Come together – Nähe, Distanz und deren Folgen für die Behandlung
Come together – Nähe, Distanz und deren Folgen für die Behandlung
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
19. Forensische Fachtagung »Sex & Drugs & Rock´n´Roll«<br />
„<strong>Come</strong> <strong>together</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>deren</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Behandlung</strong>“<br />
Programm zur Fachtagung vom 14. bis 16. Mai 2013
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />
Vorwort<br />
Was hat das Lied der Beatles „<strong>Come</strong> <strong>together</strong>“ mit einer<br />
forensischen Fachtagung zum Thema „<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>deren</strong> <strong>Folgen</strong>“ zu tun?<br />
Vielleicht nähern wir uns einer Antwort, indem wir unseren<br />
Phantasien über den Text von John Lennon in uns Raum<br />
geben.<br />
Denn, zumindest zu Beginn des therapeutischdiagnostischen<br />
Prozesses, befinden wir uns im Bereich der<br />
Phantasie.<br />
Der „Patient“ ist zunächst das, was wir aus ihm machen.<br />
Genauso sind auch „Wir“ genau das, was der Patient auf<br />
Gr<strong>und</strong> seiner Erfahrungen <strong>und</strong> Erlebnisse aus uns macht.<br />
Über <strong>die</strong> notwendigen Gr<strong>und</strong>lagen der Therapie haben sich<br />
<strong>die</strong> Vorstellungen <strong>und</strong> Ansichten geändert. So besteht<br />
Übereinstimmung darin, dass <strong>die</strong> <strong>Behandlung</strong> nicht mehr<br />
in einer ausschließlich dyadischen Form der Beziehungsgestaltung<br />
stattfinden kann.<br />
An <strong>die</strong> Stelle der Paarbeziehung ist <strong>die</strong> <strong>Behandlung</strong> im<br />
Rahmen einer sozialen Matrix getreten.<br />
Diese soll zum einen dazu <strong>die</strong>nen, dem Patienten im therapeutischen<br />
wie im stationären Alltagsraum in seiner vielschichtigen<br />
Art der Wiederholung begegnen zu können.<br />
Dazu müssen <strong>die</strong> vielen Wirkfaktoren aber bekannt sein<br />
<strong>und</strong> klar beschrieben werden.<br />
Der therapeutische Rahmen selbst wird daher wie <strong>die</strong> cotherapeutischen<br />
Methoden <strong>und</strong> Werkzeuge immer feingliedriger<br />
auf den Patienten zugeschnitten. Dieser hat sich<br />
dann nicht mehr einer Methode anzupassen.<br />
Dennoch ist immer wieder zu beobachten, dass schon der<br />
Aufbau einer therapeutischen Arbeitsbeziehung (<strong>und</strong> nicht<br />
nur <strong>die</strong> <strong>Behandlung</strong> selbst) trotz formal guter struktureller<br />
Voraussetzungen scheitert.<br />
Vielleicht erklärt sich <strong>die</strong>ses Scheitern dadurch, dass das<br />
selbstverständliche Pendeln zwischen den Beziehungspolen<br />
<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> nicht möglich ist.<br />
Wir haben es im Maßregelvollzug mit Menschen <strong>und</strong> <strong>deren</strong><br />
frühen Pathologien, <strong>deren</strong> strukturellen Störungen zu tun.<br />
2
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Menschen, <strong>deren</strong> Inneres von Neid, Misstrauen <strong>und</strong> Angst,<br />
ja sogar von Hass geprägt ist. Die Anforderungen der Realität<br />
bereiten Unruhe, innere Spannungen, <strong>und</strong> Gegensätze<br />
können nicht ausgehalten werden.<br />
Auf beiden Seiten, auf der des Patienten wie auf der des<br />
Behandelnden ist demnach <strong>die</strong> Frage zu beantworten,<br />
inwieweit <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> liebende Zuneigung Realität <strong>und</strong> Selbst<br />
