BOGART 19 (BeOurGuestARTist)
Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic
Das Gießener Mitmachmagazin für Creative
- Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic
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DAS<br />
GIESSENER<br />
MITMACHMAGAZIN<br />
FÜR<br />
CREATIVE<br />
BE OUR GUEST, ARTIST!<br />
<strong>BOGART</strong><br />
Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur & Comic<br />
Nr. <strong>19</strong> - 2014<br />
März | April | Mai<br />
7. Jahrgang | € 3,90<br />
Model: Elena; Haar: Madeleine Weber; Make-up: Dóri Szöke; Photo & PP: Kiara Black<br />
KIARA BLACK PHOTOGRAPHY:<br />
Verspielt, feminin, verträumt, fantasievoll<br />
SERGEJ OSTER:<br />
Malerische Selbstreflektionen<br />
COMIC:<br />
Superchatter (4) auf dem Holzweg
WERBUNG á la ART<br />
WERBUNG à la ART<br />
go GIESSEN cards<br />
gi-mix.de/gogica<br />
NIMM‘ MIT!<br />
KOST ‘<br />
NIX!<br />
K O M M E N . S E H E N<br />
M I T N E H M E N<br />
Die kostenlosen goGIESSENcards sind<br />
das Aushängeschild vieler Treffpunkte.<br />
Die TrendART im Marketing für<br />
Handel, Handwerk und Gewerbe<br />
Institutionen, Vereine und Veranstalter<br />
Kulturschaffende* und Galeristen<br />
GroßARTige Kartenmotiv-Auswahl<br />
aller Kunstrichtungen (gi-mix.de/gogica)<br />
Regelmäßige "Neubespielung"<br />
1.000 Kunstdruck-Karten<br />
incl. Produktion u. Platzierung<br />
*ab 69,- € zzgl. ges. MWST<br />
Eine Initiative des<br />
Gießener Mitmachmagazins für Creative <strong>BOGART</strong><br />
gi-mix.de/bogart<br />
Info: mediaARTgiessen . Lonystraße <strong>19</strong><br />
Telefon 0641.9845451<br />
Motive der Staffel I. Die Serie II ist hier platziert: KAFFEE WOLKENLOS, KATE, KLIMBIM,<br />
MOBOBO-KIOSK, RITZI'S, SCARABÉE, TOM & SALLY'S, ULENSPIEGEL<br />
Um möglichst authentische Selfies<br />
zu machen, geben wir hier ein paar Tipps:<br />
+ Natürliches Licht wählen<br />
+ Vor ruhigen Hintergrund positionieren<br />
+ Leicht den Kopf drehen<br />
+ Die Schokoladenseite anvisieren<br />
+ Kamerahand maximal ausstrecken<br />
+ Von oben fotografieren<br />
+ Evtl. mit Foto-App veredeln<br />
Mit Hilfe eines Spiegels lässt sich das<br />
Szenario vorher überprüfen. Und aus einer<br />
kleiner Serie findet sich ein schmeichelhaftes<br />
Selbstbildnis garantiert – wie es unser<br />
Beispiel oben zeigt.<br />
CAM<br />
ON<br />
FOR YOUR<br />
SELFIE<br />
G R E I F Z U R C A R D<br />
M A C H D E I N B I L D<br />
M A I L A N B O G A R T<br />
Die zehn creativsten Selbstschüsse<br />
werden in <strong>BOGART</strong> 20 veröffentlicht<br />
und mit einem Leinwanddruck auf Keilrahmen<br />
(20/30 cm) des Abbildes belohnt:<br />
r.mr@gmx.de
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
mal ernsthaft<br />
mal rätselhaft<br />
mal augenzwinkernd<br />
KUNST – KULTUR<br />
INSIDE <strong>BOGART</strong>: Rückblick · Einblick · Ausblick<br />
DÓRA SZÖKE: Impressions auf Light & Colors<br />
GRUPPENDYNAMIK: "Aus der Welt" im KiZ<br />
RAMONA HELM/TONI SAHLER: Zwei mit Perspektiven<br />
KIARA BLACK: Verspielt, feminin, verträumt...<br />
SERGEJ OSTER: "Existentielles Erproben"<br />
ALLA POPPERSONI: "Juicy Faces" & "We Gray"<br />
POPCORNER: Kleinkunst von Warhol und Lennon<br />
KALLIOPE: Schutzgöttin von Kunst und Literatur<br />
STEPHAN PUSSEL spielt, singt und swingt seit 25 Jahren<br />
115 JAHRE KINO: Ein Streifzug durch die Filmgeschichte<br />
FRÜHJAHR 2014: Gizmorians-3-Mon.-Kalendarium<br />
– COMIC<br />
SUPERCHATTER (4): Law & Order in der Plockstraße<br />
100 JAHRE COMIC: Von Altamira nach Entenhausen III<br />
NEWS & NEXON: Naiver Beisser oder nativer Messias?<br />
Li'l Sushi goes Yokohama...: "Ninja Attack"<br />
<strong>BOGART</strong><br />
<strong>BeOurGuestARTist</strong><br />
Das Gießener Mitmachmagazin für Creative<br />
Redaktion, Gestaltung und Realisation:<br />
Reinhard Müller-Rode<br />
c/o MediaART-Werbung<br />
Lonystraße <strong>19</strong>, 35390 Gießen<br />
Tel.: 0641.9845451, email: r.mr@gmx.de<br />
Mitarbeit:<br />
Hans-Michael Kirstein,<br />
Sascha A. Wanke,<br />
GIZMORIAN<br />
www.gi-mix.de/bogart<br />
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Reinhard Müller-Rode<br />
© 2012 für alle Beiträge liegt beim Verlag bzw. den Autoren; alle<br />
Rechte vorbehalten. Die auf § 49 UrhG gestützte Übernahme<br />
von Artikeln in gewerbliche Pressespiegel bedarf der vorherigen<br />
schriftlichen Zustimmung des Verlags.<br />
Die nächste Ausgabe<br />
erscheint<br />
am 1. Juni 2014<br />
Abo-Service: r.mr@gmx.de<br />
4<br />
6<br />
8<br />
9<br />
10<br />
12<br />
14<br />
18<br />
<strong>19</strong><br />
20<br />
22<br />
25<br />
27<br />
28<br />
30<br />
32<br />
"GIESSEN, GIESSEN, GIESSEN!!!"<br />
Orchideen und Selfies sind voll im Trend<br />
Marketing pur die für Gießener Landesgartenschau (Start: 26. April):<br />
Radiant Orchidee, ein faszinierendes, magisches, rätselhaftes Lila,<br />
ist die FARBE DES JAHRES 2014. Unter der Fachbezeichnung<br />
"PANTONE ® 18-3224" fördert sie "...erweiterte Kreativität und<br />
Originalität, die zunehmend in der heutigen Gesellschaft geschätzt<br />
wird," so Leatrice Eiseman, Geschäftsführerin des Pantone Color<br />
Institute ® bei der Präsentation. "Eine zauberhafte Harmonie von<br />
fuchsia, lila und rosa Untertönen, Radiant Orchid schafft Vertrauen<br />
und strahlt große Freude, Liebe und Gesundheit aus", was nun gleichermaßen in<br />
allen Lebensbereichen zur Geltung kommen soll: bei Beauty, Fashion, Interior – und<br />
im Kulturschaffen. – Ver-WUNDERBAR ist, dass man hierorts mit dem künstlerischen<br />
Vorreiter seines farblich so unterlegten Schriftbildes im urbanen Raum, nämlich im Mural<br />
Art geprägten "Essiggässchen", so nachlässig umgegangen ist. Was hier noch vor rund<br />
drei Jahren klartextlich aufmunternd die Passanten begrüßte, ist inzwischen bar jedes<br />
"Denkmalschutzes" nahezu auf diese drei Buchstaben verkümmert... Hoffentlich hält der<br />
Gieß(en)kannen-Mann in der Passage zwischen<br />
Bleich- und Alicenstraße auch weiterhin seine<br />
symbolträchtige Stellung...<br />
"selfie noun, informal (also selfy; plural selfies)"<br />
steht seit August 2013 als WORT DES JAHRES<br />
im Online-Oxford Dictionaries.com. Es bezeichnet<br />
ein Foto, das man von sich selbst aufgenommen<br />
hat; in der Regel mit Smartphone oder Webcam<br />
und auf einer Social-Media-Website veröffentlicht.<br />
Als Modewort hat Selfie, das so erstmals 2002<br />
in einem australischen Online-Forum geschrieben<br />
stand, auch in unserem Sprachraum längst Einzug<br />
und Aktion gefunden. "Die Handykamera ist stets griffbereit, der Fotograf nicht. Und<br />
irgendeine Stimmung muss wohl eingefangen werden. Ist doch okay! Da sind schon viele<br />
lustige Bilder so entstanden", diskussiert ein Besucher mit seiner Community zu diesem<br />
Thema.<br />
Weltweit über 130 Millionen aktive Nutzer posten 45 Millionen Fotos täglich, meldet<br />
allein INSTAGRAM für sein soziales Fotonetzwerk. Und dann gibt es ja auch noch<br />
Facebook & Co. Übrigens, ein Snapshot von seinem zweiten Gesicht wird als Belfie<br />
bezeichnet und ist in Promikreisen weit verbreitet. So gesehen freuen wir uns auf Ihren<br />
launigen Wettbewerbsbeitrag (s. S. 2), bei dem die TOP10-Selfies als leinwandiges<br />
Gemälde (20/30 cm) aufgespannt als Autorenprämie locken. – Ich drücke den Daumen,<br />
Reinhard Müller-Rode<br />
Das Mitmachmagazin für Creative<br />
Bogart 3
I N S I D E<br />
GLÜCKLICH<br />
Wenn dein heißes Feuer<br />
mich in Brand setzt<br />
und ich ihn nicht<br />
mehr löschen kann,<br />
bin ich glücklich<br />
Wenn dein tiefes Brummen<br />
mich in Fahrt bringt<br />
und ich sie nicht<br />
mehr stoppen kann,<br />
bin ich glücklich<br />
Wenn dein Abschiedskuss<br />
mich in die Wüste schickt<br />
und ich nun nicht<br />
mehr bei dir bin,<br />
war ich glücklich<br />
Sascha A. Wanke<br />
Mehr vom Autor zu lesen und zu hören<br />
gibt es im 60seitigen Gedichtband<br />
"Augenblicke" mit Zeichnungen<br />
von Otti Wanke (u.a. bei Amazon/5.95)<br />
und auf Audio-CD für 5.95 direkt bei<br />
autor-wanke@gmx.de.<br />
Was der<br />
Gießener<br />
F o t o g r a f<br />
ALEX HEITZ (siehe<br />
<strong>BOGART</strong> 18) von<br />
seinem Shooting mit<br />
CARMEN KOGE<br />
via Nachbearbeitung<br />
am Bildschirm<br />
cartoonesk composed<br />
hat, erwartet die<br />
Gießener Hairstylistin<br />
(vormals M;Rush,<br />
L u d w i g s t r a ß e )<br />
Mitte April in<br />
deutlich ernsthafter<br />
Nuancierung nun in<br />
der "The Swinging<br />
City", wo sie jetzt<br />
auf Domizilsuche<br />
weilt. "Die Make-<br />
Up-Artists Schools in<br />
LONDON haben<br />
nun einmal einen anerkannten internationalen Ruf", weiss die hierorts bereits mit<br />
eindrucksvoll geschaffenen Looks und Moods agierende Szenaristin um ihre Investition<br />
in die berufliche Zukunft (s.a. <strong>BOGART</strong> 13). Und die sieht nach dem Diplom von der<br />
ACADEMY OF FREELANCE MAKE-UP (AOFM) garantiert BEAUTIFUL aus...<br />
PITDOGMAN ist eine Creation des Wetzlarer Künstlers und Designers<br />
Sergej Oster. Das Label steht sowohl für seine Comicreihe als auch für seine<br />
STREETWEAR. PITDOGMAN ist der Nickname des Comic-Charakters NEXON,<br />
einer zum Kämpfen geschaffenen Kreatur, die im Ring diesem Anspruch gerecht wird.<br />
Auf der Suche nach seiner wahren Identität entdeckt NEXON immer mehr, dass<br />
diese Rolle nicht sein eigentlicher Lebenszweck sein soll... (s.a. Seiten 30/31).<br />
Diese spektakuläre und abenteuerliche Graphic Novel begleitet die PITDOGMAN-<br />
