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Motorsport Magazin Fernando Alonsos Qualen (Vorschau)

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INHALT.ausgabe 24<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

Formel 1<br />

alonsos leiden: Aufs falsche Pferd gesetzt? 22<br />

interview: Nico Hülkenberg 28<br />

Jenson button: Unterschätzter WM-Schreck 32<br />

f1 facts: Schwerstarbeit am Steuer 36<br />

Stephan Heublein, Chefredakteur<br />

Eviva España<br />

Spanisches Leiden - Mürrisch zupft <strong>Fernando</strong> Alonso an seinem<br />

Kinnbart. Zwei Jahre, kein Titel und das dritte ließ sich sogar noch<br />

schlechter an - so hatte er sich das gelobte Ferrari-Land nicht<br />

vorgestellt! Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ging im Fahrerlager auf<br />

Ursachenforschung. Warum klappt es bei Ferrari und Alonso nur<br />

unter außergewöhnlichen Umständen? Die befragten Ex-Fahrer<br />

und Experten sind sich einig: am Spanier liegt es nicht. Ab S. 22<br />

verraten wir, woran es dann hapert...<br />

Spanische Revolution - <strong>Fernando</strong> Alonso ist ein Einzelkämpfer,<br />

sowohl im Geiste als auch in der Formel 1 (Pedro de la Rosa hat<br />

bei HRT eher geringere Chancen auf Erfolg). Ganz anders sieht es<br />

bei Jorge Lorenzo aus: er hat um sich eine ganze Schar an<br />

Landsleuten, die sich in nahezu allen Motorradkategorien anschicken,<br />

die Weltspitze zu erobern oder zu verteidigen. Grund genug,<br />

unseren Motorradteil zum »Spanien Special« auszurufen. Darin<br />

beleuchten unsere Motorrad-Spezialisten das gesamte Ausmaß<br />

des spanischen Imperiums auf zwei Rädern.<br />

Spanische Siesta - Das kommt Ihnen alles Spanisch vor? Wie<br />

wäre es mit ein bisschen urbayerischer Abwechslung: Im Exklusiv-<br />

Interview verrät uns Schnitzer-Teamchef Charly Lamm alles zur<br />

DTM-Rückkehr von BMW. Typisch Britisch geht es derweil bei<br />

unserer Analyse der schleichenden Titelgefahr Jenson Button und<br />

des Williams-Niedergangs der letzten Jahre zu. Aber Vorsicht: auf<br />

S. 42 hat es ein Brasilianer auf Ihr Gehirn abgesehen...<br />

williams: Falsch abgebogen 38<br />

alex wurz: Brain Sucker 42<br />

top-5: Williams-Boliden 44<br />

interview: Bernd Mayländer 48<br />

history: Gilles Villeneuve 54<br />

Automobil<br />

interviews: BMW-Teamchefs 60<br />

wrc: Das fünfte Element 66<br />

WRC: Hall of Fame 68<br />

interview: Fabio Leimer 70<br />

FIA GT1: Markus Winkelhock 73<br />

technik: McLaren MP4-12C GT3 74<br />

splitter: ADAC <strong>Motorsport</strong> 76<br />

Motorrad<br />

Jorge Lorenzo: Hirn eines Champions 80<br />

history: Spanische Weltmeister 86<br />

repsol: Die Farbe Orange 90<br />

dorna: Made in Spain 92<br />

interview: Marc Marquez . 96<br />

moto3: Maverick Vinales 100<br />

top-5: MotoGP zum Schnäppchenpreis 102<br />

wsbk: Duell der Rennopas 106<br />

mehr spanier: Spanische Glanzlichter 110<br />

Service<br />

Boxenstopp 4<br />

Kolumnen 14<br />

ZIELGERADE 112<br />

Impressum 114<br />

Foto: adrivo/Sutton Titelfotos: adrivo/Sutton, milagro, WSBK<br />

2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Pro VS.<br />

PEREZ ZU FERRARI<br />

Fotos: adrivo/Sutton, sauber<br />

Mit seinem Podium in<br />

Malaysia schürte Perez<br />

die Gerüchteküche an<br />

Sergio Perez<br />

befeuert die<br />

Träume der<br />

mexikanischen<br />

F1-Fans<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Nach seiner imposanten Fahrt in Malaysia gilt Sergio Perez als heißester<br />

Kandidat auf die Nachfolge von Felipe Massa bei Ferrari. Der Brasilianer<br />

blieb in dieser Saison bislang erneut unter den an ihn gestellten Erwartungen.<br />

Für den Mexikaner wäre ein Wechsel zu Ferrari ein Glücksfall.<br />

Jeder F1-Pilot träumt davon, einmal für die Scuderia zu fahren.<br />

Perez gilt als Star der Zukunft und wo könnte er besser sein Talent unter<br />

Beweis stellen als bei einem Top-Team wie Ferrari? Mit <strong>Fernando</strong> Alonso<br />

hätte er einen zweifachen Weltmeister als Teamkollegen, der ihm einiges<br />

beibringen könnte. Auch Massa hat davon profitiert, an der Seite von<br />

Altmeister Michael Schumacher zu fahren.<br />

Dass der Sprung von einem Mittelfeld- in ein Top-Team auch erfolgreich<br />

verlaufen kann, zeigt das Beispiel Kimi Räikkönen. Nach nur einem Jahr<br />

bei Sauber heuerte der Finne bei McLaren an. Es folgten der Wechsel zu<br />

Ferrari und der WM-Titel. Auch Ferrari täte gut daran, Perez so schnell<br />

wie möglich ins rote Boot zu holen. Sicherlich wird durch den Fahrerwechsel<br />

Ferrari 2012 nicht sofort zum WM-Favoriten, denn dazu ist das<br />

Auto aktuell zu langsam.<br />

Aber der junge Mexikaner könnte neuen Wind und neue Motivation ins Team<br />

bringen. Mit Blick auf die Konstrukteurs-WM wäre ein Fahrerwechsel nur<br />

der logische Schritt. Momentan kann lediglich Alonso das Maximum aus<br />

dem Auto herausholen und im Qualifying ins Q3 fahren sowie im Rennen<br />

gute Punkte erzielen. Für die Konstrukteurs-WM und die damit verbundenen<br />

TV-Gelder braucht Ferrari aber zwei Fahrer, die das schaffen.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Schnell fahren und schnell hochjubeln - das gehört im PS-Geschäft<br />

der Formel 1 zum Alltag. Kaum hat ein Fahrer in einem Chaosrennen<br />

ein überraschend starkes Ergebnis eingefahren, wird er schon ins<br />

nächstbessere Team geschrieben. Wenn er dann auch noch Ferrari-<br />

Junior ist wie Sergio Perez, ist nicht nur die italienische Presse kaum<br />

noch zu halten.<br />

Dem jungen Piloten tut das in den wenigsten Fällen gut. Im Fall Perez<br />

könnte es sich sogar als sportlich fatal erweisen, sollte er während<br />

der Saison mit wenig Erfahrung in ein Top-Team wie Ferrari kommen<br />

und dort ohne Testmöglichkeiten ein eindeutig schwer fahrbares Auto<br />

vorfinden, mit dem selbst Felipe Massa trotz all seiner GP-Starts<br />

nicht zurecht kommt. Selbst ein erfahrener Pilot wie Giancarlo Fisichella<br />

strauchelte bei diesem Versuch als Massa-Ersatz 2009.<br />

Für die weitere Karriere von Perez könnte das vernichtende Konsequenzen<br />

haben, denn dann wäre er ein gescheiterter Ex-Ferrari-Pilot<br />

und die Formel 1 ist nur selten für zweite Chancen im Stil von Romain<br />

Grosjean bekannt. Im Normalfall heißt es eher: Rasch Hochjubeln<br />

und noch schneller wieder fallen lassen.<br />

Trotz des berechtigten Lobs für die starken Leistungen von Perez<br />

sollte man nicht vergessen, dass der Mexikaner erst seine zweite<br />

Saison fährt. Gebt ihm Zeit, sich bei Sauber in Ruhe und ohne Druck<br />

zu entwickeln. Dann ist er nach Saisonende vielleicht bereit, mit einer<br />

guten Vorbereitung im Winter den Schritt in ein Top-Team zu wagen.<br />

Text: Stephan Heublein<br />

4 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Mit dem<br />

Rotstift<br />

Mit den CRTs wurde in dieser Saison zwar bereits eine Sparklasse in<br />

der MotoGP eingeführt, doch es soll noch weiter gespart werden. Die<br />

Vorschläge dafür sind vielfältig. Dazu gehört die Regel, dass auch in der<br />

MotoGP in Zukunft nur noch eine Maschine pro Fahrer eingesetzt<br />

werden darf. Weitere Ideen: Personalreduktion, eine Preisgrenze für<br />

Leasing-Maschinen, ein Drehzahllimit und eine Standard-Elektronik.<br />

Ein Konsens ist fast überall noch weit weg.<br />

Die Motorrad-WM soll<br />

in Zukunft noch<br />

kostengünstiger<br />

werden<br />

Fotos: milagro, red bull x-fighters, yamaha<br />

Hoch hinaus<br />

Auch Bootfahren will<br />

gelernt sein - aber<br />

nicht vorsagen<br />

lassen!<br />

Spicken will gelernt sein<br />

Dani Pedrosa sorgte zum Saisonstart unfreiwillig für große Schlagzeilen.<br />

Nicht weil der Spanier sich wieder einmal ungünstig verletzt<br />

hatte, ganz anders: Pedrosa wurde beim Spicken erwischt. Bei seiner<br />

Bootsführerscheinprüfung gehörte der Honda-Fahrer zu einer<br />

Gruppe, die sich die Ergebnisse per Ohrhörer vorsagen ließ. Dem<br />

Polizeieinsatz nach zu urteilen, kam dies bei den spanischen Behörden<br />

nicht gut an. »Mit der Annahme des schlechten Ratschlags habe<br />

ich einen Fehler gemacht. Man kann dies ignorieren oder daraus<br />

lernen - ich habe daraus gelernt«, versprach er.<br />

Erinnern Sie sich noch an das Tennismatch<br />

zwischen Roger Federer und Andre Agassi<br />

auf der Hubschrauberlandeplattform des<br />

Buri Al Arab Luxushotel in circa 210 m<br />

Höhe? Nun, was Tennisspieler können, das<br />

haben Motocross-Freestyle-Spezialisten<br />

wie Dany Torres schon lange drauf, nur<br />

statt auf eine kleine gelbe Filzkugel<br />

einzuschlagen, drehte der Spanier mit<br />

seiner KTM ein paar Runden: »Ich<br />

habe noch nie ein so atemberaubendes<br />

Hotel gesehen. Wo ich<br />

herkomme, ist alles klein und hier<br />

ist einfach alles überdimensional.<br />

Hier oben muss der exklusivste<br />

FMX-Kurs des Planeten sein.«<br />

6 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Jule Krause / Falko Schoklitsch<br />

»Es ist, als ob du<br />

ScheiSSe den Berg<br />

hoch schaufelst.«<br />

Colin Edwards über die<br />

CRT-Entwicklungsarbeit<br />

Italien fährt nur Moped<br />

Wenn es nach der Statistik der MotoGP geht,<br />

dann wird in Italien nur eins gemacht: Motorrad<br />

gefahren. Meiste Titel? Bella Italia mit 75. Erfolgreichster<br />

Fahrer? Giacomo Agostini: 15 Titel,<br />

natürlich Italiener, Valentino Rossi folgt mit 9<br />

Erfolgreichste Länder*<br />

auf Rang drei und würde man nur MotoGP-Titel<br />

werten, wäre er Zweiter. Selbst wenn man die<br />

Titelträger zählt, ist Italien mit 26 die Nr. 1 und<br />

nicht einmal wenn es heißt, nur MotoGP-Klasse,<br />

kann die Statistik gefälscht werden: Italien mit<br />

20. Meiste Siege? Mit 734 liegt Italien weit vor<br />

Spanien, 329 Rennsiege Vorsprung hat die Konkurrenz<br />

und auch in der Einzelfahrerwertung<br />

liegen sie mit Agostini (122) und Rossi (105) an<br />

der Spitze.<br />

Erfolgreichste Fahrer*<br />

Land Siege Siegreiche Fahrer Titel Titelträger<br />

Fahrer<br />

Siege<br />

Italien 734 69 75 28<br />

Spanien 405 32 36 14<br />

Großbritannien 384 48 44 15<br />

*Stand: nach Katar GP 2012<br />

Giacomo Agostini (I) 122<br />

Valentino Rossi (I) 105<br />

Angel Nieto (E) 90<br />

Mike Hailwood (UK) 76<br />

Mick Doohan (AUS) 54<br />

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Technische<br />

Daten:<br />

Leistung: 300 PS<br />

Gewicht: 475 kg<br />

Radstand: 2,90 m<br />

Spur vorne: 0,6 m<br />

Spur hinten: 1,7 m<br />

Länge: 4,65m<br />

Breite: 2 m<br />

Höhe: 1,03 m<br />

Tank: 40<br />

delta<br />

wing<br />

Batmobile<br />

Mit seiner Bewerbung für die IndyCar Serie ist Delta Wings mit seinem<br />

kuriosen Rennwagen gescheitert, in der Schublade verschwindet das<br />

Projekt aber trotzdem nicht. Nun darf der Bolide bei den 24 Stunden von<br />

Le Mans an den Start gehen, wenn auch außerhalb der Wertung. Mit<br />

einem 300 PS starken Nissan-Motor und der Startnummer Null werden<br />

Marino Franchitti und Michael Krumm an den Start gehen.<br />

Timo Scheider hat<br />

zwei Räder für sich<br />

entdeckt<br />

Zweirad-SpaSS<br />

Seit mehreren Wochen begeistert sich Timo Scheider mit<br />

einem eigens angefertigten Rennrad für die Sportart, zuletzt<br />

spulte er im sonnigen Mallorca einige Kilometer ab - teilweise<br />

in Begleitung von Radprofi Marcel Wüst. Bei seinen Trainingsrunden<br />

im heimischen Österreich kann es sogar vorkommen,<br />

dass er auf Formel-1-Pilot Timo Glock trifft. Die beiden Timos<br />

lassen es sich dann natürlich nicht nehmen, einen Kaffee zu<br />

trinken und ihren Status auf Facebook zu aktualisieren<br />

Alte Hasen<br />

Jean Alesi wird im Mai sein<br />

Comeback auf der Rennstrecke<br />

geben. Der mittlerweile<br />

47-Jährige startet das legendäre<br />

IndyCar-Rennen im Cockpit<br />

von Newman/Haas-Racing.<br />

»Ich bin extrem aufgeregt<br />

wegen der ganzen Sache. Ich<br />

bin zwar nicht beunruhigt, fühle<br />

aber großen Druck auf mir<br />

lasten«, so Alesi. Der Franzose<br />

wird übrigens auf einen alten<br />

Bekannten treffen: Rubens Barrichello<br />

ist seit Anfang der Saison<br />

als Stammfahrer unterwegs<br />

und bekam trotz seiner<br />

39 Jahre den Rookie-Status<br />

zugesprochen.<br />

Rubens Barrichello<br />

Alter: 39<br />

GP-Starts: 323<br />

GP-Siege: 11<br />

Letzte Saison: 2011<br />

Jean Alesi<br />

Alter: 47<br />

GP-Starts: 201<br />

GP-Siege: 1<br />

Letzte Saison: 2001<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz, nissan, audi, lotus group<br />

8 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Fabian Schneider<br />

Drei junge Wilde<br />

für Mercedes in<br />

der DTM<br />

Junge Wilde Reloaded<br />

In der DTM-Saison 2012 setzt Mercedes neben bekannten Namen auch auf ein Junioren-Trio.<br />

Roberto Merhi und Robert Wickens geben ihr Debüt, Christian Vietoris bestreitet seine zweite<br />

Saison. Bereits Anfang der 1990er Jahre setzte Mercedes auf besonders junge Talente, die nicht<br />

unbedeutende Namen trugen. Ob sich die Erfolgsgeschichte wiederholen lässt?<br />

Formel 1<br />

Die Vorbilder<br />

Michael<br />

Schumacher<br />

Mit sieben Weltmeistertiteln<br />

ist er der erfolgreichste<br />

Formel-1-Pilot aller Zeiten.<br />

Seit 1991 hat der Kerpener<br />

bereits über 1.500<br />

WM-Punkte sammeln<br />

können. In seiner Anfangszeit<br />

fuhr er sogar vier DTM-<br />

Rennen, allerdings wenig<br />

erfolgreich.<br />

Heinz-Harald<br />

Frentzen<br />

Lange Zeit war Frentzen<br />

hinter Schumacher einer<br />

der erfolgreichsten<br />

Formel-1-Fahrer aus<br />

Deutschland, zwei seiner<br />

drei Siege holte er in der<br />

Saison 1999 und kämpfte<br />

sogar um die Weltmeisterschaft.<br />

Mittlerweile greift er<br />

im ADAC GT Masters ins<br />

Lenkrad.<br />

Karl<br />

Wendlinger<br />

Als einziger der drei ehemaligen<br />

Mercedes-Junioren blieb<br />

Wendlinger in seiner 41 Rennen<br />

andauernden Formel-1-Karriere<br />

ohne Podestergebnis. Bis zu<br />

seinem schweren Unfall in<br />

Monaco 1994 holte der<br />

Österreicher 14 Punkte,<br />

beendete seine F1-Karriere<br />

aber ein Jahr später. Wie<br />

Frentzen fuhr er danach unter<br />

anderem in der DTM.


Nico Rosberg<br />

Erste Schnellste Runde: 1. Grand Prix, Bahrain 2006<br />

Erste Pole Position: 111. Qualifying, China 2012<br />

Erster Sieg: 111. Grand Prix, China 2012<br />

Silberne Sternstunde<br />

Nico Rosberg entließ einen Urschrei in den Boxenfunk. Ausgerechnet in seinem<br />

111. Grand Prix gewann der Deutsche sein erstes Rennen in der Formel 1. Es<br />

war der zehnte GP-Sieg eines Werks-Silberpfeils und der 90. Triumph des Motorenherstellers<br />

in der Königsklasse. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren<br />

standen beim China GP ausschließlich Fahrer mit Mercedes-Motoren auf dem<br />

Podium - auch 2010 waren es Jenson Button, Lewis Hamilton und Rosberg.<br />

Werner erzielte<br />

1901 den ersten<br />

Mercedes-Sieg<br />

Der erste<br />

Mercedes-Sieg<br />

Genau 111 Jahre nach dem<br />

ersten Sieg eines Mercedes-<br />

Rennwagens bei einem Autorennen<br />

siegte Rosberg zum<br />

ersten Mal mit einem Silberpfeil<br />

der Neuzeit. Am 25.<br />

März 1901 startete Wilhelm<br />

Werner in einem nach der<br />

Tochter des Daimler-Importeurs<br />

Emil Jellinek benannten<br />

Auto beim Rennen Nizza-<br />

Salon-Nizza. Bereits zur<br />

Halbzeit des 392,5 km langen<br />

Rennens führte Werner mit<br />

zwölf Minuten Vorsprung.<br />

Nach anstrengenden sechs<br />

Stunden, 45 Minuten und 48<br />

Sekunden siegte er mit einem<br />

Vorsprung von 26 Minuten<br />

und 10 Sekunden. In einem<br />

modernen Grand Prix würde<br />

das einer Führung von fast<br />

sechs Minuten entsprechen.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz<br />

10 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Manuel Sperl / Mike Wiedel<br />

Der letzte Werkssieg<br />

Nico Rosbergs Sieg in Shanghai war der erste Sieg eines<br />

Werks-Silberpfeils seit dem Großen Preis von Italien am 11.<br />

September 1955 in Monza - also nach 20.671 Tagen Wartezeit.<br />

Teamchef Ross Brawn war damals gerade mal ein<br />

Jahr alt. Mercedes-Pilot Stirling Moss startete auf der zehn<br />

Kilometer langen Traditionsstrecke von der Pole Position<br />

und lieferte sich bis zu einem unfreiwilligen Boxenstopp ein<br />

spannendes Duell mit seinem Teamkollegen Juan Manuel<br />

Fangio, der das Rennen vor Piero Taruffi gewann.<br />

Michael<br />

Schumacher<br />

Rosbergs Teamkollege ist<br />

unumstritten der Rekordsieger<br />

in der Formel 1. Er<br />

weist eine Siegquote von<br />

mehr als 30% auf.<br />

Heinz-Harald<br />

Frentzen<br />

Drei Mal durfte der<br />

Mönchengladbacher für<br />

Jordan und Williams<br />

jubeln. Interessanterweise<br />

erzielte er nur seinen ersten<br />

GP-Sieg mit Williams.<br />

Jochen Mass<br />

Nico<br />

Rosberg<br />

Der Mercedes-Pilot krönte<br />

sich mit seinem Sieg in<br />

Shanghai zum siebten<br />

deutschen F1-Sieger. Vor 30<br />

Jahren gewann sein Vater<br />

Keke den WM-Titel.<br />

Michael<br />

Schumacher<br />

Sebastian<br />

Vettel<br />

Der amtierende Champion<br />

war in den vergangenen<br />

beiden Jahren kaum zu<br />

stoppen und schickte sich<br />

an, Schumachers Rekorde<br />

zu brechen.<br />

Ralf<br />

Schumacher<br />

Der heutige DTM-Pilot ist<br />

mit sechs Siegen noch<br />

immer der dritterfolgreichste<br />

deutsche<br />

Formel-1-Pilot.<br />

Wolfgang Graf<br />

Berghe von<br />

Trips<br />

Der Deutsche startete bei<br />

27 Formel-1-Rennen und<br />

gewann vor seinem<br />

Unfalltod in Monza 1961<br />

zwei Rennen für Ferrari.<br />

Jochen Mass<br />

Mass gewann 1975 das<br />

Rennen auf dem umstrittenen<br />

Montjuic-Kurs in<br />

Barcelona. Bei dem Rennen<br />

verloren vier Zuschauer ihr<br />

Leben, es gab nach dem<br />

Abbruch nur halbe Punkte.<br />

Silberpfeil-Siege<br />

1954/1955<br />

1954 Frankreich GP - Juan Manuel Fangio<br />

1954 Deutschland GP - Juan Manuel Fangio<br />

1954 Schweiz Juan GP - Manuel Fangio<br />

1954 Italien Juan GP - Manuel Fangio<br />

1955 Argentinien GP - Juan Manuel Fangio<br />

1955 Belgien GP - Juan Manuel Fangio<br />

1955 Niederlande GP - Juan Manuel Fangio<br />

1955 Großbritannien GP – Stirling Moss<br />

1955 Italien GP - Juan Manuel Fangio


Boxenspion<br />

BOXENSPION<br />

Button kreativ:<br />

W-Zeichen statt<br />

Siegesfinger<br />

Mark Sutton<br />

Life Through a Lens<br />

»Das Licht war einfach unglaublich als Jenson aus seinem Wagen stieg. Er kam<br />

in meine Richtung, aber ich war noch weit genug weg, um auch noch ein Stück<br />

Himmel und seine Handschuhe auf das Bild zu bekommen. Es war ganz offensichtlich<br />

ein sehr emotionaler Moment für ihn. Das Beste war, dass ich auf ihn<br />

gewettet und gewonnen hatte. Als ich ihn das letzte Mal beim Test in Barcelona<br />

sah, meinte er zu mir: »Wir sehen uns im Parc Ferme«. Das war der Grund,<br />

warum ich getippt habe, dass er die Pole Position, den Sieg und am Ende die<br />

WM holt. Bisher bin ich mit meinem Tipp sehr zufrieden!«<br />

Typisches<br />

Sepang-Wetter im<br />

Fahrerlager<br />

»Durch den Regen erweckt es<br />

den Anschein, als wäre das Bild in<br />

Schwarz-Weiß. In Malaysia sieht<br />

man die Leute mit ihren Regenschirmen<br />

ständig die Boxengasse<br />

auf und abmarschieren - einige<br />

gehen, andere rennen. So ein Foto<br />

will man unbedingt, gleichzeitig<br />

versucht man, in dem Platzregen<br />

nicht allzu nass zu werden. Es war<br />

etwas bizarr, denn am Morgen hatte<br />

noch die Sonne geschienen und<br />

nur wenig später tauchten diese<br />

schwarzen Wolken auf - genau wie<br />

am Renntag. Ich denke, das Foto<br />

aus dem Paddock-Bereich mit<br />

dem Regen ist typisch für Malaysia.<br />

Man sieht auf dem Bild auch ganz<br />

genau, wie finster es war.«<br />

Kamui Kobayashi<br />

lässt es gerne<br />

krachen - die<br />

armen Reifen<br />

„Es ist einfach großartig, wie verdammt schnell die<br />

Piloten in die Kurve fahren und beim Bremsen leicht<br />

einfedern. Man kann sogar den Pirelli-Schriftzug<br />

lesen, weil die Reifen blockieren und das Bild<br />

dadurch quasi eingefroren wird. Ich machte diese<br />

Aufnahmen mit einem 500mm-Objektiv aus der<br />

Hand heraus und schwenkte den Autos mit der<br />

Kamera einfach durch die letzte Kurve des Kurses<br />

hinterher. Bei Kobayashi blockierte das Rad extrem;<br />

das passierte ihm noch, bevor er durch die<br />

Kurve gefahren war. Ich mag es, wie das Lenkrad<br />

einschlägt und der Helm des Fahrers auf der<br />

Seite des Cockpits hängt, während er versucht,<br />

das Auto wieder einzufangen. Das erschafft ein<br />

großartiges Bild. Ich kann Euch sagen: mein<br />

Rücken brachte mich fast um, nachdem ich<br />

so lange ein 5 kg schweres Objektiv durch die<br />

Kurve geschwenkt hatte!“


Top-3 Sprüche<br />

1. »Hoffst du auf chaotischere<br />

Rennen durch die neuen Reifen?« -<br />

»Meine Rennen waren letztes Jahr<br />

chaotisch genug. Ich will nicht noch<br />

mehr Chaos.« (Lewis Hamilton)<br />

nicht verpassen:<br />

alles neu auf<br />

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Fotos: adrivo/Sutton, adac gt masters, infiniti<br />

2. »Warum zeigen die mir ständig blaue Flaggen?« - »Die Flaggen<br />

sind für die Autos hinter dir!« (Kimi Räikkönen im Funk mit<br />

seinem Ingenieur)<br />

3. »Vor diesem Rennen arbeiteten wir 24 h<br />

am Tag, jetzt müssen wir eben 25 h täglich<br />

arbeiten.« (<strong>Fernando</strong> Alonso nach Australien)<br />

Kung Fu Vettel<br />

Wenn der Saisonstart nicht nach Wunsch verläuft<br />

und so manches Auto im Weg herumsteht, muss<br />

auch ein Doppelweltmeister mal Dampf ablassen.<br />

Sebastian Vettel machte das bei einem PR-Termin<br />

mit Kung-Fu-Star Celina Jade. Die Überrundeten<br />

sollten sich also ab sofort besser vorsehen!<br />

Tippspiel:<br />

Top-Preise abräumen<br />

Auch in dieser Saison gibt es wieder die Möglichkeit,<br />

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winkt dem besten Tipper der Hauptpreis ‚Formel selber<br />

fahren auf dem Lausitzring‘.<br />

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Mehr Motorräder,<br />

mehr Teams und<br />

geringere Kosten<br />

beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder nicht<br />

haben, sondern wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird.<br />

Verdienen<br />

statt<br />

Sparen<br />

Ja, die Teams können nun etwas freier atmen und sogar in der MotoGP gibt es<br />

erstmals wieder Zuwachs, doch das grundsätzliche Problem ist dadurch noch lange<br />

nicht im Griff - und damit sind nicht die immer höher werdenden Kosten für Satelliten-Maschinen<br />

gemeint. Denn es ist so, dass zwar gespart wird, aber auf der<br />

Einnahmenseite keine wirklichen Zuwächse zu verzeichnen sind. Und genau dort<br />

liegt der Hund begraben: solange die Einnahmen nicht steigen, wird die Abwärts-<br />

Spirale weitergehen. Da kann sich die Dorna noch so viele Maßnahmen wie ein<br />

Drehzahllimit oder eine Standard-Elektronik überlegen - wogegen es ohnehin<br />

Widerstand der Hersteller gibt -, wenn die Einnahmen bei den Teams nicht wieder<br />

wachsen, führt die Reise weiter ins Nirgendwo.<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

Es hasst so ziemlich jeder, wenn am Ende des Gehalts noch zu viel Monat übrig<br />

ist. Dann muss jeder Cent umgedreht werden und es gilt, aus möglichst wenig<br />

möglichst viel zu machen. Noch schlimmer ist es für Unternehmen, wenn sie in die<br />

Zwickmühle geraten. Im Normalfall werden dann Leute auf Kurzarbeit geschickt<br />

oder gleich freigestellt, die Ausgaben werden reduziert und es wird versucht, möglichst<br />

kostensparend zu agieren, um ja irgendwie handlungsfähig zu bleiben. Für<br />

Firmen ist das die Höchststrafe, bevor ganz das Ende droht.<br />

Sparen, sparen, sparen, irgendwoher kommt einem das doch bekannt vor. Die<br />

Motorradweltmeisterschaft hat in den vergangenen Jahren ein rigoroses Sparprogramm<br />

gefahren, zunächst wurde die 250er zur Moto2, um dort billigeren<br />

Rennsport zu ermöglichen, in diesem Jahr musste die 125cc-Klasse schließlich<br />

der Moto3 weichen und in der MotoGP gibt es die Prototyp-Serien-Hybriden CRT.<br />

Während es ein nobler Plan ist, die Starterfelder wieder aufzustocken und gleichzeitig<br />

gerade in den kleineren Klassen wieder mehr Chancengleichheit zu schaffen,<br />

indem das alte System von teuren Werks-Maschinen versus nicht so teure,<br />

aber unterlegene Second-Hand-Maschinen abgeschafft worden ist, so ist mit<br />

Sparen nicht alles getan.<br />

Es ist ja auch bezeichnend, dass das Yamaha-Werksteam nach dem Abgang von<br />

Valentino Rossi das zweite Jahr in Folge ohne Hauptsponsor antritt. Zwar wird<br />

kommuniziert, man konzentriere sich darauf, die eigenen Yamaha-Marken zu vermarkten<br />

und will daher den Wert der Sponsorenplätze nicht zu billig abgeben, dass<br />

sich aber so gar niemand finden will, der den geforderten Preis bezahlt, ist durchaus<br />

bezeichnend. Noch spannender könnte es werden, was der kleine Hersteller Ducati<br />

macht, sollte Rossi irgendwann einmal genug haben und sich verabschieden. Mit<br />

ihm dürften viele Geldgeber gehen, die sich im blasser werdenden Glanz der Ikone<br />

sonnen wollen.<br />

Es ist also eindeutig, beim Sparkurs in der MotoGP geht es nicht um haben oder<br />

nicht haben, sondern darum, wie das Nicht-Haben am besten kaschiert wird. Sollten<br />

es die Verantwortlichen aber nicht schaffen, diesen Kurs zu ändern, dürfte auch<br />

das nicht mehr genügen. Anscheinend haben viele es versäumt, das Ende der<br />

Tabaksponsoren mit neuen Konzepten abzufangen. Stattdessen herrscht weiter<br />

die Hoffnung, dass schon jemand mit dem dicken Scheckheft kommt, sobald die<br />

Wirtschaftskrise endgültig überwunden ist. Dazu eine kleine Nachricht an die<br />

MotoGP: Leute mit dickem Scheckheft gibt es auch jetzt, sie wollen aber auch in<br />

das richtige Produkt investieren. Und da müssen sich auch die Verantwortlichen<br />

bei der Dorna an die Nase fassen. Eine Weltmeisterschaft mit vier Rennen in Spanien,<br />

plus jenem in Portugal sowie zwei in Italien ist nicht unbedingt bestens geeignet,<br />

um sich als sehr international zu präsentieren. Aber da soll sich ja vielleicht bald<br />

etwas ändern, es könnte nicht schaden.<br />

Fotos: milagro<br />

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Audi, BMW, Mercedes -<br />

welcher Hersteller wird<br />

erster Champion der<br />

neuen DTM-Ära?<br />

DEBATTE<br />

Die neue DTM-Ära - besser als bisher<br />

Die Zeit der neuen DTM ist angebrochen. Mit Rückkehrer BMW und völlig neuen Autos<br />

weht ein frischer Wind durch die Tourenwagenserie. Aber wird dadurch wirklich alles<br />

besser? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> diskutiert.<br />

Robert Seiwert: Neue Autos, neuer Hersteller - die DTM 2012 verspricht Spannung<br />

pur. Aber: Kann BMW als Neueinsteiger überhaupt mit den etablierten<br />

Mercedes-Benz und Audi mithalten? Fahren die drei Hersteller 2012 wirklich auf<br />

Augenhöhe?<br />

Fabian Schneider: Ja, davon bin ich überzeugt. BMW hat mit dem technischen<br />

Hintergrund aus seiner Vergangenheit in der Formel 1 gute Voraussetzungen und<br />

konzentriert sich schon sehr lange auf den Einstieg in die DTM. Durch die Homologation<br />

sollte die ITR sowieso alle drei Hersteller auf ein Niveau gebracht haben.<br />

Annika Kläsener: Zudem hatte BMW viel Zeit, die neuen Boliden zu<br />

entwickeln, während Audi und Mercedes im vergangenen Jahr noch um<br />

die Meisterschaft kämpften. Mit dem ausgiebigen Testprogramm der<br />

Münchner können weder Mercedes-Benz noch Audi mithalten.<br />

in der vergangenen Saison ein enges Duell um die Meisterschaft und<br />

werden sich bei BMW mit Sicherheit gegenseitig zu Höchstleistungen<br />

antreiben.<br />

Fabian: Vielleicht sollte man sich nicht nur auf die DTM-Routiniers konzentrieren.<br />

Schließlich gibt es seit Jahren endlich einmal wieder neue Autos - alle fangen quasi<br />

bei Null an. Vielleicht überrascht ja auch einer der Rookies, weil er besonders unbefangen<br />

in die Saison starten kann?<br />

Robert: Hast Du einen bestimmten Fahrer im Sinn?<br />

Fabian: Robert Wickens zum Beispiel. Der Junge ist in den letzten Jahren dutzende<br />

verschiedene Rennserien gefahren und hat überall Siege geholt. Warum sollte ihm<br />

das nicht auch in der neuen DTM gelingen?<br />

Robert: Entwicklungsarbeit ist schön und gut, aber was ist mit den wichtigen<br />

Dingen abseits der Autos? Rennstrategie, Erfahrung mit den unterschiedlichen<br />

Strecken, Zusammenarbeit innerhalb der Teams - ich denke, dass BMW in dieser<br />

Hinsicht einen Nachteil hat, der sich stark auf die Rennen auswirkt und deshalb<br />

zumindest im ersten Jahr den beiden Konkurrenten hinterherhinkt.<br />

Fabian: Man darf aber nicht vergessen, dass BMW nicht jetzt erst in die Welt des<br />

<strong>Motorsport</strong>s einsteigt. Mit ihren Engagements in der F1, der WTCC und auf der<br />

Langstrecke haben sie in den vergangenen Jahren extrem viel Erfahrung sammeln<br />

können. Da sollte es doch eigentlich kein Problem sein, zehn DTM-Rennen in einer<br />

Saison standesgemäß über die Bühne zu bringen.<br />

Robert: Na ja, die Messlatte in der DTM liegt extrem hoch. In der Vergangenheit<br />

entschieden Hundertstelsekunden über Sieg oder Niederlage und ich kann mir<br />

kaum vorstellen, dass BMW im Vergleich zur gestandenen Konkurrenz von Beginn<br />

auf diesem Niveau mithalten kann.<br />

Annika: Mit Martin Tomczyk und Bruno Spengler hat BMW allerdings zwei<br />

erfahrene DTM-Piloten von Audi und Mercedes abgeworben, die bei der<br />

Entwicklung der Boliden eine wichtige Rolle spielen. Beide lieferten sich<br />

Robert: Möglich. Ich glaube allerdings, dass sich die Erfahrung im Feld wieder<br />

einmal durchsetzen wird - egal, ob die Autos neu sind. Am Ende stehen doch<br />

wieder die üblichen Verdächtigen vorn.<br />

Annika: Egal ob Rookie oder Routinier - da alle neue Autos haben, werden<br />

wir spannende Duelle auf Augenhöhe sehen, die für einen vielseitigen<br />

Wettbewerb statt Grabenkämpfen zwischen zwei Herstellern sorgen. Auch<br />

innerhalb der Autobauer wird der Konkurrenzkampf durch den Wegfall<br />

der Jahreswagen angeheizt.<br />

Fabian: Die neue Situation belebt den Sport auf jeden Fall. Nach den Jahren der<br />

