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INHALT.ausgabe 24
IN DIESER AUSGABE
Formel 1
alonsos leiden: Aufs falsche Pferd gesetzt? 22
interview: Nico Hülkenberg 28
Jenson button: Unterschätzter WM-Schreck 32
f1 facts: Schwerstarbeit am Steuer 36
Stephan Heublein, Chefredakteur
Eviva España
Spanisches Leiden - Mürrisch zupft Fernando Alonso an seinem
Kinnbart. Zwei Jahre, kein Titel und das dritte ließ sich sogar noch
schlechter an - so hatte er sich das gelobte Ferrari-Land nicht
vorgestellt! Das Motorsport-Magazin ging im Fahrerlager auf
Ursachenforschung. Warum klappt es bei Ferrari und Alonso nur
unter außergewöhnlichen Umständen? Die befragten Ex-Fahrer
und Experten sind sich einig: am Spanier liegt es nicht. Ab S. 22
verraten wir, woran es dann hapert...
Spanische Revolution - Fernando Alonso ist ein Einzelkämpfer,
sowohl im Geiste als auch in der Formel 1 (Pedro de la Rosa hat
bei HRT eher geringere Chancen auf Erfolg). Ganz anders sieht es
bei Jorge Lorenzo aus: er hat um sich eine ganze Schar an
Landsleuten, die sich in nahezu allen Motorradkategorien anschicken,
die Weltspitze zu erobern oder zu verteidigen. Grund genug,
unseren Motorradteil zum »Spanien Special« auszurufen. Darin
beleuchten unsere Motorrad-Spezialisten das gesamte Ausmaß
des spanischen Imperiums auf zwei Rädern.
Spanische Siesta - Das kommt Ihnen alles Spanisch vor? Wie
wäre es mit ein bisschen urbayerischer Abwechslung: Im Exklusiv-
Interview verrät uns Schnitzer-Teamchef Charly Lamm alles zur
DTM-Rückkehr von BMW. Typisch Britisch geht es derweil bei
unserer Analyse der schleichenden Titelgefahr Jenson Button und
des Williams-Niedergangs der letzten Jahre zu. Aber Vorsicht: auf
S. 42 hat es ein Brasilianer auf Ihr Gehirn abgesehen...
williams: Falsch abgebogen 38
alex wurz: Brain Sucker 42
top-5: Williams-Boliden 44
interview: Bernd Mayländer 48
history: Gilles Villeneuve 54
Automobil
interviews: BMW-Teamchefs 60
wrc: Das fünfte Element 66
WRC: Hall of Fame 68
interview: Fabio Leimer 70
FIA GT1: Markus Winkelhock 73
technik: McLaren MP4-12C GT3 74
splitter: ADAC Motorsport 76
Motorrad
Jorge Lorenzo: Hirn eines Champions 80
history: Spanische Weltmeister 86
repsol: Die Farbe Orange 90
dorna: Made in Spain 92
interview: Marc Marquez . 96
moto3: Maverick Vinales 100
top-5: MotoGP zum Schnäppchenpreis 102
wsbk: Duell der Rennopas 106
mehr spanier: Spanische Glanzlichter 110
Service
Boxenstopp 4
Kolumnen 14
ZIELGERADE 112
Impressum 114
Foto: adrivo/Sutton Titelfotos: adrivo/Sutton, milagro, WSBK
2 www.Motorsport-Magazin.com
Pro VS.
PEREZ ZU FERRARI
Fotos: adrivo/Sutton, sauber
Mit seinem Podium in
Malaysia schürte Perez
die Gerüchteküche an
Sergio Perez
befeuert die
Träume der
mexikanischen
F1-Fans
+++ PRO +++
+++ CONTRA +++
Nach seiner imposanten Fahrt in Malaysia gilt Sergio Perez als heißester
Kandidat auf die Nachfolge von Felipe Massa bei Ferrari. Der Brasilianer
blieb in dieser Saison bislang erneut unter den an ihn gestellten Erwartungen.
Für den Mexikaner wäre ein Wechsel zu Ferrari ein Glücksfall.
Jeder F1-Pilot träumt davon, einmal für die Scuderia zu fahren.
Perez gilt als Star der Zukunft und wo könnte er besser sein Talent unter
Beweis stellen als bei einem Top-Team wie Ferrari? Mit Fernando Alonso
hätte er einen zweifachen Weltmeister als Teamkollegen, der ihm einiges
beibringen könnte. Auch Massa hat davon profitiert, an der Seite von
Altmeister Michael Schumacher zu fahren.
Dass der Sprung von einem Mittelfeld- in ein Top-Team auch erfolgreich
verlaufen kann, zeigt das Beispiel Kimi Räikkönen. Nach nur einem Jahr
bei Sauber heuerte der Finne bei McLaren an. Es folgten der Wechsel zu
Ferrari und der WM-Titel. Auch Ferrari täte gut daran, Perez so schnell
wie möglich ins rote Boot zu holen. Sicherlich wird durch den Fahrerwechsel
Ferrari 2012 nicht sofort zum WM-Favoriten, denn dazu ist das
Auto aktuell zu langsam.
Aber der junge Mexikaner könnte neuen Wind und neue Motivation ins Team
bringen. Mit Blick auf die Konstrukteurs-WM wäre ein Fahrerwechsel nur
der logische Schritt. Momentan kann lediglich Alonso das Maximum aus
dem Auto herausholen und im Qualifying ins Q3 fahren sowie im Rennen
gute Punkte erzielen. Für die Konstrukteurs-WM und die damit verbundenen
TV-Gelder braucht Ferrari aber zwei Fahrer, die das schaffen.
Text: Kerstin Hasenbichler
Schnell fahren und schnell hochjubeln - das gehört im PS-Geschäft
der Formel 1 zum Alltag. Kaum hat ein Fahrer in einem Chaosrennen
ein überraschend starkes Ergebnis eingefahren, wird er schon ins
nächstbessere Team geschrieben. Wenn er dann auch noch Ferrari-
Junior ist wie Sergio Perez, ist nicht nur die italienische Presse kaum
noch zu halten.
Dem jungen Piloten tut das in den wenigsten Fällen gut. Im Fall Perez
könnte es sich sogar als sportlich fatal erweisen, sollte er während
der Saison mit wenig Erfahrung in ein Top-Team wie Ferrari kommen
und dort ohne Testmöglichkeiten ein eindeutig schwer fahrbares Auto
vorfinden, mit dem selbst Felipe Massa trotz all seiner GP-Starts
nicht zurecht kommt. Selbst ein erfahrener Pilot wie Giancarlo Fisichella
strauchelte bei diesem Versuch als Massa-Ersatz 2009.
Für die weitere Karriere von Perez könnte das vernichtende Konsequenzen
haben, denn dann wäre er ein gescheiterter Ex-Ferrari-Pilot
und die Formel 1 ist nur selten für zweite Chancen im Stil von Romain
Grosjean bekannt. Im Normalfall heißt es eher: Rasch Hochjubeln
und noch schneller wieder fallen lassen.
Trotz des berechtigten Lobs für die starken Leistungen von Perez
sollte man nicht vergessen, dass der Mexikaner erst seine zweite
Saison fährt. Gebt ihm Zeit, sich bei Sauber in Ruhe und ohne Druck
zu entwickeln. Dann ist er nach Saisonende vielleicht bereit, mit einer
guten Vorbereitung im Winter den Schritt in ein Top-Team zu wagen.
Text: Stephan Heublein
4 www.Motorsport-Magazin.com
Mit dem
Rotstift
Mit den CRTs wurde in dieser Saison zwar bereits eine Sparklasse in
der MotoGP eingeführt, doch es soll noch weiter gespart werden. Die
Vorschläge dafür sind vielfältig. Dazu gehört die Regel, dass auch in der
MotoGP in Zukunft nur noch eine Maschine pro Fahrer eingesetzt
werden darf. Weitere Ideen: Personalreduktion, eine Preisgrenze für
Leasing-Maschinen, ein Drehzahllimit und eine Standard-Elektronik.
Ein Konsens ist fast überall noch weit weg.
Die Motorrad-WM soll
in Zukunft noch
kostengünstiger
werden
Fotos: milagro, red bull x-fighters, yamaha
Hoch hinaus
Auch Bootfahren will
gelernt sein - aber
nicht vorsagen
lassen!
Spicken will gelernt sein
Dani Pedrosa sorgte zum Saisonstart unfreiwillig für große Schlagzeilen.
Nicht weil der Spanier sich wieder einmal ungünstig verletzt
hatte, ganz anders: Pedrosa wurde beim Spicken erwischt. Bei seiner
Bootsführerscheinprüfung gehörte der Honda-Fahrer zu einer
Gruppe, die sich die Ergebnisse per Ohrhörer vorsagen ließ. Dem
Polizeieinsatz nach zu urteilen, kam dies bei den spanischen Behörden
nicht gut an. »Mit der Annahme des schlechten Ratschlags habe
ich einen Fehler gemacht. Man kann dies ignorieren oder daraus
lernen - ich habe daraus gelernt«, versprach er.
Erinnern Sie sich noch an das Tennismatch
zwischen Roger Federer und Andre Agassi
auf der Hubschrauberlandeplattform des
Buri Al Arab Luxushotel in circa 210 m
Höhe? Nun, was Tennisspieler können, das
haben Motocross-Freestyle-Spezialisten
wie Dany Torres schon lange drauf, nur
statt auf eine kleine gelbe Filzkugel
einzuschlagen, drehte der Spanier mit
seiner KTM ein paar Runden: »Ich
habe noch nie ein so atemberaubendes
Hotel gesehen. Wo ich
herkomme, ist alles klein und hier
ist einfach alles überdimensional.
Hier oben muss der exklusivste
FMX-Kurs des Planeten sein.«
6 www.Motorsport-Magazin.com
Text: Jule Krause / Falko Schoklitsch
»Es ist, als ob du
ScheiSSe den Berg
hoch schaufelst.«
Colin Edwards über die
CRT-Entwicklungsarbeit
Italien fährt nur Moped
Wenn es nach der Statistik der MotoGP geht,
dann wird in Italien nur eins gemacht: Motorrad
gefahren. Meiste Titel? Bella Italia mit 75. Erfolgreichster
Fahrer? Giacomo Agostini: 15 Titel,
natürlich Italiener, Valentino Rossi folgt mit 9
Erfolgreichste Länder*
auf Rang drei und würde man nur MotoGP-Titel
werten, wäre er Zweiter. Selbst wenn man die
Titelträger zählt, ist Italien mit 26 die Nr. 1 und
nicht einmal wenn es heißt, nur MotoGP-Klasse,
kann die Statistik gefälscht werden: Italien mit
20. Meiste Siege? Mit 734 liegt Italien weit vor
Spanien, 329 Rennsiege Vorsprung hat die Konkurrenz
und auch in der Einzelfahrerwertung
liegen sie mit Agostini (122) und Rossi (105) an
der Spitze.
Erfolgreichste Fahrer*
Land Siege Siegreiche Fahrer Titel Titelträger
Fahrer
Siege
Italien 734 69 75 28
Spanien 405 32 36 14
Großbritannien 384 48 44 15
*Stand: nach Katar GP 2012
Giacomo Agostini (I) 122
Valentino Rossi (I) 105
Angel Nieto (E) 90
Mike Hailwood (UK) 76
Mick Doohan (AUS) 54
www.Motorsport-Magazin.com 7
Technische
Daten:
Leistung: 300 PS
Gewicht: 475 kg
Radstand: 2,90 m
Spur vorne: 0,6 m
Spur hinten: 1,7 m
Länge: 4,65m
Breite: 2 m
Höhe: 1,03 m
Tank: 40
delta
wing
Batmobile
Mit seiner Bewerbung für die IndyCar Serie ist Delta Wings mit seinem
kuriosen Rennwagen gescheitert, in der Schublade verschwindet das
Projekt aber trotzdem nicht. Nun darf der Bolide bei den 24 Stunden von
Le Mans an den Start gehen, wenn auch außerhalb der Wertung. Mit
einem 300 PS starken Nissan-Motor und der Startnummer Null werden
Marino Franchitti und Michael Krumm an den Start gehen.
Timo Scheider hat
zwei Räder für sich
entdeckt
Zweirad-SpaSS
Seit mehreren Wochen begeistert sich Timo Scheider mit
einem eigens angefertigten Rennrad für die Sportart, zuletzt
spulte er im sonnigen Mallorca einige Kilometer ab - teilweise
in Begleitung von Radprofi Marcel Wüst. Bei seinen Trainingsrunden
im heimischen Österreich kann es sogar vorkommen,
dass er auf Formel-1-Pilot Timo Glock trifft. Die beiden Timos
lassen es sich dann natürlich nicht nehmen, einen Kaffee zu
trinken und ihren Status auf Facebook zu aktualisieren
Alte Hasen
Jean Alesi wird im Mai sein
Comeback auf der Rennstrecke
geben. Der mittlerweile
47-Jährige startet das legendäre
IndyCar-Rennen im Cockpit
von Newman/Haas-Racing.
»Ich bin extrem aufgeregt
wegen der ganzen Sache. Ich
bin zwar nicht beunruhigt, fühle
aber großen Druck auf mir
lasten«, so Alesi. Der Franzose
wird übrigens auf einen alten
Bekannten treffen: Rubens Barrichello
ist seit Anfang der Saison
als Stammfahrer unterwegs
und bekam trotz seiner
39 Jahre den Rookie-Status
zugesprochen.
Rubens Barrichello
Alter: 39
GP-Starts: 323
GP-Siege: 11
Letzte Saison: 2011
Jean Alesi
Alter: 47
GP-Starts: 201
GP-Siege: 1
Letzte Saison: 2001
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz, nissan, audi, lotus group
8 www.Motorsport-Magazin.com
Text: Fabian Schneider
Drei junge Wilde
für Mercedes in
der DTM
Junge Wilde Reloaded
In der DTM-Saison 2012 setzt Mercedes neben bekannten Namen auch auf ein Junioren-Trio.
Roberto Merhi und Robert Wickens geben ihr Debüt, Christian Vietoris bestreitet seine zweite
Saison. Bereits Anfang der 1990er Jahre setzte Mercedes auf besonders junge Talente, die nicht
unbedeutende Namen trugen. Ob sich die Erfolgsgeschichte wiederholen lässt?
Formel 1
Die Vorbilder
Michael
Schumacher
Mit sieben Weltmeistertiteln
ist er der erfolgreichste
Formel-1-Pilot aller Zeiten.
Seit 1991 hat der Kerpener
bereits über 1.500
WM-Punkte sammeln
können. In seiner Anfangszeit
fuhr er sogar vier DTM-
Rennen, allerdings wenig
erfolgreich.
Heinz-Harald
Frentzen
Lange Zeit war Frentzen
hinter Schumacher einer
der erfolgreichsten
Formel-1-Fahrer aus
Deutschland, zwei seiner
drei Siege holte er in der
Saison 1999 und kämpfte
sogar um die Weltmeisterschaft.
Mittlerweile greift er
im ADAC GT Masters ins
Lenkrad.
Karl
Wendlinger
Als einziger der drei ehemaligen
Mercedes-Junioren blieb
Wendlinger in seiner 41 Rennen
andauernden Formel-1-Karriere
ohne Podestergebnis. Bis zu
seinem schweren Unfall in
Monaco 1994 holte der
Österreicher 14 Punkte,
beendete seine F1-Karriere
aber ein Jahr später. Wie
Frentzen fuhr er danach unter
anderem in der DTM.
Nico Rosberg
Erste Schnellste Runde: 1. Grand Prix, Bahrain 2006
Erste Pole Position: 111. Qualifying, China 2012
Erster Sieg: 111. Grand Prix, China 2012
Silberne Sternstunde
Nico Rosberg entließ einen Urschrei in den Boxenfunk. Ausgerechnet in seinem
111. Grand Prix gewann der Deutsche sein erstes Rennen in der Formel 1. Es
war der zehnte GP-Sieg eines Werks-Silberpfeils und der 90. Triumph des Motorenherstellers
in der Königsklasse. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren
standen beim China GP ausschließlich Fahrer mit Mercedes-Motoren auf dem
Podium - auch 2010 waren es Jenson Button, Lewis Hamilton und Rosberg.
Werner erzielte
1901 den ersten
Mercedes-Sieg
Der erste
Mercedes-Sieg
Genau 111 Jahre nach dem
ersten Sieg eines Mercedes-
Rennwagens bei einem Autorennen
siegte Rosberg zum
ersten Mal mit einem Silberpfeil
der Neuzeit. Am 25.
März 1901 startete Wilhelm
Werner in einem nach der
Tochter des Daimler-Importeurs
Emil Jellinek benannten
Auto beim Rennen Nizza-
Salon-Nizza. Bereits zur
Halbzeit des 392,5 km langen
Rennens führte Werner mit
zwölf Minuten Vorsprung.
Nach anstrengenden sechs
Stunden, 45 Minuten und 48
Sekunden siegte er mit einem
Vorsprung von 26 Minuten
und 10 Sekunden. In einem
modernen Grand Prix würde
das einer Führung von fast
sechs Minuten entsprechen.
Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz
10 www.Motorsport-Magazin.com
Text: Manuel Sperl / Mike Wiedel
Der letzte Werkssieg
Nico Rosbergs Sieg in Shanghai war der erste Sieg eines
Werks-Silberpfeils seit dem Großen Preis von Italien am 11.
September 1955 in Monza - also nach 20.671 Tagen Wartezeit.
Teamchef Ross Brawn war damals gerade mal ein
Jahr alt. Mercedes-Pilot Stirling Moss startete auf der zehn
Kilometer langen Traditionsstrecke von der Pole Position
und lieferte sich bis zu einem unfreiwilligen Boxenstopp ein
spannendes Duell mit seinem Teamkollegen Juan Manuel
Fangio, der das Rennen vor Piero Taruffi gewann.
Michael
Schumacher
Rosbergs Teamkollege ist
unumstritten der Rekordsieger
in der Formel 1. Er
weist eine Siegquote von
mehr als 30% auf.
Heinz-Harald
Frentzen
Drei Mal durfte der
Mönchengladbacher für
Jordan und Williams
jubeln. Interessanterweise
erzielte er nur seinen ersten
GP-Sieg mit Williams.
Jochen Mass
Nico
Rosberg
Der Mercedes-Pilot krönte
sich mit seinem Sieg in
Shanghai zum siebten
deutschen F1-Sieger. Vor 30
Jahren gewann sein Vater
Keke den WM-Titel.
Michael
Schumacher
Sebastian
Vettel
Der amtierende Champion
war in den vergangenen
beiden Jahren kaum zu
stoppen und schickte sich
an, Schumachers Rekorde
zu brechen.
Ralf
Schumacher
Der heutige DTM-Pilot ist
mit sechs Siegen noch
immer der dritterfolgreichste
deutsche
Formel-1-Pilot.
Wolfgang Graf
Berghe von
Trips
Der Deutsche startete bei
27 Formel-1-Rennen und
gewann vor seinem
Unfalltod in Monza 1961
zwei Rennen für Ferrari.
Jochen Mass
Mass gewann 1975 das
Rennen auf dem umstrittenen
Montjuic-Kurs in
Barcelona. Bei dem Rennen
verloren vier Zuschauer ihr
Leben, es gab nach dem
Abbruch nur halbe Punkte.
Silberpfeil-Siege
1954/1955
1954 Frankreich GP - Juan Manuel Fangio
1954 Deutschland GP - Juan Manuel Fangio
1954 Schweiz Juan GP - Manuel Fangio
1954 Italien Juan GP - Manuel Fangio
1955 Argentinien GP - Juan Manuel Fangio
1955 Belgien GP - Juan Manuel Fangio
1955 Niederlande GP - Juan Manuel Fangio
1955 Großbritannien GP – Stirling Moss
1955 Italien GP - Juan Manuel Fangio
Boxenspion
BOXENSPION
Button kreativ:
W-Zeichen statt
Siegesfinger
Mark Sutton
Life Through a Lens
»Das Licht war einfach unglaublich als Jenson aus seinem Wagen stieg. Er kam
in meine Richtung, aber ich war noch weit genug weg, um auch noch ein Stück
Himmel und seine Handschuhe auf das Bild zu bekommen. Es war ganz offensichtlich
ein sehr emotionaler Moment für ihn. Das Beste war, dass ich auf ihn
gewettet und gewonnen hatte. Als ich ihn das letzte Mal beim Test in Barcelona
sah, meinte er zu mir: »Wir sehen uns im Parc Ferme«. Das war der Grund,
warum ich getippt habe, dass er die Pole Position, den Sieg und am Ende die
WM holt. Bisher bin ich mit meinem Tipp sehr zufrieden!«
Typisches
Sepang-Wetter im
Fahrerlager
»Durch den Regen erweckt es
den Anschein, als wäre das Bild in
Schwarz-Weiß. In Malaysia sieht
man die Leute mit ihren Regenschirmen
ständig die Boxengasse
auf und abmarschieren - einige
gehen, andere rennen. So ein Foto
will man unbedingt, gleichzeitig
versucht man, in dem Platzregen
nicht allzu nass zu werden. Es war
etwas bizarr, denn am Morgen hatte
noch die Sonne geschienen und
nur wenig später tauchten diese
schwarzen Wolken auf - genau wie
am Renntag. Ich denke, das Foto
aus dem Paddock-Bereich mit
dem Regen ist typisch für Malaysia.
Man sieht auf dem Bild auch ganz
genau, wie finster es war.«
Kamui Kobayashi
lässt es gerne
krachen - die
armen Reifen
„Es ist einfach großartig, wie verdammt schnell die
Piloten in die Kurve fahren und beim Bremsen leicht
einfedern. Man kann sogar den Pirelli-Schriftzug
lesen, weil die Reifen blockieren und das Bild
dadurch quasi eingefroren wird. Ich machte diese
Aufnahmen mit einem 500mm-Objektiv aus der
Hand heraus und schwenkte den Autos mit der
Kamera einfach durch die letzte Kurve des Kurses
hinterher. Bei Kobayashi blockierte das Rad extrem;
das passierte ihm noch, bevor er durch die
Kurve gefahren war. Ich mag es, wie das Lenkrad
einschlägt und der Helm des Fahrers auf der
Seite des Cockpits hängt, während er versucht,
das Auto wieder einzufangen. Das erschafft ein
großartiges Bild. Ich kann Euch sagen: mein
Rücken brachte mich fast um, nachdem ich
so lange ein 5 kg schweres Objektiv durch die
Kurve geschwenkt hatte!“
Top-3 Sprüche
1. »Hoffst du auf chaotischere
Rennen durch die neuen Reifen?« -
»Meine Rennen waren letztes Jahr
chaotisch genug. Ich will nicht noch
mehr Chaos.« (Lewis Hamilton)
nicht verpassen:
alles neu auf
www.motorsportmagazin.com
Fotos: adrivo/Sutton, adac gt masters, infiniti
2. »Warum zeigen die mir ständig blaue Flaggen?« - »Die Flaggen
sind für die Autos hinter dir!« (Kimi Räikkönen im Funk mit
seinem Ingenieur)
3. »Vor diesem Rennen arbeiteten wir 24 h
am Tag, jetzt müssen wir eben 25 h täglich
arbeiten.« (Fernando Alonso nach Australien)
Kung Fu Vettel
Wenn der Saisonstart nicht nach Wunsch verläuft
und so manches Auto im Weg herumsteht, muss
auch ein Doppelweltmeister mal Dampf ablassen.
Sebastian Vettel machte das bei einem PR-Termin
mit Kung-Fu-Star Celina Jade. Die Überrundeten
sollten sich also ab sofort besser vorsehen!
Tippspiel:
Top-Preise abräumen
Auch in dieser Saison gibt es wieder die Möglichkeit,
beim Tippspiel von Motorsport-Magazin.com tolle Preise
zu gewinnen. Tippen Sie bei jedem der 20 F1-Rennen
die besten Drei und zeigen Sie, dass Sie ein echter
F1-Kenner sind. Mitmachen leicht gemacht: einfach auf
unsere Motorsport-Magazin.com Facebook-Seite gehen,
anmelden und sofort loslegen. Am Ende der Saison
winkt dem besten Tipper der Hauptpreis ‚Formel selber
fahren auf dem Lausitzring‘.
KLICK MAL
WIEDER....
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Mehr Motorräder,
mehr Teams und
geringere Kosten
beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder nicht
haben, sondern wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird.
Verdienen
statt
Sparen
Ja, die Teams können nun etwas freier atmen und sogar in der MotoGP gibt es
erstmals wieder Zuwachs, doch das grundsätzliche Problem ist dadurch noch lange
nicht im Griff - und damit sind nicht die immer höher werdenden Kosten für Satelliten-Maschinen
gemeint. Denn es ist so, dass zwar gespart wird, aber auf der
Einnahmenseite keine wirklichen Zuwächse zu verzeichnen sind. Und genau dort
liegt der Hund begraben: solange die Einnahmen nicht steigen, wird die Abwärts-
Spirale weitergehen. Da kann sich die Dorna noch so viele Maßnahmen wie ein
Drehzahllimit oder eine Standard-Elektronik überlegen - wogegen es ohnehin
Widerstand der Hersteller gibt -, wenn die Einnahmen bei den Teams nicht wieder
wachsen, führt die Reise weiter ins Nirgendwo.
Text: Falko Schoklitsch
Es hasst so ziemlich jeder, wenn am Ende des Gehalts noch zu viel Monat übrig
ist. Dann muss jeder Cent umgedreht werden und es gilt, aus möglichst wenig
möglichst viel zu machen. Noch schlimmer ist es für Unternehmen, wenn sie in die
Zwickmühle geraten. Im Normalfall werden dann Leute auf Kurzarbeit geschickt
oder gleich freigestellt, die Ausgaben werden reduziert und es wird versucht, möglichst
kostensparend zu agieren, um ja irgendwie handlungsfähig zu bleiben. Für
Firmen ist das die Höchststrafe, bevor ganz das Ende droht.
Sparen, sparen, sparen, irgendwoher kommt einem das doch bekannt vor. Die
Motorradweltmeisterschaft hat in den vergangenen Jahren ein rigoroses Sparprogramm
gefahren, zunächst wurde die 250er zur Moto2, um dort billigeren
Rennsport zu ermöglichen, in diesem Jahr musste die 125cc-Klasse schließlich
der Moto3 weichen und in der MotoGP gibt es die Prototyp-Serien-Hybriden CRT.
Während es ein nobler Plan ist, die Starterfelder wieder aufzustocken und gleichzeitig
gerade in den kleineren Klassen wieder mehr Chancengleichheit zu schaffen,
indem das alte System von teuren Werks-Maschinen versus nicht so teure,
aber unterlegene Second-Hand-Maschinen abgeschafft worden ist, so ist mit
Sparen nicht alles getan.
Es ist ja auch bezeichnend, dass das Yamaha-Werksteam nach dem Abgang von
Valentino Rossi das zweite Jahr in Folge ohne Hauptsponsor antritt. Zwar wird
kommuniziert, man konzentriere sich darauf, die eigenen Yamaha-Marken zu vermarkten
und will daher den Wert der Sponsorenplätze nicht zu billig abgeben, dass
sich aber so gar niemand finden will, der den geforderten Preis bezahlt, ist durchaus
bezeichnend. Noch spannender könnte es werden, was der kleine Hersteller Ducati
macht, sollte Rossi irgendwann einmal genug haben und sich verabschieden. Mit
ihm dürften viele Geldgeber gehen, die sich im blasser werdenden Glanz der Ikone
sonnen wollen.
Es ist also eindeutig, beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder
nicht haben, sondern darum, wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird. Sollten
es die Verantwortlichen aber nicht schaffen, diesen Kurs zu ändern, dürfte auch
das nicht mehr genügen. Anscheinend haben viele es versäumt, das Ende der
Tabaksponsoren mit neuen Konzepten abzufangen. Stattdessen herrscht weiter
die Hoffnung, dass schon jemand mit dem dicken Scheckheft kommt, sobald die
Wirtschaftskrise endgültig überwunden ist. Dazu eine kleine Nachricht an die
MotoGP: Leute mit dickem Scheckheft gibt es auch jetzt, sie wollen aber auch in
das richtige Produkt investieren. Und da müssen sich auch die Verantwortlichen
bei der Dorna an die Nase fassen. Eine Weltmeisterschaft mit vier Rennen in Spanien,
plus jenem in Portugal sowie zwei in Italien ist nicht unbedingt bestens geeignet,
um sich als sehr international zu präsentieren. Aber da soll sich ja vielleicht bald
etwas ändern, es könnte nicht schaden.
Fotos: milagro
14 www.Motorsport-Magazin.com
Audi, BMW, Mercedes -
welcher Hersteller wird
erster Champion der
neuen DTM-Ära?
DEBATTE
Die neue DTM-Ära - besser als bisher
Die Zeit der neuen DTM ist angebrochen. Mit Rückkehrer BMW und völlig neuen Autos
weht ein frischer Wind durch die Tourenwagenserie. Aber wird dadurch wirklich alles
besser? Das Motorsport-Magazin diskutiert.
Robert Seiwert: Neue Autos, neuer Hersteller - die DTM 2012 verspricht Spannung
pur. Aber: Kann BMW als Neueinsteiger überhaupt mit den etablierten
Mercedes-Benz und Audi mithalten? Fahren die drei Hersteller 2012 wirklich auf
Augenhöhe?
Fabian Schneider: Ja, davon bin ich überzeugt. BMW hat mit dem technischen
Hintergrund aus seiner Vergangenheit in der Formel 1 gute Voraussetzungen und
konzentriert sich schon sehr lange auf den Einstieg in die DTM. Durch die Homologation
sollte die ITR sowieso alle drei Hersteller auf ein Niveau gebracht haben.
Annika Kläsener: Zudem hatte BMW viel Zeit, die neuen Boliden zu
entwickeln, während Audi und Mercedes im vergangenen Jahr noch um
die Meisterschaft kämpften. Mit dem ausgiebigen Testprogramm der
Münchner können weder Mercedes-Benz noch Audi mithalten.
in der vergangenen Saison ein enges Duell um die Meisterschaft und
werden sich bei BMW mit Sicherheit gegenseitig zu Höchstleistungen
antreiben.
Fabian: Vielleicht sollte man sich nicht nur auf die DTM-Routiniers konzentrieren.
Schließlich gibt es seit Jahren endlich einmal wieder neue Autos - alle fangen quasi
bei Null an. Vielleicht überrascht ja auch einer der Rookies, weil er besonders unbefangen
in die Saison starten kann?
Robert: Hast Du einen bestimmten Fahrer im Sinn?
Fabian: Robert Wickens zum Beispiel. Der Junge ist in den letzten Jahren dutzende
verschiedene Rennserien gefahren und hat überall Siege geholt. Warum sollte ihm
das nicht auch in der neuen DTM gelingen?
Robert: Entwicklungsarbeit ist schön und gut, aber was ist mit den wichtigen
Dingen abseits der Autos? Rennstrategie, Erfahrung mit den unterschiedlichen
Strecken, Zusammenarbeit innerhalb der Teams - ich denke, dass BMW in dieser
Hinsicht einen Nachteil hat, der sich stark auf die Rennen auswirkt und deshalb
zumindest im ersten Jahr den beiden Konkurrenten hinterherhinkt.
Fabian: Man darf aber nicht vergessen, dass BMW nicht jetzt erst in die Welt des
Motorsports einsteigt. Mit ihren Engagements in der F1, der WTCC und auf der
Langstrecke haben sie in den vergangenen Jahren extrem viel Erfahrung sammeln
können. Da sollte es doch eigentlich kein Problem sein, zehn DTM-Rennen in einer
Saison standesgemäß über die Bühne zu bringen.
Robert: Na ja, die Messlatte in der DTM liegt extrem hoch. In der Vergangenheit
entschieden Hundertstelsekunden über Sieg oder Niederlage und ich kann mir
kaum vorstellen, dass BMW im Vergleich zur gestandenen Konkurrenz von Beginn
auf diesem Niveau mithalten kann.
Annika: Mit Martin Tomczyk und Bruno Spengler hat BMW allerdings zwei
erfahrene DTM-Piloten von Audi und Mercedes abgeworben, die bei der
Entwicklung der Boliden eine wichtige Rolle spielen. Beide lieferten sich
Robert: Möglich. Ich glaube allerdings, dass sich die Erfahrung im Feld wieder
einmal durchsetzen wird - egal, ob die Autos neu sind. Am Ende stehen doch
wieder die üblichen Verdächtigen vorn.
