Grenzen überwinden - JG-Gruppe
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Katholischer Träger von Krankenhäusern,<br />
Altenheimen und Einrichtungen<br />
zur Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen<br />
April | 2011<br />
publik<br />
Ein Infomagazin der <strong>JG</strong>-<strong>Gruppe</strong><br />
<strong>Grenzen</strong> <strong>überwinden</strong><br />
Wie Menschen mit Behinderung<br />
ihre persönlichen Herausforderungen<br />
bewältigen<br />
„Schmökerstube“:<br />
Reha-Zentrum Stadtroda<br />
betreibt öffentliche<br />
Bibliothek<br />
Wild und wertvoll –<br />
Gemälde aus dem Antoniushaus<br />
sind heiß begehrt<br />
Bessere Berufschancen<br />
für Menschen mit Spina<br />
bifida und Hydrocephalus
Aus dem Inhalt<br />
Aus dem Inhalt 2<br />
Auf ein Wort<br />
Über sich selbst hinaus wachsen.................................................. 3<br />
<strong>JG</strong> im Überblick<br />
Josefs-Gesellschaft übernimmt Altenheim in Dillenburg<br />
Damit ist das Sozialunternehmen jetzt Träger von bundesweit 17 Einrichtungen,<br />
darunter drei Seniorenheime....................................................... 4<br />
Im Herzen jung geblieben<br />
<strong>JG</strong>-Personalleiter Harald Hermanns wurde in den Ruhestand verabschiedet.<br />
Sein Nachfolger ist Frank Mühr. .................................................... 5<br />
Neu in der Josefs-Gesellschaft: Das Alfred-Delp-Haus in Oberursel....................... 6<br />
Zum Thema<br />
„Wenn die Kraft nachlässt, macht der Kopf weiter“<br />
Wie Jugendliche mit Behinderung aus dem Benediktushof,<br />
Maria Veen, beim Klettern ihre <strong>Grenzen</strong> <strong>überwinden</strong>..................................... 7<br />
„Ich bin eine von ihnen“<br />
Mit Optimismus und Selbstvertrauen zum neuen Job.................................... 8<br />
Auszubildende der <strong>JG</strong> geehrt<br />
Zum zweiten Mal hat die Josefs-Gesellschaft den Heinrich-Sommer-Preis<br />
an drei Auszubildende ihrer Berufsbildungswerke verliehen. ............................. 10<br />
Aus den Einrichtungen<br />
Bessere Berufschancen für Menschen mit Spina bifida und Hydrocephalus<br />
Josefsheim Bigge initiiert neues Europaprojekt mit Partnern aus fünf Ländern ................. 11<br />
Eine Schmökerstube für alle!<br />
Die Tagesstätte des Reha-Zentrums Stadtroda betreibt eine öffentliche Bibliothek in Gera........ 12<br />
Seltene Poitou-Esel auf dem Franziskushof.......................................... 13<br />
Wild und wertvoll<br />
Eine Therapiegruppe der Peter-Josef-Briefs-Schule fertigt Porträts an, die so begehrt sind,<br />
dass die Kunden zwei Jahre Wartezeit in Kauf nehmen. ................................. 14<br />
Herausgeber: <strong>JG</strong>-<strong>Gruppe</strong> · Custodisstraße 19–21 · 50679 Köln<br />
Telefon 0221 88998-0 · presse@josefs-gesellschaft.de · www.jg-gruppe.de<br />
Verantwortlich: Dr. Frank Frese<br />
Redaktion: Nina Louis<br />
Mitarbeiter und Fotos: Birgitt Wagner, Marit Konert, Nicole Biesinger, Mike Roller,<br />
Mario Polzer, Nele Kleinehanding, Ingo Kretschmer, Pedro Citoler, Nina Louis<br />
Grafik und Design: Dieses Magazin wird für Sie gedruckt und gestaltet von<br />
Menschen mit Behinderungen im Berufsbildungswerk Josefsheim Bigge, Olsberg<br />
Auflage: 5.000 Stück<br />
Spendenkonto<br />
10 68 400<br />
Bank für Sozialwirtschaft Köln<br />
BLZ 370 205 00
Auf ein Wort<br />
3 Auf ein Wort<br />
Über sich selbst hinaus wachsen<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
das Leben jedes Menschen bringt Herausforderungen<br />
mit sich. Niemandem fällt alles in den<br />
Schoß, und jeder wird mit mehr oder weniger<br />
schwierigen Hindernissen konfrontiert, die es zu<br />
<strong>überwinden</strong> gilt, um die persönlichen Ziele zu erreichen.<br />
Jedem Menschen sind dabei <strong>Grenzen</strong><br />
gesetzt. Doch diese <strong>Grenzen</strong> sind nicht unverrückbar<br />
oder endgültig. Mit viel Kraft, Motivation<br />
und Selbstvertrauen lassen sich die individuellen<br />
<strong>Grenzen</strong> immer wieder nach oben verschieben,<br />
Stück für Stück.<br />
Menschen mit Behinderung haben mit Hindernissen<br />
zu kämpfen, die besonders spürbar sind, da<br />
sie die Mehrheit der Gesellschaft nicht betreffen.<br />
Die Behinderung, die ihr Leben begleitet, stellt sie<br />
vor anspruchsvolle Aufgaben. Dazu gehört die<br />
Bewältigung der beruflichen und auch privaten<br />
Schritte trotz und mit der Behinderung. Hinzu<br />
kommt die Notwendigkeit, die eigene Besonderheit<br />
zu akzeptieren, nicht mit dem Schicksal zu<br />
hadern und mit einer positiven Einstellung durchs<br />
Leben zu gehen.<br />
Viele Menschen mit Behinderung schaffen das.<br />
Sie behalten ihren Lebensmut und kehren immer<br />
wieder zum Glauben an sich selbst zurück. Der<br />
Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe von<br />
<strong>JG</strong> publik ist diesen Menschen gewidmet – zum<br />
Einen aus Respekt und Anerkennung, zum Anderen<br />
weil sie mit ihrem Lebensentwurf auch anderen<br />
Mut machen können.<br />
Auf Seite 7 lernen Sie einige Bewohnerinnen und<br />
Bewohner des Benediktushofes in Maria Veen<br />
kennen. Trotz ihrer körperlichen Behinderungen<br />
wagen sie sich regelmäßig in eine Kletterhalle, wo<br />
sie aus eigener körperlicher Kraft in schwindelerregende<br />
Höhen hinaufkraxeln und immer wieder<br />
unter Beweis stellen, dass <strong>Grenzen</strong> überwunden<br />
