br />
Fachzeitschriften sind ein wichtiger Teil der Innova tionsspirale. Wenn die<br />
Autoren ihr neues Wissen an die Leser weitergeben, tragen sie dazu bei, dass sich<br />
diese Spirale „in die Höhe“ dreht, also Innovation entsteht. Basis des persönlichen<br />
Know-hows wiederum sind die veröffentlichten Informationen. Und das<br />
veröffentlichte Wissen wird zur Gr<strong>und</strong>lage für die Arbeit der Leser <strong>und</strong> späterer<br />
Generationen. So geht es (fast) <strong>im</strong>mer weiter. Wie schnell sich die Spirale<br />
dreht, hängt zu einem großen Maß vom Fach, dem Engagement der Autoren,<br />
der Zugänglichkeit der Information <strong>und</strong> dem Interesse der Leser ab. Nicht<br />
nur sollen die veröffentlichten Aufsätze fachliches Niveau haben, ihre äußere<br />
Gestaltung muss dazu noch gewissen formal-ästhetischen Ansprüchen genügen.<br />
Um von anderen geachtet zu werden, muss man eben auf sich selbst achten!<br />
Alle Meinungen sollen zu Worte kommen zur Klärung strittiger Fragen, denn<br />
wie Goethe sagt: „Das Gleiche läßt uns in Ruhe, der Widerspruch ist es, der<br />
uns produktiv macht“. Jede Leistung hat letzten Endes ihren Ursprung in<br />
Spannungen – bei der geistigen <strong>im</strong> Gefühl entschiedenen Widerspruchs.<br />
Ich möchte dieses Editorial nicht schließen, ohne ein Wort des Dankes<br />
an die Mitarbeiter für ihre große Unterstützung <strong>und</strong> ihren klugen Rat <strong>und</strong><br />
wertvollen Stellungnahmen in den gemeinsamen gi-Jahren, des Dankes an<br />
die Vielen, die an ihr teilgenommen haben, des Dankes an den Verlag <strong>und</strong> für<br />
alle Gastfre<strong>und</strong>schaft in den vergangenen Jahrzehnten. Dankbarkeit für die<br />
fre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> liebenswürdige Menschlichkeit der Redaktion. Ich wünsche<br />
dem gesamten Leserkreis weiterhin günstige Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbedingungen.<br />
Solange die Erde sich dreht <strong>und</strong> denkende Menschen auf ihr wandeln, ist es<br />
<strong>im</strong>mer der Besitz von Wissen oder Kenntnissen gewesen, der dem einzelnen<br />
die Möglichkeit gab, sich in dem allgemeinen Wettstreit zu behaupten.<br />
Der Wissenschaftler denkt dabei zuerst an seine Theorien, während der<br />
Praktiker seine Geschäfte <strong>im</strong> Auge hat. Hier müssen Wunsch <strong>und</strong> Wille zur<br />
Kooperation wirksam werden <strong>und</strong> diese zu erreichen <strong>und</strong> zu festigen, ist eine der<br />
wichtigsten Aufgaben gerade auch einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift.<br />
Möge diese Fachzeitschrift wie bisher eines der Mitteilungsblätter<br />
bleiben, die sich in den Dienst dieses Gedankens stellen: „Der eine<br />
wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an<br />
<strong>und</strong> handelt“, Dante Alighri, ital. Dichter, 1265…1321.<br />
<br />
Klaus W. Usemann
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 175<br />
<strong>Sommerliche</strong> <strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong><br />
<strong>mittels</strong> <strong>kombinierter</strong> <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong><br />
Teil I – Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenuntersuchungen<br />
Paul Seidel, Ralf Gritzki <strong>und</strong> Markus Rösler<br />
Unter sommerlichen Bedingungen kommt es oft zu Situationen,<br />
in denen eine gewisse Kühlung ausgewählter<br />
Räume eines Wohnhauses erwünscht, wenn nicht sogar<br />
notwendig ist. Mittels Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation<br />
wird für ein typisches Einfamilienhaus dieser Kühlbedarf<br />
berechnet. Dabei werden verschiedene Wärmedämmstandards<br />
<strong>und</strong> unterschiedliche Wettersituationen berücksichtigt.<br />
Unter der Voraussetzung, dass das betrachtete Einfamilienhaus<br />
mit Fußbodenheizung oder alternativ mit <strong>Heiz</strong>körpern<br />
<strong>und</strong> jeweils einer Wärmepumpe ausgerüstet ist,<br />
wird ermittelt, wie gut sich die vorhandenen Systeme für<br />
den Kühlfall einsetzen lassen. Die Resultate werden anhand<br />
der erreichten operativen Temperaturen <strong>und</strong> der dafür notwendigen<br />
energetischen Aufwendungen verglichen.<br />
1. Einleitung<br />
Die tendenziell ansteigenden sommerlichen Außentemperaturen,<br />
das höhere Komfortbedürfnis des Menschen<br />
sowie der verstärkte Einsatz von Glasfassaden <strong>und</strong> großen<br />
Fensterflächen als architektonische Gestaltungsmittel führen<br />
nach Auffassung der meisten Fachleute in den kommenden<br />
Jahren zu einem deutlich ansteigenden Raumkühlbedarf.<br />
Diese absehbare Entwicklung bedeutet insbesondere<br />
für Wohngebäude eine völlig neue Herausforderung,<br />
da die Wohnraumkühlung bisher nicht üblich ist.<br />
Da offensichtlich die Möglichkeiten der einfach umzusetzenden<br />
freien Kühlung in Wohngebäuden (z. B. durch<br />
nächtliche Fensterlüftung) vielfach nicht ausreichen oder<br />
nur eingeschränkt genutzt werden können, lässt sich ein<br />
vermehrter Einsatz von sehr kostengünstigen, aber aus<br />
der Sicht des Energieverbrauchs <strong>und</strong> der thermischen<br />
Behaglichkeit (Zugluftrisiko) höchst problematischen<br />
Luftkühlgeräten beobachten. Geht man daher <strong>im</strong> obigen<br />
Sinn von einem wesentlich umfangreicheren Einsatz derartiger<br />
technischer Lösungen aus, so dürften die nationalen<br />
Anstrengungen zur Senkung des Pr<strong>im</strong>ärenergieverbrauchs<br />
<strong>und</strong> damit der CO 2<br />
-Emissionen zu einem erheblichen<br />
Teil konterkariert werden. Folgerichtig muss die<br />
Frage lauten, durch welche energetisch hocheffiziente,<br />
Dipl.-Ing. Paul Seidel, Dr.-Ing. Ralf Gritzki <strong>und</strong> Dr.-Ing. Markus<br />
Rösler, Technische Universität Dresden, Institut für Energietechnik,<br />
Helmholtzstraße 14, 01069 Dresden, E-Mail: Paul.Seidel@tu-dresden.de<br />
aber auch vom Bauherrn bzw. Nutzer finanziell <strong>und</strong> wärmephysiologisch<br />
akzeptierte anlagentechnische Lösung<br />
diesem wohnungsbauspezifischen Energieverbrauchsanstieg<br />
entgegengewirkt werden kann.<br />
Eine Möglichkeit besteht in der Analyse <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
Weiterentwicklung von Anlagensystemen mit<br />
<strong>Heiz</strong>körpern, die sowohl für den <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Kühlbetrieb<br />
geeignet sind, indem die <strong>Heiz</strong>körper als Kühlkörper<br />
genutzt werden können. Die Zielstellung hierbei ist, dass<br />
<strong>im</strong> sommerlichen Kühlbetrieb ein Kühlen <strong>im</strong> Sinne einer<br />
Temperierung eines Raumes erreicht wird bzw. die Beantwortung<br />
der Frage, inwieweit mit dieser Systemlösung ein<br />
Wohngebäude vollständig gekühlt werden kann. Die<br />
Wärme- bzw. Kältebereitstellung basiert auf einer in der<br />
Prozessführung umkehrbaren Wärmepumpe. Als Ergebnisse<br />
werden Aussagen zu Kühleffekt, Energiebedarf,<br />
thermischer Behaglichkeit, Anlagenregelung, Anlagenauslegung<br />
<strong>und</strong> Komponentenopt<strong>im</strong>ierung erarbeitet. In<br />
dem hier vorliegenden ersten Teil der Veröffentlichung<br />
stehen die Untersuchungen zur Diskussion, die <strong>mittels</strong><br />
Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation für ein komplettes<br />
Haus durchgeführt wurden. In einem zweiten Teil werden<br />
dann Detailuntersuchungen für einen Raum des Hauses<br />
<strong>und</strong> verschiedene <strong>Heiz</strong>- bzw. Kühlkörper in den Blick<br />
genommen.<br />
2. Materialien <strong>und</strong> Methoden<br />
Die den hier vorgestellten Resultaten zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />
Untersuchungen (Forschungsvorhaben „<strong>Sommerliche</strong><br />
<strong>Raumkühlung</strong> <strong>im</strong> <strong>Wohnungsbau</strong> <strong>mittels</strong> <strong>kombinierter</strong><br />
<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong> <strong>und</strong> gleitender nicht normierter<br />
Raumtemperaturen“, Kennzeichen 0327483A) wurden<br />
mit Hilfe numerischer Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation<br />
auf Basis von TRNSYS-TUD durchgeführt.<br />
TRNSYS-TUD ist eine am Institut für Energietechnik<br />
der TU Dresden seit 15 Jahren umfassend weiterentwickelte<br />
Version des kommerziellen Gebäudes<strong>im</strong>ulationsprograms<br />
TRNSYS der Firma Transsolar. Aufgr<strong>und</strong> des<br />
modularen Aufbaus lassen sich sehr leicht zusätzliche<br />
Anlagen- oder Gebäudemodule in das Programmsystem<br />
einbinden. Im Laufe der Jahre wurde auf diese Weise in<br />
TRNSYS-TUD eine Vielzahl spezieller Module <strong>im</strong>plementiert,<br />
mit deren Hilfe es aktuell möglich ist, nahezu<br />
jede beliebige Gebäude- <strong>und</strong> Anlagenkonstellation zu<br />
untersuchen.
176 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Das Programmsystem ermöglicht die S<strong>im</strong>ulation sehr<br />
komplexer Gebäude mit einer Vielzahl von Räumen aber<br />
auch die S<strong>im</strong>ulation einzelner, räumlich sehr hoch aufgelöster<br />
Zonen <strong>und</strong> natürlich Kombinationen beider<br />
Modell ebenen. Weitere Informationen hierzu, auch Informationen<br />
zur umfassenden Validierung des Programmsystems<br />
sind in [1] zu finden.<br />
Bild 1. Geometrisches Modell des zugr<strong>und</strong>eliegenden Einfamilienhauses.<br />
Für die hier vorgestellten Untersuchungen diente als<br />
Basis das S<strong>im</strong>ulationsmodell eines typischen durchschnittlichen<br />
Einfamilienhauses in Deutschland mit A=160 m²<br />
Wohnfläche, siehe Bild 1.<br />
Als Höhe über NN. wurde die Höhe des jeweiligen<br />
Repräsentanzstandortes des Deutschen Wetterdienstes<br />
eingesetzt <strong>und</strong> es erfolgte eine Nord-Süd-Ausrichtung in<br />
der Weise, dass die sichtbare Dachfläche in Bild 1 nach<br />
Süden zeigt. Weitere Informationen zu diesem Modellgebäude<br />
sind in [2] zu finden.<br />
Für dieses Haus wurden entsprechende Wand- <strong>und</strong><br />
Fensteraufbauten der Gebäudehülle für die drei Wärmeschutzniveaus<br />
WSVO77, WSVO82 <strong>und</strong> ENEV04 modelliert.<br />
Um ein möglichst breites Spektrum an Resultaten zu<br />
erzielen, erfolgte die Variation der Wetterdaten für sechs<br />
verschiedene sommerliche Szenarien des Testreferenzjahres<br />
(TRY). Im Einzelnen waren dies Wetterdaten für die kl<strong>im</strong>atischen<br />
Regionen Ostseeküste (TRY02-10), Mitteldeutschland<br />
(TRY04-10), Mittelgebirge (TRY06-10), Oberrheingraben<br />
<strong>und</strong> unteres Neckartal (TRY12-10) <strong>und</strong> für einen<br />
Fall extremer sommerlicher Bedingungen (TRY12ex-10).<br />
Als Anlagenkomponenten wurden drei <strong>Kühlsysteme</strong><br />
untersucht, die das <strong>Heiz</strong>ungsnetz des Hauses über einen<br />
zentralen Pufferspeicher speisen. Das sind <strong>im</strong> Einzelnen<br />
eine Sole/Wasser-Wärmepumpe (SWWP) <strong>und</strong> eine Luft/<br />
Wasser-Wärmepumpe (LWWP), welche in der Prozessführung<br />
umkehrbar sind sowie die passive Nutzung einer<br />
Erdsonde (Länge 100 m, Doppel-U-Rohr-Sonde) über<br />
einen Wärmeübertrager, siehe Bild 2. Als <strong>Heiz</strong> ungsnetz<br />
wurde sowohl eine Variante mit Fußbodenheiz ung bzw.<br />
-kühlung als auch eine Variante mit <strong>Heiz</strong>- bzw. Kühlkörper<br />
berücksichtigt. Zudem erfolgte als Referenzfall die<br />
Bild 2. Darstellung der verwendeten hydraulischen Schaltungen mit den jeweils untersuchten Kälteerzeugern.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 177<br />
Implementierung eines idealen Kühlers, der in allen<br />
Zonen die Einhaltung der geforderten Sollraumtemperatur<br />
von ϑ op,s<br />
= 24,5 °C garantiert <strong>und</strong> somit den max<strong>im</strong>alen<br />
Kühlbedarf für die jeweilige Gebäude-Anlagenkonstellation<br />
darstellt. Alle konventionellen Systeme wurden<br />
gemäß <strong>Heiz</strong>last ausgelegt.<br />
Geregelt wurden die <strong>Kühlsysteme</strong> nach einer vorgegebenen<br />
Soll-Vorlauftemperatur <strong>im</strong> Pufferspeicher. Wird<br />
diese überschritten, geht das Kühlsystem in Betrieb. Die<br />
<strong>Raumkühlung</strong> wird aktiviert, wenn <strong>im</strong> Referenzraum (in<br />
diesem Falle der Raum mit den höchsten solaren Lasten)<br />
eine operative Temperatur von ϑ op,s<br />
= 24,5 °C überschritten<br />
wird. Als örtliche Regelsysteme in den Räumen wurden<br />
<strong>im</strong> Gegensatz zum reinen <strong>Heiz</strong>fall keine Thermostatventile<br />
sondern PI-Regler verwendet um eine Raumregelung<br />
zur Kühlung zu gewährleisten.<br />
Für alle Räume sind Nutzungsprofile <strong>und</strong> dementsprechende<br />
typische innere Lastverläufe hinterlegt. Als Lüftungsprofil<br />
wurde eine Kombination aus Mindestluftwechsel<br />
<strong>und</strong> einem temperaturabhängigen Luftwechsel<br />
durch die Fensterlüftung nach [3] gewählt. Hier jedoch<br />
zusätzlich unter Berücksichtigung, dass bei Außentemperaturen<br />
oberhalb von ϑ a<br />
= 24,5°C die Fenster geschlossen<br />
sind <strong>und</strong> somit der Luftwechsel begrenzt wird. Bei der<br />
betrachteten zusätzlichen Nachtlüftung wurde das<br />
genutzte Lüftungsprofil auf die nächtliche Phase ausgedehnt.<br />
Da aktuelle Gebäude in der Regel mit Verschattungseinrichtungen<br />
an Fenstern ausgestattet sind, wurde<br />
zudem die Möglichkeit der Untersuchung des Einflusses<br />
einer Verschattung vorgesehen, welche die direkte Strahlung<br />
um 80 % <strong>und</strong> die diffuse Strahlung um 20 % reduziert.<br />
ein Wert von Q K<br />
= 3050 kWh/a. Somit kann belegt werden,<br />
dass die Notwendigkeit des Kühlens je nach geografischer<br />
Region sehr unterschiedlich ist <strong>und</strong> <strong>im</strong> Süden<br />
Deutschlands nahezu doppelt so hoch ausfallen kann wie<br />
<strong>im</strong> Norden Deutschlands an der Ostseeküste. Noch erheblicher<br />
ist der Unterschied bei schlechter gedämmten<br />
Wohngebäuden. Hier steigt die benötigte Kühlenergie bei<br />
einem Dämmstandard WSVO77 von Q K<br />
= 43 kWh/a<br />
(TRY06-10) auf Q K<br />
= 2560 kWh/a (TRY12ex-10). Es ist<br />
auch erkennbar, dass die Transmissionswärmeverluste bei<br />
geringem Wärmedämmstandard den Kühlbedarf deutlich<br />
reduzieren, sofern die nächtlichen Temperaturen dies<br />
ermöglichen.<br />
Um die Unterschiede zum Kühlbedarf in Deutschland<br />
weiter zu veranschaulichen, dient nachfolgend die<br />
Betrachtung der operativen Temperatur <strong>im</strong> Gebäude mit<br />
einem Wärmeschutz nach EnEV04, ohne Verschattung<br />
mit normalem Lüftungsprofil. Hierzu wird die Summenhäufigkeit<br />
der operativen Temperatur eines Raumes über<br />
den Zeitraum eines Jahres, für die Wetterdaten Mitteldeutschland<br />
sowie Oberrheingraben <strong>und</strong> unteres Neckartal,<br />
in einem Diagramm (Bild 4) dargestellt. Die Summen-<br />
3. Resultate<br />
3.1 Notwendigkeit des Kühlens<br />
Die in diesem Abschnitt dargestellten Resultate beziehen<br />
sich <strong>im</strong> Wesentlichen auf den mit idealem Kühler ermittelten<br />
Kühlbedarf der untersuchten Gebäude- <strong>und</strong> Wetterkonstellationen.<br />
Der Kühlbedarf variiert je nach Gebäudedämmstandard<br />
(Sanierungsgrad) sowie Standort <strong>und</strong><br />
den damit verb<strong>und</strong>enen Wetterbedingungen in Deutschland<br />
erheblich. Bild 3 zeigt die Kühlbedarfsver teilung in<br />
den verschiedenen kl<strong>im</strong>atischen Regionen [4] Ostseeküste<br />
(TRY02-10), Mitteldeutschland (TRY04-10), Mittelgebirge<br />
(TRY06-10) sowie Oberrheingraben <strong>und</strong> unteres<br />
Neckartal (TRY12-10) für ein Einfamilienhaus ohne<br />
Verschattung <strong>und</strong> gleichem Nutzerprofil. Außer dem Bad<br />
<strong>und</strong> den Kellerräumen werden alle Zonen/Räume des<br />
Wohnhauses mit einem idealen Kühler gekühlt.<br />
Es ist zu erkennen, dass der Standort <strong>und</strong> die damit<br />
verb<strong>und</strong>enen kl<strong>im</strong>atischen Bedingungen einen hohen Einfluss<br />
auf den möglichen Kühlbedarf eines Gebäudes<br />
haben. So beträgt für den Wärmeschutz EnEV04 die notwendige<br />
Kühlenergie für die Einhaltung der operativen<br />
Temperatur von ϑop = 24,5 °C <strong>im</strong> Gebäude an der Ostseeküste<br />
Q K<br />
= 1620 kWh/a, in Mitteldeutschland Q K<br />
=<br />
1915 kWh/a <strong>und</strong> in Süddeutschland Q K<br />
= 2180 kWh/a.<br />
Für die Betrachtung eines eng bebauten Stadtgebietes<br />
(TRY12ex-10) <strong>und</strong> extremen Sommer ergab sich hierfür<br />
Bild 3. Vergleich des Kühlbedarfs unterschiedlicher Wärmedämmstandards<br />
in verschiedenen kl<strong>im</strong>atischen Regionen.<br />
Bild 4. Summenhäufigkeit der operativen Temperaturen für den Raum mit<br />
den höchsten solaren Lasten (Wohnz<strong>im</strong>mer) mit idealer <strong>und</strong> ohne Kühlung<br />
für TRY04-10 (Potsdam) <strong>und</strong> TRY12ex-10 (Mannhe<strong>im</strong>, extremer Sommer).
178 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
häufigkeit ist ein Maß dafür, wie oft bzw. lange eine<br />
best<strong>im</strong>mte Temperatur vorherrschend war, wodurch sich<br />
die Notwendigkeit des Kühlens weiter detailliert best<strong>im</strong>men<br />
lässt.<br />
In Bild 4 erfolgte die Darstellung der Häufigkeitsverteilung<br />
für das Wohnz<strong>im</strong>mer, da dies die Zone mit den<br />
höchsten zu erwartenden solaren Lasten für den Referenzfall<br />
ist. Man erkennt, dass für diesen Referenzfall<br />
ohne Kühlung die operativen Temperaturen <strong>im</strong> Raum bei<br />
TRY04-10 bis auf ϑop = 33 °C <strong>und</strong> bei TRl12ex-10 auf<br />
ϑop = 39 °C steigen. Die max<strong>im</strong>al zulässige Temperatur<br />
des Behaglichkeitskennfeldes von ϑop,max = 26 °C wird<br />
hierbei mit den mittleren Wetterdaten von Potsdam zu<br />
62 % der Zeit des Jahres (226 Tage) eingehalten. Somit<br />
war es an 139 Tagen in dem Raum zu warm <strong>und</strong> es<br />
besteht ein eindeutiger Kühlbedarf. Be<strong>im</strong> extrem warmen<br />
Wetterdatensatz von Mannhe<strong>im</strong> erhöht sich die Zahl der<br />
Tage, an denen es <strong>im</strong> Raum wärmer als ϑop = 26 °C ist,<br />
auf 183. Im Vergleich dazu dienen die Verläufe der Temperaturkurven<br />
mit idealem Kühler. Mit Hilfe dieses Vergleichsfalls<br />
ist es in beiden Varianten der Wetterbedingungen<br />
möglich, eine max<strong>im</strong>ale operative Temperatur von<br />
ϑop = 24,5 °C in 100 % der Zeit einzuhalten. Für reale<br />
Systeme gilt nun, das Gebäude mit min<strong>im</strong>alen Aufwand<br />
so zu kühlen, wie es mit dem Vergleichssystem des idealen<br />
Kühlers gezeigt werden kann.<br />
Die Temperaturverläufe für weitere Räume des Wohngebäudes<br />
unter gleichen Randbedingungen sind in Bild 5<br />
dargestellt. In den Temperaturkurven ist deutlich zu<br />
erkennen, dass in der Zone mit nördlicher Ausrichtung<br />
(Diele) ein sehr geringer Kühlbedarf vorliegt. Die Behaglichkeitsobergrenze<br />
wird über das Jahr betrachtet in 95 %<br />
der Nutzungszeit eingehalten. Dieser Raum müsste also<br />
theoretisch nur an 18 Tagen <strong>im</strong> Jahr gekühlt werden. Im<br />
Gegensatz dazu weisen die weiteren Räume mit südlicher<br />
Ausrichtung deutlich höhere operative Temperaturen auf.<br />
So werden <strong>im</strong> Kinder- <strong>und</strong> Schlafz<strong>im</strong>mer Temperaturen<br />
von bis zu ϑop = 31 °C bzw. ϑop = 32 °C erreicht. Insgesamt<br />
ist die operative Temperatur in diesen beiden Räumen<br />
in ca. 35 % der Nutzungszeit (128 Tage) höher als ϑop<br />
= 26 °C. Es ist somit zu erkennen, dass die Notwendigkeit<br />
des Kühlens <strong>und</strong> damit der Kühlbedarf, bei gleichen inneren<br />
Randbedingungen stark von der Ausrichtung eines<br />
jeweiligen Raumes abhängt. Die Folge ist, dass in einem<br />
Gebäude einige Räume gekühlt werden müssen <strong>und</strong><br />
andere nicht, was in Zukunft eine große Herausforderung<br />
an die Regelung von kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n<br />
sein wird.<br />
3.2 Einflussparameter<br />
Bild 5. Summenhäufigkeit der operativen Temperaturen in verschiedenen<br />
Räumen in dem EFH ohne Kühlung für TRY04-10 (Potsdam).<br />
Bild 6. Darstellung des idealen Kühlbedarfs in Abhängigkeit von Verschattung<br />
<strong>und</strong> verändertem Lüftungsansatz für die verwendeten Wetterdatensätze<br />
mit dem EFH nach Wärmeschutz EnEV04.<br />
Der Kühlbedarf für ein Wohngebäude ist sehr stark von<br />
weiteren Einflussparametern, wie dem Nutzerverhalten,<br />
der Verschattung der Fenster oder dem Lüftungsverhalten<br />
abhängig. In Bild 6 sind die Auswirkungen der Einflussparameter<br />
auf den Kühlbedarf des Einfamilienhauses<br />
für drei verschiedene Wetterbedingungen dargestellt.<br />
Durch Nachtlüftung, also ein verändertes Lüftungsverhalten,<br />
bei dem man die <strong>im</strong> Vergleich zum Tag durchschnittlich<br />
niedrigeren nächtlichen Temperaturen nutzt,<br />
kann der Kühlbedarf des Gebäudes in allen kl<strong>im</strong>atischen<br />
Regionen um durchschnittlich ΔQ K<br />
= 340 kWh/a gesenkt<br />
werden. Durch den zusätzlichen Luftwechsel in der Nacht<br />
wird Wärme aus dem Gebäude abgeführt, wodurch die<br />
noch aufzuwendende Kühlenergie für die Einhaltung der<br />
Behaglichkeitsgrenzen sinkt.<br />
Durch Verschattungselemente an den Fenstern verringert<br />
sich infolge geringerer raumseitig wirksamer solarer<br />
Lasten der noch aufzubringende Kühlbedarf um durchschnittlich<br />
35 %. So sinkt der Kühlbedarf bei dem TRY12-<br />
10 von Q K<br />
= 2485 kWh/a ohne Verschattung auf Q K<br />
=<br />
1683 kWh/a mit der hier gewählten sehr guten Verschattung.<br />
Die Auswirkungen veränderter Einflussparameter<br />
auf die resultierenden Temperaturen <strong>im</strong> Raum mit den<br />
höchsten solaren Lasten des Gebäudes, ohne aktive Kühlung,<br />
sind exemplarisch für den „wärmsten“ Wetterdatensatz<br />
(TRY12ex-10), mit einem extremen Sommer, in Bild 7<br />
dargestellt.<br />
Ohne Verschattung können allein durch die zusätzliche<br />
nächtliche Lüftung die max<strong>im</strong>alen Temperaturen in dem
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 179<br />
Raum um Δϑ = 1K gesenkt werden. Jedoch wird in diesem<br />
Fall die operative Temperatur von ϑop = 26 °C nur in<br />
53 % der Zeit des Jahres eingehalten. Dies entspricht 172<br />
Tagen an denen gekühlt werden müsste. Durch den Einsatz<br />
von Verschattungselementen werden die max<strong>im</strong>alen<br />
Temperaturen weiterhin um ϑop = 2,5 bis 3,5K <strong>im</strong> Vergleich<br />
zum Referenzfall reduziert. Durch die Verschattung<br />
der Fenster allein wird die obere Behaglichkeitsgrenze in<br />
60 % der Zeit eingehalten, sodass nur an 146 Tagen des<br />
Jahres für das Erreichen behaglicher Verhältnisse in dem<br />
Raum gekühlt werden müsste. Mit der Kombination aus<br />
Verschattung <strong>und</strong> nächtlicher Lüftung wird der Kühlbedarf<br />
erwartungsgemäß am meisten reduziert <strong>und</strong> die noch<br />
notwendige Zeit der Kühlung verringert sich auf 122<br />
Tage. Als Vergleich dient hier ebenfalls die Summenhäufigkeitsverteilung<br />
für die Variante mit Verschattung,<br />
Nachtlüftung <strong>und</strong> idealem Kühler, in welcher der Sollwert<br />
der operativen Temperatur von ϑop,s = 24,5 °C zu<br />
keinem Zeitpunkt überschritten wurde.<br />
3.3 Kombinierte <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong><br />
Die Kühlung einzelner Gebäude wird, je nach System <strong>und</strong><br />
Gebäudetyp, über verschiedene Kühlflächen realisiert.<br />
Diese sind <strong>im</strong> Wohnungsbereich vorwiegend der Fußboden<br />
oder Kühlkörper, die der <strong>Heiz</strong>ungsanlage entstammen.<br />
Für den energetischen Vergleich <strong>und</strong> die Bewertung<br />
der einzelnen Systeme wird die Systemarbeitszahl verwendet.<br />
Diese ist definiert als das Verhältnis von genutzter<br />
thermischer zu aufgewendeter elektrischer Energie des<br />
Systems.<br />
t 2<br />
∫<br />
t 2<br />
˙QK, Erzeuger dt − ˙Q V,<br />
Speicher dt<br />
t1<br />
t1<br />
β sys =<br />
t 2<br />
Pel , System dt<br />
∫<br />
t1<br />
∫<br />
In Tabelle 1 sind exemplarisch die Ergebnisse dieses<br />
Vergleiches gegenübergestellt. Die Ergebnisse für den Systemvergleich<br />
gelten für ein Gebäude mit Wärmedämmstandart<br />
EnEV04. Mit der Kühlung über den Fußboden<br />
(FBK) kann mehr Energie aus dem Gebäude abgeführt<br />
werden als bei dem System mit Kühlkörpern (KK), die<br />
nach der <strong>Heiz</strong>last ausgelegt wurden. Ohne Verschattung<br />
beträgt hier der Unterschied 12 %, mit Verschattung 9 %.<br />
Der Gr<strong>und</strong> ist, dass die strahlungsbasierte FBK eine<br />
deutlich größere Fläche als die konvektionsbasierten<br />
Kühlkörper hat.<br />
Bild 7. Darstellung der Summenhäufigkeit der operativen Temperatur für das<br />
Wohnz<strong>im</strong>mer mit <strong>und</strong> ohne Verschattung bzw. Nachtlüftung, TRY12ex-10.<br />
Auf die Systemarbeitszahl hat dies jedoch keinen gravierenden<br />
Einfluss. Diese beträgt in beiden Varianten ϑsys<br />
= 2,4. Im Vergleich dazu verringert sich die Systemarbeitszahl<br />
der Wärmepumpe etwas auf ϑsys = 2,3 wenn<br />
man das Gebäude zusätzlich verschattet. Dabei ist jedoch<br />
zu beachten, dass sich die abgeführte Kühlenergie erheblich<br />
um ca. 33 % verringert. Für die verwendeten Pumpen<br />
wird jedoch weiterhin Elektroenergie benötigt. Diese verringert<br />
sich <strong>im</strong> Vergleich um ca. 3 %, wodurch die etwas<br />
geringere Systemarbeitszahl zu erklären ist.<br />
Ein weiterer Effekt <strong>im</strong> Kühlbetrieb ist, dass die <strong>im</strong><br />
eigentlichen Sinn genannten Wärmeverluste des Speichers<br />
nun positiv zu werten sind. Auf Gr<strong>und</strong> der entgegengesetzten<br />
Betriebsweise (Kühlen) des Speichers wirken die<br />
Wärmeverluste, also die Wärmeabgabe an den Aufstellungsraum<br />
als Gewinne für das Kühlsystem, da in diesem<br />
Fall vom System Wärme abgeführt werden soll. Dieser<br />
Effekt ist jedoch <strong>im</strong> Vergleich zu der umgesetzten Kühlenergie<br />
sehr gering <strong>und</strong> beträgt je nach Variante zwischen<br />
Q V,Speicher<br />
= 10 <strong>und</strong> 12 kWh.<br />
Mit der Kühlung über den Fußboden steigt die operative<br />
Temperatur <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer nur noch auf max<strong>im</strong>al<br />
ϑop,max = 25,3 °C <strong>und</strong> bei der Kühlung mit Kühlkörpern<br />
auf ϑop,max = 26,5 °C, siehe Bild 8. Somit kann durch die<br />
Kombination aus Verschattung <strong>und</strong> Kühlung über den<br />
Fußboden die obere Behaglichkeitsgrenze sehr gut in der<br />
kompletten Anwesenheitszeit eingehalten werden. Der<br />
Sollwert von ϑop,s = 24,5 °C wurde in 15 % der Zeit eingehalten<br />
<strong>und</strong> die max<strong>im</strong>ale Abweichung zum Sollwert<br />
beträgt Δϑ= 0,75 K.<br />
Tabelle 1. Übersicht der energetischen Auswertung zur Untersuchung des Einflusses der Kühlflächen <strong>und</strong> einer Verschattung in einem<br />
System mit LWWP <strong>und</strong> normalem Lüftungsprofil, TRY04-2010.<br />
Kühlfläche Fußbodenkühlung Kühlkörper<br />
Verschattung Nein Ja Nein Ja<br />
Kühlenergie in kWh 2139,7 1414,5 1877,1 1292,6<br />
El.-Energie (WP-System) in kWh 890,7 607,9 775,9 551,2<br />
Energieaufwand HK-Pumpe in kWh 182,7 179,4 190,6 185,4<br />
Speicherverluste in kWh –11,8 –11,1 –9,6 –10,1<br />
Systemarbeitszahl β sys<br />
(äußere Bilanz mit Speicher) 2,42 2,35 2,41 2,33
180 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Bild 8. Abweichung der operativen Raumtemperatur vom Sollwert ϑ op,s<br />
=<br />
24,5 °C <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer mit Verschattung für FK <strong>und</strong> KK <strong>im</strong> Sommer.<br />
Bild 9. Abweichung der operativen Raumtemperatur vom Sollwert ϑ op,s<br />
=<br />
24,5 °C in dem Wohnz<strong>im</strong>mer mit Kühlkörper, mit Verschattung <strong>und</strong> normaler<br />
Lüftung <strong>im</strong> Systemvergleich.<br />
Die Kühlung über Kühlkörper wird durch die<br />
Verschattung ebenfalls verbessert. In diesem Fall wurde<br />
der Sollwert in 6 % <strong>und</strong> die behagliche Temperaturobergrenze<br />
in 96 % der Anwesenheitszeit eingehalten. Die<br />
max<strong>im</strong>ale Abweichung vom Temperatursollwert beträgt<br />
dabei Δϑ = 2 K.<br />
3.4 Systemvergleich<br />
Als Erzeugersysteme für die Kühlung in kombinierten<br />
<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n wurden in der Prozessführung<br />
umkehrbare Wärmepumpen eingesetzt. Als Wärmequelle<br />
wurde Luft, Wasser oder das Erdreich verwendet. Verglichen<br />
wurden die passive Kühlung mit einer Erdsonde<br />
sowie die aktive Kühlung mit einer LWWP <strong>und</strong> SWWP,<br />
siehe Tabelle 2.<br />
Mit der passiven Kühlung über die Erdsonde konnte<br />
dem Gebäude mit Q K<br />
= 1261 kWh/a die geringste <strong>und</strong> bei<br />
der SWWP mit Q K<br />
= 1372 kWh/a die höchste Kühlenergie<br />
zur Verfügung gestellt werden. Dies ist darauf zurückzuführen,<br />
dass die passive Kühlung bei längeren Wärmeperioden<br />
bzw. zum Ende des Sommers an Leistungsfähigkeit<br />
verliert, da sich das die Erdsonde umgebende Erdreich<br />
erwärmt <strong>und</strong> nicht mehr genügend Wärme aus dem<br />
Gebäude aufnehmen kann. Die Auswirkung ist, dass die<br />
aufgenommene Energie ca. 10 % niedriger ist als bei der<br />
Variante mit aktiver Kühlung <strong>und</strong> SWWP.<br />
Tabelle 2. Übersicht der energetischen Auswertung zur Untersuchung<br />
mit unterschiedlichem Erzeuger, mit Verschattung in<br />
einem System mit KK, normaler Lüftung, TRY04-2010.<br />
Erzeuger<br />
Erdsonde LWWP SWWP<br />
(passiv)<br />
Kühlenergie in kWh 1261,3 1292,6 1371,9<br />
El.-Energie (WP-System) in kWh 22,5 551,2 258,6<br />
Energieaufwand HK-Pumpe 186,7 185,4 182,4<br />
in kWh<br />
Speicherverluste in kWh –16,3 –10,1 –10,7<br />
Systemarbeitszahl β sys<br />
(äußere Bilanz mit Speicher)<br />
17,2 2,33 5,31<br />
Im Gegensatz dazu benötigt die passive Kühlung für<br />
den Betrieb des Systems den geringsten Elektroenergieaufwand,<br />
da hier nur die Umwälzpumpe der Erdsonde,<br />
zur Speicherbeladung sowie die Pumpe des <strong>Heiz</strong>kreises<br />
verwendet werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ergibt sich daraus<br />
eine sehr hohe Systemarbeitszahl von βsys,passiv = 17,2.<br />
Im Vergleich dazu wird bei der aktiven Kühlung für<br />
den Betrieb der Wärmepumpe zusätzlich Elektroenergie<br />
für den Kompressor sowie Hilfsenergie für den Verdampfer-/Kondensatorkreis<br />
benötigt. Die Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />
erreicht in dieser Variante <strong>im</strong> Kühlbetrieb eine<br />
Systemarbeitszahl von βsys,LWWP = 2,3 <strong>und</strong> die Sole-Wasser-Wärmepumpe<br />
βsys,SWWP = 5,3.<br />
In Bild 9 sind die Auswirkungen der drei Erzeugersysteme<br />
auf die Summenhäufigkeitskurve der operativen<br />
Temperatur <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer dargestellt. Als max<strong>im</strong>ale<br />
Abweichung vom Sollwert wird bei der passiven Kühlung<br />
mit Δϑ passiv<br />
= 2,25 K (entspricht ϑ op<br />
= 27,25 °C), gefolgt<br />
von der Kühlung mit LWWP mit Δϑ LWWP<br />
= 2 K (entspricht<br />
ϑ op<br />
= 27 °C) <strong>und</strong> bei der SWWP mit Δϑ SWWP<br />
=<br />
1,5 K (entspricht ϑ op<br />
=26 °C) erreicht. Insgesamt sind die<br />
Unterschiede bei der max<strong>im</strong>alen operativen Temperatur<br />
<strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer gering <strong>und</strong> durch den Menschen eher<br />
weniger spürbar. Die behagliche Obergrenze von ϑ op<br />
=<br />
26 °C wird bei der Kühlung über die SWWP in der kompletten<br />
Zeit eingehalten. Demgegenüber konnte dies mit<br />
der LWWP nur in 96 % <strong>und</strong> mit der passiven Kühlung nur<br />
in 90 % der Zeit eingehalten werden.<br />
4. Diskussion<br />
Der Wärmeschutz hat einen hohen Einfluss auf den notwendigen<br />
Kühlbedarf eines Wohngebäudes. Dieser ist<br />
jedoch sehr stark abhängig von den vorherrschenden kl<strong>im</strong>atischen<br />
Bedingungen. Dies ist damit zu erklären, dass<br />
bei geringen Außentemperaturen (z. B. in der Nacht) ein<br />
Gebäude mit niedrigem Dämmstandard stärker auskühlt,<br />
also mehr Wärme an die Umgebung abgibt als das besser<br />
nach EnEV04 gedämmte Gebäude. Somit ist bei mittleren
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 181<br />
Wetterbedingungen, ein deutlich geringerer Kühlbedarf<br />
des schlechter gedämmten Gebäudes zu erwarten. Je wärmere<br />
Witterungsbedingungen vorherrschen, z. B. durch<br />
eine südlichere kl<strong>im</strong>a tische Region oder durch die Bildung<br />
von sogenannten extremen regionalen Wetterlagen<br />
in eng bebauten Innenstädten, desto geringer werden die<br />
Unterschiede zwischen den einzelnen Wärmedämmstandards<br />
der Gebäude. Dies kann damit begründet werden,<br />
dass bei höheren nächt lichen Außentemperaturen der für<br />
die Transmissionswärmeverluste erforderliche Temperaturgradient<br />
zwischen Gebäudeinnen- <strong>und</strong> Außentemperatur<br />
geringer wird. Somit kann das schlechter gedämmte<br />
Gebäude weniger Wärme an die Umgebung abgeben. Der<br />
Unterschied <strong>im</strong> Kühlbedarf zwischen den einzelnen Wärmedämmniveaus<br />
WSVO77 <strong>und</strong> EnEV04 reduziert sich<br />
somit von ΔQ K<br />
= 1500 kWh/a bei TRY02-10 auf ΔQ K<br />
=<br />
500 kWh/a bei dem TRY12ex-10. Somit wird sich bei<br />
einem weiter fortschreitenden Kl<strong>im</strong>awandel die Notwendigkeit<br />
des Kühlens auch <strong>im</strong> unsanierten Wohnbereich<br />
zeigen.<br />
Erheblich ist der Einfluss der Parameter (u. A. Lüftung<br />
<strong>und</strong> Verschattung), welche das Nutzerverhalten widerspiegeln,<br />
auf den Kühlbedarf bzw. die Notwendigkeit des Kühlens.<br />
So variiert der Kühlbedarf je nach untersuchter Variante<br />
um ca. 50 %. Somit müssen zu jeder Analyse die jeweiligen<br />
Randbedingungen genau herausgestellt werden.<br />
Bei der energetischen Betrachtung der Untersuchungen<br />
ist anzumerken, dass die relativ niedrigen Systemarbeitszahlen<br />
mit der Art der modellierten Wärmepumpe zu<br />
erklären sind (Tabelle 1). Eine Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />
arbeitet zwischen den zwei sehr unterschiedlichen Temperaturniveaus<br />
der Umgebungsluft <strong>und</strong> des Kühlmediums.<br />
Dabei unterliegt die Umgebungsluft jahreszeitlich <strong>und</strong><br />
täglich großen Schwankungen. Besonders <strong>im</strong> Sommer,<br />
wenn <strong>im</strong> Gebäude ein Kühlbedarf besteht, ist die Umgebungsluft<br />
<strong>im</strong> Vergleich zum zu kühlenden Medium sehr<br />
warm. Es herrscht ein großer Temperaturunterschied, der<br />
von der Wärmepumpe überw<strong>und</strong>en werden muss, damit<br />
die Wärmepumpe Energie in Form von Wärme an die<br />
Umgebung abgeben kann. Der Unterschied in der Systemarbeitszahl<br />
der beiden Wärmepumpen (Tabelle 2) ist<br />
auf die jeweilige Wärmequelle, welche <strong>im</strong> Kühlbetrieb als<br />
Wärmesenke genutzt wird zurückzuführen. Diese ist bei<br />
der LWWP die Umgebungsluft. Bei der SWWP ist die<br />
eigentliche Wärmequelle das Erdreich. Dies ist jahreszeitlich<br />
gesehen nur geringen Schwankungen ausgesetzt <strong>und</strong><br />
besitzt ein geringeres Temperaturniveau, als das zu kühlende<br />
Gebäude, wodurch sich die höhere Systemarbeitszahl<br />
erklären lässt. Energetisch betrachtet ist die passive<br />
Kühlung allerdings erheblich günstiger als die aktive<br />
Kühlung mit der SWWP, gefolgt von der LWWP.<br />
Die hier erreichten Werte für die Systemarbeitszahl entsprechen<br />
dem Kenndatenbereich, welcher von verschiedenen<br />
Herstellern <strong>und</strong> in der Literatur für Luft/Wasser-Wärmepumpen<br />
<strong>im</strong> Kühlbetrieb angegeben wird, siehe z. B. [5].<br />
5. Fazit<br />
Mit dieser Untersuchung zur sommerlichen <strong>Raumkühlung</strong><br />
konnte gezeigt werden, dass die Anforderung des Kühlens<br />
in Deutschland auch bei Wohnbauten besteht. Diese ist<br />
jedoch stark abhängig von der jeweiligen kl<strong>im</strong>atischen<br />
Region sowie dem damit verb<strong>und</strong>enen Einfluss des Wetters.<br />
So ist der Kühlbedarf <strong>im</strong> Gebiet des Oberrheingrabens<br />
deutlich höher als an der Ostseeküste. In Bezug zu<br />
den Dämmstandards kann festgehalten werden, dass bei<br />
sehr heißen sommerlichen Umgebungsbedingungen<br />
nahezu unabhängig vom Wärmeschutz in allen betrachteten<br />
Gebäuden die Notwendigkeit des Kühlens gegeben ist.<br />
Somit kann davon ausgegangen werden, dass die sommerliche<br />
<strong>Raumkühlung</strong> in Zukunft nicht nur <strong>im</strong> Neubaubereich<br />
ein Thema sein wird, sondern auch vermehrt <strong>im</strong><br />
Alt- bzw. Sanierungsbau z. B. in Gebäuden, welche aus<br />
Denkmalschutzgründen äußerlich nicht verändert werden<br />
dürfen, eine stärkere Rolle spielt.<br />
Durch die Verwendung der <strong>Heiz</strong>körper als Kühlkörperbzw.<br />
der Fußbodenheizung als Fußbodenkühlung in<br />
kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> <strong>Kühlsysteme</strong>n ist ein deutlicher<br />
Temperierungseffekt der Raumluft nachweisbar. In Verbindung<br />
mit zusätzlichen Maßnahmen wie der Verschattung<br />
können unter den angenommen Randbedingungen<br />
die Behaglichkeitskriterien in mindestens 90 % der Anwesenheitszeit<br />
eingehalten werden. Dabei ist durch die Fußbodenkühlung<br />
ein größerer Kühleffekt erreichbar als bei<br />
der Verwendung von Kühlkörpern, die <strong>mittels</strong> <strong>Heiz</strong>lastberechnung<br />
d<strong>im</strong>ensioniert wurden. Der anvisierte Temperierungseffekt<br />
ist jedoch bei beiden Systemen deutlich<br />
erkennbar. Be<strong>im</strong> Kühlkörper bestehen noch Reserven<br />
bezüglich D<strong>im</strong>ensionierung <strong>und</strong> Anordnung, worauf zu<br />
einem späteren Zeitpunkt in einem zweiten Teil der Veröffentlichung<br />
näher eingegangen wird.<br />
Der energetische Vergleich der Erzeugersysteme ergibt,<br />
dass die Sole/Wasser-Wärmepumpe die leistungsfähigste<br />
Variante unter den untersuchten Erzeugern ist <strong>und</strong> eine<br />
uneingeschränkte Einhaltung der Behaglichkeitskriterien<br />
ermöglicht.<br />
Demgegenüber ist die energetisch günstigste Variante,<br />
mit Einschränkungen bei der Einhaltung der thermischen<br />
Behaglichkeit, die passive Kühlung. Eine Kombination<br />
aus passiver <strong>und</strong> aktiver Kühlung über eine Sole/Wasser-<br />
Wärmepumpe wird dabei eine energetisch <strong>und</strong> behaglich<br />
sehr gute Lösung sein. Unabhängig von Kosten kann mit<br />
