18.03.2014 Aufrufe

Download KKKompakt (.pdf) - Karin Kortmann

Download KKKompakt (.pdf) - Karin Kortmann

Download KKKompakt (.pdf) - Karin Kortmann

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>KKKompakt</strong><br />

Die direkte Information für den Düsseldorfer Süden<br />

19.06.2009 Ausgabe 11/2009<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Genossinnen und Genossen,<br />

Man merkte auch in dieser Woche im Deutschen Bundestag, dass der Wahlkampf<br />

eingeleitet ist. Unterschiedliche Positionen von SPD und CDU prallten in den Plenumsdebatten<br />

offen aufeinander – sehr zur Freude der Opposition. In dieser vorletzten<br />

Sitzungswoche wurden noch viele wegweisende Beschlüsse gefasst, die auf<br />

den nächsten Seiten nach zu lesen sind.<br />

<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />

Im folgenden wie immer ein kleiner Rückblick auf Gespräche, die ich in dieser Woche<br />

geführt habe:<br />

17.06.: Bei einer Pressekonferenz stellte ich<br />

das neu erschienene Buch „Korruption begrenzen“<br />

von Prof. Dr. Georg Cremer, Generalsekretär<br />

des Deutschen Caritasverbandes<br />

vor. Korruption ist im Rahmen der<br />

Entwicklungszusammenarbeit heute unbestritten<br />

eines der wesentlichen Entwicklungshemmnisse<br />

und untergräbt jede an<br />

Armutsminderung orientierte Politik. Aber<br />

auch Deutschland ist nicht frei von Korruption,<br />

wie die jüngsten Beispiele von Siemens<br />

und der Deutschen Bank zeigen. Deshalb<br />

ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung<br />

wichtiger denn je. Denn die Folgen von Korruption sind für uns alle fatal. Für<br />

die Entwicklungsländer heißt das: Ressourcen werden verschwendet oder fehlgeleitet,<br />

Entwicklungserfolge werden nicht genutzt; Korruption hemmt die Entwicklung<br />

des Privatsektors und schreckt Investoren ab; es herrscht zumeist eine immense<br />

Rechtsunsicherheit; ethische Standards der Zivilbevölkerung gehen verloren und<br />

demokratische Prozesse werden untergraben. Herr Cremers Buch ist lesenswert!<br />

17.06. Im Gespräch mit Bob Geldorf<br />

Seine Unterstützung für Afrika ist beispiellos und an<br />

die live aid Konzerte können sich die meisten von<br />

uns noch erinnern. Bob Geldorf wird nicht müde, die<br />

Staatschefs weltweit an ihre Verantwortung für Afrika<br />

zu erinnern. Von jedem Euro, den wir über die<br />

staatliche Entwicklungszusammenarbeit nach Afrika<br />

geben, so argumentiert er, kommen zwischen 2<br />

und 3 Euro wieder über Steuereinnahmen an uns<br />

zurück. 2007 wurden weltweit 34 Mrd. Euro für die<br />

Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben, die<br />

Steuereinnahmen beliefen sich danach auf 201 Mrd.<br />

Euro. Er appellierte die Zusagen in Zeiten von Wirtschaftskrisen<br />

nicht zu reduzieren, sondern zu erhöhen.<br />

Denn wer jetzt schon nur einen Dollar/Tag zum überleben hat, kann nicht weiter<br />

einsparen. Dies legte er in einem Gespräch auch Bundeskanzlerin Merkel nahe.


Seite: 2<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Nina von Radowitz , Dr. Rainhardt Frhr.<br />

V. Leoprechting (Metro Group) im Gespräch<br />

mit <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />

18.06. Metro lud zum Frühstück ein<br />

Gestern hatte ich gemeinsam mit der Metro Group zu einem<br />

Parlamentarischen Frühstück Abgeordnete im Reichstag eingeladen.<br />

Dabei ging es um die Frage, ob Lebensmittel gekennzeichnet<br />

werden sollen und wie VerbraucherInnen besser<br />

informiert werden können. Bei der sogenannten Ampelkennzeichnung<br />

handelt es sich um eine verpflichtende<br />

Nährwertkennzeichnung auf allen zusammengesetzten Lebensmitteln,<br />

die den Gehalt der einzelnen Nährwerte in den<br />

Farben grün, gelb und rot kennzeichnet. KonsumentInnen<br />

soll so ermöglicht werden, stark zucker- und fetthaltige Lebensmittel<br />

zu vermeiden, ohne einen Taschenrechner oder<br />

Ernährungstabellen bemühen zu müssen.<br />

Die METRO Group verwies auf ihre Hausmarke, die eine eigene<br />

Kennzeichnung bereits ausweist. Auf diese Kennzeichnung<br />

hatte sich Metro selbst verpflichtet.<br />

Meiner Meinung nach müssen VerbraucherInnen auf den ersten Blick erkennen können, ob sie<br />

sich und ihre Familie mit dem Produkt ausgewogen ernähren. Dafür ist auch der Vergleich eines<br />

Lebensmittels innerhalb der Produktgruppe wichtig.<br />

18.06. Berufliche Bildung und Soziale Sicherungssysteme<br />

Mit der Sozial- und Arbeitsministerin Frau Nguyen Thi Kim<br />

Ngan traf ich zu einem Arbeitsgespräch zusammen. Das<br />

BMZ wird stärker in den Bereich der Sozialen Sicherungssysteme<br />

einsteigen und das Partnerland Vietnam auf diesem<br />

Weg begleiten. In der jetzigen Finanzkrise sehen wir,<br />

dass Millionen von Menschen kein soziales Netz haben,<br />

dass sie auffängt, deshalb investieren wir unser know how<br />

und Geld in Prävention und Absicherung. Ebenso wurde<br />

vereinbart, die duale Berufsausbildung stärker in den bisherigen<br />

Projekten der Abfallwirtschaft zu berücksichtigen.<br />

Vietnam ist eines der aufstrebendsten Länder Asiens, dass<br />

in den letzten Jahren große Erfolge verbuchen konnte.<br />

19.06. Burundi wird sicherer<br />

Das war die Kernaussage des Vizepräsidenten von Burundi,<br />

der heute morgen bei mir im Entwicklungsministerium zu<br />

Gast war. Dr. Yves Sahinguvu belegte, wie sich sein Land<br />

aus den langen Kriegsjahren hin zu einer Demokratie entwickelt.<br />

100.000 ins Heimatland zurück kehrende Flüchtlinge,<br />

viele Binnenvertriebene und eine große Zahl von<br />

Waisen sind auf die staatliche Unterstützung angewiesen.<br />

Die Eingliederung von Ex-Kombatanten, die Entwaffnung<br />

sind enorme Kraftanstrengungen, die die burundische Regierung<br />

zu leisten hat. Dabei werden sie von der deutschen<br />

Bundesregierung unterstützt. Ende des Jahres finden die<br />

nächsten Regierungsverhandlungen statt.


Seite: 3<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Vergangene Woche war ich auf Dienstreise<br />

in Peking und in der Mongolei.<br />

Überall gibt es nur das Thema, wie die<br />

Auswirkungen der Finanzkrise abgefedert<br />

werden können, um das so notwendige<br />

Wirtschaftswachstum nicht zu<br />

gefährden. In der Mongolei konnte ich<br />

wichtige Zusagen machen: Mit dem<br />

Bauminister habe ich die ersten zwei<br />

Modellhäuser für solare Energieversorgung<br />

in Ulan Bator einweihen können.<br />

Wir unterstützen damit Stadtteilentwicklungskonzepte,<br />

in deren Mittelpunkt Energieeffizienz und Solarenergieversorgung steht.<br />

Gleichzeitig haben wir mit dem Finanzminister eine Kreditlinie von 4,8 Mio Euro unterzeichnet für<br />

das Hypothekarwesen. Damit erhält die Mongolei Gelder mit einer Rückzahlungslaufzeit von 40<br />