erschaffen <strong>und</strong> ab wann <strong>Nähe</strong> <strong>die</strong> Entwicklung möglicherweise<br />
sogar (zer-) stört.<br />
<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> Verschmelzung können also <strong>die</strong> Entwicklung<br />
ebenso stören wie eine <strong>Distanz</strong>, <strong>die</strong> aus Nichtkenntnis des<br />
Patienten, der Bedeutung seiner Handlungen im therapeutischen<br />
Prozess entsteht.<br />
Oder <strong>die</strong>ser <strong>Distanz</strong> liegen Angst <strong>und</strong> Unbehagen wegen<br />
der Stärke zugr<strong>und</strong>e, mit welcher der Patient uns als Behandelnde<br />
idealisiert, fordert <strong>und</strong> bei geringstem Versagen<br />
verurteilt. Aus dem Gefühl der Hilflosigkeit werden<br />
manchmal Rachephantasien, <strong>und</strong> <strong>die</strong> therapeutische<br />
Gr<strong>und</strong>haltung entsteht erst gar nicht, der Patient wird in<br />
seiner Entwicklung ge- oder gar zerstört.<br />
Liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, <strong>die</strong>se Diskussion über <strong>die</strong><br />
Besonderheiten in der Regulation von <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong><br />
wird während der Tagung im Mittelpunkt stehen.<br />
Daher der Titel „<strong>Come</strong> <strong>together</strong>- <strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> ihre<br />
<strong>Folgen</strong>“.<br />
Wir würden uns freuen, wenn wir Sie (wieder) bei uns begrüßen<br />
<strong>und</strong> mit Ihnen lernen, diskutieren, feiern könnten.<br />
<strong>Come</strong> <strong>together</strong>, right now.<br />
Dr. J. Kreutz<br />
3
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Dienstag, 14. Mai 2013<br />
Moderation Michael Bay<br />
11:30h Eröffnung des Tagungsbüros <strong>und</strong> kleiner Imbiss im Gesellschaftshaus<br />
13:00h Eröffnung der Tagung<br />
Begrüßung durch<br />
eine Vertreterin / einen Vertreter<br />
der LVR-Trägerverwaltung Köln<br />
Begrüßung durch<br />
Dr. Jack Kreutz, Fachbereichsarzt Forensik<br />
der LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
4
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
13:30h Psychoanalyse in der Forensik <strong>–</strong><br />
aktuelle Anmerkungen<br />
Prof. Dr. Klaus Hoffmann, Konstanz<br />
14:15h Pause<br />
14:30h Kultursensible Psychotherapie bei Menschen aus an<strong>deren</strong> Kulturen<br />
Prof. Dr. Jan Kizilhan; Villingen-Schwenningen<br />
15:15h Pause<br />
15:30h Zu wenig Liebe <strong>für</strong> unsere Söhne?<br />
Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Hannover<br />
16:15h Pause<br />
16:30h Mentalisieren in der Forensik <strong>–</strong> eine Utopie?<br />
Prof. Dr. Ulrich Schultz-Venrath, Bergisch Gladbach<br />
18:00h Gemeinsames Abendessen<br />
ab<br />
19:30h Angebot einer Führung durch das<br />
Museum Kurhaus <strong>–</strong> Ewald Mataré Sammlung<br />
in Kleve<br />
Anschließend gemütliches Beisammensein.<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Mittwoch, 15. Mai 2013 »Tag der Arbeit«<br />
Moderation Michael Bay<br />
09:00h Verbotene Liebe<br />
Katrin Salomé <strong>und</strong> Matthias Eckel, Bad Rehburg<br />
09:45h Pause<br />
10:00h Arbeitsgruppen<br />
12:45h Mittagessen<br />
14:00h Arbeitsgruppen<br />
15:30h Pause<br />
15:45h-<br />
17:30h Arbeitsgruppen<br />
20:00h Gemeinsames Abendessen<br />
ab 21:00h<br />
Kongressfete „Unchain my heart“<br />
mit der Live Band<br />
„Cold Sweat“<br />
6
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Donnerstag, 16. Mai 2013<br />
Moderation Michael Bay<br />
09:30h Innerer <strong>und</strong> äußerer Abstand durch <strong>die</strong> ästhetische <strong>Distanz</strong> in der Dramatherapie<br />
