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Predigtmeditation zu Jesaja 43, 1-7

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Sonntag nach Trinitatis – 7.7.2013<br />

<strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7 6.<br />

<strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7 7.7.2013 6. Sonntag nach Trinitatis<br />

Damit du leben kannst<br />

Karsten Loderstädt<br />

. . . <strong>zu</strong> verkündigen den Gefangenen die Freiheit (Jes 61, 1)<br />

30. September 1989. Auf dem Balkon der deutschen Botschaft in Prag erscheint<br />

Hans-Dietrich Genscher. Den Asylsuchenden verkündet er wie ein Heilsprophet: „Ich<br />

bin gekommen, Ihnen mit<strong>zu</strong>teilen, dass ihre Ausreise . . .“ Frenetischer Jubel unterbricht<br />

seine Nachricht. Freiheit in Sicht. Die Menge bebt. Das Ende von Leid und<br />

Abhängigkeit ist absehbar.<br />

Von den Ummauerten spricht Joachim Gauck in seinem Plädoyer „Freiheit“ 1 als<br />

von den „Insassen, festgehalten und eingeschlossen.“ Wir waren dem Staat lediglich<br />

dann willkommen, wenn wir parierten. Ein Willkommener aber muss sich frei und<br />

geliebt fühlen.<br />

Für den christlichen Glauben eröffnet Gott diese Lebensvorausset<strong>zu</strong>ng in der Taufe.<br />

Stellen wir uns einer zweieinhalb tausend Jahre alten Botschaft, in der Gott den Gefangenen<br />

im Exil einen neuen Anfang verheißt, eine neue Schöpfung. Gottes Zusagen an<br />

sein Volk, wie sie im Predigtwort Jes <strong>43</strong>, 1–7 vorliegen, sollen nicht christlich vereinnahmt<br />

werden, sondern unserem Reden von Taufe am 6. Sonntag nach Trinitatis heilsgeschichtliche<br />

Tiefe und Weite geben und so ein Tauffest tragen und stärken.<br />

Die Macht Gottes und der Trost für das Volk 2<br />

Das Volk Gottes feiert die Gottesdienste seit Jahrzehnten provisorisch. Fern der geplünderten<br />

und geschundenen Heimat. Sie denken an Zion, an den Verlust ihres<br />

Tempels wie des gelobten Landes. Sie beweinen die Aussichtslosigkeit (vgl. Ps 137).<br />

Doch an den Flüssen Babels, unweit des heutigen Bagdad, steht plötzlich einer auf<br />

und erhebt seine Stimme. Tröstet, ermutigt, zeichnet Zukunftsbilder. Ein Mann Gottes,<br />

der seine Berufung (Jes 40, 6f.) nur andeutet. 3<br />

Aus der Prophetenschule 4 des „alten“ <strong>Jesaja</strong> mag er stammen. Doch seine Ansagen<br />

will niemand hören. Dabei könnte man sie das „Evangelium des Alten Testamentes“ 5<br />

1 Joachim Gauck, Freiheit. Ein Plädoyer, München 4 2012, 20.<br />

2 Einen Überblick verschafft Otto Kaiser, Einleitung in das Alte Testament, Berlin 21982, 238–244.<br />

3 Wer den „Knecht JHWHs“ mit dem Propheten identifiziert, findet in den Gottesknechtsliedern<br />

Hinweise hinsichtlich seiner Beauftragung und seines Ergehens. Vgl. Kaiser, aaO., 241.<br />

4 Marie-Elisabeth Lüdde, 6. Sonntag nach Trinitatis, <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7, in: EPM 49 (1994/1995),<br />

