März_2013
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FPR-aktuell Heft 3/<strong>2013</strong><br />
Aktuelle Nachrichten aus Politik und Rechtsprechung<br />
Leitsätze aktueller Entscheidungen<br />
Sukzessivadoption durch eingetragenen Lebenspartner<br />
GG Art. 2 I, 3, 6; LPartG § 9 VII; BGB § 1742<br />
1. Art. 2 I i. V. mit Art. 6 II 1 verleiht dem Kind ein Recht auf<br />
staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung. Eine<br />
Verpflichtung des Gesetzgebers, die Adoption des angenommenen<br />
Kindes eines eingetragenen Lebenspartners durch den anderen<br />
Lebenspartner (Sukzessivadoption) zu ermöglichen, lässt sich<br />
daraus nicht ableiten.<br />
2. Zwei Personen gleichen Geschlechts, die gesetzlich als Elternteile<br />
eines Kindes anerkannt sind, sind auch im verfassungsrechtlichen<br />
Sinne Eltern (Art. 6 II 1 GG). Eine Person, die bislang<br />
weder in einer biologischen noch in einer einfachrechtlichen Elternbeziehung<br />
zu einem Kind steht, ist grundsätzlich nicht allein<br />
deshalb nach Art. 6 II 1 GG Elternteil im verfassungsrechtlichen<br />
Sinne, weil sie in sozial-familiärer Beziehung mit dem Kind lebt.<br />
3. Leben eingetragene Lebenspartner mit dem leiblichen oder<br />
angenommenen Kind eines Lebenspartners in sozial-familiärer<br />
Gemeinschaft, bilden sie mit diesem eine durch Art. 6 I GG geschützte<br />
Familie im Sinne des Grundgesetzes. Bei der rechtlichen<br />
Ausgestaltung der Familie ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich<br />
nicht ohne Weiteres verpflichtet, denjenigen, die tatsächlich<br />
soziale Elternfunktion wahrnehmen, allein deswegen eine Adoptionsmöglichkeit<br />
zu schaffen.<br />
4. Indem § 9 VII des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Möglichkeit<br />
der Annahme eines adoptierten Kindes des eingetragenen<br />
Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner (Sukzessivadoption)<br />
verwehrt, wohingegen die Möglichkeit der Annahme<br />
eines adoptierten Kindes des Ehepartners und die Möglichkeit<br />
der Annahme eines leiblichen Kindes des eingetragenen Lebenspartners<br />
(Stiefkindadoption) eröffnet sind, werden sowohl<br />
die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in<br />
ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt (Art. 3 I GG). (amtliche<br />
Leitsätze)<br />
(BVerfG, Urt. v. 19. 2. <strong>2013</strong> – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09)<br />
Kosten für Zusatz-Altersversorgung und Zusatzkrankenversicherung<br />
bei gesteigerter Erwerbsobliegenheit<br />
BGB §§ 1603 I, 1612 a, 1612 b I Nr. 1; SGB II § 33 I<br />
Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für<br />
eine zusätzliche Altersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung<br />
sind unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig,<br />
wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind andernfalls<br />
nicht aufgebracht werden kann. (amtlicher Leitsatz)<br />
(BGH, Urt. v. 30. 1. <strong>2013</strong> – XII ZR 158/10)<br />
Falsche Ehezeit beim Versorgungsausgleich<br />
VersAusglG § 10; FamFG §§ 59 I, 219 Nrn. 2, 3<br />
Gegen eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich, mit der<br />
das Familiengericht Entgeltpunkte vom Versicherungskonto des<br />
einen Ehegatten auf das bei einem anderen Rentenversicherungsträger<br />
geführte Versicherungskonto des anderen Ehegatten<br />
überträgt, steht beiden betroffenen Versorgungsträgern die Beschwerde<br />
zu, ohne dass es auf eine finanzielle Mehrbelastung<br />
ankommt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. 1. <strong>2013</strong> – XII<br />