Prof. Johannes Junker, Nürtingen<br />
10:15h Pause<br />
10:30h MACHTvolle Beziehungen: Über Macht <strong>und</strong> Gewalt im forensischen Alltag<br />
Jörg Dondalski, Marsberg<br />
11:15h Pause<br />
11:30h Fre<strong>und</strong>in oder Feindin?<br />
- Die Rolle der Strafvollstreckungskammer im System des Maßregelvollzuges<br />
Richterin Bettina Trenckmann, Kleve<br />
12:15h Plenum - Zusammenfassung<br />
anschließend gemeinsames Mittagessen <strong>und</strong> Ende der Tagung<br />
7
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Vorträge<br />
Psychoanalyse in der Forensik <strong>–</strong> aktuelle Anmerkungen<br />
Vortrag von Professor Dr. Klaus Hoffmann<br />
Professor Dr. med. Klaus Hoffmann,<br />
Jahrgang 1954, ist Facharzt <strong>für</strong><br />
Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie<br />
sowie <strong>für</strong> Psychosomatische Medizin<br />
<strong>und</strong> Psychotherapie, Schwerpunkt<br />
Forensische Psychiatrie, Einzel- <strong>und</strong><br />
Gruppenlehranalytiker. Seit 1997<br />
leitet er <strong>die</strong> Klinik <strong>für</strong> Forensische Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie<br />
im Zentrum <strong>für</strong> Psychiatrie Reichenau, seit 2002<br />
zusammen mit Dr. phil. Hedi Haffner das Institut <strong>für</strong> Psychoanalyse<br />
(IfP) in Zürich <strong>und</strong> Kreuzlingen. Seit 2000 ist er<br />
Mitglied des Exekutiv Komitees der International Federation<br />
of Psychoanalytic Societies (IFPS), seit 2008 apl. Professor<br />
im Fachbereich Klinische Psychologie der Universität<br />
Konstanz. Seit 2007 leitet er das landesweite Projekt Prozessoptimierung<br />
Forensische Psychotherapie in Baden-<br />
Württemberg, seit 2010 ist er geschäftsführender Herausgeber<br />
der Forensischen Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie <strong>–</strong><br />
Werkstattschriften.<br />
Einzel- wie gruppenanalytische Ansätze finden wieder<br />
zunehmend Beachtung in der forensischen Alltagsarbeit.<br />
Die Aufdeckung salutogenetischer wie traumatisierender<br />
Erfahrungen in Kindheit <strong>und</strong> Jugend sowohl bei den<br />
Rechtsbrechern gewordenen Patientinnen <strong>und</strong> Patienten<br />
wie auch bei den Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern wird<br />
wieder zunehmend als bedeutsam erkannt. Hier<strong>für</strong> ist ein<br />
Milieu erforderlich, das wesentliche Gr<strong>und</strong>lagen der therapeutischen<br />
Gemeinschaft auf gruppenanalytischer Gr<strong>und</strong>lage<br />
berücksichtigt, wie Offenheit auch <strong>für</strong> problematische<br />
Inhalte, aber auch klare Grenzsetzung gegenüber ausbeuterischem<br />
Verhalten im Alltag. Qualifizierte Selbsterfahrung<br />
<strong>und</strong> regelmäßige Supervisionen <strong>für</strong> alle mit den Patienten<br />
arbeitenden Berufsgruppen reflektieren <strong>die</strong> Gegenübertragungen,<br />
<strong>die</strong> Gefühle der Behandler, <strong>und</strong> können<br />
auch in verzweifelten Fällen Wege in Richtung Ges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> Deliktfreiheit öffnen.<br />
Der Vortrag vermittelt Gr<strong>und</strong>lagen von Einzel- <strong>und</strong> Gruppenanalyse<br />
in forensischen Settings, das Seminar diskutiert<br />
Kasuistiken, wobei auch Erfahrungen der Teilnehmer<br />
aufgegriffen werden.<br />
8
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Kultursensible Psychotherapie bei Menschen aus an<strong>deren</strong> Kulturen<br />
Vortrag von Prof. Dr. Jan Kizilhan<br />
Prof. Dr. Jan Ilhan Kizilhan, Diplom<br />
Psychologe ist Dozent <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitswissenschaften,<br />
