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Andreas Boueke: Valeria gegen die Zementfabrik. In Guatemala ...

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Es darf nur zur Presse- und Hörerinformation verwendet<br />

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auch nicht in Auszügen.<br />

Eine Verwendung des Manuskripts für Lehrzwecke<br />

sowie seine Vervielfältigung und Weitergabe als Lehrmaterial<br />

sind nur mit Zustimmung der Autorin/des Autors zulässig.<br />

HR<br />

Camino – Religionen auf dem Weg<br />

Sonntag, 02. Februar 2014<br />

Redaktion: Lothar Bauerochse<br />

25'00 min<br />

<strong>Valeria</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>Zementfabrik</strong><br />

<strong>In</strong> <strong>Guatemala</strong> kämpfen Blumen-Bauern <strong>gegen</strong> eine <strong>In</strong>dustrieanlage


ATMO 1: in Kirche, Pater Mario: „En el nombre del<br />

padre...especialmente vamos a pedir perdon... por el maltrato a la<br />

vida, a la tierra, de este lugar de nuestra tierra, por eso<br />

digamos juntos: Perdon senor perdon.“<br />

Gemeinde: „Perdon senor perdon.“<br />

SYNCHRONSTIMME Mario Tubac:<br />

Im Namen des Vaters bitten wir um Vergebung für <strong>die</strong> Zerstörung des<br />

Lebens, für den Schmerz, den wir der Erde zufügen.“<br />

ATMO 2: in Kirche, Kinderstimmen weinen<br />

(UNTER SPRECHER HALTEN)<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Ein Sonntagmorgen in der katholischen Kirche des Dorfes Santo<br />

Domingo Xenacoj [„Schenakóch“ - gurgurales „ch“] im Hochland von<br />

<strong>Guatemala</strong>. Fast alle Holzbänke sind besetzt mit Gläubigen aus dem<br />

Mayavolk der Kakchiqel. Der junge Priester Mario Tubac stammt<br />

selber aus einer Familie, in der <strong>die</strong> Sprache der Kakchiqel<br />

gesprochen wird.<br />

ATMO 3: Pater Mario grüßt auf Kakchiqel (Spr.: Marian Funk)<br />

1. O-TON, Mario Tubac: „La lucha porque siempre... (Spr.: Marian<br />

Funk)<br />

<strong>In</strong> unserem Kampf geht es nicht darum, den Fortschritt aufzuhalten.<br />

Die indigenen Völker haben nichts <strong>gegen</strong> Fortschritt. Wir haben<br />

unsere eigenen Entwicklungsmodelle. Es geht uns aber um den Kampf<br />

<strong>gegen</strong> <strong>die</strong>jenigen Megaprojekte, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Natur zerstören. Denn immer<br />

wieder kommt es zu Aggressionen <strong>gegen</strong> unsere Umwelt und das Land,<br />

auf dem wir leben.<br />

...las tierras donde vivimos.“


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Wenige Kilometer von der Kirche entfernt hat der Präsident<br />

<strong>Guatemala</strong>s, Otto Perez Molina, wenige Wochen zuvor den Grundstein<br />

für den Bau einer <strong>Zementfabrik</strong> gelegt. Dieses Projekt lehnen Pater<br />

Tubac und viele seiner Gemeindemitglieder ab.<br />

2. O-TON, Mario Tubac: „Pero nosotros no solamente... (Spr.:<br />

Marian Funk)<br />

Dabei können wir als Volk auf <strong>die</strong> Gedanken der sozialen Doktrin<br />

der Kirche zurückgreifen. Außerdem zeigt uns <strong>die</strong> alte Kultur der<br />

Mayas eine andere Weise, das Leben zu verstehen.<br />

...ver la vida y las cosas.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Früher hat <strong>die</strong> katholische Kirche den traditionellen Glauben der<br />

indigenen Völker Lateinamerikas verteufelt. Doch das hat sich<br />

geändert, meint der Jesuit Victoriano Castillo [„Viktoriáno<br />

Kastíjo“], Direktor der Fakultät für <strong>In</strong>terkulturalität an der<br />

Landivar-Universität [„Landívar“] der Stadt Quetzaltenango<br />

[„Kétzaltenango“].<br />

3. O-TON, Victoriano Castillo: „La iglesia ha sido un... (Spr.:<br />

Marian Funk)<br />

Die Kirche hat <strong>die</strong> Kulturen <strong>die</strong>ser Völker zerstört. <strong>In</strong> der Zeit<br />

der Kolonisierung wurde ihre Spiritualität als heidnisch oder<br />

teuflisch angesehen. <strong>In</strong> Santo Domingo Xenacoj hat Pater Mario es<br />

geschafft, dass <strong>die</strong> Leute wieder stolz sind auf ihre Traditionen.<br />

Sie haben entdeckt, dass Gott <strong>gegen</strong>wärtig ist, in ihren alten<br />

Werten und religiösen, spirituellen und kulturellen Riten.<br />

...ritos religiosas, espirituales y culturales.“<br />

ATMO 4: „Comen y toman todos porque este es mi cuerpo...“ Flöte<br />

und Trommeln


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Die Renaissance ihrer Kultur hat auch das Selbstvertrauen der<br />

Mayas gestärkt. Heute lehnen sich viele <strong>gegen</strong> Projekte wie <strong>die</strong><br />

<strong>Zementfabrik</strong> auf. Auch Rafaela Chacach ["Tschakatsch"] aus dem<br />