299–304.<br />

Gött. Predigtmed. 67, 331–336, ISSN 0340-6083<br />

© 2013 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen


332 <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7<br />

nennen: „Der Frondienst endet, die Schuld ist vergeben und Heimkehr in Sicht. Jahwe<br />

wendet euer Schicksal. Er erlöst euch, weil er euch bedingungslos liebt. Ihr geht<br />

in eine gute Zukunft. Fürchtet euch nicht. Ihr seid frei.“ 6<br />

Israels Erlösung wird einer neuen Schöpfung gleichen, die jetzt anbricht. Der Bildner<br />

fängt noch einmal an: „Siehe, ich will ein Neues schaffen!“ (<strong>43</strong>, 19). Sein Werkstoff,<br />

der beatmete „Staub“ (Gen 2, 7; 3, 19b), wird „bearbeitet“, erlöst. Aus dem un<strong>zu</strong>reichenden<br />

Jakob wird „Israel“, der Liebling JHWHs. Diese uneingeschränkte<br />

Heilsankündigung kennzeichnet den Propheten und begründet seine Sendung.<br />

Durch ihn antwortet Gott auf die Klage des Einzelnen, die kollektiv aus aller Munde<br />

Gottes Antwort auf die Klage des<br />

Einzelnen, die kollektiv aus aller<br />

Munde seines erwählten Volkes ertönt.<br />

seines erwählten Volkes ertönt. Das bedingungslose<br />

Heilswort verspricht der<br />

Gola, der Gemeinschaft der Exilierten,<br />

das Leben.<br />

Der Prophet erkennt mitten in der<br />

vermeintlichen Ausweglosigkeit die Macht Gottes. Gott setzt Könige und Feldherren<br />

ein, um und ab wie ein Schachspieler die Figuren auf dem Brett (Jes 44, 28; 45, 1).<br />

Seine Souveränität und Prävalenz sind weder messbar noch mit einer Weltmacht <strong>zu</strong><br />

vergleichen (vgl. Jes 40, 18). Er bleibt immer der Stärkere und Israel seine Braut.<br />

Die politischen Hintergründe seien kurz dargestellt: Das babylonische Großreich blüht unter<br />

Nebukadnezar II. (604–562 v. Chr.) auf, beginnt unter seinen Nachfolgern systematisch <strong>zu</strong><br />

vergehen. Da<strong>zu</strong> trägt maßgeblich Nabonid (556–539 v. Chr.) bei, der letzte König Babylons.<br />

Mit der mächtigen Marduk-Priesterschaft verfeindet, passiv <strong>zu</strong>rückgezogen, seinem Sohn die<br />

Amtsgeschäfte überlassend, destabilisiert er das Reich.<br />

Die benachbarten Meder erstarken. Der Perserkönig Kyros II. (559–530 v. Chr.), <strong>zu</strong>nächst die<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng Nabonids nutzend, erobert 550 Ekbatana und ernennt sich <strong>zu</strong>m Herrscher über<br />

das medische Reich.<br />

Sowohl die darauffolgende Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit Krösus von Lydien entscheidet er <strong>zu</strong> seinem<br />

Gunsten als auch den Feld<strong>zu</strong>g gegen Sardes (546 v. Chr., darauf spielt der Prophet in<br />

41, 2f. sowie 45, 1–4 an und deutet das Geschehen als von Gott gesteuert).<br />

Babylons Lage spitzt sich <strong>zu</strong>. Der Verbündete Lydien ist akut bedroht. Nabonid kann das Blatt<br />

nicht mehr wenden. Die Babylonier, vor allem aber die Verbannten, erwarten Kyros als ihren<br />

Befreier. Der zieht aus Elam (heute: südlicher Iran) heran und nimmt kampflos die Hauptstadt<br />

Babylon (539 v. Chr.) ein. Das Volk Gottes jubelt. Die Wende bricht an und die Gefangenschaft<br />

wird <strong>zu</strong>r Geschichte.<br />

Heil für Israel – Zusage für die Getauften 7<br />

Der Gattung nach handelt es sich bei Jes <strong>43</strong>, 1–7 um ein zweifaches (V. 1–4 und 5–7)<br />

sowie zweiteiliges Heilsorakel. 8 Die enthaltene Heils<strong>zu</strong>sage beschreibt den Heils- als<br />

