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Kompetenzfeld Diabetes mellitus II - UK-Online

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Folgeerkrankungen<br />

des <strong>Diabetes</strong> Mellitus –<br />

Diabetische Nephropathie<br />

Gero v. Gersdorff


Was wollen wir gemeinsam<br />

erarbeiten ?<br />

• Pathophysiologie<br />

• Epidemiologie und Risikofaktoren<br />

• Diagnostik<br />

• Prävention<br />

• Therapie


Patientin: Carla M., 68 Jahre<br />

Anamnese:<br />

• Deutliche Gewichtszunahme in den letzten 2 Wochen<br />

• geschwollene Beine seit mind. 3 Wochen, v.a. abends<br />

• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ <strong>II</strong>) seit vielen Jahren


Leitsymptom: nephrotisches Syndrom<br />

Patientin: Carla M., 68 Jahre<br />

Anamnese:<br />

• Deutliche Gewichtszunahme in den letzten 2 Wochen<br />

• geschwollene Beine seit mind. 3 Wochen, v.a. abends<br />

• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ <strong>II</strong>) seit vielen Jahren<br />

Körperl. Untersuchung:<br />

• RR 130/75 mmHg<br />

• ausgeprägte Knöchel- und Beinödeme, seitengleich<br />

Labor:<br />

• Kreatinin 1.8 mg/dl, Albumin 3.1 g/dl, Cholesterin 236 mg/dl,<br />

• Urinstix: Eiweiß +++, Ery neg., Leuko neg.


Wie kommt Protein in den Urin?<br />

Gesunde Filtrationsbarriere<br />

Schädigung der Filtrationsbarriere<br />

Proteinurie = Schaden der Filtrationsbarriere<br />

(i.d.R. Podozyten-Erkrankung)


Die Diabetische Nephropathie ist eine<br />

Erkrankung der Podozyten<br />

Glucose<br />

Immunkomplexe<br />

Gendefekte<br />

Zirkulierende<br />

Mediatoren<br />

T-Zell Attacke,<br />

Zytokine<br />

Toxisch<br />

X<br />

Podozytenschädigung<br />

Andere Faktoren<br />

Proteinurie<br />

Salzretention<br />

Nephrotisches Syndrom


Zusammenfassung<br />

• Leitsymptom der Diabetischen Nephropathie ist<br />

die Proteinurie bis hin zum Nephrotischen<br />

Syndrom<br />

• Das Nephrotische Syndrom erklärt sich aus dem<br />

Übertritt von Protein in den Urin, nachfolgend<br />

Na + - Retention<br />

• Zielzelle für die Schädigung ist der Podozyt<br />

• Eine rationale Therapie muss Podozytenprotektiv<br />

wirken (ACE-Inhibitoren/ ARB)


<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong>, Nephropathie<br />

und kardiovaskuläres Risiko<br />

Ab dem Stadium der<br />

Makroalbuminurie ist das<br />

Risiko zu versterben<br />

höher als das,<br />

dialysepflichtig zu<br />

werden!<br />

Adler et al. Kidney International (2003) 63, 225–232


<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong><br />

und Risiko für Folgeerkrankungen<br />

• Ca. 25 – 40% der<br />

Diabetiker entwickeln<br />

eine Diabetische<br />

Nephropathie<br />

• Ca. 25 – 35% der<br />

Diabetiker entwickeln<br />

eine Diabetische<br />

Retinopathie<br />

• Nephropathie ohne<br />

Retinopathie ist<br />

selten


<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong><br />

und Risiko für Hypoglykämien<br />

Risk for hypoglycemia of varying severity and expressed as an adjusted incidence rate ratio in veterans classified by presence<br />

or absence of chronic kidney disease (CKD) and diabetes<br />

Moen M F et al. CJASN 2009;4:1121-1127


Diabetische Folgeerkrankungen –<br />

Diagnostik<br />

• Blutdruck<br />

• Retinopathie?<br />

• Neuropathie/<br />

Fußsyndrom?<br />

• Herzinsuffizienz, LV-<br />

Hypertrophie, KHK<br />

• <strong>Diabetes</strong> ist eine<br />

Systemerkrankung<br />

• Multiple<br />

Organsysteme<br />

müssen gleichzeitig<br />

beobachtet und<br />

behandelt werden<br />

• Nephropathie<br />

!!