Annika: Egal ob Rookie oder Routinier - da alle neue Autos haben, werden
wir spannende Duelle auf Augenhöhe sehen, die für einen vielseitigen
Wettbewerb statt Grabenkämpfen zwischen zwei Herstellern sorgen. Auch
innerhalb der Autobauer wird der Konkurrenzkampf durch den Wegfall
der Jahreswagen angeheizt.
Fabian: Die neue Situation belebt den Sport auf jeden Fall. Nach den Jahren der
Zweisamkeit hat die DTM eine Neuerung dringend benötigt. Viel länger hätte es nicht
dauern dürfen. Die Frage bleibt, wer sich am schnellsten auf die neuen Begebenheiten
einstellen kann.
Robert: Ich denke auch, dass alle Beteiligten den ewigen Zweikampf satt hatten
und frischer Wind nötig war. Doch trotz all der Vorschusslorbeeren wird sich erst
noch zeigen müssen, ob die neuen Autos wirklich für mehr Chancengleichheit
sorgen oder ob in der neuen DTM unterm Strich nicht doch Prozessionen auf der
Strecke und immer die gleichen Sieger an der Tagesordnung bleiben.
Fotos: adrivo/Sutton, dtm
16 www.Motorsport-Magazin.com
+++ IM Vergleich +++ IM Vergleich +++ IM Vergleich+++
schneller boxenstopp Drei Sekunden - länger dauert ein Boxenstopp in der Formel 1 nicht, inklusive
dem Wechseln aller vier Räder. In der Saison 2011 waren Mercedes und Red Bull am schnellsten und konstantesten bei der Arbeit in der
Boxengasse. Das würde sich wahrscheinlich ändern, wenn Mercedes ähnliche Taktiken anwenden würde wie das Vorgänger-Team British
American Racing. Das ehemalige Honda-Werksteam ließ schon mal diese drei Damen zur Arbeit in der Boxengasse antanzen - voll ausgerüstet
mit Lollipop, Schlagschraubern und
natürlich den knappsten Bikinis des Sponsors. Damit würden sie beim Rennboxenstopp
wohl etliche Blicke auf sich ziehen
und die Konkurrenz wertvolle Sekunden kosten.
www.Motorsport-Magazin.com 17
Wortduell: Gurkenzüchter
gegen heulendes Baby
- wirklich cool sah keiner
der Streithähne dabei aus
Dass bei Sebastian Vettel in Malaysia etwas die
Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich.
Gurkenzüchter
vs. heulende Babys
Text: Kerstin Hasenbichler
Mit hochrotem Kopf rannte Sebastian Vettel durch das malaysische Fahrerlager.
Im Inneren des Weltmeisters brodelte es - das war nicht zu übersehen und
bei den anstehenden Interviews auch nicht zu überhören. »Wie im echten
Leben auch, gibt es ein paar Gurken, die rumfahren. Manche sind mit der
Situation wohl ein bisschen überfordert und sehen nicht ganz, wo ihr Auto ist«,
machte Vettel seinem Ärger über HRT-Pilot Narain Karthikeyan freie Luft. Der
Inder bezeichnete im darauffolgenden medialen Schlagabtausch Vettel als
heulendes Baby. Ein gefundenes Fressen für die Medien, das bis zum Ende
ausgeschlachtet wurde. Es wurden Experten befragt, die je nach Sympathie
für die eine oder andere Seite Partei ergriffen, hinzu kamen Statements der
jeweiligen Teamchefs, Fahrerkollegen und jedem anderen, der sonst noch
seinen Senf dazu abgeben wollte. Doch viel interessanter ist die Tatsache,
dass Vettel in Malaysia einen kurzen Blick hinter seine Fassade gewährte.
Sonst stets gut gelaunt und für einen guten Spruch zu haben, war Vettel in
Sepang das Lachen vergangen. Statt dem Siegesfinger gab es den Stinkefinger
- kein Wunder, wenn man sich auf Platz vier liegend den Hinterreifen bei einem
Überrundeten aufschlitzt und dann ohne Punkte nach Hause fahren muss.
Unumstritten befindet sich Vettel in einer für ihn ungewohnten Situation. In
den letzten beiden Jahren wurde der Red-Bull-Pilot vom Erfolg verwöhnt,
brach einen Rekord nach dem anderen und heimste zwei WM-Titel in Folge
ein. Dieses Jahr hatte er weder in Australien noch in Malaysia eine reelle
Chance auf den Sieg, weshalb so manche Medien in dem verbalen Schlagabtausch
mit Karthikeyan gleich viel mehr herauslesen wollten. Nicht zu vergessen,
dass Vettel angeblich auch noch die Order des Teams ignorierte und das
Rennen zu Ende fuhr, statt seinen RB8 vorzeitig abzustellen. Das ließ einerseits
bei so manchem Fan die Alarmglocken schrillen und heizte andererseits die
Gerüchte an, wonach die Teambosse »not amused« seien und Vettel nach dem
Malaysia GP in Milton Keynes eine ordentliche Standpauke erwarte. So mancher
dürfte wohl auch schon den Champagner kalt gestellt haben, in der Erwartung,
dass nun endlich die immer wieder auftauchenden Ferrari-Wechselgerüchte
Wahrheit würden - und Ferrari würde sicherlich keine Sekunde zögern und
Vettel anstelle von Felipe Massa in den roten Boliden setzen. Sebastian Vettel
und Fernando Alonso, Seite an Seite bei Ferrari - was wäre das für eine Schlagzeile!
Träumen ist durchaus erlaubt, doch die Realität sieht anders aus. Sicherlich
ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es bei Red Bull zu Saisonbeginn
alles andere als rund lief. Die Dominanz aus dem Vorjahr ist zumindest momentan
nicht mehr vorhanden, was nicht heißt, dass Red Bull dieses Jahr nicht
trotzdem den Titel gewinnen kann. Schließlich wissen die Jungs rund um
Adrian Newey, was ein Weltmeisterauto ausmacht und dass bei Vettel in Malaysia
etwas die Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich. Zudem war der
Deutsche noch nie einer von jenen PR-Typen, die in die Kamera grinsen, weil
es eben gut für das eigene und das Team-Image ist. »Manchmal reichen 10
Minuten nach dem Rennen, um wieder herunterzukommen. Manchmal eben
nicht. In Malaysia habe ich mich so verhalten, wie ich mich gefühlt habe. Am
Montag - als ich eine Nacht darüber geschlafen hatte - war meine Stimmung
wieder normal«, erzählte Vettel. Und gerade diese Geradlinigkeit und Ehrlichkeit
machen Vettel zu einem echten Sympathieträger.
Fotos: adrivo/Sutton
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Foto: adrivo/Sutton
gut Ding will
weile haben
Rasenmähen im
Eiltempo: Wenn Lewis
Hamilton auch Ihren
Wembley-Rasen stutzen
soll, wenden Sie sich
bitte an Ron Dennis
Gelächelt hat Nico Rosberg, als er bei seiner Vertragsverlängerung
mit Mercedes sagte: »Wenn ich mein
erstes Rennen in einem Silberpfeil gewinne, wird dies
einer der Höhepunkte in meinem bisherigen Leben
sein.« Gelächelt haben die Experten und Konkurrenten,
als sie die Erfüllung dieser Ankündigung vorerst als
Science Fiction ansahen. Über beide Ohren gestrahlt
hat Rosberg, als er in Shanghai sein erstes Rennen
gewann und den Kritikern bewies: die nahezu allgegenwärtigen
Hinweise auf den Aufbauprozess bei
Mercedes waren keine leeren Phrasen, im dritten Jahr
ist das Team aus eigener Kraft in der Lage, um Poles
und Siege mitzufahren. Wer zuletzt lacht, lacht eben
doch am besten. - Stephan Heublein
www.Motorsport-Magazin.com 21
Fotos: ferrari, adrivo/Sutton
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein
Alonsos
Egoistisch, verbissen und ein schlechter Verlierer: Niederlagen bereiten
Fernando Alonso fast schon körperliche Schmerzen. Der wohl kompletteste
aktive Formel-1-Pilot erleidet bei Ferrari höllische Qualen.
Das Motorsport-Magazin geht seinen Quälgeistern auf den Grund.
Qualen
Blitze zucken über den dunklen Himmel, Donner
grollt in der Ferne, selbst die Zeitmessung
und die Ampelanlage geben sich kurzfristig den
Naturgewalten geschlagen. Die Weltuntergangs-
Atmosphäre beim Großen Preis von Malaysia
könnte nicht besser zur verzweifelten Lage bei
Ferrari passen. Das Auto ist erneut kein großer
Wurf, die Scuderia muss abermals mit Siebenmeilenstiefeln
aufholen. Mitten in diese
Mischung aus Frust und Chaos platzt das
Undenkbare: Fernando Alonso gewinnt den
zweiten WM-Lauf in Sepang. »Der einzige bei
Ferrari, der sich zu Ruhm fährt, ist Fernando
Alonso«, sagt Christian Danner dem Motorsport-Magazin
bestimmt. »Was er aus dem Auto
herausholt, ist einfach phänomenal.« Wie im
Vorjahr in Silverstone nutzt er die Gunst der
Stunde, die Schwächen und Fehler der Konkurrenz
und staubt einen unerwarteten Sieg ab.
Doch die Realität holt ihn bald ein. Die Bedingungen
waren außergewöhnlich, das wahre
Leistungsbild verzerrt. »Dieses Jahr gewinnt er
mit Ferrari definitiv nicht die WM«, prophezeit
Johnny Herbert. Für den stolzen Spanier ist das
die Höchststrafe. Alonso möchte immer gewinnen.
Die vielen Baustellen in Maranello lassen
jedoch befürchten, dass dem Doppelweltmeister
erneut eine verlorene Saison ins Haus stehen
könnte.
Quälgeist 1: Die Regeln
Selbst einem Top-Team wie Ferrari passiert
von Zeit zu Zeit der Fehler, einem Konzept
zu folgen, das nicht funktioniert. In der Vergangenheit
konnte die Scuderia in solchen
Situationen den Vorteil der hauseigenen Teststrecken
in Fiorano und Mugello ausspielen.
Dort spulte der Rennstall tausende Kilometer
ab, bis man eine Lösung für das Problem
gefunden hatte. Durch das Testverbot besitzt
Ferrari diesen Trumpf nicht mehr. Wie alle
anderen muss Fernando Alonso auf den
Simulator zurückgreifen oder neue Teile an
einem Rennwochenende testen. Ein herber
Nachteil, vor allem wenn es um die Aerodynamik
geht, die in den letzten Jahren zum
entscheidenden Faktor im Kampf um Siege
und Titel geworden ist. Jedes Team tut gut,
ein Design-Genie wie Adrian Newey an Bord
zu haben. Doch während in der Vergangenheit
McLaren und Red Bull von Neweys
Tricks profitierten, weigerte sich der Brite
stets, ins rote Lager zu wechseln. Eine
Schmach für Luca di Montezemolo und die
Scuderia Ferrari - besonders in der aktuellen
Situation. »Wir haben erst wenige Rennen
hinter uns, aber Ferrari fährt momentan
sicherlich hinter den eigenen Ansprüchen«,
erklärt Alexander Wurz.
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www.Motorsport-Magazin.com 23
Alonso quetscht
alles aus dem
roten Renner
heraus
Quälgeist 2: Das Auto
Der mittlerweile dritte Ferrari-Bolide von
Fernando Alonso hat wenig gemein mit einer
roten Göttin. Die hässliche Nase des F2012
ist zwar dem neuen Reglement geschuldet,
doch auch der Speed des Wagens ist alles
andere als göttlich. »Im Moment sind sie verdammt
weit weg«, sagt Johnny Herbert. Das
Urteil von Alexander Wurz fällt weniger vernichtend
aus: »Der Rennspeed war in den
ersten Rennen nicht so schlecht, aber auch
nicht wirklich gut.« Nichtsdestotrotz konnte
Alonso zu Beginn der Saison wichtige Punkte
holen, nun kommt es auf die Entwicklungsarbeit
der Scuderia an. »Ferrari kann sicher
noch ein gehöriges Wörtchen mitreden.
Schließlich haben sie alle Ressourcen, um
eine effiziente Entwicklung zu betreiben«, ist
Marc Surer überzeugt. Dafür muss Ferrari
allerdings bei der Aerodynamik ein riesiger
Sprung nach vorne gelingen, denn im Vergleich
zum RB8 oder MP4-27 produziert der
F2012 zu wenig Abtrieb. Deshalb ist Herbert
überzeugt: »Nichts kann die Saison von Ferrari
retten, außer das Team findet ein Aerodynamik-Paket,
das gleich gut funktioniert
wie das der anderen.«
Fotos: adrivo/Sutton, ferrari
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Quälgeist 3: Das Team
Wenn die Erfolge ausbleiben, wird schnell ein Sündenbock gesucht.
Im Fall von Ferrari nimmt Teamchef Stefano Domenicali diese Rolle
ein. »Ihn rauszuschmeißen ist keine Lösung«, sagt Wurz. Auch zu
Erfolgszeiten war es nicht Michael Schumacher allein, der alles getragen
hat, sondern fünf, sechs Top-Leute, die sich gegenseitig den Rücken
gestützt haben. Aktuell scheint Ferrari seine Energie in anderen
Bereichen aufzureiben. »Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, sondern
versuchen, sich gegenseitig den Stuhl wegzuziehen, dann kommt
die Energie nie beim Produkt an«, erklärt Wurz. Zudem ist es nicht
Domenicali, der das Auto konstruiert und baut. »Viel eher muss sich
Ferrari die Frage stellen, ob an der Spitze des Technikerstabs die richtigen
Leute sitzen«, meint Surer. Mit Aldo Costa musste im letzten Jahr
bereits ein Sündenbock seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger Pat Fry
ist keineswegs ein genialer Designer, sein F2012 floppte bislang: »Sie
haben sich früh auf das diesjährige Auto konzentriert«, so Surer. »Das
Ergebnis war, dass sie ein Auto gebaut haben, das noch schlechter war
als das vorherige.«
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Fotos: adrivo/Sutton, ferrari
Quälende Frage:
Aufs falsche
Pferd gesetzt?
In Fernando Alonso sehen die meisten Experten
einen der besten, wenn nicht sogar den
besten Fahrer in der Königsklasse. Doch die
Formel 1 ist keine Ein-Mann-Show - auch das
Team muss passen. Die ruhmreiche Scuderia
gehört auch in dieser Saison nicht zu den allerbesten
Fahrzeugkonstrukteuren ihrer Zunft.
Alonso musste bereits zu Saisonbeginn alles
aus dem schwächelnden F2012 herausholen -
und mehr. »Er fährt momentan einfach da, wo
sich Ferrari befindet«, analysiert Alex Wurz.
»Das ist unterm Strich nicht gut genug - egal
ob Tifosi oder nicht. Ferrari muss hart
arbeiten.« Eine Situation, die den erfolgsverwöhnten
Spanier garantiert nicht befriedigt,
obwohl er von Beginn seiner roten Karriere an
nur Lobeshymnen auf das Team sang. Ferrari
sei sein Traumteam, seine neue Familie, er
werde seine Formel-1-Karriere ganz sicher in
Maranello beenden. Alonso wusste von Anfang
an, was die leidenschaftliche Scuderia, die
heißblütigen Tifosi und die finanzkräftigen
Sponsoren hören wollten. In der Formel 1 kann
es allerdings ganz schnell gehen - auch bei
McLaren schwang Alonso einst bewegende
Antrittsworte, der Nachhall in Ron Dennis‘
Büro hört sich heute ganz anders an... Das lässt
die Frage aufkommen, ob Alonsos langfristige
Vertragsverlängerung mit Ferrari nicht doch
ein schwerwiegender Fehler gewesen ist. Das
Motorsport-Magazin hat sich im Fahrerlager
umgehört.
David Coulthard: Nein, absolut
nicht. Fernando fuhr für Renault und McLaren.
Klar will er Weltmeisterschaften gewinnen, was
ihm seit 2006 nicht mehr gelungen ist, aber als
Fahrer hat man ein Gefühl und aufgrund dessen
geht man eine Verpflichtung ein. Ohne Zweifel
hat Fernando alle Fähigkeiten, um auch in der
Zukunft Weltmeistertitel in der Formel 1 zu
gewinnen.
Ist Alonso bei
Ferrari im
falschen Team
für Siege und
WM-Titel?
Alexander Wurz: Ob Alonso mit
Ferrari auf das falsche Pferd gesetzt hat? Das
kommt darauf an, ob man es aus finanzieller
oder sportlicher Sicht sieht. Aus finanzieller
Sicht hoffe ich für ihn, dass die Zahlungen rechtzeitig
ankommen. Aus sportlicher Sicht hat es
sich bisher nicht ausgezahlt.
Johnny Herbert: Im Moment kann
er nirgends hin. Ich würde ihm momentan auch
nicht raten, zu Mercedes zu gehen und dort im
nächsten Jahr Michael Schumacher abzulösen.
Aktuell muss Fernando abwarten, was in der
Boxengasse passiert, was die anderen Fahrer
machen und vielleicht ergibt sich für ihn dann
die Chance, von Ferrari wegzugehen. Dieses Jahr
gewinnt er mit Ferrari definitiv nicht die WM. Es
besteht aber die Möglichkeit, dass er in der
Zukunft mit der Scuderia noch Weltmeisterschaften
gewinnen kann, aber es besteht auch
die Chance, dass es mit Ferrari genauso weitergeht
wie jetzt.
Marc Surer: Alonsos Fehler ist nicht,
dass er sich jetzt so lange bei Ferrari verpflichtet
hat und deshalb klipp und klar sagt: »Ferrari ist
mein Team.« Alonso hat den Fehler viel früher
begangen, als er bei McLaren weggelaufen ist,
nur weil es da einen schnellen, jungen Fahrer
namens Lewis Hamilton gab. Aber das war halt
sein verletzter Stolz, weil er bei McLaren damals
nicht die alleinige Nummer 1 war.
Christian Danner: Alonso musste
oder wollte damals von McLaren-Mercedes weg.
Meiner Meinung nach war es ein Fehler, wie er
sich in dieser Situation verhalten hat. Danach
hatte er keine Chance mehr, nach Woking
zurückzugehen. Zu Red Bull konnte er ebenso
wenig und auch im Moment ist die Tür dort zu,
so lange Mark Webber weiter neben Sebastian
Vettel fährt.
Marc Surer: Wenn Alonso es bei
McLaren durchgezogen und sich durchgekämpft
hätte, dann wäre er heute bestimmt
schon zweimal öfter Weltmeister. Ich vergleiche
das gerne mit Ayrton Senna, der ist damals
auch zu McLaren gewechselt und hat sich mit
Alain Prost einen schwierigen und verdammt
schnellen Teamkollegen angetan, obwohl er
wusste, dass kein angenehmer Zeitgenosse im
anderen Auto sitzen würde. Aber Senna hat das
in Kauf genommen, um im besten Auto zu sein
- mit dieser Einstellung hat er sich am Ende
durchgesetzt.
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Text: Karin Sturm
AbgestoSSene
Hörner
Von der Ersatzbank zurück ins Renngeschehen: Nico Hülkenberg
gehört nach einem Jahr als Testfahrer wieder zum elitären Kreis
der Formel-1-Stammpiloten. Dem Motorsport-Magazin verrät er das
beste Entrostungsmittel.
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Nico Hülkenberg ist
nach einer Zwangspause
zurück in der
Startaufstellung
Fotos: adrivo/Sutton
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MSM: Nach den Wintertests warst du sehr
optimistisch, was eure Performance anging
- wie sieht das nach den ersten Rennen aus?
NICO HÜLKENBERG: In Australien war ich
nach dem Qualifying noch sehr zufrieden,
nachdem es in den ersten Trainings noch
nicht so toll schien. Über das Rennen konnte
ich dann ja nichts sagen, weil ich nicht mal
eine halbe Runde gefahren bin, ehe mich die
Kollision erwischt hat. Mein Teamkollege
Paul [di Resta] war da auch nicht extrem
schnell, es war schwer zu sagen, ob ich besser
ausgesehen hätte, ganz gleich war unser Setup
nicht. Aber ein bisschen hat sich da wohl
schon angedeutet, dass wir mit dem Speed
vielleicht nicht ganz da sind, wo wir nach den
Tests gedacht hatten.
Das hat sich dann in Malaysia bestätigt?
Ja schon. Die zwei Punkte in Sepang waren
zwar okay, aber wir mussten ganz ehrlich
feststellen, dass uns etwas Speed fehlt. Sowohl
der Sauber als auch der Williams scheinen im
Moment eindeutig schneller zu sein als unser
Auto, das mussten wir klar feststellen.
Maldonado hat in Malaysia hinter mir
gewaltig Druck gemacht, bis zu seinem
Motorschaden.
Wo liegen eure Hauptprobleme - alles
Aerodynamik oder auch im mechanischen
Bereich?
Ich glaube, das ist von allem ein bisschen
etwas. Im Endeffekt läuft es auf die Bereiche
Traktion und zu wenig Abtrieb hinaus, vor
allem Abtrieb ist bekanntlich das Dauerthema
in der Formel 1.
Bis wann könnt ihr etwas daran ändern,
neue Teile bringen und aufholen?
Bis zum Europaauftakt in Barcelona sollte
schon einiges kommen - aber wir müssen
natürlich auch sehen, was die anderen bis
dahin bringen. Aufholen ist nie einfach, aber
wir werden natürlich alles daran setzen, mit
einem überarbeiteten Auto noch einen
Sprung nach vorne zu machen. Wir müssen
sehen, dass wir jetzt unsere Hausaufgaben
wirklich gut machen. Das Niveau im Mittelfeld
ist sehr eng und sehr hoch, das Entwicklungstempo
extrem, da kann die kleinste
Kleinigkeit entscheidend sein.
Mit welchem Gefühl bist du in deine zweite
Saison als Stammpilot gegangen?
Es war definitiv eine ganz andere Gefühlslage
als Anfang 2010 bei meinem Formel-1-Debüt
mit Williams. Ich habe einen ganz anderen
Wissens- und Kenntnisstand, besitze viel
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Hulk hat sich in der
Debütsaison seine
Hörner abgestoßen
mehr Erfahrung - ein Jahr als Rennfahrer mit
19 Rennen, eines als Testfahrer und hautnaher
Beobachter. Dadurch habe ich schon
einen ganz anderen Startpunkt. Das bedeutet
nicht grundsätzlich, dass es besser sein muss,
aber es fühlt sich gut an, wenn man nicht so
unwissend und unvorbereitet auf das ist, was
einen in der Formel 1 erwartet. Ich habe alles
schon einmal erlebt, ich weiß, was ich in der
Startaufstellung erwarten muss und was auf
mich zukommt.
Warst du vor zwei Jahren in mancher
Beziehung vielleicht sogar ein bisschen naiv?
Mit Sicherheit war ich das. Ich war GP2-Meister
und kam als Formel-1-Rookie voller Elan
und Tatendrang in die Serie, da muss man
sich erst einmal die Hörner abstoßen und ein
paar Dinge lernen.
In welcher Beziehung musstest du dir die
Hörner abstoßen - im Umgang mit dem
Team, bei der Aggressivität auf der Strecke?
Generell bei den Anforderungen, die der
Beruf eines Formel-1-Rennfahrers mit sich
bringt. Zu Beginn hat man absolut keine
Ahnung, schließlich hat man so etwas noch
nie erlebt. Woher soll man dann wissen, wie
man in bestimmten Situationen reagieren
soll? Das ist ein natürlicher Lernvorgang, bei
dem die Erfahrung eine wichtige Rolle spielt.
Hast du in der Vorbereitung auf 2012 mehr
trainiert als im letzten Winter?
Als Stammfahrer ist man schon ein bisschen
motivierter und eher bereit, beim Training
einen Schritt weiter zu gehen. Ich bin viel
gelaufen und habe viel Tennis gespielt, bin
geschwommen. Fahrrad fahren ist nicht so
Zu Beginn seiner Formel-
1-Karriere hat man absolut
keine Ahnung, schließlich
hat man so etwas noch
nie erlebt. Woher soll man
dann als Rookie wissen,
wie man in bestimmten
Situationen reagieren soll?
Das ist ein natürlicher
Lernvorgang, bei dem die
Erfahrung eine wichtige
Rolle spielt.
Fotos: adrivo/Sutton
Hülkenberg traut
Force India im Laufe
der Saison große
Fortschritte zu
Klar bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile Qualifying-Runde
am absoluten Limit gefahren bin, aber das
ist nicht mehr viel wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.
Ich möchte stets alles geben und so wenig Fehler wie
möglich machen. Bei den Ergebnissen wünsche ich mir
Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir abwarten.
meine Welt. Das ist das Schöne als Rennfahrer:
man ist nicht dazu gezwungen, eine
bestimmte Vorbereitung zu absolvieren und
kann das machen, was einem Spaß macht und
Abwechslung bringt.
Was konntest du in deinem Testfahrerjahr
2011 bei Force India lernen?
Im Cockpit habe ich natürlich etwas weniger
lernen können, aber neben der Strecke hat es
schon viel gebracht - zum Beispiel im
Umgang mit den Medien oder wie das Team
operiert, was während des Qualifyings und
Rennens in der Box und hinter den Kulissen
vor sich geht. Ich konnte die Strategien der
verschiedenen Teams beobachten und dabei
viel aufsaugen, das mir indirekt helfen kann.
War das ein kleiner Ausgleich dafür, dass dir
nach einem Jahr Pause etwas Rennpraxis
fehlte?
Ich bin davon ausgegangen, dass ich eine
gewisse Eingewöhnungsphase benötige, denn
Rennpraxis lässt sich nicht trainieren - man
muss die Rennen erleben. Ich wusste, das
wird für mich eine Herausforderung und
nicht unbedingt einfach. Ich musste mich
wieder an das Gefühl gewöhnen, in der
Startaufstellung zu stehen, die Formationsrunde
zu fahren und Dinge wie KERS zu
beachten. Auch das Zweikampfverhalten, der
Blick in die Rückspiegel - all das gehört dazu.
Seit meinem siebten Lebensjahr habe ich das
alles nahtlos jedes Jahr gemacht - dann kam
die lange Pause von fünf- bis sechzehn
Monaten. Die Instinkte waren natürlich noch
vorhanden, aber alles musste aufgefrischt
werden. Letztlich funktionierte es bei meinem
ersten Rennen in Australien ziemlich gut,
obwohl ich durch den frühen Crash noch kein
richtiges Rennen hatte. Aber in Melbourne
lief beispielsweise auch das Qualifying gleich
auf Anhieb gut, in Malaysia dann auch das
Rennen. Ich glaube, ich bin recht gut wieder
reingekommen.
Wie entwickelt sich dein Gefühl im Auto?
Das war von Anfang an gut, aber es ist
natürlich immer noch steigerungsfähig. Ich
hatte in Barcelona einige gute Testtage, konnte
viele Kilometer zurücklegen und ein richtig
gutes Fahrgefühl entwickeln. Es ging von Tag
zu Tag bergauf und das Vertrauen ins Auto
wurde immer stärker. Das hat sich auch bei
den ersten Rennen fortgesetzt, das Auto und
ich wachsen immer mehr zu einer guten
Einheit zusammen.
Was macht dir mehr Spaß - eine perfekte
Qualifying-Runde oder das Rennen?
Es ist eine Mischung aus beiden Welten. Klar
bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile
Qualifying-Runde am absoluten Limit
gefahren bin, aber das ist nicht mehr viel
wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.
Womit wärst du am Saisonende zufrieden?
Ich habe hohe Ansprüche an mich und bin
sehr selbstkritisch, wenn ich also mit mir und
meiner Leistung zufrieden bin, würde ich
auch das Jahr als gut einstufen. Ich möchte
stets alles geben und so wenig Fehler wie
möglich machen. Bei den Ergebnissen
wünsche ich mir natürlich regelmäßige
Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir
abwarten.
Der erste Gegner ist immer der
Teamkollege...
So ist es. Aber das Duell gegen Paul [di Resta]
wird nicht einfach, denn er hat den Vorteil,
letztes Jahr Rennen gefahren zu sein. Dabei
hat er starke Leistungen gezeigt. Ich weiß aus
eigener Erfahrung, wie viel stärker man nach
dem ersten Winter wird. Es wird also eine
schwierige Aufgabe. Ich möchte ihm aber das
Leben so schwer wie möglich machen.
Schätzt du ihn als einen deiner stärksten
Teamkollegen ein?
Paul ist neben Rubens [Barrichello] auf jeden
Fall einer meiner stärksten Teamkollegen.
Dennoch kommen wir sehr gut miteinander
klar, haben einen guten Draht zueinander.
Zwischen uns herrscht eine gesunde Rivalität
- wir können unterscheiden, ob wir privat
miteinander reden oder uns gegenseitig auf
der Strecke ans Limit pushen.
Wirken sich die finanziellen Probleme der
Airline eures Teamchefs auf das Team aus?
Absolut nicht. Darüber sprechen wir gar
nicht.
Reichen die Ressourcen des Teams aus, um
einen weiteren Schritt in Richtung Mercedes
zu machen?
Ich glaube daran, dass dem Team das gelingen
kann und daran möchte ich mitwirken. Es
steckt noch viel mehr Potenzial im Team. Wir
haben schon in der Vergangenheit viele gute
Entscheidungen getroffen - sowohl personell
als auch technisch. Es herrscht gerade eine
sehr schöne Aufbruchsstimmung in der
Mannschaft, das müssen wir jetzt nur
entsprechend umsetzen.
www.Motorsport-Magazin.com 31
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein
Jenson Button - Weltmeister? Niemals. Der Brite wurde in seiner
13-jährigen Formel-1-Karriere oft unterschätzt. Doch er hat in den
letzten Jahren sein Spiel gemacht - button im Titelkampf zu unterschätzen,
wäre ein schwerer Fehler.
Die
unterschätzte
Gefahr
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→
Fotos: mclaren
www.Motorsport-Magazin.com 33
omanizer, Schönling, Partyhengst, ewiges Talent -
Jenson Button bekam in seiner Rennkarriere viele
Titel verliehen. Manche mit, manche ohne sein Zutun.
Den wichtigsten musste er sich 2009 aber hart erarbeiten
- Formel-1-Weltmeister. Button gelang es, seine
Kritiker ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt in die Schranken
zu weisen, als diese sein Karriere-Ende bereits in Stein gemeißelt hatten. »Du bist
aus der schwierigen Zeit stark und siegreich hervorgegangen. Gratulation!« Diese
Glückwünsche zum Titelgewinn stammten von Nigel Mansell, der wie viele andere
nach dem Formel-1-Ausstieg von Honda auch das Aus von Button prophezeit hatte.
Doch Button bewies mit Brawn GP, dass
Totgesagte tatsächlich länger leben. Es
folgte der Wechsel zu McLaren, wo er
entgegen aller Erwartungen das Wunderkind
Lewis Hamilton entzauberte und
sich zu einem harten WM-Gegner von
Sebastian Vettel mauserte. 2012 könnte
die unterschätzte Gefahr, die von dem
smarten Briten ausgeht, erneut zuschlagen.
»In Australien war er der beste Lenkraddreher,
den es geben kann. Er hat
gezeigt, dass er auch die nötige Explosivität
besitzt, wenn er alles hat, was er im
Team braucht. Wenn er das annähernd
so fortführen kann, dann ist er der WM-
Favorit«, gibt Alexander Wurz unumwunden
zu.
Button hat in den letzten Jahren sein Spiel
gemacht. Seit 2009 wurde er mit Brawn
und bei McLaren gegen Hamilton stets
unterschätzt, ging aber jedes Mal als großer
Gewinner aus der Saison hervor. »Er
ist nicht mehr der gleiche Jenson, der vor
ein paar Jahren bei BAR gefahren ist«,
sagt Christian Danner. Die Verwandlung
vollzog sich beinahe unbemerkt, denn
Button ist keiner, der laute Töne spuckt,
Fahrerkollegen als Idioten und Gurkenzüchter
beschimpft oder sich Rambo-
Aktionen auf der Strecke leistet. Damon
Hill bezeichnete den Briten in der Vergangenheit
sogar als zu normal, um Weltmeister
zu werden. Button konterte
damals gelassen: »Ich bin nicht der erste
F1-Pilot, der etwas ruhiger ist. Alain
Prost war genauso wie ich und er hat alles
richtig gemacht. Ich sehe einfach keine
Notwendigkeit, in der Öffentlichkeit den
Mund weit aufzureißen.«
Stattdessen punktet er auf der Strecke.