werden können. Genauso die diesjährigen Preisträger<br />
des Heinrich-Sommer-Preises 2010, die<br />
auf Seite 10 vorgestellt werden, und zwei Rehabilitanden<br />
unserer Berufsförderungswerke (Seiten<br />
8 und 9): Ihnen ist es gelungen, sich eine neue<br />
berufliche und private Perspektive zu erarbeiten –<br />
allen Hindernissen zum Trotz.<br />
Sie haben verinnerlicht, was der britische Autor<br />
Arthur C. Clarke treffend formulierte:<br />
„Die <strong>Grenzen</strong> des Möglichen lassen sich nur dadurch<br />
bestimmen, dass man sich ein wenig über<br />
sie hinaus ins Unmögliche wagt.“<br />
Der Vorstand der Josefs-Gesellschaft
<strong>JG</strong> im Überblick<br />
<strong>JG</strong> im Überblick 4<br />
Josefs-Gesellschaft übernimmt<br />
Altenheim in Dillenburg<br />
Damit ist das Sozialunternehmen jetzt Träger von bundesweit 17 Einrichtungen, darunter<br />
drei Seniorenheime.<br />
Die Josefs-Gesellschaft (<strong>JG</strong>) hat Zuwachs bekommen:<br />
Seit dem 1. Januar ist sie Träger des<br />
Alten- und Pflegewohnheims Haus Elisabeth im<br />
hessischen Dillenburg.<br />
Mehr als 45 Jahre lang war das traditionsreiche<br />
Haus Elisabeth durch den „Haus Elisabeth Caritas<br />
Dillenburg e. V.“ getragen worden, der Anfang<br />
der Sechzigerjahre gegründet worden war. Die in<br />
den letzten Jahren gestiegenen Anforderungen<br />
an den Betrieb einer Pflegeeinrichtung sowie anstehender<br />
Investitionsbedarf erforderten jetzt eine<br />
neue, zukunftsfähige Trägerstruktur. „Der bisherige<br />
Trägerverein mit seinen ehrenamtlich tätigen<br />
Vorständen kann diese Aufgaben auf lange Sicht<br />
nicht mehr schultern“, erklärte Anton Nowak, Vorsitzender<br />
des „Haus Elisabeth Caritas Dillenburg<br />
e.V.“, bei der Vertragsunterzeichnung. Er sei froh,<br />
mit der Josefs-Gesellschaft einen starken Partner<br />
gefunden zu haben, der sowohl die Erfahrung und<br />
das Know-How, als auch die Finanzkraft und die<br />
Professionalität besitze, um diesen Herausforderungen<br />
begegnen zu können. Neben dem Haus<br />
Elisabeth gehören auch das Haus Golten in Geldern<br />
und das Seniorenzentrum im Heinrich-Haus<br />
in Neuwied zu den von der <strong>JG</strong> geführten Altenheimen.<br />
Dr. Theodor Michael Lucas, Sprecher der Geschäftsführung<br />
der Josefs-Gesellschaft, betonte,<br />
das Haus Elisabeth passe sehr gut zu den Strukturen<br />
und auch zu den Leitlinien der <strong>JG</strong>-<strong>Gruppe</strong>.<br />
Schon die ersten Gespräche mit dem bisherigen<br />
Vorstand hätten gezeigt, dass beide Träger die<br />
gleichen Wertevorstellungen vertreten und sich<br />
für die verschiedenen Wohnformen ausschließlich<br />
eine Versorgung in Einzelzimmern vorstellen.<br />
„Wir sehen jeden Menschen, egal ob jung oder<br />
alt, arm oder reich, mit oder ohne Behinderung,<br />
als einzigartig, unersetzbar und unendlich wertvoll<br />
an. Dazu gehört es auch, die Freiheit, Würde und<br />
Selbstverantwortung eines Menschen zu bewahren“,<br />
so Lucas. Eine weitere Gemeinsamkeit sei<br />
die Mitgliedschaft im Deutschen Caritasverband.<br />
Peter Bittermann, Leiter des Haus Elisabeth,<br />
dankte den bisherigen Vorstandsmitgliedern für ihr<br />
langjähriges ehrenamtliches Engagement, das erwiesene<br />
Vertrauen und die stets gute Zusammenarbeit.<br />
Er sei sich sicher, dass das Haus Elisabeth<br />
eine Bereicherung für die <strong>JG</strong>-<strong>Gruppe</strong> darstellen<br />
werde, da sich Tag für Tag viele engagierte Mitarbeiter<br />
mit Herz und Leidenschaft für das Haus<br />
und die hier lebenden Menschen einbrächten.<br />
Nina Louis<br />
Ein fröhliches Team: die Mitarbeiter von Haus Elisabeth, in ihrer Mitte Geschäftsführer Peter Bittermann
<strong>JG</strong> im Überblick<br />
5 <strong>JG</strong> im Überblick<br />
„Im Herzen jung geblieben“<br />
Der langjährige Personalleiter der Josefs-Gesellschaft, Harald Hermanns, wurde in den<br />
Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger ist Frank Mühr, der zuletzt als Personalleiter für<br />
die Ikea Deutschland GmbH & Co. KG tätig war.<br />
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge<br />
verabschiedete sich Harald Hermanns Ende Februar<br />
in den Ruhestand. Fast 23 Jahre lang hatte<br />
er die Personalabteilung der Josefs-Gesellschaft<br />
in der Kölner <strong>JG</strong>-Zentrale sowie die des benachbarten<br />
Eduardus-Krankenhauses geleitet. „Ich<br />
danke allen für eine wundervolle Zeit“, so Hermanns.<br />
Er werde die Josefs-Gesellschaft sehr<br />
vermissen, und den Umgang mit der vielen freien<br />
Zeit müsse er wohl erst lernen. „Ich muss nicht<br />
mehr überall dabei sein“, so Hermanns mit Augenzwinkern.<br />
„Überall mitmischen reicht ja auch.“<br />
Im Herzen sei er jung geblieben, weshalb er sich<br />
darauf freue, viel zu reisen, Motorrad zu fahren<br />
und Neues auszuprobieren. Dazu passte das<br />
Abschiedsgeschenk, das Hermanns von seinen<br />
Kollegen überreicht wurde: Eine Fahrt mit dem<br />
Heißluftballon.<br />
<strong>JG</strong>-Vorstandssprecher Dr. Theodor Michael Lucas<br />
bedankte sich bei Hermanns für seine engagierte,<br />
kompetente Arbeit und das Mittragen<br />
und Mitgestalten der Personalentwicklung in der<br />
Josefs-Gesellschaft. Er habe Hermanns als „ideenreich,<br />
zupackend, verlässlich, wirtschaftlich<br />
und zielgerichtet“ erlebt – und an Leidenschaft<br />
habe es ihm ebenfalls nicht gemangelt. Dies verdeutlichte<br />