Psychologie<br />
<strong>und</strong> Migration an der Fakultät <strong>für</strong><br />
Sozialwesen der Dualen Hochschule<br />
Konstanz.<br />
Prof. Kizilhan ist Jahrgang 1965. Er<br />
stu<strong>die</strong>rte Psychologie <strong>und</strong> Soziologie<br />
an der Universität Bochum <strong>und</strong> promovierte im Fach Psychologie<br />
an der Universität Konstanz. Er ist leitender Diplom<br />
Psychologe, Abteilungsleiter <strong>und</strong> klinischer Manager<br />
der psychosomatischen Michael-Balint-Klinik in Königsfeld.<br />
Dort ist er ebenfalls Projektleiter der Arbeitsgruppe<br />
Migration <strong>und</strong> Rehabilitation.<br />
Die zunehmende Globalisierung <strong>und</strong> das Entstehen multikultureller<br />
Gesellschaften erfordern es mehr als bisher,<br />
kulturelle Aspekte in <strong>die</strong> psychotherapeutische <strong>und</strong> psychosoziale<br />
Versorgung (Psychotherapie, Rehabilitation,<br />
Prävention) einzubeziehen. Das therapeutische Personal in<br />
den Kliniken, Praxen <strong>und</strong> Beratungsstellen haben mehr<br />
<strong>und</strong> mehr mit Patienten aus an<strong>deren</strong> Kulturkreisen, über<br />
alle Generationen hinweg, zu tun.<br />
In dem Vortrag sollen spezifische Themen zur psychologischen<br />
<strong>und</strong> psychotherapeutischen <strong>Behandlung</strong> von Migranten<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik vorgestellt <strong>und</strong> diskutiert werden.<br />
Ein Schwerpunkt wird u.a. auch auf <strong>die</strong> stationäre <strong>und</strong><br />
ambulante psychotherapeutische Arbeit mit Patienten aus<br />
islamischen Ländern gelegt.<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Zu wenig Liebe <strong>für</strong> unsere Söhne?<br />
Vortrag von Prof. Dr. Christian Pfeiffer<br />
Prof. Dr. Christian Pfeiffer, geb.<br />
1944, war von Dez. 2000 bis März<br />
2003 Justizminister in Niedersachsen.<br />
Seither leitet er wie vorher das<br />
Kriminologische Forschungsinstitut<br />
Niedersachsen <strong>und</strong> lehrt Kriminologie,<br />
Strafvollzug <strong>und</strong> Jugendstrafrecht<br />
an der Universität Hannover. Pfeiffer stu<strong>die</strong>rte als<br />
Stipendiat der Stu<strong>die</strong>nstiftung des Deutschen Volkes<br />
Rechtswissenschaften, Sozialpsychologie <strong>und</strong> Kriminologie<br />
in München <strong>und</strong> London. Danach war er wissenschaftlicher<br />
Assistent an der Universität München <strong>und</strong> Heisenberg-<br />
Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Pfeiffers<br />
aktuelle Forschungsschwerpunkte sind Gewaltkriminalität,<br />
Strafzumessung <strong>und</strong> Viktimologie. Neben dem<br />
B<strong>und</strong>esver<strong>die</strong>nstkreuz am Bande erhielt Pfeiffer <strong>für</strong> seine<br />
Arbeiten noch zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter<br />
1984 als Vorsitzender des Vereins Brücke e.V. den Sozialpreis<br />
des Freistaates Bayern. 1997 gründete er in Hannover<br />
<strong>die</strong> erste Bürgerstiftung Deutschlands nach <strong>deren</strong><br />
Vorbild inzwischen mehr als 40 entsprechende Stiftungen<br />
entstanden sind.<br />
Über das Ausmaß <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> der Benachteiligung von<br />
Jungen in der familiären <strong>und</strong> institutionellen Kindererziehung<br />
Das KFN hat im Rahmen von vier eigenen Untersuchungen<br />
<strong>und</strong> weiteren, <strong>die</strong> von an<strong>deren</strong> Instituten durchgeführt<br />
worden sind, klare Hinweise <strong>für</strong> eine Benachteiligung der<br />
