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<strong>KKKompakt</strong><br />
Die direkte Information für den Düsseldorfer Süden<br />
19.06.2009 Ausgabe 11/2009<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Genossinnen und Genossen,<br />
Man merkte auch in dieser Woche im Deutschen Bundestag, dass der Wahlkampf<br />
eingeleitet ist. Unterschiedliche Positionen von SPD und CDU prallten in den Plenumsdebatten<br />
offen aufeinander – sehr zur Freude der Opposition. In dieser vorletzten<br />
Sitzungswoche wurden noch viele wegweisende Beschlüsse gefasst, die auf<br />
den nächsten Seiten nach zu lesen sind.<br />
<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />
Im folgenden wie immer ein kleiner Rückblick auf Gespräche, die ich in dieser Woche<br />
geführt habe:<br />
17.06.: Bei einer Pressekonferenz stellte ich<br />
das neu erschienene Buch „Korruption begrenzen“<br />
von Prof. Dr. Georg Cremer, Generalsekretär<br />
des Deutschen Caritasverbandes<br />
vor. Korruption ist im Rahmen der<br />
Entwicklungszusammenarbeit heute unbestritten<br />
eines der wesentlichen Entwicklungshemmnisse<br />
und untergräbt jede an<br />
Armutsminderung orientierte Politik. Aber<br />
auch Deutschland ist nicht frei von Korruption,<br />
wie die jüngsten Beispiele von Siemens<br />
und der Deutschen Bank zeigen. Deshalb<br />
ist eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung<br />
wichtiger denn je. Denn die Folgen von Korruption sind für uns alle fatal. Für<br />
die Entwicklungsländer heißt das: Ressourcen werden verschwendet oder fehlgeleitet,<br />
Entwicklungserfolge werden nicht genutzt; Korruption hemmt die Entwicklung<br />
des Privatsektors und schreckt Investoren ab; es herrscht zumeist eine immense<br />
Rechtsunsicherheit; ethische Standards der Zivilbevölkerung gehen verloren und<br />
demokratische Prozesse werden untergraben. Herr Cremers Buch ist lesenswert!<br />
17.06. Im Gespräch mit Bob Geldorf<br />
Seine Unterstützung für Afrika ist beispiellos und an<br />
die live aid Konzerte können sich die meisten von<br />
uns noch erinnern. Bob Geldorf wird nicht müde, die<br />
Staatschefs weltweit an ihre Verantwortung für Afrika<br />
zu erinnern. Von jedem Euro, den wir über die<br />
staatliche Entwicklungszusammenarbeit nach Afrika<br />
geben, so argumentiert er, kommen zwischen 2<br />
und 3 Euro wieder über Steuereinnahmen an uns<br />
zurück. 2007 wurden weltweit 34 Mrd. Euro für die<br />
Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben, die<br />
Steuereinnahmen beliefen sich danach auf 201 Mrd.<br />
Euro. Er appellierte die Zusagen in Zeiten von Wirtschaftskrisen<br />
nicht zu reduzieren, sondern zu erhöhen.<br />
Denn wer jetzt schon nur einen Dollar/Tag zum überleben hat, kann nicht weiter<br />
einsparen. Dies legte er in einem Gespräch auch Bundeskanzlerin Merkel nahe.
Seite: 2<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Nina von Radowitz , Dr. Rainhardt Frhr.<br />
V. Leoprechting (Metro Group) im Gespräch<br />
mit <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />
18.06. Metro lud zum Frühstück ein<br />
Gestern hatte ich gemeinsam mit der Metro Group zu einem<br />
Parlamentarischen Frühstück Abgeordnete im Reichstag eingeladen.<br />
Dabei ging es um die Frage, ob Lebensmittel gekennzeichnet<br />
werden sollen und wie VerbraucherInnen besser<br />
informiert werden können. Bei der sogenannten Ampelkennzeichnung<br />
handelt es sich um eine verpflichtende<br />
Nährwertkennzeichnung auf allen zusammengesetzten Lebensmitteln,<br />
die den Gehalt der einzelnen Nährwerte in den<br />
Farben grün, gelb und rot kennzeichnet. KonsumentInnen<br />
soll so ermöglicht werden, stark zucker- und fetthaltige Lebensmittel<br />
zu vermeiden, ohne einen Taschenrechner oder<br />
Ernährungstabellen bemühen zu müssen.<br />
Die METRO Group verwies auf ihre Hausmarke, die eine eigene<br />
Kennzeichnung bereits ausweist. Auf diese Kennzeichnung<br />
hatte sich Metro selbst verpflichtet.<br />
Meiner Meinung nach müssen VerbraucherInnen auf den ersten Blick erkennen können, ob sie<br />
sich und ihre Familie mit dem Produkt ausgewogen ernähren. Dafür ist auch der Vergleich eines<br />
Lebensmittels innerhalb der Produktgruppe wichtig.<br />
18.06. Berufliche Bildung und Soziale Sicherungssysteme<br />
Mit der Sozial- und Arbeitsministerin Frau Nguyen Thi Kim<br />
Ngan traf ich zu einem Arbeitsgespräch zusammen. Das<br />
BMZ wird stärker in den Bereich der Sozialen Sicherungssysteme<br />
einsteigen und das Partnerland Vietnam auf diesem<br />
Weg begleiten. In der jetzigen Finanzkrise sehen wir,<br />
dass Millionen von Menschen kein soziales Netz haben,<br />
dass sie auffängt, deshalb investieren wir unser know how<br />
und Geld in Prävention und Absicherung. Ebenso wurde<br />
vereinbart, die duale Berufsausbildung stärker in den bisherigen<br />
Projekten der Abfallwirtschaft zu berücksichtigen.<br />
Vietnam ist eines der aufstrebendsten Länder Asiens, dass<br />
in den letzten Jahren große Erfolge verbuchen konnte.<br />
19.06. Burundi wird sicherer<br />
Das war die Kernaussage des Vizepräsidenten von Burundi,<br />
der heute morgen bei mir im Entwicklungsministerium zu<br />
Gast war. Dr. Yves Sahinguvu belegte, wie sich sein Land<br />
aus den langen Kriegsjahren hin zu einer Demokratie entwickelt.<br />
100.000 ins Heimatland zurück kehrende Flüchtlinge,<br />
viele Binnenvertriebene und eine große Zahl von<br />
Waisen sind auf die staatliche Unterstützung angewiesen.<br />
Die Eingliederung von Ex-Kombatanten, die Entwaffnung<br />
sind enorme Kraftanstrengungen, die die burundische Regierung<br />
zu leisten hat. Dabei werden sie von der deutschen<br />
Bundesregierung unterstützt. Ende des Jahres finden die<br />
nächsten Regierungsverhandlungen statt.