Jahren und 0,75% Verzinsung. Preiswertes Geld, dass sie an kleine Einkommensgruppen verleihen<br />

kann, damit sie sich Eigentum erwerben.<br />

Der Höhepunkt des Aufenthaltes war das Gespräch mit Premierminister<br />

Bayar. Die deutsch-mongolischen Beziehungen<br />

sind vor allem durch die Zusammenarbeit mit der DDR gewachsen.<br />

Von den 1,3 Millionen Einwohnern sprechen ca.<br />

30.ooo die deutsche Sprache. Eine kleine Einwohnerzahl, die<br />

sich auf eine Staatsfläche in der dreifachen Größe von<br />

Deutschland zersiedelt. Ein Land, das über eine hohe Biodiversität<br />

verfügt und gleichzeitig die Auswirkungen des Klimawandels<br />

drastisch erlebt.<br />

Ihnen und Euch allen ein gutes Wochenende<br />

<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, MdB


Seite: 4<br />

Inhalt:<br />

I. Aktuelles<br />

S. 2 SPD-Bundesparteitag<br />

S. 2 Europawahl<br />

S. 3 Arbeiten in der Kita<br />

S. 4 Schutzschirm für Ausbildung<br />

II.<br />

S. 4<br />

S. 4<br />

III.<br />

S. 5<br />

IV.<br />

Zur Woche im Bundestag<br />

Kompaktinfo<br />

Düsseldorf<br />

V. Veranstaltungshinweise<br />

I. Aktuelles<br />

1. SPD-Bundesparteitag<br />

Der Parteitag vom<br />

Sonntag hat<br />

gezeigt:<br />

Wir wollen<br />

regieren und wir<br />

werden kämpfen,<br />

damit Frank-Walter<br />

Steinmeier der<br />

nächste Bundeskanzler<br />

wird.<br />

In den nächsten 103 Tagen werden wir deutlich<br />

machen, dass es am 27. September 2009 um eine<br />

Richtungswahl geht. Es geht um die Frage, ob<br />

Schwarz-Gelb regiert und damit Arbeitnehmerrechte<br />

geschleift und der Kündigungsschutz eingeschränkt<br />

wird, die Atomenergie wieder hoffähig gemacht und<br />

Studiengebühren flächendeckend eingeführt<br />

werden, die Kopfpauschale in der Gesundheitspolitik<br />

doch kommt und es hinsichtlich der Regulierung von<br />

Finanzmärkten nur bei Lippenbekenntnissen bleibt,<br />

und ob unsere Erfolge bei den Ganztagsschulen und<br />

bei der Betreuung ab eins wieder einkassiert werden.<br />

Wir müssen Schwarz-Gelb verhindern, weil die<br />

marktradikale Ideologie nicht die Antwort auf die<br />

Krise ist. Die vor uns liegenden Aufgaben verlangen<br />

sozialdemokratische Antworten.<br />

Frank-Walter Steinmeier hat auf dem Parteitag fünf<br />

klare Ziele gesteckt. Diese und der genaue Wortlaut<br />

seiner Rede sind unter karin-kortmann.de zu finden.<br />

2. Europawahl<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Die Europawahl im Jahr 2009 litt unter einer<br />

historisch niedrigen Wahlbeteiligung. Mit 43,1<br />

Prozent lag sie noch einmal deutlich unter dem<br />

bisherigen Negativrekord von 45,5 Prozent aus dem<br />

Jahr 2004. Die europäische Idee scheint vor allem in<br />

den jungen EU-Staaten Osteuropas noch nicht bei<br />

der Mehrheit der Einwohner angekommen zu sein.<br />

So ging in Polen nicht einmal jeder vierte Bürger an<br />

die Urnen, in der Slowakei war es noch nicht einmal<br />

jeder fünfte Wahlberechtigte.<br />

3. Arbeiten in der Kita<br />

Bundesweit streiken Tausende von Erzieherinnen,<br />

um ihren Forderungen nach mehr Lohn und einem<br />

besseren Gesundheitsschutz Nachdruck zu<br />

verleihen. Der Tarifvertrag betrifft rund 220.000 in<br />

städtischen Kitas und Sozialeinrichtungen<br />

angestellte Erzieher und Sozialpädagogen. Neben<br />

den öffentlichen gibt es viele gemeinnützige oder<br />

privatwirtschaftlich organisierte Träger von<br />

Kindertagesstätten. Insgesamt arbeiten knapp<br />

443.000 Beschäftigte in den Kitas, fast<br />

ausschließlich Frauen (97%), die meisten in Teilzeit.<br />

© Planungsgruppe<br />

Standort Deutschland<br />

Arbeiten in der Kita<br />

In Deutschland sind 442.713 Frauen und Männer<br />

in Kinder- Tagesstätten beschäftigt<br />

davon<br />

davon*<br />

3,4 % Männer<br />

pädagogisches Personal<br />

(Erzieher, Sozial-, Heilpädagogen,<br />

Kinderpfleger, Sozialarbeiter)<br />

hauswirtschaftliches/<br />

technisches Personal<br />

Leitung<br />

Verwaltung<br />

rundungsbedingte Differenzen<br />

davon bei<br />

33,9% öffentlichen Trägern<br />

96,6% Frauen 66,1 % freien Trägern<br />

365 145<br />

60 296<br />

14 001<br />

3 271<br />

davon<br />

hauptberuflich<br />

38,5 und mehr<br />

Wochenstunden<br />

in Teilzeit<br />

zwischen 32 und 38,5<br />

Wochenstunden<br />

21 bis 32<br />

weniger als 21<br />

153 476<br />

64 508<br />

119 350<br />

105 379<br />

*nur pädagogisches und Verwaltungspersonal © Globus Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

Bundesweit streiken Tausende von Erzieherinnen, um ihren Forderungen nach mehr<br />

Lohn und einem besseren Gesundheitsschutz Nachdruck zu verleihen. Der Tarifvertrag<br />

betrifft rund 220 000 in städtischen Kitas und Sozialeinrichtungen angestellte Erzieher<br />

und Sozialpädagogen. Neben den öffentlichen gibt es viele gemeinnützige oder<br />

privatwirtschaftlich organisierte Träger von Kindertagesstätten. Insgesamt arbeiten knapp<br />

443 000 Beschäftigte in Deutschlands Kindertagesstätten, fast ausschließlich Frauen (97<br />

Prozent) und die Mehrzahl in Teilzeit.


Seite: 5<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Ausbildungsmarkt krisenfest machen<br />

SPD fordert Schutzschirm für Ausbildung<br />

Die Jugendlichen dürfen nicht zu den Verlierern der Konjunkturkrise werden. Deswegen müssen Politik<br />

und Wirtschaft alles dafür tun, den Ausbildungsmarkt krisenfest zu machen. Unser Ziel bleibt es, auch in<br />

diesem Jahr mindestens 600.000 Ausbildungsverträge zu erreichen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert<br />

daher einen Schutzschirm für Ausbildung. Hierzu haben die Arbeitsgruppen Arbeit und Soziales sowie Bildung<br />

und Forschung einen gemeinsamen 4-Punkte-Plan erarbeitet.<br />

Wir wollen den Ausbildungsbonus zu einem Förderinstrument<br />

für Jugendliche ausweiten, die durch eine<br />

Unternehmensinsolvenz ihren Ausbildungsplatz<br />

verlieren. Außerdem wollen wir mehr außerbetriebliche<br />

Ausbildungsplätze fördern, um das Ausbildungsangebot<br />

zu stabilisieren. Zudem schlagen wir<br />

vor, die Förderung der erweiterten Berufsorientierung<br />

und der Berufseinstiegsbegleitung durch die<br />

Bundesagentur für Arbeit zu verlängern.<br />

Auch wenn derzeit noch nicht endgültig absehbar<br />

ist, wie stark sich die konjunkturelle Krise auf den<br />

Ausbildungsmarkt niederschlagen wird, steht für die<br />

SPD fest: Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür<br />

schaffen, bei Bedarf kurzfristig und schnell reagieren<br />

zu können. Deswegen wollen wir noch vor der<br />

parlamentarischen Sommerpause gesetzliche Änderungen<br />

beim Ausbildungsbonus auf den Weg bringen,<br />

um einen Schutzschirm für Jugendliche aufzuspannen,<br />

deren Ausbildungsplatz durch Insolvenz<br />

bedroht ist. Für diese Gruppe wollen wir die Fördervoraussetzungen<br />

senken. Bislang ist die Förderung<br />

nur möglich, wenn der Auszubildende individuell<br />

benachteiligt ist und der Ausbildungsplatz zusätzlich<br />

angeboten wird. Diese Voraussetzungen wollen wir<br />

abschaffen. Dadurch sollen Unternehmen künftig<br />

für jeden übernommenen Insolvenzlehrling den Ausbildungsbonus<br />

erhalten können.<br />

Außerdem muss mit aller Kraft verhindert werden,<br />

dass es zu einem Einbruch beim Ausbildungsangebot<br />

kommt. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich<br />

dafür ein, dass die Förderung außerbetrieblicher<br />

Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche<br />

durch die Bundesagentur für Arbeit trotz rückläufiger<br />

Schulabgängerzahlen bei Bedarf mindestens auf<br />

das Niveau der Vorjahre aufgestockt wird. Zusätzlich<br />

schlagen wir vor, dass das Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung ein Sonderprogramm für außerbetriebliche<br />

oder betriebsnahe Ausbildungsplätze<br />

auflegt. So könnte etwa das beim Bildungsministerium<br />

angesiedelte Ausbildungsplatzprogramm Ost<br />

aufgestockt und auf die alten Bundesländer ausgeweitet<br />

werden.<br />

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die CDU/CSU<br />

auf, jetzt mit anzupacken, um einen solchen Schutzschirm<br />

für Ausbildung auf den Weg zu bringen und<br />

der Umsetzung keine Steine in den Weg zu legen.<br />

Wo es um die Bildungschancen von jungen Menschen<br />

geht, darf es kein Zögern und kein Zaudern<br />

geben.<br />

Die Unternehmen stehen in der Verantwortung gerade<br />

in der Krise verantwortungsbewusste Personalpolitik<br />

zu betreiben, um den Fachkräftenachwuchs<br />

zu sichern und so die Grundlagen für einen nachhaltigen<br />

Aufschwung zu schaffen. Der Ausbildungspakt<br />

steht vor einer Bewährungsprobe. Alle Verantwortlichen<br />

müssen entschlossen anpacken. Ein Aussitzen<br />

der Krise zu Lasten der Jugendlichen darf es nicht<br />

geben.