jedem dieser hier untersuchten kombinierten <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Kühlsysteme</strong> ein Kühleffekt durch die Temperierung der<br />
Raumluft nachgewiesen werden. Dabei gilt es nun in<br />
Zukunft die Regelung der Systeme <strong>und</strong> damit deren Einsatzfähigkeit<br />
zu opt<strong>im</strong>ieren.<br />
Symbole <strong>und</strong> Abkürzungen<br />
TRY02-10 Testreferenzjahr Ostseeküste (Rostock)<br />
TRY04-10 Testreferenzjahr Mitteldeutschland (Potsdam)<br />
TRY06-10 Testreferenzjahr Mittelgebirge (Bad Marienberg)<br />
TRY12-10 Testreferenzjahr Oberrheingraben <strong>und</strong><br />
unteres Neckartal (Mannhe<strong>im</strong>)<br />
TRY12ex-10 Testreferenzjahr Oberrheingraben <strong>und</strong> u. Neckartal,<br />
extremer Sommer (Mannhe<strong>im</strong>)<br />
β sys<br />
Systemarbeitszahl<br />
ϑa<br />
Außentemperatur<br />
ϑop operative Temperatur<br />
ϑop,s operative Solltemperatur<br />
ϑop,max max<strong>im</strong>ale operative Temperatur
182 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
P el,System<br />
Q K<br />
Q K, Erzeuger<br />
Q V, Speicher<br />
DWD<br />
LWWP<br />
passiv<br />
SWWP<br />
WÜ<br />
Danksagung<br />
Elektroenergieaufwand des Systems<br />
Kühlenergie<br />
bereitgestellte Kühlleistung des jeweiligen Systems<br />
Verlustenergie des Speichers<br />
Deutscher Wetterdienst<br />
Luft/Wasser-Wärmepumpe<br />
passive Kühlung <strong>mittels</strong> Erdsonde<br />
Sole/Wasser-Wärmepumpe<br />
Wärmeübertrager<br />
Die Forschungsarbeiten werden vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie unter dem Kennzeichen<br />
0327483A gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt<br />
dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.<br />
Literatur<br />
[1] Perschk, A.: Gebäude- <strong>und</strong> Anlagens<strong>im</strong>ulation – „Ein Dresdner<br />
Modell“. gi Ges<strong>und</strong>heitsingenieur – Haustechnik – Bauphysik<br />
– Umwelttechnik 131 (2010), Nr. 4.<br />
[2] Seifert, J.: Ein Beitrag zur Einschätzung der energetischen <strong>und</strong><br />
exergetischen Einsparpotentiale von Regelverfahren in der <strong>Heiz</strong>ungstechnik.<br />
Habilitationsschrift, TUDpress Verlag Dresden,<br />
November 2009.<br />
[3] Bühring, A.: Theoretische <strong>und</strong> exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen<br />
zum Einsatz von Lüftungs-Kompaktgeräten mit integrierter<br />
Kompressionswärmepumpe. Dissertation, TU Hamburg-Harburg,<br />
2001.<br />
[4] DWD: Testreferenzjahre von Deutschland für mittlere <strong>und</strong> extreme<br />
Witterungsverhältnisse (TRY) – Deutscher Wetterdienst<br />
Kl<strong>im</strong>a- <strong>und</strong> Umweltberatung, 2010.<br />
[5] D<strong>im</strong>plex- Innovatives <strong>Heiz</strong>en <strong>und</strong> Kühlen. Wärmepumpenkatalog,<br />
Glen D<strong>im</strong>plex Deutschland GmbH, 2011.<br />
Fachbericht zur Berechnung freier<br />
<strong>und</strong> regenerativer Kühlung<br />
Neue Schriften<br />
Der Trend zur Kl<strong>im</strong>atisierung insbesondere bei Bürogebäuden<br />
in Deutschland hält unvermindert an. Die Gründe<br />
dafür liegen auf der Hand: Sicherstellung der thermischen<br />
Behaglichkeit, Verbesserung der Innenraumluftqualität,<br />
Abfuhr innerer Lasten <strong>und</strong> weiterentwickelte,<br />
architektonische Anforderungen. Um hierbei einerseits<br />
die Energiekosten so gering wie möglich zu halten <strong>und</strong><br />
anderseits die Anforderungen an nationale Richtlinien zu<br />
erfüllen, bietet die Einbindung von Systemen zur freien<br />
Kühlung bzw. regenerativer Kühltechnologien eine wichtige<br />
Gr<strong>und</strong>lage. Die Umsetzung scheiterte bisher unter<br />
anderem an den fehlenden Berechnungs-Algorithmen.<br />
Deshalb haben das Institut für Luft- <strong>und</strong> Kältetechnik<br />
Dresden gGmbH (ILK), das Ingenieurbüro schiller<br />
engineering sowie der Fachverband Gebäude-Kl<strong>im</strong>a e.V.<br />
(FGK) <strong>im</strong> Rahmen eines vom B<strong>und</strong>esinstitut für Bau-,<br />
Stadt- <strong>und</strong> Raumforschung (BBSR) geförderten Forschungsvorhabens<br />
praktikable Berechnungsmethoden<br />
entwickelt, die teilweise Eingang in die DIN V 18599<br />
gef<strong>und</strong>en haben. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit<br />
liegen jetzt zudem in Form eines Abschlussberichts vor,<br />
der be<strong>im</strong> FGK bestellt werden kann. Der Fachbericht<br />
„Berechnungs-Algorithmen für freie <strong>und</strong> regenerative<br />
Kühltechnologien in Nichtwohngebäuden“ kann von der<br />
Internetseite des FGK unter www.fgk.de aus der Rubrik<br />
„Schriften“ kostenfrei als PDF-Datei geladen werden.<br />
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden vereinfachte<br />
Bewertungsverfahren für die Nutzung von regenerativen<br />
Energien <strong>im</strong> Bereich der Kühlung entwickelt,<br />
unter anderem für verschiedene Möglichkeiten der freien<br />
Kühlung, die indirekte Verdunstungskühlung, die sorptionsgestützte<br />
Kühlung/DEC-Technik <strong>und</strong> RLT-Anlagenintegrierte<br />
Kältetechnik. Zudem erstreckten sich die<br />
Untersuchungen auf Mehrerzeugeranlagen, die Kältespeicherung<br />
<strong>und</strong> sonstige energieeffiziente Kühltechnologien<br />
wie Geothermie- <strong>und</strong> Sorptionskälteanlagen. Zwar<br />
war es schon bisher prinzipiell möglich, Anlagen mit<br />
freier Kühlung oder Gr<strong>und</strong>wassernutzung über die Hydraulik<br />
zu berechnen, eine eindeutige Beschreibung in der<br />
Norm fehlte aber noch. Nach Abschluss der Forschungsarbeiten<br />
liegen nun vereinfachte Kennzahlen für verschiedene<br />
praxisübliche Anlagenkonzepte vor, die teilweise<br />
Eingang in die DIN V 18599 gef<strong>und</strong>en haben <strong>und</strong> somit<br />
eine ein fache <strong>und</strong> normgerechte Bewertung erlauben. Zu<br />
den jetzt vereinfacht bewertbaren Anlagenkonzepten zählen<br />
die freie Kühlung über Rückkühlwerke <strong>im</strong> Alternativbetrieb,<br />
die freie Kühlung über luftgekühlte Kältemaschinen<br />
mit integrierten Freikühlregistern, die geothermische<br />
Kühlung über Erdsonden sowie die Kühlung <strong>mittels</strong><br />
Gr<strong>und</strong>wasser.<br />
Informationen zur Druckprüfung von<br />
Trinkwasser-Installationen<br />
Der BTGA-B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />
e. V. hat mit dem Erscheinungsdatum Juni<br />
2012 die BTGA-Regel 5.001 „Druckprüfung von Trinkwasserinstallationen“<br />
in einer neuen Ausgabe herausgegeben.<br />
Sie ist zum Preis von 9,90 € inkl. MwSt. zuzüglich<br />
Versandkosten be<strong>im</strong> Beuth Verlag unter www.beuth.de<br />
erhältlich. Mitgliedsunternehmen erhalten bei Bestellung<br />
über den TGC-Shop http://www.shop.tgc-gmbh.de einen<br />
Rabatt auf den Verkaufspreis.<br />
Die BTGA-Regel gibt an, wann in welchem Umfang<br />
<strong>und</strong> mit welchen Medien die Druckprüfung <strong>im</strong> Bereich<br />
der Trinkwasser-Installation vorzunehmen ist. Die Prüfverfahren<br />
wurden an den Stand der Normung angepasst.<br />
Die Überarbeitung wurde aufgr<strong>und</strong> verschiedener Änderungen<br />
der gesetzlichen <strong>und</strong> normativen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
erfolrderlich. Neben der Novellierung der Trinkwasserverordnung<br />
2011 ist es zu einer Anpassung der nationalen<br />
<strong>und</strong> europäischen Normen <strong>im</strong> Bereich der Trinkwasser-<br />
Installation gekommen.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 183<br />
Filternde Absaugsysteme<br />
bei thermischer Bearbeitung<br />
Reinhard Bäckmann<br />
Häufig werden thermische Trenn-, Füge- <strong>und</strong> Verformungstechniken<br />
bei der Verarbeitung nichtmetallischer<br />
Werkstoffe wie Kunststoff, Holz, Textilien <strong>und</strong> Faserverb<strong>und</strong>stoffe<br />
eingesetzt. Wegen hoher Bearbeitungstemperaturen<br />
zersetzen sich teilweise die Materialien <strong>und</strong> setzen<br />
Gase, Partikel <strong>und</strong> Schadstoffe frei. Um diese zu vermindern,<br />
werden filternde Absaugsysteme eingesetzt. Die<br />
Absaugsysteme, Filtermaterialien <strong>und</strong> Konstruktionen<br />
werden <strong>im</strong> Text erläutert <strong>und</strong> Folgerungen für die Filterentwicklung<br />
diskutiert.<br />
1. Thermische Bearbeitung nicht metallischer<br />
Werkstoffe<br />
Voraussetzung für die Produktion von Gütern aller Art,<br />
wie Automobile, Möbel, Solaranlagen oder Medizinprodukte<br />
ist die Verfügbarkeit von entsprechenden Funktionswerkstoffen<br />
sowie Struktur- bzw. Konstruktionswerkstoffen<br />
(Bild 1).<br />
Bekanntlich werden diese unterschieden in die chemischen<br />
Elemente der Metalle <strong>und</strong> Nichtmetalle. Da diese<br />
Elemente selten in reiner Form verwendbar sind, erfolgt<br />
in der Praxis ein Einteilung nach der molekularen Verbindung<br />
in<br />
– organische nichtmetallische Werkstoffe, wie Holz,<br />
Kunststoff, Textil, Papier, Gummi <strong>und</strong> biologische<br />
Werkstoffe<br />
– anorganische Metalle oder Nichtmetalle,<br />
z. B. Keramik, Glas, Silikate <strong>und</strong> Grafit,<br />
– sowie Halbleiterwerkstoffe.<br />
Hinzu kommen Verb<strong>und</strong>werkstoffe, sogenannte Composites,<br />
die aus zwei oder mehr verschiedenen Werkstoffen<br />
durch Stoff- oder Formschluss <strong>und</strong> Kombinationen daraus<br />
zusammengesetzt werden. Dies kann<br />
durch<br />
– Teilchenverb<strong>und</strong><br />
– Faserverb<strong>und</strong><br />
– Schichtverb<strong>und</strong><br />
– Durchdringungsverb<strong>und</strong><br />
geometrisch-räumlich erfolgen.<br />
Diese Werkstoffe müssen, um ein<br />
gebrauchsfähiges Endprodukt zu werden,<br />
durch<br />
– verschiedene Fertigungsverfahren, wie Trennen, Fügen<br />
<strong>und</strong> Verformen<br />
bearbeitet werden.<br />
Speziell sollen hier die thermischen Verfahrensgruppen<br />
für die wichtigsten nichtmetallischen Werkstoffe <strong>und</strong><br />
Werkstoffverb<strong>und</strong>e betrachtet werden. Diese sind das<br />
thermische Trennen bzw. Abtragen, thermisches Schweißen<br />
<strong>und</strong> Kleben <strong>und</strong> das thermische Umformen, bei<br />
denen verschiedene Formen von Wärmeenergie – thermische<br />
Effekte – auf die Werkstoffe <strong>und</strong> Werkstücke einwirken.<br />
Welche thermischen Effekte können zum Trennen,<br />
Fügen <strong>und</strong> Verformen eingesetzt werden?<br />
Welche werden überhaupt genutzt, <strong>und</strong> welche haben<br />
auch in Zukunft gute Aussichten?<br />
Verschafft man sich einen Überblick über die möglichen<br />
Arten der Wärmeerzeugung, so stellt man fest, dass<br />
vier Hauptgruppen vorhanden sind, <strong>und</strong> zwar<br />
– die mechanische Wärmeerzeugung<br />
– zahlreiche Möglichkeiten der Elektrowärme<br />
– chemische Wärmeentwicklung<br />
– Erwärmung durch Strahlung.<br />
Dies ist dabei keinesfalls nur von akademischem Interesse,<br />
sondern all diese Wärmeerzeugungsmöglichkeiten wurden<br />
oder werden tatsächlich genutzt. Wichtiger ist allerdings<br />
die Frage der Wirkenergie unmittelbar in der Trenn-,<br />
Füge- oder Verformungsstelle.<br />
Als Wirkenergie wird bezeichnet, was <strong>im</strong> Wirkelement,<br />
das ist die mikroskopische Umgebung <strong>im</strong> Erwärmungsbereich,<br />
unmittelbar, d. h. ohne eine Änderung der Erscheinungsform,<br />
zu einer energetischen Änderung oder Stoffveränderung<br />
führt. Sucht man nun alle Energiearten aus<br />
<strong>und</strong> betrachtet sie als mögliche Arten von Wirkenergien,<br />
Dipl.-Ing. Reinhard Bäckmann B.-A. (Univ.),<br />
Münchner Straße 16, 63939 Wörth a. Main,<br />
E-Mail: iub@baeckmann.de Bild 1. Einsatzbereiche von Kunststoffen wertmäßig. © IUBäckmann, nach Stat. B<strong>und</strong>esamt 2010.
184 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
dann lassen sich die thermischen Bearbeitungsverfahren<br />
systematisch ordnen.<br />
Eine Vielzahl von Wirkenergien ist schon lange mehr<br />
oder weniger <strong>im</strong> Einsatz, <strong>und</strong> die wichtigsten mit ihren<br />
Anwendungstendenzen sollen hier aufgezeigt werden<br />
(Bild 2). Be<strong>im</strong> Trennen sind insbesondere das<br />
– Ultraschallschneiden <strong>und</strong> das Laserschneiden eine<br />
hochaktuelle Technologie.<br />
Zum Fügen wird auf Baustellen<br />
– das Heißgasschweißen<br />
<strong>und</strong> in der Fabrikation<br />
– das Hochfrequenzschweißen, Ultraschall- <strong>und</strong><br />
Laserschweißen eingesetzt.<br />
Umgeformt wird vielfach mit<br />
– Elektrowärmeverfahren <strong>und</strong> Infraroterwärmung, <strong>und</strong><br />
be<strong>im</strong> Vulkanisieren werden Mikrowellen<br />
eingesetzt.<br />
Wenn man bedenkt, dass <strong>Heiz</strong>elementschweißen gerade<br />
125 Jahre alt ist, Heißgasschweißen 1937, Hochfrequenzschweißen<br />
1941, Wärme<strong>im</strong>pulsschweißen 1945, Ultraschallschweißen<br />
1948 <strong>und</strong> Laserschneiden <strong>und</strong> -schweißen<br />
1963 entwickelt wurden, dann ist es auch interessant<br />
zu wissen, dass<br />
– seit vielen Jahren z. B. Holz mit Lasern geschnitten <strong>und</strong><br />
Furnierkanten mit Laser geschweißt werden, sowie<br />
Holz <strong>und</strong> Woodplastik mit Vibrations- <strong>und</strong> Ultraschallschweißen<br />
verb<strong>und</strong>en werden. Auch in Reinräumen<br />
wird das Laserverfahren eingesetzt, ebenso bei<br />
Verb<strong>und</strong>konstruktionen.<br />
Die thermischen Trenn-, Füge- <strong>und</strong> Umformverfahren<br />
haben also eine stürmische Entwicklung hinter sich, <strong>und</strong><br />
bei nichtmetallischen Werkstoffen noch ein beachtliches<br />
Entwicklungspotential, wenn die Frage der Abluftreinigung<br />
durch Absaugungen <strong>und</strong> Luftfilter zuverlässig<br />
geklärt wird.<br />
2. Thermische Werkstoffveränderung <strong>und</strong><br />
-zersetzung<br />
Bild 2. IUBäckmann<br />
Bild 3. Laserausschmelzprozess bei thermoplastischen Polymeren. © newyorklaser/IUBäckmann<br />
Wenn man sich mit dem thermischen Bearbeiten nichtmetallischer<br />
Werkstoffe befasst, kommt man nicht umhin,<br />
diese Fragen zu diskutieren:<br />
– Wie reagieren die Werkstoffe bei thermischer<br />
Erwärmung?<br />
– Welche Abbauprodukte können entstehen?<br />
– Warum <strong>und</strong> wie müssen diese beseitigt werden?<br />
Man muss sich deswegen mit dem Verhalten von Werkstoffen<br />
unter Wärmeeinfluss etwas auseinandersetzen.<br />
Zur ersten Erläuterung eignet sich am besten ein aktuelles,<br />
modernes Beispiel: das Schneiden eines Thermoplastes<br />
mit kohärenter Strahlung – einem Laserstrahl.<br />
Im Laser wird die elektrische Energie in Strahlung einer<br />
engbegrenzten Wellenlänge <strong>und</strong> gleicher Phasenlage umgewandelt.<br />
Be<strong>im</strong> CO2-Laser ist dies eine Wellenlänge von<br />
10,6 μm (Mikrometer), also eine langwellige Infrarotstrahlung,<br />
die noch recht gut <strong>im</strong> günstigen Absorptionsspektrum<br />
der zu bearbeitenden Materialien liegt. Auf der Materialoberfläche<br />
erfolgt dann eine Wechselwirkung zwischen<br />
Laserstrahlung <strong>und</strong> Materie, wobei etwa 80 % der Strahlung<br />
absorbiert werden. Durch Reflexion <strong>und</strong> Wärmeleitfähigkeit<br />
wird allerdings <strong>im</strong> ersten Moment ein Großteil<br />
der Laserstrahlung unwirksam sein, <strong>und</strong> erst, wenn durch<br />
Anschmelzen eine normale Absorption auftritt, ist die<br />
Laserenergie voll wirksam. Dabei n<strong>im</strong>mt die Reflexion ab,<br />
während die Absorption <strong>im</strong> gleichen Maße zun<strong>im</strong>mt.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Wirkung Heft konzentrierter 4 gi Wärmezufuhr auf nichtmetallische 185<br />
Werkstoffe<br />
Durch Wärmeleitung bildet sich unter der Absorptionsschicht<br />
eine Schmelze aus, bis sich ein Gleichgewicht<br />
zwischen abgeführter Wärmeenergie <strong>und</strong> zugeführter<br />
Laserenergie einstellt. Nach Durchgang des Laserstrahls<br />
kühlt der Schmelzbereich ab <strong>und</strong> verfestigt sich, bis ein<br />
Wärmeausgleich entsteht (Bild 3).<br />
Die Laserintensität verläuft über die Strahldauer <strong>und</strong><br />
bei Bewegung über eine Textur – das ist beispielsweise die<br />
Materialoberfläche – nicht kontinuierlich, sondern in<br />
Form sogenannter „Spikes“. Während eines ersten Spikes<br />
erfolgt ein anormaler Temperaturanstieg bis über die<br />
Schmelztemperatur hinaus. Erst wenn diese erreicht ist,<br />
flacht der Temperaturverlauf ab, da die weiter zugeführte<br />
Leistung in Schmelz- bzw. Verdampfungsenergie umgesetzt<br />
wird. Die Temperatur bleibt konstant, wenn die<br />
absorbierte Intensität dem Energieinhalt des verflüssigten<br />
Materials entspricht. Danach erfolgt die Abkühlphase.<br />
Das gegebene Beispiel des Laserstrahlschneidens lässt<br />
sich verallgemeinern auf das Verhalten von Werkstoffen<br />
auf konzentrierte Wärme <strong>im</strong> Mikromaßstab. Bei Wärmezufuhr<br />
<strong>und</strong> steigender Temperatur ist das Verhalten der<br />
Makromoleküle eines Werkstoffes durch variable Phasen<br />
gekennzeichnet:<br />
– Erwärmung:<br />
Von einer äußeren oder inneren Wärmequelle wird<br />
Wärme zugeführt. Die Temperatur steigt, die physikalischen<br />
Eigenschaften des Stoffes verändern sich nur<br />
wenig.<br />
– Erweichung:<br />
In einem schmalen Temperaturbereich (oberhalb der<br />
Glas- oder Erweichungstemperatur) vollzieht sich mehr<br />
oder weniger rasch der Übergang des polymeren vom<br />
harten zum spröden Glaszustand in einen zähelastischen<br />
oder kautschukartigen Zustand bis zur flüssigen<br />
Phase, <strong>im</strong> engen Temperaturbereich bei den amorphen,<br />
<strong>im</strong> breiten bei den teilkristallinen Thermoplasten. Die<br />
Duroplaste erweichen nur wenig. Sie zersetzen sich<br />
schließlich <strong>und</strong> verbrennen. Der Erweichungsbereich<br />
ist für die Fügeverfahren wie Schweißen <strong>und</strong> Schmelzkleben<br />
bedeutend.<br />
– Verflüssigung<br />
Das gesamte Polymer bildet nunmehr eine Flüssigkeit<br />
mit teilweiser Verdampfung.<br />
– Abbau<br />
Die Polymerkette ist so stark wie ihr schwächstes<br />
Glied. Der Abbau beginnt bei der Temperatur, bei der<br />
das schwächste Glied bricht. Man kann nach dem bei<br />
Abwesenheit von Sauerstoff verlaufenden thermischen<br />
Abbau (Pyrolyse) <strong>und</strong> dem kombinierten thermisch/<br />
oxidativen Abbau (Verbrennung) unterscheiden. Der<br />
zeitliche Verlauf des Abbaus hängt von der Zahl der<br />
schwachen Bindungen, deren Abbautemperatur <strong>und</strong><br />
der dabei auftretenden Wärmetönung ab. Der Vorgang<br />
kann exotherm oder endotherm verlaufen. Demgemäß<br />
wird er beschleunigt oder verzögert. Das Material verfärbt<br />
sich nun auch.<br />
(exotherm: Wärme wird erzeugt / endotherm: es wird<br />
zusätzliche Wärme benötigt.)<br />
überspringbar bei<br />
Subl<strong>im</strong>ationserwärmung<br />
Erwärmung<br />
Erweichung<br />
Abbau<br />
Zersetzung<br />
Oxidation<br />
normaler<br />
Schweißbereich<br />
normaler<br />
Schneidebereich<br />
Zerstörungsbereich<br />
Bild 4. Wirkung konzentrierter Wärmezufuhr auf nichtmetallische Werkstoffe.<br />
© IUBäckmann<br />
– Zersetzung (Subl<strong>im</strong>ation)<br />
Die ganze Masse des Polymeren wird erfasst. Sie zerfällt<br />
in monomere Bestandteile, z. B. bei PVC oder<br />
PTFE, oder es bilden sich andere Substanzen mit anderen<br />
Eigenschaften. Abbau <strong>und</strong> Zersetzung können nur<br />
dann voneinander unterschieden werden, wenn die<br />
Abbautemperaturen der schwächsten <strong>und</strong> der stärksten<br />
Bindungen sehr unterschiedlich sind.<br />
– Oxidation (Verbrennung)<br />
Ist die Temperatur hoch genug <strong>und</strong> genügend Sauerstoff<br />
vorhanden, dann schreitet die Zersetzung unter<br />
Wärmeentwicklung rasch voran, <strong>und</strong> der Stoff wird<br />
durch Verbrennen getrennt.<br />
Be<strong>im</strong> thermischen Trennen werden demnach alle Phasen,<br />
die ein Stoff aufweisen kann, wie<br />
– fest<br />
– flüssig<br />
– gasförmig <strong>und</strong> plasmatisch<br />
durchlaufen.<br />
Überspringt man be<strong>im</strong> Erwärmen die flüssige Phase,<br />
spricht man von Subl<strong>im</strong>ation. Der Gr<strong>und</strong>gedanke des<br />
thermischen Trennens ist die (Bild 5):<br />
– Erweichung<br />
– Schmelzbarkeit<br />
– Subl<strong>im</strong>ierbarkeit oder<br />
– Verbrennung der Werkstoffe.<br />
Be<strong>im</strong> Fügen ist die Erweichung <strong>und</strong> Schmelzbarkeit pr<strong>im</strong>äres<br />
Ziel, <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Umformen der Bereich oberhalb<br />
der Glastemperatur bei Thermoelastizität.
186 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
3. Absaugsysteme – Prinzipien <strong>und</strong> Technologie<br />
Die Entstehung von gas- <strong>und</strong> partikelförmigen Abbauprodukten<br />
folgt in der Größenordnung folgender Beziehung:<br />
Trennen > Fügen > Verformen.<br />
Auch die Höhe der Prozesstemperatur zur Schmelzoder<br />
Abbautemperatur führt zur Bildung von evtl. Schadstoffen,<br />
wobei<br />
Prozesstemperatur > Schmelztemperatur<br />
> Abbautemperatur<br />
die Menge <strong>und</strong> Zusammensetzung wesentlich best<strong>im</strong>men.<br />
Was letztendlich signifikant ist, best<strong>im</strong>mt<br />
– das thermische Verfahren mit seinem spezifischen Temperaturprofil<br />
<strong>und</strong> der Werkstoff mit seinem Temperaturverhalten<br />
(Temperaturbereiche).<br />
Vereinfacht gilt, dass filternde Absauganlagen in ihrer<br />
Bedeutung für die Verfahren wie folgt relevant sind:<br />
Laser > Heißluft > <strong>Heiz</strong>element > Ultraschall<br />
<strong>und</strong> vergleichbare.<br />
Dies entspricht dem Temperaturgefälle, jedoch ohne<br />
vollständige Aufzählung der Verfahren. Hinzu kommt die<br />
störende (z. B. Geruch), beeinträchtigende (Rauch,<br />
Staub), <strong>und</strong> gefährdende (Toxine, Karzinogene) Wirkung,<br />
die von sich thermisch zersetzenden, nichtmetallischen<br />
Werkstoffen ausgehen kann.<br />
Kunststoff<br />
Daraus erst resultiert <strong>im</strong> Detail das anzuwendende<br />
Absaug- <strong>und</strong> Filtersystem sowie weitere technische <strong>und</strong><br />
organisatorische Maßnahmen bis hin zur persönlichen<br />
Schutzausrüstung (PSA), was unbedingt beachtet werden<br />
muss.<br />
Bei der thermischen Bearbeitung von vielen nichtmetallischen<br />
Werkstoffen werden durch die Wärmeeinwirkung<br />
gas-, dampf- oder partikelförmige Stoffe freigesetzt.<br />
So entstehen z. B. be<strong>im</strong> Glühdrahtschneiden, bei der<br />
Flammkaschierung <strong>und</strong> bei der thermischen Verformung<br />
von Hartschaumplatten Spaltprodukte <strong>und</strong> Dämpfe.<br />
Diese kondensieren auf kühlen Flächen <strong>und</strong> Maschinenteilen<br />
<strong>und</strong> sind geruchsintensiv <strong>und</strong> bisweilen unangenehm.<br />
Körperkontakt <strong>und</strong> Inhalation sollten vermieden<br />
werden. Eine wirkungsvolle Absaugung ist <strong>im</strong> Einzelfall<br />
anlage- <strong>und</strong> werkstoffabhängig ein wesentlicher Teil von<br />
Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Umweltschutzmaßnahmen.<br />
Gelegentlich werden Heißluft- <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>drahtschneidemaschinen<br />
<strong>im</strong> Freien <strong>im</strong> Bausektor eingesetzt, jedoch<br />
auch hier müssen Umweltschutzgesichtspunkte beachtet<br />
werden (Bild 6).<br />
Als Absauganlage werden alle Anlagen bezeichnet, die<br />
über Luft störende Partikel oder Gase entfernen. Die<br />
Absauganlage wird hierbei möglichst nah an der Emission<br />
platziert, um die Schadluft zu reinigen. Unter<br />
Umständen sind sie mit einer Einschaltautomatik <strong>und</strong><br />
Sensorik versehen.<br />
Als Trägermedium für die störenden Stoffe wird Luft<br />
verwendet; Ventilatoren oder Gebläse erzeugen einen<br />
Luftstrom, der die unerwünschten Stoffe absaugt. Im<br />
Bereich der Absaugtechnik ist die Erfassung der abzusaugenden<br />
Stoffe von besonderer Bedeutung. Diese Stoffe<br />
sind in der Regel ges<strong>und</strong>heitsschädlich oder verschmutzen<br />
die Umgebung so stark, dass sie als Störung empf<strong>und</strong>en<br />
werden. Um die Absauganlage kosten- <strong>und</strong> energieeffizient<br />
zu nutzen, muss die Erfassungseinrichtung die störenden<br />
Stoffe idealerweise vollständig erfassen, möglichst<br />
ohne dabei Raumluft mit einzusaugen.<br />
Je nach Anwendung sind die Absaugeinrichtungen in<br />
einem Gehäuse montiert, das die Arbeitsstelle umschließt,<br />
was vor allem bei vollautomatischer Produktion der Fall<br />
ist. In anderen Fällen, vor allem bei Handarbeit, kommen<br />
Absaugtische bzw. bewegliche Erfassungseinrichtungen<br />
mit Hauben oder Saugspitzen zum Einsatz.<br />
Der Begriff Absaugtisch ist ein Überbegriff für Anlagen,<br />
die <strong>mittels</strong> Luft ges<strong>und</strong>heitsschädliche Partikel <strong>und</strong> /<br />
oder Gase entfernen. Absaugtische dienen <strong>im</strong> produzierenden<br />
Gewerbe der Absaugung <strong>und</strong> Filterung von<br />
Rauch- <strong>und</strong> Staubentwicklung, die be<strong>im</strong> Schneiden <strong>und</strong><br />
Schweißen der Werkstoffe entstehen. Die Bedienpersonen<br />
werden vor ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden, die Maschinen vor<br />
Funktionsstörungen geschützt. Absaugtische tragen<br />
somit in recht hohem Maße zum Arbeitsschutz bei.<br />
Häufig sind Absaugtische in einzeln absaugbare Segmente<br />
unterteilt, um die Absaugleistung möglichst gering<br />
zu halten. Je nach Anlagentyp wird die Absaugung der<br />
einzelnen Segmente manuell oder vollautomatisch über<br />
die Steuerung der Schneidanlage ermöglicht. Die D<strong>im</strong>ensionen<br />
<strong>und</strong> Leistungen der Absaugtische müssen der<br />
jeweiligen Schweiß- oder Schneideanlage entsprechen.<br />
Unterschiedliche austauschbare Tischauflagen ermög-<br />
Erweichungstemperatur<br />
Zersetzungstemperatur<br />
Entflammungstemperatur<br />
Entzündungstemperatur<br />
°C °C °C °C<br />
PE 60-70 340 - 440 340 350<br />
PP 85-90 330-410 350 - 370 390-410<br />
PS 88 300 - 400 340 - 350 490<br />
PVC 70-80 200 - 300 390 455<br />
PU - Hartschaum 180 220 310 415<br />
PA 6 200 300 - 350 420 450<br />
PA 66 250 320 - 400 490 530<br />
PC 150-155 350 - 400 520 keine Entzündung<br />
PTFE 110 500 - 550 560 580<br />
POM 170 220 350 - 400 ca. 400<br />
ABS 90-121 – 390 480<br />
PETP 80 285 - 305 440 480<br />
PMMA 84-108 170-300 300 450<br />
PAN 78-81 250 - 300 480 560<br />
Bild 5. Thermische Eigenschaften der häufigsten Kunststoffe. © IUBäckmann,<br />
nach Domininghaus 2010.<br />
Laser 1500 °C<br />
Infrarot 800 °C<br />
Heißschneiden 650 °C<br />
Heißluft 600 °C<br />
<strong>Heiz</strong>keil 450 °C<br />
<strong>Heiz</strong>element 350 °C<br />
Hochfrequenz 200 °C<br />
Ultraschall 175 °C<br />
Bild 6. Durchschnittliche Prozesstemperaturen bei thermischen Trenn- <strong>und</strong><br />
Fügeverfahren. © IUBäckmann
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 187<br />
lichen einen den Bedürfnissen entsprechenden<br />
Einsatz. Zum Schutz vor Filterbränden,<br />
ausgelöst durch angesaugte<br />
Funken, dient die Vorreinigung der<br />
abgesaugten Luft. Hierdurch erhöht<br />
sich außerdem die Standzeit der eingesetzten<br />
Filter erheblich.<br />
Absauganlagen für thermische Bearbeitung<br />
führen die verunreinigte Luft in<br />
eine Vorabscheidekammer je nach Bautyp.<br />
In dieser Kammer erfolgt eine<br />
Abtrennung der schweren Fraktionen.<br />
Der verbleibende Staub kann dann an<br />
der Außenseite eines Filters abgeschieden<br />
<strong>und</strong> in einem Staubbehälter aufgefangen<br />
werden. Häufig sind Vorabscheidefilter<br />
zu reinigen, beispielsweise<br />
<strong>mittels</strong> Druckluft. Zur Filterung lungengängigen<br />
Feinstaubs werden<br />
Schwebstofffilter eingesetzt. Diese sind<br />
Sättigungsfilter <strong>und</strong> werden ausgetauscht,<br />
da bei Übernutzung ihre Filterfähigkeit<br />
nicht mehr gewährleistet ist<br />
(Bild 7).<br />
Anlagen, die giftige Gase absaugen<br />
müssen, besitzen je nach Substanz oft<br />
Aktivkohlefilter, häufig werden Filter<br />
verschiedener Partikelfilterklassen hintereinandergeschaltet,<br />
um die Lebensdauer<br />
der einzelnen Filterstufen zu<br />
erhöhen. Eine Vorabscheidung grober<br />
Partikel dient somit der Schonung der<br />
feinporigen Feinstaubfilter.<br />
Die gefilterte Luft wird entweder in<br />
den Arbeitsbereich zurückgeführt oder<br />
nach außen geleitet. Aus Gründen der<br />
Energieeffizienz ist eine Luftrückführung<br />
erstrebenswert, da so keine Wärme<br />
verloren geht. Hierbei sind jedoch die<br />
Best<strong>im</strong>mungen der Gefahrstoffverordnung<br />
(GefStoffV) <strong>und</strong> die festgelegten<br />
Grenzwerte für Gefahrstoffkonzentrationen in der Luft<br />
zu beachten. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Luftrückführung nach<br />
ausreichender Reinigung bei allen Stoffen möglich, die<br />
nicht krebserzeugend, erbgutverändernd oder reproduktionstoxisch<br />
sind, sogenannte KMRF-Stoffe. Hier gelten<br />
besondere Best<strong>im</strong>mungen.<br />
4. Praxisbeispiele – Folgerungen für die Filterentwicklung<br />
Bei den thermischen Bearbeitungsverfahren sind insbesondere<br />
– das Fügen mit Ultraschall <strong>und</strong> die Thermoformung<br />
relativ unproblematisch, da die Temperatur (100–<br />
250 °C) technologisch bedingt niedrig ist.<br />
Verarbeitungstemperatur < Zersetzungstemperatur<br />
Meist reicht eine Filterung zur Beseitigung von Gerüchen<br />
aus. Dies hängt jedoch stark von der Ausrüstung der<br />
Werkstoffe ab, z. B. von<br />
Hand-Heißschneidestation <strong>und</strong> Heißstanzautomat für Airbags<br />
– Flammschutzmitteln<br />
– Weichmachern<br />
– Füllstoffen<br />
– Stabilisatoren<br />
– Farbpigmenten.<br />
Thermische Beschnitt-Anlagen mit Formschnitten werden<br />
in der Automobilzuliefererindustrie eingesetzt für<br />
– flächige <strong>und</strong> verformte Automobilteppichböden<br />
– Automobil-Innenverkleidungen<br />
– kaschierte <strong>und</strong> hinterspritzte Türverkleidungen<br />
– A-, B- <strong>und</strong> C-Säulen<br />
– Hutablagen<br />
– Dachh<strong>im</strong>mel<br />
– Schaumstoffdämmungen für Türen<br />
– verformte Vliesteile<br />
– Kartentaschen<br />
– Sitzverkleidungen <strong>und</strong> Kopfstützen<br />
– Airbag-Abdeckungen<br />
Bild 7. Hand-Heißschneidestation <strong>und</strong> Heißstanzautomat für Airbags. © HSGM<br />
Bild 8. Heißluftschweißtisch mit unterer Absaugung. © IUBäckmann<br />
Besonders be<strong>im</strong> Trennen mit Glühdrähten oder Glühschneiden<br />
<strong>und</strong> be<strong>im</strong> <strong>Heiz</strong>keil- <strong>und</strong> Heißluftschweißen<br />
(Temperaturen von 300 – 600 °C) reagieren manche Werkstoffe<br />
mit der Freisetzung von Schadstoffen <strong>und</strong> Rauchentwicklung.<br />
Hier sind filternde Absaugsysteme geradezu<br />
Pflicht wie be<strong>im</strong> Heißluftschweißen. Damit können<br />
bekanntlich geschweißt werden (Bild 8):<br />
– Folien aus Weich-PVC <strong>und</strong> Polyäthylen<br />
– beschichtete <strong>und</strong> kaschierte Textilien mit PVC, PU,<br />
Hypalon bis zu Glasgewebe / PTFE<br />
– beflockte Textilien, Gittergewebe <strong>und</strong> Rascheltextilien,<br />
– Luftpolsterfolien mit Gewebe<br />
– Vliesstoffe <strong>und</strong> Nadelfilze, Nähgewirke aus Synthesefasern<br />
u.v.a.m.
188 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
ALTERNATIVE 1 ALTERNATIVE 2<br />
Absaugstutzen<br />
Vorfiltermodul<br />
Kombifilter<br />
Modul mit Z-Line-Filter<br />
Modul mit Aktivkohle<br />
Bild 9. Laserschneidemaschine mit Absauganlage <strong>und</strong> Filtersystem. © eurolaser<br />
Bild 10. Laserrauch – Laserstaub: Absaugung <strong>und</strong> Filterung. © THB GmbH<br />
Bei Beschichtungen mit PVC, PU oder PTFE treten dann<br />
CO, HCL, HCN <strong>und</strong> weitere auf, die aus der Abluft<br />
beseitigt werden müssen. Durch Schweißtische <strong>und</strong><br />
Punktabsaugung werden die Schweißgase direkt an der<br />
Entstehungsstelle <strong>im</strong> Fügespalt abgesaugt <strong>und</strong> absolut<br />
vermieden, somit entsteht bei korrekter Anwendung keine<br />
Geruchsbelästigung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung mehr.<br />
Das attraktivste <strong>und</strong> <strong>im</strong>mer häufiger eingesetzte<br />
– Laserschneiden <strong>und</strong> -schweißen<br />
erfordert gerade bei der Verarbeitung nichtmetallischer<br />
Werkstoffe einen erhöhten Aufwand bei der Absaugung<br />
<strong>und</strong> Filterung (Temperaturen 800–1200 °C). Zwar kann<br />
durch hohe Arbeitsgeschwindigkeit die Temperatureinwirkungszeit<br />
klein gehalten werden, aber es ist nicht auszuschließen,<br />
dass Teilchen verdampfen oder chemisch<br />
reagieren <strong>und</strong> kritische Werte erreichen. Gerade bei der<br />
Bearbeitung organischer Materialien, wie Kunststoffe,<br />
Holz, Textilien, Leder ist dies der Fall. Diese Materialien<br />
werden häufig unter Einsatz von Lasertechnologie<br />
geschnitten, beschriftet <strong>und</strong> geschweißt (Bild 9).<br />
Besonders problematisch ist das Laserabgas dann,<br />
wenn Halogenverbindungen bearbeitet werden. Halogenverbindungen<br />
sind beispielsweise Kunststoffe wie PTFE<br />
(Polyterafluorethen) <strong>und</strong> PVC (Polyvinylchlorid). Hierbei<br />
kann Chlorwasserstoff (in Wasser gelöst als Salzsäure<br />
bekannt) oder Fluorwasserstoff (gelöst Flusssäure) entstehen,<br />
die bekanntermaßen extrem giftig <strong>und</strong> ätzend<br />
sind. Auch be<strong>im</strong> Bearbeiten von Materialien, die mit<br />
Flammschutzmitteln versehen sind, können hochgiftige<br />
Stoffe entstehen zum Beispiel Dioxine <strong>und</strong> Furane.<br />
Gefahrstoffe, die be<strong>im</strong> Bearbeiten von organischen<br />
Materialien (Polymerwerkstoffe, Holz, Epoxidharze) entstehen,<br />
sind<br />
– Benzol (giftig)<br />
– Formaldehyd (giftig)<br />
– Butadien (giftig)<br />
– Acetaldehyd (auch bekannt als Ethanol, giftig)<br />
– Propenal (auch bekannt als Acrylaldehyd, Acrolein,<br />
sehr giftig <strong>und</strong> umweltgefährlich)<br />
– Toluol (ges<strong>und</strong>heitsschädlich)<br />
– Methylmethacrylat (reizend)<br />
– Phenol ((giftig <strong>und</strong> ätzend)<br />
– Styrol (ges<strong>und</strong>heitsschädlich)<br />
– Kresole (giftig)<br />
Dazu kommt, dass ca. 90 % aller durch den Laser erzeugten<br />
Partikel einen Partikeldurchmesser von
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 189<br />
Tabelle 1. Europäische Normung von Schwebstofffiltern (Auszug)<br />
EN 1822-1/EN 779.<br />
EPA/HEPA-Filter<br />
Filterklasse Abscheidegrad (gesamt) Abscheidegrad (lokal)<br />
E10 > 85 % –<br />
E11 > 95 % –<br />
E12 > 99,5 % –<br />
H13 > 99,95 % > 99,75 %<br />
H14 > 99,995 % > 99,975 %<br />
Bild 11. Prinzip der SINBRAN ® -Membranfiltration. © W.L. Gore & Ass<br />
große Filterfläche sehr kompakte Filterbauweisen ermöglichen.<br />
Dabei erreicht man bei niedrigem Druckverlust<br />
hohe Abscheidegrade. Durch die Einzelfaltenverklebung<br />
besitzen die Filterelemente einen stabilen, selbsttragenden<br />
Aufbau, bei dem kein eigener Stützkörper nötig ist. Be<strong>im</strong><br />
Filtermaterial ermöglicht die große Auswahl eine opt<strong>im</strong>ale<br />
Anpassung an den jeweiligen Anwendungsfall. Auch<br />
Filterqualitäten zur Abscheidung von Feinstäuben sind<br />
erhältlich. Einsatzgebiete hierfür sind thermische Prozesse,<br />
wie z. B. Plasmaschneiden, Brennschneiden, thermisches<br />
Spritzen, Laserschneiden von organischen Stoffen<br />
(Holz, Kunststoffe) usw.<br />
Bei dem speziellen, zum Patent angemeldeten Precoatier-Verfahren<br />
wird durch Zugabe von Filterhilfsstoffen<br />
eine Schutzschicht auf den Filterelementen erzeugt. Diese<br />
schützt zum einen die eigentliche Filteroberfläche vor den<br />
klebrigen Aerosolen, absorbiert aber darüber hinaus auch<br />
einen großen Anteil an Kohlenwasserstoff. Das System<br />
kann auch überhaupt zum Abscheiden von klebrigen<br />
Stoffen oder Partikeln eingesetzt werden (Tabelle 1).<br />
Dazu wurden viele Messungen der staub- <strong>und</strong> gasförmigen<br />
Abgase durchgeführt vor <strong>und</strong> nach dem Filter <strong>im</strong><br />
Lasersystem. Absauganlagen zur Absaugung von Laserrauch<br />
<strong>und</strong> Laserstaub müssen verschiedene Anforderungen<br />
erfüllen, um geringen Wartungsaufwand, ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Schutz sowie hohe Arbeitsqualität zu gewährleisten:<br />
– Restlose Beseitigung sämtlicher anfallender Stäube,<br />
Dämpfe <strong>und</strong> Gase, die die Arbeitsqualität beeinträchtigen<br />
oder gar die Ges<strong>und</strong>heit gefährden können.<br />
– Stufenweise Filterung: Filter für grobe Partikel verhindern,<br />
dass die Feinstaubfilter sowie die Aktivkohlefilter<br />
zu schnell gesättigt sind <strong>und</strong> verringern so den Wartungsaufwand<br />
der Absauganlage.<br />
– Anpassung an den anfallenden Schmutz: fällt viel grobkörniger<br />
Staub an, sollte der Vorfilterbereich eine ausreichende<br />
Kapazität haben, um zu verhindern, dass die<br />
Filter bereits nach kurzer Laufzeit gesättigt sind. Fällt<br />
hingegen hauptsächlich Feinstaub an, sind überd<strong>im</strong>ensionierte<br />
Vorfilter nutzlos. Der Wartungsaufwand wird<br />
verringert.<br />
Thermische Bearbeitungsverfahren sind hochinnovativ <strong>und</strong><br />
werden auf weitere Werkstoffe ausgeweitet, insbesondere<br />
Verb<strong>und</strong>stoffe <strong>und</strong> nachwachsende Rohstoffe (Bild 12).<br />
ULPA-Filter<br />
Filterklasse Abscheidegrad (gesamt) Abscheidegrad (lokal)<br />
U15 > 99,9995 % > 99,9975 %<br />
U16 > 99,99995 % > 99,99975 %<br />
U17 > 99,999995 % > 99,9999 %<br />
Thermische Bearbeitung<br />
(Zersetzungsrückstände)<br />
feste flüssige gasförmige<br />
Oxidation<br />
(Sauerstoff)<br />
(brennbar)<br />
Oxidationsprodukte<br />
Schadstoffe<br />
(Abluft)<br />
gasförmige<br />
(nicht<br />
brennbar)<br />
Bild 12. Schema der Bildung von Zersetzungsrückständen bei der thermischen<br />
Bearbeitung. © IUBäckmann<br />
Dadurch treten bei<br />
– Biopolymeren<br />
– temperaturbeständigen Werkstoffen<br />
– metallisierten <strong>und</strong> nanobasierten Werkstoffen<br />
be<strong>im</strong> Trennen, Fügen <strong>und</strong> Verformen neue Emissionsprobleme<br />
auf, die mit filternden Absauganlagen gelöst werden<br />
müssen <strong>und</strong> können, wie z. B. bei der thermischen<br />
Verarbeitung von Holzprodukten oder Wood Plastic.