S T R E E T W E A R ,<br />
geschaffen für „wahre<br />
K ä m p f e r n a t u r e n “<br />
mit Herz und Seele,<br />
die sich im Leben<br />
"durchbeissen".<br />
Die mit dem<br />
M a r k e n z e i c h e n<br />
bedruckten Unisex-<br />
Hoodies und<br />
Trainingshosen sowie<br />
die mit "typisch"<br />
illustrierten Motiven<br />
gestalteten T-Shirts<br />
sind hochwertig<br />
verarbeitet.<br />
Für den ONLINE-<br />
SHOP (pitdogman.<br />
de) wurde jetzt die<br />
aktuelle Kollektion<br />
im <strong>BOGART</strong>-Studio<br />
bzw. im vormaligen<br />
"Tretminen"-Revier<br />
zwischen Bleich- und<br />
Alicenstraße "smart &<br />
hard" ins Bild gesetzt.<br />
4 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
RUECKBLICK EINBLICK AUSBLICK<br />
ROSSI MECHANEZIDIS<br />
POSTET:<br />
Silvesterparty im Amélie,<br />
fortgeschrittene Stunde,<br />
gegen halb 4:<br />
Anscheinend schon gut angetrunkenes<br />
junges Mädel<br />
kommt ans<br />
DJ-Pult und<br />
nuschelt eine<br />
Frage.<br />
Ich : "Bitte<br />
was?" -<br />
"Ob du was von<br />
Usher hast?"<br />
Ich: "Äh, nein,<br />
tut mir leid"<br />
- "Hmmm...<br />
oder was von<br />
den Backstreet<br />
Boys?" -<br />
"Ganz sicher NICHT..." -<br />
"Und Britney Spears?" -<br />
Ich: (ein entschieden ausgestoßenes)<br />
"Himmel, NEIN!" - "Marusha??" -<br />
Work hard –<br />
wear smart<br />
"N E I N ! UM GOTTES WILLEN!"<br />
- "Und R&B"?? - "Das hier<br />
IST R&B, this is the REAL<br />
shit!!" - "Häh?"....<br />
Die Jugend von<br />
heute.... tss....<br />
INSIDERTIP<br />
für Opernfreunde:<br />
Eine augenzwinkernde Reminiszenz<br />
an die Meisterwerke Rossinis:<br />
MIRANDOLINA<br />
Premiere 30.3.2014<br />
Frauenschuh für 410 Cent, also das Paar für € 8,20?<br />
Das macht die Deutsche Bundespost jetzt möglich. Allerdings<br />
reicht dieser Betrag lediglich dazu, die leere Prada-Kartonage<br />
als Päckchen ausreichend zu frankieren... Krokus, Tulpe, Tagetes,<br />
Malve, Gartennelke, Dahlie, Leberblümchen, Margerite, Maiglöckchen,<br />
Aster, Klatschmohn, Gartenrose, Kuhschelle, Kaiserkrone, Sonnenhut,<br />
Kartäusernelke, Ballonblume, Narzisse, Sonnenblume, Tränendes Herz,<br />
Schwertlilie, Goldmohn, Edelweiß, Prachtkerze, Feuerlilie, Rittersporn<br />
und Enzian in den einschlägigen Werten komplettieren die blumige Mini-<br />
Gartenschau nicht nur für Philatelisten.<br />
<br />
Mit ihrer Dauerserie will der Dienstleister u.a. auf die Schönheit und<br />
Vielfalt unserer Natur aufmerksam machen, die damit in Gießen quasi<br />
als Sondermarken zur LANDESGARTENSCHAU 2014 punktgenau<br />
ankommt.<br />
Stadttheater-Mimen<br />
(III)<br />
Einen vor-landesgartenschaulichen Blumengruß aus der schottischen Universitätsstadt an ihre langjährige Gießener<br />
Studienstadt enthält die Titelstory über Astrid Jaekel (s.a. <strong>BOGART</strong> ...) in den Edinburgh Evening News. "Winter<br />
is the time when Rose Street blooms", steht für ihre scherenschnittliche Fenstergestaltung in hier angesiedelten<br />
Gebäuden und Ladenlokalen, mit der das City-Marketing urbane "Nebenschauplätze" in signifikante Erlebnisorte verwandelt.<br />
Als ambitionierte erzählerische Grundlage für ihre detaillierten Silhouetten wählte Astrid aus poetischen Textzeilen<br />
von George Mackay Brown (*<strong>19</strong>21– †<strong>19</strong>96), einem der bedeutendsten Dichter des 20. Jahrhunderts in Schottland. Voller<br />
Begeisterung schrieb die News-Redakteurin Gina Davidson: "Artist Astrid helps liberate the light, colour and vibrancy of<br />
place where literature flourished." Damit sind die Edinburgher Stadtväter ihrer Absicht näher gekommen, ihre Flaniermeile<br />
dem Niveau der kultigen Carnaby Street in London anzugleichen.<br />
Nachdem ihr "Papercutting"<br />
bereits für<br />
ein Musikvideo von<br />
"Kill It Kid" Aufsehen<br />
erregte, entsteht<br />
jetzt in Kooperation<br />
mit Szenarist HMK via<br />
Scherenschnitt der<br />
phantastisch-sarkistische<br />
Comicroman<br />
"Over The Ocean" über<br />
mehr als mysteriöse<br />
Vorkommnisse auf<br />
einem "Alb-Traumschiff"<br />
...<br />
für Creative Bogart 5
DÓRA SZÖKE:<br />
Zu den Bildern:<br />
oben: Tänzerin (ca. 35/50 cm)<br />
unten links: Wunder des Lebens (ca. 35/50 cm)<br />
unten zweites v. l.: Verwirrung (ca. 70/100 cm)<br />
unten Mitte: Zustimmung (ca. 50/70 cm)<br />
In ihren farbenprächtigen Werken<br />
entführt uns die aus Ungarn<br />
stammende Künstlerin Dóra Szöke<br />
in eine Welt voller Sinnlichkeit und<br />
Weiblichkeit. Geprägt von eigenen<br />
emotionalen Erlebnissen und<br />
Erfahrungen sind die ausdrucksstarken<br />
Bilder eine Selbstreflektion ihrer<br />
Persönlichkeit und erhalten so ihren<br />
gefühlvollen Charakter.<br />
Die Malerin kombiniert mal eher abstrahierte Farbgesten<br />
mit gegenständlich-narrativen Bildelementen. Durch ihr<br />
feines Spiel mit hellen und dunklen Farben wird auf<br />
der Leinwand Licht und Schatten visualisiert.<br />
»Wissen wir nicht alle, dass zum Licht auch der Schatten<br />
gehört, ebenso wie zur Ebbe die Flut und zur Nacht der<br />
Tag« (Sigmund Freud).<br />
Freuds Polaritätsgesetz ist nicht die einzige<br />
tiefenpsychologische Anlehnung in ihren Bildern.<br />
In gleich mehreren Werken der Künstlerin, die an<br />
der Uni Gießen Psychologie studiert, findet sich ein<br />
tiefenpsychologischer Hintergrund; so z.B. auch in dem<br />
Bild »Ich, Es, Über-Ich«.<br />
Dóra Szöke entdeckte ihre Leidenschaft für die Malerei<br />
bereits in früher Kindheit. Sie nahm<br />
an zahlreichen Wettbewerben teil und<br />
wurde unter anderem <strong>19</strong>99 mit dem<br />
»Golden Award« in Japan bei der<br />
»International Children's Exhibition«<br />
ausgezeichnet.<br />
Dancer / Tänzerin<br />
Miracle of Life / Wunder des Lebens<br />
Confusion / Verwirrung<br />
Verwirrung…auf der Suche nach Halt und<br />
einem festen Punkt; dem Horizont<br />
Indorsement / Zustimmung<br />
6 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
IMPRESSIONS OF LIGHT & COLORS<br />
Malerei (33)<br />
MUSISCHES MULTITALENT<br />
Nach ihrem Abitur mit<br />
Schwerpunkt "Grafik Design"<br />
in ihrer ungarischen Heimat,<br />
besuchte Dóra Szöke<br />
(*<strong>19</strong>85) die Gießener Willy-<br />
Brand-Schule im Fachbereich<br />
Mediengestaltung und<br />
absolvierte ihre Ausbildung<br />
bei Silas Koch Fotografie<br />
(Herborn). 2012 bestand<br />
sie in Budapest ihre Prüfung<br />
als Make-Up-Artist. Ihre<br />
vielseitigen musischen Talente<br />
zeigt sie außerdem als<br />
Mitglied einer Tanzformation<br />
bei der TSG Blau-Gold<br />
Gießen und im Vocal-<br />
Ensemble von "4 Inspiration"<br />
aus Wettenberg.<br />
Sz.Dóra<br />
Oben, Mitte: Zuversicht (ca. 35/50 cm); r.: Ich, Es, Über-Ich (ca. 70/100 cm); unten Marrying the Music (ca. 50/70 cm)<br />
7<br />
für Creative
Holger engel / Krakau 3<br />
Aus der Welt<br />
Fotografie / Malerei / Skulptur<br />
Laudator Michael Ackermann (2.v.l.) führte<br />
bei der Vernissage mit hoher Wertschätzung<br />
für die Schaffenskunst in die noch<br />
bis zum 28. März 2014 im Gießener<br />
Kultur im Zentrum (KiZ) laufende<br />
Ausstellung ein. Bernd Wießner, Richard<br />
Stumm, Miriam Klempel, Holger Engel und<br />
Carsten Hirth (v.l.n.r.) zeigen hier einen<br />
bemerkenswerten Ausschnitt ihres versierten<br />
künstlerischen Schaffens. MUST SEE:<br />
Südanlage 3a, Die bis So, 10 - 18 Uhr<br />
Fotos: Anita Knossalla (7) RMR (1)<br />
Bernd Wießner / Spiegelungen<br />
Carsten Hirth / Bypass<br />
Miriam Klempel / o.T. (l.), Stelen (r.)<br />
richard Stumm / Werksauswahl<br />
8 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
Dreamteam mit Perspektiven<br />
Mit Augen gefälligen und<br />
Sinne<br />
anregenden<br />
Arbeiten<br />
haben<br />
die Beiden über ihren<br />
Lebensraum, dem<br />
"Haus Vogelsberg" der<br />
Schottener Sozialen<br />
Dienste, hinaus mit<br />
G a s t a u s s t e l l u n g e n<br />
(u.a. in Lich) nun auch<br />
inzwischen für öffentliche<br />
Aufmerksamkeit<br />
gesorgt.<br />
Phantasie und Fantasy<br />
kennzeichnen<br />
das<br />
creative<br />
Schaffen der 32jährigen<br />
RAMONA HELM. Unter dem<br />
Pseudonym MELORA fertigt sie<br />
in freimütiger Intuition und mit<br />
handwerklichen Geschick ihre<br />
TRAUMFÄNGER, die auch ganz<br />
auftragsgebunden<br />
ausfallen<br />
können. Diese indianischen<br />
Kultobjekte sind netzartig<br />
in umgarnten Reifen perlig<br />
gewirkt und werden noch mit persönlichen oder<br />
bevorzugten Gegenständen – im Bildbeispiel mit<br />
einer echten Vogelfeder – dekoriert. Sie sollen den<br />
Schlaf verbessern, in dem die guten Träume durch<br />
das Netz gehen, während die schlechten ihier<br />
hängen bleiben und später durch die Morgensonne<br />
neutralisiert werden.<br />
Die filigranen Objekt werden besonders auf Mittelalter-<br />
Märkten nachgefragt, aus deren Umgebung Romana<br />
Helm ihre Ideen u.a. für Geschichte und Bilder ihres<br />
Erstlingsbuches "Auf der Flucht" (2013; Paperback; 144 S.;<br />
illustriert; 13 x 10 x 1,2 cm; 1001 Cent; Synergia Verlag) sammelt.<br />
"Die Geschichte über drei Freundinnen, die versuchen einer<br />
schlechten Welt zu entfliehen, um in einer besseren zu leben<br />
ist sehr ergreifend und bringt einen zum Nachdenken",<br />
spiegelt eine aktuelle<br />
Rezension bei AMAZON<br />
die Abenteur von Gwen,<br />
der Schleiereulen-Anima,<br />
der Bären-Anima Erin und<br />
der Maulwurf-Anima Pan<br />
wider, die für ein neues<br />
und friedliches Leben in<br />
Freiheit unterwegs sind...<br />