Dorf Ocaña [„Okánja“] engagiert sich in einer Bürgerbewegung <strong>gegen</strong><br />

das Projekt.<br />

4. O-TON, Rafaela Chacach: „Parte de nuestra cosmovision... (Spr.:<br />

Karmen Mikovic)<br />

Für uns ist es wichtig, dass wir <strong>die</strong> Mutter Natur um Erlaubnis<br />

bitten, bevor wir einen Baum fällen. Deshalb ist <strong>die</strong> <strong>Zementfabrik</strong><br />

ein so großes Problem für uns. Diese Leute bitten nie um<br />

Erlaubnis. Sie zerstören einfach nur.<br />

...ellos solo hacen y deshacen.“<br />

ATMO 5: Tututut, Baumaschinen<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>In</strong> der Umgebung des Baugeländes graben gelbe Schaufelbagger<br />

Schneisen durch <strong>die</strong> grüne Vegetation und den fruchtbaren Boden des<br />

Urwalds. Wo noch vor kurzem Bäume standen, <strong>die</strong> nie von<br />

Menschenhand berührt worden waren, fallen jetzt heiße<br />

Sonnenstrahlen auf schattenlose Abhänge.<br />

5. O-TON, Rafaela Chacach: „Somos de agua, somos de tierra...<br />

(Spr.: Karmen Mikovic)<br />

Wir alle sind aus Wasser. Wir sind aus der Erde geschaffen.<br />

Trotzdem macht es <strong>die</strong>sen Firmen nichts aus, der Natur Gewalt<br />

anzutun. Sie fällen Bäume. Die Wasserquellen versiegen. Das führt<br />

zum Streit mit den Menschen, <strong>die</strong> hier leben. Wir kämpfen für <strong>die</strong>


Mutter Erde, für das Land, auf dem wir anbauen, was wir zum Leben<br />

brauchen.<br />

...viene nuestro alimiento, el mais el frijol ecetera.“<br />

ATMO 5: Tututut, Baumaschinen<br />

(AUSBLENDEN)<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Ausgelöst wurde der Konflikt durch den Beginn des Baus der größten<br />

<strong>Zementfabrik</strong> Mittelamerikas. Ab 2017 soll sie jährlich 2,4<br />

Millionen Tonnen Zement produzieren. Die Anwohner der Umgebung<br />

fürchten, dass dadurch <strong>die</strong> Umwelt, <strong>die</strong> Luft, das Wasser und ihre<br />

Äcker verschmutzt werden.<br />

Zu ähnlichen Konflikten kommt es in vielen Teilen Lateinamerikas:<br />

Während transnationale Konzerne und einheimische Eliten das<br />

westliche Konzept der Entwicklung durch <strong>In</strong>dustrialisierung<br />

propagieren, treten <strong>die</strong> indigenen Bewohner zunehmend selbstbewusst<br />

auf. Sie fordern einen unabhängigen Entwicklungsprozess durch<br />

nachhaltiges Wirtschaften, der <strong>die</strong> Umwelt nicht zerstört. Dabei<br />

werden sie von Teilen der katholischen Kirche unterstützt, <strong>die</strong><br />

sich auch selbst für <strong>die</strong> spirituellen Ausdrucksformen ihrer<br />

indigenen Gemeindemitglieder geöffnet hat. So werden <strong>die</strong><br />

Bibeltexte in den Gottes<strong>die</strong>nsten von Pater Mario Tubac immer<br />

wieder auch in der Mayasprache Kakchiqel vorgelesen.<br />

ATMO 6: Mädchen liest auf Kakchiqel<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Der Priester steht auf der Seite der indigenen Bevölkerung, <strong>die</strong><br />

Widerstand leistet. Von der Kirchenführung wünscht er sich, dass<br />

sie das auch tut.


6. O-TON, Mario Tubac: „Una postura oficial de la... (Spr.: Marian<br />

Funk)<br />

Oft gibt es keine offizielle Haltung der Kirche. Da fehlt es dem<br />

Klerus und der Bischofskonferenz noch an Bewusstsein für <strong>die</strong><br />

soziale Realität. Es geht um den Kampf <strong>gegen</strong> ein ökonomisches<br />

System, in dem <strong>die</strong> Regierung immer auf der Seite der ökonomisch<br />

Starken steht und nie auf der Seite der Bevölkerungsmehrheit.<br />

...de lado de la gente y del pueblo.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>In</strong> den letzten Jahrzehnten haben mehrere Mayadörfer in der<br />

Umgebung des Pfarrbezirks von Pater Tubac einen erfolgreichen,<br />

eigenständigen Entwicklungsprozess in Gang gesetzt. Durch den<br />

Anbau von Blumen in Treibhäusern können es sich viele Familien<br />

heute leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken und in <strong>die</strong><br />

Gesundheitsvorsorge und <strong>In</strong>frastruktur zu investieren. Das ist<br />

notwendig, weil <strong>die</strong> guatemaltekische Regierung sich nur wenig um<br />

<strong>die</strong> Belange der Mayabevölkerung kümmert, obwohl <strong>die</strong><br />

Kindersterblichkeit und <strong>die</strong> Analphabetenrate hoch sind. Die<br />

Blumenproduktion hat neue Zukunftshoffnung geweckt, doch durch den<br />

Bau der <strong>Zementfabrik</strong> ist <strong>die</strong>se nachhaltige Entwicklung gefährdet.<br />

