27.02.2014 Aufrufe

Cicero Kein Recht auf Randale (Vorschau)

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ATTICUS<br />

N°-3<br />

NICHT LUSTIG<br />

Titelbild: Felix Gephart; Illustration: Anja Stiehler/Jutta Fricke Illustrators<br />

Manche Begriffe gehen einem nach der<br />

Lektüre eines Textes nicht mehr aus<br />

dem Kopf, weil sie so treffend sind – ​oder<br />

so sperrig. Oder beides <strong>auf</strong> einmal. „Erlebnisund<br />

gewaltorientierte Jugendliche“ ​ist ein<br />

solcher Begriff aus Alexander Marguiers<br />

Titelgeschichte über Gewaltausbrüche in<br />

deutschen Großstädten. So nennt die<br />

Polizei offiziell jene Testosteron‐Touristen,<br />

die sich schwarz einkleiden und zu den<br />

Prügelpartys der Republik tingeln.<br />

Vor Weihnachten versammelten sich<br />

die Spaßschläger in Hamburg und prügelten<br />

sich mit der Polizei, angeblich zur<br />

Rettung des Kulturzentrums „Rote Flora“.<br />

In Berlin werden sie zum 1. Mai wieder<br />

einfallen, um so zum Spaß Sch<strong>auf</strong>ensterscheiben<br />

einschmeißen zu können, das<br />

Ganze verbrämt als politischer Kampf für<br />

die armen unterdrückten Arbeiter.<br />

Man hat sich an dieses Phänomen<br />

schon beinahe schleichend gewöhnt.<br />

Alle Jahre wieder die Heimsuchung der<br />

Hirnverbrannten. Dieses Magazin fühlt<br />

sich der politischen Kultur verpflichtet,<br />

und deshalb sagt <strong>Cicero</strong>: Es gibt kein <strong>Recht</strong><br />

<strong>auf</strong> <strong>Randale</strong>. Es gibt keine Legitimationsgrundlage<br />

für rechtsfreie Räume der<br />

Gewalt. Das Monopol der Gewalt liegt<br />

beim Staat und nur dort. In dieser Ausgabe<br />

geben wir daher auch den Polizisten Raum,<br />

denjenigen, die buchstäblich den Kopf<br />

hinhalten müssen für den perversen Spaß<br />

der Partyschläger ( Seite 26 ). Nicht nur<br />

nebenbei macht der oberste Interessenvertreter<br />

der Polizisten, Oliver Malchow,<br />

deutlich, wer die Party am Ende bezahlt<br />

( Seite 28 ). Frank A. Meyer, ein Freund<br />

klarer Worte, hat seinen eigenen Begriff<br />

für erlebnis- und gewaltorientierte Jugendliche.<br />

Er nennt sie: „Pack“ ( Seite 30 ).<br />

Wir bei <strong>Cicero</strong> lieben den Spaß.<br />

Aber hier verstehen wir keinen. Das ist<br />

eine Frage des Prinzips.<br />

Ums Prinzip geht es auch bei der<br />

sogenannten Rente mit 63. Wir fragten<br />

den Vater der Rente mit 67, ob er nicht<br />

seine Meinung zur Rentenpolitik der<br />

Großen Koalition <strong>auf</strong>schreiben wolle.<br />

Eines Mittwochs klingelte es dann an der<br />

Tür der Redaktion. Ein Mann mit rotem<br />

Schal um den Hals stand davor, hatte<br />

einen hellbraunen Umschlag dabei, darin<br />

ein Manuskript, <strong>auf</strong> seiner berühmten<br />

„Gabriele“ geschrieben und von Hand<br />

hie und da korrigiert. Darüber stand unterstrichen:<br />

„für CICERO, Franz Müntefering,<br />

8. 2. 14“. Ab Seite 82 können Sie nachlesen,<br />

was der frühere Vizekanzler von<br />

der Rentenpolitik seiner früheren Regierungschefin<br />

Merkel und seinen beiden<br />

Parteifreunden Sigmar Gabriel und<br />

Andrea Nahles hält. Ungefähr so viel<br />

wie wir von Gewaltpartys.<br />

Mit besten Grüßen<br />

CHRISTOPH SCHWENNICKE<br />

Chefredakteur<br />

5<br />

<strong>Cicero</strong> – 3. 2014

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