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FOTO: ADRIVO/SUTTON TITELFOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ, RED BULL RACING
❱
EDITORIAL | AUSGABE 35 | 2014
IN DIESER
AUSGABE
Stephan Heublein, Chefredakteur
WIE STAUBSAUGER
DIE WELT VERÄNDERN
VERGESST DIE NASEN! - Die neuen Autos sehen hässlich aus?
Na und!? Die Saison 2014 verspricht so viel Spannung wie schon
lange nicht mehr. Selbst die Vormachtstellung von Red Bull scheint
zu wackeln! Den letzten großen Regelumbruch gab es zu Beginn
der Saison 2009 - gleichzeitig zum Erscheinen unserer Erstausgabe.
Damals begann das Zeitalter von Red Bull, fünf Jahre und
vier Vettel-Titel später läutet unsere Jubiläumsausgabe den Beginn
einer neuen Ära ein. Wer hat diesmal die (gewöhnungsbedürftige)
Nase vorne?
DUELL DER GIGANTEN - Während im neuen Formel-1-Zeitalter
Nasenbären auf Staubsauger treffen, geht in der MotoGP das Duell
der Giganten in die nächste Runde. Setzt Rekordkiller Marc
Marquez seine Jagd fort? Oder können ihm Jorge Lorenzo und
Yamaha Einhalt gebieten? Wir analysieren die Stärken und
Schwächen der beiden Topteams und verraten, wer die besseren
Karten im empischen Kampf um die MotoGP-Krone hat.
REGELCHAOS - Das neue Technische Reglement der Formel 1
strotzt nur so vor pink markierten Neuerungen und komplexen
Anhängen mit undurchsichtigen Tabellen. Tagelang wühlten sich
unsere Technikexperten durch hunderte Ausdrucke, um den
versteckten Finessen auf die Schliche zu kommen. Aber auch im
MotoGP-Reglement verstecken sich interessante Neuerungen. Was
es mit dem neuen Duell Open vs. Factory auf sich hat und wo das
alles nur hinführen soll, verraten wir ab Seite 74.
FORMEL 1
SAISON 2014: Formel 1 Revolution 24
SAISON 2014: Topthemen im Visier 34
SAISON 2014: Wer kam, wer ging? 46
NEULINGE: Nobody vs. Champion 48
INTERVIEW: Lotus-CEO Patrick Louis 54
HISTORY: John Surtees 60
MOTORRAD
HONDA VS. YAMAHA: Duell der Giganten 66
SAISON 2014: Die neuen Regeln 74
ROOKIES: Frischer Wind 78
INTERVIEW: Alvaro Bautista 82
SUZUKI: Steiniger Weg zurück 86
TOP-5: Traditionsstrecken 90
GINO REA: Bei Laune bleiben 94
KIEFER RACING: Es kann nur besser werden 96
WSBK: Suzuki - Ein Neuanfang 100
SUPERCROSS: Waschbrett & Triple 102
MOTORSPORT
INTERVIEW: Dakar-Sieger Nani Roma 106
LEGENDÄRE BOLIDEN: Mitsubishi Pajero 110
SERVICE
INSIDE 06
KOLUMNEN 14
ZIELGERADE 112
IMPRESSUM 114
www.Motorsport-Magazin.com 3
36
Weiter geht‘s:
Wie werden wohl die
nächsten 35
Ausgaben der
kommenden fünf
Jahre aussehen?
4 www.Motorsport-Magazin.com
JAHRE
Fünf Jahre
Motorsport-Magazin:
Unser Team gibt auf
und neben der
Strecke Vollgas
HAPPY BIRTHDAY,
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
23. FEBRUAR 2009 - DIE GEBURTSSTUNDE DER PRINTVERSION DES MOTORSPORT-MAGAZINS. NACH
MEHR ALS 10 JAHREN ONLINE-ERFAHRUNG STAMPFEN WIR IN WENIGEN WOCHEN DIE ERSTAUSGABE
JENES HEFTS AUS DEN QUALMENDEN TASTATUREN, DESSEN 35. AUSGABE SIE IN HÄNDEN HALTEN.
Seit fünf Jahren ist das Motorsport-Magazin auf der
Ideallinie unterwegs. Von Anfang an standen wir für...
...EMOTIONEN
»Shoya Tomizawa war nicht nur ein besonderer
Fahrer, er war auch ein besonderer Mensch. Ihn
schien eine Aura der guten Laune zu umgeben.
Sayonara Shoya-san«, schrieb unser Motorradredakteur
Falko damals. Der Schock in unserer
Motorrad-Redaktion saß tief, als mitten im
MotoGP-Rennen in Misano die böse Ahnung traurige
Gewissheit wurde. Unsere Zweirad-Mannschaft
wird sich für immer an den 5. September
2010 erinnern, dem Tag, an dem das Lachen
starb.
...HUMOR
»Es war einmal ein kleiner Junge, der auf dem Schulweg
Süßigkeiten beim Bäcker erstand und diese auf
dem Schulweg weiterverkaufte, mit einem satten
Gewinnaufschlag versteht sich.« Dieser Satz war
eigentlich als nette Einleitung für die Glückwünsche
zum 80. Geburtstag von Bernie Ecclestone gedacht.
Vier Jahre später könnte dieser harmlose Einleitungssatz
auch als Schlussplädoyer der Anklage im Prozess
gegen Bernie E. herhalten.
...SCHONUNGSLOSE EHRLICHKEIT
Nick Heidfeld warnte uns hingegen vor der
herannahenden Paydriver-Welle: »Es ist nicht
so, dass gesagt wird, du bist der bessere Fahrer
- was in meinem Fall ohne jetzt arrogant wirken
zu wollen, viele unterschreiben würden - also
kriegst du das Cockpit. Da spielen so viele,
andere Dinge eine Rolle wie Geld und Politik.«
Auch unsere Redakteure nahmen in ihren
Kolumnen kein Blatt vor den Mund. Unser Chefredakteur
Stephan outete sich beispielsweise
als Nicht-Kubica-Fan: »Ich gebe zu, dass ich nie
ein besonderer Kubica-Fan war. Stattdessen
empfand ich die Lobeshymnen und Ferrari-
Gerüchte in der Vergangenheit als übertrieben
und stufte ihn als überschätzt ein.« Nach Kubicas
triumphaler Rückkehr ans Steuer können
wir sagen: »Mach weiter so, Robert!«
...WEITBLICK
Am 5. Juni 2010 wurde die MotoGP-Welt in ihren
Grundfesten erschüttert. Der für viele ebenso
unverletzliche wie unbesiegbare Valentino Rossi
stürzte. Die Knochen brachen und ganz Italien
verfiel in Sorge, doch schon damals prophezeite
das Motorsport-Magazin, dass sich die MotoGP-
Welt weiterdrehen würde und das Spannendste
noch vor ihr liege. Und tatsächlich: Casey Stoner
stürmte 2007 zum WM-Titel und 2013 folgte die
absolute Sensation mit Rookie Marc Marquez als
Weltmeister.
...AUSBLICK:
Diese Schlagzeilen könnten wir in den nächsten fünf
Jahren lesen:
ACHTUNG, DREHTÜREN: Bernie wieder auf freiem Fuß!
SCHUMIS REKORD GEBROCHEN: WM-
Titel zählen doppelt!
NACH PANNENSAISON:
Rückkehr zu V12-Motoren mit viel Power und
wenig Unit
ALONSOS LETZTE WORTE: Kimi...
WIEDERHOLTER MÖWENMORD IN AUSTRALIEN:
Lorenzo abgeschoben
RÖNTGENSAMMLUNG KOMPLETT:
Pedrosa bricht sich letzten Knochen
www.Motorsport-Magazin.com 5
FORMEL 1
INSIDE
TEXT: ROBERT SEIWERT & MANUEL SPERL
CHRISTIAN DANNER
SPRICHT KLARTEXT
Christian
Danner nimmt bei
Motorsport-Magazin.com
kein Blatt
vor den Mund
Die FIA hat
für 2014 einige
neue Regeln
verabschiedet
(ab S. 24)
KLARTEXT ZU
DOPPELTEN
PUNKTEN:
Meiner Ansicht nach ist diese Regeländerung
hirnverbrannt. Wenn die
Formel 1 keine anderen Probleme
hätte, dann hätte ich gesagt: Okay.
Aber es gibt aktuell dringendere Probleme,
etwa die Budgetgrenze. Ich
habe für solche Spielereien nichts
übrig. Für mich ist Abu Dhabi ein
Grand Prix von 19 und ihn doppelt
zu bewerten, ist eine überflüssige
Maßnahme, um einen tollen Wettbewerb
künstlich zu beeinflussen.
KLARTEXT ZUR BUDGETGRENZE:
Für die Teams ist es nicht mehr möglich, kostendeckend zu arbeiten,
ohne dabei ein Hinterbänkler-Team zu werden. Alles, was über 50-60
Millionen geht, ist nicht mehr kostendeckend. Deswegen halte ich die
Formel 1 schon für krank. Es gab immer reiche und arme Teams, aber
letztlich war es einem Mittelfeldteam stets möglich, den Anschluss zur
Spitze zu halten.
McLaren
muss mit dem
MP4-29 an alte
Erfolge
anknüpfen
Christian Danner ist exklusiver F1-Experte von Motorsport-Magazin.com.
Der TV-Kommentator bestritt 35 Formel 1 Grands Prix für Osella,
Arrows, Zakspeed und Rial. Bei Motorsport-Magazin.com spricht er zu den
Top-Themen der F1-Welt Klartext.
Mehr unter: www.motorsport-magazin.com/goto/klartext
6 www.Motorsport-Magazin.com
Marussia
kam mit
Verspätung zu den
ersten Tests in
Jerez
KLARTEXT ZU DENNIS:
Bei McLaren ist nun wieder richtig Dampf im Kessel. Die Ingenieurs-
Abteilung wurde personell aufgerüstet, McLaren lässt nichts unversucht,
um wieder den Anschluss an die Spitze zu schaffen - eben typisch Ron
Dennis. Dennis ist komplett auf Sieg programmiert - alles andere ist
für ihn reine Zeitverschwendung.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN, CATERHAM
Frentzen fuhr noch in
der Zeit der zwei
Meter breiten Autos
DANN WÄREN DIE AUTOS RICHTIG HÄSSLICH!
Heinz-Harald Frentzen hat in seiner Formel-1-Karriere (1994-2003) viel erlebt. Das neue Reglement wäre genau nach seinem
Geschmack, wenn da nicht diese Nasen wären... Das Motorsport-Magazin unterhielt sich mit dem dreifachen GP-Sieger.
MSM: Verfolgst du die Formel 1 aktuell noch?
HEINZ-HARALD FRENTZEN: Ja, ich beobachte die Formel
1 noch, gerade jetzt mit den neuen Motoren und Regeln.
Die Teams stehen vor einer großen Herausforderung und
haben bis zum Saisonstart in Australien ein straffes Programm
vor sich, um die Autos richtig ans Laufen zu
bekommen.
In welcher Zeit wärst du lieber in der Formel 1 gefahren:
Zu Zeiten deiner aktiven Karriere oder jetzt mit dem
neuen Reglement, dem Spritsparen und so weiter?
Die heutige Formel 1 wäre genau mein Ding. Mit meinem
Hybridprojekt habe ich damals quasi den Grundstein
gelegt und gezeigt, dass es möglich ist, ein Rennauto
mit KERS-Batterien zu bauen. Es ging darum, neue
Antriebs-Techniken im Motorsport einzuführen, um Sprit
zu sparen und damit den Trend der Straßenautos
aufzunehmen.
Dann bist du also ein großer Fan der neuen Formel 1?
Ja, auf jeden Fall. In den vergangenen Jahren war die
Formel 1 schon fast zu einfach. Die Motoren hatten
immer weniger Drehmoment und die Autos ließen sich
wegen des hohen Abtriebs super fahren. Zu meiner Zeit
war das noch etwas anders, aber im Laufe der Jahre
wurden die Autos immer weiter verfeinert. Ich bin sicher,
dass die Formel 1 mit den neuen Turbo-Motoren vom
fahrerischen Aspekt her wieder anspruchsvoller wird. Es
wird noch eine Weile benötigen, bis sich die Piloten an
das veränderte Fahrverhalten gewöhnt haben.
Die neuen, oft als hässlich bezeichneten Nasen sind
derzeit ein großes Thema. Wie wichtig war dir als Fahrer
früher die Optik deiner F1-Autos?
Es mussten schon immer Abstriche beim Design und der
Optik gemacht werden, weil sich das Aussehen nach dem
Reglement richtet. Die Ingenieure wollen natürlich ein
schnelles Auto bauen - die Optik ist da nicht so wichtig.
Wenn die Aerodynamiker komplett freie Hand hätten...
dann wären die Autos richtig hässlich!
❱
Steigt Frentzen wieder ins Cockpit?
Alles zu den Comeback-Plänen unter:
www.motorsport-magazin.com/goto/HHF
WELCHES IST DAS HÄSSLICHSTE 2014ER F1-AUTO?
UMFRAGE
FRAGE AN HAMILTON: „LEWIS, DU SCHEINST
ÜBER DEN WINTER ABGENOMMEN ZU HABEN?“
MOMENT,
SEHE ICH ETWA
FETT AUS?
Caterham CT05 53%
Ferrari F14T 19%
Red Bull RB10 8%
Force India VJM07 5%
Lotus E22 4%
www.Motorsport-Magazin.com 7
MOTORRAD
INSIDE
TEXT: MARKUS ZÖRWEG, MICHAEL HÖLLER & MARIA POHLMANN
FOTOS: MILAGRO, YAMAHA, MARQUEZ
VALENTINO
ROSSIS
REKORDJAGD
Es ist vielleicht seine letzte Saison,
doch Valentino Rossi könnte 2014
noch einige Rekorde knacken.
Bleibt er unverletzt, stellt er in Brünn
den Rekord von Alex Barros für
Starts in der Königsklasse ein.
Gewinnt er erneut ein Rennen, hielte
Rossi den Rekord für die längste
Zeitspanne zwischen erstem (Brünn
1996) und letztem Sieg in der WM.
Auch Loris Capirossis Rekord für die
meisten dritten Plätze ist in Reichweite,
um auch Giacomo Agostinis
Bestmarken für Siege (122) und
WM-Titel in der Königsklasse (8) zu
knacken, muss sich Rossi 2014
deutlich steigern.
245 Starts Königsklasse (Barros) //
Rossi 234
36 dritte Plätze (Capirossi) //
Rossi 31
Wer hätte nicht
gern solchen
Beistand?
17 Jahre, 49 Tage (Capirossi) //
Rossi 16 Jahre, 306 Tage
122 Siege (Agostini) //
Rossi 106
8 Titel Königsklasse (Agostini) //
Rossi 7
8 www.Motorsport-Magazin.com
MOTOGP-LAZARETT
Winterzeit ist Operationszeit für die Piloten der Motorrad-WM. Sämtliche Eingriffe, die während
der Saison nicht möglich sind, werden in der rennfreien Zeit nachgeholt. Da wird so manches
Stück Metall entfernt, das ein oder andere Organ begradigt und andere vollkommen entfernt.
Marc Marquez ließ sich seine Nasenscheidewand korrigieren, um besser Luft zu bekommen.
Jorge Lorenzo durfte sich von elf Schrauben und einer Titanplatte an seinem Schlüsselbein
verabschieden. Und Hector Barbera sagte seinen Mandeln auf Nimmerwiedersehen.
Marc Marquez ist ein begnadeter
Zweiradartist - aber nicht nur auf asphaltierten
Strecken, wie er beim Superprestigio
Dirt Track in Barcelona unter Beweis
stellte. Der amtierende MotoGP-Champion
musste sich nur dem Profi und
Weltmeisterkollegen Brad Baker geschlagen
geben. Dieser kämpfte mit harten
Bandagen, sodass Marquez nach einer
Berührung sogar unsanft von seinem
Bike abstieg. Normalerweise ist es ja
eher der MotoGP-Champion, der für
solche Manöver bekannt ist
MARQUEZ BEIM
SUPERPRESTIGIO
Die neuen Bikes
von Lorenzo &
Rossi
LORENZO & ROSSI IN FERNOST
Yamaha stellte die neue M1 2014 zum ersten Mal im indonesischen
Jakarta vor und ist damit Vorreiter in Asien. Spanien, Italien, Frankreich:
Alle anderen Teams präsentieren sich Jahr für Jahr in Europa.
Mit fast 250 Millionen Einwohnern ist Indonesien im Vergleich zu
einem der europäischen Länder natürlich - zumindest theoretisch -
voll von Abnehmern. Der Markt im fernen Osten floriert und das hat
die Dorna nicht als einziges Unternehmen in der Zweiradwelt erkannt.
Kawasaki, Ducati, Honda, Aprilia, Suzuki und
BMW - in Sachen Herstellervielfalt kann sich
die MotoGP schon lange eine Scheibe von
der Superbike-WM abschneiden. Dank
neuem EVO-Reglement steigt die Anzahl der
Hersteller 2014 sogar noch an. Mit MV Augusta
kommt ein Traditionswerk zurück, auch
NEUN HERSTELLER DANK EVO
Bimota will mit von der Partie sein. Dazu
kommen die Amerikaner mit Geoff May und
Aaron Yates auf der EBR 1190RX. Die
Maschine von Erik Buell Racing wurde
bereits in der AMA Superbike Serie erfolgreich
eingesetzt und steht nun vor der
Weltmeisterschaftspremiere.
In der WSBK
wird es bald
richtig voll
Die MotoGP-Saison 2014 startet schon fast traditionell auf dem Losail-International-Circuit in Katar. Die Strecke in der
Nähe der Hauptstadt Doha hebt sich durch eine Eigenschaft von den restlichen 18 Kursen des Weltmeisterschaftskalenders
ab - nur hier wird in der Nacht gefahren. Die Baukosten zur Ausleuchtung des 5380 Meter langen Rings beliefen
sich auf 15 Millionen Dollar. Kein Wunder, waren doch 1200 Masten mit je 60 Scheinwerfern nötig um den MotoGP-Stars
ein Licht aufgehen zu lassen.
#KEEPFIGHTINGMICHAEL
INSIDE
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & MIKE WIEDEL
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI, MERCEDES
CHRONOLOGIE DES DRAMAS
Michael Schumacher stürzte beim Skifahren in Meribel mit dem Kopf voran auf einen Felsen. Per Rettungshubschrauber
wurde er ins Krankenhaus nach Albertville-Moutiers geflogen. Während des Flugs kam es zu Komplikationen. Der Hubschrauber
musste notlanden, Schumacher wurde intubiert. Der Deutsche wurde daraufhin in eine Spezialklinik nach Grenoble
überstellt, wo ein Schädel-Hirn-Trauma festgestellt und eine Not-Operation eingeleitet wurde.
Sonntag, 29. Dezember: Tag des
Unfalls, Schumacher schwebt in
Lebensgefahr
Montag, 30. Dezember: Zweite
Operation, Hämatom aus linker
Gehirnhälfte entfernt
Freitag, 3. Januar: Schumachers 45.
Geburtstag, hunderte Fans reisen
nach Grenoble & hissen
Ferrari-Fahnen
Montag, 6. Januar: Schumacher
außer Lebensgefahr
Dienstag, 7. Januar: Corinnas Appell
an die Medien - Lasst uns in Ruhe
Mittwoch, 8. Januar: Staatsanwaltschaft
bestätigt: keine überhöhte
Geschwindigkeit, Skipiste korrekt
gekennzeichnet
Dienstag, 21. Januar: Familie bedankt
sich für die Unterstützung
Donnerstag, 30. Januar: Aufwachprozess
eingeleitet
MEDIZIN-CHECK
Bei Michael Schumacher wurde ein schweres Hirn-Schädel-Trauma diagnostiziert.
Durch das Öffnen der Schädeldecke war es möglich, die
Blutung zum Stillstand zu bringen sowie das bereits ausgetretene Blut
zu entfernen. Hätten die Ärzte das nicht getan, wäre im Gehirn ein immenser
Druck entstanden, der sich dann auf das Rückenmark und die Halswirbelsäule
ausgedehnt hätte. In Folge dessen wären sämtliche zentralen
Nervenstrukturen abgeklemmt geworden, was den Tod des Patienten zur
Folge gehabt hätte.
Mittels eines künstlichen Komas wird das Hirn ‚heruntergefahren‘.
In diesem Zustand braucht das Gehirn weniger Energie, weniger
Sauerstoff, und kann sich damit besser erholen bzw. wird damit nicht
weiter geschädigt. Im künstlichen Koma können die Ärzte allerdings nicht
erkennen, wie gut das Gehirn funktioniert. Mittels CT (Computertomographie)
können die Ärzte zwar mögliche Schäden sehen, aber deren Auswirkungen
nicht einschätzen.
Wenn die Narkosemittel abgesetzt werden, wacht der Patient
nicht sofort aus dem künstlichen Koma auf. Es handelt sich hierbei um
einen langwierigen Prozess, der sich mindestens über mehrere Tage
hinzieht. Wenn sich die Verletzungen als extrem schwerwiegend erweisen,
kann sich der Prozess des Aufwachens noch länger hinziehen.
10 www.Motorsport-Magazin.com
Ferrari und Mercedes wünschten
Michael Schumacher beim
Testbeginn in Jerez alles Gute
GENESUNGSWÜNSCHE
Fans vor
Schumachers
Klinik in
Grenoble
Gute Besserung, Michael! Hoffe sehr bald positive
Nachrichten zu hören!
@alo_oficial
Mein Bruder, ich bete für dich! Ich hoffe, du erholst
dich schnell! Gott beschütze dich, Michael.
@Felipe1Massa
Come on Michael. Zeig uns einen deiner legendären
Race Stints, in denen du eine Qualifyingrunde nach der
anderen abspulst und dir den Sieg sicherst. Du schaffst
es!
@MBrundleF1
Ich wünsche dir viel Kraft, Kaiser!! Du schaffst es!! /
Gib nicht auf, Schumi!!
@marcmarquez93
Meine Gedanken sind bei Michael Schumacher. Ich
bin dankbar für alles, was er für die Clinton-Foundation
getan hat. Meine Gebete sind bei ihm und
seiner Familie.
@billclinton
www.Motorsport-Magazin.com 11
Günther konnte
bereits in seiner
ersten Saison
überzeugen
TALENT - MAXIMILIAN GÜNTHER
VOM HOBBY ZUM BERUF
TEXT: ROBERT SEIWERT
MAXIMILIAN GÜNTHER GEHÖRT ZU DEN DURCHSTARTERN IN DER DEUTSCHEN NACHWUCHSSZENE. MIT
DEM MOTORSPORT-MAGAZIN UNTERHÄLT SICH DER 16-JÄHRIGE ÜBER SEINEN RASANTEN AUFSTIEG,
INKLUSIVE ALTERS-HÜRDE, EINEN GROSSEN TRAUM UND SEIN LEBEN FÜR DEN SPORT.
DIE ANFÄNGE:
Im Alter von sechs Jahren saß ich mit meinem Vater
vor dem Fernseher und schaute ein Formel-1-Rennen
an - da hat es mich gepackt! Die Autos, den
Speed und die Zweikämpfe auf der Strecke fand
ich toll. Meine Eltern kommen nicht aus dem
Motorsportbereich, der Impuls ging allein von mir
aus. Bei uns um die Ecke gab es einen Kartslalom-
Verein und dort drehte ich meine ersten Runden.
Das hat auf Anhieb viel Spaß gemacht und wenig
später startete ich bei den ersten Rennen.
DIE ERFOLGE:
In meiner noch jungen Karriere erinnere ich mich
gerne an drei besondere Erfolge. Im Jahr 2010
gewann ich das ADAC Kart Masters in der Klasse
KF3 und ebnete damit den Weg in den Formelsport.
2011 stieg ich in den Formel BMW Talent Cup auf
und sicherte mir im Debütjahr der Serie die Vize-
Meisterschaft. Im Jahr darauf konnte ich leider gar
nicht fahren, weil ich noch zu jung war. 2013 ging
es im ADAC Formel Masters weiter und ich gewann
in meiner Rookie-Saison den Vize-Titel. An meinen
ersten Sieg auf dem Lausitzring werde ich mich
noch lange erinnern - da ist der Knoten geplatzt!
2014 starte ich in meine zweite Saison im ADAC
Formel Masters und ich fahre sicherlich nicht mit,
um noch einmal Zweiter zu werden...
DAS ZIEL:
Ich verfolge das gleiche Ziel wie viele andere Nachwuchsfahrer
auch: Mein Traum ist, eines Tages in
der Formel 1 zu fahren. Ich weiß, dass der Weg
dorthin sehr lang ist, aber ich habe den großen
Wunsch, mein Hobby zum Beruf zu machen. Damit
das klappt, muss ich mich gegen alle anderen
durchsetzen.
DIE AUSBILDUNG:
Ich besuche die 10. Klasse eines Gymnasiums und
strebe in zweieinhalb Jahren mein Abitur an. Ich
habe Glück, dass mich unser Schuldirektor bei
meinem Weg im Motorsport unterstützt. Er sagt:
Solange die Noten stimmen, bekomme ich für die
Rennen frei. Bislang hat das einwandfrei funktioniert.
Mein Lieblingsfach ist natürlich Sport.
DIE HOBBYS:
Mein Leben dreht sich eigentlich nur um Sport, das
macht mir einen Riesenspaß. Im Winter trifft man
mich - wie es sich für einen Allgäuer gehört - häufig
beim Skilanglauf an. Das gibt mir
zwar nicht den gleichen Kick wie
das Rennfahren, aber eine
schöne Piste kann ich richtig
genießen. Im Sommer fahre
ich gern Rennrad. Dieser Sport
ist zwar nicht ganz ungefährlich,
aber ich rase sicherlich
nicht mit 80 Sachen die
Abhänge herunter,
sondern bleibe
vernünftig. Vollgas
gebe ich
lieber auf der
Rennstrecke!
Maximilian
Günther startet
im ADAC Formel
Masters durch
12 www.Motorsport-Magazin.com
AUF VETTELS
SPUREN
Die neuen Talente
der ADAC Stiftung
Sport 2014
Seit 1999 setzt sich der ADAC für die Nachwuchsförderung
im Motorsport ein. 2014 erhalten elf neue
Talente Unterstützung des Automobil Clubs. Damit
gehen dieses Jahr insgesamt 27 Nachwuchssportler
unter dem Banner der ADAC Stiftung Sport auf
vier und zwei Rädern an den Start. Neuzugang Nico
Menzel, Sohn von Rennfahrer Christian Menzel,
freut sich über die Aufnahme: »Das ist wichtig für
die persönliche Entwicklung und man sieht ja, was
aus früheren Förderpiloten, wie Sebastian Vettel
und Timo Glock, geworden ist.«
RALLYE-ACTION
IM DOPPELPACK
Die DRM startet im
Rahmen des ADAC
Rallye Masters
Rallye-Fans bekommen dieses Jahr beim ADAC Rallye Masters die
doppelte Ladung Offroad-Action: Im Rahmen der teilnehmerstärksten
Rallye-Serie Deutschlands startet künftig die Deutsche Rallye-Meisterschaft
DRM. Bei den insgesamt 14 Läufen gibt es im Veranstaltungspaket
2014 Titelentscheidungen in der DRM, in den sechs Divisionen
und beim Kampf um den Gesamtsieg des ADAC Rallye Masters.
SPEKTAKULÄRE
WASSERSPIELE
2014 startet der ADAC mit dem neu geschaffenen ADAC
Jetboot Cup durch. Die Rennen zählen zu den spektakulärsten
Sportarten auf dem Wasser und fordern den Fahrern
körperliche Höchstleistung ab. »Mit dem ADAC Jetboot
Cup erweitern wir das ADAC Motorboot
Masters-Wochenende um eine junge Sportart, die den
Zuschauern spektakuläre Action bietet«, so ADAC-Sportpräsident
Hermann Tomczyk. Die Wassersport-Akrobaten
messen sich dabei in vier unterschiedlichen Klassen.
Die ADAC MX Academy
legte 2013 einen
fulminanten Start hin
2014 neu: Der
ADAC Jetboot Cup
FOTOS: ADAC MOTORSPORT
www.Motorsport-Magazin.com 13
KOLUMNE | MOTORRAD
TRANSFERGEFLÜSTER -
2014 GEHT ES RICHTIG RUND
DIE SILLY SEASON STARTETE DIESMAL SCHON MONATE VOR DEM ERSTEN RENNEN.
TEXT: MICHAEL HÖLLER
FOTOS: MILAGRO, HONDA
D
ie erste Testfahrt war noch nicht einmal
ins Land gezogen, da begann schon das
erste Transfergeflüster. Mitte Januar
berichtete ein spanischer Radiosender, dass Jorge
Lorenzo von Yamaha zu Ducati wechseln würde.
Zwar wurde dieses Gerücht umgehend von allen
Seiten dementiert, aber es zeigte, wieviel Zündstoff
der Fahrermarkt der MotoGP in der kommenden
Saison birgt. Die Verträge fast aller relevanten Fahrer
laufen mit Ende des Jahres aus. Jener von Marc
Marquez ebenso wie der von Dani Pedrosa, Jorge
Lorenzo, Valentino Rossi, Stefan Bradl, Alvaro Bautista
oder auch Andrea Dovizioso. Den Fahrermarkt
2014 als volatil zu bezeichnen, wäre wohl die
Untertreibung des Jahres.
Das Lorenzo-Gerücht von Anfang des Jahres zeigt,
dass die komplette Trickkiste der Verhandlungstaktiken
ausgepackt wird. Ein Schelm, wer denkt,
dass hier vielleicht jemand aus Lorenzos Management-Umfeld
einem Journalisten den mutmaßlichen
Wechsel samt kolportiertem Supergehalt
(von 15 Millionen war die Rede) zugespielt hat, um
ein Druckmittel in den Gesprächen mit Yamaha zu
haben. Dass Lorenzo ernsthaft einen Wechsel auf
die bis zu eineinhalb Sekunden langsamere Ducati
in Erwägung zieht, ist unrealistisch. Für den ehrgeizigen
Mallorquiner zählen Titel mehr als der
schnöde Mammon - zumal er ja auch auf der titelfähigen
Yamaha keinen Hungerlohn kassiert. Das
Gerücht hat aber gezeigt: Auf dem Fahrermarkt
2014 werden alle Beteiligten die Ellbogen ausfahren.
Bei der Jagd nach dem attraktivsten Motorrad
bzw. dem Angeln nach den besten Piloten werden
die harten Bandagen eingesetzt. Neben Honda,
Yamaha und Ducati mischt nämlich auch noch
Suzuki mit. Meinen es die Japaner mit ihrem
MotoGP-Projekt ernst, werden sie alles daran setzen,
schon in der Debütsaison 2015 zumindest
einen klingenden Namen auf der Comeback-Suzuki
sitzen zu haben.
Zwei Schlüsselfaktoren sind auf dem Fahrermarkt
bereits auszumachen: Valentino Rossi und Dani
Pedrosa. Der Dottore hat bereits beim Saisonfinale
durchklingen lassen, bis zum Frühsommer eine
Entscheidung über die Fortführung seiner Karriere
zu treffen. Mehrere Indizien deuten auf einen
Abschied hin. Sportlich wird es trotz neuem Crewchief
kaum viel besser laufen als 2013, denn
Rossi wird nicht jünger und die »Generation Marquez«
hat die Latte für den Dottore endgültig zu
hoch gelegt. Dass er 2014 ein Moto3-Team an
den Start bringt, beweist, dass er allmählich seine
Tätigkeitsfelder für die Karriere danach auf
Schiene bringt. Bei Pedrosa ist die Situation ein
wenig anders gelagert. Trotz unzähliger Verletzungen
wird der 28-Jährige auch 2015 in der
Startaufstellung stehen. Ob das in den Farben von
Repsol Honda sein wird, ist aber äußerst unklar.
Hinter den Kulissen tobt bei den Japanern ein
erbitterter Machtkampf zwischen der von Emilio
Alzamora geführten Marquez-Fraktion und dem
Pedrosa-Block rund um Alberto Puig. Alter und
der gewonnene WM-Titel spielen klar der Gruppe
um Marquez in die Karten. Dass dieser die alte
Stoner-Crew durch seine bewährte Moto2-Mannschaft
austauschen durfte, ist ein HRC-Zugeständnis,
welches das Pendel weiter in seine
Richtung ausschlagen lässt. Im schlimmsten Fall
kommt es zum Bruch inklusive Abschied
Pedrosas.
Für alle aufstrebenden jungen Fahrer gilt 2014
jedenfalls: überzeugen - jetzt oder nie! Im besten
Fall geht es für Leute wie Stefan Bradl, die Espargaro-Brüder
oder Bradley Smith um einen freien
Platz bei Repsol Honda und/oder Yamaha. Langweilig
wird uns ob dieser spannenden Situation
abseits der Rennwochenenden 2014 jedenfalls
nicht.