Eine der mächtigsten Familien <strong>Guatemala</strong>s will mit der<br />

Zementproduktion großen Profit machen. Ihre Pläne werden von der<br />

Regierung unterstützt. Die reagiert mit Repression und Verfolgung<br />

auf den Protest der Bevölkerung.<br />

Auch <strong>die</strong> Jugend der Mayabevölkerung lehnt sich auf. Sie kämpft um<br />

<strong>die</strong> Zukunft ihrer Dörfer.<br />

7. O-TON, <strong>Valeria</strong>: "La verdad tengo miedo porque la<br />

persecucion...(Spr.: Carina Zichner)


Um ehrlich zu sein, ich habe Angst. Wir werden verfolgt und<br />

angefeindet, nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch hier in<br />

unseren Dörfern. Das ist mir schon öfter passiert und auch einigen<br />

Kameraden. Wenn Du Deinen Namen nennst, beginnen <strong>die</strong><br />

Einschüchterungen. Du wirst bezichtigt, irgendein Vergehen<br />

begangen zu haben.<br />

...por diferentes acusaciones."<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Das Mayamädchen ist siebzehn Jahre alt. Nennen wir sie "<strong>Valeria</strong>",<br />

das passt: <strong>die</strong> Starke, <strong>die</strong> Mutige. Auch mutige Menschen können<br />

Angst haben, aber sie handeln trotzdem.<br />

ATMO 7: Auto auf Schotterpiste<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>Valeria</strong> lebt in dem Bergdorf Santa Fe Ocaña [„Okánja“], nahe der<br />

Ortschaft San Juan [gurgurales „J“] Sacatepequez [„ßákatepékeß“],<br />

keine zwei Stunden Autofahrt von <strong>Guatemala</strong>-Stadt entfernt. Der Weg<br />

dorthin führt über eine Schotterpiste entlang der Hügelkette, auf<br />

der <strong>die</strong> Fabrik gebaut wird.<br />

Wenn es darum geht, öffentlich den Widerstand der Dorfbewohner<br />

<strong>gegen</strong> das Bauprojekt zu erläutern, wird häufig <strong>Valeria</strong><br />

vorgeschickt, trotz ihrer Jugend. So richtig wohl fühlt sie sich<br />

nicht mit <strong>die</strong>ser Rolle als jüngste Sprecherin der<br />

Bürgerinitiative.<br />

8. O-TON, <strong>Valeria</strong>: "Al principio cuando tu me... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Als Du mich gefragt hast, ob ich Dir ein <strong>In</strong>terview gebe, habe ich<br />

zuerst Angst bekommen. Ich dachte: 'Den kenne ich nicht.' Manchmal<br />

werden wir interviewt, aber das wird dann nur <strong>gegen</strong> uns verwendet.


Wir werden kriminalisiert und verfolgt. Deshalb macht uns sowas<br />

ein wenig Angst.<br />

...poco de temor para nosotros."<br />

ATMO 8: Kinder spielen auf einem Platz<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Zwei Kilometer entfernt von der Großbaustelle liegt das Dorf Santa<br />

Fe Ocaña umgeben von Wald und steilen Fußwegen. Die kleine<br />

Grundschule steht auf einer ebenerdigen Fläche neben einem<br />

Grasplatz, auf dem rund zwanzig Jungen und Mädchen Fußball<br />

spielen.<br />

ATMO 8: Kinder spielen auf einem Platz<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Die meisten der älteren Einwohner des Dorfes sind Analphabeten.<br />

Sie sind nie zur Schule gegangen. Die junge Generation hat mehr<br />

Bildungschancen. <strong>Valeria</strong> hat gerade <strong>die</strong> Sekundarschule<br />

abgeschlossen. Sie würde gerne an der öffentlichen Universität in<br />

der Hauptstadt Jura stu<strong>die</strong>ren. Als Rechtsanwältin möchte sie ihre<br />

Gemeinde <strong>gegen</strong> Übergriffe und Rassismus verteidigen. Das Vertrauen<br />

ihrer Nachbarinnen hat sie schon.<br />

ATMO 9: <strong>In</strong> der Küche der Hütte<br />

9. O-TON, Olinda Katok: „Es una mujer joven y tiene un futuro<br />

bastante adelante.“ (Spr.: Karmen Mikovic)<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Olinda Katok sitzt in ihrer kleinen Küche, einem Raum mit<br />

verrußten Wänden aus Lehmziegeln, in dessen Mitte ein offenes<br />

Feuer brennt. Der Rauch verteilt sich in jeden Winkel der Hütte.


Als eine der ersten Frauen hat sich Olinda Katok der<br />

Protestbewegung <strong>gegen</strong> den Bau der <strong>Zementfabrik</strong> angeschlossen.<br />

<strong>Valeria</strong> kennt sie seit einem Jahr.<br />

10. O-TON, Olinda Katok: „Yo la vi que ella puede hablar... (Spr.:<br />

Karmen Mikovic)<br />

Ich habe gesehen, dass sie reden kann. Sie ist ja zur Schule<br />

gegangen. Aber heutzutage gibt es auch andere Frauen, <strong>die</strong><br />

<strong>In</strong>terviews geben können. Wir dürfen keine Angst haben. Wir müssen<br />

sprechen, denn nur so können wir uns verteidigen und unser Recht<br />

durchsetzen.<br />

...defiende y conoce sus derechos.“<br />

ATMO 9: <strong>In</strong> der Küche der Hütte<br />

(AUSBLENDEN)<br />

11. O-TON, <strong>Valeria</strong>: "Ahorita que la cementera entro en... (Spr.:<br />

Carina Zichner)<br />

Seitdem das Zementunternehmen in unsere Dörfer eingedrungen ist,<br />

haben wir uns enger zusammengeschlossen. Jetzt kann uns niemand<br />

mehr trennen. Wir sind Brüder und Schwestern. Wir Mayas müssen<br />

gemeinsam kämpfen.<br />

...tenemos que hacerlo todo en conjunto."<br />

ATMO 10: Hühner picken im Hof, Kuh muht<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>Valeria</strong>s große Familie lebt in mehreren Häusern aus unverputzten<br />