Zweisamkeit hat die DTM eine Neuerung dringend benötigt. Viel länger hätte es nicht<br />

dauern dürfen. Die Frage bleibt, wer sich am schnellsten auf die neuen Begebenheiten<br />

einstellen kann.<br />

Robert: Ich denke auch, dass alle Beteiligten den ewigen Zweikampf satt hatten<br />

und frischer Wind nötig war. Doch trotz all der Vorschusslorbeeren wird sich erst<br />

noch zeigen müssen, ob die neuen Autos wirklich für mehr Chancengleichheit<br />

sorgen oder ob in der neuen DTM unterm Strich nicht doch Prozessionen auf der<br />

Strecke und immer die gleichen Sieger an der Tagesordnung bleiben.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, dtm<br />

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+++ IM Vergleich +++ IM Vergleich +++ IM Vergleich+++<br />

schneller boxenstopp Drei Sekunden - länger dauert ein Boxenstopp in der Formel 1 nicht, inklusive<br />

dem Wechseln aller vier Räder. In der Saison 2011 waren Mercedes und Red Bull am schnellsten und konstantesten bei der Arbeit in der<br />

Boxengasse. Das würde sich wahrscheinlich ändern, wenn Mercedes ähnliche Taktiken anwenden würde wie das Vorgänger-Team British<br />

American Racing. Das ehemalige Honda-Werksteam ließ schon mal diese drei Damen zur Arbeit in der Boxengasse antanzen - voll ausgerüstet<br />

mit Lollipop, Schlagschraubern und<br />

natürlich den knappsten Bikinis des Sponsors. Damit würden sie beim Rennboxenstopp<br />

wohl etliche Blicke auf sich ziehen<br />

und die Konkurrenz wertvolle Sekunden kosten.<br />

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Wortduell: Gurkenzüchter<br />

gegen heulendes Baby<br />

- wirklich cool sah keiner<br />

der Streithähne dabei aus<br />

Dass bei Sebastian Vettel in Malaysia etwas die<br />

Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich.<br />

Gurkenzüchter<br />

vs. heulende Babys<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Mit hochrotem Kopf rannte Sebastian Vettel durch das malaysische Fahrerlager.<br />

Im Inneren des Weltmeisters brodelte es - das war nicht zu übersehen und<br />

bei den anstehenden Interviews auch nicht zu überhören. »Wie im echten<br />

Leben auch, gibt es ein paar Gurken, die rumfahren. Manche sind mit der<br />

Situation wohl ein bisschen überfordert und sehen nicht ganz, wo ihr Auto ist«,<br />

machte Vettel seinem Ärger über HRT-Pilot Narain Karthikeyan freie Luft. Der<br />

Inder bezeichnete im darauffolgenden medialen Schlagabtausch Vettel als<br />

heulendes Baby. Ein gefundenes Fressen für die Medien, das bis zum Ende<br />

ausgeschlachtet wurde. Es wurden Experten befragt, die je nach Sympathie<br />

für die eine oder andere Seite Partei ergriffen, hinzu kamen Statements der<br />

jeweiligen Teamchefs, Fahrerkollegen und jedem anderen, der sonst noch<br />

seinen Senf dazu abgeben wollte. Doch viel interessanter ist die Tatsache,<br />

dass Vettel in Malaysia einen kurzen Blick hinter seine Fassade gewährte.<br />

Sonst stets gut gelaunt und für einen guten Spruch zu haben, war Vettel in<br />

Sepang das Lachen vergangen. Statt dem Siegesfinger gab es den Stinkefinger<br />

- kein Wunder, wenn man sich auf Platz vier liegend den Hinterreifen bei einem<br />

Überrundeten aufschlitzt und dann ohne Punkte nach Hause fahren muss.<br />

Unumstritten befindet sich Vettel in einer für ihn ungewohnten Situation. In<br />

den letzten beiden Jahren wurde der Red-Bull-Pilot vom Erfolg verwöhnt,<br />

brach einen Rekord nach dem anderen und heimste zwei WM-Titel in Folge<br />

ein. Dieses Jahr hatte er weder in Australien noch in Malaysia eine reelle<br />

Chance auf den Sieg, weshalb so manche Medien in dem verbalen Schlagabtausch<br />

mit Karthikeyan gleich viel mehr herauslesen wollten. Nicht zu vergessen,<br />

dass Vettel angeblich auch noch die Order des Teams ignorierte und das<br />

Rennen zu Ende fuhr, statt seinen RB8 vorzeitig abzustellen. Das ließ einerseits<br />

bei so manchem Fan die Alarmglocken schrillen und heizte andererseits die<br />

Gerüchte an, wonach die Teambosse »not amused« seien und Vettel nach dem<br />

Malaysia GP in Milton Keynes eine ordentliche Standpauke erwarte. So mancher<br />

dürfte wohl auch schon den Champagner kalt gestellt haben, in der Erwartung,<br />

dass nun endlich die immer wieder auftauchenden Ferrari-Wechselgerüchte<br />

Wahrheit würden - und Ferrari würde sicherlich keine Sekunde zögern und<br />

Vettel anstelle von Felipe Massa in den roten Boliden setzen. Sebastian Vettel<br />

und <strong>Fernando</strong> Alonso, Seite an Seite bei Ferrari - was wäre das für eine Schlagzeile!<br />

Träumen ist durchaus erlaubt, doch die Realität sieht anders aus. Sicherlich<br />

ist es nicht von der Hand zu weisen, dass es bei Red Bull zu Saisonbeginn<br />

alles andere als rund lief. Die Dominanz aus dem Vorjahr ist zumindest momentan<br />

nicht mehr vorhanden, was nicht heißt, dass Red Bull dieses Jahr nicht<br />

trotzdem den Titel gewinnen kann. Schließlich wissen die Jungs rund um<br />

Adrian Newey, was ein Weltmeisterauto ausmacht und dass bei Vettel in Malaysia<br />

etwas die Pferde durchgingen, ist nur allzu menschlich. Zudem war der<br />

Deutsche noch nie einer von jenen PR-Typen, die in die Kamera grinsen, weil<br />

es eben gut für das eigene und das Team-Image ist. »Manchmal reichen 10<br />

Minuten nach dem Rennen, um wieder herunterzukommen. Manchmal eben<br />

nicht. In Malaysia habe ich mich so verhalten, wie ich mich gefühlt habe. Am<br />

Montag - als ich eine Nacht darüber geschlafen hatte - war meine Stimmung<br />

wieder normal«, erzählte Vettel. Und gerade diese Geradlinigkeit und Ehrlichkeit<br />

machen Vettel zu einem echten Sympathieträger.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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Foto: adrivo/Sutton<br />

gut Ding will<br />

weile haben<br />

Rasenmähen im<br />

Eiltempo: Wenn Lewis<br />

Hamilton auch Ihren<br />

Wembley-Rasen stutzen<br />

soll, wenden Sie sich<br />

bitte an Ron Dennis<br />

Gelächelt hat Nico Rosberg, als er bei seiner Vertragsverlängerung<br />

mit Mercedes sagte: »Wenn ich mein<br />

erstes Rennen in einem Silberpfeil gewinne, wird dies<br />

einer der Höhepunkte in meinem bisherigen Leben<br />

sein.« Gelächelt haben die Experten und Konkurrenten,<br />

als sie die Erfüllung dieser Ankündigung vorerst als<br />

Science Fiction ansahen. Über beide Ohren gestrahlt<br />

hat Rosberg, als er in Shanghai sein erstes Rennen<br />

gewann und den Kritikern bewies: die nahezu allgegenwärtigen<br />

Hinweise auf den Aufbauprozess bei<br />

Mercedes waren keine leeren Phrasen, im dritten Jahr<br />

ist das Team aus eigener Kraft in der Lage, um Poles<br />

und Siege mitzufahren. Wer zuletzt lacht, lacht eben<br />

doch am besten. - Stephan Heublein<br />

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Fotos: ferrari, adrivo/Sutton


Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

<strong>Alonsos</strong><br />

Egoistisch, verbissen und ein schlechter Verlierer: Niederlagen bereiten<br />

<strong>Fernando</strong> Alonso fast schon körperliche Schmerzen. Der wohl kompletteste<br />

aktive Formel-1-Pilot erleidet bei Ferrari höllische <strong>Qualen</strong>.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> geht seinen Quälgeistern auf den Grund.<br />

<strong>Qualen</strong><br />

Blitze zucken über den dunklen Himmel, Donner<br />

grollt in der Ferne, selbst die Zeitmessung<br />

und die Ampelanlage geben sich kurzfristig den<br />

Naturgewalten geschlagen. Die Weltuntergangs-<br />

Atmosphäre beim Großen Preis von Malaysia<br />

könnte nicht besser zur verzweifelten Lage bei<br />

Ferrari passen. Das Auto ist erneut kein großer<br />

Wurf, die Scuderia muss abermals mit Siebenmeilenstiefeln<br />

aufholen. Mitten in diese<br />

Mischung aus Frust und Chaos platzt das<br />

Undenkbare: <strong>Fernando</strong> Alonso gewinnt den<br />

zweiten WM-Lauf in Sepang. »Der einzige bei<br />

Ferrari, der sich zu Ruhm fährt, ist <strong>Fernando</strong><br />

Alonso«, sagt Christian Danner dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

bestimmt. »Was er aus dem Auto<br />

herausholt, ist einfach phänomenal.« Wie im<br />

Vorjahr in Silverstone nutzt er die Gunst der<br />

Stunde, die Schwächen und Fehler der Konkurrenz<br />

und staubt einen unerwarteten Sieg ab.<br />

Doch die Realität holt ihn bald ein. Die Bedingungen<br />

waren außergewöhnlich, das wahre<br />

Leistungsbild verzerrt. »Dieses Jahr gewinnt er<br />

mit Ferrari definitiv nicht die WM«, prophezeit<br />

Johnny Herbert. Für den stolzen Spanier ist das<br />

die Höchststrafe. Alonso möchte immer gewinnen.<br />

Die vielen Baustellen in Maranello lassen<br />

jedoch befürchten, dass dem Doppelweltmeister<br />

erneut eine verlorene Saison ins Haus stehen<br />

könnte.<br />

Quälgeist 1: Die Regeln<br />

Selbst einem Top-Team wie Ferrari passiert<br />

von Zeit zu Zeit der Fehler, einem Konzept<br />

zu folgen, das nicht funktioniert. In der Vergangenheit<br />

konnte die Scuderia in solchen<br />

Situationen den Vorteil der hauseigenen Teststrecken<br />

in Fiorano und Mugello ausspielen.<br />

Dort spulte der Rennstall tausende Kilometer<br />

ab, bis man eine Lösung für das Problem<br />

gefunden hatte. Durch das Testverbot besitzt<br />

Ferrari diesen Trumpf nicht mehr. Wie alle<br />

anderen muss <strong>Fernando</strong> Alonso auf den<br />

Simulator zurückgreifen oder neue Teile an<br />

einem Rennwochenende testen. Ein herber<br />

Nachteil, vor allem wenn es um die Aerodynamik<br />

geht, die in den letzten Jahren zum<br />

entscheidenden Faktor im Kampf um Siege<br />

und Titel geworden ist. Jedes Team tut gut,<br />

ein Design-Genie wie Adrian Newey an Bord<br />

zu haben. Doch während in der Vergangenheit<br />

McLaren und Red Bull von Neweys<br />

Tricks profitierten, weigerte sich der Brite<br />

stets, ins rote Lager zu wechseln. Eine<br />

Schmach für Luca di Montezemolo und die<br />

Scuderia Ferrari - besonders in der aktuellen<br />

Situation. »Wir haben erst wenige Rennen<br />

hinter uns, aber Ferrari fährt momentan<br />

sicherlich hinter den eigenen Ansprüchen«,<br />

erklärt Alexander Wurz.<br />

→<br />

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Alonso quetscht<br />

alles aus dem<br />

roten Renner<br />

heraus<br />

Quälgeist 2: Das Auto<br />

Der mittlerweile dritte Ferrari-Bolide von<br />

<strong>Fernando</strong> Alonso hat wenig gemein mit einer<br />

roten Göttin. Die hässliche Nase des F2012<br />

ist zwar dem neuen Reglement geschuldet,<br />

doch auch der Speed des Wagens ist alles<br />

andere als göttlich. »Im Moment sind sie verdammt<br />

weit weg«, sagt Johnny Herbert. Das<br />

Urteil von Alexander Wurz fällt weniger vernichtend<br />

aus: »Der Rennspeed war in den<br />

ersten Rennen nicht so schlecht, aber auch<br />

nicht wirklich gut.« Nichtsdestotrotz konnte<br />

Alonso zu Beginn der Saison wichtige Punkte<br />

holen, nun kommt es auf die Entwicklungsarbeit<br />

der Scuderia an. »Ferrari kann sicher<br />

noch ein gehöriges Wörtchen mitreden.<br />

Schließlich haben sie alle Ressourcen, um<br />

eine effiziente Entwicklung zu betreiben«, ist<br />

Marc Surer überzeugt. Dafür muss Ferrari<br />

allerdings bei der Aerodynamik ein riesiger<br />

Sprung nach vorne gelingen, denn im Vergleich<br />

zum RB8 oder MP4-27 produziert der<br />

F2012 zu wenig Abtrieb. Deshalb ist Herbert<br />

überzeugt: »Nichts kann die Saison von Ferrari<br />

retten, außer das Team findet ein Aerodynamik-Paket,<br />

das gleich gut funktioniert<br />

wie das der anderen.«<br />

Fotos: adrivo/Sutton, ferrari<br />

24 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Quälgeist 3: Das Team<br />

Wenn die Erfolge ausbleiben, wird schnell ein Sündenbock gesucht.<br />

Im Fall von Ferrari nimmt Teamchef Stefano Domenicali diese Rolle<br />

ein. »Ihn rauszuschmeißen ist keine Lösung«, sagt Wurz. Auch zu<br />

Erfolgszeiten war es nicht Michael Schumacher allein, der alles getragen<br />

hat, sondern fünf, sechs Top-Leute, die sich gegenseitig den Rücken<br />

gestützt haben. Aktuell scheint Ferrari seine Energie in anderen<br />

Bereichen aufzureiben. »Wenn nicht alle an einem Strang ziehen, sondern<br />

versuchen, sich gegenseitig den Stuhl wegzuziehen, dann kommt<br />

die Energie nie beim Produkt an«, erklärt Wurz. Zudem ist es nicht<br />

Domenicali, der das Auto konstruiert und baut. »Viel eher muss sich<br />

Ferrari die Frage stellen, ob an der Spitze des Technikerstabs die richtigen<br />

Leute sitzen«, meint Surer. Mit Aldo Costa musste im letzten Jahr<br />

bereits ein Sündenbock seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger Pat Fry<br />

ist keineswegs ein genialer Designer, sein F2012 floppte bislang: »Sie<br />

haben sich früh auf das diesjährige Auto konzentriert«, so Surer. »Das<br />

Ergebnis war, dass sie ein Auto gebaut haben, das noch schlechter war<br />

als das vorherige.«<br />

→<br />

→<br />

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Fotos: adrivo/Sutton, ferrari


Quälende Frage:<br />

Aufs falsche<br />

Pferd gesetzt?<br />

In <strong>Fernando</strong> Alonso sehen die meisten Experten<br />

einen der besten, wenn nicht sogar den<br />

besten Fahrer in der Königsklasse. Doch die<br />

Formel 1 ist keine Ein-Mann-Show - auch das<br />

Team muss passen. Die ruhmreiche Scuderia<br />

gehört auch in dieser Saison nicht zu den allerbesten<br />

Fahrzeugkonstrukteuren ihrer Zunft.<br />

Alonso musste bereits zu Saisonbeginn alles<br />

aus dem schwächelnden F2012 herausholen -<br />

und mehr. »Er fährt momentan einfach da, wo<br />

sich Ferrari befindet«, analysiert Alex Wurz.<br />

»Das ist unterm Strich nicht gut genug - egal<br />

ob Tifosi oder nicht. Ferrari muss hart<br />

arbeiten.« Eine Situation, die den erfolgsverwöhnten<br />

Spanier garantiert nicht befriedigt,<br />

obwohl er von Beginn seiner roten Karriere an<br />

nur Lobeshymnen auf das Team sang. Ferrari<br />

sei sein Traumteam, seine neue Familie, er<br />

werde seine Formel-1-Karriere ganz sicher in<br />

Maranello beenden. Alonso wusste von Anfang<br />

an, was die leidenschaftliche Scuderia, die<br />

heißblütigen Tifosi und die finanzkräftigen<br />

Sponsoren hören wollten. In der Formel 1 kann<br />

es allerdings ganz schnell gehen - auch bei<br />

McLaren schwang Alonso einst bewegende<br />

Antrittsworte, der Nachhall in Ron Dennis‘<br />

Büro hört sich heute ganz anders an... Das lässt<br />

die Frage aufkommen, ob <strong>Alonsos</strong> langfristige<br />

Vertragsverlängerung mit Ferrari nicht doch<br />

ein schwerwiegender Fehler gewesen ist. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat sich im Fahrerlager<br />

umgehört.<br />

David Coulthard: Nein, absolut<br />

nicht. <strong>Fernando</strong> fuhr für Renault und McLaren.<br />

Klar will er Weltmeisterschaften gewinnen, was<br />

ihm seit 2006 nicht mehr gelungen ist, aber als<br />

Fahrer hat man ein Gefühl und aufgrund dessen<br />

geht man eine Verpflichtung ein. Ohne Zweifel<br />

hat <strong>Fernando</strong> alle Fähigkeiten, um auch in der<br />

Zukunft Weltmeistertitel in der Formel 1 zu<br />

gewinnen.<br />

Ist Alonso bei<br />

Ferrari im<br />

falschen Team<br />

für Siege und<br />

WM-Titel?<br />

Alexander Wurz: Ob Alonso mit<br />

Ferrari auf das falsche Pferd gesetzt hat? Das<br />

kommt darauf an, ob man es aus finanzieller<br />

oder sportlicher Sicht sieht. Aus finanzieller<br />

Sicht hoffe ich für ihn, dass die Zahlungen rechtzeitig<br />

ankommen. Aus sportlicher Sicht hat es<br />

sich bisher nicht ausgezahlt.<br />

Johnny Herbert: Im Moment kann<br />

er nirgends hin. Ich würde ihm momentan auch<br />

nicht raten, zu Mercedes zu gehen und dort im<br />

nächsten Jahr Michael Schumacher abzulösen.<br />

Aktuell muss <strong>Fernando</strong> abwarten, was in der<br />

Boxengasse passiert, was die anderen Fahrer<br />

machen und vielleicht ergibt sich für ihn dann<br />

die Chance, von Ferrari wegzugehen. Dieses Jahr<br />

gewinnt er mit Ferrari definitiv nicht die WM. Es<br />

besteht aber die Möglichkeit, dass er in der<br />

Zukunft mit der Scuderia noch Weltmeisterschaften<br />

gewinnen kann, aber es besteht auch<br />

die Chance, dass es mit Ferrari genauso weitergeht<br />

wie jetzt.<br />

Marc Surer: <strong>Alonsos</strong> Fehler ist nicht,<br />

dass er sich jetzt so lange bei Ferrari verpflichtet<br />

hat und deshalb klipp und klar sagt: »Ferrari ist<br />

mein Team.« Alonso hat den Fehler viel früher<br />

begangen, als er bei McLaren weggelaufen ist,<br />

nur weil es da einen schnellen, jungen Fahrer<br />

namens Lewis Hamilton gab. Aber das war halt<br />

sein verletzter Stolz, weil er bei McLaren damals<br />

nicht die alleinige Nummer 1 war.<br />

Christian Danner: Alonso musste<br />

oder wollte damals von McLaren-Mercedes weg.<br />

Meiner Meinung nach war es ein Fehler, wie er<br />

sich in dieser Situation verhalten hat. Danach<br />

hatte er keine Chance mehr, nach Woking<br />

zurückzugehen. Zu Red Bull konnte er ebenso<br />

wenig und auch im Moment ist die Tür dort zu,<br />

so lange Mark Webber weiter neben Sebastian<br />

Vettel fährt.<br />

Marc Surer: Wenn Alonso es bei<br />

McLaren durchgezogen und sich durchgekämpft<br />

hätte, dann wäre er heute bestimmt<br />

schon zweimal öfter Weltmeister. Ich vergleiche<br />

das gerne mit Ayrton Senna, der ist damals<br />

auch zu McLaren gewechselt und hat sich mit<br />

Alain Prost einen schwierigen und verdammt<br />

schnellen Teamkollegen angetan, obwohl er<br />

wusste, dass kein angenehmer Zeitgenosse im<br />

anderen Auto sitzen würde. Aber Senna hat das<br />

in Kauf genommen, um im besten Auto zu sein<br />

- mit dieser Einstellung hat er sich am Ende<br />

durchgesetzt.<br />

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Text: Karin Sturm<br />

AbgestoSSene<br />

Hörner<br />

Von der Ersatzbank zurück ins Renngeschehen: Nico Hülkenberg<br />

gehört nach einem Jahr als Testfahrer wieder zum elitären Kreis<br />

der Formel-1-Stammpiloten. Dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verrät er das<br />

beste Entrostungsmittel.<br />

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Nico Hülkenberg ist<br />

nach einer Zwangspause<br />

zurück in der<br />

Startaufstellung<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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MSM: Nach den Wintertests warst du sehr<br />

optimistisch, was eure Performance anging<br />

- wie sieht das nach den ersten Rennen aus?<br />

NICO HÜLKENBERG: In Australien war ich<br />

nach dem Qualifying noch sehr zufrieden,<br />

nachdem es in den ersten Trainings noch<br />

nicht so toll schien. Über das Rennen konnte<br />

ich dann ja nichts sagen, weil ich nicht mal<br />

eine halbe Runde gefahren bin, ehe mich die<br />

Kollision erwischt hat. Mein Teamkollege<br />

Paul [di Resta] war da auch nicht extrem<br />

schnell, es war schwer zu sagen, ob ich besser<br />

ausgesehen hätte, ganz gleich war unser Setup<br />

nicht. Aber ein bisschen hat sich da wohl<br />

schon angedeutet, dass wir mit dem Speed<br />

vielleicht nicht ganz da sind, wo wir nach den<br />

Tests gedacht hatten.<br />

Das hat sich dann in Malaysia bestätigt?<br />

Ja schon. Die zwei Punkte in Sepang waren<br />

zwar okay, aber wir mussten ganz ehrlich<br />

feststellen, dass uns etwas Speed fehlt. Sowohl<br />

der Sauber als auch der Williams scheinen im<br />

Moment eindeutig schneller zu sein als unser<br />

Auto, das mussten wir klar feststellen.<br />

Maldonado hat in Malaysia hinter mir<br />

gewaltig Druck gemacht, bis zu seinem<br />

Motorschaden.<br />

Wo liegen eure Hauptprobleme - alles<br />

Aerodynamik oder auch im mechanischen<br />

Bereich?<br />

Ich glaube, das ist von allem ein bisschen<br />

etwas. Im Endeffekt läuft es auf die Bereiche<br />

Traktion und zu wenig Abtrieb hinaus, vor<br />

allem Abtrieb ist bekanntlich das Dauerthema<br />

in der Formel 1.<br />

Bis wann könnt ihr etwas daran ändern,<br />

neue Teile bringen und aufholen?<br />

Bis zum Europaauftakt in Barcelona sollte<br />

schon einiges kommen - aber wir müssen<br />

natürlich auch sehen, was die anderen bis<br />

dahin bringen. Aufholen ist nie einfach, aber<br />

wir werden natürlich alles daran setzen, mit<br />

einem überarbeiteten Auto noch einen<br />

Sprung nach vorne zu machen. Wir müssen<br />

sehen, dass wir jetzt unsere Hausaufgaben<br />

wirklich gut machen. Das Niveau im Mittelfeld<br />

ist sehr eng und sehr hoch, das Entwicklungstempo<br />

extrem, da kann die kleinste<br />

Kleinigkeit entscheidend sein.<br />

Mit welchem Gefühl bist du in deine zweite<br />

Saison als Stammpilot gegangen?<br />

Es war definitiv eine ganz andere Gefühlslage<br />

als Anfang 2010 bei meinem Formel-1-Debüt<br />

mit Williams. Ich habe einen ganz anderen<br />

Wissens- und Kenntnisstand, besitze viel<br />

30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Hulk hat sich in der<br />

Debütsaison seine<br />

Hörner abgestoßen<br />

mehr Erfahrung - ein Jahr als Rennfahrer mit<br />

19 Rennen, eines als Testfahrer und hautnaher<br />

Beobachter. Dadurch habe ich schon<br />

einen ganz anderen Startpunkt. Das bedeutet<br />

nicht grundsätzlich, dass es besser sein muss,<br />

aber es fühlt sich gut an, wenn man nicht so<br />

unwissend und unvorbereitet auf das ist, was<br />

einen in der Formel 1 erwartet. Ich habe alles<br />

schon einmal erlebt, ich weiß, was ich in der<br />

Startaufstellung erwarten muss und was auf<br />

mich zukommt.<br />

Warst du vor zwei Jahren in mancher<br />

Beziehung vielleicht sogar ein bisschen naiv?<br />

Mit Sicherheit war ich das. Ich war GP2-Meister<br />

und kam als Formel-1-Rookie voller Elan<br />

und Tatendrang in die Serie, da muss man<br />

sich erst einmal die Hörner abstoßen und ein<br />

paar Dinge lernen.<br />

In welcher Beziehung musstest du dir die<br />

Hörner abstoßen - im Umgang mit dem<br />

Team, bei der Aggressivität auf der Strecke?<br />

Generell bei den Anforderungen, die der<br />

Beruf eines Formel-1-Rennfahrers mit sich<br />

bringt. Zu Beginn hat man absolut keine<br />

Ahnung, schließlich hat man so etwas noch<br />

nie erlebt. Woher soll man dann wissen, wie<br />

man in bestimmten Situationen reagieren<br />

soll? Das ist ein natürlicher Lernvorgang, bei<br />

dem die Erfahrung eine wichtige Rolle spielt.<br />

Hast du in der Vorbereitung auf 2012 mehr<br />

trainiert als im letzten Winter?<br />

Als Stammfahrer ist man schon ein bisschen<br />

motivierter und eher bereit, beim Training<br />

einen Schritt weiter zu gehen. Ich bin viel<br />

gelaufen und habe viel Tennis gespielt, bin<br />

geschwommen. Fahrrad fahren ist nicht so<br />

Zu Beginn seiner Formel-<br />

1-Karriere hat man absolut<br />

keine Ahnung, schließlich<br />

hat man so etwas noch<br />

nie erlebt. Woher soll man<br />

dann als Rookie wissen,<br />

wie man in bestimmten<br />

Situationen reagieren soll?<br />

Das ist ein natürlicher<br />

Lernvorgang, bei dem die<br />

Erfahrung eine wichtige<br />

Rolle spielt.<br />

Fotos: adrivo/Sutton


Hülkenberg traut<br />

Force India im Laufe<br />

der Saison große<br />

Fortschritte zu<br />

Klar bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile Qualifying-Runde<br />

am absoluten Limit gefahren bin, aber das<br />

ist nicht mehr viel wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.<br />

Ich möchte stets alles geben und so wenig Fehler wie<br />

möglich machen. Bei den Ergebnissen wünsche ich mir<br />

Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir abwarten.<br />

meine Welt. Das ist das Schöne als Rennfahrer:<br />

man ist nicht dazu gezwungen, eine<br />

bestimmte Vorbereitung zu absolvieren und<br />

kann das machen, was einem Spaß macht und<br />

Abwechslung bringt.<br />

Was konntest du in deinem Testfahrerjahr<br />

2011 bei Force India lernen?<br />

Im Cockpit habe ich natürlich etwas weniger<br />

lernen können, aber neben der Strecke hat es<br />

schon viel gebracht - zum Beispiel im<br />

Umgang mit den Medien oder wie das Team<br />

operiert, was während des Qualifyings und<br />

Rennens in der Box und hinter den Kulissen<br />

vor sich geht. Ich konnte die Strategien der<br />

verschiedenen Teams beobachten und dabei<br />

viel aufsaugen, das mir indirekt helfen kann.<br />

War das ein kleiner Ausgleich dafür, dass dir<br />

nach einem Jahr Pause etwas Rennpraxis<br />

fehlte?<br />

Ich bin davon ausgegangen, dass ich eine<br />

gewisse Eingewöhnungsphase benötige, denn<br />

Rennpraxis lässt sich nicht trainieren - man<br />

muss die Rennen erleben. Ich wusste, das<br />

wird für mich eine Herausforderung und<br />

nicht unbedingt einfach. Ich musste mich<br />

wieder an das Gefühl gewöhnen, in der<br />

Startaufstellung zu stehen, die Formationsrunde<br />

zu fahren und Dinge wie KERS zu<br />

beachten. Auch das Zweikampfverhalten, der<br />

Blick in die Rückspiegel - all das gehört dazu.<br />

Seit meinem siebten Lebensjahr habe ich das<br />

alles nahtlos jedes Jahr gemacht - dann kam<br />

die lange Pause von fünf- bis sechzehn<br />

Monaten. Die Instinkte waren natürlich noch<br />

vorhanden, aber alles musste aufgefrischt<br />

werden. Letztlich funktionierte es bei meinem<br />

ersten Rennen in Australien ziemlich gut,<br />

obwohl ich durch den frühen Crash noch kein<br />

richtiges Rennen hatte. Aber in Melbourne<br />

lief beispielsweise auch das Qualifying gleich<br />

auf Anhieb gut, in Malaysia dann auch das<br />

Rennen. Ich glaube, ich bin recht gut wieder<br />

reingekommen.<br />

Wie entwickelt sich dein Gefühl im Auto?<br />

Das war von Anfang an gut, aber es ist<br />

natürlich immer noch steigerungsfähig. Ich<br />

hatte in Barcelona einige gute Testtage, konnte<br />

viele Kilometer zurücklegen und ein richtig<br />

gutes Fahrgefühl entwickeln. Es ging von Tag<br />

zu Tag bergauf und das Vertrauen ins Auto<br />

wurde immer stärker. Das hat sich auch bei<br />

den ersten Rennen fortgesetzt, das Auto und<br />

ich wachsen immer mehr zu einer guten<br />

Einheit zusammen.<br />

Was macht dir mehr Spaß - eine perfekte<br />

Qualifying-Runde oder das Rennen?<br />

Es ist eine Mischung aus beiden Welten. Klar<br />

bin ich super zufrieden, wenn ich eine geile<br />

Qualifying-Runde am absoluten Limit<br />

gefahren bin, aber das ist nicht mehr viel<br />

wert, wenn das Rennen nicht gut läuft.<br />

Womit wärst du am Saisonende zufrieden?<br />

Ich habe hohe Ansprüche an mich und bin<br />

sehr selbstkritisch, wenn ich also mit mir und<br />

meiner Leistung zufrieden bin, würde ich<br />

auch das Jahr als gut einstufen. Ich möchte<br />

stets alles geben und so wenig Fehler wie<br />

möglich machen. Bei den Ergebnissen<br />

wünsche ich mir natürlich regelmäßige<br />

Top-10-Platzierungen, aber das müssen wir<br />

abwarten.<br />

Der erste Gegner ist immer der<br />

Teamkollege...<br />

So ist es. Aber das Duell gegen Paul [di Resta]<br />

wird nicht einfach, denn er hat den Vorteil,<br />

letztes Jahr Rennen gefahren zu sein. Dabei<br />

hat er starke Leistungen gezeigt. Ich weiß aus<br />

eigener Erfahrung, wie viel stärker man nach<br />

dem ersten Winter wird. Es wird also eine<br />

schwierige Aufgabe. Ich möchte ihm aber das<br />

Leben so schwer wie möglich machen.<br />

Schätzt du ihn als einen deiner stärksten<br />

Teamkollegen ein?<br />

Paul ist neben Rubens [Barrichello] auf jeden<br />

Fall einer meiner stärksten Teamkollegen.<br />

Dennoch kommen wir sehr gut miteinander<br />

klar, haben einen guten Draht zueinander.<br />

Zwischen uns herrscht eine gesunde Rivalität<br />

- wir können unterscheiden, ob wir privat<br />

miteinander reden oder uns gegenseitig auf<br />

der Strecke ans Limit pushen.<br />

Wirken sich die finanziellen Probleme der<br />

Airline eures Teamchefs auf das Team aus?<br />

Absolut nicht. Darüber sprechen wir gar<br />

nicht.<br />

Reichen die Ressourcen des Teams aus, um<br />

einen weiteren Schritt in Richtung Mercedes<br />

zu machen?<br />

Ich glaube daran, dass dem Team das gelingen<br />

kann und daran möchte ich mitwirken. Es<br />

steckt noch viel mehr Potenzial im Team. Wir<br />

haben schon in der Vergangenheit viele gute<br />

Entscheidungen getroffen - sowohl personell<br />

als auch technisch. Es herrscht gerade eine<br />

sehr schöne Aufbruchsstimmung in der<br />

Mannschaft, das müssen wir jetzt nur<br />

entsprechend umsetzen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31


Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Jenson Button - Weltmeister? Niemals. Der Brite wurde in seiner<br />

13-jährigen Formel-1-Karriere oft unterschätzt. Doch er hat in den<br />

letzten Jahren sein Spiel gemacht - button im Titelkampf zu unterschätzen,<br />

wäre ein schwerer Fehler.<br />

Die<br />

unterschätzte<br />

Gefahr<br />

32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


→<br />

Fotos: mclaren<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33


omanizer, Schönling, Partyhengst, ewiges Talent -<br />

Jenson Button bekam in seiner Rennkarriere viele<br />

Titel verliehen. Manche mit, manche ohne sein Zutun.<br />

Den wichtigsten musste er sich 2009 aber hart erarbeiten<br />

- Formel-1-Weltmeister. Button gelang es, seine<br />

Kritiker ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt in die Schranken<br />

zu weisen, als diese sein Karriere-Ende bereits in Stein gemeißelt hatten. »Du bist<br />

aus der schwierigen Zeit stark und siegreich hervorgegangen. Gratulation!« Diese<br />

Glückwünsche zum Titelgewinn stammten von Nigel Mansell, der wie viele andere<br />

nach dem Formel-1-Ausstieg von Honda auch das Aus von Button prophezeit hatte.<br />

Doch Button bewies mit Brawn GP, dass<br />

Totgesagte tatsächlich länger leben. Es<br />

folgte der Wechsel zu McLaren, wo er<br />

entgegen aller Erwartungen das Wunderkind<br />

Lewis Hamilton entzauberte und<br />

sich zu einem harten WM-Gegner von<br />

Sebastian Vettel mauserte. 2012 könnte<br />

die unterschätzte Gefahr, die von dem<br />

smarten Briten ausgeht, erneut zuschlagen.<br />

»In Australien war er der beste Lenkraddreher,<br />

den es geben kann. Er hat<br />

gezeigt, dass er auch die nötige Explosivität<br />

besitzt, wenn er alles hat, was er im<br />

Team braucht. Wenn er das annähernd<br />

so fortführen kann, dann ist er der WM-<br />

Favorit«, gibt Alexander Wurz unumwunden<br />

zu.<br />

Button hat in den letzten Jahren sein Spiel<br />

gemacht. Seit 2009 wurde er mit Brawn<br />

und bei McLaren gegen Hamilton stets<br />

unterschätzt, ging aber jedes Mal als großer<br />

Gewinner aus der Saison hervor. »Er<br />

ist nicht mehr der gleiche Jenson, der vor<br />

ein paar Jahren bei BAR gefahren ist«,<br />

sagt Christian Danner. Die Verwandlung<br />

vollzog sich beinahe unbemerkt, denn<br />

Button ist keiner, der laute Töne spuckt,<br />

Fahrerkollegen als Idioten und Gurkenzüchter<br />

beschimpft oder sich Rambo-<br />

Aktionen auf der Strecke leistet. Damon<br />

Hill bezeichnete den Briten in der Vergangenheit<br />

sogar als zu normal, um Weltmeister<br />

zu werden. Button konterte<br />

damals gelassen: »Ich bin nicht der erste<br />

F1-Pilot, der etwas ruhiger ist. Alain<br />

Prost war genauso wie ich und er hat alles<br />

richtig gemacht. Ich sehe einfach keine<br />

Notwendigkeit, in der Öffentlichkeit den<br />

Mund weit aufzureißen.«<br />

Stattdessen punktet er auf der Strecke.<br />

Nicht ohne Grund zählt Button zu den<br />

intelligentesten Piloten im Feld. Der Brite spielt seine Karten<br />

perfekt aus, vor allem das Reifen-Ass. Anders als viele seiner<br />

Konkurrenten ist er selbstdiszipliniert genug, um die Performance<br />

der Pirelli-Reifen am Beginn eines Stints so zu zügeln,<br />

dass die Reifen länger am Leben bleiben und er im entscheidenden<br />

Moment gegen seinen Gegner zuschlagen kann. »Jenson<br />

ist in einer extrem guten Form und hat bewiesen, dass er<br />

weiß, was er mit den Pirelli-Reifen machen muss«, analysiert<br />

Wurz. In Zeiten von Dreistopprennen und stark abbauenden<br />

Pneus ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.<br />

Jenson Button<br />

gehört für Alex Wurz<br />

zu den besten<br />

Lenkraddrehern<br />

ie Qualitäten des Briten sind zumeist erst auf den zweiten Blick ersichtlich, allen<br />

voran seine Überholfähigkeiten. »Jenson führt seine Manöver kaltschnäuzig aus.<br />