Jungen gef<strong>und</strong>en. Im Vergleich zu den Mädchen erhalten<br />
sie heute von den <strong>für</strong> ihre Erziehung verantwortlichen<br />
Personen (Eltern, Erzieherinnen, Lehrer(innen) weniger<br />
Zuwendung. Soweit Längsschnittdaten vorliegen, zeigt sich<br />
ferner, dass es sich hier um ein neues Phänomen handelt.<br />
Früher sind eher <strong>die</strong> Mädchen zu kurz gekommen. Im<br />
Rahmen des Vortrags werden Erklärungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ungleichbehandlung<br />
angeboten. Es wird erörtert, welche<br />
<strong>Folgen</strong> daraus <strong>für</strong> <strong>die</strong> Betroffenen erwachsen. Und schließlich<br />
liegt ein Schwerpunkt bei der Frage, welche Konsequenzen<br />
<strong>die</strong> dargestellten Erkenntnisse im Hinblick auf <strong>die</strong><br />
Familie, Kinderkrippen, Kindergärten <strong>und</strong> Schulen haben<br />
sollten.<br />
10
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Mentalisieren in der Forensik <strong>–</strong> eine Utopie?<br />
Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Schultz-Venrath<br />
Professor Schultz-Venrath absolvierte<br />
sein Medizinstudium in Aachen<br />
<strong>und</strong> in Berlin. Danach arbeitete<br />
er zunächst als wissenschaftlicher<br />
Assistent in der klinischen<br />
Neurophysiologie <strong>und</strong> Neurologie<br />
der Freien Universität Berlin. Weitere<br />
Stationen der Ausbildung im Klinikum Spandau (Havelhöhe),<br />
Landesklinik Langenfeld, Universitätskliniken<br />
Köln, Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke. Seit 1999 als<br />
Chefarzt der Klinik I <strong>für</strong> Psychiatrie, Psychotherapie <strong>und</strong><br />
Psychosomatik im Evangelischen Krankenhaus Bergisch<br />
Gladbach.<br />
Mentalisieren bezeichnet eine psychische Schlüsselkompetenz,<br />
<strong>die</strong> auf sicheren Bindungserfahrungen beruht <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> menschliche Fähigkeit begründet, interpersonales<br />
Verhalten auf Gr<strong>und</strong>lage von psychischen Zuständen zu<br />
verstehen. Das Mentalisierungsmodell stellt ein integrierendes<br />
Brückenkonzept dar: Verwandte Konzepte, <strong>die</strong><br />
Teilaspekte der Theorie berühren, sind u.a. Empathie,<br />
emotionale Intelligenz, psychologische Sensibilität oder<br />
Achtsamkeit. Mentalisierungsbasierte Interventionen, wie<br />
vor allem das Konzept der Mentalisierungsbasierten Therapie<br />
(MBT), zielen auf <strong>die</strong> (Wieder-)Herstellung der Fähigkeit,<br />
„sich selbst <strong>und</strong> andere durch eine Psyche zu entdecken,<br />
<strong>die</strong> seiner eigenen Psyche zugewandt ist“ (Bateman<br />
& Fonagy 2006, 282) <strong>und</strong> <strong>die</strong> Stabilisierung <strong>die</strong>ser Fähigkeit<br />
innerhalb von Bindungsbeziehungen. Der Vortrag soll sich<br />
mit der (visionären <strong>und</strong> vielleicht utopischen) Frage beschäftigen,<br />
auf welche Weise sich forensische Abteilungen/Kliniken<br />
mit ihren Patienten zu einer mentalisierenden<br />
Gemeinschaft entwickeln könnten.<br />
11
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
12<br />
Verbotene Liebe<br />
Vortrag von Katrin Salomé <strong>und</strong> Matthias Eckel<br />
Katrin Salomé hat nach ihrem Abitur<br />
1986 <strong>die</strong> Ausbildung zur Krankenschwester<br />
absolviert. Danach hat<br />
sie Erfahrungen in verschiedenen<br />
medizinischen Fachgebieten gesammelt,<br />
sowohl im allgemeinchirurgischen<br />
<strong>und</strong> gesichtschirurgischen<br />
OP als auch in der Orthopä<strong>die</strong>.<br />
Ab 2002 hat sie ihre Tätigkeit in der<br />