Bausteinen mit Wellblechdächern, <strong>die</strong> um einen kleinen <strong>In</strong>nenhof<br />

stehen, auf dem Hühner im Staub picken. <strong>Valeria</strong> kleidet sich<br />

traditionell, trägt nie Hosen oder T-Shirts, sondern immer einen<br />

handgewebten, langen Rock, den sie mit einem bunten Wollgürtel um


<strong>die</strong> Hüfte bindet. Ihre Hemden sind verziert mit farbenfrohen<br />

Symbolen und gestickten Tierbildern.<br />

<strong>Valeria</strong>s Familie lebt von der Landwirtschaft, so wie <strong>die</strong> meisten<br />

Menschen der Gegend. Viele der Bauern haben sich auf ein Produkt<br />

spezialisiert: Blumen.<br />

12. O-TON, <strong>Valeria</strong>: "Mi papa es agricultor, cultiva rosas...<br />

(Spr.: Carina Zichner)<br />

Mein Vater ist Landwirt. Er baut Rosen an, Nelken, Chrysanthemen<br />

und auch Gemüse. Damit ver<strong>die</strong>nen wir das Geld, das <strong>die</strong> Familie<br />

braucht. Doch in letzter Zeit haben wir <strong>die</strong> Erfahrung gemacht,<br />

dass wir immer weniger produzieren können, weil das Wasser knapp<br />

wird.<br />

...las verduras y de las flores."<br />

ATMO 10: Hühner picken im Hof, Kuh muht<br />

(KREUZBLENDE)<br />

ATMO 11: Im Treibhaus<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Die meisten Blumenzüchter haben provisorische Treibhäuser aus<br />

Holzbalken und Plastikplanen angelegt. Darin können <strong>die</strong> Blumen<br />

geschützt wachsen.<br />

ATMO 12: Schnip Schnipp im Gewächshaus<br />

13. O-TON, Leticia Pirir: „Ahorita estoy cortando, asi de tamano<br />

estoy cortando. Yo me gusta este trabajo. Todos los dias estoy<br />

aqui en el jardin. Con esto gano, con esto ganamos y con esto<br />

estamos.“ (Spr.: Karmen Mikovic)<br />

(WIE ATMO KURZ AUFBLENDEN UND DANN UNTER SPRECHER HALTEN)


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>In</strong> einem der Gewächshäuser läuft eine Frau gebückt über <strong>die</strong> engen<br />

Pfade zwischen blühenden Rosensträuchern. Leticia [„Letíßia“]<br />

Pirir erntet jeden Tag mehrere hundert Rosen und bindet sie für<br />

den Verkauf zusammen.<br />

ATMO 13: Wasser spritzt "Para que no se mueren...ya esta"<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Als alleinerziehende Mutter gelingt es ihr, mit der Blumenzucht<br />

alle ihre sieben Kinder zu ernähren und zur Schule zu schicken.<br />

Trotzdem macht sie sich große Sorgen um <strong>die</strong> Zukunft.<br />

14. O-TON, Leticia Pirir: „No vamos a gustar porque... (Spr.:<br />

Karmen Mikovic)<br />

Der Bau der <strong>Zementfabrik</strong> schadet uns. Wir selber werden das<br />

vielleicht nicht mehr erleben, aber unsere Kinder werden Probleme<br />

bekommen, weil es immer weniger Wasser gibt. Eines Tages werden<br />

sie keine Blumen mehr pflanzen können.<br />

...van a sembrar flores, porque no hay agua.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Noch ist <strong>die</strong> Armut der meisten Menschen in Santa Fe Ocaña<br />

offensichtlich. Das liegt auch daran, dass ein großer Teil des<br />

Landes einigen wenigen Großgrundbesitzern gehört, <strong>die</strong> in<br />

exklusiven Siedlungen der Hauptstadt wohnen. Zudem hat <strong>die</strong><br />

Bevölkerung jahrzehntelang unter dem guatemaltekischen Bürgerkrieg<br />

gelitten. Doch durch den Erfolg der Treibhäuser haben <strong>die</strong> Menschen<br />

endlich eigenständig einen vielversprechenden Entwicklungsprozess<br />

angestoßen.<br />

ATMO 14: Schritte über Weg


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Wenige Schritte von Leticia Pirirs Blumenfeld entfernt steht das<br />

Treibhaus von <strong>Valeria</strong>s Onkel Pedro Tubac [„Tubák“]. Er begutachtet<br />

<strong>die</strong> Arbeit von drei jungen Männern und zwei Frauen, <strong>die</strong> gerade den<br />

Boden bewässern.<br />

15. O-TON, Pedro Tubac: „Hemos mejorado mucho... (Spr.: Marian<br />

Funk)<br />

Wir haben schon viel erreicht. Heute gehen alle unsere Kinder in<br />

<strong>die</strong> Schule. Wir hoffen, dass sie eines Tages gut ausgebildete<br />

Agraringeneure sein werden. Unser Ziel ist es, dass uns unsere<br />

eigenen Kinder beraten, um <strong>die</strong> Pflanzungen weiter zu verbessern.<br />