Aber der Punkt ist, dass er dabei kaum Fehler macht oder andere von der Strecke<br />

rammt«, erklärt Ex-Rennfahrer Martin Brundle. »Wie viele andere Piloten hätten<br />

im Vorjahr in Kanada so ein Rennen zeigen können?« 2011 legte Button während<br />

des Regenchaos in Kanada einen wahren Husarenritt hin und trieb den amtierenden Champion Sebastian<br />

Vettel in der Schlussphase in einen Fehler - eine Leistung, die in den vergangenen Jahren kaum<br />

ein anderer Fahrer vollbrachte. Auch in Silverstone zeigte Button 2011 ein großartiges Manöver, als er<br />

sich hartnäckig neben den Ferrari von Felipe Massa setzte und ohne DRS vorbeizog.<br />

Aber Button kann nicht erst seit seiner McLaren-Zeit überholen. In Brasilien stürmte er 2009 von Startplatz<br />

14 mit teilweise atemberaubenden Überholmanövern auf Rang fünf und sicherte sich damit vorzeitig den<br />

WM-Titel. Für Johnny Herbert zeigte Button sein bestes Rennen im Vorjahr beim Großen Preis von Indien.<br />

»Ich habe zu Jenson gesagt, dass er noch nie so gut gefahren ist wie in Indien und er meinte nur, dass er zu<br />

Brawn-Zeiten schon bessere Rennen gefahren sei. Und ich sagte zu ihm: ‚Nein, das ist nicht wahr. Du warst<br />

nie besser als jetzt.‘ Wobei ich mittlerweile denke, dass er dieses Jahr noch einmal besser ist als 2011.« Für<br />

Herbert hat Button viel mit Ferrari-Star <strong>Fernando</strong> Alonso gemeinsam. »Beide sind quirlige Fahrer - sie<br />

können dadurch noch mehr aus dem Auto herausholen als andere«, sagt Herbert. Wie Alonso leistet sich<br />

Button kaum Fehler. Seine Schwächen der Vergangenheit hat er abgestellt. »Selbst wenn du einen guten Job<br />

gemacht hast, findest du immer etwas, was du verbessern kannst. Heute bin ich in der besten Form meines<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren<br />

34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Buttons wohl gröSSte Waffe im Kampf<br />

um den Titel ist sein perfektes Umfeld.<br />

Mit Vater John und Freundin Jessica Michibata<br />

hat er sich eine »Glücksblase«<br />

geschaffen - um die ihn Hamilton immer<br />

wieder beneidet.<br />

Bei wechselhaften<br />

Wetterbedingungen<br />

ist Jenson Button<br />

besonders stark<br />

Button hat sich<br />

seine Glücksblase<br />

aufgebaut und eilt<br />

damit von Erfolg<br />

zu Erfolg<br />

Lebens«, erklärt Button. Die mentale und körperliche Steigerung<br />

des Briten beeindruckt auch Formel-1-Experten. »Wie er sich in den<br />

letzten Jahren gesteigert hat, ist wirklich phänomenal. Er weiß, was<br />

er tut, hat seine Fehler gänzlich ausgemerzt und sich auf einen neuen<br />

Level gehoben. Das alles macht ihn so unglaublich gut«, sagt Danner.<br />

Dass Button im Qualifying immer wieder mal gegen seinen McLaren-<br />

Teamkollegen Lewis Hamilton das Nachsehen hat, ist nicht seinem<br />

Speed geschuldet. »Wer sagt, dass er nicht den nötigen Qualifying-<br />

Speed hat, der hat nicht richtig hingeschaut«, betont Wurz. Gleichwohl<br />

ist Hamilton das Talent nicht abzusprechen, besonders auf<br />

einer Runde. Buttons Landsmann vermag es stets, das letzte Zeitspänchen<br />

aus dem Chrompfeil herauszupressen - eine Fähigkeit, die<br />

er mit Sebastian Vettel teilt. Dennoch fehlt Hamilton im Rennen<br />

oftmals der geschickte Umgang mit der jeweiligen Situation, den<br />

Reifen und dem Auto. Das zählt wiederum zu Buttons Vorzügen.<br />

Wohl kaum ein Fahrer wird so oft von Fahrerkollegen, Experten<br />

und Teamverantwortlichen für seine Fähigkeit gelobt, die Reifen zu<br />

schonen, das Rennen zu lesen und auf unerwartete Situationen oder<br />

Wetterumschwünge zu reagieren. Aber Vorsicht: niemand ist perfekt<br />

- das zeigte Vettel, als ihn Button in Montreal 2011 bei seinem Glanzrennen<br />

in die Enge trieb, aber das bewies auch Button, als er beim<br />

Überrunden in Malaysia 2012 mit Narain Karthikeyan aneinander<br />

geriet. Mit ein bisschen mehr Geduld, die normalerweise Buttons<br />

Stärke ist, hätte er nach seinem Auftaktsieg in Melbourne vielleicht<br />

auch in Sepang gewonnen. Aber Fehler sind bekanntlich menschlich<br />

und gerade diese menschliche, private Seite macht den McLaren-<br />

Piloten so stark.<br />

Buttons wohl größte Waffe im Kampf um den Titel<br />

ist sein perfektes Umfeld. Mit Vater John und<br />

Freundin Jessica Michibata hat er sich eine<br />

»Glücksblase« geschaffen - um die ihn Hamilton<br />

immer wieder beneidet, weil sie ihm in der jüngeren<br />

Vergangenheit häufig fehlte. »Jeder Fahrer<br />

braucht spezielle Dinge, die für ihn funktionieren. Ich mag es,<br />

meine Freundin um mich zu haben«, erklärt Button. »Ich will<br />

nicht Formel 1 fahren und ihr sagen, wann unser richtiges Leben<br />

beginnt. Das hier ist mein Leben. Wenn ich gewinne, ist sie da.<br />

Das ist ein spezieller Moment, den du nicht rekonstruieren<br />

kannst, wenn man fünf Stunden später über Webcam miteinander<br />

spricht. Und wenn es schlecht läuft, ist sie für mich da und spornt<br />

mich an.« Sollte Alex Wurz recht behalten, kann sich Jessica die<br />

tröstenden Worte in dieser Saison sparen. Mittlerweile gehören<br />

GP-Siege ihres Liebsten ebenso zum Alltagsbild wie teaminterne<br />

Erfolge gegen den von vielen übermächtig gehaltenen Hamilton.<br />

Die Zeit der Häme in der Yellow Press ist vorbei. Nach Buttons<br />

erstem Sieg in Ungarn 2006 titelte eine englische Zeitung noch:<br />

»Setzen Sie sich besser hin und bestellen Sie einen harten Drink,<br />

bevor Sie diese Zeilen lesen: Jenson Button hat einen Grand Prix<br />

gewonnen.« Die Zweifler aus der Vergangenheit dürften ihren<br />

Getränkevorrat in den letzten Jahren massiv aufgestockt haben.<br />

Vielleicht ist es am Ende erneut Button, der die Glücksblasen der<br />

Konkurrenz zerplatzen lässt.<br />

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Höchstleistung<br />

im Cockpit<br />

Formel 1 fahren ist mehr als nur<br />

Gas geben und ein bisschen<br />

lenken: das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

hat in den Datenblättern geblättert<br />

und interessante Fakten zusammengetragen.<br />

Beschleunigung: Ein Formel-1-Auto beschleunigt von 0 auf 200<br />

km/h in 4,9 Sekunden.<br />

Kopfüber: Ab einer Geschwindigkeit von 180 km/h könnte ein F1-Auto<br />

theoretisch an der Decke entlang fahren.<br />

Flügelsalat: Der Frontflügel kann locker mehr als 500 kg an Abtrieb<br />

aushalten - das Gewicht von sechs Männern.<br />

Bremsen: Eine Vollbremsung aus 200 km/h dauert 1,9 Sekunden, der<br />

Bremsweg beträgt 55 Meter. Auf den Fahrer wirken Kräfte zwischen<br />

5 und 6g – das kann ihm schon einmal Tränen in die Augen treiben.<br />

Bei einem Körpergewicht von 75 kg wird er mit 375 kg in die Gurte<br />

gepresst. Wenn der Pilot bei 280 km/h nur mal kurz vom Gas geht,<br />

entspricht das einer Vollbremsung in einem Pkw. Zum Vergleich: Ein<br />

Pkw kommt aus 200 km/h nach rund 4,1 Sekunden und 118 m zum<br />

Stehen.<br />

Gewichtsverlust: Ein Fahrer verliert im Laufe eines Rennens zwei<br />

bis drei Kilo seines Körpergewichts. Er verbrennt etwa 3.000 Kilokalorien,<br />

seine Herzfrequenz erreicht im Rennen Spitzen von 190 Schlägen<br />

pro Minute.<br />

Hitzeschlacht: In der F1 sind nicht nur die Boxenluder heiß. Die<br />

Kupplung wird 500 Grad heiß, der Auspuff erreicht 950 Grad und die<br />

Bremsen werden über 1.100 Grad heiß. Nur die Reifen machen schon<br />

bei 130 Grad schlapp. Die Cockpittemperatur beträgt durchschnittlich<br />

50 Grad Celsius.<br />

Feuerschutz: Ein F1-Fahrer kann in seinem Rennoverall Temperaturen<br />

von 840 Grad Celsius 11 Sekunden lang überleben. Zum Vergleich:<br />

In einer Sauna herrschen 100 Grad, bei einem Wohnungsbrand bis zu<br />

800 Grad und die Lava bei einem Vulkanausbruch erreicht zwischen<br />

750 und 1.000 Grad.<br />

Gummi: Ein Rad dreht sich bei 300 km/h 42 Mal pro Sekunde. Ein<br />

Regenreifen verdrängt bei dieser Geschwindigkeit 60 Liter Wasser in<br />

der Sekunde. Die optimale Arbeitstemperatur eines Reifens sind 90<br />

Grad.<br />

Foto: mclaren<br />

Frontalaufprall: 87,75 Kilojoule beträgt die Aufprallenergie beim<br />

FIA-Crashtest der Fahrzeugnase. Ungefähr genauso viel Energie wäre<br />

nötig, um einen vier Tonnen schweren Elefanten zu stoppen, der sich<br />

mit 25 km/h vorwärts bewegt.


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Falsch<br />

abgebogen<br />

Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Rennstrecken sind EinbahnstraSSen<br />

- immer munter im Kreis<br />

herum. Williams ist dennoch irgendwann<br />

falsch abgebogen und hat<br />

bislang nicht auf die SiegerstraSSe<br />

zurückgefunden. Bestandsaufnahme<br />

eines Traditionsrennstalls.<br />

Die Formel-1-Welt streckt die Waffen. Gegen<br />

die dunkelblauen Autos ist kein Kraut<br />

gewachsen. Dominanz in Reinkultur. Red<br />

Bull? Nein, das sind zu diesem Zeitpunkt<br />

bestenfalls verbeulte Dosen im Recycling-<br />

Container, mehr nicht. Grove ist der Ausgangspunkt der Siegeszüge.<br />

Williams war auf Augenhöhe mit den Branchengrößen<br />

McLaren und Ferrari, oft sogar darüber. 113 Grand-Prix-Siege,<br />

sieben Fahrer- und neun Konstrukteurstitel sprechen eine deutliche<br />

Sprache zugunsten des erfolgreichsten Rennstalls der 90er Jahre<br />

- eine echte Legende. Doch das ist eine Ewigkeit her, nach Formel-<br />

1-Zeitrechnung sogar zwei oder drei. Der letzte Sieg eines Williams-<br />

Boliden gelang Juan Pablo Montoya vor acht Jahren beim Saisonfinale<br />

2004 in Brasilien, der letzte WM-Titel liegt noch weiter zurück:<br />

vor 15 Jahren krönte sich Jacques Villeneuve 1997 zum bisher<br />

letzten Formel-1-Weltmeister in Diensten von Williams. Daran<br />

wird sich auch in dieser Saison nichts ändern. So viel steht fest.<br />

»Meiner Meinung nach hat Williams die Gründe nicht völlig<br />

verstanden, warum sie damals gewonnen haben«, analysiert David<br />

Coulthard den Williams-Sinkflug für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. In<br />

seinen Augen könne es sonst nicht passieren, dass ein Team in<br />

einem Jahr gewinne und die darauffolgenden Jahre nicht mehr.<br />

»Aber wenn man nicht völlig versteht, warum man gewinnt, dann<br />

versteht man auch nicht, warum man plötzlich nicht mehr siegt.«<br />

Dabei brachte es Williams in den vergangenen Saisons zu wahren<br />

Höchstleistungen im Hinterherfahren, sehr zum Graus der<br />

erfolgsverwöhnten Teamgründer Frank Williams und Patrick Head.<br />

2011 brachte nur magere fünf WM-Zähler - die schlechteste Saison<br />

der Teamgeschichte. Kein Wunder, dass sich die Aktien des seit<br />

März 2011 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmens lange<br />

im rapiden Sturzflug befanden. »Das letzte Jahr war echt ein Flop«,<br />

sagt Christian Danner. »Sie hatten einen furchtbaren Motor, in allen<br />

Bereichen hat es gefehlt.« Selbst Williams Fahrer-Coach Alexander<br />

Wurz gibt zu, dass sich dies in den Resultaten niedergeschlagen<br />

habe. Der Österreicher sieht derzeit zwei Rennen: »Eines um das<br />

nackte Überleben aus dem Geschäftsmodell heraus, und zwar für<br />

die gesamte Formel 1, und das andere auf der Strecke.« →<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Die Saison 2011 war der Tiefpunkt<br />

eines jahrelangen Leistungsabfalls<br />

beim Team von Frank Williams - 2012<br />

gibt es Anzeichen von Besserung<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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Die Hoffnungsträger<br />

1. Renault: »Es war richtig vom Team,<br />

sich den Renault-Motor zu sichern - der<br />

bringt von sich aus schon einmal ein<br />

paar Zehntel.« (Marc Surer)<br />

2. Neue Führung: »Dass sie ein<br />

Privatteam sind, macht keinen<br />

Unterschied. Sie können dennoch mit<br />

den Spitzenteams mithalten. Williams ist<br />

lange genug im Geschäft, um zu wissen,<br />

wie es geht.« (David Coulthard)<br />

Die Sorgenfalten<br />

1. Fahrer: »Williams braucht zwei<br />

Top-Fahrer. Momentan sehe ich<br />

außerhalb der Top-Teams nur einen<br />

Fahrer mit Potenzial: Romain Grosjean<br />

- der fährt aber nicht für Williams.«<br />

(Christian Danner)<br />

2. Weiterentwicklung: »Die<br />

Schlüsselfrage lautet: Können sie den<br />

Level über die Saison hinweg halten<br />

oder sogar verbessern?«<br />

(Johnny Herbert)<br />

Was können Bruno Senna und Pastor<br />

Maldonado in diesem Jahr noch mit dem<br />

neuen Williams erreichen?<br />

Aufgrund der wirtschaftlichen Situation mussten einige Teams ihr Geschäftsmodell<br />

umstrukturieren. Bei Williams zählt nicht nur der Börsengang zu<br />

diesen Maßnahmen, das Unternehmen entwickelt mit der Tochterfirma<br />

Williams Hybrid Power auch Flywheel-Hybridsysteme für den Rennsport<br />

(unter anderem für Porsche und Audi) sowie Pkw und öffentliche Verkehrsmittel.<br />

Gleichzeitig baute Williams den Boliden für die Formel 2 und<br />

eröffnete ein Technologiezentrum in Katar. »Das ist eine wichtige Basis, um<br />

kurz-, mittel- und langfristig existieren zu können und der technischen<br />

Abteilung so viel Spielraum geben zu können, damit sie gescheit arbeiten<br />

können«, sagt Wurz. Dem Team bringt die Diversifikation, also die breitere<br />

Aufstellung mit mehreren Standbeinen, wirtschaftliche Sicherheit. Dennoch<br />

binden neue Projekte stets Ressourcen, gerade in der Anfangsphase. Das<br />

dürfte dem F1-Programm nicht immer gut getan haben. Viel schwerer<br />

wogen jedoch die sportliche Talfahrt, die Trennung von Motorenpartner<br />

BMW sowie die Verluste langjähriger Großsponsoren wie RBS, Allianz, Air<br />

Asia, Philips und zuletzt AT&T. In dieser schwierigen Phase fehlte dem Team<br />

ein Motivator, ein Fahrer wie Michael Schumacher oder <strong>Fernando</strong> Alonso,<br />

der es am Kragen gepackt und wieder auf die Beine gestellt hätte. Stattdessen<br />

mühten sich ordentliche Rennfahrer im Cockpit einiger Autos ab, die mit<br />

den genialen Schöpfungen von Patrick Head und Adrian Newey längst<br />

nichts mehr gemein hatten. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass der<br />

Weggang von Sam Michael dem Team gut getan hat«, sagt der ehemalige<br />

GP-Fahrer Marc Surer. »Seine Leistungen haben mich nie wirklich überzeugt.«<br />

Vor allem zu Beginn seiner Williams-Zeit habe Michael noch<br />

ausreichend finanzielle Mittel und genügend Ressourcen zur Verfügung<br />

gehabt, um als Technischer Direktor ein besseres Auto abzuliefern. »Aber es<br />

ist nie wirklich etwas Gutes daraus geworden.« Im Gegenteil: »Im Laufe der<br />

Zeit wurde alles immer schlechter.« Entweder konnte das Team ein ordentliches<br />

Auto nicht richtig weiterentwickeln oder der Wagen war von Anfang<br />

an nicht gut genug. »Dann wird es natürlich immer schwieriger, weil auch<br />

die Sponsorengelder weniger werden.«<br />

In dieser Saison startet Williams abermals einen Neubeginn. Patrick Head<br />

hat sich endgültig aus dem F1-Geschehen zurückgezogen, Frank Williams<br />

seinen Platz im Vorstand geräumt. In der Technikabteilung schwingen<br />

Mark Gillan und der neue Technikchef Mike Coughlan das Zepter. Neuer<br />

Geschäftsführer ist Nick Rose, der den nach Saisonbeginn überraschend<br />

zurückgetretenen Adam Parr ersetzt. Ein echter Umbruch also. Dabei hört<br />

sich die Formel so einfach an: »Es geht darum, die richtigen Leute und die<br />

nötigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu haben«,<br />

sagt Coulthard. Ob Coughlan und Gillan die Richtigen für diesen Job sind,<br />

wird sich erst noch erweisen. Danner ist sich nicht so sicher: »Das wissen<br />

wir noch nicht, aber zumindest haben sie 2012 ein besseres Paket zusammengeschnürt.<br />

Der Motor ist stärker, das Heck ist stabiler - sie sind jetzt<br />

zurück, wo man sie erwartet: im Mittelfeld.« Mit den vier Top-Teams<br />

könne Williams in seinen Augen allerdings nicht mithalten. »Klarerweise<br />

kann man heute kein Auto bauen und morgen damit Weltmeister werden«,<br />

bremst Wurz die Erwartungen. Ein solches Wunder gelang in jüngerer<br />

Vergangenheit nur Brawn GP - jedoch mit großzügigen Subventionen aus<br />

Japan. Von achtzehn Monaten Entwicklungszeit und hunderten von<br />

Millionen Budget kann Williams nur träumen. »Ich denke aber durchaus,<br />

dass sie an die großen Teams herankommen können«, glaubt Wurz. »Wenn<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/Sutton<br />

»Wenn es dieses Jahr so schlecht<br />

weitergegangen wäre wie letzte<br />

Saison, hätte ich befürchtet, dass<br />

Williams den Weg von Tyrrell geht<br />

und zusperren muss.« Aber der Patient<br />

lebt, der Aktienkurs hat sich<br />

2012 von seinem Tiefflug erholt.<br />

das Team besser wird, kommt auch mehr Budget rein.« Die ersten<br />

Saisonrennen 2012 machen Hoffnung auf Besserung. »Dieses Jahr scheint<br />

Williams zurückzuschlagen«, sagt Coulthard. Der neue FW34 ist im<br />

Gegensatz zu seinem Vorgänger kein totaler Reinfall, der Renault-Motor<br />

liefert mehr Power als das Cosworth-Aggregat der Vorjahre. »Renault hat<br />

viel mehr Ressourcen, somit verfügen sie über einen anspruchsvolleren<br />

Motor, der wiederum einen Einfluss auf das Gesamtpaket hat«, erklärt<br />

Coulthard. Surer sieht im neuen Motor einen Zeitgewinn von etlichen<br />

Zehnteln. Mark Gillan lobt die Wiedervereinigung der einst so erfolgreichen<br />

Paarung von Williams und Renault auch wegen Fortschritten bei<br />

der Motorkühlung und dem damit verbundenen Einfluss auf die<br />

Aerodynamik.<br />

»Williams ist auf dem richtigen Weg«, glaubt Johnny Herbert. Die<br />

entscheidende Frage ist, ob das Team mit den vorhandenen Mitteln die<br />

Weiterentwicklung des Autos aufrechterhalten und den Entwicklungsrhythmus<br />

der anderen Teams mitgehen kann. »Ich weiß nicht genau, ob sie<br />

noch so viele Top-Leute haben, aber das Werk ist auf jeden Fall eindrucksvoll<br />

und die technische Infrastruktur nicht weit weg von den Top-Teams«,<br />

erzählt Surer. Achtungserfolge wie der sechste Platz von Bruno Senna in<br />

Malaysia helfen dem Team gleich in doppelter Hinsicht: einerseits<br />

motivieren sie die arg gebeutelte Mannschaft, andererseits bedeutete es auf<br />

einen Schlag mehr WM-Punkte als in der gesamten Saison 2011. Damit<br />

verbunden sind potentielle neue Sponsoren und die lukrativen FOM-<br />

Gelder von Bernie Ecclestone.<br />

»Eine bessere Platzierung in der Konstrukteurs-WM bringt schnell mal<br />

zehn Millionen mehr«, betont Surer. Zumindest die schlimmsten Befürchtungen<br />

des Schweizers scheinen vorerst abgewendet zu sein: »Wenn es<br />

dieses Jahr so schlecht weitergegangen wäre wie letzte Saison, hätte ich<br />

wirklich befürchtet, dass Williams den Weg von Tyrrell geht und zusperren<br />

muss.« Aber der Patient Williams lebt, der Aktienkurs hat sich im Jahr<br />

2012 von seinem Tiefflug erholt. »Es war außergewöhnlich, dass ein Team<br />

mit so guten technischen Ressourcen so schlecht aussah wie letztes Jahr,<br />

das musste eigentlich besser werden«, meint Surer. Nur so einfach<br />

funktioniert die Formel 1 nicht. Noch muss Williams erst konstant<br />

beweisen, dass 2011 ein einmaliger Ausrutscher war und der Rennstall<br />

tatsächlich wieder höhere Ziele erreichen kann - denn aus den Niederungen<br />

der Startaufstellung ins unbedeutende Mittelfeld zu klettern reicht<br />

für die ehemaligen Dominatoren der GP-Kurse nicht aus.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 41


Brain<br />

Sucker<br />

Text: Stephan Heublein<br />

Foto: adrivo/Sutton, williams<br />

Alex Wurz hat eine neue Berufung gefunden, doch er muss sich<br />

in Acht nehmen: Bruno Senna, Pastor Maldonado und Testfahrer<br />

Valtteri Bottas wollen ihm das Gehirn aussaugen.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ermittelt.<br />

42 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


litsch, platsch. Raschen Schrittes eilt<br />

PAlex Wurz durch das Fahrerlager<br />

von Sepang. Das Feuer bei Lotus ist<br />

erstickt, die typische Regendusche<br />

gerade vorbei. Die Luft knistert, die<br />

Gefahr ist noch längst nicht gebannt. Plötzlich<br />

stürzt sich ein dunkelblaues Etwas vom Dach<br />

der verkohlten Hospitality auf den Österreicher.<br />

Die Gestalt scheint seinen Kopf geradezu zu<br />

verschlingen. Ein Alien? Ein Kannibale? Ein Fall<br />

für die X-Akten? Überraschend kommt der<br />

nächtliche Überfall nicht. Bereits vorher hatte<br />

der Täter gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

angekündigt: »Ich werde versuchen, sein Gehirn<br />

so weit wie möglich auseinander zu nehmen,<br />

um all die Erfahrung rauszuholen, die er<br />

mitbringt.«<br />

Ridley Scott und Hannibal Lecter wären auf den<br />

fiktiven Alien-Auftritt von Bruno Senna stolz<br />

gewesen. Selbst Wurz kann darüber lachen, als<br />

das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ihm von Sennas speziellem<br />

Wissenshunger erzählt. »Super, dafür<br />

bin ich da«, sagt er lachend. »Ich kann mein<br />

Wissen nur noch in den Papierkorb werfen,<br />

denn ich fahre ‚nur‘ noch für Toyota in Le Mans<br />

– das ist meine Stärke -, aber ich habe keine<br />

Formel-1-Ambitionen mehr.« Stattdessen<br />

beginnt für Wurz in dieser Saison eine neue<br />

Karriere - die des Mental-Coaches für die beiden<br />

Williams-Jungspunde Senna und Pastor Maldonado.<br />

Beide gingen mit der gemeinsamen<br />

Erfahrung von gerade einmal 45 Grand Prix in<br />

die Saison. Wurz soll ihnen beratend zur Seite<br />

stehen, ihnen im Umgang mit den Medien, den<br />

Ingenieuren, ihrem Leben als F1-Stars sowie mit<br />

dem FW34 helfen. Rennen werden im Kopf<br />

entschieden. Ein ehemaliger Pilot hat viele Situationen<br />

schon einmal selbst erlebt und kann<br />

seinen Schützlingen so wertvolle Tipps geben.<br />

»Rennfahrer stehen am Wochenende unter<br />

Druck und können deswegen nicht alle Informationen<br />

verarbeiten«, erklärt Wurz. Als<br />

Außenstehender habe er diesen Druck nicht und<br />

fasse als Beobachter vielleicht Kleinigkeiten auf,<br />

die den unerfahrenen Piloten entgangen wären<br />

oder die ihnen nicht als wichtig erschienen, die<br />

aber sehr wohl ein wichtiges Puzzle-Teil im<br />

Gesamtbild sein könnten. »Als aktiver F1-Fahrer<br />

hätte ich wahrscheinlich gesagt: Fahrercoach,<br />

»Ich werde versuchen,<br />

sein Gehirn<br />

so weit wie möglich<br />

auseinander zu<br />

nehmen, um all die<br />

Erfahrung rauszuholen,<br />

die er mitbringt.«<br />

das brauche ich nicht«, gibt Wurz zu. »Es geht<br />

aber nicht darum, zu sagen, ob ein Fahrer im<br />

vierten oder fünften Gang um die Kurve fahren<br />

soll – es sind ganz andere Bereiche<br />

betroffen.«<br />

In Amerika sind Mental-Trainer gang und<br />

gäbe, egal ob für Topmanager oder Sportler.<br />

»Der Coach von Tiger Woods spielt nicht besser<br />

Golf als Tiger, aber er weiß ganz genau, was<br />

er sagen soll, wenn sein Schützling vielleicht<br />

schlecht drauf ist oder mit welchem Schläger<br />

er aus dem Sand rausschlagen soll«, vergleicht<br />

Wurz. Rennfahrerkollegen wie Jenson Button<br />

und Pedro de la Rosa zeigten sich angesichts<br />

der Idee jedenfalls begeistert. Sogar altgediente<br />

Racer wie Marc Gené profitierten in Le Mans<br />

schon von Wurz‘ Tipps: Der Spanier verlor in<br />

einer ziemlich schnellen Vierte-Gang-Kurve<br />

ein paar Hundertstel auf seine Peugeot-Teamkollegen.<br />

Bei einem Gespräch stellte sich<br />

heraus, dass Gené beim Einlenken nach rechts<br />

außen in die Kurve blickte, weil dort ein Grasbüschel<br />

wuchs - darauf hätte er in die Mauer<br />

abfliegen können. »Ich hatte dort noch nie hingeschaut«,<br />

erinnert sich Wurz. »Ich stelle mir<br />

hinter der Betonwand den Scheitelpunkt vor<br />

und visiere ihn an – ich schaue nicht nach<br />

rechts.« Gesagt, getan. Nach der nächsten<br />

Runde lobte Gené: »Das funktioniert super!«<br />

Für Wurz war der Schritt zum Coaching nicht<br />

weit. Der Österreicher wuchs in einer Fahrertrainingsfamilie<br />

auf. »Da ging es schon immer<br />

um Fahrzeugdynamik und die physischen<br />

Gesetze«, erinnert er sich. Auch in der Schule<br />

gehörte Physik immer zu seinen Spezialfächern.<br />

Hinzu kommt seine analytische Herangehensweise.<br />

»Dem Team ging es also nicht nur<br />

darum, dass ich ein erfahrener F1-Pilot bin,<br />

sondern dass ich genau diese Punkte weitervermitteln<br />

kann«, betont er. »In diesem Zusammenhang<br />

habe ich den Vorteil, dass wir zu<br />

meiner Zeit endlose Reifentests gefahren sind.«<br />

Das ist durch die Testbeschränkung heute gar<br />

nicht mehr möglich. »Also hoffe ich, dass ich<br />

den einen oder anderen Tipp und Kniff einbringen<br />

kann.« Wurz sollte sich demnach auf<br />

die eine oder andere weitere Attacke eines dunkelblau<br />

gekleideten Gehirn-Saugers<br />

einstellen.<br />

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Text: Kerstin Hasenbichler<br />

In der Vergangenheit lieSS Williams die Gegner einige Male blass aussehen<br />

- sei es mit einem unkonventionellen Sechsrad-Konzept oder<br />

einer hyperaktiven B-Version, die alle in Grund und Boden fuhr.<br />

Text: kerstin Hasenbichler<br />

Williams-Boliden<br />

top<br />

FACTS:<br />

Nie bei einem Grand<br />

Prix angetreten<br />

5. Williams FW08B<br />

Anfang der 80er Jahre entwickelte Williams den<br />

FW08B. Das revolutionäre Konzept stach sofort ins<br />

Auge: statt vier Rädern hatte der FW08B sechs - damit<br />

wollte Williams dem Motorenvorteil von Renault, Ferrari<br />

und BMW entgegentreten. Das Konzept hatte<br />

durchaus Potenzial, denn die riesigen Hinterreifen<br />

produzierten sehr viel aerodynamischen Luftwiderstand.<br />

»Wir haben uns alle gefragt, ob wir ein Auto<br />

ausbalancieren könnten, das im Heck so viel Bodenkontakt<br />

hat. Schnell fanden wir heraus, dass wir es<br />

tatsächlich konnten«, erzählt Patrick Head. Trotz des<br />

Sechsrad-Konzeptes war das Handling des Autos für<br />

die Fahrer kein Problem, den größten Stolperstein<br />

stellte das Gewicht dar. Im Vergleich zur Konkurrenz<br />

war der Williams um 100 kg schwerer. »Wir wussten<br />

um das Potenzial des Autos, denn wir fuhren identische<br />

Zeiten zu den konventionellen Autos. Nur<br />

bewegten wir uns über dem Gewichtslimit«, erinnert<br />

sich Head. Zum Einsatz kam der Sechsrad-Williams<br />

allerdings nie. Bei einem FOCA-Meeting wurde das<br />

Konzept verboten, da einige Teams eine Kostenexplosion<br />

sowie Chaos in der Box befürchteten.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, williams<br />

44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


4. Williams FW18<br />

Jubel ertönte über den Williams-Boxenfunk. Jacques Villeneuve hatte es geschafft - in seinem ersten Rennen in der<br />

Königklasse sicherte er sich die Pole Position. Der Sieg beim Auftaktrennen in Melbourne blieb dem Kanadier allerdings<br />

verwehrt, er musste sich hinter seinem Teamkollegen Damon Hill mit Platz zwei begnügen. Eines war nach dem Australien<br />

GP aber klar: Williams verfügte mit dem FW18 über ein Siegauto. Insgesamt gewann Williams 1996 12 von 16 Rennen,<br />

Hill verbuchte 8 Siege und den WM-Titel. Villeneuve kam in seinem Debütjahr immerhin auf 4 Grand-Prix-Siege und den<br />

Vizeweltmeistertitel. Doch der Williams FW18 war nicht nur schnell, sondern auch noch unglaublich zuverlässig. Schon<br />

vor dem Saisonstart hatte Villeneuve bei Testfahrten über 9.000 Kilometer abgespult. Bei den 32 Starts beider Fahrer<br />

hatte der Rennstall lediglich mit vier mechanischen Defekten zu kämpfen - in einer Zeit, in der Ausfälle zum Tagesgeschäft<br />

gehörten. Bereits beim Großen Preis von Ungarn hatte Williams die Konstrukteurs-WM im Sack. Mit dem Nachfolgemodell<br />

des FW18 holte Williams 1997 seinen bis dato letzten WM-Titel. Besonders hart traf den Rennstall die Trennung vom<br />

langjährigen Motorenpartner Renault. Vier Tage nach seinem 80. GP-Sieg verkündete der französische Hersteller das Ende<br />

der Partnerschaft. Der Fall von der Spitze ins Mittelfeld ließ daraufhin nicht lange auf sich warten.<br />

FACTS:<br />

Saison: 1996<br />

Siege: 12<br />

Poles: 12<br />

Podiums: 21<br />

Schnellste Rennrunden:


FACTS:<br />

Saisons: 1979, 1980<br />

Siege: 6<br />

Poles: 4<br />

Podiums: 10<br />

Schnellste Rennrunden: 4<br />

3. Williams FW07<br />

»Bravo Frank«, gratulierte Clay Regazzoni seinem Boss.<br />

Dabei hatte er selbst soeben in Silverstone den ersten<br />

Grand Prix für das Team von Frank Williams gewonnen.<br />

Von da an dauerte es nicht lange, bis sich der Williams<br />

FW07 unter den erfolgreichsten Autos der F1-Geschichte<br />

einreihte. 1979 war das Jahr der Bodeneffekt-Autos.<br />

Durch ein tiefer gelegtes Chassis produzierten die Autos<br />

einen negativen Bodeneffekt, der den Anpressdruck auf<br />

die Strecke deutlich erhöhte. Williams erkannte schnell,<br />

dass die Tests im Windkanal entscheidend waren, um<br />

die Aerodynamik des Wagens zu verstehen. Mit dem<br />

Debüt des FW07 ließ sich Williams allerdings lange Zeit.<br />

Das Team wollte erst sichergehen, dass das Auto gut<br />

ist, ehe man es einsetzte. Nichtsdestotrotz missglückte<br />

das Debüt in Belgien wegen mangelnder Zuverlässigkeit<br />

und mechanischer Probleme. Weder Regazzoni noch<br />

Alan Jones sahen die Zielflagge. Erst Silverstone stellte<br />

den Wendepunkt dar. Es folgte ein Siegeszug des Rennstalls<br />

- Jones gewann vier der verbleibenden sechs<br />

Saisonrennen. Er hätte wohl auch in Großbritannien<br />

anstelle von Regazzoni gewonnen, wenn ein Wasserleck<br />

an seinem FW07 das nicht verhindert hätte.<br />

2. Williams FW11B<br />

Der Champagner floss in Strömen als Williams sich 1987 zum<br />

vierten Mal zum Weltmeister der Konstrukteure krönte. Der Fahrer-<br />

Titel ging dank Nelson Piquet ebenfalls an Williams. Mit Piquet und<br />

Nigel Mansell holte der Rennstall innerhalb von zwei Jahren 18<br />

Siege, 16 Pole Positions und 278 WM-Punkte. Das Erfolgsgeheimnis<br />

war schnell gefunden - der FW11. Das Auto wurde ein Jahr zuvor<br />

von Patrick Head und Frank Dernie konstruiert, um dem McLaren<br />

MP4-2 das Fürchten zu lehren. Mit dem FW11 gelang den Designern<br />

zwar kein technisches Wunderwerk, aber immerhin ein solides<br />

Auto. Bei der leicht modifizierten B-Version setzte der Rennstall<br />

erstmals auch eine eigene aktive Radaufhängung ein. Den ersten<br />

Renneinsatz absolvierte Piquet in Italien, wo er dank der neuen<br />

Radaufhängung viel weniger Flügel fahren konnte und mit 352,135<br />

km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellte. Damit stellte<br />

er seinen Teamkollegen Mansell, der noch mit der konventionellen<br />

Aufhängung fuhr, in den Schatten. Zudem verfügte der FW11B über<br />

den damals besten Motor in der Formel 1, den Honda 1,5 Liter<br />

V6-Turbomotor. Mit diesem Motor war auch Lotus ausgestattet,<br />

das bessere Ende behielt allerdings Williams für sich, nicht zuletzt<br />

wegen der Zuverlässigkeit des FW11B. Piquet beendete mit Ausnahme<br />

von Spa, Imola und Adelaide jedes Rennen und das vorwiegend<br />

auf dem Podest. Mansell stand sechs Mal auf dem obersten<br />

Podium. Williams soll auch über den Einsatz eines<br />

halb-automatischen Getriebes nachgedacht haben, allerdings<br />

wurde der Plan nie in die Tat umgesetzt.<br />

FACTS:<br />

Saison: 1987<br />

Siege: 9<br />

Poles: 12<br />

Podiums: 18<br />

Schnellste Rennrunden: 7<br />

Fotos: adrivo/Sutton, williams


1. Williams FW14B<br />

Als ein junger Engländer namens Adrian<br />

Newey 1992 zu Williams stieß, war das die<br />

Sternstunde eines der am meisten ausgeklügelten<br />

Rennautos in der Geschichte der Formel<br />

1. Newey war entscheidend an der Konstruktion<br />

des FW14 und seines erfolgreichen<br />

Nachfolgers FW14B beteiligt. Der Bolide<br />

beeindruckte mit brillanten technischen Innovationen<br />

wie einer aktiven Radaufhängung,<br />

einem halb-automatischen Getriebe und einer<br />

Traktionskontrolle. Zudem verfügte der Renner<br />

über den starken Renault-Motor RS3C<br />

V10. Mit dem FW148B gewann Nigel Mansell<br />

1992 die ersten fünf Rennen der Saison und<br />

ohne einen Reifenschaden wäre in Monaco<br />

wohl ein sechster Sieg in Folge hinzugekommen.<br />

Unterstrichen wurde die Dominanz des<br />

FW148B durch die Tatsache, dass Mansells<br />

Teamkollege Riccardo Patrese in den ersten<br />

vier Rennen hinter ihm auf Platz zwei fuhr.<br />

Fünf Rennen vor Saisonende hatte Williams<br />

den Konstrukteurstitel vorzeitig in der Tasche.<br />

Viele befürchteten sogar, dass die Dominanz<br />

des Rennstalls dem Sport schaden könnte,<br />

immerhin stand in 15 von 16 Rennen ein<br />

Williams-Bolide auf der Pole Position. In 10<br />

von 16 Rennen gewann ein Williams-Fahrer,<br />

weshalb manche TV-Stationen wegen der<br />

Vorhersehbarkeit die Übertragung der Rennen<br />

vorzeitig beendeten.<br />

FACTS:<br />

Saison: 1992<br />

Siege: 10<br />

Poles: 15<br />

Podiums: 21<br />

Schnellste Rennrunden: 11<br />

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Immer<br />

Text: Inga Stracke<br />

in Führung<br />

Bernd Mayländer gibt sich nicht mit zweiten Plätzen zufrieden.<br />

Wenn er mit dem offiziellen Formel-1-Safety-Car auf die Strecke<br />

geht, führt er das Feld stets an. Außer es fährt ein Abschleppwagen<br />

auf die Strecke - das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> stellte Bernd zur Rede.<br />

Mayländer vor<br />

dem Einsatz:<br />

auch im Safety<br />

Car gilt volle<br />

Konzentration<br />

MSM: Bernd, du hast in Australien das Rennen<br />

zusammen mit einem Truck angeführt - hast<br />

du so etwas vorher schon einmal erlebt?<br />

BERND MAYLÄNDER: Ja, das ist richtig. Wir<br />

waren alle überrascht, aber zum Glück ist alles gut<br />

ausgegangen. Wir waren uns nicht ganz sicher, ob<br />

wir den Truck überholen sollten oder nicht. Glücklicherweise<br />

haben wir ihn nicht überholt, was in so<br />

einer Situation das Beste ist. Das Fahrzeug von<br />

Vitaly Petrov konnte sicher geborgen werden - es<br />

gibt in der Formel 1 immer etwas Neues.<br />

Beim nächsten Rennen in Malaysia kam das<br />

Safety Car erneut zum Einsatz. Aber vom<br />

Gefühl her, wo kommst du am häufigsten zum<br />

Einsatz?<br />

Kanada war durch Unfälle oder die Witterungsverhältnisse<br />

immer ein großer Garant für<br />

Safety-Car-Phasen. Letztes Jahr war etwas ganz<br />

Besonderes, denn da haben wir den Safety-Car-<br />

Rekord in der Formel 1 gebrochen. Wir sind 32<br />

Runden, knapp 47 Prozent des Gesamtrennens,<br />

gefahren. Natürlich haben wir das nicht gewollt,<br />

aber die Formel 1 ist für alles zu haben.<br />

Beschreib uns bitte kurz dein Dienstfahrzeug.<br />

48 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/Sutton<br />

Der SLS aus dem Hause AMG wird im dritten<br />

Jahr eingesetzt, was unüblich ist. Normalerweise<br />

wird alle zwei Jahre das Auto gewechselt, jetzt<br />

sind wir in der dritten Saison. Aber ich bin mit<br />

meinem Dienstwagen mehr als zufrieden. Er ist<br />

vom Design her ein Traumauto, aber auch von<br />

den Leistungen her ist das Auto ein super Sportwagen.<br />

V8-Motor, 571 PS und alle fahrtechnischen<br />

Hilfsmittel sind im Fahrzeug verbaut.<br />

Die Hilfsmittel wie die Traktionskontrolle<br />

schalte ich ab und zu aus, aber sonst fahren wir<br />

mit einem Performancepaket aus dem Hause<br />

AMG. Somit hat das Auto sämtliche sportlichen<br />

Elemente, die AMG zurzeit bietet. Das Safety<br />

Car ist das Schnellste, das ich bisher gefahren<br />

bin. Ich glaube auch, dass es zuvor kein schnelleres<br />

Fahrzeug gab.<br />

Wie schnell ist das Safety Car?<br />

Das Auto ist bei 317 km/h elektronisch abgeriegelt<br />

und wird auf Rennstrecken sowieso nicht<br />

erreicht, weil es keine Gerade gibt, die lang<br />

genug ist. Die schnellste Strecke mit der höchsten<br />

Geschwindigkeit ist Monza, da könnten<br />

wir knapp 285 km/h fahren. Natürlich kommt<br />

es jetzt darauf an, wie nah die hinteren Kollegen<br />

auf das Auto auffahren. Wenn ich merke, dass<br />

die Piloten bei 250 km/h langsam abreißen lassen,<br />

weil sie einfach ihre Bögen fahren wollen,<br />

dann gehe ich logischerweise leicht vom Gas.<br />

Kommen Vettel, Schumacher & Co. vor einem<br />

Rennen zu dir und sagen: ‚Mach bei einer<br />

Safety-Car-Phase das und das‘?<br />

Ja, aber nur aus Spaß. Klar diskutiert man darüber,<br />

was man besser machen kann. Aber es weiß<br />

jeder, dass ich versuche, das Safety Car so<br />

schnell wie möglich zu bewegen. Ab und zu sind<br />

sie ganz froh, wenn ich nicht so schnell fahre →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 49


wie in Malaysia. Da ist es schon vorgekommen,<br />

dass wirklich auf extrem nasser Strecke die<br />

Formel-1-Autos in Schwierigkeiten geraten<br />

sind. Ich kam hingegen viel besser zurecht, weil<br />

das Auto mehr Gewicht hat und mehr Wasser<br />

verdrängt. Meine Bodenplatte liegt 15 cm über<br />

dem Asphalt, bei einem F1-Fahrzeug ist die<br />

Bodenfreiheit deutlich geringer und dadurch<br />

haben die Fahrer deutlich mehr Probleme.<br />

Hast du spezielle Rennsitze und Anschnallgurte<br />

in deinem Dienstwagen?<br />

Ich habe einen normalen Sechs-Punkt-Gurt.<br />

Die Sitze sind ganz normale Sportsitze, die man<br />

serienmäßig bestellen kann. Das ist für jene<br />

Hardcore-Fans, die diese Sitze unbedingt in<br />

ihrem SLS drin haben wollen. Ich würde allerdings<br />

meinen privaten SLS mit Seriensitzen<br />

ausstatten.<br />

Ich schätze einmal, dass deine Bremsen und<br />

Reifen öfters gewechselt werden als bei einem<br />

normalen Auto?<br />

Richtig, alles Technische läuft wie in der Serie<br />

durch den Kundendienst. Der Motor ist ein<br />

Serien-Motor und läuft ganz normal ein Kundendienstprogramm<br />

ab. Die Bremsen und Reifen<br />

werden auf einer Strecke natürlich mehr<br />

strapaziert. Im Schnitt verbrauchen wir pro<br />

Auto pro Wochenende einen Satz Reifen. Wir<br />

fahren die Reifen für das Rennen am Samstag<br />

an. Wir haben mehr Zeit, da wir zwei Safety-<br />

Cars haben - eines für die Support-Rennen und<br />

eines für das Hauptrennen. Sollte doch einmal<br />

am Sonntagnachmittag etwas passieren, wenn<br />

ich zum Beispiel auf der Einführungsrunde<br />

einen Plattfuß hätte, dann würde die Zeit knapp,<br />

um den Reifen zu wechseln. Dann würde ich<br />

ins Ersatzauto springen, was 1:1 das gleiche<br />

Fahrzeug ist. Ich könnte beispielsweise nicht<br />

sagen, welches Auto das Ersatz- und welches<br />

das Einsatzfahrzeug ist. Das weiß ich nur, wenn<br />

ich mir den Schlüssel ansehe, denn die sind<br />

unterschiedlich markiert. Zwar haben die Autos<br />

auch außen ganz kleine Markierungen, aber da<br />

muss man wirklich ganz genau hinschauen,<br />

denn die Fahrzeuge sind identisch. Auch die<br />

Fahrleistung ist gleich, was schon eine starke<br />

Leistung ist.<br />

Das Mercedes AMG Safety Car ist<br />

genau richtig für die anspruchsvolle<br />

Aufgabe, 24 Formel-1-Boliden im<br />

Zaum zu halten<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

Was fährst du privat?<br />

Ich darf eine wunderschöne E-Klasse aus dem<br />

Hause AMG fahren. Ich habe den E63 bekommen,<br />

weil ich mit Mercedes seit 17 Jahren<br />

zusammenarbeite. Ich bin für den Hersteller<br />

auch in der DTM gefahren und fungiere noch<br />

als Markenbotschafter. Es macht riesigen Spaß,<br />

das Auto zu fahren. Es ist eine großartige Komb<br />

i n a t i o n a u s e i n e r s p o r t l i c h e n<br />

Super-Limousine.<br />

Als Safety-Car-Fahrer braucht man die Erfah-<br />

50 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Sie wollen, dass ein rennerfahrener<br />

Mann im Safety Car sitzt. Ich habe<br />

sehr viel Erfahrung auf und neben der<br />

Strecke gesammelt und war auch<br />

immer in Sicherheitsfragen involviert<br />

- das ist natürlich von Vorteil. Ich fahre<br />

zwar keine Qualifyingrunde, aber ich<br />

bewege mich schon am Limit.<br />

rung, um die Jungs hinter sich einschätzen zu<br />

können. Da trifft es sich gut, dass du selbst Rennen<br />

gefahren bist und noch immer eine Rennlizenz<br />

besitzt.<br />

Ja, klar. Ich denke, dass ist eine Grundvoraussetzung,<br />

die die FIA möchte. Sie wollen, dass<br />

ein rennerfahrener Mann im Safety Car sitzt.<br />

Ich habe sehr viel Erfahrung auf und neben der<br />

Strecke gesammelt und war auch immer in<br />

Sicherheitsfragen involviert - das ist natürlich<br />

von Vorteil. Ich fahre zwar keine Qualifyingrunde,<br />

aber ich bewege mich schon am Limit.<br />

Daher sollte man Erfahrung haben, wissen wie<br />

der Rennablauf ist, wie unglaublich schnell so<br />

ein Formel-1-Auto ist, damit man Situationen<br />

ganz anders einschätzen kann. Da hilft meine<br />

20-jährige <strong>Motorsport</strong>erfahrung auf jeden Fall.<br />

Auf keinen Fall möchte ich morgen als nichterfahrener<br />

Fahrer gefragt werden, ob ich das<br />

Safety Car in der Formel 1 pilotieren möchte.<br />

Das wäre zwar ein super Job, den man an Land<br />

ziehen könnte, aber ich hätte sicherlich eine<br />

hohe Pulsrate.<br />

Wie sieht es mit dem Puls deines Beifahrers<br />

aus? Sitzt er entspannt neben dir?<br />

Mein Beifahrer ist mein alter Kollege Pete Tibbets.<br />

Er ist ein ganz ruhiger Typ, ein typischer<br />

Engländer. Ihn bringt nichts aus der Ruhe. Er<br />

ist ein Observer und den Job macht er phänomenal,<br />

weil er eben immer extrem ruhig bleibt.<br />

Er analysiert alles, berichtet an die Race Control.<br />

Man kann es sich wie in einem Flugzeug-<br />

Cockpit vorstellen. Vier Augen und Ohren<br />

sehen und hören mehr - das ist ein ganz wichtiger<br />

Sicherheitsfaktor. Wir fahren seit 2000<br />

zusammen. Es ist ganz nett, wenn wir nichts zu<br />

tun haben, was uns am liebsten ist, einen Kollegen<br />

an der Seite zu haben, mit dem man plaudern<br />

kann.<br />

Könnt ihr das Rennen eigentlich im Auto verfolgen?<br />

Habt ihr eine Stereo-Anlage?<br />

Das ist so eine Sache. Aus Gewichtsgründen<br />

hat man die Lautsprecher ausgebaut, aber wir<br />

haben zwei Monitore im Auto. Auf dem einen<br />

können wir das Weltbild verfolgen, wir können<br />

permanent das GPS-System abrufen, wissen<br />

genau wo sich welches Fahrzeug befindet. Im<br />

Endeffekt sind es die gleichen Bilder, die die<br />

Teams offiziell von der Formel 1 bekommen.<br />

Wir können diese Channels abrufen, was<br />

Bernd Mayländer<br />

liegt bei allen<br />

Bedingungen in<br />

Front<br />

logisch ist, weil wir natürlich viele Informationen<br />

brauchen. Die Hauptinformation bekommen<br />

wir aber von der Race Control. Ich habe<br />

Herbie Blash direkt am Funk, neben ihm sitzt<br />

Renndirektor Charlie Whiting - die beiden<br />

kommunizieren untereinander und geben die<br />

Informationen an das Safety Car weiter. Hier<br />

ist es auch wichtig, dass mein Beifahrer mithört,<br />

denn eine Information ist ganz schnell<br />

falsch verstanden - wie gesagt vier Ohren<br />

hören mehr.<br />

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Zahlen<br />

und<br />

Fakten<br />

zum<br />

Safety<br />

Car<br />

Fotos: adrivo/Sutton, williams<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Das Arbeitsprotokoll: 2011 kam das Safety Car für 4,9% der Saison<br />

zum Einsatz - das entspricht 12 SC-Phasen in 7 Rennen. Das Safety Car<br />

legte 61 Runden respektive 284,3 km zurück. Im Vergleich dazu gab es<br />

2010 in 12 Rennen 21 SC-Einsätze über 452,3 km, was einem Anteil<br />

von 7,8% an der gesamten Saison gleichkam.<br />

Der Rekord: Beim Kanada GP 2011 gab es fünf SC-Phasen über eine<br />

Gesamtdistanz von 32 Runden respektive 139,6 km – das war mit<br />

45,7% der Renndistanz ein neuer F1-Rekord.<br />

Die längsten Einsätze: Der Kanada GP 2011 hält den Safety-Car-<br />

Rekord. Doch es gab noch mehr Mammuteinsätze für Bernd Mayländer:<br />

In Japan 2007 fuhren die Autos ab dem Start 26 Runden hinter dem<br />

Safety Car, in Korea 2010 waren es die ersten 24 Runden.<br />

Die Einsatzquoten: Singapur und Südkorea besitzen eine 100%ige<br />

SC-Wahrscheinlichkeit – in jedem der vier respektive zwei Grand Prix<br />

gab es dort mindestens einen SC-Einsatz. In Kanada gab es 14<br />

SC-Phasen in den letzten neun Rennen, in Monaco 13 SC-Einsätze in<br />

zehn Grand Prix.<br />

Die SC-Ruherennen: Statistisch gesehen besteht die geringste<br />

SC-Wahrscheinlichkeit in Malaysia (ein Einsatz in den letzten 10<br />

Jahren), Ungarn (zwei Einsätze in den letzten zehn Rennen) und Bahrain<br />

(ein Einsatz in sieben Rennen).<br />

Das Auto: Der Mercedes SLS AMG besitzt einen 6,3-Liter V8-Motor. Er<br />

erzielt eine Höchstleistung von 420 kW (571 PS) bei 6.800/min. und ein<br />

maximales Drehmoment von 650 Newtonmetern bei 4.750/min.<br />

Das erste Safety Car: Die ersten Mercedes-AMG Safety und Medical<br />

Cars waren vom Typ C 36 AMG, der erstmals 1996 zum Einsatz kam.<br />

Allerdings wurde bereits vorher, bis ins Jahr 1984 zurück, gelegentlich<br />

eine AMG E-Klasse als Medical Car eingesetzt.<br />

Alle<br />

AMG<br />

Safety<br />

Cars<br />

auf<br />

einen<br />

Blick<br />

1996: C 36 AMG<br />

ab 1997: CLK 55 AMG<br />

2000: CL 55 AMG<br />

ab 2001: SL 55 AMG<br />

2003: CLK 55 AMG<br />

ab 2004: SLK 55 AMG<br />

ab 2006: CLK 63 AMG<br />

ab 2008: SL 63 AMG<br />

seit 2010: SLS AMG<br />

Der Mercedes-Benz SLS AMG ist das<br />

neunte Safety Car aus dem Hause AMG.<br />

Seit 17 Jahren stellt Mercedes das<br />

Sicherheitsfahrzeug in der Formel 1<br />

Fotos: mercedes-benz<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53


Gilles Villeneuve ist noch<br />

heute der große Held für<br />

viele Tifosi<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Gilles Villeneuve machte die legendäre Startnummer 27<br />

bei Ferrari zum Kult. Sein Sohn Jacques gelangte<br />

ebenfalls zu F1-Ruhm: er gewann 1997 den WM-Titel -<br />

allerdings mit Williams<br />

Text: Frederik Hackbarth<br />

Am 8. Mai jährt sich der Tod<br />

von Gilles Villeneuve zum<br />

30. Mal. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

blickt zurück auf die<br />

Karriere eines der letzten<br />

F1-Originale. Villeneuve stand<br />

für Spektakel, Wagemut und<br />

Leidenschaft - dafür lieben<br />

die Tifosi ihre legendäre<br />

Nummer 27 noch heute.<br />

→<br />

Fotos: adrivo/sutton<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55


icht Schumacher, Ascari oder Fangio -<br />

Nauch nicht Lauda, Scheckter oder Räikkönen.<br />

Der große Liebling der Tifosi ist bis<br />

heute ein Pilot, der keinen Weltmeistertitel<br />

für die Scuderia Ferrari einfahren<br />

konnte und doch mindestens so legendär<br />

ist wie der italienische Traditionsrennstall selbst. Gilles<br />

Villeneuve musste um alles in seiner Karriere kämpfen,<br />

nur seinen unbändigen Grundspeed und das scheinbar<br />

schier unerschöpfliche fahrerische Talent bekam der<br />

Kanadier 1950 in die Wiege gelegt. Geboren in Saint-<br />

Jean-sur-Richelieu im frankokanadischen Québec,<br />

waren es in jungen Jahren zunächst Schneemobilrennen,<br />

die ihn zum <strong>Motorsport</strong> brachten. Parallel sammelte er<br />

im Alter von nur 17 Jahren in einem aufgemotzten Ford<br />

Mustang in der regionalen Drag-Szene erste Erfahrungen<br />

auf vier Rädern. Bald packte ihn die Leidenschaft<br />

für Asphaltrennen und er erwarb in der Jim Russell<br />

Racing School auf der malerisch gelegenen Naturstrecke<br />

Mont Tremblant seine professionelle Rennlizenz.<br />

Anschließend trat er in der Formel Ford an, siegte gleich<br />

auf Anhieb in sieben von zehn Läufen und empfahl sich<br />

schließlich für die größere Formel Atlantic. 1975 gewann<br />

das Ausnahmetalent bei sintflutartigen Regenfällen das<br />

erste Rennen. Dass er bei schwierigen Wetterbedingungen<br />

besonders herausragte, erklärte Villeneuve<br />

damit, dass die Sicht bei seinen geliebten Schneemobilrennen<br />

noch viel schlechter sei. Diese fuhr der Jungspund<br />

auch weiterhin, vornehmlich da in den Anfangsjahren<br />

seiner Karriere das Geld knapp und er auf Kufen<br />

dermaßen erfolgreich war, dass er sich dadurch die Teilnahme<br />

an Autorennen finanzieren konnte.<br />

1976 startete Villeneuve in der Formel Atlantic voll<br />

durch, gewann bis auf ein Rennen alle Läufe des Jahres<br />

und sicherte sich die Meisterschaft - ein Kunststück, das<br />

er im Folgejahr wiederholte. Aufgrund seiner eindrucksvollen<br />

Leistungen in Nordamerika durfte er sich im Juli<br />

1977 in Silverstone erstmals in der Formel 1 versuchen.<br />

Ein elfter Platz für McLaren beim Debüt blieb sein einziges<br />

Rennen in der Königsklasse, das er nicht in einem<br />

Ferrari bestritt. Bereits Ende der Saison heuerte Villeneuve<br />

bei der Scuderia an und wurde bei seinem Heimrennen<br />

in Mosport Zwölfter. Der letzte Lauf des Jahres<br />

in Fuji endete jedoch tragisch - Villeneuve wurde in<br />

einen Unfall mit Ronnie Peterson verwickelt, bei dem<br />

ein Zuschauer und ein Streckenposten ihr Leben<br />

ließen.<br />

1978 kehrte er als Stammfahrer für Ferrari an die Strecke<br />

zurück. Nach vielen Ausfällen zu Beginn des Jahres verbesserte<br />

sich seine Performance zusehends. Beim fünftletzten<br />

Lauf in Österreich fuhr Villeneuve als Dritter<br />

erstmals aufs Podest, das Saisonfinale auf dem neuen<br />

Circuit Ile Notre-Dame gewann der Kanadier im verregneten<br />

Montreal. Die Strecke wurde später nach dem<br />

Premierensieger benannt. Dass er zunächst Teamkollege<br />

Carlos Reutemann, später Stallgefährte Jody Scheckter<br />

Gilles Villeneuves Grid Girl für den<br />

Holland GP in Zandvoort<br />

»Das Siegen bedeutete<br />

auch ihm alles,<br />

aber es zählte auch<br />

die Art und Weise,<br />

wie er gewann. Er<br />

nahm jedes Rennen<br />

als Herausforderung<br />

an. Dabei war<br />

er ein unglaublich<br />

harter Racer - aber<br />

immer fair. Für ihn<br />

war es Sport, er<br />

würde einem immer<br />

den Platz zum Überleben<br />

geben.«<br />

unterlegen war, der sich 1979 den WM-Titel für Ferrari<br />

sicherte, interessierte die Fans der Roten wenig. Viel<br />

mehr waren sie fasziniert vom Mut und der Hingabe,<br />

mit der Villeneuve Rennen fuhr - immer auf der letzten<br />

Rille, immer über dem Limit und niemals mit einem<br />

Gedanken an das Risiko. Weggefährte Chris Amon<br />

erklärte einmal: »Im Rennauto kannte Gilles keine<br />

Furcht. Sein Mut rührte aber eher vom sachlichen<br />

Akzeptieren des Risikos, als von Ignoranz oder mangelnder<br />

Einsicht. Er wusste, wie es war, sich zu verletzen<br />

- aber er akzeptierte das.« Bereits in der Formel Atlanic<br />

hatte sich Villeneuve bei einem Unfall das Bein gebrochen.<br />

»Er weigerte sich zuerst, wahrzuhaben, dass er<br />

verletzt war. Nicht wegen des Schocks, sondern einfach,<br />

weil er nicht glauben konnte, dass so etwas passiert. Als<br />

er das aber verstanden hatte, nahm er auch das Risiko<br />

an«, so Amon.<br />

Die besten Beweise für seinen ungebrochenen Wagemut<br />

lieferte der Kanadier in seiner zweiten kompletten Ferrari-Saison.<br />

Unvergessen sein rundenlanger Zweikampf<br />

mit Rene Arnoux auf dem Weg zu Platz zwei in Dijon<br />

- legendär auch sein Auftritt im holländischen Zandvoort<br />

wenige Wochen später. Mit einem Reifenschaden<br />

eigentlich bereits ausgeschieden, fuhr Villeneuve aus<br />

den Fangzäunen und dem Kiesbett zurück auf die Strecke,<br />

um das Rennen auf drei Rädern wieder aufzunehmen.<br />

Völlig fern der realistischen Grenzen der Physik,<br />

setzte er den Grand Prix fort, bis schließlich die komplette<br />

Radaufhängung seines Ferrari 312T4 in Fetzen<br />

hinter dem Boliden schleifte. Die Zuschauer verehrten<br />

den 67-fachen GP-Starter für seinen unermüdlichen<br />

Kampfgeist und sein verwegenes Wesen. Neben der<br />

Vizeweltmeisterschaft in jenem Jahr sicherte sich Villeneuve<br />

in seiner Karriere insgesamt zwei Pole Positions<br />

und sechs Siege. Nach zwei durchwachsenen Saisons<br />

hatte der zweifache Familienvater 1982 mit dem Ferrari<br />

126C2 erstmals wieder das Material, um nach der Krone<br />

zu greifen. Gemeinsam mit seinem schnellen Teamkollegen<br />

Didier Pironi, der bereits in der Vorsaison zur<br />

Scuderia gestoßen war, rieb er sich jedoch in einem<br />

erbitterten internen Duell auf. Zwischen den beiden<br />

Ferrari-Stars entwickelte sich eine große Rivalität, die<br />

in den kontroversen Ereignissen von Imola gipfelte. Um<br />

Sprit zu sparen, hatte die Scuderia ihre beiden in Führung<br />

liegenden Piloten angewiesen, die Pace herauszunehmen<br />

und den Doppelerfolg sicher ins Ziel zu bringen.<br />

Der Zweitplatzierte Pironi brach jedoch den<br />

Nichtangriffspakt und überholte Villeneuve in der letzten<br />

Rennrunde in der Tosa-Kurve und gewann. Der<br />

Kanadier war anschließend zutiefst enttäuscht und<br />

sprach mit seinem französischen Stallkollegen kein Wort<br />

mehr. Schon beim folgenden Lauf in Zolder wollte sich<br />

Villeneuve rächen.<br />

Keke Rosberg erinnerte sich Jahre später an Villeneuve<br />

- und auch dessen Frust über den ungerecht verlorenen<br />

Sieg: »Gilles war wahrscheinlich der verrückteste<br />

56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Piloten und der Rennarzt an der Unglücksstelle und zogen Villeneuve aus den Fangzäunen<br />

- wenngleich der Puls des Kanadiers zu fühlen war, atmete dieser jedoch nicht mehr und<br />

sein Gesicht war blau angelaufen. Villeneuve wurde anschließend mit dem Helikopter in<br />

das Universitätskrankenhaus der nahegelegenen Stadt Löwen geflogen, wo das medizinische<br />

Personal einen Genickbruch feststellte. Trotz der sofort eingeleiteten lebenserhaltenden<br />

Maßnahmen, erlag der 32-Jährige um 21:12 Uhr seinen schweren Verletzungen. Das Ferrari-<br />

Team zog nach der Schocknachricht den zweiten Boliden von Pironi für das Rennen am<br />

Sonntag zurück und reiste vorzeitig aus Belgien ab. Eigentlich die falsche Antwort auf das<br />

unbarmherzige Schicksal, war doch vor allem ein Wort im Vokabular des Gilles Villeneuve<br />

nicht existent: Aufgeben. In Maranello bauten sie ihrem Idol anschließend ein Denkmal - dem<br />

Liebling von Enzo Ferrari, dem Liebling der Tifosi... der unvergessenen Nummer 27.<br />

In der Formel 1<br />

wurde schon immer<br />

gespart - manchmal<br />

eben an Hosen<br />

Villeneuve erkämpft<br />

sich Platz fünf in<br />

Monaco 1980<br />

Fotos: adrivo/sutton<br />

Bastard, den ich jemals getroffen habe. Im Vergleich zu<br />

Prost oder Lauda war er ein ganz verschiedener Typ<br />

Fahrer. Das Siegen bedeutete auch ihm alles, aber es<br />

zählte auch die Art und Weise, wie er gewann. Er nahm<br />

jedes Rennen als neue, ganz persönliche Herausforderung<br />

an. Dabei war er ein unglaublich harter Racer - aber<br />

immer fair. Für ihn war es Sport, er würde einem immer<br />

den Platz zum Überleben geben.« Die Tragik des Gilles<br />

Villeneuve ist, dass ihm dieser Platz am 8. Mai 1982<br />

selbst ausging. Acht Minuten vor dem Ende der Qualifikation<br />

zum Belgien GP befand sich Villeneuve auf einer<br />

schnellen Runde, um den zu diesem Zeitpunkt vor ihm<br />

liegenden Pironi noch abzufangen.<br />

ls er im schnellen Abschnitt auf der Rück-<br />

des Fahrerlagers über eine Kuppe Aseite<br />

kam, lief er auf den langsamen March-<br />

Ford von Jochen Mass auf. Der Deutsche<br />

befand sich nicht auf einer schnellen<br />

Runde, blockierte jedoch die Ideallinie.<br />

Als Mass Villeneuve im Rückspiegel sah, wechselte er<br />

auf die rechte Spur, um dem Ferrari links die Rennlinie<br />

zu überlassen. Der Kanadier hatte sich jedoch schon<br />

dazu entschieden, Mass vor der folgenden Rechtskurve<br />

innen zu überholen und seinerseits die Spur gewechselt.<br />

Vom Ausscheren des March wurde er überrascht und<br />

konnte nicht mehr ausweichen. Der Ferrari Villeneuves<br />

krachte in das Heck des Vordermannes und stieg in die<br />

Luft auf. Bei Geschwindigkeiten jenseits von 200 km/h<br />

schlug der Bolide auf die Wiese neben der Fahrbahn auf<br />

und zerbarst in seine Einzelteile. Villeneuve verlor seinen<br />

Helm und wurde mitsamt der Sitzschale, an die er<br />

immer noch geschnallt war, im hohen Bogen über die<br />

Strecke und die Fangzäune auf der anderen Seite<br />

geschleudert.<br />

Zwar waren innerhalb weniger Sekunden nachfolgende<br />

Die Fans liebten<br />

Villeneuve für seinen<br />

Einsatz und Fahrstil<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 57


Brüder unter sich:<br />

Michael und Ralf<br />

Schumacher in ihren<br />

jeweiligen Mercedes<br />

AMG Arbeitsgeräten in<br />

Barcelona<br />

58 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Jari, So wird das<br />

nichts<br />

Foto: mercedes-benz<br />

Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch Pech<br />

dazu. Eine alte Weisheit, die bei WRC-Pilot Jari-Matti<br />

Latvala wie die Faust aufs Auge passt. Durch seinen<br />

Schlüsselbeinbruch war die Teilnahme an der Rallye<br />

Argentinien Geschichte. Doch das ist sicherlich nicht<br />

das Einzige, was den Finnen 2012 den Titel kosten<br />

könnte. Natürlich ist er schnell - sauschnell sogar.<br />

Das bringt aber nichts, wenn er seinen Ford bei jeder<br />

Gelegenheit von der Strecke schießt und letztendlich<br />

meistens ohne wertvolle WM-Punkte die Heimreise<br />

antreten muss. Ein Rückschlag, wie seine Verletzung,<br />

kommt sicher nicht gelegen, aber der Hauptgrund,<br />

warum er auch in dieser Saison nicht Weltmeister<br />

wird, ist sie sicher nicht. - Marion Rott<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 59


60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Robert Seiwert<br />

Fotos: bmw<br />

Charly Lamm lenkt<br />

die Geschicke bei<br />

Team Schnitzer<br />

2012 ist es soweit: BMW kehrt mit drei Teams<br />

in die DTM zurück. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

stellte Schnitzer-Teamchef Charly Lamm zum<br />

Gespräch - über bayerische <strong>Motorsport</strong>-Tradition<br />

und eine neue Ära.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 61


Jens Marquardt<br />

betraute drei<br />

Teamchefs mit der<br />

Aufgabe DTM<br />

Dirk Werner nimmt<br />

in dieser Saison im<br />

gelben BMW M3<br />

DTM Platz<br />

MSM: In einer Umfrage auf unserer Website<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com glaubten 72 Prozent der<br />

User, dass Schnitzer das erfolgreichste BMW-Team<br />

in der DTM-Saison 2012 sein wird...<br />

CHARLY LAMM: Vielen Dank erst einmal an die<br />

Leser von <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com für die Vorschusslorbeeren.<br />