5 Milos Bic, 6. Sonntag nach Trinitatis, in: EPM, Bd. 2, Berlin 1977, 242–246.<br />

6 Vgl. die Anklänge an Jerusalemer Psalmensprache.<br />

7 Ausführlich analysiert die sprachlichen Zusammenhänge: Willy Schrottroff, 6. Sonntag nach Trinitatis,<br />

<strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7, in: GPM <strong>43</strong> (1989), 284–290.<br />

8 AaO., 286.


6. Sonntag nach Trinitatis – 7.7.2013 333<br />

Ist-Zustand. Auf die Anrede folgt der Zuspruch („Fürchte dich nicht!“). Dieser wird<br />

<strong>zu</strong>erst begründet, dann werden die Folgen dargestellt.<br />

Besondere Aufmerksamkeit verdient das „vergewissernde Perfekt“ 9 der Heils<strong>zu</strong>sage<br />

als Perfekt executionis, d. h. die Aussage trifft den Voll<strong>zu</strong>g, bzw. Perfekt confidentiae,<br />

welches das Versprechen als bereits erfüllt darstellt. Darum sind die Perfektformen<br />

präsentisch <strong>zu</strong> verstehen und aus<strong>zu</strong>legen.<br />

Die Einleitungsformel „Und nun, aber jetzt . . .“ markiert den Umbruch: aus beklagter<br />

Not hin <strong>zu</strong>r Freude durch Heilsgewissheit. 10 Die in Resignation blind und<br />

taub Gewordenen mögen aufschrecken (<strong>43</strong>, 19) und aus ihrer Lethargie herauslöst<br />

werden (vgl. 42, 16.18f.) wie eine Erzstufe aus der Felswand.<br />

Zu beachten sind die nominalen Wendungen „mein bist du“ (V. 1b, ursprünglich<br />

ein Rechtssatz, welcher das Eigentumsverhältnis klar stellt); „. . . ich bin der Herr,<br />

dein Gott“ (V. 3a) und „ich bin bei dir“ (V. 5a). Sie bringen das Stetige <strong>zu</strong>r Sprache,<br />

sind den Gläubigen vertraut und beschreiben das intime Verhältnis zwischen Gott<br />

und denen, die er beim Namen gerufen hat. 11 Grammatisch betrachtet ist die Taufe<br />

insofern ein „nominales“, ein Christus <strong>zu</strong>eignendes Geschehen.<br />

In zweifacher Weise lässt das Heilsorakel die Kernbotschaft erkennbar werden: Der<br />

„Heilige Israels“ rettet, indem er erlöst. Es geschieht durch universale Schöpfermacht<br />

und individuell <strong>zu</strong>geeignete Liebe (vgl. Jes 41, 16; <strong>43</strong>, 14f.; 45, 11 u. a.).<br />

Getauft: Mit Gott auf Du und Du<br />

Mit einem „Du!“ redet der Text an – das Volk Gottes einst – und am sechsten Sonntag<br />

nach Trinitatis 2013 auch die Gemeinde. Einbezogen sind die heute Gottesdienst Feiernden<br />

in das Volk Gottes. „Du bist mein, gehörst da<strong>zu</strong>.“ Der Heilsspruch kommt<br />

vom „Heiligen Israels“ her. Aus der Geschichte Israels heraus schlägt er eine Brücke<br />

<strong>zu</strong>r Kirche. In diesen heilsgeschichtlichen Zusammenhang bindet die Taufe sichtbar<br />

ein. Das bedeutet in der Konsequenz: Ich bin erwählt, erlöst, beim Namen gekannt.<br />