ZB 550/11 – zur Veröffentlichung bestimmt). (amtlicher Leitsatz)<br />
(BGH, Beschl. v. 23. 1. <strong>2013</strong> – XII ZB 491/11)<br />
Beamte, interne Teilung arbeitsvertraglich zugesagter<br />
Versorgungen<br />
VersAusglG §§ 9 III, 10 I, 14 II Nr. 2, 16 I, II, 44 I Nr. 2; BGB<br />
§ 1587 b II Nr. 1<br />
Der Ausgleich einer arbeitsvertraglich zugesagten Versorgung<br />
nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erfolgt<br />
grundsätzlich durch interne Teilung. (amtlicher Leitsatz)<br />
(BGH, Beschl. v. 23. 1. <strong>2013</strong> – XII ZB 575/12)<br />
Tenorierung bei externer Teilung<br />
VersAusglG § 14; FamFG § 222<br />
Bei der externen Teilung eines Anrechts im Versorgungsausgleich<br />
bedarf es keiner Benennung der maßgeblichen Versorgungsordnung<br />
in der Beschlussformel der gerichtlichen Entscheidung.<br />
(amtlicher Leitsatz)<br />
(BGH, Beschl. v. 23. 1. <strong>2013</strong> – XII ZB 541/12)<br />
Keine Alleinsorge zum Zweck des Elterngeldbezugs<br />
BEEG § 4 III 4; BGB § 1671 I, II Nr. 2; FamFG §§ 58 ff.<br />
Allein die Möglichkeit, als Alleinerziehende nach § 4 III 4 BEEG<br />
für zwei weitere Monate (insgesamt somit für 14 Monate) Elterngeld<br />
zu beziehen, rechtfertigt es nicht, gem. § 1671 II Nr. 2<br />
BGB das gemeinsame elterliche Sorgerecht teilweise aufzuheben
VI Heft 3/<strong>2013</strong> FPR -aktuell<br />
und der alleinerziehenden Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht<br />
für das Kind zu übertragen. (amtlicher Leitsatz)<br />
(OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14. 2. <strong>2013</strong> – 2 UF 272/12)<br />
Namensführung nach Aufhebung der Ehe<br />
BGB §§ 1313, 1318 I, 1355 V; PStG §§ 15, 48<br />
Der Ehegatte, der anlässlich der Eheschließung den Familiennamen<br />
des Ehepartners als Ehenamen angenommen hat, führt ab<br />
Rechtskraft der Aufhebung der Ehe wieder den Familiennamen,<br />
den er vor der Eheschließung geführt hat. Das Eheregister ist<br />
durch die Aufhebungsentscheidung unrichtig geworden und von<br />
Amts wegen zu berichtigen. (amtlicher Leitsatz)<br />
(OLG Celle, Beschl. v. 6. 2. <strong>2013</strong> – 17 W 13/12)<br />
Anspruch auf Auskunft über die genetische Abstammung<br />
eines durch heterologe Insemination gezeugten<br />
Kindes<br />
StGB § 203; ZPO §§ 264 Nr. 2, 529<br />
1. Das Interesse des durch eine heterologe Insemination gezeugten<br />
Kindes, seine genetische Abstammung zu erfahren, kann im<br />
Rahmen der vorzunehmenden Abwägung höher zu bewerten<br />
sein als die Interessen des beklagten Arztes und der Samenspender<br />
an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. In diesem<br />
Fall kann das Kind vom behandelnden Arzt Auskunft über seine<br />
genetische Abstammung verlangen.<br />
2. Eine Einigung zwischen den Eltern und dem behandelnden<br />
Arzt, die Anonymität des Samenspenders zu wahren, stellt im<br />
Verhältnis zu dem ungeborenen Kind einen unzulässigen Vertrag<br />
zulasten Dritter dar.<br />
3. Die Auskunftserteilung ist dem beklagten Arzt erst dann unmöglich,<br />
wenn er die benötigten Informationen auch nach einer<br />
umfassenden Recherche nicht mehr beschaffen kann. (amtliche<br />
Leitsätze)<br />
(OLG Hamm, Urt. v. 6. 2. <strong>2013</strong> – I-14 U 7/12)<br />
Versorgungsausgleich, Anwendung des alten Rechts<br />
nach Wiederaufnahme eines ausgesetzten Verfahrens<br />
FGG-RG Art. 111 1, 3; VersAusglG § 48<br />
Hat das Amtsgericht vor dem 1. 9. 2009 eine Endentscheidung<br />
über den Versorgungsausgleich getroffen, die zulässiger Weise<br />