Die drei BMW-Teams haben alle<br />

einen unterschiedlichen Werdegang und wir sind<br />

eben das BMW-Traditionsteam. Schnitzer ist seit<br />

mehreren Jahrzehnten mit BMW im <strong>Motorsport</strong><br />

verbandelt, das haben die Fans in Erinnerung. Wir<br />

sind das einzige Team mit DTM-Vergangenheit.<br />

Ich möchte aber eine Lanze für die BMW-Partnerteams<br />

brechen: RMG ist kompletter Neueinsteiger<br />

und kann daher bislang nur eine bedingte Fangemeinde<br />

aufweisen. RBM ist bei den DTM-Fans<br />

vielleicht noch nicht so bekannt, obwohl das Team<br />

eine zehnjährige Historie mit BMW mitbringt.<br />

Man kennt Schnitzer von 1989 bis 1992 aus der<br />

DTM. Wo sehen Sie die größten Unterschiede<br />

zwischen der damaligen und heutigen Zeit?<br />

Die Gemeinsamkeit ist Rennsport- und Tourenwagensport<br />

- damit hört es größtenteils auch<br />

schon auf. Die DTM hat nach der BMW-Pause<br />

stürmische Zeiten durchlebt, seit 2000 ist die<br />

Serie wieder stabil und hat sich enorm entwickelt.<br />

Ihr liegt ein neues Sportliches Reglement<br />

zugrunde und das Technische Reglement hat<br />

sich deutlich verändert. In der Zeit von 2000 bis<br />

2011 wurden komplexe, extrem wettbewerbsfähige<br />

und fahrleistungsfähige Renntourenwagen<br />

entwickelt. Das ist eine komplett andere<br />

Liga; früher hatten wir 350 PS, heute sprechen<br />

wir von 480 PS. Die Autos sind bei relativ geringem<br />

Gewicht die schnellsten und leistungsstärksten<br />

Fahrzeuge mit Dach. Sie brauchen einen<br />

Vergleich mit den GT1-Fahrzeugen nicht zu<br />

scheuen.<br />

Kritiker warfen den letztjährigen DTM-Autos vor,<br />

mehr Prototypen denn Tourenwagen zu ähneln.<br />

Die Fahrzeuge für 2012 kommen den Serienautos<br />

wieder näher. Ein guter Schritt?<br />

Den Tourenwagen kamen enorme Freiheiten zu,<br />

bis 2011 waren das Tourenwagen der extremsten<br />

Ausprägung. Mit dem neuen Reglement für 2012<br />

wurde die richtige Richtung eingeschlagen. Die<br />

Fahrzeuge sollen zwar Downforce haben, aber das<br />

Karosseriekleid nicht mehr so extrem sein. Die<br />

DTM-Autos werden 2012 vom äußeren Erscheinungsbild<br />

her wieder mit Tourenwagen assoziiert,<br />

das Bild wird wieder stimmiger.<br />

Kann es nicht sein, dass sich in ein oder zwei Jahren<br />

doch wieder alles ändert, weil das Ziel sein muss,<br />

immer mehr Downforce zu erzeugen?<br />

Jeder Ingenieur will die technische Situation innerhalb<br />

des Reglements immer maximal ausloten. Es<br />

ist aber gelungen, Limits mit deutscher Gründlichkeit<br />

zu setzen, um die extremen Auswirkungen<br />

einzudämmen. Es wurde ein Weg gefunden, der<br />

keine Schlupflöcher mehr bietet. Das Reglement<br />

wurde umgeschrieben, so dass man im Bereich der<br />

Aerodynamik keine solch extremen Lösungen<br />

mehr sehen wird, wie es bis 2011 der Fall war.<br />

In den neuen DTM-Autos kommen mehr als 50<br />

Einheitsbauteile zum Einsatz. Hat jedes Team<br />

trotzdem noch die Möglichkeit, sich einen Vorteil<br />

zu verschaffen?<br />

Die Aufgabenstellung verschiebt sich. Es wurden<br />

Gleichteile definiert, die von allen Herstellern eingesetzt<br />

werden, um die Kosten zu senken. Bei diesen<br />

Teilen wird es keinen Wettbewerb geben, z.B.<br />

bei Chassis und Monocoque, diese sind einheitsneutral.<br />

Daher verlagert sich der Wettbewerb auf<br />

Teile, die in der Entwicklung frei sind. Es ist derzeit<br />

nicht unbedingt Aufgabe der Teams, die freien Teile<br />

Trotz des neuen Reglements<br />

hat sich der Wettbewerb<br />

kaum verändert. Wir<br />

als Neueinsteiger haben<br />

einen enormen Prozess<br />

vor uns, um die Details der<br />

DTM zu erlernen, damit wir<br />

möglichst wettbewerbsfähig<br />

sein können.<br />

zu verändern. Darum kümmern sich die Hersteller,<br />

die diese testen und freigeben. Die Teams müssen<br />

den Technikstand darstellen und bestmöglich einsetzen.<br />

Es gilt, den Stand bestmöglich einzusetzen,<br />

das Fahrwerk und die Aerodynamik optimal einzustellen<br />

und die Einheitsreifen richtig zu nutzen.<br />

Diese Bereiche als Team perfekt abzubilden, wird<br />

eine große Herausforderung.<br />

Die Position der Auspuffrohre an den einzelnen<br />

Autos hat sich im Verlauf der Vorbereitung häufiger<br />

verändert. Inzwischen hat jeder Hersteller<br />

eine andere Lösung gefunden. Gibt es in dieser<br />

Hinsicht keine Bestimmungen?<br />

Doch, die gibt es. Bis August vergangenen Jahres<br />

mündete der Auspuff des BMW M3 DTM noch<br />

am Heck. Später gab es eine Änderung in der Herstellerrunde,<br />

so dass die Abgase nun seitlich in der<br />

Nähe der Hinterräder austreten. Im endgültigen<br />

Reglement gibt es einen definierten Mündungsbereich<br />

an der Fahrzeugseite. Es dauerte eine Weile,<br />

bis sich die Hersteller auf eine Lösung geeinigt hatten.<br />

Die Möglichkeit, mittels der Abgase mehr<br />

Anpressdruck zu generieren - wie es in der Formel<br />

Fotos: bmw, dtm<br />

62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


1 mit dem angeblasenen Diffusor der Fall war -,<br />

besteht übrigens nicht.<br />

Hatten Sie bei der Fahrerwahl ein Mitspracherecht?<br />

Die Entscheidung über den BMW-Fahrerkader<br />

wurde in München getroffen. Ich bin mir sicher,<br />

dass BMW über eine sehr wettbewerbsfähige<br />

Mannschaft verfügt. Dirk Werner kannten wir<br />

bereits aus unserer gemeinsamen Vergangenheit.<br />

Bruno Spengler ist sehr erfahren, was unserem<br />

Team sehr gut tut und gleichzeitig auch Dirk hilft.<br />

Unser Ziel ist es, von Brunos Erfahrung zu profitieren<br />

und diese an Dirk zu vermitteln, der in seine<br />

erste DTM-Saison startet.<br />

Könnte Brunos Wechsel zu BMW eine zusätzliche<br />

Motivationsspritze für ihn sein?<br />

Bruno und Martin Tomczyk sind die Erfahrungsträger<br />

im BMW-Kader, die anderen müssen noch<br />

Mit Bruno Spengler<br />

hat Schnitzer einen<br />

erfahrenen DTM-Star<br />

im Team<br />

wollen zunächst Brunos Erfahrung nutzen und<br />

Dirk mitgeben, um seinen Lernprozess optimal zu<br />

fördern. Wir befinden uns im Wettbewerb mit zwei<br />

Herstellern, die über einen enormen Erfahrungsvorsprung<br />

verfügen. Trotz des neuen Reglements<br />

hat sich der Wettbewerb in der DTM kaum verändert.<br />

Wir als Neueinsteiger haben einen enormen<br />

Prozess vor uns, um die Details der DTM zu erlernen,<br />

damit wir möglichst wettbewerbsfähig sein<br />

können.<br />

Was sind für Sie persönlich die größten Herausforderungen<br />

im Hinblick auf die<br />

Rennwochenenden?<br />

Man kann die ganze Bandbreite nehmen. Jedes<br />

Rennwochenende hat spezielle Anforderungen. Die<br />

DTM ist sehr komplex, das fängt beim Boxenaufbau,<br />

den Boxenstopps sowie der Elektronik an. Die<br />

Autos werden im Zweiwochenrhythmus überprüft.<br />

Das ist eine enorme Herausforderung, vor allem<br />

jetzt am Anfang, wenn Rennen innerhalb einer<br />

Woche stattfinden. Die Boxenstopp-Choreographie<br />

muss perfekt erlernt werden, unsere Autos müssen<br />

in der kurzen Zeit am Wochenende abgestimmt<br />

werden. Der Terminplan ist anspruchsvoll; bei den<br />

relativ kurzen Fahrtzeiten im Rennen ist jede Runde<br />

wertvoll. Die Zeit muss effizient genutzt werden,<br />

um die nötigen Informationen zu erhalten.<br />

Wie groß ist das Team von Schnitzer?<br />

Unser Team umfasst 26 Leute. Unsere Zeit in der<br />

WTCC war nicht so intensiv, wie es die DTM erfordert,<br />

da ging es auch mit 18 bis 20 Leuten. Jetzt sind<br />

wir stärker aufgestellt, vor allem unser Ingenieurs-<br />

Team. Die Schnitzer-Mannschaft ist im Kern gleich<br />

geblieben, aber wir haben versucht, uns mit DTMerfahrenen<br />

Leuten zu verstärken.<br />

BMW vor Mercedes und<br />

Audi - das hätten die<br />

Münchener gerne so<br />

eine Menge lernen, was die DTM betrifft. Bruno<br />

war in der DTM in den vergangenen Jahren im<br />

Vorderfeld, hatte jedoch ein paar unglückliche Situationen.<br />

Er ist ein wirklich sehr freundlicher und<br />

smarter Typ, der gerade von der schwäbischen in<br />

die bayrische Kultur wechselt. Man spürt, dass er<br />

die DTM lebt. Er weiß, wohin es gehen muss und<br />

zeigt die Richtung auf. Wir spüren deutlich seine<br />

Erfahrung und wie er sich ins Team einbringt.<br />

Wird Bruno der Leader bei Schnitzer sein?<br />

Unsere beiden Autos werden gleich vorbereitet.<br />

Dirk ist DTM-Rookie und hat die gleichen Ziele<br />

wie Bruno, wählt aber einen anderen Ansatz. Wir<br />

Also Mitarbeiter, die bis vor kurzem bei anderen<br />

Teams unter Vertrag standen?<br />

Wir haben im Engineering drei Ingenieure mit<br />

DTM-Erfahrung bis 2011 beziehungsweise 2010. In<br />

der Zeit von 2000 bis 2011 hat die DTM jedes Jahr<br />

eine Weiterentwicklung durchgemacht, auch in der<br />

Art, wie Autos abgestimmt werden. Daher ist es<br />

wichtig, Leute aus der aktuellen Zeit zu rekrutieren.<br />

Man nimmt aus allen Rennserien Erfahrung mit,<br />

aber die DTM ist so speziell, dass wir Erfahrungsträger<br />

von dort brauchten. Brunos Renningenieur<br />

kann auf dessen Erfahrung aufbauen, der von Dirk<br />

Werner wird hingegen mehr Geduld brauchen, weil<br />

er ihn auf ein anderes Niveau hinführen muss.<br />

Was planen Sie in diesem Jahr noch an anderen<br />

Rennsportprogrammen?<br />

Wir haben ein großes Herz für die Langstrecke,<br />

aber dieser Leidenschaft können wir in diesem Jahr<br />

nicht nachgehen. Die DTM ist sehr intensiv und<br />

ihr gilt unsere volle Konzentration. Wenn wir glauben,<br />

dass wir alles im Griff haben, kann man immer<br />

noch weitersehen, aber 2012 gibt es für uns nur die<br />

DTM.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 63


Der Newcomer<br />

Stefan Reinhold ist neu in der DTM, aber nicht im <strong>Motorsport</strong>. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> stattete seiner Mannschaft in den ehemaligen<br />

Zakspeed-Hallen im 3.000 Seelen Örtchen Niederzissen einen Besuch ab.<br />

MSM: Wie wird man DTM-Teamchef?<br />

STEFAN REINHOLD: Man muss erst einmal<br />

für sich selbst wissen, dass man Teamchef sein<br />

möchte. Dann muss man Ideen ausarbeiten, ein<br />

Konzept erstellen und sich - wie in meinem Fall<br />

- bei BMW bewerben. Ich bekam schließlich<br />

den Zuschlag. Es war ja seit geraumer Zeit<br />

bekannt, dass BMW die Rückkehr in die DTM<br />

plant - also rief ich bei BMW <strong>Motorsport</strong> an<br />

und fragte, ob ich mich bewerben könne. Ein<br />

paar Kontakte hatte ich auch nach München,<br />

wie zum ehemaligen <strong>Motorsport</strong>chef Dr. Mario<br />

Theissen, den ich aus meiner Zeit in der Formel<br />

1 kannte.<br />

Wie sieht so eine Bewerbung aus?<br />

Das war ein Konzept mit gewissen Strukturen,<br />

wie ich mir die Arbeit in der DTM vorstelle.<br />

Natürlich brachte ich auch neue Ideen ein. Im<br />

Laufe der Jahre habe ich einiges an Erfahrung<br />

gesammelt und mir die Frage gestellt, was man<br />

noch besser machen kann. Zum Konzept gehören<br />

vor allem die Organisation des Unternehmens<br />

sowie die Arbeit an der Strecke - danach<br />

hat man eine gute Vorstellung, wie so ein Team<br />

aussehen soll.<br />

Zu einem Team gehören auch Mitarbeiter...<br />

Genau, bei RMG sind ungefähr 25 Mitarbeiter<br />

beschäftigt. Darunter sind einige, mit denen ich<br />

bereits gemeinsam bei Toyota in der Formel 1 gearbeitet<br />

habe und sogar welche, die ich damals dahin<br />

gebracht hatte. Ich bin froh, die Möglichkeit gehabt<br />

zu haben, ein paar der Leute wieder in mein Team<br />

integrieren zu können - dadurch lebt der Zusammenhalt<br />

weiter. Wir haben allerdings auch Leute aus<br />

der DTM und dem GT-Sport im Team. Als bekannt<br />

wurde, dass wir mit BMW in der DTM arbeiten<br />

würden, flatterten einige Bewerbungen ins Haus.<br />

Was konnten Sie aus Ihrer Zeit in der Formel 1<br />

mitnehmen?<br />

Ich fing damals als Applikationsingenieur bei<br />

Toyota an und arbeitete später als Gruppenleiter<br />

für den Elektronikbereich an der Strecke. In der<br />

Formel 1 herrscht bezüglich Arbeit und Organisation<br />

ein sehr hoher Anspruch, auf dem<br />

Level muss man möglichst fehlerlos arbeiten.<br />

Diese Erfahrung hilft bei meiner jetzigen Arbeit.<br />

Wenn die Motivation stimmt, ist man immer<br />

gewillt, die bestmögliche Arbeit zu leisten. Im<br />

technischen Bereich konnte ich viel Erfahrung<br />

sammeln, die immer hilfreich ist. In der F1 ist<br />

der Pool an Experimenten sehr groß und da sich<br />

alles um die Physik dreht, hilft diese<br />

Erfahrung.<br />

Wie lautet Ihre Zielsetzung für das erste Jahr?<br />

Wir wollen einen 100-Prozent-Job machen.<br />

Alles weitere lassen wir auf uns zukommen.<br />

Wenn es gut läuft, stehen wir am Ende ganz<br />

oben - das muss schließlich immer das Ziel im<br />

<strong>Motorsport</strong> sein.<br />

Fotos: bmw<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Der Etablierte<br />

RBM-Teamchef Bart Mampaey gewann mit BMW und Andy Priaulx<br />

einen Europameister- und drei Weltmeistertitel. Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> befragte ihn zur Herausforderung DTM.<br />

MSM: Ist es ein Vorteil, bereits mit beiden Fahrern<br />

zusammengearbeitet zu haben?<br />

BART MAMPAEY: BMW verfügt neben Andy<br />

Priaulx und Augusto Farfus mit Dirk Werner und<br />

Joey Hand über zwei weitere Fahrer, die schon lange<br />

zum Fahrerkader gehören. Bruno Spengler und<br />

Martin Tomczyk sind zwei Top-Piloten mit DTM-<br />

Erfahrung. BMW hat ein balanciertes Pilotenaufgebot,<br />

jede Fahrer/Teambesetzung besitzt spezifische<br />

Eigenschaften. Wir müssen abwarten, ob es<br />

für uns von Vorteil ist, beide Fahrer zu kennen.<br />

Vielleicht können die anderen Teams mehr Leistung<br />

zeigen, weil sie DTM-erfahrene Piloten haben. Man<br />

darf auch nicht vergessen, dass wir Andy und Augusto<br />

2011 nicht betreut haben.<br />

Was ist die größte Herausforderung?<br />

Die DTM ist eine Top-Meisterschaft, in der man<br />

auf jedes Detail achten muss. So sind beispielsweise<br />

die Boxenstopps neu für uns, dazu das spezifische<br />

Qualifying-Format, das Engineering und Rennstrecken,<br />

auf denen wir während unserer Zeit in der<br />

WTCC nicht gefahren sind. Wir arbeiten hart dafür,<br />

eventuelle Defizite möglichst schnell in den Griff<br />

zu bekommen.<br />

Gibt es besondere Erfahrungen, die Sie aus der<br />

WTCC mitbringen?<br />

Zu einem gewissen Grad nehmen wir Automatismen<br />

zwischen den Mechanikern, Ingenieuren und<br />

Fahrern mit. Man darf aber nicht vergessen, dass<br />

RBM vor 2010 nie ein Zwei-Auto-Team war. Also<br />

sind unsere Erfahrungen in diesem Bereich nicht<br />

besonders groß.<br />

Wo liegen die Unterschiede zur DTM?<br />

Die DTM-Fahrzeuge sind komplexer als ihre<br />

WTCC-Pendants, man braucht mehr Leute für die<br />

Betreuung. Was wir aber aus der WTCC mitnehmen<br />

können, sind Organisation und Logistik, die<br />

bei Übersee-Rennen extrem waren - und im <strong>Motorsport</strong><br />

gibt es fast nichts Extremeres als Macau.<br />

Wenn man auf diese Basis zurückkommt und das<br />

mit einer Philosophie kombiniert, die in Richtung<br />

komplexeres Fahrzeug geht, dann hoffe ich auf eine<br />

gute Arbeitsgrundlage.<br />

Was hat RBM 2011 gemacht?<br />

Wir erbrachten unterschiedliche Leistungen für<br />

BMW. Einerseits war das der Aufbau von BMW-<br />

Fahrzeugen mit dem neuen 1,6 Liter Turbo-Motor,<br />

außerdem betreuten wir ein GT3-Projekt und<br />

waren natürlich sehr intensiv mit dem Aufbau des<br />

DTM-Autos beschäftigt. Es war ein sehr interessantes<br />

Jahr für uns; wir lernten den Rennsport vor<br />

allem im Entwicklungsbereich noch besser<br />

kennen.<br />

Wie sieht das Ziel für 2012 aus?<br />

Im ersten Jahr möchte man konkurrenzfähig sein.<br />

Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster<br />

lehnen und schon von Siegen sprechen. Wir möchten<br />

als neues Team gut in der DTM unterwegs sein<br />

und mit guten Leistungen mitmischen. Wenn wir<br />

am Ende des Jahres sagen können, unser Bestes<br />

gegeben zu haben, bin ich zufrieden.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65


Geschafft: Mads Östberg zählt jetzt zum<br />

elitären Kreis der WRC-Sieger<br />

Trotz seines ersten Sieges bleiben die<br />

Sorgen vorerst bestehen<br />

Text: Marion Rott<br />

Das fünfte Element<br />

Mads Östberg gilt als das neue Talent in der Rallye-WM. In Portugal sicherte er sich<br />

seinen ersten Sieg, doch auch in der Stunde des Erfolgs bleiben die Sorgen bestehen.<br />

In den letzten Jahren war es nicht schwer, die Sieger<br />

in der Rallye Weltmeisterschaft zu prognostizieren.<br />

Sie hießen Sebastien Loeb, Mikko Hirvonen, Jari-<br />

Matti Latvala und seit seinem Debütsieg 2010 auch<br />

noch Sebastien Ogier. Jedem Kenner fällt sofort die<br />

Verbindung zwischen diesen vier Piloten auf: sie<br />

alle saßen in einem Auto, das von einem Werksteam<br />

bereitgestellt wurde. Der Unterschied bestand nur<br />

in der Marke - Citroen oder eben Ford.<br />

Nach nun vier Jahren mit immer nur vier Siegern<br />

schickt sich ein junger Norweger an, dieses eingefahrene<br />

Muster zu durchbrechen: Mads Östberg<br />

triumphierte in Portugal zum ersten Mal auf WM-<br />

Ebene. Ein fünfter möglicher Kandidat auf die<br />

oberste Stufe des Treppchens, der zwar bei vielen<br />

Experten auf der Rechnung stand, aber irgendwie<br />

auch wieder nicht. Denn der 24-Jährige kann nicht<br />

einfach in seinem Boliden Platz nehmen und losfahren.<br />

Er bestreitet die Saison mit seinem Privatteam<br />

Adapta WRT, was den Sieg umso wertvoller<br />

macht. Denn dies gelang seit der Rallye San Remo<br />

im Jahr 1993, als sich der Italiener Franco Cunico<br />

in seinem Ford Escort RS feiern lassen konnte, keinem<br />

Privatier mehr.<br />

Wenngleich die Leistung sicherlich großartig ist,<br />

überraschend kam sie für die wenigsten. Dass der<br />

24-jährige Östberg aus der beschaulichen Stadt<br />

Fredrikstad Benzin im Blut hat, ist kein Geheimnis.<br />

Wie er dieser Leidenschaft aber frönen sollte,<br />

musste Östberg erst noch herausfinden. Schon<br />

mit vier Jahren saß der kleine Mads auf einem<br />

Motorrad, bis er merkte, dass ihm mehr Gummi<br />

unter dem Gefährt doch lieber war, was ihn zum<br />

Klassiker brachte: Kartfahren. Doch die sterile<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


»Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut, und ich<br />

hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben<br />

immer noch Arbeit vor uns.«<br />

Atmosphäre eines geteerten Weges war nicht das, was der<br />

Norweger suchte. Was lag also näher, als seinem Vater auf<br />

dessen wilden Touren mit einem Subaru Impreza durch<br />

Wald und Feld zu begleiten?<br />

Zehn Jahre später donnerten die Motorengeräusche durch<br />

die Wälder Schwedens und die Augen vieler Beteiligter<br />

wurden groß. Denn nicht die Citroen- oder Ford-Werkspiloten<br />

führten die Rallye in Schnee und Eis an, sondern der<br />

M-Sport-Stobart-Pilot Mads Östberg - und das in seiner<br />

ersten Rallye in einem Ford WRC. Doch während andere<br />

Piloten verbissen und verkrampft versucht hätten, sich zu<br />

behaupten, war der Norweger noch zu Scherzen aufgelegt.<br />

»Ich weiß auch nicht, warum die anderen alle so langsam<br />

fahren«, lachte er. Zwar rutschte er im Verlauf der Veranstaltung<br />

noch eine Position zurück, doch der zweite Platz<br />

ließ die Verantwortlichen aufhorchen. »Das war nicht mein<br />

letztes Podest in diesem Jahr«, zeigte sich Östberg selbstbewusst.<br />

Er sollte Recht behalten. Zwar klappte das Vorhaben<br />

lange nicht, doch zum Saisonfinale spiegelten sich<br />

die Ereignisse und wieder konnte er über einen zweiten<br />

Platz jubeln. Ein Wechsel in ein Werksteam schien nur<br />

noch eine Frage der Zeit zu sein.<br />

Wenige Wochen später schienen seine Gebete erhört, Mikko<br />

Hirvonen verließ Ford in Richtung Citroen und der ersehnte<br />

Platz in einer Werksmannschaft war zum Greifen nah. Vor<br />

allem, da Teamchef Malcolm Wilson sehr viel von Östberg<br />

Auch als WRC-Sieger muss Mads<br />

Östberg weiter auf Sponsorensuche<br />

gehen - von nichts kommt eben nichts<br />

hielt. »Es war eine Freude, dieses Jahr mit Mads zusammenzuarbeiten«, meinte dieser. Die<br />

Zusammenarbeit hätte ihre Steigerung im Werksteam finden können und Wilson goss Öl ins<br />

Feuer: »Er ist geistig schon sehr reif und hat eine extrem aufregende Zukunft vor sich.« Kurze<br />

Zeit später musste Östberg aber hinnehmen, dass man sich gegen ihn und für seinen Landsmann<br />

Petter Solberg entschieden hatte, was ein weiteres Jahr auf eigenen Beinen bedeutete.<br />

Genau das, nämlich auf eigenen Beinen zu stehen und alles alleine regeln zu müssen, ist schwierig,<br />

das musste Östberg in seiner Karriere schon oft feststellen. Denn auch wenn sein Vater ihn<br />

tatkräftig unterstützt, geht es nicht nur um den Spaß am Fahren. Die Geldsorgen und Angst vor<br />

einem Schaden an seinem Ford Fiesta RS WRC fahren immer mit. Jede Rallye könnte die letzte<br />

der Saison sein, weil ein Unfall oder ein technischer Defekt das Budget übersteigen könnten.<br />

Und so bleibt Östberg auch im Moment des Triumphes realistisch und sieht den Nutzen<br />

seines ersten Erfolges. »Der erste norwegische Sieger seit sieben Jahren zu sein, ist gut,<br />

und ich hoffe, es wir dabei helfen, Sponsoren und Partner zu finden, aber wir haben<br />

immer noch Arbeit vor uns.«<br />

Fotos: mercedes AMG


Hall of Fame<br />

Text: Marion Rott<br />

Mads Östberg erweiterte durch seinen Sieg in Portugal die ewige Bestenliste<br />

der WRC-Sieger um einen Namen. Doch die groSSen Fünf dieser Liste bleiben unangefochten<br />

- sie vereinen 174 Siege und damit 35% aller Triumphe auf sich.<br />

Sebastien<br />

Loeb<br />

Als der damals 28-jährige Sebastien Loeb das Ziel vor der<br />

Porta Nigra in Trier erreichte, war es geschafft. Der erste<br />

Sieg des Elsässers in der Rallye-WM war in trockenen<br />

Tüchern. Viele Experten erkannten schon zu diesem frühen<br />

Zeitpunkt, dass in Loeb das Potenzial zum Weltmeister<br />

steckte. Doch selbst die kühnsten Sympathisanten hätten<br />

wohl nicht damit gerechnet, dass er nur zehn Jahre später<br />

weitere 68 Siege eingefahren haben und mit deutlichem<br />

Abstand die Spitze in der Rekordliste besetzen würde - von<br />

acht WM-Titeln ganz zu schweigen.<br />

Erster Sieg:<br />

2002, Rallye Deutschland<br />

Siege insgesamt: 69 (44.5 Prozent der Starts)<br />

Gefahrene Rallyes: 155<br />

WM-Titel: 8<br />

Sebastien Loeb und<br />

Daniel Elena sind seit<br />

Jahren die Nummer 1<br />

in der WRC<br />

Fotos: adrivo/Sutton


Erster Sieg: 2000, Rallye Schweden<br />

Siege insgesamt: 30 (19.7 Prozent der Starts)<br />

Gefahrene Rallyes: 152<br />

WM-Titel: 2<br />

Erster Sieg: 1990, Rallye Griechenland<br />

Siege insgesamt: 26 (13.3 Prozent der Starts)<br />

Gefahrene Rallyes: 196<br />

WM-Titel: 2<br />

Markus<br />

Grönholm<br />

Der Finne sicherte sich mit 30 Siegen und einer Quote von knapp 20% den<br />

zweiten Platz in der ewigen Rekordliste. Ein Platz, der ihm nur allzu vertraut<br />

ist. Denn obwohl er in dieser und vielen anderen Bestenlisten sehr weit oben<br />

zu finden ist, war der Ford- und Peugeot-Werkspilot oft zur falschen Zeit am<br />

falschen Ort. Denn trotz seiner Erfolge reichte es nur zwei Mal zur Spitze in der<br />

WM - dafür aber genauso oft und denkbar knapp zum undankbaren zweiten<br />

Rang hinter Loeb.<br />

Carlos<br />

Sainz<br />

Die Liste der Teams, für die der spanische Weltmeister seine 26 Siege holte,<br />

ist fast so lang wie die Zahl der Siege selbst. Von Citroen über Lancia und<br />

Subaru bis hin zu Ford und Toyota. All diese Mannschaften probierte El Matador<br />

aus. Einer seiner Siege dürfte dem Spanier aber besonders in Erinnerung geblieben<br />

sein, denn er war im Jahr 1990 der erste Pilot, der nicht aus Skandinavien<br />

stammte und die Rallye Finnland für sich entschied. Mittlerweile versucht er<br />

sein Glück im Volkswagen-Team, wo er als Testfahrer den Polo R WRC zu einem<br />

Siegerauto formen möchte.<br />

Erster Sieg: 1993, Rallye Neuseeland<br />

Siege insgesamt: 25 (17.1 Prozent der Starts)<br />

Gefahrene Rallyes: 146<br />

WM-Titel: 1<br />

Erster Sieg: 1994, Rallye Finnland<br />

Siege insgesamt: 24 (17.3 Prozent der Starts)<br />

Gefahrene Rallyes: 139<br />

WM-Titel: 4<br />

Colin<br />

McRae<br />

Tommi<br />

Mäkinen<br />

Die Sonne brannte auf der Haut, genau wie der Sand in den Augen. Im Ziel der<br />

Safari Rallye aber gab es einen Piloten, dem das nicht aufzufallen schien. Colin<br />

McRae feierte wenige Minuten zuvor seinen 25. Sieg in der Rallye-WM. Der<br />

Schotte strahlte über das ganze Gesicht, schließlich hatte er sich nicht nur in<br />

der WM auf den zweiten Rang geschoben, sondern wurde er im Juli 2002 der<br />

alleinige Spitzenreiter der ewigen WRC-Sieger. Niemand wusste zu diesem<br />

Zeitpunkt, dass der Ford-Pilot zum letzten Mal auf dem obersten Treppchen<br />

stehen und seine Bestmarke nur wenige Jahre Bestand haben würde. Dennoch<br />

bleibt der Weltmeister auch nach seinem Tod bei einem Hubschrauberabsturz<br />

eine Legende des Sports.<br />

Die Rallye Finnland gilt aufgrund ihrer Geschwindigkeit als eine der Herausforderungen<br />

des WRC-Kalenders und jeder Pilot will sich zumindest einmal in<br />

die Liste der Gewinner eintragen. Mäkinen gelang jedoch Einmaliges. Nicht<br />

nur, dass er auf heimischem Boden und vor Tausenden, jubelnden Fans seinen<br />

ersten Sieg in der WM feierte, er konnte dieses Kunststück in den folgenden<br />

vier Jahren wiederholen und krönte sich zum inoffiziellen König der 1000-Seen-<br />

Rallye. Damit sicherte er sich über 20% seiner 24 Siege auf heimischem Boden.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 69<br />

Fotos: mercedes AMG


In Fabio Leimers<br />

Kopf spukt irgendwo<br />

der Traum von der<br />

Formel 1 herum<br />

70 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Schweizer<br />

Traum<br />

Ein Schweizer Fahrer in einem<br />

Schweizer Team - davon träumt<br />

Nachwuchsfahrer Fabio Leimer. Um<br />

dieses Ziel zu erreichen, will er in<br />

der GP2 um den Meistertitel fahren.<br />

Text: Fabian Schneider<br />

MSM: Wie sehr bist du mit dem Auftakt der Saison<br />

zufrieden?<br />

FABIO LEIMER: Es war sicher kein perfektes Wochenende, aber<br />

für den Anfang nicht schlecht. Es gibt noch viele Rennen und<br />

es ist wichtig, dass man den Punkten nicht von Beginn an hinterherfährt.<br />

Jeder weiß, dass die GP2 eine hart umkämpfte Meisterschaft<br />

ist und man nicht erwarten kann, jedes Rennen zu<br />

gewinnen. Jeder einzelne Punkt ist wichtig für die Meisterschaft,<br />

daher kann ich bisher zufrieden sein.<br />

In Sepang gastierte die GP2 Hauptserie zum ersten Mal. Wie<br />

aussagekräftig war das Rennen unter diesem Gesichtspunkt?<br />

Für mich persönlich war es sehr schwer, denn ich bin zuvor noch<br />

nie auf der Strecke gefahren und hatte so keinen Vorteil durch<br />

meine bisherigen Erfahrungen in der GP2. Jetzt kenne ich allerdings<br />

alle Strecken bis auf das Finale in Singapur und werde so<br />

mehr herausholen können. Malaysia war trotzdem ein sehr<br />

wichtiges Rennen, da wir zum ersten Mal bei großer Hitze<br />

gefahren sind und so sehen konnten, wie sich die Reifen im<br />

Rennen verhalten. Für die Zukunft haben wir so wertvolle Informationen<br />

sammeln können.<br />

Wünscht man sich gerade auf unbekannten Strecken deutlich<br />

→<br />

Fotos: gp2 series


mehr Trainingszeit?<br />

Das sehr wenige Training ist einer der härtesten<br />

Faktoren in der Meisterschaft. Man hat<br />

in der halben Stunde kaum eine Möglichkeit,<br />

die Strecke zu lernen, das Auto abzustimmen<br />

und sich auf das Rennen vorzubereiten. Wichtig<br />

ist, dass das Team ein gutes Grundsetup hat,<br />

damit das Auto im Rennen einigermaßen geht.<br />

Gerade für die Rookies wird es so besonders<br />

schwer, vorne mitzufahren, denn für sie sind<br />

ja nicht nur die Strecken, sondern auch das<br />

Auto Neuland.<br />

In Malaysia hast du sehr mit den Reifen<br />

kämpfen müssen. Liegt das an der neuen<br />

Mischung?<br />

Nicht unbedingt, denn im Sprintrennen sind<br />

wir ja mit den bekannten Reifen gefahren, es<br />

hat sich im Vergleich zum Vorjahr also nichts<br />

verändert. Es war sehr heiß und wir haben<br />

vielleicht einen etwas zu hohen Reifendruck<br />

gewählt. Mit einer etwas zu aggressiven Fahrweise<br />

kann man dann Probleme mit den Reifen<br />

bekommen. Aber wir haben daraus gelernt,<br />

ich war auch beim Team in Jerez, um die Daten<br />

für die nächsten Rennen zu studieren.<br />

Bereits im letzten Jahr hatte Racing Engineering<br />

immer wieder immense Probleme mit<br />

den Reifen. Ist es ein generelles Problem des<br />

Teams?<br />

Das kann man so pauschal nicht sagen. 2011<br />

hatten sie in der ersten Hälfte der Saison große<br />

Probleme mit den Reifen, aber gegen Ende des<br />

Jahres, etwa in Spa oder Monza, waren sie sehr<br />

konstant. In Monza bin ich hinter Christian<br />

Vietoris gefahren, der damals bei Racing Engineering<br />

war, und hatte insgeheim gehofft, dass<br />

seine Reifen abbauen - das war leider nicht der<br />

Fall. Wichtig ist in jedem Fall, dass man möglichst<br />

weit vorne startet. Von der Pole Position<br />

aus hat man mit freier Fahrt weniger Sorgen<br />

um die Reifen.<br />

Die härteste Konkurrenz erwarte ich von Valsecchi<br />

und Luiz Razia. Die meisten Leute wissen<br />

gar nicht, dass die beiden schon mit der GP2<br />

Asia in Malaysia gefahren sind, da hatten sie<br />

einen kleinen Vorteil und haben das Beste<br />

daraus gemacht. Auch von Esteban Gutierrez<br />

erwarte ich einiges. Die Saison ist aber noch<br />

sehr lang, man muss konstant sein und darf<br />

keine Dummheiten machen - noch ist alles<br />

möglich.<br />

Im Winter hast du einen Formel-1-Test für<br />

Sauber absolviert. Wie hast du die ersten Rennen<br />

der Saison als Zuschauer erlebt?<br />

Die Testfahrt war für mich natürlich ein tolles<br />

Erlebnis, zuvor bin ich ja noch nie Formel 1<br />

gefahren. Wenn es in diesem Jahr gut läuft und<br />

ich nächstes Jahr in die Formel 1 kommen<br />

sollte, habe ich immerhin schon ein paar Runden<br />

gedreht. Ich kenne Sauber gut, auch Sergio<br />

Perez aus seiner Zeit in der GP2. Über das<br />

Podestergebnis in Malaysia habe ich mich sehr<br />

gefreut, obwohl ich während des Rennens<br />

schon auf dem Weg zum Flughafen war und<br />

gar nicht viel mitbekommen habe. Der zweite<br />

Platz war eine tolle Werbung und wird dem<br />

ganzen Team für die Zukunft sehr helfen.<br />

Perez ist bei den Gerüchteköchen als Ersatz<br />

für Felipe Massa bei Ferrari im Gespräch.<br />

Würde dir das freie Cockpit bei Sauber entgegen<br />

kommen?<br />

Für mich wäre es das beste, wenn Perez und<br />

Kobayashi gehen würden, aber das steht noch<br />

in den Sternen. Dann wären zwei Plätze frei<br />

und ich könnte neben Gutierrez nachrücken,<br />

wenn mir eine gute Saison gelingt. Eine tolle<br />

Möglichkeit wäre es allemal, als Schweizer<br />

Fahrer in einem Schweizer Team zu fahren.<br />

Wichtig ist es aber erst einmal, in der GP2<br />

Podestplätze zu holen und Rennen zu gewinnen,<br />

dann werden sich automatisch einige<br />

Türen öffnen.<br />

Leimer erhofft sich<br />

gute Ergebnisse in<br />

der GP2<br />

Der Schweizer zählt<br />

zu den erfahrenen<br />

Piloten in der Serie<br />

Fotos: gp2 series, fia gt1<br />

Macht es in Sachen Erfahrungsschatz einen<br />

Unterschied, ob man wie du im dritten Jahr<br />

oder sogar noch länger dabei ist?<br />

Das ist schwer zu sagen. Neueinsteiger haben<br />

auf jeden Fall einen großen Nachteil gegenüber<br />

Fahrern, die schon im dritten Jahr sind. Wenn<br />

man wie Davide Valsecchi im fünften Jahr<br />

dabei ist, macht es aber wohl keinen großen<br />

Unterschied mehr. Klar, er ist für noch mehr<br />

Teams gefahren und hat noch mehr Erfahrung,<br />

aber ich glaube nicht, dass seine Chancen auf<br />

die Meisterschaft deswegen höher sind. Nach<br />

drei Jahren hat man genug gelernt und ist<br />

bereit, die Meisterschaft zu gewinnen.<br />

Wer sind bei diesem Vorhaben deine größten<br />

Konkurrenten?<br />

72 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Kommt für dich auch ein Cockpit bei einem<br />