190 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Tabelle 2. Prüfschema zum Einsatz von Absaugfiltern bei thermischer Verarbeitung.<br />
TRENNEN > FÜGEN > VERFORMEN<br />
PROZESSTEMPERATUR > SCHMELZTEMPERATUR > ABBAUTEMPERATUR<br />
LASER > HEISSLUFT > HEIZELEMENT > ULTRASCHALL<br />
VERARBEITUNGSTEMPERATUR < > ZERSETZUNGSTEMPERATUR<br />
Die thermische Zersetzung von Holz (zellulosische<br />
Anteile) setzt bei Temperaturen über 105 °C ein, wird ab<br />
200 °C stark beschleunigt <strong>und</strong> erreicht ihren Höhepunkt<br />
bei 275 °C. Der Flammpunkt von Holz liegt zwischen 200<br />
<strong>und</strong> 275 °C. Bei Anwesenheit von Sauerstoff kommt es<br />
zur Oxidation <strong>und</strong> bei Abwesenheit zur Pyrolyse. Bei<br />
Temperaturen von 400 – 500 °C spalten sich aus dem Lignin<br />
Phenole, Methan, Kohlenmonoxid <strong>und</strong> Kohlenstoffprodukte<br />
ab. Darüber hinaus bei Lasertemperaturen (700<br />
– 1000 °C) auch Ethen, Benzol <strong>und</strong> Acetylen, also durchaus<br />
gefährliche <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädliche Stoffe<br />
(Tabelle 2).<br />
Zuerst müssen die entstehenden Zersetzungsprodukte<br />
identifiziert werden. Wenn bekannt ist, welche Gefahrstoffe<br />
<strong>und</strong> Konzentrationen bei der thermischen Bearbeitung<br />
eines neuen Werkstoffes auftreten, können die Filtermaterialien<br />
opt<strong>im</strong>iert <strong>und</strong> Anlagenhersteller <strong>und</strong> Anwender<br />
die geeigneten Maßnahmen treffen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist der Einsatz von Absaugsystemen bei<br />
thermischer Bearbeitung <strong>im</strong>mer zu empfehlen <strong>und</strong> der<br />
innovative Maschinenlieferant, Filterhersteller <strong>und</strong> Anlagenbetreiber<br />
wird nicht warten, bis als „Ult<strong>im</strong>a Ratio“<br />
der Gesetzgeber tätig wird, sondern „proaktiv“ die Weichen<br />
stellen.<br />
Literatur<br />
Bäckmann, R.: Thermische Schneid- <strong>und</strong> Verbindungstechniken für<br />
Vliesstoffe. Vortrag INDEX 1981, Amsterdam NL, 1981.<br />
Bahners, T.: Verbesserung der Feinstaubabscheidung textiler Filtermaterialien.<br />
FZ Melliand-Textilberichte, 1989.<br />
Bäckmann, R.: Vorrichtung zum Verschweißen<br />
von aus Kunststoffen bestehenden<br />
oder mit Kunststoff beschichteten<br />
Materialbahnen. Patent DE 3036402 C2,<br />
1989.<br />
Schollmeyer, E. <strong>und</strong> Bahners, T.: Untersuchung<br />
zur Staubfiltration in der Textilindustrie.<br />
FZ Melliand-Textilberichte, 1991.<br />
Bäckmann, R.: PVC-beschichtete Textilien<br />
<strong>und</strong> Bekleidungs-Folien. FZ mbt, 1993.<br />
Hornbogen, E.: Werkstoffe. Springer Verlag,<br />
Berlin, 1994.<br />
Hampe, A.: Filtration von Emissionen bei der Laserstrahlbearbeitung.<br />
Fortschritt-Berichte VDI, FZ Fertigungstechnik, 1997.<br />
Bäckmann, R.: Sicherheit <strong>und</strong> Umweltschutz be<strong>im</strong> Schweißen <strong>und</strong><br />
Kleben. Seminar Textilschweißen <strong>und</strong> Thermokleben, IUB Unternehmensberatung<br />
Bäckmann, Wörth DE, 1999.<br />
Weitz, G.; Handte: Erfahrungen be<strong>im</strong> Einsatz von filternden Abscheidern<br />
be<strong>im</strong> Laserbearbeiten von Metallen. Vortrag Symposium<br />
Textile Filter, Tuttlingen DE, 2000.<br />
Loy, W.: Chemiefasern für technische Textilprodukte. Deutscher<br />
Fachverlag, Frankfurt/Main, 2001.<br />
N. N.: Gegen die he<strong>im</strong>liche Gefahr. Filteranlagen sorgen für Arbeitssicherheit<br />
in der Laserbearbeitung. FZ Instandhaltung, 2005.<br />
Kunststoff-Clusterland, FILUKA- Filtrierung von gelaserten<br />
Kunststoffen. Clusterland Oberösterreich GmbH A, 2008.<br />
Rehau: Raukantex Laser Edge. Firmenschrift Rehau DE, 2009.<br />
Bäckmann, R.: Thermische Verarbeitung technischer Kunststoffe.<br />
Seminar IUB Unternehmensberatung Bäckmann, Wörth DE,<br />
2009.<br />
N. N.: Schweißrauche – geeignete Lüftungsmaßnahmen. DGUV<br />
DE, 2010.<br />
TBH GmbH: Saubere Luft. FZ Plastverarbeiter, 2010.<br />
N. N.: Holz schweißen. FZ Forstzeitung, 2011.<br />
Kemper, B.: Absaug- <strong>und</strong> Düsensystem reinigt die Luft an Schweißarbeitsplätzen.<br />
FZ MaschinenMarkt, 2011.<br />
Sauer-Kunze, M.: Oberfläche oder Tiefgang? FZ Chemie Technik,<br />
2011.<br />
Ripperger, S.: Entwicklungen <strong>und</strong> Trends auf dem Gebiet der Separations-<br />
<strong>und</strong> Filtertechnik. FZ Filtrieren <strong>und</strong> Separieren, 2011.<br />
N. N.: Holz schweißen. Presseinformation FH Burgdorf DE, 2012.<br />
Wohnungslüftungsgeräte:<br />
Neuer Testbericht online<br />
Mitteilungen<br />
sofort über die Homepage des TZWL www.tzwl.de (Markt<br />
<strong>und</strong> Verbraucherinformationen). Das eBook mit den Testberichten<br />
gibt Aufschluss über die Energieeffi zienz der<br />
Wärmerückgewinnungs- <strong>und</strong> Wohnungslüftungs geräte.<br />
Das in Dortm<strong>und</strong> ansässige Europäische Testzentrum für<br />
Wohnungslüftungsgeräte (TZWL) e. V. veröffentlicht seinen<br />
neuen umfassenden Vergleichstest von Wohnungslüftungsgeräten<br />
mit <strong>und</strong> ohne Wärmerückgewinnung als<br />
eBook <strong>im</strong> Internet. 32 Geräte wurden neu in den Testbericht<br />
aufgenommen, insgesamt umfasst der Qualitätsvergleich<br />
167 Wohnungslüftungsgeräte. Heruntergeladen<br />
werden kann das neue Online-Bulletin (Ausgabe 12) ab<br />
Krankenhaushygiene<br />
Zum Wintersemester 2012/2013 startet an der Technischen<br />
Hochschule Mittelhessen der europaweit erste<br />
Bachelorstudiengang „Krankenhaushygiene“ (7 Semester).<br />
Die Studierenden lernen u. a. die Gr<strong>und</strong>lagen von<br />
Anatomie, Mikrobiologie, Präventivmedizin <strong>und</strong> Datenverarbeitung.<br />
www.forschungsop.de
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 191<br />
Thema: Energie <strong>und</strong> Stromfresser<br />
Anfang 2012 veröffentlichten die Deutsche Energie-Agentur<br />
(DENA), EcoTop-Ten, Eurostat, die Fraunhofer Institute<br />
ISI <strong>und</strong> IZM, das Joint Research Centre, selinaproject.eu,<br />
das Statistische B<strong>und</strong>esamt <strong>und</strong> das Umweltb<strong>und</strong>esamt<br />
Studien über He<strong>im</strong>liche Stromfresser.<br />
Computer <strong>und</strong> ihr Zubehör sind nach Fernsehern<br />
die größten Stromfresser (ca. 64 kWh/Jahr). Viele PCs,<br />
Monitore, Drucker <strong>und</strong> Scanner verbrauchen selbst<br />
dann noch Strom, wenn sie ausgeschaltet sind („Schein-<br />
Aus“). Neuere Laptops sind sparsamer. Trotzdem lohnt<br />
es sich, sie vor dem Zuklappen auszuschalten, vor<br />
allem über Nacht. Eigentlich ist „Stand-by“ eine gute<br />
Idee, <strong>im</strong> Vergleich zum Dauerbetrieb spart der Be -<br />
reitschaftsmodus natürlich Strom. Vor allem dient er<br />
der Bequemlichkeit. Der Zuschauer kann den Fernseher<br />
jederzeit wecken <strong>und</strong> Hersteller brauchen nicht<br />
zu rätseln, wie ihr DVD-Player nach dem Ausschalten<br />
die Uhrzeit speichern kann. Doch der Leerlauf kostet<br />
Geld <strong>und</strong> tonnenweise CO 2<br />
. Für neue Geräte hat die<br />
EU deshalb Grenzwerte festgelegt.<br />
Audio-Geräte produzieren – <strong>im</strong> Vergleich zu den tatsächlichen<br />
Betriebskosten – sehr hohe Stand-by-Verluste<br />
(ca. 48 kWh/Jahr). Sie werden meist nur wenige St<strong>und</strong>en<br />
am Tag genutzt, den Rest der Zeit müssten sie überhaupt<br />
nicht am Netz hängen. Technischer Fortschritt <strong>und</strong><br />
Grenzwerte zeigen Wirkung. In den vergangenen Jahren<br />
ist der Stand-by-Verbrauch von Fernsehern dramatisch<br />
gesunken Die meisten Leerlaufverluste in der Privatwohnung<br />
gehen auf das Konto von Fernsehern <strong>und</strong> ihrem<br />
Zubehör (ca. 93 kWh/Jahr). Besondere Sorge bereitet<br />
Umweltschützern bei TV, Set-Top-Boxen, DVD-Playern<br />
<strong>und</strong> Spielkonsolen das Netzwerk-Stand-by: Immer mehr<br />
Geräte sind mit andren vernetzt <strong>und</strong> lassen sich durch<br />
diese „wecken“. Wie viel Strom sie in diesem Zustand verbrauchen<br />
dürfen, ist noch nicht gesetztlich geregelt.<br />
Bei Telefonen <strong>und</strong> ihrem Zubehör (ca. 28 kWh/Jahr)<br />
vermeidet man den Stand-by-Stromverbrauch am besten<br />
durch Abschaffung. Die Aufgaben von Anrufbeantwortern<br />
<strong>und</strong> Faxgeräten können fast alle vom Computer<br />
oder von Internetdiensten übernommen werden. Bei<br />
mobilen Geräten wie Handy, Digitalkamera <strong>und</strong> Camcorder<br />
verschwenden vor allem die Netzteile Strom,<br />
auch ohne angestöpseltes Gerät (ca. 4 kWh/Jahr). Deshalb:<br />
Ist das Handy geladen, „Kabel raus aus der Steckdose“.<br />
Ca. 237 kWh/Jahr: So viel kostet einem Privathaushalt<br />
der gesamte Leerlauf der Computer <strong>und</strong> Unterhaltungstechnik.<br />
Die Zahl wächst <strong>im</strong>mer noch, zwar werden die<br />
einzelnen Geräte effizienter, dafür steht in den Haushalten<br />
jährlich mehr Elektronik. Rote <strong>und</strong> grüne Dioden, die<br />
auch nachts leuchten, signalisieren: Ich bin nicht aus, sondern<br />
allzeit bereit.<br />
Selbst ausgeschaltete Geräte verbrauchen oft Strom.<br />
Die „Leerlaufverluste“ machen etwa 5 % der jährlichen<br />
Stromrechnung eines Haushalts aus (DIE ZEIT Grafik<br />
129/2011), damit sind allein in Deutschland zwei Kraftwerke<br />
ausgelastet. Europaweite Grenzwerte sollen die<br />
Verschwendung bremsen.<br />
Auch auf ein Kraftwerk könnte Deutschland verzichten,<br />
wenn Wasch- <strong>und</strong> Geschirrspülmaschinen ihre Energie<br />
aus Solarwärme beziehen würde. Wären auch Wäschetrockner<br />
<strong>im</strong> Solarbetrieb, könnten sogar zwei Kraftwerke<br />
abgeschaltet werden. Technisch ist die Umstellung kein<br />
Problem. Solarkollektoren entlasten in der Regel die<br />
<strong>Heiz</strong>ungsanlage <strong>und</strong> die Warmwasserversorgung, aber<br />
auch Haushaltesgeräte könne per Solarwärme betrieben<br />
werden. Der Ausbau der Stromnetze stagniert derzeit,<br />
Experten warnen schon vor Stromausfällen. Soll die Energiewende<br />
<strong>im</strong> Haushalt gelingen, braucht es kluge Ideen.<br />
<br />
– nn<br />
Buchbesprechungen<br />
Neuerscheinungen<br />
Die folgenden neuerschienen Bücher sind der Redaktion<br />
zugegangen. Eine ausführliche Besprechung der einzelnen<br />
Werke bleibt vorbehalten.<br />
Bauvorschriften – REPORT. Info-Dienst für Architekten <strong>und</strong><br />
Planer. Köln: Verlagsges. Rudolf Müller 2011. Erscheint<br />
10-mal jährlich. Jahresabo Deutschland € 99,00. Vorzugspreis<br />
für Bezieher der Normensammlung „Technische Baubest<strong>im</strong>mungen“<br />
oder „Sammlung Planen <strong>und</strong> Bauen“ € 84,00.<br />
Gaßner, M. <strong>und</strong> Kryschi, R.: Begriffe, Verfahren <strong>und</strong> Konzepte<br />
in der Wasserversorgung. Taschenbuch für Ausbilder<br />
<strong>und</strong> Beruf. München: R. Oldenbourg Industrieverlag<br />
2011. 377 S., Preis: € 29,00.<br />
Lampe, S. <strong>und</strong> Muller, J.N. (Hrsgb.): Architektur <strong>und</strong> Baukultur.<br />
Berlin: DOM Publishers, 2011. 624 S., zahlr. Abb.,<br />
Preis: € 28,00.<br />
Maßong, F.: Dachtabellen-Anforderungen, Arbeitshilfen,<br />
Berechnungen. Köln: Verlagsges. Rudolf Müller, 3. Aufl. 2011.<br />
1116 S., zahlr. Abb. u. Tab., Preis: € 59,00 mit CD-ROM.<br />
Spath, D., Bauer, W. <strong>und</strong> Braun, M.: Ges<strong>und</strong>es <strong>und</strong> erfolgreiches<br />
Arbeiten <strong>im</strong> Büro. Berlin: Erich Schmidt Verlag<br />
2011. 214 S., zahlr. Abb. <strong>und</strong> Tab., Preis: € 39,80.<br />
Wippermann, P. <strong>und</strong> Hintze, B.: Die besten Einfamilienhäuser<br />
des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts in Deutschland, Österreich,<br />
Schweiz. München: Callweg Verlag 2011. 176 S., 200 Abb.,<br />
100 Pläne, Preis: € 59,95.
192 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Energiebedarf von Wohnbauten<br />
Peter Tesche<br />
Herrn Prof. Dr. sc. techn. Karl Petzold in Dankbarkeit gewidmet<br />
Der Energiebedarf eines Wohngebäudes ergibt sich aus<br />
der Summe aller Energiemengen für die <strong>Heiz</strong>ung („<strong>Heiz</strong>energiebedarf“),<br />
Lüftung („Lüftungsenergiebedarf“),<br />
Energiebedarf für die Trinkwassererwärmung („Trinkwasserenergiebedarf“),<br />
dem Energiebedarf für die Hilfsantriebe<br />
von vorgenannten Anlagen („Hilfsenergiebedarf“),<br />
dem Energiebedarf für die <strong>Raumkühlung</strong> („Kühlenergiebedarf“)<br />
<strong>und</strong> dem Strombedarf für die Innen –<br />
<strong>und</strong> Außenbeleuchtung sowie aller technischen Geräte.<br />
35,8<br />
3,8<br />
5,9<br />
54,5<br />
<strong>Heiz</strong>ung (HP)<br />
TWE (350d/a)<br />
Speisen (350d/a)<br />
Strom (365 d/a)<br />
Bild 1. Anteile des bereinigten Wärmeenergie- <strong>und</strong> Stromverbrauchs am<br />
Pr<strong>im</strong>ärenergieverbrauch für ein Einfamilienhaus (10-jähriger Mittelwert)<br />
in Prozent. Gas-Brennwerttherme; Baualtersklasse : WSV 95; Abluftanlage<br />
(Küche <strong>und</strong> Bad) [1].<br />
Tabelle 1. Wärmedämmklasse (W) ; A/V e<br />
= 0,3…1,0 m –1 ; Anforderungsniveau.<br />
EBS W-Klasse U h<br />
U m DU WB<br />
W/(m² K)<br />
Passivhaus (PH) W-1 0,30…0,15 0,25…0,15 0,05…0<br />
Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) W-2 0,45…0,28 0,40…0,23 0,05<br />
Niedrigenergiehaus (NEH) W-2 0,50…0,28 0,45…0,23 0,05<br />
EnEV 2002 [4] W-3 0,60…0,30 0,55…0,25 0,05<br />
WSV 95 [17] W-4 0,70…0,40 0,60…0,30 0,1<br />
WSV 84 [18] W-5 1,00…0,55 0,90…0,45 0,1<br />
WSV 77 [19] W-6 1,50…0,75 1,40…0,65 0,1<br />
<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) W-7 2,00…1,10 1,90…1,00 0,1<br />
Dass der Stromverbrauch der elektrischen Verbraucher<br />
(vornehmlich Beleuchtung <strong>und</strong> Geräte) einen relevanten<br />
Anteil am Gesamtenergieverbrauch hat, zeigt Bild 1.<br />
R<strong>und</strong> die Hälfte des Energieverbrauchs entfällt auf die<br />
<strong>Heiz</strong>ung (ohne Hilfsantriebe), knapp 40 % für Beleuchtung,<br />
Elektrogeräte (WM, Spüler usw.), Hilfsantriebe der<br />
Haustechnik <strong>und</strong> insgesamt etwa 10 % für die Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> die Speisenherstellung (Gasherd).<br />
Ansatzpunkte 1. Ordnung für einen sparsamen Umgang<br />
mit Energie liefert die <strong>Heiz</strong>ung, die Beleuchtung <strong>und</strong> der<br />
Betrieb der Elektrogeräte, wie Waschmaschine, Geschirrspüler,<br />
Elektrobackofen u.ä.m. sie verbrauchen <strong>im</strong> Mittel<br />
etwa 90 % der eingesetzten Pr<strong>im</strong>ärenergie.<br />
Für Wohngebäude, die nach Vorgaben der Wärmeschutzverordnungen<br />
von 1977 (WSV 77 [19]) bis 2002<br />
(EnEV 2002 [4]) errichtet worden sind, lässt sich ein Muster<br />
für die wichtigsten Eingangsgrößen aufstellen, mit<br />
denen eine durchgängige Klassifizierung <strong>und</strong> Best<strong>im</strong>mung<br />
des Energiebedarfs möglich ist. Dabei wird festgelegt,<br />
dass die Zielgröße der <strong>Heiz</strong>energieeinsparung mit<br />
jedem neuen Energiestandard um etwa 30 % <strong>im</strong> Vergleich<br />
zur Vorgängernorm betragen soll. Mit den verbindlichen<br />
Eingangsgrößen von WSV 95 bzw. ab EnEV 2002 wurden<br />
die energetischen Anforderungen für die WSV 84 <strong>und</strong><br />
WSV 77 hochgerechnet. Wohngebäude „vor 77“ sollen<br />
pauschal durch das so genannte „<strong>Heiz</strong>zeithaus“ (HZH)<br />
repräsentiert werden. Das <strong>Heiz</strong>zeithaus ist definitionsgemäss<br />
ein beheiztes Wohngebäude, das in der gesamten<br />
<strong>Heiz</strong>zeit, vom 1. September bis zum 31. Mai des Folgejahres,<br />
durchgehend beheizt werden muss.<br />
Für das Niedrigenergiehaus (NEH) <strong>und</strong> das Erneuerbare<br />
– Energie – Haus (EEH) gelten die gleichen Gr<strong>und</strong>sätze.<br />
Das Erneuerbare – Energie – Haus ist ein energetisches<br />
Bausystem (EBS), dass anstelle von fossiler Energie,<br />
mit erneuerbarer Energie beheizt wird.<br />
Gr<strong>und</strong>lage für alle Berechnungen ist ein vorgegebenes<br />
Modellgebäudesystem <strong>und</strong> die Standarddatensätze nach<br />
DIN V 4108-6 [2] <strong>und</strong> DIN V 4710–10<br />
[3], bezogen auf den „Mittleren Standort<br />
Deutschland“ (MSD). Damit kann<br />
ein Vergleich mit allgemeinen gebäudespezifischen<br />
Kennziffern gleicher Basis<br />
durchgeführt werden. Gebäude <strong>und</strong><br />
Anlagen werden <strong>im</strong> Sinne von EnEV<br />
2002 [4] als Einheit betrachtet. Sie wird<br />
<strong>im</strong> Folgenden als<br />
– „Systemlösung für rationelle<br />
Energienutzung“, kurz REN-WEL<br />
Dr.-Ing. Peter Tesche, Eichenstraße 26, 15344<br />
Strausberg, E-Mail: dr.peter.tesche@gmail.com
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 193<br />
bezeichnet. Drei Schwerpunktanforderungen sind als<br />
Gr<strong>und</strong>lage für eine Klassifizierung der REN-Systemlösung<br />
gewählt worden:<br />
1. die Wärmedämmklasse (W)<br />
2. die Wärme - Erzeugerklasse (E)<br />
3. die Lüftungsklasse (L)<br />
Festlegungen dazu sind den Tabellen 1 bis 4 zu entnehmen.<br />
1. <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
Der <strong>Heiz</strong>wärmebedarf Q h<br />
ist eine reine Gebäudeeigenschaft<br />
<strong>und</strong> als <strong>Heiz</strong>wärmenutzen definiert, der zur Erreichung<br />
einer vorgegebenen Solltemperatur <strong>im</strong> Gebäude<br />
unbedingt benötigt wird.<br />
Er ist aus einer Wärmebilanz von Verlusten <strong>und</strong><br />
Gewinnen zu berechnen, wobei die Bilanzgrenzen mit der<br />
wärmegedämmten Bauwerkshülle identisch sind. Eine<br />
charakteristische Größe für die Beschreibung des thermischen<br />
Verhaltens beheizter Wohngebäude, ist die <strong>Heiz</strong>grenztemperatur<br />
q h<br />
. Immer dann, wenn die Energiegewinne<br />
(Sonnenstrahlung, Wärmeabgabe durch Personen,<br />
Der <strong>Heiz</strong>energiebedarf eines Wohngebäudes<br />
kann als Produkt von <strong>Heiz</strong>wärmebedarf<br />
<strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl<br />
berechnet werden [3]:<br />
Q H,E<br />
= α H,E<br />
Q h<br />
(2)<br />
Es bedeuten<br />
Q H,E<br />
: Jahres-<strong>Heiz</strong>energiebedarf in kWh<br />
Q h<br />
: Jahres-<strong>Heiz</strong>wärmebedarf (ohne<br />
Sommer heizung) in kWh<br />
α H,E<br />
: modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-<br />
Aufwandszahl (s.u.)<br />
EBS E-Klasse Wärmeerzeuger-<br />
Systemtemperatur<br />
Tabelle 2. Erzeugerklasse (E) mit Systemtemperaturen (Vor - <strong>und</strong> Rücklauf, <strong>im</strong> Auslegungszustand).<br />
Energieträger<br />
Passivhaus (PH) E-1 WP el<br />
– 35/28 °C EET<br />
Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) E-2 WP el<br />
– 40/30 °C EET<br />
Niedrigenergiehaus (NEH) E-3 BWK_verbessert – 45/35 °C FET<br />
EnEV 2002 E-3 BWK – 55/45 °C FET<br />
WSV 95 E-4 NTK – 70/55 °C FET<br />
WSV 84 E-5 NTK – 80/60 °C FET<br />
WSV 77 E-6 SHK – 90/70 °C FET<br />
<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) E-7 SHK – 110/80 °C FET<br />
Tabelle 3. Lüftungsklasse (L).<br />
EBS WEL L-Klasse Bilanzluftwechsel n B<br />
h –1 Lüftungssystem<br />
Auslegung Betrieb 1)<br />
Passivhaus (PH) 111 L-1 Gleichung (1) Luftheizung-ZU/AB+WRG<br />
Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) 221 L-1 0,4…0,3 0,4 2) RLT-ZU/AB+WRG<br />
Niedrigenergiehaus (NEH) 232 L-2 0,55 0,5 Mechanische Abluftanlage<br />
EnEV 2002 [4] 333 L-3 0,6 0,3 Freie Lüftung<br />
WSV 95 [17] 444 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />
WSV 84 554 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />
WSV 77 664 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />
<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) 774 L-4 0,8 0,3 Freie Lüftung<br />
Legende<br />
– n B<br />
Bilanzluftwechselzahl [2] in h –1 : n B<br />
= n A<br />
(1 – h v<br />
) + n x<br />
(1)<br />
–<br />
1) <br />
Untersuchungen in Bestandsbauten mit freier Lüftung bzw. mit Abluftanlagen haben gezeigt, dass sich in der Praxis ein deutlich kleinerer Luftwechsel,<br />
<strong>im</strong> Vergleich zur Auslegung, einstellt. Es kann bei der Ermittlung des Istwärmebedarfs bei freier Lüftung mit n B,fr<br />
= 0,3 h –1 <strong>und</strong> bei einer kontrollierten<br />
Lüftung, <strong>mittels</strong> Abluftanlage mit n B,A<br />
= 0,5 h –1 gerechnet werden [16].<br />
–<br />
2) h V-IB<br />
= 0,5<br />
Tabelle 4. REN – Systemlösung, Übersicht.<br />
EBS REN-Systemlösung EQ-Zahl q h,Rp-IB<br />
/° C q h,Rp-AP<br />
/° C<br />
Passivhaus (PH) REN-111 –3 5 5<br />
Erneuerbare-Energie-Haus (EEH) REN-221 –5 8 8<br />
Niedrigenergiehaus (NEH) REN-232 –7 10 10<br />
EnEV 2002 REN-333 –9 10 11<br />
WSV 95 REN-444 –12 11 12<br />
WSV 84 REN-554 –14 12 13<br />
WSV 77 REN-664 –16 13 14<br />
<strong>Heiz</strong>zeithaus (HZH) REN-774 –18 14 15<br />
Legende<br />
– EQ Energetische Qualität (s. u.)<br />
– q h,Rp-AP<br />
Repräsentative <strong>Heiz</strong>grenztemperatur (Anforderungsniveau)<br />
– q h,Rp-IB<br />
Repräsentative <strong>Heiz</strong>grenztemperatur (Istwärmebedarf)
194 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
<strong>Heiz</strong>wärmezahl W h kKh/a<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
-10<br />
Elektrogeräte, Beleuchtung) <strong>und</strong> die Energieverluste<br />
(Transmission <strong>und</strong> Lüftung) gleich groß sind <strong>und</strong> die<br />
Gefahr besteht, dass <strong>im</strong> Gebäude die Innentemperatur<br />
unter den Sollwert absinkt, dann ist die <strong>Heiz</strong>grenze<br />
erreicht <strong>und</strong> es muss geheizt werden. Der Rechenansatz,<br />
für die Ermittlung des <strong>Heiz</strong>wärmekennwertes q h(N)<br />
, ist als<br />
Funktion der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur, aus einer geschlossenen<br />
Energiebilanz um das Gebäude abgeleitet worden. In<br />
Anlehnung an [5] soll Gl. (3) gelten:<br />
q h(N)<br />
= W h<br />
(h (N)<br />
+ S(j sF(N)<br />
b m(F)<br />
) i<br />
)<br />
– Dq V(N)<br />
(3)<br />
mit<br />
W h<br />
<strong>Heiz</strong>wärmezahl in kKh/a :<br />
W h<br />
= Z h<br />
(q h<br />
– q emh<br />
)(4)<br />
h (N)<br />
Wärmeverlustkennwert in W/(m² K) :<br />
h (N)<br />
= h V(N)<br />
+ h T(N)<br />
(5)<br />
Sj sF(N)<br />
b m(F)<br />
Strahlungsgewinn-Faktor b<br />
Sj sF(N)<br />
a m(F)<br />
Strahlungsgewinn-Faktor a<br />
q h<br />
<strong>Heiz</strong>grenztemperatur<br />
Wärmerückgewinn aus der Fortluft<br />
Dq V(N)<br />
y = 0,165x 2 + 1,337x + 2,7177<br />
R 2 = 1<br />
MSD<br />
Ausgleichsgerade<br />
DIN V 4108-6/2/<br />
Mitteleuropäisches Tiefland /5/<br />
Jagnow/Wolff /8/<br />
Polynomisch (MSD)<br />
0<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />
<strong>Heiz</strong>grenztemperatur θ h °C<br />
Bild 2. <strong>Heiz</strong>wärmezahl W h<br />
in Abhängigkeit von der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur q h<br />
(MSD). Kl<strong>im</strong>agebietskonstanten<br />
für Deutschland (Index D): K D<br />
= 4,64 kKh/a; q D<br />
= 2,75 °C.<br />
Die <strong>Heiz</strong>wärmezahl nach Gl. (4) st<strong>im</strong>mt mit der Definition<br />
der <strong>Heiz</strong>gradtage in VDI 3807 Bl. 1 [6] überein <strong>und</strong><br />
zwar für eine variable <strong>Heiz</strong>grenztemperatur q h<br />
.<br />
Im Bild 2 ist die <strong>Heiz</strong>wärmezahl W h<br />
(MSD) als Funktion<br />
der <strong>Heiz</strong>grenztemperatur aufgetragen worden. Mit<br />
den Werten von Potsdam wurde seinerzeit<br />
das Mittel europäische Tiefland<br />
als abgeschlossenes Kl<strong>im</strong>agebiet definiert<br />
[5]. Es lieferte die meteorologischen<br />
Gr<strong>und</strong> lagen zur Best<strong>im</strong>mung<br />
des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs für das Wärmedämmgebiet<br />
1 (WDG 1 [5]). Der<br />
Vergleich zeigt, dass die Funktionenverläufe<br />
für den „Mittleren Standort<br />
Deutschland“ <strong>und</strong> das „Mitteleuropäische<br />
Tiefland“ <strong>im</strong> Definitionsbereich:<br />
5 °C < q h<br />
< 15 °C nahezu deckungsgleich<br />
sind. Die Werte für a m(F)<br />
<strong>und</strong><br />
b m(F)<br />
sind auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />
Strahlungsangaben in DIN V 4108-6<br />
[2] ermittelt worden (siehe Tabelle 5).<br />
Für den Fall, dass die Fenster gleichmäßig<br />
auf alle Fassaden (H<strong>im</strong>melsrichtung)<br />
verteilt sind, kann auf eine<br />
detaillierte Fassadenberechnung verzichtet<br />
<strong>und</strong> stattdessen mit einem<br />
arithmetischen Mittelwert gerechnet<br />
werden (a m(F),glm<br />
<strong>und</strong> b m(F)glm<br />
).<br />
Gl. (3) kann weiter vereinfacht werden, wenn anstelle<br />
der Potenzfunktion (MSD) die Ausgleichsgerade (Bild 2)<br />
zur Anwendung gelangt. In Anlehnung an [5] gilt für<br />
q <strong>im</strong><br />
= q Am<br />
Gl. (6):<br />
q h(N)<br />
= K D<br />
(h (N)<br />
(q <strong>im</strong><br />
– q D<br />
) – f <strong>im</strong>(N)<br />
– S j<br />
(j sF(N)<br />
(a m(F)<br />
+ b m(F)<br />
q D<br />
) j<br />
)(6)<br />
Der Sollwert der Innentemperatur für alle Gebäude mit<br />
normalen Nutzungsbedingungen ist in [2] mit 19 °C festgelegt.<br />
In [5] sind Angaben über mittlere Raumlufttemperaturen<br />
in Abhängigkeit von der Gebäudegröße, Nutzung<br />
<strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>einrichtung enthalten. Die Werte für Wohngebäude<br />
sind Tabelle 6 zu entnehmen.<br />
Die Unterschiede bei der Zentralheizung lassen sich<br />
dadurch erklären, dass bei einem freistehenden kleinen<br />
Wohngebäude beheizte <strong>und</strong> unbeheizte Räume die Regel<br />
sind. Die unbeheizten Räume sind durch thermische<br />
Ankoppelung mit den beheizten Räumen verb<strong>und</strong>en.<br />
Zusätzlich kann in Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern ein<br />
sparsamerer Umgang mit Energie, gegenüber großen<br />
Mehrfamilienhäusern, vorausgesetzt werden. Der Orientierungswert<br />
von 16 °C entspricht der unteren Grenze in<br />
kleinen schlecht wärmegedämmten Wohngebäuden [16].<br />
Bei einer weiteren Absenkung der mittleren Raumtemperatur<br />
unter 16 °C erhöht sich die Gefahr der Dauerkondensation<br />
an energetischen Schwachstellen der thermischen<br />
Hüllflächen. Dabei ist sicherlich die Überlegung<br />
Tabelle 5. Strahlungskonstanten (MSD), ermittelt mit<br />
Standard datensätzen nach [2].<br />
Fassadenorientierung a m(F)<br />
b m(F)<br />
a m(F),glm<br />
b m(F),glm<br />
W/m² W/(m² K) W/m² W/(m² K)<br />
Nord-90° 14,48 3,52 27,42 5,35<br />
Ost/West-90° 22,65 6,35 – –<br />
Süd-90° 49,89 5,19 – –<br />
Tabelle 6. Orientierungswerte für die mittlere<br />
Gebäudeinnen temperatur q <strong>im</strong><br />
in Wohnbauten [5].<br />
<strong>Heiz</strong>einrichtung / Hausgrösse<br />
q <strong>im</strong><br />
°C<br />
Ofenheizung 16<br />
Zentralheizung Einfamilienhaus 16<br />
Zentralheizung Wohnblock 19
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 195<br />
eingeflossen, dass die Eigensicherung<br />
des Gebäudes, hinsichtlich der Gefahr<br />
von Sch<strong>im</strong>melbildung an Außenwänden,<br />
zu gewährleisten ist [15]. Weiterhin<br />
muss die <strong>Heiz</strong>ung nach <strong>Heiz</strong>unterbrechungen,<br />
Absenkbetrieb usw. in<br />
der Lage sein die Wohnräume schnell<br />
auf behagliche Innentemperaturen<br />
aufzuheizen. Erfahrungsgemäß sind<br />
bei modernen Gebäuden (ab WSV 84<br />
<strong>und</strong> energetisch besser) <strong>und</strong> konventionellen<br />
<strong>Heiz</strong>flächen mit Thermostatventilen<br />
(2 K) mittlere Gebäudeinnentemperaturen<br />
von 18 …19 °C möglich,<br />
mit denen die vorgenannten <strong>Heiz</strong>aufgaben<br />
zu erfüllen sind.<br />
Gl. (6) zeigt auch, dass der Jahres-<br />
<strong>Heiz</strong>wärmebedarf nur noch eine<br />
Funktion des Wärmeverlustkennwertes<br />
h (N)<br />
ist. Die Funktion q h(N)<br />
= f(h (N)<br />
;<br />
q <strong>im</strong><br />
) ist Bild 3 zu entnehmen.<br />
Bild 3 kann auch für eine energetische<br />
Bewertung des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs<br />
herangezogen werden. Der<br />
Wärmeverlustkennwert h (N)<br />
ist zu -<br />
nächst mit den realen Lüftungs- <strong>und</strong><br />
Transmissionseingabewerten zu be -<br />
st<strong>im</strong>men. Der witterungsbereinigte<br />
<strong>Heiz</strong>energieverbrauch muss durch die<br />
<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl dividiert<br />
werden. Die mittlere Gebäudeinnentemperatur<br />
q <strong>im</strong><br />
ergibt sich <strong>im</strong> Schnittpunkt<br />
von Verbrauchs- <strong>und</strong> Wärmeverlustkennwert.<br />
Das Ergebnis ist kritisch<br />
zu diskutieren.<br />
Es ist sinnvoll, sich für eine Bewertung<br />
des Jahresheizwärmebedarfs von<br />
Wohngebäuden, ein Anforderungsniveau<br />
vorzugeben, dass die gesetzlichen<br />
Vorgaben als energetischen Rahmen<br />
aufn<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> dabei von einer gewollten<br />
Absenkung des <strong>Heiz</strong>wärme bedarfs<br />
von etwa jeweils 30 % ausgeht. Auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage dieser Vorgabe ist Bild 4<br />
entstanden. Einzige Ausnahmen von<br />
der Regel sind das Passivhaus <strong>und</strong> das<br />
Niedrigenergiehaus (NEH). Für das<br />
Passivhaus gilt die Vorgabe in [9] <strong>und</strong><br />
be<strong>im</strong> Niedrigenergiehaus tritt anstelle der <strong>Heiz</strong>wärmebedarfabsenkung<br />
die Reduzierung des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs,<br />
auch für 30 %. Die 30 %-ige Absenkung gegenüber EnEV<br />
2002 setzt sich aus den Anteilen <strong>Heiz</strong>wärme <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>aufwand<br />
zusammen. Das NEH stellt einen Grenzfall dar, weil<br />
ab dieser Gebäudeausführung ein Systemwechsel in der<br />
Anlagentechnik erforderlich wird. Eine weitere Verringerung<br />
des Wärmedämmniveaus ist notwendig, muss aber<br />
durch den Einsatz von erneuerbarer Energie begleitet werden.<br />
Das „Erneuerbaren-Energie-Hauses“ (EEH) ist ein<br />
Gebäudetyp, bei dem als Wärmeerzeuger für <strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong><br />
Trinkwasser erwärmung eine Wärmepumpe zum Einsatz<br />
gelangen soll. Die Lüftung der Wohnräume erfolgt <strong>mittels</strong><br />
<strong>Heiz</strong>wärmekennwert qh(N) kWh/(m² a)<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 2<br />
Wärmeverlustkennwert h (N) W/(m² K)<br />
Bild 3. <strong>Heiz</strong>wärmekennwert q h(N)<br />
in Abhängigkeit vom Wärmeverlustkennwert h (N)<br />
.<br />
<strong>Heiz</strong>wärmekennwert qh(N)-AP kWh/(m² a)<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
IT=22 °C<br />
IT=21 °C<br />
IT=20 °C<br />
HH:IT=19 °C<br />
EFH:IT=18 °C<br />
mechanischer Be- <strong>und</strong> Entlüftungsanlage <strong>und</strong> zur Reduzierung<br />
der Lüftungsverluste ist der Energieinhalt der warmen<br />
Fortluft zur Vorwärmung der Aussenluft zu nutzen.<br />
Durch diese Maßnahmen kann der Wärmebedarf <strong>im</strong> Vergleich<br />
zum Niedrigenergiehaus um 30 % verringert, aber<br />
der <strong>Heiz</strong>energiebedarf, etwa bis 80 % gesenkt werden.<br />
Durch das Anforderungsniveau sind, <strong>im</strong> Rahmen von<br />
Wärmeschutzverordnungen, oder seit 2002 durch die<br />
Energieeinsparverordnung (EnEV), die Eingangsgrössen<br />
für den Gebäudeentwurf vorgegeben worden. In der<br />
WSV 84 <strong>und</strong> WSV 77 wurden u.a. nur die max<strong>im</strong>al<br />
zulässigen Wärmedurchgangskoeffizienten der Bauteile<br />
bzw. der thermischen Gebäudehülle festgelegt. In der<br />
EEH<br />
NEH<br />
EnEV 2002<br />
WSV 95<br />
WSV 84<br />
WSV 77<br />
Bild 4. Anforderungsniveau für den Jahresheizwärmebedarf von klassifizierten Wohngebäuden für den<br />
„Mittleren Standort Deutschland“, bezogen auf die Nutzfläche (A EB<br />
= A N<br />
).<br />
HZH
196 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Wärmeschutzverordnung von 1995 enthält die Vorschrift<br />
u.a. erstmalig den Gebäude-Bilanzluftwechsel in Höhe<br />
von 0,8 h –1 <strong>und</strong> einen gestaffelten max<strong>im</strong>al zulässigen<br />
<strong>Heiz</strong>wärmekennwert in Abhängigkeit vom Verhältnis A/<br />
V e<br />
. Die Vorgabe von Luftwechselzahlen fürs Gebäude<br />
wurde auch <strong>im</strong> Nachfolgestandard (EnEV) beibehalten<br />
<strong>und</strong> weiter differenziert. Für den Standardfall der „freien<br />
Lüftung“ wird in der EnEV in Gebäude ohne Dichtheitsnachweis<br />
(DiNA) (0,7 h –1 ) <strong>und</strong> mit DiNA (0,6 h –1 )<br />
unterschieden. Diese hohen Luftwechselzahlen sind für<br />
den Gebäudeentwurf plausibel, weil sie auch als „Gegengewicht“<br />
zur Bemessung der Gebäudehülle verstanden<br />
werden können. Bei einem vorgegebenen max<strong>im</strong>alen<br />
<strong>Heiz</strong> wärme- bzw. Pr<strong>im</strong>ärenergiebedarf (WSchV 95 bzw.<br />
EnEV 2002) führen hohe Luftwechselzahlen zu verhältnismässig<br />
kleine mittlere Wärmedurchgangswerte der<br />
Gebäudehülle <strong>und</strong> umgekehrt. In Praxi werden jedoch<br />
Korrekturfaktor κ h-IB<br />
1<br />
0,9<br />
0,8<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Bild 5. Korrekturfaktor k h-IB<br />
(MSD).<br />
<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl α H,E<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
Verhälnis A/V e m -1<br />
IB/AP-PH<br />
IB/AP-EEH<br />
IB/AP-NEH<br />
AP-EnEV<br />
Bestand 1<br />
Bestand 2<br />
kleinere Betriebsluftwechsel erwartet <strong>und</strong> auch erreicht.<br />
In einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena)<br />
[16] wird auf diese Problematik näher eingegangen <strong>und</strong><br />
für die Berechnung des Jahresheizwärme bedarfs werden<br />
neue Zahlen genannt, die in Tabelle 3 (siehe FN 1) aufgenommen<br />
worden sind. Dies ist vor allem für die Diskussion<br />
des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs, bei Gegenüberstellung<br />
des <strong>Heiz</strong>energiebedarfs, von Bedeutung.<br />
Für die Berechnung des praktisch erreichbaren Jahresheizwärmebedarfs<br />
(„Istwärmebedarf“), bei einem reduzierten<br />
Luftwechsel, ist mit einem um den Faktor k h-IB<br />
kleineren <strong>Heiz</strong>wärme-Istbedarf (Index IB) zu rechnen:<br />
q h(N)-IB<br />
= k h-IB<br />
q h(N)-AP<br />
(7)<br />
Es bedeuten<br />
q h(N)-IB<br />
<strong>Heiz</strong>wärme – Istbedarf, bei reduziertem Luftwechsel<br />
in kWh/(m² NFL a)<br />
q h(N)-AP<br />
<strong>Heiz</strong>wärmebedarf nach<br />
Anforderungsniveau (Bild 4)<br />
in kWh/(m² NFL a)<br />
k h-IB<br />
Korrekturfaktor, siehe Bild 5<br />
NEH<br />
EnEV 2002<br />
WSV 95<br />
WSV 84<br />
WSV 77<br />
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
Bild 6. Modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl („Mittlerer Standort Deutschland“)<br />
Anforderungsniveau (AP); Istbedarf (IB).<br />
Am stärksten wirkt sich die Luftwechselreduzierung<br />
bei schlecht wärmegedämmten<br />
Wohngebäuden aus, z.B.<br />
etwa 25 bis 45 % für nach der WSV 77<br />
errichtete Gebäude. Tendenziell ist der<br />
Einfluss bei kompakten Mehrfamilienhäusern<br />
größer als bei Einfamilienhäusern<br />
(siehe auch Bild 5).<br />
Der <strong>Heiz</strong>energiebedarf eines Wohngebäudes<br />
setzt sich zusammen aus<br />
Nutzwärmebedarf („<strong>Heiz</strong>wärmenutzen“)<br />
<strong>und</strong> dem Energieaufwand, der<br />
notwendig ist, um den angestrebten<br />
<strong>Heiz</strong>wärmenutzen zu erreichen. Der<br />
Energieaufwand kann insgesamt vier<br />
Verfahrensschritte umfassen [8] :<br />
1. Energieaufwand bei der Nutzensübergabe<br />
(Raumheizeinrichtung)<br />
2. Energieaufwand bei der Speicherung<br />
(Pufferspeicher)<br />
3. Energieaufwand bei der Verteilung<br />
<strong>und</strong> dem Transport des<br />
Wärmeträgers<br />
4. Energieaufwand bei der Wärmeerzeugung<br />
(<strong>Heiz</strong>kessel, Wärmepumpe<br />
usw.)<br />
Die Aufwandszahl a (in [2] als e bezeichnet)<br />
wird als Quotient aus Energieaufwand<br />
<strong>und</strong> Energiebedarf angegeben.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage kann mit den<br />
Angaben in [3; 10], eine „<strong>Heiz</strong>anlagen-<br />
Aufwandszahl“ a H,E<br />
definiert werden,<br />
als das Verhältnis von <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
q H,E(N)<br />
zum <strong>Heiz</strong>wärmebedarf q h(N)<br />
,<br />
abzüglich <strong>Heiz</strong>wärmegutschrift (Wärmegewinn<br />
aus der Trinkwassererwärmung<br />
<strong>und</strong> Lüftungsanlage):
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 197<br />
a H,E<br />
= q H,E(N)<br />
/(q h(N)<br />
– q h,TW(N)<br />
– q hL(N)<br />
)(8)<br />
Aus Gl. (8) ist aus Praktikabilitätsgründen eine modifizierte<br />
<strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl a H,E<br />
definiert worden:<br />
a H,E<br />
= q H,E(N)<br />
/ q h(N)<br />
(9)<br />
Aus Gründen einer übersichlichen Darstellung sind, wo es<br />
möglich war, die übrigen Baualtersklassen in zwei<br />
Bestandsgruppen zusammengefasst worden. Die Gruppe<br />
Bestand 1 umfasst:<br />
– AP-WSchV 95, AP/IB-WSV 84, AP/IB-WSV 77 <strong>und</strong><br />
AP/IB-HZH<br />
Für den Bestand 2 gilt:<br />
– IB-EnEV 2002 <strong>und</strong> IB-WSV 95<br />
<strong>Heiz</strong>energiekennwert kWh/(m² WFL a)<br />
Die modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl a H,E<br />
wird nach<br />
Gl. (9) zwar etwas zu klein berechnet (das Ergebnis von Gl.<br />
(2) bleibt dadurch unverändert). Dies hat aber den Vorteil,<br />
dass bei Kenntnis von <strong>Heiz</strong>wärmebedarf <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>anlagen-<br />
Aufwandszahl a H,E<br />
, der <strong>Heiz</strong>energiebedarf nach Gleichung<br />
(2) berechnet werden kann, ohne zuvor die <strong>Heiz</strong>wärmegutschrift<br />
q h,TW(N)<br />
<strong>und</strong> q h,L(N)<br />
best<strong>im</strong>men zu müssen.<br />
Die modifizierte <strong>Heiz</strong>anlagen-Aufwandszahl für die klassifizierten<br />
EBS/Baualtersklassen ist Bild 6 zu entnehmen.<br />
Das Niedrigenergiehaus erweist sich hierbei als Systemgrenze.<br />
Oberhalb a H,E<br />
≥ 1 (einschliesslich NEH) befinden<br />
sich Wohngebäude, die mit fossilen Energieträgern<br />
(FET) beheizt werden. Weit darunter<br />
liegen Gebäude für eine Beheizung 500<br />
mit erneuerbaren Energieträgern<br />
(EET) konzipiert.<br />
Mit den Vorgaben in den Bildern 4<br />
450<br />
bis 6 wurde der <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
nach Gl. (2) best<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> in Bild 7 400<br />
dargestellt. Die dünn punktierten<br />