Ganz "erdverbunden" sind Toni Sahlers mitunter narrativ "motivierte"<br />
Leinentragetaschen. So transportiert sein "Blick in die Zukunft" (oben)<br />
nicht nur Einkaufsgut, sondern interpretiert sequentiell das dem Meer<br />
entfleuchende "Quallengehen" zum Zwecke der Weiterverwertung als<br />
"Kollagen", dem Jungbrunnen-Nährstoff vieler Schönheitheitsfarmen. – Auch<br />
seine Creationen können ganz nach persönlichen Themenwünschen unter<br />
Berücksichtigung der künstlerischen Freiheit bestellt werden.<br />
Kontakt: wh.lich@schotten-sozial.de<br />
TEXTIL ist der Stoff, auf<br />
dem die "Träume"<br />
von TONI SAHLER<br />
realisiert werden. "Früher<br />
als ich noch ein Kind<br />
war, mochte ich Kunst<br />
eigentlich gar nicht. Aber<br />
die Ereignisse in meinem<br />
Leben haben mich dazu inspiert, die<br />
Mandalas zu Malen und wahrscheinlich ist dadurch<br />
mein künstlerischen Können besser geworden", merkt der<br />
33jährige zu seiner Entwicklung auf dem Weg zum Maler<br />
und Fotografen an. Die geometrischen Schaubilder haben<br />
im Hinduismus und Buddhismus magische oder religiöse<br />
Bedeutung...<br />
für Creative<br />
Bogart 9
KIARABLACK IS BEAUTYFUL<br />
"Absolute Perfektion. Erstaunliche Fotografi e<br />
und kreatives Make-up. Unglaubliche Arbeit.<br />
Ich bin baff!", wird ihr <strong>BOGART</strong>-Titel Perfection I<br />
in der Online-Community für Professionals<br />
DEVIANTART.COM hochgelobt. Und auf die Frage, wie sie das Foto<br />
realisiert habe, antwortet Kiara Black – so ihr Künstlername – sehr<br />
bescheiden: "Nicht viel. Nur etwas Hautretusche mit Ausfl ecken von<br />
Pickelchen und Refl exionen sowie Korrektur der Licht- / Farbbalance."<br />
Wer sich in ihrem Blog die Video-Drehs hinter den Kulissen<br />
betrachtet, erfährt jedoch bei aller scheinbaren Leichtigkeit des<br />
Tuns, welcher personelle, logistische und künstlerische Aufwand vor<br />
solchen imponierenden Ergebnissen steht, mit denen die gelernte<br />
Mediengestalterin und freischaffende Fotografi n aus Haiger viel<br />
Respekt bei Auftraggebern, Ausstellungen und in Publikationen<br />
erwarb.<br />
Wertschätzung der unfeinen Art erfuhr die Absolventin der Gießener<br />
Willy-Brandt-Schule während ihrer PHOTOKINA-Bilderpräsentation<br />
"Die sieben Todsünden" (s. Tableau rechts), die eine unerkannt<br />
gebliebene Person um die Untugend "Klauerei" erweiterte...<br />
Im Interview mit dem Webmagazin MOLOGUE beschrieb Kiara ihren<br />
fotografi schen Stil so: "Verspielt, feminin, verträumt, fantasievoll.<br />
Während ich bei Outdoor Shootings lieber schlichte, sinnliche und<br />
leichte Fashion- und Portrait-Szenen fotografi ere, in denen ich viel mit<br />
Schärfe und Unschärfe arbeiten kann, liebe ich es im Studio opulent:<br />
Mit auffälligen Haar- und Make-up Kreationen, die schon eher in<br />
Richtung Fine-Art gehen, als Portrait oder Fashion."<br />
Auch in diesem Jahr werden eine Auswahl ihrer Arbeiten im<br />
HOTEL JOHANNESHÖHE, Siegen (Februar – Juni) sowie November<br />
in Haiger bei KUNST IN DER STADT zu sehen sein.<br />
Model: Luisa<br />
Haar: Madeleine Weber<br />
Make-up: Dóri Szöke<br />
www.kiarablack.de<br />
Ausstellungen:<br />
2010 Photokina, Cologne<br />
"Kunst in der Stadt", Haiger<br />
2012 Hotel Johanneshöhe, Siegen<br />
"Kunst in der Stadt", Haiger<br />
2013 Hotel Johanneshöhe, Siegen<br />
12 Bogart<br />
Model: Kayla; Haar& Make-up: Lisa Johanna Hein<br />
Veröffentlichungen:<br />
Camerapixo<br />
Eccentric Edge<br />
Mologue<br />
MagnusOnline<br />
Photography Monthly<br />
Professional Photographer<br />
PhotoVogue Italia<br />
TattooStyle<br />
World of Photography Vol.2<br />
Model: Laura<br />
Haar&Make-up: Ina Elsen<br />
Kleid: Peppermint-Patty<br />
Mitmachmagazin
<strong>BOGART</strong>'s PhotoARtist (18)<br />
Model: Jana Make-up: Kiara<br />
"Die sieben Todsünden" (Haar & Make-up: Elisabeth Berrens, Kawasi; Modelle: Isabell, Cindy, Thaoi, Dóri, Yuliya, Sarah mit Thorsten und Sascha, Isy; Designer: Isago Couture, Fräulein Mieze; Assistenten: Anke Tropp und Isabell Müller)<br />
für Creative Bogart 13
SERGEJ OSTER: "EXISTENTIELLES ERPROBEN"<br />
Der ambitionierte Künstler Sergej Oster ist ein in technischer als auch narrativer<br />
Hinsicht hoch engagierter ja geradezu obsessiv seinen Kosmos auslotender<br />
Bildschöpfer. Die Drastik seiner expressionistischen Bildführungen basiert zum<br />
Teil auf grenzgängerischen Jugenderfahrungen (Bilder links bzw. rechts).<br />
Durch das<br />
E n t d e c k e n<br />
einer indiv<br />
i d u e l l e n<br />
k ü n s t l e r i -<br />
schen Sublimation<br />
und<br />
Persönlichk<br />
e i t s s t ä r -<br />
kung mittels<br />
Pinsel, Farbe<br />
und Leinwand<br />
konnte<br />
Oster als<br />
Mittzwanziger<br />
in sich<br />
neue Wege<br />
des existenziellen<br />
Erprobens<br />
erschließen.<br />
Neben einer<br />
rauhen,<br />
g e s t i s c h e n<br />
Farb- und<br />
Formniederschrift<br />
entwickelte er auch surrealistische Motivdarlegungen im Stile Yves Tanguys<br />
in einer gleichsam "realistisch" geglätteten Technik. Aber er scheut sich auch nicht,<br />
Naturphänomene (u.a. Zierfische) mit listiger Dekorativität einzufangen.<br />
Um der Komplexität seiner subjektiven Weltbefragungen Herr zu werden, alternieren<br />
sehr selbstverständlich die klare Ablesbarkeit seiner Realistik mit den harschen<br />
Hieben als auch Objektauflösungen des expresssiv Gestischen. Inhaltlich dominierem<br />
im Gesamt-Ouevre menschliche Grundfragestellungen (Außenwelt und Ich).<br />
Erotik<br />
12 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
Malerei (34)<br />
Weitere Arbeiten des<br />
in Regar (Tadschikistan)<br />
geborenen Wetzlarer<br />
Multitalents Sergej Oster<br />
sind hier hinterlegt:<br />
kunstoderso.jimdo.com<br />
Selbstporträt "Ironie"<br />
(Acryl auf Leinwand; 60/60 cm)<br />
"Politik" (Acryl auf Leinwand; 60/40 cm)<br />
Als Zeichner dagegen wird Oster zum subtilen<br />
Arrangeur filigraner Strich- und Linienführungen.<br />
Thematisch konzentriert er sich<br />
hier auf den Wandel des Gestalthaften in<br />
Form von Metamorphosen.<br />
Seine Vielseitigkeit verdeutlichen Wandmalereien,<br />
Skulpturen, Tattooing und graphischen<br />
Auftragsarbeiten.<br />
Auch als Comicautor hat sich der 35jährige in<br />
der Szene verankert und aktuell dem Prologalbum<br />
seiner Politfabel Pitdogman NEXON<br />
den mit Episode 2 "FREAKSHOW" erweiterten<br />
Integralband aufgelegt (s.a. Seiten 30/31).<br />
Zu den Bildern;<br />
Links oben: "Die Dingos" (Acryl auf Leinwand; 80/60 cm)<br />
Links unten: "Kein Bock" (Acryl auf Leinwand; 120/90 cm<br />
Oben: "Bevor" (Acryl auf Leinwand; 70/100 cm)<br />
Links: "Schalotte" (Kugelschreiber; DIN A 3)<br />
Rechts: "Der Himmelsträger" (Acryl auf Leinwand; 90/120 cm)<br />
für Creative<br />
Bogart 15 Bogart 7
Alla Poppersoni<br />
Alla Poppersoni (geboren<br />
als Alla Zakiullina<br />
in Russland,<br />
<strong>19</strong>89) ist als Künstlerin<br />
spezialisiert auf visuelle<br />
Medien und lebt seit<br />
kurzem in Offenbach.<br />
2006 begann sie mit der<br />
Fotografi e. Ab 2013 beschäftigt<br />
sie sich mit den<br />
verschiedenen Möglichkeiten<br />
des visuellen Ausdrucks<br />
– von Graphic Design bishin zu interaktiven Filmen.<br />
Seit Oktober 2013 studiert Alla "Visuelle Kommunikation" an<br />
der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Zuvor erwarb<br />
sie den "Master of Science in Transition Studies" an der Gießener<br />
Justus-Liebig Universität (JLU). Außerdem diplomierte<br />
sie in "Government Administration" an der Kazan Federal University<br />
in Russland..<br />
In 2006 begann sie, professionell<br />
als Fotografi n<br />
für Mode und Werbung<br />
zu arbeiten. 2011zog Alla<br />
nach Gießen für ihr Masterstudium.<br />
An der JLU – als Beitrag<br />
zur "Russischen Woche"<br />
– und in der Wetzlarer<br />
"Galerie am Dom Platz"<br />
stellte sie 2012 ihr vielbeachtetes<br />
Photo-Project<br />
über russische New-<br />
Wave-Jugendliche unter<br />
dem Titel "Juicy Faces:<br />
Russia Refreshment" aus,<br />
von dem auf dieser Seite<br />
Auszüge zu sehen sind.<br />
Allas Augenmerke konzentrieren<br />
sich auf Psychologie<br />
und Politik.<br />
So setzt sie sich auch<br />
künstlerisch mit der<br />
Menschenrechts-Problematik<br />
in ihrer Heimat<br />
auseinander, in dem sie<br />
Aktivitäten von u.a. "Pussy<br />
Riot" unterstützt und<br />
sich im Rahmen ihrer<br />
universitären Forschung<br />
mit der Putinschen Verwaltungpolitik<br />
kritisch<br />
beschäftigt. Außerdem<br />
möchte Alla durch ihr<br />
Auslandsstudium in Erfahrung<br />
bringen, wie<br />
der russische Alltag von<br />
AUSSEN gesehen wird.<br />
Als Freigeist refl ektiert sie<br />
– ständig gedanklich und<br />
creativ experimentierend<br />
– "sich und die Welt".<br />
Ihr Ziel ist es, die so erworbenen<br />
Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten für ein<br />
besseres globales und<br />
soziales Miteinander einzusetzen.<br />
14 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
Alla Poppersoni<br />
apoppersoni@gmail.com<br />
<strong>BOGART</strong>'s PhotoARtist (<strong>19</strong>)<br />
für Creative Bogart 15
<strong>BOGART</strong> <strong>19</strong> / 2014 (gi-mix.de/bogart)
Alla Poppersoni: "WE GRAY" 2013<br />
Die Idee zu der Collage entstand zum Theater-Tanzprojekt We Gray von Sönke Ahrens mit Akteuren der Evangelischen Jugend im Dekanat Gießen<br />
als "Dorian Gray-Remake": Im Mienspiel wurden spezifische Emotionen – von Gleichgültigkeit über Wut zu Arroganz etc. – ausgedrückt.