Seite: 3<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Vergangene Woche war ich auf Dienstreise<br />
in Peking und in der Mongolei.<br />
Überall gibt es nur das Thema, wie die<br />
Auswirkungen der Finanzkrise abgefedert<br />
werden können, um das so notwendige<br />
Wirtschaftswachstum nicht zu<br />
gefährden. In der Mongolei konnte ich<br />
wichtige Zusagen machen: Mit dem<br />
Bauminister habe ich die ersten zwei<br />
Modellhäuser für solare Energieversorgung<br />
in Ulan Bator einweihen können.<br />
Wir unterstützen damit Stadtteilentwicklungskonzepte,<br />
in deren Mittelpunkt Energieeffizienz und Solarenergieversorgung steht.<br />
Gleichzeitig haben wir mit dem Finanzminister eine Kreditlinie von 4,8 Mio Euro unterzeichnet für<br />
das Hypothekarwesen. Damit erhält die Mongolei Gelder mit einer Rückzahlungslaufzeit von 40<br />
Jahren und 0,75% Verzinsung. Preiswertes Geld, dass sie an kleine Einkommensgruppen verleihen<br />
kann, damit sie sich Eigentum erwerben.<br />
Der Höhepunkt des Aufenthaltes war das Gespräch mit Premierminister<br />
Bayar. Die deutsch-mongolischen Beziehungen<br />
sind vor allem durch die Zusammenarbeit mit der DDR gewachsen.<br />
Von den 1,3 Millionen Einwohnern sprechen ca.<br />
30.ooo die deutsche Sprache. Eine kleine Einwohnerzahl, die<br />
sich auf eine Staatsfläche in der dreifachen Größe von<br />
Deutschland zersiedelt. Ein Land, das über eine hohe Biodiversität<br />
verfügt und gleichzeitig die Auswirkungen des Klimawandels<br />
drastisch erlebt.<br />
Ihnen und Euch allen ein gutes Wochenende<br />
<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, MdB
Seite: 4<br />
Inhalt:<br />
I. Aktuelles<br />
S. 2 SPD-Bundesparteitag<br />
S. 2 Europawahl<br />
S. 3 Arbeiten in der Kita<br />
S. 4 Schutzschirm für Ausbildung<br />
II.<br />
S. 4<br />
S. 4<br />
III.<br />
S. 5<br />
IV.<br />
Zur Woche im Bundestag<br />
Kompaktinfo<br />
Düsseldorf<br />
V. Veranstaltungshinweise<br />
I. Aktuelles<br />
1. SPD-Bundesparteitag<br />
Der Parteitag vom<br />
Sonntag hat<br />
gezeigt:<br />
Wir wollen<br />
regieren und wir<br />
werden kämpfen,<br />
damit Frank-Walter<br />
Steinmeier der<br />
nächste Bundeskanzler<br />
wird.<br />
In den nächsten 103 Tagen werden wir deutlich<br />
machen, dass es am 27. September 2009 um eine<br />
Richtungswahl geht. Es geht um die Frage, ob<br />
Schwarz-Gelb regiert und damit Arbeitnehmerrechte<br />
geschleift und der Kündigungsschutz eingeschränkt<br />
wird, die Atomenergie wieder hoffähig gemacht und<br />
Studiengebühren flächendeckend eingeführt<br />
werden, die Kopfpauschale in der Gesundheitspolitik<br />
doch kommt und es hinsichtlich der Regulierung von<br />
Finanzmärkten nur bei Lippenbekenntnissen bleibt,<br />
und ob unsere Erfolge bei den Ganztagsschulen und<br />
bei der Betreuung ab eins wieder einkassiert werden.<br />
Wir müssen Schwarz-Gelb verhindern, weil die<br />
marktradikale Ideologie nicht die Antwort auf die<br />
Krise ist. Die vor uns liegenden Aufgaben verlangen<br />
sozialdemokratische Antworten.<br />
Frank-Walter Steinmeier hat auf dem Parteitag fünf<br />
klare Ziele gesteckt. Diese und der genaue Wortlaut<br />
seiner Rede sind unter karin-kortmann.de zu finden.<br />
2. Europawahl<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Die Europawahl im Jahr 2009 litt unter einer<br />
historisch niedrigen Wahlbeteiligung. Mit 43,1<br />
Prozent lag sie noch einmal deutlich unter dem<br />
bisherigen Negativrekord von 45,5 Prozent aus dem<br />
Jahr 2004. Die europäische Idee scheint vor allem in<br />
den jungen EU-Staaten Osteuropas noch nicht bei<br />
der Mehrheit der Einwohner angekommen zu sein.<br />
So ging in Polen nicht einmal jeder vierte Bürger an<br />
die Urnen, in der Slowakei war es noch nicht einmal<br />
jeder fünfte Wahlberechtigte.<br />
3. Arbeiten in der Kita<br />
Bundesweit streiken Tausende von Erzieherinnen,<br />
um ihren Forderungen nach mehr Lohn und einem<br />
besseren Gesundheitsschutz Nachdruck zu<br />
verleihen. Der Tarifvertrag betrifft rund 220.000 in<br />
städtischen Kitas und Sozialeinrichtungen<br />
angestellte Erzieher und Sozialpädagogen. Neben<br />
den öffentlichen gibt es viele gemeinnützige oder<br />
privatwirtschaftlich organisierte Träger von<br />
Kindertagesstätten. Insgesamt arbeiten knapp<br />
443.000 Beschäftigte in den Kitas, fast<br />
ausschließlich Frauen (97%), die meisten in Teilzeit.<br />
© Planungsgruppe<br />
Standort Deutschland<br />
Arbeiten in der Kita<br />
In Deutschland sind 442.713 Frauen und Männer<br />
in Kinder- Tagesstätten beschäftigt<br />
davon<br />
davon*<br />
3,4 % Männer<br />
pädagogisches Personal<br />
(Erzieher, Sozial-, Heilpädagogen,<br />
Kinderpfleger, Sozialarbeiter)<br />
hauswirtschaftliches/<br />
technisches Personal<br />
Leitung<br />
Verwaltung<br />
rundungsbedingte Differenzen<br />
davon bei<br />
33,9% öffentlichen Trägern<br />
96,6% Frauen 66,1 % freien Trägern<br />
365 145<br />
60 296<br />
14 001<br />
3 271<br />
davon<br />
hauptberuflich<br />
38,5 und mehr<br />
Wochenstunden<br />
in Teilzeit<br />
zwischen 32 und 38,5<br />
Wochenstunden<br />
21 bis 32<br />
weniger als 21<br />
153 476<br />
64 508<br />
119 350<br />
105 379<br />
*nur pädagogisches und Verwaltungspersonal © Globus Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
Bundesweit streiken Tausende von Erzieherinnen, um ihren Forderungen nach mehr<br />
Lohn und einem besseren Gesundheitsschutz Nachdruck zu verleihen. Der Tarifvertrag<br />
betrifft rund 220 000 in städtischen Kitas und Sozialeinrichtungen angestellte Erzieher<br />
und Sozialpädagogen. Neben den öffentlichen gibt es viele gemeinnützige oder<br />
privatwirtschaftlich organisierte Träger von Kindertagesstätten. Insgesamt arbeiten knapp<br />
443 000 Beschäftigte in Deutschlands Kindertagesstätten, fast ausschließlich Frauen (97<br />
Prozent) und die Mehrzahl in Teilzeit.
Seite: 5<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Ausbildungsmarkt krisenfest machen<br />
SPD fordert Schutzschirm für Ausbildung<br />
Die Jugendlichen dürfen nicht zu den Verlierern der Konjunkturkrise werden. Deswegen müssen Politik<br />
und Wirtschaft alles dafür tun, den Ausbildungsmarkt krisenfest zu machen. Unser Ziel bleibt es, auch in<br />
diesem Jahr mindestens 600.000 Ausbildungsverträge zu erreichen. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert<br />
daher einen Schutzschirm für Ausbildung. Hierzu haben die Arbeitsgruppen Arbeit und Soziales sowie Bildung<br />
und Forschung einen gemeinsamen 4-Punkte-Plan erarbeitet.<br />
Wir wollen den Ausbildungsbonus zu einem Förderinstrument<br />
für Jugendliche ausweiten, die durch eine<br />
Unternehmensinsolvenz ihren Ausbildungsplatz<br />
verlieren. Außerdem wollen wir mehr außerbetriebliche<br />
Ausbildungsplätze fördern, um das Ausbildungsangebot<br />
zu stabilisieren. Zudem schlagen wir<br />
vor, die Förderung der erweiterten Berufsorientierung<br />
und der Berufseinstiegsbegleitung durch die<br />
Bundesagentur für Arbeit zu verlängern.<br />
Auch wenn derzeit noch nicht endgültig absehbar<br />
ist, wie stark sich die konjunkturelle Krise auf den<br />
Ausbildungsmarkt niederschlagen wird, steht für die<br />
SPD fest: Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür<br />
schaffen, bei Bedarf kurzfristig und schnell reagieren<br />
zu können. Deswegen wollen wir noch vor der<br />
parlamentarischen Sommerpause gesetzliche Änderungen<br />
beim Ausbildungsbonus auf den Weg bringen,<br />
um einen Schutzschirm für Jugendliche aufzuspannen,<br />
deren Ausbildungsplatz durch Insolvenz<br />
bedroht ist. Für diese Gruppe wollen wir die Fördervoraussetzungen<br />
senken. Bislang ist die Förderung<br />
nur möglich, wenn der Auszubildende individuell<br />
benachteiligt ist und der Ausbildungsplatz zusätzlich<br />
angeboten wird. Diese Voraussetzungen wollen wir<br />
abschaffen. Dadurch sollen Unternehmen künftig<br />
für jeden übernommenen Insolvenzlehrling den Ausbildungsbonus<br />
erhalten können.<br />
Außerdem muss mit aller Kraft verhindert werden,<br />
dass es zu einem Einbruch beim Ausbildungsangebot<br />
kommt. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich<br />
dafür ein, dass die Förderung außerbetrieblicher<br />
Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche<br />
durch die Bundesagentur für Arbeit trotz rückläufiger<br />
Schulabgängerzahlen bei Bedarf mindestens auf<br />
das Niveau der Vorjahre aufgestockt wird. Zusätzlich<br />
schlagen wir vor, dass das Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung ein Sonderprogramm für außerbetriebliche<br />
oder betriebsnahe Ausbildungsplätze<br />
auflegt. So könnte etwa das beim Bildungsministerium<br />
angesiedelte Ausbildungsplatzprogramm Ost<br />
aufgestockt und auf die alten Bundesländer ausgeweitet<br />
werden.<br />
Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die CDU/CSU<br />
auf, jetzt mit anzupacken, um einen solchen Schutzschirm<br />
für Ausbildung auf den Weg zu bringen und<br />
der Umsetzung keine Steine in den Weg zu legen.<br />
Wo es um die Bildungschancen von jungen Menschen<br />
geht, darf es kein Zögern und kein Zaudern<br />
geben.<br />
Die Unternehmen stehen in der Verantwortung gerade<br />
in der Krise verantwortungsbewusste Personalpolitik<br />
zu betreiben, um den Fachkräftenachwuchs<br />
zu sichern und so die Grundlagen für einen nachhaltigen<br />
Aufschwung zu schaffen. Der Ausbildungspakt<br />
steht vor einer Bewährungsprobe. Alle Verantwortlichen<br />
müssen entschlossen anpacken. Ein Aussitzen<br />
der Krise zu Lasten der Jugendlichen darf es nicht<br />
geben.
