Aktuelle Leseprobe KA 2/2014 - DWA - Deutsche Vereinigung für ...
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Editorial<br />
93<br />
Wasser und Energie<br />
Seit 1993 wird jedes Jahr am 22. März<br />
der Weltwassertag begangen, den die UN-<br />
Generalversammlung 1992 in einer Resolution<br />
beschlossen hat. <strong>2014</strong> steht der<br />
Weltwassertag unter dem Motto „Wasser<br />
und Energie“. Dieses Thema wurde gewählt,<br />
um die enge Verbindung und gegenseitigen<br />
Abhängigkeiten von Wasser<br />
und Energie als Lebensgrundlagen unserer<br />
modernen Gesellschaft in den Fokus<br />
der Öffentlichkeit zu rücken. In der <strong>DWA</strong><br />
wird diese ganzheitliche Betrachtung seit<br />
vielen Jahren thematisiert und findet sich<br />
unter anderem in dem von ihr geprägten<br />
Slogan „Keine Energie ohne Wasser – kein<br />
Wasser ohne Energie“ wieder.<br />
Insbesondere Kläranlagen bebildern<br />
diese enge Verknüpfung. Sie sind zum einen<br />
große Energieverbraucher, zum anderen<br />
können sie einen Beitrag zur Energieerzeugung<br />
leisten. Damit wird es in einer<br />
sich wandelnden Energiewelt zu einer<br />
Pflichtaufgabe <strong>für</strong> die Kläranlagenbetreiber,<br />
zum einen die Effizienz beim Energieverbrauch<br />
zu steigern und zum anderen<br />
die Eigenenergieerzeugung zu optimieren.<br />
Obwohl diese Erkenntnis schon Jahrzehnte<br />
alt ist – so erschien bereits 1982<br />
ein Schwerpunktheft der <strong>KA</strong> zum Thema<br />
Energie –, besteht hier noch ein immenser<br />
Nachholbedarf. Dies zeigen beispielhaft<br />
die Zahlen zum Stromverbrauch der deutschen<br />
Kläranlagen des Statistischen Bundesamts,<br />
die seit vielen Jahren nicht maßgeblich<br />
sinken. Vor einem Erwartungshintergrund<br />
eines Stromeinsparpotenzials<br />
auf Kläranlagen von 25 bis zu 50 % ist<br />
dieses Ergebnis eher ernüchternd.<br />
Auch die Möglichkeiten zur Stromund<br />
Wärmegewinnung aus Faulgas insbesondere<br />
auf kleinen und mittleren Kläranlagen<br />
werden noch nicht ausreichend ausgeschöpft,<br />
allerdings sind hier Entwicklungen<br />
erkennbar. Um der breiten Fachöffentlichkeit<br />
neue Erkenntnisse aufzuzeigen<br />
und zu einer weiter verstärkten Auseinandersetzung<br />
mit den Thema Abwasser<br />
und Energie anzuregen, befasst sich<br />
jetzt wiederum ein Schwerpunktheft der<br />
<strong>KA</strong> mit dem Thema Energie.<br />
Dabei stehen neben den Beiträgen<br />
mit fachlich-technischer Fokussierung<br />
auch die sich anbahnenden politischen<br />
Veränderungen in der Energiewende im<br />
Fokus. Von diesen Veränderungen wird<br />
auch das <strong>für</strong> Kläranlagenbetreiber wichtige<br />
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)<br />
Norbert Dichtl<br />
betroffen sein, und eine Novellierung ist<br />
sicherlich dringend geboten. Hier sollte<br />
im politischen Entscheidungsprozess beachtet<br />
werden, dass es angesichts ambitionierter<br />
und notwendiger Klimaschutzziele<br />
sowie der Endlichkeit fossiler Energieträger<br />
keine Alternative zum weiteren<br />
Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
gibt. Durch politische Vorgaben dürfen<br />
keine guten Entwicklungen behindert<br />
werden.<br />
So wäre zum Beispiel eine Belastung<br />
von Anlagen zur Eigenstromerzeugung<br />
auf Kläranlagen mit einer EEG-Umlage<br />
kontraproduktiv. Der in hocheffizienten<br />
KWK-Anlagen mit überwiegendem Faulgaseinsatz<br />
eigenerzeugte und -verbrauchte<br />
Strom darf weiterhin nicht mit einer<br />
EEG-Umlage belastet werden. Faulgas ist<br />
dem im Koalitionsvertrag verwendetem<br />
Begriff „Kuppelgas“ gleichzusetzen, da es<br />
zwangsläufig als „Nebenprodukt“ bei der<br />
Schlammbehandlung entsteht. Diese Regelung<br />
gilt explizit auch <strong>für</strong> Neuanlagen<br />
und <strong>für</strong> in anderen EEG-Anlagen zum Eigenverbrauch<br />
erzeugten Strom.<br />
Kläranlagen bieten weitere Potenziale<br />
in der zukünftigen „smarten“ bzw. „intelligenten“<br />
Energiewelt. Durch Bewirtschaftung<br />
der Stromverbraucher und -erzeuger<br />
können sie einen Beitrag zur<br />
Prof. Dr.-Ing. Norbert Dichtl<br />
TU Braunschweig<br />
Vorsitzender des <strong>DWA</strong>-Hauptausschusses<br />
„Kreislaufwirtschaft, Energie und<br />
Klärschlamm“<br />
Markus Schröder<br />
Netzstabilität liefern. Allerdings darf es<br />
hier keinen Direktzugriff von außen auf<br />
die Aggregate geben, denn die Kernaufgabe<br />
der Abwasserreinigung – deren<br />
Nichterfüllung strafbewehrt ist – darf<br />
nicht gefährdet werden. Der Zugriff kann<br />
indirekt über die Prozessleitsysteme der<br />
Kläranlagen erfolgen, hier kann der Betreiber<br />
Freigaben von Stromerzeugern<br />
und -verbrauchern <strong>für</strong> den Eingriff von<br />
außen erteilen.<br />
Die Verknüpfung von Wasser und<br />
Energie ist auch in den Kanalnetzen<br />
möglich. Hier kann die im Abwasser enthaltene<br />
Wärme zurückgewonnen und in<br />
begrenztem Umfang auch Strom aus Lageenergie<br />
erzeugt werden. Auch diese<br />
Möglichkeiten sollten bei den politischen<br />
Überlegungen zur Optimierung der Vorgaben<br />
<strong>für</strong> die Energiewende berücksichtigt<br />
und im Sinne einer Markteinführung<br />
wirtschaftlich unterstützt werden.<br />
Derartige Forderungen machen aber<br />
nur dann Sinn, wenn die Fachwelt das<br />
Thema Energie in der Abwasserentsorgung<br />
weiterhin auf der ständigen Agenda<br />
hat. Es darf nicht bei F&E-Vorzeigeprojekten<br />
bleiben, sondern die Potenziale<br />
müssen flächendeckend von den Planern<br />
und Anlagenbetreibern entdeckt<br />
und genutzt werden.<br />
Prof. Dr.-Ing. Markus Schröder<br />
Tuttahs & Meyer, Aachen<br />
Obmann des <strong>DWA</strong>-Fachausschusses<br />
KEK-10 „Energie in der Wasser- und<br />
Abfallwirtschaft“<br />
www.dwa.de/<strong>KA</strong> <strong>KA</strong> Korrespondenz Abwasser, Abfall · <strong>2014</strong> (61) · Nr. 2