Lucas mit einer Anekdote: Hermanns<br />
sollte im benachbarten Eduardus-Krankenhaus<br />
am Blinddarm operiert werden. „Alle, inklusive Anästhesist,<br />
standen in den Startlöchern“, schmunzelte<br />
er. „Nur der Patient fehlte, er musste nochmal<br />
schnell an seinen Schreibtisch.“<br />
Volljurist und Wahl-Rheinländer<br />
Frank Mühr,<br />
neuer Personalleiter der<br />
Josefs-Gesellschaft<br />
Anfang März hat Frank Mühr die Nachfolge von<br />
Harald Hermanns angetreten – und er fühlt sich<br />
wohl in der Kölner <strong>JG</strong>-Zentrale. „Mein erster Eindruck<br />
ist sehr positiv“, so der 41-Jährige. „Die<br />
Josefs-Gesellschaft ist sehr gut aufgestellt und<br />
zukunftsorientiert, und auch das Betriebsklima<br />
gefällt mir gut.“ Außerdem sei die <strong>JG</strong> ein Unternehmen,<br />
mit dessen Leitbild, Aufgaben und Zielen<br />
er sich bestens identifizieren könne.<br />
Mühr studierte Jura zunächst in Freiburg, später<br />
in Köln. Anschließend war er in der Domstadt als<br />
Rechtsanwalt in einer Kanzlei tätig. Einen ganz<br />
neuen Arbeitsbereich lernte er als Assistent der<br />
Geschäftsführung und Pressesprecher der Westdeutsche<br />
Spielbanken GmbH & Co. KG, einer<br />
Tochterfirma der NRW Bank, kennen, wo er später<br />
Personalleiter wurde. Anschließend war er als<br />
Personalleiter für Ikea Deutschland tätig. „Die Arbeit<br />
hat mir sehr viel Spaß gemacht, es war eine<br />
tolle Atmosphäre und man hatte viele Möglichkeiten“,<br />
so der Vater von zwei Kindern im Alter von<br />
zwei und vier Jahren. Der Haken an der Sache: Er<br />
musste in den hohen Norden, nach Bremen, ziehen.<br />
„Ich wollte ins Rheinland zurück, zumal auch<br />
meine Familie noch hier war“, erklärt er.<br />
Und das Rheinland hat ihn wieder: Jetzt freut sich<br />
Mühr auf die neuen Aufgaben und Herausforderungen,<br />
die es in der Josefs-Gesellschaft zu bewältigen<br />
gilt. „Mir ist wichtig, dass wir in der <strong>JG</strong><br />
den demografischen Wandel mitgestalten und<br />
gemeinsam Lösungen finden, wie wir dem drohenden<br />
Personalmangel entgegenwirken können“,<br />
so der erfahrene Personaler.<br />
Nina Louis
<strong>JG</strong> im Überblick<br />
<strong>JG</strong> im Überblick 6<br />
Neu in der Josefs-Gesellschaft:<br />
Das Alfred-Delp-Haus in Oberursel<br />
Seit dem 1. Juni 2010 gehört das St. Vincenzstift<br />
in Aulhausen, nahe Rüdesheim, zur Josefs-<br />
Gesellschaft (<strong>JG</strong> publik berichtete). Teil des St.<br />
Vincenzstifts ist auch das Alfred-Delp-Haus in<br />
Oberursel, das 61 Menschen mit geistiger Beeinträchtigung<br />
ein Zuhause bietet.<br />
Die Einrichtung liegt am Rand, aber dennoch in<br />
der Stadt, mit guter fußläufiger Infrastruktur, guter<br />
öffentlicher Anbindung, etwa der U-Bahn nach<br />
Frankfurt, was den Klienten Mobilität und ein hohes<br />
Maß an Selbstständigkeit ermöglicht. Fünf<br />
Wohnhäuser bilden mit dem Verwaltungsgebäude<br />
und der Tagesförderstätte mit Bistro ein barrierefreies<br />
Dorf, in dessen Zentrum das Gemeinschaftshaus<br />
angesiedelt ist.<br />
In den fünf Wohnhäusern arbeiten insgesamt 70<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 20 weitere Mitarbeiter<br />
sind im Betreuten Wohnen und im ambulanten<br />
Bildungsbereich tätig. Die pädagogische<br />
Arbeit orientiert sich an den Stärken des Einzelnen,<br />
nicht an seinen Schwächen. Selbstbestimmung<br />
und Normalität der Lebensverhältnisse sind<br />
sowohl in der Begleitung als auch bei den Rahmenbedingungen<br />
Grundlage des Handelns.<br />
Etwa die Hälfte der Klienten aus dem Heim und<br />
fast alle Klienten des Betreuten Wohnens arbeiten<br />
tagsüber in der Oberurseler Werkstatt. Im Bereich<br />
der Tagesförderung für Schwerstmehrfachbehinderte<br />
und Senioren reichen die Angebote von gemeinsamen<br />
Ausflügen und Shopping über Musikund<br />
Kreativangebote bis hin zu Sportangeboten<br />
und Gedächtnistraining.<br />
In den letzten Jahren sind mehrere ambulante Bildungs-<br />
und Beratungskurse für Jugendliche, junge<br />
Erwachsene und deren Eltern entstanden, die<br />
u. a. zu einer deutlichen Ausweitung der ambulanten<br />
Wohnangebote geführt haben. Diese Entwicklung<br />
hält weiterhin an und ermöglicht auch<br />
Menschen mit einem höheren Unterstützungsbedarf<br />
das Leben in der Gesellschaft. Insgesamt<br />
verfügt die Einrichtung derzeit über 50 Plätze im<br />
Betreuten Wohnen, ca. 60 Jugendliche nehmen<br />
regelmäßig Bildungsangebote wahr.<br />
Birgitt Wagner<br />
Dr. Norbert Dickopf und das Wohnhilfswerk<br />
„Geeigneten Wohnraum mit entsprechenden Therapieangeboten für Menschen mit Behinderung schaffen. Und das alles<br />
mit familiärem Charakter in der Nähe der Familie“. Dies war die Idee von Dr. Norbert Dickopf, Internist in Oberursel. Der<br />
Impuls kam von Ralph Dickopf, dem Sohn, der 1962 mit einer schweren Behinderung geboren worden war.<br />
Dickopf schrieb an Freunde, Bekannte, Patienten und warb um Unterstützung für seine Idee. Daraus entstand 1979 das<br />
„Wohnhilfswerk für behinderte Menschen in Oberursel e.V.“. Träger wurde der Caritasverband für die Diözese Limburg,<br />
das Grundstück stellte der Hochtaunuskreis zur Verfügung. 1985 wurde der Grundstein für das Alfred-Delp-Haus gelegt.<br />
Bereits 1981 war es Dr. Dickopf gelungen, die Stifterin Therese Jeckel für seine Idee zu gewinnen. Seitdem unterstützt<br />
die Geschwister-Jeckel-Stiftung das Wohnhilfswerk.