Forensik im Maßregelvollzugszentrum<br />
Niedersachsen Bad Rehburg<br />
aufgenommen.<br />
2006 hat sie eine Gr<strong>und</strong>ausbildung<br />
zur Deeskalationstrainerin mit ständiger<br />
Fortbildung absolviert. Seitdem<br />
ist sie als Trainerin <strong>und</strong> Dozentin,<br />
im inner- <strong>und</strong> außerklinischen<br />
Bereich tätig.<br />
Matthias Eckel ist seit 1995 Krankenpfleger, <strong>und</strong> arbeitet<br />
seit dem im Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen Bad<br />
Rehburg. 2000 hat er <strong>die</strong> Qualifizierung zur Pflegefachkraft<br />
im mittleren Management abgeschlossen.<br />
2005 hat er eine Ausbildung zum Sicherheitsbeauftragten<br />
im MRV Niedersachsen durchgeführt, <strong>und</strong> ist seit 2007 in<br />
<strong>die</strong>ser Funktion in Bad Rehburg tätig.<br />
2006 hat er eine Gr<strong>und</strong>ausbildung zum Deeskalationstrainer<br />
mit ständiger Fortbildung absolviert. Seitdem ist er als<br />
Trainer <strong>und</strong> Dozent, im inner- <strong>und</strong> außerklinischen Bereich<br />
tätig.<br />
Immer wieder kommt es in unseren Kliniken zu unprofessionellen,<br />
sowohl emotionalen als auch körperlichen Beziehungen<br />
zwischen Angestellten <strong>und</strong> Patienten, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
alle Beteiligten zu einer erheblichen Belastung führen.<br />
Gemeinsam stehen wir in dem Spannungsfeld: Wie viel<br />
<strong>Nähe</strong> ist erforderlich, um therapeutisch wirksam zu werden?<br />
Aber auch, wie viel <strong>Distanz</strong> ist notwendig, damit Therapie<br />
nicht verhindert wird?<br />
Daher ist es wichtig dass <strong>die</strong>se Thematik enttabuisiert <strong>und</strong><br />
sensibilisiert wird.<br />
Anhand eines Fallbeispieles werden folgende Fragen erörtert:<br />
Wie kann es zu emotionalen „verbotenen“ Beziehungen<br />
zwischen Angestellten <strong>und</strong> Patienten kommen? Welche<br />
beson<strong>deren</strong> Merkmale haben Patienten, <strong>die</strong> <strong>für</strong> Angestellte<br />
so anziehend sind? In was <strong>für</strong> Lebensumständen<br />
sind Mitarbeiter/innen besonders anfällig? Welche Auswirkungen<br />
hat eine Grenzüberschreitung auf das Team <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> Therapie des Patienten? Was können der/<strong>die</strong> Betreffende/r<br />
sowie das Team dann tun?
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Innerer <strong>und</strong> äußerer Abstand durch <strong>die</strong> ästhetische <strong>Distanz</strong><br />
in der Dramatherapie<br />
Vortrag von Professor Johannes Junker<br />
Johannes Junker, stu<strong>die</strong>rte Theologie<br />
<strong>und</strong> Philosophie in Trier <strong>und</strong><br />
Frankfurt a.M., Dramatherapie in<br />
Nimwegen, Niederlande <strong>und</strong> wurde<br />
zum Supervisor <strong>und</strong> Manager am<br />
Institut <strong>für</strong> angewandte Psychologie<br />
in Rossum, Niederlande ausgebildet. Ist seit 2012 Rektor<br />
<strong>und</strong> Professor an der Hochschule <strong>für</strong> Kunsttherapie Nürtingen,<br />
1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />
Theatertherapie, Vorstandsmitglied der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />
Künstlerischer Therapien; arbeitete 21 Jahre in<br />
der LVR-Klinik Bedburg-Hau als u.a. leitender Kreativtherapeut,<br />
war mehr als ein Jahrzehnt als Dekan, Wissenschaftler<br />
<strong>und</strong> Supervisor an der Hogeschool Arnhem en<br />
Nijmegen, Niederlande tätig.<br />
Die Dramatherapie ist neben der Kunst-, Musik- <strong>und</strong> Tanztherapie<br />
eine Disziplin der Künstlerischen Therapien. In<br />