Hinterbänkler-Team in Frage?<br />

Am besten wäre natürlich ein Platz bei einem<br />

Team aus dem Mittelfeld, damit man regelmäßig<br />

in die Punkte fahren und sich empfehlen<br />

kann. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man<br />

nach ein, zwei Jahren wieder weg ist und sich<br />

etwas anderes suchen muss. Letztes Jahr hatte<br />

ich Gespräche mit Virgin, wir haben uns dann<br />

aber entschieden, ein weiteres Jahr in der GP2<br />

zu starten. Unser Ziel ist ganz klar in ein Team<br />

zu kommen, in dem man etwas erreichen<br />

kann. Wenn diese Saison nicht so läuft, wie wir<br />

es uns vorgestellt haben, müssen wir entscheiden,<br />

ob auch ein schlechteres Team Sinn macht<br />

oder ob wir in eine komplett andere Richtung<br />

gehen.<br />

Fabio Leimer hat für<br />

2012 die Formel 1<br />

im Visier


Neues<br />

Abenteuer<br />

aufgezeichnet von: stephan heublein<br />

Markus Winkelhock hat die<br />

Formel 1 und die DTM hinter<br />

sich gelassen. Seit 2011 tritt<br />

er mit Erfolg in der FIA GT1<br />

Weltmeisterschaft an. Im<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> berichtet<br />

er von seiner neuen<br />

Herausforderung.<br />

»Neue Saison, neues Auto, neues Glück. Ich habe mich nach<br />

einem Jahr sehr gut in der Sportwagenwelt eingelebt. Mein<br />

Teamkollege bei All-Inkl.com Münnich <strong>Motorsport</strong>, Marc<br />

Basseng, und ich verstehen uns bestens, was aber mindestens<br />

genauso entscheidend ist: wir haben ähnliche Vorlieben bei der<br />

Abstimmung des Autos. Das ist besonders wichtig, schließlich<br />

müssen wir uns nicht nur das Cockpit teilen, sondern auch das<br />

Setup. Das klappt sehr gut, obwohl er etwas größer ist als ich.<br />

In meiner DTM-Zeit wurde der Sitz genau auf mich optimiert<br />

und meinem Körper perfekt angepasst, das geht jetzt klarerweise<br />

nicht mehr. Allerdings hatte ich noch nie einen Teamkollegen,<br />

der ein völlig anderes Auto gebraucht hätte als ich.<br />

Gewisse Kompromisse muss man immer eingehen, schließlich<br />

ist es ein Teamsport, aber ich musste meinen Fahrstil nie<br />

unnatürlich anpassen, um das Limit zu finden. In der FIA GT1<br />

World Championship kommen wir einiges in der Welt herum<br />

- letztes Jahr waren wir in Abu Dhabi, China und Argentinien,<br />

dieses Jahr geht es nach Korea, Russland und Indien. Ich mag<br />

neue Strecken und neue Länder, das macht mir viel Spaß,<br />

obwohl es etwas Reisestress bedeutet. Dabei kommt mir<br />

entgegen, dass ich neue Kurse normalerweise recht schnell<br />

lerne und nicht viel Eingewöhnungszeit benötige. Das hat mir<br />

auch bei der Umstellung auf den Mercedes-Benz SLS AMG<br />

GT3 geholfen. Der Flügeltürer ist komplett anders als der<br />

Lamborghini Murciélago GT1 im vergangenen Jahr, nicht nur<br />

wegen des Markenwechsels, sondern auch weil ein GT3-Wagen<br />

sich natürlich anders fährt als ein GT1-Bolide. Deshalb fallen<br />

mir Vergleiche zwischen den Autos schwer; Spaß macht es mit<br />

beiden Rennen zu fahren. Mir kommt das Fahrverhalten des<br />

SLS jedoch sehr entgegen, das Auto ist schön zu fahren und<br />

war von Anfang an äußerst zuverlässig. Das ist nicht nur<br />

wichtig, um im Rennen die Zielflagge zu sehen, sondern auch,<br />

um im Training so viele Kilometer wie möglich zur Abstimmung<br />

des Autos zurückzulegen. Darüber freuen sich Marc und<br />

ich genauso wie unsere Mechaniker - wer wechselt schon gerne<br />

jeden Tag das Getriebe?«<br />

Winkelhocks neuer<br />

Arbeitsplatz ist ein<br />

Flügeltürer<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 73


02<br />

05<br />

04<br />

01<br />

07<br />

Text: ROBERT SEIWERT<br />

McLaren<br />

MP4-12C GT3<br />

Der neue McLaren MP4-12C GT3 sorgt auf den Rennstrecken dieser Welt<br />

für Furore. Im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erklärt Luca Ludwig, Sohn von Tourenwagenlegende<br />

Klaus Ludwig, die Besonderheiten seiner Rennflunder mit<br />

Formel-1-Genen.<br />

74 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


01 Motor: Zur besseren Einstufung im GT3-Sport wurde die<br />

Motorleistung des McLaren werksseitig von 600 auf 500 PS reduziert.<br />

Angetrieben wird der Supersportler von einem 3,8 Liter-Twinturbo. »Es<br />

wurde angenommen, dass der McLaren das neue Über-Auto im GT3-<br />

Sport ist«, sagt Ludwig. »Deshalb wurden wir beim Auftakt des GT<br />

Masters in Oschersleben mit sehr viel Zusatzgewicht beladen - das war<br />

aber viel zu viel, auf der Geraden fehlte es uns deutlich an Speed.«<br />

02 Auspuff: Der Sound des Turbo-Briten ist auf der Strecke<br />

unverkennbar. »Der McLaren hat einen Hammer-Sound«, so Ludwig.<br />

Ȇberhaupt liebe ich den akustischen Aspekt der GT3s. Jeder Bolide<br />

hat einen individuellen und charakteristischen Klang. In anderen Serien,<br />

wie etwa der DTM, gibt es so etwas nicht.«<br />

03<br />

06<br />

03 Cockpit: Das Lenkrad ist das absolute Prunkstück im<br />

Cockpit, stammt es doch quasi aus Lewis Hamiltons altem MP4-24.<br />

»Man kommt sich schon etwas vor wie in der Formel 1«, sagt Ludwig.<br />

»Das Display sieht genauso aus wie das in einem F1-Renner, dazu die<br />

vielen Knöpfe und natürlich Schaltwippen. Das Lenkrad ist zwar ziemlich<br />

teuer in der Herstellung, aber während der Rennen lohnt es sich: wir<br />

müssen kaum noch etwas an der Mittelkonsole verstellen, sondern<br />

können uns voll aufs Lenkrad konzentrieren.«<br />

04 Karosserie: Martin Whitmarsh beschrieb den MP4-<br />

12C GT3 als teuflischen Zwilling der Straßenversion. Ein wortwörtlicher<br />

Hingucker ist der Motor, der gut sichtbar hinter einer Glasscheibe im<br />

Heckbereich des Autos sein Unwesen treibt. Innerhalb des 4507 mm<br />

langen Autos wurde ein 75 kg leichtes Kohlefaser-Chassis namens<br />

‚MonoCell‘ integriert, das auch im Serienmodell zum Einsatz kommt.<br />

»Der MP4-12C GT3 ist klein, kompakt, windschnittig und hat dank des<br />

Mittelmotor-Konzepts einen sehr guten Schwerpunkt«, erklärt<br />

Ludwig.<br />

05 Aerodynamik: Die GT3-Version des McLaren erhielt<br />

ein spezielles Aero-Paket für optimalen Abtrieb auf der Rennstrecke.<br />

Ein neuer Frontsplitter, optimierte Luftschlitze an der Front und ein brachialer<br />

Diffusor sowie Heckflügel sorgen für reichlich Downforce. Sieht<br />

böse aus, wirkt aber im Vergleich zu seinen GT3-Rivalen nicht so aufdringlich.<br />

»Wenn man sich die Rennen im Fernsehen anschaut, wirkt<br />

der McLaren gar nicht so auffällig«, so Ludwig. »Der Flügel ist viel kleiner<br />

als bei anderen Autos. Alles wirkt viel filigraner. Der Abtrieb ist richtig<br />

gut, in diesem Punkt sind die Briten absolute Spezialisten.«<br />

05<br />

Foto: adac gt masters<br />

06 Türen: McLaren setzt auf Flügeltüren. »Die Türen sind das<br />

Sahnestück«, sagt Ludwig. »Einfach spektakulär und ein richtiger Hingucker<br />

in der Boxengasse. Das Ein- und Aussteigen ist bei meiner Körpergröße<br />

überhaupt kein Problem. Auch angenehm: beim Fahrerwechsel<br />

benötigen mein Teamkollege Sascha Bert und ich keine zusätzlichen<br />

Sitzpolster, das spart beim Fahrerwechsel eine Menge Zeit.«<br />

07 Fahrwerk: Nichts für Anfänger - der McLaren ist ein<br />

reinrassiger Sportler mit F1-Genen. »Aufgrund des Mittelmotors hat<br />

man immer leichtes Untersteuern«, erklärt Ludwig. »Das Auto reagiert<br />

schon auf kleinste Änderungen sehr sensibel. Man spürt sofort jeden<br />

Klick, wenn man etwas an der Dämpfereinstellung verändert, man muss<br />

seinen Fahrstil auf jeder Rennstrecke neu anpassen.«<br />

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TALENT<br />

Ich bin<br />

Marvin<br />

Text: Robert Seiwert<br />

Marvin Kirchhöfer<br />

ist eines der aufstrebenden<br />

Talente<br />

im Formelsport. Der<br />

Lotus-Pilot wurde<br />

schon häufig mit<br />

Sebastian Vettel<br />

verglichen, bleibt<br />

aber lieber er selbst.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> nimmt den<br />

ADAC Formel Masters-<br />

Youngster genau<br />

unter die Lupe.<br />

Foto: adrivo/Sutton<br />

Marvin Kirchhöfer<br />

gewann den Saisonauftakt<br />

im ADAC Formel<br />

Masters in der<br />

<strong>Motorsport</strong> Arena<br />

Oschersleben<br />

Die Anfänge:<br />

»Im Alter von drei Jahren setzte mich mein<br />

Vater auf ein Quad. Das Fahren bereitete mir<br />

so viel Spaß, dass ich ein Jahr später in den<br />

Kartsport wechselte und diesen Sport in den<br />

folgenden Jahren immer professioneller betrieb.<br />

Meine erste Kartmeisterschaft fuhr ich 2001,<br />

danach ging es in diversen Klassen stetig bergauf.<br />

In der Saison 2012 starte ich am ADAC<br />

Formel Masters.«<br />

Die Erfolge:<br />

»Es gibt viele Erfolge, an die ich mich gern<br />

erinnere. 2005 konnte ich die Deutsche Kartmeisterschaft<br />

in der Klasse Bambini A gewinnen,<br />

das ist quasi die Einstiegsklasse im Kart.<br />

Richtig los ging es ab 2009: in der Klasse KF3<br />

Junioren wurde ich Erster, ich siegte zweimal<br />

in der Qualifikation für die EM und sicherte<br />

mir die Meisterschaft im ADAC Kart Masters.<br />

2011 gewann ich die Deutsche Kart Meisterschaft<br />

mit neun Siegen in zehn Läufen. Mein<br />

Sieg gleich in meinem ersten ADAC Formel<br />

Masters-Rennen 2012 als Rookie war natürlich<br />

auch ein ganz besonderer Moment.«<br />

Das Ziel:<br />

»Ich träume davon, den <strong>Motorsport</strong> zum Beruf<br />

zu machen. Sebastian Vettel ist mein Idol und<br />

auch ich würde gern den Sprung in die Formel<br />

1 schaffen. Nach meinem Sieg in Oschersleben<br />

wurde ich sogar gefragt, ob ich der neue Vettel<br />

werde - ich bleibe aber lieber ich selbst. Im<br />

ADAC Formel Masters fahre ich für Lotus - ein<br />

bekannter Name, der auf meinem angepeilten<br />

Weg nach oben mit Sicherheit ein guter Begleiter<br />

ist. Ein Angebot aus der DTM würde ich<br />

aber auch nicht ablehnen.«<br />

Die Ausbildung:<br />

»Ich mache gerade mein Fach-Abitur im<br />

Bereich Technik. Das macht mir Spaß, aber<br />

ganz einfach ist es nicht: wegen all der Rennen,<br />

Testfahrten und anderen Verpflichtungen im<br />

<strong>Motorsport</strong> fehlt mir manchmal ein wenig die<br />

Zeit zum Lernen. An meinen freien Tagen muss<br />

ich richtig Gas geben, damit ich mit dem Schulstoff<br />

nicht hinterherhänge, aber das klappt ganz<br />

gut.«<br />

Die Hobbys:<br />

»Ich verbringe viel Zeit im Fitnessstudio. Das<br />

ist für mich Pflicht, um für die Rennen gut<br />

vorbereitet zu sein. Zum Glück macht mir das<br />

Spaß, da habe ich also absolut kein Problem<br />

mit. Außerdem treffe ich mich gern mit meinen<br />

Freunden oder fahre Fahrrad. Bis vor einiger<br />

Zeit war ich oft auf dem Dirtbike unterwegs.<br />

Diesen Sport habe ich allerdings stark reduziert,<br />

weil die Sprünge mit der Zeit immer risikoreicher<br />

werden und ich mich während der<br />

laufenden <strong>Motorsport</strong>saison nicht verletzen<br />

möchte.«<br />

Fotos: adAC, KTM<br />

76 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Neuer Lehrer<br />

Im letzten Jahr waren sie Teamkollegen im ADAC GT Masters, jetzt<br />

haben sie unterschiedliche Ziele: Heinz-Harald Frentzen peilt 2012<br />

seinen ersten Sieg in der Serie an, Ex-Skispringer Sven Hannawald<br />

legt ein Lehrjahr mit »Fahrlehrer« Mathias Lauda ein. »Als ich damals<br />

im Springen fit war, da war ich der Lockerste hoch sieben. Da konnte<br />

neben mir eine Bombe hochgehen, da hätte ich trotzdem alles abgerufen,<br />

was ich kann«, so Hannawald. Diese Lockerheit müsse er am<br />

Steuer eines Supersportwagens erst noch lernen. Frentzen hat sich<br />

hingegen höhere Ziele für sein zweites Jahr gesetzt: »Das Ziel ist<br />

ganz klar, in dieser Saison ein Rennen zu gewinnen.«<br />

Heinz-Harald Frentzen<br />

greift in der Saison<br />

2012 ganz vorne an<br />

- beim Auftakt lief es<br />

noch nicht optimal<br />

Das Schwein ist immer<br />

mit dabei, wenn Nici<br />

Pohler ins Cockpit steigt<br />

- allerdings bekommt<br />

es noch einen<br />

feuerfesten Rennanzug<br />

Schwein gehabt<br />

Der 16-jährige Nici Pohler aus Starnberg ist im Cockpit nicht ganz<br />

auf sich allein gestellt: er teilt es sich mit einem Stoff-Schweinchen -<br />

einem Geschenk von seiner Freundin. »Zum Glück wiegt es nicht viel,<br />

also habe ich keinen Gewichtsnachteil«, scherzt er. Bevor Pohler am<br />

Start auf das Gaspedal tritt, drückt er auch einmal kräftig auf das<br />

Schweinchen. »Dann grunzt es«, verrät er. »Ich vertraue auf<br />

Schweinchen-Power.«<br />

Roczen<br />

kommt zurück<br />

Für Motocross-Fans gibt‘s 2012 eine besondere Überraschung:<br />

Der USA-Auswanderer und amtierende MX2-Weltmeister<br />

Ken Roczen gibt sich die Ehre und tritt als Gaststarter<br />

am sechsten Rennwochenende des ADAC MX Masters am<br />

28./29. Juli im schwäbischen Gaildorf an. Nach seinen Supercross-Erfolgen<br />

kommt der gebürtige Thüringer damit auf<br />

Heimatbesuch und das an einen ganz besonderen Ort. Denn<br />

in Gaildorf konnte Roczen im letzten Jahr seinen ersten WM-<br />

Titel vor all seinen Fans feiern, die ihn im Juli sicher wieder<br />

gespannt empfangen werden.<br />

Ken Roczen kehrt für<br />

ein Gastspiel nach<br />

Deutschland zurück


78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Foto: milagro<br />

Alles Spanisch,<br />

oder was?<br />

Die ganze MotoGP wird<br />

von Spaniern<br />

beherrscht. Die ganze<br />

MotoGP? Fast. Jorge<br />

Lorenzo arbeitet auf<br />

jeden Fall hart daran.<br />

‚Die MotoGP ist zu spanisch‘, ‚Bäh, schon wieder<br />

Spanien, gibt’s da was anderes außer Rennstrecken?‘<br />

Oh ja: Fahrer, Sponsoren, Jugendförderung,<br />

Teams, noch mehr Sponsoren - man fragt sich schon,<br />

wo die alle herkommen. Auf den ersten Blick ist die<br />

Zweiradwelt ziemlich Spanien-lastig. Vor allem die<br />

MotoGP, aber anstatt zu jammern und sich über die<br />

Marquezes, Vinaleses oder Lorenzos zu beschweren,<br />

könnte man doch auch mal überprüfen, warum das<br />

so ist. Was machen die Spanier anders? Warum hat<br />

bei ihnen schon die nationale Meisterschaft weltweites<br />

Ansehen, während die IDM eher belächelt<br />

wird und waren sie schon immer so auffällig erfolgreich?<br />

– Jule Krause<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


Text: Falko Schoklitsch<br />

Das Hirn eines<br />

Jorge Lorenzo gilt als einer der besten Motorrad-<br />

Rennfahrer der Welt, er wird aber auch oft missverstanden.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> wirft einen Blick<br />

in die Psyche des Weltmeisters von 2010.<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: milagro<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81


In Extremsituationen<br />

hat Jorge Lorenzo<br />

den Durchblick<br />

Ich würde ihn als einen der groSSartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.<br />

Er ist sehr ehrlich und pusht, um das Bestmögliche abzuliefern.<br />

wer ist Jorge Lorenzo? So einfach<br />

diese Frage klingt, so schwer ist<br />

sie zu beantworten. Ja, er ist ein<br />

schneller Motorradfahrer, möglicherweise<br />

der beste der Welt - das hängt<br />

davon ab, welche Fan-Fraktion befragt wird.<br />

Aber wer ist er denn nun wirklich? Viele meinen,<br />

sich angesichts der Persönlichkeit, die sie<br />

im Fernsehen an Rennwochenenden zu sehen<br />

bekommen, bereits ein Bild über ihn machen<br />

zu können. Er sei ein Ehrgeizling, arrogant,<br />

überheblich und habe das mit der Sympathie<br />

nicht so ganz verstanden, waren lange die<br />

Beschreibungen, die über den Spanier zu hören<br />

waren.<br />

Derlei Bewertungen gehen bei Lorenzo aber<br />

deutlich in die falsche Richtung. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

wollte deswegen eine genauere<br />

Betrachtung vom Hirn des Weltmeisters von<br />

2010 vornehmen, denn es gibt eben nicht nur<br />

den Renn-Lorenzo, der an den Wochenenden<br />

sein Gesicht in die Kameras streckt. So trifft<br />

es durchaus zu, dass er bei seiner Arbeit akribisch<br />

vorgeht, sogar derart akribisch, dass man<br />

ihm manchmal eine gewisse Verbissenheit<br />

unterstellen könnte. Doch genau das ist er<br />

nicht, er ist einfach nur voll auf das konzentriert,<br />

was er zu tun hat. Das liegt nicht nur<br />

daran, dass er dafür ein gutes Salär einsteckt,<br />

sondern auch daran, dass er einfach der Beste<br />

bei dem sein will, was er tut.<br />

So weit so <strong>Motorsport</strong>ler - denn in den höchsten<br />

Rennserien dürfte sich kaum jemand<br />

finden, der nicht der Beste sein will. Was ihn<br />

dabei aber auszeichnet, ist die Präzision und<br />

der Durst nach Verbesserung, der nur bei<br />

Wenigen so ausgeprägt ist. Das macht ihn so<br />

gut, das machte ihn 2010 zum Weltmeister und<br />

das machte ihn 2011 zum hartnäckigsten Gegner<br />

des überragenden Casey Stoner. Doch<br />

Lorenzo weiß auch, wenn er etwas geleistet<br />

hat, dann bricht die Freude aus ihm heraus,<br />

Siege sind hart erarbeitet, werden aber auch gefeiert<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


dann feiert er. Gerne werden ihm seine Jubelzeremonien<br />

als billige Rossi-Kopie ausgelegt,<br />

doch das ist weit gefehlt, er will einfach nur<br />

genießen.<br />

Und wenn der Helm dann abkommt, ist<br />

Lorenzo eigentlich genau das Gegenteil dessen,<br />

was ihm oft unterstellt wird. Er ist zugänglich,<br />

spricht mit Leuten und nimmt sich Zeit, wenn<br />

er sie denn hat. Eine Podest- oder Pole-Pressekonferenz<br />

ist gerade vorbei, die Fahrer ziehen<br />

sich zurück und wollen eigentlich Ruhe<br />

haben? Eine kurze Bitte an Lorenzo, ob er<br />

denn einen Augenblick hat und er nimmt ihn<br />

sich nach Möglichkeit - gleich mitten im<br />

Media Centre. Es wird noch einmal über die<br />

Feinheiten des Tages gesprochen, er lächelt<br />

und zum Abschied gibt es noch einen Klaps<br />

auf die Schulter und einen netten Spruch. Das<br />

ist der Lorenzo, den die breite Öffentlichkeit<br />

nie zu sehen bekommt, den es aber auch gibt.<br />

dabei versucht er ohnehin schon, so<br />

offen wie möglich zu sein. Auf sozialen<br />

Netzwerken ist er sehr aktiv, er<br />

antwortet immer so rasch wie möglich<br />

auf Fragen seiner Fans, denn er will sie<br />

teilhaben lassen. Deswegen ist die Werbung<br />

für seinen Twitter-Account an der Box und in<br />

der Startaufstellung nicht nur bloßes Haschen<br />

nach noch mehr Followern, sondern auch der<br />

Versuch, die Fans an seinem Leben teilhaben<br />

zu lassen. Lorenzo mag auf der Maschine Einzelkämpfer<br />

sein, doch ihm ist durchaus<br />

bewusst, dass er seine Unterstützer auch hegen<br />

und pflegen muss. Drei Leute kennen den Spanier<br />

besonders gut, da sie direkt mit ihm<br />

arbeiten. Lin Jarvis ist Managing Direktor bei<br />

Yamaha MotoGP, Wilco Zeelenberg ist Team<br />

Manager beim Yamaha Factory Racing Team<br />

und Ramon Forcada ist der Crewchief Lorenzos.<br />

Um weiteres über ihn herauszufinden, hat<br />

das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> alle drei zum<br />

Gespräch gebeten und dabei haben sie noch<br />

ein wenig mehr über die wahren Vorgänge im<br />

Hirn des Champions verraten.<br />

Jorge Lorenzo hat immer den Durchblick und vergisst auch seine gute Laune nicht, wenn es Grund dafür gibt. Manchmal mag es<br />

zwar übertrieben wirken, doch es ist immer ehrlich gemeint. Manchmal wird er dabei zwar falsch verstanden, verbiegen lässt er<br />

sich deswegen aber nicht. Jorge bleibt Jorge.<br />

MSM: Wenn Sie Jorge beschreiben müssten,<br />

was würden Sie über ihn sagen?<br />

Lin Jarvis: Ich würde ihn als echten Sieger<br />

bezeichnen. Er ist ein Typ, der aus jeder Situation<br />

das Maximum herausholen will. Er hat<br />

den unersättlichen Wunsch, zu lernen, egal ob<br />

er fährt oder es sein Privatleben betrifft. Er<br />

will immer alles verstehen und es<br />

verbessern.<br />

Fotos: milagro<br />

Wilco Zeelenberg: Ich würde sagen, er ist ein<br />

außergewöhnlich talentierter junger Mann. Er<br />

ist ein unglaublich motivierender Fahrer, wenn<br />

man mit ihm arbeitet, da er immer der Beste<br />

sein und aus jeder Session das Meiste herauswww.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

83


holen will. Er ist auch ein netter Kerl, er wird<br />

von den Medien oft missverstanden, aber er<br />

ist echt und ehrlich.<br />

Feuer unterm Hintern: 2012 ist auch Jorge Lorenzos neu<br />

entwickelte Yamaha wieder oben auf<br />

Ramon Forcada: Ich würde ihn als einen der<br />

großartigsten Fahrer der MotoGP-Ära bezeichnen.<br />

Er ist sehr ehrlich und pusht immer, um<br />

das Bestmögliche abzuliefern. Das funktioniert,<br />

da wir ebenfalls das Gleiche erreichen<br />

wollen, also arbeiten wir gut zusammen. Er<br />

kann emotional sein, sowohl gut als auch<br />

schlecht drauf, wenn Dinge nicht perfekt sind.<br />

Aber das hilft uns dabei, nach vorne zu pushen.<br />

Was sind die Unterschiede zwischen Jorge auf<br />

und Jorge neben der Maschine?<br />

Jarvis: Die Kombi und der Sturzhelm. Wenn<br />

er auf der Maschine sitzt, ist er zu 100 Prozent<br />

fokussiert, er hat diese beeindruckende Fähigkeit,<br />

alles um sich herum auszublenden, es gibt<br />

keine Ablenkung. Neben der Maschine ist er<br />

ein sehr angenehmer junger Mann, umgänglich<br />

und unbekümmert. Er ist von vielen missverstanden<br />

worden, er hatte als Teenager eine<br />

stürmische Zeit. In seiner Zeit bei Yamaha ist<br />

er zu einem jungen Mann geworden.<br />

Zeelenberg: Auf dem Motorrad ist er eine<br />

Maschine. Egal wie glücklich oder verärgert er<br />

ist, wenn er hereinkommt, um über das Setup<br />

zu sprechen, sobald er auf dem Motorrad sitzt,<br />

bringt er Runde um Runde 100 Prozent. Man<br />

kann garantieren, dass er das leistet, was die<br />

Maschine kann. Neben der Maschine ist er wie<br />

jeder junge Kerl, er ist unbekümmert, hat viele<br />

Freunde und er begeistert sich für Social<br />

Media, verbringt also viel Zeit auf Facebook.<br />

Forcada: Der Großteil meiner Beziehung zu<br />

Jorge findet auf der Maschine statt. Wenn er<br />

seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die<br />

Arbeit konzentriert. Er will unbedingt der<br />

Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.<br />

Er hat nur eine Sache im Kopf. Wenn die<br />

Kombi herunterkommt, dann entspannt er sich<br />

viel mehr und man sieht ihn wieder als jungen<br />

Mann, nicht als Spitzenfahrer. Ungeachtet dessen<br />

ist er immer noch sehr wissbegierig, wenn<br />

er nicht fährt. Er stellt viele Fragen über alles,<br />

er will immer lernen.<br />

Wo sehen Sie Jorges Stärken und welche<br />

Wenn er seine Kombi anzieht, dann ist er voll auf die Arbeit konzentriert.<br />

Er will unbedingt der Beste und besser als jeder auf der Strecke sein.


Fotos: milagro<br />

Siege wie jener in Katar schmecken besonders süß. Auf<br />

einer Honda- und Casey-Stoner-Strecke machte sich<br />

Jorge Lorenzos Kampfgeist bezahlt.<br />

Schwächen hat er, falls überhaupt?<br />

Jarvis: Seine Stärken sind seine Fähigkeit sich<br />

zu konzentrieren, sein natürliches Talent und<br />

sein Wunsch, der Beste zu sein. Seine Schwäche<br />

ist vielleicht auch eine Stärke, er ist vielleicht<br />

ungeduldig, er hat den Wunsch, jetzt der<br />

Erste zu sein, nicht morgen. In der Vergangenheit<br />

hat ihm das ein paar Mal geschadet,<br />

als er ein paar Fehler machte. Wenn er aber<br />

nicht darauf drängen würde, als Erster anzukommen,<br />

dann wäre er wohl nicht Weltmeister<br />

geworden.<br />

Zeelenberg: Wie gesagt, er ist eine Maschine.<br />

Eine seiner wichtigsten Stärken ist seine Konstanz.<br />

Es gibt keinen anderen Fahrer, den ich<br />

kenne, der 20 Runden fahren und dabei jedes<br />

Mal innerhalb von 0,3 Sekunden liegen kann.<br />

Er hat die natürliche Fähigkeit, das absolute<br />

Limit beim Grip zu finden und dann geschmeidig<br />

dort ranzufahren, ohne es zu übertreiben.<br />

Dadurch stürzt er nicht sehr oft, er scheint<br />

genau zu wissen, wie weit er pushen kann.<br />

Schwächen? Auch das sind eigentlich Stärken.<br />

Er kann recht emotional sein und ist selten<br />

wirklich zufrieden. Er will immer besser,<br />

schneller und geschmeidiger sein.<br />

Forcada: Seine Konstanz ist für uns eine große<br />

Stärke. Er hat auch ein großartiges natürliches<br />

Gefühl dafür, was die Maschine macht. Wenn<br />

wir also eine Änderung vornehmen, dann weiß<br />

er genau, ob es besser geworden ist oder nicht.<br />

Er wird die Maschine aber weiter ans Limit<br />

drängen, um abzuschätzen, ob es positiv ist.<br />

Er gibt auch nie auf, deswegen hat er das erste<br />

Rennen gewonnen. Er machte weiter Druck,<br />

bis er die Möglichkeit hatte, in Führung zu<br />

gehen. Ich weiß nicht, ob es eine Schwäche ist,<br />

aber manchmal hört er etwas und versteift<br />

dann seinen Kopf darauf und will eine Änderung<br />

an der Maschine machen, wenn es nicht<br />

unbedingt der richtige Weg ist. Ungeachtet<br />

dessen kann er aber schnell den richtigen Weg<br />

erkennen und dann ändern wir die Richtung.<br />

Er kann starrköpfig sein, aber das kann ich<br />

auch, dann haben wir eine große Diskussion<br />

über die richtige Richtung, aber wir haben am<br />

Ende immer die bestmögliche Lösung.<br />

In welchem Jahr ist Jorge Ihrer Meinung nach<br />

mehr gereift? In seiner Weltmeister-Saison<br />

2010 oder 2011, als er nie aufgegeben hat?<br />

Jarvis: Ich würde sagen, voriges Jahr ist er als<br />

Mensch mehr gereift. 2010 war ein sehr wichtiges<br />

Jahr für ihn, das war eine tolle Leistung,<br />

die entscheidend war. Dieses Ergebnis bedeutete,<br />

er ging mit einer anderen Einstellung in<br />

die Saison 2011. Er wurde reifer und wurde zu<br />

einem jungen Mann und Athleten.<br />

Zeelenberg: Es ist schwer zu sagen. 2010 war<br />

das erste Jahr, in dem ich mit ihm gearbeitet<br />

habe und das war ein großartiges Jahr. Wir<br />

haben dominiert und er war in unglaublicher<br />

Form. Er verdiente den Titel. 2011 war es dann<br />

aber viel schwieriger für uns. Dennoch ist er<br />

komplett fokussiert und entschlossen geblieben<br />

und er kämpfte härter als im Jahr davor. Also<br />

war vielleicht 2011 das Jahr [in dem er mehr<br />

gereift ist]. Sicher weiß ich, die Erfahrung beider<br />

Jahre bedeutet, dass er dieses Jahr als noch<br />

kompletterer Fahrer unterwegs ist.<br />

Forcada: Ich würde sagen, 2011. Wir haben<br />

2010 sehr hart für die Weltmeisterschaft gearbeitet,<br />

es war ein hartes Jahr für Jorge, aber er<br />

brachte eine unglaubliche Leistung. Wir nahmen<br />

das ganze Selbstvertrauen nach 2011 mit<br />

und gingen in unser bislang härtestes Jahr.<br />

Jorge arbeitete noch härter und war gegen ein<br />

überlegenes Motorrad wohl ein besserer Fahrer<br />

als 2010. Er hat weiter Gas gegeben und diese<br />

R e n nsiege i m vor i gen Ja h r w are n<br />

beeindruckend.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 85


Páginas de los<br />

días grandes<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Die Spanier lieben und leben den Motorradsport.<br />

Somit ist es kaum verwunderlich, dass das Land<br />

bereits dreizehn Weltmeister hervorbrachte.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> schlägt das Buch der<br />

spanischen Helden auf.<br />

Nicht nur die Phönizier, die Mauren, Karl V.<br />

und die Araber fühlten sich in Spanien wohl,<br />

auch die MotoGP besucht das Land auf der<br />

iberischen Halbinsel unter allen anderen<br />

Staaten am meisten - vier Mal in einer Saison.<br />

Auch historisch hat das Land der Tapas und<br />

Toreros in der Zweiradwelt einiges zu bieten.<br />

Viele große Namen werden mit der Flamenco-<br />

Nation verbunden. Dazu hat es der spanische<br />

Motorradhersteller Derbi mit zwölf Fahrer-<br />

WM-Titeln und neun gewonnenen Konstrukteurs-Titeln<br />

zu weltweitem Ruhm gebracht. Die<br />

spanische Geschichte in der Motorrad-Weltmeisterschaft<br />

liest sich wie ein offenes Buch.<br />

Vamos, beginnen wir auf Seite eins.<br />

Kapitel 1<br />

Angel Nieto<br />

Der bis heute bedeutendste Motorradrennfahrer<br />

aus Spanien ist Ángel Nieto. Er fuhr von 1969<br />

bis 1984 im Grand Prix und räumte in dieser Zeit<br />

13 Weltmeistertitel ab. Gleich in seinem ersten<br />

Jahr auf Weltniveau konnte der heute 65-Jährige<br />

auf der 50cc Derbi den Titel gewinnen. Schon<br />

ab der folgenden Saison startete er nicht nur in<br />

der 50er-Kategorie, sondern auch in der 125cc-<br />

Klasse. In jedem Jahr außer 1973, 1978 und<br />

1980 gewann Nieto eine Weltmeisterschaft.<br />

Neben Derbi fuhr er auch auf Bultaco, Garelli<br />

Kreidler und Minarelli - er kam einfach auf jeder<br />

Maschine zurecht. Nach insgesamt 90 gewonnenen<br />

Grand Prix bei 186 Starts verehrt ihn seine<br />

Nation noch heute. Zur Anerkennung von Nietos<br />

Leistung feierten ihn die Spanier sogar mit einer<br />

Wachsfigur im Kabinett in Barcelona. Seine Leidenschaft<br />

hat der Racer aus Zamora an seinen<br />

Sohn Pablo Nieto und an seinen Neffen Fonsi<br />

Nieto weitergegeben. Beide waren einige Jahre<br />

selbst aktiv, konnten den Erfolg, den der Familienname<br />

mit sich brachte, allerdings nicht wiederholen.<br />

Pablo Nieto ist heute Teammanager<br />

bei Laglisse in der Moto3.<br />

Angel Nieto schaffte<br />

es sogar als<br />

Wachsfigur ins<br />

Kabinett in Barcelona<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Kapitel 2<br />