Seite: 6<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten<br />
Wolfgang Bosbach, René Röspel, Katrin Göring-<br />
Eckardt:<br />
Verankerung der Patientenverfügung im Betreuungsrecht<br />
(Patientenverfügungsgesetz - PatVerfG)<br />
Stimmen gesamt: 566, Ja: 220, Nein: 344, Enthaltungen:2<br />
Der Gesetzentwurf ist in 2. Beratung abgelehnt.<br />
II. Zur Woche im Bundestag<br />
Regelung für Patientenverfügungen<br />
Der Bundestag hat in dieser Woche darüber entschieden,<br />
ob es künftig eine gesetzliche Regelung für<br />
Patientenverfügungen geben wird. Nach Schätzung<br />
haben bereits ca. 7 Millionen Menschen eine<br />
Patientenverfügung getroffen, deren Bindungswirkung<br />
umstritten ist und daher der gesetzlichen<br />
Klärung bedarf. Die Ängste der Bevölkerung, im Fall<br />
der eigenen Entscheidungsunfähigkeit entgegen den<br />
eigenen Wünschen ärztlich behandelt zu werden,<br />
sind groß.<br />
Nicht nur die Patienten, die festlegen wollen, unter<br />
welchen Bedingungen sie auf ärztliche Hilfe<br />
verzichten und das Sterben akzeptieren, auch die<br />
Angehörigen, Ärzte, Pfleger und die rechtlichen<br />
Vertreter des Sterbenden haben einen Anspruch auf<br />
einen klaren rechtlichen Rahmen. Zur Entscheidung<br />
lagen verschiedene Gruppenentwürfe für eine<br />
gesetzliche Regelung vor.<br />
Ich habe den Gruppenantrag von Rene Röspel und<br />
Wolfgang Bosbach unterstützt, kann aber auch mit<br />
dem beschlossenen Gesetzentwurf gut leben, da es<br />
mir wichtig ist, dass endlich eine gesetzliche Regelung<br />
für die Patientenverfügungen geschaffen wurde.<br />
Abstimmungsergebnisse<br />
Namentliche Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten<br />
Wolfgang Zöller, Dr. Hans Georg Faust, Dr. Herta<br />
Däubler-Gmelin:<br />
Klarstellung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen<br />
(Patientenverfügungsverbindlichkeitsgesetz - PVVG)<br />
Stimmen gesamt:571, Ja:77, Nein:486, Enthaltungen: 8<br />
Der Gesetzentwurf ist in 2. Beratung abgelehnt.<br />
Namentliche Abstimmung (2. Beratung) zum Gesetzentwurf<br />
der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch,<br />
Dr. Lukrezia Jochimsen:<br />
Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts<br />
Stimmen gesamt:566, Ja: 320, Nein: 241, Enthaltungen: 5<br />
Gesetzentwurf in 2. Beratung angenommen<br />
Namentliche Abstimmung (3. Beratung)zum Gesetzentwurf<br />
der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch,<br />
Dr. Lukrezia Jochimsen:<br />
Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts<br />
Stimmen gesamt:555, Ja:317, Nein:233, Enthaltungen:5<br />
Der Gesetzentwurf ist in 3. Beratung angenommen.<br />
Angemessenheit der Vorstandsvergütung<br />
Nach langem Hin- und Her konnten wir nun endlich<br />
in dieser Woche das Gesetz zur Begrenzung von<br />
Managergehältern beschließen. Die Einkommen der<br />
Chefs der DAX-Unternehmen sind in den letzten<br />
Jahren vom 14-fachen des durchschnittlichen<br />
Belegschaftsgehaltes auf das 44-fache gestiegen.<br />
Hinzu kommt, dass ein Großteil der variablen<br />
Bezüge von Managern in den letzten Jahren immer<br />
stärker auf kurzfristige Erfolgsindikatoren<br />
ausgerichtet wurde, anstatt auf einen nachhaltigen<br />
Unternehmenserfolg. Vor diesem Hintergrund<br />
haben wir gehandelt und dafür gesorgt, dass in<br />
Zukunft der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der<br />
Gesamtbezüge des einzelnen Vorstandsmitgliedes<br />
dafür zu sorgen hat, dass langfristige Verhaltensanreize<br />
zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung<br />
gesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist es in<br />
Zukunft erst frühestens nach vier Jahren möglich,<br />
Aktienoptionen zu ziehen und nicht wie bisher nach<br />
zwei Jahren. Außerdem haben wir die Regeln zur<br />
nachträglichen Herabsetzung der Vorstandsvergütung<br />
in Fällen, in denen sich die<br />
wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens<br />
wesentlich verschlechtert haben, verschärft. Und<br />
künftig wird der gesamte Aufsichtsrat über die<br />
Vergütung des Vorstandes und nicht ein kleiner<br />
Ausschuss entscheiden. Kungelrunden wird damit<br />
ein Riegel vorgeschoben.
Seite: 7<br />
Änderung des Sprengstoffgesetzes und<br />
des Waffenrechts<br />
Veranlasst durch den Amoklauf in Winnenden im<br />
März dieses Jahres nehmen wir weitere Änderungen<br />
des Waffenrechts in dem vorliegenden<br />
Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Durch diese<br />
Änderungen sollen die Anzahl legaler und illegaler<br />
Waffen reduziert werden, der Umgang mit<br />
großkalibrigen Waffen wird eingeschränkt und nur<br />
noch für Personen ab 18 Jahren zugelassen und die<br />
Verwahrung legaler Waffen soll sicherer erfolgen.<br />
Letzteres kann durch verdachtsunabhängige<br />
Kontrollen überprüft werden. Bis Ende 2012 wird ein<br />
Nationales Waffenregister errichtet. Wir schaffen<br />
die Voraussetzungen dafür, dass künftig<br />
Waffenschränke und Waffen durch biometrische<br />
Sicherungssysteme gesichert werden. Vorgesehen<br />
ist auch eine Amnestieregelung, so dass durch die<br />
freiwillige Abgabe illegaler Waffen eine<br />
Strafverfolgung vermieden werden kann.<br />
Erweiterung des Einsatzgebietes bei der<br />
Operation ATALANTA<br />
Wir haben in dieser Woche das Mandat zur Piraterie-<br />
Bekämpfung Operation ATALANTA angepasst. Das<br />
Einsatzgebiet wird ausgeweitet und umfasst künftig<br />
ein Seegebiet bis zu 500 Seemeilen vor der Küste<br />
Somalias und der Nachbarländer, darunter auch die<br />
Seychellen. Hinzu kommt auch der Luftraum über<br />
diesen Seegebieten.<br />
Die Europäische Union verfolgt mit dieser Operation<br />
das Ziel, die Piraten am Horn von Afrika und im<br />
betroffenen Seegebiet abzuschrecken und die<br />
Piraterie einzudämmen. Vorrangig werden die<br />
Schiffe für das Welternährungsprogramm geschützt,<br />
darüber hinaus auch andere Schiffe mit<br />
humanitären Hilfsgütern, Schiffe unter EU-Flagge<br />
oder teilnehmender Nationen. Das Mandat ist<br />
zunächst für die Zeit bis längstens zum 15. Dezember<br />
2009 begrenzt.<br />
Änderung des Straßenverkehrsrechts<br />
Diese Woche haben wir eine Änderung des<br />
Straßenverkehrsrechts beschlossen. Wir beheben<br />
damit den Engpass von Fahrern bei den Freiwilligen<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
Feuerwehren, den Rettungsdiensten und den<br />
technischen Hilfsdiensten sowie dem<br />
Katastrophenschutz und verbessern damit deren<br />
Einsatzfähigkeit deutlich. Künftig können auch<br />
Mitglieder der eingangs benannten Organisationen,<br />
die ihren Pkw-Führerschein nach dem 1. Januar 1999<br />
erworben haben und somit nur Kfz bis zu 3,5 Tonnen<br />
fahren dürfen, mit einer speziellen Fahrprüfung<br />
schwere Einsatzfahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren.<br />
Dafür ist eine spezielle Fahrberechtigung zum<br />
Führen von solchen Einsatzfahrzeugen auf<br />
Grundlage einer spezifischen Ausbildung und<br />
Prüfung in die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)<br />
aufgenommen worden.<br />
Nach Schätzung des Feuerwehrverbandes sind<br />
bundesweit mindestens 16.000 Fahrzeuge betroffen,<br />
für die in der Regel fünf oder mehr Fahrer benötigt<br />
werden, um eine Einsatzfähigkeit rund um die Uhr<br />
zu gewährleisten.<br />
Assistenzpflegebedarf im Krankenhaus<br />
Wir haben iIn dieser Woche abschließend das Gesetz<br />
zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im<br />
Krankenhaus beraten. Damit vereinfachen wir die<br />
Betreuung durch Pflegekräfte, die pflegebedürftige<br />
Behinderte während einer stationären Krankenhausbehandlung<br />
für sich beschäftigen. Pflegebedürftige<br />
Menschen mit Behinderung hatten bislang während<br />
der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes keinen<br />
Anspruch gegen die jeweiligen Kostenträger auf<br />
Mitaufnahme ihrer Pflegekräfte in das Krankenhaus<br />
und auf Weiterzahlung der bisherigen entsprechenden<br />
Leistungen auch während der Dauer der<br />
Krankenhausbehandlung – dies wird nun geändert.<br />
Darüber hinaus regelt das Gesetz, dass schwerbehinderte<br />
Menschen künftig bei der unentgeltlichen<br />
Beförderung im öffentlichen Personenverkehr<br />
sich von einer Begleitperson begleiten lassen können<br />
und gleichzeitig einen Hund mitzuführen. Bislang<br />
konnte ein Hund nur anstatt einer Begleitperson<br />
mitgeführt werden. Der neue Leistungstatbestand<br />
"Hilfe für die Betreuung in einer Pflegefamilie" stellt<br />
sicher, dass Leistungen der Eingliederungshilfe auch<br />
für die Betreuung körperlich und geistig behinderter<br />
Kinder und Jugendlicher in einer Pflegefamilie<br />
gewährt werden. Damit wird erreicht, dass diese<br />
Möglichkeit als Alternative zur vollstationären<br />
Betreuung in Anspruch genommen wird, wenn dies<br />
dem Wohle des Kindes dient.