Seite: 6<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten<br />

Wolfgang Bosbach, René Röspel, Katrin Göring-<br />

Eckardt:<br />

Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht<br />

(Patientenverfügungsgesetz - PatVerfG)<br />

Stimmen gesamt: 566, Ja: 220, Nein: 344, Enthaltungen:2<br />

Der Gesetzentwurf ist in 2. Beratung abgelehnt.<br />

II. Zur Woche im Bundestag<br />

Regelung für Patientenverfügungen<br />

Der Bundestag hat in dieser Woche darüber entschieden,<br />

ob es künftig eine gesetzliche Regelung für<br />

Patientenverfügungen geben wird. Nach Schätzung<br />

haben bereits ca. 7 Millionen Menschen eine<br />

Patientenverfügung getroffen, deren Bindungswirkung<br />

umstritten ist und daher der gesetzlichen<br />

Klärung bedarf. Die Ängste der Bevölkerung, im Fall<br />

der eigenen Entscheidungsunfähigkeit entgegen den<br />

eigenen Wünschen ärztlich behandelt zu werden,<br />

sind groß.<br />

Nicht nur die Patienten, die festlegen wollen, unter<br />

welchen Bedingungen sie auf ärztliche Hilfe<br />

verzichten und das Sterben akzeptieren, auch die<br />

Angehörigen, Ärzte, Pfleger und die rechtlichen<br />

Vertreter des Sterbenden haben einen Anspruch auf<br />

einen klaren rechtlichen Rahmen. Zur Entscheidung<br />

lagen verschiedene Gruppenentwürfe für eine<br />

gesetzliche Regelung vor.<br />

Ich habe den Gruppenantrag von Rene Röspel und<br />

Wolfgang Bosbach unterstützt, kann aber auch mit<br />

dem beschlossenen Gesetzentwurf gut leben, da es<br />

mir wichtig ist, dass endlich eine gesetzliche Regelung<br />

für die Patientenverfügungen geschaffen wurde.<br />

Abstimmungsergebnisse<br />

Namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten<br />

Wolfgang Zöller, Dr. Hans Georg Faust, Dr. Herta<br />

Däubler-Gmelin:<br />

Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen<br />

(Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz - PVVG)<br />

Stimmen gesamt:571, Ja:77, Nein:486, Enthaltungen: 8<br />

Der Gesetzentwurf ist in 2. Beratung abgelehnt.<br />

Namentliche Abstimmung (2. Beratung) zum Gesetzentwurf<br />

der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch,<br />

Dr. Lukrezia Jochimsen:<br />

Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts<br />

Stimmen gesamt:566, Ja: 320, Nein: 241, Enthaltungen: 5<br />

Gesetzentwurf in 2. Beratung angenommen<br />

Namentliche Abstimmung (3. Beratung)zum Gesetzentwurf<br />

der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch,<br />

Dr. Lukrezia Jochimsen:<br />

Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts<br />

Stimmen gesamt:555, Ja:317, Nein:233, Enthaltungen:5<br />

Der Gesetzentwurf ist in 3. Beratung angenommen.<br />

Angemessenheit der Vorstandsvergütung<br />

Nach langem Hin- und Her konnten wir nun endlich<br />

in dieser Woche das Gesetz zur Begrenzung von<br />

Managergehältern beschließen. Die Einkommen der<br />

Chefs der DAX-Unternehmen sind in den letzten<br />

Jahren vom 14-fachen des durchschnittlichen<br />

Belegschaftsgehaltes auf das 44-fache gestiegen.<br />

Hinzu kommt, dass ein Großteil der variablen<br />

Bezüge von Managern in den letzten Jahren immer<br />

stärker auf kurzfristige Erfolgsindikatoren<br />

ausgerichtet wurde, anstatt auf einen nachhaltigen<br />

Unternehmenserfolg. Vor diesem Hintergrund<br />

haben wir gehandelt und dafür gesorgt, dass in<br />

Zukunft der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der<br />

Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitgliedes<br />

dafür zu sorgen hat, dass langfristige Verhaltensanreize<br />

zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung<br />

gesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist es in<br />

Zukunft erst frühestens nach vier Jahren möglich,<br />

Aktienoptionen zu ziehen und nicht wie bisher nach<br />

zwei Jahren. Außerdem haben wir die Regeln zur<br />

nachträglichen Herabsetzung der Vorstandsvergütung<br />

in Fällen, in denen sich die<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens<br />

wesentlich verschlechtert haben, verschärft. Und<br />

künftig wird der gesamte Aufsichtsrat über die<br />

Vergütung des Vorstandes und nicht ein kleiner<br />

Ausschuss entscheiden. Kungelrunden wird damit<br />

ein Riegel vorgeschoben.


Seite: 7<br />

Änderung des Sprengstoffgesetzes und<br />

des Waffenrechts<br />

Veranlasst durch den Amoklauf in Winnenden im<br />

März dieses Jahres nehmen wir weitere Änderungen<br />

des Waffenrechts in dem vorliegenden<br />

Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Durch diese<br />

Änderungen sollen die Anzahl legaler und illegaler<br />

Waffen reduziert werden, der Umgang mit<br />

großkalibrigen Waffen wird eingeschränkt und nur<br />

noch für Personen ab 18 Jahren zugelassen und die<br />

Verwahrung legaler Waffen soll sicherer erfolgen.<br />

Letzteres kann durch verdachtsunabhängige<br />

Kontrollen überprüft werden. Bis Ende 2012 wird ein<br />

Nationales Waffenregister errichtet. Wir schaffen<br />

die Voraussetzungen dafür, dass künftig<br />

Waffenschränke und Waffen durch biometrische<br />

Sicherungssysteme gesichert werden. Vorgesehen<br />

ist auch eine Amnestieregelung, so dass durch die<br />

freiwillige Abgabe illegaler Waffen eine<br />

Strafverfolgung vermieden werden kann.<br />

Erweiterung des Einsatzgebietes bei der<br />

Operation ATALANTA<br />

Wir haben in dieser Woche das Mandat zur Piraterie-<br />

Bekämpfung Operation ATALANTA angepasst. Das<br />

Einsatzgebiet wird ausgeweitet und umfasst künftig<br />

ein Seegebiet bis zu 500 Seemeilen vor der Küste<br />

Somalias und der Nachbarländer, darunter auch die<br />

Seychellen. Hinzu kommt auch der Luftraum über<br />

diesen Seegebieten.<br />

Die Europäische Union verfolgt mit dieser Operation<br />

das Ziel, die Piraten am Horn von Afrika und im<br />

betroffenen Seegebiet abzuschrecken und die<br />

Piraterie einzudämmen. Vorrangig werden die<br />

Schiffe für das Welternährungsprogramm geschützt,<br />

darüber hinaus auch andere Schiffe mit<br />

humanitären Hilfsgütern, Schiffe unter EU-Flagge<br />

oder teilnehmender Nationen. Das Mandat ist<br />

zunächst für die Zeit bis längstens zum 15. Dezember<br />

2009 begrenzt.<br />

Änderung des Straßenverkehrsrechts<br />

Diese Woche haben wir eine Änderung des<br />

Straßenverkehrsrechts beschlossen. Wir beheben<br />

damit den Engpass von Fahrern bei den Freiwilligen<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Feuerwehren, den Rettungsdiensten und den<br />