Der Herr der Kirche heißt mich in der Familie der Kinder Gottes willkommen. Darum<br />

ist die Taufe kein Garantieschein für Glück, Geld und Gesundheit, sondern sie<br />

ist in Wort und Tat Gottes Lebens-Versicherung.<br />

Getauft: Beim Namen gerufen<br />

„Beim Namen gerufen“, die Namensnennung lässt an Verheißung und Ermutigung<br />

denken (vgl. bereits den Einsatz der Abrahamsgeschichte in Gen 12, 3; „Fürchte dich<br />

nicht!“; vgl. auch Gen 15, 1). Nach dem Kampf mit dem göttlichen Angreifer in der<br />

9 Ebd.<br />

10 Hier<strong>zu</strong> Hans Eberhard von Waldow, . . . denn ich erlöse dich. Eine Auslegung von <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, BSt<br />

29, Neukirchen 1960, 56–59.<br />

11 Claus Westermann, Das Buch <strong>Jesaja</strong>, Kapitel 40–66, ATD, Leipzig 1968, 96.


334 <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7<br />

Gottes liebevoller Ruf aus der<br />

Anonymität <strong>zu</strong>r Persönlichkeit.<br />

Nacht kommt es <strong>zu</strong> einer Namensänderung: aus Jakob wird Israel (vgl. Gen<br />

32, 23–33). Die Namensnennung bedeutet Bindung (ich kenne dich) und den liebevollen<br />

12 Ruf aus der Anonymität <strong>zu</strong>r Persönlichkeit.<br />

Der Name, mit dem der Mensch von<br />

Gott genannt wird, zeichnet ihn aus und verleiht<br />

ihm Wert und Würde, die unvergleichlich<br />

sind (und sogar im Himmel protokolliert werden; vgl. Lk 10, 20).<br />

Getauft – erwählt und erlöst<br />

„Erwählung“ geschieht durch die Hand des Schöpfers. Er hat den Menschen <strong>zu</strong> sich<br />

in Beziehung gesetzt. Aus Liebe und Fürsorge. Jeder Getaufte wird <strong>zu</strong>dem „nominiert“,<br />

Teil des Leibes Christi (der Kirche) <strong>zu</strong> sein. Abermals, wie am Schöpfungsmorgen<br />

beginnt das Leben, weil „du es mir wert bist“ (vgl. V. 4)! „Gott will alle, indem<br />

er jeden besonders will: ‚Du bist mein.‘“ 13<br />

„Erlösung“ 14 – der ursprünglich juristische Tatbestand aus dem Sippenrecht meint,<br />

dass der „Erlöser“ als nächster Verwandter verpflichtet ist, einen in Schuldsklaverei<br />

Geratenen aus<strong>zu</strong>lösen (Lev 25, 47–55). Nur der „Löser“ vermochte Besitz, Freiheit<br />

und Leben wiederher<strong>zu</strong>stellen. Diese Aufgabe kommt Gott, dem nächsten Verwandten<br />

Israels, <strong>zu</strong>. Er befreit, bewilligt und begleitet die Ausreise.<br />

Nochmals wird deutlich, wie der Exodus aus Ägypten das Selbstverständnis des<br />

Propheten formt und seine Argumentation prägt: Die Befreiung aus dieser Fremdherrschaft<br />

ist der alles begründende Tatbestand offensichtlicher Liebe zwischen Gott<br />

und seinem erwählten Volk. Jetzt steht der nächste Exodus bevor, die unversehrte<br />

Heimkehr <strong>zu</strong>m Zion, ins Land der Väter, das Leben als ein Getaufter.<br />

Als eine befremdlich anmutende Lösegeldsumme 15 werden Länder des nördlichen<br />

Afrika benannt. Gott erwählt aus freien Stücken und bleibt Herr über alle Völker. 16<br />

Sämtliche politischen Revolutionen in den Ländern der Welt 17 sind seinem souveränen<br />

Handeln unterworfen sowie seiner Befreiung Israels <strong>zu</strong>geordnet: . . . damit du<br />

leben kannst!<br />

12 Westermann weist auf die Situation der Opferung Isaaks hin, da Abraham die Stimme des Engels<br />

eindrücklich, das Äußerste verhindernd, seinen Vornamen rufen hört: „Abraham! Abraham!“<br />