Seite: 8<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
III. Kompaktinfo<br />
Gedenkveranstaltung des Deutschen Bundestages<br />
zum 17. Juni<br />
Der Deutsche Bundestag kam am Mittwoch, dem 17. Juni 2009, um 12 Uhr zu einer Gedenkveranstaltung<br />
zusammen, in der an den Volksaufstand in der DDR vor 56 Jahren erinnert wurde. Nach einer Ansprache von<br />
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) hat der Philosoph und Theologe Prof. Dr. Richard<br />
Schröder die Gedenkrede gehalten. Im Anschluss daran wurde an der Ostseite des Reichstagsgebäudes eine<br />
Tafel zur Erinnerung an den Beitrag Polens und der Gewerkschaft "Solidarność" (Solidarität) zur Wiedervereinigung<br />
Deutschland und zur Einheit Europas feierlich enthüllt.<br />
Rede von Prof. Dr. Richard Schröder<br />
anlässlich der Gedenkstunde des Deutschen<br />
Bundestages zum 56. Jahrestag des Volksaufstandes<br />
vom 17. Juni 1953<br />
Meine Damen und Herren! Der 17. Juni war in der<br />
Bundesrepublik Staatsfeiertag. Es ist mir allerdings<br />
bis heute noch kein Westdeutscher begegnet, der<br />
mir genauer erklären konnte, wie es dazu kam und<br />
was daraus folgte. Ich bezweifle zwar nicht, dass es<br />
sie gibt, aber sie können nicht sehr zahlreich sein.<br />
In der DDR war der 17. Juni ein Tabu. Mein Vater,<br />
dem ich in diesem Falle einen Hang zum schwarzen<br />
Humor zuschreiben muss, ging am 16. Juni zum<br />
Friseur und erklärte: Morgen ist der 17. Juni, da wird<br />
bei uns gefeiert. - Erstarrte Gesichter: Ist der<br />
Apotheker lebensmüde? Dann die Entwarnung: Da<br />
habe ich nämlich Geburtstag.<br />
(Heiterkeit)<br />
Wenn der 17. Juni in der DDR überhaupt erwähnt<br />
wurde, wurde er als faschistischer Putsch bezeichnet,<br />
angezettelt vom Westen, namentlich, wie es<br />
hieß, vom RIAS, dem Rundfunk im Amerikanischen<br />
Sektor von Berlin. Zwei Briefmarken, die im Herbst<br />
1953 in Westberlin zur Erinnerung an den 17. Juni<br />
erschienen, wurden auf Briefen in die DDR mit<br />
schwarzem Lack unkenntlich gemacht. Im<br />
Sammlerkatalog stand zu diesen Marken nur:<br />
"Nr. 110 und 111 fallen aus".<br />
(Heiterkeit)<br />
Prof. Dr. Richard Schröder erinnerte an den 17.<br />
Juni 1953 (Foto: DBT/photothek)<br />
Tatsächlich ist die Erinnerung an den 17. Juni in der<br />
DDR fast völlig erloschen. Deshalb versuche ich mich<br />
hier als erinnernder Chronist auch mit ziemlich<br />
vielen Zahlen.<br />
Am 17. Juni 1953 kam es in 700 Orten der DDR zu<br />
Streiks und Demonstrationen. Ausgelöst waren sie<br />
durch die 10-prozentige Normerhöhung, die die SED-<br />
Regierung Ende Mai zu Ehren von Ulbrichts<br />
50. Geburtstag verfügt hatte.<br />
(Heiterkeit)<br />
Bei den Lohnzahlungen am Sonnabend, dem 13. Juni<br />
1953, wurden sie zum ersten Mal wirksam; da wurde<br />
noch wochenweise gezahlt. Daraufhin verfassten<br />
am Montag, dem 15. Juni, die Bauarbeiter des<br />
Krankenhauses Berlin-Friedrichshain eine Resolution<br />
an den Ministerpräsidenten Grotewohl und<br />
forderten, "dass von dieser Normerhöhung auf<br />
unserer Baustelle Abstand genommen wird. Wir<br />
erwarten Ihre Stellungnahme bis morgen Mittag."<br />
Jetzt sind wir beim 16. Juni. Der Vorsitzende der<br />
Betriebsgewerkschaftsleitung und drei Arbeiter
Seite: 9<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
brachten die Resolution in das Haus der Ministerien.<br />
Als am 16. Juni keine Antwort vorlag, zogen etwa<br />
10 000 Demonstranten zum Haus der Ministerien.<br />
Inzwischen hatte das Politbüro die Normerhöhung<br />
zurückgenommen. Als Minister Selbmann das aber<br />
vor dem Haus der Ministerien den Demonstranten<br />
mitteilte, wurde er niedergeschrieen. Ein Arbeiter<br />
rief: "Was du uns da erklärst, interessiert uns<br />
überhaupt nicht. Wir wollen frei sein. Wir fordern<br />
freie und geheime Wahlen." Ein anderer rief: "Für<br />
morgen rufen wir den Generalstreik aus".<br />
Eine Abordnung der Demonstranten suchte den RIAS<br />
in Westberlin auf, der in der ganzen DDR gehört<br />
werden konnte. Der RIAS informierte über die<br />
Berliner Ereignisse des 16. Juni und verbreitete vier<br />
Forderungen der Demonstranten: Rücknahme der<br />
Normerhöhung, Senkung der Lebenshaltungskosten,<br />
freie und geheime Wahlen, keine Maßregelungen<br />
der Streikenden. Den Aufruf zum Generalstreik hat<br />
der RIAS nicht verbreitet, aber korrekt die Rücknahme<br />
der Normerhöhungen durch das Politbüro. Kurz<br />
darauf verbot ein amerikanischer Offizier dem RIAS<br />
die weitere Verbreitung dieser Nachricht, weil er<br />
fürchtete, Westberlin könnte tangiert und ein Krieg<br />
ausgelöst werden.<br />
Am 16. Juni, 23 Uhr wandte sich der Bundesminister<br />
für gesamtdeutsche Fragen, Jakob Kaiser, über den<br />
RIAS an die Ostberliner und Ostdeutschen mit der<br />
Bitte, "sich weder durch Not noch durch Provokationen<br />
zu unbedachten Handlungen hinreißen zu<br />
lassen. Niemand soll sich selbst und seine<br />
Umgebung in Gefahr bringen." Am 17. Juni, 5.15 Uhr<br />
meldete sich der Westberliner DGB-Vorsitzende<br />
Scharnowski über den RIAS zu Wort:<br />
Tretet darum der Bewegung der Ostberliner<br />
Bauarbeiter, BVGer und Eisenbahner bei … Je größer<br />
die Beteiligung ist, desto machtvoller und<br />
disziplinierter wird die Bewegung für Euch mit<br />
gutem Erfolg verlaufen.<br />
Am 17. Juni begannen landesweit früh Demonstrationen.<br />
Allein in Berlin waren schließlich 150 000, im<br />
ganzen Land etwa 1 Million auf der Straße<br />
unterwegs, zuallermeist friedlich, es kam aber auch<br />
zu Gewaltakten. Gebäude sind erstürmt, Kioske und<br />
das Columbushaus in Berlin in Brand gesteckt<br />
worden. Es gab auch Fälle von Lynchjustiz. Zwischen<br />
10 und 15 Personen sind durch Aufständische ums<br />
Leben gekommen. Die Sicherheitskräfte der SED<br />
waren völlig kopflos. Nicht wenige Polizisten gingen<br />
zu den Demonstranten über.<br />
Um 10 Uhr ließ der sowjetische Botschafter<br />
Semjonow die handlungsunfähige SED-Führung in<br />
geschlossener Wagenkolonne in die sowjetische<br />
Kaserne nach Karlshorst abtransportieren. Um<br />
13 Uhr verhängte die Besatzungsmacht den<br />
Ausnahmezustand über alle großen Städte und über<br />
167 der 217 Landkreise. Allein in Ostberlin fuhren<br />
600 sowjetische Panzer auf. Es wurde auf<br />
Demonstranten geschossen: erst über die Köpfe<br />
hinweg, dann, wo das nicht wirkte, auch auf<br />
Personen. Auf Moskauer Anordnung wurden sofort<br />
willkürlich 18 standrechtliche Erschießungen<br />
vorgenommen und dieselben zur Abschreckung mit<br />
Plakaten veröffentlicht. Die Zahl der Toten wird<br />
insgesamt auf 60 bis 150 geschätzt, die der<br />
Verwundeten ist unbekannt. 13 000 wurden<br />
