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KATHARINA MOMMSEN<br />
KLEISTS RINGEN MIT GOETHE IM SPIEGEL<br />
DES DICHTERISCHEN WERKSI<br />
Von allen für Kleist bedeutungsvoll gewordenen Begegnungen mit<br />
Dichtern seiner Zeit hat die Konfrontation mit dem Phänomen<br />
Goethe die stärksten Erschütterungen und nachhaltigsten Wirkungen<br />
herv<strong>org</strong>ebracht. Kleist gehörte zu der jungen, um 1770<br />
geborenen Künstlergeneration, die als erste in Goethe den überragenden<br />
Dichterfürsten sah, die durch einen ihrer Wortführer<br />
- Novalis - Goethe als den "wahren Statthalter des poetischen<br />
Geistes auf Erden" bezeichnete. 2<br />
Kleists Verhältnis zu Goethe hatte von vornherein ein besonderes<br />
Gepräge. Als sein eigenes dichterisches Schaffen begann, war er<br />
sich sehr bald seiner aussergewöhnlichen künstlerischen Potenz<br />
bewusst. Er spürte in sich die Möglichkeit, das ganz Ungewöhnliche<br />
zu leisten. Ihn beherrschte die Vorstellung, dass er als Dichter<br />
keinen andern als den ersten Rang anstreben dürfe. Damit war auch<br />
seine Einstellung zu Goethe fixiert. Kleist sah in Goethe den<br />
Grossen, mit dem er in Wettstreit zu treten habe. 3 Seine hochfliegenden<br />
Pläne hatten vor allem dies zum Ziel: Goethes Anerkennung<br />
im Sturm zu gewinnen, wenn möglich seine Freundschaft,<br />
und durch dichterische Erfolge Goethe zu übertreffen. So<br />
hoffte er, den nach Schillers Tod freigewordenen platz an Goethes<br />
Seite einnehmen zu können. Besonders sein dramatisches Schaffen<br />
schien ihm die Gewähr zu geben, der Erste zu werden, auch<br />
Goethe den Rang abzulaufen, und so in die Rolle des legitimen<br />
Thronerben hineinzuwachsen.<br />
Es ist dieses Verhältnis der Rivalität, des Wettkampfs, des mu-<br />
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