Moderne und Religion - IRPB-Salzburg
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„So wie der fromme Mann betet, so 'malt'<br />
der Künstler mit wahren Gefühlen.“<br />
Die Geburt der modernen Kunst aus der<br />
Erbmasse der <strong>Religion</strong><br />
Graz<br />
Anselm Wagner, TU
1. Die Autonomie der<br />
Kunst<br />
Immanuel Kant, Was ist Aufklärung?,<br />
in: Berlinische Morgenschrift, 1784<br />
(Fassung von 1799)
Thomas Rowlandson, The Camber of Genius, 1812
Caspar David Friedrich (1774-1840),<br />
Selbstbildnis, um 1810<br />
„So wie der fromme Mann betet, ohne<br />
ein Wort zu sagen, <strong>und</strong> der Allmächtige<br />
ihn erhört, so ‚malt‘ der Künstler mit<br />
wahren Gefühlen, <strong>und</strong> empfindsame<br />
Menschen verstehen <strong>und</strong> erkennen es.“
2. Kunst als <strong>Religion</strong><br />
Friedrich Olivier, Bildnis Friedrich Overbeck, um 1810<br />
1810<br />
Franz Pforr, Selbstbildnis,
1809 Gründung des Lukasb<strong>und</strong>es: Konrad Hottinger, Johann<br />
Friedrich Overbeck, Franz Pforr, Joseph Wintergerst, Ludwig<br />
Vogel, Joseph Sutter<br />
Friedrich Overbeck, Stempel des Lukasb<strong>und</strong>es, 1809<br />
„Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes <strong>und</strong> nach<br />
seiner Gerechtigkeit, so wird euch das andere alles<br />
zufallen“ (Mt 3,33)<br />
„Zur beständigen Erinnerung an den Hauptgr<strong>und</strong>satz<br />
unseres Ordens, dieWahrheit, <strong>und</strong> an das<br />
geleistete Versprechen, diesem Gr<strong>und</strong>satz<br />
lebenslang treu zu bleiben, für sie zu arbeiten <strong>und</strong><br />
mit allen Kräften, <strong>und</strong> hingegen eifrig jeder<br />
akademischen Manier entgegen zu wirken, <strong>und</strong><br />
zugleich als ein Zeichen unserer sämtlichen Liebe<br />
<strong>und</strong> Hochachtung, mit der wir Ihn jedem neuen<br />
Mitgliede des Ordens für immer zur fre<strong>und</strong>lichen<br />
<strong>und</strong> brüderlichen Aufnahme empfehlen, schriebens<br />
unserem Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bruder F. Overbeck, die<br />
sämtlichen Mitglieder des Ordens.“
Ludwig Vogel, Modellstudie nach Friedrich Overbeck, 1812
Georg Carl Hoff nach Franz Pforr, Dürer <strong>und</strong> Raffael knien vor dem Thron der Kunst, um 1810
Joseph Sutter, Die Kommunion<br />
Overbecks durch einen heiligen<br />
Bischof in Anwesenheit der Brüder<br />
Eberhard <strong>und</strong> Sutters, um 1825
Wilhelm Heinrich<br />
Wackenroder (1773-1798)<br />
„Bildersäle werden betrachtet als Jahrmärkte, wo man neue Waren im<br />
Vorübergehen beurteilt, lobt <strong>und</strong> verachtet; <strong>und</strong> es sollten Tempel<br />
sein, wo man in stiller <strong>und</strong> schweigender Demut, <strong>und</strong> in<br />
herzerhebender Einsamkeit, die großen Künstler, als die höchsten<br />
unter den Irdischen, bew<strong>und</strong>ern (...) möchte. Ich vergleiche den Genuß<br />
der edleren Kunstwerke dem Gebet (...) Es ist frevelhaft zu nennen,<br />
wenn jemand in einer irdischen St<strong>und</strong>e, von dem schallenden<br />
Gelächter seiner Fre<strong>und</strong>e hinwegtaumelt, um in einer nahen Kirche,<br />
aus Gewohnheit, einige Minuten mit Gott zu reden. Ein ähnlicher<br />
Frevel ist es, in einer solchen St<strong>und</strong>e die Schwelle des Hauses zu<br />
betreten, wo die bew<strong>und</strong>ernswürdigsten Schöpfungen, die von<br />
Menschenhänden hervorgebracht werden konnten, (...) für die<br />
Ewigkeit aufbewahret werden. (...) Kunstwerke passen in ihrer Art so<br />
wenig als der Gedanke an Gott in den gemeinen Fortfluß des Lebens<br />
(...)"<br />
Wilhelm Heinrich Wackenroder, Herzensergießungen eines<br />
kunstliebenden Klosterbruders, Berlin 1797, Kap.: Wie <strong>und</strong> auf welche<br />
Weise man die Werke der großen Künstler der Erde eigentlich<br />
betrachten <strong>und</strong> zum Wohl seiner Seele gebrauchen müsse.