14 www.Motorsport-Magazin.com
Loris Capirossi holte
den ersten Ducati-
Sieg in der MotoGP
TEXT: MICHAEL HÖLLER
BARCELONA 2003
DIE MOTOGP SIEHT ROT
Ducati ist für viele Motorradfahrer das, was Ferrari für manchen Autonarren ist:
Mythos, Legende, Religion. In der Motorrad-WM hatten die Roten aus Bologna bis
zur Jahrtausendwende allerdings nicht viel gewonnen. 2003 stieg Ducati mit
einem Werksteam in die MotoGP ein, um auch diese Bastion zu erobern. Der 15.
Juni sollte als großer Jubeltag in die Geschichte der Marke eingehen. Loris Capirossi
startete mit seiner Desmosedici von Platz zwei und setzte sich in der ersten
Kurve an die Spitze. Hondas Weltmeister Valentino Rossi eroberte wenige Kurven
vor Ende der ersten Runde die Führung zurück und verteidigte diese in der ersten
Rennhälfte. Als Rossi in der 16. Runde im zweiten Sektor einen Scheitelpunkt
verpasste, stach Capirossi innen durch. Nur eine Runde später patzte der Doktor
erneut: Beim Versuch die führende Ducati außen zu überholen, musste er aufmachen
und pflügte in Kurve vier mit seiner Honda in einem weiten Bogen durch die
DENK-
WÜRDIGE
RENNEN
Auslaufzone. Zurück auf der Strecke war er nur noch Sechster. Capirossi ließ an
der Spitze nichts mehr anbrennen und fuhr unter frenetischem Jubel seiner Crew
sowie des italienischen TV-Kommentators Ducatis ersten Sieg in der Königsklasse
ein. Dahinter ging es allerdings noch zur Sache. Rossi lieferte eine Aufholjagd,
schnappte sich Shinya Nakano, Carlos Checa, Sete Gibernau sowie Max Biaggi
und wurde Zweiter. Biaggi verlor hingegen wieder einmal die Nerven und legte
seine Honda in der vorletzten Runde auf Rang drei liegend in den Kies. Er konnte
zwar wieder aufsteigen, kam aber nur als 14. ins Ziel.
DATUM: 15. Juni 2003
STRECKE:
Barcelona
DISTANZ:
25 Runden = 118,175 km
STARTER: 22
WETTER:
Sonnig
POLE POSITION:
Valentino Rossi (1:43.927 Minuten)
SCHNELLSTE RENNRUNDE: Valentino Rossi (1:45.472 Minuten)
FOTOS: MILAGRO
Jubel, Trubel,
Heiterkeit bei
den Roten
Capirossi beschenkte
Ducati mit dem
ersten Erfolgserlebnis
www.Motorsport-Magazin.com 15
PRO & CONTRA
VERJAGT RÄIKKÖNEN ALONSO BEI FERRARI?
Alonso sucht sein Heil
in der Flucht zu
McLaren
Ferrari und Alonso
gehören zusammen:
Sie werden siegen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
+++ PRO +++
+++ CONTRA +++
53 Prozent und damit die deutliche Mehrheit der User sind in einer aktuellen
Umfrage auf Motorsport-Magazin.com der Meinung, dass Kimi Räikkönen
seinen Ferrari-Teamkollegen Fernando Alonso in der anstehenden Saison in
Grund und Boden fahren wird. Sollten unsere User Recht behalten, dann
könnte der Spanier Ende der Saison in Richtung Woking Reißaus nehmen,
denn für Alonso kommt es nicht in Frage, die Nr. 2 zu spielen.
Schon seit längerem wird über eine Rückkehr von Alonso zu McLaren spekuliert.
2015 wäre der perfekte Zeitpunkt für den Spanier, sollte seine Mission
- den dritten WM-Titel einzufahren - bei Ferrari auch in diesem Jahr glücklos
verlaufen. Mit Motorenpartner Honda ist McLaren 2015 auf jeden Fall perfekt
aufgestellt.
Schon jetzt vollzieht Ron Dennis jegliche Schritte, um den Traditionsrennstall
wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Er heuerte technische Verstärkung an und
tauschte Martin Whitmarsh gegen Eric Boullier aus - und wenn es dem Erfolg
dienlich ist, wird Dennis auch über frühere Reibereien mit Alonso hinwegsehen
und ihn unter Vertrag nehmen.
In diesem Punkt sind sich Dennis und Alonso ähnlich - beide sind erfolgshungrig.
Alonso machte nie einen Hehl daraus, dass er unbedingt noch weitere
Siege und WM-Titel einfahren will, ehe er seinen Rennhelm an den Nagel
hängt. Wenn ihm McLaren das nötige Werkzeug geben kann, um Erfolge
einzufahren, dann wird er keine Sekunde zögern und zum Team
zurückkehren.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
Alonso und Ferrari: das passt. Der Doppelweltmeister gilt als einer der besten
Fahrer im Feld, der Traditionsrennstall aus Maranello übt die größte Faszination
aller Teams aus. Mit Ferrari möchte Alonso seinen dritten WM-Titel
einfahren. Die Mannschaft steht voll hinter ihm. Warum sollte er also das
gemachte Nest verlassen?
Ja, Luca di Montezemolo verpasste seinem Star im vergangenen Jahr einen
Schuss vor den Bug, als dieser es wagte, die Scuderia zu stark zu kritisieren.
An der Machtposition des Spaniers innerhalb des Teams veränderte dies
aber nur wenig. Die Quintessenz: Ferrari ist größer als jeder Fahrer, aber
Alonso ist für sie der größte Fahrer.
Diese Liebe des Teams gefällt dem heißblütigen Spanier. Ohnehin bieten
sich ihm keine sinnvollen Alternativen. Mercedes hat zwei Topfahrer unter
Vertrag, Red Bull setzt auf den eigenen Nachwuchs und jeder andere Rennstall
wäre für Alonso ein Abstieg.
Klar, dann wäre da noch die alte, geschiedene Liebe. McLaren und Honda
sollen an den Diensten des Spaniers interessiert sein. Doch möchte Alonso
wirklich zu dem Team zurückkehren, das er 2007 im bitterbösen Streit mit
jenem Mann verließ, der jetzt wieder mehr Macht ausübt? Wie Alonso gilt
auch Ron Dennis nicht gerade als jemand mit einem kurzen Gedächtnis...
Alonso bleibt bei Ferrari und wird seine Prophezeiung weiß machen, dort
seine Karriere zu beenden. Die Frage ist nur: tritt er als zweifacher Weltmeister
ab oder gelingt es ihm, seine rote Ära mit weiteren Titeln zu
veredeln?
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
16 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | FORMEL 1
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
WAS ZUM TEUFEL?
DOPPELTE WM-PUNKTE BEIM SAISONFINALE. DIE FANS GEHEN AUF DIE BARRIKADEN - ZU RECHT!
W
as zum Teufel?" Das war meine erste
Reaktion, als die FIA an einem schönen
Montagabend überraschend bekannt
gab, dass 2014 beim Saisonfinale in Abu Dhabi doppelte
WM-Punkte vergeben würden, um die Spannung
zu erhöhen und idealerweise den Kampf um
die Weltmeisterschaft bis zum Finale offen zu halten.
»Das ist Unsinn! Das ist, als ob man beim Fußball
sagen würde, dass in den letzten fünf Minuten jedes
Tor doppelt zählt«, kritisierte Sebastian Vettel die
Regelung lautstark. Dass der Seriensieger der vergangenen
Jahre alles beim Alten lassen will, ist
verständlich. Doch unabhängig davon gehe ich mit
Vettel konform. Der Shitstorm, der nach der Bekanntgabe
im Internet erfolgte, beweist, dass die Mehrheit
der Formel-1-Fans der gleichen Meinung ist. »Ein
trauriger Tag für die Formel 1«, »der größte Schwachsinn
seit langem« - »ich bin sehr enttäuscht über
eine solch kommerzielle Entscheidung« oder »die
Formel 1 macht sich mit solchen Entscheidungen
lächerlich« war in unserem Fan-Forum auf Motorsport-Magazin.com
zu lesen. »Warum doppelt?
Warum nicht gleich dreifach, vierfach?«, fragte sich
ein User - und tatsächlich scheint auf den ersten
Blick jede Variante gleich künstlich wie die der FIA.
Toto Wolff, der als Mitglied der Strategiegruppe der
Formel 1 an der Ausarbeitung der Punkteregel beteiligt
war, gab zu, vom Shitstorm genauso wie seine
Kollegen überrascht gewesen zu sein. Demzufolge
scheinen die Verantwortlichen nicht zu wissen, was
der Fan draußen will. Mich persönlich hat der Shitstorm
in keinster Weise überrascht - andersherum
wäre das eher der Fall gewesen. Umso schlimmer
ist die Tatsache, dass nachdem klar war, was der
Fan will, die Teamchefs in einem Meeting trotzdem
für die Punkteregel gestimmt haben, denn das heißt
für mich: es interessiert die Verantwortlichen nicht,
was der Fan will! Schon klar, die Formel 1 ist nicht
nur die Königsklasse des Motorsports, sondern vor
allem ein Geschäft. Und natürlich war nach vier Jahren
Red-Bull-Dominanz der Sport zum Handeln
gezwungen, immerhin musste sich der Fan im Vorjahr
nicht mehr das Rennen anschauen, um zu
wissen, dass am Ende wieder der Vettel-Finger in
die Kamera winkt. Die nackten Zahlen bestätigen
die Auswirkungen der eintönigen Red-Bull-Siege:
die weltweiten TV-Zuseherzahlen fielen von 500 auf
450 Millionen, selbst in Deutschland brach das Interesse
an der Formel 1 ein. Doch ich wage zu bezweifeln,
dass es den Einschaltquoten dienlich ist, die
Fans mit abstrusen Regeländerungen zu verprellen.
Fragt man die Verantwortlichen, kriegt man die Standardsätze
zu hören: die Fans werden sich wieder
beruhigen. Wenn die Regelung beim Finale aufgeht,
dann werden die Fans froh sein, dass wir diese eingeführt
haben - und vermutlich behalten sie damit
Recht. Die Emotionen kochen schnell mal wegen zu
leiser Motorengeräusche oder zu hässlicher Nasen
hoch und genauso schnell wieder beruhigen sie sich
wieder. Das könnte auch bei den doppelten Punkten
der Fall sein, sollten diese tatsächlich 2014 für
zusätzliche Spannung sorgen. Allerdings hätte bei
der Vettel-Dominanz im Vorjahr die Regelung auch
nichts am Titelgewinn geändert - und wenn wir
schon beim Wörtchen »WENN« sind. Was wenn sich
der WM-Kampf 2014 bis zum letzten Rennen spannend
gestaltet, aber sich Vettel und Red Bull dank
der Punkteregelung den fünften Titel in Folge
sichern? Was wenn Mercedes das erste so wichtige
Jahr der neuen Motorengeneration bestimmt und
am Ende durch die Punkteregel den Titel verliert?
Eine Medaille hat immer zwei Seiten und mit der
neuen Punkteregel könnten sich manche ins eigene
Fleisch schneiden.
Das Finale in Abu
Dhabi ist ab sofort
doppelte Punkte wert
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
18 www.Motorsport-Magazin.com
JEDE SEKUNDE ZÄHLT
Ende Januar haben Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo in Jerez ihren neuen
Boliden für die Formel-1-Saison 2014 enthüllt. Mit dem RB10 möchte Infiniti Red
Bull Racing an die großen Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen. Casio
EDIFICE begleitet das Team auf diesem Weg und liefert auch in 2014 wieder die
richtigen Accessoires für den Rennsport-begeisterten Fan.
Mit ihrem Konzept „Speed & Intelligence“, das von der Zusammenarbeit mit dem
viermaligen Formel 1 Weltmeister Infiniti Red Bull Racing inspiriert ist, überzeugt
die EDIFICE EQW-1200RB in Punkto Design und Qualität.
Der in verschiedenen Ausführungen erhältliche Multifunktions-Chronograph
verfügt über eine widerstandsfähige Konstruktion, die speziell für die Bedürfnisse
der Infiniti Red Bull Racing Mechaniker entwickelt wurde. Das Modul ist von
einem extrem vibrationsresistenten Alpha-Gel umgeben, das die vom Schlagbohrer
beim Reifenwechsel übertragenen Erschütterungen dämpft. Auch unter
extremen Bedigungen absorbiert das weiche Gel aus Silikon die Vibrationen
wirkungsvoll. Fuer eine zusätzliche Widerstandsfaehigkeit sorgt eine integrierte
Karbon-Einlage zwischen dem Gehäuse und Armband.
Die EQW-A1200RB ist darüber hinaus mit einem kompakten Richtungssensor
ausgestattet. Der Sekundenzeiger dient dabei als Kompassnadel und erlaubt es
dem Träger, die Himmelsrichtung im Blick zu behalten. So wird die Uhr zum
idealen Reisebegleiter.
Neben der funkgenauen Uhrzeit in Europa, USA, Japan und China verfügt die Uhr
außerdem über das innovative SMART ACCESS System. Die Speicherung von bis
zu zehn Rundenzeiten, die schnellste Runde und weitere Funktionen lassen sich
damit intuitiv über die Drehung der Krone einstellen.
Ausserdem wird der Multifunktions-Chronograph in einer hochwertigen
Geschenkverpackung ausgeliefert. Und in Zusammenarbeit mit dem Infiniti Red
Bull Racing Team wurde zudem die Farbauswahl getroffen und das Red Bull
Racing Logo auf dem Zifferblatt integriert.
Weitere Informationen zu EDIFICE finden Sie unter www.edifice.de
TECHNISCHE DATEN
Casio EDIFICE EQW-A1200RB
Red Bull Racing Special Edition
Energieversorgung: Tough Solar Technologie
Weitere Funktionen: automat. Zeigerkorrektur,
Stoppuhr und Rundenspeicher
Weltzeit: 29 Städte
Dauerbetrieb: sechs Monate ohne Lichtzufuhr
TECHNISCHE DATEN
Infiniti Red Bull Racing RB10
Energieversorgung: Renault Energy F1-2014
Weitere Funktionen: Power Unit mit ERS
Weltzeit: GP in 19 Städten
Dauerbetrieb: GP-Distanz (ca. 300 km)
www.Motorsport-Magazin.com 19
KOLUMNE | FORMEL 1
HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1
DIE LEHREN DER NEUEN ÄRA
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
DIE F1-WELT IST IM WANDEL. ICH SPÜRE ES IM PADDOCK. ICH HÖRE ES AM SOUND. ICH SEHE ES AN DEN NASEN.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT
LEHRE NUMMER 1: Ey Mann, wo ist der Motor?
Der Motor ist tot. Lang lebe die Power Unit! Die was? Na, der Moto... die Power Unit halt.
Verwirrt vom neuen Sprachgebrauch? Kein Problem: jeder wird weiterhin Motor sagen - nur
die Hersteller werden die Marketingvariante bevorzugen. Power hin, Unit her, eins wird garantiert
gleich bleiben: die Power Units werden nie kapitale Schäden erleiden. Motorschäden gab es
ja schließlich auch nie. Schuld war stets die bemitleidenswerte Hydraulik... Ein [beliebigen
Hersteller einsetzen]-Motor geht doch niemals kaputt!
Nein, nein. Das ist
kein Motor - es ist
eine Power Unit!
LEHRE NUMMER 2: Effizientes Kauderwelsch
Wenn wir schon beim neuen Formel A-Z sind. Ein Wort wird uns in diesem Jahr zwangsläufig
an allen Ecken und Enden des Paddocks begegnen: Effizienz. Mehr als 30% effizienter sind
die neuen Antriebsaggregate. Die englischen Abkürzungen ihrer Bestandteile setzen da sogar
noch einen drauf: ICE (schade, das hat leider nichts mit schnellen Zügen zu tun), ERS (bestehend
aus MGU-K und MGU-H, alles klar?), ES, TC und CE sorgen für mindestens 99,9% effizientere
Verwirrung unter den Fans.
(Vorsicht Spoiler: Wer wissen möchte, was die kryptischen Zeichen wirklich bedeuten, blättert
schnell auf S. 24 vor)
Ron Dennis ist
zurück - in mehr
Positionen denn je
LEHRE NUMMER 3: Ron = Boss
Ron Dennis ist zurück - und braucht wohl bald beidseitig bedruckte Visitenkarten. McLaren
bezeichnet ihn offiziell als (tief Luft holen): Vorsitzenden der McLaren Gruppe, Group Chief
Executive Officer der McLaren Gruppe, Vorsitzenden von McLaren Automotive, Teilhaber von
McLaren und Architekten der modernen Ära. Puh. Ganz schön viel Kleingedrucktes. Wie wäre
es, wenn McLaren als Merkhilfe damit die ganzen freien Flächen auf dem Auto bekleben
würde?
Nico Hülkenberg
gewann den Kampf
um die Nummer 27
LEHRE NUMMER 4: Nummernsalat mal 42
1, 6, 7, 14, 27, 44. Zusatzzahl 99. Nein, diese Zahlen bringen Ihnen (wahrscheinlich) keinen
Sechser im Lotto (wenn doch, würde ich mich über eine Beteiligung freuen, Adresse s. Impressum).
Das sind die neuen fixen Startnummern von Vettel, Rosberg, Räikkönen, Alonso, Hülkenberg,
Hamilton und Sutil. Endlich haben die Fahrer feste Erkennungsmerkmale! Ist ja nicht
so, dass es solche mit den Helmlackierungen schon seit Jahrzehnten gäbe. Aber warten wir
ab, bis der Helmdesignwechsel-Freak aus Heppenheim damit anfängt, auch seine Startnummer
von Rennen zu Rennen (und teils innerhalb eines Wochenendes) zu wechseln. Übrigens: alle
22 Piloten haben sich falsch entschieden. Schließlich weiß doch jeder, dass die Antwort auf
die ultimative Frage »nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest« 42 lautet.
Hier geht‘s lang:
Einfacher als jede
böse Drehtür
LEHRE NUMMER 5: Diese verdammten Drehtüren!
So einfach kommt keiner in den Formel-1-Paddock! Plastikschmuck mit High-Tech-Chip ist
bei Bernie Pflicht. Die Drehkreuze am Eingang ins Fahrerlager kennen dabei stets nur eine
Richtung: rein oder raus. Wer ein hochfrequentiertes Youtube-Video von einer hinterlistigen
Drehtür vor dem Londoner High Court gesehen hat, weiß nun auch warum...
(Wer es noch nicht kennt, sollte das unbedingt nachholen: www.motorsport-magazin.com/
goto/Bernie)
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SLIDESHOW | FORMEL1 | #35 | 2014
❱ TOTALE
BRUCHLANDUNG
TEXT: CHRISTIAN MENATH
FOTO: ADRIVO/SUTTON
Nur wer legte die Bruchlandung hin? Lewis Hamilton, weil er den
ersten Unfall 2014 hatte? Adrian Sutil, weil #SuperSutil den Sauber
in Jerez gleich zweimal malträtierte? Die wahre Bruchlandung
legte beim Testauftakt Renault hin. Wer an vier Testtagen mit drei
Teams gleichzeitig auf der Strecke sein sollte und letztendlich nur
151 Runden absolviert, der hat die Hausaufgaben über den Winter
- oder bei den Motoren wohl eher über die letzten Jahre - nicht
besonders gut gemacht. Setzen, sechs. Der Streber der letzten
Jahre wurde so zum Problemschüler. Im Schnitt waren es für Renault
56 Kilometer pro Tag und Team. Da hätten es Filmtage statt
einem richtigen Testauftakt auch getan
22 www.Motorsport-Magazin.com
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FOTOS: ADRIVO/SUTTON
1
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE STORY
REVOLUTION
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, STEPHAN HEUBLEIN & CHRISTIAN MENATH
24 www.Motorsport-Magazin.com
NEUE AUTOS, NEUE TECHNIK, NEUE FAHRSTILE: DIE FORMEL-
1-WELT STEHT KOPF. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN ANALYSIERT AUF
DEN FOLGENDEN 20 SEITEN, WIE DIE KÖNIGSKLASSE MIT
REVOLUTIONÄREN TURBO-MOTOREN, UMFANGREICHEN
REGELÄNDERUNGEN UND VERRÜCKTEN AUTOS IN EINE NEUE ÄRA
STARTET. WILLKOMMEN AUF DEM PLANETEN DER NASENBÄREN!
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FOTOS: FERRARI
HECKFLÜGEL
AUSPUFF
Coanda adé: Die Auspuffgase sollen
endgültig nicht mehr aerodynamisch
genutzt werden. Dafür gibt es eine
recht simple, aber effektive Lösung:
Es gibt nur mehr ein einziges Auspuffendrohr,
das mittig am Fahrzeugheck
in bestimmter Höhe austreten
muss. Mit einem kleinen Zusatzflügel
an dieser Stelle - genannt Monkey-
Seat - könnten aber in der Theorie
noch Gase genutzt werden. Allerdings
sind die Gase wegen des Turboladers
bei weitem nicht mehr so schnell.
Der Heckflügel - gemeinsam mit dem Diffusor wichtigstes Element für
den Abtrieb - sitzt in diesem Jahr etwas tiefer. Doch das ist nicht die
entscheidende Änderung: Der Beamwing, das untere Element des Flügels,
ist 2014 verboten. Weil die Kraft dennoch auf das Chassis übertragen
werden muss, setzen die meisten Team auf vertikale Streben zwischen
Heckflügelblatt und Chassis. Durch den Wegfall des Beamwings verliert
der Diffusor an Effizienz, weil die Luft oberhalb nicht so gut abgesaugt
werden kann.
REIFEN
Auch 2014 liefert Pirelli als Alleinausrüster Reifen für die Königsklasse.
Nach dem Desaster im vergangenen Jahr wollen die Italiener aber deutlich
konservativere Pneus bauen, zumal mit dem erhöhten Maximalgewicht
und dem größeren Drehmoment die Belastung größer wird. Weil die Reifen
schwerer als gedacht sind, wurde das Maximalgewicht noch einmal um
ein Kilogramm von 690 auf 691 kg angehoben.
GETRIEBE
Wenig beachtet, aber dennoch von
enormer Bedeutung ist das Getriebe.
Nicht nur, dass die neue Getriebegeneration
einen Vorwärtsgang mehr
beinhaltet, auch die Anforderungen
sind gestiegen. So ist das Drehmoment,
das auf die Hinterachse übertragen
wird, deutlich höher als in den
vergangenen Jahren; Turbolader und
doppelt so starkem ERS sei Dank.
Außerdem gibt es nur mehr eine einzige
Getriebeübersetzung, die für die
gesamte Saison reichen muss. Ausnahme:
2014 erhält jedes Team einen
Joker.
26 www.Motorsport-Magazin.com
DIE NEUE
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE FAHRZEUGE
TURBO-FORMEL
TEXT: CHRISTIAN MENATH
ALLES NEU IN DER FORMEL 1: 2014 STEHT DER GROSSE PARADIGMENWECHSEL IN DER KÖNIGSKLASSE
AN. KOMISCHE NASEN, SCHMALERE FLÜGEL UND KOMPLETT NEUE POWER UNITS - DAS MOTORSPORT-
MAGAZIN STELLT DIE NEUEN AUTOS VOR.
CHASSIS
Die Maximalhöhe des Chassis bleibt zwar gleich, die Höhe an der
Vorderseite des Monocoques wurde aber auf 525 mm abgesenkt.
Zuvor durften es an gleicher Stelle noch 10 cm mehr sein. Damit
ändert sich auch die Sitzposition, denn der Chassisquerschnitt bleibt
identisch. Die Füße der Fahrer sind nun 10 cm tiefer. Außerdem wurden
die Crashtests erneut verschärft, beim Seitenaufprall kommen erstmals
Einheitsbauteile zum Einsatz.
FRONTFLÜGEL
Der Frontflügel schrumpft 2014 wieder
auf ein etwas ansehnlicheres
Maß. Die Maximalbreite wurde von
1.800 mm auf 1.650 mm verringert.
Die Ingenieure stellt das vor eine
knifflige Aufgabe, denn der Flügel
schließt nun nicht mehr mit den Reifen
ab. Wird die Luft innen oder außen
um die Reifen herum gelenkt? Das
aerodynamische Konzept des Autos
ist stark von dieser Entscheidung
abhängig.
FAHRZEUGNASEN
Besonders ästhetisch geht es bei den Fahrzeugnasen in diesem Jahr nicht zu. Schuld daran ist
die herabgesetzte Maximalhöhe an der Front. Von einem halben Meter wurde diese auf lediglich
185 mm verringert. Allerdings nicht über die gesamte Breite. Lediglich ein Querschnitt von mehr
als 9.000 mm2 muss gewisse Anforderungen erfüllen. Um noch ausreichend Luft unter das
Fahrzeug zu leiten, reizen die Teams das untere Limit voll aus. Dabei gibt es verschiedene
Herangehensweisen - von einer kleinen Spitze in der Mitte bis zu zwei Stegen am Rand.
www.Motorsport-Magazin.com 27
VOLLE LADUNG AUS DER
FORMEL 1
SAISON 2014
DER MOTOR
POWER-UNIT
TEXT: CHRISTIAN MENATH
NUN IST ES SOWEIT: NACH JAHREN DES WARTENS UND DISKUTIERENS KOMMEN IN DER FORMEL 1 WIEDER TURBOMO-
TOREN ZUM EINSATZ. DOCH DIE NEUE ANTRIEBSEINHEIT ALS TURBOMOTOR ZU BEZEICHNEN, IST NICHT EINMAL DIE HALBE
WAHRHEIT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN GIBT ANTWORTEN AUF DIE WICHTIGSTEN FRAGEN.
GETRIEBE
Warum heißen die Motoren jetzt Power Units?
Bisher gab es in der Formel 1 herkömmliche Verbrennungsmotoren.
2009 kam mit KERS erstmals
ein Hybridsystem zum Einsatz, der Verbrennungsmotor
wurde so für 6,7 Sekunden pro Runde mit 81
Zusatz-PS unterstützt. Doch 2014 wird nicht wie
2009 ein Hybridsystem an einen bestehenden Verbrennungsmotor
angeschraubt, sondern komplett
in die Entwicklung integriert. Das ist auch nötig, denn
aus KERS wird ERS-H und ERS-K. ERS-H (Heat =
Wärme) nutzt Auspuffgase zur Energierückgewinnung,
ERS-K (Kinetic) die kinetische Energie des
Fahrzeugs beim Bremsvorgang. Neben den beiden
ER-Systemen und dem Verbrennungsmotor zählen
auch Turbolader und Energiespeicher (ES für Energy
Storage) zur Power Unit.
FOTOS: RENAULT
Wie funktioniert das neue ERS?
ERS ist ein überaus komplexes System. Weil ERS
aus zwei Systemen besteht, gibt es zwei Möglichkeiten,
Energie zurückzugewinnen, aber auch zwei
Möglichkeiten, Energie wieder abzugeben. Die kinetische
Energierückgewinnung funktioniert wie
gehabt: beim Bremsvorgang wird die kinetische
Energie an den Hinterreifen nicht ausschließlich von
den Bremsscheiben in Wärme umgewandelt, sondern
wird mittels eines Generators, der mit der
Kurbelwelle verbunden ist, in elektrische Energie
umgewandelt, die in der Batterie gespeichert wird.
Umgekehrt kann der Generator ebenso als Elektromotor
fungieren und somit die Kurbelwelle zusätzlich
antreiben.
Gänzlich neu ist die Energierückgewinnung aus
Auspuffgasen. Die Auspuffturbine treibt nicht nur
einen Verdichter an, sondern kann bei Bedarf auch
Energie an einen Generator abgeben, der auf einer
gemeinsamen Welle mit Turbine und Verdichterrad
sitzt. Die gewonnene Energie kann entweder in der
Batterie gespeichert oder aber direkt an ERS-K
abgegeben werden. Der besondere Clou: beim
Herausbeschleunigen kann der ERS-H-Generator
auch als E-Motor arbeiten und den Turbolader
zusätzlich auf Drehzahl bringen. Somit wird das
Turboloch im unteren Drehzahlbereich eliminiert.
Wie stark ist ERS?
Die Maximalleistung steigt von rund 81 PS auf 163
Zusatz-PS. Doch das ist nur eine Seite der Medaille:
statt 6,7 Sekunden pro Runde darf die Leistung nun
mehr als 33 Sekunden eingesetzt werden. Insgesamt
werden pro Runde maximal 4 Megajoule
abgegeben.
Was hat es mit 100 kg Benzin auf sich?
Die Benzinmenge für einen Grand Prix ist 2014
beschränkt. Maximal 100 kg Benzin, also rund 130
Liter müssen für rund 300 km reichen. Das sind rund
30 Prozent weniger als im Vorjahr. Wegen des gesunkenen
Drehzahllimits, der verringerten Reibung
durch den Wegfall von zwei Zylindern und dem
deutlich stärkeren ERS werden die Motoren sparsamer.
Dennoch muss sauber gehaushaltet werden.
Der Benzinfluss ist ebenfalls auf 100 kg/h
beschränkt.
Welche Strafen gibt es?
Jedem Fahrer stehen für die gesamte Saison fünf
Power Units zur Verfügung. Muss eine zusätzliche
Power Unit verwendet werden, muss der betroffene
Pilot aus der Box starten. Wird nur eine einzelne
Einheit wie Turbolader oder MGU ersetzt, erhält der
Pilot eine Strafversetzung um zehn Positionen.
28 www.Motorsport-Magazin.com
WEITERENTWICKLUNG DER POWER UNITS
Die Kosten für die Aggregate steigen mit den neuen Power Units enorm. Damit die Hersteller nicht weiterhin Unsummen
für die Weiterentwicklung an der Antriebseinheit ausgeben, hat die FIA der Entwicklung einen Riegel vorgeschoben. In
einer Tabelle wurde genau festgelegt, welche Teile bis wann modifiziert werden dürfen. Komponenten des Verbrennungsmotors
werden früher eingefroren als elektronische Bauteile. So werden beispielsweise Kurbelwelle und Kurbelwellengehäuse
schon für die Saison 2014 homologiert, während alle Elemente des MGU-H bis einschließlich 2018
weiterentwickelt werden dürfen.
Bis 2015
Bis 2016
Bis 2016
Bis 2018
Bis 2019/20
Gesamtzahl der relevanten
Bauteilgruppen
66
66
66
66
66
Modifizierbare
Bauteilgruppen
61
61
61
43
43
Homologierte
Bauteilgruppen
5
15
15
23
23
Anteil der homologierten
Bauteilgruppen
8
23
23
35
35
Power Units: Die
neueste Evolutionsstufe
der Formel 1
DAS MOTORENREGLEMENT
IM WANDEL DER ZEIT
1950 4,5 l Saug-, 1,5 l Kompressormotor
1954 2,5 l Saugmotor, 750 ccm Kompressormotor
1961 1,3-1,5 l Saugmotor
1966 3,0 l Saug-, 1,5 l Turbooder
Kompressormotor
1972 max. 12 Zylinder
1986 1,5 l Turbos
1987 1,5 l Turbos und 3,5 l Saugmotoren
1989 nur 3,5 l Saugmotoren
1995 3,0 l Motoren
2006 2,4 l V8 oder limitierter V10
2007 max. 19.000 U/Min.
2008 nur 2,4 l V8
2009 max. 18.000 U/Min.
2014 1,6 l V6-Turbo-Motoren mit ERS
www.Motorsport-Magazin.com 29
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE FAHRER
TURBO-BÄNDIGER
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
SEHEN, HÖREN, FÜHLEN: DIE FORMEL-1-PILOTEN ERWARTET EIN RUNDUM NEUES ERLEBNIS AN IHREM ARBEITS-
PLATZ. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT DIE SECHS WICHTIGSTEN VERÄNDERUNGEN, WELCHE DIE MUTIGEN TURBO-
BÄNDIGER IN DIESER SAISON BEACHTEN MÜSSEN.
FOTOS: CATERHAM, MERCEDES, FERRARI
1. COCKPIT
Jerez, 28. Januar. Das Abenteuer beginnt. Um 9:00
Uhr startet die Formel 1 in eine neue Ära. »Es war
wie mein erster Tag in einem F1-Auto, so viel war
anders«, gesteht Adrian Sutil. Schon beim Einsteigen
erleben die Piloten ein neues Gefühl - die
Füße der Fahrer liegen nun rund 10 cm niedriger.
»Durch den kleineren Tank ist es sogar etwas
geräumiger«, verrät Jean-Eric Vergne dem Motorsport-Magazin.