Wie erkennen wir Nierenschaden?<br />

Kreatinin<br />

(eGFR)<br />

Proteinurie<br />

Hämaturie<br />

Histologie<br />

Bildgebung<br />

tubuläre Marker<br />

Nierenschaden<br />

nephrotisch<br />

CKD Stadium 1<br />

CKD Stadium 2<br />

CKD Stadium 3<br />

…<br />

nephritisch


Kreatinin und GFR verhalten sich<br />

nicht linear zueinander<br />

Kreatinin (mg/dl)<br />

Kreatininproduktion<br />

hoch<br />

normal<br />

niedrig<br />

oberer Grenzwert<br />

“blinder” Bereich GFR (ml/min/1.73m 2 )


Quantifizierung der Nierenfunktion<br />

http://mdrd.com<br />

in jedem klinischen Labor verfügbar, validiert nur für GFR < 60ml/min


Grenzwerte und Definitionen<br />

• Mikroalbuminurie:<br />

– Männer: Albumin > 20 mg/g Kreatinin<br />

– Frauen: Albumin > 30 mg/g Kreatinin<br />

• Makroalbuminurie:<br />

– > 300 mg/g Kreatinin<br />

• Proteinurie:<br />

– < 1g/g Kreatinin bzw. > 1g/g Kreatinin<br />

• Albumin/Kreatinin Quotient im Spontanurin:<br />

!!<br />

– > 0,02/ 0,03 (Einheit für Albumin und Kreatinin in mg/dL!)


Quantifizierung der Proteinurie?<br />

1) 24 h-Sammelurin (nicht unproblematisch wegen häufiger<br />

Sammelfehler). Immer Qualitätskontrolle.<br />

2) In der Praxis weit praktikabler und vollkommen<br />

ausreichend: Eiweiß-Kreatinin-Quotient im Spot-Urin<br />

Patientin Carla M: Krea i.U. 58 mg/dl, Prot. i.U. 3.89 g/L (389 mg/dl)<br />

Eiweiß/Krea-Quotient = 6.7<br />

Proteinurie: etwa 6.7 g/24 h


Bildgebung/ Tubuläre Marker/ Histologie<br />

• Ultraschall: Nieren groß<br />

• <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> = „süßer<br />

Durchfluss“<br />

• Glucose (MW 180) wird frei<br />

filtriert und bis zu einem<br />

Maximum im Tubulus<br />

rückresorbiert<br />

– Glucosurie bei Überschreiten<br />

des Maximums oder bei<br />

Störungen des Tubulussystems<br />

– Das Resorptionsmaximum liegt<br />

bei etwa 200 mg/dL, ist aber<br />

sehr variabel<br />

© UpToDate


CKD-Stadium<br />

Verlauf bei <strong>Diabetes</strong> Typ I


Diabetische Folgeerkrankungen –<br />

Diagnostik<br />

• Blutdruck<br />

• Retinopathie?<br />

• Neuropathie/ Fußsyndrom?<br />

• Herzinsuffizienz, LV-Hypertrophie, KHK<br />

• Screening nach Proteinurie:<br />

– Bei Typ I – DM: Beginn nach ca. 5 Jahren<br />

– Bei Typ <strong>II</strong> – DM: ab Diagnosestellung<br />

– Quantifizierung der Proteinurie mit dem<br />

Albumin/Kreatinin Quotienten<br />

• Bestimmung von Kreatinin und der eGFR<br />

(glomeruläre Filtrationsrate)<br />

!!