anschließend verhaftet, 2 000 zu harten Zuchthausstrafen<br />
verurteilt, 2 zum Tode. Besonders hart<br />
wurden die Organisatoren der Streiks bestraft,<br />
obwohl die DDR-Verfassung das Streikrecht<br />
garantierte.<br />
Was als Streik der Arbeiter gegen Lohnkürzungen<br />
begann, wurde in wenigen Stunden zu einem<br />
landesweiten Aufstand mit politischen Forderungen:<br />
freie Wahlen, Freilassung der politischen Gefangenen,<br />
Rücktritt der Regierung, Pressefreiheit,<br />
Wiedervereinigung. Beteiligt waren schließlich alle<br />
Schichten der Bevölkerung, auch Mitglieder der<br />
Parteien, auch Mitglieder der SED, und der<br />
Gewerkschaften. Auf dem Lande gab es Bauerndemonstrationen.<br />
Viele Demonstrationen führten vor<br />
die Gefängnisse mit der Forderung nach Freilassung<br />
der politischen Häftlinge, oft mit Erfolg. Aber nach<br />
36 Stunden endete alles in einer blutigen Tragödie.<br />
Wie kam es zu diesem Aufstand? Die Normerhöhung<br />
war bloß der Auslöser. Die Ursachen lagen tiefer; sie<br />
lagen ein Jahr zurück. Auf der Zweiten Parteikonferenz<br />
der SED vom 9. bis 12. Juni 1952 wurde der<br />
Aufbau des Sozialismus in der DDR proklamiert: Das<br />
hieß: Die DDR sollte nach dem Muster der<br />
Sowjetunion umgestaltet werden. Es folgte das<br />
schlimmste Jahr der DDR.<br />
1947 waren auch in der Sowjetischen Besatzungszone<br />
Länderverfassungen in Kraft gesetzt worden, die<br />
der deutschen Verfassungstradition durchaus noch<br />
verpflichtet waren mit Gewaltenteilung und
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<strong>KKKompakt</strong><br />
unabhängiger Justiz, wenn auch nicht uneingeschränkt.<br />
Mit Gesetz vom 23. Juli 1952 wurden die<br />
Länder abgeschafft und in 14 Bezirke aufgeteilt. Mit<br />
den Ländern verschwanden auch die Verwaltungsgerichte<br />
und die Finanzgerichte. 200 Richter wurden<br />
damals entlassen, nicht weil sie Nazis waren - die<br />
hatte die sowjetische Besatzungsmacht längst<br />
entlassen -, sondern weil ihre Unparteilichkeit störte.<br />
Sie wurden durch unausgebildete SED-treue<br />
"Neurichter" ersetzt, die, wenn mir die freche<br />
Bemerkung erlaubt ist, besonders gut kurzen Prozess<br />
machen konnten.<br />
Die Erklärung der Zweiten Parteikonferenz beginnt<br />
mit einem Aufruf zum "nationalen Befreiungskampf<br />
gegen die amerikanischen, englischen und<br />
französischen Okkupanten in Westdeutschland" und<br />
zum "Sturz ihrer Vasallenregierung in Bonn". Die<br />
"Festigung und Verteidigung der Grenze" und die<br />
"Organisierung bewaffneter Streitkräfte, die mit der<br />
neuesten Technik ausgerüstet" sind, werden<br />
angekündigt. Einen Monat zuvor, am 26. Mai 1952,<br />
war die Westgrenze abgeriegelt worden. Die<br />
Aufrüstung der DDR begann. Der Ausbau der<br />
Schwerindustrie wurde auf Kosten der Konsumgüterindustrie<br />
forciert: Milliardenprojekte für<br />
Schiffsbau und Flugzeugbau; denn nach dem Willen<br />
der Sowjetunion sollte die DDR auf beiden Gebieten<br />
ihre eigenen Rüstungsgüter produzieren. Das alles<br />
brachte die DDR-Wirtschaft in eine schwere Krise.<br />
Die neue Losung "Aufbau des Sozialismus" hieß<br />
zugleich: "Verschärfung des Klassenkampfes", den<br />
"feindlichen Widerstand brechen". Im Klartext: Die<br />
Staatsmacht wurde zur Waffe der Partei gegen die<br />
Bürger. Das war mit Klassenkampf gemeint. Der<br />
Klassenkampf richtete sich gegen die wirtschaftlich<br />
Selbstständigen - wer Angestellte hatte, war jetzt<br />
ein Kapitalist -, gegen Bauern und Bürgertum. Ihnen,<br />
nämlich 2 Millionen Personen, wurden die<br />
Lebensmittelkarten entzogen, und die Justiz wurde<br />
regelrecht als Terrorinstrument eingesetzt, getreu<br />
dem Satz von Lenin:<br />
Das Gericht soll den Terror nicht beseitigen …,<br />
sondern ihn prinzipiell, klar, ohne Falsch und ohne<br />
Schminke begründen und gesetzlich verankern.<br />
Wer es nachlesen möchte, findet es in Lenins<br />
Werken, in der DDR erschienen, Band 33, Seite 344.<br />
Von August 1952 bis Januar 1953 kam es zu 1 250<br />
Gerichtsverfahren gegen Bauern, die das erhöhte<br />
Ablieferungssoll nicht erreichten oder daraus<br />
resultierende Steuerschulden nicht begleichen<br />
konnten. Ich nenne ein Beispiel: In Prenzlau wurde<br />
ein Bauer zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt und<br />
enteignet, weil er aus Krankheitsgründen das Soll<br />
nicht erfüllt hatte. Mehr als 15 000 Bauern<br />
flüchteten damals in den Westen. Die sowjetische<br />
Botschaft meldete nach Moskau, dass deswegen<br />
500 000 Hektar Land brachliegen.<br />
Aufgrund des Gesetzes zum Schutze des Volkseigentums<br />
wurden bis Ende 1953 circa 10 000 Personen<br />
verurteilt, meistens Arbeiter. Auch dafür ein Beispiel:<br />
Ein Lagerarbeiter aus Luckenwalde wurde zu drei<br />
Jahren Haft verurteilt, weil er den Diebstahl von<br />
einem Paar Hausschuhe nicht etwa begangen,<br />
sondern durch einen Dritten nicht verhindert hatte.<br />
Der private Handel und Großhandel wurde mittels<br />
verweigerter Kredite, Zulieferungsverboten und<br />
systematisch eingesetzter schikanöser Steuerprüfverfahren<br />
zerschlagen. Bei der Zerschlagung des<br />
Großhandels wurden in 3 000 Betriebsprüfungen<br />
2 100 Strafverfahren eingeleitet, 2 300 Personen<br />
verhaftet und ein Vermögen von 335 Millionen Mark<br />
eingezogen.<br />
März/April 1953 kam es zu einem regelrechten<br />
Kirchenkampf. Die Junge Gemeinde wurde als<br />
Tarnorganisation des US-Imperialismus denunziert.<br />
3 000 Jugendliche wurden von den Oberschulen<br />
verwiesen, weil sie nicht bereit waren, sich vor<br />
versammelter Schülerschaft von der Jungen<br />
Gemeinde loszusagen. Lehrer wurden strafversetzt<br />
oder entlassen. Etwa 70 Pfarrer und Jugendleiter<br />
waren damals inhaftiert, 600 Studenten wegen<br />
Teilnahme an der Studentengemeinde exmatrikuliert.<br />
In diesem einen Jahr des Aufbaus des Sozialismus<br />
hat sich die Zahl der Häftlinge auf 64 400<br />
verdoppelt. Mehrere Hunderttausend sind damals<br />
aus Angst um ihre Freiheit nach Westberlin<br />
geflohen.<br />
Der Klassenkampf richtete sich auch gegen SED-<br />
Mitglieder. Eine "Säuberung" von "feindlichen<br />
Elementen" mit Schauprozessen wurde vorbereitet.<br />
Im Januar 1953 wurden Juden als "zionistische<br />
Agenten" aus der Vereinigung der Verfolgten des<br />
Nazi-Regimes, VVN, ausgeschlossen. Seit dem<br />
11. September 1952 wurden an die SED-Funktionäre<br />
bis auf die Kreisebene hinab persönliche Waffen
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<strong>KKKompakt</strong><br />
ausgegeben, die erst im November 1989 wieder<br />
eingesammelt wurden. In der letzten Sitzung des ZK<br />
der SED 1989 beklagte ein Altkommunist unter<br />