Die Liegeposition im Cockpit hat
noch einen zusätzlichen Vorteil: sie erspart den
Fahrern den gewöhnungsbedürftigen Anblick der
neuen Fahrzeugnasen. »Wenn man im Cockpit
sitzt«, so Lewis Hamilton, »sieht man nur, was
über den Knien liegt.«
2. SOUND
Das typische Kreischen der V8-Motoren gehört
der Vergangenheit an. Die neuen Power Units sind
leiser, aber sicher nicht leise. »Man hört schon
noch genug, um zu wissen, wie stark man auf
dem Gaspedal steht«, scherzt Sutil mit dem
Motorsport-Magazin. »Der Sound ist sogar recht
entspannend auf der Geraden. Man versteht seinen
Ingenieur unglaublich gut.«
3. STRATEGIE
Die Anzahl der Boxenstopps dürfte sich in diesem
Jahr durch die härteren Reifen reduzieren. Hamilton
bezeichnete die Pneus schon beim ersten Test
als haltbarer. »Man kann vielleicht 30 Runden
damit fahren und sie bauen viel weniger ab«,
verriet er. »Wie jeder andere Reifen können sie
aber sehr wohl noch überhitzen.« Während die
Fahrer also nicht mehr ganz so extrem Reifen
schonen müssen, werden ihnen ihre Ingenieure
umso mehr mit dem Spritverbrauch in den Ohren
liegen. »Cleverness und technisches Verständnis
werden gefragt sein«, bestätigt der vierfache
Weltmeister Alain Prost dem Motorsport-Magazin,
für den dieses Reglement maßgeschneidert
gewesen wäre. Nicht umsonst nannte man ihn
ehrfürchtig den Professor. Seinen geistigen Nachfolgern
wie Nico Rosberg, Sebastian Vettel und
Fernando Alonso dürfte dies ebenfalls entgegenkommen.
»Es ist sehr komplex geworden, viel
komplexer als es je zuvor gewesen ist«, sagt
Hamilton. »Als Fahrer muss man viel mehr Funktionen
ausüben als bislang.«
4. BREMSEN
Die Begriffe »Coanda Auspuff« und »angeblasener
Diffusor« teilen sich ab sofort eine Ahnengalerie
mit dem »Doppeldiffusor« und dem »F-Kanal«.
Dafür gibt es eine neue technische Spielerei: den
Fahrern steht ein »Brake-by-Wire-«System an den
Hinterradbremsen zur Verfügung. Durch den Einsatz
von ERS sinkt die Belastung der hinteren
Bremsen, an denen weniger Hitze erzeugt wird.
Um eine fahrbare Bremsbalance zu erhalten, dürfen
die Hinterradbremsen elektronisch kontrolliert
werden. Sobald der Fahrer auf das Pedal tritt,
steuert das System den hinteren Bremskreislauf
und die Energierückgewinnung.
5. SCHALTEN
Die Boliden der neuen Generation sind mit acht
statt sieben Vorwärtsgängen ausgestattet. »Damit
könnten wir jetzt fast 400 km/h fahren«, verrät
Sutil. Für die Fahrer hat dies eine größere Bedeutung,
als nur einmal mehr an der Lenkradwippe
zu ziehen - sie fahren jetzt grundsätzlich in
höheren Gängen. »Wenn wir in der Vergangenheit
im zweiten oder dritten Gang durch eine
bestimmte Kurve gefahren sind, nutzen wir dort
nun den vierten oder fünften«, erklärt Hamilton.
Die Festlegung auf eine Getriebeübersetzung für
die gesamte Saison bedeutet zudem, dass keine
Anpassungen mehr an unterschiedliche Strecken-
Charakteristiken möglich sind - die Übersetzung
ist in Monaco und Suzuka identisch.
6. FAHRSTIL
Fernando Alonso verspürte beim Fahrstil und
Handling keinen großen Unterschied zu den
bisherigen Autos. Ganz so einfach ist es für die
neue Generation an Turbo-Bändigern allerdings
nicht: die Autos besitzen viel mehr Drehmoment.
Deshalb müssen die Fahrer viel feinfühliger
mit dem Gaspedal umgehen, gerade am
Kurvenausgang. War es bislang in einer Kurve
recht schwierig, das Heck zu verlieren, geht
dies mit den neuen V6-Motoren blitzschnell.
Wer nur ein bisschen zu stark aufs Gas steigt,
riskiert einen Dreher. »Wenn man auf das Gaspedal
tritt, ist das Heck viel instabiler, weil es
durch das höhere Drehmoment mehr Wheelspin
gibt«, erklärt Hamilton, der in der Winterpause
sogar einen Turbo in sein Schneemobil einbaute,
um sich an das Gefühl zu gewöhnen. Das
aggressive Verhalten spüren die Fahrer in
jedem Gang, weshalb sie nicht mehr das
gesamte Drehzahlband ausnutzen. »Beim V8
musste man immer hochtourig fahren«, erinnert
sich Sutil. »Man ging aufs Gas und erst am Ende
hatte der Motor die meiste Power. Jetzt kommt
das etwas abrupt.« Es gilt eben immer noch:
die besten Rennfahrer der Welt müssen mit
allen Bedingungen zurechtkommen.
30 www.Motorsport-Magazin.com
Die Fahrer haben im
Cockpit etwas mehr
Platz als bislang
Mit Volldampf
voraus: Die Formel 1
ist immer noch laut
Vollbremsung: Ab
sofort gibt es
Brake-by-Wire
Stummer Finne?
Kimis Feedback ist
gern gesehen
Die Fahrer
haben 2014
viel zu tun
Mercedes kam beim
ersten Test gut aus
den Startöchern
www.Motorsport-Magazin.com 31
WAS SONST NOCH NEU IST
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE REGELN
IN DER FORMEL 1
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
NEUE AUTOS UND NEUE POWER UNITS SIND NOCH LANGE NICHT ALLES, WAS SICH IN DER SAISON 2014
VERÄNDERT. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN WIRFT EINEN BLICK AUF DIE NICHT MINDER INTERESSANTEN NEUE-
RUNGEN IM SPORTLICHEN REGLEMENT.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
DOPPELTE WM-PUNKTE
BEIM FINALE
Heiß diskutiert und von vielen Fahrern, Experten
und Fans schwer verurteilt: beim Saisonfinale in
Abu Dhabi soll es die doppelte Punktzahl geben -
sprich 50 Punkte für den Sieg, 36 für Platz 2, 30
für Platz 3 und so weiter. So soll die WM bis zum
Ende offen und spannend gehalten werden.
STRAFEN
Schlechte Zeiten für Sünder: ab diesem Jahr gilt
auch in der Formel 1 ein Strafenkatalog. Wer innerhalb
von zwölf Monaten ebenso viele Strafpunkte
ansammelt, wird für ein Rennen gesperrt. Neu ist
auch das Vorgehen beim Überschreiten der Streckenbegrenzungen:
Charlie Whiting darf einen Fahrer
nun dazu anweisen, den gewonnenen Vorteil
zurückzugeben. Bei härteren Vergehen ist auch eine
Drive-Through-Strafe möglich. Wenn ein Fahrer nicht
sofort zum Wiegen abbiegt, wird er ermahnt. Dies
ist eine mildere Strafe als bisher. Sollten in der Zeit
bis zum Wiegen Arbeiten am Auto vorgenommen
werden, muss er vom Ende des Feldes starten. Härter
werden Fahrer für ein »Unsafe Release« bestraft:
im Training gibt es eine Strafversetzung fürs Rennen.
Während des Rennens eine Drive-Through-Strafe
sowie eine Strafversetzung um 10 Plätze beim nächsten
Grand Prix. Den Stewards steht neuerdings
auch eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe zur Verfügung,
die vor einem Boxenstopp abgesessen werden kann.
FREITAGSFAHRER
Jedes Team darf ab dieser Saison im Training mehr
als einen Fahrer pro Auto einsetzen. Somit dürfen
Test- und Ersatzfahrer endlich wieder ran, ohne
dass ein Stammfahrer in dieser Session komplett
aussetzen muss. In den ersten 30 Trainingsminuten
steht ein zusätzlicher Reifensatz der harten
Mischung zur Verfügung. Für jedes Auto sind somit
sieben Sätze Prime-Reifen und fünf Sätze Options
erlaubt. Drei dieser Sätze sind für Qualifying und
Rennen reserviert.
POLE POSITION TROPHY
Neben dem »DHL Fastest Lap Award« gibt es 2014
auch die neue Pole Position Trophy, die den Fahrer
mit den meisten Poles auszeichnet. Bei einem
Gleichstand mehrerer Fahrer entscheidet die Anzahl
der zweiten Startplätze und so weiter.
PERMANENTE STARTNUMMERN
Ab dieser Saison darf sich jeder Fahrer eine feste
Startnummer für die gesamte Dauer seiner Formel-1-Karriere
aussuchen. Der Weltmeister erhält
die Wahl, entweder mit der Nummer 1 oder seiner
festen Startnummer anzutreten. Seit 1996 basierten
die Startnummern auf der Konstrukteurs-WM
des Vorjahres.
COMEBACK DER TESTFAHRTEN
Neben den drei Vorsaisontests sind in diesem Jahr
auch vier Zweitages-Tests während der Saison
erlaubt. Diese finden jeweils am Dienstag und
Mittwoch nach den Rennen in Bahrain, Spanien,
Großbritannien und Abu Dhabi statt. Einer dieser
acht Testtage pro Team ist explizit für Reifentests
mit Pirelli vorgesehen. Derweil wurde die Anzahl
der erlaubten 100 km Promotion-Runs von acht
auf zwei reduziert.
KOSTENREDUZIERUNG
Als erstem Schritt in Richtung einer Budgetreduzierung
hat die FIA in dieser Saison drastische
Einschränkungen für die Arbeit im Windkanal sowie
mit CFD eingeführt. Jedem Team steht innerhalb
von direkt aufeinanderfolgenden, achtwöchigen
Zeiträumen nur eine bestimmte Anzahl an Tests im
Windkanal und per CFD zu. Nach Ablauf eines Zeitraums
müssen die Teams Details ihrer Arbeit
schriftlich einreichen.
RENNKALENDER 2014
Los geht‘s:
Die Saison kann
beginnen
16.03.2014 Australien GP - Melbourne
30.03.2014 Malaysia GP - Sepang
06.04.2014 Bahrain GP - Sakhir
20.04.2014 China GP - Shanghai
11.05.2014 Spanien GP - Barcelona
25.05.2014 Monaco GP - Monaco
08.06.2014 Kanada GP - Montreal
22.06.2014 Österreich GP - Spielberg
06.07.2014 Großbritannien GP - Silverstone
20.07.2014 Deutschland GP - Hockenheim
27.07.2014 Ungarn GP - Budapest
24.08.2014 Belgien GP - Spa-Francorchamps
07.09.2014 Italien GP - Monza
21.09.2014 Singapur GP - Singapur
05.10.2014 Japan GP - Suzuka
12.10.2014 Russland GP - Sotchi
02.11.2014 US GP - Austin
09.11.2014 Brasilien GP - São Paulo
23.11.2014 Abu Dhabi GP - Yas Marina
32 www.Motorsport-Magazin.com
1.ÖSTERREICH-COMEBACK
Die Formel 1 kommt zurück nach Spielberg! Der
modernisierte Red Bull Ring empfängt die Königsklasse
zum ersten Mal seit 2003. Der 4,318 km
lange Streckenverlauf ist unverändert, neu sind
dafür die Haupttribüne und das Pressezentrum.
Das Rennen ist bereits ausverkauft.
2.RUSSLAND-DEBÜT
Nach vielen Irrungen und Wirrungen debütiert die
Formel 1 2014 endlich in Russland. Der 5,853 km
lange und angeblich 260 Mio. Euro teure Kurs in
Sochi ist nach Spa und Silverstone die drittlängste
Strecke der Saison und verfügt über 12 Rechtssowie
7 Links-Kurven. Das Layout erinnert an
Montreal.
3.DRITTES NACHTRENNEN
Die Anzahl der
Boxenstopps bleibt
weiterhin frei
Saisonauftakt unter Flutlicht: Der Große Preis von
Bahrain wird in diesem Jahr erstmals als Nachtrennen
ausgetragen. Rennstart ist um 18:00 Uhr Ortszeit
(16:00 Uhr deutscher Zeit). Auch in Singapur
und Abu Dhabi wird wieder unter Flutlicht gefahren.
Nur 19 Rennen:
New Jersey schaffte
es wieder nicht
Fernando Alonso
hat den dritten
WM-Titel im Visier
Vorsicht, Hochspannung:
Sprung in
Sicherheit
www.Motorsport-Magazin.com 33
FOTOS: FERRARI, MERCEDES
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN
IM VISIER
FORMEL
1
SAISON 2014
DIE THEMEN
34 www.Motorsport-Magazin.com
FEUERBÄLLE, GERICHTSVERHANDLUNGEN UND EIN FRAGWÜRDIGER MODE-
TREND: DAS MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT, AUF WELCHE FAHRER, TEAMS
UND THEMEN IN DIESER SAISON ALLE AUGEN GERICHTET SEIN WERDEN.
www.Motorsport-Magazin.com 35
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE THEMEN
RED BULL:
MISSION 5
»You have to finish first to finish first« - eine Formel-
1-Weisheit, die Red Bull Racing in den vergangenen vier
Jahren perfektioniert hat. ‚Perfektion in Reinkultur‘ bringt
es wohl auf den Punkt. Das Team gewann vier Fahrer- und
vier Konstrukteurstitel in Folge, dominierte die Konkurrenz
in der zweiten Saisonhälfte 2013 nach Belieben. Doch mit
der Einführung der 1,6 Liter V6-Turbomotoren beginnt in
der Formel 1 eine neue Zeitrechnung - eine, die das Ende
der Serienerfolge von Red Bull und Sebastian Vettel einläuten
könnte. Der Rennstall hat zwar Designgenie Adrian
Newey an Bord, dem es bereits 2009 gelang, aus einem
Mittelfeld-Boliden ein Spitzenauto zu formen, doch dieses
Mal sind die Aerodynamikänderungen bei weitem nicht
so tiefgreifend wie damals. Stattdessen kam es zu einschneidenden
Änderungen in einem Bereich, auf den
Newey keinen Einfluss hat - dem Antriebsstrang. Hinzu
kommt, dass der Vater von Kinky Kylie und Hungry Heidi
bekannt dafür ist, beim Design eines neuen Boliden bis
zur berühmten Stunde zwölf zu brauchen - so auch beim
RB10. Zudem zählten seine Boliden in der Vergangenheit
nicht immer zu den zuverlässigsten ihrer Zunft. Mit seinen
oft unkonventionellen Lösungen und Designs am Limit
forderte Newey den Defektteufel nahezu heraus. Für Red
Bull Racing und den vierfachen Weltmeister Sebastian
Vettel gilt es jetzt, von 0 möglichst schnell wieder auf 100
zu kommen, um die gestartete »Mission Fünf« erfolgreich
zu beenden. Dafür braucht es aber auch Motorenpartner
Renault, der sich in den vergangenen Jahren nicht immer
mit Ruhm bekleckerte - Stichwort Lichtmaschine. Bei den
Testfahrten im spanischen Jerez rächte sich ein Hardware-
Problem am Energiespeicher der Power Unit bitterböse.
Nach insgesamt elf Runden an zwei Testtagen packte
Vettel vorzeitig zusammen, cancelte sämtliche Medientermine
und flog nach Hause. Nach vier Tagen fiel die
Bilanz noch schlechter aus: eine falsch eingebaute Feder,
ein Problem an der Power Unit, ein Problem mit ERS -
Perfektion in Reinkultur sieht anders aus. Wie es weitergeht,
wird die Konkurrenz mit Argusaugen beobachten!
Vettels
Mission Fünf
begann äußerst
holprig
36 www.Motorsport-Magazin.com
NEWCOMER
GESUCHT
Die FIA sucht den Superneueinsteiger! Bereits 2015 oder
2016 soll ein zwölfter Rennstall das Starterfeld komplettieren
und sich bis 2020 binden. Zu den ernsthaften Interessenten
zählt der NASCAR-Teambesitzer Gene Haas, für
den 2014 unter anderem der dreimalige Sprintcup-Champion
Tony Stewart und Danica Patrick antreten. Für ein
mögliches F1-Engagement soll ein dreistelliger Millionenbetrag
zur Verfügung stehen. Bei der Entwicklung des
Autos könnte der italienische Rennwagenbauer Dallara
behilflich sein. Zum letzten Mal hat die FIA für die Saison
2010 freie Startplätze ausgeschrieben - den Zuschlag
erhielten letztlich Lotus (heute Caterham), Virgin (heute
Marussia), Campos (später HRT) und USF1 (immer noch
gescheitert). Wie unterschiedlich die Erfolgsquote von
Neueinsteigern in der Formel 1 ist, zeigt ein Blick in die
Vergangenheit: USF1 schaffte es damals noch nicht einmal
bis zum ersten Rennen, Prost GP ging 2001 nach fünf
Jahren in die Brüche und Sauber gehört seit 1993 zum
Inventar der Starterlisten.
Zweiter
Anlauf für ein
US-Team: Ob es
diesmal klappt?
MERCEDES:
SILBERNES
POWERPLAY
Die
Silberpfeile
gehören zum
Favoritenkreis
2014
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Die Seriensiege von Sebastian Vettels RB9 überstrahlten
die Saison 2013, dabei war der F1 W04 das am meisten
verbesserte Auto des Feldes. Aus den Niederungen des
Mittelfelds schoss Mercedes bis auf den zweiten Platz
empor. Können die Silberpfeile diesen Aufwärtstrend in
der neuen Ära fortsetzen? »Vielleicht haben sie den
besten Motor und das beste ERS«, stößt Johnny Herbert
gegenüber dem Motorsport-Magazin ins gewohnte Horn,
dass Mercedes die stärkste Power Unit entwickelt haben
könnte. »Aber wenn man ein schlechtes Auto hat,
gewinnt man trotzdem nicht.« Bei den ersten Tests lief
der neue Silberpfeil zumindest schon einmal wie ein
Schweizer Uhrwerk. Zuverlässigkeit: Check. Power Unit:
Check. Bleiben noch die Fahrer. Nico Rosberg gilt als
Paradebeispiel für den intelligenten, mitdenken Rennfahrer,
eine Art Komplettpaket für die Herausforderungen
des neuen Turbo-Zeitalters. Und den neuen, nicht mehr
von privaten Problemchen geplagten Lewis Hamilton
sollte die Konkurrenz ohnehin nie abschreiben. Fahrer:
Check; Check.
→
www.Motorsport-Magazin.com 37
SCHULDEN
IM ÜBERFLUSS
»Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut!« Jahrzehntelang
lebten die Formel-1-Teams über ihren Verhältnissen.
Selbst kleine Teams steigen in Luxushotels ab
- das Geld dafür fehlt, doch der Schein muss gewahrt
bleiben. Was sollen sonst die ohnehin schon spärlichen
Sponsoren denken? Die freiwillige Kosten-Selbstbeschränkung
der Teams trug keine Früchte, jetzt greift
endlich die FIA durch. Schon in diesem Jahr gelten strenge
Entwicklungseinschränkungen für die Aerodynamik (s. S.
32). Für 2015 sollen weitere Kostenbeschränkungen ausgeklügelt
werden. Dringend nötig ist das. »Es kann nicht
sein, dass ein Team wie Lotus um Platz zwei in der Konstrukteurs-WM
fährt und dabei finanziell ächzt und
krächzt«, kritisiert Motorsport-Magazin.com-Experte
Christian Danner. Nur wenn die Teams weniger Geld ausgeben
und trotzdem konkurrenzfähiger sind, lässt sich
die Gefahr eines Zusammensturzes bannen - und mit ihr
das Wiederaufleben der Paydriver-Flut. Die neue Maxime
der Formel 1 muss lauten: Koste es, was es dürfe.
Auch Sauber
spürt den
finanziellen Druck
des Marktes
Bernie
Ecclestone steht
am Pranger. Hält
sich der
F1-Boss?
BERNIE,
QUO VADIS?
Wohin geht die Reise? Eine Antwort auf diese Frage könnte
noch dieses Jahr erfolgen. Ende April muss Bernie Ecclestone
seinen Auftritt im Münchner Justizpalast absolvieren.
Der Formel-1-Zampano wird beschuldigt, den ehemaligen
BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky mit rund 44 Millionen
Dollar während des Verkaufs der Formel-1-Anteile
der BayernLB bestochen zu haben. Als die Staatsanwaltschaft
die Anklage Anfang Januar offiziell bestätigte,
flüchtete sich der Formel-1-Haupteigner CVC in Alibi-
Aktionen und reichlich interpretationsoffene Formulierungen
wie Ecclestone werde weiter »im geschäftlichen
und sportlichen Interesse« das operative Tagesgeschäft
führen, aber aus dem Vorstandsgremium ausscheiden.
Heißt so viel wie: Ecclestone wird sehr wohl weiterhin die
Geschicke der Formel 1 lenken, auch wenn er keine offizielle
Position mehr bekleidet. Noch halten die Rennställe
öffentlich an Bernie Ecclestone fest - nicht zuletzt, weil
er zu viel weiß. Ein Schuldspruch könnte den Formel-
1-Alleinherrscher allerdings endgültig den Kopf kosten.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
38 www.Motorsport-Magazin.com
FERRARI:
FRAGEZEICHEN
AERODYNAMIK
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE THEMEN
Im fünften Anlauf soll es endlich gelingen: Fernando Alonso will es
Michael Schumacher gleichtun und in seinem fünften Jahr bei der Scuderia
den ersehnten WM-Titel gewinnen. Überzeugt fügt er hinzu: »Wir
sind Ferrari. Wir treten an, um zu gewinnen.« Ein neuer Technischer
Direktor in James Allison, ein zweiter Champion in Kimi Räikkönen und
ein generalüberholter Windkanal: Luca di Montezemolo sieht alle Zutaten
für eine erfolgreiche Saison gegeben. Vier zweite Plätze in Folge kommen
in Maranello einem Desaster gleich. »Jetzt ist die Zeit gekommen, um
zu gewinnen«, betont der Präsident. Zu diesem Zweck ist den Italienern
jedes Mittel recht. Aus der hochnäsigen roten Göttin der vergangenen
Jahre wurde unter dem neuen Reglement eine rote Staubsaugervertreterin.
Der F14T mit der gewöhnungsbedürftigen Nasenpartie hat in
diesem Jahr nur einen Auftrag: er soll Siege und WM-Titel aufsaugen.
»Wir stehen unter Druck, das muss jedem klar sein«, gesteht Teamchef
Stefano Domenicali. Dem Italiener ist bewusst, dass die Durststrecke
seit den letzten Titelgewinnen 2008 bei den Konstrukteuren und 2007
mit Kimi Räikkönen für Ferrari-Verhältnisse schon viel zu lange anhält.
An den Fahrern wird es mit Sicherheit nicht liegen, sollte die Scuderia
abermals den ersehnten Titelgewinn verpassen. »Da ist Ferrari erstklassig
aufgestellt«, lobt Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner.
Ob die Vorhersagen von Spannungen zwischen den beiden roten Platzhirschen
eintreffen, wird erst der Saisonverlauf zeigen. Das erste Feedback
fällt für den finnischen Rückkehrer jedenfalls rosig aus. »Kimi ist
keiner, der wegen all der Neuerungen aus dem Häuschen ist, aber er
gibt den Ingenieuren das Feedback, das sie brauchen«, bestätigt Allison.
Räikkönen sage vielleicht nicht viel, aber was er sage, habe Hand und
Fuß. Die entscheidende Frage wird sein, wie gut Ferrari die Aerodynamik
in den Griff bekommen hat - die Schwachstelle der vergangenen Saisons.
»Auch wenn di Montezemolo es noch so gerne hätte, dass Siege ausschließlich
von Motoren erzielt werden - die Gesetze der Physik kann
man nicht einfach ausschalten und die Aerodynamik ist immer noch das
A und O«, sagt Danner. Auf diesem Gebiet muss Ferrari beweisen, dass
sie sich verbessert haben.
→
Ferrari muss
sich 2 014
beweisen - sonst
rollen Köpfe
www.Motorsport-Magazin.com 39
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE THEMEN
MCLAREN:
KOMMT DER
ERFOLG ZURÜCK?
Titel, Siege und Podestplätze? Fehlanzeige! Im Vorjahr
fand sich McLaren in der Konstrukteurs-Wertung hinter
Red Bull, Mercedes, Ferrari und Lotus auf dem abgeschlagenen
fünften Platz wieder und verzeichnete damit seine
schlechteste Formel-1-Saison seit 1980. Eine Erfolgslosigkeit,
die Ron Dennis nicht länger mitansehen konnte.
Im Januar gab er seine Rückkehr als CEO der McLaren-
Gruppe bekannt und kündigte sofort massive Änderungen
innerhalb des Teams an. Zwar hat Dennis nicht vor, selbst
am Kommandostand zu sitzen, was er mit der Benennung
von Eric Boullier als Renndirektor unterstrich, trotzdem
lässt der kauzige Brite keinen Zweifel daran aufkommen,
dass er bei McLaren wieder die Zügel in der Hand hält.
Ein Faktum, dass bei vielen McLaren-Anhängern Hoffnung
weckt, immerhin steht Dennis für eine Erfolgsepoche.
Unter seiner Führung gewann der britische Traditionsrennstall
zehn Fahrer- und sieben Konstrukteurstitel und mit
Ex-Und-Wieder-Motorenpartner Honda sollen diese
Erfolge endgültig zurückkehren. Bis zur Réunion 2015 -
und dem damit wieder gewonnenen Status als Werksteam
- bleibt kein Stein auf dem anderen. Hinter den Kulissen
hat McLaren auf dem Transfermarkt der Ingenieure bereits
titelentscheidende Einkäufe getätigt. So holte das Team
Red-Bull-Chef-Aerodynamiker Peter Prodromou und dessen
Nummer 2, Dan Fallows, ins Boot. Prodromou, der zu
den führenden Ingenieuren in der Formel 1 zählt, ist bei
McLaren kein Unbekannter. Der gelernte Aeronautiker war
von 2000 bis 2006 Aerodynamikchef des Teams und galt
schon damals als rechte Hand von Designgenie Adrian
Newey. In Expertenkreisen wird sein Wechsel als herber
Rückschlag für das Weltmeisterteam von Red Bull angesehen.
Neben Prodromou und Fallows angelte sich
McLaren auch Ferrari-Aerodynamiker Matteo Sansavini,
Sauber-Designer Matt Morris und Lotus-Chefrenningenieur
Ciaron Pilbeam. Die ebenso einfache, wie klare Devise
von Dennis lautet: »Wir werden wieder gewinnen.«
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
McLaren
erwartet 2014
ein Übergangsjahr
bis Honda
kommt
40 www.Motorsport-Magazin.com
BRANDGEFAHR?
Rauchende
Motoren, nein,
Power Units,
könnten uns
begleiten
Das neue Motorenreglement, das ab dieser Saison in der Formel 1 Einzug hält, wird die
Königsklasse des Motorsports in vielen Bereichen grundlegend verändern. Ab dieser Saison
löst der 1,6 Liter V6-Turbomotor den 2,4 Liter Saugmotor ab - jene Ingenieure, die sich der
Illusion hingaben, dass die neuen Aggregate von Beginn an reibungslos funktionieren würden,
wurden bereits beim ersten Test in Jerez eines Besseren belehrt. Renault gilt als Verlierer der
ersten Testfahrten. Der französische Motorenhersteller kam mit seinen Teams auf insgesamt
668 Testkilometer, während das Aggregat von Konkurrent Mercedes wie ein Uhrwerk funktionierte
und nach vier Tagen 3.874 Testkilometer abgespult hatte. Nichtsdestotrotz blieb kaum
ein Team von Defekten verschont, weshalb am ersten Testtag nur sechs Piloten eine gezeitete
Runde zustande brachten. An den GP-Wochenenden kommt dieses Jahr hinzu, dass den
Fahrern nur 100 Kilogramm Sprit im Rennen zur Verfügung stehen, was gerade beim Saisonauftakt
in Australien - das Rennen im Albert Park gilt als sehr spritlastig - zu massenweise
Ausfällen führen könnte. Red-Bull-Teamchef Christian Horner befürchtet sogar eine Ausfallrate
von 50 Prozent. Eine Ausfallquote, die die heile Formel-1-Welt auf den Kopf stellen könnte,
denn in den vergangenen Jahren sah die Königsklasse des Motorsports nur noch selten
technische Ausfälle, 2013 lag die Ausfallquote bei nur noch 15,8 Prozent. In Australien könnte
somit ein neuer Negativrekord aufgestellt werden, wie zuletzt 1996 in Monte Carlo. Sieger
Oliver Panis war damals einer von vier Piloten, die die schwarz-weiß karierte Flagge sahen.
Drei weitere Piloten kamen immerhin noch in die Wertung, ehe sie in einen Unfall verwickelt
wurden. Damit standen insgesamt sieben Fahrer im Endklassement. Den Allzeit-Rekord hält
weiterhin der Saisonauftakt 1966 in Monaco. Nur 4 von 16 Piloten überquerten nach 100
Runden die Ziellinie, darunter Sieger Jackie Stewart.
→
TOP-3
AUSFALL-DRAMEN:
INDIANAPOLIS GP, 29. MAI 1951:
Die bis dato höchste Zahl von Ausfällen in der
F1-Geschichte. Nur 8 von 33 gestarteten Piloten sahen
die Zielflagge
MONACO GP, 2. MAI 1966:
4 der 16 Fahrer überquerten die Ziellinie
SÜDAFRIKA GP, 14. MÄRZ 1993:
7 von 26 gestarteten Piloten im Ziel
In der neuen
Saison könnte es
öfter als zuletzt zu
Ausfällen
kommen
www.Motorsport-Magazin.com 41
GROSSE
CHANCE
Diese Chance durfte sich McLaren einfach nicht entgehen
lassen! So begründet der mittlerweile ehemalige Teamchef
Martin Whitmarsh die Verpflichtung von Kevin Magnussen,
des ersten McLaren-Rookies seit Lewis Hamilton.
Eine ganz schöne Last, auf den Schultern des schmächtigen
Dänen. Wird er den Anforderungen gerecht, könnte
er 2015 mit McLaren Honda noch größer herauskommen.
Scheitert er, kann er sich bei Heikki Kovalainen über seinen
weiteren Karriereverlauf informieren... Daniel Ricciardo
kann darüber nur lächeln. Der Australier lächelt einfach
immer, erst recht seit seinem Aufstieg ins Spitzenteam
Red Bull. Aber Vorsicht: Wie unbarmherzig die eiserne
Hand von Dr. Helmut Marko ist, erlebten in den vergangenen
Jahren schon zahlreiche andere Nachwuchstalente
am eigenen Leib. Fünf Rennen Eingewöhnungszeit hat
Ricciardo, dann muss er zumindest in der Nähe seines
weltmeisterlichen Teamkollegen liegen und wertvolle
Punkte für die Konstrukteurs-WM einfahren. Sonst könnte
ihm das Dauer-Lächeln dann doch schnell vergehen.
Daniel
Ricciardo will
sich 2014 mit
Sebastian Vettel
messen
Bangen um
den Nürburgring:
Wie geht es mit
dem Kurs
weiter?
NÜRBURGRING:
5 VOR 12
»Leute werdet wach, bekommt den Hintern hoch, dass
hier ist wahrscheinlich unsere letzte Chance, noch ein
Zeichen zu setzen! Der geringe öffentliche Druck und
Widerstand hat es doch erst zu dieser Situation kommen
lassen!« Christian Menzel kämpft seit Monaten dafür, dass
der Nürburgring Volkseigentum bleibt. Seit Mai vergangenen
Jahres steht die historische Rennstrecke, inklusive
der Nordschleife, zum Verkauf - entweder als Ganzes oder
in kleineren Paketen. Der Nürburgring steckt seit vielen
Jahren in den roten Zahlen, vor allem die Formel-1-Rennen
verschlangen trotz jährlich abwechselnder Austragung
mit Hockenheim Millionen. 2015 würde der Große
Preis von Deutschland wieder in der Eifel Station machen,
doch für den Nürburgring hat die Uhr 5 vor 12 geschlagen.
Das Projekt ‚Nürburgring 2009‘, das die Errichtung einer
Erlebniswelt rund um den Ring beinhaltete, scheiterte
fatal - jetzt brennt der Hut. Ob es nicht schon zu spät ist,
wird sich wohl im Laufe des Jahres zeigen. »Wir sind im
Endspurt. Jeder, der ein interessantes Angebot abgibt, ist
herzlich willkommen«, hieß es seitens des
Sachverwalters.
LETZTE
CHANCE
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE THEMEN
KANDIDAT 1: FELIPE MASSA
30 Sekunden lang war er Formel-1-Champion, 8 Jahre
lang Wasserträger. 2014 wagt Felipe Massa bei Williams
einen Neuanfang. Der Brasilianer will weg von
seinem Image als ewige Nummer 2, mal hinter Michael
Schumacher, mal hinter Fernando Alonso. Mit 32 Jahren sieht Massa
nun endlich die Chance, die Führungsrolle zu übernehmen und gemeinsam
mit Williams auf die Erfolgsstraße zurückzukehren - und es dürfte
auch seine letzte Chance sein. Der letzte seiner elf Siege liegt schon
mehr als fünf Jahre zurück. Es war jener Erfolg im November 2006 in
Brasilien, der am Ende eben nur zum Vizetitel reichte.
