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PDF-Download - Wiener Neustädter Nachrichten

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Stadt & Leben<br />

<strong>Wiener</strong> Neustadt nach dem Zweiten Weltkrieg. So sieht der Stadtkern<br />

eines Rüstungszentrums nach 29 Luftangriffen aus.<br />

Am Beginn der Veranstaltung<br />

erklang der eindringliche<br />

Ruf eines Kuckucks, im Zweiten<br />

Weltkrieg das Signal für<br />

eine Sondermeldung: „Achtung,<br />

Achtung, hier spricht der Großdeutsche<br />

Rundfunk: ‚Feindliche<br />

Bomberverbände im Anflug auf...“<br />

warnten damals die Rundfunksprecher<br />

die bange Bevölkerung,.<br />

Aus heiterem Himmel<br />

Am 13. August 1943 hat niemand<br />

mit einem Luftangriff gerechnet,<br />

manche glaubten anfangs an einen<br />

der zahlreichen Probealarme.<br />

Historiker Manfried Rauchensteiner<br />

erklärt die Hintergründe<br />

für dieses Verhalten und den Begriff<br />

der verlorenen „Raumgunst“,<br />

<strong>Wiener</strong> Neustadt war Hinterland<br />

und für die amerikanischen Flugzeuge<br />

nicht erreichbar. Bis an<br />

diesem „Schwarzen Freitag“ 61<br />

B-24-Bomber der 9. US-Luftflotte<br />

Kurs auf die <strong>Wiener</strong> <strong>Neustädter</strong><br />

Flugzeugwerke (WNF) nahmen,<br />

in der die Jagdflugzeuge Messerschmitt<br />

Bf 109 für die Deutsche<br />

Luftwaffe hergestellt wurden.<br />

Rauchensteiner berichtete von<br />

diesen größten „Jägerwerken“<br />

des Deutschen Reiches, einer<br />

dreiteiligen Fabrik, in der die<br />

Flugzeuge auch zusammengesetzt<br />

wurden. Interessiert lauschte<br />

das Publikum, darunter auch<br />

WNFler wie Zeitzeugin Josefine<br />

Haspel, die Moderator Josef<br />

Broukal die Bombardements aus<br />

der Sicht einer Fabriksarbeiterin<br />

schilderte.<br />

Insgesamt arbeiteten 12.000<br />

Menschen im Mehrschichtbetrieb<br />

in den WNF. Es gab keine<br />

Luftschutzanlagen...<br />

Nach 70 Jahren noch immer bewegt,<br />

beschrieb Maria Pitour<br />

sehr treffend die chaotische<br />

Stimmung beim überraschenden<br />

Bombenangriff: „Die Leute<br />

sind in Panik herumgelaufen.<br />

Es hat keiner gewusst, was er<br />

machen soll. Dann hat die Flak<br />

(Anm.: Flugabwehrkanone) zu<br />

schießen begonnen, dann sind<br />

die Flaksplitter herumgeflogen<br />

in der Luft. Aber das war so<br />

schrecklich, da waren schon die<br />

Einschläge, und es war...wie der<br />

Weltuntergang!“ Sie beschreibt<br />

ihre schreckliche Angst, aber<br />

auch den Versuch der <strong>Wiener</strong><br />

<strong>Neustädter</strong> Bevölkerung, nach<br />

150 Toten zur Normalität überzugehen:<br />

„Das Leben ging weiter,<br />

das Geschäft sperrte am nächsten<br />

Tag wieder auf.“<br />

Erwin Frühwald erlebte den<br />

Bombenkrieg aus anderer Sicht:<br />

Er meldete sich freiwillig zur<br />

Luftwaffe und war Pilot eines<br />

Stuka (Anm.: Sturzkampfbomber).<br />

Später schloß sich Frühwald,<br />

von den Kriegsereignissen<br />

ernüchtert, der Gruppe um Claus<br />

Schenk Graf von Stauffenberg an,<br />

die am 20. Juli 1944 das Attentat<br />

auf Adolf Hitler ausführte. In seinem<br />

Buch „Im Banne der Macht“<br />

beschreibt er diese dramatische<br />

Zeit in seinem bewegten Leben.<br />

Erstes von 154 Zielen<br />

Ein dunkler Schatten lag schon<br />

im Sommer 1941 über <strong>Wiener</strong><br />

6 September 2013<br />

Schuttberge prägten das Stadtbild, unermüdliche Trümmerfrauen<br />

räumten sie weg und schufen somit Platz für den Wiederaufbau.<br />

Am 13. August 1943 startete der erste Luftangriff:<br />

Tödlicher Himmel über <strong>Wiener</strong> Neustadt<br />

Es war ein berührender Abend in der Dr. Hertha Firnberg-Schule: Die noch immer sehr präsenten Erinnerungen an<br />

persönliches Leid und an den Verlust von Angehörigen trieben bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich des ersten<br />

Bombenangriffs auf <strong>Wiener</strong> Neustadt einigen Anwesenden die Tränen in die Augen. ExpertInnen und ZeitzeugInnen<br />

erinnerten mit ihren Beiträgen das Publikum an die dunkelsten Stunden der Stadtgeschichte.<br />

Sie fügten bei der Gedenkveranstaltung den historischen Fakten über<br />

die Bombardierungen ihre persönlichen Eindrücke hinzu: die drei<br />

ZeitzeugInnen (v.l.) Maria Pitour, Erwin Frühwald und Josefine Haspel.<br />

Neustadt: Noch vor dem japanischen<br />

Angriff auf Pearl Harbour,<br />

dem Anlass für den Kriegseintritt<br />

der Vereinigten Staaten, stand<br />

<strong>Wiener</strong> Neustadt bereits an der<br />

Spitze von 154 ausgewählten<br />

Zielen im gesamten Deutschen<br />

Reich, die von Großbritannien<br />

und den USA für Bombenangriffe<br />

ausgewählt wurden.<br />

Der Schrecken nahm im Laufe<br />

des Krieges nicht ab: <strong>Wiener</strong><br />

Neustadt war auch Ausweichziel<br />

für „missglückte“ Angriffe auf<br />

Wien, bei denen die Flugzeuge<br />

ihre tödliche Fracht nicht abwerfen<br />

konnten. Das Ende der Luftangriffe<br />

kam erst nach dem Bombardement<br />

vom 26. März.<br />

Autor Markus Reisner („Bomben<br />

auf <strong>Wiener</strong> Neustadt“) erklärte<br />

in seinem Vortrag militärische<br />

Aspekte des Bombenkriegs und<br />

die Bedeutung der Erfindung des<br />

Bombenzielgeräts durch Carl L.<br />

Norden. Reisner appellierte eindringlich<br />

an die jüngere Generation,<br />

die Familiengeschichte zu<br />

erforschen: „Nehmen sie sich die<br />

Zeit und sprechen sie mit ihren<br />

Familienangehörigen!“<br />

Bürgermeister Bernhard Müller<br />

würdigte abschließend die<br />

Leistung der Aufbaugeneration,<br />

die <strong>Wiener</strong> Neustadt durch<br />

unermüdliche Arbeit aus den<br />

Ruinen wieder auferstehen ließ.<br />

Was nicht selbstverständlich war,<br />

denn nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

gab es auch einige Stimmen,<br />

die sich gegen einen Wiederaufbau<br />

der Stadt aussprachen.

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