nur teilweise angefochten worden ist, so ist in einem vom Oberlandesgericht<br />
ausgesetzten und nach dem 31. 8. 2009 wiederaufgenommenen<br />
Beschwerdeverfahren das bis zum 31. 8. 2009<br />
geltende frühere Recht anzuwenden. (amtlicher Leitsatz)<br />
(OLG Celle, Beschl. v. 5. 2. <strong>2013</strong> – 10 UF 20/09)<br />
Verfahrenskostenvorschuss durch Ratenzahlung<br />
ZPO § 115 II; BGB §§ 1603 II 1, 2, 1612 b; FamGKG § 3 II<br />
Eltern schulden ihren minderjährigen Kindern einen Verfahrenskostenvorschuss<br />
auch dann, wenn sie ihn zwar nicht in einer<br />
Summe zahlen können, aber nach § 115 I ZPO für eine eigene<br />
Verfahrensführung zu Ratenzahlungen in der Lage wären. Dann<br />
kann dem vorschussberechtigten Kind Verfahrenskostenhilfe auch<br />
nur gegen entsprechende Ratenzahlung bewilligt werden. Für<br />
die Anordnung einer Ratenzahlung ist dabei aber nicht allein<br />
maßgeblich, ob der unterhaltspflichtige Elternteil für ein von ihm<br />
selbst zu führendes Gerichtsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter<br />
Anordnung von Raten erhalten würde. Es ist vielmehr zusätzlich<br />
festzustellen, dass die in Anspruch genommenen Eltern im Sinne<br />
des Unterhaltsrechts leistungsfähig sind. (amtlicher Leitsatz)<br />
(OLG Dresden, Beschl. v. 31. 1. <strong>2013</strong> – 20 WF 36/13)<br />
Ehescheidung mit Auslandsbezug, Rechtswahl<br />
Art. 5, 7, 8 Rom III-VO; EGBGB Art. 46 d; ZPO §§ 114, 293<br />
1. Legen die Eheleute im Verfahren zur Prüfung von Verfahrenskostenhilfe<br />
eine schriftliche Vereinbarung des Inhalts vor, dass sie<br />
anstelle des nach Art. 8 lit. a Rom III-VO anwendbaren deutschen<br />
Rechts das Heimatrecht eines der Beteiligten – hier das kasachische<br />
Recht – wählen, kann dies eine hinreichende Erfolgsaussicht<br />
für den nach dem gewählten, nicht aber nach dem deutschen<br />
Recht erfolgversprechenden Scheidungsantrag begründen.<br />
2. Liegt zu einem einschlägigen ausländischen – hier kasachischen<br />
– Gesetz nur der Originaltext, nicht aber eine offizielle<br />
Übersetzung vor, kann es zur Prüfung und Bejahung einer hinreichenden<br />
Erfolgsaussicht i. S. von § 114 ZPO ausreichen, wenn<br />
eine Übersetzung des Gesetzestextes durch einen sprachkundigen<br />
Verfahrensbevollmächtigten beigebracht wird. (amtliche Leitsätze)<br />
(OLG Nürnberg, Beschl. v. 31. 1. <strong>2013</strong> – 7 WF 1710/12)<br />
Kostenentscheidung bei nach Aufforderung nicht erfolgter<br />
Titulierung von Kindesunterhalt<br />
FamFG § 243<br />
Zur Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Tragung der Kosten<br />
eines übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens zum<br />
Kindesunterhalt, wenn er der vorgerichtlichen Aufforderung zur<br />
kostenfreien Titulierung des Unterhaltsanspruchs durch Errichtung<br />
einer Jugendamtsurkunde erst im laufendem Verfahren nachgekommen<br />
ist, weil die zur Ermittlung seiner eigenen Einkünfte erforderlichen<br />
Unterlagen im Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen<br />
Verfahrens noch nicht vorlagen. (amtlicher Leitsatz)<br />
(OLG Hamm, Beschl. v. 30. 1. <strong>2013</strong> – II-9 WF 256/12)<br />
Verfahren nach § 33 VersAusglG<br />
VersAusglG § 33; FamFG §§ 76, 78 II; ZPO § 114<br />
1. Die vormalige Ehefrau des Antragstellers ist im Verfahren<br />
nach § 33 VersAusglG Beteiligte.<br />
2. Zu den Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe<br />
im Verfahren nach § 33 VersAusglG.<br />
3. Zu den Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts<br />
im Verfahren nach § 33 VersAusglG. (amtliche Leitsätze)<br />