KANDIDAT 2: JENSON BUTTON
Jenson Button weiß, wie es sich anfühlt, Weltmeister
zu sein. 2009 gelang ihm mit Brawn GP der unerwartete
Geniestreich, wobei viele Experten den WM-Titel
mehr dem Köpfchen von Ross Brawn zuschreiben als
Buttons Fahrkünsten. In seiner 14-jährigen Formel-1-Karriere setzte
der Brite zwar immer wieder Ausrufezeichen wie in Kanada 2011, als
er auf feuchter Strecke vom letzten Platz zum Sieg stürmte, nichtsdestotrotz
zählen andere zu den absoluten Superstars der Formel 1 bzw.
zu den Ausnahmetalenten der Königsklasse. Glaubt man McLaren, hat
man mit Kevin Magnussen 2014 ein solches Ausnahmetalent ins Team
geholt. Sollte dem Formel-1-Rookie der eine oder andere Überraschungserfolg
gegen seinen erfahreneren Teamkollegen gelingen, könnte
Button schon bald aus der Top-Riege der Fahrer verschwinden.
KANDIDAT 3: SÉRGIO PEREZ
Nicht wieder zu verschwinden, ist auch das Ziel von
Sergio Pérez. Der Mexikaner wurde nach nur einer
Saison bei McLaren ausgemustert. Im Gegensatz zu
anderen Fahrern hatte Pérez Glück - seine Sponsormillionen
retteten ihn und brachten ihn bei Force India unter. Doch die
Frage bleibt, wie lange dieses Spiel gut gehen kann?
KANDIDAT 4: PASTOR MALDONADO
Gleiches gilt für Pastor Maldonado. Den Venezolaner
und Pérez verbindet nicht nur das südländische
Temperament, sondern auch der ihnen nacheilende
Ruf eines talentfreien Paydrivers. 2014 gilt es zu
beweisen, dass sie einem Formel-1-Rennstall mehr bieten können
als nur die Sponsormillionen auf dem Konto. Noch rettet ihnen die
Finanzkrise der meisten Teams das Cockpit. Aber die Lotus-Verantwortlichen
geben offen zu, dass eigentlich Nico Hülkenberg ihre erste
Wahl gewesen wäre...
→
Felipe
Massa erhält bei
Williams seine
letzte Chance in
der F1
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
www.Motorsport-Magazin.com 43
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE THEMEN
HILFE, ICH
BIN EINE
NASE!
HOLT MICH
HIER RAUS!
Mit dem
MP4-29 will
McLaren wieder
die Nase vorne
haben
»Die Autos sehen wunderschön aus«, sagte Ex-
Formel-1-Champion Damon Hill dem Motorsport-
Magazin. Wie bitte!? Liebe soll ja bekanntlich
blind machen. Aber sowas? »Ich weiß, dass es
ein paar lustige Nasen gibt, einige Kreationen an
der Fahrzeugfront sind vielleicht nicht ganz stylisch,
aber davon abgesehen sehen die Autos gut
aus.« Da hat Damon aber gerade noch mal die
Kurve bekommen. Und wir scheinen laut Charlie
Whiting mit den neuen Nasen-Ungeheuern sogar
noch Glück gehabt zu haben: »Es gab noch deutlich
hässlichere Lösungen
NASEN-OP
DRINGEND
BENÖTIGT!
Auch diese
Ausgeburt der
Nasen-Hölle
gewinnt keinen
Preis
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN
Abgrundtief hässlich. Entschuldigen
Sie die direkte Ausdrucksweise, aber
anders lässt sich der Caterham nicht
bezeichnen. Nicht umsonst wählten
ihn die Leser unserer Website zum
hässlichsten F1-Auto 2014. Im Internet
kursieren sogar von Fans entworfene
Fotomontagen des CT-05 mit
einem an der Spitze montierten
Besen. Die neue Caterham-Kehrmaschine
also, die dem Feld hinterher
rollt und die Strecke fegt...
44 www.Motorsport-Magazin.com
NASEN-
KÖNIG
Ein Pilot, der sich mit komplizierten Liebesbeziehungen
bestens auskennt, ist
Lewis Hamilton. »Normalerweise verliebt
man sich nicht auf den ersten Blick in ein
neues Auto. Das wächst über die Zeit«,
sagt der Hundeliebhaber und Teilzeit-
Pussycat-Lebensgefährte. Mit dem neuen
Silberpfeil scheint ihm immerhin ein guter
Fang gelungen zu sein. Der Mercedes ist
ganz klar der Nasen-König!
Mercedes
verzichtet auf die
Nasenbär-Optik:
Daumen hoch,
Silberpfeil!
FSK-18-
NASEN
Auch Force
India folgt dem
Trend zur
hässlichen Nase
Wie sehen die denn aus? Egal ob Force
India, Williams, Sauber, Toro Rosso oder
McLaren - die neuen Regeln regten die
Teams [zu nicht ganz jugendfreien Designs]
an. Ein hochrangiger F1-Verantwortlicher
bezeichnete das Wettrüsten in der
neuen Ära gegenüber dem Motorsport-
Magazin als »Penis Competition« und
unsere Leser entschieden in einer Umfrage,
dass die neuen Nasen »wie Dildos« aussehen.
Vielleicht kann die F1 so neue Zielgruppen
erschließen - aber hoffentlich
erhöht sich nicht auch die Altersfreigabe
unseres Hefts.
www.Motorsport-Magazin.com 45
FOTOS: ADRIVO/SUTON, TEAMS
HELLO MARANELLO!
Kimi Räikkönen hat mal wieder Lust auf
einen WM-Titel - und vermutlich auch auf
regelmäßige Gehaltszahlungen. Dafür setzt er
sich sogar in einen Simulator...
ALLES GETAN
»Ich habe sogar seine feuerfeste Unterwäsche
getragen!« Trotzdem bekam Heikki
Kovalainen nicht das Lotus-Cockpit von Kimi
Räikkönen.
HIN UND WIEDER ZURÜCK
Nach einem kurzen Intermezzo in Hinwill
kehrt Nico Hülkenberg zu Force India zurück.
Natürlich ist dort alles besser. Aber warum
ging er dann 2012 überhaupt dort weg??
FORMEL 1
SAISON 2014
DIE WECHSEL
WER KAM, WER GING?
BYE BYE MARANELLO!
»Jetzt kann sich Kimi die ständigen
Samurai-Sprüche von Fernando anhören«,
dachte sich wohl Felipe Massa und stellt
seine Zelte 2014 in Grove auf.
NICHTS GETAN
Einmal mit den vor Öl nur so triefenden
Schecks seines Sponsors gewedelt und
schon hatte Pastor Maldonado das zweite
Lotus-Cockpit - und der Hulk lief grün an.
WEG & NIE MEHR ZURÜCK
Vorsicht, Gegenverkehr! Adrian Sutil kam
Hulk auf dem Weg von Silverstone nach
Hinwil entgegen. Die Schweizer scheinen
nicht nur die bessere Schokolade zu haben...
46 www.Motorsport-Magazin.com
FÜHLT SICH JUNG
»Auch wenn ich gerade diesen doofen Bart
trage, fühle ich mich noch jung.« Doch 2014
muss der 33-Jährige Jenson Button beweisen,
dass er nicht zum alten Eisen zählt.
BLOSS WEG!
Vettel, Vettel, Vettel. »Nichts anderes?
Ehrlich? Scheiße!« Nach sieben Jahren an
der Seite von Sebastian Vettel hatte Mark
Webber die Schnauze voll.
AUFTRITT
Gehaltsverzögerungen, Streikdrohungen,
überall nur Ärger. Eric Boullier packte seine
Koffer in Enstone und zog fix rüber nach
Woking. Martin Whitmarshs Stuhl war sogar
noch warm.
VOR DER SAISON 2014 GRASSIERTE DAS WECHSEL-FIEBER IN DER F1-WELT. FAHRER,
TEAMCHEFS, INGENIEURE PROBTEN DEN GROSSEN UMBRUCH. DAS MOTORSPORT-
MAGAZIN HAT SIE VERFOLGT...
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN & KERSTIN HASENBICHLER
IST TATSÄCHLICH JUNG
Kevin Magnussen, 21-jähriger Jungspund aus
Dänemark, will den neuen GP-Methusalem
Jenson Button (33) an seine Grenzen treiben.
Respekt vor älteren Menschen? Fehlanzeige!
ENDLICH DA!
Sein Markenzeichen: ein breites Grinsen. Ob
ihm das 2014 vergeht? Momentan hat Daniel
Ricciardo noch richtig Bock auf Red Bull.
ABTRITT
Dennis, Boullier, Neale. McLaren hat bald so
viele Chefs wie Mercedes. Damit machte
Ross Brawn schlechte Erfahrungen, also geht
der Rosenzüchter aus Leidenschaft zukünftig
lieber Angeln. Da ist er selbst der Boss
www.Motorsport-Magazin.com 47
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
WELTMEISTER
VS.NOBODY
DIE LIGA DER SUPERSTARS - EINE
HERAUSFORDERUNG, AN DER IN DER
VERGANGENHEIT SO MANCHER
NOBODY GESCHEITERT IST, ANDE-
RE WUCHSEN DARAN UND LEGTEN
EINE STEILE F1-KARRIERE HIN. DAS
MOTORSPORT-MAGAZIN DECKT
VERLIERER UND GEWINNER AUF.
Ayrton Senna
machte mit
Frischling Michael
Andretti kurzen
Prozess
www.Motorsport-Magazin.com 49
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Dave Walkers
Übermut
vermasselte ihm die
Chance seines
Formel-1-Lebens
GESCHEITERT:
DAVE WALKER VS. EMERSON FITTIPALDI
WALKER VERSAGT AUF
GANZER LINIE
»Das ist die Chance deines Lebens, du kannst dir heute für alle
Zeiten einen Namen machen!« Nach nur einem Grand Prix Start
holte Colin Chapman 1972 den jungen Australier Dave Walker zu
Lotus an die Seite von Emerson Fittipaldi. Walker galt nach drei
Titeln in der Formel 3 als aufstrebendes Talent, doch in der Formel
1 erfolgte für ihn das jähe Erwachen. In der kurzen F1-Vita des Australiers
blieb sein Debüt beim Grand Prix der Niederlande in Zandvoort
als einziges in Erinnerung, wenn auch in negativer. Chapman witterte
im Regenrennen eine Chance auf den Sieg und befahl seinem Fahrer:
»Lass es in den ersten zehn Runden ruhig angehen! Das ist die Chance
deines Lebens, du kannst dir heute für alle Zeiten einen Namen machen.«
Doch anstatt der Ansage seines Teamchefs zu folgen, überholte Walker in
den ersten fünf Runden acht Autos und landete wenig später aufgrund seiner
noch uneingefahrenen Bremsbeläge im Kiesbett. Walker schloss die Saison
punktelos ab, während sich Teamkollege Emerson Fittipaldi zum Weltmeister
krönte. Lotus beendete zu Saisonende die Zusammenarbeit mit dem Australier,
zwei Jahre später hing Walker seinen Rennanzug endgültig an den Nagel.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Super-Debüt:
Michael
Schumacher lehrte
Altmeister Nelson
Piquet das
Fürchten
50 www.Motorsport-Magazin.com
Williams-
Geheimwaffe:
Damon Hill setzte
dem Professor auf
Anhieb zu
DURCHGESETZT:
DAMON HILL VS. ALAIN PROST
HILL FORDERT PROST
»Wir standen nach dem Rückzug von Nigel
Mansell vor der Frage, wen wir neben Alain
Prost in das zweite Auto setzen sollten«, erinnert
sich Adrian Newey. Teamchef Frank Williams
hatte kurz überlegt Riccardo Patrese, eine
bekannte Größe in der Formel 1 zu verpflichten,
entschied sich aber dann doch für seinen Testfahrer
Damon Hill. Der Brite hatte zwar einen berühmten
Nachnamen [Anspielung auf Graham Hill], aber zu
diesem Zeitpunkt trotz seines fortgeschrittenen Alters
von 33 Jahren lediglich zwei Grands Prix auf dem Buckel
und damit nicht die beste Ausgangslage, um gegen seinen
Teamkollegen und dreifachen Weltmeister Prost zu
bestehen. Doch der Brite nutzte seine Chance und bewies,
dass er mehr drauf hatte, als stupide Testkilometer für Testkilometer
abzuspulen. Beim Großen Preis von Brasilien, seinem
erst zweiten Rennen für Williams, stach er erstmals seinen
Teamkollegen aus. Insgesamt gewann Hill in der Saison 1993
drei Rennen, holte 69 WM-Punkte und landete damit in der
Fahrer-WM hinter Prost und Ayrton Senna auf Platz drei. Drei Jahre
später (1996) gewann Hill mit Williams-Renault den WM-Titel.
DURCHGESETZT:
MICHAEL SCHUMACHER VS. NELSON PIQUET SENIOR
SCHUMACHER SCHICKT PIQUET IN RENTE
»Who the fuck is Schumacher?«, raunte Eddie Jordan durch das Zimmer. Der Teamchef hatte 1991 keine Ahnung, wer
dieser deutsche Jüngling war, der als Ersatz für seinen inhaftierten Piloten, Bertrand Gachot, einspringen sollte. Nach
einem beeindruckenden Test in Silverstone und einem vielbeachteten Debüt in Spa-Francorchamps war die Antwort
schnell gefunden. Schumacher war ein Talent, das seinesgleichen suchte. Trotz seinen 22 Jahren verfügte er
über ein unerschütterliches Selbstvertrauen und eine unglaubliche Fahrzeugbeherrschung, dafür fehlte es ihm
an Respekt gegenüber Altmeistern wie Alain Prost, mit dem er sich an seinem ersten GP-Wochenende
anlegte. »Er hatte mir im Qualifying die Runde zerstört. Ich habe mich aufgeregt und eine Handbewegung
in seine Richtung gemacht, denn auch Prost hätte sich kein Bein gebrochen, wenn er mal kurz rübergefahren
wäre«, erklärte Schumacher damals. Es folgte ein Rapport bei der Rennleitung, Ex-Jordan-
Teammanager Ian Phillips erinnert sich: »Michael bekam von Herrn Corsmit eine Strafpredigt, die
in der Aussage gipfelte: ‚Wissen Sie, wer der andere Fahrer war? Das ist Alain Prost. Dem droht
man nicht mit der Faust. So einem Fahrer muss ein Neuling Respekt entgegenbringen.‘«
Schumacher sah das anders, was in der Folge Nelson Piquet zu spüren bekam. Nach schier
endlosen Vertragsverhandlungen zwischen Jordan und Benetton dockte Schumacher bei
letzterem an und wurde Teamkollege des dreifachen Weltmeisters. In den noch ausstehenden
fünf Rennen der Saison 1991 ließ Schumacher den 39-jährigen Brasilianer
extrem alt aussehen. In fünf Qualifying-Sessions musste sich Schumacher Piquet
nur einmal geschlagen geben. In drei der fünf Rennen fuhr er jeweils in die Punkteränge,
holte in Monza - bei seiner ersten Zielankunft in der Formel 1 - auf Anhieb
zwei WM-Zähler und beförderte Altmeister Piquet zu Saisonende in die
Formel-1-Pension. 23 Jahre und sieben Fahrertitel später zählt Michael
Schumacher zu den größten Legenden im Motorsportzirkus und niemand
stellt sich mehr die Frage »Who the fuck is Schumacher?« →
www.Motorsport-Magazin.com 51
Jochen Mass
hatte bei McLaren
gleich zwei
Topfahrer zum
Teamkollegen 52 www.Motorsport-Magazin.com
GESCHEITERT:
JOCHEN MASS VS. EMERSON FITTIPALDI VS. JAMES HUNT
ZUR FALSCHEN ZEIT DEN FALSCHEN TEAMKOLLEGEN
In den 70er Jahren galt Jochen Mass neben Hans-Joachim Stuck als größte deutsche Hoffnung im Rennsport, doch
man könnte sagen, er war zur falschen Zeit am falschen Ort. Bei McLaren saß er zwar in einem der besten Autos,
hatte aber das Pech, gegen zwei Ausnahmekönner im eigenen Team antreten zu müssen. Nach 13 Rennen für
Surtees und einem siebten Platz als bestem Ergebnis heuerte der Deutsche Ende 1974 bei McLaren an, wo
er es mit dem zweifachen Weltmeister Emerson Fittipaldi zu tun bekam. Mit seinem Sieg beim Spanien GP,
seinem ersten und einzigen F1-Triumph, hätte Mass ein Zeichen setzen können, doch der Sieg passierte
am falschen Ort zur falschen Zeit. Während des Rennens brach beim Führenden Rolf Stommelen der
Heckflügel und riss vier Zuschauer und Streckenposten in den Tod. Mass‘ Teamkollege und amtierender
Weltmeister, Emerson Fittipaldi, hatte sich geweigert, einen Grand Prix auf dem als gefährlich
geltenden Stadtkurs von Montjuic zu bestreiten und stieg nach einer Runde aus seinem McLaren
aus. Am Ende der Saison hatte Fittipaldi 45 WM-Punkte und den Vize-Weltmeistertitel auf dem
Konto und stellte damit Mass, der sich mit 20 Zählern auf Rang sieben wiederfand, deutlich
in den Schatten. Ein Jahr später - neuer Teamkollege, alte Situation. Gegen die Fahrkünste
und das Charisma von James Hunt hatte Mass nichts entgegenzusetzen. Während sich
Hunt im gleichen Auto zum Weltmeister krönte, fand sich der gelernte Seemann mit
mageren 19 Punkten auf dem neunten Gesamtrang wieder. Lediglich in Südafrika
und bei seinem Heimrennen in Deutschland gelang es Mass mit einem Podestplatz,
ein Ausrufezeichen zu setzen. In Erinnerung blieb den meisten Beobachtern
allerdings eine Szene aus dem Jahr 1977, als Mass in Kanada seinen in Führung
liegenden Teamkollegen ins Aus beförderte. Wutentbrannt schlug Hunt
daraufhin einen Streckenposten nieder, der versucht hatte, ihn daran zu
hindern, auf seinen Teamkollegen loszugehen. Zu Saisonende musste
sich Mass nach einem anderen Arbeitgeber umsehen.
GESCHEITERT:
MICHAEL ANDRETTI VS. AYRTON SENNA
SABOTAGE AN ANDRETTI
Die schwarz-weiß karierte Zielflagge war geschwenkt, der
Champagner getrunken. Doch der dritte Platz beim Großen
Preis von Italien 1993 hielt McLaren nicht davon ab, Michael
Andretti nach nur 13 Formel-1-Rennen an die Luft zu setzen.
Zu enttäuschend fiel für den britischen Traditionsrennstall die
erste Saison des US-Amerikaners aus, vor allem im Vergleich
zu seinem Teamkollegen Ayrton Senna. Dieser hatte drei Rennen
vor Saisonende drei Siege und drei Podestplätze zu Buche stehen.
Für die Experten fehlte es Andretti am nötigen Engagement
und Talent, um gegen Ayrton Senna, den besten Fahrer seiner
Epoche, zu bestehen. Andrettis Sohn, Marco, hatte hingegen eine
andere Erklärung. Er warf dem britischen Rennstall 1998 Sabotage
vor. »Mein Vater bekam das schlechtere Material, die schlechteren
Ingenieure und dem nicht genug, ließ McLaren mittels der Elektronik
das Auto in den Kurven unkontrollierbar werden. Das Team hat gewollt,
dass er scheitert!« Michael Andretti ließ die Anschuldigungen seines
Sohnes unkommentiert: »Sagen wir einfach, die Formel 1 war keine schöne
Erfahrung.«
52 www.Motorsport-Magazin.com
Ab ins
Kiesbett: Hinterher
gab es sogar
Sabotage-Gerüchte
bei McLaren
www.Motorsport-Magazin.com 53
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Seltenes Bild:
Am Ende jubelten
Alonso und Hamilton
nicht mehr
gemeinsam über
Erfolge
DURCHGESETZT:
LEWIS HAMILTON VS. FERNANDO ALONSO
SELBSTZERSTÖRUNG
‚The F1 Rookie Phenomenon‘ titelten die britischen Medien
2008, nachdem ein selbstbewusster 22-Jähriger den Alteingesessenen
zeigte, wo ‚Bartl den Most‘ holt. Gleich in seinem
ersten Grand Prix fuhr Lewis Hamilton auf das Podium und
stellte mit seinem zweiten Podestplatz in Folge in Malaysia einen
40 Jahre alten Rekord ein. Es fehlte nicht viel und Hamilton hätte
seine Formel-1-Debütsaison 2007 mit dem Fahrertitel gekrönt. Am
Ende verhinderte ein Pünktchen die absolute Sensation. Für seinen
McLaren-Teamkollegen Fernando Alonso war die Schmach so oder
so immens. Immerhin sahen viele in der Verpflichtung des jungen
Briten - Hamilton war der erste Farbige in der Formel 1 - lediglich einen
genialen Marketingstreich seitens McLaren und Bernie Ecclestone.
Alonso erkannte zu spät die fahrerische Bedrohung, die vom britischen
Jungspund ausging. Weder seine Erfahrung auf, noch abseits der Strecke
in Form von politischen Spielchen konnten Hamilton in die Schranken weisen,
was Alonso zur Weißglut trieb - und so war es der zweifache Weltmeister,
der am Ende der Saison das Cockpit räumte. Hamilton krönte sich hingegen
ein Jahr später mit McLaren Mercedes zum Weltmeister.
www.Motorsport-Magazin.com 53
Lotus
bestreitet
Meldungen
über Finanzprobleme
DER SCHEIN
TRÜGT
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
FOTOS: LOTUS
PATRICK LOUIS GIBT NUR SELTEN INTERVIEWS.
DER SCHEIDENDE CEO DES LOTUS-TEAMS IST
KEIN MANN DER GROSSEN WORTE, AUSSER WENN
ES DARUM GEHT, DIE FORMEL-1-WELT WACHZU-
RÜTTELN, UM DIE ZUKUNFT DES SPORTS ZU SI-
CHERN. FÜR DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NAHM
ER SICH DIE ZEIT, UM KLARTEXT ZU REDEN.
54 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 55
MSM: Nachdem bekannt wurde, dass Sie als
CEO bei Lotus zurücktreten, spielten die
Medien sofort wieder das alte Lied vom finanziell
angeschlagenen F1-Team.
PATRICK LOUIS: Ich finde es komplett schizophren,
wie sämtliche News ins Negative verdreht
werden. In punkto Lotus spüre ich das
sehr stark. Was meine Person angeht: ich habe
mein ganzes Leben lang Betriebe saniert und
umstrukturiert - und diese Aufgabe habe ich
bei Lotus F1 jetzt abgeschlossen. Sämtliche
strukturellen Investitionen und Innovationen
wurden in der Firma getätigt, die Strukturen
und das Management wurden neu definiert und
ich glaube, dass die letzten drei Jahre ganz deutlich
zeigen, dass Lotus vom Entwicklungsstand
mithalten kann. Wenn man sich 2013 ansieht,
dann waren wir das einzige Team, das in der
zweiten Saisonhälfte vom Rennspeed konstant
nah an Red Bull dran war. Die Konstellation
Sebastian Vettel und Red Bull war unschlagbar,
aber Lotus ist es gelungen, im Rennspeed Mark
Webber, ein sehr guter Fahrer, ab und zu auf
die Pelle zu rücken. Das beweist, dass die Intelligenz,
der Entwicklungsdrang und die nötigen
Entwicklungstools in Enstone vorhanden sind.
Für mich ist damit meine Arbeit abgeschlossen.
Das Team steht für 2014 auf sehr guten Beinen.
Für mich gibt es daher keine Berechtigung
mehr, täglich vor Ort zu sein und das wäre für
mich auch uninteressant. Dazu gibt es zu viele
andere schöne Herausforderungen außerhalb
der Formel 1, und innerhalb der Genii Capital,
und ich bleibe im Verwaltungsrat des F1 Teams.
Diese Schlagzeilen, die gerade als negativ verkauft
werden, sind also gar nicht negativ.
Woher glauben Sie kommt all diese negative
Stimmung?
Die Formel 1 ist extrem politisch. Ich habe
durchaus eine Vorstellung davon, aus welcher
Ecke - auch von Seiten der Teams und Journalisten
her - das kommt. Sie alle sollten zuerst in
den eigenen Spiegel sehen, ehe sie andere durch
den Kakao ziehen. Fakt ist, dass die Formel 1
generell finanziell unter Druck steht. Wenn man
sieht, wie die Aufteilung des Gewinntopfes, der
FOM-Gelder, erfolgt, gibt es heute drei Teams,
die proportional viel Geld bekommen, und zwei
weitere Teams, die ebenfalls noch extra Geld
beziehen - ein Team aufgrund historischer Relationen
und das zweite Team, weil sie so abgedrückt
haben. Von allen Teams gibt es aber nur
drei, denen es finanziell gut geht: Erstens Red
Bull, weil Dietrich Mateschitz dort jährlich substantielle
Beträge einfließen lässt, ansonsten
wäre die Firma nicht überlebensfähig. Das
zweite Team ist Ferrari und da weiß man ganz
klar, woher das Geld kommt, unter anderem
auch von einem alten Deal der 2014 ausläuft.
Und das dritte Team ist Mercedes, wobei
Mercedes sehr intelligent vorgeht, um über
Sponsoren Geld zu generieren. Das sind die
einzigen Teams, die finanziell relativ unabhängig
sind.
Sie haben gerade angesprochen, dass in der
aktuellen Formel 1 etwas Grundlegendes schiefläuft.
Was muss passieren, damit der Sport und
alle Teams langfristig gesund dastehen?
Das Thema des RRA unter der FOTA hat ja
nicht funktioniert. Der erste Schritt war damals
die Neuankunft der drei Teams, was gewisse
ICH FINDE ES KOMPLETT
SCHIZOPHREN, WIE
SÄMTLICHE NEWS INS
NEGATIVE VERDREHT
WERDEN. IN PUNKTO
LOTUS SPÜRE ICH DAS
SEHR STARK.
Entscheider nicht akzeptieren wollten. Auf
Basis dieser Entschlüsse wurde das alles sehr
kompliziert ausgelegt. Es war ja ein Wert, der
von Ausnahmen reglementiert wurde, ellenlangen
Listen und Komponenten, die erklärten,
was inkludiert und was exkludiert war. Das war
in dieser Form nicht überprüfbar. Zudem gab
es bereits 2010 und auch später Team(s) die
verweigerten, gewisse Sachen offen zu legen
und somit könnte man vermuten, es wurde
geschummelt.
Doch irgendwann müssen die Kosten in der
Formel 1 begrenzt werden.
Stimmt und die F1 Kommission hat auch
gewisse Grundprinzipien bereits definiert. Ich
war vor kurzem in Genf - genau wie fünf andere
Teams. Es galt, die Frage zu klären, wie man ein
Budget definieren und nachvollziehen kann,
ohne dafür extra Administration aufzubauen
und Grauzonen zu eliminieren. Darauf haben
wir uns verständigt. Es gab einen Konsens und
aufgrund dessen haben wir einen kurzen Fragenkatalog
für die F1 Kommission erstellt, die
Ende Januar getagt hat. Wir haben gewisse Tage
in der Agenda formuliert, an denen wir uns
treffen wollen und ein Grundregelwerk bis
Mitte des Jahres ausarbeiten können.
Hoffen Sie, dass diese Schritte wirklich zu einer
Kostengrenze in der Formel 1 führen? Denn
geredet wird in der F1 bekanntlich sehr viel...
Es wurden durchaus in der Vergangenheit
Regeln erstellt mit dem Ziel, eine Kostenreduktion
zu provozieren. Ein Beispiel wäre die
60/40-Regel in der Aerodynamik. Aber in der
Formel 1 ist es wie in allen Technikbereichen
- es wird sofort überlegt, wie eine eingrenzende
Änderung optimiert werden kann, um von den
Maßnahmen in Bezug auf die Entwicklung
nicht allzu hart getroffen zu werden. Das Problem
war: die Bemessungsgrundlage der 60/40-
Regel, hielt keine Rechnung mit den kritischen
Schlüsselfaktoren. In anderen Worten, es entstanden
Grauzonen, die man über Investitionen
deutlich optimieren konnte. Das hat eine substantielle
Inflation kreiert.
Es heißt, dass Lotus Schulden in der Höhe von
120 Millionen haben soll.
Was diese Schulden angeht, ungeachtet der
Beträge, die zirkulieren, ist der Löwenanteil
gegenüber dem Aktionär. Das bedeutet, es ist
die gleiche Hose, aber eine andere Tasche. Ich
betrachte Darlehen vom Aktionär in diesem
Sinne nicht als Schulden, weil kein Dritter auf
Geld warten muss. Auch hier wird in den
Medien immer wieder dargestellt, dass Lotus
einen riesen Schuldenberg habe, was in dieser
Form jedoch nicht stimmt.
Allerdings werden diese Berichte genährt durch
Aussagen wie kürzlich von Testfahrer Davide
Valsecchi, der meinte, dass Lotus ihm sein
Gehalt von 2013 noch nicht gezahlt habe.
Davide bestritt mir gegenüber schriftlich, ein
Interview mit dieser Website geführt zu haben.
Im Fall von Kimi Räikkönen war es die Wahrheit,
bei Valsecchi stimmt es nicht.
Sie sprechen Kimi Räikkönen an. Er erklärte,
kein Gehalt von Lotus bekommen zu haben.
Angeblich soll auch die Mannschaft auf Gelder
gewartet und daher mit Streik gedroht haben.
Stimmt das?
Das ist mir so nicht bekannt und ich rede viel
mit meinen Leuten. Das einzig Dumme, was
mir passiert ist, ist, dass ich im November die
Gehälter zu spät bezahlt habe. Das hatte aber
rein technische Gründe. Ich habe dann mit Verspätung
80 Prozent des Gehalts bezahlt und am
nächsten Tage darauf den Restbetrag. Es war →
FOTOS: LOTUS
56 www.Motorsport-Magazin.com
Personalwechsel:
Die
Konkurrenz
schlug
gnadenlos zu
Romain
Grosjean gilt
wieder als
Kandidat für
Topergebnisse
Grosjean
erhält mit
Maldonado
einen neuen
Partner
Bereit für
große Taten:
Lotus will die
Top-Teams
ärgern
www.Motorsport-Magazin.com 57
Romain
Grosjean
bekommt
2014 viel zu
tun im Cockpit
Die
Sturm- und
Drang-Phase
scheint vorbei
zu sein
Der neue
Lotus
debütierte mit
Verspätung in
Bahrain
Den ersten
Sieg im Visier:
Romain
Grosjean ist
die neue Nr. 1
58 www.Motorsport-Magazin.com
MAN KANN DIE FINANZSI-
TUATION IN DER FORMEL
1 NICHT VON DER HAND
WISCHEN, SIE IST EXI-
STENT UND WENN MAN
NICHT REAGIERT, WIRD
DER SPORT IRGENDWANN
DURCH EIN SCHRUMP-
FENDES STARTERFELD
ZERFALLEN.
ein Missgeschick, das in einem F1-Team richtig
weh tut. Die Leute akzeptieren alle Änderungsvorschläge,
Kostensenkungen usw., aber keine
Verspätung der Gehaltszahlung.
2014 setzt Lotus auf die Fahrerpaarung
Romain Grosjean und Pastor Maldonado. Nico
Hülkenberg war im Gespräch, wurde aber wie
schon so oft vom Sponsorengeld eines anderen
Fahrers bei einem Top-Team ausgestochen. Wie
kann das sein?
Für mich ist Nico Hülkenberg ein exzellenter
Fahrer. Eines der wenigen Talente, die es noch
gibt und die außerhalb der Phase, als es noch
die großen Testteams gab, kreiert wurden. Ein
Lewis Hamilton konnte damals noch auf seine
Testerfahrung bauen. Aber irgendwann muss
man als Team eine Entscheidung treffen und
akzeptieren, dass man ein Budget zusammenkriegen
muss. Fakt ist, dass wir unseren ersten
Wunschkandidaten in diesem Sinne nicht nehmen
konnten. Ich sage nicht, dass wir Abstriche
gemacht haben, aber wir haben uns dafür entschieden,
mehr Zeit in einen Fahrer zu investieren.
Im Fall von Nico Hülkenberg ist es so,
dass man ihn in das Auto setzt, er fährt los und
die Resultatsleistung ist sofort da. Maldonado
ist von der Qualität her ein sehr schneller Fahrer.
Er ist für mich in einem großen Maße vergleichbar
mit Romain Grosjean, wo man uns
2012 ebenfalls kritisiert hat. Damals hieß es,
wir seien komplett verrückt, ihn zu behalten
und heute sagen die gleichen Leute, er sei ein
großartiger Fahrer. Die, die damals mit dem
Finger auf mich gezeigt haben, wollen jetzt alles
ins Positive drehen. Wir wussten immer um
Romains Potenzial und auch Pastor ist für mich
ein Fahrer, den man innerhalb von sechs Monaten
sehr stark fördern kann. Er muss lernen
intelligent zu fahren, um auch anzukommen
und Punkte zu holen. Im Grunde werden wir
mit ihm einen vergleichbaren Prozess durchlaufen
wie damals mit Romain.
Wenn man bedenkt, für was die Formel 1 steht,
nämlich für die Königsklasse des Motorsports,
dann muss man ganz klar sagen - speziell aus
Fan-Sicht - dass in der Formel 1 etwas schief
läuft...