(Gen 22, 11). vgl. aaO., 96.<br />

13 So Voigt, aaO. (Anm. 7), 314.<br />

14 Vgl. Alfred Jepsen, Die Begriffe des Erlösens im Alten Testament, in: ders., Der Herr ist Gott.<br />

Aufsätze <strong>zu</strong>r Wissenschaft des AT, Berlin 1978, 181–191.<br />

15 Lösegeld nicht für Kyros. Der wird als Hirte, sogar Gesalbter (44, 28; 45, 1), den Willen Gottes<br />

ausführen (anders Schottroff, aaO. [Anm. 8], 288). Kusch und Seba hat er nicht unterworfen. Die<br />

Exegeten diskutieren kontrovers, vgl. Gerhard Fohrer, Das Buch <strong>Jesaja</strong>, Bd. 3: Kapitel 40–66,<br />

Stuttgart 1964, 484.<br />

16 So Westermann, aaO. (Anm. 12), 97.<br />

17 Die Frage nach Autokratie und Autonomie der genannten Völker wird hier nicht gestellt.Es dreht<br />

sich alles ausschließlich um Israel. Vgl. Hans-Joachim Kraus, Das Evangelium der unbekannten<br />

Propheten, <strong>Jesaja</strong> 40–66, Neukirchen-Vluyn 1990, 51.


Getauft – gerettet aus Wasser und Feuer<br />

„Wasser und Feuer“ – das sind archetypische, beängstigende Begriffe, wenn sie Leben<br />

bedrohen bzw. vernichten. Sie sind <strong>zu</strong>gleich Symbole einerseits für den Ur<strong>zu</strong>stand der<br />

Schöpfung (aus der Chaosmacht des Wassers wurde „die Feste“ emporgehoben; vgl.<br />

Gen 1, 6f.; Psalm 104, 6), andererseits für das Weltgericht (vgl. 1 Kor 3, 13; 2Petr 3, 7.10<br />

u. a.). Wen aber Liebe Gottes rettet, der bleibt am Leben. Das sichert die Taufe <strong>zu</strong>.<br />

Das Leben spart die Konfrontation mit Feuer und Wasser nicht aus. Wer lebt, trägt<br />

das Risiko, in gefährliche Situationen <strong>zu</strong> geraten. Gott verspricht nicht, davor bewahrt<br />

<strong>zu</strong> bleiben,sondern in ihnen,auf seine rettende Hand zählen <strong>zu</strong> können. Es kann nichts<br />

passieren, ganz gleich, was geschieht. In dieser Hinsicht hat sich auch Martin Luther<br />

das „Ich bin getauft!“ immer wieder selbst<br />

gesagt und gesagt sein lassen. Oder mit<br />

Worten des katholischen Predigers Jean<br />

Baptiste Henri Lacordaire (1802–1861):<br />

„Was bedeutet mir der Schiffbruch, wenn<br />

Gott der Ozean ist?“ 18<br />

6. Sonntag nach Trinitatis – 7.7.2013 335<br />

„Was bedeutet mir der Schiffbruch,<br />

wenn Gott der Ozean ist?“ (Jean<br />

Baptiste Henri Lacordaire)<br />

Getauft – versammelt <strong>zu</strong> Gottes Ehre<br />

„Ich will dich sammeln . . . <strong>zu</strong> meiner Ehre“, spricht JHWH. Damit gelangt das Heil<br />

Gottes <strong>zu</strong>m Ziel. Aus allen Himmelsrichtungen werden die Heimkehrer <strong>zu</strong>m Zion<br />

strömen. Dort werden Frieden und Freiheit sein. Wie der Schöpfer die Winde <strong>zu</strong><br />

seinen Dienern (Psalm 104,4) macht, weist er die vier Himmelsrichtungen (die<br />

Mächtigen, die es bisher verhindern) an, seine Geliebte frei<strong>zu</strong>geben.<br />