Nicht ohne Grund zählt Button zu den
intelligentesten Piloten im Feld. Der Brite spielt seine Karten
perfekt aus, vor allem das Reifen-Ass. Anders als viele seiner
Konkurrenten ist er selbstdiszipliniert genug, um die Performance
der Pirelli-Reifen am Beginn eines Stints so zu zügeln,
dass die Reifen länger am Leben bleiben und er im entscheidenden
Moment gegen seinen Gegner zuschlagen kann. »Jenson
ist in einer extrem guten Form und hat bewiesen, dass er
weiß, was er mit den Pirelli-Reifen machen muss«, analysiert
Wurz. In Zeiten von Dreistopprennen und stark abbauenden
Pneus ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Jenson Button
gehört für Alex Wurz
zu den besten
Lenkraddrehern
ie Qualitäten des Briten sind zumeist erst auf den zweiten Blick ersichtlich, allen
voran seine Überholfähigkeiten. »Jenson führt seine Manöver kaltschnäuzig aus.
Aber der Punkt ist, dass er dabei kaum Fehler macht oder andere von der Strecke
rammt«, erklärt Ex-Rennfahrer Martin Brundle. »Wie viele andere Piloten hätten
im Vorjahr in Kanada so ein Rennen zeigen können?« 2011 legte Button während
des Regenchaos in Kanada einen wahren Husarenritt hin und trieb den amtierenden Champion Sebastian
Vettel in der Schlussphase in einen Fehler - eine Leistung, die in den vergangenen Jahren kaum
ein anderer Fahrer vollbrachte. Auch in Silverstone zeigte Button 2011 ein großartiges Manöver, als er
sich hartnäckig neben den Ferrari von Felipe Massa setzte und ohne DRS vorbeizog.
Aber Button kann nicht erst seit seiner McLaren-Zeit überholen. In Brasilien stürmte er 2009 von Startplatz
14 mit teilweise atemberaubenden Überholmanövern auf Rang fünf und sicherte sich damit vorzeitig den
WM-Titel. Für Johnny Herbert zeigte Button sein bestes Rennen im Vorjahr beim Großen Preis von Indien.
»Ich habe zu Jenson gesagt, dass er noch nie so gut gefahren ist wie in Indien und er meinte nur, dass er zu
Brawn-Zeiten schon bessere Rennen gefahren sei. Und ich sagte zu ihm: ‚Nein, das ist nicht wahr. Du warst
nie besser als jetzt.‘ Wobei ich mittlerweile denke, dass er dieses Jahr noch einmal besser ist als 2011.« Für
Herbert hat Button viel mit Ferrari-Star Fernando Alonso gemeinsam. »Beide sind quirlige Fahrer - sie
können dadurch noch mehr aus dem Auto herausholen als andere«, sagt Herbert. Wie Alonso leistet sich
Button kaum Fehler. Seine Schwächen der Vergangenheit hat er abgestellt. »Selbst wenn du einen guten Job
gemacht hast, findest du immer etwas, was du verbessern kannst. Heute bin ich in der besten Form meines
Fotos: adrivo/Sutton, mclaren
34 www.Motorsport-Magazin.com
Buttons wohl gröSSte Waffe im Kampf
um den Titel ist sein perfektes Umfeld.
Mit Vater John und Freundin Jessica Michibata
hat er sich eine »Glücksblase«
geschaffen - um die ihn Hamilton immer
wieder beneidet.
Bei wechselhaften
Wetterbedingungen
ist Jenson Button
besonders stark
Button hat sich
seine Glücksblase
aufgebaut und eilt
damit von Erfolg
zu Erfolg
Lebens«, erklärt Button. Die mentale und körperliche Steigerung
des Briten beeindruckt auch Formel-1-Experten. »Wie er sich in den
letzten Jahren gesteigert hat, ist wirklich phänomenal. Er weiß, was
er tut, hat seine Fehler gänzlich ausgemerzt und sich auf einen neuen
Level gehoben. Das alles macht ihn so unglaublich gut«, sagt Danner.
Dass Button im Qualifying immer wieder mal gegen seinen McLaren-
Teamkollegen Lewis Hamilton das Nachsehen hat, ist nicht seinem
Speed geschuldet. »Wer sagt, dass er nicht den nötigen Qualifying-
Speed hat, der hat nicht richtig hingeschaut«, betont Wurz. Gleichwohl
ist Hamilton das Talent nicht abzusprechen, besonders auf
einer Runde. Buttons Landsmann vermag es stets, das letzte Zeitspänchen
aus dem Chrompfeil herauszupressen - eine Fähigkeit, die
er mit Sebastian Vettel teilt. Dennoch fehlt Hamilton im Rennen
oftmals der geschickte Umgang mit der jeweiligen Situation, den
Reifen und dem Auto. Das zählt wiederum zu Buttons Vorzügen.
Wohl kaum ein Fahrer wird so oft von Fahrerkollegen, Experten
und Teamverantwortlichen für seine Fähigkeit gelobt, die Reifen zu
schonen, das Rennen zu lesen und auf unerwartete Situationen oder
Wetterumschwünge zu reagieren. Aber Vorsicht: niemand ist perfekt
- das zeigte Vettel, als ihn Button in Montreal 2011 bei seinem Glanzrennen
in die Enge trieb, aber das bewies auch Button, als er beim
Überrunden in Malaysia 2012 mit Narain Karthikeyan aneinander
geriet. Mit ein bisschen mehr Geduld, die normalerweise Buttons
Stärke ist, hätte er nach seinem Auftaktsieg in Melbourne vielleicht
auch in Sepang gewonnen. Aber Fehler sind bekanntlich menschlich
und gerade diese menschliche, private Seite macht den McLaren-
Piloten so stark.
Buttons wohl größte Waffe im Kampf um den Titel
ist sein perfektes Umfeld. Mit Vater John und
Freundin Jessica Michibata hat er sich eine
»Glücksblase« geschaffen - um die ihn Hamilton
immer wieder beneidet, weil sie ihm in der jüngeren
Vergangenheit häufig fehlte. »Jeder Fahrer
braucht spezielle Dinge, die für ihn funktionieren. Ich mag es,
meine Freundin um mich zu haben«, erklärt Button. »Ich will
nicht Formel 1 fahren und ihr sagen, wann unser richtiges Leben
beginnt. Das hier ist mein Leben. Wenn ich gewinne, ist sie da.
Das ist ein spezieller Moment, den du nicht rekonstruieren
kannst, wenn man fünf Stunden später über Webcam miteinander
spricht. Und wenn es schlecht läuft, ist sie für mich da und spornt
mich an.« Sollte Alex Wurz recht behalten, kann sich Jessica die
tröstenden Worte in dieser Saison sparen. Mittlerweile gehören
GP-Siege ihres Liebsten ebenso zum Alltagsbild wie teaminterne
Erfolge gegen den von vielen übermächtig gehaltenen Hamilton.
Die Zeit der Häme in der Yellow Press ist vorbei. Nach Buttons
erstem Sieg in Ungarn 2006 titelte eine englische Zeitung noch:
»Setzen Sie sich besser hin und bestellen Sie einen harten Drink,
bevor Sie diese Zeilen lesen: Jenson Button hat einen Grand Prix
gewonnen.« Die Zweifler aus der Vergangenheit dürften ihren
Getränkevorrat in den letzten Jahren massiv aufgestockt haben.
Vielleicht ist es am Ende erneut Button, der die Glücksblasen der
Konkurrenz zerplatzen lässt.
www.Motorsport-Magazin.com 35
Höchstleistung
im Cockpit
Formel 1 fahren ist mehr als nur
Gas geben und ein bisschen
lenken: das Motorsport-Magazin
hat in den Datenblättern geblättert
und interessante Fakten zusammengetragen.
Beschleunigung: Ein Formel-1-Auto beschleunigt von 0 auf 200
km/h in 4,9 Sekunden.
Kopfüber: Ab einer Geschwindigkeit von 180 km/h könnte ein F1-Auto
theoretisch an der Decke entlang fahren.
Flügelsalat: Der Frontflügel kann locker mehr als 500 kg an Abtrieb
aushalten - das Gewicht von sechs Männern.
Bremsen: Eine Vollbremsung aus 200 km/h dauert 1,9 Sekunden, der
Bremsweg beträgt 55 Meter. Auf den Fahrer wirken Kräfte zwischen
5 und 6g – das kann ihm schon einmal Tränen in die Augen treiben.
Bei einem Körpergewicht von 75 kg wird er mit 375 kg in die Gurte
gepresst. Wenn der Pilot bei 280 km/h nur mal kurz vom Gas geht,
entspricht das einer Vollbremsung in einem Pkw. Zum Vergleich: Ein
Pkw kommt aus 200 km/h nach rund 4,1 Sekunden und 118 m zum
Stehen.
Gewichtsverlust: Ein Fahrer verliert im Laufe eines Rennens zwei
bis drei Kilo seines Körpergewichts. Er verbrennt etwa 3.000 Kilokalorien,
seine Herzfrequenz erreicht im Rennen Spitzen von 190 Schlägen
pro Minute.
Hitzeschlacht: In der F1 sind nicht nur die Boxenluder heiß. Die
Kupplung wird 500 Grad heiß, der Auspuff erreicht 950 Grad und die
Bremsen werden über 1.100 Grad heiß. Nur die Reifen machen schon
bei 130 Grad schlapp. Die Cockpittemperatur beträgt durchschnittlich
50 Grad Celsius.
Feuerschutz: Ein F1-Fahrer kann in seinem Rennoverall Temperaturen
von 840 Grad Celsius 11 Sekunden lang überleben. Zum Vergleich:
In einer Sauna herrschen 100 Grad, bei einem Wohnungsbrand bis zu
800 Grad und die Lava bei einem Vulkanausbruch erreicht zwischen
750 und 1.000 Grad.
Gummi: Ein Rad dreht sich bei 300 km/h 42 Mal pro Sekunde. Ein
Regenreifen verdrängt bei dieser Geschwindigkeit 60 Liter Wasser in
der Sekunde. Die optimale Arbeitstemperatur eines Reifens sind 90
Grad.
Foto: mclaren
Frontalaufprall: 87,75 Kilojoule beträgt die Aufprallenergie beim
FIA-Crashtest der Fahrzeugnase. Ungefähr genauso viel Energie wäre
nötig, um einen vier Tonnen schweren Elefanten zu stoppen, der sich
mit 25 km/h vorwärts bewegt.
www.Motorsport-Magazin.com 37
Falsch
abgebogen
Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein
Rennstrecken sind EinbahnstraSSen
- immer munter im Kreis
herum. Williams ist dennoch irgendwann
falsch abgebogen und hat
bislang nicht auf die SiegerstraSSe
zurückgefunden. Bestandsaufnahme
eines Traditionsrennstalls.
Die Formel-1-Welt streckt die Waffen. Gegen
die dunkelblauen Autos ist kein Kraut
gewachsen. Dominanz in Reinkultur. Red
Bull? Nein, das sind zu diesem Zeitpunkt
bestenfalls verbeulte Dosen im Recycling-
Container, mehr nicht. Grove ist der Ausgangspunkt der Siegeszüge.
Williams war auf Augenhöhe mit den Branchengrößen
McLaren und Ferrari, oft sogar darüber. 113 Grand-Prix-Siege,
sieben Fahrer- und neun Konstrukteurstitel sprechen eine deutliche
Sprache zugunsten des erfolgreichsten Rennstalls der 90er Jahre
- eine echte Legende. Doch das ist eine Ewigkeit her, nach Formel-
1-Zeitrechnung sogar zwei oder drei. Der letzte Sieg eines Williams-
Boliden gelang Juan Pablo Montoya vor acht Jahren beim Saisonfinale
2004 in Brasilien, der letzte WM-Titel liegt noch weiter zurück:
vor 15 Jahren krönte sich Jacques Villeneuve 1997 zum bisher
letzten Formel-1-Weltmeister in Diensten von Williams. Daran
wird sich auch in dieser Saison nichts ändern. So viel steht fest.
»Meiner Meinung nach hat Williams die Gründe nicht völlig
verstanden, warum sie damals gewonnen haben«, analysiert David
Coulthard den Williams-Sinkflug für das Motorsport-Magazin. In
seinen Augen könne es sonst nicht passieren, dass ein Team in
einem Jahr gewinne und die darauffolgenden Jahre nicht mehr.
»Aber wenn man nicht völlig versteht, warum man gewinnt, dann
versteht man auch nicht, warum man plötzlich nicht mehr siegt.«
Dabei brachte es Williams in den vergangenen Saisons zu wahren
Höchstleistungen im Hinterherfahren, sehr zum Graus der
erfolgsverwöhnten Teamgründer Frank Williams und Patrick Head.
2011 brachte nur magere fünf WM-Zähler - die schlechteste Saison
der Teamgeschichte. Kein Wunder, dass sich die Aktien des seit
März 2011 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmens lange
im rapiden Sturzflug befanden. »Das letzte Jahr war echt ein Flop«,
sagt Christian Danner. »Sie hatten einen furchtbaren Motor, in allen
Bereichen hat es gefehlt.« Selbst Williams Fahrer-Coach Alexander
Wurz gibt zu, dass sich dies in den Resultaten niedergeschlagen
habe. Der Österreicher sieht derzeit zwei Rennen: »Eines um das
nackte Überleben aus dem Geschäftsmodell heraus, und zwar für
die gesamte Formel 1, und das andere auf der Strecke.« →
38 www.Motorsport-Magazin.com
Die Saison 2011 war der Tiefpunkt
eines jahrelangen Leistungsabfalls
beim Team von Frank Williams - 2012
gibt es Anzeichen von Besserung
Fotos: adrivo/Sutton
www.Motorsport-Magazin.com 39
Die Hoffnungsträger
1. Renault: »Es war richtig vom Team,
sich den Renault-Motor zu sichern - der
bringt von sich aus schon einmal ein
paar Zehntel.« (Marc Surer)
2. Neue Führung: »Dass sie ein
Privatteam sind, macht keinen
Unterschied. Sie können dennoch mit
den Spitzenteams mithalten. Williams ist
lange genug im Geschäft, um zu wissen,
wie es geht.« (David Coulthard)
Die Sorgenfalten
1. Fahrer: »Williams braucht zwei
Top-Fahrer. Momentan sehe ich
außerhalb der Top-Teams nur einen
Fahrer mit Potenzial: Romain Grosjean
- der fährt aber nicht für Williams.«
(Christian Danner)
2. Weiterentwicklung: »Die
Schlüsselfrage lautet: Können sie den
Level über die Saison hinweg halten
oder sogar verbessern?«
(Johnny Herbert)
Was können Bruno Senna und Pastor
Maldonado in diesem Jahr noch mit dem
neuen Williams erreichen?
Aufgrund der wirtschaftlichen Situation mussten einige Teams ihr Geschäftsmodell
umstrukturieren. Bei Williams zählt nicht nur der Börsengang zu
diesen Maßnahmen, das Unternehmen entwickelt mit der Tochterfirma
Williams Hybrid Power auch Flywheel-Hybridsysteme für den Rennsport
(unter anderem für Porsche und Audi) sowie Pkw und öffentliche Verkehrsmittel.
Gleichzeitig baute Williams den Boliden für die Formel 2 und
eröffnete ein Technologiezentrum in Katar. »Das ist eine wichtige Basis, um
kurz-, mittel- und langfristig existieren zu können und der technischen
Abteilung so viel Spielraum geben zu können, damit sie gescheit arbeiten
können«, sagt Wurz. Dem Team bringt die Diversifikation, also die breitere
Aufstellung mit mehreren Standbeinen, wirtschaftliche Sicherheit. Dennoch
binden neue Projekte stets Ressourcen, gerade in der Anfangsphase. Das
dürfte dem F1-Programm nicht immer gut getan haben. Viel schwerer
wogen jedoch die sportliche Talfahrt, die Trennung von Motorenpartner
BMW sowie die Verluste langjähriger Großsponsoren wie RBS, Allianz, Air
Asia, Philips und zuletzt AT&T. In dieser schwierigen Phase fehlte dem Team
ein Motivator, ein Fahrer wie Michael Schumacher oder Fernando Alonso,
der es am Kragen gepackt und wieder auf die Beine gestellt hätte. Stattdessen
mühten sich ordentliche Rennfahrer im Cockpit einiger Autos ab, die mit
den genialen Schöpfungen von Patrick Head und Adrian Newey längst
nichts mehr gemein hatten. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass der
Weggang von Sam Michael dem Team gut getan hat«, sagt der ehemalige
GP-Fahrer Marc Surer. »Seine Leistungen haben mich nie wirklich überzeugt.«
Vor allem zu Beginn seiner Williams-Zeit habe Michael noch
ausreichend finanzielle Mittel und genügend Ressourcen zur Verfügung
gehabt, um als Technischer Direktor ein besseres Auto abzuliefern. »Aber es
ist nie wirklich etwas Gutes daraus geworden.« Im Gegenteil: »Im Laufe der
Zeit wurde alles immer schlechter.« Entweder konnte das Team ein ordentliches
Auto nicht richtig weiterentwickeln oder der Wagen war von Anfang
an nicht gut genug. »Dann wird es natürlich immer schwieriger, weil auch
die Sponsorengelder weniger werden.«
In dieser Saison startet Williams abermals einen Neubeginn. Patrick Head
hat sich endgültig aus dem F1-Geschehen zurückgezogen, Frank Williams
seinen Platz im Vorstand geräumt. In der Technikabteilung schwingen
Mark Gillan und der neue Technikchef Mike Coughlan das Zepter. Neuer
Geschäftsführer ist Nick Rose, der den nach Saisonbeginn überraschend
zurückgetretenen Adam Parr ersetzt. Ein echter Umbruch also. Dabei hört
sich die Formel so einfach an: »Es geht darum, die richtigen Leute und die
nötigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben«,
sagt Coulthard. Ob Coughlan und Gillan die Richtigen für diesen Job sind,
wird sich erst noch erweisen. Danner ist sich nicht so sicher: »Das wissen
wir noch nicht, aber zumindest haben sie 2012 ein besseres Paket zusammengeschnürt.
Der Motor ist stärker, das Heck ist stabiler - sie sind jetzt
zurück, wo man sie erwartet: im Mittelfeld.« Mit den vier Top-Teams
könne Williams in seinen Augen allerdings nicht mithalten. »Klarerweise
kann man heute kein Auto bauen und morgen damit Weltmeister werden«,
bremst Wurz die Erwartungen. Ein solches Wunder gelang in jüngerer
Vergangenheit nur Brawn GP - jedoch mit großzügigen Subventionen aus
Japan. Von achtzehn Monaten Entwicklungszeit und hunderten von
Millionen Budget kann Williams nur träumen. »Ich denke aber durchaus,
dass sie an die großen Teams herankommen können«, glaubt Wurz. »Wenn
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Fotos: adrivo/Sutton
»Wenn es dieses Jahr so schlecht
weitergegangen wäre wie letzte
Saison, hätte ich befürchtet, dass
Williams den Weg von Tyrrell geht
und zusperren muss.« Aber der Patient
lebt, der Aktienkurs hat sich
2012 von seinem Tiefflug erholt.
das Team besser wird, kommt auch mehr Budget rein.« Die ersten
Saisonrennen 2012 machen Hoffnung auf Besserung. »Dieses Jahr scheint
Williams zurückzuschlagen«, sagt Coulthard. Der neue FW34 ist im
Gegensatz zu seinem Vorgänger kein totaler Reinfall, der Renault-Motor
liefert mehr Power als das Cosworth-Aggregat der Vorjahre. »Renault hat
viel mehr Ressourcen, somit verfügen sie über einen anspruchsvolleren
Motor, der wiederum einen Einfluss auf das Gesamtpaket hat«, erklärt
Coulthard. Surer sieht im neuen Motor einen Zeitgewinn von etlichen
Zehnteln. Mark Gillan lobt die Wiedervereinigung der einst so erfolgreichen
Paarung von Williams und Renault auch wegen Fortschritten bei
der Motorkühlung und dem damit verbundenen Einfluss auf die
Aerodynamik.
»Williams ist auf dem richtigen Weg«, glaubt Johnny Herbert. Die
entscheidende Frage ist, ob das Team mit den vorhandenen Mitteln die
Weiterentwicklung des Autos aufrechterhalten und den Entwicklungsrhythmus
der anderen Teams mitgehen kann. »Ich weiß nicht genau, ob sie
noch so viele Top-Leute haben, aber das Werk ist auf jeden Fall eindrucksvoll
und die technische Infrastruktur nicht weit weg von den Top-Teams«,
erzählt Surer. Achtungserfolge wie der sechste Platz von Bruno Senna in
Malaysia helfen dem Team gleich in doppelter Hinsicht: einerseits
motivieren sie die arg gebeutelte Mannschaft, andererseits bedeutete es auf
einen Schlag mehr WM-Punkte als in der gesamten Saison 2011. Damit
verbunden sind potentielle neue Sponsoren und die lukrativen FOM-
Gelder von Bernie Ecclestone.
»Eine bessere Platzierung in der Konstrukteurs-WM bringt schnell mal
zehn Millionen mehr«, betont Surer. Zumindest die schlimmsten Befürchtungen
des Schweizers scheinen vorerst abgewendet zu sein: »Wenn es
dieses Jahr so schlecht weitergegangen wäre wie letzte Saison, hätte ich
wirklich befürchtet, dass Williams den Weg von Tyrrell geht und zusperren
muss.« Aber der Patient Williams lebt, der Aktienkurs hat sich im Jahr
2012 von seinem Tiefflug erholt. »Es war außergewöhnlich, dass ein Team
mit so guten technischen Ressourcen so schlecht aussah wie letztes Jahr,
das musste eigentlich besser werden«, meint Surer. Nur so einfach
funktioniert die Formel 1 nicht. Noch muss Williams erst konstant
beweisen, dass 2011 ein einmaliger Ausrutscher war und der Rennstall
tatsächlich wieder höhere Ziele erreichen kann - denn aus den Niederungen
der Startaufstellung ins unbedeutende Mittelfeld zu klettern reicht
für die ehemaligen Dominatoren der GP-Kurse nicht aus.
www.Motorsport-Magazin.com 41
Brain
Sucker
Text: Stephan Heublein
Foto: adrivo/Sutton, williams
Alex Wurz hat eine neue Berufung gefunden, doch er muss sich
in Acht nehmen: Bruno Senna, Pastor Maldonado und Testfahrer
Valtteri Bottas wollen ihm das Gehirn aussaugen.
Das Motorsport-Magazin ermittelt.
42 www.Motorsport-Magazin.com
litsch, platsch. Raschen Schrittes eilt
PAlex Wurz durch das Fahrerlager
von Sepang. Das Feuer bei Lotus ist
erstickt, die typische Regendusche
gerade vorbei. Die Luft knistert, die
Gefahr ist noch längst nicht gebannt. Plötzlich
stürzt sich ein dunkelblaues Etwas vom Dach
der verkohlten Hospitality auf den Österreicher.
Die Gestalt scheint seinen Kopf geradezu zu
verschlingen. Ein Alien? Ein Kannibale? Ein Fall
für die X-Akten? Überraschend kommt der
nächtliche Überfall nicht. Bereits vorher hatte
der Täter gegenüber dem Motorsport-Magazin
angekündigt: »Ich werde versuchen, sein Gehirn
so weit wie möglich auseinander zu nehmen,
um all die Erfahrung rauszuholen, die er
mitbringt.«
Ridley Scott und Hannibal Lecter wären auf den
fiktiven Alien-Auftritt von Bruno Senna stolz
gewesen. Selbst Wurz kann darüber lachen, als
das Motorsport-Magazin ihm von Sennas speziellem
Wissenshunger erzählt. »Super, dafür
bin ich da«, sagt er lachend. »Ich kann mein
Wissen nur noch in den Papierkorb werfen,
denn ich fahre ‚nur‘ noch für Toyota in Le Mans
– das ist meine Stärke -, aber ich habe keine
Formel-1-Ambitionen mehr.« Stattdessen
beginnt für Wurz in dieser Saison eine neue
Karriere - die des Mental-Coaches für die beiden
Williams-Jungspunde Senna und Pastor Maldonado.
Beide gingen mit der gemeinsamen
Erfahrung von gerade einmal 45 Grand Prix in
die Saison. Wurz soll ihnen beratend zur Seite
stehen, ihnen im Umgang mit den Medien, den
Ingenieuren, ihrem Leben als F1-Stars sowie mit
dem FW34 helfen. Rennen werden im Kopf
entschieden. Ein ehemaliger Pilot hat viele Situationen
schon einmal selbst erlebt und kann
seinen Schützlingen so wertvolle Tipps geben.
»Rennfahrer stehen am Wochenende unter
Druck und können deswegen nicht alle Informationen
verarbeiten«, erklärt Wurz. Als
Außenstehender habe er diesen Druck nicht und
fasse als Beobachter vielleicht Kleinigkeiten auf,
die den unerfahrenen Piloten entgangen wären
oder die ihnen nicht als wichtig erschienen, die
aber sehr wohl ein wichtiges Puzzle-Teil im
Gesamtbild sein könnten. »Als aktiver F1-Fahrer
hätte ich wahrscheinlich gesagt: Fahrercoach,
»Ich werde versuchen,
sein Gehirn
so weit wie möglich
auseinander zu
nehmen, um all die
Erfahrung rauszuholen,
die er mitbringt.«
das brauche ich nicht«, gibt Wurz zu. »Es geht
aber nicht darum, zu sagen, ob ein Fahrer im
vierten oder fünften Gang um die Kurve fahren
soll – es sind ganz andere Bereiche
betroffen.«
In Amerika sind Mental-Trainer gang und
gäbe, egal ob für Topmanager oder Sportler.
»Der Coach von Tiger Woods spielt nicht besser
Golf als Tiger, aber er weiß ganz genau, was
er sagen soll, wenn sein Schützling vielleicht
schlecht drauf ist oder mit welchem Schläger
er aus dem Sand rausschlagen soll«, vergleicht
Wurz. Rennfahrerkollegen wie Jenson Button
und Pedro de la Rosa zeigten sich angesichts
der Idee jedenfalls begeistert. Sogar altgediente
Racer wie Marc Gené profitierten in Le Mans
schon von Wurz‘ Tipps: Der Spanier verlor in
einer ziemlich schnellen Vierte-Gang-Kurve
ein paar Hundertstel auf seine Peugeot-Teamkollegen.
Bei einem Gespräch stellte sich
heraus, dass Gené beim Einlenken nach rechts
außen in die Kurve blickte, weil dort ein Grasbüschel
wuchs - darauf hätte er in die Mauer
abfliegen können. »Ich hatte dort noch nie hingeschaut«,
erinnert sich Wurz. »Ich stelle mir
hinter der Betonwand den Scheitelpunkt vor
und visiere ihn an – ich schaue nicht nach
rechts.« Gesagt, getan. Nach der nächsten
Runde lobte Gené: »Das funktioniert super!«
Für Wurz war der Schritt zum Coaching nicht
weit. Der Österreicher wuchs in einer Fahrertrainingsfamilie
auf. »Da ging es schon immer
um Fahrzeugdynamik und die physischen
Gesetze«, erinnert er sich. Auch in der Schule
gehörte Physik immer zu seinen Spezialfächern.
Hinzu kommt seine analytische Herangehensweise.
»Dem Team ging es also nicht nur
darum, dass ich ein erfahrener F1-Pilot bin,
sondern dass ich genau diese Punkte weitervermitteln
kann«, betont er. »In diesem Zusammenhang
habe ich den Vorteil, dass wir zu
meiner Zeit endlose Reifentests gefahren sind.«
Das ist durch die Testbeschränkung heute gar
nicht mehr möglich. »Also hoffe ich, dass ich
den einen oder anderen Tipp und Kniff einbringen
kann.« Wurz sollte sich demnach auf
die eine oder andere weitere Attacke eines dunkelblau
gekleideten Gehirn-Saugers
einstellen.
www.Motorsport-Magazin.com 43
Text: Kerstin Hasenbichler
In der Vergangenheit lieSS Williams die Gegner einige Male blass aussehen
- sei es mit einem unkonventionellen Sechsrad-Konzept oder
einer hyperaktiven B-Version, die alle in Grund und Boden fuhr.
Text: kerstin Hasenbichler
Williams-Boliden
top
FACTS:
Nie bei einem Grand
Prix angetreten
5. Williams FW08B
Anfang der 80er Jahre entwickelte Williams den
FW08B. Das revolutionäre Konzept stach sofort ins
Auge: statt vier Rädern hatte der FW08B sechs - damit
wollte Williams dem Motorenvorteil von Renault, Ferrari
und BMW entgegentreten. Das Konzept hatte
durchaus Potenzial, denn die riesigen Hinterreifen
produzierten sehr viel aerodynamischen Luftwiderstand.
»Wir haben uns alle gefragt, ob wir ein Auto
ausbalancieren könnten, das im Heck so viel Bodenkontakt
hat. Schnell fanden wir heraus, dass wir es
tatsächlich konnten«, erzählt Patrick Head. Trotz des
Sechsrad-Konzeptes war das Handling des Autos für
die Fahrer kein Problem, den größten Stolperstein
stellte das Gewicht dar. Im Vergleich zur Konkurrenz
war der Williams um 100 kg schwerer. »Wir wussten
um das Potenzial des Autos, denn wir fuhren identische
Zeiten zu den konventionellen Autos. Nur
bewegten wir uns über dem Gewichtslimit«, erinnert
sich Head. Zum Einsatz kam der Sechsrad-Williams
allerdings nie. Bei einem FOCA-Meeting wurde das
Konzept verboten, da einige Teams eine Kostenexplosion
sowie Chaos in der Box befürchteten.
Fotos: adrivo/Sutton, williams
44 www.Motorsport-Magazin.com
4. Williams FW18
Jubel ertönte über den Williams-Boxenfunk. Jacques Villeneuve hatte es geschafft - in seinem ersten Rennen in der
Königklasse sicherte er sich die Pole Position. Der Sieg beim Auftaktrennen in Melbourne blieb dem Kanadier allerdings
verwehrt, er musste sich hinter seinem Teamkollegen Damon Hill mit Platz zwei begnügen. Eines war nach dem Australien
GP aber klar: Williams verfügte mit dem FW18 über ein Siegauto. Insgesamt gewann Williams 1996 12 von 16 Rennen,
Hill verbuchte 8 Siege und den WM-Titel. Villeneuve kam in seinem Debütjahr immerhin auf 4 Grand-Prix-Siege und den
Vizeweltmeistertitel. Doch der Williams FW18 war nicht nur schnell, sondern auch noch unglaublich zuverlässig. Schon
vor dem Saisonstart hatte Villeneuve bei Testfahrten über 9.000 Kilometer abgespult. Bei den 32 Starts beider Fahrer
hatte der Rennstall lediglich mit vier mechanischen Defekten zu kämpfen - in einer Zeit, in der Ausfälle zum Tagesgeschäft
gehörten. Bereits beim Großen Preis von Ungarn hatte Williams die Konstrukteurs-WM im Sack. Mit dem Nachfolgemodell
des FW18 holte Williams 1997 seinen bis dato letzten WM-Titel. Besonders hart traf den Rennstall die Trennung vom
langjährigen Motorenpartner Renault. Vier Tage nach seinem 80. GP-Sieg verkündete der französische Hersteller das Ende
der Partnerschaft. Der Fall von der Spitze ins Mittelfeld ließ daraufhin nicht lange auf sich warten.
FACTS:
Saison: 1996
Siege: 12
Poles: 12
Podiums: 21
Schnellste Rennrunden:
FACTS:
Saisons: 1979, 1980
Siege: 6
Poles: 4
Podiums: 10
Schnellste Rennrunden: 4
3. Williams FW07
»Bravo Frank«, gratulierte Clay Regazzoni seinem Boss.
Dabei hatte er selbst soeben in Silverstone den ersten
Grand Prix für das Team von Frank Williams gewonnen.
Von da an dauerte es nicht lange, bis sich der Williams
FW07 unter den erfolgreichsten Autos der F1-Geschichte
einreihte. 1979 war das Jahr der Bodeneffekt-Autos.
Durch ein tiefer gelegtes Chassis produzierten die Autos
einen negativen Bodeneffekt, der den Anpressdruck auf
die Strecke deutlich erhöhte. Williams erkannte schnell,
dass die Tests im Windkanal entscheidend waren, um
die Aerodynamik des Wagens zu verstehen. Mit dem
Debüt des FW07 ließ sich Williams allerdings lange Zeit.