...mejorar la plantacion.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Durch den Bau der Zementfirma wird <strong>die</strong>se Zukunftsperspektive in<br />

Frage gestellt. Wenn <strong>die</strong> Plastikplanen vom Staub in der Luft<br />

bedeckt werden, wird es dunkel in den Treibhäusern. Außerdem<br />

fürchtet Pedro Tubac, dass der Konzern nicht nur Zement herstellen<br />

will. <strong>In</strong> benachbarten Gebieten werden schon längst Metalle<br />

abgebaut. Dabei kommen giftige Chemikalien zum Einsatz.<br />

16. O-TON, Pedro Tubac: „El mas doloroso para las comunidades...<br />

(Spr.: Marian Funk)<br />

Am meisten hat uns geschmerzt, dass wir eines Tages plötzlich<br />

mitansehen mussten, wie <strong>die</strong> Maschinen kamen und den Boden<br />

abgegraben haben. Wir wurden überhaupt nicht gefragt. Sie haben<br />

einfach gemacht, was sie wollten. Das ist vielleicht eine positive<br />

Entwicklung für den Konzern und für den Staat, aber für unsere<br />

Gemeinden ist das keine Entwicklung.<br />

...no es ningun desarollo.“


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>Valeria</strong> war zwölf Jahre alt, als <strong>die</strong> ersten großen Bagger kamen<br />

und Männer mit Motorsägen Tausende Bäume gefällt haben.<br />

17. O-TON, <strong>Valeria</strong>: "En el momento que fue... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Als <strong>die</strong> Plattform der <strong>Zementfabrik</strong> gebaut wurde, ist eine Menge<br />

Staub aufgestiegen. Wir wissen, dass <strong>die</strong>ser Staub sehr schädlich<br />

für <strong>die</strong> Gesundheit ist, vor allem für <strong>die</strong> Atemwege der Kinder. Die<br />

Kleinsten sind am meisten betroffen. Aber <strong>die</strong> Unternehmer sehen<br />

das nicht so. Sie sagen, dass nichts passiert. Aber sie leben ja<br />

nicht hier. Wir sind <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> das sehen, <strong>die</strong> das spüren und<br />

<strong>die</strong> darunter leiden.<br />

...sufren somos nosotros."<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Anfangs haben <strong>die</strong> Dorfbewohner den Dialog mit der Konzernführung<br />

gesucht. Ein runder Tisch wurde eingerichtet. Der hat es der Firma<br />

leicht gemacht, <strong>die</strong> Wortführer der Gemeinden zu identifizieren.<br />

Wenige Tage später wurden mehrere Männer festgenommen. Einige<br />

blieben über ein Jahr lang im Gefängnis, ohne formale Anklage.<br />

Viele Dorfbewohner reagierten mit Wut. Sie haben Protestmärsche<br />

organisiert und Straßensperren gebaut, um <strong>die</strong> Fortsetzung der<br />

Bauarbeiten zu verhindern. Der Konflikt eskalierte.<br />

18. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Yo me involucré en esta lucha... (Spr.:<br />

Carina Zichner)<br />

Ich habe mich an einem 14. Dezember dem Kampf angeschlossen. Das<br />

war der Tag, als <strong>die</strong> Polizei das erste Mal unsere Dörfer<br />

überfallen hat. Sie haben den Frauen gesagt, sie sollten ihre<br />

Röcke hochheben und ihre Hemden ausziehen. Sie sagten, sie würden<br />

nach Waffen suchen, aber wir haben keine Waffen.


...cosa que no es asi.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Heute koordiniert <strong>Valeria</strong> <strong>die</strong> Öffentlichkeitsarbeit des örtlichen<br />

Entwicklungskomitees. Dabei sieht sie sich in der Tradition des<br />

Widerstands ihrer Vorfahren. Seit der <strong>In</strong>vasion der Spanier vor<br />

fünfhundert Jahren leidet <strong>die</strong> indigene Bevölkerung Mittelamerikas<br />

unter Ausbeutung und Unterdrückung.<br />

19. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Mi motivacion es la defensa... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Es geht mir um <strong>die</strong> Verteidigung der Rechte meines Volkes, <strong>die</strong><br />

Verteidigung unseres Landes und unserer Territorien. Mich<br />

motiviert, dass so viele Männer und Frauen ihr Leben geopfert<br />

haben, um unsere Rechte zu verteidigen. Wenn ich ihre Geschichten<br />

höre, dann frage ich mich: Wieso kann ich nicht auch für mein Volk<br />

arbeiten? Wenn ich es nicht tue, wer tut es dann?<br />

...quien lo va a hacer en mi lugar?“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Der Vorsitzende des Bürgerkomitees, José Hernandez, freut sich<br />

über <strong>Valeria</strong>s Engagement. Er findet es wichtig, dass sich nicht<br />

nur Männer, sondern auch Frauen und Jugendliche an der Kampagne<br />

<strong>gegen</strong> den Bau der <strong>Zementfabrik</strong> beteiligen.<br />

20. O-TON, José Hernandez: „Bueno si Usted preguntara... (Spr.:<br />

Marian Funk)<br />

Wenn sie <strong>die</strong> Leute hier fragen, werden ihnen neunzig Prozent<br />

sagen, dass der Bergbau schlecht für uns ist. Die Menschen wissen,<br />

dass <strong>die</strong> Minenunternehmen Zerstörung und Krankheiten bringen. Wir


haben unsere eigene Volksbefragung durchgeführt. Im Jahr 2007<br />

haben 9950 Personen teilgenommen. 9846 haben sich <strong>gegen</strong> <strong>die</strong><br />