Sito Pons<br />

Alfonso Pons i Ezquerra startete ab 1981 im GP-Zirkus. Erst sieben Jahre später konnte der Katalane<br />

seinen ersten WM-Titel auf Honda in der Viertelliterklasse holen und war damit der erste Spanier<br />

in dieser Kategorie, dem dieses Kunststück gelang. Auch die Titelverteidigung klappte noch tadellos.<br />

Dann stieg Pons in die 500cc-Klasse auf, wo er allerdings nicht an alte Erfolge anknüpfen konnte<br />

und ab 1992 lieber sein eigenes Team gründete. Mit dem Honda Team Pons feierte er Siege mit Àlex<br />

Crivillé, Alberto Puig, Carlos Checa, Alex Barros und Loris Capirossi. Auch heute ist der 52-Jährige<br />

noch im MotoGP-Fahrerlager anzutreffen. Pol Espargaro, Esteve Rabat und der Sohn der spanischen<br />

Legende, Axel Pons, starten in der Moto2 für das Pons 40 HP Tuenti Team.<br />

Kapitel 3<br />

Àlex Crivillé<br />

In den 90er Jahren war Àlex Crivillé einer der Vorzeige-Spanier in der Motorrad-<br />

WM. Bereits 1989 holte er sich seinen ersten Titel, damals in der 125er Klasse.<br />

Zehn Jahre später wurde er auf Honda Weltmeister in der Königsklasse und machte<br />

sich damit in seinem Heimatland unsterblich. Noch vor dem Beginn der Saison<br />

2002 trat er aus gesundheitlichen Gründen zurück. So ganz konnte Crivillé die<br />

Finger aber nicht vom Rennsport lassen: Er fuhr ein paar Rallyes, betreute ein Jahr<br />

lang Toni Elias und war danach als TV-Kommentator tätig. Vor zwei Jahren erschien<br />

seine Autobiografie. Auch heute verfolgt er die Rennen noch.<br />

Fotos: milagro, honda, adrivo Sportpresse<br />


Kapitel 4<br />

Emilio Alzamora<br />

Emilio Alzamora debütierte 1994 auf einer Honda<br />

in der 125ccm-Klasse. Schon ein Jahr später<br />

feierte er in Argentinien seinen ersten GP-Sieg.<br />

Doch erst 1999 gelang ihm der erste WM-Titel<br />

in der Achtelliterklasse und das ohne einen einzigen<br />

Sieg. Er fuhr jeweils fünf zweite und fünf<br />

dritte Plätze ein, punktete in jedem Rennen und<br />

wurde mit 227 Zählern am Ende knapp vor Marco<br />

Melandri Weltmeister. Trotz Wechsel in die<br />

250er-Klasse und zurück gelang dem Pilot aus<br />

Lleida ein solcher Triumph nicht noch einmal. In<br />

seinen 144 Starts kletterte Alzamora insgesamt<br />

vier Mal auf die oberste Stufe des Treppchens.<br />

Heute ist er bei jedem Grand Prix vor Ort und<br />

darüber hinaus für Marc Marquez da.<br />

Kapitel 5<br />

Dani Pedrosa<br />

Dani Pedrosa gab sein WM-Debüt 2001<br />

in Suzuka. Zwei Jahre später eroberte<br />

er auf Honda seinen ersten 125cc-Titel.<br />

Zwei weitere Weltmeisterschaftsfeiern<br />

folgten in der mittleren Kategorie. Seit<br />

seinem Aufstieg in die MotoGP 2006<br />

gelang dem kleinen Katalanen dieses<br />

Kunststück bisher nicht noch einmal.<br />

Pedrosa gehört wegen seiner introvertierten,<br />

ruhigen Art zwar nicht zu den<br />

Publikumslieblingen, wird von seinen<br />

Fans aber trotzdem verehrt. In den letzten<br />

Jahren machte er sich nicht nur mit<br />

starken Rennen, sondern besonders mit<br />

Knochenbrüchen einen Namen in der<br />

Königsklasse. Nach einem schweren<br />

Sturz in Le Mans musste Pedrosa im<br />

letzten Jahr vier Rennen auslassen und<br />

landete im Gesamtklassement auf dem<br />

vierten Rang. Angesichts seiner 40 GP-<br />

Siege scheint der spanische WM-Zug für<br />

den 26-Jährigen aber noch lange nicht<br />

abgefahren zu sein.<br />

88 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Kapitel 6<br />

Jorge Lorenzo<br />

Jorge Lorenzo schrieb sich schon 2002 bei<br />

seinem ersten Rennen in Jerez in die<br />

MotoGP-Memoiren ein, er wurde bedingt<br />

durch das Alterslimit mit 15 Jahren und<br />

einem Tag der jüngste Pilot in der Grand-<br />

Prix-Geschichte. Auf Aprilia sicherte sich der<br />

Mallorquiner 2006 und 2007 den Titel in der<br />

250cc-Klasse und stieg danach in die<br />

MotoGP auf. Dort landete er in seiner Rookie-<br />

Saison direkt auf dem vierten Platz, steigerte<br />

sich darauf noch einmal bis zum Vizetitel und<br />

wurde 2010 der erste spanische MotoGP-<br />

Weltmeister. Nachdem er seinen Titel im<br />

letzten Jahr nicht verteidigen konnte, gibt<br />

der 24-Jährige in der neuen 1000ccm-Ära<br />

nun alles, um erneut an der Spitze zu<br />

landen.<br />

Kapitel 7<br />

Toni Elías<br />

Auch Toni Elías reihte sich 2010 mit seinem WM-Titel in der Moto2 in<br />

die Liste der spanischen Grand-Prix-Sieger ein. Genau zehn Jahre<br />

zuvor war der Pilot aus Manresa in seine erste WM-Saison gestartet.<br />

Nach stetiger Verbesserung stieg er zwei Jahre später in die 250er-<br />

Klasse auf und 2005 schließlich in die MotoGP. Trotz vereinzelt starker<br />

Ergebnisse wollte Elías der absolute Durchbruch bis dato in keiner<br />

Kategorie gelingen. So stieg er 2010 wieder in die neu geschaffene<br />

Moto2 ab, um es ein Jahr danach mit dem WM-Titel in der Tasche noch<br />

einmal in der Königsklasse zu probieren - mit wenig Erfolg. Nun versucht<br />

sich der 29-Jährige wieder in der Mediumklasse.<br />

Fotos: milagro, honda<br />

Nachwort<br />

Neben all den genannten Namen sollen einige spanische Weltmeister<br />

nicht vergessen werden. Ricardo Tormo konnte in den 70er und 80er<br />

Jahren zwei 50cc-WM-Titel feiern. Noch heute werden wir am Circuit<br />

de la Comunitat Valenciana Ricardo Tormo an ihn erinnert. Auch Jorge<br />

Martinez feierte 1986 und 1987 Erfolge. Im Jahr darauf holte er sogar<br />

den 80cc- und den 125cc-Titel gleichzeitig. Heute ist er einer der erfolgreichsten<br />

Teamchefs in allen drei GP-Klassen. Manuel Herreros holte<br />

1989 einen weiteren 80cc-Triumph nach España. 2009 bis 2001 wurden<br />

die Titel der kleinsten Kategorie allesamt unter Spaniern ausgemacht.<br />

Julian Simon siegte 2009 auf einer Derbi und wurde von Marc Marquez<br />

im Jahr darauf als 125er-Champ abgelöst. Nico Terol schrieb sich mit<br />

dem letzten 125cc-Sieg nicht nur in die MotoGP-Geschichtsbücher ein,<br />

sondern auch in die Historien der spanischen GP-Gewinner. Allerdings<br />

war er 2011 sicherlich nicht der letzte Campéon del Mundo.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89


Die Farbe Orange<br />

Einige der besten Motorradfahrer<br />

der Welt fahren orange<br />

Bikes. Das <strong>Motorsport</strong> <strong>Magazin</strong><br />

klärt, wer hinter der leuchtenden<br />

Farbgebung steht und<br />

wer damit schon alle Zehne<br />

abräumen konnte.<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: milagro, honda, repsol<br />

as haben Casey Stoner,<br />

wDani Pedrosa, Marc<br />

Marquez, Alex Rins,<br />

Miguel Oliveira und<br />

Maverick Viñales<br />

gemeinsam? Richtig,<br />

die orange Farbe ihrer<br />

Motorräder. Dahinter<br />

steckt aber kein abgefahrener Farb-Tick, sondern ihr<br />

Sponsor Repsol. Das Mineralöl-Unternehmen<br />

scheint in der Motorradweltmeisterschaft überall<br />

seine Finger im Spiel zu haben. Zuallererst ist Repsol<br />

natürlich ein riesiges Unternehmen für Erdgas- und<br />

Erdölprodukte und in über 30 Ländern aktiv. Es ist<br />

fast überflüssig zu erwähnen, dass Repsol in Spanien<br />

Marktführer ist, allerdings auch in der ehemaligen<br />

spanischen Kolonie Argentinien. Mehr als 30.000<br />

Menschen arbeiten weltweit für das Unternehmen.<br />

Jedem Urlauber auf der iberischen Halbinsel ist<br />

sicherlich schon einmal eine der 6.900 Repsol-Tankstellen<br />

aufgefallen. Aber grob gesagt: Wie kommt<br />

eine Tankstelle dazu, die besten Motorradfahrer der<br />

Welt zu unterstützen?<br />

Seine Neigung zum <strong>Motorsport</strong> entdeckte der spanische<br />

Öl-Gigant bereits im Jahr 1971 mit Angel<br />

Nieto. Seitdem ist die orange Farbe aus der MotoGP-<br />

Welt nicht mehr wegzudenken. Das Unternehmen<br />

engagiert sich allerdings auch bei der Dakar, beim<br />

Trial, in der spanischen Meisterschaft und hat auch<br />

bei Olympia in London 2012 die Finger im Spiel. Die<br />

massive Welle des orangen Erfolgs trieb Mick Doohan<br />

in den 90er Jahren stark voran. 1995 bescherte<br />

er Repsol den ersten von drei aufeinanderfolgenden<br />

500cc-Titeln - 1994 war er noch ohne Repsol-Unterstützung<br />

unterwegs. 1998 setzte er der Partnerschaft<br />

mit einem erneuten Titelgewinn endgültig die Krone<br />

auf. Zu dieser Zeit begann auch die intensive Zusammenarbeit<br />

von Repsol und Honda. Seit 1995 gewann<br />

das Repsol Honda Team insgesamt zehn Fahrer- und<br />

zehn Herstellertitel. Nach Doohan unterstützten die<br />

Repsolaner zunächst Alex Criville, dann Valentino<br />

Rossi. Letzterer feierte in dieser Ehe drei seiner neun<br />

Weltmeisterschaften. Nicky Hayden brachte der<br />

Marke 2006 einen weiteren Titel in der Königsklasse.<br />

Obwohl das Unternehmen bevorzugt spanische<br />

Piloten unter seine Fittiche nimmt, zeigt die Vergangenheit,<br />

dass auch andere große Namen unter dem<br />

Repsol-Banner erfolgreich waren, wie eben Doohan,<br />

Rossi, Tadayuki Okada, Tohru Ukawa, Max Biaggi,<br />

Hayden und Stoner.<br />

Die Honda-Werkstruppe in der MotoGP ist allerdings<br />

nicht der einzige orange Erfolgsgarant: Es<br />

scheint fast, als hätten die Erdöl-Scouts bei ihren<br />

Bohrungen in den Tiefen der Nachwuchsserien ein<br />

echtes Händchen für Weltmeister. Dabei ist aktuell<br />

nicht nur Pedrosa als Landesvertreter das Aushängeschild<br />

für das Mineralöl-Unternehmen, sondern<br />

auch Stoner, der mit seinem WM-Titel in der letzten<br />

Saison ordentlich zum Erfolg beigetragen hat. »Ich<br />

bin schon einmal für ein spanisches Team in den<br />

Repsol-Farben gefahren und hier in Spanien Erfahrungen<br />

als junger Fahrer zu sammeln, war etwas<br />

Besonderes für mich«, erläutert Stoner.<br />

Für Marquez als Katalane ist sein Hauptsponsor<br />

etwas ganz Besonderes. Denn der Pilot wurde schon<br />

in seiner KTM-Zeit von Repsol gefördert und nach<br />

seinem 125er-Titel soll er jetzt auch den Moto2-Pokal<br />

mit nach Hause bringen. Die neueste Erwerbung im<br />

Hause Repsol ist Viñales, der in seiner 125cc-Debüt-<br />

Saison mit vier Siegen schwer beeindrucken konnte<br />

und zum Rookie des Jahres gekürt wurde. »Ich freue<br />

mich wirklich, in dieser Saison in Repsol-Farben<br />

fahren zu dürfen, denn wenn man von Repsol<br />

spricht, dann geht es um eine lange Liste von Triumphen<br />

in der MotoGP. Viele großartige Piloten<br />

sind schon für sie gefahren und nun bin ich Teil<br />

davon«, sagt der junge Spanier stolz. Mit Stoner,<br />

Pedrosa, Marquez, Viñales, Oliveira und Rins ist<br />

auch in der Saison 2012 in allen drei GP-Kategorien<br />

für orange Farbtupfer gesorgt - sie alle zählen ganz<br />

in der orangen Tradition zum Favoritenkreis ihrer<br />

jeweiligen Klasse.<br />

Der spanische Öl-Gigant fördert seit Jahrzehnten talentierte Motorradrennfahrer - wichtig ist dabei der Erfolg, nicht die<br />

Nationalität. Dennoch gehörten und gehören viele Spanier zum orangen Erfolgsteam<br />

die Neigung zum <strong>Motorsport</strong><br />

entdeckte repsol bereits im<br />

Jahr 1971 mit Angel<br />

Nieto. Seitdem ist die orange<br />

Farbe aus der MotoGP-Welt<br />

nicht mehr wegzudenken.


Fotos: tech 3 yamaha<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


In Verbindung<br />

mit der MotoGP<br />

hat sicher jeder<br />

schon einmal<br />

etwas von der<br />

Dorna gehört.<br />

Aber was macht<br />

der Hauptvermarkter<br />

eigentlich?<br />

Wofür ist<br />

das spanische<br />

Unternehmen<br />

zuständig? Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> hat sich<br />

auf die Suche<br />

begeben.<br />

MADE<br />

SPAIN<br />

Text: Maria Pohlmann


Wer sich in Barcelona in die Straßenbahn<br />

setzt und ein Stück aus der Stadt<br />

bis nach Sant Just Desvern hinausfährt,<br />

findet sich nicht etwa an einem<br />

Strand oder im schönsten Urlaubsgebiet wieder –<br />

stattdessen steht er zwischen einigen hohen Bürogebäuden.<br />

Sicher fallen hier jedem Besucher aus der<br />

gemäßigten Klimazone die Palmen am Straßenrand<br />

auf, dennoch wird sofort deutlich, dass in diesen<br />

Büros tagtäglich gearbeitet wird und das Ganze relativ<br />

wenig mit Urlaubsvergnügen zu tun hat. Der<br />

Hauptsitz von Dorna Sports S.L., dem langjährigen<br />

MotoGP-Hauptvermarkter liegt zwar in Madrid,<br />

allerdings ist die Mehrzahl der Angestellten, um<br />

genau zu sein 146 Mitarbeiter, in der Nähe von Barcelona<br />

tätig und genau dahin hat sich das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

mit vielen Fragen im Gepäck<br />

aufgemacht.<br />

Im Eingangsbereich empfängt uns ein riesiges<br />

MotoGP-Plakat, auf dem der amtierende Weltmeister<br />

Casey Stoner geradewegs auf den Betrachter<br />

zurast. Nach kurzer Wartezeit geht es die Treppen<br />

zur ersten Etage nach oben. Dort sitzen unzählige<br />

helle Köpfe, die hinter ihren PC-Bildschirmen verkrochen<br />

jedoch kaum auszumachen sind. Sie alle<br />

arbeiten daran, die offizielle Webseite der MotoGP<br />

zum Laufen zu bekommen. Sie stehen in ständigem<br />

Kontakt mit den Leuten an der Strecke, schreiben<br />

Texte, übersetzen sie in andere Sprachen, kümmern<br />

sich um Werbung, Sponsoren, neue Medien, alte<br />

Medien, TV-Übertragungen, Bilder, Kommunikation,<br />

PR, Zeitenlisten und vieles mehr.<br />

Vom Büroraum aus werden wir wieder nach unten<br />

geführt - es geht in den Keller. Verstaubte Weinflaschen,<br />

Kartoffeln und Spinnweben - Fehlanzeige!<br />

Ich komme mir vor wie in John Nash‘s inexistentem<br />

Geheimagenten-Computerzentrum. Rote und grüne<br />

Lichter blinken aus allen Richtungen. Hier laufen<br />

also die Stränge zusammen: Das Bildmaterial von<br />

der Strecke wird in diesen Räumlichkeiten verarbeitet,<br />

an Abnehmer in alle Welt weitergeliefert, in den<br />

Schnitträumen bearbeitet und in sämtlichen Sprachen<br />

kommentiert. Ein paar Meter weiter beginnt<br />

das Eldorado eines jeden MotoGP-Fans: Regale über<br />

Regale voller blauer Hüllen, in denen die guten alten<br />

Videokassetten jeder einzelnen 125ccm-, 250ccm-,<br />

Moto3-, Moto2- und MotoGP-Session der letzten<br />

zehn Jahre verstaut sind. Jede der Session-Aufnahmen<br />

gibt es gleich mehrfach mit Kommentaren auf<br />

Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch,<br />

Italienisch...<br />

Aber wo kommt das Bildmaterial her? Die Aufnahmen<br />

stammen direkt von den verschiedenen Rennstrecken<br />

aus aller Welt. Die ersten Dorna-Vertreter<br />

reisen bereits über eine Woche vor dem Grand Prix<br />

an, um alle Lastwagen abzuladen, auf denen nicht<br />

nur die Materialien des Veranstalters, sondern auch<br />

die Fracht der Teams von Rennstrecke A nach Rennstrecke<br />

B transportiert werden. Bei den Überseerennen<br />

wird das mehr als 250 Tonnen schwere Equipment<br />

mit drei Boeing 747 eingeflogen. »Sobald wir<br />

eintreffen, steht alles bereit, um das Rennwochenende<br />

zu starten, aber eigentlich steckt eine Menge<br />

Arbeit dahinter«, erklärt Javier Alonso, Chef der<br />

Dorna-Eventabteilung.<br />

Obwohl das spanische Unternehmen eng mit der<br />

Fédération Internationale de Motocyclisme (FIM)<br />

und vor Ort auch mit den Verantwortlichen der<br />

jeweiligen Rennstrecke zusammenarbeitet, werden<br />

seit 1992 vom Hauptvermarkter selbst über 170 Leute<br />

an jede einzelne der 18 Rennstrecken im Kalender<br />

geschickt, um sicherzustellen, dass der Ablauf reibungslos<br />

funktioniert. Los geht es beim Aufbau des<br />

Fahrerlagers, Strom- und Internetleitungen über die<br />

Akkreditierungen der Medienvertreter, den Zugang<br />

zur Rennstrecke bis hin zur Sicherheit der Kurse,<br />

Besucher und Fahrer. Dabei müssen natürlich auch<br />

die Räume für Dorna-Mitarbeiter, Presse und Teams<br />

hergerichtet werden, also für insgesamt knapp 3.000<br />

Leute.<br />

Okay, aber wo kommen nun die Bilder her? Ganz<br />

einfach, von den über 22 Kameras an jeder Rennstrecke<br />

und den etwa 90 Mikro-Cams, die an verschiedenen<br />

Punkten der Bikes angebracht werden<br />

und die neueste Technologie repräsentieren. Dazu<br />

kommen die Helikopter-Aufnahmen, die eine alternative<br />

Sicht auf die Rennaction am Boden bieten.<br />

Etwa 150 Mitarbeiter sitzen vor ihren Monitoren,<br />

um eine bestmögliche Bildqualität und die besten<br />

Zusammenschnitte des Geschehens zu liefern. Die<br />

MotoGP-Rennen werden schließlich live von jeder<br />

Rennstrecke auf 80 Kanälen in jede Ecke der Welt<br />

übertragen. Über 200 Länder empfangen die Sendungen,<br />

allerdings nicht alle direkt von der Strecke.<br />

Einige strahlen die Wettkämpfe auch erst später aus.<br />

Außerdem werden mit dem tollstem Equipment<br />

Rennhöhepunkte zusammengeschnitten. Das spanische<br />

Unternehmen produziert alles selbst und<br />

verbreitet es über Satellit.<br />

Das ist jedoch noch längst nicht alles. Da sich Dorna<br />

Sports um so viele Dinge gleichzeitig kümmern<br />

muss, führte das Unternehmen die 360° Philosophie<br />

ein, alles dreht sich um die verschiedenen Aspekte<br />

aus Events, Medien und Reklame im Kreis. Ein weiterer<br />

wichtiger Aufgabenbereich ist die Zeitnahme<br />

und Datenverarbeitung bei den Grand Prix. Die auf<br />

Tausendstelsekunden genau gemessenen Zeiten<br />

werden mittels Transponder an den Motorrädern<br />

ermittelt. »Insgesamt gibt es etwa 20 Messpunkte auf<br />

dem Kurs, die Ziellinie ist dabei aber am wichtigsten«,<br />

erklärt Jordi Sais, der Chef der Zeitnahmeund<br />

Computertechnik. Der Transponder am Motorrad<br />

sendet Signale zum Boden aus. Unter dem<br />

Asphalt jeder Rennstrecke verlaufen an besonderen<br />

Punkten Antennenkabel von einer Seite zur anderen.<br />

Wenn ein Pilot über diese Stellen fährt, sendet der<br />

Transponder ein Signal aus, das von der Antenne bis<br />

zum Rechenzentrum weitergeleitet wird. »Wir ver-<br />

01<br />

02<br />

03<br />

94 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


04<br />

01. In Reih und Glied, der<br />

öffentliche Auftritt muss stimmen,<br />

02. Auch die Optik muss stimmen,<br />

03. Die Dorna war stolz, in Katar<br />

das erste Nachtrennen einer<br />

großen Weltmeisterschaft<br />

auszutragen, 04. Spanish<br />

Connection: Mit Repsol hat die<br />

Dorna einen treuen MotoGP-Helfer,<br />

05. Die Helden der MotoGP sind<br />

wohl mit das wichtigste Kapital der<br />

Dorna, 06. Schnell reicht nicht, es<br />

muss auch alles gut aussehen, 07.<br />

Je spektakulärer desto besser<br />

05<br />

06<br />

suchen, die Rennstrecke in vier Sektoren aufzuteilen,<br />

die etwa die gleiche Zeitdistanz aufweisen. Das<br />

System funktioniert komplett automatisch«, räumt<br />

Sais ein. Allerdings weiß jeder aus dem Alltag: Man<br />

sollte sich nie blind auf die Technik verlassen. Bei der<br />

Dorna ist das nicht anders und deshalb sitzen fünf<br />

Leute in einem Kontrollturm, die alles überwachen.<br />

Da die Ziellinie der wichtigste Abschnitt ist, gibt es<br />

hier zur Sicherheit eine besondere Videoaufnahme<br />

und auf gleicher Höhe mit dem Zielstrich eine Art<br />

Blitzer, der das Geschehen zusätzlich auf Bildern<br />

festhält. Alle Zeiten werden an ein komplexes<br />

Rechensystem weitergegeben, in dem die Rundenzeiten<br />

ermittelt werden. So entstehen die Klassifikationen,<br />

die einfach überall veröffentlicht werden: auf<br />

den TV-Bildschirmen, in den Hospitalitys, in der<br />

Boxengasse und in jeder einzelnen Teamgarage. Das<br />

kommt zum einen den Fahrern und Teams zu Gute,<br />

die aus den Zeitenlisten genau herauslesen können,<br />

wo sie Zehntelsekunden auf die Konkurrenz verlieren<br />

oder gutmachen. Zum anderen müssen die<br />

Zuschauer dank der vier gemessenen Sektoren nicht<br />

eine ganze Runde abwarten, um zu wissen, ob ihr<br />

Favorit gut oder schlecht unterwegs ist.<br />

Wenn ein Fahrer gut unterwegs ist, wird er zur offiziellen<br />

Pressekonferenz eingeladen, die ebenfalls von<br />

der Dorna betreut wird. Neben der besonderen<br />

Bewirtung von VIP-Gästen pflegt Dorna Sports S.L.<br />

die Kommunikation der MotoGP. Sinn und Zweck<br />

der ganzen Sache: jedem sollte der Zugang zu Ergebnissen<br />

sowie genauen Informationen zu Rennstrecken<br />

und Fahrern bereitgestellt werden. So muss am<br />

Ende nicht jeder Einzelne bis nach Sant Just Desvern<br />

herausfahren, um sich bestens auf dem Laufenden<br />

zu halten.<br />

Dorna Facts<br />

Der Hauptaktionär der Dorna ist die Firma Bridgepoint<br />

Capital. Diese besitzt seit 2011 auch die<br />

Mehrheit der Anteile von Infront Motor Sports,<br />

dem Vermarkter der Superbike-WM. Insider<br />

wissen, dass beide Vermarkter in der Vergangenheit<br />

nicht gut aufeinander zu sprechen<br />

waren.<br />

Neben dem Hauptsitz in Madrid und dem großen<br />

Nebensitz in der Nähe von Barcelona gibt es<br />

auch Dorna-Büros in Tokio und London.<br />

Auch die spanische Nationalmeisterschaft (CIV)<br />

und der Red Bull Rookies Cup sind fest in Dorna-<br />

Hand. Dabei soll jungen Talenten die Chance auf<br />

eine Weltkarriere ermöglicht werden.<br />

Fotos: milagro<br />

07<br />

Dorna Sports S.L. vermarktet neben der MotoGP<br />

auch Ad-Time, ein rotierendes Werbe-Board-<br />

System in Spanien, Italien, Portugal, Großbritannien,<br />

Südamerika und Japan, das Volleyball,<br />

Baseballspiele und Fußball überträgt.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95


Marc Marquez<br />

gehört die Zukunft in<br />

der Motorrad-WM<br />

Fotos: milagro, honda, repsol<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Marc Marquez<br />

werden Erfolge im<br />

Rossi-Stil zugetraut<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Seit seinem ersten Titel<br />

vor über einem Jahr<br />

gilt Marc Marquez als<br />

aufstrebender WM-Star.<br />

In der letzten Saison<br />

erlitt er jedoch einen<br />

herben Rückschlag. Das<br />

<strong>Motorsport</strong> <strong>Magazin</strong> hat<br />

sich mit dem Spanier<br />

unterhalten.


WMarc Marquez ist ein leuchtender<br />

Stern am spanischen Motorradhimmel.<br />

Das machte er spätestens mit<br />

seinem 125cc-Titel 2010 recht deutlich.<br />

Schon zwei Jahre zuvor gab der Pilot aus Cervera<br />

sein Debüt auf der Weltbühne, nachdem er sich in<br />

der spanischen Meisterschaft einen Namen gemacht<br />

hatte. Doch schon damals stolperte Marquez über<br />

viele Steine, die ihm in den Weg gelegt wurden. Seine<br />

erste 125er Saison begann verletzungsbedingt später<br />

und endete nach einem heftigen Sturz in Malaysia<br />

frühzeitig. Bei seinem Abflug hatte sich der KTM-<br />

Pilot mit den Beinen im Hinterrad des Motorrads<br />

verfangen. »Das passiert nicht sehr oft, aber ich hatte<br />

Glück, dass es nicht ernster war«, sagte er nach Frakturen<br />

am Knorpel und am Schienbein.<br />

Pünktlich zum Saisonstart 2009 war der Youngster<br />

wieder fit und bestritt ein zweites, weniger aufreibendes<br />

Jahr mit einem Podestplatz. Darauf wechselte<br />

Marquez ins Team von Aki Ajo. Neben Sandro Cortese,<br />

der sich vom damals noch 17-Jährigen in den<br />

Schatten gestellt fühlte, lief der Katalane zur Höchstform<br />

auf. Marquez ließ sich im Laufe der Saison 2010<br />

weder von einer ausgerenkten Schulter noch von der<br />

harten Konkurrenz beeindrucken und feierte mit<br />

zehn Siegen den erträumten ersten WM-Titel in der<br />

Achtelliterklasse. Nebenbei holte er zwölf Pole Positions<br />

und stellte sich damit auf eine Stufe mit Mick<br />

Doohan, der seit 1997 den Pole-Rekord hält. »Als<br />

ich das erste Mal auf ein Motorrad stieg, träumte ich<br />

davon, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Jetzt geht<br />

dieser Traum in Erfüllung, unglaublich«, freute er<br />

sich.<br />

Im Jahr darauf folgte der logische Aufstieg in die<br />

Moto2-Klasse. Nach einer schwierigen Eingewöhnungsphase<br />

mit vielen Stürzen schlug der Rookie<br />

schließlich mit sieben Rennsiegen wie eine Bombe<br />

in der Mittleren Grand-Prix-Klasse ein. Seinen einzigen<br />

ernstzunehmenden Kontrahenten, Stefan<br />

Bradl, schien der Spanier dabei gegen Saisonmitte<br />

hinter sich lassen zu können. Doch ein weiteres Mal<br />

stolperte Marquez über die Steine auf dem Weg zum<br />

schnellen Triumph. Sepang wurde ihm erneut zum<br />

Verhängnis. Da die Streckenposten versäumten, eine<br />

nasse Stelle auf der Piste anzuzeigen, flog er im Training<br />

heftig per Highsider ab und durfte das Rennen<br />

nach Verbot der behandelnden Ärzte trotz starkem<br />

Kampfwillen nicht starten. Marquez und sein Team<br />

beteten beim Saisonfinale in Valencia um ein Wunder.<br />

Aber wie das so ist - es tritt keines ein. So war<br />

der Suter-Pilot gezwungen, beim Titelgewinn seines<br />

Konkurrenten zuzusehen. Mick Doohan war jedoch<br />

überzeugt: »Marquez ist noch jung, er kann das noch<br />

schaffen.«<br />

Seine Sturzverletzung aus Malaysia entpuppte sich<br />

allerdings schlimmer als erwartet. Marquez hatte<br />

arge Sichtprobleme, wurde zu Jahresbeginn an den<br />

Augen operiert und konnte sich verständlicherweise<br />

nicht auf ein Moto2-Bike setzen, solange er alles<br />

doppelt sah. Beim letzten Test der Vorsaison war der<br />

mittlerweile 19-Jährige wieder mit von der Partie<br />

und fand schnell zu altem Tempo zurück. Wie rasch<br />

er zur Höchstform zurückfinden konnte, bewies er<br />

mit einem Auftaktsieg in Katar. »Wir stehen wieder<br />

ganz oben, das hatte ich wirklich nicht erwartet«,<br />

jubelte er nach dem starken Comeback. Da Marquez<br />

zu den viel gepriesenen Talenten im Grand Prix zählt,<br />

scheint sein Aufstieg in die Königsklasse trotz Stolpersteinen<br />

nur noch eine Frage der Zeit zu sein.<br />

Zunächst will er aber erst einmal seinen zweiten<br />

WM-Titel nach Hause bringen.<br />

Die Konkurrenz ist<br />

groß, Marquez aber<br />

meist größer<br />

Fotos: milagro, honda, repsol<br />

MSM: Wie konntest du dich auf die Weltmeisterschaft<br />

2012 vorbereiten?<br />

MARC MARQUEZ: Ich habe wie üblich trainiert,<br />

aber eben ohne Motorrad zu fahren. Für<br />

Katar war ich körperlich auf jeden Fall bereit.<br />

Wie hast du dich nach dem Sturz gefühlt? Hast<br />

du jemals darüber nachgedacht, wie es wäre,<br />

wenn du gar nicht mehr hättest fahren können?<br />

Was wäre die Alternative gewesen?<br />

Ich war immer optimistisch. Trotzdem war es<br />

natürlich nicht schön. Wenn man mit einer solchen<br />

Situation leben muss, dann muss man<br />

ruhig bleiben, immer nur das Beste hoffen und<br />

nicht an die schlimmste Option denken.<br />

Dein Bruder Alex fährt jetzt auch Moto3. Hilfst<br />

du ihm ab und an ein bisschen oder siehst du<br />

ihn in ein paar Jahren sogar als Rivalen?<br />

Das hoffe ich. Er ist sehr stark und hat sich in<br />

letzter Zeit sehr verändert. Ich wünsche ihm,<br />

dass er die spanische Meisterschaft in dieser<br />

Saison gewinnt und dann vielleicht in die<br />

Moto3-WM kommen kann. Mal sehen, aber er<br />

ist auf jeden Fall ein sehr guter Fahrer und ich<br />

würde in Zukunft gern gegen ihn antreten.<br />

Du beginnst gerade deine zweite Saison als<br />

alleiniger Fahrer im Team CatalunyaCaixa<br />

Repsol. Fehlt dir ein Teamkollege?<br />

Über so etwas denke ich nicht nach. Ich mag<br />

die Situation, also stört es mich momentan<br />

nicht.<br />

Was ist dein Lieblingsrennen, wenn du die Stre-<br />

98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


cke, die Fans und die Atmosphäre bedenkst?<br />

Ich mag alle spanischen Rennen sehr, es ist<br />

immer eine große Freude vor deinen eigenen<br />

Landsleuten zu fahren.<br />

Abgesehen von den Rennstrecken, welches Land<br />

gefällt dir am besten?<br />

Australien ist unglaublich, vielleicht eines meiner<br />

Favoriten.<br />

Das Feiern hat Marc<br />

Marquez mittlerweile<br />

gelernt<br />

Bereits ganz früh<br />

wollte Marquez<br />

Motorradfahren<br />

2010 hast du den 125ccm-Titel gewonnen. Wie<br />

lebt es sich über ein Jahr danach? Ist das Medieninteresse<br />

noch immer genauso groß wie<br />

direkt nach dem Titel? Was ist anders?<br />

Alles ist gewachsen und ich verstehe den neuen<br />

Status jetzt. Ich versuche mit meinen Fans lustig<br />

umzugehen, denn ohne sie wäre das alles nicht<br />

möglich. Außerdem werden es von Tag zu Tag<br />

mehr, was für uns bedeutet, dass wir gut<br />

arbeiten.<br />

Denkst du manchmal über den GP-Tellerrand<br />

hinaus? Verfolgst du zum Beispiel die Super-<br />

bike-WM oder andere <strong>Motorsport</strong>arten?<br />

Nein, das mache ich nie.<br />

Was denkst du über Fußball?<br />

Ich mag Fußball und bin ein großer Barça-Fan.<br />

Die letzten Jahre waren für uns einfach<br />

unglaublich.<br />

Mit welcher Sportart hältst du dich fit?<br />

Ich fahre viel Fahrrad mit meinem Bruder. Wir<br />

trainieren jede Woche ohne Ende. Wir haben<br />

Mountainbikes und fahren immer in der<br />

Gegend unseres Hauses herum.<br />

Wie sieht dein Privatleben aus? Wo und wie<br />

lebst du?<br />

Ich lebe in Cervera, einer kleinen Stadt in der<br />

Nähe von Lleida, in Katalonien. Es ist ein<br />

ruhiger Ort und man kann hier gut leben. Haustiere<br />

oder so etwas haben wir leider nicht, weil<br />

darum muss man sich schließlich kümmern und<br />

wir haben keine Zeit.<br />

07<br />

Hast du ein besonderes Ritual vor dem Rennen?<br />

An was denkst du fünf Minuten vor dem Start?<br />

Ich versuche, einfach nur konzentriert zu sein,<br />

das ist alles.<br />

Was vermisst du am meisten, wenn du an den<br />

Rennstrecken in aller Welt unterwegs bist?<br />

Meine Freunde und mein Zuhause.<br />

Wenn irgendjemand eine Zeitmaschine bauen<br />

könnte, würdest du dann lieber zurück ins<br />

Titeljahr 2010 reisen oder lieber ins Jahr 2014?<br />

Obwohl die Vergangenheit wunderbar war,<br />

würde ich die Zukunft vorziehen.<br />

Was gibt‘s bei dir zum Frühstück, das dich so<br />

schnell macht?<br />

Ich nehme mal an das Übliche, Kaffee mit Milch,<br />

Früchte, Toast, Orangensaft...<br />

Was denkst du über die neue MotoGP-Ära mit<br />

den CRT-Maschinen?<br />

Das müssen wir uns alle noch eine Weile<br />

anschauen, wenn wir sehen wollen, ob das der<br />

richtige Weg war, den die Verantwortlichen eingeschlagen<br />

haben. Momentan weiß ich es nicht.<br />

Was ist für dich in dieser Saison anders? Gibt<br />

es viele Neuerungen am Bike?<br />

Das Motorrad ist mehr oder weniger gleich<br />

geblieben. Es gibt noch ein paar kleine Änderungen,<br />

aber die sind noch nicht bereit, denn<br />

wir haben noch nicht genügend Kilometer<br />

zurückgelegt. Ich hoffe, dass wir das bald<br />

schaffen.<br />

Was ist in diesem Jahr dein Ziel?<br />

Ich würde gerne um den Titel kämpfen. Nach<br />

dem letzten Jahr ist das unser oberstes Ziel.<br />

Wer wird 2012 dein härtester Rivale und<br />

warum?<br />

Theoretisch war Thomas Lüthi der Stärkste in<br />

seiner Vorsaison. Aber auch Andrea Iannone,<br />

Pol Espargaro, Esteve Rabat, Scott Redding,<br />

Toni Elias... die sollte man alle nicht vergessen.<br />

Es gibt viele Fahrer, die in diesem Jahr hart<br />

kämpfen werden.<br />

Hast du nach all den Gerüchten im letzten Jahr<br />

nicht doch schon ein Auge auf die MotoGP<br />

geworfen?<br />

Ich war mir sicher, dass die Moto2 mein Weg<br />

sein wird. Ich hatte nie daran gedacht, in dieser<br />

Saison schon in die MotoGP aufzusteigen.<br />

Was sind deine WM-Tipps? Wer gewinnt die<br />

Titel in der neuen Moto3-Klasse und der<br />

MotoGP?<br />

Die Favoriten sind ganz klar Maverick Vinales<br />

und Casey Stoner, aber wir werden sehen, was<br />

passiert.<br />

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Maverick Viñales ist<br />

jung, zeigt aber viel<br />

Reife<br />

Fotos: milagro<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Spaniens Zukunft<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