Das Team wollte erst sichergehen, dass das Auto gut
ist, ehe man es einsetzte. Nichtsdestotrotz missglückte
das Debüt in Belgien wegen mangelnder Zuverlässigkeit
und mechanischer Probleme. Weder Regazzoni noch
Alan Jones sahen die Zielflagge. Erst Silverstone stellte
den Wendepunkt dar. Es folgte ein Siegeszug des Rennstalls
- Jones gewann vier der verbleibenden sechs
Saisonrennen. Er hätte wohl auch in Großbritannien
anstelle von Regazzoni gewonnen, wenn ein Wasserleck
an seinem FW07 das nicht verhindert hätte.
2. Williams FW11B
Der Champagner floss in Strömen als Williams sich 1987 zum
vierten Mal zum Weltmeister der Konstrukteure krönte. Der Fahrer-
Titel ging dank Nelson Piquet ebenfalls an Williams. Mit Piquet und
Nigel Mansell holte der Rennstall innerhalb von zwei Jahren 18
Siege, 16 Pole Positions und 278 WM-Punkte. Das Erfolgsgeheimnis
war schnell gefunden - der FW11. Das Auto wurde ein Jahr zuvor
von Patrick Head und Frank Dernie konstruiert, um dem McLaren
MP4-2 das Fürchten zu lehren. Mit dem FW11 gelang den Designern
zwar kein technisches Wunderwerk, aber immerhin ein solides
Auto. Bei der leicht modifizierten B-Version setzte der Rennstall
erstmals auch eine eigene aktive Radaufhängung ein. Den ersten
Renneinsatz absolvierte Piquet in Italien, wo er dank der neuen
Radaufhängung viel weniger Flügel fahren konnte und mit 352,135
km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellte. Damit stellte
er seinen Teamkollegen Mansell, der noch mit der konventionellen
Aufhängung fuhr, in den Schatten. Zudem verfügte der FW11B über
den damals besten Motor in der Formel 1, den Honda 1,5 Liter
V6-Turbomotor. Mit diesem Motor war auch Lotus ausgestattet,
das bessere Ende behielt allerdings Williams für sich, nicht zuletzt
wegen der Zuverlässigkeit des FW11B. Piquet beendete mit Ausnahme
von Spa, Imola und Adelaide jedes Rennen und das vorwiegend
auf dem Podest. Mansell stand sechs Mal auf dem obersten
Podium. Williams soll auch über den Einsatz eines
halb-automatischen Getriebes nachgedacht haben, allerdings
wurde der Plan nie in die Tat umgesetzt.
FACTS:
Saison: 1987
Siege: 9
Poles: 12
Podiums: 18
Schnellste Rennrunden: 7
Fotos: adrivo/Sutton, williams
1. Williams FW14B
Als ein junger Engländer namens Adrian
Newey 1992 zu Williams stieß, war das die
Sternstunde eines der am meisten ausgeklügelten
Rennautos in der Geschichte der Formel
1. Newey war entscheidend an der Konstruktion
des FW14 und seines erfolgreichen
Nachfolgers FW14B beteiligt. Der Bolide
beeindruckte mit brillanten technischen Innovationen
wie einer aktiven Radaufhängung,
einem halb-automatischen Getriebe und einer
Traktionskontrolle. Zudem verfügte der Renner
über den starken Renault-Motor RS3C
V10. Mit dem FW148B gewann Nigel Mansell
1992 die ersten fünf Rennen der Saison und
ohne einen Reifenschaden wäre in Monaco
wohl ein sechster Sieg in Folge hinzugekommen.
Unterstrichen wurde die Dominanz des
FW148B durch die Tatsache, dass Mansells
Teamkollege Riccardo Patrese in den ersten
vier Rennen hinter ihm auf Platz zwei fuhr.
Fünf Rennen vor Saisonende hatte Williams
den Konstrukteurstitel vorzeitig in der Tasche.
Viele befürchteten sogar, dass die Dominanz
des Rennstalls dem Sport schaden könnte,
immerhin stand in 15 von 16 Rennen ein
Williams-Bolide auf der Pole Position. In 10
von 16 Rennen gewann ein Williams-Fahrer,
weshalb manche TV-Stationen wegen der
Vorhersehbarkeit die Übertragung der Rennen
vorzeitig beendeten.
FACTS:
Saison: 1992
Siege: 10
Poles: 15
Podiums: 21
Schnellste Rennrunden: 11
www.Motorsport-Magazin.com 47
Immer
Text: Inga Stracke
in Führung
Bernd Mayländer gibt sich nicht mit zweiten Plätzen zufrieden.
Wenn er mit dem offiziellen Formel-1-Safety-Car auf die Strecke
geht, führt er das Feld stets an. Außer es fährt ein Abschleppwagen
auf die Strecke - das Motorsport-Magazin stellte Bernd zur Rede.
Mayländer vor
dem Einsatz:
auch im Safety
Car gilt volle
Konzentration
MSM: Bernd, du hast in Australien das Rennen
zusammen mit einem Truck angeführt - hast
du so etwas vorher schon einmal erlebt?
BERND MAYLÄNDER: Ja, das ist richtig. Wir
waren alle überrascht, aber zum Glück ist alles gut
ausgegangen. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob
wir den Truck überholen sollten oder nicht. Glücklicherweise
haben wir ihn nicht überholt, was in so
einer Situation das Beste ist. Das Fahrzeug von
Vitaly Petrov konnte sicher geborgen werden - es
gibt in der Formel 1 immer etwas Neues.
Beim nächsten Rennen in Malaysia kam das
Safety Car erneut zum Einsatz. Aber vom
Gefühl her, wo kommst du am häufigsten zum
Einsatz?
Kanada war durch Unfälle oder die Witterungsverhältnisse
immer ein großer Garant für
Safety-Car-Phasen. Letztes Jahr war etwas ganz
Besonderes, denn da haben wir den Safety-Car-
Rekord in der Formel 1 gebrochen. Wir sind 32
Runden, knapp 47 Prozent des Gesamtrennens,
gefahren. Natürlich haben wir das nicht gewollt,
aber die Formel 1 ist für alles zu haben.
Beschreib uns bitte kurz dein Dienstfahrzeug.
48 www.Motorsport-Magazin.com
Fotos: adrivo/Sutton
Der SLS aus dem Hause AMG wird im dritten
Jahr eingesetzt, was unüblich ist. Normalerweise
wird alle zwei Jahre das Auto gewechselt, jetzt
sind wir in der dritten Saison. Aber ich bin mit
meinem Dienstwagen mehr als zufrieden. Er ist
vom Design her ein Traumauto, aber auch von
den Leistungen her ist das Auto ein super Sportwagen.
V8-Motor, 571 PS und alle fahrtechnischen
Hilfsmittel sind im Fahrzeug verbaut.
Die Hilfsmittel wie die Traktionskontrolle
schalte ich ab und zu aus, aber sonst fahren wir
mit einem Performancepaket aus dem Hause
AMG. Somit hat das Auto sämtliche sportlichen
Elemente, die AMG zurzeit bietet. Das Safety
Car ist das Schnellste, das ich bisher gefahren
bin. Ich glaube auch, dass es zuvor kein schnelleres
Fahrzeug gab.
Wie schnell ist das Safety Car?
Das Auto ist bei 317 km/h elektronisch abgeriegelt
und wird auf Rennstrecken sowieso nicht
erreicht, weil es keine Gerade gibt, die lang
genug ist. Die schnellste Strecke mit der höchsten
Geschwindigkeit ist Monza, da könnten
wir knapp 285 km/h fahren. Natürlich kommt
es jetzt darauf an, wie nah die hinteren Kollegen
auf das Auto auffahren. Wenn ich merke, dass
die Piloten bei 250 km/h langsam abreißen lassen,
weil sie einfach ihre Bögen fahren wollen,
dann gehe ich logischerweise leicht vom Gas.
Kommen Vettel, Schumacher & Co. vor einem
Rennen zu dir und sagen: ‚Mach bei einer
Safety-Car-Phase das und das‘?
Ja, aber nur aus Spaß. Klar diskutiert man darüber,
was man besser machen kann. Aber es weiß
jeder, dass ich versuche, das Safety Car so
schnell wie möglich zu bewegen. Ab und zu sind
sie ganz froh, wenn ich nicht so schnell fahre →
www.Motorsport-Magazin.com 49
wie in Malaysia. Da ist es schon vorgekommen,
dass wirklich auf extrem nasser Strecke die
Formel-1-Autos in Schwierigkeiten geraten
sind. Ich kam hingegen viel besser zurecht, weil
das Auto mehr Gewicht hat und mehr Wasser
verdrängt. Meine Bodenplatte liegt 15 cm über
dem Asphalt, bei einem F1-Fahrzeug ist die
Bodenfreiheit deutlich geringer und dadurch
haben die Fahrer deutlich mehr Probleme.
Hast du spezielle Rennsitze und Anschnallgurte
in deinem Dienstwagen?
Ich habe einen normalen Sechs-Punkt-Gurt.
Die Sitze sind ganz normale Sportsitze, die man
serienmäßig bestellen kann. Das ist für jene
Hardcore-Fans, die diese Sitze unbedingt in
ihrem SLS drin haben wollen. Ich würde allerdings
meinen privaten SLS mit Seriensitzen
ausstatten.
Ich schätze einmal, dass deine Bremsen und
Reifen öfters gewechselt werden als bei einem
normalen Auto?
Richtig, alles Technische läuft wie in der Serie
durch den Kundendienst. Der Motor ist ein
Serien-Motor und läuft ganz normal ein Kundendienstprogramm
ab. Die Bremsen und Reifen
werden auf einer Strecke natürlich mehr
strapaziert. Im Schnitt verbrauchen wir pro
Auto pro Wochenende einen Satz Reifen. Wir
fahren die Reifen für das Rennen am Samstag
an. Wir haben mehr Zeit, da wir zwei Safety-
Cars haben - eines für die Support-Rennen und
eines für das Hauptrennen. Sollte doch einmal
am Sonntagnachmittag etwas passieren, wenn
ich zum Beispiel auf der Einführungsrunde
einen Plattfuß hätte, dann würde die Zeit knapp,
um den Reifen zu wechseln. Dann würde ich
ins Ersatzauto springen, was 1:1 das gleiche
Fahrzeug ist. Ich könnte beispielsweise nicht
sagen, welches Auto das Ersatz- und welches
das Einsatzfahrzeug ist. Das weiß ich nur, wenn
ich mir den Schlüssel ansehe, denn die sind
unterschiedlich markiert. Zwar haben die Autos
auch außen ganz kleine Markierungen, aber da
muss man wirklich ganz genau hinschauen,
denn die Fahrzeuge sind identisch. Auch die
Fahrleistung ist gleich, was schon eine starke
Leistung ist.
Das Mercedes AMG Safety Car ist
genau richtig für die anspruchsvolle
Aufgabe, 24 Formel-1-Boliden im
Zaum zu halten
Fotos: adrivo/Sutton
Was fährst du privat?
Ich darf eine wunderschöne E-Klasse aus dem
Hause AMG fahren. Ich habe den E63 bekommen,
weil ich mit Mercedes seit 17 Jahren
zusammenarbeite. Ich bin für den Hersteller
auch in der DTM gefahren und fungiere noch
als Markenbotschafter. Es macht riesigen Spaß,
das Auto zu fahren. Es ist eine großartige Komb
i n a t i o n a u s e i n e r s p o r t l i c h e n
Super-Limousine.
Als Safety-Car-Fahrer braucht man die Erfah-
50 www.Motorsport-Magazin.com
Sie wollen, dass ein rennerfahrener
Mann im Safety Car sitzt. Ich habe
sehr viel Erfahrung auf und neben der
Strecke gesammelt und war auch
immer in Sicherheitsfragen involviert
- das ist natürlich von Vorteil. Ich fahre
zwar keine Qualifyingrunde, aber ich
bewege mich schon am Limit.
rung, um die Jungs hinter sich einschätzen zu
können. Da trifft es sich gut, dass du selbst Rennen
gefahren bist und noch immer eine Rennlizenz
besitzt.
Ja, klar. Ich denke, dass ist eine Grundvoraussetzung,
die die FIA möchte. Sie wollen, dass
ein rennerfahrener Mann im Safety Car sitzt.
Ich habe sehr viel Erfahrung auf und neben der
Strecke gesammelt und war auch immer in
Sicherheitsfragen involviert - das ist natürlich
von Vorteil. Ich fahre zwar keine Qualifyingrunde,
aber ich bewege mich schon am Limit.
Daher sollte man Erfahrung haben, wissen wie
der Rennablauf ist, wie unglaublich schnell so
ein Formel-1-Auto ist, damit man Situationen
ganz anders einschätzen kann. Da hilft meine
20-jährige Motorsporterfahrung auf jeden Fall.
Auf keinen Fall möchte ich morgen als nichterfahrener
Fahrer gefragt werden, ob ich das
Safety Car in der Formel 1 pilotieren möchte.
Das wäre zwar ein super Job, den man an Land
ziehen könnte, aber ich hätte sicherlich eine
hohe Pulsrate.
Wie sieht es mit dem Puls deines Beifahrers
aus? Sitzt er entspannt neben dir?
Mein Beifahrer ist mein alter Kollege Pete Tibbets.
Er ist ein ganz ruhiger Typ, ein typischer
Engländer. Ihn bringt nichts aus der Ruhe. Er
ist ein Observer und den Job macht er phänomenal,
weil er eben immer extrem ruhig bleibt.
Er analysiert alles, berichtet an die Race Control.
Man kann es sich wie in einem Flugzeug-
Cockpit vorstellen. Vier Augen und Ohren
sehen und hören mehr - das ist ein ganz wichtiger
Sicherheitsfaktor. Wir fahren seit 2000
zusammen. Es ist ganz nett, wenn wir nichts zu
tun haben, was uns am liebsten ist, einen Kollegen
an der Seite zu haben, mit dem man plaudern
kann.
Könnt ihr das Rennen eigentlich im Auto verfolgen?
Habt ihr eine Stereo-Anlage?
Das ist so eine Sache. Aus Gewichtsgründen
hat man die Lautsprecher ausgebaut, aber wir
haben zwei Monitore im Auto. Auf dem einen
können wir das Weltbild verfolgen, wir können
permanent das GPS-System abrufen, wissen
genau wo sich welches Fahrzeug befindet. Im
Endeffekt sind es die gleichen Bilder, die die
Teams offiziell von der Formel 1 bekommen.
Wir können diese Channels abrufen, was
Bernd Mayländer
liegt bei allen
Bedingungen in
Front
logisch ist, weil wir natürlich viele Informationen
brauchen. Die Hauptinformation bekommen
wir aber von der Race Control. Ich habe
Herbie Blash direkt am Funk, neben ihm sitzt
Renndirektor Charlie Whiting - die beiden
kommunizieren untereinander und geben die
Informationen an das Safety Car weiter. Hier
ist es auch wichtig, dass mein Beifahrer mithört,
denn eine Information ist ganz schnell
falsch verstanden - wie gesagt vier Ohren
hören mehr.
www.Motorsport-Magazin.com 51
Zahlen
und
Fakten
zum
Safety
Car
Fotos: adrivo/Sutton, williams
52 www.Motorsport-Magazin.com
Das Arbeitsprotokoll: 2011 kam das Safety Car für 4,9% der Saison
zum Einsatz - das entspricht 12 SC-Phasen in 7 Rennen. Das Safety Car
legte 61 Runden respektive 284,3 km zurück. Im Vergleich dazu gab es
2010 in 12 Rennen 21 SC-Einsätze über 452,3 km, was einem Anteil
von 7,8% an der gesamten Saison gleichkam.
Der Rekord: Beim Kanada GP 2011 gab es fünf SC-Phasen über eine
Gesamtdistanz von 32 Runden respektive 139,6 km – das war mit
45,7% der Renndistanz ein neuer F1-Rekord.
Die längsten Einsätze: Der Kanada GP 2011 hält den Safety-Car-
Rekord. Doch es gab noch mehr Mammuteinsätze für Bernd Mayländer:
In Japan 2007 fuhren die Autos ab dem Start 26 Runden hinter dem
Safety Car, in Korea 2010 waren es die ersten 24 Runden.
Die Einsatzquoten: Singapur und Südkorea besitzen eine 100%ige
SC-Wahrscheinlichkeit – in jedem der vier respektive zwei Grand Prix
gab es dort mindestens einen SC-Einsatz. In Kanada gab es 14
SC-Phasen in den letzten neun Rennen, in Monaco 13 SC-Einsätze in
zehn Grand Prix.
Die SC-Ruherennen: Statistisch gesehen besteht die geringste
SC-Wahrscheinlichkeit in Malaysia (ein Einsatz in den letzten 10
Jahren), Ungarn (zwei Einsätze in den letzten zehn Rennen) und Bahrain
(ein Einsatz in sieben Rennen).
Das Auto: Der Mercedes SLS AMG besitzt einen 6,3-Liter V8-Motor. Er
erzielt eine Höchstleistung von 420 kW (571 PS) bei 6.800/min. und ein
maximales Drehmoment von 650 Newtonmetern bei 4.750/min.
Das erste Safety Car: Die ersten Mercedes-AMG Safety und Medical
Cars waren vom Typ C 36 AMG, der erstmals 1996 zum Einsatz kam.
Allerdings wurde bereits vorher, bis ins Jahr 1984 zurück, gelegentlich
eine AMG E-Klasse als Medical Car eingesetzt.
Alle
AMG
Safety
Cars
auf
einen
Blick
1996: C 36 AMG
ab 1997: CLK 55 AMG
2000: CL 55 AMG
ab 2001: SL 55 AMG
2003: CLK 55 AMG
ab 2004: SLK 55 AMG
ab 2006: CLK 63 AMG
ab 2008: SL 63 AMG
seit 2010: SLS AMG
Der Mercedes-Benz SLS AMG ist das
neunte Safety Car aus dem Hause AMG.
Seit 17 Jahren stellt Mercedes das
Sicherheitsfahrzeug in der Formel 1
Fotos: mercedes-benz
www.Motorsport-Magazin.com 53
Gilles Villeneuve ist noch
heute der große Held für
viele Tifosi
54 www.Motorsport-Magazin.com
Gilles Villeneuve machte die legendäre Startnummer 27
bei Ferrari zum Kult. Sein Sohn Jacques gelangte
ebenfalls zu F1-Ruhm: er gewann 1997 den WM-Titel -
allerdings mit Williams
Text: Frederik Hackbarth
Am 8. Mai jährt sich der Tod
von Gilles Villeneuve zum
30. Mal. Das Motorsport-Magazin
blickt zurück auf die
Karriere eines der letzten
F1-Originale. Villeneuve stand
für Spektakel, Wagemut und
Leidenschaft - dafür lieben
die Tifosi ihre legendäre
Nummer 27 noch heute.
→
Fotos: adrivo/sutton
www.Motorsport-Magazin.com 55
icht Schumacher, Ascari oder Fangio -
Nauch nicht Lauda, Scheckter oder Räikkönen.
Der große Liebling der Tifosi ist bis
heute ein Pilot, der keinen Weltmeistertitel
für die Scuderia Ferrari einfahren
konnte und doch mindestens so legendär
ist wie der italienische Traditionsrennstall selbst. Gilles
Villeneuve musste um alles in seiner Karriere kämpfen,
nur seinen unbändigen Grundspeed und das scheinbar
schier unerschöpfliche fahrerische Talent bekam der
Kanadier 1950 in die Wiege gelegt. Geboren in Saint-
Jean-sur-Richelieu im frankokanadischen Québec,
waren es in jungen Jahren zunächst Schneemobilrennen,
die ihn zum Motorsport brachten. Parallel sammelte er
im Alter von nur 17 Jahren in einem aufgemotzten Ford
Mustang in der regionalen Drag-Szene erste Erfahrungen
auf vier Rädern. Bald packte ihn die Leidenschaft
für Asphaltrennen und er erwarb in der Jim Russell
Racing School auf der malerisch gelegenen Naturstrecke
Mont Tremblant seine professionelle Rennlizenz.
Anschließend trat er in der Formel Ford an, siegte gleich
auf Anhieb in sieben von zehn Läufen und empfahl sich
schließlich für die größere Formel Atlantic. 1975 gewann
das Ausnahmetalent bei sintflutartigen Regenfällen das
erste Rennen. Dass er bei schwierigen Wetterbedingungen
besonders herausragte, erklärte Villeneuve
damit, dass die Sicht bei seinen geliebten Schneemobilrennen
noch viel schlechter sei. Diese fuhr der Jungspund
auch weiterhin, vornehmlich da in den Anfangsjahren
seiner Karriere das Geld knapp und er auf Kufen
dermaßen erfolgreich war, dass er sich dadurch die Teilnahme
an Autorennen finanzieren konnte.
1976 startete Villeneuve in der Formel Atlantic voll
durch, gewann bis auf ein Rennen alle Läufe des Jahres
und sicherte sich die Meisterschaft - ein Kunststück, das
er im Folgejahr wiederholte. Aufgrund seiner eindrucksvollen
Leistungen in Nordamerika durfte er sich im Juli
1977 in Silverstone erstmals in der Formel 1 versuchen.
Ein elfter Platz für McLaren beim Debüt blieb sein einziges
Rennen in der Königsklasse, das er nicht in einem
Ferrari bestritt. Bereits Ende der Saison heuerte Villeneuve
bei der Scuderia an und wurde bei seinem Heimrennen
in Mosport Zwölfter. Der letzte Lauf des Jahres
in Fuji endete jedoch tragisch - Villeneuve wurde in
einen Unfall mit Ronnie Peterson verwickelt, bei dem
ein Zuschauer und ein Streckenposten ihr Leben
ließen.
1978 kehrte er als Stammfahrer für Ferrari an die Strecke
zurück. Nach vielen Ausfällen zu Beginn des Jahres verbesserte
sich seine Performance zusehends. Beim fünftletzten
Lauf in Österreich fuhr Villeneuve als Dritter
erstmals aufs Podest, das Saisonfinale auf dem neuen
Circuit Ile Notre-Dame gewann der Kanadier im verregneten
Montreal. Die Strecke wurde später nach dem
Premierensieger benannt. Dass er zunächst Teamkollege
Carlos Reutemann, später Stallgefährte Jody Scheckter
Gilles Villeneuves Grid Girl für den
Holland GP in Zandvoort
»Das Siegen bedeutete
auch ihm alles,
aber es zählte auch
die Art und Weise,
wie er gewann. Er
nahm jedes Rennen
als Herausforderung
an. Dabei war
er ein unglaublich
harter Racer - aber
immer fair. Für ihn
war es Sport, er
würde einem immer
den Platz zum Überleben
geben.«
unterlegen war, der sich 1979 den WM-Titel für Ferrari
sicherte, interessierte die Fans der Roten wenig. Viel
mehr waren sie fasziniert vom Mut und der Hingabe,
mit der Villeneuve Rennen fuhr - immer auf der letzten
Rille, immer über dem Limit und niemals mit einem
Gedanken an das Risiko. Weggefährte Chris Amon
erklärte einmal: »Im Rennauto kannte Gilles keine
Furcht. Sein Mut rührte aber eher vom sachlichen
Akzeptieren des Risikos, als von Ignoranz oder mangelnder
Einsicht. Er wusste, wie es war, sich zu verletzen
- aber er akzeptierte das.« Bereits in der Formel Atlanic
hatte sich Villeneuve bei einem Unfall das Bein gebrochen.
»Er weigerte sich zuerst, wahrzuhaben, dass er
verletzt war. Nicht wegen des Schocks, sondern einfach,
weil er nicht glauben konnte, dass so etwas passiert. Als
er das aber verstanden hatte, nahm er auch das Risiko
an«, so Amon.
Die besten Beweise für seinen ungebrochenen Wagemut
lieferte der Kanadier in seiner zweiten kompletten Ferrari-Saison.
Unvergessen sein rundenlanger Zweikampf
mit Rene Arnoux auf dem Weg zu Platz zwei in Dijon
- legendär auch sein Auftritt im holländischen Zandvoort
wenige Wochen später. Mit einem Reifenschaden
eigentlich bereits ausgeschieden, fuhr Villeneuve aus
den Fangzäunen und dem Kiesbett zurück auf die Strecke,
um das Rennen auf drei Rädern wieder aufzunehmen.
Völlig fern der realistischen Grenzen der Physik,
setzte er den Grand Prix fort, bis schließlich die komplette
Radaufhängung seines Ferrari 312T4 in Fetzen
hinter dem Boliden schleifte. Die Zuschauer verehrten
den 67-fachen GP-Starter für seinen unermüdlichen
Kampfgeist und sein verwegenes Wesen. Neben der
Vizeweltmeisterschaft in jenem Jahr sicherte sich Villeneuve
in seiner Karriere insgesamt zwei Pole Positions
und sechs Siege. Nach zwei durchwachsenen Saisons
hatte der zweifache Familienvater 1982 mit dem Ferrari
126C2 erstmals wieder das Material, um nach der Krone
zu greifen. Gemeinsam mit seinem schnellen Teamkollegen
Didier Pironi, der bereits in der Vorsaison zur
Scuderia gestoßen war, rieb er sich jedoch in einem
erbitterten internen Duell auf. Zwischen den beiden
Ferrari-Stars entwickelte sich eine große Rivalität, die
in den kontroversen Ereignissen von Imola gipfelte. Um
Sprit zu sparen, hatte die Scuderia ihre beiden in Führung
liegenden Piloten angewiesen, die Pace herauszunehmen
und den Doppelerfolg sicher ins Ziel zu bringen.
Der Zweitplatzierte Pironi brach jedoch den
Nichtangriffspakt und überholte Villeneuve in der letzten
Rennrunde in der Tosa-Kurve und gewann. Der
Kanadier war anschließend zutiefst enttäuscht und
sprach mit seinem französischen Stallkollegen kein Wort
mehr. Schon beim folgenden Lauf in Zolder wollte sich
Villeneuve rächen.
Keke Rosberg erinnerte sich Jahre später an Villeneuve
- und auch dessen Frust über den ungerecht verlorenen
Sieg: »Gilles war wahrscheinlich der verrückteste
56 www.Motorsport-Magazin.com
Piloten und der Rennarzt an der Unglücksstelle und zogen Villeneuve aus den Fangzäunen
- wenngleich der Puls des Kanadiers zu fühlen war, atmete dieser jedoch nicht mehr und
sein Gesicht war blau angelaufen. Villeneuve wurde anschließend mit dem Helikopter in
das Universitätskrankenhaus der nahegelegenen Stadt Löwen geflogen, wo das medizinische
Personal einen Genickbruch feststellte. Trotz der sofort eingeleiteten lebenserhaltenden
Maßnahmen, erlag der 32-Jährige um 21:12 Uhr seinen schweren Verletzungen. Das Ferrari-
Team zog nach der Schocknachricht den zweiten Boliden von Pironi für das Rennen am
Sonntag zurück und reiste vorzeitig aus Belgien ab. Eigentlich die falsche Antwort auf das
unbarmherzige Schicksal, war doch vor allem ein Wort im Vokabular des Gilles Villeneuve
nicht existent: Aufgeben. In Maranello bauten sie ihrem Idol anschließend ein Denkmal - dem
Liebling von Enzo Ferrari, dem Liebling der Tifosi... der unvergessenen Nummer 27.
In der Formel 1
wurde schon immer
gespart - manchmal
eben an Hosen
Villeneuve erkämpft
sich Platz fünf in
Monaco 1980
Fotos: adrivo/sutton
Bastard, den ich jemals getroffen habe. Im Vergleich zu
Prost oder Lauda war er ein ganz verschiedener Typ
Fahrer. Das Siegen bedeutete auch ihm alles, aber es
zählte auch die Art und Weise, wie er gewann. Er nahm
jedes Rennen als neue, ganz persönliche Herausforderung
an. Dabei war er ein unglaublich harter Racer - aber
immer fair. Für ihn war es Sport, er würde einem immer
den Platz zum Überleben geben.« Die Tragik des Gilles
Villeneuve ist, dass ihm dieser Platz am 8. Mai 1982
selbst ausging. Acht Minuten vor dem Ende der Qualifikation
zum Belgien GP befand sich Villeneuve auf einer
schnellen Runde, um den zu diesem Zeitpunkt vor ihm
liegenden Pironi noch abzufangen.
ls er im schnellen Abschnitt auf der Rück-
des Fahrerlagers über eine Kuppe Aseite
kam, lief er auf den langsamen March-
Ford von Jochen Mass auf. Der Deutsche
befand sich nicht auf einer schnellen
Runde, blockierte jedoch die Ideallinie.
Als Mass Villeneuve im Rückspiegel sah, wechselte er
auf die rechte Spur, um dem Ferrari links die Rennlinie
zu überlassen. Der Kanadier hatte sich jedoch schon
dazu entschieden, Mass vor der folgenden Rechtskurve
innen zu überholen und seinerseits die Spur gewechselt.
Vom Ausscheren des March wurde er überrascht und
konnte nicht mehr ausweichen. Der Ferrari Villeneuves
krachte in das Heck des Vordermannes und stieg in die
Luft auf. Bei Geschwindigkeiten jenseits von 200 km/h
schlug der Bolide auf die Wiese neben der Fahrbahn auf
und zerbarst in seine Einzelteile. Villeneuve verlor seinen
Helm und wurde mitsamt der Sitzschale, an die er
immer noch geschnallt war, im hohen Bogen über die
Strecke und die Fangzäune auf der anderen Seite
geschleudert.
Zwar waren innerhalb weniger Sekunden nachfolgende
Die Fans liebten
Villeneuve für seinen
Einsatz und Fahrstil
www.Motorsport-Magazin.com 57
Brüder unter sich:
Michael und Ralf
Schumacher in ihren
jeweiligen Mercedes
AMG Arbeitsgeräten in
Barcelona
58 www.Motorsport-Magazin.com
Jari, So wird das
nichts
Foto: mercedes-benz
Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech
dazu. Eine alte Weisheit, die bei WRC-Pilot Jari-Matti
Latvala wie die Faust aufs Auge passt. Durch seinen
Schlüsselbeinbruch war die Teilnahme an der Rallye
Argentinien Geschichte. Doch das ist sicherlich nicht
das Einzige, was den Finnen 2012 den Titel kosten
könnte. Natürlich ist er schnell - sauschnell sogar.
Das bringt aber nichts, wenn er seinen Ford bei jeder
Gelegenheit von der Strecke schießt und letztendlich
meistens ohne wertvolle WM-Punkte die Heimreise
antreten muss. Ein Rückschlag, wie seine Verletzung,
kommt sicher nicht gelegen, aber der Hauptgrund,
warum er auch in dieser Saison nicht Weltmeister
wird, ist sie sicher nicht. - Marion Rott
www.Motorsport-Magazin.com 59
60 www.Motorsport-Magazin.com
Text: Robert Seiwert
Fotos: bmw
Charly Lamm lenkt
die Geschicke bei
Team Schnitzer
2012 ist es soweit: BMW kehrt mit drei Teams
in die DTM zurück. Das Motorsport-Magazin
stellte Schnitzer-Teamchef Charly Lamm zum
Gespräch - über bayerische Motorsport-Tradition
und eine neue Ära.
www.Motorsport-Magazin.com 61
Jens Marquardt
betraute drei
Teamchefs mit der
Aufgabe DTM
Dirk Werner nimmt
in dieser Saison im
gelben BMW M3
DTM Platz
MSM: In einer Umfrage auf unserer Website
Motorsport-Magazin.com glaubten 72 Prozent der
User, dass Schnitzer das erfolgreichste BMW-Team
in der DTM-Saison 2012 sein wird...
CHARLY LAMM: Vielen Dank erst einmal an die
Leser von Motorsport-Magazin.com für die Vorschusslorbeeren.
Die drei BMW-Teams haben alle
einen unterschiedlichen Werdegang und wir sind
eben das BMW-Traditionsteam. Schnitzer ist seit
mehreren Jahrzehnten mit BMW im Motorsport
verbandelt, das haben die Fans in Erinnerung. Wir
sind das einzige Team mit DTM-Vergangenheit.
Ich möchte aber eine Lanze für die BMW-Partnerteams
brechen: RMG ist kompletter Neueinsteiger
und kann daher bislang nur eine bedingte Fangemeinde
aufweisen. RBM ist bei den DTM-Fans
vielleicht noch nicht so bekannt, obwohl das Team
eine zehnjährige Historie mit BMW mitbringt.
Man kennt Schnitzer von 1989 bis 1992 aus der
DTM. Wo sehen Sie die größten Unterschiede
zwischen der damaligen und heutigen Zeit?