<strong>Zementfabrik</strong> ausgesprochen.<br />

...dijeron no a la cementera.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

José Hernandez weiß, dass <strong>die</strong> Dorfbewohner hinter ihm stehen, auch<br />

<strong>die</strong> Kinder. Um das zu beweisen, geht er auf den Bolzplatz und ruft<br />

ein paar Jungs zusammen.<br />

ATMO 15: Kinder spielen, "Vengan, vengan!", fragt auf Kaquchiquel,<br />

"la fabrica cementos progreso." Antwort: "Nak, Nak".<br />

"Ellos dicen que no sirve... Kakchiquel...“<br />

SYNCHRPNSTIMME, José Hernandez: (Spr.: Marian Funk)<br />

Sie sagen, <strong>die</strong> <strong>Zementfabrik</strong> sei schlecht.<br />

"Nos hace dano. Contamina nuestra tierra... termina nuestra<br />

agua... nuestra tierra."<br />

SYNCHRPNSTIMME, Junge: (Spr.: Marian Funk)<br />

Sie macht alles kaputt und verschmutzt unser Land, unser Wasser,<br />

<strong>die</strong> Erde.<br />

ATMO/MUSIK 16: Dúo Clasico, Marimba, Cello<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>In</strong> <strong>Guatemala</strong>-Stadt, keine zwei Stunden Autofahrt von dem kleinen<br />

Fußballplatz entfernt, liegt das Bürogebäude von CEMENTOS PROGRESO<br />

[„Zeméntos Progréßo“], eines der ältesten <strong>In</strong>dustrieunternehmen<br />

Lateinamerikas. Über hundert Jahre lang hat der Familienkonzern<br />

den Zementhandel in <strong>Guatemala</strong> monopolisiert. Die Besitzerfamilie<br />

Novella [„Nowéja“] ist einer der mächtigsten und reichsten<br />

Unternehmerclans des Landes.<br />

Eric Zepeta ist einer der leitenden Angestellten. Auf seiner<br />

Visitenkarte steht: „Direktor für nachhaltige Entwicklung“. Von


seinem Schreibtisch im sechsten Stock aus kann er auf viele Häuser<br />

eines exklusiven Stadtviertels blicken. <strong>In</strong> einigen Gärten sind<br />

Schwimmbecken. Auf weitläufigen Hauseinfahrten stehen schicke<br />

Autos. Er und <strong>die</strong> anderen Mitglieder der Firmenleitung sind es<br />

nicht gewohnt, dass ihre Entscheidungen in Frage gestellt werden,<br />

schon gar nicht von den Bewohnern eines armen Mayadorfes in den<br />

Bergen. Eric Zepeta tritt selbstsicher auf. Den Umweltschutz<br />

bezeichnet er als eine der Prioritäten seines Unternehmens.<br />

21. O-TON, Eric Zepeta: „La idea es tener una... (Spr.: Marian<br />

Funk)<br />

Wir wollen eine Anlage mit der modernsten Technologie bauen. Wir<br />

werden <strong>die</strong> weltweit striktesten Normen in Sachen Umweltschutz<br />

einhalten. Gleichzeitig werden wir Zentren für <strong>die</strong> Entwicklung der<br />

benachbarten Dorfgemeinschaften einrichten.<br />

...la cual vamos a estar.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Der Naturschutz steht erst seit wenigen Jahren auf der Agenda der<br />

guatemaltekischen Politik. Noch gibt es in <strong>die</strong>sem Bereich nur<br />

wenige Gesetze und deren Einhaltung wird nur sehr lax überprüft.<br />

Eric Zepeta aber hat keine Vorbehalte.<br />

22. O-TON, Eric Zepeta: „Nuestros planes son muy positivos...<br />

(Spr.: Marian Funk)<br />

Unsere Pläne sind sehr positiv für <strong>die</strong> Entwicklung der Region. Es<br />

geht uns um Wiederaufforstung. Dann kommt auch das Wasser zurück.<br />

Wir haben nie wirklich verstanden, warum <strong>die</strong> Leute so viel Angst<br />

haben. Wir haben <strong>die</strong> Zukunft das Landes im Blick und <strong>die</strong><br />

Entwicklung der Nation. Wenn wir es gut machen, dann ist das<br />

nachhaltig. Wir respektieren <strong>die</strong> Kultur von allen, denn wir alle<br />

sind Guatemalteken.<br />

...todos somos guatemaltecos.“


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Das Unternehmen hat auch einen Biologen eingestellt. Eduardo<br />

Aguirre ist nicht nur für den Umweltschutz zuständig, sondern auch<br />

für den Kontakt mit den Angehörigen der Mayagemeinden.<br />

23. O-TON, Eduardo Aguirre: „Lo que si estamos muy claros...<br />

(Spr.: Marian Funk)<br />

Wir legen großen Wert darauf, <strong>die</strong> Traditionen und <strong>die</strong> Kultur der<br />

Bevölkerung mit Respekt zu begegnen. <strong>In</strong> alle Projekte, <strong>die</strong> wir<br />

durchführen, nehmen wir Elemente der Kultur der Maya-Kakchiqel<br />

auf. Dies ist eine neue Vision der Firma, in der wir das Weltbild<br />

der Mayas mit dem der westlichen Welt verbinden.<br />

...comsmologia maya con el mundo occidental.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Doch <strong>Valeria</strong> ist nicht überzeugt. Sie bezweifelt, dass sich <strong>die</strong><br />