technischen Hilfsdiensten sowie dem<br />

Katastrophenschutz und verbessern damit deren<br />

Einsatzfähigkeit deutlich. Künftig können auch<br />

Mitglieder der eingangs benannten Organisationen,<br />

die ihren Pkw-Führerschein nach dem 1. Januar 1999<br />

erworben haben und somit nur Kfz bis zu 3,5 Tonnen<br />

fahren dürfen, mit einer speziellen Fahrprüfung<br />

schwere Einsatzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren.<br />

Dafür ist eine spezielle Fahrberechtigung zum<br />

Führen von solchen Einsatzfahrzeugen auf<br />

Grundlage einer spezifischen Ausbildung und<br />

Prüfung in die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)<br />

aufgenommen worden.<br />

Nach Schätzung des Feuerwehrverbandes sind<br />

bundesweit mindestens 16.000 Fahrzeuge betroffen,<br />

für die in der Regel fünf oder mehr Fahrer benötigt<br />

werden, um eine Einsatzfähigkeit rund um die Uhr<br />

zu gewährleisten.<br />

Assistenzpflegebedarf im Krankenhaus<br />

Wir haben iIn dieser Woche abschließend das Gesetz<br />

zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im<br />

Krankenhaus beraten. Damit vereinfachen wir die<br />

Betreuung durch Pflegekräfte, die pflegebedürftige<br />

Behinderte während einer stationären Krankenhausbehandlung<br />

für sich beschäftigen. Pflegebedürftige<br />

Menschen mit Behinderung hatten bislang während<br />

der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes keinen<br />

Anspruch gegen die jeweiligen Kostenträger auf<br />

Mitaufnahme ihrer Pflegekräfte in das Krankenhaus<br />

und auf Weiterzahlung der bisherigen entsprechenden<br />

Leistungen auch während der Dauer der<br />

Krankenhausbehandlung – dies wird nun geändert.<br />

Darüber hinaus regelt das Gesetz, dass schwerbehinderte<br />

Menschen künftig bei der unentgeltlichen<br />

Beförderung im öffentlichen Personenverkehr<br />

sich von einer Begleitperson begleiten lassen können<br />

und gleichzeitig einen Hund mitzuführen. Bislang<br />

konnte ein Hund nur anstatt einer Begleitperson<br />

mitgeführt werden. Der neue Leistungstatbestand<br />

"Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" stellt<br />

sicher, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch<br />

für die Betreuung körperlich und geistig behinderter<br />

Kinder und Jugendlicher in einer Pflegefamilie<br />

gewährt werden. Damit wird erreicht, dass diese<br />

Möglichkeit als Alternative zur vollstationären<br />

Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies<br />

dem Wohle des Kindes dient.


Seite: 8<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

III. Kompaktinfo<br />

Gedenkveranstaltung des Deutschen Bundestages<br />

zum 17. Juni<br />

Der Deutsche Bundestag kam am Mittwoch, dem 17. Juni 2009, um 12 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung<br />

zusammen, in der an den Volksaufstand in der DDR vor 56 Jahren erinnert wurde. Nach einer Ansprache von<br />

Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) hat der Philosoph und Theologe Prof. Dr. Richard<br />

Schröder die Gedenkrede gehalten. Im Anschluss daran wurde an der Ostseite des Reichstagsgebäudes eine<br />

Tafel zur Erinnerung an den Beitrag Polens und der Gewerkschaft "Solidarność" (Solidarität) zur Wiedervereinigung<br />