Die Gemeinsamkeit ist Rennsport- und Tourenwagensport
- damit hört es größtenteils auch
schon auf. Die DTM hat nach der BMW-Pause
stürmische Zeiten durchlebt, seit 2000 ist die
Serie wieder stabil und hat sich enorm entwickelt.
Ihr liegt ein neues Sportliches Reglement
zugrunde und das Technische Reglement hat
sich deutlich verändert. In der Zeit von 2000 bis
2011 wurden komplexe, extrem wettbewerbsfähige
und fahrleistungsfähige Renntourenwagen
entwickelt. Das ist eine komplett andere
Liga; früher hatten wir 350 PS, heute sprechen
wir von 480 PS. Die Autos sind bei relativ geringem
Gewicht die schnellsten und leistungsstärksten
Fahrzeuge mit Dach. Sie brauchen einen
Vergleich mit den GT1-Fahrzeugen nicht zu
scheuen.
Kritiker warfen den letztjährigen DTM-Autos vor,
mehr Prototypen denn Tourenwagen zu ähneln.
Die Fahrzeuge für 2012 kommen den Serienautos
wieder näher. Ein guter Schritt?
Den Tourenwagen kamen enorme Freiheiten zu,
bis 2011 waren das Tourenwagen der extremsten
Ausprägung. Mit dem neuen Reglement für 2012
wurde die richtige Richtung eingeschlagen. Die
Fahrzeuge sollen zwar Downforce haben, aber das
Karosseriekleid nicht mehr so extrem sein. Die
DTM-Autos werden 2012 vom äußeren Erscheinungsbild
her wieder mit Tourenwagen assoziiert,
das Bild wird wieder stimmiger.
Kann es nicht sein, dass sich in ein oder zwei Jahren
doch wieder alles ändert, weil das Ziel sein muss,
immer mehr Downforce zu erzeugen?
Jeder Ingenieur will die technische Situation innerhalb
des Reglements immer maximal ausloten. Es
ist aber gelungen, Limits mit deutscher Gründlichkeit
zu setzen, um die extremen Auswirkungen
einzudämmen. Es wurde ein Weg gefunden, der
keine Schlupflöcher mehr bietet. Das Reglement
wurde umgeschrieben, so dass man im Bereich der
Aerodynamik keine solch extremen Lösungen
mehr sehen wird, wie es bis 2011 der Fall war.
In den neuen DTM-Autos kommen mehr als 50
Einheitsbauteile zum Einsatz. Hat jedes Team
trotzdem noch die Möglichkeit, sich einen Vorteil
zu verschaffen?
Die Aufgabenstellung verschiebt sich. Es wurden
Gleichteile definiert, die von allen Herstellern eingesetzt
werden, um die Kosten zu senken. Bei diesen
Teilen wird es keinen Wettbewerb geben, z.B.
bei Chassis und Monocoque, diese sind einheitsneutral.
Daher verlagert sich der Wettbewerb auf
Teile, die in der Entwicklung frei sind. Es ist derzeit
nicht unbedingt Aufgabe der Teams, die freien Teile
Trotz des neuen Reglements
hat sich der Wettbewerb
kaum verändert. Wir
als Neueinsteiger haben
einen enormen Prozess
vor uns, um die Details der
DTM zu erlernen, damit wir
möglichst wettbewerbsfähig
sein können.
zu verändern. Darum kümmern sich die Hersteller,
die diese testen und freigeben. Die Teams müssen
den Technikstand darstellen und bestmöglich einsetzen.
Es gilt, den Stand bestmöglich einzusetzen,
das Fahrwerk und die Aerodynamik optimal einzustellen
und die Einheitsreifen richtig zu nutzen.
Diese Bereiche als Team perfekt abzubilden, wird
eine große Herausforderung.
Die Position der Auspuffrohre an den einzelnen
Autos hat sich im Verlauf der Vorbereitung häufiger
verändert. Inzwischen hat jeder Hersteller
eine andere Lösung gefunden. Gibt es in dieser
Hinsicht keine Bestimmungen?
Doch, die gibt es. Bis August vergangenen Jahres
mündete der Auspuff des BMW M3 DTM noch
am Heck. Später gab es eine Änderung in der Herstellerrunde,
so dass die Abgase nun seitlich in der
Nähe der Hinterräder austreten. Im endgültigen
Reglement gibt es einen definierten Mündungsbereich
an der Fahrzeugseite. Es dauerte eine Weile,
bis sich die Hersteller auf eine Lösung geeinigt hatten.
Die Möglichkeit, mittels der Abgase mehr
Anpressdruck zu generieren - wie es in der Formel
Fotos: bmw, dtm
62 www.Motorsport-Magazin.com
1 mit dem angeblasenen Diffusor der Fall war -,
besteht übrigens nicht.
Hatten Sie bei der Fahrerwahl ein Mitspracherecht?
Die Entscheidung über den BMW-Fahrerkader
wurde in München getroffen. Ich bin mir sicher,
dass BMW über eine sehr wettbewerbsfähige
Mannschaft verfügt. Dirk Werner kannten wir
bereits aus unserer gemeinsamen Vergangenheit.
Bruno Spengler ist sehr erfahren, was unserem
Team sehr gut tut und gleichzeitig auch Dirk hilft.
Unser Ziel ist es, von Brunos Erfahrung zu profitieren
und diese an Dirk zu vermitteln, der in seine
erste DTM-Saison startet.
Könnte Brunos Wechsel zu BMW eine zusätzliche
Motivationsspritze für ihn sein?
Bruno und Martin Tomczyk sind die Erfahrungsträger
im BMW-Kader, die anderen müssen noch
Mit Bruno Spengler
hat Schnitzer einen
erfahrenen DTM-Star
im Team
wollen zunächst Brunos Erfahrung nutzen und
Dirk mitgeben, um seinen Lernprozess optimal zu
fördern. Wir befinden uns im Wettbewerb mit zwei
Herstellern, die über einen enormen Erfahrungsvorsprung
verfügen. Trotz des neuen Reglements
hat sich der Wettbewerb in der DTM kaum verändert.
Wir als Neueinsteiger haben einen enormen
Prozess vor uns, um die Details der DTM zu erlernen,
damit wir möglichst wettbewerbsfähig sein
können.
Was sind für Sie persönlich die größten Herausforderungen
im Hinblick auf die
Rennwochenenden?
Man kann die ganze Bandbreite nehmen. Jedes
Rennwochenende hat spezielle Anforderungen. Die
DTM ist sehr komplex, das fängt beim Boxenaufbau,
den Boxenstopps sowie der Elektronik an. Die
Autos werden im Zweiwochenrhythmus überprüft.
Das ist eine enorme Herausforderung, vor allem
jetzt am Anfang, wenn Rennen innerhalb einer
Woche stattfinden. Die Boxenstopp-Choreographie
muss perfekt erlernt werden, unsere Autos müssen
in der kurzen Zeit am Wochenende abgestimmt
werden. Der Terminplan ist anspruchsvoll; bei den
relativ kurzen Fahrtzeiten im Rennen ist jede Runde
wertvoll. Die Zeit muss effizient genutzt werden,
um die nötigen Informationen zu erhalten.
Wie groß ist das Team von Schnitzer?
Unser Team umfasst 26 Leute. Unsere Zeit in der
WTCC war nicht so intensiv, wie es die DTM erfordert,
da ging es auch mit 18 bis 20 Leuten. Jetzt sind
wir stärker aufgestellt, vor allem unser Ingenieurs-
Team. Die Schnitzer-Mannschaft ist im Kern gleich
geblieben, aber wir haben versucht, uns mit DTMerfahrenen
Leuten zu verstärken.
BMW vor Mercedes und
Audi - das hätten die
Münchener gerne so
eine Menge lernen, was die DTM betrifft. Bruno
war in der DTM in den vergangenen Jahren im
Vorderfeld, hatte jedoch ein paar unglückliche Situationen.
Er ist ein wirklich sehr freundlicher und
smarter Typ, der gerade von der schwäbischen in
die bayrische Kultur wechselt. Man spürt, dass er
die DTM lebt. Er weiß, wohin es gehen muss und
zeigt die Richtung auf. Wir spüren deutlich seine
Erfahrung und wie er sich ins Team einbringt.
Wird Bruno der Leader bei Schnitzer sein?
Unsere beiden Autos werden gleich vorbereitet.
Dirk ist DTM-Rookie und hat die gleichen Ziele
wie Bruno, wählt aber einen anderen Ansatz. Wir
Also Mitarbeiter, die bis vor kurzem bei anderen
Teams unter Vertrag standen?
Wir haben im Engineering drei Ingenieure mit
DTM-Erfahrung bis 2011 beziehungsweise 2010. In
der Zeit von 2000 bis 2011 hat die DTM jedes Jahr
eine Weiterentwicklung durchgemacht, auch in der
Art, wie Autos abgestimmt werden. Daher ist es
wichtig, Leute aus der aktuellen Zeit zu rekrutieren.
Man nimmt aus allen Rennserien Erfahrung mit,
aber die DTM ist so speziell, dass wir Erfahrungsträger
von dort brauchten. Brunos Renningenieur
kann auf dessen Erfahrung aufbauen, der von Dirk
Werner wird hingegen mehr Geduld brauchen, weil
er ihn auf ein anderes Niveau hinführen muss.
Was planen Sie in diesem Jahr noch an anderen
Rennsportprogrammen?
Wir haben ein großes Herz für die Langstrecke,
aber dieser Leidenschaft können wir in diesem Jahr
nicht nachgehen. Die DTM ist sehr intensiv und
ihr gilt unsere volle Konzentration. Wenn wir glauben,
dass wir alles im Griff haben, kann man immer
noch weitersehen, aber 2012 gibt es für uns nur die
DTM.
www.Motorsport-Magazin.com 63
Der Newcomer
Stefan Reinhold ist neu in der DTM, aber nicht im Motorsport. Das
Motorsport-Magazin stattete seiner Mannschaft in den ehemaligen
Zakspeed-Hallen im 3.000 Seelen Örtchen Niederzissen einen Besuch ab.
MSM: Wie wird man DTM-Teamchef?
STEFAN REINHOLD: Man muss erst einmal
für sich selbst wissen, dass man Teamchef sein
möchte. Dann muss man Ideen ausarbeiten, ein
Konzept erstellen und sich - wie in meinem Fall
- bei BMW bewerben. Ich bekam schließlich
den Zuschlag. Es war ja seit geraumer Zeit
bekannt, dass BMW die Rückkehr in die DTM
plant - also rief ich bei BMW Motorsport an
und fragte, ob ich mich bewerben könne. Ein
paar Kontakte hatte ich auch nach München,
wie zum ehemaligen Motorsportchef Dr. Mario
Theissen, den ich aus meiner Zeit in der Formel
1 kannte.
Wie sieht so eine Bewerbung aus?
Das war ein Konzept mit gewissen Strukturen,
wie ich mir die Arbeit in der DTM vorstelle.
Natürlich brachte ich auch neue Ideen ein. Im
Laufe der Jahre habe ich einiges an Erfahrung
gesammelt und mir die Frage gestellt, was man
noch besser machen kann. Zum Konzept gehören
vor allem die Organisation des Unternehmens
sowie die Arbeit an der Strecke - danach
hat man eine gute Vorstellung, wie so ein Team
aussehen soll.
Zu einem Team gehören auch Mitarbeiter...
Genau, bei RMG sind ungefähr 25 Mitarbeiter
beschäftigt. Darunter sind einige, mit denen ich
bereits gemeinsam bei Toyota in der Formel 1 gearbeitet
habe und sogar welche, die ich damals dahin
gebracht hatte. Ich bin froh, die Möglichkeit gehabt
zu haben, ein paar der Leute wieder in mein Team
integrieren zu können - dadurch lebt der Zusammenhalt
weiter. Wir haben allerdings auch Leute aus
der DTM und dem GT-Sport im Team. Als bekannt
wurde, dass wir mit BMW in der DTM arbeiten
würden, flatterten einige Bewerbungen ins Haus.
Was konnten Sie aus Ihrer Zeit in der Formel 1
mitnehmen?
Ich fing damals als Applikationsingenieur bei
Toyota an und arbeitete später als Gruppenleiter
für den Elektronikbereich an der Strecke. In der
Formel 1 herrscht bezüglich Arbeit und Organisation
ein sehr hoher Anspruch, auf dem
Level muss man möglichst fehlerlos arbeiten.
Diese Erfahrung hilft bei meiner jetzigen Arbeit.
Wenn die Motivation stimmt, ist man immer
gewillt, die bestmögliche Arbeit zu leisten. Im
technischen Bereich konnte ich viel Erfahrung
sammeln, die immer hilfreich ist. In der F1 ist
der Pool an Experimenten sehr groß und da sich
alles um die Physik dreht, hilft diese
Erfahrung.
Wie lautet Ihre Zielsetzung für das erste Jahr?
Wir wollen einen 100-Prozent-Job machen.
Alles weitere lassen wir auf uns zukommen.
Wenn es gut läuft, stehen wir am Ende ganz
oben - das muss schließlich immer das Ziel im
Motorsport sein.
Fotos: bmw
64 www.Motorsport-Magazin.com
Der Etablierte
RBM-Teamchef Bart Mampaey gewann mit BMW und Andy Priaulx
einen Europameister- und drei Weltmeistertitel. Das Motorsport-
Magazin befragte ihn zur Herausforderung DTM.
MSM: Ist es ein Vorteil, bereits mit beiden Fahrern
zusammengearbeitet zu haben?
BART MAMPAEY: BMW verfügt neben Andy
Priaulx und Augusto Farfus mit Dirk Werner und
Joey Hand über zwei weitere Fahrer, die schon lange
zum Fahrerkader gehören. Bruno Spengler und
Martin Tomczyk sind zwei Top-Piloten mit DTM-
Erfahrung. BMW hat ein balanciertes Pilotenaufgebot,
jede Fahrer/Teambesetzung besitzt spezifische
Eigenschaften. Wir müssen abwarten, ob es
für uns von Vorteil ist, beide Fahrer zu kennen.
Vielleicht können die anderen Teams mehr Leistung
zeigen, weil sie DTM-erfahrene Piloten haben. Man
darf auch nicht vergessen, dass wir Andy und Augusto
2011 nicht betreut haben.
Was ist die größte Herausforderung?
Die DTM ist eine Top-Meisterschaft, in der man
auf jedes Detail achten muss. So sind beispielsweise
die Boxenstopps neu für uns, dazu das spezifische
Qualifying-Format, das Engineering und Rennstrecken,
auf denen wir während unserer Zeit in der
WTCC nicht gefahren sind. Wir arbeiten hart dafür,
eventuelle Defizite möglichst schnell in den Griff
zu bekommen.
Gibt es besondere Erfahrungen, die Sie aus der
WTCC mitbringen?
Zu einem gewissen Grad nehmen wir Automatismen
zwischen den Mechanikern, Ingenieuren und
Fahrern mit. Man darf aber nicht vergessen, dass
RBM vor 2010 nie ein Zwei-Auto-Team war. Also
sind unsere Erfahrungen in diesem Bereich nicht
besonders groß.
Wo liegen die Unterschiede zur DTM?
Die DTM-Fahrzeuge sind komplexer als ihre
WTCC-Pendants, man braucht mehr Leute für die
Betreuung. Was wir aber aus der WTCC mitnehmen
können, sind Organisation und Logistik, die
bei Übersee-Rennen extrem waren - und im Motorsport
gibt es fast nichts Extremeres als Macau.
Wenn man auf diese Basis zurückkommt und das
mit einer Philosophie kombiniert, die in Richtung
komplexeres Fahrzeug geht, dann hoffe ich auf eine
gute Arbeitsgrundlage.
Was hat RBM 2011 gemacht?
Wir erbrachten unterschiedliche Leistungen für
BMW. Einerseits war das der Aufbau von BMW-
Fahrzeugen mit dem neuen 1,6 Liter Turbo-Motor,
außerdem betreuten wir ein GT3-Projekt und
waren natürlich sehr intensiv mit dem Aufbau des
DTM-Autos beschäftigt. Es war ein sehr interessantes
Jahr für uns; wir lernten den Rennsport vor
allem im Entwicklungsbereich noch besser
kennen.
Wie sieht das Ziel für 2012 aus?
Im ersten Jahr möchte man konkurrenzfähig sein.
Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster
lehnen und schon von Siegen sprechen. Wir möchten
als neues Team gut in der DTM unterwegs sein
und mit guten Leistungen mitmischen. Wenn wir
am Ende des Jahres sagen können, unser Bestes
gegeben zu haben, bin ich zufrieden.
www.Motorsport-Magazin.com 65
Geschafft: Mads Östberg zählt jetzt zum
elitären Kreis der WRC-Sieger
Trotz seines ersten Sieges bleiben die
Sorgen vorerst bestehen
Text: Marion Rott
Das fünfte Element
Mads Östberg gilt als das neue Talent in der Rallye-WM. In Portugal sicherte er sich
seinen ersten Sieg, doch auch in der Stunde des Erfolgs bleiben die Sorgen bestehen.
In den letzten Jahren war es nicht schwer, die Sieger
in der Rallye Weltmeisterschaft zu prognostizieren.
Sie hießen Sebastien Loeb, Mikko Hirvonen, Jari-
Matti Latvala und seit seinem Debütsieg 2010 auch
noch Sebastien Ogier. Jedem Kenner fällt sofort die
Verbindung zwischen diesen vier Piloten auf: sie
alle saßen in einem Auto, das von einem Werksteam
bereitgestellt wurde. Der Unterschied bestand nur
in der Marke - Citroen oder eben Ford.
Nach nun vier Jahren mit immer nur vier Siegern
schickt sich ein junger Norweger an, dieses eingefahrene
Muster zu durchbrechen: Mads Östberg
triumphierte in Portugal zum ersten Mal auf WM-
Ebene. Ein fünfter möglicher Kandidat auf die
oberste Stufe des Treppchens, der zwar bei vielen
Experten auf der Rechnung stand, aber irgendwie
auch wieder nicht. Denn der 24-Jährige kann nicht
einfach in seinem Boliden Platz nehmen und losfahren.
Er bestreitet die Saison mit seinem Privatteam
Adapta WRT, was den Sieg umso wertvoller
macht. Denn dies gelang seit der Rallye San Remo
im Jahr 1993, als sich der Italiener Franco Cunico
in seinem Ford Escort RS feiern lassen konnte, keinem
Privatier mehr.
Wenngleich die Leistung sicherlich großartig ist,
überraschend kam sie für die wenigsten. Dass der
24-jährige Östberg aus der beschaulichen Stadt
Fredrikstad Benzin im Blut hat, ist kein Geheimnis.
Wie er dieser Leidenschaft aber frönen sollte,
musste Östberg erst noch herausfinden. Schon
mit vier Jahren saß der kleine Mads auf einem
Motorrad, bis er merkte, dass ihm mehr Gummi
unter dem Gefährt doch lieber war, was ihn zum
Klassiker brachte: Kartfahren. Doch die sterile
Fotos: adrivo/Sutton
66 www.Motorsport-Magazin.com
»Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut, und ich
hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben
immer noch Arbeit vor uns.«
Atmosphäre eines geteerten Weges war nicht das, was der
Norweger suchte. Was lag also näher, als seinem Vater auf
dessen wilden Touren mit einem Subaru Impreza durch
Wald und Feld zu begleiten?
Zehn Jahre später donnerten die Motorengeräusche durch
die Wälder Schwedens und die Augen vieler Beteiligter
wurden groß. Denn nicht die Citroen- oder Ford-Werkspiloten
führten die Rallye in Schnee und Eis an, sondern der
M-Sport-Stobart-Pilot Mads Östberg - und das in seiner
ersten Rallye in einem Ford WRC. Doch während andere
Piloten verbissen und verkrampft versucht hätten, sich zu
behaupten, war der Norweger noch zu Scherzen aufgelegt.
»Ich weiß auch nicht, warum die anderen alle so langsam
fahren«, lachte er. Zwar rutschte er im Verlauf der Veranstaltung
noch eine Position zurück, doch der zweite Platz
ließ die Verantwortlichen aufhorchen. »Das war nicht mein
letztes Podest in diesem Jahr«, zeigte sich Östberg selbstbewusst.
Er sollte Recht behalten. Zwar klappte das Vorhaben
lange nicht, doch zum Saisonfinale spiegelten sich
die Ereignisse und wieder konnte er über einen zweiten
Platz jubeln. Ein Wechsel in ein Werksteam schien nur
noch eine Frage der Zeit zu sein.
Wenige Wochen später schienen seine Gebete erhört, Mikko
Hirvonen verließ Ford in Richtung Citroen und der ersehnte
Platz in einer Werksmannschaft war zum Greifen nah. Vor
allem, da Teamchef Malcolm Wilson sehr viel von Östberg
Auch als WRC-Sieger muss Mads
Östberg weiter auf Sponsorensuche
gehen - von nichts kommt eben nichts
hielt. »Es war eine Freude, dieses Jahr mit Mads zusammenzuarbeiten«, meinte dieser. Die
Zusammenarbeit hätte ihre Steigerung im Werksteam finden können und Wilson goss Öl ins
Feuer: »Er ist geistig schon sehr reif und hat eine extrem aufregende Zukunft vor sich.« Kurze
Zeit später musste Östberg aber hinnehmen, dass man sich gegen ihn und für seinen Landsmann
Petter Solberg entschieden hatte, was ein weiteres Jahr auf eigenen Beinen bedeutete.
Genau das, nämlich auf eigenen Beinen zu stehen und alles alleine regeln zu müssen, ist schwierig,
das musste Östberg in seiner Karriere schon oft feststellen. Denn auch wenn sein Vater ihn
tatkräftig unterstützt, geht es nicht nur um den Spaß am Fahren. Die Geldsorgen und Angst vor
einem Schaden an seinem Ford Fiesta RS WRC fahren immer mit. Jede Rallye könnte die letzte
der Saison sein, weil ein Unfall oder ein technischer Defekt das Budget übersteigen könnten.
Und so bleibt Östberg auch im Moment des Triumphes realistisch und sieht den Nutzen
seines ersten Erfolges. »Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut,
und ich hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben
immer noch Arbeit vor uns.«
Fotos: mercedes AMG
Hall of Fame
Text: Marion Rott
Mads Östberg erweiterte durch seinen Sieg in Portugal die ewige Bestenliste
der WRC-Sieger um einen Namen. Doch die groSSen Fünf dieser Liste bleiben unangefochten
- sie vereinen 174 Siege und damit 35% aller Triumphe auf sich.
Sebastien
Loeb
Als der damals 28-jährige Sebastien Loeb das Ziel vor der
Porta Nigra in Trier erreichte, war es geschafft. Der erste
Sieg des Elsässers in der Rallye-WM war in trockenen
Tüchern. Viele Experten erkannten schon zu diesem frühen
Zeitpunkt, dass in Loeb das Potenzial zum Weltmeister
steckte. Doch selbst die kühnsten Sympathisanten hätten
wohl nicht damit gerechnet, dass er nur zehn Jahre später
weitere 68 Siege eingefahren haben und mit deutlichem
Abstand die Spitze in der Rekordliste besetzen würde - von
acht WM-Titeln ganz zu schweigen.
Erster Sieg:
2002, Rallye Deutschland
Siege insgesamt: 69 (44.5 Prozent der Starts)
Gefahrene Rallyes: 155
WM-Titel: 8
Sebastien Loeb und
Daniel Elena sind seit
Jahren die Nummer 1
in der WRC
Fotos: adrivo/Sutton
Erster Sieg: 2000, Rallye Schweden
Siege insgesamt: 30 (19.7 Prozent der Starts)
Gefahrene Rallyes: 152
WM-Titel: 2
Erster Sieg: 1990, Rallye Griechenland
Siege insgesamt: 26 (13.3 Prozent der Starts)
Gefahrene Rallyes: 196
WM-Titel: 2
Markus
Grönholm
Der Finne sicherte sich mit 30 Siegen und einer Quote von knapp 20% den
zweiten Platz in der ewigen Rekordliste. Ein Platz, der ihm nur allzu vertraut
ist. Denn obwohl er in dieser und vielen anderen Bestenlisten sehr weit oben
zu finden ist, war der Ford- und Peugeot-Werkspilot oft zur falschen Zeit am
falschen Ort. Denn trotz seiner Erfolge reichte es nur zwei Mal zur Spitze in der
WM - dafür aber genauso oft und denkbar knapp zum undankbaren zweiten
Rang hinter Loeb.
Carlos
Sainz
Die Liste der Teams, für die der spanische Weltmeister seine 26 Siege holte,
ist fast so lang wie die Zahl der Siege selbst. Von Citroen über Lancia und
Subaru bis hin zu Ford und Toyota. All diese Mannschaften probierte El Matador
aus. Einer seiner Siege dürfte dem Spanier aber besonders in Erinnerung geblieben
sein, denn er war im Jahr 1990 der erste Pilot, der nicht aus Skandinavien
stammte und die Rallye Finnland für sich entschied. Mittlerweile versucht er
sein Glück im Volkswagen-Team, wo er als Testfahrer den Polo R WRC zu einem
Siegerauto formen möchte.
Erster Sieg: 1993, Rallye Neuseeland
Siege insgesamt: 25 (17.1 Prozent der Starts)
Gefahrene Rallyes: 146
WM-Titel: 1
Erster Sieg: 1994, Rallye Finnland
Siege insgesamt: 24 (17.3 Prozent der Starts)
Gefahrene Rallyes: 139
WM-Titel: 4
Colin
McRae
Tommi
Mäkinen
Die Sonne brannte auf der Haut, genau wie der Sand in den Augen. Im Ziel der
Safari Rallye aber gab es einen Piloten, dem das nicht aufzufallen schien. Colin
McRae feierte wenige Minuten zuvor seinen 25. Sieg in der Rallye-WM. Der
Schotte strahlte über das ganze Gesicht, schließlich hatte er sich nicht nur in
der WM auf den zweiten Rang geschoben, sondern wurde er im Juli 2002 der
alleinige Spitzenreiter der ewigen WRC-Sieger. Niemand wusste zu diesem
Zeitpunkt, dass der Ford-Pilot zum letzten Mal auf dem obersten Treppchen
stehen und seine Bestmarke nur wenige Jahre Bestand haben würde. Dennoch
bleibt der Weltmeister auch nach seinem Tod bei einem Hubschrauberabsturz
eine Legende des Sports.
Die Rallye Finnland gilt aufgrund ihrer Geschwindigkeit als eine der Herausforderungen
des WRC-Kalenders und jeder Pilot will sich zumindest einmal in
die Liste der Gewinner eintragen. Mäkinen gelang jedoch Einmaliges. Nicht
nur, dass er auf heimischem Boden und vor Tausenden, jubelnden Fans seinen
ersten Sieg in der WM feierte, er konnte dieses Kunststück in den folgenden
vier Jahren wiederholen und krönte sich zum inoffiziellen König der 1000-Seen-
Rallye. Damit sicherte er sich über 20% seiner 24 Siege auf heimischem Boden.
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Fotos: mercedes AMG
In Fabio Leimers
Kopf spukt irgendwo
der Traum von der
Formel 1 herum
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Schweizer
Traum
Ein Schweizer Fahrer in einem
Schweizer Team - davon träumt
Nachwuchsfahrer Fabio Leimer. Um
dieses Ziel zu erreichen, will er in
der GP2 um den Meistertitel fahren.
Text: Fabian Schneider
MSM: Wie sehr bist du mit dem Auftakt der Saison
zufrieden?
FABIO LEIMER: Es war sicher kein perfektes Wochenende, aber
für den Anfang nicht schlecht. Es gibt noch viele Rennen und
es ist wichtig, dass man den Punkten nicht von Beginn an hinterherfährt.
Jeder weiß, dass die GP2 eine hart umkämpfte Meisterschaft
ist und man nicht erwarten kann, jedes Rennen zu
gewinnen. Jeder einzelne Punkt ist wichtig für die Meisterschaft,
daher kann ich bisher zufrieden sein.
In Sepang gastierte die GP2 Hauptserie zum ersten Mal. Wie
aussagekräftig war das Rennen unter diesem Gesichtspunkt?
Für mich persönlich war es sehr schwer, denn ich bin zuvor noch
nie auf der Strecke gefahren und hatte so keinen Vorteil durch
meine bisherigen Erfahrungen in der GP2. Jetzt kenne ich allerdings
alle Strecken bis auf das Finale in Singapur und werde so
mehr herausholen können. Malaysia war trotzdem ein sehr
wichtiges Rennen, da wir zum ersten Mal bei großer Hitze
gefahren sind und so sehen konnten, wie sich die Reifen im
Rennen verhalten. Für die Zukunft haben wir so wertvolle Informationen
sammeln können.
Wünscht man sich gerade auf unbekannten Strecken deutlich
→
Fotos: gp2 series
mehr Trainingszeit?
Das sehr wenige Training ist einer der härtesten
Faktoren in der Meisterschaft. Man hat
in der halben Stunde kaum eine Möglichkeit,
die Strecke zu lernen, das Auto abzustimmen
und sich auf das Rennen vorzubereiten. Wichtig
ist, dass das Team ein gutes Grundsetup hat,
damit das Auto im Rennen einigermaßen geht.
Gerade für die Rookies wird es so besonders
schwer, vorne mitzufahren, denn für sie sind
ja nicht nur die Strecken, sondern auch das
Auto Neuland.
In Malaysia hast du sehr mit den Reifen
kämpfen müssen. Liegt das an der neuen
Mischung?
Nicht unbedingt, denn im Sprintrennen sind
wir ja mit den bekannten Reifen gefahren, es
hat sich im Vergleich zum Vorjahr also nichts
verändert. Es war sehr heiß und wir haben
vielleicht einen etwas zu hohen Reifendruck
gewählt. Mit einer etwas zu aggressiven Fahrweise
kann man dann Probleme mit den Reifen
bekommen. Aber wir haben daraus gelernt,
ich war auch beim Team in Jerez, um die Daten
für die nächsten Rennen zu studieren.
Bereits im letzten Jahr hatte Racing Engineering
immer wieder immense Probleme mit
den Reifen. Ist es ein generelles Problem des
Teams?
Das kann man so pauschal nicht sagen. 2011
hatten sie in der ersten Hälfte der Saison große
Probleme mit den Reifen, aber gegen Ende des
Jahres, etwa in Spa oder Monza, waren sie sehr
konstant. In Monza bin ich hinter Christian
Vietoris gefahren, der damals bei Racing Engineering
war, und hatte insgeheim gehofft, dass
seine Reifen abbauen - das war leider nicht der
Fall. Wichtig ist in jedem Fall, dass man möglichst
weit vorne startet. Von der Pole Position
aus hat man mit freier Fahrt weniger Sorgen
um die Reifen.
Die härteste Konkurrenz erwarte ich von Valsecchi
und Luiz Razia. Die meisten Leute wissen
gar nicht, dass die beiden schon mit der GP2
Asia in Malaysia gefahren sind, da hatten sie
einen kleinen Vorteil und haben das Beste
daraus gemacht. Auch von Esteban Gutierrez
erwarte ich einiges. Die Saison ist aber noch
sehr lang, man muss konstant sein und darf
keine Dummheiten machen - noch ist alles
möglich.
Im Winter hast du einen Formel-1-Test für
Sauber absolviert. Wie hast du die ersten Rennen
der Saison als Zuschauer erlebt?
Die Testfahrt war für mich natürlich ein tolles
Erlebnis, zuvor bin ich ja noch nie Formel 1
gefahren. Wenn es in diesem Jahr gut läuft und
ich nächstes Jahr in die Formel 1 kommen
sollte, habe ich immerhin schon ein paar Runden
gedreht. Ich kenne Sauber gut, auch Sergio
Perez aus seiner Zeit in der GP2. Über das
Podestergebnis in Malaysia habe ich mich sehr
gefreut, obwohl ich während des Rennens
schon auf dem Weg zum Flughafen war und
gar nicht viel mitbekommen habe. Der zweite
Platz war eine tolle Werbung und wird dem
ganzen Team für die Zukunft sehr helfen.
Perez ist bei den Gerüchteköchen als Ersatz
für Felipe Massa bei Ferrari im Gespräch.
Würde dir das freie Cockpit bei Sauber entgegen
kommen?
Für mich wäre es das beste, wenn Perez und
Kobayashi gehen würden, aber das steht noch
in den Sternen. Dann wären zwei Plätze frei
und ich könnte neben Gutierrez nachrücken,
wenn mir eine gute Saison gelingt. Eine tolle
Möglichkeit wäre es allemal, als Schweizer
Fahrer in einem Schweizer Team zu fahren.