Zum Thema<br />
7 Zum Thema<br />
„Wenn die Kraft nachlässt,<br />
macht der Kopf weiter“<br />
Wie Jugendliche mit Behinderung aus dem Benediktushof, Maria Veen, beim Klettern ihre<br />
<strong>Grenzen</strong> <strong>überwinden</strong><br />
„Was die Beine nicht schaffen, müssen die Arme<br />
übernehmen“, sagt die 16-jährige Katharina<br />
Hundt. Katharina, genannt Kati, lebt von Geburt<br />
an mit einer Tetra-Spastik. Rollstuhl oder Rollator<br />
begleiten sie durch ihr Leben. Alle paar Wochen<br />
ändert sich das für einige Stunden. Dann klettert<br />
Kati Wände hoch, setzt all ihre Kraft und ihren Willen<br />
ein, um acht oder zehn Meter steile Höhen zu<br />
erklimmen. Gesichert ist sie mit Gurten und Seilen.<br />
In der Kletteranlage Neolit in Bochum-Riemke<br />
überwindet Kati diese Höhen. Zusammen mit fünf<br />
weiteren Jugendlichen aus dem Benediktushof<br />
Maria Veen nutzt sie das Kletter-Angebot in der<br />
ehemaligen Maschinenhalle der Zeche Constantin<br />
der Große. Seit einem Jahr fahren die Jugendlichen<br />
zusammen mit Benediktushof-Mitarbeiter<br />
Christoph Hartkamp und mit Rainer Niehuis vom<br />
Deutschen Alpenverein Bocholt alle paar Monate<br />
in die Indoor-Kletteranlage. Voller Stolz erreichen<br />
sie dort Höhen, vor denen manchem „Nichtbehinderten“<br />
Angst und Bange wird.<br />
„Wenn man oben ankommt, ist das ein richtig<br />
gutes Gefühl“, freut sich Vanessa Zellmann (12),<br />
Katis Mitbewohnerin im Benediktushof, über ihre<br />
Kraxel-Erfolge an diesem Nachmittag. Immer wieder<br />
das gleiche Spiel: Hände und Füße suchen<br />
Halt auf den kleinen, unregelmäßig geformten<br />
Kunststoff-Noppen, die sich über die gesamte<br />
Wand verteilen. Stehen die Füße einigermaßen<br />
fest, hangelt die rechte oder linke Hand schon<br />
wieder nach dem nächsten erreichbaren Klettergriff.<br />
Oft muss sich der Körper ziemlich verbiegen,<br />
um den nächsten Griff oder Tritt zu erwischen.<br />
„Ich muss mich bewegen und bekomme mehr<br />
Kraft in meinen Armen“, hat Vanessa beobachtet.<br />
Lächelnd zeigt die Rollifahrerin ihren Bizeps.<br />
In der Tat. Durch das Greifen nach oben wird die<br />
verkrümmte Wirbelsäule gestreckt, werden viele<br />
stützende Muskeln aktiviert und gestärkt.<br />
Daneben hat das Klettern einen weiteren Wert.<br />
„Beim Klettern kann man vieles andere vergessen.<br />
Man konzentriert sich ganz auf sich selbst“,<br />
weiß Christoph Hartkamp (53). Der Sozialarbeiter<br />
klettert seit über zehn Jahren mit dem Alpenverein<br />
Bocholt. Wenn er mit „seinen“ Kindern aus dem<br />
Benediktushof unterwegs ist, ist er ausschließlich<br />
für deren Sicherheit da. „Komm, Sabrina,<br />
du schaffst das“, macht er zwischendurch Mut<br />
oder: „Die Hauptrichtung beim Klettern geht nach<br />
oben“, ermuntert er Carolin.<br />
Vanessa Zellmann an der Kletterwand.<br />
Wer seine Ängste überwindet und oben ankommt,<br />
wird unten von den anderen sportlich abgeklatscht.<br />
Für Kati ist das Klettern – wie vieles<br />
andere auch im Leben – reine Willenssache.<br />
„Wenn auf dem Weg nach oben die Kraft nachlässt,<br />
macht der Kopf einfach weiter“, beschreibt<br />
die 16-jährige ihre persönliche Strategie. Klares<br />
Ziel: die Hallendecke, die sie an diesem Nachmittag<br />
mehrmals berührt.<br />
Am Abend sind dann aber doch alle Kräfte restlos<br />
verbraucht. Bei der Heimfahrt mit dem Bulli<br />
über die A 43 nach Reken folgt auf das anfängliche<br />
Geplapper („Hast du gesehen, wie hoch ich<br />
war“, „Alter, das sollte mir mal mein Bruder nachmachen“)<br />
bald erschöpfte Stille. „Ich muss noch<br />
Hausaufgaben machen“, stöhnt René plötzlich.<br />
„Das schaffst du auch noch“, sagt Kati. Alles reine<br />
Willenssache.<br />
Marit Konert
Zum Thema<br />
Zum Thema 8<br />
„Ich bin eine von ihnen“<br />
Mit Optimismus und Selbstvertrauen zum neuen Job<br />
Viele der Menschen, die in den Berufsförderungswerken<br />
der Josefs-Gesellschaft eine Umschulung<br />
machen, haben besondere Schicksalsschläge zu<br />
verkraften. Für einen beruflichen Wiedereinstieg<br />
ist es wichtig, sich sein Selbstvertrauen und seinen<br />
Optimismus zu bewahren – wie Doreen Mai<br />
(BFW Bad Wildbad) und Claudia Emonts-Gast<br />
(BFW Hamm).<br />
Es war eine regnerische Sommernacht im August<br />
2005. Doreen Mai war mit ihrem Freund auf dem<br />
Heimweg, als in einer Kurve das Heck ihres Autos<br />
ausbrach. Das Fahrzeug geriet auf die Gegenfahrbahn,<br />
überschlug sich mehrfach und landete<br />
schließlich auf einem Feld. „Ich wusste sofort,<br />
dass etwas mit mir nicht in Ordnung war“, erinnert<br />
sich die junge Frau mit der sanften Stimme. Sie<br />
konnte ihre Beine nicht mehr bewegen und bat<br />
die helfenden Passanten, sie einfach liegen zu<br />
lassen und auf die erfahrenen Rettungskräfte zu<br />
warten. Die brachten sie in die Uniklinik Dresden<br />
und für die heute 24-Jährige begann die schlimmste<br />
Zeit ihres Lebens. Immer wieder hoffte sie,<br />
doch ihre Befürchtungen wurden schließlich wahr.<br />
Beim Unfall brach ihr sechster Halswirbel. Die Diagnose:<br />
Querschnittlähmung. „Als mir mitgeteilt<br />
wurde, dass ich mich an ein Leben im Rollstuhl<br />
Doreen Mai (BFW Bad Wildbad)<br />
gewöhnen muss, wollte ich niemanden mehr sehen“,<br />
denkt sie mit Schrecken an die Zeit zurück.<br />
Sie konnte nicht mehr selbstständig essen, kein<br />
Buch mehr in die Hand nehmen. Die junge Frau,<br />
die eben noch mitten im Leben stand und kurz vor<br />
der Prüfung zur Arzthelferin stand, konnte plötzlich<br />
nicht mehr ohne fremde Hilfe leben.<br />
„Um die Weihnachtszeit hat es plötzlich Klick<br />
gemacht“<br />
Doch Doreen Mai kämpfte. „Um die Weihnachtszeit<br />