Deutschland und zur Einheit Europas feierlich enthüllt.<br />

Rede von Prof. Dr. Richard Schröder<br />

anlässlich der Gedenkstunde des Deutschen<br />

Bundestages zum 56. Jahrestag des Volksaufstandes<br />

vom 17. Juni 1953<br />

Meine Damen und Herren! Der 17. Juni war in der<br />

Bundesrepublik Staatsfeiertag. Es ist mir allerdings<br />

bis heute noch kein Westdeutscher begegnet, der<br />

mir genauer erklären konnte, wie es dazu kam und<br />

was daraus folgte. Ich bezweifle zwar nicht, dass es<br />

sie gibt, aber sie können nicht sehr zahlreich sein.<br />

In der DDR war der 17. Juni ein Tabu. Mein Vater,<br />

dem ich in diesem Falle einen Hang zum schwarzen<br />

Humor zuschreiben muss, ging am 16. Juni zum<br />

Friseur und erklärte: Morgen ist der 17. Juni, da wird<br />

bei uns gefeiert. - Erstarrte Gesichter: Ist der<br />

Apotheker lebensmüde? Dann die Entwarnung: Da<br />

habe ich nämlich Geburtstag.<br />

(Heiterkeit)<br />

Wenn der 17. Juni in der DDR überhaupt erwähnt<br />

wurde, wurde er als faschistischer Putsch bezeichnet,<br />

angezettelt vom Westen, namentlich, wie es<br />

hieß, vom RIAS, dem Rundfunk im Amerikanischen<br />

Sektor von Berlin. Zwei Briefmarken, die im Herbst<br />

1953 in Westberlin zur Erinnerung an den 17. Juni<br />

erschienen, wurden auf Briefen in die DDR mit<br />

schwarzem Lack unkenntlich gemacht. Im<br />

Sammlerkatalog stand zu diesen Marken nur:<br />

"Nr. 110 und 111 fallen aus".<br />

(Heiterkeit)<br />

Prof. Dr. Richard Schröder erinnerte an den 17.<br />

Juni 1953 (Foto: DBT/photothek)<br />

Tatsächlich ist die Erinnerung an den 17. Juni in der<br />

DDR fast völlig erloschen. Deshalb versuche ich mich<br />

hier als erinnernder Chronist auch mit ziemlich<br />

vielen Zahlen.<br />

Am 17. Juni 1953 kam es in 700 Orten der DDR zu<br />

Streiks und Demonstrationen. Ausgelöst waren sie<br />

durch die 10-prozentige Normerhöhung, die die SED-<br />

Regierung Ende Mai zu Ehren von Ulbrichts<br />

50. Geburtstag verfügt hatte.<br />

(Heiterkeit)<br />

Bei den Lohnzahlungen am Sonnabend, dem 13. Juni<br />

1953, wurden sie zum ersten Mal wirksam; da wurde<br />

noch wochenweise gezahlt. Daraufhin verfassten<br />

am Montag, dem 15. Juni, die Bauarbeiter des<br />

Krankenhauses Berlin-Friedrichshain eine Resolution<br />

an den Ministerpräsidenten Grotewohl und<br />

forderten, "dass von dieser Normerhöhung auf<br />

unserer Baustelle Abstand genommen wird. Wir<br />

erwarten Ihre Stellungnahme bis morgen Mittag."<br />

Jetzt sind wir beim 16. Juni. Der Vorsitzende der<br />

Betriebsgewerkschaftsleitung und drei Arbeiter


Seite: 9<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

brachten die Resolution in das Haus der Ministerien.<br />

Als am 16. Juni keine Antwort vorlag, zogen etwa<br />

10 000 Demonstranten zum Haus der Ministerien.<br />

Inzwischen hatte das Politbüro die Normerhöhung<br />

zurückgenommen. Als Minister Selbmann das aber<br />

vor dem Haus der Ministerien den Demonstranten<br />

mitteilte, wurde er niedergeschrieen. Ein Arbeiter<br />

rief: "Was du uns da erklärst, interessiert uns<br />

überhaupt nicht. Wir wollen frei sein. Wir fordern<br />

freie und geheime Wahlen." Ein anderer rief: "Für<br />

morgen rufen wir den Generalstreik aus".<br />

Eine Abordnung der Demonstranten suchte den RIAS<br />

in Westberlin auf, der in der ganzen DDR gehört<br />

werden konnte. Der RIAS informierte über die<br />

Berliner Ereignisse des 16. Juni und verbreitete vier<br />

Forderungen der Demonstranten: Rücknahme der<br />

Normerhöhung, Senkung der Lebenshaltungskosten,<br />

freie und geheime Wahlen, keine Maßregelungen<br />

der Streikenden. Den Aufruf zum Generalstreik hat<br />

der RIAS nicht verbreitet, aber korrekt die Rücknahme<br />

der Normerhöhungen durch das Politbüro. Kurz<br />

darauf verbot ein amerikanischer Offizier dem RIAS<br />

die weitere Verbreitung dieser Nachricht, weil er<br />

fürchtete, Westberlin könnte tangiert und ein Krieg<br />

ausgelöst werden.<br />

Am 16. Juni, 23 Uhr wandte sich der Bundesminister<br />

für gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser, über den<br />

RIAS an die Ostberliner und Ostdeutschen mit der<br />

Bitte, "sich weder durch Not noch durch Provokationen<br />

zu unbedachten Handlungen hinreißen zu<br />

lassen. Niemand soll sich selbst und seine<br />

Umgebung in Gefahr bringen." Am 17. Juni, 5.15 Uhr<br />

meldete sich der Westberliner DGB-Vorsitzende<br />

Scharnowski über den RIAS zu Wort:<br />

Tretet darum der Bewegung der Ostberliner<br />

Bauarbeiter, BVGer und Eisenbahner bei … Je größer<br />

die Beteiligung ist, desto machtvoller und<br />

disziplinierter wird die Bewegung für Euch mit<br />

gutem Erfolg verlaufen.<br />

Am 17. Juni begannen landesweit früh Demonstrationen.<br />

Allein in Berlin waren schließlich 150 000, im<br />

ganzen Land etwa 1 Million auf der Straße<br />

unterwegs, zuallermeist friedlich, es kam aber auch<br />

zu Gewaltakten. Gebäude sind erstürmt, Kioske und<br />

das Columbushaus in Berlin in Brand gesteckt<br />

worden. Es gab auch Fälle von Lynchjustiz. Zwischen<br />

10 und 15 Personen sind durch Aufständische ums<br />

Leben gekommen. Die Sicherheitskräfte der SED<br />

waren völlig kopflos. Nicht wenige Polizisten gingen<br />

zu den Demonstranten über.<br />

Um 10 Uhr ließ der sowjetische Botschafter<br />

Semjonow die handlungsunfähige SED-Führung in<br />

geschlossener Wagenkolonne in die sowjetische<br />

Kaserne nach Karlshorst abtransportieren. Um<br />

13 Uhr verhängte die Besatzungsmacht den<br />

Ausnahmezustand über alle großen Städte und über<br />

167 der 217 Landkreise. Allein in Ostberlin fuhren<br />

600 sowjetische Panzer auf. Es wurde auf<br />

Demonstranten geschossen: erst über die Köpfe<br />

hinweg, dann, wo das nicht wirkte, auch auf<br />

Personen. Auf Moskauer Anordnung wurden sofort<br />

willkürlich 18 standrechtliche Erschießungen<br />

vorgenommen und dieselben zur Abschreckung mit<br />

Plakaten veröffentlicht. Die Zahl der Toten wird<br />

insgesamt auf 60 bis 150 geschätzt, die der<br />

Verwundeten ist unbekannt. 13 000 wurden<br />

anschließend verhaftet, 2 000 zu harten Zuchthausstrafen<br />

verurteilt, 2 zum Tode. Besonders hart<br />

wurden die Organisatoren der Streiks bestraft,<br />

obwohl die DDR-Verfassung das Streikrecht<br />

garantierte.<br />

Was als Streik der Arbeiter gegen Lohnkürzungen<br />

begann, wurde in wenigen Stunden zu einem<br />

landesweiten Aufstand mit politischen Forderungen:<br />

freie Wahlen, Freilassung der politischen Gefangenen,<br />

Rücktritt der Regierung, Pressefreiheit,<br />

Wiedervereinigung. Beteiligt waren schließlich alle<br />

Schichten der Bevölkerung, auch Mitglieder der<br />

Parteien, auch Mitglieder der SED, und der<br />

Gewerkschaften. Auf dem Lande gab es Bauerndemonstrationen.<br />

Viele Demonstrationen führten vor<br />

die Gefängnisse mit der Forderung nach Freilassung<br />

der politischen Häftlinge, oft mit Erfolg. Aber nach<br />

36 Stunden endete alles in einer blutigen Tragödie.<br />

Wie kam es zu diesem Aufstand? Die Normerhöhung<br />

war bloß der Auslöser. Die Ursachen lagen tiefer; sie<br />

lagen ein Jahr zurück. Auf der Zweiten Parteikonferenz<br />

der SED vom 9. bis 12. Juni 1952 wurde der<br />

Aufbau des Sozialismus in der DDR proklamiert: Das<br />

hieß: Die DDR sollte nach dem Muster der<br />

Sowjetunion umgestaltet werden. Es folgte das<br />

schlimmste Jahr der DDR.<br />

1947 waren auch in der Sowjetischen Besatzungszone<br />

Länderverfassungen in Kraft gesetzt worden, die<br />

der deutschen Verfassungstradition durchaus noch<br />

verpflichtet waren mit Gewaltenteilung und


Seite: 10<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

unabhängiger Justiz, wenn auch nicht uneingeschränkt.<br />

Mit Gesetz vom 23. Juli 1952 wurden die<br />

Länder abgeschafft und in 14 Bezirke aufgeteilt. Mit<br />

den Ländern verschwanden auch die Verwaltungsgerichte<br />

und die Finanzgerichte. 200 Richter wurden<br />

damals entlassen, nicht weil sie Nazis waren - die<br />

hatte die sowjetische Besatzungsmacht längst<br />

entlassen -, sondern weil ihre Unparteilichkeit störte.<br />

Sie wurden durch unausgebildete SED-treue<br />

"Neurichter" ersetzt, die, wenn mir die freche<br />

Bemerkung erlaubt ist, besonders gut kurzen Prozess<br />

machen konnten.<br />

Die Erklärung der Zweiten Parteikonferenz beginnt<br />

mit einem Aufruf zum "nationalen Befreiungskampf<br />

gegen die amerikanischen, englischen und<br />

französischen Okkupanten in Westdeutschland" und<br />

zum "Sturz ihrer Vasallenregierung in Bonn". Die<br />

"Festigung und Verteidigung der Grenze" und die<br />

"Organisierung bewaffneter Streitkräfte, die mit der<br />

neuesten Technik ausgerüstet" sind, werden<br />

angekündigt. Einen Monat zuvor, am 26. Mai 1952,<br />

war die Westgrenze abgeriegelt worden. Die<br />

Aufrüstung der DDR begann. Der Ausbau der<br />

Schwerindustrie wurde auf Kosten der Konsumgüterindustrie<br />

forciert: Milliardenprojekte für<br />