(OLG Hamm, Beschl. v. 29. 1. <strong>2013</strong> – II-2 WF 255/12)<br />
Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis „ausländer-<br />
und asylrechtliche Betreuung“<br />
BGB §§ 1915, 1835 IV; RVG §§ 2, 13, 14; RVG VV 2300,<br />
2503<br />
1. Überschreitet die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers<br />
die typischerweise im Rahmen der Beratungshilfe zu erbrin-
FPR-aktuell Heft 3/<strong>2013</strong> VII<br />
genden Leistungen, was im Fall eines ersten Asylverfahrens mit<br />
Anhörung vor dem Bundesamt regelmäßig der Fall ist, so kann<br />
er ohne Begrenzung durch die Gebührensätze der Beratungshilfe<br />
eine Vergütung nach §§ 1915 I, 1835 IV BGB i. V. mit dem<br />
RVG beanspruchen.<br />
2. Sofern einem ohne Eltern eingereisten 16 Jahre alten Flüchtling<br />
ein Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis „ausländerund<br />
asylrechtliche Betreuung“ bestellt worden ist, hat der Ergänzungspfleger<br />
die Aufgabe – ungeachtet einer gem. § 12<br />
AsylVfG, § 80 AufenthaltsG bestehenden Handlungsfähigkeit<br />
des Jugendlichen – gewissenhaft und vollumfänglich für den<br />
Minderjährigen in dessen Interesse wahrzunehmen. (amtliche<br />
Leitsätze)<br />
(OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 29. 1. <strong>2013</strong> – 6 UF 344/11)<br />
Umgangsregelung ohne Übernachtung<br />
BGB § 1684 I, IV; FamFG § 26<br />
1. Eine Umgangsregelung ohne Übernachtung hält sich jedenfalls<br />
solange noch im Rahmen des durch § 1684 I BGB dem<br />
Richter eröffneten Ausgestaltungsspielraums – und ist daher keine<br />
Umgangseinschränkung i. S. des § 1684 IV BGB – , wie dadurch<br />
nicht aufgrund großer Entfernung zwischen den Wohnorten<br />
des Umgangsberechtigten und des Kindes eine faktische<br />
Umgangseinschränkung entsteht. Allerdings bedarf der Ausschluss<br />
von Übernachtungen auch bei geringer Distanz dieser<br />
Wohnorte besonderer Rechtfertigung, weil Übernachtungen des<br />
Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem<br />
Kindeswohl entsprechen.<br />
2. Das bloße Alter eines Kindes ist kein maßgebliches Kriterium,<br />
das für die Frage der Anordnung von Übernachtungskontakten<br />
herangezogen werden kann.<br />
3. Zu den Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung im Umgangsverfahren<br />
bei einem jeder Tatsachengrundlage entbehrenden<br />
Verdachtsvortrag eines Elternteils (hier: behaupteter Alkoholund<br />
Drogenmissbrauch). (amtliche Leitsätze)<br />
(OLG Saarbrücken, Beschl. v. 23. 1. <strong>2013</strong> – 6 UF 20/13)<br />
Vorschau auf das Heft 4/<strong>2013</strong><br />
Das kommende Hefte wird den Themenschwerpunkt „Aktuelles<br />
zum nationalen Unterhalts- und Verfahrensrecht“ haben.<br />
Klinkhammer und Reinken werden einen Überblick über die<br />
Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte geben.<br />
Finke wird sich mit der aktuellen Rechtsprechung zur Abänderung<br />
von Unterhaltstiteln befassen, Graba mit dem Ehegattenbedarf,<br />
Diehl mit den Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von<br />
Eltern beim Minderjährigenunterhalt. Maurer wird die Möglichkeiten<br />
der Begrenzung des nachehelichen Alters- und Krankheitsunterhalt<br />
darstellen, Born die Begrenzung und Befristung<br />
von Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt. Wohlgemuth wird<br />
erläutern, wie der Kindesunterhalt beim Wechselmodell bei Barunterhaltspflicht<br />
beider Eltern zu berechnen ist. Rake wird sich<br />
mit der Vollstreckbarkeit von Unterhaltstiteln auseinandersetzen,<br />
Neumann mit der Erledigung in der Hauptsache in Unterhaltsstreitsachen.