hat es plötzlich Klick gemacht bei mir.“ Sie<br />
nahm ihr Leben wieder in die Hand und ein Jahr<br />
nach ihrem Unfall kam sie schließlich ins Berufsförderungswerk<br />
Bad Wildbad. Dort lernte sie den<br />
Beruf der Fachangestellten für Medien und Informationsdienste,<br />
Fachrichtung medizinische Dokumentation.<br />
„Dass ich ins Berufsförderungswerk<br />
nach Bad Wildbad gekommen bin, ist das Beste,<br />
was mir je passiert ist“, sagt sie voller Überzeugung<br />
und ihre Augen strahlen. Denn die BFW-<br />
Leitung war so überzeugt von ihrer Arbeit, dass<br />
sie Doreen Mai nach Beendigung ihrer Ausbildung<br />
einen Arbeitsplatz anbot. Ein Glücksfall für die<br />
24-Jährige, denn das Haus ist durch die angegliederte<br />
Heinrich-Sommer-Klinik bestens auf die Bedürfnisse<br />
von Querschnittgelähmten eingestellt.<br />
Und so packte sie in ihrer Heimat bei Dresden ihre<br />
restlichen Sachen und zog in den Schwarzwald.<br />
Ihre ehemaligen Ausbilder wurden zu Kollegen<br />
und dort, wo sie einst während ihrer Ausbildung<br />
gebüffelt hat, steht nun ihr eigener Schreibtisch.<br />
Heute ist sie für die Aufnahme der Klinikpatienten<br />
zuständig. Die Entscheidung für Doreen Mai war<br />
auch für die BFW-Leitung eine gute Wahl. Selbst<br />
im Rollstuhl sitzend, kennt sie die Sorgen und<br />
Nöte der Patienten der Heinrich-Sommer-Klinik<br />
bestens. „Ich bin eine von ihnen“, sagt sie. Nie,<br />
kein einziges Mal, habe sie die Entscheidung,<br />
ihre Heimat zu verlassen, bereut. „Unsere Klinik<br />
hat ein hohes Ansehen und mein Job füllt mich<br />
aus. Zu organisieren und zu planen macht mir unheimlich<br />
viel Spaß“. Der Schwarzwald wurde für<br />
Doreen Mai durch das Berufsförderungswerk Bad<br />
Wildbad zur neuen Heimat. Natürlich hadere sie<br />
manchmal noch mit ihrem Schicksal, doch ihre<br />
Kolleginnen im BFW, die zu ihren besten Freundinnen<br />
wurden, geben ihr liebevollen Halt.<br />
Kein Typ, der klagt und jammert<br />
Auch Claudia Emonts-Gast hat sich durchgekämpft.<br />
Die lebenslustige und selbstbewusste
Zum Thema<br />
9 Zum Thema<br />
Claudia Emonts-Gast (BFW Hamm)<br />
junge Frau ist kein Typ, der klagt und jammert,<br />
sondern der anpackt und sein Leben selbst in die<br />
Hand nimmt. Eine Sehbehinderung, die sich in<br />
einem Restsehvermögen von 30 % äußert sowie<br />
eine Muskel- und Nervenerkrankung, durch welche<br />
die 37-Jährige auf den Rollstuhl angewiesen<br />
ist, führten dazu, dass die gelernte Sozialhelferin<br />
ihre Tätigkeit in einem Kindergarten aufgeben<br />
musste.<br />
Im Berufsförderungswerk Hamm begann sie eine<br />
Umschulung zur Bürokauffrau. Reha-Berater Mathias<br />
Brinkmann sorgte zusammen mit dem Leistungsträger,<br />
der Arge Münster, für die notwendige<br />
technische Ausstattung, beginnend mit einem sogenannten<br />
Lupenstein, um gedruckte Texte besser<br />
lesen zu können. Für die PC-Ausbildung wurde<br />
eine besondere Software angeschafft. Mit dem<br />
Programm ZOOMTEXT war es der engagierten<br />
Rollstuhlfahrerin möglich, auch diese Einschränkung<br />
am PC auszugleichen und mit ihren Mit-Umschülern<br />
gleichberechtigt zu lernen. „Natürlich kamen<br />
auch zusätzliche Aufgaben auf die Ausbilder<br />
zu, die beispielsweise die Unterrichtsmaterialien je<br />
Klassensatz auch einmal vergrößert ausdrucken<br />
mussten oder die technischen Hilfsmittel an verschiedene<br />
Lernorte anpassten. Vereinzelt musste<br />
sich das erst einspielen, bis es auch technisch reibungslos<br />
funktionierte, “ so Brinkmann. Da auch<br />
die Lesbarkeit der Fachliteratur auf Bildschirmen<br />
und Tageslichtprojektoren kaum möglich war,<br />
wurde mit direkter Unterstützung der Arge Münster<br />
ein mobiles Bildschirmlesegerät angeschafft.<br />
Weitere Hilfen wie eine Einhand-Tastatur für Linkshänder<br />
sorgten für zusätzliche Entlastung.<br />
Doch gesundheitliche Rückschläge warfen Frau<br />
Emonts-Gast immer wieder zurück. „Ich musste<br />
viele Unterrichtsinhalte eigenständig aufholen,<br />
was auch trotz zusätzlicher Förderung durch das<br />
BFW nicht immer einfach war. Aber mit einem<br />
starken Willen und viel Durchhaltevermögen geht<br />
das schon.“ Die junge Frau zeigte Eigeninitiative,<br />
blieb hartnäckig und zeigte Engagement auch<br />
in anderen Bereichen. Tischtennis, Basketball,<br />
Schwimmen, die Teilnahme an Meditationen oder<br />
die Durchführung von Rollstuhltrainings für die<br />
Teilnehmer des Ausbildungsganges Masseure –<br />
Claudia Emonts-Gast nutzte alle Angebote, um<br />
den Alltag im BFW Hamm aktiv mitzugestalten.<br />
Mittlerweile hat Claudia Emonts-Gast ihre Prüfung<br />
zur Bürokauffrau erfolgreich absolviert und verfügt<br />
wieder über eine solide Perspektive. Auf ihre<br />
Ausbildung blickt sie sehr positiv zurück: „Ich bin<br />
sicher, wir haben in dieser Zeit alle sehr viel vonein<br />
ander gelernt“, meint sie.<br />
Nicole Biesinger (Porträt Doreen Mai)<br />
Mike Roller (Porträt Claudia Emonts-Gast)
Zum Thema<br />
Zum Thema 10<br />
Auszubildende der <strong>JG</strong> geehrt<br />
Zum zweiten Mal hat die Josefs-Gesellschaft den Heinrich-Sommer-Preis an drei Auszubildende<br />
ihrer Berufsbildungswerke verliehen.<br />
v.l.n.r.: Dr. Theodor Michael Lucas (<strong>JG</strong>-Vorstand), die Preisträger<br />
Mustafa Al-Badry und Waheeda Merza Mohammad, Dr. Frank Frese<br />
(<strong>JG</strong>-Vorstand). Gerlind Biene fehlt auf dem Foto.<br />
Sie sind jung, engagiert und zielstrebig – und alle<br />
drei haben aufgrund ihrer körperlichen Behinderung<br />
und schwerer Schicksalsschläge mit besonderen<br />
Herausforderungen zu kämpfen: Waheeda<br />
Merza Mohammad, Gerlind Biene und Mustafa<br />