Das ist so. Man kann die Finanzsituation in der
Formel 1 nicht von der Hand wischen, sie ist
existent und wenn man nicht reagiert, wird der
Sport irgendwann durch ein schrumpfendes
Starterfeld zerfallen.
Wobei man die Formel 1 schon öfters »tot«
geschrieben hat, aber sie existiert immer noch.
Weil immer Leute vorhanden waren, die Geld
in die Hand genommen haben. Das ist die Realität.
Die Situation zeigt sich auf dem Personalmarkt
- es werden ja nicht nur die Fahrer und
Top-Ingenieure weggekauft. Ich sehe es jeden
Monat auf kleinerem Niveau, zum Beispiel bei
den Modellbauern im Windkanal. Das Bruttogehalt
eines Modellbauers betrug - und da spreche
ich jetzt von einem Beispiel aus dem Jahr
2012 - zwischen 36.000 und 38.000 Pfund im
Jahr. Bei uns wurden diese Leute mit einem
Bruttogehalt von 45.000 Pfund im Jahr weggelockt
und zwar von Teams, die in der Konstrukteurs-Wertung
weit hinter uns lagen. Es ist nicht
so, dass nur Ferrari, Mercedes oder Red Bull
aggressiv auf dem Markt wären, auch die kleineren
Teams gehen sehr aggressiv vor. Ein
anderes Beispiel wäre eine Person, die bei uns
strategisch sehr wichtig war und im Gehaltsbereich
zwischen 90.000 und 100.000 Pfund im
Jahr lag. Diese Person wurde von uns mit
180.000 Pfund abgeworben.
Das sind sehr große Sprünge.
Stimmt. Da ich aber gewisse Prinzipien habe
und dieses Spiel nicht mitspielen möchte, muss
ich mir jeden Tag neue Lösungen einfallen lassen.
Wir haben Kooperationen mit zwei Universitäten,
technischen Partnern und seit zwei
Jahren ein erfolgreiches Azubi-Programm.
Denn es sind genau diese kleinen Teams, die
dann über die Kosteninflation klagen - etwas,
das sie selbst angesteuert haben. Für mich ist
das betriebswirtschaftlicher Selbstmord. Es gibt
da einerseits diese selbstmörderischen Aktionen,
wo der Markt artifiziell angetrieben wird
und andererseits gibt es Aktionen, um nach
außen hin besser dazustehen, als es eigentlich
der Fall ist.
Können Sie darauf etwas näher eingehen?
Ein Großteil der Kosten wird den Teams aufgezwungen.
Sie können nicht entscheiden, wo die
Rennen ausgetragen werden und damit wohin
sie reisen. Logischerweise kosten Überseerennen
mehr Geld als Rennen, die in Europa ausgetragen
werden. Trotzdem steht es den Teams innerhalb
dieser Reiseaktivitäten frei, ob man das
Team Economy oder Business Class fliegen lässt,
ob man in einem Fünf -Sterne- oder Drei-Sterne-
Hotel eincheckt. Genau dort herrscht ein falscher
Schein, denn die meisten Teams möchten nach
außen hin ein Bild kreieren, das so gar nicht
stimmt. Da wird in einem Fünf-Sterne-Hotel
gewohnt, um nach außen hin darzustellen, dass
es dem Team gut geht. Das ist betriebswirtschaftlich
absoluter Unsinn.
TIMELINE LOTUS
November 2012 - Lopez dementiert konkrete
Finanzprobleme.
Juni 2013 - Investor Infinity Racing, später
Quantum, taucht auf.
Juli 2013 - Technikdirektor James Allison
wechselt zu Ferrari.
Sommer 2013 - Räikkönen verkündet
Teamwechsel wegen fehlender Gehälter.
September 2013 - Teammitglieder drohen
mit Streik.
Ende Oktober 2013 - Quantum-Deal soll
perfekt sein. Fehlanzeige.
November 2013 - Räikkönen beendet
Saison vorzeitig.
November 2013 - Lotus verpflichtet Maldonado
wegen seiner Ölmillionen.
Januar 2014 - Quantum-Deal: Erst
geplatzt, dann wieder Verhandlungen.
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FOTOS: LOTUS
DER
TEXT: CHRISTIAN MENATH
ALLESKÖNNER
JOHN SURTEES WURDE AM 11. FEBRUAR 80 JAHRE ALT. DAS MOTOR-
SPORT-MAGAZIN BLICKT AUF DAS LEBEN JENES MANNES ZURÜCK,
DER NICHT NUR IN DER FORMEL 1 LEGENDENSTATUS GENIESST. OB ZWEI,
DREI ODER VIER RÄDER - EGAL WO ER STARTETE, SURTEES GEWANN.
Surtees dominierte
die Zweiradwelt vor
seinem F1-Wechsel
60 www.Motorsport-Magazin.com
John Surtees war
auf zwei und vier
Rädern schnell
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
John Surtees beim
Monaco GP 1965
www.Motorsport-Magazin.com 61
Surtees wusste
auch die süßen
Seiten der Formel 1
zu genießen
E
igentlich grenzt es an ein Wunder,
dass John Surtees seinen
80. Geburtstag erleben durfte:
In einer Zeit, in der die Fahrerfrauen
zu jedem Rennen
schwarze Kleidung mitnahmen,
weil der Tod hinter jeder Kurve lauerte, fuhr
der Brite die gefährlichsten Rennen der Welt. Dabei
legte es Surtees darauf an: Erst fuhr er mit seinem
Vater im Motorradgespann, später nahm er an der
Motorradweltmeisterschaft teil und fuhr die Isle of
Man Tourist Trophy. Nach neun Jahren ohne ernsthafte
Verletzung forderte er sein Schicksal noch
einmal aufs Neue heraus. Nach zwei und drei
Rädern sollte es in der Formel 1 noch eines mehr
werden. »Sieg, Niederlage oder Tod. Nur die drei
Chancen kennt dein Spiel«, sang Udo Jürgens einst
nach dem Tod seines Freundes Jochen Rindt. John
Surtees kannte nur eine dieser drei Alternativen:
den Sieg.
Als Surtees am 11. Februar 1934 im Süden Londons
das Licht der Welt erblickte, wurde ihm der Motorsport
in die Wiege gelegt. Sein erstes Foto überhaupt,
im Schoß seiner Mutter, wurde im Paddock
Trotz potentem Sponsor
geriet Surtees‘ Team in
finanzielle Schieflage
von Brands Hatch aufgenommen. Schon früh
begann er gemeinsam mit seinem Vater, einem
Motorradhändler und erfolgreichem Motorradfahrer,
an Seitenwagenrennen teilzunehmen - zu früh.
Gleich bei seiner ersten gemeinsamen Teilnahme
siegte das Vater-Sohn-Gespann, doch wurde es
nachträglich disqualifiziert. Mit 14 Jahren hätte John
noch nicht an diesem Rennen teilnehmen dürfen,
also wurde ihnen der Sieg aberkannt. Lange musste
das junge Talent aber nicht auf seinen ersten regulären
Erfolg warten.
Nachdem er 1953 an seinem ersten Weltmeisterschaftslauf
teilgenommen hatte, erhielt er im folgenden
Jahr als 19-Jähriger ein Angebot für einen
Platz beim Joe Craig Norton Werksteam für die Isle
of Man TT. Wegen einer Verletzung des Handgelenks,
die er sich beim Training mit dem Motorrad
eines anderen Herstellers zuzog, konnte er dieses
Angebot jedoch nicht annehmen, was sich auch
später noch auf seine Karriere auswirken sollte. Weil
ihm Teamchef Joe Craig den Unfall auf einem
Fremdfabrikat übel nahm, erhielt Surtees in den
kommenden Jahren kein Werksangebot. Keine
Werksunterstützung bedeutete, dass sich Surtees
seine Rennmaschinen selbst kaufen musste - damals
wie heute keine günstige Angelegenheit. Dennoch
tat dies dem rasanten Aufstieg keinen Abbruch.
1955 erhielt er sporadisch ein Werksbike von Craig
und fuhr in der 250cc-Klasse seinen ersten Weltmeisterschaftssieg
ein. Im Jahr darauf ging er als
Werkspilot für die italienische Marke MV Augusta
an den Start und startete eine beispiellose Serie. Von
1956 bis 1960 holte er insgesamt sieben Weltmeistertitel
und feierte mit MV Augusta 37 Siege. Den
Höhepunkt seiner Dominanz erreicht er 1959, als
er alle Rennen der 350cc- und 500cc-Klasse
gewann. Alleine sechsmal konnte er die Isle of Man
TT gewinnen.
1960 fuhr Surtees zweigleisig: Während er zwei
Motorradweltmeisterschaften gewann und einen
Rekord bei der Isle of Man TT aufstellte, arbeitete
er nebenbei an seinem Formel-1-Einstieg. »Das ist
in England generell schlecht: Die Leute sind zu
schnell mit dem, was sie haben, zufrieden«, klagte
Surtees einst über seine Landsleute. Er selbst war
Surtees trat auch im
eigenen Auto an - allerdings
wenig erfolgreich
längst nicht mit dem Erreichten zufrieden. »Das
Wichtigste, was ich in meinem Leben machen
musste, war es, nicht andere Leute zufrieden zu
stellen, sondern mich selbst.« Gesagt, getan.
Noch 1960 nahm er an seinen ersten Formel-
1-WM-Läufen teil. Schon bei seinem zweiten Rennen
konnte er für Lotus einen herausragenden
zweiten Platz beim Großen Preis von Großbritannien
in Silverstone feiern. Nach seiner überzeugenden
Leistung erhielt der damals 26-Jährige ein
Angebot als Nummer-eins-Fahrer von Lotus-Gründer
und Teamchef Colin Chapman für die Saison
1961. Surtees lehnte ab - weil er zu großes Konfliktpotential
sah. Also heuerte er beim Yeoman Credit
Racing Team an, das einen Cooper T53 - das Weltmeisterauto
aus dem Vorjahr - einsetzte. Besonders
erfolgreich verlief das Jahr nicht, mit vier Punkten
reichte es nur zu Platz zwölf. Dennoch erhielt er am
Ende der Saison erneut ein reizvolles Angebot. Kein
geringerer als Enzo Ferrari wollte sich die Dienste
des Briten sichern. »Nicht jetzt, aber vielen Dank.«
Mit diesen Worten lehnte Surtees das Angebot ab.
Er blieb noch ein weiteres Jahr bei Yeoman, das von
Bowmaker übernommen wurde. Nach überzeugenden
Leistungen und Platz vier in der Weltmeisterschaft
hatte er nun sein Grundstudium in der
Formel 1 absolviert und sah sich für höhere Aufgaben
gerüstet.
Diese Aufgabe hieß Ferrari. Bei der Mythosmarke
angekommen, gab es schon im ersten Jahr Zwist
mit Teamchef Eugenio Dragoni. Beim 12-Stunden-
Rennen von Sebring musste Surtees, der sich ein
Auto mit Ludovico Scarfiotti teilte, seinen Ferrari
250P seinem Teamkollegen überlassen. Scarifiotti
musste Surtees schließlich dazu überreden, überhaupt
noch am Rennen teilzunehmen. Mit Wut im
Bauch fuhr das Duo den Sieg ein. Die Formel-
1-Saison verlief durchwachsen: Seinem ersten Sieg
und zwei weiteren Podiumsplatzierungen standen
sechs Ausfälle und eine Disqualifikation gegenüber.
1964 sollte dann das Jahr des John Surtees werden.
Gemeinsam mit Lorenzo Bandini gelang ihm beim
Saisonhighlight in Le Mans der dritte Platz. Doch
die gleichzeitige Vorbereitung auf Le Mans und
Formel 1 forderte auch ihre Opfer. So war der neuentwickelte
Ferrari 158 nicht von Anfang an konkurrenzfähig,
die fehlenden Testkilometer wirkten
sich zudem auf die Haltbarkeit des Boliden aus. Mit
einem fulminanten Schlussspurt und zwei Siegen
schaffte es Surtees aber doch noch: Dank Streichresultaten
holte er die Weltmeisterschaft mit einem
Punkt Vorsprung auf Graham Hill.
1965 folgte sogleich ein herber Rückschlag. Ferrari
konnte Surtees kein konkurrenzfähiges Material
zur Verfügung stellen, große Erfolge blieben aus.
Die Saison fand zudem ein frühzeitiges Ende, weil
beim Training zu einem Sportwagenrennen in
Kanada die Aufhängung an seinem Lola brach und
er schwer verunglückte. Nur knapp konnte er dem
Tod entrinnen, doch das Ende der Motorsportkarriere
war noch lange nicht erreicht. 1966 ging er in
eine weitere Saison mit Ferrari, doch es sollte die
letzte beim Traditionsrennstall werden. Es kam zum
endgültigen Bruch zwischen Surtees und Dragoni,
woraufhin er nach zwei Rennen als Meisterschaftsführender
Ferrari verließ und bei Cooper anheuerte.
Doch die Unzuverlässigkeit des Cooper T81
verhinderte den zweiten Weltmeistertitel Surtees‘
und er musste sich mit WM-Rang zwei zufriedengeben.
Die Wunden der gescheiterten Ferrari-
Beziehung sitzen noch heute tief. »Der Rennstall
Ferrari ist zu so viel mehr fähig, als er es jemals
geschafft hat«, erzählt Surtees rückblickend. »Intrigen
und Politik haben das verhindert, aber das ist
Italien - auch wenn ich Italien liebe.«
Später wechselte Surtees zu Honda und anschließend
zu BRM, wo er nur wenig Erfolge feierte. Bei
beiden Teams entwickelte das von ihm ins Leben
gerufene Team Surtees einzelne Teile der Fahrzeuge,
DAS IST IN ENGLAND GENERELL
SCHLECHT: DIE LEUTE SIND ZU
SCHNELL MIT DEM, WAS SIE
HABEN, ZUFRIEDEN. DAS WICH-
TIGSTE, WAS ICH IN MEINEM
LEBEN MACHEN MUSSTE, WAR
ES, NICHT ANDERE LEUTE ZU-
FRIEDEN ZU STELLEN, SONDERN
MICH SELBST.
Nach der
Ferrari-Zeit blieben
große Erfolge aus
bevor 1970 die vollkommene Eigenständigkeit kam.
Die Gründung des eigenen Teams war aber keine
Trotzreaktion auf die Diskrepanzen mit der Ferrari-
Führungsriege, wie Surtees noch heute betont: »Ich
wollte nie mein eigener Boss sein, Racing ist ein
Mannschaftssport.« Team Surtees vertraute
zunächst auf Kunden-McLaren und setzte später
den TS7, eine Eigenentwicklung ein. Obwohl die
Einsätze alles andere als von Erfolg gekrönt waren,
ging Surtees auch 1971 mit seinem eigenen Team
an den Start. Nachdem Jahr zwei in Eigenregie ähnlich
erfolglos verlief, zog er sich im Jahr darauf fast
komplett als aktiver Rennfahrer zurück. Doch das
Team Surtees blieb noch weiter bis 1978 bestehen,
1979 musste Surtees das Team wegen Geldproblemen
aufgeben.
Zwischen 1951 und 1972 nahm Surtees an 348
Motorradrennen, 111 Formel-1-Grands-Prix und
62 Sportwagenrennen teil. 521 Mal setzte der heute
80-Jährige sein Leben aufs Spiel. In einer Zeit, in
der tödliche Unfälle fast an der Tagesordnung
waren, gewann Surtees das Russische Roulette 521
Mal. Sein Sohn Henry Surtees hatte weniger Glück:
Bei seinem achten Rennen in der Formel 2 verunglückte
er im Alter von 18 Jahren tödlich - in einer
Zeit, in der Sicherheit als beinahe selbstverständlich
erachtet wurde.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 63
SLIDESHOW | MOTORRAD | #35 | 2014
64 www.Motorsport-Magazin.com
❱
SCHNAPSIDEE
TEXT: MARIA POHLMANN
Italienische Medien berichteten im Januar, dass Ducati 2014 komplett
in der Open-Klasse starten will. Das Dementi aus Bologna folgte prompt.
Grundsätzlich schien die Idee aber gar nicht so abwegig. Nach der
letzten Saison, die Andrea Dovizioso und Nicky Hayden auf den Rängen
acht respektive neun abschlossen, können die Ergebnisse kaum noch
schlechter werden. Zudem hätten sich die Ingenieure komplett auf die
Hardware-Probleme der Desmosedici konzentrieren können und dazu
noch einen Sprit- und Motoren-Vorteil gehabt, bevor sie sich den Hürden
der Software stellen. Andererseits würden dann nur noch Honda und
Yamaha bleiben. Glück gehabt, Dorna. Schließlich gilt Werksteamschwund
fast schon als eine anerkannte Krankheit in der MotoGP.
FOTO: DUCATI
www.Motorsport-Magazin.com 65
FOTOS: MILAGRO
66 www.Motorsport-Magazin.com
DUELL DER
GIGANTEN
WER HAT IM GIGANTEN-DUELL HONDA GEGEN YAMAHA DIE NASE VORNE? WIE GROSS SIND
DIE WM-CHANCEN DER VIER WERKSFAHRER? WO LIEGEN IHRE STÄRKEN UND SCHWÄCHEN?
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BLÄST ZUM GROSSEN VERGLEICH.
TEXT: MICHAEL HÖLLER & MARIA POHLMANN
www.Motorsport-Magazin.com 67
Repsol Honda punktet mit
schneller Entwicklung und
vielen Vorteilen
MOTORRAD:
HONDA RC213V
Die Honda war das mit Abstand schnellste Motorrad der vergangenen Saison
und erzielte an 16 der 18 Rennwochenenden die höchste Endgeschwindigkeit.
Teilweise lagen die RC213V um zehn km/h vor den M1 von Yamaha oder den
Desmosedici von Ducati. Technologisch hatte man bis zu den letzten Saisonrennen
den Vorteil des stufenlosen Getriebes, das für mehr Stabilität der
Motorräder in den Anbrems- und Beschleunigungsphasen sorgte. Zudem lief
die Elektronik der Japaner nahezu perfekt. Superzeitlupen von Marquez‘ Slides
in den Kurven zeugen davon, wie sehr die Traktionskontrolle der Honda die
Piloten ans Limit gehen lässt. Auch die Zuverlässigkeit der Honda-Maschinen
war im Vorjahr hervorragend, vor allem die Laufzeit der Motoren überzeugte,
sodass man für die finalen Rennen sogar noch unbenutzte Aggregate auffahren
konnte. »Der Motor ist bei Honda eine Bank«, wie es Alex Hofmann im Vorjahr
im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin ausdrückte. In den Satellitenteams
ließ Honda mit alternativen Bremsen (Nissin bei Stefan Bradl) und einer anderen
Federung (Showa bei Alvaro Bautista) experimentieren, um eventuelle
Materialvorteile immer im Auge zu behalten. Im Entwicklungsteam hat Honda
zudem ein Ass im Ärmel: Casey Stoner. Der begnadete Australier wird wohl
nie wieder ein Rennen fahren, aber er entlastet die Einsatzfahrer mit seiner
Testarbeit und hilft der Development-Abteilung mit seinen Expertisen und
Tipps. Wenn man an der Honda Schwachpunkte ausmachen will, dann sind
diese am ehesten noch in der Beschleunigungsphase aus langsamen Kurven
zu finden. Zudem scheint die Honda sich mit den Bridgestones nicht ganz so
gut zu vertragen wie die Yamaha. Vor allem Dani Pedrosa beklagte in der
abgelaufenen Saison mehrfach, dass er aufgrund von nachlassendem Grip
nicht immer bis ans Limit gehen konnte. Wie knifflig es ist, das richtige Setup
der RC213V zu finden, wissen nur die Piloten. Pedrosa räumte jedenfalls ein,
in diesem Punkt in Katar und Assen nicht die richtigen Entscheidungen getroffen
zu haben
FOTOS: MILAGRO, HONDA
68 www.Motorsport-Magazin.com
Yamaha macht bei
der Geschwindigkeit
in den Kurven gut
MOTORRAD:
YAMAHA M1
Nicht umsonst wirbt Yamaha mit dem Slogan ‚Revs Your Heart‘ - schließlich
lässt die YZR-M1 nicht nur Fahrer-, sondern auch Fan-Herzen aufheulen. Den
etwas anderen Heuler erlebten die Japaner Ende 2011, als sie von Casey Stoner
auf der Honda deutlich in den Schatten gestellt wurden. Also entwickelte Yamaha
ein komplett neues Bike, das es ab 2012 wieder mit der Konkurrenz aufnehmen
konnte - wie nicht nur Jorge Lorenzos WM-Titel bewies. Die Kurvengeschwindigkeit
zählt bis heute zu den besonderen Stärken der M1, was auf eine extrem
gute Traktion auf den Bridgestone-Reifen zurückzuführen ist. Honda kann in
diesem Punkt kaum mithalten. Zur Mitte der vergangenen Saison machte Yamaha
einen weiteren Sprung: Nach langem Drängen Lorenzos und Valentino Rossis
wurde in Misano zum ersten Mal ein stufenloses Getriebe im Rennen eingesetzt.
Kein Wunderwerk, dennoch brachte es beiden Piloten mehr Stabilität, einen
psychologischen Auftrieb und einige Zehntelsekunden in der Rundenzeit. Für
2014 haben die Ingenieure bereits ein neues Chassis parat. Auf der Kehrseite
lag Yamaha am Ende der Saison 2013 deutlich hinter Honda. Begonnen beim
stufenlosen Getriebe, das Honda und Ducati schon seit Jahren verwenden. Zwar
sprang Yamaha im letzten Jahr mit auf den Zug auf, hatte bis dato allerdings
wichtige Zeit eingebüßt. Auch im Top-Speed liegt die M1 konstant zurück, was
Lorenzo und Rossi in den Kurven ausgleichen müssen. Durch Probleme auf der
Bremse ist das allerdings alles andere als ein Kinderspiel. Der Mallorquiner
gestand sogar, dass er ganze 15 Meter früher als die Honda-Piloten vor einer
Kurve auf der Bremse ist - eine Distanz, die in der Königsklasse des Motorradsports
kaum wieder gutzumachen ist. »Wir hoffen auf eine Verbesserung beim
Bremsen. Damit würde es für mich viel einfacher werden, ernsthaft kämpfen
zu können«, sagte Lorenzo. Doch damit nicht genug: Auch beim Beschleunigen
aus der Kurve liegen die Yamaha-Fahrer deutlich hinten. Dazu kommt der starke
Verschleiß an Motoren. Bei nur fünf erlaubten Aggregaten kamen beide Werksfahrer
2013 bereits ins Straucheln.
→
→
www.Motorsport-Magazin.com 69
Dani Pedrosa hat
viel Erfahrung in der
MotoGP
FAHRER:
HONDA:
MARC MARQUEZ &
DANI PREDOSA
Über die Qualitäten des Marc Marquez wurde in den
letzten Monaten viel geschrieben. Seine unbändige
Angriffslust auf der Strecke, die extreme Fokussierung
von der ersten Session an und die unglaubliche
Beherrschung des Motorrads machen ihn zur heißesten
Superwaffe im kommenden Jahrzehnt. Der Rookie
zertrümmerte in seinem Debütjahr einen Rekord
nach dem anderen und ist das neue Kronjuwel in
Hondas Hall of Fame, das die Speerspitze gegen
Yamaha bilden soll. Seine Ergänzung bei den Japanern
bildet der routinierte Dani Pedrosa, der auf
mittlerweile acht Saisons in der Königsklasse zurückblicken
kann. Der Katalane ist die perfekte Verkörperung
von Konstanz: In jedem seiner acht Jahre in
der MotoGP fuhr er mindestens zwei Siege und acht
Podiumsplätze ein, nur zweimal landete er nicht
innerhalb der Top-3 der Gesamtwertung. Die Routine
des Katalanen ist für das Weltmeisterteam vor allem
im Bereich der Entwicklung unverzichtbar. Vier Doppelsiege
und insgesamt 29 Podiumsplätze fuhr das
spanische Honda-Duo im Vorjahr ein - so erfolgreich
war selten zuvor eine Fahrer-Paarung in der MotoGP.
So schnell das spanische Duo auch ist, so sehr dürften
sie der Teamführung hin und wieder den Schweiß
auf die Stirn treiben. Marc Marquez war in seiner
Debütsaison äußerst sturzanfällig und flog in allen
Sessions zusammengerechnet 15 Mal ab. Nur der
Kolumbianer Yonny Hernandez stieg noch öfter
unfreiwillig von seinem Motorrad ab. Außer einem
blauen Kinn in Mugello und einer ausgerenkten
Schulter samt Bänderzerrung in Silverstone kam der
Rookie aber glimpflich davon. Soviel Glück ist ihm
aber nicht in jeder Saison sicher. Davon kann Dani
Pedrosa ein Lied singen, ist er doch einer der verletzungsanfälligsten
Fahrer im Feld. Acht Rennen verpasste
der Katalane in der MotoGP bereits wegen
Verletzungen, von den letzten sechs Saisons fuhr er
nur in zwei alle Rennen. Kaum ein exponierter Knochen
von Pedrosa war noch nicht gebrochen und die
unzähligen Verletzungen zu oft unglücklichen Zeitpunkten
sind der Hauptgrund dafür, dass der 28-Jährige
noch immer ohne Titel in der Königsklasse
dasteht.
70 www.Motorsport-Magazin.com
Marc Marquez ist
der junge Wilde
FOTOS: MILAGRO, HONDA
Das Yamaha-Duo
verspricht Erfolg
FAHRER:
YAMAHA: JORGE LORENZO & VALENTINO ROSSI
Ob Honda, Ducati oder Yamaha: alle lecken sich die Finger nach dem zweifachen
Weltmeister. Jorge Lorenzo ist gefragt wie nie und das liegt nicht unbedingt an
seiner guten Statistik, sondern eher an seiner einzigartigen, präzisen Fahrweise.
»Für mich ist er derzeit der perfekte Fahrer, ganz klar. Er fährt wie eine Maschine,
ein Roboter. Er fährt so präzise, jede Runde wie die andere, man sieht keinen
einzigen Wackler, keine Unregelmäßigkeiten. Er ist so super konzentriert und
mental wie physisch stark. Das ist ein Phänomen«, lobte Bernhard Gobmeier
den 26-Jährigen gegenüber dem Motorsport-Magazin. Dazu punktet Lorenzo
mit großem Erfolgshunger und langjähriger Kenntnis seiner Maschine. Rossi
auf der anderen Seite der Garage überzeugt mit einer Geschichte der Superlative.
Der Italiener weiß genau, was er will und meistens auch, wie er es erreicht. Mit
zwölf Jahren MotoGP-Erfahrung gehört er auch zu den Entwicklungsfahrern
Nummer eins. Seine neun WM-Titel kommen schließlich nicht von ungefähr.
Auch mit 35 Jahren ist ‚Il Dottore‘ besonders bei den Fans der ungeschlagene
Champion. Schon vor einiger Zeit gab Lorenzo zu, dass er in Sachen Motorrad-
Entwicklung kaum eine Ahnung hat und lediglich seine Eindrücke an die Mechaniker
weitergibt. In den letzten Jahren hat der Mallorquiner definitiv dazugelernt,
aber an richtigem Know-how scheint es noch zu mangeln. Dazu nagt die Unterlegenheit
der Yamaha merklich an seiner Psyche. Mit seinem ungezügelten
Kampfgeist stand sich Lorenzo 2013 zudem selbst ein wenig im Weg. Anstatt
nach dem Schlüsselbeinbruch in Assen eine kurze Pause einzulegen, führte der
starke Drang nach Punkten auf dem Sachsenring zum Desaster. Zumindest
konnte Lorenzo des Öfteren siegen und stand insgesamt 14 Mal auf dem Podium.
Rossi schaffte es in der vergangenen Saison lediglich unter ungewöhnlichen
Umständen aufs Treppchen. Es scheint fast, als hätten ihm die beiden Jahre bei
Ducati den Wind aus den Segeln genommen. Mit 35 Jahren ist er zwar noch
nicht der älteste Pilot im Feld, im Kampf gegen die jungen Wilden scheint ihm
allerdings etwas Dampf zu fehlen. Rossi will siegen, doch sollte er 2014 nicht
in der Lage sein, etwas regelmäßiger vorne mitzuhalten, könnte ihn die MotoGP-
Müdigkeit wohl bald überkommen.
→
www.Motorsport-Magazin.com 71
TEAM:
HONDA
Shuhei Nakamoto und Livio Suppo bilden die Doppelspitze
von Repsol Honda. In allen wichtigen Personal- und Entwicklungs-Entscheidungen
arbeitet das Duo zusammen
- der Erfolg gibt Nakamoto und Suppo bislang Recht. Ob
Casey Stoner oder Marc Marquez: Fahrer, die Honda wollte,
bekam der Hersteller auch stets. Auf der politischen Bühne
spielen Nakamoto und Suppo ihren Trumpf, den weltgrößten
Motorrad-Konzern und einzigen Hersteller, der in allen
drei Klassen seine Finger im Spiel hat, zu vertreten, eiskalt
aus. Aktuell zieht man erfolgreich gegen die Einheitselektronik
in der MotoGP zu Felde. Seit dem Zwischenfall von
Aragon hängt der Haussegen gewaltig schief und vor allem
zwischen Marquez-Manager Emilio Alzamora und Pedrosas
Manager Alberto Puig herrscht Eiszeit. Der interne
Zwist gipfelte im Debakel von Phillip Island, als Marquez
zu spät zum Pflichtboxenstopp geholt wurde, während bei
Pedrosa alles glatt lief. Die Aussagen im Anschluss an das
Desaster legen nahe, dass die Kommunikation zwischen
den beiden Seiten der Honda-Box gleich null war. Immerhin
durfte Marquez unmittelbar nach seinem Titel die alte
Stoner-Crew aus seiner Box werfen und seine alte Moto2-
Mannschaft einstellen. Der innerspanische Zwist könnte
Honda aufreiben - wie einst der Yamaha-Psychokrieg
zwischen Lorenzo und Rossi.
TEAM:
YAMAHA
Shuhei Nakamoto und Livio Suppo bilden die Doppelspitze
von Repsol Honda. In allen wichtigen Personal- und Entwicklungs-Entscheidungen
arbeitet das Duo zusammen
- der Erfolg gibt Nakamoto und Suppo bislang Recht. Ob
Casey Stoner oder Marc Marquez: Fahrer, die Honda wollte,
bekam der Hersteller auch stets. Auf der politischen Bühne
spielen Nakamoto und Suppo ihren Trumpf, den weltgrößten
Motorrad-Konzern und einzigen Hersteller, der in allen
drei Klassen seine Finger im Spiel hat, zu vertreten, eiskalt
aus. Aktuell zieht man erfolgreich gegen die Einheitselektronik
in der MotoGP zu Felde. Seit dem Zwischenfall von
Aragon hängt der Haussegen gewaltig schief und vor allem
zwischen Marquez-Manager Emilio Alzamora und Pedrosas
Manager Alberto Puig herrscht Eiszeit. Der interne
Zwist gipfelte im Debakel von Phillip Island, als Marquez
zu spät zum Pflichtboxenstopp geholt wurde, während bei
Pedrosa alles glatt lief. Die Aussagen im Anschluss an das
Desaster legen nahe, dass die Kommunikation zwischen
den beiden Seiten der Honda-Box gleich null war. Immerhin
durfte Marquez unmittelbar nach seinem Titel die alte
Stoner-Crew aus seiner Box werfen und seine alte Moto2-
Mannschaft einstellen. Der innerspanische Zwist könnte
Honda aufreiben - wie einst der Yamaha-Psychokrieg
zwischen Lorenzo und Rossi.
FOTOS: MILAGRO, HONDA
72 www.Motorsport-Magazin.com
GESCHICHTE:
HONDA
Honda ist als weltweit größter Hersteller auch die erfolgreichste Marke in der
Geschichte der Motorrad-WM. 667 Siege in allen Klassen (248 davon in der
MotoGP bzw. 500cc) gehen auf das Konto der Japaner, die bislang 61 Konstrukteurs-Titel
(20 davon in der Königsklasse) gewinnen konnten. Legenden wie
Freddy Spencer, Mick Doohan, Casey Stoner oder Valentino Rossi konnten für
Honda schon die Weltmeisterschaft gewinnen, insgesamt holten Honda-Piloten
16 Mal die Fahrer-Wertung. Der erste GP-Sieg eines Piloten auf einer Honda
datiert aus dem Jahr 1961, als der Australier Tom Phillis in Montjuic das 125cc-
Rennen gewann und im selben Jahr für den ersten WM-Titel der Japaner sorgte.
Fünf Jahre später folgte in Hockenheim der erste Sieg in der Königsklasse -
durch Jim Redman, der mit sechs WM-Titeln (zwei in der 250cc, vier in der
350cc-Klasse) bis heute der titelreichste Honda-Fahrer ist. In der aktuellen
Konstellation Repsol Honda gibt es den im belgischen Aalst stationierten Rennstall
seit 1995. Seither gewann man 10 Mal die Fahrer- und 13 Mal die
Hersteller-Wertung.