Patientin: Carla B., 28 Jahre<br />

Anamnese: Abgeschlagenheit und Erkältungsgefühl seit zwei<br />

Wochen, Arthralgien, Hautausschlag an den Beinen<br />

(Schienbeine) seit zwei Tagen. Wg. <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ I) ist<br />

sie seit ca. 10 Jahren in Behandlung.<br />

Körperl. Untersuchung: RR 165/94 mmHg, Knöchel- und<br />

Beinödeme, seitengleich;<br />

Labor:<br />

aktuell<br />

Kreatinin 3.8 mg/dl, GFR 15 ml/min<br />

vor 2 Monaten Kreatinin 1,1 mg/dl, GFR 61 ml/min<br />

Albumin 32 g/L, Cholesterin 136 mg/dl<br />

Urinstix: Eiweiß +++, Ery ++++., Leuko neg.


Patientin: Carla B., 28 Jahre<br />

Anamnese: Abgeschlagenheit und Erkältungsgefühl seit zwei<br />

Wochen, Arthralgien, Hautausschlag an den Beinen<br />

(Schienbeine) seit zwei Tagen. Wg. <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> (Typ I) ist<br />

sie seit ca. 10 Jahren in Behandlung.<br />

Hat diese Patientin eine diabetische<br />

Nephropathie?<br />

Körperl. Untersuchung: RR 165/94 mmHg, Knöchel- und<br />

Beinödeme, seitengleich;<br />

Labor:<br />

aktuell<br />

Kreatinin 3.8 mg/dl, GFR 15 ml/min<br />

vor 2 Monaten Kreatinin 1,1 mg/dl, GFR 61 ml/min<br />

Albumin 32 g/L, Cholesterin 136 mg/dl<br />

Urinstix: Eiweiß +++, Ery ++++., Leuko neg.


Das Grundprinzip:<br />

1. Blutdruck-Kontrolle<br />

2. Blockade des RAAS<br />

3. Kontrolle der Proteinurie<br />

Moderne<br />

nephroprotektive<br />

Therapie bedarf<br />

eines „multi-drug<br />

approach“<br />

(ähnlich der<br />

Behandlung von<br />

Krebs, HIV etc.)


Therapieprinzip: Blutdruck-Kontrolle<br />

CKD + Proteinurie < 1g<br />

< 135 / 85 mmHg<br />

CKD + Proteinurie > 1g<br />

< 130 / 80 mmHg<br />

CAVE: Bei (möglicher) Koronarinsuffizienz RR < 120/70 vermeiden


RAAS und Podozyten<br />

• Nephrin-Expression ist bei Patienten mit<br />

diab. Nephropathie reduziert - und unter<br />

ACE-Hemmer wieder erhöht<br />

(Langham et al., Diabetologia, 2002)<br />

• Überexpression des AT1-Rezeptors<br />

induziert Glomerulosklerose<br />

(Hoffmann et al., J Am Soc Nephrol, 2004)<br />

• Podozyten besitzen ein vollständiges,<br />

funktionell aktives lokales RAAS<br />

(Liebau et al., Am J Physiol Renal Physiol, 2006)<br />

• Angiotensin <strong>II</strong> verändert das Zytoskelett von<br />

Podozyten und erhöht Albuminpermeabilität<br />

(Macconi et al., Am J Pathol, 2006)


GFR Abnahme<br />

(ml/min/Jahr/1.73m²)<br />

Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />

Warum antiproteinurische Therapie ?<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

3 4.5<br />

Baseline proteinuria g/d<br />

* Baseline GFR 38.6+/-0.4 ml/min, n=585<br />

§<br />

Baseline GFR 43.8+/-1.0ml/min, n=352<br />

MDRD*<br />

REIN §


Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />

Modalitäten:<br />

1) ACE-Hemmer und/oder AT1-Blocker<br />

unabhängig davon, ob eine Hypertonie vorliegt<br />

2) Konsequente RR-Kontrolle<br />

va. Diuretika und Betablocker.<br />

(Dihydropyridine können zur Zunahme der Proteinurie<br />

führen durch präferentielle Vasodilat. des Vas afferens)<br />

3) Kochsalzrestriktion (< 5 g NaCl/d)<br />

Hohe Salzzufuhr mindert den antiproteinurischen<br />

Effekt der ACE-Hemmer !!<br />

4) Einstellen des Nikotinkonsums wirkt antiproteinurisch !


Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />

Kontraindikationen ACE-i/ ARB:<br />

• Angioödem oder Allergie<br />

• Beidseitige NA-Stenose (bzw. Einzelniere)<br />

• S- K+ > 5,5 mmol/L<br />

• Schwangerschaft


Therapieprinzip: antiproteinurische Therapie<br />

Kontraindikationen ACE-i/ ARB:<br />

• Angioödem oder Allergie<br />

• Beidseitige NA-Stenose (bzw. Einzelniere)<br />

WICHTIG: keine Hemmung des RAS<br />

in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

• S- K+ > 5,5 mmol/L<br />

• Schwangerschaft<br />

Kontraindikation für ACE-Hemmer, ARB und<br />

direkte Renin-Inhibitoren !!


Intensive Therapie zahlt sich aus


<strong>Diabetes</strong> Typ <strong>II</strong>: individualisierte<br />

Therapieziele je nach Begleitumständen<br />

6,0 % 7,0 % 8,0 %<br />

Psychosoziökonomische Überlegungen<br />

Hochmotiviert, adhärent,<br />

sachkundig, gute Selbstfürsorge<br />

Weniger motiviert, nonadhärent,<br />

schlechte Selbstfürsorge<br />

Hypoglykämierisiko<br />

gering moderat hoch<br />

Patientenalter, Jahre<br />

40 45 50 55 60 65 70 75<br />

Erkrankungsdauer, Jahre<br />

5 10 15 20<br />

Nephropathie<br />

Keine<br />

Geringe<br />

Schwer<br />

Manifeste vaskuläre Komplikationen<br />

Keine<br />

Kardiovaskuläre Erkrankungen<br />

Modifiziert nach: Ismail-Beigi F. et al. Ann Intern Med. 2011;154:554-559 <strong>Diabetes</strong> Care 2012 35 (Suppl.1) 27


Therapie bei Niereninsuffizienz:<br />

Wichtige Punkte<br />

• Metformin ist kontraindiziert bei GFR < 60ml/min<br />

• Langwirksame, renal-eliminierte Sulfonyl-<br />

Harnstoffe können zu Hypoglykämien führen:<br />

– Durch längere HWZ des Medikaments<br />

– Durch längere HWZ des Insulin, das renal eliminiert<br />

wird<br />

• Diabetiker sollten frühzeitig einer<br />

Nierenersatztherapie zugeleitet werden:<br />

– Präemptive Nieren-Lebendspende<br />

– Peritoneal-/Hämodialyse


Therapie bei Niereninsuffizienz:<br />

Wichtige Punkte <strong>II</strong><br />

• Diabetiker sind gegenüber einer Schädigung der<br />

Nieren im Allgemeinen empfindlicher als Nicht-<br />

Diabetiker: z.B. Hypovolämie, Kontrastmittel,<br />

NSAID


Was dringend vermieden werden soll:<br />

Notfallmäßige Dialyse-Einleitung<br />

(Hyperkaliämie, Urämie)<br />

Schwere metabolische Azidose<br />

Ausgeprägter Hyperparathyreoidismus<br />

Volumenentgleisung


Warum Nierentransplantation?<br />

Dialysepatienten versus Transplantierte<br />

Wolfe RA, NEJM 1999;341:1725-30


Wann Nierentransplantation?<br />

Organüberleben in Abhängigkeit von der Dialysedauer vor NTX<br />

Lebendspende<br />

Kadaverspende<br />

N = 21.000 bzw. 56.000 Organempfänger<br />

Meier-Kriesche, Transplantation 2002


Zusammenfassung<br />

• Diabetische Nephropathie ist eine glomeruläre<br />

Erkrankung mit Schädigung der Podozyten<br />

• Proteinurie (Albuminurie) ist ein früher Marker<br />

für Morbidität und Mortalität<br />

• ACE-i/ARB, konsequente RR-Einstellung und<br />

antiproteinurische Maßnahmen verlangsamen<br />

die Progression<br />

• Sobald eGFR unter 60ml/min fällt muss der<br />

Patient spezifisch (nephrologisch) behandelt<br />

werden

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