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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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I:25, 26<br />

hes oder Niedriges, was die Zeit nicht zerstören würde. Und wenn all dieses<br />

schließlich zerstört ist, so wird die Zeit selbst jedoch niemals zerstört. So wie<br />

ein Mensch nach der Tätigkeit des Tages in Schlaf fällt, als ob er bewusstlos<br />

sei, so schläft oder ruht auch die Zeit nach der Auflösung des Kosmos und<br />

behält die Fähigkeit zur Neuerschaffung der Welten verborgen in sich. Niemand<br />

weiß wirklich, was die Zeit ist.<br />

RùMA fuhr fort:<br />

Abgesehen von der Zeit, die ich gerade beschrieben habe, gibt es noch eine<br />

weitere Zeit, die für Geburt und Tod verantwortlich ist. Die Leute bezeichnen<br />

sie als die Gottheit, die über den Tod herrscht.<br />

Und es gibt noch einen weiteren Aspekt der Zeit, der k­tānta genannt wird<br />

— es ist dies das Ende der Tätigkeit, ihr unvermeidliches Ergebnis oder ihre<br />

Frucht. Dieser k­tānta ist wie der Tänzer, der niyati (das Gesetz der Natur) als<br />

sein Weib hat. Beide zusammen erlegen allen Wesen die unvermeidbare<br />

Frucht ihrer Handlungen auf. Während der Existenz des Universums sind sie<br />

unermüdlich in ihrem Schaffen, unbeirrbar in ihrer Wachsamkeit und unnachgiebig<br />

in ihrem Eifer.<br />

Wenn die Zeit also in diesem Universum tanzt und alles erschafft und zerstört<br />

– welche Hoffnung können wir dann haben? K­tānta hat sogar diejenigen<br />

im Griff, deren Glaube stark ist, und macht sie ruhelos. K­tānta ist die<br />

dafür verantwortlich, dass alles in dieser Welt sich in konstantem Wandel<br />

befindet; eine Dauerhaftigkeit gibt es hier nicht.<br />

Alle Wesen in dieser Welt sind vom Übel berührt, alle Beziehungen bedeuten<br />

Bindung, alle Freuden sind in Wirklichkeit große Leiden, und alle Wünsche<br />

nach dem Glück sind tatsächlich nur Luftspiegelungen. Die eigenen<br />

Sinne sind die Feinde; die Wirklichkeit wurde unwirklich (unerkennbar); der<br />

eigene Verstand wurde zum schlimmsten Feind. Der Ich-Sinn ist die Hauptursache<br />

alles Bösen. Die Weisheit ist machtlos; alle Tätigkeiten führen zum<br />

Missvergnügen, und die Freude ist rein sexuell. Die Intelligenz wird vom<br />

Egoismus regiert anstatt der Egoismus von der Intelligenz. Daher kann es im<br />

Gemüt des Menschen weder Frieden noch Glück geben. Die Jugend schwindet.<br />

Die Gesellschaft der Heiligen ist selten. Es gibt keinen Ausweg aus diesem<br />

Leiden. Nirgendwo ist die Erkenntnis der Wahrheit zu beobachten. Weder<br />

freut man sich über das Gedeihen und das Glück anderer, noch kann in irgendeinem<br />

Herzen Mitgefühl gefunden werden. Die Menschen werden von<br />

Tag zu Tag schlechter. Schwäche hat die Stärke überwunden, Feigheit den Mut<br />

überwältigt. Schlechte Gesellschaft ist leicht zu haben, gute dagegen kaum zu<br />

finden. Ich frage mich, wohin die Zeit die Menschlichkeit führen wird.<br />

Ihr Heiligen, diese rätselhafte Macht, die diese Schöpfung regiert, zerstört<br />

sogar die mächtigsten Dämonen, raubt auch das, was aufgrund seiner scheinbaren<br />

Dauerhaftigkeit für ewig angesehen wird, und tötet sogar die Unsterblichen.<br />

Kann es da für einfache Menschen wie mich irgendeine Hoffnung<br />

geben? Dieses rätselhafte Wesen scheint in allen zu wohnen, und sein indivi-<br />

33

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