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«Gebt nicht nur Geld. Arbeitet auch am Bewusstsein.» - Kirchenblatt

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40 Jahre ökumenische K<strong>am</strong>pagne in der Schweiz<br />

«Gebt <strong>nicht</strong> <strong>nur</strong> <strong>Geld</strong>…<br />

Thema<br />

Mit einem Gottesdienst <strong>am</strong> 26. Februar feiern<br />

«Fastenopfer» und «Brot für alle» das Jubiläum<br />

ihrer ökumenischen Zus<strong>am</strong>menarbeit.<br />

Vor 40 Jahren, im Advent des Jahres 1969, traten<br />

die beiden Werke zum ersten Mal gemeins<strong>am</strong> an<br />

die Öffentlichkeit. Darüber führten Hanspeter Bundi<br />

und Blanca Steinmann ein Gespräch mit Ferdinand<br />

Luthiger, Beat Dietschy und Antonio Hautle.<br />

Bundi/Steinmann: Frage: Herr Luthiger,<br />

sind Sie ein Pionier der Ökumene?<br />

Luthiger: Wieso?<br />

Bundi/Steinmann: Sie waren bei der ersten<br />

Sitzung zur ökumenischen K<strong>am</strong>pagne<br />

dabei, <strong>am</strong> 6. Juni 1968.<br />

Luthiger: Als Protokollführer. Nicht als<br />

Pionier. Diese Ehre gebührt den Leitern<br />

der kirchlichen Werke, Pfarrer Franz Baumann<br />

auf reformierter und Meinrad Hengartner<br />

auf katholischer Seite, die persönlich<br />

miteinander befreundet waren.<br />

Franz Baumann ergriff die Initiative, und<br />

Meinrad Hengartner reagierte umgehend.<br />

Es gehe jetzt um die Praxis von unten,<br />

sagte er.<br />

Das ist dann tatsächlich <strong>auch</strong> gelungen.<br />

Die Zus<strong>am</strong>menarbeit wurde schnell konkret.<br />

«Leben ist für alle da», hiess das<br />

Motto der ersten gemeins<strong>am</strong>en Aktion<br />

im Advent 1969. Die ökumenische Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

war d<strong>am</strong>als absolut keine<br />

Selbstverständlichkeit. Doch die Zeiten<br />

waren günstig. Das 2. Vatikanische Konzil<br />

hatte die Ökumene als Ziel formuliert.<br />

Vom Weltkirchenrat in Uppsala k<strong>am</strong>en<br />

ähnliche Signale.<br />

Dietschy: Heute kann man sagen, dass<br />

die ökumenische K<strong>am</strong>pagne bahnbrechend<br />

war für die ökumenische Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />

in der Schweiz.<br />

Luthiger: Ich wünschte mir, dass man eines<br />

Tages sagen kann: Hier wurde das<br />

Fund<strong>am</strong>ent geschaffen zu einer Einheit<br />

der christlichen Kirchen. Das sollte unser<br />

Endziel sein. Wir haben Erfahrungen, wie<br />

die Zus<strong>am</strong>menarbeit funktionieren kann.<br />

Hautle: Und sie ist europaweit einzigartig.<br />

Theologisch sind die Kirchen ja heute<br />

noch mitten in den Diskussionen. Aber<br />

auf der pragmatischen Ebene ging es um<br />

die Frage der Gerechtigkeit, der Armutsüberwindung,<br />

die ganzen sozialen<br />

Fragen. Da waren die Landeskirchen von<br />

Anfang an vorne mit dabei.<br />

Bundi/Steinmann: Und sie haben den Armen<br />

im Süden geholfen.<br />

Dietschy: Umgekehrt hat der Süden <strong>auch</strong><br />

uns auf die Sprünge geholfen. Dom Helder<br />

C<strong>am</strong>ara zum Beispiel, Erzbischof von<br />

Recife, redete allen Kirchen, <strong>nicht</strong> <strong>nur</strong> der<br />

katholischen, ins Gewissen. Gebt <strong>nicht</strong><br />

<strong>nur</strong> <strong>Geld</strong>, sagte er. <strong>Arbeitet</strong> <strong>auch</strong> an eurem<br />

<strong>Bewusstsein</strong>!<br />

Luthiger: Es war uns von Anfang an wichtig,<br />

<strong>nicht</strong> einfach über die Leute aus dem<br />

Süden zu sprechen, sondern sie selbst zu<br />

Wort kommen zu lassen. Sie waren ja die<br />

Betroffenen, wir waren bloss Vermittler.<br />

Für die Leute hier war dieser Kontakt mit<br />

Gästen aus dem Süden sehr wichtig. So<br />

konnten sie ihre Fragen den Vertreterinnen<br />

und Vertretern direkt stellen, und die<br />

Gäste aus dem Süden konnten ihre Anliegen<br />

selbst darlegen.<br />

Dietschy: Ich bin überzeugt, dass die Bildungs-<br />

und Sensibilisierungsarbeit in Europa<br />

oder in der Schweiz mindestens<br />

ebensoviel, oder fast mehr bewirkt hat<br />

als unsere Einzelprojekte. Das ist eigentlich<br />

unsere Stärke.<br />

«Almosen sind eines Christen unwürdig»,<br />

stand in der Agenda von 1973.<br />

Man muss <strong>auch</strong> nach den Ursachen der<br />

Armut fragen, nach den «Strukturen der<br />

Sünde», wie sie in der katholischen Soziallehre<br />

genannt werden. Man sieht zum<br />

Beispiel, dass Fragen des Klimaschutzes<br />

auf der politischen Prioritätsliste schnell<br />

einmal verschoben werden, sobald eine<br />

Finanzkrise da ist. Wir setzen diesen Mechanismen<br />

etwas entgegen. Dieses Jahr<br />

verlangen wir «Gerechtigkeit im Klimawandel».<br />

Wir müssen einbringen, dass<br />

es im Klimaschutz <strong>auch</strong> um das «Recht<br />

auf Entwicklung» geht, das noch längst<br />

<strong>nicht</strong> gewährleistet ist.<br />

Hautle: Bildung hat die Dimension der<br />

Sensibilisierung, <strong>auch</strong> innerhalb der verschiedenen<br />

Stufen der Kirche. Wir sollen<br />

das schlechte Gewissen der Kleriker, der<br />

Bischöfe und der Verantwortlichen in den<br />

Kirchgemeinden sein. Ich glaube, das ist<br />

eine Rolle, die wir spielen müssen. Wir<br />

sagen etwas aus unserer Perspektive, und<br />

dann können Bischöfe, Theologen und<br />

Politiker/-innen aus ihrer Perspektive antworten.<br />

1968 ergriffen Pfarrer Franz Baumann (1923<br />

bis 2007) auf reformierter und Meinrad Hengartner<br />

(1925 bis 1984) auf katholischer Seite<br />

die Initiative zur ökumenischen K<strong>am</strong>pagne.<br />

«Es gehe jetzt um die Praxis von unten»,<br />

sagte Meinrad Hengartner.<br />

Dom Helder C<strong>am</strong>ara, Erzbischof von Recife, redete<br />

allen Kirchen, <strong>nicht</strong> <strong>nur</strong> der katholischen, ins Gewissen.<br />

«Gebt <strong>nicht</strong> <strong>nur</strong> <strong>Geld</strong>», sagte er, «arbeitet <strong>auch</strong> an<br />

eurem <strong>Bewusstsein</strong>!»<br />

4<br />

KIRCHENBLATT 5 09

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