Tränen die Demütigung, diese Waffe abgeben zu<br />
müssen, mit der er doch den Sozialismus zu<br />
verteidigen beabsichtigte.<br />
Nach Stalins Tod am 7. März 1953 beobachtete die<br />
neue sowjetische Führung die repressive Politik der<br />
SED mit wachsender Sorge, weil sie um die Stabilität<br />
ihres westlichen Vorpostens fürchtete. Deshalb<br />
wurde die SED-Führung ziemlich harsch vom 2. bis<br />
4. Juni nach Moskau einbestellt. Ihr wurde ein<br />
umfangreiches Schriftstück zur Stellungnahme<br />
vorgelegt, in dem als Hauptursache für die<br />
Massenflucht der DDR-Bürger und die Wirtschaftskrise<br />
"der Kurs auf einen beschleunigten Aufbau des<br />
Sozialismus" verantwortlich gemacht wurde, der<br />
nun "für nichtig zu halten" sei. Kritisiert werden<br />
namentlich die Repressionen gegen Bauern, gegen<br />
das "Privatkapital", die Forcierung der Schwerindustrie<br />
zulasten der Versorgung der Bevölkerung und die<br />
Einmischung in die inneren Angelegenheiten der<br />
Kirche. Der SED werden "Maßnahmen zur Stärkung<br />
der Gesetzlichkeit und Gewährung der Bürgerrechte"<br />
auferlegt. Nicht erwähnt wird die Normerhöhung,<br />
möglicherweise deshalb, weil sie erst nach<br />
Fertigstellung des Papiers verkündet wurde. Sie<br />
wurde wohl einfach übersehen. Das sollte<br />
schwerwiegende Folgen haben. Diese Kurskorrektur,<br />
so wird in dem Papier von der sowjetischen Seite<br />
erklärt, sollte der "Stärkung unserer Position sowohl<br />
in Deutschland selbst als auch in der Deutschlandfrage<br />
auf der internationalen Ebene" dienen.<br />
Die SED-Führung gehorchte umgehend. Noch von<br />
Moskau aus ließ sie die Verbreitung ihres Propagandamaterials<br />
sperren und die pompösen Vorbereitungen<br />
zu Ulbrichts Geburtstag stoppen, die die<br />
Sowjetführung als Personenkult kritisiert hatte. Am<br />
9. Juni beschloss das Politbüro der SED ein<br />
Kommuniqué, in dem es seine Fehler eingestand,<br />
das ganze Inventar der Repressionen noch einmal<br />
aufzählte und deren Rücknahme ankündigte - mit<br />
zwei Ausnahmen: Das Wort "Bürgerrechte" fehlte<br />
und die Normerhöhung. Die Arbeiter- und<br />
Bauernregierung hatte die Arbeiter vergessen, weil<br />
Moskau nichts ausdrücklich angeordnet hatte. Weil<br />
sie sich zu Recht übergangen sahen, traten die<br />
Arbeiter in den Streik. So kam es zum 17. Juni.<br />
Welche Folgen hatte der 17. Juni? Eine paradoxe<br />
Folge, die weder die Demonstranten noch die<br />
Sowjetunion gewollt haben: Der 17. Juni rettete<br />
Ulbrichts Position. Er triumphierte gegen seine<br />
innerparteilichen Widersacher und säuberte die<br />
Partei. Kriterium war der 17. Juni. Wer zurückgewichen<br />
war oder gar mit den Forderungen der<br />
Demonstranten sympathisiert hatte, verlor seinen<br />
Posten. Bis 1954, in diesem einen Jahr, wurde<br />
ungefähr die Hälfte aller SED-Funktionäre<br />
ausgetauscht. Dagegen war es nun nicht mehr so<br />
wichtig, ob jemand früher Nazi war. Im Februar 1954<br />
ermittelten parteiinterne Statistiker sehr penibel,<br />
dass der Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder in der<br />
SED zunimmt. Waren es bisher 8,6 Prozent, sind es<br />
nun bei den Aufnahmeanträgen 9,3 Prozent. Bei<br />
Mitgliedern der SA und SS stieg die Zahl gar von<br />
6 Prozent auf 10 Prozent. Als die SED-Kreisleitung<br />
Pasewalk am 27. Januar 1954 eine Kommission<br />
bilden wollte, um den steigenden Anteil von Altnazis<br />
in der SED des Kreises zu untersuchen, wurde ihr das<br />
strikt verboten.<br />
Unmittelbar nach dem 17. Juni begann erneut der<br />
Justizterror. Ab 1954 wurde die Jugendweihe zum<br />
neuen Kirchenkampfinstrument. Ab 1958 wurde die<br />
Kollektivierung der Landwirtschaft wieder forciert.<br />
Die Reste der privaten Wirtschaft, meistens zu<br />
"halbstaatlichen Betrieben" umgewandelt, zerschlug<br />
Honecker Anfang 1970, obwohl sie überproportional<br />
am Export beteiligt waren. Aber die SED begann nun<br />
auch, die Lebensverhältnisse zu verbessern, um die<br />
Arbeiter für sich zu gewinnen. Später hieß das:<br />
Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. Nichts<br />
gegen Sozialpolitik! Die SED betrieb sie aber als<br />
Gnadengabe für Wohlverhalten. Das Ziel war:<br />
zufriedene Knechte, nicht Bürgerrechte.<br />
Der 17. Juni blieb das Trauma der SED. Als dem<br />
Stasiminister Mielke am 31. August 1989 über die<br />
brisante Lage berichtet wurde, fragte er: "Ist es so,<br />
dass morgen der 17. Juni ausbricht?". Aber auch für<br />
die Bevölkerung der DDR blieb der 17. Juni ein<br />
Trauma. Alle Losungen von damals waren seitdem<br />
tabu, namentlich freie Wahlen und Pressefreiheit.<br />
Wir mussten lernen: Gegen Panzer ist Zivilcourage<br />
machtlos. Das haben wir 1956 in Ungarn und 1968 in<br />
der CSSR wieder erlebt. Wo sich der Ruf nach Freiheit<br />
meldet, erscheinen die sowjetischen Panzer.<br />
Budapest ist 1956 stärker zerstört worden als im<br />
Zweiten Weltkrieg. Daraus ergab sich zwingend: Der
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<strong>KKKompakt</strong><br />
Schlüssel für große Veränderungen liegt nicht in der<br />
DDR, er liegt in Moskau. Wenn allerdings dort ein<br />
Nagy oder Dubcek auftreten sollte, dann werden die<br />
Panzer wohl in den Kasernen bleiben. Er kam<br />
schließlich und hieß Gorbatschow.<br />
Was genau war nun dieser 17. Juni? Die SED hat bis<br />
zuletzt behauptet: Das war ein von außen gelenkter<br />
faschistischer Putsch. Erfreulicherweise hat sich der<br />
Vorstand der PDS 1993 davon distanziert. Trotzdem<br />
gibt es auch in ihren Reihen immer noch Vertreter<br />
der These vom faschistischen Putsch; aber das muss<br />
uns nicht sehr aufregen. Peinlich ist, dass alle DDR-<br />
Schriftsteller, die sich vor 1989 zum 17. Juni geäußert<br />
haben, Stephan Hermlin, Anna Seghers, Heiner<br />
Müller, die These vom faschistischen Putsch oder, so<br />
Stefan Heym, vom halbfaschistischen Putsch,<br />
gefolgt sind. Kurt Barthel, der sich KuBa nannte und<br />
furchtbare Hymnen auf Stalin verfasst hat, schrieb in<br />
einem Flugblatt gegen die Ostberliner Bauarbeiter,<br />
dass er sich für sie schäme. "Da werdet ihr sehr viel<br />
und sehr gut mauern … müssen, ehe euch diese<br />
Schmach vergessen wird." Dergleichen mag Bertolt<br />
Brecht veranlasst haben, nach dem 17. Juni zwar<br />
öffentlich seine Solidarität mit der SED zu bekunden,<br />
zu Hause aber für sich aufs Papier den Text Die<br />
Lösung niederzuschreiben: Die Regierung möge das<br />
Volk auflösen und ein anderes wählen, wenn das<br />
Volk das Vertrauen der Regierung verspielt hat.<br />
Zum 50. Jahrestag des 17. Juni haben sich Westdeutsche<br />
zu Wort gemeldet, die erklärten, der 17. Juni sei<br />
kein Ruhmesblatt für die Deutschen. Hubertus<br />