POPCORNER<br />
Museum für Kindheits- und Jugendwerke<br />
bedeutender Künstler in Halle/Westfalen:<br />
Andy Warhol (2 Jahre) mit<br />
Schmetterling auf dem Kopf<br />
"Warhols Ölgemälde – sprechen wir nicht darüber.<br />
Aber seine Grafik ist einfach umwerfend.<br />
Da ist er der König", gerät Museumsleiterin Ursula<br />
Blaschke ins Schwärmen. Die jetzt erneut<br />
verlängerte Ausstellung zeigt den amerikanischen<br />
Meister der Serie in seinen berühmtesten<br />
Werken – und sie zeigt Warhols (<strong>19</strong>28-<strong>19</strong>87)<br />
kindliche Seite, wo seine Wurzeln liegen und<br />
wo es "psychologische Spiegelungen" gibt.<br />
Einen Anstoß für seine Weltsicht sieht Ursula<br />
Blaschke in der Frömmigkeit von Warhols Mutter.<br />
Diese habe die bitterarme Familie, die aus<br />
einem Dorf in den Karpaten ausgewandert ist,<br />
in Amerika ernährt, indem sie Papierblumen gefaltet habe. Diese verkaufte sie als Gestecke – jeweils<br />
in einer Weißblech-Dose ohne Banderole: "Weil das den Blumen eine ganz andere Wertigkeit<br />
gab, mussten die armen Kinder jeden Tag Tomatensuppe essen."<br />
"Wild Raspberries" (Wilde Preiselbeeren) heißt das <strong>19</strong>59 entstandene Kochbuch, das Warhol<br />
gemeinsam mit der Designerin Suzie Frankfurt gemacht hat, aus dem witzige Einzelblätter gezeigt<br />
werden. Womöglich aus seiner Kinderhand stammt eine Zeichnung, das den kleinen Andy<br />
mit zwei Jahren zeigt. Er trägt einen Schmetterling, das Symbol der Seele, auf dem Kopf. Um im<br />
mütterlich verfassten Text fragt er, ob der Betrachter mitfl iegen möchte. Dieses frühe Erlebnis –<br />
ob wirklich erlebt, oder nur erdacht – zeigt seine große Phantasie. Er glaubt, durch die Hilfe der<br />
Schmetterlinge auch fliegen zu können. Hier zeigt sich schon so früh seine Urbegabung, die ihn<br />
später zu einem großen Künstler macht. – Der Schmetterling begleitet ihn, ob im Siebdruckverfahren<br />
oder auf Geschenkpapier, ein Leben lang!<br />
Schon ganz früh entdeckte Warhol Technik des "Drop and Dripping", eine Methode, die seine<br />
späteren Siebdrucke vorwegnahm: Er kopierte mit Tinte und Tusche gezeichnete Motive von Engeln,<br />
Putten, Schmetterlingen oder Katzen mit einem Blatt Löschpapier kopiert und übertrug sie<br />
auf ein neues Blatt. – (Kirchplatz 3, 33790 Halle / Infos: www.museum-halle.de)<br />
Mit freundlicher Genehmigung des WESTFALEN-BLATTes, Klaudia Genuit-Thiessen<br />
Ursula Blaschke mit dem Plakat zur Ausstellung.<br />
Es zeigt eine <strong>19</strong>57 entstandene Lithographie<br />
"Frau auf einem Hahn reitend" aus<br />
dem Volksmärchen "Hans mein Igel" der<br />
Grimm-Sammlung. Foto: Klaudia Genuit-Thiessen<br />
Als Augenschmaus<br />
präsentiert<br />
und als Gaumenschmaus<br />
zur<br />
Vernissage analog<br />
serviert: Die<br />
Safran-Marzipan-<br />
Aprikosen-Torte<br />
aus der Warhol-<br />
Konditorei.<br />
Wie nahe sich John Lennon, Andy Warhol<br />
und Yoko Ono waren, zeigt das Foto<br />
"The transfer of power".<br />
Das Cover von John Lennons "Walls and Bridges"<br />
(<strong>19</strong>74) zeigt, wie der Elfjährige seinen FC Liverpool beobachtete.<br />
Das Booklet enthält weitere Kindheitswerke.<br />
Parallelität der Ereignisse:<br />
Die in <strong>BOGART</strong> in dieser und in vorherigen Ausgaben<br />
immer gern aufgezeigten musischen Vielfachbegabungen<br />
bekannter und talentierter Künstler repräsentieren<br />
hier auch zwei internationale Pop-Artisten<br />
in den gleichzeitig laufenden Ausstellungen.<br />
John Lennon (<strong>19</strong>40-<strong>19</strong>80) begann bereits als kleiner<br />
Junge zu zeichnen, lange bevor er eine Gitarre hatte.<br />
Er besuchte drei Jahre das renommierte Liverpool<br />
Art Institute (<strong>19</strong>57-<strong>19</strong>60), bevor er ein „Beatle“ wurde.<br />
Lennons primäre Medien waren Strichzeichnungen,<br />
Cartoons, Kritzeleien, die er mit Kugelschreiber,<br />
Bleistift oder japanischer Sumi Tinte schuf.<br />
Das Hochzeitshaus (Osterstr. 2, 31785 Hameln) zeigt<br />
noch bis 30. März 2014<br />
THE ART OF JOHN LENNON<br />
mit der der Sammler Michael-Andreas Wahle, derzeit<br />
durch Europa tourt.<br />
(johnlennonausstellung.de)<br />
18 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
O<br />
E DITION<br />
K A L L I O P E<br />
BUCH UND KUNST<br />
Edition Kalliope Buch und Kunst vertritt<br />
Künstler und Künstlerinnen aller<br />
Stilrichtungen der Bildenden Kunst:<br />
Die Bildsprache des Gießener Künstlers<br />
Hans-Michael Kirstein zeigt zahlreiche<br />
Facetten, hier der erzählerische Strom<br />
mit nachdenklich-skurril-ironischem Inhalt,<br />
dort der entlarvend-spitze Stift, der<br />
genüsslich die seelischen und körperlichen<br />
Abgründe der Porträtierten – auf<br />
den Punkt gebracht – widerspiegelt.<br />
Dem Fotografen Klaus Schröder gelingt<br />
es, den Himmel auf die Erde zu holen.<br />
Seine Bilder folgen dem Stil des abstrakten<br />
Expressionismus – dies alles ohne<br />
elektronische Überarbeitung. Die Fotografien<br />
entstehen durch das geschickte<br />
Arrangement eines Zusammenspiels<br />
von Sonne, Wasser und Farbe. Er erschafft<br />
Kompositionen mit unnachahmlicher<br />
ästhetischer Ausdruckskraft.<br />
Der Biebertaler Ralf Steinmüller sucht<br />
das Material, mit dem er sich künstlerisch<br />
auseinandersetzt, in der Natur.<br />
Sein Interesse gilt der Kombination organischer<br />
Strukturen mit der ihr eigenen natürlichen<br />
Farbigkeit.<br />
Die luftigen Aquarelle von Margit Seiwert<br />
weisen durchaus dadaistische Merkmale<br />
auf. Sie legt den Schwerpunkt auf die<br />
Aquarell- und Gouachetechnik.<br />
Die Bildsprache der Künstlerin Birgit Kalkofen<br />
besteht hauptsächlich in einer auf<br />
das Wesentliche reduzierten Figürlichkeit.<br />
In diese überträgt sie ornamental sehr<br />
harmonische Formen. Hinzu kommt ihre<br />
Kunstfertigkeit im Auftrag leuchtender<br />
Farben. Das Zusammenspiel von Form<br />
und Farbe verleiht ihren Werken sinnliche<br />
Attraktivität.<br />
Die Künstlerin Franziska Erb-Bibo bevorzugt<br />
eine abstrakt-figurative Darstellungsweise.<br />
Ihre Werke zeigen emotional-expressive<br />
Momentaufnahmen mit<br />
kräftigen Konturen, in teils fast explodierender<br />
Farbigkeit oder auch einer zurückgenommenen<br />
kühlen Dunkelheit.<br />
Anna Anatoljewna Dörr legt den Schwerpunkt<br />
auf Landschaften, Porträts,<br />
florale Malerei und Wandmalerei.<br />
Pia Grambart setzt Formen und<br />
Farben surreal ein. Ihre Figuren<br />
sind skurill, ihre Bilder platzen vor<br />
Lebensfreude.<br />
Der Fotograf Thomas Mueck liebt<br />
die ungewöhnliche Perspektive,<br />
seine Stadtansichten sind gerne<br />
mal nur durch Pfützen zu betrachten.<br />
Birgit Kalkofen „Lola, die Elegante“<br />
Acryl auf Holz, 40 x 60 cm<br />
für Autoren<br />
Sie haben Kurzgeschichten, Erzählungen,<br />
einen Roman, vielleicht<br />
sogar Gedichte in der Schublade.<br />
Ein Theaterstück, Ihre Lebensgeschichte,<br />
Ihre Liebesgeschichte, ein<br />
Kinderbuch, ein Bildband wartet auf<br />
Veröffentlichung.<br />
Bei Edition Kalliope findet Ihr Manuskript<br />
seinen Platz und seinen Weg.<br />
So wie der Erzählband „Die Erben<br />
des Blauen Hauses“ von Heidi Haas<br />
und die humoristischen Gedichte<br />
„Mein Gott, was hat der Mann Kultur<br />
...“ von Volker Kölb.<br />
Ausführlichere Informationen unter:<br />
edition-kalliope.de oder besuchen Sie<br />
Atelier N°6 in der Mühlstr. 6 in Gießen.<br />
Anna Dörr „Im Wachstum“<br />
Acryl auf Leinwand, 50 x 60 cm<br />
Volker Kölb<br />
„Mein Gott, was hat der<br />
Mann Kultur ...“<br />
Humoristische Gedichte<br />
ISBN 978-3-944034-01-0<br />
Broschiert, 136 Seiten<br />
€ 12,80<br />
Heidi Haas<br />
Die Erben des Blauen<br />
Hauses<br />
Erzählungen<br />
ISBN 978-3-944034-00-3,<br />
Broschiert, 200 Seiten<br />
€ 14,80<br />
für Creative<br />
Bogart <strong>19</strong>
Stephan PUSSEL SPIELT, singt & Swingt seit 25 Jahren<br />
Turbo<br />
Sapienowa<br />
Foto: Alla Poppersoni<br />
Foto: Alla Poppersoni<br />
Foto: R. Müller-Rode<br />
Foto: Christoforos "Rossi" Mechanezidis / stolenmoments.de<br />
20 <strong>BOGART</strong><br />
Das Mitmachmagazin
Tonart<br />
"In den ersten Lebensmonaten habe ich nur laut geschrien,<br />
weil mir die Babykost auf den Magen schlug. Das hat<br />
offensichtlich meine Lungen gestärkt", so entwickelte sich<br />
Stephan Pussel frühes Leiden zu kraftvoller Sangesfreude,<br />
das über Kinder- und Kirchenchor zum späteren "Vocal-<br />
Coaching" bei Odilia Rodach in Gießen führte. Und hier hat<br />
der jetzt 42jährige gebürtige Lauterbacher in der Sozialen<br />
Arbeit seinen berufl ichen sowie als Percussionist und<br />
Sänger den musikalischen Mittelpunkt gefunden.<br />
In den 90er Jahren als Sänger und Frontmann der Latin-<br />
Rock Band Quasimodo und der Soul-Funk-Band Tampoon<br />
auf den Bühnen des Vogelsberges gefeiert, sang er zudem<br />
viele Jahre beim A-Capella Ensemble seiner Heimatstadt,<br />
den Jazz hat‘s und agierte auch als Darsteller bei zahlreichen<br />
Musiktheatern. Seine Vielfalt reicht von handgemachtem<br />
Jazz, groovig-souligem Funkrock und experimentellem<br />
Elektro-Pop bis hin zu authentischem Balkan-Folk<br />
und anderen Sparten der Weltmusik. Auch das mittelhessische<br />
Fassenachtspublikum hielt Stephan Pussel in<br />
Schunkellaune und mit ebenso großem Spaß arrangierten<br />
er und sein Freund, der Gitarrist Sebastian "Hüder" Ahlert,<br />
als Hommage an die "Strolch-Camembert" Hochburg, den<br />
auch auf der CD Die Zwölf erhältlichen Original–"Schebbe-<br />
Baa-Bossa".<br />
Es bewege sich musikalisch eine Menge, betont der Wahlgießener,<br />
wie zum Beispiel in der Kulturinitiative Gießen,<br />
kurz KiG (Anm.: In dem ehemaligen Kasernengebäude an<br />
der Netanyastraße proben inzwischen rund 500 Musiker<br />
in mehr als 100 Bands) die neben einigen anderen lokalen<br />
Gruppen und Organisationen MusikerInnen fördern und<br />
Konzerte organisieren. "Meine Bands und ich haben bislang<br />
schon zahlreiche unserer Konzerte einfach selbst auf<br />
die Beine gestellt", erklärt Stephan Pussel, der zu den Gründungsmitgliedern<br />
von ÄchtJäzzt und dem Liedermacher-<br />
Ensemble HörenSagen um Nine Hippinen u. Alena Wieske<br />
zählt (s.a. <strong>BOGART</strong> 18). Und dass er auch mal "einsam" als<br />
neuzeitlicher Singer-Songwriter den Konzertsaal bewegt,<br />
verdeutlicht unter anderem der konzertante Mitschnitt<br />
seiner Eigenkomposition "Dein Traum" bei Youtube.<br />
Unter dem Namen „Stefan Maszina Puszelski“ oder "Styopa"<br />
ist er derzeit mit Turbo Sapienowa auf höchst abwechslungsreicher<br />
Reise durch die osteuropäischen Musikwelten<br />
von Russen-Ska und Gypsy-Punk über Balkan-Beats hin zu<br />
türkischer Polka. Die hessische Band um die stimmgewaltige<br />
Moldawierin Ina Gasolina und dem quirlig-chaotischen<br />
Multiinstrumentalisten Sergej Swainenaken, hat in ihrem<br />
Tourplan auch immer wieder kurzfristige Heimspiele, bei<br />
denen der 9. August auf der Burg Staufenberg bereits<br />
terminiert ist.<br />
"Natürlich hat es auch mal Anreize für eine professionelle<br />
Musikerkarriere gegeben, das Ausleben meiner spezifi<br />
schen Intentionen dominierte dann aber auch", wies<br />
Stephan Pussel damit gleichzeitig auf seine aktuelle Suche<br />
nach neuen Lautmalereien hin, die er in einem "experimentell<br />
kulturellem Poutpourri aus ehrlichem Rock und<br />