Karl Friedrich Schinkel,<br />
Altes Museum, Berlin,<br />
1823-30
Karl Friedrich Schinkel,<br />
Altes Museum, Berlin,<br />
1823-30
Karl Friedrich Schinkel,<br />
Altes Museum, Berlin,<br />
1823-30<br />
Pantheon, Rom, 121 n. Chr.
„Endlich kann auch die Anlage eines so mächtigen Gebäudes, wie<br />
das Museum unter allen Umständen werden wird, eines mächtigen<br />
Mittelpunktes nicht entbehren, welcher das Heiligthum sein muß, in<br />
welchem das Kostbarste bewahrt wird. (...) hier muß der Anblick<br />
eines schönen <strong>und</strong> erhabenen Raumes empfänglich machen <strong>und</strong><br />
eine Stimmung geben für den Genuß <strong>und</strong> die Erkenntnis dessen, was<br />
das Gebäude überhaupt bewahrt."<br />
(Karl Friedrich Schinkel, 1823)
3. Sakralisierung<br />
des Künstlers<br />
Antonio Canova, Tempio, Possagno, 1819-30<br />
Pantheon, Rom, 125-28 n. Chr.
Antonio Canova, Tempio,<br />
Possagno, 1819-30
Giuseppe Valadier, Katafalk mit dem<br />
Gipsmodell der „<strong>Religion</strong>e cattolica“ zu Ehren<br />
von Antonio Canova in SS. Apostoli, Rom,<br />
1823
Antonio Canova, Tempio,<br />
Possagno, 1819-30
Antonio Canova, Selbstbildnis, 1812
4. Christus-<br />
Identifikationen<br />
moderner Künstler<br />
Vincent van Gogh, Selbstbildnis<br />
mit verb<strong>und</strong>enem Ohr, 1889<br />
„Je erschöpfter ich bin, kränker,<br />
ein zerbrochener Krug, umso<br />
mehr bin ich ein Künstler – ein<br />
schöpferischer Künstler.“
Paul Gauguin, Jesus im Garten Gethsemane, 1889<br />
„Ja, wir sind dazu ausersehen (wir suchenden, denkenden Künstler), unter den Schlägen<br />
der Welt zugr<strong>und</strong>e zu gehen.“ (Paul Gauguin an Emile Bernard, 1890)
Paul Gauguin, Jesus im Garten Maurice Denis, Opfergabe am Maurice Denis, Die<br />
Musen oder Gethsemane, 1889 Kalvarienberg, 1890 Im Park, 1893<br />
Die Nabis (hebr. Nebiim, die Propheten): Paul Serusier, Maurice Denis, Edouard Vuillard
Joseph Beuys,<br />
Aktion Celtic + ~~~,<br />
Karwoche 1971,<br />
Basel
Hermann Nitsch, 50. Aktion, 1975<br />
Hermann Nitsch, Grazer Installation, 1987
5. Christliche Ikonografie<br />
remixed<br />
Mark Wallinger, Treshold to the Kingdom, 2000,<br />
Videoprojektion (So<strong>und</strong>track: Gregorio Allegri,<br />
Miserere, 1638)
Mark Wallinger, Angel, 1997,<br />
Videoprojektion
Mark Wallinger, Ecce Homo, 1999<br />
London, Trafalgar Square