Schiffsbau und Flugzeugbau; denn nach dem Willen<br />

der Sowjetunion sollte die DDR auf beiden Gebieten<br />

ihre eigenen Rüstungsgüter produzieren. Das alles<br />

brachte die DDR-Wirtschaft in eine schwere Krise.<br />

Die neue Losung "Aufbau des Sozialismus" hieß<br />

zugleich: "Verschärfung des Klassenkampfes", den<br />

"feindlichen Widerstand brechen". Im Klartext: Die<br />

Staatsmacht wurde zur Waffe der Partei gegen die<br />

Bürger. Das war mit Klassenkampf gemeint. Der<br />

Klassenkampf richtete sich gegen die wirtschaftlich<br />

Selbstständigen - wer Angestellte hatte, war jetzt<br />

ein Kapitalist -, gegen Bauern und Bürgertum. Ihnen,<br />

nämlich 2 Millionen Personen, wurden die<br />

Lebensmittelkarten entzogen, und die Justiz wurde<br />

regelrecht als Terrorinstrument eingesetzt, getreu<br />

dem Satz von Lenin:<br />

Das Gericht soll den Terror nicht beseitigen …,<br />

sondern ihn prinzipiell, klar, ohne Falsch und ohne<br />

Schminke begründen und gesetzlich verankern.<br />

Wer es nachlesen möchte, findet es in Lenins<br />

Werken, in der DDR erschienen, Band 33, Seite 344.<br />

Von August 1952 bis Januar 1953 kam es zu 1 250<br />

Gerichtsverfahren gegen Bauern, die das erhöhte<br />

Ablieferungssoll nicht erreichten oder daraus<br />

resultierende Steuerschulden nicht begleichen<br />

konnten. Ich nenne ein Beispiel: In Prenzlau wurde<br />

ein Bauer zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt und<br />

enteignet, weil er aus Krankheitsgründen das Soll<br />

nicht erfüllt hatte. Mehr als 15 000 Bauern<br />

flüchteten damals in den Westen. Die sowjetische<br />

Botschaft meldete nach Moskau, dass deswegen<br />

500 000 Hektar Land brachliegen.<br />

Aufgrund des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums<br />

wurden bis Ende 1953 circa 10 000 Personen<br />

verurteilt, meistens Arbeiter. Auch dafür ein Beispiel:<br />

Ein Lagerarbeiter aus Luckenwalde wurde zu drei<br />

Jahren Haft verurteilt, weil er den Diebstahl von<br />

einem Paar Hausschuhe nicht etwa begangen,<br />

sondern durch einen Dritten nicht verhindert hatte.<br />

Der private Handel und Großhandel wurde mittels<br />

verweigerter Kredite, Zulieferungsverboten und<br />

systematisch eingesetzter schikanöser Steuerprüfverfahren<br />

zerschlagen. Bei der Zerschlagung des<br />

Großhandels wurden in 3 000 Betriebsprüfungen<br />

2 100 Strafverfahren eingeleitet, 2 300 Personen<br />

verhaftet und ein Vermögen von 335 Millionen Mark<br />

eingezogen.<br />

März/April 1953 kam es zu einem regelrechten<br />

Kirchenkampf. Die Junge Gemeinde wurde als<br />

Tarnorganisation des US-Imperialismus denunziert.<br />

3 000 Jugendliche wurden von den Oberschulen<br />

verwiesen, weil sie nicht bereit waren, sich vor<br />

versammelter Schülerschaft von der Jungen<br />

Gemeinde loszusagen. Lehrer wurden strafversetzt<br />

oder entlassen. Etwa 70 Pfarrer und Jugendleiter<br />

waren damals inhaftiert, 600 Studenten wegen<br />

Teilnahme an der Studentengemeinde exmatrikuliert.<br />

In diesem einen Jahr des Aufbaus des Sozialismus<br />

hat sich die Zahl der Häftlinge auf 64 400<br />

verdoppelt. Mehrere Hunderttausend sind damals<br />

aus Angst um ihre Freiheit nach Westberlin<br />

geflohen.<br />

Der Klassenkampf richtete sich auch gegen SED-<br />

Mitglieder. Eine "Säuberung" von "feindlichen<br />

Elementen" mit Schauprozessen wurde vorbereitet.<br />

Im Januar 1953 wurden Juden als "zionistische<br />

Agenten" aus der Vereinigung der Verfolgten des<br />

Nazi-Regimes, VVN, ausgeschlossen. Seit dem<br />

11. September 1952 wurden an die SED-Funktionäre<br />

bis auf die Kreisebene hinab persönliche Waffen


Seite: 11<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

ausgegeben, die erst im November 1989 wieder<br />

eingesammelt wurden. In der letzten Sitzung des ZK<br />

der SED 1989 beklagte ein Altkommunist unter<br />

Tränen die Demütigung, diese Waffe abgeben zu<br />

müssen, mit der er doch den Sozialismus zu<br />

verteidigen beabsichtigte.<br />

Nach Stalins Tod am 7. März 1953 beobachtete die<br />

neue sowjetische Führung die repressive Politik der<br />

SED mit wachsender Sorge, weil sie um die Stabilität<br />

ihres westlichen Vorpostens fürchtete. Deshalb<br />

wurde die SED-Führung ziemlich harsch vom 2. bis<br />

4. Juni nach Moskau einbestellt. Ihr wurde ein<br />

umfangreiches Schriftstück zur Stellungnahme<br />

vorgelegt, in dem als Hauptursache für die<br />

Massenflucht der DDR-Bürger und die Wirtschaftskrise<br />

"der Kurs auf einen beschleunigten Aufbau des<br />

Sozialismus" verantwortlich gemacht wurde, der<br />

nun "für nichtig zu halten" sei. Kritisiert werden<br />

namentlich die Repressionen gegen Bauern, gegen<br />

das "Privatkapital", die Forcierung der Schwerindustrie<br />

zulasten der Versorgung der Bevölkerung und die<br />

Einmischung in die inneren Angelegenheiten der<br />

Kirche. Der SED werden "Maßnahmen zur Stärkung<br />

der Gesetzlichkeit und Gewährung der Bürgerrechte"<br />

auferlegt. Nicht erwähnt wird die Normerhöhung,<br />

möglicherweise deshalb, weil sie erst nach<br />

Fertigstellung des Papiers verkündet wurde. Sie<br />

wurde wohl einfach übersehen. Das sollte<br />

schwerwiegende Folgen haben. Diese Kurskorrektur,<br />

so wird in dem Papier von der sowjetischen Seite<br />

erklärt, sollte der "Stärkung unserer Position sowohl<br />

in Deutschland selbst als auch in der Deutschlandfrage<br />

auf der internationalen Ebene" dienen.<br />

Die SED-Führung gehorchte umgehend. Noch von<br />

Moskau aus ließ sie die Verbreitung ihres Propagandamaterials<br />

sperren und die pompösen Vorbereitungen<br />

zu Ulbrichts Geburtstag stoppen, die die<br />

Sowjetführung als Personenkult kritisiert hatte. Am<br />

9. Juni beschloss das Politbüro der SED ein<br />

Kommuniqué, in dem es seine Fehler eingestand,<br />

das ganze Inventar der Repressionen noch einmal<br />

aufzählte und deren Rücknahme ankündigte - mit<br />

zwei Ausnahmen: Das Wort "Bürgerrechte" fehlte<br />

und die Normerhöhung. Die Arbeiter- und<br />

Bauernregierung hatte die Arbeiter vergessen, weil<br />

Moskau nichts ausdrücklich angeordnet hatte. Weil<br />

sie sich zu Recht übergangen sahen, traten die<br />

Arbeiter in den Streik. So kam es zum 17. Juni.<br />

Welche Folgen hatte der 17. Juni? Eine paradoxe<br />

Folge, die weder die Demonstranten noch die<br />

Sowjetunion gewollt haben: Der 17. Juni rettete<br />

Ulbrichts Position. Er triumphierte gegen seine<br />

innerparteilichen Widersacher und säuberte die<br />

Partei. Kriterium war der 17. Juni. Wer zurückgewichen<br />

war oder gar mit den Forderungen der<br />

Demonstranten sympathisiert hatte, verlor seinen<br />

Posten. Bis 1954, in diesem einen Jahr, wurde<br />

ungefähr die Hälfte aller SED-Funktionäre<br />

ausgetauscht. Dagegen war es nun nicht mehr so<br />

wichtig, ob jemand früher Nazi war. Im Februar 1954<br />

ermittelten parteiinterne Statistiker sehr penibel,<br />

dass der Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder in der<br />

SED zunimmt. Waren es bisher 8,6 Prozent, sind es<br />

nun bei den Aufnahmeanträgen 9,3 Prozent. Bei<br />

Mitgliedern der SA und SS stieg die Zahl gar von<br />

6 Prozent auf 10 Prozent. Als die SED-Kreisleitung<br />

Pasewalk am 27. Januar 1954 eine Kommission<br />

bilden wollte, um den steigenden Anteil von Altnazis<br />

in der SED des Kreises zu untersuchen, wurde ihr das<br />

strikt verboten.<br />

Unmittelbar nach dem 17. Juni begann erneut der<br />

Justizterror. Ab 1954 wurde die Jugendweihe zum<br />

neuen Kirchenkampfinstrument. Ab 1958 wurde die<br />

Kollektivierung der Landwirtschaft wieder forciert.<br />

Die Reste der privaten Wirtschaft, meistens zu<br />

"halbstaatlichen Betrieben" umgewandelt, zerschlug<br />

Honecker Anfang 1970, obwohl sie überproportional<br />

am Export beteiligt waren. Aber die SED begann nun<br />

auch, die Lebensverhältnisse zu verbessern, um die<br />

Arbeiter für sich zu gewinnen. Später hieß das:<br />

Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Nichts<br />

gegen Sozialpolitik! Die SED betrieb sie aber als<br />

Gnadengabe für Wohlverhalten. Das Ziel war:<br />

zufriedene Knechte, nicht Bürgerrechte.<br />

Der 17. Juni blieb das Trauma der SED. Als dem<br />

Stasiminister Mielke am 31. August 1989 über die<br />

brisante Lage berichtet wurde, fragte er: "Ist es so,<br />

dass morgen der 17. Juni ausbricht?". Aber auch für<br />

die Bevölkerung der DDR blieb der 17. Juni ein<br />

Trauma. Alle Losungen von damals waren seitdem<br />

tabu, namentlich freie Wahlen und Pressefreiheit.<br />

Wir mussten lernen: Gegen Panzer ist Zivilcourage<br />

machtlos. Das haben wir 1956 in Ungarn und 1968 in<br />

der CSSR wieder erlebt. Wo sich der Ruf nach Freiheit<br />

meldet, erscheinen die sowjetischen Panzer.<br />

Budapest ist 1956 stärker zerstört worden als im<br />

Zweiten Weltkrieg. Daraus ergab sich zwingend: Der


Seite: 12<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Schlüssel für große Veränderungen liegt nicht in der<br />