YAMAHA
Schon seit den 1960er Jahren ist Yamaha im Motorrad-Grand-Prix vertreten.
Fahrer wie Eddie Lawson, Wayne Rainey, Kenny Roberts, John Kocinski, Tetsuya
Harada und Giacomo Agostini feierten schon damals WM-Titel für das japanische
Unternehmen. Phil Read hält noch immer den Rekord mit fünf Weltmeister-Titeln
in der 125ccm- und der 250ccm-Klasse. Ab 1999 wurde die Organisation des
Werksteams nach Europa verlegt, wo fortan alle Rennaktivitäten geleitet wurden.
Lediglich die technische Entwicklung blieb in Japan. Größter Yamaha-Held der
neuen Ära war zweifelsohne Rossi, der die Welt und alle Mitglieder des Werks
aus Iwata schon im ersten Rennen mit einem Sieg überraschte. Der Italiener
triumphierte 2004, 2005, 2008 und zuletzt 2009 für den japanischen Hersteller.
Mit 37 Konstrukteurs-Titeln steht Yamaha gleichauf mit MV Augusta hinter Honda
in der Bestenliste auf Rang zwei. Insgesamt feierte Yamaha 480 Rennsiege in
allen Klassen, muss sich aber auch in diesem Klassement Honda geschlagen
geben. Lorenzo und Rossi arbeiten auf der YZR-M1 aktuell daran, diese Statistik
weiter aufzuwerten.
www.Motorsport-Magazin.com 73
TEXT: MARKUS ZÖRWEG
OPEN
FACTORY
DIE NEUE MOTOGP-SAISON BRINGT DIE EINFÜH-
RUNG DER KLASSEN ‚OPEN‘ UND ‚FACTORY‘. EIN
NOVUM, WELCHES ZAHLREICHE VORTEILE, ZU-
GÄNGE ABER AUCH STREITPUNKTE BIETET. EIN
ÜBERBLICK
74 www.Motorsport-Magazin.com
Grundsätzlich unterscheidet
sich das Reglement
der MotoGP-Saison 2014
von dem des Vorjahres
nur in einem wesentlichen
Punkt. Die von
Anfang an zum Scheitern verurteilte CRT-Klasse
ist nach zwei Jahren wieder Geschichte, an ihre
Stelle tritt die neue Open-Kategorie. Im Gegensatz
zu den CRTs, die während ihres Bestehens
stets die Ausnahme von der Regel, sprich den
Prototypen, waren, wird die Open-Klasse allerdings
nun die Mehrheit des MotoGP-Feldes stellen.
Lediglich die Werkspiloten von Honda,
Yamaha und Ducati beziehungsweise die Satellitenfahrer
Stefan Bradl bei LCR, Alvaro Bautista
bei Gresini, Bradley Smith und Pol Espargaro bei
Tech3 sowie Andrea Iannone bei Pramac verbleiben
noch in der Factory-Klasse.
Was aber bedeuten die Begriffe »Open« und
»Factory« nun eigentlich? Die Vertreter der
Open-Klasse haben gegenüber ihren Factory-
Konkurrenten einen großen Nachteil - die Elektronik
des Motorrads. Während man bei den drei
großen Herstellern viel Geld und Mühe in die
Weiterentwicklung der Electronic Control Unit,
kurz ECU, steckt, müssen die Fahrer, die für die
Open-Klasse gemeldet sind, ein Einheitssteuergerät
von Magneti Marelli verwenden, an dem
keine Modifikationen erlaubt sind. Somit werden
die Factory-Bikes der Konkurrenz in puncto
Leistung und auch Fahrbarkeit der Motorräder
deutlich vorne liegen.
Im Gegenzug wartet auf die Factory-Meldungen
eine Reihe von Einschränkungen, die diesen
Vorteil zu einem jetzt noch nicht abzuschätzenden
Grad verringern werden. Der größte
Nachteil für Teams wie Repsol Honda oder
Yamaha Factory Racing wird das geringere
Spritvolumen sein, das ihnen im Vergleich
zu den Open-Startern zugestanden wird.
Während diese 24 Liter Benzin für eine
Renndistanz benötigen dürfen, sind die
Factory-Bikes auf 20 Liter beschränkt. 20
Prozent mehr Sprit pro Rennen also für die
Open-Bikes - das könnte dazu führen, dass
diese die Rennen bis zum Ende mit Vollgas
bestreiten können, während Marc Marquez,
Jorge Lorenzo und Konsorten in den letzten
Runde etwas Tempo rausnehmen müssen. HRC-
Boss Shuhei Nakamoto bestätigte bereits, dass
die Einschränkung des Benzinverbrauchs in der
Entwicklungsabteilung von Honda für einige
Sorgenfalten gesorgt hat: »Das neue Reglement
ist für uns als Hersteller sehr schwierig, vor allem
die Begrenzung des Spritvolumens auf 20 Liter
bedeutet viel Arbeit. Im Motorsport war unser →
FOTOS: MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 75
FOTOS: MILAGRO
ECUs könnte sie die Pneus mehr fordern,
wodurch eine weichere Mischung am hinteren
Slick keinen Vorteil für die Open-Piloten darstellen
würde.
DIE GRÖSSTEN
REGELÄNDERUNGEN
DER LETZTEN JAHRE
2002: Die MotoGP löst die 500ccm-Weltmeisterschaft
als Königsklasse des Motorradsports
ab. Die 500ccm-Zweitakter sind zwar weiterhin
erlaubt, gegen die nun ebenfalls erlaubten
990ccm-Viertakter sind sie aber machtlos. In der
Folgesaison verschwinden sie vollkommen aus
dem Starterfeld.
2007: Der maximale Hubraum der MotoGP-
Maschinen wird von 990 auf 800ccm gesenkt,
da die Motorräder schlicht und einfach zu
schnell wurden. Um die Kosten nicht unnötig in
die Höhe zu treiben, wird diese Regelung auf
die Dauer von fünf Jahren begrenzt.
2012: Nach den geplanten fünf Jahren erfolgt
der Wechsel auf 1000ccm-Motoren. Die Zylinderanzahl
wird auf vier festgelegt. Aufgrund des
ständig schrumpfenden Starterfeldes wird
zusätzlich die CRT-Klasse innerhalb der MotoGP
eingeführt, die eine Teilnahme mit schwächeren
Motorrädern und einem weniger strengen
Reglement ermöglicht.
76 www.Motorsport-Magazin.com
Nicky Hayden startet
2014 auf einem
Production Racer von
Honda
Ziel immer, möglichst viel Leistung aus einem
Aggregat zu holen. Nun müssen wir auch in
diesem Bereich an den Benzinverbrauch
denken.«
Weitere Limitierungen kommen auf die Factory-Starter
in Bezug auf die Lebensdauer der
Motoren zu. Lediglich fünf Aggregate sind pro
Pilot für die gesamte Saison erlaubt. Bereits
2013, als die Prototypen ebenfalls nur fünf
Exemplare verwenden durften, gab es vor allem
bei Yamaha in den letzten Rennen einen Motorenengpass.
Jorge Lorenzo musste ein Triebwerk
einsetzen, das bei weitem nicht so gut funktionierte
wie es der entthronte Weltmeister von
fabrikfrischen Aggregaten gewohnt war. Ein
Problem, dass auch 2014 bei den Factory-Bikes
auftreten könnte. Davor dürften hingegen die
Open-Starter gefeit sein - stehen ihnen doch für
die 19 Saisonläufe zwölf Motoren zur
Verfügung.
Momentan noch in der Schwebe ist die Einführung
eines weicheren Hinterreifens für die
Open-Klasse, wie es ihn bereits in der abgelaufenen
Saison für die CRTs gegeben hat. Bridgestone,
exklusiver Reifenlieferant der MotoGP,
hält sich diese Option noch offen und wartet die
Erkenntnisse der weiteren Testfahrten ab.
Abhängig ist die Einführung vom Reifenverschleiß
der Motorräder mit Einheitselektronik.
Da diese nicht so ausgefeilt sein wird wie die
von den großen Herstellern selbstentwickelten
Wie auch immer die endgültigen Unterschiede
zwischen Open- und Factory-Kategorie genau
aussehen werden, eines ist klar: Mit Honda,
Yamaha und Ducati werden alle drei großen
Hersteller auch bei den Open-Bikes vertreten
sein, allerdings geht jeder von ihnen einen eigenen
Weg. Die größte Zahl an Open-Maschinen
wird Honda mit seiner Production-Racer
genannten RCV1000R stellen. Moto2-Weltmeister
Scott Redding wird einen davon bei Gresini
pilotieren, Aspar wird seine Fahrerpaarung
Nicky Hayden und Hiroshi Aoyama damit ausrüsten
und auch Karel Abraham hat sich eine
der Maschinen gesichert. Bei diesem Projekt
wird das gesamte Motorrad von Honda zur Verfügung
gestellt. Eine Tatsache, die ein Vor- oder
Nachteil sein könnte. Einerseits bürgt der Name
Honda natürlich für Qualität, somit kann es
nicht schaden, möglichst viele Teile vom Werk
zu erhalten. Andererseits bietet ein derart abgeschlossenes
Package den Teams wenig Raum
zur Weiterentwicklung, was sich im Vergleich
mit den Yamaha-befeuerten Maschinen als
Nachteil erweisen könnte.
Der zweite Motorradriese aus dem Land der
aufgehenden Sonne liefert nämlich im Gegensatz
zu Honda nur den Antriebsstrang an sein
Open-Team Forward Racing. Aleix Espargaro
und Colin Edwards werden auf einem FTR-
Rahmen ihre Runden drehen, in dem Getriebe
EINES IST KLAR:
MIT HONDA, YA-
MAHA UND DUCA-
TI WERDEN ALLE
DREI GROSSEN
MOTORRADHER-
STELLER AUCH BEI
DEN OPEN-BIKES
VERTRETEN SEIN,
ALLERDINGS GEHT
JEDER VON IHNEN
EINEN EIGENEN WEG
Für Dani Pedrosa
ändert sich 2014
nicht viel
Mit nur 5
Motoren hatte
Yamaha 2013
schon zu
kämpfen
und Motor von Yamaha verbaut werden. Nur
ein Open-Motorrad schickt Ducati ins Rennen.
Yonny Hernandez wird bei Pramac Racing eine
Desmosedici GP13 pilotieren - also ein Vorjahresmodell
- allerdings mit der vorgeschriebenen
Einheitselektronik.
Marc Marquez
gibt einfach Gas
So unterschiedlich die Zugänge der Hersteller
sind, so verschieden sind auch ihre Meinungen
bezüglich der neuen Klasse. Die Intention von
FIM und Promoter Dorna ist klar: Die Elektronik
ist mittlerweile zu einem der wichtigsten
Bauteile eines MotoGP-Bikes geworden, dementsprechend
große finanzielle Ressourcen verschlingt
die Entwicklung und Verbesserung
dieser Komponente. Somit fällt es neuen oder
kleineren Herstellern schwer, den Anschluss an
die Großen zu finden, respektive zu halten.
Durch eine Vereinheitlichung dieses Bauteils
soll sich das ändern, was wiederum für volle
Starterfelder und eine höhere Attraktivität des
Sports sorgen soll. Läuft alles nach Plan, könnte
die Einheits-ECU bald für alle Teilnehmer
Pflicht werden.
Scott Redding gibt sein
Debüt auf dem
Production Racer
Gresini setzt eine
Satelliten- und eine
Open-Maschine ein
Die Werksfahrer haben
etwas weniger Sprit zur
Verfügung
Honda wehrte sich
erfolgreich gegen die
Einheitselektronik
Während man sich bei Ducati von dieser Idee
durchaus angetan zeigt, stößt der Gedanke bei
Honda auf strikte Ablehnung. »Wenn die
MotoGP eine einheitliche ECU will, dann wird
Honda zu 99 Prozent aus der Weltmeisterschaft
aussteigen. Der Grund, warum Honda in der
MotoGP vertreten ist, liegt in der Möglichkeit,
Technologien zu entwickeln. Wir sind der Meinung,
dass Grands Prix dafür die beste Gelegenheit
sind. Sollte uns diese Entwicklungsmöglichkeit
genommen werden, dann verlieren wir
einen wichtigen, ja sogar fundamentalen Grund
für unser Engagement. So können wir die hohen
Ausgaben nur schwer rechtfertigen. Wenn es
das Ziel der Dorna ist, die Entwicklung zu stoppen,
dann gibt es keinen Grund für einen Hersteller
wie Honda, in der MotoGP zu bleiben«,
polterte Nakamoto.
www.Motorsport-Magazin.com 77
FRISCHER
WIND
TEXT: MICHAEL HÖLLER & MARIA POHLMANN
JAHR FÜR JAHR SORGEN DIE ROOKIES IN DER MOTOGP FÜR ABWECHSLUNG, ÜBERRASCHUNGEN
ODER AUCH ENTTÄUSCHUNGEN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DIE NEUZUGÄNGE VOR DEM
SAISONSTART 2014 UNTER DIE LUPE.
78 www.Motorsport-Magazin.com
Pol Espargaro
kommt mit dem
Moto2-Titel in der
Tasche
POL
ESPARGARO
Pol Espargaro hat es 2014 in die MotoGP
geschafft, wo er eine Yamaha M1 bei
Tech 3 pilotieren wird. Mit 22 ist er
damit dort angekommen, wohin er sich
2006 wenige Tage nach seinem 15.
Geburtstag bei seinem Debüt in Barcelona
aufgemacht hat. Espargaro setzte
in seiner WM-Karriere behutsam einen
Schritt nach den anderen. 15 Monate
nach seinem ersten Rennen stand er
erstmals auf dem Podium, ein Jahr später
folgte die erste Pole Position und
noch ein Jahr darauf der erste Sieg.
2010 duellierte er sich mit Marc Marquez
und Nico Terol um die Krone in der
Achtelliterklasse und musste sich aus
diesem Dreikampf erst im vorletzten
Rennen verabschieden. 2011 folgte der
Aufstieg in die Moto2, wo er drei Jahre
für den Rennstall von Sito Pons fuhr.
Zehn Siege sollte er dort einfahren, 2012
Vizeweltmeister hinter Marquez werden
und im Vorjahr dank eines starken Saisonfinish
endlich den WM-Titel holen.
Sein Bruder Aleix, zu dem er ein inniges
Verhältnis pflegt, wird künftig nicht
mehr bei Pols Rennen an der Boxenmauer
mitfiebern können, denn ab 2014
sind die Espargaros Rivalen auf der
Strecke.
FOTOS: MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 79
Endlich die
richtige Größe: Scott
Redding fährt 2014
in der MotoGP
MIKE
DI MEGLIO
Der neue Mann an der Seite von Hector Barbera im Avintia Blusens Team
ist im Grand-Prix-Zirkus kein Unbekannter. Mike di Meglio gab schon 2003
sein WM-Debüt und konnte sich seitdem in der 125ccm-Klasse sukzessive
nach vorne arbeiten. Obwohl er in den Jahren zuvor nur einen einzigen
Sieg feiern konnte, triumphierte der Franzose 2008 bei vier Rennen und
schnappte sich frühzeitig den WM-Titel, bevor er in die 250ccm-Klasse
aufstieg. Dort gelang ihm auf Aprilia ein starker Einstieg und Gesamtrang
acht, bevor ihn die Einführung der Moto2 zurückwarf. Trotz Plätzen jenseits
der Top-20 und einer langen Verletzungspause in der letzten Saison empfahl
sich der mittlerweile 26-Jährige für die Königsklasse. 2014 bestreitet
di Meglio sein erstes MotoGP-Jahr auf der FTR-Kawasaki des Avintia
Teams. Erste Testfahrten in Valencia und Aragon zeigten bereits einen
Aufwärtstrend. Zum Start der neuen Saison will der fünffache Grand-Prix-
Sieger erst einmal mit seinem neuen Teamkollegen mithalten, um dann
weiter vorne anzugreifen.
Nach langer
Verletzung ist Mike
di Meglio zurück im
Geschehen
SCOTT
REDDING
Der Brite galt einst als Wunderkind und große Hoffnung des britischen
Motorrad-Sports. 2008 kam er im zarten Alter von 15 Jahren in die WM
und schlug ein wie eine Bombe. Er qualifizierte sich beim Debüt in Katar
als jüngster Pilot der Klasse für die erste Startreihe und krönte sich in
Donington mit 15 Jahren und 170 Tagen zum jüngsten Gewinner eines
WM-Rennens. Ein Rekord, den nicht einmal Marc Marquez knacken konnte.
Sein Erfolg war der erste britische Sieg nach 21 Jahren Wartezeit, weshalb
Redding auf der Insel bis heute großes Ansehen genießt. Gerade bei Heimrennen
drehte er auf, gewann bislang zweimal, landete zwei weitere Male
auf dem Podium und war nie schlechter als Fünfter. Abseits der Insel kam
seine Karriere aber ein wenig ins Stocken. Nach den WM-Endrängen 11
und 15 stieg er 2010 in die Moto2 auf, wo er immer wieder gute Ergebnisse
einfuhr, unterm Strich aber die nötige Konstanz vermissen ließ. 2012 stellte
sich diese allmählich ein und im Vorjahr kam der Durchbruch. Lange Zeit
führte er in der WM-Wertung, ehe er sich auf Phillip Island das Handgelenk
brach, in den letzten drei Rennen angeschlagen nur noch einen Punkt
holte und sich mit Platz zwei begnügen musste. 2014 fährt der Brite eine
Open-Honda bei Gresini.
80 www.Motorsport-Magazin.com
BROC
PARKES
32 Jahre alt wird Broc Parkes sein, wenn er im März in Katar sein Debüt
in der MotoGP gibt. Seine ersten Schritte auf dem Motorrad unternahm
er in australischen und japanischen Rennserien. Erst im Alter von 20 Jahren
wagte er sich nach Europa und nahm 2001 und 2002 auf einer Ducati an
der Superbike-WM teil. Mehr als vereinzelte Top-10-Plätze waren für den
Australier aber nicht drin, weshalb er 2003 den Abstieg in die Supersport-
WM wagte. Zunächst auf Honda, später auf Yamaha gewann er bis 2008
fünf Rennen und wurde zweimal Vizeweltmeister. 2009 versuchte Parkes
es noch einmal in der WSBK - diesmal auf einer Kawasaki, doch der
Durchbruch blieb ihm erneut verwehrt. Bis 2012 fuhr er wieder in der
Supersport-WM, wo ihm in Imola 2011 ein weiterer Sieg gelang. Im Vorjahr
bestritt er mit dem österreichischen YART-Team die Langstrecken-WM
und einen Wildcard-Einsatz in der WSBK. 2014 fährt er eine Aprilia für
Paul Bird Motorsport. Gerüchten zufolge soll sich Dorna-Boss Carmelo
Ezpeleta persönlich für seine Verpflichtung stark gemacht haben, weil er
eine Startaufstellung ohne einen einzigen Australier fürchtete.
Broc Parkes gibt
mit 32 Jahren sein
Debüt in der
Königsklasse
LEON
CAMIER
Von der
Superbike-WM in die
MotoGP:
Leon Camier
Mit Leon Camier kommt 2014 ein langjähriger Superbike-Pilot in die
Königsklasse. Ganz so neu ist der Brite dann aber doch nicht. Zumindest
wurde er von Honda vor über zehn Jahren schon einmal zu 125ccm
Testfahrten zitiert. Abgesehen von der britischen Meisterschaft blieb er
der 125er aber fern. Camier startete schon mit 18 Jahren bei den 8h von
Suzuka und verschrieb sich danach Supersport und Superbike. Der Pilot
aus Ashford startete mit einem britischen Supersport-Titel in der Tasche
in der WSS, der er ein Jahr später aber wieder den Rücken kehrte und
zunächst in die britische Superbike-Meisterschaft aufstieg. Nachdem er
sich auch dort den Pokal holen konnte, wechselte er 2010 zu Aprilia in
die WSBK und zwei Jahre später zu Suzuki. Trotz Verletzungspech machte
der 27-Jährige hier und da mit starken Ergebnissen auf sich aufmerksam
und kommt in dieser Saison im Ioda Racing Team zu seinen WSBK-Wurzeln
zurück. Camier wird wie sein Teamkollege Danilo Petrucci die ART-
Maschine pilotieren, mit der Aleix Espargaro in der letzten Saison noch
den CRT-Titel und den elften Rang der Gesamtwertung holte.
FOTOS: MILAGRO, SUZUKI, HONDA
www.Motorsport-Magazin.com 81
FOTO: MILAGRO
Starke Saison
von Alvaro
Bautista
- auch ohne
Podestplatz
82 www.Motorsport-Magazin.com
TEXT: MARIA POHLMANN
EINSTELLUNGSSACHE
KEIN PODESTPLATZ, STÜRZE, ABRÄUMER, NULLER. DEM MOTORSPORT-MAGAZIN VERRÄT ALVARO
BAUTISTA IM EXKLUSIVINTERVIEW, WARUM ER DENNOCH OPTIMISTISCH IN DIE ZUKUNFT BLICKT.
www.Motorsport-Magazin.com 83
E
in Start aus Reihe drei:
Sicherlich hatte sich
Alvaro Bautista eine
etwas schnellere Qualifikationsrunde
erhofft,
doch auch Valentino
Rossi konnte vor heimischem
Publikum nicht viel mehr herausholen.
Das rote Licht der Startampel geht aus, tausende
Augenpaare neugieriger italienischer Rossi-Fans
blicken auf die 24 MotoGP-Piloten, der Grand
Prix von Mugello ist eröffnet. Bautista und Rossi
kommen gut weg und biegen mit hohen Erwartungen
in die erste Kurve ein. Schon in der ersten
Runde bahnt sich ein harter Kampf an. Auch
Andrea Iannone mischt mit. Doch nur wenige
Meter weiter ist der Traum schon vorbei.
»In der zweiten Kurve habe ich Bautista außenherum
überholt und ich denke, dass er ziemlich
weit innen fuhr. Iannone hatte ihn schon überholt
und ich glaube, er hatte Angst, noch einen
weiteren Platz zu verlieren, weshalb er extrem
viel Gas gegeben hat, um die Tür in der Mitte der
Strecke zuzumachen. Bautista war auf der linken
Seite und als er auf meiner Höhe lag, stürzte er.
Ich war gerade beim Richtungswechsel und als
mich Bautista mit seinem Vorderrad am Fuß
berührte, verlor ich die Kontrolle über mein Bike
und stürzte«, schilderte Rossi.
Sein spanischer Kontrahent behauptete später
bei der Rennleitung vehement, den Yamaha-
Fahrer nicht gesehen zu haben, half damit aber
niemandem mehr. Der Italien Grand Prix war
gelaufen. In Barcelona musste der Honda-Pilot
ebenso früh die Segel streichen. Zum ersten Mal
seit 2010 ging das Team von Fausto Gresini in
der letzten Saison ohne Podestplatz nach Hause.
Dennoch sieht Bautista seine Saison nicht zu
negativ. Immerhin gelangen ihm neben Platz
sechs der Gesamtklassifikation und als zweitbester
Satellitenfahrer einige starke Auftritte. So
landete der 29-Jährige in den letzten neun Rennen
des Jahres 2013 ganze sieben Mal unter den
besten Fünf. Das Motorsport-Magazin sprach
mit Bautista über Höhen, Tiefen und überraschende
Wendungen.
MSM: Wie würdest du die vergangene Saison
aus deiner Sicht zusammenfassen?
ALVARO BAUTISTA: Eigentlich haben wir uns
stetig gesteigert. Am Anfang hatte ich einige
Probleme mit dem Setting des Bikes. Zu Beginn
hatten wir wirklich einige Sorgen. Nach dem
Rennen in Barcelona, in dem ich in der ersten
Runde gestürzt bin, bemerkte ich, dass ich eine
Veränderung brauche. Nach diesem Rennen,
entschied ich, etwas ruhiger zu bleiben und hart
mit dem Bike zu arbeiten. Wir fanden ein gutes
Setup. Zur Mitte der Saison machte es mir wirklich
viel Spaß, das Motorrad zu fahren. So konnte
ich auch dichter ans Limit gehen und meine
Ergebnisse verbessern. Ich denke, dass wir jetzt
eine sehr gute Basis haben. Ich kann sagen, dass
ich sehr glücklich über die zweite Saisonhälfte
bin, aber auch mit der ersten Saisonhälfte zufrieden
war.
Was war dein Höhepunkt?
Ein Rennen, das sehr wichtig für mich war, war
das in Laguna Seca. Dort habe ich zum ersten
Mal um den Sieg gekämpft und war sehr dicht
am Podium dran. Dieses Rennen war echt toll
für mich. Aber auch den Lauf in Motegi habe ich
sehr genossen. Ich bin nicht so gut gestartet und
musste sechs Fahrer überholen, um auf Rang vier
nach vorne zu kommen. Dieses Rennen war
ebenso wunderbar. Ich hatte also einige
Highlights.
Welches Rennen war das schlimmste?
Für mich war das definitiv Barcelona. Im Training
war ich gut, ich bin von Platz vier aus gestartet
und hatte erwartet, in diesem Rennen ums
Podium kämpfen zu können. Dann bin ich aber
in der ersten Runde gestürzt und das war für
mich ziemlich enttäuschend. Das war das
schlechteste Rennen, half mir aber gleichzeitig,
meine Einstellung zu ändern. Ab diesem Rennen
ging es für uns eigentlich nur bergauf.
Bist du etwas enttäuscht, dass du es im letzten
Jahr nicht aufs Podest geschafft hast?
Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht, denn
2012 stand ich schließlich sogar zwei Mal auf
dem Treppchen. Im letzten Jahr war ich zwei
oder drei Mal richtig nah dran, aber das Niveau
in dieser Kategorie war in der letzten Saison so
hoch, dass es noch schwieriger war, einen
Podestplatz zu holen. Natürlich wäre ich gerne
auf dem Podium gelandet, aber ich bin trotzdem
glücklich über unsere Leistung und unsere
Ergebnisse.
Wie sehr hast du die
Kämpfe gegen Valentino
Rossi und Stefan
Bradl in den letzten
Rennen genossen?
Sehr! [lacht] Besonders
die gegen Valentino.
Er ist anders als
die anderen Fahrer.
Wenn man gegen ihn
kämpft, dann ist er
einfach auf alles vorbereitet:
auf alle
Arten von Angriffen,
an jeder Stelle, zu
jeder Zeit. Es ist
schwer zu erklären, aber in jedem Fall ist es
schwieriger, ihn zu schlagen als andere
Fahrer.
IM LETZTEN JAHR WAR ICH ZWEI
ODER DREI MAL RICHTIG NAH
DRAN, ABER DAS NIVEAU IN
DIESER KATEGORIE WAR IN DER
LETZTEN SAISON SO HOCH, DASS
ES NOCH SCHWIERIGER WAR,
EINEN PODESTPLATZ ZU HOLEN.
Was denkst du über Marc Marquez?
Unglaublich! Es ist Wahnsinn! Jeder wusste, dass
er schnell ist. Das hat er in der 125ccm-Klasse
und in der Moto2 schon gezeigt. Die MotoGP
ist aber anders. Ab dem ersten Rennen stand er
auf dem Podium. Das einzig Negative war, dass
er oft gestürzt ist. Er hat daraus aber viel gelernt
und Rennen für Rennen wurde er schneller und
stürzte weniger. Er hat den WM-Titel wahrlich
verdient. Natürlich hatte er auch ziemlich viel
Glück, denn er ist nie extrem heftig gestürzt und
hat sich dabei glücklicherweise auch nicht verletzt.
Er hatte Glück, war gleichzeitig aber auch
der Schnellste im letzten Jahr.
Bekommst du Informationen vom Repsol Honda
Team?
Ich habe einige Informationen, aber nicht alle,
weil ich ein ganz anderes Paket habe. Ich habe
ein anderes Fahrwerk und andere Bremsen, deshalb
erhalte ich nur die Grundinfos über das
Getriebe und das Setup des Rahmens. Natürlich
haben sie einen anderen Rahmen und andere
Schwingen genutzt als ich und daher auch ganz
andere Daten, die für mich nicht sehr wertvoll
sind. Ich muss mir fast alles selbst erarbeiten.
Wie lange dauert es, bis du neue Teile erhältst?
Ich kann es nicht genau sagen. Ich hatte zu Saisonende
eigentlich noch das gleiche Bike wie zu
Beginn des Jahres. Ich habe also gar keine
Updates bekommen. In Silverstone hatten wir
allerdings ein anderes Verbindungsteil, als ich
zuvor gefahren bin. Marc hatte es zuvor benutzt,
Dani [Pedrosa] allerdings nicht. Er mochte es
nicht besonders. Für mich war es nicht besser,
ich hatte einfach ein anderes Gefühl auf dem
Bike. Ansonsten habe ich während der Saison
überhaupt keine neuen Teile bekommen.
Wie lief der Test nach Valencia für dich?
Der Dienstag war sehr positiv, denn ich konnte
viele Dinge wie eine neue Schwinge probieren.
Das war etwas besser.
Dazu testete ich auch
eine Hinterradgabel
von Showa, die mir
etwas mehr Hinterradgrip
lieferte und
eine komplett neue
Vorderradgabel von
Showa. Die funktioniert
aber noch nicht
wie die, die ich bis
jetzt hatte. Daran
müssen wir noch weiterarbeiten.
Nissin
lieferte ebenso komplett
neue Bremsen,
die mir etwas besser gefielen. Am Mittwoch habe
ich das 2014er Bike probiert. Beim zweiten Run
bin ich gestürzt und weiß nicht, warum. Ich bin
FOTO: MILAGRO
84 www.Motorsport-Magazin.com
2012 stand
Alvaro
Bautista zwei
Mal auf dem
Podium
auf einer normalen Linie, bei normalem Tempo
gefahren, genauso wie am ganzen Rennwochenende
und am Dienstag beim Test. Nichts war anders. Mir
ist aber einfach das Hinterrad weggerutscht. Ich
konnte also nicht allzu viel Zeit auf dem neuen Bike
verbringen, der Mittwoch war nicht so produktiv
wie der Dienstag.
Updates
bekommt der
Spanier im
Laufe der
Saison kaum
Wie sehr freust du dich auf die neue Saison?
Ich denke, dass wir im vergangenen Jahr eine gute
Basis geschaffen haben. Unser Ziel ist es, die neue
Saison so zu beginnen, wie wir 2013 aufgehört
haben. Wir wollen ähnliche Ergebnisse, darum
kämpfen, in jedem Rennen unter den Top-5 zu landen
und uns danach verbessern, um noch näher an
die Spitze heranzukommen. In diesem Jahr wird es
garantiert noch schwieriger als in der Saison zuvor.
Marc hat mehr Erfahrung als in diesem Jahr, Jorge
[Lorenzo] wird noch härter pushen, um an ihm
dranzubleiben und Dani wird versuchen, beiden zu
folgen und alle wollen mit den Top-3 mithalten. Es
wird also unter Garantie noch schwieriger. Wir
müssen aber darauf vorbereitet sein und ich bin
sehr zuversichtlich für das nächste Jahr.
Auf
Augenhöhe
mit Stefan
Bradl
Erklärtes Ziel
2014 sind die
Top-5
Was hast du im Winter gemacht?
Zunächst einmal blieb ich zu Hause und habe mich
ein bisschen entspannt. Im Januar habe ich dann
mit meiner Vorsaison begonnen, also mein Training
aufgenommen, damit ich für die Testfahrten vor
Saisonbeginn topfit bin.
www.Motorsport-Magazin.com 85
FOTOS: SUZUKI
86 www.Motorsport-Magazin.com
STEINIGER
WEG ZURÜCK
TEXT: MARKUS ZÖRWEG
SUZUKI WAGT DEN SPRUNG ZURÜCK IN DAS HAIFISCHBECKEN MOTOGP.
EIN JAHR GÖNNT MAN SICH JEDOCH NOCH ZUR ENTWICKLUNG, WOMIT
MAN SICHERLICH AUCH GUT BERATEN IST. DENN DIESES COMEBACK WIRD
EIN HARTES STÜCK ARBEIT.
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Es ist der 17. Juni 2013. Strahlend blauer
Himmel und sommerliche Temperaturen
liefern in Barcelona wie gewohnt
ideale Bedingungen für die MotoGP-
Testfahrten, die im Anschluss an das
Rennwochenende an diesem Montag
am Circuit de Catalunya stattfinden. Doch etwas
ist dieses Mal anders. Für einmal sind es nicht die
Superstars Valentino Rossi, Marc Marquez oder
Jorge Lorenzo, die für die großen Schlagzeilen sorgen.
Nein, es ist der dritte große japanische Hersteller
neben Honda und Yamaha, der die ganze
Aufmerksamkeit auf sich zieht. Suzuki kehrt 2015
in die MotoGP zurück, vier Jahre nach dem Ausstieg
aus der Serie - große Neuigkeiten für die
Königsklasse des Motorradsports.
Unter all die Freude über die Rückkehr mischt sich
bei den Fans allerdings auch sofort eine Spur Enttäuschung.