Wenn sich Dani Pedrosa und Marc Marquez umdrehen, dann sehen sie einen jungen<br />

Mann namens Maverick Viñales. Spaniens nächster Superstar scharrt bereits in den<br />

Startlöchern.<br />

Die Welt des <strong>Motorsport</strong>s ist immer auch eine Welt voller Druck, es gilt Leistung<br />

zu zeigen, immer in Bestform zu sein und trotzdem irgendwie locker zu bleiben,<br />

denn verkrampft lässt sich nichts gewinnen. Egal wie abgedroschen es klingen<br />

mag: ein Fahrer ist immer nur so gut wie sein letztes Rennen. Dani Pedrosa<br />

hat Druck, immerhin ist Marc Marquez auf dem stark aufsteigenden Ast. 2013<br />

dürfte Marquez in die MotoGP kommen, ab 2014 darf er dann in einem Werks-<br />

Team fahren. So gesehen hat Pedrosa nicht mehr<br />

viel Zeit, um Honda und Repsol zu beweisen, dass<br />

er so gut ist, wie es zu vermuten war, als er 2006 als<br />

dreifacher Weltmeister in die MotoGP kam. Doch<br />

auch Marquez darf bereits den Druck spüren, einen<br />

neuen potentiellen Superstar im Nacken zu haben.<br />

Maverick Viñales hat in der Weltmeisterschaft losgelegt<br />

wie die Feuerwehr.<br />

Bereits in seiner ersten Saison in der 125cc-Klasse<br />

holte er vier Siege und gilt als der große Favorit<br />

für die erste Moto3-WM. Sollte ihm das gelingen,<br />

wird es rasch bergauf in die Moto2 gehen. Dank<br />

seiner spanischen Herkunft werden ihm viele<br />

Türen offen stehen. Er hat wie Pedrosa und Marquez<br />

Repsol als großen Gönner und hat es dementsprechend<br />

leicht, ein gutes Budget aufzustellen.<br />

Dafür müssen natürlich die Leistungen stimmen,<br />

doch Viñales ließ bei den Wintertests und beim<br />

Saisonauftakt in Katar keine Zweifel daran aufkommen,<br />

dass die Leistung stimmt.<br />

»Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft, um zu fahren, sondern um zu<br />

gewinnen«, betont er trocken. Er weiß auch bereits, wie er die Presseabteilung<br />

richtig bedient. Immerhin sind seine Aussagen sehr veröffentlichungsfreundlich.<br />

»Ich denke, wir haben ein Team, das gewinnen kann, es arbeitet<br />

hart und kennt sich nach einigen Jahren sehr gut«, meint er. Mit seinen 17<br />

Jahren ist Viñales praktisch durch und durch Profi, da er, wie es sich für<br />

einen Spanier gehört, den Zweiradsport von der Pike auf gelernt hat. Nach<br />

dem Weg durch die Nachwuchsserien begann er 2009 in der spanischen<br />

125cc-Meisterschaft und wurde sofort Vizemeister. 2010 war er schließlich<br />

Titelträger und als er 2011 in die Weltmeisterschaft einstieg, dauerte es<br />

nicht lange, bis er einschlug wie eine Bombe.<br />

Im vergangenen Jahr war sein größtes Problem, dass er bei Siegen irgendwie<br />

mit der Begeisterung von Team-Unterstützerin Paris Hilton zurechtkommen<br />

musste. Das hielt ihn dennoch nicht davon ab, zum drittjüngsten<br />

Sieger der Geschichte zu werden - nur Scott Redding und Marco Melandri<br />

waren schneller. Die GP-Welt ist überzeugt, der erste WM-Titel dürfte 2012<br />

folgen, Viñales ist allerdings nicht so schnell, wenn es um das Thema geht.<br />

»Die Konkurrenz ist groß und es gibt immer jemand, der schneller ist als<br />

du. Ich hoffe, wir können mit KTM mithalten«, sagt er. Hinter dem<br />

Renntalent, das Marquez und Pedrosa Druck macht, steckt aber noch<br />

ein wenig mehr. Viñales ist ein eifriger Schüler, der sich für die Zeit<br />

nach dem Rennsport bereits klare Ziele gesteckt hat. Er will Jura studieren<br />

und Notar werden. Dementsprechend hart arbeitet er auch abseits<br />

der Rennstrecke an seinen Schulnoten. Er ist von morgens bis um 17:00<br />

Kopf runter und<br />

Vollgas ist für<br />

Viñales nicht<br />

alles<br />

Uhr in der Schule, erst nach dem späten Mittagessen<br />

geht er trainieren. Nach dem Abendessen<br />

setzt er sich wieder hinter die Bücher. Da er<br />

aufgrund seiner Tätigkeit als kommender Zweirad-Superstar<br />

doch viel unterwegs ist, muss er<br />

sich noch etwas intensiver mit dem Schulstoff<br />

auseinandersetzen. Gute Noten zeigen, dass es<br />

sich bezahlt macht.<br />

Seine besten Examen legt er aktuell auf den<br />

Rennstrecken dieser Welt ab, wo er mit einer<br />

Reife agiert, die Marquez einst erst finden musste.<br />

Erst in seinem dritten WM-Jahr konnte der<br />

mittlerweile als Seriensieger bekannte Moto2-<br />

Pilot seinen ersten Sieg einfahren, davor fiel er<br />

vornehmlich durch übertrieben verkrampfte<br />

Versuche auf, sich in Rennen an die Spitze zu<br />

setzen, was mehr als nur einmal im Kiesbett<br />

endete. Viñales kam bereits ohne dieses ungestüme<br />

Verhalten in die WM und stellt damit ein<br />

Gesamtpaket dar, bei dem es augenscheinlich<br />

nur noch Feintuning bedarf. Druck? Den scheint<br />

sich der junge Spanier nicht anmerken zu lassen, beinahe stoisch meistert<br />

er die Herausforderungen, die ihm die teils viel ältere Konkurrenz stellt.<br />

Er muss sich aber keine Sorgen machen, dass ihm zu langweilig wird,<br />

denn aus der spanischen Meisterschaft drängen bereits die Nächsten nach:<br />

ein gewisser Alex Marquez, der für einige sogar als das größere Talent<br />

gilt als sein älterer Bruder Marc und Alex Rins, der den jüngeren Marquez<br />

voriges Jahr in der spanischen Meisterschaft geschlagen hat. Rins fährt<br />

2012 bereits die Moto3-WM mit, so ist das mit dem Druck.<br />

Wir sind nicht in der Weltmeisterschaft,<br />

um zu fahren, sondern<br />

um zu Gewinnen. Ich denke,<br />

wir haben ein Team, das gewinnen<br />

kann, es arbeitet hart und<br />

kennt sich sehr gut.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


Text: Jule Krause<br />

top<br />

MotoGP<br />

zum Schnäppchenpreis<br />

Seit Monaten bemühen sich die Dorna, die MSMA (Herstellervereinigung) und die IRTA (Teamvereinigung) mit neuen<br />

Regeln und Richtlinien, die Zukunft der MotoGP zu ebnen. Das Leitmotto: MotoGP zum Schnäppchenpreis. Nur<br />

leider gibt es ein Problem. Die Parteien können sich an den entscheidenden Punkten nicht einigen, mindestens<br />

einer tanzt immer aus der Reihe. Amüsant ist ebenfalls, dass zwischendrin immer wieder angemerkt wird, dass die<br />

Sparpläne an den falschen Stellen angesetzt werden und entsprechend ineffektiv für eine gesicherte und kreative<br />

MotoGP-Zukunft seien. Daher haben wir fünf Alternativmaßnahmen zusammengestellt, die ebenfalls den Schein<br />

des Sparens wahren, bei denen aber garantiert weder die Dorna noch die Werke auf etwas verzichten müssen...<br />

5. Recycling<br />

Die Rede ist natürlich nicht von Mülltrennung, dieses Projekt würde<br />

alleine an den Briten scheitern. Nein, wir schlagen den Wiedergebrauch<br />

von alten Kombis vor, besonders die Fahrer der Ex-125cc und Moto2<br />

gehen da mit einem guten Beispiel voran, wie Anthony West 2010 für<br />

das Abenteuer MZ. Wen störte, dass die Kombi blau statt grün-weiß<br />

war? Hauptsache sie erfüllte den Zweck. Andere setzen auf Mix-Match<br />

bei Stiefel, Knieschoner & Co, wer hat festgelegt, dass die von nur einem<br />

Ausrüster gestellt werden dürfen? Außerdem sollte man sich bei der<br />

Fahrerfluktuation einiger Teams überlegen, ob man nicht wenigstens<br />

die Leder-Kombi und ein paar Accessoires von Pilot zu Pilot weiterreichen<br />

könnte, mit ein bisschen Tape sollte das umsetzbar sein.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, milagro<br />

102 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


4. System Kaffeekasse<br />

Da es immer schwieriger wird, Sponsoren in die MotoGP zu<br />

locken, oder welche zu finden, die politisch korrekt sind - kein<br />

Alkohol, keine Tabakwaren und auch Energydrinks wackeln<br />

dank der EU - muss man sich nach anderen Geldquellen<br />

umschauen. Was ist naheliegender, als die stets anwesende<br />

Pressevertretung zur Kasse zu bitten? Thema Pressekonferenz:<br />

Wer Valentino Rossi fragt, warum er das linke Bein beim<br />

Anbremsen ausstreckt, zahlt Konventionalstrafe. Gleiches gilt<br />

für Fragen, die gestellt werden, aber bereits in der Team-<br />

Pressemitteilung beantwortet wurden. Ein Fahrer darf während<br />

der Liveübertragung nur bis zu Limit X genannt werden,<br />

alles darüber kostet. Damit sorgt man nicht nur für etwas<br />

Geld in der Kaffeekasse, man zwingt die berichtende Zunft<br />

auch dazu, wieder etwas kreativer zu werden.<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103


3. 90 Tage Ankerberg<br />

Campen ist bekanntlich die ultimative Budget-Urlaubswahl.<br />

Auch hier hat die MotoGP Potential, statt Motorhome<br />

führen wir das Zeltlager wieder ein. Zurück zu<br />

den guten alten Zeiten, mit Stimmung wie im Ferienlager,<br />

das schweißt zusammen! Zudem sind Zelte viel<br />

einfacher von A nach B zu bringen, Fahrer, die bislang<br />

zwei Motorhomes verwalten mussten, hätten mit Zelten<br />

ein viel stressfreieres Leben. So kommen die MotoGP-<br />

Stars den Fans wieder näher und das wirkt sich wiederum<br />

positiv auf Nebengeschäfte wie Merchandise-<br />

Verkauf aus. Wem das dann doch etwas zu heftig ist,<br />

der kann es immer noch wie die junge britische Vertretung<br />

in der Weltmeisterschaft machen und eine Fahrerlager-WG<br />

gründen.<br />

2. Mach es zu<br />

deinem Projekt!<br />

Einige Teams machen es bereits vor, der Fahrer zahlt und<br />

darf dafür fahren. Das Potential ist hier aber noch lange nicht<br />

ausgeschöpft. Da Können und Talent in diesen Tagen eher<br />

nebensächlich sind, sollten die Fahrer einfach Zweitdienste<br />

anbieten, Superbike-Fahrer Leon Camier macht es vor, als<br />

Nanny für Broc Parkes‘ oder auch Casey Stoners Nachwuchs.<br />

Mika Kallio sollte die neue Teamkaffeemaschine nicht nur<br />

einweihen, sondern sie auch gleich bedienen. Fahrer, die<br />

sich verletzt haben, nehmen sich ein Beispiel an Danny Webb<br />

und erledigen den Job an der Boxenmauer und Ben Spies<br />

könnte als Restaurantbesitzer künftig das Catering bei<br />

Yamaha übernehmen. Teams, die kommunikationsfreudige<br />

Fahrer á la Colin Edwards haben, sparen sich den Pressesprecher<br />

und verbreiten die Aussagen einfach über Soziale<br />

Netzwerke, wie Forward Racing es bereits während der<br />

Testfahrten vormachte.


Fotos: milagro, capcom<br />

1 Cyber-MotoGP<br />

Passend zum 21. Jahrhundert wird die MotoGP-WM künftig via Gaming<br />

ausgetragen. Für eine Liveübertragung wird ein Studio präpariert, im<br />

Hintergrund hängt die jeweilige Landesflagge und ein paar Aufnahmen<br />

der Strecke. Mit Cyber-MotoGP werden die Reise- und Personalkosten<br />

extrem reduziert, die Fahrer brauchen keine Ausrüstung mehr, die Umwelt<br />

wird geschont, die Strecken müssen nicht vorbereitet werden, ganz zu<br />

schweigen, was man spart, wenn man die Bikes nur noch virtuell erstellt.<br />

Die Fans zahlen die übliche Gebühr fürs Livestreaming und schon kann<br />

es los gehen. Wenig Aufwand und dennoch Profit, besonders der Dorna<br />

dürfte das gefallen. Ein Problem bleibt aber: IRTA, MSMA und Dorna<br />

müssten sich auf ein System einigen. PlayStation, Wii, X-Box, Nintento<br />

DS, PC...<br />

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Text: Falko Schoklitsch<br />

Das Duell<br />

der Rennopas<br />

der Rennopas<br />

Zwei alte Hasen aus zwei verschiedenen Ländern in einem Alter, das<br />

viele im Rennsport bereits als greisenhaft ansehen. Spanien und Italien<br />

zittern mit Carlos Checa und Max Biaggi.<br />

»Mein Name ist Guybrush Threepwood, ich bin<br />

ein mächtiger Pirat.« Dieser Satz aus der Computerspielreihe<br />

Monkey Island ist mittlerweile<br />

für mehrere Generationen an Spielern ein<br />

Zeugnis für höchsten Adventure-Genuss.<br />

»Mein Name ist Max Biaggi, ich bin ein mächtiger<br />

Korsar«, ist für Zweiradfreunde zwar nie<br />

zu hören gewesen, aber mittlerweile wissen<br />

ebenfalls mehrere Generationen an Fans durchaus<br />

zu schätzen, wenn der 41-Jährige auf die<br />

Superbike-Strecken dieser Welt geht.<br />

Wer im normalen Leben das Wort el Toro in<br />

den Mund nimmt, der ist meist gerade Richtung<br />

Spanien oder Mexiko unterwegs, um sich dort<br />

Wettkämpfe anzusehen, mit denen nicht jeder<br />

glücklich ist. Der Stier oder der Bulle ist aber<br />

auch Zweirad-Enthusiasten ein Begriff - und<br />

das nicht nur im bildlichen Sinn, wenn einem<br />

ein eher unerwünschter Bulle mit einem Strafzettel<br />

die Aufwartung macht. Carlos Checa<br />

könnte jedem Mann mit einem roten Tuch<br />

reichlich Angst machen, wenn er statt mit zwei<br />

Hörnern mit jeder Menge PS auf den Torero<br />

losginge. Lieber ist er aber auf der Jagd nach<br />

Korsaren.<br />

Die Welt der Piraten und die Welt der Tiere, in<br />

der Superbike-WM finden sie zusammen und<br />

formieren sich dort zu einem Duell der Rennopas,<br />

die in der seriennahen Klasse ihren x-ten<br />

Frühling erleben. War es ihnen bei den Prototypen<br />

nie vergönnt, in der Königsklasse die<br />

Weltmeisterschaft zu gewinnen, haben sie das<br />

mittlerweile bei den Superbikes nachgeholt und<br />

damit haben sie noch nicht genug. Biaggi vs.<br />

Checa, Italien vs. Spanien, 41 Jahre vs. 39 Jahre,<br />

Carlos Checa und Max Biaggi sind im Sportsinne nicht<br />

mehr blutjung, doch auf den Strecken der Superbike-WM<br />

mischen sie trotzdem die Konkurrenz auf<br />

das ist doch ein Zweikampf, der sich auf so vielen<br />

Ebenen spielen lässt, dass es sich für das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> lohnt, einige davon<br />

genauer unter die Lupe zu nehmen.<br />

Biaggi vs. Checa - die Karrieren<br />

Bevor Biaggi der Korsar wurde, musste er erst<br />

einmal lange warten. Denn zunächst wollte er<br />

lieber Fußball spielen. Erst mit etwa 18 Jahren<br />

kam er erstmals mit einem Motorrad an eine<br />

Rennstrecke, nach Vallelunga nahe seiner Heimat<br />

Rom. »Ich sah diese fantastische, riesige<br />

Strecke. Für mich sah sie enorm aus. Bis dahin<br />

begeisterte sich niemand in der Familie für<br />

Motorräder. Mein Vater und ich wussten nichts<br />

über Motorräder, Reifen oder Fahrwerke«, sagt<br />

Biaggi rückblickend. So richtig um ihn geschehen<br />

war es, als dann die Motoren angeworfen<br />

wurden. »Meine Brust vibrierte«, erinnert er<br />

sich.<br />

Noch im gleichen Jahr fuhr er im Oktober bei<br />

einem kleinen Rennen mit, bei dem aber einige<br />

große Namen vertreten waren. »Da waren die<br />

ganzen Größen aus der Weltmeisterschaft<br />

dabei, Capirossi, Romboni, Gresini, Vitaly, Gramigni.<br />

Und in meinem ersten Rennen mit ihnen<br />

wurde ich Dritter. Das war meine Visitenkarte.«<br />

Der Rest ist Geschichte, wie es in Phrasenschwein-Kreisen<br />

so gerne heißt. Vier WM-Titel<br />

in der 250cc-Klasse, 42 GP-Siege, dazu noch 14<br />

in der Superbike und ein WM-Titel dort. Einziger<br />

Makel bleibt, dass er in der 500er- oder<br />

MotoGP-Klasse keinen Titel gewinnen konnte,<br />

er galt als eines der ersten Opfer von Valentino<br />

Rossi.<br />

→<br />

Fotos: wsbk<br />

106 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Sie schenken sich nichts. Max Biaggi<br />

und Carlos Checa verteidigen jeden<br />

Zentimeter Strecke<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


Bei Checa ist die Sache<br />

generell etwas anders<br />

gelagert. »Ich weiß nicht,<br />

ob es Zufall oder ein<br />

Omen war, aber am Tag<br />

meiner Geburt hatte<br />

mein Vater einen Motorrad-Unfall,<br />

als er Richtung<br />

Krankenhaus fuhr,<br />

wo meine Mutter mich<br />

zur Welt brachte. Zehn<br />

Jahre später wartete mein<br />

Vater auf einer Mecatecno<br />

[ein Elektromotorrad<br />

für Kinder], die er<br />

gerade für mich gekauft<br />

hatte - ich musste lernen,<br />

wie ich Schlösser knacke,<br />

denn mein Vater wollte<br />

mich nicht fahren lassen,<br />

wenn er nicht dabei war<br />

und ich wollte immer<br />

fahren«, erzählt Checa.<br />

Mit 13 folgte eine 80cc<br />

Motocross-Maschine und<br />

ab da war er dem Rennvirus<br />

verfallen.<br />

El Toro ist der Titelverteidiger und er<br />

wird 2012 wieder einige Rivalen auf<br />

die Hörner nehmen<br />

1993 erfolgte der erste<br />

WM-Auftritt als Wildcard-Fahrer<br />

in der 125cc-<br />

Klasse und er wurde<br />

gleich Siebter, woraufhin<br />

er in der 250cc-Klasse im<br />

gleichen Jahr weitere<br />

Rennen fahren durfte. 1994 gelang ihm in der<br />

250er Gesamtrang zwölf und als sich im Jahr<br />

darauf Alberto Puig in der 500er verletzte,<br />

durfte Checa aufrücken und seine Honda<br />

NSR500 übernehmen. Im gleichen Jahr führte<br />

er sogar lange den Katalonien GP an, bevor er<br />

stürzte. 1996 sollte es dann an gleicher Stelle<br />

mit dem ersten Sieg in der Königsklasse klappen,<br />

bis zu seinem zweiten sollte es allerdings<br />

bis 1998 dauern. »98 holte ich mit Rang vier<br />

mein bestes Gesamtergebnis, trotz des Unfalls<br />

in Donington. Nach dem Sturz entfernten sie<br />

mir die Milz und ein Blutgerinnsel kostete<br />

mich fast das Leben. Ich muss zugeben, damals<br />

glaubte ich, es wäre zu Ende, aber ich kämpfte<br />

und schaffte es«, berichtet Checa. Ende des<br />

Jahres wechselte er zu Yamaha und holte einige<br />

Podestplätze, weitere Siege sollten aber ausbleiben.<br />

2005 wechselte er auf Ducati, 2006<br />

zurück auf Yamaha, 2007 dann noch einmal<br />

auf Honda, letztendlich musste er aber einsehen,<br />

dass seine Zeit in der MotoGP abgelaufen<br />

war. Der Wechsel in die Superbike folgte 2008<br />

und nach zwei Jahren mit Honda ging es zu<br />

Ducati, wo er 2011 schließlich den größten<br />

Erfolg seiner Karriere feiern sollte.<br />

Max Biaggi musste den<br />

WM-Titel in der Superbike<br />

2011 wieder abgeben,<br />

das soll nicht so bleiben<br />

108 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Der Kampf um Siege<br />

mag hart sein, für Spaß<br />

ist aber immer Zeit<br />

tet. Letztendlich ist es eine Fahrstil-Frage, wem<br />

welche Maschine eher liegt. Zwar wurde vor<br />

der Saison wieder darüber diskutiert, ob der<br />

Ducati nicht noch weitere Handicaps auferlegt<br />

werden sollen, da sie sonst zu stark sein könnte,<br />

im Endeffekt scheint die Konkurrenz aber nicht<br />

gänzlich unterlegen.<br />

Das Fazit<br />

Das Duell Checa vs. Biaggi oder Spanien vs.<br />

Italien wird in der Superbike-WM auch im Jahr<br />

2012 ein interessantes, weil vielseitiges. Hier<br />

fahren zwei alte Hasen aus zwei alten Motorrad-<br />

Hochburgen gegeneinander, die auf zwei völlig<br />

unterschiedlichen Wegen zum Sport kamen<br />

und auf zwei italienischen Maschinen mit<br />

unterschiedlichen Konzepten sitzen.<br />

Der Gewinner des Duells muss am Ende zwar<br />

nicht Weltmeister sein, da sprechen auch noch<br />

ein paar andere Fahrer ein gewichtes Wörtchen<br />

mit, doch eines steht wohl jetzt schon fest: das<br />

Duell um den Titel des schnellsten Rennopas<br />

2012 wird auf zwei Rädern wohl unter Checa<br />

und Biaggi entschieden.<br />

hält Italien bisher bei 75 WM-Titeln, Spanien<br />

lediglich bei 36. In der Superbike-Weltmeisterschaft<br />

steht es derweil 1:1 durch die Weltmeisterschaften<br />

von Biaggi und Checa.<br />

Checa vs. Biaggi - das Alter<br />

Man ist so alt, wie man sich fühlt. Beim Zweikampf<br />

39 (Checa) gegen 41 (Biaggi) Lenze nehmen<br />

sich die Fahrer eigentlich nicht viel, aber<br />

wie fühlen sie sich selbst? Biaggi jedenfalls noch<br />

relativ fit. »Wenn man 38 oder 39 ist und wieder<br />

einen Titel gewinnt, dann ist das sehr süß. Da<br />

fühlt man sich, als ob man etwas Großes getan<br />

hat. Im Moment, wenn man die Zielflagge sieht,<br />

denkt man aber auch schon an nächstes Jahr.«<br />

Checa nennt seine größte Schwäche hingegen,<br />

dass er alt wird. Auf der anderen Seite will er<br />

sich aber ebenfalls nicht alt fühlen. »Die Wahrheit<br />

ist, dass ich mich sehr glücklich und voller<br />

Kraft und Begeisterung fühle, noch viel mehr<br />

zu fahren. Ich hoffe, ihr genießt die Rennen so,<br />

wie ich genieße, sie zu fahren.«<br />

Fotos: wsbk<br />

Italien vs. Spanien -<br />

der Ländervergleich<br />

Italien und Spanien sind auf vielen Ebenen<br />

Rivalen. Das weltweit bekannteste Duell ist<br />

wohl jenes um die Krone in der Fußballwelt.<br />

Das Land auf der Apenninen-Halbinsel schaffte<br />

bislang insgesamt vier Weltmeister-Titel, Spanien<br />

erst einen. Dafür gilt die Nationalmannschaft<br />

auf der iberischen Halbinsel momentan<br />

als das beste Team der Welt.<br />

Auch beim Tourismus sind beide Länder darum<br />

bemüht, die Nase vorne zu haben. Spanien steht<br />

dabei aber etwas besser da, 2010 verzeichnete<br />

man 53 Millionen touristische Besucher, Italien<br />

hinkte knapp hinterher. In der Motorradwelt<br />

ist das Bild ein wenig anders. In der GP-Klasse<br />

Aprilia vs. Ducati<br />

Vom Konzept her sind die Aprilia und die<br />

Ducati recht unterschiedlich, dort ein V4-Motor<br />

mit 65 Grad Zylinderwinkel und 1000cc Hubraum,<br />

da ein Zweizylinder mit 90 Grad Winkel<br />

und 1200cc Hubraum. Beide bestechen durch<br />

gute Top-Speeds und gutes Handling, wobei die<br />

Ducati auf der Geraden etwas mehr Rumms<br />

auspackt als die Aprilia, sich die RSV4 dafür in<br />

Kurven ein wenig geschmeidiger handhaben<br />

lässt und durch eine etwas zahmere Gasannahme<br />

den Ausgang etwas angenehmer gestal-<br />

Die Aprilia mag es,<br />

durch die Kurven zu<br />

gleiten<br />

Ich weiSS nicht, ob es Zufall oder ein Omen war, aber am Tag meiner<br />

Geburt hatte mein Vater einen Motorrad-Unfall, als er Richtung<br />

Krankenhaus fuhr, wo meine Mutter mich zur Welt brachte.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 109


Laia Sanz<br />

dominiert den<br />

weiblichen<br />

Trial-Sport seit<br />

Jahren<br />

Toni Bou ist Indoor<br />

und Outdoor das<br />

Maß aller<br />

Trial-Dinge<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

Spanische Glanzlichter<br />

Namen wie Angel Nieto, Alex Crivillé, Ricardo Tormo, Sito Pons,<br />

Jorge Martinez, Dani Pedrosa, Carlos Checa oder Jorge Lorenzo<br />

gehen Zweiradfreunden runter wie Öl. Unter anderem sie repräsentieren<br />

die Begeisterung Spaniens für den Straßen-Motorrad-<br />

Laia Sanz<br />

Ladies First und diese Lady muss sich auch hinter niemandem verstecken.<br />

Mittlerweile hat die Spanierin elf Trial-Weltmeisterschaften eingefahren<br />

und hat sich auch schon an die Rallye-Dakar gewagt. Dort war sie 2011 die<br />

beste Frau und 39. der Gesamtwertung, dieses Ergebnis wiederholte sie<br />

2012. Bereits früh war sie mit dem Zweirad-Virus infiziert und trainierte<br />

schon als Vierjährige heimlich mit der Trial-Maschine ihres Bruders. Seitdem<br />

hat sich viel getan, doch sie hat sich einen Namen gemacht. Und sie<br />

ist auch durchaus hart. So musste sie dieses Jahr bei der Dakar bei sechs<br />

Etappen auf ihren Assistenz-Fahrer Marc Guasch verzichten, weil er sich<br />

bei einem Sturz vier Rippen gebrochen hatte. »Das war der schwerste Schlag<br />

bei der Rallye. Ich war sehr traurig deswegen. Ich war an dem Tag sehr<br />

betroffen, aber die Dakar lässt keine Zeit für Bedauern, also konzentrierte<br />

ich mich darauf, was ich zu tun hatte«, meint sie.<br />

Toni Bou<br />

Für Trial-Freunde ist der Name Toni Bou fest mit dem Wort Perfektion<br />

verbunden. Mittlerweile hat der Spanier sechs Indoor Trial Weltmeisterschaften<br />

gewonnen, beendete die letzten 16 Wettkämpfe als Sieger und<br />

hat seit dem Jahr 2007 von 36 Bewerben 29 bei den Indoor Trials gewonnen,<br />

sechs Mal war er Zweiter. Zusätzlich hat er sich noch fünf Mal zum<br />

Outdoor Trial Weltmeister gemacht und gilt in der Saison 2012 ein weiteres<br />

Mal als klarer Favorit. »Im Moment sehe ich keine Limits. Ich bin<br />

25 Jahre alt, ich bin jung und ich habe viel Motivation, so weiterzumachen.<br />

Wenn es kein physisches Problem gibt, will ich diese Pace halten«, sagt<br />

Bou über sich selbst. Dougie Lampkin, der insgesamt zwölf Mal Weltmeister<br />

war, dürfte er so bald eingeholt haben, schon mit dem Outdoor-Titel<br />

dieses Jahr hätte er es geschafft.<br />

110 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Marc Coma kennt die<br />

Wüsten dieser Welt<br />

nur in High Speed<br />

Kopfüber, quer,<br />

hängend, Jose Miralles<br />

schafft alles<br />

Spanien hat viele erfolgreiche und spektakuläre Zweiradpiloten hervorgebracht, die<br />

nicht nur auf der Straße für Furore sorgen. Ein kleiner Blick auf andere Größen der<br />

iberischen Halbinsel.<br />

sport. Doch auch in anderen, weniger bekannten Motorrad-Disziplinen<br />

hat das beliebte Urlaubsziel einige Größen zu bieten. Grund<br />

genug für das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>, auch sie ein wenig unter die<br />

Lupe zu nehmen.<br />

Fotos: repsol, ktm, NOTJ<br />

Marc Coma<br />

Seit mehreren Jahren kennt die Rallye Dakar nur zwei Favoriten. Den Franzosen<br />

Cyril Despres und den Spanier Marc Coma. Coma hat den Zweirad-<br />

Bewerb der wohl bekanntesten Langstrecken-Rallye der Welt mittlerweile<br />

drei Mal für sich entschieden - 2006, 2009 und 2011. In den Jahren 2005<br />

und 2012 war er jeweils Zweiter. Doch Coma ist nicht nur ein Spezialist für<br />

die Dakar, er ist generell ein Rallye Raid Experte. Vier Mal war er bereits<br />

Weltmeister und er dürfte wohl noch weitere Titel einfahren. »Man muss<br />

sich darauf konzentrieren, ohne Probleme bis zum Ende zu kommen«, sagt<br />

Coma zur Herausforderung einer Langstrecken-Rallye. Dass das nicht<br />

immer funktioniert, weiß er selbst zur Genüge. So musste er sich beispielsweise<br />

dieses Jahr bei der Dakar mit Platz zwei begnügen, weil sein Getriebe<br />

in der vorletzten Etappe streikte, als er Despres die Führung abjagen wollte.<br />

Jose Miralles<br />

Ein Spitzname wie El Loco ist nicht unbedingt schmeichelhaft, denn wer<br />

wird schon gerne als der Wahnsinnige bezeichnet. Wenn man allerdings<br />

Freestyle Motocross fährt, dann spricht so ein Spitzname eher für das Prädikat<br />

wertvoll. So große Erfolge wie seine hier genannten Landsleute kann<br />

Jose Miralles zwar noch nicht vorweisen, doch er gilt als Publikumsliebling<br />

und eben als angenehm verrückt. Um seinem Namen gerecht zu werden,<br />

hat er auch immer wieder Neues auf dem Plan. »Ich will ein paar mehr<br />

Tricks lernen, um genau zu sein, zwei weitere Flip-Kombinationen: den<br />

Cordoba und den Tsunami Flip«, sagt er dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Doch<br />

damit ist es noch nicht getan. »Es wäre schon ziemlich cool, wenn ich 360s<br />

könnte. Das reicht mir schon, aber das ist schließlich nicht leicht...« Sollte<br />

er es dann auch schaffen, wird es vielleicht etwas mit dem ersten FMX<br />

WM-Titel, einmal Zweiter und zwei Mal Dritter war er schon.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


Heikki Kovalainen<br />

löschte seinen<br />

brennenden Lotus<br />

selbst<br />

feuer und<br />

flamme<br />

Wie soll<br />

ich das nur<br />

erklären?<br />

schöne aussicht<br />

von<br />

hier oben<br />

Lotus in Flammen: Geschichte<br />

scheint sich tatsächlich zu<br />

wiederholen. 2010 fackelte Heikki<br />

Kovalainens Lotus (heute<br />

Caterham) in Singapur ab, in<br />

dieser Saison brannte die Lotus<br />

(Ex-Renault) Hospitality in Malaysia<br />

nieder. Kimi und Romain Grosjean<br />

waren wohl nicht so schnell mit<br />

dem Feuerlöscher wie Heikki.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

Zwei Jahre lang<br />

machte Kimi<br />

Räikkönen die<br />

Rallye-Pisten dieser<br />

Erde unsicher -<br />

manchmal sogar im<br />

wahrsten Sinne des<br />

Wortes, wie hier bei<br />

der Rallye Bulgarien<br />

Eddie Irvine blickte recht ungläubig auf das Wrack seines Ferrari<br />

F399 nach einem Qualifying-Abflug in Japan 1999. Diesmal war<br />

kein Mechaniker schuld, dass nicht alle Reifen dran waren...<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Jari-Matti Latvalas<br />

Beifahrer Miikka Anttila<br />

versucht den abgerutschten<br />

Ford Fiesta RS<br />

WRC zu stabilisieren<br />

In Führung liegend<br />

hätte Jari-Matti<br />

Latvala in Portugal<br />

wichtigen Boden auf<br />

Sebastien Loeb<br />

gutmachen können.<br />

Stattdessen übersah<br />

er einen einsamen<br />

Felsen auf der<br />

schlammnassen<br />

Straße. Nur 10 cm<br />

Durchmesser und<br />

doch groß genug,<br />

um den Fiesta<br />

umzudrehen und für<br />

eine Bruchlandung<br />

im Graben zu<br />

sorgen.<br />

Wo ist denn nur<br />

das Rad hin?<br />

Der Weg zum ersten Grand-Prix-Sieg war für Nico Rosberg nicht einfach<br />

- ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Monaco flog er 2011 im Freien<br />

Training ab. Seine Mechaniker reparierten das Auto in Rekordzeit.<br />

Auch bei der Rallye Mexiko bewies Kimi Räikkönen<br />

eine gewisse Aversion gegen vier Räder. Der Versuch<br />

nur mit dreien auszukommen, erwies sich jedoch als<br />

wenig erfolgreich...<br />

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