DDR, er liegt in Moskau. Wenn allerdings dort ein<br />

Nagy oder Dubcek auftreten sollte, dann werden die<br />

Panzer wohl in den Kasernen bleiben. Er kam<br />

schließlich und hieß Gorbatschow.<br />

Was genau war nun dieser 17. Juni? Die SED hat bis<br />

zuletzt behauptet: Das war ein von außen gelenkter<br />

faschistischer Putsch. Erfreulicherweise hat sich der<br />

Vorstand der PDS 1993 davon distanziert. Trotzdem<br />

gibt es auch in ihren Reihen immer noch Vertreter<br />

der These vom faschistischen Putsch; aber das muss<br />

uns nicht sehr aufregen. Peinlich ist, dass alle DDR-<br />

Schriftsteller, die sich vor 1989 zum 17. Juni geäußert<br />

haben, Stephan Hermlin, Anna Seghers, Heiner<br />

Müller, die These vom faschistischen Putsch oder, so<br />

Stefan Heym, vom halbfaschistischen Putsch,<br />

gefolgt sind. Kurt Barthel, der sich KuBa nannte und<br />

furchtbare Hymnen auf Stalin verfasst hat, schrieb in<br />

einem Flugblatt gegen die Ostberliner Bauarbeiter,<br />

dass er sich für sie schäme. "Da werdet ihr sehr viel<br />

und sehr gut mauern … müssen, ehe euch diese<br />

Schmach vergessen wird." Dergleichen mag Bertolt<br />

Brecht veranlasst haben, nach dem 17. Juni zwar<br />

öffentlich seine Solidarität mit der SED zu bekunden,<br />

zu Hause aber für sich aufs Papier den Text Die<br />

Lösung niederzuschreiben: Die Regierung möge das<br />

Volk auflösen und ein anderes wählen, wenn das<br />

Volk das Vertrauen der Regierung verspielt hat.<br />

Zum 50. Jahrestag des 17. Juni haben sich Westdeutsche<br />

zu Wort gemeldet, die erklärten, der 17. Juni sei<br />

kein Ruhmesblatt für die Deutschen. Hubertus<br />

Knabe warf dem Westen vor, nicht eingegriffen zu<br />

haben. Gerhard Besier warf den ostdeutschen<br />

Kirchen Versagen vor. Solche Besserwisserei<br />

hinterher und vom Schreibtisch aus nervt. Hätte der<br />

Westen am 17. Juni eingegriffen, hätte tatsächlich<br />

ein Weltkrieg gedroht. Die Sowjetunion hatte nach<br />

1945 nicht, wie die Westmächte, abgerüstet. Hätten<br />

die Kirchen vor oder nach dem 17. Juni zu Demonstrationen<br />

aufgerufen, hätten sie bloß die Zahl der<br />

Opfer erhöht. Es ist zweierlei: Märtyrer werden,<br />

nämlich Nachteile für seinen Glauben hinnehmen<br />

müssen - das haben auch damals viele in der DDR<br />

erfahren -, und Märtyrer machen. Das ist den<br />

christlichen Kirchen verwehrt, und dabei soll es<br />

bleiben.<br />

Nochmals: Gegen Panzer ist Zivilcourage machtlos.<br />

Zuletzt ist uns das 1989 in China auf dem Platz des<br />

Himmlischen Friedens verdeutlicht worden. Aber<br />

wenn der 17. Juni gar keinen Erfolg hatte, war er<br />

dann nicht eine Torheit? Immanuel Kant hat zur<br />

Französischen Revolution bemerkt: Bedenkt man,<br />

mit wie viel Elend und Greuel sie verbunden war,<br />

könnte niemand verantworten, sie auf diese Kosten<br />

noch einmal zu unternehmen. Trotzdem finde diese<br />

Revolution "in den Gemüthern der Zuschauer eine<br />

Theilnehmung dem Wunsche nach, die nahe an<br />

Enthusiasmus grenzt", weil sich da gegen den<br />

Despotismus der Gedanke des Rechts Geltung<br />

verschafft hat. So ähnlich sollten wir den 17. Juni<br />

auch sehen. Ihn noch einmal zu initiieren, wenn wir<br />

das fingieren, könnte der hohen Opfer wegen<br />

niemand verantworten. Aber trotzdem nötigt es uns<br />

Bewunderung ab, dass der Wunsch nach Einigkeit<br />

und Recht und Freiheit damals so unerwartet<br />

mächtig wurde.<br />

(Beifall)<br />

Widerlegt wurde, dass den Deutschen der<br />

Untertanengeist angeboren sei.<br />

Das wurde im Herbst 1989 noch einmal widerlegt.<br />

War er die Fortsetzung des 17. Juni? Erst einmal:<br />

Nein. Die oppositionellen Gruppen in der DDR und<br />

die Demonstranten des Herbstes haben sich nicht<br />

auf dieses Datum bezogen. Eher könnte man sagen:<br />

Weil eine neue Generation junger Nonkonformisten<br />

nicht durch die Erinnerung an den 17. Juni gelähmt<br />

war, erlaubte sie sich unbekümmert Kritik, zunächst<br />

bei den Themen Umwelt, Frieden, Abrüstung und<br />

Dritte Welt. Das brachte die SED deshalb in<br />

Verlegenheit, weil das nicht die Themen waren, die<br />

als staatsfeindlich perhorresziert waren. Sie<br />

forderten auch nicht freie Wahlen, sondern zählten,<br />

was das DDR-Wahlrecht zuließ, bei den Kommunalwahlen<br />

im Mai 1989 nach und erstatteten dann<br />

Anzeige nach DDR-Recht. Diese Gruppen unter dem<br />

Dach der Kirche entdeckten die Vernetzung als<br />

Schutz.<br />

Nicht von Baustellen und Betrieben nahmen die<br />

Demonstrationen ihren Ausgang, sondern von<br />

Friedensgottesdiensten. Es wurden Verhaltensmaßregeln<br />

gelernt: Wer verhaftet wird, ruft seinen<br />

Namen, damit er nicht namenlos verschwindet, und<br />

"Keine Gewalt!". Als die Montagsdemonstration zur<br />

Massenbewegung anschwoll und an der "Runden<br />

Ecke", dem Stasiquartier in Leipzig, vorbeiführte,


Seite: 13<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

stellten sich Demonstranten mit Kerzen zum Schutz<br />

vor das Gebäude, damit auch nicht eine Fensterscheibe<br />

kaputtging und Anlass zur Gewalt gab. Der<br />

Volkskammerpräsident Sindermann hat später dazu<br />

resigniert festgestellt: "Auf alles waren wir<br />

vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen".<br />

Mauerstück mit Gedenktafel<br />

(Heiterkeit)<br />

Nach dem 17. Juni 1953 waren die Arbeiterkampfgruppen<br />

zum Kampf gegen die Konterrevolution<br />

gegründet worden. Als sie 36 Jahre später, im Herbst<br />

1989, zum ersten Mal gegen Konterrevolutionäre,<br />

sprich: die Demonstranten, eingesetzt werden<br />

sollten, haben 346 Kampfgruppenangehörige den<br />

Befehl verweigert. Vergeblich habe ich mich bis zum<br />

heutigen Tage bemüht, darauf hinzuweisen, dass es<br />

auch hier Leute gibt, die unseren Respekt verdienen.<br />

(Beifall)<br />

Diese 346 Kampfgruppenangehörige haben gesagt:<br />

Die Demonstranten sind keine Konterrevolutionäre.<br />

Wir wissen das; da sind auch Kollegen von uns dabei.<br />

Die deutsche Einheit gehörte nicht zu den<br />

Forderungen der oppositionellen Gruppen in der<br />

DDR. Erst als die Mauer fiel und die Ohnmacht des<br />

Regimes offenbar war, begannen Demonstranten<br />

aus der Nationalhymne der DDR zu skandieren:<br />

"Deutschland einig Vaterland". Da waren sie alle drei<br />

wieder beieinander: Einigkeit und Recht und<br />

Freiheit.<br />

Ich danke Ihnen.<br />

(Anhaltender Beifall)<br />

(Nationalhymne - Beifall)<br />

Lammert und Komorowski vor der Gedenktafel<br />

© DBT/Melde<br />

Als "Beitrag für Freiheit und Einheit auch in diesem<br />

Teil Europas" hat der Präsident des polnischen<br />

Parlaments, Sejmmarschall Bronisław Komorowski,<br />

das Stück der Mauer der Danziger Werft gewürdigt,<br />

das er zusammen mit Bundestagspräsident Prof. Dr.<br />

Norbert Lammert am 17. Juni 2009 an der Nordostseite<br />

des Berliner Reichstagsgebäudes enthüllte. Das<br />

Mauerstück ist mit einer bronzenen Gedenktafel<br />

versehen mit den Worten "Zur Erinnerung an den<br />

Kampf der Solidarność für Freiheit und Demokratie<br />

und an den Beitrag Polens zur deutschen Wiedervereinigung<br />

und für ein politisch geeintes Europa".<br />

Bei dem Mauerstück der früheren Lenin-Werft in<br />

Danzig handelt es sich um jenen Teil, über den der<br />

damalige Arbeiterführer und spätere polnische<br />

Präsident Lech Wałęsa am 14. August 1980<br />

gesprungen war, um den Streik zu organisieren, der<br />

zur Gründung der Solidarność-Gewerkschaft führte,<br />

der ersten unabhängigen Gewerkschaft in einem<br />

kommunistischen Land.<br />

Lammert wertete die Gedenktafel als "sichtbares<br />

Zeichen der Erinnerung“ an eine oft nicht einfache,<br />

nicht immer glückliche, aber gemeinsame<br />

Geschichte beider Länder. In diesem Jahr werde<br />

sowohl an den 20. Jahrestag des Falls der Berliner<br />

Mauer gedacht als auch der ersten freien Wahlen in<br />

Polen nach dem Kampf der Solidarność für Freiheit<br />

und Demokratie.<br />

Komorowski seinerseits dankte für die Unterstützung,<br />

dieses Denkmal hier aufstellen zu können. Das<br />

Europäische Zentrum Solidarność habe dem<br />

Bundestag dieses Mauerstück geschenkt, das ein<br />

Symbol des siegreichen Kampfes für Freiheit und<br />

Demokratie sei. An dieser Stelle sei die Berliner<br />

Mauer verlaufen, die als Teil des eisernen Vorhangs<br />

auch Polen von Freiheit und Demokratie abgeschirmt<br />

habe.