Al-Badry, die diesjährigen Preisträger des Heinrich-Sommer-Preises.<br />
„Mit diesem Preis möchten wir Ihnen zeigen, wie<br />
sehr wir Ihre hervorragenden Leistungen schätzen“,<br />
so <strong>JG</strong>-Vorstandssprecher Dr. Theodor Michael<br />
Lucas bei der Preisverleihung in der Kölner<br />
<strong>JG</strong>-Zentrale.<br />
Alle drei Preisträger haben eine bewegte und bewegende<br />
Geschichte hinter sich. Der 22-jährige<br />
Mustafa Al-Badry, gebürtiger Iraker, wurde in seinem<br />
Heimatland Opfer eines Anschlags. Sein Vater<br />
starb, Mustafa wurde angeschossen und ist<br />
seitdem querschnittgelähmt. Zur medizinischen<br />
Behandlung reiste er nach Deutschland, wo er<br />
zunächst ohne finanzielle Mittel, ohne Sprachkenntnisse<br />
und ganz auf sich allein gestellt zurechtkommen<br />
musste. „Doch Herr Al-Badry zerbrach<br />
nicht an den schlimmen Erlebnissen seiner<br />
Vergangenheit“, betonte <strong>JG</strong>-Vorstandsmitglied<br />
Dr. Frank Frese in seiner Laudatio. „Er richtete seinen<br />
Blick in die Zukunft und nahm sein Schicksal<br />
mit viel Motivation und innerer Kraft in die Hand.“<br />
Heute lebt Mustafa Al-Badry im Internat des BBW<br />
des Heinrich-Hauses, wo er mit guten bis sehr<br />
guten Leistungen eine Ausbildung zum Bürokaufmann<br />
absolviert. Al Badry freute sich sehr über<br />
den Heinrich-Sommer-Preis und bedankte sich<br />
auch für die Möglichkeit, im Heinrich-Haus eine<br />
Ausbildung zu machen. „Ich fühle mich hier sehr<br />
gut aufgehoben und bekomme genau die Hilfe,<br />
die ich brauche“, so der 22-Jährige.<br />
Preisträgerin Waheeda Merza Mohammad hat<br />
ihre Prüfung zur Bürokauffrau im Josefsheim in<br />
Bigge bereits erfolgreich bestanden. Jetzt ist sie<br />
auf der Suche nach einem Arbeitsplatz – am liebsten<br />
im Bereich Marketing. „Am wichtigsten ist<br />
mir, beruflich und finanziell auf eigenen Beinen zu<br />
stehen“, sagt die 27-Jährige. Als sie neun Jahre<br />
alt war wurde die gebürtige Afghanin im Zuge<br />
des dortigen Bürgerkrieges schwer verletzt. Wie<br />
Al-Badry, so kam auch sie zur medizinischen Behandlung<br />
nach Deutschland, wo sie mit 17 Jahren<br />
von einer Pflegefamilie aufgenommen wurde. Zunächst<br />
konnte sie kaum ein Wort Deutsch, doch<br />
sie besuchte Sprachkurse und machte trotz der<br />
Sprachbarrieren ihren Hauptschulabschluss. „Sie<br />
haben niemals aufgegeben, haben die großen<br />
Herausforderungen Ihres Lebens angenommen<br />
und bewältigt“, lobte <strong>JG</strong>-Vorstandsmitglied Frese.<br />
Es geht immer weiter – so lautet das Motto von<br />
Gerlind Biene, der Preisträgerin aus dem BBW<br />
des Benediktushofes. „Ein junger Mensch, der<br />
das verinnerlicht hat, hat für sein Alter schon viele<br />
Höhen und Tiefen erlebt“, betonte <strong>JG</strong>-Vorstandssprecher<br />
Lucas. Gesundheitliche Probleme zwangen<br />
die junge Frau dazu, ihr Lehramt-Studium<br />
kurz nach der Zwischenprüfung abzubrechen.<br />
Im Benediktushof startete sie schließlich einen<br />
Neuanfang: eine Ausbildung zur Industriekauffrau.<br />
Immer wieder warfen gesundheitliche Probleme<br />
sie zurück, doch sie gab nicht auf und erzielte<br />
trotz allem immer wieder gute Leistungen. Nur<br />
zwei Monate nach einer mehrmonatigen Auszeit<br />
war die 26-Jährige im September 2010 dazu in<br />
der Lage, an der planmäßigen Zwischenprüfung<br />
teilzunehmen – und diese überdurchschnittlich zu<br />
bestehen.<br />
Nina Louis<br />
Der Heinrich-Sommer-Preis<br />
Die Josefs-Gesellschaft verleiht diesen Preis jährlich<br />
an drei Auszubildende ihrer Berufsbildungswerke im<br />
Benediktushof in Maria Veen, im Josefsheim im sauerländischen<br />
Bigge und im Heinrich-Haus in Neuwied.<br />
Hier erhalten junge Menschen mit Behinderungen eine<br />
berufliche Erstausbildung, die auf ihre speziellen Bedarfe<br />
und die Bewältigung ihrer besonderen Probleme zugeschnitten<br />
ist.<br />
Der Heinrich-Sommer-Preis ist dotiert mit jeweils 500<br />
Euro. Außerdem erhält jeder Preisträger eine Urkunde,<br />
die den Bewerbungsunterlagen beigefügt werden kann.
Aus den Einrichtungen<br />
11 Aus den Einrichtungen<br />
Bessere Berufschancen für Menschen mit<br />
Spina bifida und Hydrocephalus<br />
Josefsheim Bigge initiiert neues Europaprojekt mit Partnern aus fünf Ländern<br />
Bessere Berufschancen für Menschen mit Behinderung<br />
– dieses Ziel verfolgt eine europäische<br />
Projektpartnerschaft mit acht Partnern aus fünf<br />
Ländern. Ihr Augenmerk richten die Projektpartner<br />
auf eine besondere Zielgruppe: Menschen mit<br />
Spina bifida und Hydrocephalus. „Für sie gibt es<br />
bislang keine angepassten Förderkonzepte zur<br />
beruflichen Bildung“, sagt Ilona Schlegel, Geschäftsführerin<br />
der Arbeitsgemeinschaft Spina<br />
Bifida und Hydrocephalus (ASBH), die als bundesweite<br />
Selbsthilfeorganisation mit knapp 3.500<br />
Mitgliedern die Interessen dieser Personengruppe<br />
vertritt.<br />
Das Projekt mit dem Titel „We empower uS<br />
bH“ (Deutsch: „Wir befähigen uns“, S bH steht<br />
für Spina bifida und Hydrocephalus) wird von<br />
der Europäischen Kommission im Rahmen des<br />
Leonardo-Förderprogramms für lebenslanges<br />
Lernen finanziell unterstützt. Koordiniert wird es<br />
vom Josefsheim Bigge. Dort fand am vergangenen<br />
Wochenende die Auftakttagung statt. Das<br />
Josefsheim und die ASBH arbeiten seit Jahren<br />
zusammen. Seit 2008 betreiben sie in Olsberg<br />
gemeinsam das Haus Angelika, ein Wohnangebot<br />
speziell für Menschen mit diesen Behinderungen.<br />
„Das Besondere an der Projektpartnerschaft ist,<br />
dass hier Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation<br />
mit Verbänden der Selbsthilfe aus Rumänien,<br />