Knabe warf dem Westen vor, nicht eingegriffen zu<br />
haben. Gerhard Besier warf den ostdeutschen<br />
Kirchen Versagen vor. Solche Besserwisserei<br />
hinterher und vom Schreibtisch aus nervt. Hätte der<br />
Westen am 17. Juni eingegriffen, hätte tatsächlich<br />
ein Weltkrieg gedroht. Die Sowjetunion hatte nach<br />
1945 nicht, wie die Westmächte, abgerüstet. Hätten<br />
die Kirchen vor oder nach dem 17. Juni zu Demonstrationen<br />
aufgerufen, hätten sie bloß die Zahl der<br />
Opfer erhöht. Es ist zweierlei: Märtyrer werden,<br />
nämlich Nachteile für seinen Glauben hinnehmen<br />
müssen - das haben auch damals viele in der DDR<br />
erfahren -, und Märtyrer machen. Das ist den<br />
christlichen Kirchen verwehrt, und dabei soll es<br />
bleiben.<br />
Nochmals: Gegen Panzer ist Zivilcourage machtlos.<br />
Zuletzt ist uns das 1989 in China auf dem Platz des<br />
Himmlischen Friedens verdeutlicht worden. Aber<br />
wenn der 17. Juni gar keinen Erfolg hatte, war er<br />
dann nicht eine Torheit? Immanuel Kant hat zur<br />
Französischen Revolution bemerkt: Bedenkt man,<br />
mit wie viel Elend und Greuel sie verbunden war,<br />
könnte niemand verantworten, sie auf diese Kosten<br />
noch einmal zu unternehmen. Trotzdem finde diese<br />
Revolution "in den Gemüthern der Zuschauer eine<br />
Theilnehmung dem Wunsche nach, die nahe an<br />
Enthusiasmus grenzt", weil sich da gegen den<br />
Despotismus der Gedanke des Rechts Geltung<br />
verschafft hat. So ähnlich sollten wir den 17. Juni<br />
auch sehen. Ihn noch einmal zu initiieren, wenn wir<br />
das fingieren, könnte der hohen Opfer wegen<br />
niemand verantworten. Aber trotzdem nötigt es uns<br />
Bewunderung ab, dass der Wunsch nach Einigkeit<br />
und Recht und Freiheit damals so unerwartet<br />
mächtig wurde.<br />
(Beifall)<br />
Widerlegt wurde, dass den Deutschen der<br />
Untertanengeist angeboren sei.<br />
Das wurde im Herbst 1989 noch einmal widerlegt.<br />
War er die Fortsetzung des 17. Juni? Erst einmal:<br />
Nein. Die oppositionellen Gruppen in der DDR und<br />
die Demonstranten des Herbstes haben sich nicht<br />
auf dieses Datum bezogen. Eher könnte man sagen:<br />
Weil eine neue Generation junger Nonkonformisten<br />
nicht durch die Erinnerung an den 17. Juni gelähmt<br />
war, erlaubte sie sich unbekümmert Kritik, zunächst<br />
bei den Themen Umwelt, Frieden, Abrüstung und<br />
Dritte Welt. Das brachte die SED deshalb in<br />
Verlegenheit, weil das nicht die Themen waren, die<br />
als staatsfeindlich perhorresziert waren. Sie<br />
forderten auch nicht freie Wahlen, sondern zählten,<br />
was das DDR-Wahlrecht zuließ, bei den Kommunalwahlen<br />
im Mai 1989 nach und erstatteten dann<br />
Anzeige nach DDR-Recht. Diese Gruppen unter dem<br />
Dach der Kirche entdeckten die Vernetzung als<br />
Schutz.<br />
Nicht von Baustellen und Betrieben nahmen die<br />
Demonstrationen ihren Ausgang, sondern von<br />
Friedensgottesdiensten. Es wurden Verhaltensmaßregeln<br />
gelernt: Wer verhaftet wird, ruft seinen<br />
Namen, damit er nicht namenlos verschwindet, und<br />
"Keine Gewalt!". Als die Montagsdemonstration zur<br />
Massenbewegung anschwoll und an der "Runden<br />
Ecke", dem Stasiquartier in Leipzig, vorbeiführte,
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<strong>KKKompakt</strong><br />
stellten sich Demonstranten mit Kerzen zum Schutz<br />
vor das Gebäude, damit auch nicht eine Fensterscheibe<br />
kaputtging und Anlass zur Gewalt gab. Der<br />
Volkskammerpräsident Sindermann hat später dazu<br />
resigniert festgestellt: "Auf alles waren wir<br />
vorbereitet. Nur nicht auf Kerzen".<br />
Mauerstück mit Gedenktafel<br />
(Heiterkeit)<br />
Nach dem 17. Juni 1953 waren die Arbeiterkampfgruppen<br />
zum Kampf gegen die Konterrevolution<br />
gegründet worden. Als sie 36 Jahre später, im Herbst<br />
1989, zum ersten Mal gegen Konterrevolutionäre,<br />
sprich: die Demonstranten, eingesetzt werden<br />
sollten, haben 346 Kampfgruppenangehörige den<br />
Befehl verweigert. Vergeblich habe ich mich bis zum<br />
heutigen Tage bemüht, darauf hinzuweisen, dass es<br />
auch hier Leute gibt, die unseren Respekt verdienen.<br />
(Beifall)<br />
Diese 346 Kampfgruppenangehörige haben gesagt:<br />
Die Demonstranten sind keine Konterrevolutionäre.<br />
Wir wissen das; da sind auch Kollegen von uns dabei.<br />
Die deutsche Einheit gehörte nicht zu den<br />
Forderungen der oppositionellen Gruppen in der<br />
DDR. Erst als die Mauer fiel und die Ohnmacht des<br />
Regimes offenbar war, begannen Demonstranten<br />
aus der Nationalhymne der DDR zu skandieren:<br />
"Deutschland einig Vaterland". Da waren sie alle drei<br />
wieder beieinander: Einigkeit und Recht und<br />
Freiheit.<br />
Ich danke Ihnen.<br />
(Anhaltender Beifall)<br />
(Nationalhymne - Beifall)<br />
Lammert und Komorowski vor der Gedenktafel<br />
© DBT/Melde<br />
Als "Beitrag für Freiheit und Einheit auch in diesem<br />
Teil Europas" hat der Präsident des polnischen<br />
Parlaments, Sejmmarschall Bronisław Komorowski,<br />
das Stück der Mauer der Danziger Werft gewürdigt,<br />
das er zusammen mit Bundestagspräsident Prof. Dr.<br />
Norbert Lammert am 17. Juni 2009 an der Nordostseite<br />
des Berliner Reichstagsgebäudes enthüllte. Das<br />
Mauerstück ist mit einer bronzenen Gedenktafel<br />
versehen mit den Worten "Zur Erinnerung an den<br />
Kampf der Solidarność für Freiheit und Demokratie<br />
und an den Beitrag Polens zur deutschen Wiedervereinigung<br />
und für ein politisch geeintes Europa".<br />
Bei dem Mauerstück der früheren Lenin-Werft in<br />
Danzig handelt es sich um jenen Teil, über den der<br />
damalige Arbeiterführer und spätere polnische<br />
Präsident Lech Wałęsa am 14. August 1980<br />
gesprungen war, um den Streik zu organisieren, der<br />
zur Gründung der Solidarność-Gewerkschaft führte,<br />
der ersten unabhängigen Gewerkschaft in einem<br />
kommunistischen Land.<br />
Lammert wertete die Gedenktafel als "sichtbares<br />
Zeichen der Erinnerung“ an eine oft nicht einfache,<br />
nicht immer glückliche, aber gemeinsame<br />
Geschichte beider Länder. In diesem Jahr werde<br />
sowohl an den 20. Jahrestag des Falls der Berliner<br />
Mauer gedacht als auch der ersten freien Wahlen in<br />
Polen nach dem Kampf der Solidarność für Freiheit<br />
und Demokratie.<br />
Komorowski seinerseits dankte für die Unterstützung,<br />
dieses Denkmal hier aufstellen zu können. Das<br />
Europäische Zentrum Solidarność habe dem<br />
Bundestag dieses Mauerstück geschenkt, das ein<br />
Symbol des siegreichen Kampfes für Freiheit und<br />
Demokratie sei. An dieser Stelle sei die Berliner<br />
Mauer verlaufen, die als Teil des eisernen Vorhangs<br />
auch Polen von Freiheit und Demokratie abgeschirmt<br />
habe.