sphärischer Weltmusik" zu fi nden hofft... Als ausgebildeter<br />
Klangtherapeut und Leiter von Trommel–Workshops findet<br />
Stephan ebenso stete Resonanz ob seiner Kompetenz,<br />
wie er jungen Talenten vor und hinter den Kulissen nicht<br />
nur mit Technik und Logistik fachkundig zur Seite steht -<br />
was ihn als nicht unwesentliches Element im musikanten<br />
"Puzzle"-Spiel der heimischen Szene ausweist.<br />
P R O M O C D E R H Ä L T L I C H !<br />
"yUHU! Meine erste Promo-CD ist da!<br />
Da dieser Prozess schon eine Weile<br />
gedauert hat, lautet Titel entsprechend<br />
einem der 16 Songs Jetzt kann die Liebe<br />
langsam kommen," kündet der Gießener<br />
"Barde" ALEX LIEBE seine kleine<br />
retrospektive der letzten neun Jahre<br />
an. Unter alexanderliebe.bandcamp.<br />
com gibt es die komplette Hörprobe<br />
und die 5-euro-Option des digitalen<br />
Downloads. Die Original-CD, dessen<br />
Cover von Wadim reis (s. BOGarT 16)<br />
entworfen wurde, kostet bei Liveautritten<br />
€ 8,- bzw. incl. Versand € 9,- unter<br />
liebealexander@googlemail.com.<br />
"SAND UNTER DEN NÄGELN...<br />
...und Dreck im Gepäck,<br />
wir wollen bleiben, viel erleben, wollen morgen wieder weg.<br />
Deck´ die letzte Karte auf und setzt´ noch Einen drauf,<br />
weil ich das jetzt brauch´...",<br />
...beginnt das frische Liedgut der Gießener Singer-SongwriterInnen NINE HIPPINEN<br />
und ALENA WIESKE, das unter peruanischen Himmel seine Premiere feierte.<br />
"Jetzt sind wir seit 4 Monaten unterwegs und konnten schon in dieser (kurzen) Zeit<br />
einige Erfahrungen sammeln, welche uns auch nachdenklich gestimmt haben. Ein paar<br />
dieser Gedanken wollen wir mit euch teilen", posteten die 2 VON WIR via Facebook<br />
an die <strong>BOGART</strong>-Pinwand, die sich für ihren inspirativen Südamerika-Trip ein Jahr lang<br />
Zeit lassen wollten.<br />
"Hier klappern<br />
die Kaffeetassen,<br />
da laufen<br />
die Strassenhunde.<br />
Alte<br />
Klapperkarren<br />
rollen rostend,<br />
die Flachb<br />
i l d s c h i r m e<br />
f l i m m e r n .<br />
F o r t l a u f e n d<br />
schimmern Farben,<br />
es werden<br />
Hüte und Tüten getragen. Hier sieht dir Jesus beim Essen zu, da sitzen die Obdachlosen.<br />
Kinder lachen frei und laufen, müssen hinter Ladentheken ihre Kindheit verkaufen.<br />
Auf Plakaten blonde Posen, Verfallene Haeuser, davor Rosen.<br />
Ein einfaches Leben mit Gott und Natur, doch nach mehr Reichtum streben. Die USA<br />
macht es vor. Von Bergen umgeben, statt von Gittern aus Gold, hält uns nichts so umklammert,<br />
wie das Vertrauen in uns selbst und das wir leben, was uns gefällt. Wir ziehen<br />
weiter, tragen andere Gebrauchsspuren mit uns fort. Keine Druckstellen des Alltagas.<br />
Keine Wunden der Angst zu versagen, nicht zu genügen.<br />
Es sind die Kratzer in den Gitarren, die Hornhaut auf den Fingerkuppen, die Löcher in<br />
den Hemden, die uns daran erinnern, dass wir uns zu dem machen, was wir sind. Kein<br />
Material der Welt ist so fest, so stark und so schön, keine Formel so einprägsam, wie die<br />
Erfahrungen einer Reise. Sie sind nie Konstant, sondern bleiben immer beweglich. Wie<br />
auch die Seele unserer Musik beweglich bleibt."<br />
Die <strong>BOGART</strong>-Leser freuen sich auf mehr dieser balladesken Erlebnisberichte, die in<br />
einem schon vorfreudig erwarteten Konzert von Nine und Alena dann auch hierorts die<br />
Gemüter bewegen werden.<br />
für Creative<br />
Bogart 21
CINEMA<br />
115 Jahre Kino<br />
Ein Streifzug durch die<br />
Filmgeschichte (16)<br />
fokussiert von<br />
Hans-Michael Kirstein<br />
So schloß Teil 15 (in <strong>BOGART</strong> 17):<br />
Pausierte dieser kursorische Streifzug durch<br />
den vielgestaltigen Kosmos belichteten Zelluloids<br />
vor der Jahrhunderwende wegen des<br />
anschließenden Rechercheaufwands für eine<br />
Ausgabe, geht es nun hier mit den wichtigsten<br />
Highlights der 2000er weiter.<br />
Neben sperrig-ambitionierten Autorenfilmen und individuell<br />
typisierten Genreauslotungen waren für den internationalen<br />
Film während der 2000er Jahre vor allem<br />
großbudgetierte Blockbuster charakteristisch. Allem voran<br />
bildeten speziell angelsächsische Comicfiguren und<br />
-sujets die narrativen/visuellen Grundlagen für Spielfilme.<br />
Und es war somit die amerikanische Filmindustrie,<br />
begünstigt durch ausgereifteste PC-Technik und adäquate<br />
Kapitalmöglichkeiten (oft im internationalen Verbund<br />
via ausländischer Produktionsgelder), definitiver Weltmeister<br />
im produktiven Ausstoß als auch in der Rendite<br />
zu werden (Bruttoumsätze von 15 Mrd. Dollar p.a. als<br />
Gesamtsumme gelten realistisch projeziert).<br />
Allein mit den Handwerklichkeiten<br />
des alten "analogen" Kinos...<br />
...hätten moderne Filmschöpfer niemals jene Selbstverständlichkeit<br />
des Überwirklichen darstellen können, wie<br />
sie z.B. in den Batman-, Harry Potter-, Hellboy- oder<br />
Lord of the Rings-Zyklen zu finden ist. Das virtuelle Kino<br />
erlaubt die Vergegenständlichung physikalisch absurdester<br />
Flucht- und Traumräume. Die neogotisch anmutenden<br />
Stadträume von Batman und Catwoman oder<br />
die Kombination von schrägen Comiccharakteren mit<br />
authentischen Stadt-Landschaften (Hulk, Ironman oder<br />
Hellboy) wären ohne die Illusionsmaschinerie der pcgenerierten<br />
Tricks in dieser Dichte kaum möglich. Natürlich<br />
reflektieren diese Adaptionen von defekten bis grotesken<br />
Comichelden auch – mal bewußt, mal unbewußt<br />
– die historisch-mentalen Befindlichkeiten ihrer Zeit.<br />
Und gerade eine Nation wie die USA,im 2000er Jahrzehnt<br />
von Ereignissen wie dem islamistischen Terroranschlag<br />
vom 11.9.01 auf das WTC in New York geplagt,<br />
dem dann der Irakkrieg, Afghanistan, der Sicherheitswahn<br />
der ultrakonservativen George W. Bush-Administration<br />
oder die geplatzte Immobilienblase folgten, suchte<br />
ihr kreatives Heil im Potenzieren hypertropher Helden ...<br />
Aber neben all diesen eher eskapistischen Materialschlachten<br />
tauchen immer wieder ambitionierte, um<br />
eine persönliche Erzähl- und Inszenierungshaltung ringende<br />
Filmemacher auf.<br />
So hält der multitalentierte Regisseur und Schauspieler<br />
Clint Eastwood (*<strong>19</strong>31) seit über 50 Jahren (!) die Fahne<br />
kreativen Handelns und Wandelns hoch; von der TV-<br />
Westernserie Rawhide aus den Frühsechzigern bis hin<br />
zum multimotivischen Krimi Changeling (2008) zieht<br />
sich die lange Reihe seiner außergewöhnlichen Karriere.<br />
Martin Scorcese (*<strong>19</strong>42) widmet sich seit den Siebzigern<br />
konsequent den äußeren und inneren Mechanismen<br />
krimineller Strukturen (Gangs of New York; 2002).<br />
Tim Burton (*<strong>19</strong>56) ist seit Batman (<strong>19</strong>89) der<br />
hochprofilierte filmische Arrangeur des ironisch gebrochenen<br />
und bizarr verformten Kinomärchens<br />
(Corpse Bride; 2008). Für mal subtile, mal sarkastische<br />
Genre- und Gesellschaftsbefragungen stehen die<br />
Coen-Brüder (Ethan *<strong>19</strong>54; Joel *<strong>19</strong>56). Ihre Arbeiten<br />
sind zu meist inhaltliche wie visuelle Dekonstruktionen<br />
des klassischen Hollywood-Kinos, das so ca.<br />
<strong>19</strong>70 mit Coppola, Hellman, Friedkin u.a. endete.<br />
Auch Paul Haggis, Pal Thomas Anderson, David Cronenberg<br />
oder Steven Soderbergh stehen für das Beschreiben<br />
zeitgemäßer Befindlichkeiten. Der gebürtige Taiwanese<br />
Ang Lee (*<strong>19</strong>54) steht für feinziselierte Genreauslotungen<br />
wie Brokeback Mountain (2004) immer verknüpft<br />
mit analytischen Psychogrammen (bei "BM" geht es um<br />
homophile Neigungen 2er Cowboys). Quentin Tarantino<br />
(*<strong>19</strong>63) wird gerühmt für seine krachledernen Genrefilm-Dekonstruktionenwie<br />
Inglourious Basterds (2009)<br />
oder Django Unchained (2013). Seine Werke entfalten<br />
einen verführerischen Oberflächenreiz - allerdings<br />
wirkt seine Art des "Mythdebunking" oft artifiziell und<br />
gesucht - die brillante Optik übertüncht öfter die Baselbogenhaftigkeit<br />
von Tarantinos Dramaturgie.<br />
Die polemisch-sozialkritische Semi-Dokumentation beherrscht<br />
kaum einer wie Michael Moore (*<strong>19</strong>52) und<br />
Zwei köstliche Super-8-Produktionen<br />
v o n h i s t o r i s c h e m We r t u n d<br />
zeitgeistiger Intension hat "Amon Tell"<br />
bei YOUTUBE hochgeladen. "Giessen,<br />
Freitag vor Pfingsten so gegen 11 Uhr<br />
dreissig... ...geschäftiges Treiben im<br />
Seltersweg – hier war des Volkes wahrer<br />
Himmel..." lautet der "Beipackzettel" des<br />
Regisseurs (?), der mit der Schmalfimkamera<br />
den Hauptdarsteller während seiner Handund<br />
Mundarbeit an längst "verblasenen"<br />
Schauplätzen rund um die Einkaufsmeile bis<br />
zum "Final Pop" begleitete...<br />
das Milieu des ironisch dekuvrierenden Animationsfilms<br />
(mitteIs PC) bestimmen die Firmen Pixar oder Dreamworks.<br />
Die Incredibles von 2004 oder die kochende<br />
Ratte in Ratatouille, entstanden 2007, brachtem dem<br />
ambitionierten Animationsfilmer Brad Bird (*<strong>19</strong>57) jeweils<br />
ACADEMY AWARDS ein. Das Trickstudio Pixar<br />
sowie der Superheldenverlag Marvel gehören im Übrigen<br />
seit geraumer Zeit zum schier unwerwüstlichen<br />
Medienmogul Disney...<br />
Uralt-Story gemixt mit<br />
HiTech-Umsetzung bestimmten<br />
den Blockbuster AVATAR...<br />
...des James Cameron (*<strong>19</strong>54; – das rein virtuell generierte<br />
Fantasyspektakel verkäuft seine zitatgefüllte Gutwesenfabel<br />
mit clever formulierten Oberflächenreizen<br />
... Das alte Erzählkino tritt endgültig in die Welt des<br />
Computerspiels ein und vice versa.Eher "klassisches"<br />
Handwerk, gepaart mit einer dezidiert liberalen politischen<br />
Attitüde (wobei das Hollywoodsche Filmmilieu<br />
traditionell eher "links" vom US-Mainstream steht – gerade<br />
auch in den reaktionär aufgeheizten G.W. Bush<br />
– Jahren) sind die Trademarks des Schauspielers und<br />
Regiesseurs George Clooney (*<strong>19</strong>60). So mag sein<br />
in Personalunion verfertigter 50er Jahre-Sreifen Good<br />
Night, And Good Luck (2005), eine scharfsinnige Analyse<br />
der denunziatorischen McCarthy-Ära, für die Inten-<br />
proudly presents:<br />
Giessen <strong>19</strong>69:<br />
DER PRÄSER<br />
"DER BESTATTER KOMMT!", lautet das so kommentierte Epos II:<br />
... wir sind nun in den Herbstferien des Jahres <strong>19</strong>69 angekommen.<br />
Diesmal in Farbe ! Der gute, alte Seltersweg war auch hier wieder<br />
die geeignete Bühne für diesen kunstvollen Nonsens (Eher am Rande<br />
war zu hören, es sei wohl nur grober Unfug voller<br />
Bedeutungslosigkeit. Hmmmm....?!..und das bei der Mühe! )<br />
22 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
tionen Clooneys stehen. Allerdings weiss der smarte,<br />
beauhafte Akteur sowohl die "yellow press" als auch<br />
Esspressomaschinen zu bedienen.Mit "Veteran" Steven<br />
Spielberg, dem Themenallrounder Ron Howard (*<strong>19</strong>54;<br />
The Da Vinci Code; 2007) oder dem Deutschen Roland<br />
Emmerich (*<strong>19</strong>57) treten vor allem die Repräsentanten<br />
geschickt übertünchter Allerweltskost immer wieder auf<br />
den Plan. Voll rauher und anteilnehmender Machart<br />
die Beiträge aus problemgeschüttelten Regionen Lateinamerikas:<br />