Linienverläufe stellen das <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
350<br />
– Anforderungsniveau<br />
(Gebäudeentwurf) aller untersuchten<br />
Bausysteme/Baualtersklassen dar.<br />
300<br />
Zum Vergleich ist der <strong>Heiz</strong>energie-<br />
Istbedarf (Betriebszustand) als dünner<br />
250<br />
Linienverlauf eingezeichnet wor-<br />
den. Der Unterschied zwischen dem 200<br />
Auslegungsfall <strong>und</strong> dem Betriebszustand<br />
ist insbesondere bei den schlecht<br />
wärmegedämmten Wohnbauten sehr<br />
groß, so dass bei der Best<strong>im</strong>mung der<br />
Energiekosteneinsparung nach einer<br />
150<br />
100<br />
energetischen Sanierung die realen<br />
Verhältnisse zu Gr<strong>und</strong>e gelegt werden 50<br />
müssen. D.h. für die Aufstellung eines<br />
Wirtschaftlichkeitsnachweises hat der 0<br />
Betriebszustand das Pr<strong>im</strong>at. In Richtung<br />
steigender Energieeffizienz bzw.<br />
abnehmender EQ-Zahl für EnEV<br />
2002, NEH <strong>und</strong> besser werden die<br />
Unterschiede zwischen einer AP- <strong>und</strong><br />
IB-Bilanzierung <strong>im</strong>mer kleiner <strong>und</strong> IB Istbedarf (Betrieb)<br />
können be<strong>im</strong> NEH praktisch vernachlässigt<br />
werden. Eines sollte aber nicht unerwähnt<br />
bleiben, dass Gebäudeluftwechsel von 0,3 h –1 <strong>und</strong> weniger<br />
nicht unbedingt den hygienischen Gr<strong>und</strong>sätzen entsprechen,<br />
wonach mit der abströmenden Luft auch<br />
Schad-, Riech- <strong>und</strong> Ekelstoffe abgeführt werden sollen.<br />
Auch die Feuchtebilanz des Raumes muss beachtet werden.<br />
Deshalb ist bei einer energetischen Sanierung vorzugsweise<br />
eine mechanische Raumentlüftung vorzusehen,<br />
mit der Raumluftwechsel von etwa 0,5 h –1 erreicht werden<br />
können (s. a. [16]).<br />
Der Autor lebt seit über 10 Jahren in einem mechanisch<br />
entlüfteten Wohngebäude. Er hat dabei die Erfahrung<br />
gemacht, dass während der <strong>Heiz</strong>periode <strong>im</strong> Wohnbereich<br />
kein Fenster mehr geöffnet werden muss <strong>und</strong> trotzdem die<br />
Luftverhältnisse <strong>im</strong> Raum zufriedenstellend sind. Die<br />
kalte Außenluft gelangt zunächst in den unbeheizten<br />
Wintergarten, in dem die Lufttemperatur durch die thermische<br />
Ankoppelung an den Wohnraum selten unter 5° C<br />
absinkt, <strong>und</strong> strömt anschliessend über Türfugen in den<br />
Wohnraum, wo sie sich mit der warmen Raumluft vermischt.<br />
Dieser Vorgang wird durch eine partielle Fußbodenheizung<br />
<strong>im</strong> Bereich der Überströmöffnungen noch<br />
unterstützt.<br />
Die Abluft wird in Küche <strong>und</strong> Bad erfasst <strong>und</strong> über<br />
Dach geführt. Dass sich der Langzeitmittelwert des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs<br />
nur unwesentlich vom berechneten Istwärmebedarf<br />
unterscheidet zeigt Bild 12.<br />
Für eine erste energetische Bewertung der Energieverläufe<br />
ist eine L<strong>im</strong>itierung vorgenommen worden. Die Ver-<br />
0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
Bild 7. <strong>Heiz</strong>energiekennwert für Wohngebäude (MSD), bezogen auf die Wohnfläche.<br />
AP Anforderungsprofil (Auslegung)<br />
HL <strong>Heiz</strong>energiel<strong>im</strong>it (FET: Erdgas; außer „Extrem niedrig“).<br />
AP-NEH<br />
AP-EnEV 2002<br />
AP-WSV 95<br />
AP-WSV 84<br />
AP-WSV 77<br />
AP-HZH<br />
IB-NEH<br />
IB-EnEV 2002<br />
IB-WSV 95<br />
IB-WSV 84<br />
IB-WSV 77<br />
IB-HZH<br />
HL-zu hoch [11]<br />
HL-erhöht [11]<br />
HL-mittel [11]<br />
HL-niedrig [11]<br />
HL-extrem niedrig
198 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
läufe für die Obergrenzen des <strong>Heiz</strong>energieverbrauchs – Wärmespeicherung : a TW,s<br />
(<strong>Heiz</strong>l<strong>im</strong>it : HL) sind aus Angaben eines b<strong>und</strong>esweiten – Wärmeerzeugung : a TW,g<br />
<strong>Heiz</strong>spiegels [11] erstellt worden. Sie besitzen zwar nur<br />
einen orientierenden Charakter, lassen jedoch eine Tendenz<br />
erkennen welche Gebäude für eine energetische<br />
Sanierung besonders geeignet erscheinen. Die Energieverbrauchskennwerte<br />
nach [11] sind in kWh/(m² WFL a)<br />
angegeben. Deswegen werden alle folgenden Kennwerte<br />
ebenfalls auf die Energiebezugsfläche: Wohnfläche bezogen.<br />
Für Wohngebäude, die auf der Gr<strong>und</strong>lage des Nach-<br />
oder nach Gl. (12)<br />
folgestandards WSV 95 bemessen wurden, kann in der<br />
Regel für Mehrfamilienhäuser das niedrige <strong>Heiz</strong>energiel<strong>im</strong>it<br />
vorausgesetzt werden. Lediglich bei kleinen Einfamilienhäusern<br />
können höhere Werte auftreten (Bild 7).<br />
Alle Wohngebäude die nach EnEV 2002 <strong>und</strong> energetisch<br />
besser ausgelegt worden sind, zählen generell zu den Bauwerken<br />
mit einem niedrigen bis extrem niedrigen Jahresheizenergieverbrauch.<br />
2. Trinkwasserenergiebedarf<br />
Der Trinkwasserenergiebedarf eines Wohngebäudes kann<br />
in Anlehnung an [3] auch als Produkt von Trinkwasserwärmebedarf<br />
<strong>und</strong> TWE-Anlagenaufwandszahl nach<br />
Gl. (10) ermittelt werden:<br />
q TW,E<br />
= a TW,E<br />
q tw<br />
(10)<br />
Es bedeuten<br />
q TW,E<br />
= Jahres-Trinkwasserenergiebedarf in<br />
kWh/(m² WFL a)<br />
mit<br />
q tw<br />
= Jahres-Trinkwasserwärmebedarf in<br />
r tw<br />
kWh/(m² WFL a)<br />
c tw<br />
a TW,E<br />
= TWE-Anlagenaufwandszahl<br />
1,163 10 -3 kWh/(kg K)<br />
q k<br />
Die TWE-Anlagenaufwandszahl beinhaltet die Energieaufwendungen<br />
für:<br />
q tw<br />
– Wärmeübergabe an den Zapfstellen : a TW,ce<br />
A W<br />
Wohnfläche<br />
– Wärmeverteilung <strong>im</strong> Gebäude : a TW,d<br />
Sie kann aus dem Produkt der vorgenannten Aufwandszahlen<br />
nach Gl. (11):<br />
a TW,E<br />
= a TW,ce<br />
a TW,d<br />
a TW,s<br />
a TW,g<br />
(11)<br />
a TW,E<br />
= (q tw<br />
+ a TW,ce<br />
+ a TW,d<br />
+ a TW,s<br />
+ a TW,g<br />
)/q tw<br />
(12)<br />
berechnet werden.<br />
Der Trinkwasserwärmebedarf q tw<br />
, der auch als „Warmwassernutzen<br />
[8]“ bezeichnet wird, ist abhängig von den<br />
Nutzergewohnheiten. Häufige Benutzung der Badewanne<br />
für Reinigungszwecke, Anschluss von Waschmaschine<br />
<strong>und</strong> Geschirrspüler an das Warmwassernetz treiben den<br />
Trinkwasser-Wärmeverbrauch nach oben. In Einfamilienhäusern<br />
kann eher ein sparsamer Umgang mit dem<br />
Warmwasser vorausgesetzt werden, als in Mehrfamilienhäusern.<br />
So ist z. B. in einem EFH, bei vorwiegend genutzter<br />
Dusche, <strong>und</strong> durch den Einbau eines Durchfluss-Mengenbegrenzer<br />
vor der Brause der Warmwasserverbrauch<br />
min<strong>im</strong>iert worden [1] (siehe auch Bild 12).<br />
Von Einfluss auf den spezifischen Jahres-Trinkwasserwärmebedarf<br />
ist das erwärmte Jahres-Nutzwasservolumen<br />
V tw,a<br />
in m³ <strong>und</strong> die Nutzwassertemperatur q tw<br />
[13]:<br />
q tw<br />
= r tw<br />
c tw<br />
V tw,a<br />
(q tw<br />
– q k<br />
)/A W<br />
(13)<br />
Dichte des erwärmten Trinkwassers ≈ 1 kg/l<br />
spezifische Wärmekapazität des Wassers ≈<br />
= 10 °C Kaltwassertemperatur<br />
= 40…60 °C Nutzwassertemperatur, in<br />
Wohngebäuden, <strong>im</strong> Mittel ≈ 50 °C<br />
TWE-Anlagenaufwandszahl aTW,E<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
EEH<br />
NEH<br />
EnEV 2002<br />
WSV 95<br />
WSV 84<br />
WSV 77<br />
<strong>Heiz</strong>eithaus<br />
WW-L<strong>im</strong>it<br />
0<br />
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
Bild 8. TWE – Anlagenaufwandszahl a TW,E<br />
; „Mittlerer Standort Deutschland“.<br />
q tw-AP<br />
= 15 kWh/(m² WFL a) [3]; max<strong>im</strong>al 18 % vom thermischen Istenergiebedarf<br />
[12].<br />
2,15<br />
Für die Abrechnung der Warmwasserkosten des<br />
Betriebs zentraler <strong>Heiz</strong>ungs- <strong>und</strong> Trinkwassererwärmungsanlagen<br />
ist die <strong>Heiz</strong>kostenV in der jeweils neuesten<br />
<strong>und</strong> verbindlichen Fassung anzuwenden. In der Bekanntmachung<br />
von 2009 /12/ kann der Trinkwasserenergieverbrauch<br />
nach Gl. (14) best<strong>im</strong>mt werden:<br />
e TWg<br />
= 2,5 v twg<br />
(q twg<br />
– q k<br />
) (14)<br />
Es bedeuten:<br />
e TWg<br />
Trinkwasser – Endenergieverbrauchskennwert in<br />
kWh/(m² WFL a)<br />
v twg<br />
Volumen des verbrauchten Warmwassers in m³/<br />
(m² WFL a)<br />
q wwg<br />
= 50 °C Gemessene oder geschätzte mittlere Temperatur<br />
des Warmwassers<br />
Setzt man für den Warmwassernutzen q tw-AP<br />
v twg<br />
(q twg<br />
– q k<br />
) = 15 kWh/m² WFL a
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 199<br />
Tabelle 7. Energetische Bewertung der energetischen Bausysteme/Baualtersklasse mit der EQ-Zahl.<br />
Label<br />
EQ-Zahl > 0 0 –3 –5 –7 –9 –12 –14 –16 –18<br />
EBS PHEH NHEH PH EEH NEH EnEV WSV 95 WSV 84 WSV 77 HZH<br />
PHEH Plusheizenergiehaus<br />
<strong>und</strong> nach Bild 8: a TW,E-AP<br />
= 2,15, dann<br />
wird daraus Gl. (15):<br />
q TW,E-AP<br />
≈ 32 kWh/(m² WFL a) (15)<br />
Gl. (15) st<strong>im</strong>mt mit der <strong>Heiz</strong>kostenV<br />
2009 [12] überein. D.h. sie kann auch<br />
als L<strong>im</strong>itierung für den Trinkwasserenergieverbrauch<br />
(e VTW-L<strong>im</strong><br />
) verstanden<br />
werden.<br />
In Bild 9 ist der Trinkwasserenergiebedarf<br />
q TW,E<br />
für Wohnbauten aufgetragen<br />
worden. Daraus ergibt sich<br />
folgende Einschätzung:<br />
1. Für das <strong>Heiz</strong>zeithaus <strong>und</strong> Gebäude<br />
nach WSV 77 wird eine L<strong>im</strong>it-<br />
Überschreitung erwartet.<br />
2. Für die Mehrfamilienhäuser nach<br />
WSV 84 wird der Wert eingehalten,<br />
für kleine Gebäude (EFH) eventuell<br />
überschritten.<br />
3. Für Wohngebäude die nach der WSchV 95 errichtet<br />
wurden oder energetisch besser sind (EQ < –12) wird<br />
das WW-L<strong>im</strong>it (Gleichung (15)) eingehalten bzw. unterschritten.<br />
Für Wohnbauten, die nach der Energieeinsparverordnung<br />
oder dem Niedrighausstandard errichtet<br />
wurden, ist die solarthermische Trinkwassererwärmung<br />
eingerechnet worden. Dadurch liegen diese Wohnbauten<br />
<strong>im</strong>mer unterhalb des L<strong>im</strong>its (siehe auch Bild 9).<br />
3. Energetische Qualität (EQ-Zahl)<br />
Die energetische Qualität (EQ) von Gebäude <strong>und</strong> Anlage<br />
wird hier aus der WEL- Summe best<strong>im</strong>mt. Für Wohnbauten,<br />
die mit <strong>Heiz</strong>energie versorgt werden müssen; gilt Gl. (16):<br />
Tabelle 8. REN – Systemlösung für Wohnbauten.<br />
WEL Energieeffizienz EBS<br />
Label q P(N)<br />
EQ-Zahl<br />
000 0 0 Nullheizenergiehaus<br />
111 20…40 –3 Passivhaus<br />
221 30…70 –5 Erneuerbare Energie Haus<br />
232 40…100 –7 Niedrigenergiehaus<br />
333 50...120 –9 Energieeinsparverordnung 2002 [4]<br />
444 70…175 –12 Wärmeschutzverordnung 1995 [17]<br />
554 100…250 –14 Wärmeschutzverordnung 1984 [18]<br />
664 150…300 –16 Wärmeschutzverordnung 1977 [19]<br />
774 200...500 –18 <strong>Heiz</strong>zeithaus<br />
Legende<br />
EBS Energetisches Bausystem<br />
WEL Ziffernblock – REN – Systemlösung<br />
q P(N)<br />
Pr<strong>im</strong>ärenergiekennwert, auf die Nutzfläche bezogen in kWh/(m² a)<br />
EQ Energieeffizienz (Efficiency Quality)<br />
Trinkwasserenergiebedarf qTW,E kWh/(m² WFL a)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
PH<br />
EEH<br />
NEH<br />
EnEV-2002<br />
WSV 95<br />
WSV 84<br />
WSV 77<br />
HZH<br />
WW-L<strong>im</strong>it<br />
32<br />
EQ = – S (W+E+L)(16)<br />
Zum Beispiel für Wohngebäude, die nach WSV 95 (REN-<br />
444) errichtet wurden, erhält man:<br />
EQ = – (4+4+4) = –12 (17)<br />
Für Wohnbauten, die die benötigte <strong>Heiz</strong>energie selbst<br />
erzeugen, gilt Gl. (18):<br />
EQ = + S (W+E+L) ≥ 0 (18)<br />
Ab dem Nullheizenergiehaus (NHEH) findet ein Systemwechsel<br />
statt. Diese Wohnbauten decken ihren Energiebedarf<br />
selbst, ohne Energiezufuhr von außen.<br />
Der thermische Endenergiebedarfskennwert, ist die<br />
Summe von flächenbezogenem <strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Trinkwasser-<br />
0<br />
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/Ve m -1<br />
Bild 9. Trinkwasserenergiebedarf q TW,E<br />
für Wohngebäude, auf die Wohnfläche<br />
(WFL) bezogen.<br />
Tabelle 9. Wärmeverbrauchsnormativ (WVN) für Wohngebäude<br />
(<strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong> Trinkwassererwärmung; FET: Erdgas, außer<br />
„Extrem niedrig“).<br />
WVN-Stufe WVN-Kennwert WVN-Bereich 1)<br />
kWh/(m² WFL a)<br />
Extrem niedrig 25 0... 50<br />
Niedrig 110 50…130<br />
Mittel 150 100…200<br />
Erhöht 220 170…270<br />
Hoch 270 240…350 (HZH)<br />
1) Der WVN – Bereich schliesst die Energietoleranz mit ein.
200 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Thermischer Istenergiebedarf kWh/(m² WFL a)<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
EEH<br />
NEH<br />
EnEV 2002<br />
WSV 95<br />
WSV 84<br />
WSV 77<br />
HZH<br />
WVN-extrem niedrig<br />
WVN-niedrig<br />
WVN-mittel<br />
WVN-erhöht<br />
WVN-hoch<br />
Bild 10. Thermischer Istenergiebedarf q T,E-IB<br />
für Wohngebäude, mit eingetragenen WVN-Stufen<br />
Zuschlag für Trinkwassererwärmung: q TW,E-L<strong>im</strong><br />
≤ 32 kWh/(m² WFL a);<br />
„Mittlerer Standort Deutschland“.<br />
energiebedarf nach Gl. (19) (A EB<br />
=<br />
A W<br />
):<br />
q T,E<br />
= q H,E<br />
+ q TW,E<br />
(19)<br />
Die Verläufe der Wärmeverbrauchsnormative<br />
in Bild 11, sind durch eine<br />
Zusammenfassung der <strong>Heiz</strong>l<strong>im</strong>itvorgaben<br />
in Bild 7, zuzüglich eines L<strong>im</strong>itwertes<br />
für die Trinkwassererwärmung<br />
(siehe Bild 8), als Mittelwerte best<strong>im</strong>mt<br />
worden. Jeder dieser Mittelwerte hat<br />
noch einen Streubereich von etwa ± 30<br />
bis 40 kWh/(m² WFL a). Zum Beispiel<br />
beginnt der Bereich „erhöhter Wärmeverbrauch“<br />
bei kleinen Gebäuden<br />
(z.B. EFH) für q T,E<br />
> 200 kWh/(m²<br />
WFL a).<br />
Wenn man sich als Obergrenze für<br />
die MVN – Stufe „hoch“ entscheiden<br />
würde, dann wären die vordringlichen<br />
Sanierungsobjekte aus der Baualtersklasse<br />
„vor 77“ auszuwählen, vorausgesetzt,<br />
dass sie den Referenzmerkmalen<br />
nach Tabelle 10 entsprechen.<br />
An zweiter Stelle könnten EFH-WSV<br />
77 in die energetische Gebäudesanierung<br />
einbezogen werden. Die Baualtersklassen<br />
WSV 84 (MFH) <strong>und</strong> WSV<br />
95 sind, unter Beachtung der Streubreite,<br />
<strong>im</strong> Gesamtbereich „WVN-mittel“<br />
bis „WVN-niedrig“ einzuordnen.<br />
Die Obergrenze des WVN-mittel-<br />
Bereichs für Wohnbauten liegt etwa<br />
bei<br />
Wärmeverbrauchsnormativ (WVN) kWh/(m² WFL a)<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1<br />
Verhältnis A/V e m -1<br />
Bild 11. WVN-Übersicht (FET: Erdgas; außer „Extrem niedrig“).<br />
WVN-hoch<br />
Tendenz-hoch/erhöht<br />
WVN-erhöht<br />
Tendenz-erhöht/mittel<br />
WVN-mittel<br />
WVN-niedrig<br />
Tendenz-mittel/niedrig<br />
Tendenz-extrem niedrig<br />
WVN-extrem niedrig<br />
170…200 kWh/(m² WFL a).<br />
Bei der Diskussion der WVN-Werte<br />
werden die Ergebnisse, die auf den<br />
ausgezogenen Kurven liegen als WVN<br />
– Stufe (Tabelle 9), z.B. „WVN – mittel“<br />
bezeichnet. Ergebnisse, die innerhalb<br />
des strichlierten Feldes liegen<br />
(Bild 11) werden mit dem Zusatz,<br />
z. B. „Tendenz WVN – mittel“ ausgewiesen.<br />
4. Zusammenfassung der<br />
wichtigsten Ergebnisse von<br />
l angjährigen Energiemessungen<br />
in einem Einfamilienhaus [1]<br />
Bild 12 zeigt, dass der <strong>Heiz</strong>energieverbrauch<br />
während eines 10-Jahreszeitraums,<br />
um den <strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
schwankt, wobei der Langzeitmittelwert<br />
nur 2 % über dem Istbedarf liegt.<br />
Die Jahresausschläge sind aus Korrekturen<br />
der <strong>Heiz</strong>kennlinie aber auch ver-
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 201<br />
Bild 12. Energie-Messergebnisse in einem<br />
Einfamilienhaus, nach WSchV 95 [1]<br />
Bereinigte Messwerte, A EB<br />
= A W<br />
, Brennwert-<br />
Umlaufwassertherme für <strong>Heiz</strong>ung <strong>und</strong> TWE<br />
Abluftventilator, in Küche <strong>und</strong> Bad;<br />
Systemlösung: REN-442.<br />
Energiemenge kWh/(m² WFL a)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
99<br />
<strong>Heiz</strong>energieV<br />
H-Langzeitmittelwert<br />
TrinkwasserenergieV<br />
TWE-Langzeitmittelwert<br />
<strong>Heiz</strong>energiebedarf<br />
WW-L<strong>im</strong>it<br />
101<br />
22<br />
14<br />
0<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Jahr<br />
änderten mitt leren Gebäude-Innentemperaturen (bei<br />
einem Ausschlag nach oben – leichte Überheizung)<br />
zurückzuführen. Der Trinkwasserenergieverbrauch ist mit<br />
etwa zwei Drittel TWE-L<strong>im</strong>itwertes festgestellt worden.<br />
Das lag am niedrigen Warmwasserverbrauch <strong>und</strong> nicht<br />
am Energieaufwand für die Trinkwassererwärmung. Das<br />
Nutzerverhalten war konsequent auf Warmduschen<br />
anstelle von Warmbaden ausgerichtet. Das Volumen des<br />
warmen Wassers ist monatlich registriert worden.<br />
Der bereinigte thermische Endenergieverbrauch des<br />
untersuchten Gebäudes kann nach Bild 13 in einen<br />
Bereich von etwa 113 ± 10 kWh/(m² WFL a) eingeordnet<br />
werden. Der Langzeitmittelwert des thermischen Endenergieverbrauchs<br />
liegt etwa +3 % oberhalb von WVN -<br />
niedrig (siehe Bild 13). Nur in 2004 wird die fiktive Obergrenze<br />
von 125 kWh/(m² WFL a) erreicht. In allen anderen<br />
neun Jahren wurde letzterer Wert mehr oder weniger<br />
unterschritten. Durch die Installation einer Abluftanlage,<br />
konnte die Lüftungseffektivität formal um zwei Punkte,<br />
von 4 (Standard) auf 2, gesenkt werden. Die feuchtegesteuerte<br />
Dauerlüftung hat sicherlich zu einer Verbesserung<br />
der Luftqualität in der Erdgeschossebene beigetra-<br />
Thermische Endenergie kWh/(m² WFL a)<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
Therm. Endenergieverbrauch<br />
WVN-niedrig<br />
WVN-mittel<br />
Tendenz-niedrig<br />
Therm.-Langzeitmittelwert<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Jahr<br />
Bild 13. Einbettung der bereinigten Jahresverbrauchswerte [1] in das<br />
WVN-Feld A EB<br />
= A W<br />
.<br />
160<br />
125<br />
113<br />
110<br />
Tabelle 10.<br />
Referenzmerkmale der<br />
REN- Systemlösungen.<br />
Legende zu Tabelle 10<br />
1) a/i: bis 2 WE innerhalb<br />
thermischen Hülle; > 2WE<br />
ausserhalb thermischen<br />
Hülle; 2) ZLH: Zentrale<br />
Luftheizanlage; 3) RLT-ZU/<br />
AB+WRG: Zentrale RLT-<br />
Anlage mit Zu- <strong>und</strong> Abluft,<br />
Wärmerückgewinnung aus<br />
Fortluft 4) HK: <strong>Heiz</strong>körper;<br />
5) FH: Flächenheizung<br />
(Fussboden, Decke, Wand);<br />
6) LH: Luftheizung; 7)<br />
DiNA: Dichtheitsnachweis<br />
Einsatz von fossilen Energieträgern (FET)<br />
Erneuerbare ET<br />
Energetisches Bausystem HZH WSV 77 WSV 84 WSV 95 EnEV2002 NEH EEH Passivhaus<br />
Zeile<br />
REN - Systemlösung REN-774 REN-664 REN-554 REN-444 REN-333 REN-232 REN-221 REN-111<br />
1.<br />
Gebäude<br />
Wärmedurchgangskoeffizient (Anforderungsniveau) W/(m² K)<br />
1.1 Aussenwand<br />
2,2…2 1,2…1,0 0,65…0,45 0,45…0,3 0,45…0,27 0,3…0,20 0,3…0,25 0,15<br />
1.2 Bodenplatte, gegen Erdreich<br />
1,00 0,8…0,6 0,55…0,4 0,5…0,3 0,5…0,3 0,3. 0,2 0,3…0,25 0,15<br />
1.3 Dach, obere Geschossdecke<br />
1,0…0,75 0,5…0,4 0,4…0,3 0,3…0,2 0,3…0,2 0,3…0,2 0,2 0,15<br />
1.4<br />
1.5<br />
1.6<br />
1.7<br />
Fenster, Fenstertüren<br />
Gesamtenergiedurchlassgrad - Fenster<br />
Wärmebrückenzuschlag<br />
Anforderung zur Luftdichtheit-Gebäudehülle<br />
5,00<br />
0,87<br />
0,10<br />
--<br />
4,3<br />
0,75<br />
0,10<br />
--<br />
3,2<br />
0,75<br />
0,10<br />
--<br />
1,8…1,4<br />
0,60<br />
0,10<br />
--<br />
1,7…1,4<br />
0,60<br />
0,05<br />
DiNA<br />
1,6...1,3<br />
0,60<br />
0,05<br />
DiNA<br />
1,1...1,0<br />
0,50<br />
0,05<br />
DiNA<br />
0,85<br />
0,50<br />
0,05...0<br />
DiNA<br />
2. <strong>Heiz</strong>ungsanlage<br />
Zentrale Pumpenwarmwasserheizung<br />
2) ZLH<br />
2.1 Wärmeerzeuger<br />
KTK KTK NTK NTK BWK BWK_verb<br />
WP-el/RLT<br />
2.2 Aufstellungsort : Wärmeerzeuger<br />
a<br />
a<br />
a<br />
a<br />
1) a/i<br />
1) a/i<br />
i<br />
i<br />
2.3 Systemtemperaturen (Auslegungszustand) 110/80°C 90/70°C 80/60°C 70/55°C 55/45°C 45/35°C 40/30°C 35/28°C<br />
2.4<br />
2.5<br />
2.6<br />
2.7<br />
<strong>Heiz</strong>wasserpumpe-bedarfsgeregelt<br />
Verteilsystem : Keller/Wohnung (EFH)<br />
Verteilsystem : Keller/Wohnung (MFH)<br />
Raumheizeinrichtungen<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
HK<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
HK<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
HK<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
HK / FH<br />
x<br />
a/i<br />
a/i<br />
HK / FH<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
HK / FH<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
5) FH<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
LH<br />
2.8 Steuerung (Vorlauftemperatur : ATS<br />
ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-2K ThV-1K ThV-1K EZR<br />
3. Trinkwasserer - Erwärmungsanlage<br />
Zentrale Trinkwasser-Erwärmungsanlage mit Zirkulation<br />
3.1 Aufstellungsort:Warmwasserspeicher Wärmeerzeuger- <strong>und</strong> Warmwasserspeicher-Aufstellungsort sind identisch (siehe Zeile 2.2)<br />
3.2 Warmwasserspeicher, indirekt beheizt<br />
x x x x<br />
--<br />
--<br />
-- --<br />
3.3<br />
3.4<br />
Bivalenter Solarspeicher < 500m² NF<br />
Monovalenter Solarspeicher > 500m² NF<br />
--<br />
--<br />
--<br />
--<br />
--<br />
--<br />
--<br />
--<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
3.5<br />
3.6<br />
3.7<br />
Verteilsystem:Keller/Wohnung < 500m²<br />
Verteilsystem:Keller/Wohnung < 500m²<br />
Zirkulationspumpe,bedarfsgerecht geregelt<br />
a/i<br />
a/i<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
--<br />
a/i<br />
a/i<br />
x<br />
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a/i<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
x<br />
i/i<br />
i/i<br />
x<br />
4. Lüftungsanlage/Lüftungseinrichtung<br />
RLT: AB<br />
3) RLT:ZU/AB+WRG<br />
4.1 Auslegungsluftwechsel h -1 Freie Schacht- oder Querlüftung nach DIN 1946-6 [14]<br />
0,80 0,80 0,80 0,80 0,60 0,55 0,4 0,4…0,2<br />
4.2 Mittlerer Luftwechsel während der <strong>Heiz</strong>periode h -1 0,30 0,30 0,30 0,30 0,50 0,50 0,4…0,3 0,4…0,2
202 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
gen. Der <strong>Heiz</strong>energie-Istbedarf erhöhte sich allerdings<br />
durch diese Massnahme um ca. 15 %. Die EQ-Zahl verringerte<br />
sich durch die Lüftungsmassnahme von –12 auf<br />
–10. D. h. man kommt zu der plausiblen Schlussfolgerung,<br />
dass eine Senkung der EQ-Zahl zwar nicht <strong>im</strong>mer<br />
mit einer Reduzierung des Energieverbrauchs einhergeht,<br />
aber durch andere Qualitätsgewinne begründet werden<br />
kann.<br />
Die energetische Qualität des Untersuchungsobjektes<br />
kann zusammenfassend wie folgt bewertet werden:<br />
1. EQ-Zahl: –10<br />
2. Langzeitmittelwert über 10 Jahre: etwa „WVN – niedrig“,<br />
113 kWh/(m² WFL a) > 110 kWh/(m² a) (siehe<br />
auch Bild 13)<br />
3. Verlauf des bereinigten Jahresverlaufs über 10 Jahre:<br />
„Tendenz WVN – niedrig“<br />
4. Max<strong>im</strong>ale Jahresabweichung vom Langzeitmittelwert:<br />
< ± 10 % (Bild 13)<br />
Literatur<br />
[1] Tesche, P.: Unveröffentlichter Energiebericht.<br />
[2] DIN V 4108-6:2003-06. Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie – Einsparung<br />
in Gebäuden.<br />
Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- <strong>und</strong> des Jahresheizenergiebedarfs.<br />
[3] DIN V 4701–10: 2003-08: Energetische Bewertung heiz- <strong>und</strong><br />
raumlufttechnischer Anlagen.<br />
[4] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende<br />
Anlagentechnik bei Gebäuden. (Energieeinsparverordnung<br />
– EnEV). Vom 16. November 2001.<br />
[5] Petzold, K: Raumlufttemperatur. VEB Verlag Technik, Berlin,<br />
1983.<br />
[6] VDI 3807 Bl. 1: Juni 1994. Energieverbrauchswerte für Gebäude.<br />
Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
[7] VDI 4710 Bl. 2: 2007-05. Meteorologische Daten in der technischen<br />
Gebäudeausrüstung. Gradtage.<br />
[8] Jagnow, K. <strong>und</strong> Wolff, D.: Praktische Energieanalyse <strong>im</strong> Bestand<br />
<strong>und</strong> Neubau. Wolfenbüttel 2001.<br />
[9] Feist, W.: Passivhäuser – Renaissance für die Holzheizung?<br />
<strong>Heiz</strong>ungsjournal April/Mai 2002.<br />
[10] Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme <strong>und</strong> Datenverwendung<br />
<strong>im</strong> Wohngebäudebeststand vom 30. Juli 2009. Herausgeber:<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung.<br />
[11] <strong>Heiz</strong>spiegel, B<strong>und</strong>esweit 2010. Deutscher Mieterb<strong>und</strong> e.V.<br />
[12] Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der<br />
<strong>Heiz</strong>- <strong>und</strong> Warmwasserkosten<br />
(Verordnung über <strong>Heiz</strong>kostenabrechnung – <strong>Heiz</strong>kostenV). Bekanntmachung<br />
vom 15. Oktober 2009.<br />
[13] VDI 2067 Bl. 12: Juni 2000: Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer<br />
Anlage. Nutzenergiebedarf für die Trinkwassererwärmung.<br />
[14] DIN 1946-6: 2009-05. Raumlufttechnik. Lüftung von Wohnungen.<br />
[15] Häupl, P.: Bauphysik. Verlag Ernst & Sohn., Berlin, 2008.<br />
[16] dena - Sanierungsstudie, Teil 2: Wirtschaftlichkeit energetischer<br />
Modernisierung in selbstgenutzten Wohngebäuden. Deutsche<br />
Energie – Agentur. 26. März 2012.<br />
[17] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />
(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 16.<br />
August 1994.<br />
[18] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />
(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 24.<br />
Februar 1982.<br />
[19] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden.<br />
(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). Vom 11.<br />
August 1977.<br />
Neue Schriften<br />
<strong>Gebäudetechnik</strong>: Neues Online-Lexikon<br />
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Wasser, Wärme, Luft: Das neue Online-Lexikon von Baunetz<br />
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<strong>und</strong> stellt gebäudetechnisches Know-how für Architekten,<br />
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unter anderem die Regenwassernutzung oder der Einsatz<br />
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Aber auch das Thema Lüftung mit Wärmerückgewinnung,<br />
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zugleich die Abfuhr von Schadstoffen, Gerüchen <strong>und</strong><br />
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Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 203<br />
Lebensmittelhygiene <strong>und</strong> Brandschutz –<br />
Empfehlungen für Betriebe der Lebensmittelindustrie<br />
zum verstärkten Brandschutz<br />
Mingyi Wang<br />
Bauwerke als Ganzes <strong>und</strong> in ihren Teilen müssen jeweils<br />
folgende Gr<strong>und</strong>anforderungen erfüllen:<br />
– Mechanische Festigkeit <strong>und</strong> Standsicherheit,<br />
– Brandschutz<br />
– Hygiene, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt<br />
– Sicherheit <strong>und</strong> Barrierefreiheit bei der Nutzung,<br />
– Schallschutz,<br />
– Energieeinsparung <strong>und</strong> Wärmeschutz,<br />
– Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen.<br />
Diese Anforderungen sind <strong>im</strong> Anhang 1 der EU-Bauprodukten-Verordnung<br />
(Verordnung des europäischen Parlaments<br />
<strong>und</strong> des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen<br />
für die Vermarktung von Bauprodukten – BauPV)<br />
definiert. Die Bauprodukte-Verordnung ist <strong>im</strong> April 2011<br />
<strong>im</strong> europäischen Amtsblatt veröffentlicht <strong>und</strong> wird die bisherige<br />
Bauprodukten-Richtlinie (Richtlinie des Rates vom<br />
21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- <strong>und</strong> Verwaltungsvorschriften<br />
der Mitgliedstaaten über Bauprodukte)<br />
ablösen. Die nationale Umsetzung der Bauprodukten-Verordnung<br />
soll zum 01.07.2013 über das Durchführungsgesetz<br />
zu Bauproduktenverordnung erfolgen. Die<br />
Bauprodukten-Richtlinie ist <strong>im</strong> Vergleich dazu seinerzeit<br />
über das Bauproduktengesetz national umgesetzt.<br />
Demnach müssen bei der Entwicklung, Planung <strong>und</strong><br />
Ausführung von Bauteilen <strong>und</strong> Bauarten die unterschiedlichen<br />
Gr<strong>und</strong>anforderungen nutzungs- <strong>und</strong> artbedingt<br />
ggf. gleichzeitig erfüllt werden, z. B. bei Außenwänden mit<br />
dem Schallschutz auf der einen Seite <strong>und</strong> dem Wärmeschutz<br />
auf der anderen Seite. Bei Betrieben der Lebensmittelindustrie<br />
müssen u. a. sowohl Hygieneanforderungen<br />
einschließlich Anforderungen der Lebensmittelhygiene,<br />
als auch Brandschutzbest<strong>im</strong>mungen eingehalten werden.<br />
Dies führt nach aktuellen Schadenerfahrungen dazu,<br />
dass Brandschäden bzw. deren Beseitigung besonders<br />
kostenintensiv werden können, weshalb die Vermeidung<br />
von Bränden <strong>und</strong> Begrenzung von Brandschäden bei<br />
Betrieben der Lebensmittelindustrie zusätzlich an Bedeutung<br />
gewonnen haben.<br />
1. Anforderungen an Hygiene <strong>und</strong><br />
Lebensmittelhygiene<br />
Dr.-Ing. Mingyi Wang, Brunsbütteler Damm 330E, 13591 Berlin,<br />
e-Mail: wr530@t-online.de<br />
Gemäß der Bauprodukte-Verordnung muss zum Schutz<br />
von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umweltschutz ein Bauwerk so entworfen<br />
<strong>und</strong> ausgeführt sein, dass weder die Hygiene noch<br />
die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Sicherheit von Arbeitnehmern,<br />
Bewohnern oder Anwohnern während seines gesamten<br />
Lebenszyklus gefährdet wird. Das Bauwerk darf sich<br />
zudem weder bei Errichtung noch bei Nutzung oder<br />
Abriss übermäßig stark auf die Umweltqualität oder das<br />
Kl<strong>im</strong>a auswirken. Zur Prüfung <strong>und</strong> Bewertung möglicher<br />
Freisetzung von ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Stoffen aus Baustoffen<br />
<strong>und</strong> Bauteilen werden derzeit Verfahren <strong>und</strong> Kriterien<br />
erarbeitet, u. a. auch <strong>im</strong> Zuge der europäischen<br />
Normung.<br />
Für Arbeitsstätten werden die Hygieneanforderungen<br />
durch die nationalen Best<strong>im</strong>mungen zum Arbeitsschutz,<br />
z. B. Arbeitsstättenverordnung, <strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
des Arbeitsschutzgesetzes konkretisiert. Dabei sollen die<br />
jeweils ggf. notwendigen Schutzmaßnahmen nach Vorschriften<br />
der Hygiene <strong>und</strong> gemäß der betriebsspezifischen<br />
Beurteilung möglicher Gefährdungen der Ges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> Sicherheit von Beschäftigten ergriffen werden.<br />
Bei Betriebsstätten, in denen mit Lebensmittel umgegangen<br />
wird, müssen darüber hinaus die Anforderungen<br />
der Lebensmittelhygiene gemäß der Lebensmittelhygiene-<br />
Verordnung (LMHV) erfüllt werden, welche national die<br />
Verordnung des europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates<br />
vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (Nr.<br />
852/2004) umsetzt. Es wird hierbei u. a. gefordert, dass die<br />
Betriebsstätten geeignete Bearbeitungs- <strong>und</strong> Lagerräume<br />
haben, z. B. Kühlräume <strong>und</strong> -häuser, die insbesondere<br />
eine Temperaturkontrolle <strong>und</strong> ausreichende Kapazität<br />
haben müssen, damit die Lebensmittel auf einer geeigneten<br />
Temperatur gehalten werden können. In Räumen, in<br />
denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet<br />
werden, müssen gemäß der LMHV die Oberflächen<br />
raumumschließender Bauteile (Fußboden, Decken,<br />
Wände einschließlich Fenster <strong>und</strong> Tür)<br />
– aus nicht toxischen Materialien bestehen,<br />
– Kondensation <strong>und</strong> Schmutzsammlung vermeiden<br />
helfen sowie<br />
– wasser<strong>und</strong>urchlässig, wasserabstoßend, abriebfest,<br />
leicht zu reinigen <strong>und</strong> erforderlichenfalls leicht zu<br />
desinfizieren sind.<br />
Demgemäß werden für Außenbauteile von Betriebsgebäuden<br />
der Lebensmittelindustrie, z. B. Außenwände <strong>und</strong><br />
Dächer, vielfach die sogenannten Sandwichelemente als<br />
raumabschließende Wand- <strong>und</strong> Dachbauteile verwendet.<br />
Diese mehrschichtigen Bauelemente bestehen <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
aus zwei profilierten Metalldeckschichten <strong>und</strong> einer<br />
dazwischen angeordneten Wärmedämmschicht. Die
204 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Metalldeckschicht zur Innenseite des Gebäudes besteht<br />
vielfach aus Aluminium oder Stahl <strong>und</strong> ist dementsprechend<br />
abriebfest <strong>und</strong> leicht zu reinigen. Als Dämmstoff<br />
werden insbesondere Polyurethane (PUR) in Deutschland<br />
eingesetzt, der zwar brennbar ist, aber <strong>im</strong> Vergleich zu<br />
nichtbrennbaren Dämmstoffen bauphysikalische Vorzüge<br />
aufweist.<br />
2. Brandschutzanforderungen an<br />
bauliche Anlagen<br />
Gemäß der Bauprodukte-Verordnung muss ein Bauwerk<br />
zum Brandschutz so entworfen <strong>und</strong> ausgeführt sein, dass<br />
bei einem Brand<br />
– die Tragfähigkeit des Bauwerks während eines<br />
best<strong>im</strong>mten Zeitraums erhalten bleibt,<br />
– die Entstehung <strong>und</strong> Ausbreitung von Feuer <strong>und</strong> Rauch<br />
innerhalb des Bauwerks begrenzt wird,<br />
– die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke<br />
begrenzt wird,<br />
– die Bewohner das Bauwerk unverletzt verlassen oder<br />
durch andere Maßnahmen gerettet werden können <strong>und</strong><br />
– die Sicherheit der Rettungsmannschaften berücksichtigt<br />
ist.<br />
National sollen gemäß der Bauordnung der B<strong>und</strong>esländer<br />
(Landesbauordnung − LBO) bauliche Anlagen so<br />
angeordnet, errichtet, geändert <strong>und</strong> instandgehalten werden,<br />
dass der Entstehung eines Brandes der Ausbreitung<br />
von Feuer <strong>und</strong> Rauch vorgebeugt wird. Die allgemeinen<br />
Brandschutzanforderungen an bauliche Anlagen sind<br />
darüber hinaus in bauordnungsrechtlichen Best<strong>im</strong>mungen<br />
der B<strong>und</strong>esländer, z. B. Richtlinie über den baulichen<br />
Brandschutz <strong>im</strong> Industriebau, art- <strong>und</strong> nutzungsspezifisch<br />
konkretisiert.<br />
3. Schnittstellen zwischen dem Brandschutz <strong>und</strong><br />
der Hygiene bzw. Lebensmittelhygiene<br />
Für Betriebsgebäude der Lebensmittelindustrie bestehen<br />
zwischen der Hygiene <strong>und</strong> dem Brandschutz erfahrungsgemäß<br />
funktionale Wechselwirkungen, sowohl bei der<br />
Bauart als auch bei der Produkt- <strong>und</strong> <strong>Gebäudetechnik</strong>.<br />
Diese Wechselwirkungen sollen bei der Bauplanung <strong>und</strong><br />
-ausführung umfassend betrachtet <strong>und</strong> berücksichtigt<br />
werden.<br />
3.1 Lüftungsanlagen<br />
Arbeitsstätten <strong>und</strong> damit Betriebsstätten mit umschlossenen<br />
Arbeitsräumen werden u. a. mit Hilfe von raumlufttechnischen<br />
Anlagen − kurz Lüftungsanlagen − belüftet.<br />
Die Belüftung ist erforderlich, um ges<strong>und</strong>heitlich zuträgliche<br />
Atemluft unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren,<br />
der körperlichen Beanspruchung <strong>und</strong> der Anzahl der<br />
Beschäftigten sowie sonst anwesenden Personen ausreichend<br />
bereit zu stellen. Hierfür muss die Abluft, die auch<br />
u. a. durch die Verarbeitung von Lebensmittel belastet werden<br />
kann, abgeführt <strong>und</strong> ggf. gereinigt werden.<br />
Bild 1. Ursachen der Brandübertragung durch die Lüftungsleitungen (Quelle:<br />
VdS 2298).<br />
Lüftungsanlagen können erfahrungsgemäß zugleich<br />
selbst Ursprung eines Schadenfeuers werden, z. B. durch<br />
die Überhitzung überlasteter Ventilatoren (Lüfter), Funkenbildung<br />
in den Filteranlagen infolge der Ansaugung<br />
von Fremdkörpern oder elektrostatischen Aufladung<br />
sowie Selbst- oder Fremdzündung brennbarer Ablagerungen<br />
in Lüftungsleitungen.<br />
Lüftungsanlagen (Bild 1) können bedingt durch ihre<br />
Bau- <strong>und</strong> Betriebsart zudem eine Ausbreitung von Feuer<br />
<strong>und</strong> Rauch <strong>im</strong> Brandfall begünstigen, was insbesondere<br />
darauf zurückzuführen ist, dass die baulichen Abtrennungen<br />
(Wände <strong>und</strong> Decken) von Lüftungsleitungen vielfach<br />
überbrückt werden müssen, um Gebäudeabschnitte<br />
<strong>und</strong> Räume lufttechnisch zu versorgen. Gerade der<br />
Brandrauch fordert erfahrungsgemäß die meisten Todesopfer<br />
<strong>und</strong> verursacht zusätzlich hohe Sach- <strong>und</strong> Betriebsunterbrechungsschäden,<br />
u. a. auch in Gebäudebereiche,<br />
die nicht unmittelbar vom Feuer betroffen sind. Daher<br />
muss neben der Übertragung von Feuer insbesondere die<br />
Ausbreitung von Brandrauch <strong>und</strong> -gasen durch Lüftungsanlagen<br />
verhindert werden 1 . Hierfür müssen Lüftungsanlagen<br />
in die Brandschutzplanung einbezogen <strong>und</strong> regelmäßig<br />
geprüft werden, nicht nur hinsichtlich der biologischen<br />
<strong>und</strong> chemischen Stoffe sowie partikulären Staubbelastung<br />
gemäß den Arbeitsschutzbest<strong>im</strong>mungen <strong>und</strong><br />
Hygieneanforderungen, sondern auch mit Bezug auf die<br />
Aufrechterhaltung der Brandschutzfunktionen gemäß<br />
dem Bauordnungsrecht, etwa nach der Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie<br />
(Muster-Richtlinie über brandschutztechnische<br />
Anforderungen an Lüftungsanlagen) <strong>und</strong><br />
Muster-Prüfverordnung (Muster-Verordnung über Prü-<br />
1<br />
Gefahren der Brandentstehung <strong>und</strong> -ausbreitung bei Lüftungsanlagen<br />
können − ergänzenden zu den bauordnungsrechtlichen<br />
Best<strong>im</strong>mungen, z. B. Lüftungsanlagen-Richtlinie − mit Hilfe eines<br />
ganzheitlichen Brandschutzkonzeptes wirksam vorgebeugt werden,<br />
was z. B. in der GDV-Publikation „Lüftungsanlagen“ (VdS<br />
2298) als Musterbeispiel eingehend beschrieben ist (siehe auch<br />
unter www.-industrial.de).