Letztlich setzt sich Gottes Ehre durch. Das ist auch eine im Christentum vielfach<br />

belegte Spur. Damit der Name des Vaters verherrlicht werde (Joh 12, 28), gewinnt<br />

das Verhältnis Gott-Mensch diese innige Gestalt. Der Schöpfer erinnert seine Geschöpfe<br />

(so sind V. 1 und V. 7 verknüpft) an den Sinn und das Ziel ihres Geschaffenseins:<br />

<strong>zu</strong>r Ehre dessen, der tatsächlich alle (!) beim Namen ruft und niemanden<br />

vergisst.<br />

Das Kleid der Freude<br />

Der 6. Sonntag nach Trinitatis thematisiert im Kirchenjahr die Taufe und das Taufgedächtnis.<br />

Mit dem Wochenspruch werden die Lesungen und Lieder heilsgeschichtlich<br />

eingekleidet. Über dieses „Kleid der Freude“, über die Lebenswende derer, die es<br />

tragen dürfen, mag die Predigt künden. Sie kann das Thema liebender Erwählung<br />

und eröffneter Freiheit an Hand persönlicher Erfahrungen entfalten. Christen sind<br />

18 Karl Rahner, Grundkurs des Glaubens, Einführung in den Begriff des Christentums, Freiburg<br />

4<br />

1976, 122.


336 <strong>Jesaja</strong> <strong>43</strong>, 1–7<br />

Erlöste und damit dem Dasein in Gottesferne entrissen. Die Taufe oder die Tauferinnerung<br />

kann in die Predigt einbezogen, gefeiert werden.<br />

Aus der Macht der Finsternis (Kol 1, 13; vgl. die Babylonier im Text) werden wir<br />

befreit. Das Lösegeld hat Christus mit seinem Leben bezahlt (Mk 10, 45). Wir sind<br />

sein Eigentum und die Besitzverhältnisse endgültig geklärt. Davon ist <strong>zu</strong> reden. 19<br />

Karsten Loderstädt, geb.1963, ist Pfarrer an der St. Annenkirche im erzgebirgischen<br />

Annaberg-Buchholz.<br />

Große Kirchgasse 26, 09456 Annaberg-Buchholz<br />

karsten.loderstaedt@evlks.de<br />

19 Folgende Konkretionen mögen als Anregung für die eigene Gottesdienstgestaltung dienen: Die<br />

Gemeinde kann am Tauf-Osterleuchter Teelichte anzünden und diese als Freiheits- und Liebeszeichen<br />

am Taufstein absetzen. Die entstandene Lichtinsel erinnert an Jesus, das „Licht der Welt“<br />

(Joh 8, 12) und an seine Zusage: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 5, 14). Die Gemeinde verspricht<br />

jedem Täufling, ihm liebevoll <strong>zu</strong> helfen, den Lauf des Lebens <strong>zu</strong> wagen, der in jeder Sekunde<br />

Heimweg ist. Geliebt und erlöst bist du, damit du leben kannst!<br />

Nach der Melodie „Morning has broken“ kann das folgende Tauflied gesungen werden (Melodie:<br />

Eleanor Farjeon; Text: Karsten Loderstädt):<br />

Herzlich willkommen und fürchte dich nicht!<br />

Gott will dir werden Helfer und Licht.<br />

Dank für dein Leben, Dank, dass du da bist.<br />

Gott hat’s gegeben, macht uns gewiss.<br />

Herzlich willkommen! ruft Gott, der dich ehrt.<br />

Glück deiner Reise, bleib unversehrt!<br />

Er, deine Hoffnung; Er, deine Freude.<br />

Er schenkt den Anfang, segnet dich heut’.<br />

Herzlich willkommen, hör’ unsre Bitte:<br />

du sollst <strong>zu</strong> Haus sein, in unsrer Mitte!<br />

Dank für die Liebe, dank für den Segen.<br />

Lob unsrem Schöpfer auf allen Wegen.

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