Der Brasilianer Fernando Meirelles (*<strong>19</strong>55)<br />
verstört mit dem Slum-Krimi-Drama City Of God (2002)<br />
und der Mexikaner Alfonso Cuaron (*<strong>19</strong>61) brilliert mit<br />
dem Drifterdrama Lust For Life. Mit mal hintersinnigen,<br />
mal grotesken Parabeln weiß der Mexikaner Guillermo<br />
del Toro zu überzeugen (Hellboy, 2004/08; Pan's Labyrinth<br />
2006).<br />
Das englische Kino verweist mit Talenten wie Ken<br />
Loach, Stephan Frears (The Queen, 2006), Danny Boyle<br />
(*<strong>19</strong>56, Slumdog Millionaire – eine flamboyante Mixtur<br />
aus Märchen und Sozialkritik, im zeitgenössischen<br />
Indien spielend), Mike Leigh oder Guy Ritchie (*<strong>19</strong>68,<br />
Snatch 2000) auf seine ungebrochene Tradition, den<br />
authentischen Blick auf variable Milieuformen je nach<br />
Bedarf naturalistisch oder sarkastisch verfremdet zu<br />
werfen.<br />
Wie es mit der Kinobewegung bis<br />
zum aktuellen Zeitpunkt weiterging,<br />
lesen Sie in der nächsten Ausgabe.<br />
INSIDE WIKILEAKS –<br />
Die fünfte<br />
Gewalt<br />
v.l.n.r.: Jasna Vavra (Universum), Nikolai Kinski, Dieter Kosslick, Guillaume Gallienne, Wieland Speck, Xavier Lafitte,<br />
Charlotte Le Bon, Marie de Villepin, Jalil Lespert, Pierre Niney, Al Munteanu (SquareOne) ©SquareOne/Universum<br />
Yves Saint Laurent (Pierre Niney)<br />
© SquareOne/ Universum<br />
Foto: Tibo & Anouchka<br />
YVES SAINT LAURENT<br />
startet bundesweit am 17. April 2014<br />
Paris <strong>19</strong>57. Der gerade einmal 21-jährige Yves Saint Laurent ist einer<br />
der talentiertesten Nachwuchsdesigner Frankreichs und die rechte<br />
Hand des Modeschöpfers Christian Dior. Als dieser unerwartet<br />
stirbt, wird Yves künstlerischer Leiter einer der renommiertesten<br />
Modemarken der Welt. Seine erste Kollektion wird für den jungen,<br />
genialen Modeschöpfer zu einem triumphalen Erfolg. Während<br />
einer Modenschau trifft der schüchterne Yves Saint Laurent auf<br />
Pierre Bergé. Die beiden werden Lebens- und Geschäftspartner<br />
und gründen unter enormem Risiko ihr eigenes, legendäres<br />
Modelabel „Yves Saint Laurent“.<br />
Regisseur Jalil Lespert zeichnet ein bewegendes Portrait dieser<br />
einzigartigen Persönlichkeit und führt mitten hinein in die<br />
brodelnde Welt der Mode der 60er und 70er Jahre mit ihrem<br />
Lebensgefühl, Machtkämpfen und Musen. Mit YVES SAINT<br />
LAURENT präsentieren SquareOne Entertainment und Universum<br />
Film eine Riege der begehrtesten Jungschauspieler Frankreichs.<br />
Der auf wahren<br />
E r e i g n i s s e n<br />
b a s i e r e n d e<br />
d r a m a t i s c h e<br />
Thriller INSIDE<br />
WIKILEAKS – DIE<br />
FÜNFTE GEWALT<br />
erzählt von den<br />
Versuchen, die<br />
Täuschungen und<br />
Korruptionen der<br />
Mächtigen offen zu legen, die jenes kleine<br />
Internet-Startup in die am heftigsten<br />
d e b a t t i e r t e O r g a n i s a t i o n d e s 2 1 .<br />
Jahrhunderts verwandelte. Die Geschichte<br />
beginnt, als sich WikiLeaks-Gründer Julian<br />
Assange (Benedict Cumberbatch) und sein<br />
Kollege Daniel Domscheit-Berg (Daniel<br />
Brühl) zusammentun, um aus dem digitalen<br />
Untergrund heraus die Privilegierten und<br />
Mächtigen dieser Welt zu überwachen.<br />
Ab 3.4.14 auf DVD, Blu-ray und als Video on<br />
Demand; FSK: ab 12 Jahren., ca. 128 Min.<br />
Inspiriert vom einflussreichsten Modeschöpfer aller Zeiten:<br />
"Yves Saint Laurent", Gipsometrie auf Leinwand des Busecker Künstlers Rainer Müller<br />
für Creative<br />
Bogart 23
BOOK&ART<br />
Darwin-Biographie<br />
nun auch als E-Book<br />
Dieses von der Kritik als die definitive<br />
Biographie über den genialen Naturforscher<br />
und Begründer der evolutionstheorie<br />
gewürdigte Lebensbeschreibung<br />
entwirft mit pointiertem Sprachgestus<br />
ein äußerst vitales Bild des englands<br />
im <strong>19</strong>. Jahrhunderts, aus dem heraus<br />
Charles Darwins (1809-1882) Leben<br />
und Wirken zu verstehen ist.<br />
Und mit dem im nahen Lahnau-<br />
Waldgirmes lebenden belgisch-deutschen<br />
autor Prof. Dr. Guido J. Braem,<br />
einem renommierten Biologen, Hochschuldozenten<br />
und Orchideenspezialisten,<br />
sind in jenem Standardtwerk<br />
zwei Momente gewahrleistet: akribie<br />
in der historisch-naturwissenschaftlichen<br />
recherche sowie eine der intelligenten<br />
Stimmungsmalerei verpflichtete<br />
erzählkunst.<br />
CHarLeS DarWIN: eINe BIOGraFIe<br />
Kindle edition, 25,73 bei amazon<br />
Hans-Michael Kirstein:<br />
Survival Of The Fittest (Illucollage)<br />
Die Kunstwoche in der Toskana bietet Kultur pur<br />
Der österreichische Maler Hapé Schreiberhuber und der Gießener Kunsthistoriker<br />
Dr. Martin Miersch bieten auch in diesem Jahr wieder ihre praktisch bzw. theoretisch<br />
orientierten Kunstkurse im italienischen Kloster Sant´Anna in Camprena von<br />
Sonntag, 20. bis Samstag, 26. Juli an.<br />
Ziel des Schreiberhuber-Kurses ist,<br />
konsequent an einer großformatigen<br />
Arcylmalerei zu arbeiten, und das Thema<br />
der Interpretation einer Renaissancemalerei<br />
mit seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten<br />
auszuloten.<br />
Eine vertiefte Bildinterpretation sowie das<br />
Vermitteln von Hintergrundinformationen<br />
zum Verhältnis von Auftraggeber und<br />
Künstler sowie zu deren sozialem Umfeld ist<br />
die Intension des Miersch-Kurses, der von<br />
abwechslungsreichen Tagesfahrten begleitet<br />
wird.<br />
Die Gruppe von 15 TeilnehmerInnen wohnt<br />
in der Klosteranlage, die nahe Pienza in der<br />
Toscana im Val d’Orcia zwischen den Städten<br />
Montepulciano und Montalcino liegt.<br />
Der Gesamtpreis beträgt bei eigener Anund<br />
Abreise, Halbpension, 6 Nächte im<br />
Einzelzimmel komplett 890.- Euro.<br />
Mehr Informationen: kunstwoche.at und<br />
martinmiersch@gmx.de (T.: 064<strong>19</strong>6969525)<br />
„Man muss sich<br />
auf Kunst einlassen<br />
können, um sie zu<br />
verstehen und sich<br />
ihr hingeben, auch<br />
wenn es nur für<br />
einen Moment ist!“<br />
Unter dem<br />
Buchtitel<br />
MENLANCHOLY<br />
interpretiert der Hamburger Grafi ker<br />
und Illustrator GIZMORIAN auf<br />
48 Seiten mit erotischen Bildern<br />
und nachdenklich-melancholischer<br />
Lyrik die Komplexität menschlicher<br />
Gefühlswelten. Sinnlichkeit, gepaart<br />
mit Feingefühl und Romantik,<br />
die Faszination der Dunkelheit,<br />
Unabhängigkeit und ein Dasein ohne<br />
Grenzen – all diese Stimmungen<br />
lassen den Leser für träumerische<br />
Augenblicke seinem gewohnten<br />
Alltag entfl iehen.<br />
Die Szenarien sind überwiegend<br />
am Computer unter Anwendung<br />
eines Grafi ktabletts entstanden.<br />
"Inspirationen können urplötzlich<br />
auftauchen, ob nun in tonaler oder<br />
visueller Form und wichtig ist, die<br />
Idee festzuhalten", so der Autor.<br />
EDITION <strong>BOGART</strong>, HC, 48 S., € 24 90<br />
Melancholie<br />
Brennende Tränen<br />
Blick durch den Nebelschein<br />
Und es verändert dich<br />
Der Schleier hüllt dich ein<br />
Es ist ein anderes Ich<br />
Vernunft ist längst verloren<br />
Emotion steigt schnell empor<br />
Sich in die Seele bohren<br />
Dringt bis zu deinem Herzen vor<br />
Wie ein Gefühl von zu viel Wein<br />
Andere es nicht verstehen<br />
Doch Emotionen müssen sein<br />
Sich im Sand versinken sehen<br />
Keiner ist so stark wie sie<br />
Es dominiert Melancholie<br />
Ein Wort, ein Ton<br />
und spürst es schon<br />
Hör ihre traurig‘ Melodie<br />
Getragen von Melancholie<br />
Sie hält dich fest mit weichen Klauen<br />
Wird dir in die Augen schauen<br />
So war dir bisher noch nie<br />
Ich liebe dich, Melancholie!<br />
24 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
MIT GIZMORIAN DURCH DIE JAHRESZEITEN<br />
© GIZMORIAN: HAPPY EASTER www.gizmorian.com<br />
MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI<br />
MÄRZ 2014 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 <strong>19</strong> 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31<br />
APRIL 2014 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 <strong>19</strong> 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30<br />
MAI 2014 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 <strong>19</strong> 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31<br />
für Creative<br />
Bogart 25
cityHighlights<br />
STaDT<br />
© Jochen Schaudig<br />
© RMR<br />
Wir alle leben in der Stadt<br />
eine einzelne Zelle für unsere Träume<br />
Draußen der regen<br />
Nichts was uns hält.<br />
Überall Geschichte<br />
Geschichten und zuviel Zeit<br />
Wir verschwenden sie.<br />
Das einzige was wir damit tun in Städten ist,<br />
sie endlos zu dehnen.<br />
Zigaretten rauchen, trinken, Drogen, tanzen<br />
abchecken und sich abgrenzen<br />
reden und schweigen<br />
Gewalt und Gefahr<br />
Musik immer wieder Musik<br />
Du hast nie gesagt komm wieder weil Zeit hier<br />
endlos ist<br />
Wir sehen uns an einer Haltestelle<br />
In einem Club irgendwann wenn es sein soll<br />
Bis dahin rauchen, schweigen, Musik<br />
Nachdenken, es zerdenken bis die Paranoia<br />
uns wieder beherrscht<br />
Wir kennen sie<br />
Keinen zu nah ranlassen<br />
Die Menschen neben uns brauchen wir nur zur<br />
Sicherheit<br />
Nähe macht angst<br />
Wir lassen sie da wo sie uns inspiriert<br />
zu Musik, Musik, Musik, Musik<br />
eine einzelne Zelle für unsere Träume<br />
Mehr brauchen wir nicht<br />
Ulrike Melzer<br />
(aus Gedichtezyklus STaDT)<br />
Weckmarkt 17<br />
Di bis So 10–18,<br />
Mi 10–21 Uhr<br />
caricatura‐museum.de<br />
RALF KÖNIG (27. März bis 3. August 2014)<br />
„Wie viele Menschen meiner Generation habe ich mit Comics lesen gelernt.<br />
Mit den Comics von ralf König kann man denken lernen.“ (Denis<br />
Scheck im Vorwort zu „Der dicke König“)<br />
ralf König (*<strong>19</strong>60) zeichnet seit über 30 Jahren Comics. Die ersten<br />
Geschichten des heute in zahlreiche Sprachen übersetzten Zeichners<br />
widmen sich der Schwulenszene. einem breiten Publikum bekannt<br />
ist König spätestens seit <strong>19</strong>87, als "Der bewegte Mann" erschien - der<br />
Comic-roman wurde <strong>19</strong>94 mit Til Schweiger, Joachim Król und Katja<br />
riemann in den Hauptrollen verfilmt und mit 6,5 Millionen Zuschauern<br />
zum bis dahin zweiterfolgreichsten deutschen Film der Kinogeschichte.<br />
Seit einigen Jahren dreht sich ralf Königs Schaffen vermehrt um religion:<br />
Das neuste Buch von ralf<br />
König – „elftausend Jungfrauen“<br />
(2012) – erzählt die Legende der<br />
Heiligen Ursula, die nach Köln<br />
pilgerte, um ihre Unschuld zu bewahren.<br />
Bereits 2005 und 2006<br />
erschien in zwei Bänden die erzählung<br />
„Dschinn Dschinn“, in dem<br />
sich König dem Phänomen des<br />
radikalen Islamismus annimmt.<br />
Mit der Bibel-Trilogie "Prototyp"<br />
(2008), "archetyp" (2009, beide<br />
vorab als Serie in der Frankfurter<br />
allgemeinen Zeitung erschienen)<br />
und "antityp" (2010) schrieb König,<br />
der seit 2007 Mitglied des Wissenschaftlichen<br />
Beirats der Giordano-<br />
Bruno-Stiftung ist, die Schöpfungsgeschichte,<br />
die Geschichte der<br />
Sintflut und des apostel Paulus<br />
neu. Die ausstellung im caricatura<br />
museum frankfurt zeigt diese und<br />
viele andere Geschichten aus dem<br />
umfangreichen und großartigen<br />
Werk des Kölner Comiczeichners.<br />
Am Mittwoch, 26. März 2014<br />
wird die RALF KÖNIG-Ausstellung<br />