Wieso gibt es das Comeback erst 2015
und nicht schon in der kommenden Saison? »Wir
wollen in bestmöglicher Form einsteigen und brauchen
einfach noch ein bisschen Zeit. Es gibt einige
wichtige technische Veränderungen für 2014. Der
maximal erlaubte Benzinverbrauch wird von 21 auf
20 Liter gesenkt, daran müssen wir noch arbeiten.
Und wir haben für die gesamte Saison nur fünf
Motoren zur Verfügung, was uns ebenfalls Probleme
bereiten könnte. Ein Jahr mehr Zeit wird für
uns also sehr hilfreich sein«, so der einhellige Tenor
von Seiten des Herstellers.
Das erste Kräftemessen mit der Konkurrenz auf
dem XRH-1 getauften Prototypen findet noch am
selben Tag statt. Randy de Puniet dreht die ersten
öffentlichen Runden mit der neuen Suzuki und liegt
am Ende des Tages nur knapp acht Zehntel hinter
Spitzenreiter Jorge Lorenzo. Dementsprechend
positiv fällt das Resümee des Franzosen aus: »Ich
denke, wir haben großartige Arbeit geleistet, denn
ich bin nicht einmal acht Zehntelsekunden langsamer
als die Besten und das nach nur 50 oder 60
Runden.«
Begonnen hat die Arbeit für das Suzuki-Test-Team
aber natürlich schon wesentlich früher. Im März
2013 bestreitet Nobuatsu Aoki, selbst 167-facher
Grand-Prix-Starter, auf der hauseigenen Teststrecke
im japanischen Ryuyo die Jungfernfahrt mit dem
neuen Prototypen. Suzuki wagt bei der Entwicklung
einen mutigen Schritt, wechselt man doch vom
bisher verwendeten V4-Motor auf einen Reihenvierzylinder.
»Wir befinden uns noch in einem sehr
frühen Stadium des Projekts. Das Niveau des
Motorrads ist aber schon deutlich höher, als ich es
erwartet hatte«, lautet das erste Fazit Aokis.
Bereits einen Monat später bringt Suzuki die XRH-1
erstmals an eine Grand-Prix-Strecke. Am Twin-
Ring-Motegi wird eifrig am neuen Motorrad gearbeitet,
zwei wichtige personelle Komponenten
fehlen zu diesem Zeitpunkt allerdings noch im
Team. Testpilot Randy de Puniet stößt erst im Mai
zur Mannschaft, ebenso der neue Manager des
Suzuki-Testteams, Davide Brivio. Der Italiener war
bis ins Jahr 2010 Teammanager bei Yamaha und
zog sich anschließend vorübergehend aus dem
Rennsport zurück. Damit ist das 20 Personen starke
Entwicklungsteam des MotoGP-Bikes komplett
und das Projekt kann richtig Fahrt aufnehmen.
Nach den ersten offiziellen Testfahrten am Circuit
de Catalunya geht es für die gesamte Crew noch in
derselben Woche nach Aragon, wo erneut Randy
de Puniet am Gashahn der XRH-1 drehen darf.
Brivio zeigt sich schon damals voll des Lobes für
den 32-Jährigen, der parallel noch die volle Saison
für das Aspar-Team bestreitet: »Randy macht einen
super Job. Wir sind sehr froh, mit ihm arbeiten zu
können. Er gibt sehr gutes Feedback und die Ingenieure
arbeiten sehr gerne mit ihm zusammen.«
Von Seiten Suzukis ist man zu diesem Zeitpunkt
bereits an einer Verlängerung der Zusammenarbeit
mit de Puniet interessiert. Die Krux an der Sache:
Bei den Japanern plant man keine Renneinsätze für
2014 und wie jeder Racer will auch de Puniet nicht
nur testen, sondern sich mit seinen Gegnern auf
der Strecke messen. Schlussendlich erzielt man mit
dem fünffachen Grand-Prix-Sieger aber doch eine
Übereinkunft für 2014. Er wird sich zu 100 Prozent
auf die Arbeit als Testpilot bei Suzuki konzentrieren
und keine Einsätze für ein weiteres Team
bestreiten.
Aktuell versucht de Puniet, die Führungsetage bei
Suzuki von der Wichtigkeit einiger Wildcard-
Einsätze zu überzeugen, um einen regelmäßigen
Gratmesser zu haben, wie weit man mit dem Projekt
denn tatsächlich vorangeschritten ist. »Ich
habe den Leuten bei Suzuki erklärt, dass man in
Rennen viel mehr lernt als beim Testen. Ich bin
nicht der Boss von Suzuki, aber wenn sie schon
bis 2015 warten, müssen sie vorher ein paar Rennen
fahren, denn das ist etwas völlig anderes als
Testfahrten«, stellt er seinen Standpunkt klar. Für
ihn selbst ist die kommende Saison ganz klar ein
Übergangsjahr. Durch erfolgreiche Testarbeit hofft
er, einen Platz als Einsatzpilot bei Suzuki für das
Jahr 2015 zu ergattern. Eine möglicherweise sportlich,
definitiv aber finanziell hochinteressante
Zukunftsperspektive. Wie die Fahrerpaarung beim
Wiedereinstieg der Marke aussehen wird, ist aber
noch völlig offen. Gute Möglichkeiten werden
jedenfalls Eugene Laverty eingeräumt, der zur
neuen Saison zum Superbike-Team Suzukis
gewechselt ist und 2015 den Sprung zu den Prototypen
schaffen könnte.
Wer auch immer die XRH-1 in ihrer ersten vollen
MotoGP-Saison pilotieren wird, leicht werden es
die Fahrer und das Team nicht haben. Schon vor
dem Rückzug aus der Königsklasse war man meilenweit
von der Spitze entfernt. Die Statistik spricht
eine deutliche Sprache: Zuletzt schaffte ein Suzuki-
Pilot im Jahr 2008 den Sprung auf das Podium der
ersten Drei, damals war es Loris Capirossi, der beim
tschechischen Grand Prix in Brünn den dritten
Platz belegte. Für den letzten Sieg muss man noch
ein Jahr weiter in den Geschichtsbüchern zurückblättern.
Chris Vermeulen feierte mit seinem Triumph
im Regen von Le Mans 2007 nicht nur seinen
einzigen Karriereerfolg, sondern fuhr gleichzeitig
den einzigen Grand-Prix-Sieg für Suzuki in den
letzten zwölf MotoGP-Saisons ein. Zuletzt konnte
man sich im Jahr 2000 mit Kenny Roberts junior
den Weltmeistertitel sichern. Ernüchternde
Bilanzen also, die Suzuki in naher Zukunft aufbessern
möchte, um vielleicht irgendwann wieder an
die Erfolge der späten 70er, 80er und frühen 90er
Jahre anschließen zu können. Damals konnte man
mit Barry Sheene, Marco Luccinelli, Franco Uncini
und Kevin Schwantz fünf Weltmeistertitel
einfahren.
Ob das gelingen wird, darf aber durchaus bezweifelt
werden. Denn die versammelte Konkurrenz, vor
allem aber Honda und Yamaha, hat während der
Abwesenheit Suzukis keinesfalls geschlafen. Ganz
im Gegenteil: In puncto Leistung und Handling
konnte man in den vergangenen Jahren noch einmal
deutlich zulegen, ein Blick auf die purzelnden
Rundenrekorde aus dem Vorjahr sagt alles über die
Stärke der aktuellen Motorrad-Generation aus, von
IM MÄRZ 2013 BESTREITET NOBUATSU AOKI
IM JAPANISCHEN RYUYO DIE JUNGFERN-
FAHRT MIT DEM NEUEN PROTOTYPEN
den überragenden Talenten wie Marc Marquez oder
Jorge Lorenzo einmal ganz abgesehen. Brivio ist
sich der Herausforderung, die auf ihn und sein
Team wartet, durchaus bewusst: »Natürlich gibt es
eine lange Liste mit Punkten, an denen wir noch
arbeiten müssen. Wir müssen uns auch noch ausführlich
mit der Elektronik und den Regeln, die
2015 gelten werden, befassen.«
In einigen Bereichen schreitet man jedoch bereits
recht gut voran. »Wir konnten verschiedene Rahmen
testen und die Geometrie bewegt sich in die
richtige Richtung. Über den Motor konnten wir
auch wichtige Erkenntnisse sammeln und uns nun
auf den Leistungsoutput und den Spritverbrauch
konzentrieren. All das motiviert uns zusätzlich für
2015 eine konkurrenzfähige Maschine zu entwickeln.
Es wird aber eine große Herausforderung zu
den Spitzenteams aufzuschließen«, bleibt der Italiener
auf dem Boden der Tatsachen.
88 www.Motorsport-Magazin.com
Suzuki reihte
sich bei den
offiziellen
Testfahrten ein
Randy de Puniet schlüpft
2014 komplett in die
Testfahrer-Rolle
FOTOS: SUZUKI
Davide Brivio
bringt als neuer
Manager viel
Erfahrung mit
In dieser Saison
soll der Anschluss
geschafft werden
Im März 2013 rollte die
Suzuki erstmals wieder auf
einer Rennstrecke
Noch fährt die
XHR-1 mit
Bosch-Elektronik
In einem Jahr
will Randy de
Puniet wieder
Rennen fahren
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TOP
DIE LEGENDÄRSTEN
STRECKEN DER MOTOGP
TEXT: MICHAEL HÖLLER
TRADITION VERPFLICHTET: HIER WURDEN EINST LEGENDEN GEBOREN, DOCH
LÄNGST SIND DIESE ASPHALTBÄNDER SELBST LEGENDÄR. DIE TOP-5 TRADITIONS-
STRECKEN DES AKTUELLEN RENNKALENDERS.
1: ASSEN
Er ist auch als die Kathedrale des Motorradsports
bekannt: der TT Circuit Assen. Seit der Premierensaison
im Jahr 1949 gastiert die Motorrad-WM in der
niederländischen 67.000-Einwohner-Stadt. Assen
kommt damit auf die Rekordzahl von bisher 65 Rennen.
Im Laufe der Jahre veränderte sich der Kurs
mehrfach. Anfangs wurde auf offenen Straßen
gefahren, erst 1955 wurde eine permanente Rennstrecke
in Assen gebaut. Diese war ursprünglich 7,7
km lang, ehe sie 2006 durch den Wegfall der Nordkurve
auf 4,5 km verkürzt wurde. Seit jeher unverändert
ist die Start/Ziel-Gerade, der gegenüber die
imposante Haupttribüne steht. Assen rühmt sich damit,
die einzige Strecke im Kalender zu sein, die rein nach
den Bedürfnissen des Motorradsports errichtet wurde.
So sind alle Kurven leicht überhöht und die langgezogenen
kombinierten Kurven-Passagen Turn 2/3/4 und
12/13/14 lassen jeden Motorradfahrer mit der Zunge
schnalzen. Auch für die Fans ist Assen ein Zweirad-
Mekka. 100.000 Zuschauern bietet die Anlage Platz.
Allerdings litt das Rennen in den vergangenen Jahren
unter Zuschauerschwund, weshalb bereits überlegt
wurde, den Grand Prix der Niederlande auf Sonntag
zu verlegen. Traditionell findet das Rennen in Assen
an einem Samstag statt weil in den Anfangszeiten die
frommen Kirchgänger am Sonntag nicht durch das
Knattern der Motoren gestört werden sollten.
90 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: HONDA
2: BRÜNN
Tschechien zählt zwar nicht unbedingt zu den großen Motorrad-Nationen, doch
der Grand Prix der Tschechischen Republik (bis 1992 Grand Prix der Tschechoslowakei)
hat in der MotoGP eine lange Tradition. 1965 gastierte die WM
erstmals in Brünn. Gefahren wurde auf einem 13,94 km langen Kurs auf öffentlichen
Straßen direkt vor den Toren der zweitgrößten Stadt Tschechiens. 1975
wurde die Strecke, die auch durch Wälder und um umliegende Dörfer führte,
auf 10,92 km verkürzt, ehe 1982 das vorläufige Aus für den tschechischen
Grand Prix erfolgte. Der Straßenkurs war nicht mehr zeitgemäß, sodass innerhalb
des nordwestlichen Abschnitts der ehemaligen Strecke ein neuer, moderner
Kurs unter dem Namen Masaryk Ring errichtet wurde. 1987 gab Brünn sein
Comeback im MotoGP-Zirkus und ist heute aus dem WM-Kalender nicht mehr
wegzudenken. 44 Rennen fanden bisher auf tschechischem Boden statt, wo
unter anderem Valentino Rossi 1996 im Alter von 17 Jahren seinen ersten
GP-Sieg feierte. Die Strecke zeichnet sich nicht nur durch ihre perfekte Einbettung
in die umliegende Landschaft und damit einhergehende Höhenunterschiede
aus, sondern lockt Jahr für Jahr auch über 200.000 Fans an. Von der
großen Naturtribüne im Infield überblicken die Zuseher mehr als ein Drittel der
gesamten Strecke.
3: SACHSENRING
Der Brno Circuit zählt zu
den beliebtesten Kursen
in Europa
Bei einer Aufzählung der Traditionsstrecken darf der Sachsenring nicht fehlen,
denn bereits 28 Mal gastierte die Motorrad-WM im Osten Deutschlands. 8,7
km war der temporäre Straßenkurs durch Hohenstein-Ernstthal einst lang, als
er als Großer Preis der DDR im Jahr 1961 seinen Weg in den Rennkalender
fand. 1972 kam allerdings das Aus. Offiziell wegen Sicherheitsbedenken, inoffiziell
weil die SED-Führung sich im Jahr zuvor daran stieß, dass die anwesenden
Fans aus der DDR beim Sieg des Westdeutschen Dieter Braun während
der Siegerehrung die BRD-Hymne lauthals mitsangen. Mit dem Zusammenbruch
der DDR kam auch für den temporären Straßenkurs das endgültige Aus. Nach
jahrelangen Verhandlungen konnte 1996 schließlich der neue, von Hermann
Tilke konstruierte Sachsenring eröffnet werden, der 1998 die Motorrad-WM
erneut anlocken konnte. Rasch entwickelte sich die Strecke zum Publikumsmagneten,
jährlich finden am MotoGP-Rennwochenende über 200.000 Fans
den Weg an die Strecke. Diese ist mit nur 3,6 km die kürzeste im gesamten
Kalender. Das Layout zählt bei den Fahrern nicht zu den beliebtesten, vor allem
die sieben Linkskurven im Vorfeld von Turn 11 sorgten im Vorjahr für eine
Sturz-Orgie inklusive anschließender Sicherheits-Debatte im Fahrerlager. Die
Möglichkeiten eines Umbaus der entsprechenden Passagen sind aufgrund der
natürlichen geographischen Bedingungen allerdings begrenzt.
www.Motorsport-Magazin.com 91
4: JEREZ
Montjuich, Jarama, Barcelona, Valencia, Aragon - die Liste an spanischen
Motorrad-Strecken ist lang. Doch keiner dieser Kurse kommt an die Tradition
von Jerez heran, wo bisher 26 MotoGP-Rennen ausgetragen wurden. Zwar
wurde der Circuito de Jerez erst im Dezember 1985 eröffnet, doch schon
anderthalb Jahre später war die Motorrad-WM erstmals zu Gast. Seit 1987
stand der Kurs ununterbrochen im Rennkalender und trägt seit jeher das Prädikat
des offiziellen Spanien Grand Prix. Die weit über hunderttausend
Zuschauer finden zum größten Teil auf den Naturtribünen entlang des Mittelsektors
Platz, vor allem in den Kurven neun und zehn herrscht aufgrund der
Architektur und der unmittelbaren Nähe zur Strecke regelrechte Stadionatmosphäre.
Hier findet sich auch der künstlich angelegte Teich, in dem etwa Jorge
Lorenzo 2010 nach seinem ersten MotoGP-Sieg auf spanischem Boden ein
kurzes Bad nahm. In der finalen Kurve spielten sich bereits mehrfach Dramen
ab, wie etwa 2005 im Duell zwischen Valentino Rossi und Sete Gibernau oder
im Vorjahr zwischen Lorenzo und Marc Marquez. Mit nur 4,4 km Länge zählt
die Strecke zu den kürzeren im Kalender, die Atmosphäre ist dafür umso dichter.
Außerhalb der Saison zählt der Circuito de Jerez aufgrund des gemäßigten
Klimas zu den beliebtesten Teststrecken.
FOTOS: HONDA
92 www.Motorsport-Magazin.com
Nicht irritieren lassen:
Mittlerweile sind die Kerbs
der Strecke in italienischen
Farben gestrichen
5: MUGELLO
1974 wurde die permanente Rennstrecke im toskanischen
Mugello errichtet, zwei Jahre später gastierte
die Motorrad-WM erstmalig auf dem über fünf Kilometer
langen Kurs. Unter der Bezeichnung Grand Prix
der Nationen, Grand Prix von San Marino und Grand
Prix von Italien fanden bislang 24 Rennen in Mugello
statt, das seit 1991 ununterbrochen im Kalender steht
und seit 1994 den Italien GP ausrichtet. 1988 kaufte
Ferrari den Kurs als zusätzliche Testmöglichkeit für
das Formel-1-Team, davon profitierten aber auch die
Motorradfahrer, denn die Scuderia ließ die Strecke
auf höchste Sicherheitsstandards heben. Vom Prestigegewinn
durch die Ferrari-Übernahme ganz zu
schweigen. Bis zur Aufnahme des Circuit of the Americas
in den Rennkalender verfügte Mugello mit seiner
Geraden von 1.141 Metern über die längste aller
WM-Strecken. Der Kurs fügt sich perfekt in die malerische
Umgebung ein und neben zahlreichen Tribünen
finden die Fans auch auf den Wiesen der umliegenden
Hügel Zuschauerzonen. Vor allem nach Siegen
von Valentino Rossi ist dort die Hölle los. Bislang
konnte der Dottore bereits neun Mal in Mugello siegen,
allerdings zog er sich dort 2010 auch seinen
offenen Unterschenkelbruch zu.
www.Motorsport-Magazin.com 93
BEI
LAUNE
BLEIBEN
GINO REA GING 2013 GRÖSSTENTEILS ALS PRIVATIER
AN DEN START UND FUHR DABEI NICHT NUR EIN
VORJAHRESBIKE, SONDERN CHECKTE AUCH DATEN
UND WAR SEIN EIGENER CREWCHIEF. DAS MOTOR-
SPORT-MAGAZIN SPRACH MIT DEM BRITEN ÜBER EINE
SCHWIERIGE SAISON.
TEXT: MARIA POHLMANN
MSM: Du hattest eine ziemlich spannende Saison 2013…
GINO REA: Es war auf jeden Fall spannend, aber gleichzeitig auch
eine schwierige Herausforderung am Anfang, als sich das Team, bei
dem ich schon einen Vertrag unterschrieben hatte, wieder aus der
WM zurückzog. Damit saßen wir da und hatten keine Option mehr.
Also haben wir entschieden, ein eigenes Team aufzubauen, was eine
große Herausforderung war. Unterstützer konnten mir über eine
Website helfen, das Budget zusammenzubekommen. So fuhren wir
ein paar Mal mit einer Wildcard und konnten damit einen Partner
aus der Tschechischen Republik anlocken. Wir schlossen
uns mit ihnen zusammen und konnten so noch mehr
Wildcard-Einsätze bestreiten. Wenn man bedenkt, dass
wir auf einer alten Maschine fuhren und das Team selbst
betrieben haben, konnten wir ein paar wirklich gute
Ergebnisse holen. Dann fragte mich das spanische
Arginano Team, ob ich die Übersee-Rennen für sie
fahren wollte und ich konnte ihnen die besten Ergebnisse
liefern, die sie im letzten Jahr hatten. Beim letzten Rennen
in Valencia trat ich wieder mit meinem eigenen Team an.
Wie konntest du quasi aus dem Nichts ein eigenes Team
zusammenstellen?
Die Basis kam von FTR. Sie unterstützten uns und gaben uns etwas
Equipment aus dem Vorjahr. So fingen wir an. Wir mussten das Budget
zusammenbekommen und dazu brauchten wir einige kleinere
Sponsoren, die bereit waren, uns zu unterstützen. Die Team-Basis war
quasi zu Hause. Wir hatten einen kleinen Camper, einen Sprinter mit
zwei Betten für meinen Dad und mich. Freunde waren meine Mechaniker.
Die Daten habe ich mir selbst angesehen und ausgewertet. Ich
war also mein eigener Crew-Chief, habe das Bike abgestimmt, die
Geometrie und das Fahrwerk eingestellt und mich um die ganzen
Daten gekümmert. Das war natürlich sehr hart, aber ich denke, es hat
sich ausgezahlt.
Was war das Schwierigste?
Ich glaube, das Schwierigste war, viele Jobs gleichzeitig zu machen
und mit einem so geringen Budget zu arbeiten. Wir hatten kein großes
Budget, also konnten wir auch nicht testen. An den Rennwochenenden
ging es direkt los. Wir hätten ein paar Tests gut gebrauchen können,
denn das Bike ist alt und wir hatten viele Probleme. Da ich mein
eigener Crew-Chief war und das Bike selbst abstimmte, sah es nach
den Sessions nicht etwa so aus, dass ich in die Box kam und einem
Crew-Chief all meine Sorgen und Wünsche mitgeteilt hätte, sondern
ich habe mich selbst an den Computer gesetzt und mir alles angesehen.
Es war insgesamt eine große Herausforderung. [lacht]
94 www.Motorsport-Magazin.com
Warst du sehr erleichtert, als du kurz vor Saisonstart realisiert hast,
dass du zumindest ein paar Rennen per Wildcard fahren kannst?
Natürlich! Ich habe am Anfang geplant, so viele Rennen zu fahren
wie möglich. Ehrlich gesagt hatte ich aber nicht erwartet, dass es so
viele werden. Nach drei oder vier Rennwochenenden war unser Budget
bereits aufgebraucht. Dann kamen wir zum Glück mit der tschechischen
Firma Montaze Broz zusammen und teilten alles 50 zu 50.
So konnten wir mehr Rennen bestreiten als erwartet, das war natürlich
gut.
Gab es noch weitere Probleme während der Saison?
Ja, insgesamt ist es schwer, bei Laune zu bleiben, wenn man sein
eigenes Geld braucht, um Rennen zu fahren und in den Rennen dann
Probleme mit dem Bike hat und sein wahres Potential nicht zeigen
kann. Das ist mental sehr hart. Man muss echt versuchen, guter Dinge
zu bleiben und jeden auch noch so kleinen positiven Moment
mitzunehmen.
Gino Rea war
zeitweise
Crewchief und
Fahrer zugleich
Wie viel Geld hast du für ein Rennwochenende gebraucht?
Die Wildcard allein kostet 12.500 Euro, da sind Motor, Reifen, Sprit
und Kupplung dabei. Das sind die ersten Kosten eines Wochenendes,
dazu kommt das Geld, das man braucht, um zu den
Rennstrecken zu gelangen. Man muss das Bike und vor
allem die Ersatzteile mitbringen. Falls man durch
einen Sturz Schaden verursacht, können die Ersatzteile
von 15.000 über 20.000 bis hin zu 40.000 Euro
kosten.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich möchte mich in der Moto2 beweisen. In
Valencia qualifizierte ich mich mit einem
extrem alten Bike unter den Top-15 und ich
hoffe, dass das zeigt, wozu ich in der Lage bin.
Mein endgültiges Ziel ist es natürlich, um den
Moto2-Titel zu kämpfen. Ich hätte gerne das Bike
und die Crew, um zu zeigen, was ich drauf habe.
FOTOS: MILAGRO
Denkst du die Dorna und/oder IRTA sollten mehr für talentierte
Fahrer wie dich tun?
Ich glaube, es ist schwer für sie. Durch die wirtschaftlichen Probleme
hat kaum einer Geld, es ist also für niemanden leicht. Viele der anderen
Fahrer haben viel mehr Geld und viel mehr Sponsoren aus der ganzen
Welt. Es ist schwer für sie [Dorna], viel für mich zu tun. Sie helfen aus,
wo sie können. Unglücklicherweise können sie aber nicht so sehr
helfen, um meinem Team ein großes Budget zu besorgen.
www.Motorsport-Magazin.com 95
FOTO: MILAGRO, KIEFER RACING
96 www.Motorsport-Magazin.com
ES KANN
NUR
BESSER
WERDEN
TEXT: MARIA POHLMANN
STEFAN KIEFER NIMMT KEIN BLATT VOR DEN MUND:
2013 WAR EINE KATASTROPHE. MIT LUCA GRÜNWALD
UND GABRIEL RAMOS SOLL ES FÜR DAS KIEFER RACING
TEAM IN DIESER SAISON WIEDER AUFWÄRTS GEHEN.
Eine erfolglose Saison in der Moto2 bewegte das Kiefer Racing Team
zum Wechsel in die kleine Klasse. Das Jahr 2013 sollte ein Neustart
mit zwei jungen talentierten Moto3-Fahrern werden, entwickelte sich
aber schnell zum Desaster. »Zusammenfassend kann man nur sagen,
dass die Saison extrem bescheiden war und so verlaufen ist, wie wir
es uns überhaupt nicht vorgestellt hatten«, erklärt Stefan Kiefer ohne
Umschweife. Am Ende des Jahres tauchen weder Toni Finsterbusch noch Florian
Alt in der Gesamtwertung auf. Der einfache Grund dafür: Keiner von beiden hat
es in 17 Rennen geschafft, auch nur einen Punkt zu holen.
»Toni fuhr seine zweite Saison, also dachten wir uns schon, dass wir in die Nähe
der Punkte fahren und öfter Mal einen Zähler holen könnten. Das ist uns leider
nicht gelungen, was für beide Seiten alles andere als zufriedenstellend war. Bei Flo
als Red Bull MotoGP Rookies Meister auf der 125er mussten wir davon ausgehen,
dass es im Laufe der Saison nach vorne gehen würde. Das ist aber leider auch nicht
passiert«, bedauert Kiefer. Im Gegenteil: Bis zum Ende der Saison war Alt 15 cm
gewachsen, was für ihn und seine Crew ein riesiger Nachteil war. »Er kam voll in
die Entwicklungsphase und alles in allem hat ihn das komplett behindert. Ab Mitte
der Saison kämpfte er mit tauben Beinen, herausspringenden Rückenwirbeln und
lauter solchen Dingen. So kann man natürlich keine Moto3-WM fahren. Von dieser
Seite aus ist es also auch nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten.« →
Erste Tests bot die
spanische
Meisterschaft
Probe in der CEV
Toni Finsterbusch
brachte nicht die
gewünschte
Leistung
Probleme mit den Motorrädern gab es kaum.
»Mit der Kalex-KTM kann Jonas Folger aufs
Podium fahren und mit unserer Maschine wäre
das grundsätzlich auch machbar gewesen. Sicherlich
haben wir auch ein, zwei kleine Fehler
gemacht. Das passiert in jedem Jahr und garantiert
auch in jedem Team. Von der Seite her lagen
wir komplett im Durchschnitt. Besonders im Fall
von Florian ist es auf den Fahrer zurückzuführen«,
äußert der Teammanager, der einsieht: »Die
Saison war schlecht. Wir müssen sie abhaken und
sehen, dass es 2014 besser wird. Das ist nicht
schwierig und wird uns bestimmt gelingen.«
Ein erstes Licht am Ende des Tunnels leuchtete
bereits Ende 2013 auf. Luca Grünwald fuhr in
Australien und Japan seine ersten Rennen für das
Kiefer Racing Team, nachdem Alt mit gebrochenem
Arm pausieren musste. »Das war alles
sehr, sehr kurzfristig. Die Erfahrung, dort zu
fahren, war schön. Ich hatte sogar ein Ergebnis,
das okay war. Natürlich war es eine riesige Umstellung,
vom Supersport-Bike wieder zurück auf die
Moto3. Dazu kannte ich die beiden Strecken nicht.
Ich denke, dass ich mich ganz gut angestellt habe.
Das Team hat sich auch gefreut, dass ich relativ
gut dabei war. Ich glaube, es hat gut funktioniert.
Wir haben gut zusammengearbeitet und ich habe
mich gefreut, dass sie so glücklich darüber waren«,
lautete das Fazit des Ersatzfahrers, der in der Saison
2013 hauptsächlich in der Supersport-Klasse
der SUPERBIKE*IDM unterwegs war.
Nach Platz 22 auf Phillip Island
stürzte Grünwald zwar in
Japan, beeindruckte aber mit
starken Trainingsleistungen
und einer guten Arbeitsmoral.
»Der Einsatz von Luca war
kurzfristig. Wir waren letztes Jahr schon an ihm
dran. Die finanzielle Lücke war damals aber überhaupt
nicht zu schließen. Auch heute ist sie noch
schwer zu schließen, aber wir wollten das Risiko
eingehen, insbesondere nach den beiden Einsätzen
in Australien und Japan, die außergewöhnlich
gut waren. Er war nicht nur auf Anhieb
schneller als unsere Einsatzfahrer, die zuvor
schon 15 Rennen gefahren waren, sondern auch
die Art und Weise, wie er an die Sache heranging,
wie er mit uns geredet hat und uns technisch
voranbringen konnte, war für uns sehr beeindruckend.
Deshalb haben wir uns für ihn entschieden«,
erklärt Kiefer.
Dank einiger Sponsoren konnte Grünwald die
Reise nach Übersee größtenteils abdecken. »An
sich hat alles geklappt«, schildert er zufrieden.
»Das Team hat sich sehr gefreut, war zufrieden
mit meiner Leistung und ich wollte natürlich
schon immer in der Weltmeisterschaft fahren.
Wir haben darüber geredet und mein neuer
Manager hat sich darum gekümmert. So hat sich
Luca Grünwald
überzeugte schon
beim Einsatz in
Übersee
die Möglichkeit ergeben, dass ich die komplette
kommende Saison bei Kiefer Racing fahren kann.
Ich habe natürlich zugeschlagen und jetzt freue
ich mich, dass ich endlich mal ein ganzes Jahr
fahren darf.«
Ein ganzes Jahr WM fahren darf 2014 auch
Gabriel Ramos. Der Venezolaner empfahl sich
durch die spanische Meisterschaft. Kiefer erklärt,
warum er sich gerade für Ramos als zweiten Fahrer
entschied: »Etwa zur Mitte der Saison bin ich
zur spanischen Meisterschaft nach Albacete
gefahren und hatte mir natürlich schon zuvor
überlegt, dass er ein interessanter Fahrer sein
könnte. Er ist 19 Jahre alt und hat in den letzten
beiden Jahren riesige Schritte gemacht.« Der
Teammanager ist allerdings auch darauf gefasst,
dass Ramos etwas Zeit brauchen wird, um sich
einzuleben. »Ich denke, dass wir mit ihm sportlich
zwar erst einmal etwas weiter hinten beginnen
- wenn man sich allein die Resultate der CEV
ansieht - aber ich denke gleichzeitig, dass er mit
seinem ganzen Paket gut aufgestellt ist. Er hat
einen Techniker, der genau Bescheid weiß, wie
man einen Motorradrennfahrer zu führen hat,
dazu hat er zwei weitere gute Berater um sich. Es
funktioniert. Er ist finanziert - das ist für uns
auch ganz wichtig.«
Kiefer macht kein Geheimnis daraus, dass der
junge Pilot aus Venezuela auch aus Vermarktungsgründen
sehr reizvoll war. »Wir denken
nicht nur sportlich, dass es nach vorne gehen
kann. Auch das Paket, das er mitbringt, passt.
Dazu ist er Venezolaner. Da wir im nächsten Jahr
zum ersten Mal wieder einen Grand Prix in
FOTO: MILAGRO, KIEFER RACING
Es gibt ja unendlich viele Möglichkeiten bei diesen
Maschinen, das zu finden, was einem gefällt.
Wir werden bestimmt ein paar Rennen dazu
brauchen, dann brauche ich noch ein paar Rennen,
um mich an das starke Tempo und alles zu
gewöhnen.« Später will Grünwald versuchen,
weiter nach vorne zu kommen. »Ich will viel lernen
und mich so gut wie möglich verkaufen. Mal
schauen, wie es dann im übernächsten Jahr weitergehen
kann.«
MIT DER KALEX-KTM KANN JONAS FOLGER AUFS
PODIUM FAHREN. MIT UNSERER MASCHINE WÄRE DAS
AUCH MACHBAR GEWESEN. SICHERLICH HABEN WIR
AUCH EIN, ZWEI KLEINE FEHLER GEMACHT.
Nach einem enttäuschenden Moto2-Jahr 2012
und einer katastrophalen Saison 2013 hofft Kiefer
mit seinen neuen vielversprechenden Piloten nun
ebenso, wenigstens ein paar Schritte nach vorne
zu kommen. Die Punkteränge, die schon im letzten
Jahr das erklärte Ziel waren, sollten zumindest
in greifbare Nähe rücken. »Ich würde mich wirklich
sehr freuen, wenn wir es tatsächlich schaffen,
sportlich wieder in die richtige Richtung zu kommen.