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 205<br />
fungen von technischen Anlagen <strong>und</strong><br />
Einrichtungen nach Bauordnungsrecht).<br />
3.2 Betriebsprozesse<br />
Die Lebensmittelherstellung <strong>und</strong><br />
-verarbeitung sind vielfach mit thermischen<br />
Prozessen verb<strong>und</strong>en. Zu<br />
nennen sind u. a.<br />
– Backen, Braten, Frittieren, Rösten<br />
<strong>und</strong><br />
– Kochen sowie<br />
– Räuchern<br />
Die hohe Betriebstemperatur der<br />
betreffenden Prozessanlagen bzw.<br />
-einrichtungen verursacht dabei<br />
zugleich eine hohe Temperatur an<br />
deren Oberfläche. Kommen brennbare<br />
Materialien, z. B. Verpackungsmaterial,<br />
in Berührung mit heißen Oberflächen oder in<br />
die Nähe der Hitzequellen, ist erfahrungsgemäß eine<br />
Brandentstehung vorprogrammiert.<br />
Die prozesstypischen Brandgefahren führen in den<br />
letzten Jahren erfahrungsgemäß auch vermehrt zu Brandschäden,<br />
was auffällig aus der Entwicklung von Großschäden<br />
abzulesen ist (siehe auch Bild 2). Als Großschäden<br />
werden nach der Definition vom GDV Brandschäden<br />
bezeichnet, die insgesamt einen gesamten Schadenaufwand<br />
einschließlich der Betriebsunterbrechung von mehr<br />
als 500 000 Euro verursachen.<br />
Bild 2. Schadenentwicklung in der Lebensmittelindustrie mit Bezug auf die Anzahl <strong>und</strong> Aufwand der<br />
Schäden (Quelle: VdS 3454).<br />
auch wenn sie ggf. nicht sichtbar beschädigt sind. Nach<br />
§ 2 der Lebensmittelhygiene-Verordnung dürfen Lebensmittel<br />
nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr<br />
gebracht werden, dass sie bei Beachtung der <strong>im</strong> Verkehr<br />
erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen<br />
Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. Als eine nachteilige<br />
Beeinflussung gilt neben ungeeigneten Behandlungs- <strong>und</strong><br />
Zubereitungsverfahren u. a. auch Beeinträchtigung der<br />
einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln<br />
durch Verunreinigungen, Gerüche, Gase, Dämpfe,<br />
Rauch, Aerosole <strong>und</strong> Reinigungsmittel.<br />
3.3 Sandwichelemente für Außenwände<br />
<strong>und</strong> Dächer<br />
Das Brandverhalten von Sandwichelementen, die als typische<br />
Bauart für Außenwände <strong>und</strong> Dächer der Betriebsgebäude<br />
in der Lebensmittelindustrie einschließlich Kühlhäuser<br />
eingesetzt werden, muss abgesehen von bauphysikalischen<br />
<strong>und</strong> hygienischen Aspekten bei der Bauplanung<br />
betrachtet werden. Bei einem Entstehungsbrand tragen<br />
Sandwichelemente erfahrungsgemäß kaum zur Brandentwicklung<br />
bei, weil die ggf. brennbare Dämmschicht, z. B.<br />
Polyurethan, zunächst von der metallischen Deckschicht<br />
vor einer direkten Flammeneinwirkung geschützt ist.<br />
Diese Bauart weist in der Regel keine klassifizierte Feuerwiderstandsfähigkeit<br />
auf <strong>und</strong> versagt dementsprechend<br />
be<strong>im</strong> fortentwickelten Brand. Deshalb sollen Sandwichelemente<br />
nicht als Bauteile der inneren Abtrennungen<br />
eingesetzt werden, u. a. auch weil durch die betriebsnotwendigen<br />
Öffnungen in der jeweiligen Abtrennung die<br />
brennbaren Dämmstoffe für Flammen ggf. leichter<br />
zugänglich werden.<br />
Nach einem Brand besteht bei den vom Brandrauch<br />
erreichten Sandwichelementen vielfach die Befürchtung,<br />
dass die Zersetzungsprodukte des Brandes über Fugen in<br />
die zusammengesetzten Bauelemente eindringen <strong>und</strong><br />
später wieder heraus diff<strong>und</strong>ieren können. In diesem Fall<br />
werden die Bauelemente zur Vermeidung einer möglichen<br />
Beeinträchtigung der Lebensmittelhygiene ersetzt werden,<br />
4. Empfehlungen der Versicherer zum<br />
verstärkten Brandschutz<br />
Nach Schadenerfahrungen der Versicherer, die auf Gr<strong>und</strong><br />
auffälliger Schadenentwicklung in den letzten Jahren die<br />
aktuellen Schadenfälle eingehend analysiert haben, ist ein<br />
verstärkter <strong>und</strong> gezielter Brandschutz bei Betrieben der<br />
Lebensmittelindustrie sinnvoll. Durch eine erfolgreiche<br />
Schadenverhütung kann nicht nur der Verlust von Sachwert<br />
<strong>und</strong> eine ggf. folgenschwere Betriebsunterbrechung<br />
mit dem Verlust von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Markanteil vermieden,<br />
sondern auch das betriebliche bzw. unternehmerische<br />
Risikomanagement einschließlich des Versicherungsschutzes<br />
kann opt<strong>im</strong>al gestaltet werden. Eine auskömmliche<br />
Schadenquote z. B. kommt schließlich allen Versicherten<br />
zu Gute.<br />
Zum verstärkten Brandschutz haben Experten der Versicherer<br />
ein Muster-Schutzkonzept (VdS 3454) mit branchen-<br />
<strong>und</strong> betriebsartspezifischen Empfehlungen erarbeitet,<br />
das insbesondere aus folgenden Elementen besteht:<br />
– Schadenbeispiele zur Veranschaulichung typischen<br />
Schadenursachen (vgl. mit Bild 3), die mit Bezug auf<br />
Ursachen der Schadenentstehung <strong>und</strong>/oder des Schadenausmaß<br />
als Überzeugungsargumente aufbereitet<br />
sind<br />
– Systematische Nennung von allgemeinen Brandschutzmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> deren Schutzfunktionen, die in der
206 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Regel in anerkannten Regeln der Technik eingehend<br />
behandelt sind.<br />
– Übersichtliche Zuordnung prozess- <strong>und</strong> anlagentypischer<br />
Gefahren <strong>und</strong> Schutzmaßnahmen in Tabellenform,<br />
um eine gezielte Vermeidung <strong>und</strong> Begrenzung<br />
von Brandgefahren zu ermöglichen.<br />
– Schematische Darstellung einiger Betriebsabläufe als<br />
Beispiele, bei denen die betriebstypischen Gefahren<br />
<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Risiken, z. B. Betriebsunterbrechung<br />
(BU) gekennzeichnet sind (vgl. Tab. 1 für die<br />
Verpackungstechnik).<br />
Das neue Musterkonzept ist gemäß der Europäischen<br />
Lebensmittelrichtlinie insbesondere auf Betriebe der<br />
industriellen Be- <strong>und</strong> Verarbeitung sowie Herstellung von<br />
Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittel (Lebensmittel) fokussiert,<br />
die auf Gr<strong>und</strong> der Unternehmensgröße auch dem Mittelstand<br />
zugeordnet sein können. Die Erzeugung der Nahrungsmittel<br />
als Rohstoffe in der Landwirtschaft wird<br />
nicht behandelt.<br />
Als betriebstypische Prozesse <strong>und</strong> Anlagen sind u. a. zu<br />
nennen:<br />
– Anlagen der Elektro-, Kälte- <strong>und</strong> Kühltechnik sowie<br />
zur Dampferzeugung<br />
– Mahlanlagen <strong>und</strong> Silos<br />
– Anlagen zum Backen, Braten, Frittieren <strong>und</strong> Räuchern<br />
sowie Rösten<br />
– Thermoölanlagen, Trockner (Sprühtrockner) <strong>und</strong> Verpackungstechnik<br />
– Abluftanlagen <strong>und</strong> Lüfter (Filteranlagen).<br />
Hiermit sind sowohl die Anlagen <strong>und</strong> Prozesse der<br />
Haupt- <strong>und</strong> Hilfsbetriebe als auch die der <strong>Gebäudetechnik</strong><br />
erfasst. Für die konkrete Festlegung der Schutzmaßnahmen<br />
werden zudem auf die anerkannten Regeln der<br />
Technik insbesondere hingewiesen.<br />
Die schematischen Darstellungen der Betriebsprozesse<br />
sind beispielhaft erarbeitet für die Bäckerei, Brauerei,<br />
Kaffeerösterei <strong>und</strong> Herstellung von Schokoladen <strong>und</strong> Pizzen.<br />
Hierfür wurde als Novum ein neues Warnsymbol<br />
entwickelt (siehe auch Bild 3), um auf die besondere Relevanz<br />
der betreffenden Prozesse bzw. Anlagen für die<br />
Betriebsunterbrechung hinzuweisen.<br />
Tabelle 1. Übersicht prozesstypischer Gefahren <strong>und</strong> Schutzmaßnahmen – Versorgungstechnik.<br />
Gefahren/Risiken Schutzmaßnahmen (Regeln der Technik) Erläuterungen (Schutzziele)<br />
Verpackungsprozess: Verpackungsvorgänge (z. B. Blistern, Stretchen, Folienschrumpfen, Kartonieren), Verpackungsmaterial als Abfälle<br />
<strong>und</strong> Brandlast, Zwischenlagerung usw.<br />
Verpackungsvorgang:<br />
Z. B. Schweißen<br />
<strong>und</strong> Schrumpfen<br />
von Folien, was<br />
bei Betriebsstörung<br />
oder unsachgemäßer<br />
Handhabung<br />
zur lokalen Überhitzung<br />
<strong>und</strong> damit<br />
zur Brandentstehung<br />
führen kann.<br />
Verpackungsmaterial<br />
Zwischenlagerung<br />
(Quarantänelagerung)<br />
bei thermisch<br />
verpackten Waren.<br />
Einsatz von Verfahren ohne Wärme, z.B. Wickelstretchanlagen<br />
oder mit indirekter Wärmeübertragung,<br />
z.B. <strong>mittels</strong> Warmluft.<br />
Abschaltung der Wärmezufuhr bei Überschreitung<br />
der Max<strong>im</strong>altemperatur <strong>und</strong> be<strong>im</strong> Materialstau oder<br />
sonstigen Beriebsstörungen.<br />
Regelmäßige Reinigung <strong>und</strong> Instandhaltung von<br />
technischen Anlagen (DIN 31051, VdS 2000).<br />
Schulung <strong>und</strong> Sicherheitsunterweisung für das<br />
Bedienpersonal (VdS2213).<br />
Feuergefährliche Güter nicht in Schrumpffolien<br />
verpacken (VdS 2199).<br />
Verwendung von Verpackungsmaterial aus nichtbrennbaren<br />
oder schwerentflammbaren Stoffen.<br />
Aufstellen stationärer Anlagen in feuerbeständigabgetrennten<br />
Räumen, alternativ mit Objektschutz.<br />
Lagerung in feuerbeständig abgetrennten Räumen<br />
oder <strong>im</strong> Freien mit ausreichendem Abstand zu<br />
Gebäuden (VdS 2000).<br />
Vorhalten brennbarer Materialien <strong>im</strong> Verpackungsbereich<br />
max<strong>im</strong>al für den Tagesbedarf.<br />
Durchsetzten <strong>und</strong> Überwachen von Rauchverbot <strong>im</strong><br />
Verpackungsbereich (VdS 2000).<br />
Regelmäßiges Entfernen von Abfällen aus dem<br />
Verpackungsbereich.<br />
Untersuchen auf mögliche Gl<strong>im</strong>mreste am Ende der<br />
Schicht oder eines Arbeitstages mit Nachkontrolle<br />
nach etwa einer halben St<strong>und</strong>e sowie innerhalb der<br />
nächsten St<strong>und</strong>en.<br />
Zwischenlagern frisch geschrumpfter Einheiten vor<br />
dem Einlagern zum Auskühlen, z. B. in einem eigenständigen<br />
feuerbeständig angetrennten Raum oder<br />
<strong>im</strong> ausreichenden Abstand zu anderen Lagergütern.<br />
Eine lokale Überhitzung <strong>und</strong> damit eine Brandentstehung<br />
aus dem Verpackungsverfahren heraus soll vermieden<br />
werden.<br />
Eine Betriebsstörung als Ausgang einer lokalen Überhitzung<br />
soll vermieden werden.<br />
Eine Betriebsstörung duch unsachgemäße Handhabung<br />
bei der Verpackung soll vermieden werden.<br />
Die Entzündung von gefährlichen Lagerstoffen sowie<br />
der Verpackungsmittel soll verhindert werden.<br />
Die Brandausbreitung <strong>im</strong> Brandfall soll auf den Brandentstehungsraum<br />
begrenzt werden.<br />
Die Gefahr der Brandausbreitung <strong>im</strong> Brandfall soll<br />
durch die Begrenzung der Brandlast verringert werden.<br />
Die Gefahr der Brandentstehung soll durch die organisatorische<br />
Schutzmaßnahme min<strong>im</strong>iert werden.<br />
Die Begrenzung der Brandlast verringert einen größeren<br />
Brand <strong>und</strong> damit das Risiko der Brandausbreitung.<br />
Es soll versteckte Brandnester frühzeitig erkannt sowie<br />
der Verschleppung von Brand- <strong>und</strong> Gl<strong>im</strong>mnestern vorgebeugt<br />
werden.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 207<br />
Eine Checkliste zur Erstellung des<br />
betrieblichen Notfallplans r<strong>und</strong>en die<br />
Empfehlungen ab, um Betriebe der<br />
Lebensmittelindustrie be<strong>im</strong> Risikomanagement<br />
konkret zu unterstützen,<br />
etwa bei der Begrenzung der Betriebsunterbrechung<br />
<strong>im</strong> Fall eines Brandes<br />
<strong>und</strong> bei der Wiederinbetriebnahme<br />
nach einem Schaden.<br />
Der Entwurf dieses Muster-<br />
Schutzkonzeptes wird gemäß dem<br />
neuen Konsultationsverfahrens des<br />
GDV (Gesamtverband der deutschen<br />
Versicherungswirtschaft e. V.) demnächst<br />
<strong>im</strong> Internet veröffentlicht<br />
(siehe auch www.gdv.de <strong>und</strong> www.<br />
vds-industrial.de), um sowohl national<br />
als auch europäisch die Industrie<br />
<strong>und</strong> andere tangierten Fachkreise bei<br />
allen zukünftigen GDV-Publikationen<br />
einzubinden.<br />
Danach wird das Muster-Konzept (Bild 4) als GDV-<br />
Publikation zu Schadenverhütung bei VdS Schadenverhütung<br />
Verlag veröffentlicht <strong>und</strong> ist zum kostenfreien Download<br />
zudem auf der Webseite www.vds-industrial.de bereit<br />
gestellt. Damit sollen sowohl die Fachplaner für Betriebe<br />
der Lebensmittelindustrie als auch deren Betreiber dabei<br />
unterstützt werden, Brände <strong>und</strong> Brandschäden in der<br />
Bild 3. Eine Industriefritteuse verursacht einen Totalschaden des Gebäudebereichs <strong>und</strong> Symbole für die<br />
prozesstypischen Gefahren (Quelle: VdS 3454).<br />
betrieblichen Praxis nach Möglichkeit zu vermeiden <strong>und</strong><br />
ggf. zu begrenzen. Diese Empfehlungen der Versicherer<br />
sind auch deshalb hilfreich, weil in bauordnungsrechtlichen<br />
Brandschutzbest<strong>im</strong>mungen, z. B. Muster-Industriebau-Richtlinie,<br />
die prozess- <strong>und</strong> anlagentypischen Brandgefahren<br />
sowie die damit verb<strong>und</strong>enen Risiken nicht eingehend<br />
behandelt werden können.<br />
Bild 4. Deckblatt des Muster-Schutzkonzeptes <strong>und</strong> Beispiel Betriebstypische Abläufe für die Herstellung von Pizzen (Quelle: VdS 3454).
208 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
5. Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />
Bei der Planung, Errichtung <strong>und</strong> insbesondere be<strong>im</strong><br />
Betrieb von Gebäuden müssen verschiedene gesetzliche<br />
Anforderungen erfüllt werden, die z. B. als Gr<strong>und</strong>anforderungen<br />
in der europäischen Bauprodukten-Verordnung<br />
verankert sind. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang<br />
u. a. Hygiene <strong>und</strong> Brandschutz. Diese Anforderungen<br />
werden zudem jeweils durch nationale Festlegungen, z. B.<br />
Bauordnungsrecht <strong>und</strong> Arbeitsschutzbest<strong>im</strong>mungen,<br />
konkretisiert. Bei Betrieben der Lebensmittelindustrie gelten<br />
darüber hinaus, die gesetzlichen Vorgaben zu Lebensmittelhygiene<br />
umzusetzen <strong>und</strong> einzuhalten. Dabei müssen<br />
gemäß den aktuellen Schadenerfahrungen der Versicherer<br />
die erforderlichen Maßnahmen zum Brandschutz <strong>und</strong> für<br />
die Lebensmittelhygiene aufeinander abgest<strong>im</strong>mt werden.<br />
Damit soll ein technisch <strong>und</strong> wirtschaftlich opt<strong>im</strong>aler<br />
Gesamtschutz ermöglicht werden. Hierfür haben die Versicherer<br />
Empfehlungen zur Schadenverhütung als Hilfestellung<br />
für die Praxis erarbeitet <strong>und</strong> werden allen interessierten<br />
Kreisen diese als Orientierungshilfe zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Literatur<br />
Verordnung des europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 29.<br />
April 2004 über Lebensmittelhygiene (Nr. 852/2004).<br />
Verordnung über Anforderungen an die Hygiene be<strong>im</strong> Herstellen,<br />
Behandeln <strong>und</strong> Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung-LMHV).<br />
Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes<br />
zur Verbesserung der Sicherheit <strong>und</strong> des Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />
der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz –<br />
ArbSchG).<br />
Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung –<br />
ArbStättV).<br />
Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU:<br />
– Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz <strong>im</strong> Industriebau<br />
(Muster-Industriebaurichtlinie – MIndBauRL)<br />
– Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen<br />
an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen-Richtlinie M-<br />
LüAR1)<br />
– Muster-Verordnung über Prüfungen von technischen Anlagen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen nach Bauordnungsrecht (Muster-Prüfverordnung)<br />
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV),<br />
VdS Schadenverhütung Verlag, Köln (www.vds.de):<br />
– Brandschutz für Kühl- <strong>und</strong> Tiefkühllager, Leitfaden für die<br />
Planung, Ausführung <strong>und</strong> den Betrieb (VdS 2032) – Enthält die<br />
CEA-Publikation Schutz von Kühlräumen <strong>und</strong> anderen Kühlbereichen<br />
in der Produktion; CEA-Richtlinien (CEA 4050)<br />
– Sandwichelemente als raumabschließende Wand- <strong>und</strong> Dachbauteile,<br />
Brandschutz-Hinweise für die Planung, Ausführung<br />
<strong>und</strong> Instandhaltung (VdS 2244)<br />
– Lüftungsanlagen <strong>im</strong> Brandschutzkonzept, Merkblatt für Planung,<br />
Ausführung <strong>und</strong> Betrieb (VdS 2298)<br />
– Lebensmittelherstellung <strong>und</strong> -verarbeitung; Leitfaden zum<br />
Brandschutz (VdS 3454, in Vorbereitung)<br />
Industrieverband für Bausysteme <strong>im</strong> Metallbau e. V. (ehemals Galileo)<br />
Kreatives Bauen mit Sandwich; Infos für Planer, Handwerk<br />
<strong>und</strong> Bauherr:<br />
Neue Schriften<br />
VBI-Leitfaden „Oberflächennahe Geothermie“<br />
Der Verband Beratender Ingenieure VBI legt wichtige<br />
Arbeitshilfe für Ingenieure <strong>und</strong> Architekten vor – Schnittstelle<br />
zwischen Anlage <strong>im</strong> Boden <strong>und</strong> oberirdischem Teil<br />
genau definiert. Gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Energiewende<br />
bleibt das Thema Geothermie brandaktuell.<br />
Daher hat der Verband Beratender Ingenieure VBI seinen<br />
Leitfaden „Oberflächennahe Geothermie“ in dritter überarbeiteter<br />
Fassung nun deutlich erweitert.<br />
Ein interdisziplinär zusammengesetztes Autorenteam<br />
aus dem gleichnamigen VBI-Arbeitskreis hat eine verständliche<br />
Handlungsanleitung für Ingenieure, Architekten,<br />
Planer <strong>und</strong> Auftraggeber erarbeitet.<br />
Das Zusammenwirken von Fachleuten aller beteiligten<br />
Disziplinen <strong>im</strong> Planungsprozess <strong>und</strong> die sinnvolle Vernetzung<br />
ihrer Arbeit stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt des Leitfadens.<br />
Zudem werden die am Markt bereits etablierten Systeme<br />
<strong>und</strong> Technologien wie Sonden mit Zirkulationspumpen,<br />
Sonden mit Phasenwechsel, erdberührte Betonbauteile<br />
<strong>und</strong> Brunnenanlagen vorgestellt.<br />
Der VBI-Leitfaden definiert die Schnittstelle zwischen<br />
der Anlage <strong>im</strong> Boden <strong>und</strong> dem oberirdischen Teil. Unterschieden<br />
wird <strong>im</strong> Leitfaden konsequent zwischen Technischer<br />
Baugr<strong>und</strong>ausrüstung (TBA) <strong>und</strong> Technischer<br />
Gebäudeausrüstung (TGA). Neu behandelte Aspekte der<br />
dritten Auflage sind Tunnel, Verkehrsflächen, Bergwerke<br />
<strong>und</strong> Abwasser.<br />
Die Kapitel <strong>im</strong> Einzelnen: Systeme <strong>und</strong> Technologien,<br />
Geothermische Gr<strong>und</strong>lagenermittlung <strong>und</strong> Vorplanung,<br />
Bemessung <strong>und</strong> Auslegung, Projektablauf, Qualitätssicherung<br />
<strong>und</strong> Dokumentation, Genehmigungsfragen <strong>und</strong> Um -<br />
weltaspekte, Honorierung, Haftung <strong>und</strong> Mängelansprüche.<br />
Die r<strong>und</strong> 100 Seiten starke Broschüre kostet 13 Euro.<br />
VBI-Mitglieder erhalten Band 18 (3. Auflage) der VBI-<br />
Schriftenreihe zum Sonderpreis von 7,50 Euro je Exemplar.<br />
Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten.<br />
Bestelladresse: VBI Service- <strong>und</strong> Verlagsgesellschaft,<br />
Budapester Straße 31, 10787 Berlin, E-Mail: versand@<br />
vbi.de, Fax (030) 26062-100, www.vbi.de
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 209<br />
Schallschutz in heiztechnischen Anlagen in<br />
Anlehnung an VDI 2715<br />
Peter Lein VDI<br />
Schallschutz ist ein wesentliches Gütemerkmal eines<br />
Gebäudes <strong>und</strong> ist ausschlaggebend für das Wohlbefinden<br />
der sich darin aufhaltenden Personen.<br />
Nach § 15 MBO, „Wärme-, Schall-, Erschütterungsschutz“,<br />
wird gefordert:<br />
(2) „Gebäude müssen einen ihrer Nutzung entsprechenden<br />
Schallschutz haben. Geräusche, die von ortsfesten Einrichtungen<br />
in baulichen Anlagen oder auf Baugr<strong>und</strong>stücken<br />
ausgehen, sind so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare<br />
Belästigungen nicht entstehen.“<br />
Der bauliche Schallschutz in <strong>und</strong> an Gebäuden ist<br />
gewährleistet, wenn die Schalldämmung nach den Anerkannten<br />
Regeln der Technik ausgeführt wird. Die Schalldämmung<br />
dient der Minderung der Schallübertragung<br />
zwischen Räumen oder zwischen dem Außenbereich <strong>und</strong><br />
Räumen in Gebäuden durch schalldämmende Bauteile<br />
sowie durch schalldämmende Maßnahmen an Bauteilen<br />
<strong>und</strong> sonstigen übertragenden Elementen.<br />
Der bauliche Schallschutz wird durch D nT,w<br />
für den<br />
Luftschallschutz, L’ nT,w<br />
für den Trittschallschutz <strong>und</strong><br />
L AFmax,nT<br />
für Geräusche aus der Wasserinstallation <strong>und</strong><br />
gebäudetechnischen Anlagen beschrieben.<br />
Fehler bei der Planung des gebäudetechnischen Schallschutzes<br />
lassen sich nur vermeiden, wenn Architekt <strong>und</strong><br />
Fachplaner bereits von der Entwurfsphase an zusammenarbeiten.<br />
Nach Fertigstellung lassen sich Fehler häufig<br />
gar nicht oder nur mit großem Aufwand beheben.<br />
Zur Unterstützung der Planung hat der NALS zusammen<br />
mit dem VDI die Richtlinie VDI 2715, „Schallschutz<br />
an heiztechnischen Anlagen“, erarbeitet <strong>und</strong> herausgegeben.<br />
Diese Richtlinie gilt für heiztechnische Anlagen<br />
mit öl- <strong>und</strong> gasbeheizten Wärmeerzeugern mit Gebläsebrennern<br />
<strong>und</strong> deren Abgasanlagen, an die schalltechnische<br />
Anforderungen gestellt sind.<br />
Die Richtlinie gibt Hinweise<br />
– für den baulichen Schallschutz<br />
– für die Anforderung hinsichtlich der Geräuschemission<br />
– für die Aufstellung des Wärmeerzeugers <strong>im</strong> Aufstellraum<br />
– für die Abgasleitung <strong>und</strong> für die an der Mündung der<br />
Abgasanlage zu erwartende Geräuschemission<br />
– für das Aufzeigen von Maßnahmen zur Lärmminderung,<br />
die bei der Planung <strong>und</strong> Ausführung von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen<br />
zu empfehlen sind.<br />
Es wurde beschlossen, diese Richtlinie für aktuelle technische<br />
Weiterentwicklungen, wie Wärmeerzeuger für Festbrennstoff,<br />
KKW-Anlagen <strong>und</strong> Wärmepumpen, zu überarbeiten.<br />
Dipl.-Ing. Peter Lein, Ingenieurbüro, Im Eichengr<strong>und</strong> 13,<br />
13629 Berlin, E-Mail: peter@lein.com<br />
1. Geräuschemission<br />
1.1 Geräuschquellen der heiztechnischen Anlage<br />
Be<strong>im</strong> Betrieb einer heiztechnischen Anlage entstehen<br />
Luft- <strong>und</strong> Körperschall, die über Fußboden, Decken <strong>und</strong><br />
Wände sowie die Abgasanlage <strong>und</strong> Schächte in Nachbarräume<br />
<strong>und</strong> andere Räume auch ins Freie übertragen werden<br />
können (Bild 1).<br />
Es gibt beispielsweise folgende Geräuschquellen:<br />
– Gebläsebrenner/Wärmeerzeugersysteme<br />
– Druckhalte- <strong>und</strong> Volumenausgleichssysteme<br />
– Schalteinrichtungen<br />
– Umwälzpumpen<br />
– <strong>Heiz</strong>ölpumpen<br />
– Armaturen<br />
– Rohrleitungen<br />
– <strong>Heiz</strong>flächen <strong>und</strong> Thermostatventile<br />
– Abgasanlage.<br />
Geräusche von Bauteilen der heiztechnischen Anlage<br />
infolge von Druckstößen <strong>und</strong> Flüssigkeitsschlägen entstehen<br />
beispielsweise durch:<br />
– schnelle Schalthandlungen an Armaturen<br />
– Pumpen-/Gebläseausfall<br />
– Pumpenan- <strong>und</strong> -abfahren, Umschaltungen<br />
– Phasenänderung (Verdampfung <strong>und</strong> Kondensation)<br />
– Ansprechen von Druckentlastungseinrichtungen<br />
(Sicherheitsventile)<br />
– Schnelle Regelvorgänge<br />
1.2 Geräuschübertragungswege<br />
Die Geräuschübertragung aus dem Aufstellraum<br />
erfolgt durch Luftschall- <strong>und</strong> durch Körperschallübertragung.<br />
Mögliche Übertragungswege werden in Bild 1 gezeigt.<br />
1.3 Brenner- <strong>und</strong> Verbrennungsgeräusche<br />
Die wesentliche Geräuschquelle einer heiztechnischen<br />
Anlage, die zu Belästigungen führen kann, ist der Gebläsebrenner<br />
des Wärmeerzeugers.<br />
Diese sind<br />
– Anfahrgeräusche<br />
– Gebläsegeräusche<br />
– Verbrennungsgeräusche<br />
Be<strong>im</strong> Anfahren der Wärmeerzeugeranlage können beispielsweise<br />
durch ungünstige Abst<strong>im</strong>mung zwischen<br />
Gebläsebrenner <strong>und</strong> Wärmeerzeuger gegenüber dem<br />
Dauerbetrieb um bis 30 dB höhere A-bewertete Schalldruckpegel<br />
der Verbrennungsgeräusche auftreten, die auf
210 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Der A-bewertete Schalldruckpegel <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />
L pA,Verb<br />
<strong>und</strong> dessen spektrale Verteilung unmittelbar<br />
hinter dem Wärmeerzeugeraustritt sind von besonderer<br />
Bedeutung für die Auslegung von Abgasschalldämpfern.<br />
Soll zur Auslegung von Abgasschalldämpfern der<br />
Schalldruckpegel <strong>im</strong> Verbindungsstück frequenzabhängig<br />
best<strong>im</strong>mt werden, ist die Mündungsreflexion ∆ LA,Münd<br />
nach DIN EN ISO 14163 oder VDI 2081 Blatt 1 zu<br />
berücksichtigen.<br />
1.5 Installation<br />
Bild 1. Luftschallübertragungswege von Geräuschen des Wärmeerzeugers aus<br />
dem Aufstellraum mit Außenwandöffnung (Quelle: Informationsblatt 10, BDH).<br />
die plötzlich einsetzende Volumenexpansion des Brenn<strong>und</strong><br />
Abgases zurückzuführen sind.<br />
Strömungsgeräusche der Gebläse haben in der Regel<br />
einen wesentlichen Anteil an den Geräuschen aus heiztechnischen<br />
Anlagen. Weitere Geräusche können durch<br />
Drosseleinrichtungen <strong>und</strong> durch Unwucht, Lager- oder<br />
Schaufelschäden von Motor <strong>und</strong> Gebläse auftreten. Maßnahmen<br />
zum Schallschutz sind in Abst<strong>im</strong>mung mit dem<br />
Hersteller zu treffen.<br />
Die Verbrennungsgeräusche haben mehrere Einzelursachen:<br />
– Aerodynamische Geräusche<br />
Diese entstehen durch turbulente Strömungsvorgänge<br />
bei der Vermischung von Brennstoff <strong>und</strong> Luft. Der<br />
Geräuschanteil weist über einen breiten Frequenzbereich<br />
weitgehend gleiche Schalldruckpegel auf <strong>und</strong><br />
ist in der Regel vernachlässigbar<br />
– Flammengeräusche<br />
Diese sind Folge der bei der Verbrennungsreaktion auftretenden<br />
explosionsartigen Volumenänderungen, bei<br />
denen vorwiegend tiefe Frequenzen entstehen<br />
– Flammenerregte Hohlraumschwingungen<br />
Diese Geräusche werden durch Rückwirkung der<br />
Druckschwankungen <strong>im</strong> System Wärmeerzeuger/<br />
Abgasführung auf die Flamme erzeugt <strong>und</strong> sind durch<br />
tieffrequente Töne gekennzeichnet. Sie werden häufig<br />
be<strong>im</strong> Anfahren der Anlage angeregt.<br />
Das Verbrennungsgeräusch wird durch Abstrahlung von<br />
Brenner, Wärmeerzeuger <strong>und</strong> Abgasführung in den Aufstellraum<br />
des Wärmeerzeugers übertragen. Zur Verringerung<br />
der durch die Verbrennung verursachten Geräusche<br />
ist vor allem eine Abst<strong>im</strong>mung des Gebläsebrenner/Wärmeerzeugersystems<br />
erforderlich.<br />
1.4 Abgasanlage<br />
Die Abgasanlage besteht aus dem Verbindungsstück zum<br />
Wärmeerzeuger, gegebenenfalls dem Abgasschalldämpfer,<br />
der vertikalen Abgasleitung <strong>und</strong> der Mündung.<br />
Es wird vorgeschlagen, die Messungen an der Mündung<br />
der Abgasanlage nach DIN 45635-47 durchzuführen <strong>und</strong><br />
gegebenenfalls auf die Werte <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />
zurückzurechnen. Bezüglich der Messung <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />
gilt auch DIN EN ISO 5136.<br />
Neben den Geräuschen der Gebläsebrenner entstehen<br />
Fließgeräusche in der Rohrleitungsinstallation. Diese sind<br />
auf hohe Fließgeschwindigkeiten in best<strong>im</strong>mten Bereichen<br />
der Wärmeverteilung, z. B. in Ventilen, zurückzuführen.<br />
Hinzu können Geräusche von Pumpen übertragen werden.<br />
Daneben entstehen Knackgeräusche, die <strong>im</strong> Gegensatz<br />
zu Fließgeräuschen nicht direkt zu lokalisieren sind.<br />
Knackgeräusche werden irrtümlicherweise dem <strong>Heiz</strong>körper<br />
zugeordnet, weil diese Geräusche von der <strong>Heiz</strong>fläche<br />
an den Raum abgegeben werden.<br />
Ursachen für Knackgeräusche sind Dehnungsbewegungen<br />
des Wärmeverteilsystems bei kurzzeitigen, extremen<br />
Temperaturänderungen, z. B. bei Aufheizphasen.<br />
Insbesondere Dehnungen von Rohrleitungen in Bereichen<br />
von Wand-, Boden- <strong>und</strong>/oder Deckendurchführungen<br />
führen zu diesen Geräuschen.<br />
Mit der Ausdehnung der Rohrleitung treten Kräfte auf,<br />
die größer als die Haltekräfte durch Einzementieren sein<br />
können. Die Dehnungsspannungen bauen sich nicht stufenlos<br />
gleitend, sondern sprunghaft ab, was zu den Geräuschen<br />
führt.<br />
2. Geräusch<strong>im</strong>mission<br />
2.1 Allgemeines<br />
Als Geräusch<strong>im</strong>missionen werden nach dem BImSchG<br />
alle auf den Menschen <strong>und</strong> seine Umwelt einwirkenden<br />
Geräusche bezeichnet (vgl. § 3 Abs. 2 BImSchG). Hierzu<br />
gehören Geräusche von einer Schallquelle, z. B. eines<br />
Gebläsebrenners. Schädliche Immissionen sind Geräusche<br />
(Luft <strong>und</strong> Körperschall), die nach Art, Ausmaß oder<br />
Dauer geeignet sind, erhebliche Nachteile oder Belästigungen<br />
für Personen herbeizuführen. Diese lassen sich<br />
nur vermeiden, wenn die Schallabstrahlung (Geräuschquellen)<br />
wirksam reduziert wird.<br />
Die Europäische Union hat mit der RL 2002/49 Regelungen<br />
zu Geräusch<strong>im</strong>missionen erlassen. Ziel ist die<br />
Erfassung der Lärmbelästigung nach objektiven Kriterien<br />
sowie die Bekämpfung der Geräusch<strong>im</strong>missionen.<br />
2.2 Zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in<br />
schutzbedürftigen Räumen<br />
Die von einer heiztechnischen Anlage verursachten Geräusche<br />
dürfen nach DIN 4109 bzw. DIN 4109/A11 in fremden<br />
schutzbedürftigen Räumen die in Tabelle 1 genannten<br />
A-bewerteten Schalldruckpegel nicht überschreiten.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 211<br />
Tabelle 1. Zulässige A-bewertete Schalldruckpegel L AFmax<br />
von heiztechnischen<br />
Anlagen in fremden schutzbedürftigen Räumen.<br />
Wohn- <strong>und</strong> Schlafräume Unterrichts- <strong>und</strong> Arbeitsräume<br />
≤ 30 dB<br />
≤ 35 dB<br />
2.3 Immissionsrichtwerte in der Nachbarschaft<br />
Die Beurteilung der Geräusche von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen in<br />
der Nachbarschaft erfolgt nach TA Lärm. In diesem<br />
Zusammenhang wird auch der Umgang mit gegebenenfalls<br />
in der Nachbarschaft durch die heiztechnische<br />
Anlage auftretenden tieffrequenten Geräusch<strong>im</strong>missionen<br />
(f < 90 Hz) geregelt.<br />
Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen aus heiztechnischen<br />
Anlagen L Afmax<br />
, z. B. Starten der Gebläsefeuerung,<br />
dürfen die angegebenen Immissionsrichtwerte am Tage<br />
um nicht mehr als 30 dB(A) <strong>und</strong> in der Nacht um nicht<br />
mehr als 20 dB(A) überschreiten.<br />
Die TA Lärm gibt auch Immissionsrichtwerte für<br />
Immissionsorte innerhalb von Gebäuden an (Tabelle 2).<br />
Tabelle 2. A-bewertete Immissionsrichtwerte für Immissionsorte<br />
innerhalb von Gebäuden [nach TA Lärm].<br />
Betriebsfremde schutzbedürftige Räume<br />
tags<br />
35 dB<br />
nachts<br />
25 dB<br />
3. Schallschutzmaßnahmen<br />
3.1 Allgemeines<br />
Bei den Schallschutzmaßnahmen wird zwischen pr<strong>im</strong>ären<br />
<strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ären Maßnahmen unterschieden.<br />
3.2 Pr<strong>im</strong>äre Maßnahmen<br />
Pr<strong>im</strong>äre Maßnahmen sind beispielsweise<br />
– Planung <strong>und</strong> Ausführung mit Beachtung <strong>und</strong> Um -<br />
setzung der schallschutztechnischen Empfehlungen<br />
– Auswahl von Bauteilen mit nachgewiesenen schalltechnisch<br />
günstigen Eigenschaften (Prüfzeugnis)<br />
– Entkopplung angeregter Bauteile<br />
– Bedämpfung von Flächen, die nicht von<br />
anregenden Bauteilen entkoppelt werden können<br />
3.3 Sek<strong>und</strong>äre Maßnahmen<br />
Sek<strong>und</strong>äre Maßnahmen sind beispielsweise<br />
– Kapselung von Maschinen <strong>und</strong> Anlageteilen<br />
– Dämmung <strong>und</strong> Kapselung dominanter<br />
Geräuschquellen<br />
– Verschließen von Öffnungen durch Schalldämpfer<br />
3.4 Möglichkeiten des Schallschutzes<br />
3.4.1 Allgemeines<br />
Der bauliche Schallschutz <strong>und</strong> die zu erwartende<br />
Geräusch<strong>im</strong>mission in der Wohnnachbarschaft müssen<br />
best<strong>im</strong>mt werden, um die in schutzbedürftigen Räumen<br />
festgelegten A-bewerteten Schalldruckpegel nicht zu<br />
überschreiten.<br />
Bei Beginn der Planung müssen die A-bewerteten Schalldruckpegel<br />
der Gebläsebrenner/Wärmeerzeugereinheit <strong>im</strong><br />
Aufstellraum <strong>und</strong> in der Abgasleitung sowie die Geräusche<br />
an der Mündung der Abgasanlage bekannt sein.<br />
Bauliche Maßnahmen zur Verringerung der Körperschallübertragung<br />
sind <strong>im</strong> Allgemeinen aufwändig <strong>und</strong><br />
ergeben nur dann eine Verbesserung der Körperschalldämmung,<br />
wenn Körperschallbrücken konsequent vermieden<br />
werden.<br />
3.4.2 Anordnung von Aufstellraum, Abgasanlage<br />
<strong>und</strong> zugehörige Öffnungen<br />
Bei der D<strong>im</strong>ensionierung des Aufstellraumes des Wärme<br />
erzeugers ist darauf zu achten, dass dieser für Schallschutzmaßnahmen<br />
(z. B. Einbau <strong>und</strong> Demontage eines<br />
Abgasschalldämpfers, eines Kompensators <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />
<strong>und</strong> einer Schalldämmhaube) aus reichend<br />
Platz bietet. (siehe hierzu auch VDI 2050 Blatt 3).<br />
Eine wirksame Luftschalldämmung wird mit einer großen<br />
flächenbezogenen Masse von Wänden <strong>und</strong> Decken<br />
erreicht.<br />
Bei höheren Anforderungen an den Schallschutz kann<br />
der Aufstellraum vom Wohngebäude räumlich oder durch<br />
Fugen getrennt werden, um die Körperschallübertragung<br />
zu vermindern.<br />
Lüftungsöffnungen <strong>im</strong> Aufstellraum müssen so angeordnet<br />
oder mit ausreichend bemessenen Schalldämpfern<br />
ausgestattet sein, dass auf fremde oder zum Gebäude<br />
gehörende schutzbedürftige Räume keine unzumutbaren<br />
Geräusche einwirken, siehe TALärm.<br />
3.4.3 Körperschall<br />
Der Körperschall entsteht durch mechanische Schwingungen<br />
der heiztechnischen Anlage, vor allem aus der<br />
Gebläsebrenner/Wärmeerzeugeranlage <strong>und</strong> wird in F<strong>und</strong>amenten,<br />
Fußböden, Wänden sowie in den angeschlossenen<br />
Rohrleitungen <strong>und</strong> Abgasanlage weitergeleitet.<br />
Weitere Schallquellen sind Umwälzpumpen, Regelventile<br />
sowie Rohrleitungen.<br />
3.4.4 Luftschall<br />
Die Schallausbreitung von der Schallquelle, z. B. <strong>im</strong> Aufstellraum,<br />
in schutzbedürftige Räume wird durch einoder<br />
zweischalige Bauteile gemindert.<br />
Der Einsatz von Vorsatzschalen für Wände zur angestrebten<br />
Verbesserung der Luftschalldämmung von heiztechnischen<br />
Anlagen ist möglich, jedoch sind Vorsatzschalen<br />
wegen des tieffrequenten Charakters der Geräusche<br />
von <strong>Heiz</strong>ungsanlagen nur bei entsprechender fachlichen<br />
Auslegung erfolgversprechend.<br />
Eine hohe Schalldämmung ist nur möglich, wenn der<br />
Aufstellraum des Wärmeerzeugers vom Wohngebäude<br />
räumlich oder durch Fugen getrennt errichtet wird, das<br />
heißt die mögliche Geräuschübertragung über flankierende<br />
Bauteile min<strong>im</strong>iert wird.