Leute von CEMENTOS PROGRESO wirklich für den Umweltschutz und <strong>die</strong><br />

Lebensbedingungen der Menschen in den Mayadörfern interessieren.<br />

24. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „No es un modelo de desarollo... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Dieses Entwicklungsmodel passt nicht zu uns. Sie reden von einem<br />

Model, dass ihrem Denken entspricht und das wir übernehmen sollen.<br />

Aber uns geht es um <strong>die</strong> Einheit der Gemeinde, um Harmonie und <strong>die</strong><br />

Möglichkeit, unsere Blumen zu produzieren, unser Gemüse. Wir<br />

wollen weiter hier leben können, mit genügend Wasser.<br />

...contar con suficiente agua.“<br />

ATMO/MUSIK 16: Dúo Clasico, Marimba, Cello<br />

ATMO 17: im Auto


SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Der Konzern hat das Gelände, auf dem <strong>die</strong> <strong>Zementfabrik</strong> gebaut<br />

werden soll, von einem Großgrundbesitzer gekauft, der kein<br />

<strong>In</strong>teresse an einer Kultivierung des Landes hatte. So gab es dort<br />

bis vor Kurzem einen Wald, in dem <strong>die</strong> Leute Feuerholz, Kräuter und<br />

Beeren sammeln konnten. Heute sind <strong>die</strong> Hügel abgeholzt.<br />

Während der Autofahrt zu dem Baugelände kauert sich <strong>Valeria</strong> tief<br />

in ihren Sitz und legt ein Tuch über ihr Haar. Sie möchte<br />

vermeiden, dass das bewaffnete Sicherheitspersonal der Firma sie<br />

erkennt. Die Männer patrouillieren auf der Straße.<br />

25. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Aqui estamos ya cruzando areas... (Spr.:<br />

Carina Zichner)<br />

Wir fahren jetzt durch das Gebiet der <strong>Zementfabrik</strong>. Dies ist schon<br />

Privatbesitz. Von hier bis ganz dort drüben war vor sechs Jahren<br />

noch alles voller Bäume. Jetzt ist der Wald weg. Sie haben ihn<br />

abgeholzt, um <strong>die</strong> <strong>Zementfabrik</strong> bauen zu können.<br />

...construir la planta cementera.„<br />

ATMO 17: im Auto<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Traurig schaut <strong>Valeria</strong> aus dem Fenster. Doch trotz der<br />

offensichtlichen Waldzerstörung findet sie nicht, dass der Kampf<br />

der zwölf Dörfer <strong>gegen</strong> den mächtigen Konzern völlig erfolglos war.<br />

26. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Pues, lo que se ha logrado... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Wir haben es geschafft, dass <strong>die</strong> Bauarbeiten aufgehalten wurden.<br />

Ohne unseren Kampf würden hier schon heute <strong>die</strong> 36 verschiedenen<br />

Mineralien abgebaut werden, nach denen sie suchen.<br />

...minerales que ellos quieren explotar aca.“


ATMO 17: im Auto<br />

ATMO/MUSIK 16: Dúo Clasico, Marimba, Cello<br />

ATMO 18: Demo „Hombre y mujer...“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Ab und zu beteiligen sich <strong>Valeria</strong> und ihre Kameraden an<br />

Protestmärschen in der Hauptstadt. Die Öffentlichkeit soll<br />

wahrnehmen, dass <strong>die</strong> betroffene Bevölkerung vor Ort legitime<br />

Einwände hat <strong>gegen</strong> den Bau der <strong>Zementfabrik</strong>.<br />

27. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Me siento muy en familia. El ver... (Spr.:<br />

Carina Zichner)<br />

Hier fühle ich mich wie in einer großen Familie. Wenn ich <strong>die</strong>se<br />

große Menge protestierender Brüder und Schwestern sehe, dann<br />

stärkt das meinen Mut, dann fühle ich mich nicht so allein in<br />

<strong>die</strong>sem Kampf.<br />

...porque yo no estoy sola.“<br />

ATMO 19: Demo „Porque un pueblo...“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Der Protestzug endet vor dem Kongressgebäude im alten Zentrum von<br />

<strong>Guatemala</strong>-Stadt. Dort warten <strong>die</strong> Demonstranten stundenlang,<br />

während eine Kommission ihrer Repräsentantinnen und Repräsentanten<br />

im Präsidentenpalast verhandelt.<br />

28. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Con el presidente Perez Molina... (Spr.:<br />

Carina Zichner)


Wir haben mit dem Präsidenten Perez Molina [„Péreß Molína“]<br />

gesprochen. Als ich <strong>die</strong> Liste sah, war ich mir eigentlich sicher:<br />

'Hier komme ich bestimmt nicht rein'. Aber dann standen da<br />

wirklich <strong>die</strong> Namen von drei Vertretern aus San Juan drauf, zwei<br />