Seite: 14<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

IV. Düsseldorf<br />

Caritas open door—<br />

Wer ist mein Nächster?<br />

Elleraner Schützen feierten<br />

Das ist lebendiges Bürgerengagement<br />

Im Rahmen der "Missionale Düsseldorf 2009 - Öffnet<br />

die Türen für Christus" lud der Caritasverband Düsseldorf<br />

zum Gespräch. Auf der Roten Couch nahmen<br />

Politiker und kirchliche Repräsentanten Platz. Auch<br />

<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> war dabei: "Mein Glaube bietet mir<br />

Halt, Orientierung und einen Ordnungsrahmen, der<br />

mich in meinem persönlichen und politischen Leben<br />

begleitet. Ohne Werte wird Politik beliebig, ohne<br />

Glaube und das gesellschaftliche Engagement der<br />

Kirchen unsere Gesellschaft ärmer. Die Missionale<br />

hat die Lebendigkeit des Glaubens vermittelt."<br />

Der Elleraner Schützenumzug ist ein Großereignis<br />

für Eller und Umgebung. Den traditionellen Schützenumzug<br />

besuchten auch <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> und die<br />

Genossinnen und Genossen. Herbert Prickler, Ratskandidat<br />

der SPD für Eller ist aktives Mitglied und<br />

ließ es sich nicht nehmen in der Husarenuniform mit<br />

zu marschieren. Wie immer ein tolles Fest. Dank an<br />

alle, die daran mitarbeiten.<br />

Gute Stimmung am SPD-Infostand<br />

in Unterbach<br />

Einen so großen<br />

Zulauf haben die<br />

GenossInnen in<br />

Unterbach nicht<br />

immer. Zu ihrem<br />

Infostand zur Europa-Wahl<br />

kamen<br />

u.a. die Ratskandidatin<br />

Elke Gessner, der Ortsvereinsvorsitzende Werner<br />

Rost, Oliver Klumparendt, der für die Bezirksvertretung<br />

kandidiert, die Bundestagsabgeordnete <strong>Karin</strong><br />

<strong>Kortmann</strong> und die Europakandidatin Petra Kammerevert.<br />

Was hat Aids in Afrika mit uns zu tun?<br />

AIDS-Truck in Düsseldorf<br />

Auf Einladung von <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, konnten sich<br />

mehrere Klassen des Gymnasiums Koblenzer Straße<br />

in Düsseldorf, im Aids-Truck des Katholischen Hilfswerks<br />

missio über Aids und seine Folgen in Afrika<br />

informieren.


Seite: 15<br />

<strong>KKKompakt</strong><br />

Weltweit sind mehr als 33 Mio Menschen mit dem<br />

HIV infiziert, davon leben 2/3 in den Ländern südlich<br />

der Sahara. Mehr als 13 Mio Aids-Waisen sind auf<br />

staatliche Hilfen angewiesen, ganze Generationen<br />

erreichen nicht das 40. Lebensjahr. Das ist die traurige<br />

Bilanz, mit der sich die Schülerinnen und Schüler<br />

gestern und in ihrem Biologieunterricht befassten.<br />

Es ist wichtig sich frühzeitig über die Ansteckungswege<br />

und die Präventionsmöglichkeiten aufzuklären.<br />

Auch in Deutschland nehmen die Infiziertenzahlen<br />

zu. Der Aids-Truck, der vom Bundesentwicklungsministerium<br />

mit unterstützt wird, führt Jugendliche<br />

durch Afrika und lässt sie teilhaben am<br />

Leben eines südafrikanischen Jungen und eines u-<br />

gandischen Mädchens. Wer den Bus selbst nicht besuchen<br />

konnte, hat die Möglichkeit auf der Internetseite<br />

von missio einen virtuellen Rundgang zu erleben.<br />

Für die SchülerInnen des Gymnasiums Koblenzer<br />

Straße war er eine wichtige Ergänzung zu ihrem<br />

Unterricht.<br />

Düsseldorfer Schülerin macht mit bei<br />

„Jugend und Parlament“<br />

Diese Woche tagte im Bundestag das „Jugend und<br />

Parlament“. <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> hat die Düsseldorfer<br />

Schülerin Eva Nelles in dieses Parlament „gewählt“<br />

und ihr die Reise nach Berlin ermöglicht.<br />

„Bei der Veranstaltung zu ‚Jugend und Parlament’<br />

geht es mir vor allem darum, Jugendliche für Demokratie<br />

zu begeistern und ihnen einen Einblick in die<br />

parlamentarischen Abläufe zu geben“, so <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />

zu der von ihr vorgeschlagenen Schülerin.<br />

Eva Nelles erarbeitete in diesem Jugendparlament<br />

einen Gesetzentwurf für mehr direkte Demokratie,<br />

der in der abschließenden Lesung vom Parlament<br />

mit der für die Grundgesetzänderung notwendigen<br />

2/3 Mehrheit angenommen wurde.<br />

Die Schülerin freute sich über ihre Teilnahme an<br />

dem Planspiel: „Die Tage in Berlin haben mir sehr<br />

gut gefallen. Ich habe viel Neues erfahren, verstehe<br />

die Abläufe jetzt besser und habe die ungeheure Bedeutung<br />

von Kompromissen im politischen Tagesgeschäft<br />

kennen gelernt.“<br />

V. Veranstaltungshinweise<br />

20. Juni 2009, 11:00 Uhr - 16:00 Uhr<br />

Kommunalpolitischer Parteitag der SPD Düsseldorf<br />

Am 20. Juni 2009 findet die Auftaktveranstaltung<br />

der SPD Düsseldorf zur Kommunalwahl 2009 in der<br />

Freien Christlichen Schule, Fürstenberger Straße 10<br />

in Düsseldorf-Reizholz statt. Auf dem ordentlichen<br />

Parteitag will die SPD Düsseldorf ihre kommunalpolitischen<br />

Leitlinien 2009 beraten und verabschieden.<br />

21. Juni 2009, 13:00 Uhr<br />

Empfang Schützenverein Bilk<br />

Teilnahme von <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />

am Empfang der Ehrengäste des St. Sebastianus<br />

Schützenverein Düsseldorf-Bilk<br />

im Jugendheim St. Martin, Gladbacher Straße 11<br />

Vier Tage erprobten sich über 300 Jugendliche aus<br />

ganz Deutschland als Abgeordnete eines fiktiven<br />

Parlaments an Originalschauplätzen. Reale Bundestagsabgeordnete<br />

haben sie aus ihren Wahlkreisen<br />

eingeladen, an dem großangelegten Planspiel<br />

„Jugend und Parlament“ vom Samstag, 13. Juni bis<br />

Dienstag, 16. Juni 2009 teilzunehmen. Für Düsseldorf<br />

schlüpfte die 18jährige Schülerin Eva Nelles in<br />

die ungewohnte Rolle.<br />

23.—26. Juni 2009<br />

BPA-Besuchergruppe bei <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> in Berlin<br />

24. Juni 2009, 9:00 Uhr<br />

Eröffnung des Dt.-Chin. Bürgermeisterforums<br />

Weinkellerei Malkasten, Jacobistr. 7a, Düsseldorf<br />

NÄCHSTE AUSGABE:<br />

Das nächste <strong>KKKompakt</strong><br />

erscheint am 03. Juli 2009.<br />

Impressum<br />

Herausgeberin: <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, MdB<br />

Platz der Republik 1<br />

11011 Berlin<br />

Redaktion: Janine Barbier-Neubacher<br />

Telefon: 030 - 227 736 29<br />

Fax: 030 - 227 766 25<br />

E-Mail: karin.kortmann@bundestag.de<br />

Wahlkreisbüro Düsseldorf:<br />

Telefon: 0211 - 136 22 160<br />

Fax: 0211 – 86 39 137<br />

E-Mail: karin.kortmann@wk.bundestag.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!