Wichtig ist es aber erst einmal, in der GP2
Podestplätze zu holen und Rennen zu gewinnen,
dann werden sich automatisch einige
Türen öffnen.
Leimer erhofft sich
gute Ergebnisse in
der GP2
Der Schweizer zählt
zu den erfahrenen
Piloten in der Serie
Fotos: gp2 series, fia gt1
Macht es in Sachen Erfahrungsschatz einen
Unterschied, ob man wie du im dritten Jahr
oder sogar noch länger dabei ist?
Das ist schwer zu sagen. Neueinsteiger haben
auf jeden Fall einen großen Nachteil gegenüber
Fahrern, die schon im dritten Jahr sind. Wenn
man wie Davide Valsecchi im fünften Jahr
dabei ist, macht es aber wohl keinen großen
Unterschied mehr. Klar, er ist für noch mehr
Teams gefahren und hat noch mehr Erfahrung,
aber ich glaube nicht, dass seine Chancen auf
die Meisterschaft deswegen höher sind. Nach
drei Jahren hat man genug gelernt und ist
bereit, die Meisterschaft zu gewinnen.
Wer sind bei diesem Vorhaben deine größten
Konkurrenten?
72 www.Motorsport-Magazin.com
Kommt für dich auch ein Cockpit bei einem
Hinterbänkler-Team in Frage?
Am besten wäre natürlich ein Platz bei einem
Team aus dem Mittelfeld, damit man regelmäßig
in die Punkte fahren und sich empfehlen
kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man
nach ein, zwei Jahren wieder weg ist und sich
etwas anderes suchen muss. Letztes Jahr hatte
ich Gespräche mit Virgin, wir haben uns dann
aber entschieden, ein weiteres Jahr in der GP2
zu starten. Unser Ziel ist ganz klar in ein Team
zu kommen, in dem man etwas erreichen
kann. Wenn diese Saison nicht so läuft, wie wir
es uns vorgestellt haben, müssen wir entscheiden,
ob auch ein schlechteres Team Sinn macht
oder ob wir in eine komplett andere Richtung
gehen.
Fabio Leimer hat für
2012 die Formel 1
im Visier
Neues
Abenteuer
aufgezeichnet von: stephan heublein
Markus Winkelhock hat die
Formel 1 und die DTM hinter
sich gelassen. Seit 2011 tritt
er mit Erfolg in der FIA GT1
Weltmeisterschaft an. Im
Motorsport-Magazin berichtet
er von seiner neuen
Herausforderung.
»Neue Saison, neues Auto, neues Glück. Ich habe mich nach
einem Jahr sehr gut in der Sportwagenwelt eingelebt. Mein
Teamkollege bei All-Inkl.com Münnich Motorsport, Marc
Basseng, und ich verstehen uns bestens, was aber mindestens
genauso entscheidend ist: wir haben ähnliche Vorlieben bei der
Abstimmung des Autos. Das ist besonders wichtig, schließlich
müssen wir uns nicht nur das Cockpit teilen, sondern auch das
Setup. Das klappt sehr gut, obwohl er etwas größer ist als ich.
In meiner DTM-Zeit wurde der Sitz genau auf mich optimiert
und meinem Körper perfekt angepasst, das geht jetzt klarerweise
nicht mehr. Allerdings hatte ich noch nie einen Teamkollegen,
der ein völlig anderes Auto gebraucht hätte als ich.
Gewisse Kompromisse muss man immer eingehen, schließlich
ist es ein Teamsport, aber ich musste meinen Fahrstil nie
unnatürlich anpassen, um das Limit zu finden. In der FIA GT1
World Championship kommen wir einiges in der Welt herum
- letztes Jahr waren wir in Abu Dhabi, China und Argentinien,
dieses Jahr geht es nach Korea, Russland und Indien. Ich mag
neue Strecken und neue Länder, das macht mir viel Spaß,
obwohl es etwas Reisestress bedeutet. Dabei kommt mir
entgegen, dass ich neue Kurse normalerweise recht schnell
lerne und nicht viel Eingewöhnungszeit benötige. Das hat mir
auch bei der Umstellung auf den Mercedes-Benz SLS AMG
GT3 geholfen. Der Flügeltürer ist komplett anders als der
Lamborghini Murciélago GT1 im vergangenen Jahr, nicht nur
wegen des Markenwechsels, sondern auch weil ein GT3-Wagen
sich natürlich anders fährt als ein GT1-Bolide. Deshalb fallen
mir Vergleiche zwischen den Autos schwer; Spaß macht es mit
beiden Rennen zu fahren. Mir kommt das Fahrverhalten des
SLS jedoch sehr entgegen, das Auto ist schön zu fahren und
war von Anfang an äußerst zuverlässig. Das ist nicht nur
wichtig, um im Rennen die Zielflagge zu sehen, sondern auch,
um im Training so viele Kilometer wie möglich zur Abstimmung
des Autos zurückzulegen. Darüber freuen sich Marc und
ich genauso wie unsere Mechaniker - wer wechselt schon gerne
jeden Tag das Getriebe?«
Winkelhocks neuer
Arbeitsplatz ist ein
Flügeltürer
www.Motorsport-Magazin.com 73
02
05
04
01
07
Text: ROBERT SEIWERT
McLaren
MP4-12C GT3
Der neue McLaren MP4-12C GT3 sorgt auf den Rennstrecken dieser Welt
für Furore. Im Motorsport-Magazin erklärt Luca Ludwig, Sohn von Tourenwagenlegende
Klaus Ludwig, die Besonderheiten seiner Rennflunder mit
Formel-1-Genen.
74 www.Motorsport-Magazin.com
01 Motor: Zur besseren Einstufung im GT3-Sport wurde die
Motorleistung des McLaren werksseitig von 600 auf 500 PS reduziert.
Angetrieben wird der Supersportler von einem 3,8 Liter-Twinturbo. »Es
wurde angenommen, dass der McLaren das neue Über-Auto im GT3-
Sport ist«, sagt Ludwig. »Deshalb wurden wir beim Auftakt des GT
Masters in Oschersleben mit sehr viel Zusatzgewicht beladen - das war
aber viel zu viel, auf der Geraden fehlte es uns deutlich an Speed.«
02 Auspuff: Der Sound des Turbo-Briten ist auf der Strecke
unverkennbar. »Der McLaren hat einen Hammer-Sound«, so Ludwig.
Ȇberhaupt liebe ich den akustischen Aspekt der GT3s. Jeder Bolide
hat einen individuellen und charakteristischen Klang. In anderen Serien,
wie etwa der DTM, gibt es so etwas nicht.«
03
06
03 Cockpit: Das Lenkrad ist das absolute Prunkstück im
Cockpit, stammt es doch quasi aus Lewis Hamiltons altem MP4-24.
»Man kommt sich schon etwas vor wie in der Formel 1«, sagt Ludwig.
»Das Display sieht genauso aus wie das in einem F1-Renner, dazu die
vielen Knöpfe und natürlich Schaltwippen. Das Lenkrad ist zwar ziemlich
teuer in der Herstellung, aber während der Rennen lohnt es sich: wir
müssen kaum noch etwas an der Mittelkonsole verstellen, sondern
können uns voll aufs Lenkrad konzentrieren.«
04 Karosserie: Martin Whitmarsh beschrieb den MP4-
12C GT3 als teuflischen Zwilling der Straßenversion. Ein wortwörtlicher
Hingucker ist der Motor, der gut sichtbar hinter einer Glasscheibe im
Heckbereich des Autos sein Unwesen treibt. Innerhalb des 4507 mm
langen Autos wurde ein 75 kg leichtes Kohlefaser-Chassis namens
‚MonoCell‘ integriert, das auch im Serienmodell zum Einsatz kommt.
»Der MP4-12C GT3 ist klein, kompakt, windschnittig und hat dank des
Mittelmotor-Konzepts einen sehr guten Schwerpunkt«, erklärt
Ludwig.
05 Aerodynamik: Die GT3-Version des McLaren erhielt
ein spezielles Aero-Paket für optimalen Abtrieb auf der Rennstrecke.
Ein neuer Frontsplitter, optimierte Luftschlitze an der Front und ein brachialer
Diffusor sowie Heckflügel sorgen für reichlich Downforce. Sieht
böse aus, wirkt aber im Vergleich zu seinen GT3-Rivalen nicht so aufdringlich.
»Wenn man sich die Rennen im Fernsehen anschaut, wirkt
der McLaren gar nicht so auffällig«, so Ludwig. »Der Flügel ist viel kleiner
als bei anderen Autos. Alles wirkt viel filigraner. Der Abtrieb ist richtig
gut, in diesem Punkt sind die Briten absolute Spezialisten.«
05
Foto: adac gt masters
06 Türen: McLaren setzt auf Flügeltüren. »Die Türen sind das
Sahnestück«, sagt Ludwig. »Einfach spektakulär und ein richtiger Hingucker
in der Boxengasse. Das Ein- und Aussteigen ist bei meiner Körpergröße
überhaupt kein Problem. Auch angenehm: beim Fahrerwechsel
benötigen mein Teamkollege Sascha Bert und ich keine zusätzlichen
Sitzpolster, das spart beim Fahrerwechsel eine Menge Zeit.«
07 Fahrwerk: Nichts für Anfänger - der McLaren ist ein
reinrassiger Sportler mit F1-Genen. »Aufgrund des Mittelmotors hat
man immer leichtes Untersteuern«, erklärt Ludwig. »Das Auto reagiert
schon auf kleinste Änderungen sehr sensibel. Man spürt sofort jeden
Klick, wenn man etwas an der Dämpfereinstellung verändert, man muss
seinen Fahrstil auf jeder Rennstrecke neu anpassen.«
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TALENT
Ich bin
Marvin
Text: Robert Seiwert
Marvin Kirchhöfer
ist eines der aufstrebenden
Talente
im Formelsport. Der
Lotus-Pilot wurde
schon häufig mit
Sebastian Vettel
verglichen, bleibt
aber lieber er selbst.
Das Motorsport-
Magazin nimmt den
ADAC Formel Masters-
Youngster genau
unter die Lupe.
Foto: adrivo/Sutton
Marvin Kirchhöfer
gewann den Saisonauftakt
im ADAC Formel
Masters in der
Motorsport Arena
Oschersleben
Die Anfänge:
»Im Alter von drei Jahren setzte mich mein
Vater auf ein Quad. Das Fahren bereitete mir
so viel Spaß, dass ich ein Jahr später in den
Kartsport wechselte und diesen Sport in den
folgenden Jahren immer professioneller betrieb.
Meine erste Kartmeisterschaft fuhr ich 2001,
danach ging es in diversen Klassen stetig bergauf.
In der Saison 2012 starte ich am ADAC
Formel Masters.«
Die Erfolge:
»Es gibt viele Erfolge, an die ich mich gern
erinnere. 2005 konnte ich die Deutsche Kartmeisterschaft
in der Klasse Bambini A gewinnen,
das ist quasi die Einstiegsklasse im Kart.
Richtig los ging es ab 2009: in der Klasse KF3
Junioren wurde ich Erster, ich siegte zweimal
in der Qualifikation für die EM und sicherte
mir die Meisterschaft im ADAC Kart Masters.
2011 gewann ich die Deutsche Kart Meisterschaft
mit neun Siegen in zehn Läufen. Mein
Sieg gleich in meinem ersten ADAC Formel
Masters-Rennen 2012 als Rookie war natürlich
auch ein ganz besonderer Moment.«
Das Ziel:
»Ich träume davon, den Motorsport zum Beruf
zu machen. Sebastian Vettel ist mein Idol und
auch ich würde gern den Sprung in die Formel
1 schaffen. Nach meinem Sieg in Oschersleben
wurde ich sogar gefragt, ob ich der neue Vettel
werde - ich bleibe aber lieber ich selbst. Im
ADAC Formel Masters fahre ich für Lotus - ein
bekannter Name, der auf meinem angepeilten
Weg nach oben mit Sicherheit ein guter Begleiter
ist. Ein Angebot aus der DTM würde ich
aber auch nicht ablehnen.«
Die Ausbildung:
»Ich mache gerade mein Fach-Abitur im
Bereich Technik. Das macht mir Spaß, aber
ganz einfach ist es nicht: wegen all der Rennen,
Testfahrten und anderen Verpflichtungen im
Motorsport fehlt mir manchmal ein wenig die
Zeit zum Lernen. An meinen freien Tagen muss
ich richtig Gas geben, damit ich mit dem Schulstoff
nicht hinterherhänge, aber das klappt ganz
gut.«
Die Hobbys:
»Ich verbringe viel Zeit im Fitnessstudio. Das
ist für mich Pflicht, um für die Rennen gut
vorbereitet zu sein. Zum Glück macht mir das
Spaß, da habe ich also absolut kein Problem
mit. Außerdem treffe ich mich gern mit meinen
Freunden oder fahre Fahrrad. Bis vor einiger
Zeit war ich oft auf dem Dirtbike unterwegs.
Diesen Sport habe ich allerdings stark reduziert,
weil die Sprünge mit der Zeit immer risikoreicher
werden und ich mich während der
laufenden Motorsportsaison nicht verletzen
möchte.«
Fotos: adAC, KTM
76 www.Motorsport-Magazin.com
Neuer Lehrer
Im letzten Jahr waren sie Teamkollegen im ADAC GT Masters, jetzt
haben sie unterschiedliche Ziele: Heinz-Harald Frentzen peilt 2012
seinen ersten Sieg in der Serie an, Ex-Skispringer Sven Hannawald
legt ein Lehrjahr mit »Fahrlehrer« Mathias Lauda ein. »Als ich damals
im Springen fit war, da war ich der Lockerste hoch sieben. Da konnte
neben mir eine Bombe hochgehen, da hätte ich trotzdem alles abgerufen,
was ich kann«, so Hannawald. Diese Lockerheit müsse er am
Steuer eines Supersportwagens erst noch lernen. Frentzen hat sich
hingegen höhere Ziele für sein zweites Jahr gesetzt: »Das Ziel ist
ganz klar, in dieser Saison ein Rennen zu gewinnen.«
Heinz-Harald Frentzen
greift in der Saison
2012 ganz vorne an
- beim Auftakt lief es
noch nicht optimal
Das Schwein ist immer
mit dabei, wenn Nici
Pohler ins Cockpit steigt
- allerdings bekommt
es noch einen
feuerfesten Rennanzug
Schwein gehabt
Der 16-jährige Nici Pohler aus Starnberg ist im Cockpit nicht ganz
auf sich allein gestellt: er teilt es sich mit einem Stoff-Schweinchen -
einem Geschenk von seiner Freundin. »Zum Glück wiegt es nicht viel,
also habe ich keinen Gewichtsnachteil«, scherzt er. Bevor Pohler am
Start auf das Gaspedal tritt, drückt er auch einmal kräftig auf das
Schweinchen. »Dann grunzt es«, verrät er. »Ich vertraue auf
Schweinchen-Power.«
Roczen
kommt zurück
Für Motocross-Fans gibt‘s 2012 eine besondere Überraschung:
Der USA-Auswanderer und amtierende MX2-Weltmeister
Ken Roczen gibt sich die Ehre und tritt als Gaststarter
am sechsten Rennwochenende des ADAC MX Masters am
28./29. Juli im schwäbischen Gaildorf an. Nach seinen Supercross-Erfolgen
kommt der gebürtige Thüringer damit auf
Heimatbesuch und das an einen ganz besonderen Ort. Denn
in Gaildorf konnte Roczen im letzten Jahr seinen ersten WM-
Titel vor all seinen Fans feiern, die ihn im Juli sicher wieder
gespannt empfangen werden.
Ken Roczen kehrt für
ein Gastspiel nach
Deutschland zurück
78 www.Motorsport-Magazin.com
Foto: milagro
Alles Spanisch,
oder was?
Die ganze MotoGP wird
von Spaniern
beherrscht. Die ganze
MotoGP? Fast. Jorge
Lorenzo arbeitet auf
jeden Fall hart daran.
‚Die MotoGP ist zu spanisch‘, ‚Bäh, schon wieder
Spanien, gibt’s da was anderes außer Rennstrecken?‘
Oh ja: Fahrer, Sponsoren, Jugendförderung,
Teams, noch mehr Sponsoren - man fragt sich schon,
wo die alle herkommen. Auf den ersten Blick ist die
Zweiradwelt ziemlich Spanien-lastig. Vor allem die
MotoGP, aber anstatt zu jammern und sich über die
Marquezes, Vinaleses oder Lorenzos zu beschweren,
könnte man doch auch mal überprüfen, warum das
so ist. Was machen die Spanier anders? Warum hat
bei ihnen schon die nationale Meisterschaft weltweites
Ansehen, während die IDM eher belächelt
wird und waren sie schon immer so auffällig erfolgreich?
– Jule Krause
www.Motorsport-Magazin.com 79
Text: Falko Schoklitsch
Das Hirn eines
Jorge Lorenzo gilt als einer der besten Motorrad-
Rennfahrer der Welt, er wird aber auch oft missverstanden.
Das Motorsport-Magazin wirft einen Blick
in die Psyche des Weltmeisters von 2010.
80 www.Motorsport-Magazin.com
Fotos: milagro
www.Motorsport-Magazin.com 81
In Extremsituationen
hat Jorge Lorenzo
den Durchblick
Ich würde ihn als einen der groSSartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.
Er ist sehr ehrlich und pusht, um das Bestmögliche abzuliefern.
wer ist Jorge Lorenzo? So einfach
diese Frage klingt, so schwer ist
sie zu beantworten. Ja, er ist ein
schneller Motorradfahrer, möglicherweise
der beste der Welt - das hängt
davon ab, welche Fan-Fraktion befragt wird.
Aber wer ist er denn nun wirklich? Viele meinen,
sich angesichts der Persönlichkeit, die sie
im Fernsehen an Rennwochenenden zu sehen
bekommen, bereits ein Bild über ihn machen
zu können. Er sei ein Ehrgeizling, arrogant,
überheblich und habe das mit der Sympathie
nicht so ganz verstanden, waren lange die
Beschreibungen, die über den Spanier zu hören
waren.
Derlei Bewertungen gehen bei Lorenzo aber
deutlich in die falsche Richtung. Das Motorsport-Magazin
wollte deswegen eine genauere
Betrachtung vom Hirn des Weltmeisters von
2010 vornehmen, denn es gibt eben nicht nur
den Renn-Lorenzo, der an den Wochenenden
sein Gesicht in die Kameras streckt. So trifft
es durchaus zu, dass er bei seiner Arbeit akribisch
vorgeht, sogar derart akribisch, dass man
ihm manchmal eine gewisse Verbissenheit
unterstellen könnte. Doch genau das ist er
nicht, er ist einfach nur voll auf das konzentriert,
was er zu tun hat. Das liegt nicht nur
daran, dass er dafür ein gutes Salär einsteckt,
sondern auch daran, dass er einfach der Beste
bei dem sein will, was er tut.
So weit so Motorsportler - denn in den höchsten
Rennserien dürfte sich kaum jemand
finden, der nicht der Beste sein will. Was ihn
dabei aber auszeichnet, ist die Präzision und
der Durst nach Verbesserung, der nur bei
Wenigen so ausgeprägt ist. Das macht ihn so
gut, das machte ihn 2010 zum Weltmeister und
das machte ihn 2011 zum hartnäckigsten Gegner
des überragenden Casey Stoner. Doch
Lorenzo weiß auch, wenn er etwas geleistet
hat, dann bricht die Freude aus ihm heraus,
Siege sind hart erarbeitet, werden aber auch gefeiert
82 www.Motorsport-Magazin.com
dann feiert er. Gerne werden ihm seine Jubelzeremonien
als billige Rossi-Kopie ausgelegt,
doch das ist weit gefehlt, er will einfach nur
genießen.
Und wenn der Helm dann abkommt, ist
Lorenzo eigentlich genau das Gegenteil dessen,
was ihm oft unterstellt wird. Er ist zugänglich,
spricht mit Leuten und nimmt sich Zeit, wenn
er sie denn hat. Eine Podest- oder Pole-Pressekonferenz
ist gerade vorbei, die Fahrer ziehen
sich zurück und wollen eigentlich Ruhe
haben? Eine kurze Bitte an Lorenzo, ob er
denn einen Augenblick hat und er nimmt ihn
sich nach Möglichkeit - gleich mitten im
Media Centre. Es wird noch einmal über die
Feinheiten des Tages gesprochen, er lächelt
und zum Abschied gibt es noch einen Klaps
auf die Schulter und einen netten Spruch. Das
ist der Lorenzo, den die breite Öffentlichkeit
nie zu sehen bekommt, den es aber auch gibt.
dabei versucht er ohnehin schon, so
offen wie möglich zu sein. Auf sozialen
Netzwerken ist er sehr aktiv, er
antwortet immer so rasch wie möglich
auf Fragen seiner Fans, denn er will sie
teilhaben lassen. Deswegen ist die Werbung
für seinen Twitter-Account an der Box und in
der Startaufstellung nicht nur bloßes Haschen
nach noch mehr Followern, sondern auch der
Versuch, die Fans an seinem Leben teilhaben
zu lassen. Lorenzo mag auf der Maschine Einzelkämpfer
sein, doch ihm ist durchaus
bewusst, dass er seine Unterstützer auch hegen
und pflegen muss. Drei Leute kennen den Spanier
besonders gut, da sie direkt mit ihm
arbeiten. Lin Jarvis ist Managing Direktor bei
Yamaha MotoGP, Wilco Zeelenberg ist Team
Manager beim Yamaha Factory Racing Team
und Ramon Forcada ist der Crewchief Lorenzos.
Um weiteres über ihn herauszufinden, hat
das Motorsport-Magazin alle drei zum
Gespräch gebeten und dabei haben sie noch
ein wenig mehr über die wahren Vorgänge im
Hirn des Champions verraten.
Jorge Lorenzo hat immer den Durchblick und vergisst auch seine gute Laune nicht, wenn es Grund dafür gibt. Manchmal mag es
zwar übertrieben wirken, doch es ist immer ehrlich gemeint. Manchmal wird er dabei zwar falsch verstanden, verbiegen lässt er
sich deswegen aber nicht. Jorge bleibt Jorge.
MSM: Wenn Sie Jorge beschreiben müssten,
was würden Sie über ihn sagen?
Lin Jarvis: Ich würde ihn als echten Sieger
bezeichnen. Er ist ein Typ, der aus jeder Situation
das Maximum herausholen will. Er hat
den unersättlichen Wunsch, zu lernen, egal ob
er fährt oder es sein Privatleben betrifft. Er
will immer alles verstehen und es
verbessern.
Fotos: milagro
Wilco Zeelenberg: Ich würde sagen, er ist ein
außergewöhnlich talentierter junger Mann. Er
ist ein unglaublich motivierender Fahrer, wenn
man mit ihm arbeitet, da er immer der Beste
sein und aus jeder Session das Meiste herauswww.Motorsport-Magazin.com
83
holen will. Er ist auch ein netter Kerl, er wird
von den Medien oft missverstanden, aber er
ist echt und ehrlich.
Feuer unterm Hintern: 2012 ist auch Jorge Lorenzos neu
entwickelte Yamaha wieder oben auf
Ramon Forcada: Ich würde ihn als einen der
großartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.
Er ist sehr ehrlich und pusht immer, um
das Bestmögliche abzuliefern. Das funktioniert,
da wir ebenfalls das Gleiche erreichen
wollen, also arbeiten wir gut zusammen. Er
kann emotional sein, sowohl gut als auch
schlecht drauf, wenn Dinge nicht perfekt sind.
Aber das hilft uns dabei, nach vorne zu pushen.
Was sind die Unterschiede zwischen Jorge auf
und Jorge neben der Maschine?
Jarvis: Die Kombi und der Sturzhelm. Wenn
er auf der Maschine sitzt, ist er zu 100 Prozent
fokussiert, er hat diese beeindruckende Fähigkeit,
alles um sich herum auszublenden, es gibt
keine Ablenkung. Neben der Maschine ist er
ein sehr angenehmer junger Mann, umgänglich
und unbekümmert. Er ist von vielen missverstanden
worden, er hatte als Teenager eine
stürmische Zeit. In seiner Zeit bei Yamaha ist
er zu einem jungen Mann geworden.
Zeelenberg: Auf dem Motorrad ist er eine
Maschine. Egal wie glücklich oder verärgert er
ist, wenn er hereinkommt, um über das Setup
zu sprechen, sobald er auf dem Motorrad sitzt,
bringt er Runde um Runde 100 Prozent. Man
kann garantieren, dass er das leistet, was die
Maschine kann. Neben der Maschine ist er wie
jeder junge Kerl, er ist unbekümmert, hat viele
Freunde und er begeistert sich für Social
Media, verbringt also viel Zeit auf Facebook.
Forcada: Der Großteil meiner Beziehung zu
Jorge findet auf der Maschine statt. Wenn er
seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die
Arbeit konzentriert. Er will unbedingt der
Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.
Er hat nur eine Sache im Kopf. Wenn die
Kombi herunterkommt, dann entspannt er sich
viel mehr und man sieht ihn wieder als jungen
Mann, nicht als Spitzenfahrer. Ungeachtet dessen
ist er immer noch sehr wissbegierig, wenn
er nicht fährt. Er stellt viele Fragen über alles,
er will immer lernen.
Wo sehen Sie Jorges Stärken und welche
Wenn er seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die Arbeit konzentriert.
Er will unbedingt der Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.
Fotos: milagro
Siege wie jener in Katar schmecken besonders süß. Auf
einer Honda- und Casey-Stoner-Strecke machte sich
Jorge Lorenzos Kampfgeist bezahlt.
Schwächen hat er, falls überhaupt?
Jarvis: Seine Stärken sind seine Fähigkeit sich
zu konzentrieren, sein natürliches Talent und
sein Wunsch, der Beste zu sein. Seine Schwäche
ist vielleicht auch eine Stärke, er ist vielleicht
ungeduldig, er hat den Wunsch, jetzt der
Erste zu sein, nicht morgen. In der Vergangenheit
hat ihm das ein paar Mal geschadet,
als er ein paar Fehler machte. Wenn er aber
nicht darauf drängen würde, als Erster anzukommen,
dann wäre er wohl nicht Weltmeister
geworden.
Zeelenberg: Wie gesagt, er ist eine Maschine.
Eine seiner wichtigsten Stärken ist seine Konstanz.
Es gibt keinen anderen Fahrer, den ich
kenne, der 20 Runden fahren und dabei jedes
Mal innerhalb von 0,3 Sekunden liegen kann.
Er hat die natürliche Fähigkeit, das absolute
Limit beim Grip zu finden und dann geschmeidig
dort ranzufahren, ohne es zu übertreiben.
Dadurch stürzt er nicht sehr oft, er scheint
genau zu wissen, wie weit er pushen kann.
Schwächen? Auch das sind eigentlich Stärken.
Er kann recht emotional sein und ist selten
wirklich zufrieden. Er will immer besser,
schneller und geschmeidiger sein.
Forcada: Seine Konstanz ist für uns eine große
Stärke. Er hat auch ein großartiges natürliches
Gefühl dafür, was die Maschine macht. Wenn
wir also eine Änderung vornehmen, dann weiß
er genau, ob es besser geworden ist oder nicht.
Er wird die Maschine aber weiter ans Limit
drängen, um abzuschätzen, ob es positiv ist.
Er gibt auch nie auf, deswegen hat er das erste
Rennen gewonnen. Er machte weiter Druck,
bis er die Möglichkeit hatte, in Führung zu
gehen. Ich weiß nicht, ob es eine Schwäche ist,
aber manchmal hört er etwas und versteift
dann seinen Kopf darauf und will eine Änderung
an der Maschine machen, wenn es nicht
unbedingt der richtige Weg ist. Ungeachtet
dessen kann er aber schnell den richtigen Weg
erkennen und dann ändern wir die Richtung.
Er kann starrköpfig sein, aber das kann ich
auch, dann haben wir eine große Diskussion
über die richtige Richtung, aber wir haben am
Ende immer die bestmögliche Lösung.
In welchem Jahr ist Jorge Ihrer Meinung nach
mehr gereift? In seiner Weltmeister-Saison
2010 oder 2011, als er nie aufgegeben hat?
Jarvis: Ich würde sagen, voriges Jahr ist er als
Mensch mehr gereift. 2010 war ein sehr wichtiges
Jahr für ihn, das war eine tolle Leistung,
die entscheidend war. Dieses Ergebnis bedeutete,
er ging mit einer anderen Einstellung in
die Saison 2011. Er wurde reifer und wurde zu
einem jungen Mann und Athleten.
Zeelenberg: Es ist schwer zu sagen. 2010 war
das erste Jahr, in dem ich mit ihm gearbeitet
habe und das war ein großartiges Jahr. Wir
haben dominiert und er war in unglaublicher
Form. Er verdiente den Titel. 2011 war es dann
aber viel schwieriger für uns. Dennoch ist er
komplett fokussiert und entschlossen geblieben
und er kämpfte härter als im Jahr davor. Also
war vielleicht 2011 das Jahr [in dem er mehr
gereift ist]. Sicher weiß ich, die Erfahrung beider
Jahre bedeutet, dass er dieses Jahr als noch
kompletterer Fahrer unterwegs ist.
Forcada: Ich würde sagen, 2011. Wir haben
2010 sehr hart für die Weltmeisterschaft gearbeitet,
es war ein hartes Jahr für Jorge, aber er
brachte eine unglaubliche Leistung. Wir nahmen
das ganze Selbstvertrauen nach 2011 mit
und gingen in unser bislang härtestes Jahr.
Jorge arbeitete noch härter und war gegen ein
überlegenes Motorrad wohl ein besserer Fahrer
als 2010. Er hat weiter Gas gegeben und diese
R e n nsiege i m vor i gen Ja h r w are n
beeindruckend.
www.Motorsport-Magazin.com 85
Páginas de los
días grandes
Text: Maria Pohlmann
Die Spanier lieben und leben den Motorradsport.
Somit ist es kaum verwunderlich, dass das Land
bereits dreizehn Weltmeister hervorbrachte.
Das Motorsport-Magazin schlägt das Buch der
spanischen Helden auf.
Nicht nur die Phönizier, die Mauren, Karl V.
und die Araber fühlten sich in Spanien wohl,
auch die MotoGP besucht das Land auf der
iberischen Halbinsel unter allen anderen
Staaten am meisten - vier Mal in einer Saison.
Auch historisch hat das Land der Tapas und
Toreros in der Zweiradwelt einiges zu bieten.
Viele große Namen werden mit der Flamenco-
Nation verbunden. Dazu hat es der spanische
Motorradhersteller Derbi mit zwölf Fahrer-
WM-Titeln und neun gewonnenen Konstrukteurs-Titeln
zu weltweitem Ruhm gebracht. Die
spanische Geschichte in der Motorrad-Weltmeisterschaft
liest sich wie ein offenes Buch.
Vamos, beginnen wir auf Seite eins.
Kapitel 1
Angel Nieto
Der bis heute bedeutendste Motorradrennfahrer
aus Spanien ist Ángel Nieto. Er fuhr von 1969
bis 1984 im Grand Prix und räumte in dieser Zeit
13 Weltmeistertitel ab. Gleich in seinem ersten
Jahr auf Weltniveau konnte der heute 65-Jährige
auf der 50cc Derbi den Titel gewinnen. Schon
ab der folgenden Saison startete er nicht nur in
der 50er-Kategorie, sondern auch in der 125cc-
Klasse. In jedem Jahr außer 1973, 1978 und
1980 gewann Nieto eine Weltmeisterschaft.
Neben Derbi fuhr er auch auf Bultaco, Garelli
Kreidler und Minarelli - er kam einfach auf jeder
Maschine zurecht. Nach insgesamt 90 gewonnenen
Grand Prix bei 186 Starts verehrt ihn seine
Nation noch heute. Zur Anerkennung von Nietos
Leistung feierten ihn die Spanier sogar mit einer
Wachsfigur im Kabinett in Barcelona. Seine Leidenschaft
hat der Racer aus Zamora an seinen
Sohn Pablo Nieto und an seinen Neffen Fonsi
Nieto weitergegeben. Beide waren einige Jahre
selbst aktiv, konnten den Erfolg, den der Familienname
mit sich brachte, allerdings nicht wiederholen.
Pablo Nieto ist heute Teammanager
bei Laglisse in der Moto3.