Seite: 14<br />
<strong>KKKompakt</strong><br />
IV. Düsseldorf<br />
Caritas open door—<br />
Wer ist mein Nächster?<br />
Elleraner Schützen feierten<br />
Das ist lebendiges Bürgerengagement<br />
Im Rahmen der "Missionale Düsseldorf 2009 - Öffnet<br />
die Türen für Christus" lud der Caritasverband Düsseldorf<br />
zum Gespräch. Auf der Roten Couch nahmen<br />
Politiker und kirchliche Repräsentanten Platz. Auch<br />
<strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> war dabei: "Mein Glaube bietet mir<br />
Halt, Orientierung und einen Ordnungsrahmen, der<br />
mich in meinem persönlichen und politischen Leben<br />
begleitet. Ohne Werte wird Politik beliebig, ohne<br />
Glaube und das gesellschaftliche Engagement der<br />
Kirchen unsere Gesellschaft ärmer. Die Missionale<br />
hat die Lebendigkeit des Glaubens vermittelt."<br />
Der Elleraner Schützenumzug ist ein Großereignis<br />
für Eller und Umgebung. Den traditionellen Schützenumzug<br />
besuchten auch <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> und die<br />
Genossinnen und Genossen. Herbert Prickler, Ratskandidat<br />
der SPD für Eller ist aktives Mitglied und<br />
ließ es sich nicht nehmen in der Husarenuniform mit<br />
zu marschieren. Wie immer ein tolles Fest. Dank an<br />
alle, die daran mitarbeiten.<br />
Gute Stimmung am SPD-Infostand<br />
in Unterbach<br />
Einen so großen<br />
Zulauf haben die<br />
GenossInnen in<br />
Unterbach nicht<br />
immer. Zu ihrem<br />
Infostand zur Europa-Wahl<br />
kamen<br />
u.a. die Ratskandidatin<br />
Elke Gessner, der Ortsvereinsvorsitzende Werner<br />
Rost, Oliver Klumparendt, der für die Bezirksvertretung<br />
kandidiert, die Bundestagsabgeordnete <strong>Karin</strong><br />
<strong>Kortmann</strong> und die Europakandidatin Petra Kammerevert.<br />
Was hat Aids in Afrika mit uns zu tun?<br />
AIDS-Truck in Düsseldorf<br />
Auf Einladung von <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, konnten sich<br />
mehrere Klassen des Gymnasiums Koblenzer Straße<br />
in Düsseldorf, im Aids-Truck des Katholischen Hilfswerks<br />
missio über Aids und seine Folgen in Afrika<br />
informieren.
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<strong>KKKompakt</strong><br />
Weltweit sind mehr als 33 Mio Menschen mit dem<br />
HIV infiziert, davon leben 2/3 in den Ländern südlich<br />
der Sahara. Mehr als 13 Mio Aids-Waisen sind auf<br />
staatliche Hilfen angewiesen, ganze Generationen<br />
erreichen nicht das 40. Lebensjahr. Das ist die traurige<br />
Bilanz, mit der sich die Schülerinnen und Schüler<br />
gestern und in ihrem Biologieunterricht befassten.<br />
Es ist wichtig sich frühzeitig über die Ansteckungswege<br />
und die Präventionsmöglichkeiten aufzuklären.<br />
Auch in Deutschland nehmen die Infiziertenzahlen<br />
zu. Der Aids-Truck, der vom Bundesentwicklungsministerium<br />
mit unterstützt wird, führt Jugendliche<br />
durch Afrika und lässt sie teilhaben am<br />
Leben eines südafrikanischen Jungen und eines u-<br />
gandischen Mädchens. Wer den Bus selbst nicht besuchen<br />
konnte, hat die Möglichkeit auf der Internetseite<br />
von missio einen virtuellen Rundgang zu erleben.<br />
Für die SchülerInnen des Gymnasiums Koblenzer<br />
Straße war er eine wichtige Ergänzung zu ihrem<br />
Unterricht.<br />
Düsseldorfer Schülerin macht mit bei<br />
„Jugend und Parlament“<br />
Diese Woche tagte im Bundestag das „Jugend und<br />
Parlament“. <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> hat die Düsseldorfer<br />
Schülerin Eva Nelles in dieses Parlament „gewählt“<br />
und ihr die Reise nach Berlin ermöglicht.<br />
„Bei der Veranstaltung zu ‚Jugend und Parlament’<br />
geht es mir vor allem darum, Jugendliche für Demokratie<br />
zu begeistern und ihnen einen Einblick in die<br />
parlamentarischen Abläufe zu geben“, so <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />
zu der von ihr vorgeschlagenen Schülerin.<br />
Eva Nelles erarbeitete in diesem Jugendparlament<br />
einen Gesetzentwurf für mehr direkte Demokratie,<br />
der in der abschließenden Lesung vom Parlament<br />
mit der für die Grundgesetzänderung notwendigen<br />
2/3 Mehrheit angenommen wurde.<br />
Die Schülerin freute sich über ihre Teilnahme an<br />
dem Planspiel: „Die Tage in Berlin haben mir sehr<br />
gut gefallen. Ich habe viel Neues erfahren, verstehe<br />
die Abläufe jetzt besser und habe die ungeheure Bedeutung<br />
von Kompromissen im politischen Tagesgeschäft<br />
kennen gelernt.“<br />
V. Veranstaltungshinweise<br />
20. Juni 2009, 11:00 Uhr - 16:00 Uhr<br />
Kommunalpolitischer Parteitag der SPD Düsseldorf<br />
Am 20. Juni 2009 findet die Auftaktveranstaltung<br />
der SPD Düsseldorf zur Kommunalwahl 2009 in der<br />
Freien Christlichen Schule, Fürstenberger Straße 10<br />
in Düsseldorf-Reizholz statt. Auf dem ordentlichen<br />
Parteitag will die SPD Düsseldorf ihre kommunalpolitischen<br />
Leitlinien 2009 beraten und verabschieden.<br />
21. Juni 2009, 13:00 Uhr<br />
Empfang Schützenverein Bilk<br />
Teilnahme von <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong><br />
am Empfang der Ehrengäste des St. Sebastianus<br />
Schützenverein Düsseldorf-Bilk<br />
im Jugendheim St. Martin, Gladbacher Straße 11<br />
Vier Tage erprobten sich über 300 Jugendliche aus<br />
ganz Deutschland als Abgeordnete eines fiktiven<br />
Parlaments an Originalschauplätzen. Reale Bundestagsabgeordnete<br />
haben sie aus ihren Wahlkreisen<br />
eingeladen, an dem großangelegten Planspiel<br />
„Jugend und Parlament“ vom Samstag, 13. Juni bis<br />
Dienstag, 16. Juni 2009 teilzunehmen. Für Düsseldorf<br />
schlüpfte die 18jährige Schülerin Eva Nelles in<br />
die ungewohnte Rolle.<br />
23.—26. Juni 2009<br />
BPA-Besuchergruppe bei <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong> in Berlin<br />
24. Juni 2009, 9:00 Uhr<br />
Eröffnung des Dt.-Chin. Bürgermeisterforums<br />
Weinkellerei Malkasten, Jacobistr. 7a, Düsseldorf<br />
NÄCHSTE AUSGABE:<br />
Das nächste <strong>KKKompakt</strong><br />
erscheint am 03. Juli 2009.<br />
Impressum<br />
Herausgeberin: <strong>Karin</strong> <strong>Kortmann</strong>, MdB<br />
Platz der Republik 1<br />
11011 Berlin<br />
Redaktion: Janine Barbier-Neubacher<br />
Telefon: 030 - 227 736 29<br />
Fax: 030 - 227 766 25<br />
E-Mail: karin.kortmann@bundestag.de<br />
Wahlkreisbüro Düsseldorf:<br />
Telefon: 0211 - 136 22 160<br />
Fax: 0211 – 86 39 137<br />
E-Mail: karin.kortmann@wk.bundestag.de