Wir gehen fest davon aus, dass es in diesem
Jahr wieder besser wird.«
Argentinien, also Südamerika fahren, ist unser
Fahrer für die Dorna und alle Beteiligten sehr
interessant. Wir haben das also gerne gemacht.«
Gerne gesellt sich auch Grünwald zum spanisch
sprechenden Teamkollegen: »Ich hoffe, dass wir
uns ganz gut verstehen.« Dazu muss Ramos aber
erst einmal noch an seinem Englisch feilen.
Üben konnte er bereits bei einem ersten Rollout
vor den offiziellen Wintertests der IRTA. Doch
nicht nur die Sprache, sondern besonders das
Tempo auf der Kalex-KTM sollte verbessert
werden. »Ich glaube, wir bekommen von KTM
einen neuen Motor. Wie es momentan aussieht,
werden Rahmen und Schwingen von 2013 sein.
Damit kann man natürlich auch noch etwas
Geld sparen und Geld ist bekanntlich ja sowieso
immer knapp«, erklärt Grünwald, der allerdings
keinen Nachteil darin sieht, die Maschine aus
dem Vorjahr zu pilotieren. »Das Bike hat ja
schon 2013 sehr gut funktioniert, wie man bei
Jonas sah. Die Änderungen für 2014 sind -
soweit ich weiß - geringfügig. Falls es im Laufe
des Jahres die Möglichkeit gibt, auf das neue
Bike zu wechseln, wenn die Ergebnisse stimmen,
dann freue ich mich. Wir fangen aber erst einmal
mit dem 2013er Modell an.«
Der 19-Jährige ist sich sicher, dass er etwa eine
halbe Saison brauchen wird, um sich richtig in
der Weltmeisterschaft einzuleben. »Ich denke,
wenn wir zu Beginn der Saison zwischen 10 und
20 liegen, wäre das sehr, sehr gut. Ich brauche
natürlich ein paar Rennen, um mich an alles zu
gewöhnen. Wir werden sehen, wie schnell das
geht und wie wir das Bike abstimmen können.
Florian Alt ist in
einer Saison 15
cm gewachsen
Stefan Kiefer will
2014 wieder Licht
am Ende des
Tunnels sehen
Mit Gabriel Ramos
kommen erfahrene
Betreuer ins Team
www.Motorsport-Magazin.com 99
EIN
TEXT: MARIA POHLMANN
NEUANFANG
VOLTCOM CRESCENT SUZUKI - NICHT NUR DER NAME KLINGT 2014 ANDERS. MIT EUGENE LAVERTY UND ALEX
LOWES STARTET DAS TEAM NEU DURCH. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN SPRACH MIT BEIDEN PILOTEN.
H
orrorcrash auf dem Nürburgring, siebenfacher Fußbruch in Istanbul:
Leon Camier konnte fast die Hälfte der Saison 2013 vergessen.
Jules Cluzel sollte die Kohlen aus dem Feuer holen, zeigte ein
starkes Debüt-Jahr und doch war es nicht genug. In dieser Saison
läutet Suzuki eine neue Ära ein. Camier und Cluzel flogen raus, Vizeweltmeister
und BSB-Champion kamen. Eugene Laverty bringt dabei nicht nur eine Menge
Superbike-Erfahrung mit, sondern auch zwölf Rennsiege in drei Jahren und
den Vizetitel von Aprilia. Er gilt schon seit Jahren als heißer Siegkandidat.
Können dem Nordiren diese Triumphe auch auf der GSX-R gelingen? »Ich
glaube, dass wir das schaffen können. Wir sind unglaublich motiviert und
hungrig auf Siege. Ich habe das Gefühl, eine großartige Truppe um mich zu
haben und das Wichtigste ist, dass das Team an mich glaubt.«
Neben Laverty vertraut die Crew um Paul Denning 2014 auch auf Alex Lowes.
Nach seinem hart erkämpften Triumph in der britischen Superbike stand der
Zwilling bei vielen Teams verschiedener Meisterschaften ganz oben auf der
Wunschliste. Obwohl er zum Ende der letzten Saison noch in der MotoGP
gehandelt wurde, fand er den Weg in die World Superbike. »Ich hatte einige
Gespräche, um in der MotoGP zu fahren, aber als sich die Möglichkeit ergab,
mit Suzuki zu arbeiten, griff ich direkt zu. Das ist für meine Karriere momentan
die beste Entscheidung und ich freue mich sehr darauf«, schildert der Brite,
der sich glücklich schätzt, an der Seite des Vizeweltmeisters anzutreten.
»Das ist ein perfektes Ziel für mich. Sicherlich wird er richtig schnell
und gut sein, also werde ich so viel ich kann von ihm lernen.«
Irlands Motorradfahrer des Jahres 2013 schätzt die Situation
ähnlich ein: »Ich finde es gut, einen schnellen Teamkollegen
zu haben«, sagt er zum britischen Superbike-Meister, von
dem er erwartet, selbst angetrieben zu werden. »Alex ist
jung und sehr zielstrebig, was für die Team-Moral nur gut
sein kann. Wir werden uns gegenseitig pushen, um uns
während der Saison zu verbessern und daher wird
es keine Zeit geben, um sich auf irgendwelchen
Lorbeeren auszuruhen.« Bereits nach dem ersten
Test ruhte sich keiner der beiden neuen Piloten
aus. »Mein Fokus bei den weiteren Tests lag auf der
Elektronik.
Die Traktionskontrolle funktioniert nicht richtig und bringt das Bike aus der
Balance, wenn ich aggressiv fahren will. Meine Trainingsstarts waren beim
ersten Test nicht konstant und daher müssen wir das Gefühl zur Kupplung
noch verbessern«, nahm sich Laverty vor. Sein erster Eindruck von Chassis
und Motor der GSX-R sei sehr gut gewesen. »Aber ich kann schon fühlen,
dass aus dem Paket noch mehr herauszuholen ist.«
Alex Lowes zeigte
schon bei den Tests
hohes Potential
Lowes will zunächst aus sich selbst noch etwas mehr herausholen. »Ich mag
das Bike wirklich und habe es schon in Jerez sehr genossen, damit zu fahren.
2013 hat mir so viel Spaß gemacht und ich hatte ein großartiges Gefühl auf
der Honda, also war ich vor dem ersten Fahren der Suzuki etwas besorgt,
aber ehrlich gesagt liebe ich es und kann es kaum erwarten, wieder zu fahren
und die Saison 2014 zu beginnen. Es gibt viele Ähnlichkeiten zwischen den
Bikes und ich fühle mich schon jetzt wohl. Das Chassis funktioniert sehr gut
und die Elektronik ist für mich komplett neu, denn in der BSB gibt es keine,
also muss ich meinen Stil einfach ein bisschen anpassen.« Für den 23-Jährigen
steht bis zum Start der Saison also fest, dass er seinen Fahrstil an die
neue Maschine und speziell auf die elektronischen Hilfen abstimmen muss.
»Nur so kann ich das Beste aus der Suzuki herauszuholen, also arbeite
ich hauptsächlich daran.«
In seiner ersten WSBK-Saison will Lowes sein Bestes geben
und so viel wie möglich lernen. »Mein erstes Ziel ist es aber
natürlich, meinen Teamkollegen zu schlagen!« Dabei
besteht für den Rookie das größte Problem in der
mangelnden Streckenkenntnis. »Ich denke, die Strecken
zu lernen und gleichzeitig zu versuchen, die
besten Superbike-Fahrer der Welt zu schlagen,
ist meine größte Herausforderung«,
gibt er zu. Sein
Teamkollege hat
ganz andere
Sorgen: »Ich
möchte Suzuki
zurück auf die
oberste Stufe des
Podiums bringen.
Der letzte Suzuki-
Sieg war 2010 und
das scheint schon sehr
lange her zu sein.« Laverty
ist sich aber auch sicher, dass
es kein Kinderspiel werden dürfte, von
Saisonbeginn an ganz vorne mitzumischen.
»Ich weiß, dass wir dort
ankommen können, ich bin mir nur nicht
sicher, wie viel Zeit das in Anspruch
nehmen wird.«
100 www.Motorsport-Magazin.com
Als Vizeweltmeister
hat Eugene
Laverty nur noch
ein Ziel vor Augen
FOTOS: SUZUKI
www.Motorsport-Magazin.com 101
TEXT: MARIA POHLMANN
VOM
WASCHBRETT
ÜBER
DEN
TRIPLE
INS ZIEL
LEHMIGER BODEN, SCHARFE KURVEN, ATEMBERAUBENDE SPRÜNGE: FREDDY VERSTRAETEN IST DER
KOPF HINTER DEN STRECKEN IM ADAX SX CUP. DEM MOTORSPORT-MAGAZIN STAND DER BELGIER BEIM
SUPERCROSS IN DORTMUND REDE UND ANTWORT.
Mit jeder Strecke
versucht Freddy
Verstraeten etwas
Neues
Nicht alle
Fahrer sind
zufrieden
MSM: Wie bist du zum Streckenbau
gekommen?
FREDDY VERSTRAETEN: Ich bin früher selbst
gefahren. Mein Vater war acht oder neun Jahre
lang der Veranstalter des Supercross in Leipzig
und beim ersten Mal 1995 meinte er direkt
‚Freddy, du musst die Strecke bauen.‘ Ich hatte
damals absolut keine Erfahrung im Streckenbau,
lediglich als Fahrer. Dennoch habe ich es
gewagt. Ich habe direkt Achim [Mittag]
kennengelernt, der ein sehr guter Baggerfahrer
ist und wir haben jedes Jahr zusammen die
Strecke in Leipzig gebaut. Am Anfang waren die
Kurse wirklich nicht gut. 1998 hat Giuseppe
Luongo, der heutige Präsident von Youthstream
[Hauptvermarkter der MX-WM] angefragt, ob
ich die Strecken für ihn überall bauen könnte,
was ich dann sechs Jahre lang gemacht habe.
Wann und wie hast du mit der Planung für das
Supercross in Dortmund begonnen?
Ich beginne früh mit dem Design und versuche,
das jedes Jahr neu zu gestalten. Schon im
Sommer fragen die Veranstalter an, wie die
Strecke aussehen wird, damit sie mit dem
Design werben und Tickets verkaufen können.
Alles andere läuft relativ flüssig. Wir kommen
schon montags an - genau wie die Erde und
dann beginnen wir direkt mit dem Bau der
Strecke.
Ist jede Strecke anders?
Ich versuche, jedes Mal neue Strecken zu
entwerfen. Viele Möglichkeiten bleiben mir aber
nicht, denn wir haben überall nur vier Bahnen,
weil die Hallen für Supercross ziemlich klein
sind. Trotzdem versuche ich immer, verschiedene
Dinge einzubauen. Mit dem Layout kann
ich nicht groß variieren. Das ist schwer. Bisher
ist es mir aber immer gelungen, irgendetwas
Neues einzubauen.
Was inspiriert dich?
Ich bin früher selbst gefahren und wenn ich
baue, sitze ich auch immer auf meinem
Motorrad, schließlich muss von der Geschwindigkeit
über die Winkel und Abstände alles
passen. Ich durchdenke alles sehr genau und
habe auch Vorstellungen davon, was ich hier
oder da noch bauen und verändern kann. Ich
versuche immer etwas Neues, was aber auch
nicht immer unbedingt besser ist. [lacht]
Standard-Dinge wie Waschbrett und ein
dreifacher Sprung sind immer drin. Außerdem
wollen die Veranstalter einen schönen Ziel-
102 www.Motorsport-Magazin.com
Die deutschen
Supercross-
Hallen sind
verhältnismäßig
klein
Die Piloten
sorgen auf dem
Lehmboden für
beste Action
Beim Start geht
es eng zu
FOTOS: SUPERCROSS DORTMUND, JAN BRUCKE
sprung haben. Damit sind schon drei von den
vier Bahnen weg. Dann gibt es noch einen
technischen Abschnitt. Wichtig ist immer, dass
man gut überholen kann.
Wo hast du in den letzten Jahren Strecken
gebaut?
Wir bauen für den ADAC SX Cup alle Strecken in
Deutschland, aber auch in Holland. In Schweden,
Finnland und Dänemark bauen wir auch
jedes Jahr ein bis zwei Strecken. Outdoor
kümmern wir uns auch um einige Strecken des
ADAC MX Masters. Draußen bauen wir die
Kurse aber nicht komplett neu, sondern
präparieren sie nur. In der WM haben wir 2013
den Lausitzring gebaut, eine ganz neue Strecke,
die nach einer Woche wieder weg war. In
Lommel - wo ich wohne - kümmern wir uns
auch um den Kurs zur Weltmeisterschaft. Dazu
kommen noch einige Privatstrecken für Fahrer
wie Stefan Everts. Für die MX-Schule, die er mit
seinem Vater Harry Everts betreibt, haben wir
zuletzt in Spanien drei Strecken gebaut.
Welches war bisher dein schwierigstes
Projekt?
Die Strecke auf dem Lausitzring war ziemlich
schwer. Wir hatten nur vier Tage Zeit, dazu war
an diesen Tagen auch noch Training auf der
Asphalt-Strecke, also konnten wir nur morgens
und nachts ein paar Stunden arbeiten, dazu war
die Strecke noch ziemlich anspruchsvoll. Das
war echt schwierig.
Welche war die schönste Strecke, die du
jemals gebaut hast?
Eigentlich werden unsere Strecken mit wachsender
Erfahrung immer besser. Mein absoluter
Favorit war die SX-Strecke in Herning, Dänemark,
aber auch die beim ADAC SX Cup in
Stuttgart 2013 war super. Dort war das Layout
gut und es gab viele Stellen zum Überholen.
Nervt es dich, wenn sich Fahrer über etwas
beschweren oder bist du eher dankbar über
den Input?
Man kann nicht jeden Fahrer zufriedenstellen.
Jeder will etwas anderes, sie meckern immer,
aber das höre ich nicht mehr. Wenn es noch ein
Problem gibt und sie damit zu mir kommen,
dann schaue ich mir das schon an, aber ich
entscheide selbst, ob es Grund für Änderungen
gibt oder nicht. Man kann es aber nie allen Recht
machen, denn alle haben andere Ideen.
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SLIDESHOW | MOTORSPORT | #35 | 2014
❱ LEGENDEN-
BESCHMUTZUNG
TEXT: ROBERT SEIWERT
FOTO: X-RAID
Dakar - die gefährlichste Rallye der Welt. Mythos und Motorsport in
seiner reinsten Form. Dieses Jahr wurde das Rennen vom Teamorder-
Vorfall bei X-Raid überschattet. Stallregie bei der härtesten Hatz der
Welt? Das klingt nach Legenden-Beschmutzung. Teamorder wird nie
einen Publikumspreis gewinnen, doch nur allzu gern wird vergessen,
was heutzutage den Sport beherrscht: eine Menge Geld. Teambesitzer
Sven Quandts Aufgabe besteht darin, den größtmöglichen Erfolg für
seine Truppe herauszuholen. Welcher Fahrer am Ende gewinnt, gerät
zur Nebensache. Das mag nicht heroisch klingen, ist aber die logische
Konsequenz der Professionalisierung des Sports.
104 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 105
DAKAR
2014
IST NICHT
FORMEL 1
TEXT: ROBERT SEIWERT
NANI ROMA HAT STÉPHANE PETERHANSELS SIEGESZUG BEI DER RALLYE DAKAR
GESTOPPT UND SICH ZUM ZWEITEN MAL IN SEINER KARRIERE DEN GESAMTSIEG
GESICHERT. MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN SPRICHT DER X-RAID-PILOT ÜBER
DIE KONTROVERSE TEAMORDER, SEINEN VERSTORBENEN CO-PILOTEN UND DEN
DAKAR-HYPE IN SPANIEN.
Roma gewann die
Dakar nach 2004
zum zweiten Mal
FOTOS: X-RAID, DAKAR, SHAKEDOWN TEAM
Nani Roma:
Gefeierter Volksheld
in Spanien
Dominant: Drei
MINIS fuhren dieses
Jahr aufs Podium
www.Motorsport-Magazin.com 107
Roma startete zum
dritten Mal für
X-Raid bei der Dakar
2014
Nani Roma sorgte
für den dritten Sieg
von X-Raid in Folge
MSM: Nani, dein Sieg bei der diesjährigen Dakar war sehr emotional.
Beschreibe bitte deine Gefühle.
NANI ROMA: Ja, da schwangen eine Menge Emotionen mit. Das ist mehr
als nur ein Sieg, es ist das Ergebnis der Arbeit eines ganzen Jahres. Es sind
nicht nur diese zwei Wochen in Südamerika, da steckt viel mehr dahinter.
Das kann man nicht mit der Formel 1 oder MotoGP vergleichen, wo man
während der Saison mehrere Siege erzielen kann - bei der Dakar hast du nur
ein einziges Mal die Chance dazu.
Was war dein erster Gedanke, als du die Ziellinie überquert hast?
Ich habe zuerst an meinen 2006 verstorbenen Co-Piloten Henri Magne
gedacht. Er war ein toller Mensch und er sagte mir einmal: »Nani, irgendwann
gewinnst du die Dakar in der Auto-Kategorie.« Leider konnte er nicht
dabei sein, als es klappte. Natürlich habe ich auch an die Jungs meines X-Raid-
Teams gedacht, denn solch ein Rennen gewinnst du nie allein.
Denkst du während der Rennen manchmal an den tragischen Unfall, bei
dem dein Co-Pilot verstarb?
Nein, jetzt nicht mehr. Im ersten Jahr nach dem Unfall hatte ich das schon
manchmal im Hinterkopf, aber seitdem ist viel Zeit vergangen. Ich glaube,
dass Menschen in der Lage sind, schlechte Momente vergessen zu können.
Es ist komisch, aber ich kann das komplett ausblenden. Viel lieber denke
ich an die schönen Momente mit Henri zurück. Wenn der Tag kommt, an
dem ich mich nur noch an Negatives aus der Vergangenheit erinnere, höre
ich sofort mit dem Motorsport auf.
Welcher deiner Dakar-Siege war schwieriger? 2004 auf dem Motorrad oder
jetzt mit dem MINI?
Der Erfolg auf der KTM war schon ziemlich hart, weil es in der Motorrad-
Kategorie viele gute Fahrer gab. Aber im Auto ist der Druck noch einmal
ganz anders. Ich habe bei X-Raid mit Stéphane Peterhansel und Nasser
Al-Attiyah sehr starke Teamkollegen, und gegen die muss man erst einmal
bestehen. Hinzu kommen noch Top-Fahrer wie Carlos Sainz. Ich bin froh,
dass ich diesem Druck in meinem dritten Dakar-Jahr mit dem MINI gewachsen
war.
Welcher Sieg bedeutet dir persönlich mehr?
Beide Siege waren natürlich toll, aber 2004 war ich der erste Spanier in der
Geschichte, der das Rennen gewinnen konnte. Als ich mich damals auf den
Weg zur Dakar machte, kannte mich in meiner Heimat niemand. Als ich
knapp einen Monat später mit dem Sieg im Gepäck heimreiste, war die
Resonanz überwältigend. Wow, plötzlich kannte mich jeder! Inzwischen bin
ich in Spanien bekannter, aber nach meinem diesjährigen Sieg war es auch
toll, als mich Leute auf der Straße ansprachen und mir gratulierten.
Roma fuhr dieses
Jahr bereits seine
19. Rallye Dakar
108 www.Motorsport-Magazin.com
ICH MAG SO ETWAS NICHT. ICH DENKE, DASS
JEDER FAHRER GLEICH BEHANDELT WERDEN
SOLLTE. ICH FREUE MICH SEHR ÜBER MEINEN
SIEG, UND ALLES ANDERE INTERESSIERT IN EIN
PAAR WOCHEN SOWIESO NIEMANDEN MEHR.
In Deutschland ist die Rallye Dakar nicht mehr so populär wie früher.
Wie sieht es in Spanien aus?
In meiner Heimat ist die Rallye Dakar sehr beliebt! Zwei TV-Sender
berichteten täglich über die Rallye. Das Tollste daran: Nicht nur Motorsport-Fans
interessieren sich bei uns für die Dakar, sondern alle möglichen
Schichten. Vielleicht ist das in Deutschland auch wieder der Fall,
wenn ein einheimischer Fahrer Erfolg hat. Bei uns war es mit der Formel
1 doch nicht anders: Die hat in Spanien jahrelang niemanden interessiert,
bis Fernando Alonso kam und Weltmeister wurde.
Dann sollte X-Raid-Teamchef Sven Quandt den deutschen Dakar-Fans
vielleicht einen Gefallen tun und nächstes Jahr einen deutschen Fahrer
für sich starten lassen. Mit dem MINI scheint Erfolg programmiert zu
sein...
Ja, das wäre eine Möglichkeit. Man kann aber nicht einfach sagen: »Ich
setze mich in den MINI und habe automatisch Erfolg.« Das Team hat
jahrelang darauf hingearbeitet, so etwas kann man sich kaum vorstellen.
Es ist wie in jedem anderen Sport auch: Du kannst nur erfolgreich sein,
wenn du hart dafür arbeitest.
Die MINIS dominieren die Dakar seit einigen Jahren. Droht das nicht
langweilig zu werden?
Manchmal machen es sich die Leute einfach und sagen, dass du im MINI
ja sowieso Erfolg hast. Das stimmt aber nicht, der menschliche Faktor
spielt eine sehr wichtige Rolle bei einer langen Rallye wie der Dakar. In
der Formel 1 heißt es häufig, dass Red Bull immer gewinnt. Das liegt
aber auch daran, dass Sebastian Vettel ein sehr guter Fahrer ist. Mark
Webber hatte schließlich das gleiche Auto. Ich sehe es in anderen Sportarten
auch gern, wenn Teams eng gegeneinander kämpfen, aber X-Raid
leistet eben die beste Arbeit und hat meiner Meinung nach die besten
Fahrer. Das macht den Unterschied.
Kurz vor Rennende sorgte die Teamorder bei X-Raid für Aufsehen. Wie
siehst du das persönlich?
Teamorder gab es schon immer bei der Rallye Dakar. Stéphane gewann
so etwa die Dakar 2007. Dieses Jahr war es fair von Svend Quandt zu
sagen, dass wir alle etwas langsamer fahren sollen, damit es alle drei
MINIS auf das Podium schaffen. Mehr hat er Nasser, Stéphane und mir
nicht vorgegeben. Er hat nie gesagt, dass Stéphane anhalten und mir ins
Ziel folgen soll. Der Grund, warum am Ende Gas rausgenommen werden
sollte: Stéphane war mit zwei Reifenschäden unterwegs, ich hatte nur
noch einen guten Reifen für die restlichen 400 Kilometer bis ins Ziel
und Nasser musste zwischendurch anhalten, um ein beschädigtes Rad
zu wechseln.
Aus Sicht der Zuschauer sah es aber unglücklich aus, als Stéphane
plötzlich anhielt, du ihn überholt hast und zum Sieg gefahren bist.
Ja, das verstehe ich auch. Aber es ist schon erstaunlich, wenn man einmal
bedenkt, dass der Veranstalter der Dakar aus Frankreich kommt und
auch die TV-Produktion in französischer Hand ist: Als ich im vergangenen
Jahr 20 Minuten lang auf Stéphane warten musste, wurde das mit
keinem Wort erwähnt! Als Stéphane dieses Jahr aber ein paar Minuten
auf mich wartete, wurde eine Riesen-Geschichte daraus gemacht... Ich
mag so etwas nicht, denn ich denke, dass jeder Fahrer - egal aus welchem
Land - gleich behandelt werden sollte. Aber ich freue mich sehr über
meinen Sieg, und alles andere interessiert in ein paar Wochen sowieso
niemanden mehr.
Hast du dich anschließend mit Stéphane ausgesprochen?
Ja, und es gab überhaupt keine Probleme. Er weiß auf und abseits der
Strecke sehr genau, was er tut. Er übt gern Druck auf seine Konkurrenten
aus, aber ich habe ihm gesagt, dass so etwas nichts für mich ist. In der
ersten Woche lief es nicht gut bei ihm: Er hatte Reifenschäden am Auto,
machte Fehler und kam einmal von der Route ab. Ich kam zu Beginn
hingegen super zurecht. In der zweiten Rennhälfte fuhr er sehr stark
und ich hatte ein paar Probleme. Am Ende wurde er Zweiter und ich
gewann die Dakar - das war‘s.
Weißt du schon, ob du 2015 wieder für X-Raid bei der Dakar antrittst?
Ich denke schon, aber wir müssen den Vertrag natürlich noch aushandeln.
Ich glaube, dass mich Teamchef Sven Quandt gern wieder an Bord
hätte und ich würde ebenfalls gern beim Team bleiben. Ich fühle mich
bei X-Raid sehr wohl und kenne die Mannschaft sehr gut. Das sollte die
ganze Sache einfacher gestalten. Nächstes Jahr wird es wieder eine neue
Herausforderung für X-Raid, weil sie jeder besiegen will - jeder will die
MINIS killen.
Du bist jetzt 42 Jahre alt. Hast du dir schon einmal Gedanken darüber
gemacht, wann mit dem Motorsport Schluss ist?
Im Vergleich zu einigen anderen Fahrern bin ich doch noch jung! Stéphane
Peterhansel ist 49 und Carlos Sainz 52 Jahre alt. Wenn ich eines
Tages nicht mehr die Leidenschaft für den Sport empfinde, höre ich auf.
Aber im Moment bin ich voll motiviert. Ich will weiter an mir arbeiten,
weiter kämpfen und Rennen gewinnen. Wenn du mitten in der Wüste
fährst und niemand um dich herum ist, musst du einfach diese Leidenschaft
haben, um weiterzumachen. Schau dir Carlos Sainz an: Der ist
seit Jahren total rennverrückt, ein erstaunlicher Typ - ich habe großen
Respekt vor ihm.
Bei der Dakar kommt es immer wieder zu Todesfällen. Wie gehst du
damit um?
Das ist wirklich schlimm und einer der negativen Aspekte dieser Rallye.
Die Organisatoren setzen sich extrem für die Sicherheit ein, aber man
darf nicht vergessen, dass es unter den Dakar-Teilnehmern sowohl Profis
als auch reine Amateure gibt. Das ist auf der einen Seite toll, auf der
anderen sind gewisse Amateure aber vielleicht nicht richtig auf das Rennen
vorbereitet. Eine knifflige Angelegenheit. Wenn jemand stirbt, ist
das der Horror. Man denkt immer an seine Familie und seine Freunde.
Allzu viel Zeit zum Nachdenken bleibt euch sowieso nicht, ihr müsst ja
weiter das Rennen fahren.
Richtig, man muss sich weiter aufs Rennfahren konzentrieren. Wenn
aber ein Freund oder guter Bekannter stirbt, ist das sehr schwierig. Am
Tag danach ist es unheimlich schwierig, konzentriert zu bleiben - das
musst du aber, das gehört eben dazu.
Glaubst du, dass die Sicherheit noch weiter verbessert werden kann?
Ja, man kann sich immer verbessern und das Streben nach mehr Sicherheit
darf niemals aufhören. Man glaubt aber kaum, wie hart die Organisatoren
dafür arbeiten. Dieses Jahr gab es so viele Rettungshubschrauber
und ärztliches Personal war ständig in der Nähe - ich habe mich auf
jeden Fall absolut sicher gefühlt.
FOTOS: X-RAID, DAKAR, SHAKEDOWN TEAM
www.Motorsport-Magazin.com 109
LEGENDÄRE
BOLIDEN
MITSUBISHI
PAJERO
EVOLUTION
FOTOS: MITSUBISHI
DER KÖNIG TEXT: SAMY ABDEL AAL
VON AFRIKA
MYTHOS DAKAR. KAUM EINE RENNSPORT-VERANSTALTUNG IST SO BERÜHMT (UND BERÜCH-
TIGT) WIE DIE DAKAR. DER MITSUBISHI PAJERO GEHÖRT ZU DEN ERFOLGREICHSTEN FAHRZEU-
GEN IN DER DAKAR-GESCHICHTE - EINE ECHTE LEGENDE
110 www.Motorsport-Magazin.com
TECHNISCHE DATEN
Name: Mitsubishi Pajero
Evolution MPR13
Baujahr: 2007
Länge: 4,193 mm
Breite: 1.990 mm
Höhe: 1.840 mm
Radstand: 2.775 mm
Motor: 6-Zylinder, 24 Ventile
Hubraum: 3.997 ccm
Leistung: 270 PS / 5.550 U/Min.
Mitsubishi
sammelte mit dem
Pajero Sieg um Sieg
ür Fans der Rallye Dakar ist der Name Pajero noch heute ein Mythos. Knapp
F
25 Jahre bewies sich Mitsubishis Musterknabe auf der härtesten Rallye der
Welt und ist mit zwölf Gesamtsiegen bis heute das erfolgreichste Fahrzeugmodell
der Dakar-Geschichte. Alleine vor der Verlegung des Events nach
Südamerika siegte der Pajero sieben Jahre in Serie bei der damals noch hauptsächlich vom
französischen Paris ins senegalesische Dakar durchgeführten Königsrallye. Das Modell
Pajero Evolution dürfte den Kontrahenten dabei noch heute den Angstschweiß auf die
Stirn treiben. Als im Jahr 2002 die Richtlinien für Super-Production-Fahrzeuge bei der
Rallye Dakar in Kraft traten, entwickelte Mitsubishi Motors den MPR10. Fortan startete
der Pajero in der Fahrzeugkategorie T1, der Klasse der modifizierten
Cross-Country-Rallyefahrzeuge.
Der Pajero musste
nach dem Umzug
nach Südamerika
weichen
Sieben Siege in
Folge für Mitsubishi
mit dem Pajero
Direkt bei der Jungfernausfahrt im Rahmen der Desert Challenge der Vereinigten Arabischen
Emirate im Herbst 2002 siegte Dakar-Legende Stephane Peterhansel auf dem
MPR10 und läutete somit den unvergleichlichen Triumphzug des Pajero Evolution ein - und
das noch vor dem offiziellen Dakar-Debüt. Dieses verlief nicht minder erfolgreich. Der
zweifache Dakar-Sieger Hiroshi Masuoka gewann seinen letzten Titel für das russische
Team KAMAZ bei der Premiere der damals neuesten Mitsubishi-Rallyekreation im Januar
2003. Im folgenden Jahr führte kein Weg an Rekordsieger Peterhansel vorbei, der ebenfalls
auf einem vom KAMAZ-Team eingesetzten MPR10 siegte. Bereits zuvor hatte er im Herbst
2003 seinen Titel bei der UAE Dessert Challenge erfolgreich verteidigt. Der weiterentwickelte
Pajero war nach weiteren Modifikationen des Technischen Reglements nun mit
einem 4,0-Liter-Sechszylindermotor ausgestatten - statt wie bisher mit 3,5 Liter Hubraum.
Die vorgeschriebene Gewichtszunahme auf mindestens 1.825 kg statt bis dahin 1.750 kg
stellte Mitsubishi zunächst vor Probleme hinsichtlich der Fahrzeugbalance. Durch eine
zentralere und tiefere Positionierung des Motors wurden diese jedoch bestmöglich
ausgemerzt.
Den Triumph in der Saison 2005 feierte Peterhansel allerdings auf der weiterentwickelten
Version MPR11, ein Jahr darauf siegte sein französischer Landsmann Luc Alphand im
in Sachen Haltbarkeit und Standfestigkeit extrem verbesserten MPR12. Die perfekte
Bilanz von fünf Erfolgen bei fünf Starts für den Mitsubishi Pajero Evolution sicherte
erneut Peterhansel im Jahr 2007, dieses Mal jedoch auf dem Entwicklungsmodell MPR13.
Der Name der siegreichen Mannschaft lautete nach fünf Siegen in Folge für KAMAZ
nun allerdings MAN. Aus Gründen mangelnder Sicherheit wurde die Rallye Dakar im
Jahr 2008 nach Terrordrohungen nicht nur gänzlich abgesagt, sondern aus Angst vor
einem erneuten Ausfall ab dem folgenden Jahr komplett nach Südamerika verlegt. Mit
dem geografischen Umzug auf den südamerikanischen Kontinent endete auch das Engagement
des ‚Mr. 100%‘ bei der Rallye Dakar, denn das veränderte Landschaftsbild erforderte
fortan den Einsatz von Dieselfahrzeugen. Mitsubishi setzt seit dem auf den Lancer
- und wartet auf einen weiteren Erfolg. Der Mythos Pajero Evolution erhält dadurch
weiteren Nährboden.
www.Motorsport-Magazin.com 111
Robert fährt
nur Autos mit
schönen
Nasen!
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
DTM-Test? Kann
warten. Markus
Winkelhock und
seine Jungs hatten
nur Augen für
unser Heft.
112 www.Motorsport-Magazin.com
Bitte hier den
Vertrag
unterschreiben,
Bernie...
Robert traf Michael
Schumacher in Le
Castellet.
#keepfightingmichael
MITTENDRIN STATT NUR DABEI
Hm, lecker!
McLaren hat
klar die besten
Kekse!
Gewinnerin:
Unsere Leserin
Maren durfte mit
Lewis im Safety
Car fahren!
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, BMW
www.Motorsport-Magazin.com 113
DIE NEUE
ÄRA LÄUFT!
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AM 17.04.2014
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