der Schweiz und Deutschland zusammenarbeiten“,<br />
sagt Martin Künemund, Projektleiter im<br />
Josefsheim. Außerdem sind Partner aus Nordirland<br />
und den Niederlanden dabei. Die Technische<br />
Universität Dortmund begleitet das Projekt wissenschaftlich.<br />
Ziel der Zusammenarbeit ist es, ein Konzept zur<br />
beruflichen Bildung von Menschen mit Spina bifida<br />
und Hydrocephalus zu erarbeiten. Spina bifida<br />
ist eine angeborene Querschnittlähmung. Sie entsteht,<br />
wenn sich zu Beginn der Schwangerschaft<br />
beim ungeborenen Kind die schützende Wirbelsäule<br />
um die Nerven und das Rückenmark nur<br />
unvollständig ausbildet. Hydrocephalus ist eine<br />
Störung des Hirnwasserkreislaufs, die ebenfalls<br />
meist vorgeburtlich entsteht. 80 Prozent der Kinder,<br />
die mit Spina bifida geboren werden, haben<br />
auch einen Hydrocephalus.<br />
Konzentrationsfähigkeit, der weit verbreitete Trugschluss,<br />
Menschen im Rollstuhl seien ohnehin<br />
in Büroberufen am besten aufgehoben und eine<br />
falsche Einschätzung der eigenen Fähigkeiten<br />
und <strong>Grenzen</strong>. Hier setzt „We empower uS bH“ an:<br />
In den zweieinhalb Jahren der Projektlaufzeit sollen<br />
für die Zielgruppe geeignete Berufe identifiziert<br />
und entsprechende Fördermaßnahmen erarbeitet<br />
werden. „Außerdem werden wir Arbeitgeber<br />
zum Behinderungsbild informieren und zu ihren<br />
Rechtsansprüchen, wenn sie Menschen mit Behinderung<br />
einstellen“, kündigt Projektleiter Martin<br />
Künemund an.<br />
Bei der Entwicklung des Förderkonzepts werden<br />
auch die Betroffenen einbezogen – wie der Projekttitel<br />
„We empower uS bH“ schon sagt. Neben einer<br />
Befragung der Zielgruppe fand Ende März nahe<br />
der niederländischen Stadt Nimwegen eine Zukunftswerkstatt<br />
statt. Menschen mit Behinderung<br />
aus den am Projekt beteiligten Ländern brachten<br />
hier ihre Wünsche und Bedarfe ein, darunter auch<br />
sieben Teilnehmer aus dem Josefsheim.<br />
Die Ergebnisse des Projekts sollen Menschen<br />
mit Behinderung, Selbsthilfeverbänden, Einrichtungen<br />
der beruflichen Rehabilitation, Unternehmen,<br />
Kammern, Gewerkschaften, Politikern und<br />
der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt<br />
werden. Unter anderem als Handbücher und<br />
als Wissensdatenbank im Internet. „We empower<br />
uS bH“ endet mit einer internationalen Fachtagung<br />
im April 2013 im Josefsheim Bigge.<br />
Mario Polzer<br />
Menschen mit Spina bifida und Hydrocephalus möchten selbstbewusst<br />
und selbstbestimmt ins Berufsleben starten.<br />
„Die Berufschancen jedes Menschen müssen<br />
natürlich individuell beurteilt werden“, sagt ASBH-<br />
Geschäftsführerin Ilona Schlegel. Häufige Probleme<br />
seien eine behinderungsbedingt geringere
Aus den Einrichtungen<br />
Aus den Einrichtungen 12<br />
Eine Schmökerstube für alle!<br />
Die Tagesstätte des Reha-Zentrums Stadtroda betreibt eine öffentliche Bibliothek in Gera.<br />
Benjamin Dietrich fühlt sich wohl an seinem Arbeitsplatz<br />
Sie ist klein, aber fein – und sie macht Leseratten<br />
glücklich: die „Schmökerstube“ im thüringischen<br />
Gera, eine Bibliothek, die von den Bewohnern des<br />
Stadtteils Langenberg gerne genutzt wird. Das<br />
Besondere: Seit etwa einem Jahr wird sie nicht<br />
mehr von der Stadtverwaltung betrieben, sondern<br />
von Tagesstättenbesuchern des Reha-Zentrums<br />
Stadtroda, einer Einrichtung der Josefs-Gesellschaft<br />
für psychisch kranke Menschen. Wäre dies<br />
nicht der Fall, dann hätte die Bibliothek aus finanziellen<br />
Gründen schließen müssen.<br />
Die Idee zum Projekt „Schmökerstube“ stammt<br />
von Matthias Rückert, dem Leiter der Tagesförderstätte.<br />
In seine Einrichtung kommen Menschen,<br />
die aufgrund ihrer psychischen Probleme<br />
wie schweren Depressionen weniger als vier<br />
Stunden pro Tag arbeitsfähig sind. Unter ergotherapeutischer<br />
Anleitung gehen sie in der Tagesstätte<br />
unterschiedlichen Tätigkeiten nach, um sich<br />
wieder an einen geregelten Tagesablauf zu gewöhnen<br />
und sich langsam auf eine Rückkehr ins<br />
Erwerbsleben vorzubereiten. Manche von ihnen<br />
sind jedoch mit dem gewöhnlichen Programm<br />
unterfordert – wie Katja Mermann*, die ein Germanistik-Studium<br />
abgeschlossen hat. „Der Ausgangspunkt<br />
der Bibliothek war, dass wir für Frau<br />
Mermann eine sinnstiftende und angemessene<br />
Beschäftigung gesucht haben“, erzählt Rückert.<br />
Inzwischen arbeiten sechs Tagesstättenbesucher<br />
regelmäßig in der „Schmökerstube“, darunter<br />
auch Katja Mermann, die „Frau der ersten Stunde“.<br />
Genauso wie ihre Kollegen ist sie begeistert<br />
von dem Projekt. „Es ist schön, der Gesellschaft<br />
mal etwas zurückzugeben“, findet sie. Auch Benjamin<br />
Dietrich fühlt sich wohl an seinem Arbeitsplatz:<br />
„Ich habe wirklich Glück gehabt, dass ich<br />
hier gelandet bin“, sagt er. Benjamin Dietrich ist<br />
blind – für einen Bibliotheksmitarbeiter zunächst<br />
einmal ungewöhnlich. Doch vieles ist möglich:<br />
Mit einer speziellen Software namens „Buchliebhaber“<br />
kann er alle Bücher digital erfassen und<br />
archivieren. „Ich bin mit dieser Arbeit ausgelastet<br />
und sie macht mir Spaß“, sagt der 23-Jährige.<br />
„Außerdem merke ich, wie gut die Schmökerstube<br />
bei den Leuten ankommt.“<br />
Immer mehr Leser nutzen die „Schmökerstube“,<br />
die einen wichtigen Beitrag zur Versorgung<br />
* Name von der Redaktion geändert
Aus den Einrichtungen<br />
13 Aus den Einrichtungen<br />
mit Büchern im Stadtteil Langenberg leistet. Es<br />
besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem<br />
Pfarrer der örtlichen Gemeinde, der regelmäßig<br />