212 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Die bauaufsichtlich geforderten Mindestanforderungen<br />
an die Luftschalldämmung von Bauteilen zwischen<br />
„besonders lauten“ <strong>und</strong> schutzbedürftigen Räumen können<br />
der Tabelle 5 in DIN 4109 entnommen werden.<br />
4. Schallschutzmaßnahmen<br />
4.1 Allgemeines<br />
Bei bestehenden heiztechnischen Anlagen, bei denen nicht<br />
klar erkennbar ist, ob Luft- oder Körperschallübertragung<br />
vorliegt, sind entsprechende Messungen erforderlich.<br />
Zuerst wird die Schallpegeldifferenz D zwischen Aufstellraum<br />
des Wärmeerzeugers <strong>und</strong> schutzbedürftigem<br />
Raum bei in Betrieb befindlicher Anlage gemessen.<br />
Anschließend wird bei abgeschalteter Anlage die Schallpegeldifferenz<br />
Da zwischen Aufstellraum des Wärmeerzeugers<br />
<strong>und</strong> schutzbedürftigem Raum nach DIN EN ISO<br />
140-4 best<strong>im</strong>mt. Ergeben sich bei beiden Messungen gleiche<br />
Schallpegeldifferenzen, liegt ausschließlich Luftschallübertragung<br />
vor.<br />
Bei Abweichungen der gemessenen Werte von mehr als<br />
3 dB überwiegt der Körperschallanteil <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mt bei<br />
Differenzen von mehr als 10 dB allein den Schalldruckpegel<br />
<strong>im</strong> schutzbedürftigen Raum.<br />
Nach diesen Ergebnissen sind die erforderlichen Maßnahmen<br />
einzuleiten.<br />
4.2 Körperschalldämmung<br />
Wärmeerzeuger, Trinkwassererwärmer, Ausdehnungsgefäße,<br />
Druckhaltesysteme, Vor- <strong>und</strong> Rücklaufverteiler mit<br />
den <strong>Heiz</strong>kreispumpen sind bei Bedarf körperschallgedämmt<br />
aufzustellen. Das Verteilnetz ist mit Körperschall<br />
dämmenden Rohrschellen zu installieren.<br />
Als Körperschall dämmende Unterlagen kommen<br />
punktförmige oder flächige elastische Materialien in<br />
Betracht. Hierzu ist die Richtlinie VDI 3727 Blatt 1<br />
„Schallschutz durch Körperschalldämpfung“ eine Planungsgr<strong>und</strong>lage.<br />
Weitere Hinweise zur Schwingungsisolierung<br />
<strong>und</strong> Körperschalldämpfung befinden sich in den<br />
Richtlinien VDI 2062 sowie in VDI 2081.<br />
Rohre sind frei durch Mauerdurchbrüche zu führen,<br />
wenn brandschutztechnische Bedingungen dies nicht verhindern.<br />
Sie dürfen nicht durch Mörtel <strong>und</strong>/oder Estrich<br />
am Ausdehnen gehindert werden, um Knackgeräusche zu<br />
vermeiden. Diese Geräusche können auch durch den hydraulischen<br />
Abgleich <strong>und</strong> eventuelle differenzdruckregelnde<br />
Maßnahmen abgestellt werden.<br />
Geräuschübertragungen durch <strong>Heiz</strong>flächen können<br />
vermindert werden, wenn die <strong>Heiz</strong>flächenbefestigung an<br />
der Wand körperschallisoliert durch entsprechende<br />
Kunststoffelemente an den Kontaktflächen zwischen<br />
Wandkonsole <strong>und</strong> <strong>Heiz</strong>körper erfolgt.<br />
4.3 Luftschalldämmung<br />
Zur Ermittlung der erforderlichen Luftschalldämmung<br />
zwischen einer vertikalen Abgasleitung <strong>und</strong> dem schutzbedürftigen<br />
Raum liegt ein detailliertes Rechenverfahren<br />
zurzeit jedoch noch nicht vor. Es wird deshalb empfohlen,<br />
schutzbedürftige Räume nicht unmittelbar an vertikale<br />
Abgasleitungen angrenzen zu lassen, sondern mindestens<br />
einen Raum mit geringerer Schutzbedürftigkeit (Küche,<br />
Bad, Abstellraum o. Ä.) dazwischen anzuordnen.<br />
4.3.1 Schalldämmhauben<br />
Mit Gebläsebrenner-Schalldämmhauben werden die<br />
A-bewerteten Schallleistungspegel <strong>und</strong> Schalldruckpegel<br />
reduziert. Die Minderung wird in Tabelle 3 dargestellt.<br />
Die Brennerkapselung muss so ausgelegt <strong>und</strong> gestaltet<br />
sein, dass eine ausreichende Brenn- <strong>und</strong> Kühlluftversorgung<br />
für Antriebsmotor <strong>und</strong> elektrische Schaltteile sichergestellt<br />
ist. Der saugseitige Druckverlust der Brennerkapsel<br />
ist bei der feuerungstechnischen Bemessung zu berücksichtigen.<br />
Weiterhin ist ausreichender Platz für Montage<br />
<strong>und</strong> Demontage der Schalldämmhaube vorzusehen.<br />
Tabelle 3. Erreichbare Minderung der A-bewerteten Schalldruckpegel<br />
durch Schalldämmhauben für Gebläsebrenner in Abhängigkeit<br />
von der Nennwärmeleistung des Wärmeerzeugers.<br />
Nennwärmeleistung P Kessel<br />
Minderung der A-bewerteten<br />
Schalldruckpegel (Einfügungsdämm-Maß)<br />
D I<br />
< 50 kW bis zu 20 dB bis zu 20 dB<br />
500 kW bis 1000 kW bis zu 22 dB<br />
> 1000 kW bis zu 24 dB<br />
4.3.2 Abgasschalldämpfer<br />
Die erforderlichen Einfügungsdämpfungs-Maße DI von<br />
Abgasschalldämpfern sind stark abhängig von den Verbrennungsgeräuschen<br />
der Gebläsebrenner/Wärmeerzeugereinheiten<br />
<strong>und</strong> den zulässigen oder vereinbarten Immissionsrichtwerten<br />
nach DIN 4109 (VDI 4100) <strong>und</strong> TA<br />
Lärm.<br />
Es sind besonders die Schalldruckpegel <strong>im</strong> Frequenzbereich<br />
von 31,5 Hz bis 1 000 Hz zu beachten, weil bei<br />
den niedrigen Frequenzen gr<strong>und</strong>sätzlich ein erhöhter Aufwand<br />
für die Dämpfung erforderlich ist, z. B. wesentlich<br />
größere Maße <strong>und</strong> Gewichte.<br />
Der abgasseitige Strömungswiderstand eines Abgasschalldämpfers<br />
muss bei der feuerungstechnischen Bemessung<br />
berücksichtigt bzw. vom Gebläsebrenner mit überw<strong>und</strong>en<br />
werden.<br />
4.3.3 Lüftungsschalldämpfer<br />
Zur Minderung von Geräuschen, die durch die Lüftungsöffnung<br />
des Aufstellraumes des Wärmeerzeugers in<br />
schutzbedürftige Räume übertragen werden, ist der Einbau<br />
eines Kulissenschalldämpfer mit geringem Druckverlust<br />
zweckmäßig.<br />
Wird die Frischluft <strong>mittels</strong> maschinellem Ventilator<br />
dem Aufstellraum des Wärmeerzeugers zugeführt, ist<br />
saug- <strong>und</strong> druckseitig ein ausreichend bemessener<br />
Absorptionsschalldämpfer vorzusehen. Zur richtigen <strong>und</strong><br />
opt<strong>im</strong>alen Auslegung des Schalldämpfers muss das <strong>im</strong><br />
Aufstellraum des Wärmeerzeugers vorhandene Schallspektrum<br />
zugr<strong>und</strong>e gelegt werden.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 213<br />
Je nach Ventilatorbauart <strong>und</strong> Einbauort kann zusätzlich<br />
eine Kapselung des Ventilatoraggregates notwendig<br />
werden.<br />
5. Schlussbemerkung<br />
Der Betrieb einer heiztechnischen Anlage führt gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
zu Geräuschen, die zu Beeinträchtigungen des<br />
Wohlbefinden von betroffenen Menschen führen können,<br />
wenn sie lauter als zulässig sind. In VDI 2715 als anerkannte<br />
Regel der Technik sind alle Maßnahmen beschrieben,<br />
die zur Dämpfung der entstehenden Geräusche führen<br />
können.<br />
Es wird beispielsweise empfohlen, Gebläsebrenner/<br />
Wärmeerzeugereinheiten vorzusehen, die einen best<strong>im</strong>mten<br />
A-bewerteten Schallleistungspegel unterschreiten.<br />
Sind konkrete Angaben über den A-bewerteten Schallleistungspegel<br />
vom Hersteller nicht zu erhalten, können die<br />
Angaben der Richtlinie hierzu herangezogen werden.<br />
Es sind auch die Berechnungsgleichungen aufgeführt,<br />
mit denen der zu erwartende A-bewertete Schalldruckpegel<br />
<strong>im</strong> Aufstellraum des Wärmeerzeugers sowie <strong>im</strong> Verbindungsstück<br />
der Abgasanlage näherungsweise berechnet<br />
werden kann.<br />
Die Bemessung der Luftschalldämmung zwischen Aufstellraum<br />
des Wärmeerzeugers <strong>und</strong> nächst benachbartem<br />
schutzbedürftigen Raum kann nach einer in der Richtlinie<br />
angegebenen Gleichung vorgenommen werden. Der<br />
Nachweis der tatsächlich erreichten Luftschalldämmung<br />
am Bau erfolgt durch Messungen nach DIN EN ISO 140-4.<br />
Ebenfalls sind Berechnungen nach VDI 2715 für die<br />
Auslegung der Federsteifen von Körperschall dämmenden<br />
Unterlagen möglich.<br />
Beachtung <strong>und</strong> Anwendung der Anerkannten Regeln<br />
der Technik, die in VDI 2715 <strong>und</strong> den anderen hier angeführten<br />
Regelwerken dokumentiert sind, ermöglichen es<br />
Planern <strong>und</strong> Unternehmern der Ausführung, wirksame<br />
Schallschutzmaßnahmen für heiztechnische Anlagen zu<br />
planen <strong>und</strong> zu verwirklichen.<br />
Ges<strong>und</strong>heitstechnische Gesellschaft<br />
Mitteilungen<br />
Am 19. April 2012 fand satzungsgemäß die Mitgliederversammlung<br />
<strong>im</strong> Hörsaal des Hermann-Rietschel-Institutes<br />
der TU Berlin statt. Tagesordnung: TOP 1: Der<br />
vorsitzende Prof. Dr. Külpmann erläutert den Geschäftsbericht.<br />
Insgesamt fanden <strong>im</strong> Berichtsjahr 12 Vortragsveranstaltungen<br />
statt mit technisch-wissenschaftlicher Aussprache<br />
<strong>und</strong> Nachsitzung. Inhaltlich wurden alle Sachgebiete<br />
der <strong>Gebäudetechnik</strong> behandelt sowie am Beispiel<br />
von ausgeführten ges<strong>und</strong>heitstechnischen Anlagen in<br />
Wohn-, Zweck- <strong>und</strong> Industriebauten der aktuelle Stand<br />
der Technik vermittelt. Im Dezember 2011 wurde eine<br />
Besichtigung als Gesamtveranstaltung von GG <strong>und</strong> VDI<br />
durchgeführt <strong>im</strong> Vattenfall-<strong>Heiz</strong>kraftwerk Barnackufer.<br />
Erstmals vertreten war die Ges<strong>und</strong>heitstechnische Gesellschaft<br />
<strong>im</strong> Mai 2011 auf dem 3. Forum Wohnungslüftung,<br />
veranstaltet von der HEA-Fachgemeinschaft für effiziente<br />
Energieanwendung e.V. <strong>und</strong> Solarpraxis AG. Um den<br />
Anspruch auf hohe Aktualität zu entsprechen, fand ein<br />
Koloquium TrinkWasser statt gemeinsam mit dem<br />
Umweltb<strong>und</strong>esamt.<br />
Satzungsgemäß wurde <strong>im</strong> Berichtszeitraum die denkmalgeschützte<br />
Grabstätte von Professor Hermann Rietschel<br />
durch Pflege in ehrendem Andenken gehalten. Die<br />
Fachvorträge zu GG-Veranstaltungen wurden <strong>im</strong> gi veröffentlicht<br />
sowie <strong>im</strong> Mitteilungsblatt der Ges<strong>und</strong>heitstechnischen<br />
Gesellschaft. Die Gesellschaft verzeichnet per<br />
31.12.2011 eine Mitgliederzahl von 704 (–8).<br />
TOP 2: Kassenbericht 2011 sowie Haushaltsplan 2012.<br />
Insgesamt ist eine positive Bilanz zu verzeichnen. Die<br />
2012 begonnenen Initiativen werden weitergeführt, besonders<br />
u. a. die Messepräsenz auf der bautec, Partner von<br />
lnnovationsmarkt <strong>Gebäudetechnik</strong>, 27. Berliner Ges<strong>und</strong>heitstechnische<br />
Tagung. Der Kassenbericht <strong>und</strong> der<br />
Haushaltsplan für 2012 wurden erläutert.<br />
TOP 3: Bericht der Kassenprüfer für das Geschäftsjahr<br />
2011. Kassenprüfer Dipl.-Ing. Peter Lein berichtet<br />
über die am 16. April 2012 in den Geschäftsräumen der<br />
Innung SHK Berlin durchgeführte Kassenprüfung. Keinerlei<br />
Beanstandungen.<br />
TOP 4: Entlastungen. Nach einer Würdigung der<br />
geleisteten Arbeit mit Worten des Dankes über die geleistete<br />
Arbeit bat der Sitzungsleiter Peter Lein die Anwesenden<br />
jeweils um Entlastung für den Vorsitzenden<br />
(Prof. Dr. Rüdiger Külpmann), die drei gleichberechtigten<br />
Stellvertreter (Dipl.-Ing. Charles Bittrich, Dipl.-Ing.<br />
Dirk Borrmann, Dipl.-Ing. Dietrich Wittmer), die<br />
Geschäftsführerin (Ass.HL Angelika Bopp) <strong>und</strong> den<br />
Schatzmeister (Dr. Klaus Rinkenburger). Entlastungen<br />
ohne Gegenst<strong>im</strong>men bei Enthaltung der anwesenden<br />
Betroffenen.<br />
TOP 5: Wahlen,Kassenprüfer. Für die Wahl der Kassenprüfer<br />
kandidierten die amtierenden Kassenprüfer<br />
Dipl.-Ing. Peter Lein <strong>und</strong> Dr.-Ing. Axel Rathey. Beide<br />
wurden satzungsgemäß ohne Gegenst<strong>im</strong>me bei Enthaltung<br />
der anwesenden Betroffenen erneut gewählt <strong>und</strong><br />
nahmen die Wahl an. Neu wurde bereits in den Vorstand<br />
gewählt auf der Jahreshauptversammlung 2011 Dipl.-Ing.<br />
Dirk Borrmann für Dipl.-Ing. Eduard Rabe, der <strong>im</strong> Mai<br />
2011 in den Ruhestand ging.<br />
TOP 6: Festsetzung der Aufnahmegebühr <strong>und</strong> der Mitgliedsbeiträge.<br />
Der aktuelle Status zu Mitgliedsbeirägen<br />
<strong>und</strong> Aufnahmegebühr wurden bestätigt.<br />
TOP 7: Beschlussfassung über eingegangene Anträge.<br />
Es lagen keine Anträge vor.<br />
TOP 8: Verschiedenes. Es lagen keine Anfragen vor.
214 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Risiken der Vertragsgestaltung werden bei<br />
Großprojekten unterschätzt<br />
Eigentlich hätte es ein großer Tag werden sollen. Am<br />
3. Juni, so war es geplant, sollte der neue Flughafen Berlin<br />
Brandenburg (BER) in Betrieb gehen. Wie manche Beteiligten<br />
erst kurz zuvor erfahren haben, muss die Eröffnung<br />
nun um 273 Tage, konkret auf den 17. März 2013, verschoben<br />
werden. Auch wenn es viele, die sich in den letzten<br />
Wochen die Baustelle angesehen hatten, bereits geahnt<br />
hatten, <strong>und</strong> einige der an diesem Großprojekt tätigen Planer<br />
<strong>und</strong> Ausführenden es auch schon gewusst hatten. Die<br />
Nachricht, dass der geplante Termin nicht zu halten ist,<br />
traf die Öffentlichkeit wie ein Schlag.<br />
Dabei ist es keine Seltenheit, dass öffentliche Bauprojekte<br />
ihrem ursprünglichen Zeitplan hinterherhinken –<br />
manchmal nur einige Tage, in anderen Fällen mehrere<br />
Jahre. Die Gründe für die Bauzeitverzögerungen sind<br />
vielfältig: So kommt es vor, dass Bauherren <strong>und</strong> Planer<br />
<strong>und</strong>/oder Bauunternehmer sich nicht einig sind oder die<br />
Planung in der Baupraxis gar nicht oder nur mit erhöhten<br />
Kosten umsetzbar ist. Baumängel, Zahlungsverzug oder<br />
Lieferschwierigkeiten – bei jedem Bauprojekt könnten<br />
zahlreiche Punkte ergänzt werden.<br />
Ein Gesichtspunkt ist bei der Suche nach den Ursachen,<br />
die in Berlin noch ganz am Anfang steht, bislang<br />
jedoch außer Acht gelassen worden: die Vertragsgestaltung,<br />
deren Aufgabe es ja gerade ist, den Vertragsparteien<br />
für unvorhergesehene <strong>und</strong> problematische Situationen<br />
Lösungen zur Verfügung zu stellen, <strong>und</strong> zwar bevor das<br />
Projekt in eine Schieflage gerät. Eine solche <strong>im</strong> Vertrag zu<br />
berücksichtigende Problemlage ist regelmäßig die (drohende)<br />
Insolvenz eines Planers <strong>und</strong>/oder eines Bauunternehmers,<br />
denn diese kann den Zeitplan von einem<br />
Moment zum anderen aus den Angeln heben. Auch das<br />
Flughafenprojekt Berlin ist hiervon nicht verschont<br />
geblieben. Die Insolvenz der IGK-IGR Ingenieurgesellschaft<br />
Kruck mbH, der Fachplanerin für die technische<br />
Gebäudeausrüstung (TGA), ist derzeit zwar von der<br />
Öffentlichkeit noch gar nicht in den Blick genommen<br />
worden, wird <strong>im</strong> Ergebnis jedoch vermutlich als eine der<br />
Hauptursachen des Desasters anzusehen sein, zumal dieses<br />
Büro – neben den Architekturbüros GMP <strong>und</strong> JSK –<br />
Gesellschafterin der Planungsgemeinschaft Flughafen<br />
Berlin Brandenburg International (PG BBI) war, der –<br />
nach Ausscheiden der insolventen IGK-IGR – viel zu spät<br />
der Auftrag entzogen worden war.<br />
Ein weiteres Negativbeispiel ist der Bau der Elbphilharmonie<br />
in der Hamburger HafenCity. Das seit 2007 <strong>im</strong><br />
Bau befindliche zukünftige Konzerthaus sollte ursprünglich<br />
2010 fertig werden <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 80 Millionen Euro kosten.<br />
Die Eröffnung wurde seitdem einige Male verschoben<br />
<strong>und</strong> ist aktuell für 2014 oder 2015 geplant. Die Kosten<br />
haben sich inzwischen vervielfacht, Schätzungen liegen<br />
mittlerweile bei knapp 480 Millionen Euro. Intransparente<br />
Verhandlungen, die Struktur des Bauvertrags, eine<br />
verfrühte Ausschreibung – die Reihe der Kritikpunkte ist<br />
auch hier lang. Die logische Konsequenz sind Schadenersatzklagen,<br />
die das Bauprojekt vermutlich weiter in die<br />
Länge ziehen werden. Auch hier ist die Frage der richtigen<br />
Vertragsgestaltung <strong>und</strong> -verhandlung <strong>und</strong> deren<br />
Verantwortlichkeit zu klären.<br />
„Für den Bauherrn bzw. den Investor eines Großbauprojekts<br />
ist nicht nur die Auswahl der Vertragspartner,<br />
sondern auch die richtige Vertragsgestaltung von kaum zu<br />
überschätzender Bedeutung. Dies zeigen auch die aktuellen<br />
Erfahrungen mit dem Flughafen Berlin Brandenburg“,<br />
so Dr. Andreas Koenen, Baurechtsspezialist <strong>und</strong><br />
Gründer der Baurechtskanzlei KOENEN RECHTS-<br />
ANWÄLTE. „Die termingerechte <strong>und</strong> mangelfreie Erledigung<br />
der geschuldeten Leistung sicherzustellen, muss<br />
Aufgabe <strong>und</strong> Ziel einer jeden Vertragsgestaltung sein.<br />
Vertragsgestaltung ist jedoch mehr als das Heraussuchen<br />
eines vermeintlich passenden Vertragsmusters. Genau dies<br />
ist allerdings die Realität, auch bei Großbauvorhaben.<br />
Wenn Google in diesem Bereich eine größere Rolle spielt<br />
als juristischer Sachverstand <strong>und</strong> baupraktische Erfahrung,<br />
braucht sich niemand zu w<strong>und</strong>ern, wenn es <strong>im</strong><br />
Ernstfall schiefgeht. Denn richtige Vertragsgestaltung<br />
fängt – wie dies bei der Planung <strong>im</strong> Übrigen eine Selbstverständlichkeit<br />
ist – bei der juristischen Gr<strong>und</strong>lagenermittlung<br />
an. Und hierauf wird in der Regel verzichtet“, so<br />
Koenen.<br />
Tiefer gehende Informationen<br />
Der erste Schritt bei den meisten Bauvorhaben ist die<br />
Erbringung der technischen Gr<strong>und</strong>lagenermittlung durch<br />
einen Architekten (Leistungsphase 1), der sich dabei<br />
jedoch – vor allem wenn er befürchten muss, diese Leistung<br />
als Akquisitionsleistung erbringen zu müssen – auf<br />
wenige Prüfungspunkte beschränkt. So fragt er in diesem<br />
Planungsstadium lediglich die baulichen Vorstellungen<br />
<strong>und</strong> finanziellen Möglichkeiten des Bauherrn ab, prüft die<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Nutzungsmöglichkeiten, st<strong>im</strong>mt den<br />
Leistungsbedarf ab <strong>und</strong> unterbreitet Vorschläge, welche<br />
weiteren Fachplaner hinzugezogen werden sollen. Dass<br />
hierdurch bereits wesentliche Weichen gestellt werden, ist<br />
häufig noch nicht einmal den Architekten bewusst.<br />
Anstatt bereits in diesem frühen Stadium rechtliche<br />
Gesichtspunkte einfließen zu lassen, sind juristische<br />
Tätigkeiten bei dem – in der Honorarordnung für Architekten<br />
<strong>und</strong> Ingenieure (HOAI) nachgebildeten – typischen<br />
Bauablauf in nur sehr eingeschränktem Umfang<br />
vorgesehen. Zudem werden sie in der Regel vom Architekten<br />
selbst erledigt: In der Leistungsphase 4 geht es um<br />
Fragen des öffentlichen Baurechts <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />
der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens. In den Leis-
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 215<br />
tungsphasen 6 (Vorbereitung der Vergabe) <strong>und</strong> 7 (Mitwirkung<br />
bei der Vergabe) geht es um die konkrete Vertragsgestaltung,<br />
die nach der Vorstellung der HOAI gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
zum Aufgabenbereich des Architekten gehört.<br />
Schließlich geht es in den Leistungsphasen 8 (Bauüberwachung)<br />
<strong>und</strong> 9 (Objektbetreuung in der Gewährleistungsphase)<br />
um die – stark juristisch geprägte – Durchsetzung<br />
von Mängelrechten.<br />
Da diese juristischen Aufgaben <strong>im</strong> Leistungskatalog<br />
des Architekten regelmäßig eine untergeordnete Rolle<br />
spielen, ist es diesem gesetzlich erlaubt, diese Aufgaben zu<br />
erledigen, ohne mit dem – die gewerbsmäßige Besorgung<br />
fremder Rechtsangelegenheiten beschränkenden – Rechtsdienstleistungsgesetz<br />
in Konflikt zu geraten. Dieses „Dürfen“<br />
führt, zum Leidwesen vieler Architekten, in der Praxis<br />
jedoch dazu, dass die Architekten diese Aufgaben<br />
auch erledigen müssen, weil sie – aus Sicht des Bauherrn<br />
– zu den Gr<strong>und</strong>leistungen des Architekten gehören <strong>und</strong><br />
durch das Architektenhonorar bereits bezahlt sind. Dabei<br />
ist jedenfalls den Architekten durchaus bewusst, wie<br />
schwierig <strong>und</strong> haftungsträchtig die juristischen Tätigkeiten<br />
sind <strong>und</strong> dass sie von ihren Haftpflichtversicherern<br />
dementsprechend nicht gern gesehen sind. Den Architekten<br />
gelingt es jedoch häufig nicht, ihre Auftraggeber<br />
davon zu überzeugen, dass es für diese letztlich sogar<br />
günstiger wäre, gleich von Beginn an einen Sonderfachmann<br />
Recht einzuschalten.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> hat sich in den vergangenen<br />
Jahren bei Großbauvorhaben neben den Architekten <strong>und</strong><br />
Generalplanern eine weitere Berufsgruppe etabliert: die<br />
dem Bauingenieurwesen entstammenden Baubetriebler,<br />
die – neben Projektmanagement, Projektsteuerung <strong>und</strong><br />
Baubetreuung – auch das „Vertrags-, Cla<strong>im</strong>- & Nachtragsmanagement“<br />
zwischenzeitlich fest in ihren Leistungskatalog<br />
aufgenommen haben. Ob diese Entwicklung<br />
die Probleme des Bauherrn <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />
Vertragsgestaltung lösen kann, erscheint fraglich, zumal<br />
die Frage der Wirksamkeit dieser Verträge in der Regel<br />
erst <strong>im</strong> Haftungsfall geklärt werden kann. Denn nur<br />
dann, wenn die juristischen Tätigkeiten unwesentlicher<br />
Bestandteil der <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehenden bautechnischen<br />
<strong>und</strong> baufachlichen Prüfung sind, Planungs-, Kontroll-<br />
<strong>und</strong> Koordinierungsaufgaben des Ingenieurbüros<br />
somit <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stehen, kann es sich bei einem Vertrags-,<br />
Cla<strong>im</strong>- oder Nachtragsmanagement um ein erlaubnisfreies<br />
Nebengeschäft <strong>im</strong> Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes<br />
handeln, wobei bei der auf den Einzelfall<br />
abzustellenden Entscheidung auch die Gesichtspunkte<br />
der Beeinträchtigung der Qualität <strong>und</strong> der Funktionsfähigkeit<br />
der Rechtspflege Berücksichtigung finden (vgl.<br />
Art. 1 § 5 RBerG bzw. § 5 Abs. 1 RDG sowie OLG Naumburg,<br />
Urteil vom 14.03.2008 – 10 U 64/07; BauR 2009,<br />
1171; BGH, Beschluss vom 25.09.08 – VII ZR 102/08;<br />
BauR 2009, 1171).<br />
So ist unter diesem Blickwinkel unter „Mitwirkung bei<br />
der Vergabe“ (Leistungsphase 7 der HOAI) lediglich die<br />
Vorbereitung üblicher Bauverträge, d. h. das Heraussuchen<br />
handelsüblicher Vertragsmuster zu verstehen.<br />
Diese müssen beispielsweise Gewährleistungsfristen,<br />
Skontovereinbarungen <strong>und</strong> übliche Vertragsstrafklauseln<br />
enthalten. Geht die Beratung hierüber hinaus, bewegt sich<br />
der Architekt/Bauingenieur auf dem Terrain, das der<br />
anwaltlichen Haupttätigkeit vorbehalten ist.<br />
Um vor diesem Hintergr<strong>und</strong> auf der vermeintlich<br />
sicheren Seite zu sein, beziehen Architekten <strong>und</strong> Bauingenieure<br />
üblicherweise die VOB/B in den Vertrag ein, jedoch<br />
ohne dabei zu beachten, dass die wirksame Einbeziehung<br />
an best<strong>im</strong>mte Voraussetzungen geknüpft ist, in den meisten<br />
Fällen auch gar nicht ausreicht <strong>und</strong> die sonstigen Vertragsbedingungen<br />
zudem in die VOB/B, die es schon seit<br />
den 1920er-Jahren gibt, eingreifen. Viele Architekten/<br />
Bauingenieure wissen nicht, dass es seit Anfang 2004 die<br />
bis dahin weitgehend geschützte „VOB/B als Ganzes“ gar<br />
nicht mehr gibt.<br />
Den Ingenieurbüros ist allerdings nicht damit geholfen,<br />
sich <strong>im</strong> Einzelfall selbst anwaltlichen Rat einzuholen. Die<br />
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, die ohne entsprechende<br />
Erlaubnis erbracht wird, wird nämlich nicht<br />
dadurch gerechtfertigt, dass sich der Handelnde (hier das<br />
Ingenieurbüro) seinerseits der Hilfe eines Rechtsanwalts<br />
bedient (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 166/06;<br />
GRUR 2009, 1077; MDR 2009, 1366; NJW 2009, 3242;<br />
WM 2009, 1953).<br />
Ob es sich <strong>im</strong> Fall des Flughafens Berlin Brandenburg<br />
bei den von den beauftragten Ingenieurbüros erbrachten<br />
juristischen Tätigkeiten <strong>im</strong> Einzelfall um ein untergeordnetes<br />
Nebengeschäft oder um erlaubnispflichtige Rechtsberatung<br />
handelte, werden vermutlich erst die Gerichte<br />
entscheiden. Eindeutig ist jedoch, dass die Folgen eines<br />
Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz für den<br />
Bauherrn, die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH,<br />
katastrophal wären. Denn wird die Grenze der erlaubten<br />
Rechtsberatung überschritten, wäre der Vertrag mit dem<br />
Ingenieurbüro nichtig, mit der Folge, dass der Bauherr<br />
auch keine (vertraglichen) Haftungsansprüche für den<br />
Fall der Schlechtleistung hätte <strong>und</strong> zudem auch kein Versicherungsschutz<br />
bestünde.<br />
Rechtlich zulässig ist das Vertrags-, Cla<strong>im</strong>- <strong>und</strong> Nachtragsmanagement<br />
durch ein Ingenieurbüro also <strong>im</strong>mer<br />
nur dann, wenn es sich um ein Nebengeschäft handelt,<br />
wobei die Erbringung einer best<strong>im</strong>mten Rechtsdienstleistung<br />
nicht als vertragliche Nebenleistung vereinbart sein<br />
darf.<br />
Ob <strong>im</strong> Ergebnis ein erlaubtes Nebengeschäft vorliegt,<br />
ist nach seinem Inhalt <strong>und</strong> Umfang sowie dem sachlichen<br />
Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung<br />
der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die<br />
Haupttätigkeit erforderlich sind. Ein Architekt bzw. Bauingenieur<br />
darf als Nichtanwalt also nur so weit rechtsberatend<br />
tätig werden, wie er für die Ausübung seiner<br />
Haupttätigkeit über Rechtskenntnisse verfügen muss.<br />
Und diese Rechtskenntnisse muss er <strong>im</strong> Rahmen der Ausbildung<br />
erworben haben oder sie sind für die Ausübung<br />
des Berufes eigentümlich <strong>und</strong> für die Haupttätigkeit erforderlich.<br />
Maßstab für die Abgrenzung zwischen erlaubter<br />
Tätigkeit (wirksamer Vertrag mit Haftung des Ingenieurs)<br />
<strong>und</strong> unerlaubter Rechtsberatung sind somit vor allem die<br />
Rechtskenntnisse, die die Architekten bzw. Bauingenieure<br />
<strong>im</strong> Rahmen ihrer Ausbildung üblicherweise erwerben<br />
(müssen), um ihren Beruf ausüben zu können. „Zum Studiengang<br />
Master of Science gehört auch das Bauvertragsrecht“,<br />
konstatiert Dr. Koenen, selbst Lehrbeauftragter
216 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
für Bauvertragsrecht am Institut Baubetrieb <strong>und</strong> Baumanagement<br />
der Universität Duisburg Essen. „Die angehenden<br />
Bauingenieure sollen die Gr<strong>und</strong>lagen des Bauvertragsrechts<br />
beherrschen <strong>und</strong> das wird in den Klausuren<br />
auch abgefragt. Vertragsgestaltung setzt jedoch sehr viel<br />
mehr als Gr<strong>und</strong>lagenwissen voraus. Vor allem gehören<br />
hierzu vertiefte Kenntnisse <strong>im</strong> Zivilprozessrecht, die Juristen<br />
erst nach dem ersten Staatsexamen abverlangt werden.<br />
Insofern gehört Vertragsgestaltung bei uns an der<br />
Universität Duisburg Essen selbstverständlich nicht zum<br />
Studienprogramm.“ Nichts anderes gilt <strong>im</strong> Übrigen für<br />
die Zusatzqualifikation Privates Baurecht an der Juristischen<br />
Fakultät der Universität Marburg, an der Dr. Koenen<br />
ebenfalls einen Lehrauftrag innehat. „Zwar geht die<br />
Ausbildung der Juristen in Marburg über drei Semester<br />
<strong>und</strong> nicht wie be<strong>im</strong> Masterstudiengang der Bauingenieure<br />
lediglich über ein Semester. Aber auch hier wäre es verfrüht,<br />
Kenntnisse in Vertragsgestaltung zu vermitteln.<br />
Man muss den Vertrag vom Ende her denken <strong>und</strong> gestalten,<br />
d. h. von dem zu vermeidenden Bauprozess. Und<br />
ohne vertiefte Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen in diesem<br />
Bereich bringt die Vermittlung des Wissens, wie Verträge<br />
gestaltet <strong>und</strong> ausgehandelt werden sollten, nicht viel.<br />
Insofern darf man dies von Bauingenieuren auch nicht<br />
erwarten. Und das tut auch niemand.“<br />
Wenn aber die Vertragsgestaltung wie auch andere<br />
über das Gr<strong>und</strong>lagenwissen hinausgehende juristische<br />
Themen in der Ausbildung keine Rolle spielen, hat dies<br />
unmittelbar Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Verträge<br />
mit Ingenieurbüros. Umso erstaunlicher ist es, dass<br />
Bauherren die Vertragsgestaltung nach wie vor Architekten<br />
<strong>und</strong> Ingenieuren überlassen. Die Erwartung des Bauherrn/Auftraggebers,<br />
er werde auf diese Problemlage von<br />
seinem Architekten/Ingenieur aufmerksam gemacht, ist<br />
unbegründet. Denn hierzu dürften diese gar nicht verpflichtet<br />
sein, zumal sie – anders als Rechtsanwälte, die<br />
dem Verbot der Tätigkeit <strong>im</strong> Bereich widerstreitender<br />
Interessen unterliegen (§§ 43a, 45, 46 BRAO) – nicht ausschließlich<br />
die Interessen ihres Auftraggebers vertreten<br />
müssen. Ein Interessenkonflikt hat nämlich nur die für<br />
den Bauherrn problematische Unwirksamkeit des Vertrages<br />
zur Folge. Nach § 4 RDG dürfen keine Rechtsdienstleistungen<br />
erbracht werden, die unmittelbaren Einfluss<br />
auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben<br />
können.<br />
Nach alledem sollte sich ein Bauherr, vor allem bei<br />
Großbauvorhaben, möglichst vor Erteilung eines Auftrages<br />
an eines der bei der späteren Realisierung des Baus<br />
beteiligten Unternehmen mit der vorrangigen Frage nach<br />
der richtigen Aufgabenverteilung <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen<br />
vertraglichen Ausgestaltung beschäftigen. „Der<br />
richtige Vertrag zum richtigen Zeitpunkt ist für den Erfolg<br />
eines Projekts von entscheidender Bedeutung“, so Dr.<br />
Koenen. „Auch be<strong>im</strong> Bauvorhaben Flughafen Berlin<br />
Brandenburg dürfte die Bauzeitverzögerung nicht nur auf<br />
die – häufig nur vorgeschobenen – technischen Probleme,<br />
sondern möglicherweise sogar vorrangig auf eine unzureichende<br />
Vertragsgestaltung zurückzuführen sein. Denn<br />
Probleme, wie sie jetzt in Berlin aufgetreten sind, kann<br />
man in der Regel in den Griff bekommen. Das ist jedenfalls<br />
Aufgabe <strong>und</strong> Ziel einer professionellen Vertragsgestaltung.“<br />
Weitere Informationen unter www.bauanwaelte.de<br />
Über KOENEN RECHTSANWÄLTE<br />
KOENEN RECHTSANWÄLTE ist eine ausschließlich<br />
auf Baurecht spezialisierte Anwaltskanzlei. Ein Team<br />
von derzeit acht Bauanwälten, die an den Standorten<br />
Essen, Hannover, Münster <strong>und</strong> Bielefeld standortübergreifend<br />
tätig sind, bietet neben außergerichtlicher <strong>und</strong><br />
gerichtlicher Vertretung auch baubegleitende Rechtsberatung<br />
an, <strong>und</strong> zwar von Beginn an, d. h. der Gr<strong>und</strong>lagenermittlung<br />
bis zur Bauausführung <strong>und</strong> Abrechnung.<br />
Gewerbliche <strong>und</strong> private Bauherren zählen<br />
ebenso zu den Mandanten wie Bauunternehmer, Architekten<br />
<strong>und</strong> Ingenieure.<br />
Von anderen Anwaltskanzleien unterscheidet sich<br />
das von dem Baurechtsspezialisten Dr. Andreas Koenen<br />
gegründete Anwaltsunternehmen vor allem durch seine<br />
konsequente Spezialisierung.<br />
Buchbesprechungen<br />
Everding, D.: Handbuch Barrierefreies Bauen. Leitfaden<br />
zur DIN 18040 <strong>und</strong> weitere Normen des barrierefreien<br />
Bauen Köln: Verlagsgruppe Rudolf Müller 2011. 275 S.,<br />
197 Abb., 18 Tab. Preis: € 69.00.<br />
Das Handbuch veranschaulicht praxisnah die neuen<br />
Anforderungen des barrierefreien Bauens <strong>und</strong> erläutert<br />
die Vorgaben der neuen DIN 18040 Teil 1 <strong>und</strong> 2. Dabei<br />
berücksichtigt die Autorin die Anforderungen an Wohnungen,<br />
öffentliche Gebäude <strong>und</strong> Arbeitsstätten, aber<br />
auch an Außen- <strong>und</strong> Verkehrsanlagen sowie an die barrierefreie<br />
Gestaltung von Städten <strong>und</strong> Gemeinden.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 217<br />
Über verbohrtes Deutsch in der Technik<br />
Verbohrt ist in der Sprache der Werkstatt ein Loch, das<br />
nicht genau an der richtigen Stelle sitzt. Nicht ganz richtig<br />
oder völlig daneben sind auch viele Wendungen in der<br />
Sprache des Ingenieurs.<br />
Außenluft ist nicht gleich Frischluft! Dieser Begriff<br />
wird fälschlicherweise für gezieltes Lüften gebraucht. Wie<br />
frisch eine Außenluft ist hängt jedoch in großem Maße<br />
davon ab, von wo die Außenluft zuströmt (über <strong>und</strong>ichte<br />
Fugen in Räumen) bzw. angesaugt wird. Im dicht befahrenen<br />
urbanen Raum wird alle nachströmende Außenluft<br />
in den seltensten Fällen mit dem Adjektiv frisch zu<br />
bezeichnen sein <strong>und</strong> nicht <strong>im</strong>mer die sauberste ist.<br />
„Frisch“ ist meist in diesem Zusammenhang auch eher als<br />
Gegenteil zur abgestandenen Luft gemeint, also der sauerstoffarmen,<br />
kohlenstoffdioxidreichen Luft, die sich in<br />
geschlossenen Räumen mit vielen Menschen bildet.<br />
„Frischluft“ ist eine unpräzise <strong>und</strong> umgangssprachliche<br />
Bezeichnung für „Außenluft“. Von außen in ein Gebäude<br />
einströmende Luft ist „Außenluft“.<br />
Mit der Einführung der neuen Einheiten ist in besserem<br />
Schrifttum das Wort Gewicht weitgehend durch das<br />
Wort Masse, gemessen in kg, ersetzt worden, wenn es<br />
sich um die Bezeichnung einer Menge handelt. Geblieben<br />
ist leider das hässliche Zwittergebilde Gewichtskraft<br />
(DIN 1305), womit der Druck einer Masse auf ihre<br />
Unterlage gemeint sein soll. Es bleibt unerfindlich, warum<br />
man hier nicht das schlichte Wort Schwere gewählt hat;<br />
sagt man doch auch nicht Gewichtskraftlosigkeit, sondern<br />
Schwerelosigkeit.<br />
In einer Zeit, da sich die Mengenlehre sogar Eingang in<br />
die Gr<strong>und</strong>schule verschafft hat, ist der Begriff der Wärmemenge<br />
nicht mehr vertretbar. Denn Wärme kann weder Teilmengen<br />
noch Schnittmengen, weder Vereinigungs- noch<br />
Komplementärmengen bilden. Statt Wärmemenge sagt man<br />
Wärmebetrag! Wie man ja auch von Geldbetrag spricht.<br />
Eine spezifisch technische Missbildung ist der Wärmeausdehnungskoeffizient.<br />
Nicht die Wärme dehnt sich aus,<br />
wie man diesem Wortgetüm vermuten müsste, sondern<br />
der erwärmte Gegenstand dehnt sich aus. Will man ausdrücken,<br />
es dehne sich gerade wegen der Erwärmung,<br />
nicht etwas wegen einer auf ihn wirkenden Zugkraft, so<br />
sollte man DIN 1304 folgen <strong>und</strong> vom thermischen<br />
Längs(aus)dehnungskoeffizienten sprechen, jedoch keinesfalls<br />
mit DIN 1345 vom Längenausdehnungskoeffizienten,<br />
dieweil sich nicht die Länge ausdehnt, sondern<br />
der Körper, <strong>und</strong> zwar in Längsrichtung.<br />
Man sage auch nicht Ausdehnungszahl, Wärmeleitzahl<br />
u.a.; denn Zahlen sind 1, 2, 3451 usw. Der Dehnungskoeffizient<br />
aber ist eine physikalische Größe. Eine solche ist<br />
das Produkt aus Zahlenwert mal Einheit.<br />
Eine Scheußlichkeit eigener Art ist der Wärmeaustauscher.<br />
Es wird auch nicht besser, wenn man Wärmetauscher<br />
daraus macht. Wer etwas mit Wärmeüber tragung<br />
zu tun hat, weiß doch, dass Wärme stets vom wärmeren<br />
zum kälteren Körper fließt. Da jedoch Tausch, wie in<br />
jedem Lexikon zu lesen ist, die Hingabe eines Gutes (oder<br />
Gedankens = Gedankenaustausch) gegen Überlassung<br />
eines anderen ist, also eine Wechselseitigkeit bedingt,<br />
kann der nur in eine Richtung sich vollziehende Wärmefluss<br />
niemals als Tausch bezeichnet werden. Wärmetauscher<br />
ist also einwandfrei Unsinn (ohne Sinn). Man<br />
sage schlicht <strong>und</strong> einfach Wärmeübertrager, Vorwärmer,<br />
Kühler usw. Je nach den Umständen.<br />
Dass Stärke entweder eine chemische Substanz<br />
best<strong>im</strong>mter Zusammensetzung ist oder der Ausdruck für<br />
eine Kraft oder gar Leistung (früher z. B. Pferdestärke),<br />
hat sich allmählich herumgesprochen. Man hört aber<br />
jedoch noch gelegentlich das Wort Wandstärke anstelle<br />
von Wanddicke.<br />
Nicht nur Techniker verwenden das falsche hoch. Man<br />
fährt z.B. mit dem Lift hoch, anstatt nach oben oder aufwärts.<br />
Man merke: Hoch bezieht sich <strong>im</strong>mer auf einen<br />
Zustand, nie auf eine Richtung. Man kann wohl hochfahren<br />
(Betonung auf fahren), wenn man auf einer Hochstraße<br />
(etwa in den Alpen) dahinfährt. Hoch geht <strong>im</strong>mer<br />
nur dann, wenn auch tief st<strong>im</strong>mt. Hochstapler, Hochbau<br />
sind richtig. Ebenso st<strong>im</strong>men Tiefstapler, Tiefbau, wenn<br />
man in der Tiefe stapelnde Geräte oder jene Technik<br />
meint, die sich mit Bauarbeiten in oder unter der Erde<br />
beschäftigt. In diesem Sinne sind auch Hochdruck <strong>und</strong><br />
Tiefdruck richtige Wortbildungen in einer Wetterangabe.<br />
Man mag zur Energiewende stehen wie man will – die<br />
Mehrheit der Deutschen befürwortet einen beschleunigten<br />
Ausstieg aus der Kerntechnik. Und der Mehrheitswille<br />
hat in einer Demokratie Gewicht. Dennoch muss ein<br />
solcher Umstieg streng rational nach Möglichkeiten,<br />