Angel Nieto schaffte
es sogar als
Wachsfigur ins
Kabinett in Barcelona
86 www.Motorsport-Magazin.com
Kapitel 2
Sito Pons
Alfonso Pons i Ezquerra startete ab 1981 im GP-Zirkus. Erst sieben Jahre später konnte der Katalane
seinen ersten WM-Titel auf Honda in der Viertelliterklasse holen und war damit der erste Spanier
in dieser Kategorie, dem dieses Kunststück gelang. Auch die Titelverteidigung klappte noch tadellos.
Dann stieg Pons in die 500cc-Klasse auf, wo er allerdings nicht an alte Erfolge anknüpfen konnte
und ab 1992 lieber sein eigenes Team gründete. Mit dem Honda Team Pons feierte er Siege mit Àlex
Crivillé, Alberto Puig, Carlos Checa, Alex Barros und Loris Capirossi. Auch heute ist der 52-Jährige
noch im MotoGP-Fahrerlager anzutreffen. Pol Espargaro, Esteve Rabat und der Sohn der spanischen
Legende, Axel Pons, starten in der Moto2 für das Pons 40 HP Tuenti Team.
Kapitel 3
Àlex Crivillé
In den 90er Jahren war Àlex Crivillé einer der Vorzeige-Spanier in der Motorrad-
WM. Bereits 1989 holte er sich seinen ersten Titel, damals in der 125er Klasse.
Zehn Jahre später wurde er auf Honda Weltmeister in der Königsklasse und machte
sich damit in seinem Heimatland unsterblich. Noch vor dem Beginn der Saison
2002 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. So ganz konnte Crivillé die
Finger aber nicht vom Rennsport lassen: Er fuhr ein paar Rallyes, betreute ein Jahr
lang Toni Elias und war danach als TV-Kommentator tätig. Vor zwei Jahren erschien
seine Autobiografie. Auch heute verfolgt er die Rennen noch.
Fotos: milagro, honda, adrivo Sportpresse
→
Kapitel 4
Emilio Alzamora
Emilio Alzamora debütierte 1994 auf einer Honda
in der 125ccm-Klasse. Schon ein Jahr später
feierte er in Argentinien seinen ersten GP-Sieg.
Doch erst 1999 gelang ihm der erste WM-Titel
in der Achtelliterklasse und das ohne einen einzigen
Sieg. Er fuhr jeweils fünf zweite und fünf
dritte Plätze ein, punktete in jedem Rennen und
wurde mit 227 Zählern am Ende knapp vor Marco
Melandri Weltmeister. Trotz Wechsel in die
250er-Klasse und zurück gelang dem Pilot aus
Lleida ein solcher Triumph nicht noch einmal. In
seinen 144 Starts kletterte Alzamora insgesamt
vier Mal auf die oberste Stufe des Treppchens.
Heute ist er bei jedem Grand Prix vor Ort und
darüber hinaus für Marc Marquez da.
Kapitel 5
Dani Pedrosa
Dani Pedrosa gab sein WM-Debüt 2001
in Suzuka. Zwei Jahre später eroberte
er auf Honda seinen ersten 125cc-Titel.
Zwei weitere Weltmeisterschaftsfeiern
folgten in der mittleren Kategorie. Seit
seinem Aufstieg in die MotoGP 2006
gelang dem kleinen Katalanen dieses
Kunststück bisher nicht noch einmal.
Pedrosa gehört wegen seiner introvertierten,
ruhigen Art zwar nicht zu den
Publikumslieblingen, wird von seinen
Fans aber trotzdem verehrt. In den letzten
Jahren machte er sich nicht nur mit
starken Rennen, sondern besonders mit
Knochenbrüchen einen Namen in der
Königsklasse. Nach einem schweren
Sturz in Le Mans musste Pedrosa im
letzten Jahr vier Rennen auslassen und
landete im Gesamtklassement auf dem
vierten Rang. Angesichts seiner 40 GP-
Siege scheint der spanische WM-Zug für
den 26-Jährigen aber noch lange nicht
abgefahren zu sein.
88 www.Motorsport-Magazin.com
Kapitel 6
Jorge Lorenzo
Jorge Lorenzo schrieb sich schon 2002 bei
seinem ersten Rennen in Jerez in die
MotoGP-Memoiren ein, er wurde bedingt
durch das Alterslimit mit 15 Jahren und
einem Tag der jüngste Pilot in der Grand-
Prix-Geschichte. Auf Aprilia sicherte sich der
Mallorquiner 2006 und 2007 den Titel in der
250cc-Klasse und stieg danach in die
MotoGP auf. Dort landete er in seiner Rookie-
Saison direkt auf dem vierten Platz, steigerte
sich darauf noch einmal bis zum Vizetitel und
wurde 2010 der erste spanische MotoGP-
Weltmeister. Nachdem er seinen Titel im
letzten Jahr nicht verteidigen konnte, gibt
der 24-Jährige in der neuen 1000ccm-Ära
nun alles, um erneut an der Spitze zu
landen.
Kapitel 7
Toni Elías
Auch Toni Elías reihte sich 2010 mit seinem WM-Titel in der Moto2 in
die Liste der spanischen Grand-Prix-Sieger ein. Genau zehn Jahre
zuvor war der Pilot aus Manresa in seine erste WM-Saison gestartet.
Nach stetiger Verbesserung stieg er zwei Jahre später in die 250er-
Klasse auf und 2005 schließlich in die MotoGP. Trotz vereinzelt starker
Ergebnisse wollte Elías der absolute Durchbruch bis dato in keiner
Kategorie gelingen. So stieg er 2010 wieder in die neu geschaffene
Moto2 ab, um es ein Jahr danach mit dem WM-Titel in der Tasche noch
einmal in der Königsklasse zu probieren - mit wenig Erfolg. Nun versucht
sich der 29-Jährige wieder in der Mediumklasse.
Fotos: milagro, honda
Nachwort
Neben all den genannten Namen sollen einige spanische Weltmeister
nicht vergessen werden. Ricardo Tormo konnte in den 70er und 80er
Jahren zwei 50cc-WM-Titel feiern. Noch heute werden wir am Circuit
de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo an ihn erinnert. Auch Jorge
Martinez feierte 1986 und 1987 Erfolge. Im Jahr darauf holte er sogar
den 80cc- und den 125cc-Titel gleichzeitig. Heute ist er einer der erfolgreichsten
Teamchefs in allen drei GP-Klassen. Manuel Herreros holte
1989 einen weiteren 80cc-Triumph nach España. 2009 bis 2001 wurden
die Titel der kleinsten Kategorie allesamt unter Spaniern ausgemacht.
Julian Simon siegte 2009 auf einer Derbi und wurde von Marc Marquez
im Jahr darauf als 125er-Champ abgelöst. Nico Terol schrieb sich mit
dem letzten 125cc-Sieg nicht nur in die MotoGP-Geschichtsbücher ein,
sondern auch in die Historien der spanischen GP-Gewinner. Allerdings
war er 2011 sicherlich nicht der letzte Campéon del Mundo.
www.Motorsport-Magazin.com 89
Die Farbe Orange
Einige der besten Motorradfahrer
der Welt fahren orange
Bikes. Das Motorsport Magazin
klärt, wer hinter der leuchtenden
Farbgebung steht und
wer damit schon alle Zehne
abräumen konnte.
Text: Maria Pohlmann
90 www.Motorsport-Magazin.com
Fotos: milagro, honda, repsol
as haben Casey Stoner,
wDani Pedrosa, Marc
Marquez, Alex Rins,
Miguel Oliveira und
Maverick Viñales
gemeinsam? Richtig,
die orange Farbe ihrer
Motorräder. Dahinter
steckt aber kein abgefahrener Farb-Tick, sondern ihr
Sponsor Repsol. Das Mineralöl-Unternehmen
scheint in der Motorradweltmeisterschaft überall
seine Finger im Spiel zu haben. Zuallererst ist Repsol
natürlich ein riesiges Unternehmen für Erdgas- und
Erdölprodukte und in über 30 Ländern aktiv. Es ist
fast überflüssig zu erwähnen, dass Repsol in Spanien
Marktführer ist, allerdings auch in der ehemaligen
spanischen Kolonie Argentinien. Mehr als 30.000
Menschen arbeiten weltweit für das Unternehmen.
Jedem Urlauber auf der iberischen Halbinsel ist
sicherlich schon einmal eine der 6.900 Repsol-Tankstellen
aufgefallen. Aber grob gesagt: Wie kommt
eine Tankstelle dazu, die besten Motorradfahrer der
Welt zu unterstützen?
Seine Neigung zum Motorsport entdeckte der spanische
Öl-Gigant bereits im Jahr 1971 mit Angel
Nieto. Seitdem ist die orange Farbe aus der MotoGP-
Welt nicht mehr wegzudenken. Das Unternehmen
engagiert sich allerdings auch bei der Dakar, beim
Trial, in der spanischen Meisterschaft und hat auch
bei Olympia in London 2012 die Finger im Spiel. Die
massive Welle des orangen Erfolgs trieb Mick Doohan
in den 90er Jahren stark voran. 1995 bescherte
er Repsol den ersten von drei aufeinanderfolgenden
500cc-Titeln - 1994 war er noch ohne Repsol-Unterstützung
unterwegs. 1998 setzte er der Partnerschaft
mit einem erneuten Titelgewinn endgültig die Krone
auf. Zu dieser Zeit begann auch die intensive Zusammenarbeit
von Repsol und Honda. Seit 1995 gewann
das Repsol Honda Team insgesamt zehn Fahrer- und
zehn Herstellertitel. Nach Doohan unterstützten die
Repsolaner zunächst Alex Criville, dann Valentino
Rossi. Letzterer feierte in dieser Ehe drei seiner neun
Weltmeisterschaften. Nicky Hayden brachte der
Marke 2006 einen weiteren Titel in der Königsklasse.
Obwohl das Unternehmen bevorzugt spanische
Piloten unter seine Fittiche nimmt, zeigt die Vergangenheit,
dass auch andere große Namen unter dem
Repsol-Banner erfolgreich waren, wie eben Doohan,
Rossi, Tadayuki Okada, Tohru Ukawa, Max Biaggi,
Hayden und Stoner.
Die Honda-Werkstruppe in der MotoGP ist allerdings
nicht der einzige orange Erfolgsgarant: Es
scheint fast, als hätten die Erdöl-Scouts bei ihren
Bohrungen in den Tiefen der Nachwuchsserien ein
echtes Händchen für Weltmeister. Dabei ist aktuell
nicht nur Pedrosa als Landesvertreter das Aushängeschild
für das Mineralöl-Unternehmen, sondern
auch Stoner, der mit seinem WM-Titel in der letzten
Saison ordentlich zum Erfolg beigetragen hat. »Ich
bin schon einmal für ein spanisches Team in den
Repsol-Farben gefahren und hier in Spanien Erfahrungen
als junger Fahrer zu sammeln, war etwas
Besonderes für mich«, erläutert Stoner.
Für Marquez als Katalane ist sein Hauptsponsor
etwas ganz Besonderes. Denn der Pilot wurde schon
in seiner KTM-Zeit von Repsol gefördert und nach
seinem 125er-Titel soll er jetzt auch den Moto2-Pokal
mit nach Hause bringen. Die neueste Erwerbung im
Hause Repsol ist Viñales, der in seiner 125cc-Debüt-
Saison mit vier Siegen schwer beeindrucken konnte
und zum Rookie des Jahres gekürt wurde. »Ich freue
mich wirklich, in dieser Saison in Repsol-Farben
fahren zu dürfen, denn wenn man von Repsol
spricht, dann geht es um eine lange Liste von Triumphen
in der MotoGP. Viele großartige Piloten
sind schon für sie gefahren und nun bin ich Teil
davon«, sagt der junge Spanier stolz. Mit Stoner,
Pedrosa, Marquez, Viñales, Oliveira und Rins ist
auch in der Saison 2012 in allen drei GP-Kategorien
für orange Farbtupfer gesorgt - sie alle zählen ganz
in der orangen Tradition zum Favoritenkreis ihrer
jeweiligen Klasse.
Der spanische Öl-Gigant fördert seit Jahrzehnten talentierte Motorradrennfahrer - wichtig ist dabei der Erfolg, nicht die
Nationalität. Dennoch gehörten und gehören viele Spanier zum orangen Erfolgsteam
die Neigung zum Motorsport
entdeckte repsol bereits im
Jahr 1971 mit Angel
Nieto. Seitdem ist die orange
Farbe aus der MotoGP-Welt
nicht mehr wegzudenken.
Fotos: tech 3 yamaha
92 www.Motorsport-Magazin.com
In Verbindung
mit der MotoGP
hat sicher jeder
schon einmal
etwas von der
Dorna gehört.
Aber was macht
der Hauptvermarkter
eigentlich?
Wofür ist
das spanische
Unternehmen
zuständig? Das
Motorsport-
Magazin hat sich
auf die Suche
begeben.
MADE
SPAIN
Text: Maria Pohlmann
Wer sich in Barcelona in die Straßenbahn
setzt und ein Stück aus der Stadt
bis nach Sant Just Desvern hinausfährt,
findet sich nicht etwa an einem
Strand oder im schönsten Urlaubsgebiet wieder –
stattdessen steht er zwischen einigen hohen Bürogebäuden.
Sicher fallen hier jedem Besucher aus der
gemäßigten Klimazone die Palmen am Straßenrand
auf, dennoch wird sofort deutlich, dass in diesen
Büros tagtäglich gearbeitet wird und das Ganze relativ
wenig mit Urlaubsvergnügen zu tun hat. Der
Hauptsitz von Dorna Sports S.L., dem langjährigen
MotoGP-Hauptvermarkter liegt zwar in Madrid,
allerdings ist die Mehrzahl der Angestellten, um
genau zu sein 146 Mitarbeiter, in der Nähe von Barcelona
tätig und genau dahin hat sich das Motorsport-Magazin
mit vielen Fragen im Gepäck
aufgemacht.
Im Eingangsbereich empfängt uns ein riesiges
MotoGP-Plakat, auf dem der amtierende Weltmeister
Casey Stoner geradewegs auf den Betrachter
zurast. Nach kurzer Wartezeit geht es die Treppen
zur ersten Etage nach oben. Dort sitzen unzählige
helle Köpfe, die hinter ihren PC-Bildschirmen verkrochen
jedoch kaum auszumachen sind. Sie alle
arbeiten daran, die offizielle Webseite der MotoGP
zum Laufen zu bekommen. Sie stehen in ständigem
Kontakt mit den Leuten an der Strecke, schreiben
Texte, übersetzen sie in andere Sprachen, kümmern
sich um Werbung, Sponsoren, neue Medien, alte
Medien, TV-Übertragungen, Bilder, Kommunikation,
PR, Zeitenlisten und vieles mehr.
Vom Büroraum aus werden wir wieder nach unten
geführt - es geht in den Keller. Verstaubte Weinflaschen,
Kartoffeln und Spinnweben - Fehlanzeige!
Ich komme mir vor wie in John Nash‘s inexistentem
Geheimagenten-Computerzentrum. Rote und grüne
Lichter blinken aus allen Richtungen. Hier laufen
also die Stränge zusammen: Das Bildmaterial von
der Strecke wird in diesen Räumlichkeiten verarbeitet,
an Abnehmer in alle Welt weitergeliefert, in den
Schnitträumen bearbeitet und in sämtlichen Sprachen
kommentiert. Ein paar Meter weiter beginnt
das Eldorado eines jeden MotoGP-Fans: Regale über
Regale voller blauer Hüllen, in denen die guten alten
Videokassetten jeder einzelnen 125ccm-, 250ccm-,
Moto3-, Moto2- und MotoGP-Session der letzten
zehn Jahre verstaut sind. Jede der Session-Aufnahmen
gibt es gleich mehrfach mit Kommentaren auf
Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch,
Italienisch...
Aber wo kommt das Bildmaterial her? Die Aufnahmen
stammen direkt von den verschiedenen Rennstrecken
aus aller Welt. Die ersten Dorna-Vertreter
reisen bereits über eine Woche vor dem Grand Prix
an, um alle Lastwagen abzuladen, auf denen nicht
nur die Materialien des Veranstalters, sondern auch
die Fracht der Teams von Rennstrecke A nach Rennstrecke
B transportiert werden. Bei den Überseerennen
wird das mehr als 250 Tonnen schwere Equipment
mit drei Boeing 747 eingeflogen. »Sobald wir
eintreffen, steht alles bereit, um das Rennwochenende
zu starten, aber eigentlich steckt eine Menge
Arbeit dahinter«, erklärt Javier Alonso, Chef der
Dorna-Eventabteilung.
Obwohl das spanische Unternehmen eng mit der
Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM)
und vor Ort auch mit den Verantwortlichen der
jeweiligen Rennstrecke zusammenarbeitet, werden
seit 1992 vom Hauptvermarkter selbst über 170 Leute
an jede einzelne der 18 Rennstrecken im Kalender
geschickt, um sicherzustellen, dass der Ablauf reibungslos
funktioniert. Los geht es beim Aufbau des
Fahrerlagers, Strom- und Internetleitungen über die
Akkreditierungen der Medienvertreter, den Zugang
zur Rennstrecke bis hin zur Sicherheit der Kurse,
Besucher und Fahrer. Dabei müssen natürlich auch
die Räume für Dorna-Mitarbeiter, Presse und Teams
hergerichtet werden, also für insgesamt knapp 3.000
Leute.
Okay, aber wo kommen nun die Bilder her? Ganz
einfach, von den über 22 Kameras an jeder Rennstrecke
und den etwa 90 Mikro-Cams, die an verschiedenen
Punkten der Bikes angebracht werden
und die neueste Technologie repräsentieren. Dazu
kommen die Helikopter-Aufnahmen, die eine alternative
Sicht auf die Rennaction am Boden bieten.
Etwa 150 Mitarbeiter sitzen vor ihren Monitoren,
um eine bestmögliche Bildqualität und die besten
Zusammenschnitte des Geschehens zu liefern. Die
MotoGP-Rennen werden schließlich live von jeder
Rennstrecke auf 80 Kanälen in jede Ecke der Welt
übertragen. Über 200 Länder empfangen die Sendungen,
allerdings nicht alle direkt von der Strecke.
Einige strahlen die Wettkämpfe auch erst später aus.
Außerdem werden mit dem tollstem Equipment
Rennhöhepunkte zusammengeschnitten. Das spanische
Unternehmen produziert alles selbst und
verbreitet es über Satellit.
Das ist jedoch noch längst nicht alles. Da sich Dorna
Sports um so viele Dinge gleichzeitig kümmern
muss, führte das Unternehmen die 360° Philosophie
ein, alles dreht sich um die verschiedenen Aspekte
aus Events, Medien und Reklame im Kreis. Ein weiterer
wichtiger Aufgabenbereich ist die Zeitnahme
und Datenverarbeitung bei den Grand Prix. Die auf
Tausendstelsekunden genau gemessenen Zeiten
werden mittels Transponder an den Motorrädern
ermittelt. »Insgesamt gibt es etwa 20 Messpunkte auf
dem Kurs, die Ziellinie ist dabei aber am wichtigsten«,
erklärt Jordi Sais, der Chef der Zeitnahmeund
Computertechnik. Der Transponder am Motorrad
sendet Signale zum Boden aus. Unter dem
Asphalt jeder Rennstrecke verlaufen an besonderen
Punkten Antennenkabel von einer Seite zur anderen.
Wenn ein Pilot über diese Stellen fährt, sendet der
Transponder ein Signal aus, das von der Antenne bis
zum Rechenzentrum weitergeleitet wird. »Wir ver-
01
02
03
94 www.Motorsport-Magazin.com
04
01. In Reih und Glied, der
öffentliche Auftritt muss stimmen,
02. Auch die Optik muss stimmen,
03. Die Dorna war stolz, in Katar
das erste Nachtrennen einer
großen Weltmeisterschaft
auszutragen, 04. Spanish
Connection: Mit Repsol hat die
Dorna einen treuen MotoGP-Helfer,
05. Die Helden der MotoGP sind
wohl mit das wichtigste Kapital der
Dorna, 06. Schnell reicht nicht, es
muss auch alles gut aussehen, 07.
Je spektakulärer desto besser
05
06
suchen, die Rennstrecke in vier Sektoren aufzuteilen,
die etwa die gleiche Zeitdistanz aufweisen. Das
System funktioniert komplett automatisch«, räumt
Sais ein. Allerdings weiß jeder aus dem Alltag: Man
sollte sich nie blind auf die Technik verlassen. Bei der
Dorna ist das nicht anders und deshalb sitzen fünf
Leute in einem Kontrollturm, die alles überwachen.
Da die Ziellinie der wichtigste Abschnitt ist, gibt es
hier zur Sicherheit eine besondere Videoaufnahme
und auf gleicher Höhe mit dem Zielstrich eine Art
Blitzer, der das Geschehen zusätzlich auf Bildern
festhält. Alle Zeiten werden an ein komplexes
Rechensystem weitergegeben, in dem die Rundenzeiten
ermittelt werden. So entstehen die Klassifikationen,
die einfach überall veröffentlicht werden: auf
den TV-Bildschirmen, in den Hospitalitys, in der
Boxengasse und in jeder einzelnen Teamgarage. Das
kommt zum einen den Fahrern und Teams zu Gute,
die aus den Zeitenlisten genau herauslesen können,
wo sie Zehntelsekunden auf die Konkurrenz verlieren
oder gutmachen. Zum anderen müssen die
Zuschauer dank der vier gemessenen Sektoren nicht
eine ganze Runde abwarten, um zu wissen, ob ihr
Favorit gut oder schlecht unterwegs ist.
Wenn ein Fahrer gut unterwegs ist, wird er zur offiziellen
Pressekonferenz eingeladen, die ebenfalls von
der Dorna betreut wird. Neben der besonderen
Bewirtung von VIP-Gästen pflegt Dorna Sports S.L.
die Kommunikation der MotoGP. Sinn und Zweck
der ganzen Sache: jedem sollte der Zugang zu Ergebnissen
sowie genauen Informationen zu Rennstrecken
und Fahrern bereitgestellt werden. So muss am
Ende nicht jeder Einzelne bis nach Sant Just Desvern
herausfahren, um sich bestens auf dem Laufenden
zu halten.
Dorna Facts
Der Hauptaktionär der Dorna ist die Firma Bridgepoint
Capital. Diese besitzt seit 2011 auch die
Mehrheit der Anteile von Infront Motor Sports,
dem Vermarkter der Superbike-WM. Insider
wissen, dass beide Vermarkter in der Vergangenheit
nicht gut aufeinander zu sprechen
waren.
Neben dem Hauptsitz in Madrid und dem großen
Nebensitz in der Nähe von Barcelona gibt es
auch Dorna-Büros in Tokio und London.
Auch die spanische Nationalmeisterschaft (CIV)
und der Red Bull Rookies Cup sind fest in Dorna-
Hand. Dabei soll jungen Talenten die Chance auf
eine Weltkarriere ermöglicht werden.
Fotos: milagro
07
Dorna Sports S.L. vermarktet neben der MotoGP
auch Ad-Time, ein rotierendes Werbe-Board-
System in Spanien, Italien, Portugal, Großbritannien,
Südamerika und Japan, das Volleyball,
Baseballspiele und Fußball überträgt.
www.Motorsport-Magazin.com 95
Marc Marquez
gehört die Zukunft in
der Motorrad-WM
Fotos: milagro, honda, repsol
96 www.Motorsport-Magazin.com
Marc Marquez
werden Erfolge im
Rossi-Stil zugetraut
Text: Maria Pohlmann
Seit seinem ersten Titel
vor über einem Jahr
gilt Marc Marquez als
aufstrebender WM-Star.
In der letzten Saison
erlitt er jedoch einen
herben Rückschlag. Das
Motorsport Magazin hat
sich mit dem Spanier
unterhalten.
WMarc Marquez ist ein leuchtender
Stern am spanischen Motorradhimmel.
Das machte er spätestens mit
seinem 125cc-Titel 2010 recht deutlich.
Schon zwei Jahre zuvor gab der Pilot aus Cervera
sein Debüt auf der Weltbühne, nachdem er sich in
der spanischen Meisterschaft einen Namen gemacht
hatte. Doch schon damals stolperte Marquez über
viele Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden. Seine
erste 125er Saison begann verletzungsbedingt später
und endete nach einem heftigen Sturz in Malaysia
frühzeitig. Bei seinem Abflug hatte sich der KTM-
Pilot mit den Beinen im Hinterrad des Motorrads
verfangen. »Das passiert nicht sehr oft, aber ich hatte
Glück, dass es nicht ernster war«, sagte er nach Frakturen
am Knorpel und am Schienbein.
Pünktlich zum Saisonstart 2009 war der Youngster
wieder fit und bestritt ein zweites, weniger aufreibendes
Jahr mit einem Podestplatz. Darauf wechselte
Marquez ins Team von Aki Ajo. Neben Sandro Cortese,
der sich vom damals noch 17-Jährigen in den
Schatten gestellt fühlte, lief der Katalane zur Höchstform
auf. Marquez ließ sich im Laufe der Saison 2010
weder von einer ausgerenkten Schulter noch von der
harten Konkurrenz beeindrucken und feierte mit
zehn Siegen den erträumten ersten WM-Titel in der
Achtelliterklasse. Nebenbei holte er zwölf Pole Positions
und stellte sich damit auf eine Stufe mit Mick
Doohan, der seit 1997 den Pole-Rekord hält. »Als
ich das erste Mal auf ein Motorrad stieg, träumte ich
davon, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Jetzt geht
dieser Traum in Erfüllung, unglaublich«, freute er
sich.
Im Jahr darauf folgte der logische Aufstieg in die
Moto2-Klasse. Nach einer schwierigen Eingewöhnungsphase
mit vielen Stürzen schlug der Rookie
schließlich mit sieben Rennsiegen wie eine Bombe
in der Mittleren Grand-Prix-Klasse ein. Seinen einzigen
ernstzunehmenden Kontrahenten, Stefan
Bradl, schien der Spanier dabei gegen Saisonmitte
hinter sich lassen zu können. Doch ein weiteres Mal
stolperte Marquez über die Steine auf dem Weg zum
schnellen Triumph. Sepang wurde ihm erneut zum
Verhängnis. Da die Streckenposten versäumten, eine
nasse Stelle auf der Piste anzuzeigen, flog er im Training
heftig per Highsider ab und durfte das Rennen
nach Verbot der behandelnden Ärzte trotz starkem
Kampfwillen nicht starten. Marquez und sein Team
beteten beim Saisonfinale in Valencia um ein Wunder.
Aber wie das so ist - es tritt keines ein. So war
der Suter-Pilot gezwungen, beim Titelgewinn seines
Konkurrenten zuzusehen. Mick Doohan war jedoch
überzeugt: »Marquez ist noch jung, er kann das noch
schaffen.«
Seine Sturzverletzung aus Malaysia entpuppte sich
allerdings schlimmer als erwartet. Marquez hatte
arge Sichtprobleme, wurde zu Jahresbeginn an den
Augen operiert und konnte sich verständlicherweise
nicht auf ein Moto2-Bike setzen, solange er alles
doppelt sah. Beim letzten Test der Vorsaison war der
mittlerweile 19-Jährige wieder mit von der Partie
und fand schnell zu altem Tempo zurück. Wie rasch
er zur Höchstform zurückfinden konnte, bewies er
mit einem Auftaktsieg in Katar. »Wir stehen wieder
ganz oben, das hatte ich wirklich nicht erwartet«,
jubelte er nach dem starken Comeback. Da Marquez
zu den viel gepriesenen Talenten im Grand Prix zählt,
scheint sein Aufstieg in die Königsklasse trotz Stolpersteinen
nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
Zunächst will er aber erst einmal seinen zweiten
WM-Titel nach Hause bringen.
Die Konkurrenz ist
groß, Marquez aber
meist größer
Fotos: milagro, honda, repsol
MSM: Wie konntest du dich auf die Weltmeisterschaft
2012 vorbereiten?
MARC MARQUEZ: Ich habe wie üblich trainiert,
aber eben ohne Motorrad zu fahren. Für
Katar war ich körperlich auf jeden Fall bereit.
Wie hast du dich nach dem Sturz gefühlt? Hast
du jemals darüber nachgedacht, wie es wäre,
wenn du gar nicht mehr hättest fahren können?
Was wäre die Alternative gewesen?
Ich war immer optimistisch. Trotzdem war es
natürlich nicht schön. Wenn man mit einer solchen
Situation leben muss, dann muss man
ruhig bleiben, immer nur das Beste hoffen und
nicht an die schlimmste Option denken.
Dein Bruder Alex fährt jetzt auch Moto3. Hilfst
du ihm ab und an ein bisschen oder siehst du
ihn in ein paar Jahren sogar als Rivalen?
Das hoffe ich. Er ist sehr stark und hat sich in
letzter Zeit sehr verändert. Ich wünsche ihm,
dass er die spanische Meisterschaft in dieser
Saison gewinnt und dann vielleicht in die
Moto3-WM kommen kann. Mal sehen, aber er
ist auf jeden Fall ein sehr guter Fahrer und ich
würde in Zukunft gern gegen ihn antreten.
Du beginnst gerade deine zweite Saison als
alleiniger Fahrer im Team CatalunyaCaixa
Repsol. Fehlt dir ein Teamkollege?
Über so etwas denke ich nicht nach. Ich mag
die Situation, also stört es mich momentan
nicht.
Was ist dein Lieblingsrennen, wenn du die Stre-
98 www.Motorsport-Magazin.com
cke, die Fans und die Atmosphäre bedenkst?
Ich mag alle spanischen Rennen sehr, es ist
immer eine große Freude vor deinen eigenen
Landsleuten zu fahren.
Abgesehen von den Rennstrecken, welches Land
gefällt dir am besten?
Australien ist unglaublich, vielleicht eines meiner
Favoriten.
Das Feiern hat Marc
Marquez mittlerweile
gelernt
Bereits ganz früh
wollte Marquez
Motorradfahren
2010 hast du den 125ccm-Titel gewonnen. Wie
lebt es sich über ein Jahr danach? Ist das Medieninteresse
noch immer genauso groß wie
direkt nach dem Titel? Was ist anders?
Alles ist gewachsen und ich verstehe den neuen
Status jetzt. Ich versuche mit meinen Fans lustig
umzugehen, denn ohne sie wäre das alles nicht
möglich. Außerdem werden es von Tag zu Tag
mehr, was für uns bedeutet, dass wir gut
arbeiten.
Denkst du manchmal über den GP-Tellerrand
hinaus? Verfolgst du zum Beispiel die Super-
bike-WM oder andere Motorsportarten?
Nein, das mache ich nie.
Was denkst du über Fußball?
Ich mag Fußball und bin ein großer Barça-Fan.
Die letzten Jahre waren für uns einfach
unglaublich.
Mit welcher Sportart hältst du dich fit?
Ich fahre viel Fahrrad mit meinem Bruder. Wir
trainieren jede Woche ohne Ende. Wir haben
Mountainbikes und fahren immer in der
Gegend unseres Hauses herum.
Wie sieht dein Privatleben aus? Wo und wie
lebst du?
Ich lebe in Cervera, einer kleinen Stadt in der
Nähe von Lleida, in Katalonien. Es ist ein
ruhiger Ort und man kann hier gut leben. Haustiere
oder so etwas haben wir leider nicht, weil
darum muss man sich schließlich kümmern und
wir haben keine Zeit.
07
Hast du ein besonderes Ritual vor dem Rennen?
An was denkst du fünf Minuten vor dem Start?
Ich versuche, einfach nur konzentriert zu sein,
das ist alles.
Was vermisst du am meisten, wenn du an den
Rennstrecken in aller Welt unterwegs bist?
Meine Freunde und mein Zuhause.
Wenn irgendjemand eine Zeitmaschine bauen
könnte, würdest du dann lieber zurück ins
Titeljahr 2010 reisen oder lieber ins Jahr 2014?
Obwohl die Vergangenheit wunderbar war,
würde ich die Zukunft vorziehen.
Was gibt‘s bei dir zum Frühstück, das dich so
schnell macht?
Ich nehme mal an das Übliche, Kaffee mit Milch,
Früchte, Toast, Orangensaft...
Was denkst du über die neue MotoGP-Ära mit
den CRT-Maschinen?
Das müssen wir uns alle noch eine Weile
anschauen, wenn wir sehen wollen, ob das der
richtige Weg war, den die Verantwortlichen eingeschlagen
haben. Momentan weiß ich es nicht.
Was ist für dich in dieser Saison anders? Gibt
es viele Neuerungen am Bike?
