Neue Bücher - Instytut Książki
Neue Bücher - Instytut Książki
Neue Bücher - Instytut Książki
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
HUBERT<br />
KLIMKO-DOBRZANIECKI<br />
GRIECHEN STERBEN<br />
ZU HAUSE<br />
Hubert Klimko-Dobrzaniecki (geb. 1967),<br />
Schriftsteller und Lyriker, lebt seit vielen Jahren<br />
im Ausland (unter anderem auf Island, gegenwärtig<br />
in Österreich). Er schrieb mehrere Erzählungen<br />
und Romane, bisher erschienen von ihm<br />
neun Bände. In seinen Werken wimmelt es geradezu<br />
von Sonderlingen, Verrückten, Eigenbrötlern,<br />
entwurzelten und verkrachten Existenzen,<br />
die entweder unfähig oder unwillig sind, einen<br />
festen Platz im Leben zu finden.<br />
Nach dem Ende des griechischen Bürgerkriegs und der Niederlage<br />
der linken Volksfront kamen Ende der 40er- und Anfang<br />
der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts mehrere<br />
Tausend politischer Flüchtlinge nach Polen. Die meisten von<br />
ihnen siedelten sich in Niederschlesien an, z. B. in Bielawa, wo<br />
auch Hubert Klimko-Dobrzaniecki seine Kindheit und frühe<br />
Jugend verbrachte. Der Autor erzählt in seinem neuesten Roman<br />
von ebenjenen damaligen „Bielawa-Griechen“ und greift<br />
damit erneut ein Thema auf, das ihm sehr am Herzen liegt:<br />
die schmerzhafte Erfahrung eines Lebens in der Emigration.<br />
Das zentrale Thema ist das Gefühl des Fremdseins und der<br />
Wurzellosigkeit – übrigens in zweifacher Hinsicht. Der Held<br />
des Romans, Sakis Sallas, gilt in Polen, obwohl er in diesem<br />
Land geboren, zur Schule gegangen und vollständig assimiliert<br />
ist, sein Leben lang als ein Fremder. Als er 1980 in das<br />
Land seiner Vorfahren zurückkehrt, macht er dieselbe Erfahrung:<br />
In den Augen der Griechen ist er ein „Polonos“. Doch<br />
ist dies der Grund dafür, dass sein Privatleben eine einzige<br />
Abfolge von Misserfolgen ist? Wir begegnen ihm als einem<br />
verbitterten Fünfzigjährigen, ehemaligen Journalisten einer<br />
Athener Tageszeitung und beginnenden Schriftsteller, wie<br />
er gerade auf einer griechischen Insel ankommt, um im dortigen<br />
Schriftstellerhaus einen Roman über seine Eltern zu<br />
schreiben. Es geht ihm jedoch nicht darum, das Andenken<br />
seines über alles verehrten Vaters und seiner über alles geliebten<br />
Mutter zu wahren und einen nostalgischen Blick auf<br />
seine glückliche und unbeschwerte Kindheit zu werfen – das<br />
Buch soll vielmehr eine private Spurensuche werden. Sakis<br />
leidet darunter, dass er nur wenig über die Vergangenheit<br />
seiner Eltern weiß, die bis zu ihrem Tod nie über ihr Leben<br />
vor der Emigration gesprochen haben. Er hegt zu Recht den<br />
Verdacht, dass sie ein dunkles Geheimnis mit sich herumtrugen,<br />
dass sich hinter ihrer Ehe noch etwas anderes verbarg.<br />
Das schreckliche Geheimnis kommt im Finale des Romans ans<br />
Licht und stürzt den Helden endgültig in eine Krise.<br />
Die Geschichte des Romans entwickelt sich auf zwei Ebenen,<br />
der Vergangenheit und der Gegenwart. Die erste Ebene<br />
besteht aus zahlreichen, überwiegend humorvoll erzählten<br />
Kleinstadt-Anekdoten, in deren Mittelpunkt Sakis' exzentrischer<br />
Vater – ein unverbesserlicher Träumer und Fantast<br />
– steht. Daneben finden sich ergreifende Familienszenen. Auf<br />
der Gegenwartsebene geschieht hingegen nur wenig: Sakis<br />
geht Affären mit einer Bewohnerin und schließlich mit der<br />
Leiterin des Schriftstellerhauses ein, doch diese lassen sich<br />
kaum als Beziehungen bezeichnen. Eris und Maria führen<br />
dem Helden lediglich den Grad seiner emotionalen Verkrüppelung<br />
vor Augen.<br />
Alles in allem muss man festhalten, dass es in Griechen sterben<br />
zu Hause in erster Linie um die Gefühlswelten der Figuren<br />
geht und dass das „Griechentum“ – sowohl in geschichtlicher<br />
als auch in kultureller Hinsicht – lediglich als Kulisse dient.<br />
Im Vordergrund stehen familiäre Gefühle, vor allem die Beziehung<br />
zwischen Eltern und Kind, das Phänomen einer erfüllten<br />
Vaterschaft einerseits und die nach dem Tode des Vaters entstandene<br />
Leere andererseits. Das Letztere erscheint besonders<br />
wesentlich, weil Sakis' Vater gleich zweimal stirbt – zunächst<br />
real und später symbolisch, als die schreckliche Wahrheit<br />
über seine Vergangenheit in Griechenland zufällig ans Licht<br />
kommt.<br />
Dariusz Nowacki<br />
HUBERT KLIMKO-DOBRZANIECKI<br />
„GRECY UMIERAJĄ W DOMU”<br />
ZNAK, KRAKÓW 2013<br />
140×205, 244 PAGES<br />
ISBN: 978-83-240-2073-7<br />
TRANSLATION RIGHTS:<br />
AGENCE LITTÉRAIRE PIERRE<br />
ASTIER & ASSOCIÉS