Risiken, Zeitabläufen <strong>und</strong> nicht zuletzt nach ökonomischen<br />
<strong>und</strong> den realen ökologischen Konsequenzen<br />
analysiert <strong>und</strong> bewertet werden. An der Rationalität der<br />
derzeit ablaufenden Prozesse ist Zweifel mehr als angebracht.<br />
Es steht schon über dem Ganzen ein wissenschaftlich<br />
absurder Begriff: „Erneuerbare“ Energien. Die<br />
Hauptsätze der Thermodynamik bekommen eine Gänsehaut.<br />
Dem „erneuerbaren“ ist nachhaltig Hausverbot zu<br />
erteilen. Selbstverständlich sollen auch die Exponenten<br />
von Interessengruppen zu Wort kommen. Wenn aber die<br />
Aussagen einzelner Experten in Überschriften so verwendet<br />
werden, als ob es sich um unumstößliche Fakten handelt<br />
– <strong>und</strong> nicht um deren Meinung – dann ist das wenig<br />
nützlich. So werden interessante Entwicklungen – etwa<br />
Elektromobilität, Hybridtechnik, Offshore-Technik usw.<br />
– zu abgesicherten Antworten auf Zukunftsprobleme<br />
hochstilisiert. Konkret machte man Kl<strong>im</strong>aprognosen an<br />
einer einzigen, über h<strong>und</strong>ertfünfzig Jahre alten bayerischen<br />
Messung fest.<br />
Solarenergie bezeichnet die Energie, die in der Sonne<br />
entsteht <strong>und</strong> uns in Form von Sonnenlicht erreicht. Daraus<br />
wiederum technisch Strom oder Wärme gewinnen.<br />
Das Wort Solarenergie ist ein Fremdwort. Es stammt aus<br />
anderen Sprachen. Zu einem Teil kommt es aus dem Latei-
218 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
nischen, der Sprache, die die alten Römer gesprochen<br />
haben. Dort heißt sol Sonne <strong>und</strong> solaris zur Sonne gehörig.<br />
Griechisch heißt Sonne helios. Der zweite Teil des<br />
Wortes Solarenergie stammt aus dem Griechischen. Energie<br />
kommt von en ergon, was soviel heißt, wie von innen<br />
wirkend. Unter Energie versteht man nämlich in der Wissenschaft<br />
Physik, die Fähigkeit Arbeit zu ver richten.<br />
Welche Bedeutung hat die Beschreibung der Eigenschaft<br />
eines Flächenheizsystems mit „leicht“ bzw.<br />
„schwer“ nach DIN V 18599-5: 2007-02 Tabelle A.6?<br />
Nach dieser Norm mit dem Titel „Korrekturfaktor für<br />
Teillastbetrieb“ in Kapitel 6.4.2.6.1 dargelegten Gr<strong>und</strong>sätze<br />
takten Wärmepumpen mit Verdichtern ohne Leistungsregelung<br />
<strong>im</strong> Teillastbetrieb. Durch dieses „Takten“<br />
was nichts anderes ist, als das Ein- <strong>und</strong> Abschalten des<br />
Verdichters, entstehen Verluste, welche die Leistungszahl<br />
(COP) einer Wärmepumpe reduzieren. Die Berechnung<br />
der Leistungszahl <strong>im</strong> Teillastbetrieb erfolgt nach ge -<br />
nannter Norm in Gleichung (80). In dem Korrekturfaktor<br />
für den Teillastbetrieb werden die thermische Tätigkeit<br />
des Verdichtersystems <strong>und</strong> der Wärmepumpe sowie die<br />
Laufzeit der Wärmepumpe berücksichtigt. Für elektrisch<br />
betriebene Wärmepumpen werden <strong>im</strong> Anhang A zur<br />
DIN V 18599-5 für die Abgabesysteme (Wärmeübergabe)<br />
Konvektoren/Radiatoren <strong>und</strong> Flächenheizung in Abhängigkeit<br />
des äquivalenten Wassergehalts in Litern/kW <strong>und</strong><br />
des Lastfaktors in Prozent (für Konvektoren/Radiatoren,<br />
siehe Tabelle A.5) sowie der Eigenschaft „leicht“ bzw.<br />
„schwer“, dem Abstand der Rohre <strong>und</strong> des Lastfaktors in<br />
Prozent (für Flächenheizungen, siehe Tabelle A.6)<br />
Korrekturfaktoren für den Teillastbetrieb angegeben. Bei<br />
der Beschreibung der Eigenschaften eines Verteilersystems<br />
für Flächenheizungen nach Tabelle A.6 werden die<br />
Bezeichnungen „leicht“ <strong>und</strong> „schwer“ verwendet, für die<br />
sich in der Ausgabe DIN V 18599: 2007-02 keine weiterführende<br />
Informationen in der Bedeutung finden.<br />
Das Informationsservice der Heilmann Software IT<br />
GmbH (Dipl.-Ing. Lutz Friederichs) hat be<strong>im</strong> „Infoportal<br />
Gebäudebilanzierung“ der DENA nachgefragt, was bei<br />
der Beschreibung der Eigenschaft eines Flächenheizsystems<br />
unter „leicht“ bzw. „schwer“ zu verstehen ist <strong>und</strong><br />
nachfolgende Antwort erhalten: „ In DIN V 18599-5:<br />
2007-02 werden in Tabelle A.6 Korrekturfaktoren für den<br />
Teillastbetrieb elektrisch angetriebener Wärmepumpen mit<br />
Flächenheizsystemen angegeben. Dabei erfolgt eine Differenzierung<br />
der Werte für „leichte“ <strong>und</strong> „schwere“ Flächenheizungen.<br />
Eine Definition für diese Kategorien gibt es <strong>im</strong><br />
Teil 5 von 2007, ebenso wie <strong>im</strong> Teil 100 von 2009, nicht.<br />
Inhaltlich sind unter „schwer“ nassverlegte Systeme zu verstehen.<br />
Leichte Systeme sind trocken verlegt. Die Neuausgabe<br />
der DIN V 18599: 2011 wird folgende Klarstellung<br />
beinhalten: „Schwer“: nassverlegte Systeme, alle anderen<br />
Systeme sind als „leicht“ einzustufen.“. Unter Fachleuten<br />
sind die Systeme Typ A <strong>und</strong> Typ C in DIN EN 1264 als<br />
„nass verlegt“ anzusehen.<br />
Natura non facit saltus<br />
Ein weiterer irreführender Begriff: Die Wirtschaft macht<br />
einen Quantensprung. Sprachlich haben die Deutschen<br />
eine ausgeprägte Vorliebe für die Atomphysik. Wo man<br />
hinhört, ist vom „Quantensprung“ die Rede. Besonders<br />
die Politiker schmücken sich mit dem gelehrt klingenden<br />
Fachausdruck. Auf seinem Weg von der Wirtschafts- in<br />
die Umgangssprache hat der Quantensprung einen<br />
erstaunlichen Bedeutungswandel durchlaufen. In der<br />
Sprache der Evolutionsbiologie würde man sagen: Hier<br />
ist eine Mutation entstanden, die sich stark ausgebreitet<br />
hat <strong>und</strong> offenbar bislang noch keinerlei Selektionsdruck<br />
unterliegt. Die Quantenmechanik ist ein seit Jahrzehnten<br />
kultiviertes Mysterium. Es gilt als allgemein bekannt,<br />
dass man die ihr zugr<strong>und</strong>e liegenden Phänomene zu<br />
akzeptieren hat, weil sie prinzipiell unbegreiflich sind.<br />
Das von Goethe über die Natur gesagte: „Sie macht<br />
keine Sprünge“, ist ja der alte dogmatische Satz: Natura<br />
non facit saltus. Hierzu hat die moderne Physik eine<br />
ablehnende Stellung eingenommen, <strong>und</strong> zwar vornehmlich<br />
auf Gr<strong>und</strong> der Entdeckung in Plancks Schrift von<br />
den „Quantensprüngen“ des Lichts. Bekanntlich zeigte<br />
Planck, dass bei Schwingungen einer gegebenen Frequenz<br />
(d.h. Anzahl Schwingungen pro Sek<strong>und</strong>e) nicht alle Energiebeträge<br />
auftreten können, sondern nur <strong>im</strong>mer 1 h, 2 h,<br />
3 h usw. Diese Quantenhypothese steht nun <strong>im</strong> Widerspruch<br />
zu jenem alten Satz, „<strong>und</strong> wenn nicht alle Zeichen<br />
trügen, so sind die Tage seiner Gültigkeit gezählt“<br />
(M. Planck, Neue Bahnen der physikalischen Erkenntnis,<br />
Leipzig 1914, S. 14). Dazu wäre be<strong>im</strong> „unstetigen Gr<strong>und</strong>vorgang<br />
der Mikrophysik“ einschränkend zu bemerken,<br />
dass die Größe h (Plancksche Konstante) allerdings „so<br />
klein ist, dass die Abweichung von der Stetigkeit nur<br />
bemerkbar wird, wenn die Messung einen sehr hohen<br />
Genauigkeitsgrad erreicht“ (B. Russel, Mensch <strong>und</strong> Welt,<br />
1930, S. 111). Eine bildliche Darstellung des Zusammenfallens<br />
zwischen Stetigkeit (nach der klassischen Physik)<br />
<strong>und</strong> Quantensprüngen gibt Eddington (Das Weltbild der<br />
Physik, Braunschweig, 1931, S. 196): „Am Dienstag renne<br />
ich die Stufen hinunter <strong>und</strong> am Mittwoch rutsche ich das<br />
Geländer hinab. Wenn aber die Treppe aus einer unendlichen<br />
Anzahl unendlich kleiner Stufen besteht, so ist kein<br />
wesentlicher Unterschied zwischen meiner Fortbewegungsart<br />
an diesen beiden Tagen.“<br />
In seiner ursprünglichen Bedeutung ist der Quantensprung<br />
ein Übergang zwischen zwei Werten einer physikalischen<br />
Größe <strong>im</strong> atomaren Bereich. Ein Quant ist die<br />
kleinste Einheit, ein Lichtquant, ein Wirkungsquant. Die<br />
Quantentheorie erforscht den Ursprung des Seins. Sie<br />
sucht zu finden, woraus die ganze Welt <strong>im</strong> Makrokosmos<br />
besteht. Da <strong>im</strong> Atomaren alle Größen diskrete (abgegrenzte)<br />
Werte annehmen, sind solche Veränderungen<br />
<strong>im</strong>mer sprunghaft <strong>und</strong> in den meisten Fällen nicht mit<br />
einer quantitativen Änderung des Systems verb<strong>und</strong>en.<br />
Typisch für den Quantensprung ist, dass er winzig ist <strong>und</strong><br />
in sehr kurzer Zeit abläuft. – Die zweckentfremdete<br />
Anwendung des Begriffs hat allerdings seine ursprüngliche<br />
Bedeutung vollständig auf den Kopf gestellt. Nun<br />
wird er benutzt, ob statt kleiner atomarer Schritte große<br />
qualitative Sprünge zu beschreiben. Nur durch diesen<br />
inhaltlichen Wandel konnte sich der Quantensprung<br />
selbst bis ins Feuilleton <strong>und</strong> auf die Wirtschaftsseite vorarbeiten.<br />
– Was steckt hinter diesem Bedeutungswandel,<br />
bei dem jedem Physiker die Haare zu Berge stehen? Dass
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 219<br />
jemand be<strong>im</strong> sinnbild lichen Gebrauch eines Fachausdrucks<br />
einmal fulminant danebenhaut, ist nicht der Rede<br />
wert. Die Tatsache, dass dieser Ausrutscher <strong>im</strong>mer wieder<br />
produziert wird, lässt tiefer blicken. Hier tritt eine Vorliebe<br />
für bedeutungsschwere Worthülsen zu Tage, wie wir<br />
sie von der Werbung ständig zu hören bekommen. Offenbar<br />
erregt <strong>im</strong> Zeitalter der Superlative ein gewöhnlicher<br />
Sprung durch Abheben der Beine vom Boden keine Aufmerksamkeit<br />
mehr. Da muss dann schon der Quantensprung<br />
als eine Art „Supersprung“ herhalten. Echte<br />
Quantensprünge sind nun einmal nur in der Summe ein<br />
deutlich wahrnehmbares <strong>und</strong> damit interessantes Phänomen.<br />
Wer aber würde sich für die Quantensprünge der<br />
Arbeitslosigkeit der Wirtschaft interessieren - wenn sie –<br />
physikalisch korrekt – die Freisetzung oder Einstellung<br />
einer einzelnen Arbeitskraft beschrieben? Für Germanisten<br />
könnte sich hier ein interessantes Arbeitsgebiet eröffnen:<br />
„Die Ausbreitungs geschichte des Quantensprungs in<br />
der deutschen Alltagssprache unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Rück wirkungen auf die theoretische Physik“<br />
– das wäre doch ein Promotionsthema mit dem<br />
Untertitel: „Quanten <strong>und</strong> Quasseler“.<br />
Wir sollten den Verkündern von Quantensprüngen<br />
nicht auf den Sprachle<strong>im</strong> gehen. Ein Blick ins Internet<br />
zeigt fast 4000 Webseiten zum Stichwort „Quantensprung“.<br />
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie den Begriff<br />
in aller Regel falsch auslegen. Ein groteskes Missverständnis<br />
ist an die Stelle der nüchternen, korrekten Fakten<br />
getreten <strong>und</strong> hat sie ins Gegenteil verkehrt. Ob die<br />
tönenden Herolde des Fortschritts, die ihre Botschaften<br />
mit dem Signalbegriff so gerne eine Aura naturwissenschaftlicher<br />
Gewissheit zu verleihen wünschten, vielleicht<br />
sogar wissen, dass sie ihren Erfolgsmeldungen ein kümmerliches<br />
Zeugnis ausstellen, wenn sie das Quanten-Maß<br />
anlegten? Handelt es sich um bewusste Sprachmanipulation<br />
– eine Aussage mit Hintertür? Oder gibt es wo -<br />
möglich noch eine andere Erklärung? Bewegen sich die<br />
doppelzüngigen Propagandisten in Politik, Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Wissenschaft gar auf zweisprachlichen Ebenen<br />
gleichzeitig, von denen die eine die andere gleisnerisch<br />
überlagern soll? In der Gaunersprache nämlich bedeuten<br />
„Quanten“ große Füße oder auch Schuhe. Mag ja sein,<br />
dass man mit großen Schuhen weiter Sätze fertig bringen<br />
kann, <strong>und</strong> dass, wer auf großem Fuße lebt, gerne auch<br />
große Sprünge macht. So gesehen bekommt die schillernde<br />
Worthülse vom gewaltigen „Quantensprung“ eine<br />
neue, freilich bedenkliche Bedeutungsnuance.<br />
Im „Kleinen Muret-Sanders“ steht unter Quantensprung:<br />
Entscheidender Schritt nach vorn, (endgültiger)<br />
Durchbruch. – Für alle Begriffe aus dem atomaren<br />
Bereich gilt jedoch: Sie sind unvorstellbar klein – die<br />
Entfernung zum erdnächsten Fixstern (viereinhalb Lichtjahre)<br />
wäre dagegen ein Katzensprung.<br />
Auch das noch: Die Kommunikationstechnik steht vor<br />
einem Quantensprung, d. h. zur faszinierenden Wissenschaft<br />
des Allerkleinsten.<br />
Quanten sind bloß große Füße. Mit ihnen könnte man<br />
durch einen Quantennebel direkt <strong>im</strong> Quantenschaum landen,<br />
wohin der dumm-deutsche Quantensprung gehört.<br />
Klaus W. Usemann<br />
Patentschau<br />
Vorrichtung <strong>und</strong> Verfahren zur Durchflusssteuerung von<br />
solarbetriebenen Trinkwasser-Durchflussgeräten<br />
DE-PS 102008028984, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
05.11.2009, Patentinhaber: Robert Bosch GmbH,<br />
70469 Stuttgart<br />
Die Erfindung betrifft eine Trinkwasserversorgungsanlage,<br />
eine Vorrichtung <strong>und</strong> ein Verfahren zur Durchflusssteuerung<br />
für ein solarenergiebetriebenes Warmwasser-<br />
Durchflussgerät insbesondere für eine Trinkwasserversorgung<br />
mit Durchlauferhitzer, umfassend: ein Leitungssystem<br />
zum Leiten von Trinkwasser, welches ausgangsseitig<br />
mit einem Verbraucher <strong>und</strong> eingangsseitig mit einem Pr<strong>im</strong>ärwasservorrat<br />
<strong>und</strong> einem Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat über<br />
mindestens ein Umschaltventil verbindbar ist, sodass je<br />
nach Schaltung des Umschaltventils Trinkwasser über<br />
den Pr<strong>im</strong>ärwasservorrat oder den Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat<br />
zu dem Verbraucher leitbar ist, <strong>und</strong> eine Steuerung zum<br />
Umschalten des Ventils. Es ist eine Aufgabe der Erfindung,<br />
ein Verfahren, eine Vorrichtung sowie eine Trinkwasserversorgungsanlage<br />
zu schaffen, bei denen die Nachteile<br />
gemäß dem Stand der Technik überw<strong>und</strong>en werden.<br />
Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren,<br />
eine Vorrichtung sowie eine Trinkwasserversorgungsanlage<br />
zu schaffen, bei welchen auf einfache Weise<br />
Verunreinigungen vermieden werden <strong>und</strong> die Trinkwasserversorgung<br />
hygienisch opt<strong>im</strong>iert realisierbar ist.<br />
Gekennzeichnet ist die Erfindung dadurch, dass Mittel<br />
zum Vermeiden von Trinkwasserstagnation in der Vorrichtung,<br />
insbesondere in dem Sek<strong>und</strong>ärwasservorrat,<br />
vorgesehen sind.<br />
Gliederheizkörper<br />
DE-PS 102008013278, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
12.11.2009, Patentinhaber: Danfoss A/S, Nordborg,<br />
DK<br />
Es wird ein Gliederheizkörper angegeben mit mehreren<br />
Segmenten, die der Reihe nach jeweils durch Verbindungsmuffen<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> <strong>im</strong> Bereich ihrer Verbindungen<br />
durch jeweils eine Dichtungsanordnung nach<br />
außen abgedichtet sind, wobei das erste Segment ein Einbauventil<br />
aufweist, das bis zur Verbindungsmuffe zwischen<br />
dem ersten Segment <strong>und</strong> dem zweiten Segment<br />
reicht, <strong>und</strong> die Verbindungsmuffe über eine Gewindeanordnung<br />
mit den Segmenten verb<strong>und</strong>en ist, die ein erstes<br />
Gewinde, das mit einem ersten Gegengewinde <strong>im</strong> ersten<br />
Segment in Eingriff steht, <strong>und</strong> ein zum ersten Gewinde<br />
gegenläufiges zweites Gewinde, das mit einem zweiten<br />
Gegengewinde <strong>im</strong> zweiten Segment in Eingriff steht, aufweist,<br />
wobei eine Nut zwischen dem ersten Gewinde <strong>und</strong><br />
dem zweiten Gewinde angeordnet ist. Man möchte sicherstellen,<br />
dass die Steuerung des Wärmeträgermediums nur
220 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
durch das Einbauventil erfolgt. Hierzu ist vorgesehen,<br />
dass in der Nut ein Dichtring angeordnet ist, dessen axiale<br />
Erstreckung größer als seine radiale Dicke ist.<br />
Schutzbeschlag für Türen<br />
DE-PS 102009004999, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
19.11.2009, Patentinhaber: ASSA ABLOY<br />
Sicherheitstechnik GmbH, 72458 Albstadt<br />
Die Erfindung betrifft einen Schutzbeschlag für Türen,<br />
dessen Schild eine Profil-Schließzylinder-Lochung, eine<br />
Durchtrittsöffnung für einen Antriebsvierkant, sowie vier<br />
Senkungen für die Befestigungsschrauben einer Griffplatte<br />
aufweist, die am Umfang der Durchtrittsöffnung,<br />
diese vergrößernd, angeordnet sind, wobei von diesen jede<br />
Befestigung der Griffplatte am Schild genutzt werden.<br />
Erfindungsgemäß ist vorgesehen, das in der <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche der Griffplatte zwei Paar<br />
mit Gewinde versehene, sich schräg gegenüberliegende<br />
Bohrungen vorgesehen sind, von denen jeweils eine Bohrung<br />
der Schmalseite der rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche zugewandt<br />
ist <strong>und</strong> die zugehörige zweite Bohrung nahe der<br />
Mitte der rechteckigen Gr<strong>und</strong>fläche angeordnet ist <strong>und</strong><br />
wobei deren schräger Abstand voneinander dem Abstand<br />
der Senkungen für die Befestigungsschrauben am Umfang<br />
der Durchtrittsöffnung <strong>im</strong> Schild entspricht.<br />
Absperrklappe insbesondere zur Verwendung in einer<br />
Vorrichtung zur Abgasreinigung<br />
DE-PS 102006050213, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
19.11.2009, Patentinhaber: EISENMANN Anlagenbau<br />
GmbH & Co. KG, 71032 Böblingen<br />
Die Erfindung betrifft eine Absperrklappe insbesondere<br />
zur Verwendung in einer Vorrichtung zur Abgasreinigung,<br />
insbesondere zur regenerativen Nachverbrennung<br />
von Teer- <strong>und</strong>/oder Kohle- <strong>und</strong>/oder Graphitpartikeln in<br />
Abluft, mit einem Klappenblatt, welches zum Verschließen<br />
einer Ventilöffnung an einer dortigen Dichtfläche<br />
anliegt <strong>und</strong> ist dadurch gekennzeichnet, dass das Klappenblatt<br />
über wenigstens eine bewegliche Verbindung an<br />
einem freien Ende eines Schwenkarms schwenkbar befestigt<br />
ist <strong>und</strong> der Schwenkarm über ein Gr<strong>und</strong>-Schwenkgelenk<br />
relativ zur Dichtfläche schwenkbar befestigt ist,<br />
derart, dass das Klappenblatt zum Verschließen der Ventilöffnung<br />
zunächst eine Bewegung auf die Dichtfläche zu<br />
<strong>und</strong> be<strong>im</strong> Anliegen an der Dichtfläche eine Bewegung<br />
parallel zur Dichtfläche ausführt.<br />
Rückstandsfreie Abwasserverbrennung<br />
DE-PS 102008012340, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
19.11.2009, Patentinhaber: J. Eberspächer GmbH<br />
& Co. KG, 73730 Esslingen<br />
Es wird eine Brennkammer zum Verbrennen von Abwasser<br />
besprochen mit – einem Brennkammerbehälter, – einer<br />
für den Anschluss einer Abwasserzufuhreinrichtung ausgebildeten<br />
ersten Verbindung zum Einleiten von Ab wasser<br />
in den Brennkammerbehälter, wobei die Brennkammer<br />
zum Verbrennen kontinuierlich eingeleiteten Abwassers<br />
geeignet ist, – einer für den Anschluss einer Brennenergiezufuhreinrichtung<br />
ausgebildeten zweiten Verbindung zum<br />
Einbringen von <strong>Heiz</strong>energie in den Brennkammerbehälter,<br />
– einer für den Anschluss einer Abgasabfuhreinrichtung<br />
ausgebildeten dritten Verbindung zum Abführen von<br />
Abgasen aus dem Brennkammerbehälter <strong>und</strong> – einer <strong>im</strong><br />
Inneren des Brennkammerbehälters angeordneten Schalenkaskade,<br />
die zur Aufnahme von über die erste Verbindung<br />
eingeleitetem Abwasser ausgebildet ist, wobei die<br />
Schalenkaskade zumindest zwei Schalen umfasst <strong>und</strong> die<br />
Schalen so übereinander angeordnet <strong>und</strong> ausgebildet sind,<br />
dass ein Befüllen einer unteren Schale mit in die Brennkammer<br />
eingeleitetem Abwasser ausschließlich durch aus<br />
einer oberen Schale überlaufendes Abwasser erfolgt.<br />
Dachhaut <strong>und</strong> Verfahren zur Herstellung mechanisch<br />
belastbarer Bereiche auf Flachdächern<br />
DE-PS 102006031889, Veröffentlichungstag der Patenterteilung:<br />
26.11.2009, Patentinhaber: FRANKEN-Systems<br />
GmbH, 97320 Sulzfeld<br />
Es wird eine Dachhaut eines Flachdaches oder Flachdachbereiches<br />
vorgestellt, mit einem mehrlagigen Beschichtungsaufbau,<br />
der mindestens eine Lage einer Wärmedämmung<br />
<strong>und</strong> mindestens eine flächige Abdichtung auf Basis<br />
polymerer oder bituminöser Materialien aufweist die<br />
dadurch gekennzeichnet ist, dass die Abdichtung zumindest<br />
bereichsweise eine Lage aus einer flüssig auftragbaren<br />
Beschichtungsmasse umfasst, wobei die Beschichtungsmasse<br />
enthält: A) eines oder mehrere epoxifunktionelle<br />
Polysulfidharze, B) eines oder mehrere Epoxidharze <strong>und</strong><br />
C) ein Härtergemisch, welches bei Umgebungstemperatur<br />
reaktiv gegenüber Epoxidgruppen ist.<br />
Wg.<br />
Neuerscheinungen<br />
Buchbesprechungen<br />
Die folgenden neuerschienen Bücher sind der Redaktion<br />
zugegangen. Eine ausführliche Besprechung der einzelnen<br />
Werke bleibt vorbehalten.<br />
Böhringer, D.: Barrierefreie Gestaltung von Kontrasten <strong>und</strong><br />
Schriften. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag 2011. 136 S.,<br />
zahlr. Abb., Tab., Preis: € 25,00.<br />
Metlitzky, N. <strong>und</strong> Engelhardt, L.: 18040 Norm zur Barrierefreiheit<br />
<strong>im</strong> Fokus des Bauordnungsrechts. Stuttgart:<br />
Fraunhofer IRB-Verlag, 2011. 272 S., zahlr. Abb. u. Tab.,<br />
Preis: € 39,00.<br />
Lenze, W.: Fachwerkhäuser restaurieren – sanieren –<br />
modernisieren. Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011.<br />
256 S., zahlr. Abb. u. Fotos, Preis: € 39,00.<br />
Scheffler, M.: Gr<strong>und</strong>stücksentwässerung auf einen Blick.<br />
Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011. 171 S., 56 Abb., 5<br />
Tab., Preis: € 25,00.<br />
Engels, D., Engels, H.-J., Gerhardt, H.-J., Hilgers, P.,<br />
Konrath, B. <strong>und</strong> Lieb, R.-D.: Fachplanung Entrauchung.<br />
Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag 2011. 285 S., zahlr.<br />
Abb. u. Tab., Preis: € 69,00.
Gefahrstoffe auf Baustellen<br />
Bauen ohne Chemie ist heute nicht mehr möglich. Strapazierfähige<br />
Betone, Estriche für höchste Anforderungen<br />
<strong>und</strong> nachhaltige Beschichtungen aus Epoxidharzen<br />
machen moderne Bauten überhaupt erst möglich. Die<br />
neuen chemiehaltigen Baustoffe bergen jedoch Gefahren<br />
für Beschäftigte. Über 200 Gefahrstoffexperten aus Verbänden,<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Regierungsstellen hat die<br />
Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) am<br />
29. März 2012 deshalb zu einer Fachtagung in das Kulturzentrum<br />
Bad Vilbel-Dortelweil eingeladen. Im Mittelpunkt<br />
stand ein Austausch von Erfahrungen, diese sollen<br />
nun den Praktikern in den Unternehmen zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
„Deshalb wollen wir mehr Wissen zu Gewerbezweige<br />
übergreifenden Ges<strong>und</strong>heitsgefahren, etwa durch mineralische<br />
Stäube, Abgase von Baumaschinen, Lösemitteln,<br />
Dämpfe aus Bitumen sowie Mineralwolle Dämmstoffe an<br />
die Hand geben. Und sie brauchen mehr Wissen über<br />
mögliche Alternativen <strong>und</strong> die notwendige Schutzmaßnahmen“,<br />
sagte Bernhard Arenz, Leiter der Prävention der<br />
BG BAU. Diese Initiative ergänzt die Beratungsleistungender<br />
BG BAU, deren Mitarbeiter die 446 000 Mitgliedsunternehmen<br />
der Berufsgenossenschaft jeden Tag mit Rat<br />
<strong>und</strong> Tat unterstützen, zum Beispiel bei der Gefährdungsanalyse<br />
<strong>und</strong> bei der Anschaffung persönlicher Schutzausrüstung.<br />
Dass es großen Bedarf an Fachwissen über Gefahrstoffe<br />
gibt, leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass die<br />
gewerbliche Wirtschaft mit etwa 30 000 verschiedenen<br />
Gefahrstoffen arbeitet, viele davon werden am Bau eingesetzt.<br />
Falscher Umgang mit Gefahrstoffen kann zu erheblichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschäden führen. „Mögliche Auswirkungen<br />
reichen etwa von leichten Haut- oder Augenreizungen<br />
über chronische Lungenerkrankungen bis hin zu<br />
Nervenschädigungen <strong>und</strong> Krebs“, ergänzte Arenz. Neben<br />
dem ges<strong>und</strong>heitlichen Leid für die Betroffenen entstehen<br />
zudem hohe Kosten, wie ein Blick auf die Statistik zeigt:<br />
Allein für die über 8 000 Silikosen <strong>und</strong> Lungenkrebsfälle<br />
auf Gr<strong>und</strong> von Quarzstaub sowie Hautkrankheiten hatte<br />
die BG BAU <strong>im</strong> Jahr 2010 mehr als 30 Millionen Euro für<br />
medizinische <strong>und</strong> berufliche Rehabilitation sowie Rentenleistungen<br />
aufzubringen.<br />
Wenn die Beschäftigten eines Gewerbezweiges mit<br />
Gefahrstoffen umgehen, können für die Mitarbeiter anderer<br />
Gewerbezweige Gefährdungen entstehen. Die Gefahrstoffe<br />
werden entweder in Form von Bauchemikalien auf<br />
die Baustelle gebracht oder sie entstehen durch die Bauprozesse:<br />
So wird zum Beispiel bei jedem Bohrvorgang –<br />
um nur eine Tätigkeit zu nennen – Quarzstaub frei. Wenn<br />
Gefahrstoffe freigesetzt werden, verbreiten sie sich unkontrolliert.<br />
Der Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen,<br />
wie Atemschutzmasken, schützt zwar den Verarbeiter<br />
selbst, nicht jedoch Dritte. Ziel muss es sein, den Eintrag<br />
von Gefahrstoffen auf Baustellen zu vermeiden <strong>und</strong> die<br />
Ausbreitung auf der Baustelle entstehender Gefahrstoffe<br />
zu min<strong>im</strong>ieren. Dieses Ziel zu erreichen ist einerseits Aufgabe<br />
jeden Bauunternehmers aufgr<strong>und</strong> der Gefährdungsbeurteilung<br />
für seine Mitarbeiter, zum anderen ist es eine<br />
Aufgabe für den Sicherheits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzkoordinator<br />
nach der Baustellenverordnung (SiGeKo). Da<br />
durch die Gefahrstoffe gegenseitige Gefährdungen entstehen<br />
können <strong>und</strong> erschwerend einige Gefahrstoffe auf Baustellen<br />
anerkannt krebserzeugend sind, besteht die Pflicht<br />
zur Koordinierung.<br />
Bei vielen Tätigkeiten am Bau wird die zulässige Menge<br />
von 10 mg/m 3 einatembaren Staubes (E-Staub) überschritten.<br />
Auch der Arbeitsplatzgrenzwert für Feinstaub, der bis<br />
in die Lungenbläschen vordringt (A-Staub) wird häufig<br />
nicht eingehalten (3 mg/m 3 ). Trotz erheblicher Auswirkungen<br />
für die Ges<strong>und</strong>heit wird Staub am Bau häufig <strong>im</strong>mer<br />
noch nicht als Problem ernst genommen. Im Feinstaub<br />
kommen Quarzanteile vor, die Krebs erregen können.<br />
Dabei wird durch eine regelmäßige Staubaufnahme der<br />
Reinigungsmechanismus der Lunge überfordert, es kann<br />
zu einem „Überladungseffekt“ <strong>und</strong> damit zu einer Überforderung<br />
der körpereigenen Abwehrkräfte kommen. Die<br />
Folge können chronische Lungen- <strong>und</strong> Atemwegserkrankungen<br />
sein, mit Husten, Auswurf, später Atemnot, sowie<br />
<strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall schließlich Lungenkrebs.<br />
Deshalb ist auf Baustellen darauf zu achten, dass<br />
Stäube möglichst gar nicht entstehen. Sind Stäube einmal<br />
freigesetzt, halten sie sich insbesondere <strong>im</strong> Innenbereich<br />
über die ganze Arbeitszeit in der Luft <strong>und</strong> „ziehen“ durch<br />
das ganze Gebäude. Die Feinstäube sind dabei tückischer<br />
Weise für den Betroffenen gar nicht sichtbar. Dabei sind<br />
in der Regel nicht nur die Verursacher betroffen, sondern<br />
auch andere Beschäftigte. Im Außenbereich sind Stäube<br />
ebenfalls ein Problem. Die Staubaufwirbelung von Fahrzeugen<br />
ist oft weithin sichtbar.<br />
Lösungen für viele Probleme gibt es aber schon seit<br />
Jahren. Eine deutliche Staubreduzierung kann zum Beispiel<br />
durch staubreduzierte Produkte wie Fliesenkleber<br />
oder Spachtelmassen erfolgen. Weiterhin besteht die<br />
Möglichkeit viele Produkte statt als Sack als Siloware zu<br />
beziehen <strong>und</strong> zu verwenden. Hier gibt es mittlerweile auch<br />
für kleinere Mengen Lösungen in der Form von Klein-
222 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
silos. Die BG BAU hat in den vergangenen Jahren zusammen<br />
mit den Herstellern viel Engagement in die Entwicklung<br />
staubarmer Maschinen <strong>und</strong> deren wirksamer Absaugung<br />
mit Entstaubern investiert. Das Schneiden, Schleifen,<br />
Stemmen oder Bohren in mineralischen Werkstoffen<br />
kann heute in der Regel mit geeigneten Maschinen staubarm<br />
durchgeführt werden. Kombinationen von staubarmen<br />
Geräten <strong>und</strong> den zugehörigen Entstaubern können<br />
bei www.gisbau.de heruntergeladen werden. Nach Vorstellung<br />
der BG BAU sollen in wenigen Jahren nur noch<br />
entsprechende staubarme Maschinen auf den Markt<br />
kommen.<br />
Für Anwendungen, bei denen eine Absaugung direkt<br />
an der Maschine nicht angebracht werden kann, bieten<br />
Hersteller leichte, transportable Absaugsysteme an. Werden<br />
solche Systeme direkt an der Staubquelle positioniert,<br />
lassen sich damit <strong>im</strong> Arbeitsbereich hohe Luftwechselzahlen<br />
erreichen, die zu einer deutlichen Absenkung der<br />
Staubbelastung führen. Und auch <strong>im</strong> Bereich des Straßenbaus<br />
konnten Fortschritte in der Staubbekämpfung<br />
erzielt werden. Bis 2014 werden alle Asphaltfräsen staubarm<br />
sein.<br />
Im Baugewerbe kommt es <strong>im</strong>mer wieder zu Unfällen<br />
durch Brände <strong>und</strong> Explosionen bei der Verwendung von<br />
Gefahrstoffen. Häufig werden diese Gefährdungen unterschätzt<br />
oder nicht erkannt. Gerade wenn mehrere<br />
Gewerke gleichzeitig tätig sind, muss beachtet werden,<br />
dass Brände oder Explosionen erst durch Wechselwirkungen<br />
zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen auftreten können.<br />
Wird beispielsweise in einem Rohbau mit lösemittelhaltigen<br />
Produkten gearbeitet, dann werden brennbare<br />
Lösemitteldämpfe freigesetzt. Diese sind schwerer als<br />
Luft, reichern sich daher am Boden an <strong>und</strong> können sich in<br />
benachbarte oder tiefer liegende Bereiche ausbreiten.<br />
Dort können sie durch geeignete Zündquellen wie zum<br />
Beispiel durch Schweißfunken, die bis zu zehn Meter weit<br />
fliegen können, entzündet werden.<br />
Um Brand- <strong>und</strong> Explosionsgefahren zu erkennen <strong>und</strong><br />
zu beurteilen, müssen die Bedingungen an den Arbeitsplätzen<br />
<strong>und</strong> auf den Baustellen ermittelt werden. Brände<br />
entstehen nur, wenn brennbarere Stoffe durch geeignete<br />
Zündquellen in Gegenwart von Luftsauerstoff entzündet<br />
werden können. Haben die verwendeten brennbaren<br />
Stoffe einen Explosionsbereich <strong>und</strong> liegen in einer Gefahr<br />
drohenden Konzentration oder in einer best<strong>im</strong>mten Form<br />
wie beispielsweise als Aerosol oder als Feinstaub vor,<br />
kann in Verbindung mit Luftsauerstoff eine Explosionsgefahr<br />
bestehen.<br />
Unfälle mit brennbaren Bauchemikalien wie hochentzündliche<br />
Bauschäume, lösemittelhaltige Bitumenvoranstriche<br />
oder Schweißgase, deren Dämpfe bzw. Gase durch<br />
<strong>Heiz</strong>luftföne, Schweißbrenner, Halogenstrahler, brennende<br />
Zigaretten oder <strong>Heiz</strong>körper entzündet werden, sind<br />
keine Seltenheit. Eine Alternative ist der Einsatz nicht<br />
brennbarer Produkte. So gehören Unfälle durch Verpuffungen<br />
bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen<br />
Vorstrichen <strong>und</strong> Klebstoffen <strong>im</strong> Bodenbereich der Vergangenheit<br />
an. Heute werden lösemittelfreie Produkte,<br />
wie in der TRGS 610 beschrieben, verwendet.<br />
Häufig treten auch Brände be<strong>im</strong> Auftragen von Bitumen<br />
<strong>im</strong> <strong>Heiz</strong>verfahren oder be<strong>im</strong> Verschweißen von Bitumenbahnen<br />
auf Flachdächern auf. Hier ist es zum Beispiel<br />
wichtig, die Menge an entzündlichen Gefahrstoffen<br />
zu begrenzen, Feuerlöscher mitzuführen, Schutzmaßnahmen<br />
in einem Erlaubnisschein für Feuerarbeiten festzulegen<br />
<strong>und</strong> eine Brandwache aufzustellen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften<br />
werden Mineralwolle (Glas- <strong>und</strong> Steinwolle) in<br />
großem Umfang zur Wärme- <strong>und</strong> Schalldämmung <strong>im</strong><br />
Hochbau sowie in der technischen Isolierung eingesetzt.<br />
Bei Tätigkeiten mit diesen Produkten werden jedoch<br />
zwangsläufig einatembare Faserstäube freigesetzt. Die<br />
vor 1996 eingebauten „alten“ Mineralwolle-Produkte<br />
werden in Deutschland als krebserzeugend bewertet.<br />
Nach dieser Zeit eingebaute Mineralwolle-Dämmstoffe<br />
gelten als frei vom Krebsverdacht.<br />
Die notwendigen Maßnahmen bei Tätigkeiten mit<br />
Mineralwolle-Dämmstoffen <strong>und</strong> auch bei späteren<br />
Instandhaltungsarbeiten mit den Produkten richten sich<br />
nach der Beurteilung der Fasern. Die Unternehmer oder<br />
ihre Beauftragten müssen deshalb vor Aufnahme der<br />
Arbeiten prüfen, wie die Fasern beurteilt werden, d.h. ob<br />
es sich um „alte“ oder „neue“ Mineralwolle handelt. Im<br />
Idealfall sollten bereits die Bauherren vor Vergabe der<br />
Arbeiten diese Beurteilung sachgerecht durchführen<br />
beziehungsweise durchführen lassen; allein schon um<br />
nicht von zusätzlichen Mehrkosten überrascht zu werden.<br />
Hilfestellung bei der Bewertung von Mineralwolle-<br />
Dämmstoffen <strong>im</strong> Zusammenhang mit Abbruch-, Sanierungs-<br />
<strong>und</strong> Instandhaltungs- sowie Instandsetzungsarbeiten<br />
gibt <strong>im</strong> Übrigen die Gütegemeinschaft Mineralwolle<br />
e. V. (GGM). Auf Basis einer kostenpflichtigen chemischen<br />
Analyse bewertet die GGM anhand der bei ihr hinterlegten<br />
Dokumentation, ob es sich bei der Materialprobe<br />
um „alte“ oder „neu“ Mineralwolle handelt (www.<br />
mineralwolle.de).<br />
Bei den nach wie vor notwendigen Tätigkeiten mit eingebauten<br />
„alten“ MineralwolleDämmstoffen <strong>im</strong> Zuge von<br />
Abbruch- Sanierungs- <strong>und</strong> Instandsetzungsarbeiten gelten<br />
strenge Arbeitsschutzmaßnahmen. Diese sind in der<br />
Technischen Regel für Gefahrstoffe TRGS 521 beschrieben,<br />
die <strong>im</strong> Frühjahr 2008 in einer Neufassung veröffentlicht<br />
wurde.<br />
Die bereits seit Jahren bewährte Handlungsanleitung<br />
„Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffe (Glaswolle,<br />
Steinwolle) wurde auf Basis der TRGS 521 von den beteiligten<br />
Verbänden <strong>und</strong> Institutionen überarbeitet <strong>und</strong> liegt<br />
seit Mai 2010 in der aktuellen Version vor. Die Broschüre<br />
beschreibt verständlich die notwendigen Schutzmaßnahmen<br />
bei unterschiedlichen Tätigkeiten mit den „gelben<br />
Matten“ <strong>und</strong> kann <strong>im</strong> Internet unter www.gisbau.de heruntergeladen<br />
werden. Die Handlungsanleitung kann<br />
unter der Abrufnummer 341 auch bei der Berufsgenossenschaft<br />
der Bauwirtschaft – BG BAU bestellt werden.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 223<br />
Rechtsecke<br />
Milliarden Sachschaden durch Sch<strong>im</strong>melpilzbelastungen<br />
in Neubauten?<br />
Hoher Informations- <strong>und</strong> Aufklärungsbedarf, das rege<br />
Besucherinteresse bei der Erstveranstaltung <strong>im</strong> März letzten<br />
Jahres sowie die große Nachfrage des Fachpublikums<br />
nach einer Folgeveranstaltung, veranlassten Dr. Gerhard<br />
Führer, Leiter des unterfränkischen Instituts Peridomus<br />
<strong>und</strong> Veranstalter des Forums, zu einer Neuauflage des<br />
Würzburger Sch<strong>im</strong>melpilz Forums. Im Focus standen dieses<br />
Jahr Sch<strong>im</strong>melschäden in Neubauten. Ein weitgehend<br />
unbekanntes, aber hochaktuelles <strong>und</strong> brisantes Thema,<br />
das alle am Bau Beteiligten wie Planer, die Wohnungs<strong>und</strong><br />
Immobilienwirtschaft <strong>und</strong> jeden Bauherrn betrifft, so<br />
Dr. Gerhard Führer.<br />
Immer mehr Neubauten sind bereits in der Bauphase<br />
mit Sch<strong>im</strong>melpilzen in den Innenräumen belastet. Die<br />
Ursachen hierfür sind vielfältig: Planung, Bauleitung,<br />
Bauausführung <strong>und</strong>/oder witterungsbedingte Feuchteeinträge<br />
sind dafür verantwortlich. Schnelles Bauen ohne<br />
notwendige Trocknungszeiten der Bausubstanz begünstigt<br />
dies. Doch Kosteneinsparungen durch zeitnahen Erstbezug<br />
stehen (noch) <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong>. Und so wird meist<br />
schnellst möglich die Gebäudehülle geschlossen, damit<br />
wetterunabhängig die Innenausbauten erfolgen können.<br />
Dabei werden beispielsweise in ein massiv gebautes Einfamilienwohnhaus<br />
alleine durch Baumaterialien wie Beton,<br />
Mörtel, Estrich <strong>und</strong> Putze ca. 10 bis 20 Kubikmeter Wasser<br />
eingebracht. Dies entspricht einer Wassermenge von<br />
10 000 bis 20 000 Litern – <strong>und</strong> Feuchtigkeit ist die wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage für jedes Sch<strong>im</strong>melpilzwachstum. Doch<br />
auch komplexe <strong>Gebäudetechnik</strong> <strong>und</strong> rasante Technologiesprünge<br />
stellen die Bauwirtschaft vor neue Herausforderungen,<br />
denn seitens der ausführenden Unternehmen<br />