in Frankfurt eröffnet!<br />
© Ralf König<br />
26 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
© Reinhard Müller-Rode<br />
SUPERCHATTER ( 4 )<br />
An die Notdurft der<br />
Männer ist ja reichlich<br />
gedacht!<br />
❢ ❢ ❢ SUPPENMAN<br />
Ich greif' im<br />
Mussfalle einfach<br />
mal schnell<br />
zur Kanne...<br />
SPLASH<br />
MAN<br />
LAGA<br />
2014<br />
Macht bloß kein' Scheiß!<br />
Hier gibt's doch jetzt<br />
die Aktion "Klo für'n Po"<br />
oder so...<br />
MAYOR<br />
WOMAN<br />
<strong>BOGART</strong>-<br />
BUBBLE<br />
"Giessener Biere unerreicht, sechs<br />
getrunken, sieben geseicht", heißt es<br />
lapidar im Volksmund. Und dass eben<br />
Blasen- und Darmdruck – insbesondere<br />
auf der mit Speisen und<br />
Getränken garnierten Landesgartenschau<br />
(26.4.<br />
bis 5.10.14) – nicht im<br />
"öffentlichen" Raum ihren<br />
Niederschlag finden,<br />
sind die Stadtverantwortlichen<br />
kreativ und initiativ geworden.<br />
So erlauben jetzt alle<br />
an der Aktion "Nette Toilette" menden Restaurants, Cafés und öffent-<br />
teilnehlichen<br />
Einrichtungen, die an diesem<br />
Aufkleber zu erkennen sind, die kostenlose<br />
Benutzung ihrer Sanitäranlagen<br />
Wer also dennoch meint, sein Leid mit<br />
vorgetäuschtem Betrachterinteresse<br />
an einem der 8.500 artifziellen Stelen<br />
herabzulassen, ist diesbezüglich auf<br />
dem Holzweg. Denn diese liebevoll<br />
von engagierten Bürgern gestalteten<br />
2,50 m hohen Kunstleitpfosten stehen<br />
wegweisend und signalgebend für die<br />
regionale Identifi kation mit dem floristischen<br />
Event, wo man sich gleichwohl<br />
nicht einfach mal schnell in die Büsche<br />
schlagen sollte...<br />
<br />
Szenario: Wadim Reis<br />
Text: R. Müller-Rode<br />
Kein Kavaliersdelikt:<br />
In Singapur wird freies "Kunstpinkeln"<br />
übrigens mit 589 Euro Bußgeld<br />
honoriert. Wer hier z.B. auf dem<br />
"Elefanten-Klo" unter Druck gerät,<br />
ist mit knapp 200 Euro dabei...<br />
für Creative<br />
Bogart 27
"<br />
A<br />
uch beim Gießener Comic-Dealer (Walltorstr. 35) gibt es an<br />
diesem Maitag "Freicomics" für Alle. 400 Hefte mit bis zu 52<br />
Seiten unter 30 Titeln hält Inhaber Dirk Hörnle für die "Szene"<br />
bereit, aus denen maximal fünf pro Fan gratis sind. Die renommiertesten<br />
deutschen Verlage unterstützen dieses Ereignis mit breitgefächerten "Special Editions" aus<br />
allen Genres dieser Jung und Alt immer wieder begeisternde Bildlektüre. So auch Paninicomics mit dem<br />
Flipcover eingebundenen 32-Seiter: Capote in Kansas / Die Stern-Bande. "Hätte ich gewusst, was mich<br />
in Garden City erwartet, wäre ich direkt durchgefahren. Ich hätte niemals angehalten". (Truman Capote)<br />
"Was würde passieren, wenn<br />
der Himmel zum Meer wird<br />
und das Meer zum Himmel?"<br />
Diese und weitere existentielle<br />
Fragen beantworten die<br />
Gießener Autoren-Gebrüder<br />
Wladimir (Text) und Wadim<br />
Reis (Idee, Zeichnungen) im<br />
Startalbum ihrer Graphic-<br />
Novel-Reihe<br />
THE LAST PATH<br />
zunächst nur ahnungsweise.<br />
Das 106 seitige Startalbum<br />
macht die verblüfften Leser<br />
zunächst mit den Charakteren<br />
(Schattenwesen, Wächter,<br />
Hiilfanen u.a.) sowie den<br />
Locations vertraut, ehe "die<br />
Frage auf alle Antworten" geklärt<br />
wird...<br />
Maler und Comicmacher Wadim Reis:<br />
Der Dummy ist fi x und fertig, jetzt geht's<br />
ab "mit Druck" und erscheint in Kürze.<br />
Selbstkritik oder: Man kann ja auch mal untertreiben...<br />
Wadim: An dieser Stelle, liebe<br />
Leser, möchte ich nur Folgendes<br />
bekennen: Mein Name ist Wadim<br />
Reis und ich bin ein Autodidakt.<br />
Leser: Hallo Wadim.<br />
Wadim: Ich habe folgendes Problem:<br />
Meine Ideen sind ganz<br />
gut, aber sobald ich versuche<br />
Sie auf Blatt zu pressen, kommt<br />
nur Dünnpfi ff heraus! Und was<br />
macht Mann dann in so einer Situation?<br />
Aufs Blatt ist es ja schon<br />
geschmiert! Und leider versagt ein<br />
jedes noch so gutes Retuschierungsprogramm<br />
bei der Durchführung<br />
einer Schönheits-OP.<br />
Leser: Aha…<br />
Wadim: Und weil Neuzeichnen<br />
das Problem auch nicht beheben<br />
kann, bleibt einem nichts anderes<br />
übrig, als stur weiter zu machen<br />
und darauf zu vertrauen, dass sich<br />
das Problem von alleine löst.<br />
Leser: Ja, kenn' ich.<br />
Wadim: Ich hoffe die „gute Idee“<br />
strahlt so stark, dass ihr wie ein<br />
Reh im Scheinwerferlicht erstarrt.<br />
Und in diesem Moment, ähnlich<br />
dem Reh, euch die Nahtoderfahrung<br />
von den wirklichen Problemen<br />
ablenkt, nämlich dem Zug<br />
der zeichnerischen Unzulänglichkeit,<br />
der im Begriff ist euch zu<br />
überrollen.<br />
Leser: …ja, das ist wahr…<br />
Wadim: Dem habe ich Nichts<br />
mehr hinzuzufügen! Also verschwindet<br />
nun aus meinem Kopf!<br />
Fortsetzung: Im Nordamerika der 20er hatte<br />
nunmehr der sogenannte "Familienstrip" ein<br />
breites Feld eingenommen. Strips wie Gasoline<br />
Alley von Frank King (1883-<strong>19</strong>69), hier geht<br />
es um die Besitzerfamilie einer Autowerkstatt,<br />
oder Harold Grays (1894-<strong>19</strong>68) Little Orhpan<br />
Annie, in dem eine Waise von einem herzigen<br />
Rüstungsfabrikanten adoptiert wird (die Serie<br />
gilt allgemein als eine der unverhohlen reaktionärsten<br />
Comics überhaupt) bildeten die<br />
inhaltlichen Gegenpole jener Genrekategorie.<br />
Von Altamira bis Entenhausen -<br />
COMICS: Erscheinungsbilder einer<br />
populären Kunstform<br />
Dagegen setzte Roy Crane (<strong>19</strong>01-77) mit Wash<br />
Tubbs zunehmend auf abenteuerlich-exotische<br />
Stories. Hier vereinigten sich ein halbhumoristischer<br />
Strich mit bereits für die Zeitumstände<br />
kühnen Farb- und Layoutvarianten. Um <strong>19</strong>30<br />
nahm jedoch der US-Strip heftige Wendungen.<br />
Die Zeitumstände (sozialkritisch-realistische<br />
Tonfilme, Radio, »Wallstreetkrach« <strong>19</strong>29 mit<br />
vielerlei sozialen Folgeproblemen, Gangsterunwesen<br />
etc.) führten zu »härteren« eskapistischen<br />
Sujets. Analog zum Hollywoodfilm<br />
jener Jahre schälte sich ein formal realistischer<br />
Zeichenduktus heraus (Comics und Filme beeinflussen<br />
sich seit jenen Tagen äußerst wechselseitig),<br />
der zeigte, daß das Publikum sich<br />
verändert hatte. Die technische Zivilisation mit<br />
ihren vielfältigen akustischen und optischen<br />
Gesten und Zeichen ließ die Leser nach mehr<br />
»dramatischer Dimension« verlangen.<br />
Krimi, Science Fiction,<br />
Abenteuer und Action...<br />
...begannen, das äußere und erzählerische Erscheinungsbild<br />
der Comics mehr und mehr<br />
zu dominieren: <strong>19</strong>31 startet der düstere Polizeidetektiv<br />
Dick Tracy seinen expressiv-flächig<br />
gezeichneten Rachefeldzug gegen visuell und<br />
psychologisch deformiert gehaltene Gangster.<br />
Der Autor/Zeichner Chester Gouid (<strong>19</strong>00-85)<br />
führte bis <strong>19</strong>77 bei dieser mehrfach verfilmten<br />
Serie (so <strong>19</strong>89 von und mit Warren Beatty und<br />
Madonna) mit unverändertem Pinselstrich<br />
»Regie«.<br />
Kino und Magazine bereiteten die Spur für den<br />
intellektuell und physisch gewandten Tarzan<br />
(<strong>19</strong>29). Zuerst zeichnete ihn der akademisch<br />
prä-raffaelistisch geprägte Hal Foster (1892-<br />
<strong>19</strong>82), der dann ab <strong>19</strong>37 den langlebigen<br />
und in seiner Qualität einzigartigen Ritterstrip<br />
Prince Valiant (= Eisenherz) schuf. Tarzan wurde<br />
ab <strong>19</strong>36 von dem Zeichner Burne Hogarth<br />
übernommen, der in einem formal mitunter<br />
virtuosen Mix aus Manierismus, barocker Kurvatur<br />
und japanischem Farbholzschnitt sowie<br />
»cinetischer« Zergliederung einen der eigenwilligsten,<br />
aber auch aufgrund seiner hyperexhibitionistischen<br />
»Protzigkeit« problematischsten<br />
Stile schuf.<br />
28 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
Hans-Michael Kirstein: Von Altamira bis Entenhausen<br />
100 Jahre comic (IiI)<br />
Der große Artist fiktionaler Raumreisen und<br />
bizarrer »locations« war Alex Raymond (<strong>19</strong>09-<br />
56). Sein eleganter, barocker Pinselzug verleiht<br />
seinen mitunter atavistischen, aus vielerlei<br />
Quellen gespeisten SF-Melodramen straff<br />
angezogene Corsetthaftigkeit. Nach dem<br />
zweiten Weltkrieg wandte sich Raymond mit<br />
dem Detektiv Rip Kirby, gestaltet in einem<br />
raffiniert-zeitbezogenen Graphikidiom, mehr<br />
realistischen Sujets zu. Connie, eine flott-emanzipierte<br />
Draufgängerin der 30er und 40er (natürlich<br />
verwandt mit den »sophisticated ladies»<br />
der Hollywoodschen Stanwycks und Hepburns),<br />
läuft unter der realistischen wie auch<br />
ornamental modellierenden Feder von Frank<br />
Godwin (1889-<strong>19</strong>59) zur Hochform auf.<br />
Während diese Strips ja als farbige Sonntagsund/oder<br />
schwarz-weiße Werktagsstreifen laufen,<br />
taucht ab ca.<strong>19</strong>34 das »Comic Book« auf<br />
– in den Heften werden populäre Pressestrips<br />
nachgedruckt.<br />
Ab <strong>19</strong>38/39 treten dann extra für diese »Comic<br />
Books« kreierte quasi omnipotente Helden auf<br />
den Plan, deren Popularität bis heute andauert:<br />
Superman vom Team Shuster und Siegel<br />
sowie Batman, der aus Vampirmythen abgeleitete<br />
Gangsterantagonist, inszeniert von Bob<br />
Kane (<strong>19</strong>16-98). Beide Geschichten ziehen im<br />
Laufe der Jahre Legionen mehr oder minder<br />
gelungener Superheldenderivate nach sich<br />
und werden unzählige Male verfilmt (so in den<br />
70ern, 80ern und 90ern als üppig budgetierte<br />
A-Filme, die entsprechend augenzwinkernd<br />
ihre Instantmythen aufbereiten). Überhaupt<br />
scheinen Superhelden im neuen Jahrtausend<br />
das narrative Skelett hooywood'scher Blockbuster<br />
zu bilden. Dank computer- und softwarebedingtem<br />
Hitech sind der filmischen<br />
Umsetzung von physikalischen Räumen keinerlei<br />
Grenzen mehr gesetzt.<br />
Interessanter kommt eine superbe<br />
Parodie auf Superhelden und »tough<br />
guys« daher, die Will Eisner (<strong>19</strong>17-<br />
2005) als »Comic Book«-Beilage für<br />
Zeitungen fertigt: The Spirit (<strong>19</strong>41); in<br />
der formalen Faktur vom deutschen<br />
Expressionismus (dem des Films<br />
ebenso wie dem der Graphik) und<br />
der Karikatur beeinflußt, erzählen die<br />
»Spirit«-Strips neben rigoroser Abenteuerlichkeit<br />
und Parodie derselben<br />
die Vitae »kleiner« und pointiert fixierter<br />
Persönlichkeiten.<br />
Dieser an O'Henry gemahnende Zug,<br />
eine Galerie eigensinnig-kryptischer<br />
»femmes« der fatalen Art und die »film<br />
noir« orientierten Dekors erheben den<br />
»Spirit« berechtigt in den Rang einer<br />
universellen Kultserie. Eisner selbst<br />
blieb immer seiner experimentellen<br />
Produktivkraft treu und entwickelte ab<br />
den 70ern seine »comic novels«, impressionistisch<br />
bis pointillistisch skizzierte<br />
Charakterstudien der Menschen<br />
des »Big Apple«. Auch erweist er sich<br />
heute noch als gescheiter Essayist und<br />
Theoretiker des Comics.<br />
Die Sozialsatire der Kriegsund<br />
Nachkriegszeit...<br />
...wurde nun vor allem von Al Capp (<strong>19</strong>09-79)<br />
mit seinen galligen Li'l Abner gepflegt. Amerikanismen<br />
aller Coleur wurden in das fiktive<br />