Das Motorrad ist mehr oder weniger gleich
geblieben. Es gibt noch ein paar kleine Änderungen,
aber die sind noch nicht bereit, denn
wir haben noch nicht genügend Kilometer
zurückgelegt. Ich hoffe, dass wir das bald
schaffen.
Was ist in diesem Jahr dein Ziel?
Ich würde gerne um den Titel kämpfen. Nach
dem letzten Jahr ist das unser oberstes Ziel.
Wer wird 2012 dein härtester Rivale und
warum?
Theoretisch war Thomas Lüthi der Stärkste in
seiner Vorsaison. Aber auch Andrea Iannone,
Pol Espargaro, Esteve Rabat, Scott Redding,
Toni Elias... die sollte man alle nicht vergessen.
Es gibt viele Fahrer, die in diesem Jahr hart
kämpfen werden.
Hast du nach all den Gerüchten im letzten Jahr
nicht doch schon ein Auge auf die MotoGP
geworfen?
Ich war mir sicher, dass die Moto2 mein Weg
sein wird. Ich hatte nie daran gedacht, in dieser
Saison schon in die MotoGP aufzusteigen.
Was sind deine WM-Tipps? Wer gewinnt die
Titel in der neuen Moto3-Klasse und der
MotoGP?
Die Favoriten sind ganz klar Maverick Vinales
und Casey Stoner, aber wir werden sehen, was
passiert.
www.Motorsport-Magazin.com 99
Maverick Viñales ist
jung, zeigt aber viel
Reife
Fotos: milagro
100 www.Motorsport-Magazin.com
Spaniens Zukunft
Text: Falko Schoklitsch
Wenn sich Dani Pedrosa und Marc Marquez umdrehen, dann sehen sie einen jungen
Mann namens Maverick Viñales. Spaniens nächster Superstar scharrt bereits in den
Startlöchern.
Die Welt des Motorsports ist immer auch eine Welt voller Druck, es gilt Leistung
zu zeigen, immer in Bestform zu sein und trotzdem irgendwie locker zu bleiben,
denn verkrampft lässt sich nichts gewinnen. Egal wie abgedroschen es klingen
mag: ein Fahrer ist immer nur so gut wie sein letztes Rennen. Dani Pedrosa
hat Druck, immerhin ist Marc Marquez auf dem stark aufsteigenden Ast. 2013
dürfte Marquez in die MotoGP kommen, ab 2014 darf er dann in einem Werks-
Team fahren. So gesehen hat Pedrosa nicht mehr
viel Zeit, um Honda und Repsol zu beweisen, dass
er so gut ist, wie es zu vermuten war, als er 2006 als
dreifacher Weltmeister in die MotoGP kam. Doch
auch Marquez darf bereits den Druck spüren, einen
neuen potentiellen Superstar im Nacken zu haben.
Maverick Viñales hat in der Weltmeisterschaft losgelegt
wie die Feuerwehr.
Bereits in seiner ersten Saison in der 125cc-Klasse
holte er vier Siege und gilt als der große Favorit
für die erste Moto3-WM. Sollte ihm das gelingen,
wird es rasch bergauf in die Moto2 gehen. Dank
seiner spanischen Herkunft werden ihm viele
Türen offen stehen. Er hat wie Pedrosa und Marquez
Repsol als großen Gönner und hat es dementsprechend
leicht, ein gutes Budget aufzustellen.
Dafür müssen natürlich die Leistungen stimmen,
doch Viñales ließ bei den Wintertests und beim
Saisonauftakt in Katar keine Zweifel daran aufkommen,
dass die Leistung stimmt.
»Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft, um zu fahren, sondern um zu
gewinnen«, betont er trocken. Er weiß auch bereits, wie er die Presseabteilung
richtig bedient. Immerhin sind seine Aussagen sehr veröffentlichungsfreundlich.
»Ich denke, wir haben ein Team, das gewinnen kann, es arbeitet
hart und kennt sich nach einigen Jahren sehr gut«, meint er. Mit seinen 17
Jahren ist Viñales praktisch durch und durch Profi, da er, wie es sich für
einen Spanier gehört, den Zweiradsport von der Pike auf gelernt hat. Nach
dem Weg durch die Nachwuchsserien begann er 2009 in der spanischen
125cc-Meisterschaft und wurde sofort Vizemeister. 2010 war er schließlich
Titelträger und als er 2011 in die Weltmeisterschaft einstieg, dauerte es
nicht lange, bis er einschlug wie eine Bombe.
Im vergangenen Jahr war sein größtes Problem, dass er bei Siegen irgendwie
mit der Begeisterung von Team-Unterstützerin Paris Hilton zurechtkommen
musste. Das hielt ihn dennoch nicht davon ab, zum drittjüngsten
Sieger der Geschichte zu werden - nur Scott Redding und Marco Melandri
waren schneller. Die GP-Welt ist überzeugt, der erste WM-Titel dürfte 2012
folgen, Viñales ist allerdings nicht so schnell, wenn es um das Thema geht.
»Die Konkurrenz ist groß und es gibt immer jemand, der schneller ist als
du. Ich hoffe, wir können mit KTM mithalten«, sagt er. Hinter dem
Renntalent, das Marquez und Pedrosa Druck macht, steckt aber noch
ein wenig mehr. Viñales ist ein eifriger Schüler, der sich für die Zeit
nach dem Rennsport bereits klare Ziele gesteckt hat. Er will Jura studieren
und Notar werden. Dementsprechend hart arbeitet er auch abseits
der Rennstrecke an seinen Schulnoten. Er ist von morgens bis um 17:00
Kopf runter und
Vollgas ist für
Viñales nicht
alles
Uhr in der Schule, erst nach dem späten Mittagessen
geht er trainieren. Nach dem Abendessen
setzt er sich wieder hinter die Bücher. Da er
aufgrund seiner Tätigkeit als kommender Zweirad-Superstar
doch viel unterwegs ist, muss er
sich noch etwas intensiver mit dem Schulstoff
auseinandersetzen. Gute Noten zeigen, dass es
sich bezahlt macht.
Seine besten Examen legt er aktuell auf den
Rennstrecken dieser Welt ab, wo er mit einer
Reife agiert, die Marquez einst erst finden musste.
Erst in seinem dritten WM-Jahr konnte der
mittlerweile als Seriensieger bekannte Moto2-
Pilot seinen ersten Sieg einfahren, davor fiel er
vornehmlich durch übertrieben verkrampfte
Versuche auf, sich in Rennen an die Spitze zu
setzen, was mehr als nur einmal im Kiesbett
endete. Viñales kam bereits ohne dieses ungestüme
Verhalten in die WM und stellt damit ein
Gesamtpaket dar, bei dem es augenscheinlich
nur noch Feintuning bedarf. Druck? Den scheint
sich der junge Spanier nicht anmerken zu lassen, beinahe stoisch meistert
er die Herausforderungen, die ihm die teils viel ältere Konkurrenz stellt.
Er muss sich aber keine Sorgen machen, dass ihm zu langweilig wird,
denn aus der spanischen Meisterschaft drängen bereits die Nächsten nach:
ein gewisser Alex Marquez, der für einige sogar als das größere Talent
gilt als sein älterer Bruder Marc und Alex Rins, der den jüngeren Marquez
voriges Jahr in der spanischen Meisterschaft geschlagen hat. Rins fährt
2012 bereits die Moto3-WM mit, so ist das mit dem Druck.
Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft,
um zu fahren, sondern
um zu Gewinnen. Ich denke,
wir haben ein Team, das gewinnen
kann, es arbeitet hart und
kennt sich sehr gut.
www.Motorsport-Magazin.com 101
Text: Jule Krause
top
MotoGP
zum Schnäppchenpreis
Seit Monaten bemühen sich die Dorna, die MSMA (Herstellervereinigung) und die IRTA (Teamvereinigung) mit neuen
Regeln und Richtlinien, die Zukunft der MotoGP zu ebnen. Das Leitmotto: MotoGP zum Schnäppchenpreis. Nur
leider gibt es ein Problem. Die Parteien können sich an den entscheidenden Punkten nicht einigen, mindestens
einer tanzt immer aus der Reihe. Amüsant ist ebenfalls, dass zwischendrin immer wieder angemerkt wird, dass die
Sparpläne an den falschen Stellen angesetzt werden und entsprechend ineffektiv für eine gesicherte und kreative
MotoGP-Zukunft seien. Daher haben wir fünf Alternativmaßnahmen zusammengestellt, die ebenfalls den Schein
des Sparens wahren, bei denen aber garantiert weder die Dorna noch die Werke auf etwas verzichten müssen...
5. Recycling
Die Rede ist natürlich nicht von Mülltrennung, dieses Projekt würde
alleine an den Briten scheitern. Nein, wir schlagen den Wiedergebrauch
von alten Kombis vor, besonders die Fahrer der Ex-125cc und Moto2
gehen da mit einem guten Beispiel voran, wie Anthony West 2010 für
das Abenteuer MZ. Wen störte, dass die Kombi blau statt grün-weiß
war? Hauptsache sie erfüllte den Zweck. Andere setzen auf Mix-Match
bei Stiefel, Knieschoner & Co, wer hat festgelegt, dass die von nur einem
Ausrüster gestellt werden dürfen? Außerdem sollte man sich bei der
Fahrerfluktuation einiger Teams überlegen, ob man nicht wenigstens
die Leder-Kombi und ein paar Accessoires von Pilot zu Pilot weiterreichen
könnte, mit ein bisschen Tape sollte das umsetzbar sein.
Fotos: adrivo/Sutton, milagro
102 www.Motorsport-Magazin.com
4. System Kaffeekasse
Da es immer schwieriger wird, Sponsoren in die MotoGP zu
locken, oder welche zu finden, die politisch korrekt sind - kein
Alkohol, keine Tabakwaren und auch Energydrinks wackeln
dank der EU - muss man sich nach anderen Geldquellen
umschauen. Was ist naheliegender, als die stets anwesende
Pressevertretung zur Kasse zu bitten? Thema Pressekonferenz:
Wer Valentino Rossi fragt, warum er das linke Bein beim
Anbremsen ausstreckt, zahlt Konventionalstrafe. Gleiches gilt
für Fragen, die gestellt werden, aber bereits in der Team-
Pressemitteilung beantwortet wurden. Ein Fahrer darf während
der Liveübertragung nur bis zu Limit X genannt werden,
alles darüber kostet. Damit sorgt man nicht nur für etwas
Geld in der Kaffeekasse, man zwingt die berichtende Zunft
auch dazu, wieder etwas kreativer zu werden.
→
www.Motorsport-Magazin.com 103
3. 90 Tage Ankerberg
Campen ist bekanntlich die ultimative Budget-Urlaubswahl.
Auch hier hat die MotoGP Potential, statt Motorhome
führen wir das Zeltlager wieder ein. Zurück zu
den guten alten Zeiten, mit Stimmung wie im Ferienlager,
das schweißt zusammen! Zudem sind Zelte viel
einfacher von A nach B zu bringen, Fahrer, die bislang
zwei Motorhomes verwalten mussten, hätten mit Zelten
ein viel stressfreieres Leben. So kommen die MotoGP-
Stars den Fans wieder näher und das wirkt sich wiederum
positiv auf Nebengeschäfte wie Merchandise-
Verkauf aus. Wem das dann doch etwas zu heftig ist,
der kann es immer noch wie die junge britische Vertretung
in der Weltmeisterschaft machen und eine Fahrerlager-WG
gründen.
2. Mach es zu
deinem Projekt!
Einige Teams machen es bereits vor, der Fahrer zahlt und
darf dafür fahren. Das Potential ist hier aber noch lange nicht
ausgeschöpft. Da Können und Talent in diesen Tagen eher
nebensächlich sind, sollten die Fahrer einfach Zweitdienste
anbieten, Superbike-Fahrer Leon Camier macht es vor, als
Nanny für Broc Parkes‘ oder auch Casey Stoners Nachwuchs.
Mika Kallio sollte die neue Teamkaffeemaschine nicht nur
einweihen, sondern sie auch gleich bedienen. Fahrer, die
sich verletzt haben, nehmen sich ein Beispiel an Danny Webb
und erledigen den Job an der Boxenmauer und Ben Spies
könnte als Restaurantbesitzer künftig das Catering bei
Yamaha übernehmen. Teams, die kommunikationsfreudige
Fahrer á la Colin Edwards haben, sparen sich den Pressesprecher
und verbreiten die Aussagen einfach über Soziale
Netzwerke, wie Forward Racing es bereits während der
Testfahrten vormachte.
Fotos: milagro, capcom
1 Cyber-MotoGP
Passend zum 21. Jahrhundert wird die MotoGP-WM künftig via Gaming
ausgetragen. Für eine Liveübertragung wird ein Studio präpariert, im
Hintergrund hängt die jeweilige Landesflagge und ein paar Aufnahmen
der Strecke. Mit Cyber-MotoGP werden die Reise- und Personalkosten
extrem reduziert, die Fahrer brauchen keine Ausrüstung mehr, die Umwelt
wird geschont, die Strecken müssen nicht vorbereitet werden, ganz zu
schweigen, was man spart, wenn man die Bikes nur noch virtuell erstellt.
Die Fans zahlen die übliche Gebühr fürs Livestreaming und schon kann
es los gehen. Wenig Aufwand und dennoch Profit, besonders der Dorna
dürfte das gefallen. Ein Problem bleibt aber: IRTA, MSMA und Dorna
müssten sich auf ein System einigen. PlayStation, Wii, X-Box, Nintento
DS, PC...
www.Motorsport-Magazin.com 105
Text: Falko Schoklitsch
Das Duell
der Rennopas
der Rennopas
Zwei alte Hasen aus zwei verschiedenen Ländern in einem Alter, das
viele im Rennsport bereits als greisenhaft ansehen. Spanien und Italien
zittern mit Carlos Checa und Max Biaggi.
»Mein Name ist Guybrush Threepwood, ich bin
ein mächtiger Pirat.« Dieser Satz aus der Computerspielreihe
Monkey Island ist mittlerweile
für mehrere Generationen an Spielern ein
Zeugnis für höchsten Adventure-Genuss.
»Mein Name ist Max Biaggi, ich bin ein mächtiger
Korsar«, ist für Zweiradfreunde zwar nie
zu hören gewesen, aber mittlerweile wissen
ebenfalls mehrere Generationen an Fans durchaus
zu schätzen, wenn der 41-Jährige auf die
Superbike-Strecken dieser Welt geht.
Wer im normalen Leben das Wort el Toro in
den Mund nimmt, der ist meist gerade Richtung
Spanien oder Mexiko unterwegs, um sich dort
Wettkämpfe anzusehen, mit denen nicht jeder
glücklich ist. Der Stier oder der Bulle ist aber
auch Zweirad-Enthusiasten ein Begriff - und
das nicht nur im bildlichen Sinn, wenn einem
ein eher unerwünschter Bulle mit einem Strafzettel
die Aufwartung macht. Carlos Checa
könnte jedem Mann mit einem roten Tuch
reichlich Angst machen, wenn er statt mit zwei
Hörnern mit jeder Menge PS auf den Torero
losginge. Lieber ist er aber auf der Jagd nach
Korsaren.
Die Welt der Piraten und die Welt der Tiere, in
der Superbike-WM finden sie zusammen und
formieren sich dort zu einem Duell der Rennopas,
die in der seriennahen Klasse ihren x-ten
Frühling erleben. War es ihnen bei den Prototypen
nie vergönnt, in der Königsklasse die
Weltmeisterschaft zu gewinnen, haben sie das
mittlerweile bei den Superbikes nachgeholt und
damit haben sie noch nicht genug. Biaggi vs.
Checa, Italien vs. Spanien, 41 Jahre vs. 39 Jahre,
Carlos Checa und Max Biaggi sind im Sportsinne nicht
mehr blutjung, doch auf den Strecken der Superbike-WM
mischen sie trotzdem die Konkurrenz auf
das ist doch ein Zweikampf, der sich auf so vielen
Ebenen spielen lässt, dass es sich für das
Motorsport-Magazin lohnt, einige davon
genauer unter die Lupe zu nehmen.
Biaggi vs. Checa - die Karrieren
Bevor Biaggi der Korsar wurde, musste er erst
einmal lange warten. Denn zunächst wollte er
lieber Fußball spielen. Erst mit etwa 18 Jahren
kam er erstmals mit einem Motorrad an eine
Rennstrecke, nach Vallelunga nahe seiner Heimat
Rom. »Ich sah diese fantastische, riesige
Strecke. Für mich sah sie enorm aus. Bis dahin
begeisterte sich niemand in der Familie für
Motorräder. Mein Vater und ich wussten nichts
über Motorräder, Reifen oder Fahrwerke«, sagt
Biaggi rückblickend. So richtig um ihn geschehen
war es, als dann die Motoren angeworfen
wurden. »Meine Brust vibrierte«, erinnert er
sich.
Noch im gleichen Jahr fuhr er im Oktober bei
einem kleinen Rennen mit, bei dem aber einige
große Namen vertreten waren. »Da waren die
ganzen Größen aus der Weltmeisterschaft
dabei, Capirossi, Romboni, Gresini, Vitaly, Gramigni.
Und in meinem ersten Rennen mit ihnen
wurde ich Dritter. Das war meine Visitenkarte.«
Der Rest ist Geschichte, wie es in Phrasenschwein-Kreisen
so gerne heißt. Vier WM-Titel
in der 250cc-Klasse, 42 GP-Siege, dazu noch 14
in der Superbike und ein WM-Titel dort. Einziger
Makel bleibt, dass er in der 500er- oder
MotoGP-Klasse keinen Titel gewinnen konnte,
er galt als eines der ersten Opfer von Valentino
Rossi.
→
Fotos: wsbk
106 www.Motorsport-Magazin.com
Sie schenken sich nichts. Max Biaggi
und Carlos Checa verteidigen jeden
Zentimeter Strecke
www.Motorsport-Magazin.com 107
Bei Checa ist die Sache
generell etwas anders
gelagert. »Ich weiß nicht,
ob es Zufall oder ein
Omen war, aber am Tag
meiner Geburt hatte
mein Vater einen Motorrad-Unfall,
als er Richtung
Krankenhaus fuhr,
wo meine Mutter mich
zur Welt brachte. Zehn
Jahre später wartete mein
Vater auf einer Mecatecno
[ein Elektromotorrad
für Kinder], die er
gerade für mich gekauft
hatte - ich musste lernen,
wie ich Schlösser knacke,
denn mein Vater wollte
mich nicht fahren lassen,
wenn er nicht dabei war
und ich wollte immer
fahren«, erzählt Checa.
Mit 13 folgte eine 80cc
Motocross-Maschine und
ab da war er dem Rennvirus
verfallen.
El Toro ist der Titelverteidiger und er
wird 2012 wieder einige Rivalen auf
die Hörner nehmen
1993 erfolgte der erste
WM-Auftritt als Wildcard-Fahrer
in der 125cc-
Klasse und er wurde
gleich Siebter, woraufhin
er in der 250cc-Klasse im
gleichen Jahr weitere
Rennen fahren durfte. 1994 gelang ihm in der
250er Gesamtrang zwölf und als sich im Jahr
darauf Alberto Puig in der 500er verletzte,
durfte Checa aufrücken und seine Honda
NSR500 übernehmen. Im gleichen Jahr führte
er sogar lange den Katalonien GP an, bevor er
stürzte. 1996 sollte es dann an gleicher Stelle
mit dem ersten Sieg in der Königsklasse klappen,
bis zu seinem zweiten sollte es allerdings
bis 1998 dauern. »98 holte ich mit Rang vier
mein bestes Gesamtergebnis, trotz des Unfalls
in Donington. Nach dem Sturz entfernten sie
mir die Milz und ein Blutgerinnsel kostete
mich fast das Leben. Ich muss zugeben, damals
glaubte ich, es wäre zu Ende, aber ich kämpfte
und schaffte es«, berichtet Checa. Ende des
Jahres wechselte er zu Yamaha und holte einige
Podestplätze, weitere Siege sollten aber ausbleiben.
2005 wechselte er auf Ducati, 2006
zurück auf Yamaha, 2007 dann noch einmal
auf Honda, letztendlich musste er aber einsehen,
dass seine Zeit in der MotoGP abgelaufen
war. Der Wechsel in die Superbike folgte 2008
und nach zwei Jahren mit Honda ging es zu
Ducati, wo er 2011 schließlich den größten
Erfolg seiner Karriere feiern sollte.
Max Biaggi musste den
WM-Titel in der Superbike
2011 wieder abgeben,
das soll nicht so bleiben
108 www.Motorsport-Magazin.com
Der Kampf um Siege
mag hart sein, für Spaß
ist aber immer Zeit
tet. Letztendlich ist es eine Fahrstil-Frage, wem
welche Maschine eher liegt. Zwar wurde vor
der Saison wieder darüber diskutiert, ob der
Ducati nicht noch weitere Handicaps auferlegt
werden sollen, da sie sonst zu stark sein könnte,
im Endeffekt scheint die Konkurrenz aber nicht
gänzlich unterlegen.
Das Fazit
Das Duell Checa vs. Biaggi oder Spanien vs.
Italien wird in der Superbike-WM auch im Jahr
2012 ein interessantes, weil vielseitiges. Hier
fahren zwei alte Hasen aus zwei alten Motorrad-
Hochburgen gegeneinander, die auf zwei völlig
unterschiedlichen Wegen zum Sport kamen
und auf zwei italienischen Maschinen mit
unterschiedlichen Konzepten sitzen.
Der Gewinner des Duells muss am Ende zwar
nicht Weltmeister sein, da sprechen auch noch
ein paar andere Fahrer ein gewichtes Wörtchen
mit, doch eines steht wohl jetzt schon fest: das
Duell um den Titel des schnellsten Rennopas
2012 wird auf zwei Rädern wohl unter Checa
und Biaggi entschieden.
hält Italien bisher bei 75 WM-Titeln, Spanien
lediglich bei 36. In der Superbike-Weltmeisterschaft
steht es derweil 1:1 durch die Weltmeisterschaften
von Biaggi und Checa.
Checa vs. Biaggi - das Alter
Man ist so alt, wie man sich fühlt. Beim Zweikampf
39 (Checa) gegen 41 (Biaggi) Lenze nehmen
sich die Fahrer eigentlich nicht viel, aber
wie fühlen sie sich selbst? Biaggi jedenfalls noch
relativ fit. »Wenn man 38 oder 39 ist und wieder
einen Titel gewinnt, dann ist das sehr süß. Da
fühlt man sich, als ob man etwas Großes getan
hat. Im Moment, wenn man die Zielflagge sieht,
denkt man aber auch schon an nächstes Jahr.«
Checa nennt seine größte Schwäche hingegen,
dass er alt wird. Auf der anderen Seite will er
sich aber ebenfalls nicht alt fühlen. »Die Wahrheit
ist, dass ich mich sehr glücklich und voller
Kraft und Begeisterung fühle, noch viel mehr
zu fahren. Ich hoffe, ihr genießt die Rennen so,
wie ich genieße, sie zu fahren.«
Fotos: wsbk
Italien vs. Spanien -
der Ländervergleich
Italien und Spanien sind auf vielen Ebenen
Rivalen. Das weltweit bekannteste Duell ist
wohl jenes um die Krone in der Fußballwelt.
Das Land auf der Apenninen-Halbinsel schaffte
bislang insgesamt vier Weltmeister-Titel, Spanien
erst einen. Dafür gilt die Nationalmannschaft
auf der iberischen Halbinsel momentan
als das beste Team der Welt.
Auch beim Tourismus sind beide Länder darum
bemüht, die Nase vorne zu haben. Spanien steht
dabei aber etwas besser da, 2010 verzeichnete
man 53 Millionen touristische Besucher, Italien
hinkte knapp hinterher. In der Motorradwelt
ist das Bild ein wenig anders. In der GP-Klasse
Aprilia vs. Ducati
Vom Konzept her sind die Aprilia und die
Ducati recht unterschiedlich, dort ein V4-Motor
mit 65 Grad Zylinderwinkel und 1000cc Hubraum,
da ein Zweizylinder mit 90 Grad Winkel
und 1200cc Hubraum. Beide bestechen durch
gute Top-Speeds und gutes Handling, wobei die
Ducati auf der Geraden etwas mehr Rumms
auspackt als die Aprilia, sich die RSV4 dafür in
Kurven ein wenig geschmeidiger handhaben
lässt und durch eine etwas zahmere Gasannahme
den Ausgang etwas angenehmer gestal-
Die Aprilia mag es,
durch die Kurven zu
gleiten
Ich weiSS nicht, ob es Zufall oder ein Omen war, aber am Tag meiner
Geburt hatte mein Vater einen Motorrad-Unfall, als er Richtung
Krankenhaus fuhr, wo meine Mutter mich zur Welt brachte.
www.Motorsport-Magazin.com 109
Laia Sanz
dominiert den
weiblichen
Trial-Sport seit
Jahren
Toni Bou ist Indoor
und Outdoor das
Maß aller
Trial-Dinge
Text: Falko Schoklitsch
Spanische Glanzlichter
Namen wie Angel Nieto, Alex Crivillé, Ricardo Tormo, Sito Pons,
Jorge Martinez, Dani Pedrosa, Carlos Checa oder Jorge Lorenzo
gehen Zweiradfreunden runter wie Öl. Unter anderem sie repräsentieren
die Begeisterung Spaniens für den Straßen-Motorrad-
Laia Sanz
Ladies First und diese Lady muss sich auch hinter niemandem verstecken.
Mittlerweile hat die Spanierin elf Trial-Weltmeisterschaften eingefahren
und hat sich auch schon an die Rallye-Dakar gewagt. Dort war sie 2011 die
beste Frau und 39. der Gesamtwertung, dieses Ergebnis wiederholte sie
2012. Bereits früh war sie mit dem Zweirad-Virus infiziert und trainierte
schon als Vierjährige heimlich mit der Trial-Maschine ihres Bruders. Seitdem
hat sich viel getan, doch sie hat sich einen Namen gemacht. Und sie
ist auch durchaus hart. So musste sie dieses Jahr bei der Dakar bei sechs
Etappen auf ihren Assistenz-Fahrer Marc Guasch verzichten, weil er sich
bei einem Sturz vier Rippen gebrochen hatte. »Das war der schwerste Schlag
bei der Rallye. Ich war sehr traurig deswegen. Ich war an dem Tag sehr
betroffen, aber die Dakar lässt keine Zeit für Bedauern, also konzentrierte
ich mich darauf, was ich zu tun hatte«, meint sie.
Toni Bou
Für Trial-Freunde ist der Name Toni Bou fest mit dem Wort Perfektion
verbunden. Mittlerweile hat der Spanier sechs Indoor Trial Weltmeisterschaften
gewonnen, beendete die letzten 16 Wettkämpfe als Sieger und
hat seit dem Jahr 2007 von 36 Bewerben 29 bei den Indoor Trials gewonnen,
sechs Mal war er Zweiter. Zusätzlich hat er sich noch fünf Mal zum
Outdoor Trial Weltmeister gemacht und gilt in der Saison 2012 ein weiteres
Mal als klarer Favorit. »Im Moment sehe ich keine Limits. Ich bin
25 Jahre alt, ich bin jung und ich habe viel Motivation, so weiterzumachen.
Wenn es kein physisches Problem gibt, will ich diese Pace halten«, sagt
Bou über sich selbst. Dougie Lampkin, der insgesamt zwölf Mal Weltmeister
war, dürfte er so bald eingeholt haben, schon mit dem Outdoor-Titel
dieses Jahr hätte er es geschafft.
110 www.Motorsport-Magazin.com
Marc Coma kennt die
Wüsten dieser Welt
nur in High Speed
Kopfüber, quer,
hängend, Jose Miralles
schafft alles
Spanien hat viele erfolgreiche und spektakuläre Zweiradpiloten hervorgebracht, die
nicht nur auf der Straße für Furore sorgen. Ein kleiner Blick auf andere Größen der
iberischen Halbinsel.
sport. Doch auch in anderen, weniger bekannten Motorrad-Disziplinen
hat das beliebte Urlaubsziel einige Größen zu bieten. Grund
genug für das Motorsport-Magazin, auch sie ein wenig unter die
Lupe zu nehmen.
Fotos: repsol, ktm, NOTJ
Marc Coma
Seit mehreren Jahren kennt die Rallye Dakar nur zwei Favoriten. Den Franzosen
Cyril Despres und den Spanier Marc Coma. Coma hat den Zweirad-
Bewerb der wohl bekanntesten Langstrecken-Rallye der Welt mittlerweile
drei Mal für sich entschieden - 2006, 2009 und 2011. In den Jahren 2005
und 2012 war er jeweils Zweiter. Doch Coma ist nicht nur ein Spezialist für
die Dakar, er ist generell ein Rallye Raid Experte. Vier Mal war er bereits
Weltmeister und er dürfte wohl noch weitere Titel einfahren. »Man muss
sich darauf konzentrieren, ohne Probleme bis zum Ende zu kommen«, sagt
Coma zur Herausforderung einer Langstrecken-Rallye. Dass das nicht
immer funktioniert, weiß er selbst zur Genüge. So musste er sich beispielsweise
dieses Jahr bei der Dakar mit Platz zwei begnügen, weil sein Getriebe
in der vorletzten Etappe streikte, als er Despres die Führung abjagen wollte.
Jose Miralles
Ein Spitzname wie El Loco ist nicht unbedingt schmeichelhaft, denn wer
wird schon gerne als der Wahnsinnige bezeichnet. Wenn man allerdings
Freestyle Motocross fährt, dann spricht so ein Spitzname eher für das Prädikat
wertvoll. So große Erfolge wie seine hier genannten Landsleute kann
Jose Miralles zwar noch nicht vorweisen, doch er gilt als Publikumsliebling
und eben als angenehm verrückt. Um seinem Namen gerecht zu werden,
hat er auch immer wieder Neues auf dem Plan. »Ich will ein paar mehr
Tricks lernen, um genau zu sein, zwei weitere Flip-Kombinationen: den
Cordoba und den Tsunami Flip«, sagt er dem Motorsport-Magazin. Doch
damit ist es noch nicht getan. »Es wäre schon ziemlich cool, wenn ich 360s
könnte. Das reicht mir schon, aber das ist schließlich nicht leicht...« Sollte
er es dann auch schaffen, wird es vielleicht etwas mit dem ersten FMX
WM-Titel, einmal Zweiter und zwei Mal Dritter war er schon.
www.Motorsport-Magazin.com 111
Heikki Kovalainen
löschte seinen
brennenden Lotus
selbst
feuer und
flamme
Wie soll
ich das nur
erklären?
schöne aussicht
von
hier oben
Lotus in Flammen: Geschichte
scheint sich tatsächlich zu
wiederholen. 2010 fackelte Heikki
Kovalainens Lotus (heute
Caterham) in Singapur ab, in
dieser Saison brannte die Lotus
(Ex-Renault) Hospitality in Malaysia
nieder. Kimi und Romain Grosjean
waren wohl nicht so schnell mit
dem Feuerlöscher wie Heikki.
Fotos: adrivo/Sutton
Zwei Jahre lang
machte Kimi
Räikkönen die
Rallye-Pisten dieser
Erde unsicher -
manchmal sogar im
wahrsten Sinne des
Wortes, wie hier bei
der Rallye Bulgarien
Eddie Irvine blickte recht ungläubig auf das Wrack seines Ferrari
F399 nach einem Qualifying-Abflug in Japan 1999. Diesmal war
kein Mechaniker schuld, dass nicht alle Reifen dran waren...
112 www.Motorsport-Magazin.com
Jari-Matti Latvalas
Beifahrer Miikka Anttila
versucht den abgerutschten
Ford Fiesta RS
WRC zu stabilisieren
In Führung liegend
hätte Jari-Matti
Latvala in Portugal
wichtigen Boden auf
Sebastien Loeb
gutmachen können.
Stattdessen übersah
er einen einsamen
Felsen auf der
schlammnassen
Straße. Nur 10 cm
Durchmesser und
doch groß genug,
um den Fiesta
umzudrehen und für
eine Bruchlandung
im Graben zu
sorgen.
Wo ist denn nur
das Rad hin?
Der Weg zum ersten Grand-Prix-Sieg war für Nico Rosberg nicht einfach
- ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Monaco flog er 2011 im Freien
Training ab. Seine Mechaniker reparierten das Auto in Rekordzeit.
Auch bei der Rallye Mexiko bewies Kimi Räikkönen
eine gewisse Aversion gegen vier Räder. Der Versuch
nur mit dreien auszukommen, erwies sich jedoch als
wenig erfolgreich...
www.Motorsport-Magazin.com 113
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