fehlen oftmals das Know-how <strong>und</strong> die Erfahrungswerte<br />
<strong>im</strong> Umgang mit den neuen Baumaterialien <strong>und</strong> den einhergehenden<br />
Problemen. Energieeffiziente <strong>und</strong> damit<br />
dichte Bauweisen gemäß der Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV), fehlerhaftes Lüftungs- aber auch falsches <strong>Heiz</strong>verhalten<br />
verschärfen diese Problematik noch zusätzlich.<br />
Fazit: Die so in den Gebäuden verbleibende Feuchtigkeit<br />
bildet einen idealen Nährboden für Sch<strong>im</strong>melpilzwachstum.<br />
B<strong>und</strong>esweit liegt bisher auch keine Erhebung zu den<br />
Sanierungskosten bei Sch<strong>im</strong>melschäden in Neubauten<br />
vor, bedauert Führer. Fest steht jedoch, dass bei einem<br />
Schaden oftmals 50 000 Euro <strong>und</strong> mehr in eine fachgerechte<br />
Sanierung zu investieren sind. Bei r<strong>und</strong> 200 000<br />
deutschen Neubauten jährlich summiert sich dies schnell<br />
zu einem Milliardenbetrag. Dies deckt sich mit dem<br />
Ergebnis der Umfrage: 79 Prozent der Experten des<br />
Würzburger Sch<strong>im</strong>melpilz Forums schätzen aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer Erfahrungswerte den b<strong>und</strong>esweiten Sachschaden<br />
auf mindestens 5 Milliarden Euro. Davon wiederum<br />
gehen 40 Prozent sogar von einem Sachschadenspotenzial<br />
von 20 Milliarden Euro <strong>und</strong> mehr aus. Ein horrender<br />
Betrag, der aber zumindest teilweise erklärt, weshalb seit<br />
dem Jahr 2010 drei Versicherungsunternehmen die Kosten<br />
für Sch<strong>im</strong>melpilzsanierungen aus ihren Versicherungsleistungen<br />
ausgeschlossen haben. Daraus ergeben sich<br />
Konsequenzen für alle am Bau Beteiligten: 1. Wenn keine<br />
Versicherungsleistung (mehr) besteht, kann ein Sch<strong>im</strong>melschaden<br />
<strong>im</strong> Neubau schnell zum wirtschaftlichen Ruin<br />
des Schaden verursachenden Unternehmens führen <strong>und</strong><br />
zum Alptraum für den Bauherrn werden. 2. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> muss das Thema „Feuchtigkeit“ aktiv angegangen<br />
werden, ein „Feuchtemanagement“ ist be<strong>im</strong> Neubau<br />
zur Vermeidung von Bauschäden dringend nötig.<br />
Wie erkennt <strong>und</strong> beseitigt man Sch<strong>im</strong>melschäden <strong>im</strong><br />
Neubau – war Thema einer Diskussionsr<strong>und</strong>e, eröffnet<br />
<strong>und</strong> moderiert von Dr. Christian Hanus, Dipl. Arch. ETH<br />
vom Department für Bauen <strong>und</strong> Umwelt der Donau-<br />
Universität Krems in Österreich. Was Lüftungsanlagen<br />
<strong>im</strong> Neubau leisten erläuterte Dipl.-Ing. Rolf Schmidt aus<br />
Celle, Architekt <strong>und</strong> Mitglied des Vorstandes <strong>im</strong> Verband<br />
für Wohnungslüftung e.V.<br />
Über die rechtlichen Aspekte von Sch<strong>im</strong>melschäden in<br />
Mietwohnungen informierte Rechtsanwalt Hans-Dieter<br />
Nicolay von der Kanzlei Rechtsanwälte Nicolay & Kremling.<br />
Nicolay ist Vorsitzender des Haus- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>besitzervereins<br />
Würzburg.<br />
Zu „Schadens- <strong>und</strong> Konfliktpotenzialen durch Sch<strong>im</strong>mel<br />
<strong>im</strong> Neubau <strong>und</strong> Bestand, divergierende Interessenslagen<br />
bei den Protagonisten der Wohnungswirtschaft“<br />
referierte Dipl.-Kfm. (Univ.) Nikolaus Kuner, Strategy<br />
Consultant, München.<br />
Gerd Warda, Chefredakteur von „Wohnungswirtschaft<br />
heute“ aus Bosau eröffnete <strong>und</strong> moderierte die Diskussionsr<strong>und</strong>e<br />
„Welche Maßnahmen sind zur Vermeidung<br />
von Sch<strong>im</strong>melschäden <strong>im</strong> Neubau nötig?“<br />
Der Tagungsband zur Veranstaltung kann für 28 Euro<br />
über die Website des Veranstalters www.peridomus.de<br />
angefordert werden.<br />
Christine Scharf,<br />
Agentur für Unternehmenskommunikation,<br />
Untere Ringstraße 48, 97267 H<strong>im</strong>melstadt<br />
Mängel an Fliesen<br />
Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat die Gewährleistungsansprüche<br />
von Verbrauchern mit einem Urteil gestärkt. Verkäufer<br />
müssen mangelhafte Einbauwaren nicht nur ersetzen,<br />
sondern – falls erforderlich – die mangelhafte Ware auch<br />
ausbauen <strong>und</strong> abtransportieren sowie neue Ware einbauen.<br />
Dies gilt, wenn die mangelhafte Kaufsache sich<br />
nicht reparieren lässt <strong>und</strong> der Mangel vor dem Einbau<br />
nicht erkennbar war. Nur wenn dies absolut unverhältnismäßig<br />
wäre, kann der Händler ersatzweise eine Entschädigung<br />
anbieten. Im konkreten Fall ging es um<br />
Bodenfliesen, die bereits kurz nach dem Verlegen irreparable<br />
Schäden aufwiesen.<br />
Lüftungsanlage<br />
Wenn die Entlüftungsanlage in einer Mietwohnung nicht<br />
funktioniert, muss der Vermieter für Abhilfe sorgen. Das<br />
geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München
224 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
(Az.: 461 C 2775/10) hervor. Im Fall hatte sich <strong>im</strong> Bad<br />
einer Mieterin Feuchtigkeit gesammelt, weil der Abluftkanal<br />
verstopft war, durch den die feuchte Luft entweichen<br />
sollte. Der Schacht war <strong>im</strong> unmittelbaren Anschluss<br />
an die Wand des Badez<strong>im</strong>mers dicht <strong>und</strong> verschmutzt.<br />
Die Mieterin machte Fotos <strong>und</strong> bat die Vermieterin um<br />
Abhilfe. Diese meinte, die Angelegenheit sei Sache der<br />
Mieterin. Das sah das Gericht anders. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
obliege die Einhaltungspflicht bezüglich der Mietsache<br />
dem Vermieter. Die normale Abnutzung gehe zu seinen<br />
Lasten. Unter die Erhaltungspflicht fielen auch Anlagen,<br />
die der Ver- oder Entsorgung dienen.<br />
Spielplatzlärm<br />
Lärm ist nicht gleich Lärm: Schreien Kinder abends auf<br />
Spielplätzen, müssen Anwohner in der näheren Umgebung<br />
das dulden. Geht der Krach aber von Jugendlichen<br />
aus, müssen sie das nicht hinnehmen, wie der Verwaltungsgerichtshof<br />
Mannhe<strong>im</strong> (Az.: 10 S 2428/11) entschieden<br />
hat. Anwohner hätten lediglich Anspruch darauf,<br />
dass die Kommune die klar missbräuchliche Nutzung von<br />
Spielplätzen unterbinde.<br />
Definition für Überschwemmung<br />
Strömt Regenwasser über eine Garageneinfahrt in den<br />
Keller <strong>und</strong> staut sich bis zur Decke, ist das versicherungstechnisch<br />
keine Überschwemmung. Das entschied das<br />
Oberlandesgericht Oldenburg (Az.: 5 U 160/11). Eine Elementarschadenversicherung<br />
müsse nur für den Schaden<br />
aufkommen, wenn das Gr<strong>und</strong>stück komplett überflutet<br />
werde.<br />
Balkonabfluss<br />
Mieter müssen dafür sorgen, dass der Abfluss auf dem<br />
Balkon frei ist. Versäumen sie dies, haften sie für daraus<br />
resultierende Schäden, urteilte das Amtsgericht Berlin-<br />
Neukölln, Az.: 13 C 197/11.<br />
Im laufenden Insolvenzverfahren:<br />
Vorsicht bei Weiterbelieferung<br />
Wird über das Vermögen eines Schuldners ein Insolvenzverfahren<br />
eröffnet, ist es nicht selten, dass das schuldnerische<br />
Unternehmen zunächst durch den Verwalter<br />
fortgeführt wird. Damit geht in der Regel die Bitte des<br />
Verwalters einher, das schuldnerische Unternehmen doch<br />
möglichst weiterhin zu beliefern, um eine Betriebsfortführung<br />
nicht zu gefährden. „Bei Weiterbelieferung des<br />
schuldnerischen Unternehmens ist jedoch äußerste Vorsicht<br />
geboten“, erklärt Bernd Drumann, Geschäftsführer<br />
der Bremer Inkasso GmbH. „Es ist nämlich keineswegs<br />
das man sich sicher sein kann, dass die Rechnungen auch<br />
tatsächlich bezahlt werden. Neben den Rechnungen, die<br />
man vor dem Insolvenzverfahren erteilt hat, besteht nämlich<br />
weiter die Gefahr, auch noch die Rechnungen für solche<br />
Lieferungen als uneinbringlich ausbuchen zu müssen,<br />
die erst auf Veranlassung des Insolvenzverwalters vorgenommen<br />
wurden. Und das, obwohl es sich dabei um vorrangig<br />
zu befriedigende ,Masseverbindlichkeiten‘ handelt.“<br />
Das Risiko des Ausfalls ist <strong>im</strong>mer dann gegeben, wenn<br />
der Insolvenzverwalter § 208 InsO anzeigt, dass die Masse<br />
nicht einmal mehr ausreicht, um diese Masseverbindlichkeiten<br />
auszugleichen. Man spricht hier von einer Massearmut<br />
oder auch Masseunzulänglichkeit. In solchen<br />
Fällen folgt quasi ein Insolvenzverfahren <strong>im</strong> Insolvenzverfahren:<br />
Die Gläubiger, die den Insolvenzverwalter beliefert<br />
haben, bekommen nur noch anteilige Zahlungen aus<br />
der Masse. Für die Schuld haftet der Verwalter § 61 InsO<br />
nicht persönlich, wenn er bei Bestellung nicht erkennen<br />
konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Begleichung<br />
nicht ausreichen würde. „Um dem Ausfall solcher Forderungen<br />
vorzubeugen, sollte vor Aufnahme der Belieferungen<br />
eine spezielle Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter<br />
geschlossen werden, in der er die Zahlung persönlich<br />
garantiert“, rät Drumann. „Noch besser ist, Vorkasse zu<br />
vereinbaren.“<br />
Sollten Gläubiger mit einer Masseverbindlichkeit aber<br />
doch einmal mit der Masseunzulänglichkeit konfrontiert<br />
werden, müssen sie aufpassen, wollen sie ihren Anspruch<br />
nicht komplett einbüßen. Drumann weiß von einem Fall<br />
zu berichten, in dem sich ein Insolvenzverwalter <strong>im</strong> Bremer<br />
Umland kürzlich auf die Verjährung berief: „Zuvor<br />
hatte er noch über einen Zeitraum von 6 Jahren mehrfach<br />
beteuert, die anteilige Quotenausschüttung zu Gunsten<br />
der beteiligten Massegläubiger werde durchgeführt,<br />
sobald die letzten Forderungen eingezogen wurden <strong>und</strong><br />
ein lastenfreier Miteigentumsanteil an einer Immobilie<br />
verwertet worden sei. Über all die Jahre hat er dabei bei<br />
uns den Eindruck erweckt, das Verfahren gehe seinen<br />
geordneten Gang <strong>und</strong> die Masseverbindlichkeiten würden<br />
bedient, sobald alles verwertet wurde. Damit hatten wir<br />
aber ,die Rechnung ohne den Verwalter‘ gemacht. Er<br />
lehnte dann nämlich auf einmal gegenüber den Massegläubigern<br />
jegliche Zahlungen ab. Sie hätten, um die Verjährung<br />
zu verhindern, Feststellungsklage erheben oder<br />
einen Verjährungsverzicht aushandeln müssen, meinte der<br />
Verwalter.“ Für Drumanns Mandantin nahm der Fall<br />
übrigens einen guten Ausgang, da auch die beharrliche<br />
Forderungsverfolgung den Eintritt der Verjährung hatte<br />
verhindern können.<br />
Weitere Informationen unter: Bremer Inkasso GmbH,<br />
Norderoog 1, 28259 Bremen, E-Mail: info@bremeninkasso.de,<br />
www.bremer-inkasso.de<br />
Mietrechtsreform 2012:<br />
Was Vermieter wissen müssen<br />
Dürfen die Kosten für energetische Sanierungen auf die<br />
Mieter umgelegt werden? Darf während der dafür notwendigen<br />
Bauarbeiten die Miete gemindert werden? In<br />
der aktuell beschlossenen Mietrechtsreform wurden diese<br />
Punkte verbindlich festgelegt. Der Haufe-Ratgeber „Mietrecht<br />
für Vermieter von A-Z“ beleuchtet alle wichtigen
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 225<br />
Neuerungen. Das neu aufgelegte Standardwerk von<br />
Rudolf Stürzer bietet rechtssichere Expertentipps, umfassendes<br />
Gr<strong>und</strong>lagenwissen, hilfreiche Hinweise auf Stolperfallen<br />
r<strong>und</strong> um die Mietrechtsreform <strong>und</strong> alle weiteren<br />
wichtigen Punkte r<strong>und</strong> ums Thema Vermieten.<br />
Mit der Mietrechtsreform will der Gesetzgeber die energetische<br />
Sanierung von Wohn- <strong>und</strong> Geschäftsgebäuden<br />
vereinfachen. Die wichtigsten Beschlüsse: Mietminderungen<br />
aufgr<strong>und</strong> von Baulärm sind erst nach drei Monaten<br />
möglich. Und: Nach wie vor dürfen jährlich max<strong>im</strong>al elf<br />
Prozent der entstehenden Kosten auf die Miete umgelegt<br />
werden. Auch um die so genannten Mietnomaden kümmert<br />
sich die Reform <strong>und</strong> vereinfacht in Zukunft Räumungsklagen.<br />
Neben diesen Punkten sollten Vermieter<br />
aber auch in Sachen Kündigung, Mietvertrag oder Schönheitsreparaturen<br />
auf dem neuesten Stand sein, um Auseinandersetzungen<br />
mit ihren Mietern zu ver meiden.<br />
Der Ratgeber „Mietrecht für Vermieter von A-Z“ hilft<br />
Vermietern, in diesen Punkten rechtlich auf der sicheren<br />
Seite zu sein. Der Autor, Rudolf Stürzer, ist als Rechtsanwalt<br />
<strong>und</strong> Vorsitzender des Haus- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>besitzervereins<br />
München, absoluter Experte auf diesem Gebiet. Das<br />
solide Gr<strong>und</strong>lagenwissen wird ergänzt durch hilfreiche<br />
Schritt-für-Schritt-Guides zu Themen wie Mietminderung<br />
oder Rückgabe. Rechts-<strong>und</strong> Kosten-Checks helfen,<br />
auch rechtlich <strong>und</strong> finanziell auf der sicheren Seite zu<br />
sein. Neben den Aktualisierungen <strong>im</strong> Mietrecht auch neu<br />
in der 3. Auflage: Die neue Trinkwasserverordnung <strong>und</strong><br />
aktuelle BGH-Urteile.<br />
Die beiliegende CD-ROM bietet Musterformulare,<br />
Musterbriefe, Musterverträge <strong>und</strong> die wichtigsten Gesetze<br />
<strong>im</strong> Wortlaut.<br />
Der in Zusammenarbeit mit Haus + Gr<strong>und</strong> München<br />
entstandene Ratgeber ist für 19,95 Euro bei Haufe <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />
Buchhandel erhältlich.<br />
Aus den Verbänden<br />
Deutsches Institut für vorbeugenden<br />
Brandschutz e. V. (DIvB) gegründet<br />
Mehrere Brandschutz-Verbände gründeten gemeinsam<br />
das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz e. V.<br />
(DlvB). Das Institut wird die verbandsübergreifenden<br />
Themen koordinieren <strong>und</strong> die Interessen der Brandschutzbranche<br />
gegenüber Politik, Behörden <strong>und</strong> anderen<br />
Gruppen vertreten.<br />
Wie in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />
engagieren sich seit vielen Jahren auch <strong>im</strong> Brandschutz<br />
zahlreiche Vereinigungen <strong>und</strong> Verbände. Ihre wertvolle<br />
Arbeit ist wichtig für die Branche <strong>und</strong> legte die Gr<strong>und</strong>lage<br />
für die breite Akzeptanz, die der vorbeugende Brandschutz<br />
in der Bevölkerung genießt. Die Vielfalt der verschiedenen<br />
Interessengruppen erschwerte bislang die<br />
Durchsetzung gemeinsamer Ziele gegenüber den politischen<br />
Entscheidungsträgern. Es fehlte eine starke St<strong>im</strong>me,<br />
die übergreifende Interessen der Branche <strong>im</strong> vorbeugenden<br />
Brandschutz verfolgt.<br />
Ziele des DIvB<br />
Nach intensiven Gesprächen gründeten schließlich mehrere<br />
Verbände <strong>und</strong> Einzelpersonen am 24. Februar in<br />
Nürnberg das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz<br />
e. V. (DIvB).<br />
Das DIvB hat gemäß Satzung die Aufgabe,<br />
– die Öffentlichkeit über neue Entwicklungen auf dem<br />
Gebiet des vorbeugenden Brandschutzes zu informieren,<br />
– kompetenter Partner in allen Fragen des vorbeugenden<br />
Brandschutzes für Politik <strong>und</strong> Wirtschaft zu sein,<br />
– brandschutztechnisches Fachwissen zu bündeln <strong>und</strong><br />
zur baulichen <strong>und</strong> betrieblichen Sicherheit beizutragen,<br />
– die wissenschaftliche Forschung <strong>und</strong> Bildung sowie die<br />
Entwicklung auf dem Gebiet des vorbeugenden Brandschutzes<br />
zu fördern,<br />
– die Erkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen des In- <strong>und</strong> Auslandes<br />
über neueste Verfahren <strong>und</strong> Methoden aufzubereiten<br />
<strong>und</strong> interessierten Kreisen zu vermitteln.<br />
Zur Erfüllung dieser Aufgaben wurde bereits ein Projektkatalog<br />
festgelegt. Die vorläufige Internetseite unter<br />
www.divb.org bietet dazu einen umfassenden Überblick.<br />
Zu den ersten Projekten gehört u. a. die Festlegung von<br />
Mindeststandards zur Ausbildung der Fachplaner, die<br />
Beteiligung an Anhörungsverfahren zur Brandschutzgesetzgebung<br />
<strong>und</strong> die Vorbereitung der Branche auf die Folgen<br />
(aus) der Bauproduktenverordnung.<br />
Gründungsmitglieder<br />
Gründungsmitgliedern des DIvB sind<br />
– B<strong>und</strong>esvereinigung Fachplaner <strong>und</strong> Sachverständige<br />
für den vorbeugenden Brandschutz e. V. (BFSB)<br />
– Gütegemeinschaft Brandschutz <strong>im</strong> Ausbau e. V. (GBA)<br />
– B<strong>und</strong>esverband Brandschutz e. V. (BVB)<br />
– Wirtschaftsverband Brandschutz e. V. (WVB)<br />
– B<strong>und</strong>esverband Brandschutz-Fachbetriebe e. V. (bvbf)<br />
– Vereinigung der Brandschutzplaner e. V. (VdBP)<br />
– Europäisches Institut für Brandschutz (EIB)<br />
– Feuertrutz GmbH Verlag für Brandschutzpublikationen<br />
– DEUTSCHE ROCKWOOL Mineralwoll GmbH &<br />
Co. OHG<br />
– ZAPP-ZIMMERMANN GmbH<br />
– sowie 7 persönliche Mitglieder<br />
Dem Gründungsvorstand führen als Vorsitzender<br />
Senator h.c. Volker Rodenberg sowie als Stellvertreter Lutz<br />
Battran, Peter Hilgers <strong>und</strong> Dr. Roman Rupp. Geschäftsführer<br />
des DIvB ist Günter Ruhe vom Feuertrutz Verlag.<br />
Das DIvB – eine offene Plattform<br />
Das Institut ist offen für alle, die sich für den vorbeugenden<br />
Brandschutz in Deutschland engagieren. Die übergreifenden<br />
Zielsetzungen des vorbeugenden Brandschutzes<br />
– baulich, anlagentechnisch <strong>und</strong> organisatorisch – stehen<br />
<strong>im</strong> Mittelpunkt. Das DIvB sucht dazu auch die<br />
Zusammenarbeit mit allen Organisationen, die <strong>im</strong> deutschen<br />
Brandschutz aktiv sind. Deren wichtige Arbeit soll
226 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
unterstützt werden. Ob mit Einzelmitgliedschaft, Unternehmens-<br />
oder Verbandsmitgliedschaft, das Deutsche<br />
Institut für vorbeugenden Brandschutz bietet eine Fülle<br />
von Möglichkeiten, sich zu engagieren.<br />
Weitere Informationen: Günter Ruhe, E-Mail: info@<br />
divb.org<br />
Aus BHKS wird BTGA<br />
„B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />
e. V.“, abgekürzt BTGA, – so lautet der neue Verbandsname<br />
des bisherigen BHKS, B<strong>und</strong>esindustrieverband<br />
<strong>Heiz</strong>ungs-, Kl<strong>im</strong>a-, Sanitärtechnik/Technische<br />
Gebäudesysteme e. V. „Mit dieser Namensänderung tragen<br />
wir der Entwicklung Rechnung, dass die Mitglieder<br />
unserer Verbandsorganisation mittlerweile ein deutlich<br />
breiteres Spektrum in der Haus- <strong>und</strong> <strong>Gebäudetechnik</strong><br />
abdecken als dies mit dem bisherigen Verbandsnamen<br />
zum Ausdruck kam“, so BTGA-Präsident Josef Oswald<br />
zur Namensänderung. Die Änderung des Verbandsnamens<br />
wurde <strong>im</strong> Rahmen der diesjährigen Mitgliederversammlung<br />
am 11. Mai in Chemnitz einst<strong>im</strong>mig beschlossen.<br />
Der Beschluss wurde bereits be<strong>im</strong> Vereinsregister<br />
eingereicht.<br />
Der B<strong>und</strong>esindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung<br />
e. V. mit Sitz in Bonn vertritt über seine Landesverbände<br />
<strong>und</strong> die Direktmitglieder r<strong>und</strong> 500 Mitgliedsunternehmen<br />
des industriell ausgerichteten Anlagenbaus in<br />
der <strong>Gebäudetechnik</strong>. Neben den klassischen Gewerken<br />
der <strong>Heiz</strong>ungs-, Kl<strong>im</strong>a- <strong>und</strong> Sanitärtechnik decken die<br />
Mitgliedsunternehmen das gesamte Spektrum der <strong>Gebäudetechnik</strong><br />
einschließlich der Kälte-, Elektro- <strong>und</strong> MSR-<br />
Technik sowie der Gebäudeautomation ab. Der Verband<br />
wurde bereits 1898 gegründet <strong>und</strong> ist damit eine der ältesten<br />
deutschen Wirtschaftsorganisationen.<br />
Die Presseinformation steht unter www.btga.de zum<br />
Download bereit.<br />
Neuheiten <strong>und</strong> Firmenberichte<br />
Dichtheitsprüfung<br />
Mit Unverständnis reagiert der RSV – Rohrleitungssanierungsverband<br />
e.V auf die aktuelle Entwicklung in Nordrhein-Westfalen<br />
r<strong>und</strong> um den § 61a LWG. Bestrebungen,<br />
die Verpflichtung privater Kanalbetreiber zur Dichtheitsprüfung<br />
„auszusetzen“, seien ökologisch <strong>und</strong> öko nomisch<br />
hoch kontraproduktiv. Häusliches Abwasser sei heute<br />
alles andere als „harmlos“ <strong>und</strong> die Forderung, dass Rohre<br />
dicht sein müssen, somit absolut begründet, <strong>und</strong> zwar <strong>im</strong><br />
privaten ebenso wie <strong>im</strong> öffentlichen Raum. Im Übrigen<br />
sei der Versuch, die Rechtslage in NRW auf den Kopf zu<br />
stellen, schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die<br />
Landespolitik die gr<strong>und</strong>sätzlichen Betreiberpflichten des<br />
(B<strong>und</strong>es-)Wasserhaushaltsgesetzes gar nicht aufheben<br />
könne. Das WHG verpflichte seit der letzten WHG-<br />
Novelle erstmals ausdrücklich auch die privaten Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />
zur Inspektion <strong>und</strong> ggf. zur Sanierung<br />
ihrer Leitungen <strong>und</strong> Schächte – b<strong>und</strong>esweit! Somit steht<br />
die politische Debatte in NRW quer zur aktuellen Entwicklung<br />
des B<strong>und</strong>esrechts.<br />
Nachfolgend eine Stellungnahme mit Erläuterungen des<br />
RSV´s zur Dichtheitsprüfung von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen<br />
1. Das <strong>im</strong> Jahr 2009 novellierte Wasserhaushaltsgesetz<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland fordert unabhängig<br />
von der Eigentumsart (öffentlich oder privat) die Überwachung<br />
<strong>und</strong> ggfls. Sanierung von Abwasseranlagen.<br />
Der §61a LWG hatte diese Forderung für NRW in<br />
Landesrecht umgesetzt.<br />
Die aktuelle Diskussion um die Dichtheitsprüfung<br />
von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen in NRW ist<br />
daher fachlich nicht nachvollziehbar <strong>und</strong> verunsichert<br />
alle davon betroffenen Gr<strong>und</strong>stückseigentümer, Kommunen<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungsunternehmen.<br />
2. Die Schadstofffracht aus dem Abwasser infolge von<br />
bisher wenig beachteten Inhaltsstoffen führt in Oberflächengewässern<br />
trotz Kläranlagen zunehmend zu<br />
unzulässigen Belastungen. Die B<strong>und</strong>esregierung plant<br />
deshalb für dieses Jahr eine Verordnung, die Kläranlagenbetreiber<br />
zur Nachrüstung von Anlagen zur Reduzierung<br />
dieser Fracht zwingt.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Behauptung, häusliches<br />
Abwasser sei unbedenklich, ein gefährlicher<br />
Irrtum. So können Haushaltschemikalien, Krankheitserreger<br />
<strong>und</strong> Medikamente bei <strong>und</strong>ichten Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen<br />
sehr wohl zur Gefährdung von<br />
Mensch <strong>und</strong> Umwelt führen (z. B. über den Gr<strong>und</strong>wasserleiter<br />
in das Trinkwasser).<br />
3. Im Gr<strong>und</strong>wasser sind heute noch Medikamente nachweisbar,<br />
die bereits in den 60er Jahren aus dem Verkehr<br />
gezogen wurden. Das lässt erahnen, welche Langzeitschäden<br />
die Exfiltrationen von heute nach sich ziehen<br />
können.<br />
Politisch motivierte Entscheidungen gegen die<br />
Sicherung der Dichtheit von Kanälen delegieren damit<br />
die Folgen für die Umwelt in unverantwortlicher Art<br />
<strong>und</strong> Weise auf die nachfolgenden Generationen.<br />
4. Die Notwendigkeit zur Sicherung dichter Kanäle ist <strong>im</strong><br />
öffentlichen Bereich seit vielen Jahren unumstritten<br />
<strong>und</strong> es wird sehr viel Geld ausgegeben, um die Entwässerungsnetze<br />
systematisch zu sanieren.<br />
In den Bereichen, wo die privaten Leitungen nicht<br />
dicht sind, wird die Ex- oder Infiltration nachweislich<br />
nur örtlich verlagert <strong>und</strong> die Investitionen <strong>im</strong> öffentlichen<br />
Bereich werden zumindest teilweise in ihrer<br />
Wirksamkeit aufgehoben <strong>und</strong> damit verschwendet. Die<br />
daraus resultierenden Abwassergebühren sind aber<br />
auch von den privaten Kanalbetreibern zu zahlen, deren<br />
Anlagen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.<br />
Hier geht das Prinzip der Gleichbehandlung verloren.<br />
5. Die mancherorts festgestellten überteuerten Angebote<br />
<strong>und</strong> eine unprofessionelle Ausführung der Prüfung <strong>und</strong><br />
ggfls Sanierung von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungs anlagen<br />
haben in der Diskussion dazu geführt, dass die<br />
ganze Branche unter den Generalverdacht der Ab -<br />
zocke gestellt wurde.
Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4 gi 227<br />
Viele erfahrene Sanierungsfirmen haben sich aufgr<strong>und</strong><br />
des erklärten politischen Willens technisch <strong>und</strong><br />
personell auf diese Aufgaben vorbereitet. Der RSV hat<br />
in Zusammenarbeit mit anderen Fachverbänden diese<br />
Bemühungen durch die Qualifizierung von Personal<br />
<strong>und</strong> demnächst auch die Zertifizierung von Fachfirmen<br />
begleitet <strong>und</strong> unterstützt, um den Auftraggeber die<br />
Auswahl von seriösen Firmen zu erleichtern.<br />
6. Der RSV ist bereit <strong>und</strong> interessiert, über die organisatorische<br />
<strong>und</strong> zeitliche Umsetzung der Betreiberpflichten<br />
von Gr<strong>und</strong>stücksentwässerungsanlagen (wie<br />
bisher schon intensiv geschehen) politisch <strong>und</strong> fachlich<br />
zu diskutieren <strong>und</strong> daher für alle Gesprächsangebote<br />
offen!<br />
RSV – Rohrleitungssanierungsverband e.V.,<br />
Eidechsenweg 2, 49811 Lingen (Ems),<br />
E-Mail: rsv-ev@t-online.de<br />
Gasturbinen für hohe Energieeffizienz<br />
Laut einer Analyse des Bremer Energieinstituts <strong>und</strong> des<br />
Deutschen Instituts für Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt sind die<br />
Möglichkeiten von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in<br />
Deutschland bei weitem noch nicht opt<strong>im</strong>al eingesetzt.<br />
Ergebnisse zeigen, dass das Potenzial für Strom <strong>und</strong><br />
Wärme aus KWK-Anlagen grob geschätzt bei r<strong>und</strong><br />
90 Terawattst<strong>und</strong>en (TWh) liegen könnte. In der Realität<br />
erzeugen Unternehmen derzeitig jedoch erst zirka 26 TWh<br />
<strong>mittels</strong> KWK-Stromerzeugung. Mit entsprechenden<br />
Investitionen in KWK-Anlagen könnten nach Einschätzung<br />
der Wissenschaftler pro Jahr r<strong>und</strong> 60 TWh Pr<strong>im</strong>ärenergie<br />
<strong>und</strong> 20 Millionen Tonnen CO 2<br />
eingespart werden 1 .<br />
In nahezu allen Produktionsprozessen wird Prozesswärme<br />
benötigt. Um gleichzeitig umweltschonend <strong>und</strong><br />
energieeffizient zu arbeiten, ist die Nutzung von Kraft-<br />
Wärme-Kopplung zur Erzeugung von Prozesswärme<br />
sinnvoll. Kraft-Wärme-Kopplung ist dabei eine besonders<br />
effiziente Form der Energiewandlung, da gleichzeitig<br />
Strom <strong>und</strong> Nutzwärme erzeugt werden. Ohne KWK wird<br />
elektrische Energie beispielsweise in Großkraftwerken mit<br />
Wirkungsgraden zwischen 35 <strong>und</strong> 40 Prozent bezogen auf<br />
den Einsatz an Pr<strong>im</strong>ärenergie erzeugt. Ohne Nutzung der<br />
bei der Stromerzeugung entstehenden Wärme wird diese<br />
an die Umgebung abgegeben <strong>und</strong> ist damit für die weitere<br />
Verwertung verloren. Die KWK verlagert die Stromerzeugung<br />
durch Dezentralisierung der Erzeugungsanlagen an<br />
Orte, an denen kontinuierlicher Wärmebedarf vorhanden<br />
ist, beispielsweise der Prozessdampf in der Industrie.<br />
Durch die Kombination von Strom- <strong>und</strong> Wärmeerzeugung<br />
wird die Energiegewinnung bezogen auf den Pr<strong>im</strong>ärenergieeinsatz<br />
effizienter.<br />
Das Bild zeigt anschaulich die Vorteile der Kraft-<br />
Wärme-Kopplung.<br />
Zusätzlich zu den ökologischen Vorteilen genießen<br />
Betreiber von KWK-Anlagen deutliche finanzielle <strong>und</strong><br />
betriebliche Vorteile:<br />
– Die elektrische Energie aus der Eigenerzeugung ersetzt<br />
kostenintensiven externen Strombezug.<br />
– Die Stromerzeugung in KWK-Anlagen wird entsprechend<br />
des KWK-Gesetzes gefördert.<br />
– Die KWK-Anlage sichert die Stromversorgung der<br />
Produktionsanlagen gegen Ausfall der externen Netzversorgung.<br />
„Besonders Unternehmen mit einem hohen <strong>und</strong> kontinuierlichen<br />
Bedarf an Prozesswärme, wie zum Beispiel in<br />
der Papier-, Lebensmittel- oder Chemieindustrie haben<br />
einen enormen Vorteil von dem Einsatz einer KWK-<br />
Anlage“, erklärt Dietmar Cordts, Bereichsleitung<br />
Geschäftsbereich Energie bei der TIG Group GmbH <strong>und</strong><br />
ergänzt: „Aber nicht nur große Unternehmen können<br />
KWK-Anlagen einsetzen. Mit der technologischen Entwicklung<br />
der Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung genießen<br />
auch Industrieunternehmen mit vergleichsweise geringem<br />
Bedarf an Prozesswärme Vorteile durch Einsatz dieser<br />
Technologie.“<br />
Mikro-Gasturbinen zeichnen sich durch eine hohe<br />
Lebensdauer <strong>und</strong> geringe Wartungskosten aus. Die<br />
Lebensdauer einer Mikro-Gasturbine liegt bei circa 40 000<br />
Betriebsst<strong>und</strong>en. Durch eine einmalige Revision kann die<br />
Lebensdauer auf insgesamt 80 000 h verlängert werden.<br />
Das elektrische Leistungsspektrum der Turbine reicht von<br />
30 kW bis 200 kW. Durch Kombination mehrerer Turbinen<br />
kann eine elektrische Leistung von insgesamt 1000<br />
kW erreicht werden. Der elektrische Wirkungsgrad liegt<br />
je nach Baugröße zwischen 29 <strong>und</strong> 33 Prozent, sodass<br />
circa 65 bis 69 Prozent der Pr<strong>im</strong>ärenergie zur Erzeugung<br />
von Prozesswärme zur Verfügung stehen. Im Gegensatz<br />
zu Gasmotoren liegt die Abwärme der Mikrogasturbine<br />
nahezu vollständig als Abgas vor <strong>und</strong> kann in Kombination<br />
mit einer auf die Mikrogasturbine abgest<strong>im</strong>mten<br />
Zusatzfeuerung für die Erzeugung von Hochtemperaturwärme,<br />
zum Beispiel für Prozessdampf genutzt werden.<br />
Als Pr<strong>im</strong>ärenergie wird zumeist Erdgas eingesetzt, aber<br />
auch die Verwendung von Biogas oder Diesel ist möglich.<br />
„Wichtig für einen opt<strong>im</strong>alen ökologischen <strong>und</strong> ökonomischen<br />
Nutzen ist die Anpassung von Mikrogasturbine<br />
<strong>und</strong> Zusatzfeuerung auf die Kesselanlage <strong>und</strong> deren<br />
Betriebsverhalten. Eine sorgfältige Ermittlung der<br />
Betriebsverhältnisse ist daher als Basis für die richtige<br />
Auswahl <strong>und</strong> Auslegung der eingesetzten Komponenten<br />
unerlässlich“, sagt Dietmar Cordts.<br />
1 „Neue Chancen mit Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie effizient<br />
produzieren – nachhaltig wirtschaften“, Seite 5, B<strong>und</strong>esverband<br />
Kraft-Wärme-Kopplung e. V. 2011<br />
© TIG|Group Total Site Solutions
228 gi Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur - Haustechnik - Bauphysik - Umwelttechnik 133 (2012) Heft 4<br />
Mikro-KWK kann an unterschiedlichen Wärmeerzeugern<br />
mit Dampf, Heißwasser oder Thermalöl als Wärmeträger<br />
eingesetzt werden. Auch die Kopplung der Mikro-<br />
Gasturbine mit einer Trocknungsanlage ist denkbar.<br />
Wichtig für den kommerziellen Erfolg des Vorhabens ist<br />
weniger eine Opt<strong>im</strong>ierung des Investitionsvolumens, sondern<br />
eher die bedarfsgerechte Anpassung der KWK-<br />
Anlage an den Wärmeerzeuger. Zusätzlicher Nutzen<br />
kann durch eine erweiterte Abwärmenutzung beispielsweise<br />
durch die Übertragung der Abwärme der Kesselanlage<br />
auf Brauchwasser oder Kesselspeisewasser entstehen.<br />
Unter idealen Verhältnissen ist sogar die Brennwert-<br />
Nutzung des eingesetzten Erdgases möglich.Als Experte<br />
für Kesseltechnik <strong>und</strong> Anlagen sowie Umwelttechnologie<br />
unterstützt die TIG Group GmbH dabei, die opt<strong>im</strong>ale<br />
Lösung zur Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung zu finden.<br />
Dabei reicht die Beratung <strong>und</strong> Konzeption des<br />
Husumer Unternehmens von individuell angepassten<br />
Anlagenkomponenten bis zu maßgeschneiderten KWK-<br />
Anlagen. Aufgr<strong>und</strong> der gesetzlichen Zuschüsse lohnen<br />
sich in den meisten Fällen sogar Modernisierungen bestehender<br />
Anlagen. Dietmar Cordts führt weiter aus: „Viele<br />
Unternehmen müssen hierzu lediglich ihre vorhandene<br />
Kesselanlage umrüsten. Eine Mikrogasturbine mit<br />
Zusatzfeuerung wird ergänzt, um Kraft-Wärme-Kopplung<br />
einzusetzen.“<br />
Durch Änderung der Zufeuerungsleistung kann die<br />
Wärmeerzeugung flexibel an den Produktionsprozess<br />
angepasst werden. Zur Opt<strong>im</strong>ierung der Energieeffizienz<br />
sollte allerdings ein kontinuierlicher Betrieb <strong>im</strong> Leistungsbereich<br />
80 bis 100 Prozent angestrebt werden. Nur in diesem<br />
Leistungsbereich wird der Sauerstoffgehalt des Turbinenabgases<br />
voll ausgenutzt <strong>und</strong> der max<strong>im</strong>al mögliche<br />
Anlagenwirkungsgrad erreicht.<br />
„Um herauszufinden, ob ein KWK-Einsatz rentabel<br />
ist <strong>und</strong> welchen Umfang eine Anlage einnehmen würde,<br />
analysieren unsere Fachkräfte jeden Einzelfall <strong>und</strong> bilanzieren<br />
Einsatz <strong>und</strong> Ertrag“, sagt Dietmar Cordts <strong>und</strong><br />
erläutert: „Eine detaillierte Analyse ist entscheidend, um<br />
Technologien <strong>und</strong> Anlagen individuell auf spezifische<br />
Anforderungen zuzuschneiden.“<br />
Bei einem Dampfkessel (5 t/h) mit 8000 Volllastst<strong>und</strong>en<br />
lässt sich bei Einsatz einer Mikrogasturbine ein Kostenvorteil<br />
bis zu 160 000 Euro pro Jahr erzielen. Dadurch<br />
ergeben sich geringe Amortisationszeiten. In Bezug auf<br />
das genannte Beispiel wäre die Anlage bereits nach r<strong>und</strong><br />
drei Jahren finanziell ausgeglichen.Langfristig gesehen<br />
unterstützt der Einsatz von KWK-Kraftwerken die Erfüllung<br />
der Kl<strong>im</strong>aschutzziele <strong>und</strong> wird aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
auch wirtschaftlich gefördert. Nach dem KWK-Gesetz ist<br />
es Ziel, bis 2020 r<strong>und</strong> 25 Prozent der Stromversorgung<br />
aus KWK-Anlagen zu beziehen. Zuschläge erhalten<br />
Betreiber über zehn Jahre, egal, ob Einspeisung oder<br />
Eigennutzung erfolgt. Jedoch ist der finanzielle Nutzen<br />
bei der Eigennutzung durch die vergleichsweise geringe<br />
Einspeisevergütung deutlich höher. Der verstärkte Einsatz<br />
von KWK-Anlagen in der Industrie führt langfristig<br />
zu einer Reduzierung der CO 2<br />
-Emission, schont damit die<br />
Umwelt <strong>und</strong> senkt Energiekosten.„Mikro-KWK-Anlagen<br />
stellen eine zukunftsweisende Entwicklung für kleine bis<br />
mittlere Unternehmen <strong>im</strong> Bereich der nachhaltigen <strong>und</strong><br />
umweltbewussten Energieerzeugung dar, da sie hohe Leistungen<br />
erbringen <strong>und</strong> dabei äußerst kompakt <strong>und</strong> kl<strong>im</strong>aschonend<br />
sind. In diesem Sinne unterstützen sie bei der<br />
Sicherstellung eigener Energieressourcen“, sagt Dietmar<br />
Cordts abschließend.<br />
Weitere Informationen unter www.tig-group.com<br />
Mitteilungen des Verlages:<br />
Verantwortlich für den Textteil: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Klaus W. Usemann,<br />
Technische Universität Kaiserslautern, Pfaffenbergstraße 95, 67663 Kaiserslautern.<br />
Redaktionsbüro <strong>im</strong> Verlag:<br />
Sieglinde Balzereit, Tel. (089) 450 51-222,<br />
Fax (089) 450 51-207, e-mail: balzereit@oiv.de<br />
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81671 Mün chen, Telefon: (089) 450 51-0, Telefax: (089) 450 51-207,<br />
Internet: http://www.oldenbourg-industrieverlag.de<br />
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Verantwortlich für den Anzeigenteil: Helga Pelzer, Vulkan Verlag, Essen,<br />
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2 Fachmagazine gas<br />
+ 1 Fachbuch Smart Metering 2.0<br />
Smart Metering 2.0<br />
Vom intelligenten Gaszähler<br />
zu Smart Grid<br />
Dieses Fachbuch zeigt die Entwicklung, die Vorteile<br />
<strong>und</strong> die Potenziale dieser Technologien auf <strong>und</strong> setzt<br />
sich mit den aktuell diskutierten Themen auseinander.<br />
Smart Metering – an der Schnittstelle von Smart Homes<br />
<strong>und</strong> Smart Grids – ist ein wichtiges Element zur Modernisierung<br />
<strong>und</strong> Opt<strong>im</strong>ierung der Energieversorgungssysteme.<br />
Obwohl sich Hersteller <strong>und</strong> Anwender auf technologische<br />
Gr<strong>und</strong>lagen verständigt haben, entwickelt sich der<br />
deutsche Markt verhalten. Die Ursachen für diese Marktentwicklung<br />
werden sowohl in den politischen Rahmenbedingungen<br />
als auch in der Verfügbarkeit verlässlicher<br />
Standards gesehen.<br />
In dem Buch werden in einer Zusammenstellung technisch<br />
orientierter Fachbeiträgen die Gründe <strong>und</strong> Hintergründe aus<br />
unterschiedlichen Blickwinkeln veranschaulicht.<br />
Hrsg.: U. Wernekinck, N. Burger<br />
1. Aufl age 2011, ca. 300 Seiten mit eBook auf DVD,<br />
Farbdruck, Hardcover<br />
gas erscheint in der Oldenbourg Industrieverlag GmbH, Rosenhe<strong>im</strong>er Str. 145, 81671 München<br />
Oldenbourg-Industrieverlag<br />
www.gas-zeitschrift.de<br />
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