Städtchen Dogpatch und seine debilen Bewohner<br />
reinkanalisiert und mit scharfer karikaturaler<br />
Geste demontiert. Dies machte seine<br />
Serie kaum exportfähig, förderte jedoch Capps<br />
nationalen Ruf als moderner »Swift« .<br />
Schließendlich kann die Periode der amerikanischen<br />
Comics um <strong>19</strong>40 nicht ohne die<br />
Nennung einer Comiczentralgestalt beendet<br />
werden: Milton Caniff (<strong>19</strong>07-<strong>19</strong>88), Autor der<br />
legendären Abenteuer- und Fliegerserien Terry<br />
and the pirates (ab <strong>19</strong>34) und deren stilistische<br />
Evolution Steve Canyon (ab <strong>19</strong>47). Caniffs fast<br />
kalligraphisch-impressiver Realismus (der auch<br />
karikaturale Implantate zuläßt), sein definitiv<br />
»filmischer«, ja storyboardhafter Formkanon<br />
und seine bei allen Patriotismen und Militarismen,<br />
nuancierten Charakterportraits und Dialogwechsel<br />
weisen Caniff als einen der signifikantesten<br />
und stimulierendsten Künstler der<br />
Comichistorie aus. Sein »erwachsener« Tonfall<br />
hebt seine Serien in ihren besten Zeiten in die<br />
Nähe der Filme großer Hollywoodlegenden<br />
wie Howard Hawks oder John Huston. Selbst<br />
in der propagandistischen Phase seiner Comicproduktion<br />
während des 2. Weltkrieges findet<br />
Caniff qua seines Talentes Möglichkeiten,<br />
Zeitbefindlichkeiten erzählerisch nuanciert zu<br />
definieren. Daß seine abenteuernden Glücksrittertypen<br />
wie Steve Canyon dabei auf recht<br />
selbstständige Frauentypen treffen, gehört außerdem<br />
zum »touch« seines Erzählstils.<br />
Daß die Kriegsjahre den amerikanischen Comic<br />
in Zeitungsstrip und »Comic Book« in die<br />
Mühle kriegspropagandistischer »Erbauung«<br />
ziehen; daß eigens zur Verdichtung des Nationalbewußtseins<br />
spezielle Helden wie der<br />
Superpatriot Captain America (<strong>19</strong>41, von Jack<br />
Kirby/Joe Simon. Kirby, der von <strong>19</strong>17-94 lebte,<br />
ist wohl der amerikanische Superheldenautor<br />
und -zeichner mit der weitreichendsten Stilprägung.<br />
Seine klobig-expressiven, aber auch<br />
gummiartig verformbaren Figuren und die<br />
erstarrt-stilisierten Hintergründe beeinflussen<br />
amerikanische Superheldenzeichner bis heute<br />
und finden ihre ironisch überzeichnete Referenz<br />
etwa in der Märchenparodie Fables (ab<br />
2003) von Autor Willingham und den Zeichnern<br />
Buckingham und Leialoha.<br />
Zwischen <strong>19</strong>43 und <strong>19</strong>65 arbeitete die heutige<br />
Kult"figur" Carl Barks (<strong>19</strong>01-2000) als Autor und<br />
Zeichner für die Disneyhefte des Verlages Western<br />
Publishing und definierte das mittlerweile<br />
weltberühmte Duckbestiarium, wohnhaft<br />
in Entenhausen (Ducksburg), entscheidend<br />
mit. Dreh- und Angelpunkt seiner Stories war<br />
natürlich zumeist der hechelnde "fall guy" Donald.<br />
Die Grafik Barksens ist dabei von banaler<br />
Durchschnittlichkeit ohne veredelnde Kunstgriffe;<br />
aber seine Fähigkeiten als ironischer<br />
Typenportraitist im erzählerischen Rahmen gepaart<br />
mit Situationskomik und schmunzelnder<br />
Abenteuerparodie lassen seine Geschichten<br />
die Zeiten überdauern. (Fortsetzung folgt)<br />
FAKSIMILES aus: The Comics: Since <strong>19</strong>45 (Vlg.:Harry N. Abrams)<br />
Prinz Eisenherz. Ein Handbuch für Kenner und Liebhaber (Vlg. Bocola)<br />
für Creative<br />
Bogart 29
COMIC &<br />
Lucy in the sky with diamomds hieß<br />
ein kryptischer und mythenumrankter<br />
BEATLES-Song aus der legendären Pop-<br />
Ära der <strong>19</strong>60er. Ähnlich deliriös kommt der 6.<br />
Band der AUSSERGEWÖHNLICHEN GEN-<br />
TLEMEN seit <strong>19</strong>99 von Comictexter-lkone<br />
Alan Moore (*<strong>19</strong>53) und Zeichengenie Kevin<br />
o'Neill (*<strong>19</strong>53) daher. Nachdem der eigenwillige<br />
Engländer Moore seit den <strong>19</strong>80ern vielerlei<br />
"definitive" Perlen der Comic-Historie schuf<br />
(so V like Vendetta, From Hell oder die textlich<br />
besonders multi-dimensionierten Watchmen), entwickelt er mit<br />
seinem congenialen Illustrator in dem nun erschienenen, von Panini exzellent<br />
bearbeiteten Comicbook Das Schwarze Dossier ein Feuerwerk<br />
comicaler Satire. Dass ein Agentenpärchen über das Studium des schwarzen<br />
Dossiers Transparenz über die Strukturen und Geschichte der eigenen<br />
"Liga" gewinnen möchte, ist der MAGGUFFIN für Moore und O'Neill<br />
, um den Lesern ein schräges Konvolut aus Mythendekonstruktionen und<br />
-zitaten sowie nichts weniger als einen verweisschwangeren Spaziergang<br />
durch Geistes- und Kulturgeschichte zu ermöglichen. Von antiken Sagen<br />
bishin zu James Bond und dem britischen Weltkriegs 2 – Comicpinup-Girl<br />
Jane, von Shakespeare geradewegs zum Art Deco-Comic Little Nemo, von<br />
gefakten Romanfragmenten ganz selbstverständlich zum holländischen<br />
Surrealisten E.C. Escher und von sarkastischer Zitat-Graphik bis zu verstörender<br />
3 D-Projektion ... mehr geht in einem normal formatierten<br />
Comicbook wohl kaum. Moore ist auf dem Höhepunkt seiner mal garstig,<br />
mal sympathietrunkenen Pastiche- und Verweiskultur angelangt. Und diese<br />
Melange hat natürlich in der scheinbar spröd-schnurzügigen Kontur<br />
des Kevin 0-'Neill ihren Co-Partner. Die filigranen Outlines, Kreuzschraffuren<br />
und gekonnt "gestrigen" Linienfügungen verschmelzen perfekt<br />
mit Moores narrativer Absicht, die geneigten Leserlnnen auf süffi sante<br />
Distanz zu halten, um nicht kopflos in die ikonographisch-literarischen<br />
Stolperfallen zu geraten. – 212 S., € 29,99<br />
Um mentaler und<br />
physischer Erschöpfung<br />
zu entgehen,<br />
empfhielt sich nach Tagen<br />
der Rekonvaleszenz ein<br />
ebenfalls bei Panini erschiene<br />
nes Meisterwerk eher<br />
klassisch-"geerdeten" Charakters.<br />
Die DAREDEVIL-<br />
Miniserie Das Ende aller<br />
Tage ist ein fulminantes<br />
pulpiges Sujet-Crossover aus<br />
SuperheldenStory (und ihrer<br />
differenzierten Binnen-Mythologie)<br />
sowie Elementen<br />
aus harschen Kino- und TV-<br />
Krimis. Die B.M. Bendis und<br />
D. Mack-Skriptführung ist<br />
konsistent und läßt "Hell"s Kitchen" und seine Mischpoke nie aus den Augen<br />
einer straffen Regie. Und die versierten Zeichnerstars Bill Sienkiewicz<br />
und Klaus Janson (mit illustrativen Einschüben von David Mack und Alex<br />
Maleev) geben mit nervös-rissigem Artwork die frostige Visualisierung.<br />
124 S., € 29,99<br />
Naiver Beisser<br />
„Ääääh, eklig ... aber er gefällt<br />
mir ... irgendwie“, sinniert die<br />
verführerische Tugba Agkac<br />
beim ersten Arenakampf des<br />
„Pitdogman“ NEXON. Muss sich<br />
die dem Institut des Genforschers<br />
Hoover<br />
entstammende<br />
„Hundekreatur“ zunächst in den<br />
skurilen Ringschlachten zum Geldund<br />
Lustgewinn der „herrschenden<br />
Klasse“ bewähren, soll diese<br />
martialische Rolle nicht allein sein<br />
weiteres Dasein bestimmen...<br />
Die vom Wetzlarer Autor und Zeichner<br />
Sergej Oster entwickelte Graphic Novel spielt in der<br />
nahen Zukunft vor dem Hintergrund einer<br />
regional und gesellschaftlich zweigeteilten<br />
EUROPÄISCHEN UNION: Hüben die<br />
Besitzständler mit willfährigem Gefolge,<br />
drüben die „unproduktiven“ FREAKS und<br />
freimütigen Geister.<br />
Die Episoden 1 und 2 des Startalbums PITDOGMAN<br />
(Vlg. Büchse der Pandorra; Amazon, € 18,-) bzw. der<br />
Heftreihe FREAKSHOW #1 dieser raffiniert entwickelten<br />
„Politfabel“ mit ungewissem Ausgang liegen jetzt<br />
im 104seitigen Hardcover-Integralband vor. In der<br />
unverfälschten Sprache der Protagonisten verfasst, wird<br />
der Betrachter „fast wie im Kino“ in das dramaturgisch<br />
geschickt inszenierte, aktionsreiche Roadmovie um das<br />
außergewöhnliche Lebensschicksal des spürsinnigen<br />
"Arena-Hunde-Mann" NEXON mitgenommen.<br />
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und bekannten<br />
Schauplätzen sind durchaus beabsichtigt...<br />
30 Bogart<br />
Das Mitmachmagazin
Graphic Novel<br />
oder nativer Messias?<br />
Zwei Episoden<br />
jetzt in einem Band<br />
zusammengefasst:<br />
NEXONS heldenhafte<br />
Mission im sozialen<br />
Brennpunkt von Macht<br />
und "Ohnmacht".<br />
In der<br />
Heftreihe FREAKSHOW<br />
wird die Graphic Novel<br />
regelmäßig fortgesetzt.<br />
E i n g e s c h o b e n e<br />
SONDERALBEN erhellen<br />
zudem in Rückblenden<br />
die menschlich-tragischen<br />
Beziehungen der<br />
Hauptcharaktere Brotzky,<br />
Hoover, Levin und anderer<br />
Weggefährten.<br />
Doppelausgabe € <strong>19</strong>,90<br />
Erhältlich bei:<br />
COMIC-DEALER,<br />
Gießen, Walltorstr. 35 o.<br />
WWW. PITDOGMAN.DE<br />
In den zwei je 46-seitigen<br />
Hardcoveralben entwickelt<br />
der Texter Philippe Charlot,<br />
kongenial vom höchst<br />
sicheren "rendering" des<br />
Zeichners Alexis Chabert<br />
unterstützt, eine narrativ<br />
ungemein originelle,<br />
ironisch-melodramatische<br />
Biographie verwitterter<br />
Jazz- und Swingmusiker.<br />
Die legendäre "Bourbon<br />
Street" im amerikanischen<br />
New Orleans ist dabei die<br />
atmosphärische und räumliche Klammer<br />
für ein sehr unspektakuläres Abenteuer, das<br />
vor allem von zwei Musikern, dem Schwarzen Cornelius und dem weißen<br />
Gitarristen und Sänger Alvin, eine Reise in die eigene Vergangenheit<br />
beschert. Autor Charlot arbeitet brillant mit den Erzählebenen<br />
des Gestern und Heute und entwirft somit über eine konzentriert<br />
geführte Dialog- und Szenenführung ein intensives Stimmungsbild<br />
der Jazzszene sowohl in den <strong>19</strong>30ern als auch in den <strong>19</strong>90ern - dort<br />
ist das Jetzt der Story verankert. Natürlich steht eine schöne Band-<br />
sängerin zwischen den Hauptakteuren, natürlich ist der Rassismus im<br />
amerikanischen Süden ein Störfaktor im menschlichen Miteinander ...<br />
mit feinziselierterter Erzählkunst gelingt Charlot die Balance von nuancierten<br />
Charaktermalereien und unaufdringlicher Periodenbeschreibung.<br />
Es ist ein genialer Erzählgriff, den legendären Jazzer und Crooner Louis<br />
"Satchmo" Armstrong (<strong>19</strong>01-71) als Off-Erzähler und gleichsam Moderator<br />
der Geschichte zu benutzen; dadurch erhält das bluesig-elegische<br />
Melo-Drama eine augenzwinkernde Möglichkeit zur ironischen Brechung.<br />
Einen maßgeblichen Anteil seiner Wirkung gewinnt jener faszinierende<br />
Doppelbänder natürlich auch durch Chaberts elegant konturierenden<br />
realistischen Bleistiftstrich – das Portraithafte, das Gestische<br />
oder die Staffage überzeugen durch des Zeichners präzisierenden Strich<br />
und seine Virtuosität im "Visual Storytelling". Kolorist Sebastien Botiet<br />
verendgültigt die Graphik des Comics: am PC legt er die Valeurs über<br />
die Bleistiftzeichnungen – Stimmungs"malerei" von höchster Qualität. Im<br />
Chor comicaler Publikationen bildet "Bourbon Street" einen typischen<br />
Exponenten der französischen "Bande Dessinée"; also reflektiert-durchgefeilte<br />
Unterhaltung der kultiviertesten Facon. – Je Band € 13,99<br />
Bogart 31
aus "Li‘l Sushi goes Yokohama......because Alice is out of town!"– Manga-Obscura mit illugraphischen Japanerien von<br />
Reinhard Müller-Rode (Pics/Digs) und Hans-Michael Kirstein (Inks/Story); 24 S., Hardcover, 20x30 cm; € 29 90 /Edition <strong>BOGART</strong>