Leseabende veranstaltet, in deren Rahmen Nachwuchsautoren<br />
ihre Werke vorstellen können. Ein<br />
wichtiger Partner ist auch die Wohnungsbaugenossenschaft<br />
„Neuer Weg e.G.“: Sie stellt die<br />
Räumlichkeiten zur Verfügung – und sponsert die<br />
Kaltmiete. Wir sind allen Menschen sehr dankbar,<br />
die uns bei dem Projekt Schmökerstube unterstützen“,<br />
so Rückert. Dazu gehört auch der<br />
Josefs-Gesellschaft e.V. , der mit seinen Spenden<br />
die Ausstattung der „Schmökerstube“ mit insgesamt<br />
10.000 Medien und Gesellschaftsspielen<br />
finanziert hat.<br />
Nina Louis<br />
Seltene Poitou-Esel auf dem Franziskushof<br />
Können diese Augen<br />
lügen? Babette und<br />
Katherine sollen als<br />
Therapieesel eingesetzt<br />
werden.<br />
Anja Gödeke, Werkstattbeschäftigte<br />
des Josefsheims,<br />
hat die beiden<br />
Eseldamen offenbar fest<br />
im Griff.<br />
Mit zwei außergewöhnlichen<br />
neuen Bewohnern<br />
kann der Franziskushof<br />
des Josefsheims in Bigge<br />
aufwarten: Die seltenen<br />
Poitou-Esel namens Babette<br />
und Katherine, die<br />
zuvor im Allwetterzoo in<br />
Münster lebten und jetzt<br />
im Besitz eines ortsansässigen<br />
Hufschmieds sind,<br />
haben dort ein neues Zuhause<br />
gefunden. Von der<br />
Rasse der Poitou-Esel gibt<br />
es weltweit nur noch 140<br />
rheinrassige Tiere. Die Rasse<br />
ist seit dem 11. Jahrhundert<br />
schriftlich nachgewiesen<br />
und ist heute vom<br />
Aussterben bedroht.<br />
Babette und Katherine sollen<br />
auf dem Franziskushof<br />
als Therapieesel eingesetzt<br />
werden. Dazu bringen sie<br />
beste Voraussetzungen<br />
mit: Sie bleiben auch in<br />
Stress- und Gefahrensituationen<br />
ruhig und haben<br />
einen schmalen Rücken,<br />
sodass auch Erwachsene<br />
mit ausgeprägter Spastik<br />
sehr gut auf ihnen reiten<br />
können.
Aus den Einrichtungen<br />
Aus den Einrichtungen 14<br />
Wild und wertvoll<br />
Eine Therapiegruppe der Peter-Josef-Briefs-Schule fertigt Porträts an, die so begehrt sind,<br />
dass die Kunden zwei Jahre Wartezeit in Kauf nehmen. Hinter den Porträts steht ein ausgefeiltes<br />
Therapiekonzept.<br />
„Geht klar!“ – diese Aussage war in einer Therapiegruppe<br />
der Peter-Josef-Briefs-Schule oft zu<br />
hören. „Geht klar“ ist inzwischen der Name der<br />
dort angewendeten Therapiemethode. Es geht<br />
darum, körperliche und psychische Fähigkeiten<br />
zu stärken, die für Werkstattarbeit wichtig sind:<br />
Interesse, Kooperation, Arbeitsplanung, Ausdauer,<br />
Genauigkeit und Zufriedenheit mit der eigenen<br />
Schaffenskraft. Das sind hochgesteckte Ziele,<br />
wenn diese Fähigkeiten durch frühkindliche Entwicklungsstörungen<br />
des Gehirns dauerhaft beeinträchtigt<br />
sind. Wie kann man solche Fähigkeiten<br />
heilen, wenn sie gestört sind?<br />
Sowohl Ergotherapeuten als auch Psychologen<br />
haben erkannt, dass produktive Leistungen von<br />
Gefühlen eigener Verursachung begleitet sein<br />
müssen. Und das Produkt muss eine soziale Bedeutung<br />
haben, also gesellschaftlich anerkennt<br />
sein. „Was du kannst und was du machst, das<br />
mag ich und das möchte ich von dir!“ Dieses intensive<br />
Erleben von Geben und Nehmen muss<br />
echt sein, damit es wirkt. Die Geht-klar-<strong>Gruppe</strong>,<br />
eine Therapiegruppe der Peter-Josef-Briefs-<br />
Schule im Antoniushaus, Hochheim, hat dafür<br />
eine Lösung gefunden. Die Schüler produzieren<br />
so begehrte Portraits, dass die Bilder ihnen fast<br />
aus der Hand gerissen werden. Obwohl die Bilder<br />
ihren Preis haben, ist die Nachfrage so groß, dass<br />
die Auftraggeber derzeit eine Lieferzeit von zwei<br />
Jahren in Kauf nehmen müssen.<br />
Die Produktion setzt sich aus mehreren Fertigungsstufen<br />
zusammen. Zuerst wird ein „wildes“,<br />
freies Hintergrundbild hergestellt. Im kreativen<br />
<strong>Gruppe</strong>nprozess trägt jeder spontane Ideen in<br />
das Gemeinschaftswerk ein. So kommt ein Bild<br />
zustande, wie es kein einzelner Schüler je malen<br />
würde. In der zweiten Stufe skizziert ein Therapeut<br />
die Gesichtszüge des Portraits in das Hintergrundbild.<br />
Dabei wird die Projektion einer Fotovorlage<br />
des Auftraggebers zu Hilfe genommen. In<br />
der dritten Fertigungsstufe erarbeitet die <strong>Gruppe</strong><br />
Verbindungen zwischen dem wilden Hintergrund<br />
und der Portraitskizze.<br />
Als Leistungssiegel erhält das Bild das Logo der<br />
Geht-klar-<strong>Gruppe</strong>. Die Schüler stellen eigenständig<br />
dem Auftraggeber die Rechnung und liefern<br />
das Werk aus. Sie erleben die Bedeutsamkeit ihrer<br />
Arbeit im Kontakt mit den Auftraggebern und<br />
bekommen authentische Anerkennung. Das Bild<br />
kann vom Auftraggeber zurückgewiesen werden,<br />
wenn es ihm nicht gefällt. Das gehört zum Leistungsvertrag.<br />
Die Geht-klar-<strong>Gruppe</strong> ist in der angenehmen<br />
Situation, dass sich auch schon Käufer<br />
gemeldet haben, die ein zurückgewiesenes<br />
Bild kaufen möchten. Auch diese Käufer müssen<br />
leider lange warten.<br />
Nele Kleinehanding, Ingo Kretschmer<br />
Seite 14 und 15:<br />
einige der begehrten Gemälde der<br />
„Geht klar“-Therapiegruppe
Bilderbogen<br />
15 Bilderbogen
Und sie fliegt doch!<br />
Eigentlich kann die Hummel gar nicht fliegen. Mit einer Flügelfläche<br />
von 0,7 cm 2 und einem Gewicht von 1,2 g ist sie, rein physikalisch<br />
betrachtet, fluguntauglich.<br />
Doch es ist offensichtlich anders: Jeden Frühling sehen wir die<br />
pelzigen, rundlichen Insekten auf’s Neue über Wiesen und Blüten<br />
fliegen. Wie gut, dass die Hummel die Gesetze der Physik nicht<br />
kennt – oder ihnen zumindest niemals Glauben geschenkt hat.