Kameraden und ich. Wir sind sehr lange im Haus des Präsidenten<br />

geblieben, von drei Uhr nachmittags bis zwei Uhr dreißig am<br />

nächsten Morgen.<br />

...en la casa presidencial.“<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Vor Ministern und Bauernführen, vor Gewerkschaftsleuten und vor<br />

dem Präsidenten der Nation hat <strong>Valeria</strong> über <strong>die</strong> Sorgen und Nöte<br />

der Menschen in ihrem Dorf gesprochen.<br />

29. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Yo soy una comunitaria, soy... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Ich gehöre zu einer Dorfgemeinde, <strong>die</strong> ihr Vertrauen in mich gelegt<br />

hat. Die Leute im Haus des Präsidenten haben mich vielleicht für<br />

ein kleines Mädchen gehalten, jemanden, <strong>die</strong> nichts weiß, ein<br />

ignorantes Kind. Aber ich sprach mit der Stimme meines Volkes.<br />

...las voces de toda mi gente. … Y ver la gran valentia...<br />

Ich dachte an den Mut der vielen Männer und Frauen, <strong>die</strong><br />

aufgestanden sind, <strong>die</strong> <strong>gegen</strong> den guatemaltekischen Staat gekämpft<br />

haben, einen von Grund auf rassistischen Staat. Es ist nicht<br />

gerecht, dass wir immer ausgegrenzt werden. Die ursprünglichen<br />

Völker Mittelamerikas haben ein Recht auf Beteiligung.<br />

...exclusion del pueblo indigena.“<br />

ATMO 20: Norma und <strong>Valeria</strong> lachen<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)


Neben <strong>Valeria</strong> gibt es noch ein paar weitere junge Frauen, <strong>die</strong> sich<br />

in der Bürgerinitiative engagieren. Eine von ihnen ist <strong>die</strong><br />

vierundzwanzigjährige Norma, <strong>Valeria</strong>s Freundin.<br />

30. O-TON, Norma: „A pesar de la edad que tiene es una... (Spr.:<br />

Karmen Mikovic)<br />

Trotz ihres jungen Alters tritt sie schon sehr förmlich auf, sehr<br />

erwachsen, sehr verantwortungsbewusst. Sie kann auch fröhlich sein<br />

und Scherze machen. Manchmal haben wir viel Spaß zusammen. Aber in<br />

<strong>die</strong>ser Situation ist das Leben ein bisschen schwieriger. Deshalb<br />

sehen wir <strong>die</strong> Dinge mit mehr Ernst. <strong>In</strong> unserem Kampf hat sie schon<br />

einiges erleiden müssen: Verfolgung und Mangel. Ich denke, all das<br />

hat sie früh erwachsen werden lassen.<br />

...le ha hecho madurar a ella.“<br />

ATMO 21: Stimmen von <strong>Valeria</strong> und anderen sprechen, lachen<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

Norma ist beeindruckt von <strong>Valeria</strong>s Engagement. Aber sie macht sich<br />

auch Sorgen.<br />

31. O-TON, Norma: „Una jovencitas a la edad... (Spr.: Karmen<br />

Mikovic)<br />

Ein junges Mädchen wie sie braucht Zeit für Spaß mit ihren<br />

Freundinnen. Aber <strong>die</strong>se Zeit nimmt sich <strong>Valeria</strong> viel zu selten.<br />

Anstatt auszugehen, bereitet sie sich auf eine Pressekonferenz vor<br />

oder organisiert irgendein Treffen. Sie ist wirklich tapfer.<br />

...alguna reunion. Ella es muy valiente.“<br />

32. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „Eso es lo que ellos piensan... (Spr.: Carina<br />

Zichner)<br />

Viele Leute denken so über mich. Manchmal sagen sie mir, ich sei<br />

so mutig. Aber ich selbst erlebe das ganz anders. Es geht mir


darum, das zu tun, was ich fühle, wenn ich mich in <strong>die</strong>ser Welt<br />

umschaue. Ich trage meinen kleinen Teil zur Veränderung bei, weil<br />

ich spüre, dass ich das richtige tue. Ich möchte nicht, dass meine<br />

Gemeinde weiter unterdrückt wird. Und je besser meine Freunde<br />

verstehen, was ich mache, desto mehr unterstützen sie mich.<br />

...es cuando mas me apoyan.“<br />

<strong>Andreas</strong>: „Y tu novio que dice?“<br />

(Spr.: Marian Funk) Und was sagt dein Freund dazu?<br />

<strong>Valeria</strong>: (lacht) „No tengo novio todavia, pues no.“<br />

(Spr.: Carina Zichner) Ich habe noch keine Freund. Nein.<br />

<strong>Andreas</strong>: „Por lo mismo, tal vez.“<br />

(Spr.: Marian Funk)Vielleicht hast du gerade wegen Deiner Arbeit<br />

keinen?<br />

<strong>Valeria</strong>: „Yo considero que no, sino simplemente yo soy la persona<br />

que ha dado un alto aqui, entonces no, todavia no.“<br />

(Spr.: Carina Zichner)Ich denke nicht, dass das so ist. Ich bin<br />

<strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> stop sagt. Ich möchte das noch nicht.<br />

SPRECHER: (Spr.:Jochen Nix)<br />

<strong>In</strong> Santa Fe Ocaña leben viele Mädchen in <strong>Valeria</strong>s Alter mit einem<br />

Mann zusammen. Einige haben Kinder. Auch <strong>Valeria</strong> möchte nicht<br />

immer allein bleiben.<br />

33. O-TON, <strong>Valeria</strong>: „A veces tambien se me entra...<br />

(Spr.: Carina Zichner)Manchmal frage ich mich, ob ich eines Tages<br />

jemanden finden werde, der mich versteht. Ich hoffe schon. Wenn er<br />

mich wirklich mag, dann wird er auch akzeptieren, was ich tue.<br />

Aber wenn jemand meine Arbeit nicht akzeptiert, dann klappt auch<br />

<strong>die</strong> Beziehung nicht.<br />

...no funciona esta relacion, entonces que no me ha afectado.“

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