<strong>die</strong>ser handlungsorientierten Therapieform kann in besonderer<br />
Weise mit sowohl innerlichen als auch äußeren Abständen<br />
experimentiert werden. Die Dramatherapie bietet<br />
hierzu ein großes Spektrum an psychodynamisch sowie<br />
verhaltenstherapeutisch orientierten Verfahren. Einige<br />
<strong>die</strong>ser Vorgehensweisen werden in dem Vortrag an der<br />
Hand von konkreten Beispielen aus Einzel- <strong>und</strong> Gruppentherapien<br />
vorgestellt. Insbesondere wird auf <strong>die</strong> Eigenart<br />
der ästhetischen <strong>Distanz</strong> zum inneren Abstand im Bezug zu<br />
Handlungen, Gefühlen, Gedanken <strong>und</strong> Eindrücken eingegangen.<br />
Ein besonderes Augenmerk wird auch auf <strong>die</strong><br />
körperliche Berührung gelegt, <strong>die</strong> durch verschiedene<br />
Rollenspielmethoden möglich werden <strong>und</strong> gezielt in der<br />
Dramatherapie eingesetzt werden kann.<br />
13
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
MACHTvolle Beziehungen:<br />
Über Macht <strong>und</strong> Gewalt im forensischen Alltag<br />
Vortrag von Jörg Dondalski<br />
Jörg Dondalski ist Fachkrankenpfleger<br />
<strong>für</strong> Psychiatrie <strong>und</strong> Diplom<br />
Pflegewirt (FH). Er ist Pflegedirektor<br />
im LWL-Therapiezentrum <strong>für</strong><br />
forensische Psychiatrie in Marsberg.<br />
Er ist Autor oder Mitautor<br />
zahlreicher Veröffentlichungen.<br />
Macht spielt praktisch in allen<br />
Formen menschlichen Zusammenlebens eine Rolle.<br />
Machtverhältnisse beschreiben immer ungleiche zweiseitige<br />
(Austausch-) Verhältnisse, bei denen eine Seite über<br />
Macht verfügt (z.B. durch Belohnung, Sanktion, oder Wissen)<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> andere Seite <strong>die</strong>s akzeptiert, keinen Widerspruch<br />
erhebt, nichts gegen <strong>die</strong> Ausübung der Macht unternimmt<br />
oder zur Duldung oder Befolgung gezwungen<br />
wird.<br />
In forensischen Arbeitsfeldern geben uns <strong>die</strong> Rolle als<br />
therapeutische MitarbeiterInnen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Rahmenbedingungen<br />
vielfältige Möglichkeiten „Macht“ auszuüben. Dieses<br />
sensible Thema wird in dem Vortrag aufgegriffen.<br />
14
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Fre<strong>und</strong>in oder Feindin?<br />
- Die Rolle der Strafvollstreckungskammer im System des Maßregelvollzuges<br />
Vortrag von Richterin Bettina Trenckmann<br />
Nach Erstausbildung zur Dipl.-<br />
Rechtspflegerin (FH) Jura-<br />
Studium in Göttingen.<br />
Seit 1994 Richterin am Landgericht<br />
Kleve, seit 1999 Strafrichterin;<br />
Schwerpunkt: Strafvollstreckung<br />
<strong>und</strong> Maßregelvollzug, besondere<br />
Zuständigkeit <strong>für</strong> gemäß<br />
§ 64 StGB untergebrachte Straftäter in der LVR-Klinik<br />
Bedburg-Hau.<br />
Vorträge, Beiträge, Veröffentlichungen zum Thema „Maßregelvollzug<br />
gemäß § 64 StGB“<br />
Der Vortrag umreißt <strong>die</strong> Aufgaben der Strafvollstreckungskammer<br />
<strong>und</strong> beschreibt <strong>–</strong> auch anhand von Fallbeispielen -<br />
den Spagat zwischen richterlicher Neutralität <strong>und</strong> persönlicher<br />
Verantwortungsübernahme.<br />
„<strong>Behandlung</strong> der kranken Straftäter zur Gefährlichkeitsreduzierung“-<br />
das ist der anspruchsvolle Auftrag des Strafgerichts<br />
an <strong>die</strong> Maßregelvollzugseinrichtung. Allerdings<br />
überprüft nicht der Strafrichter oder <strong>die</strong> erkennende Strafkammer<br />
sondern <strong>die</strong> Strafvollstreckungskammer (StVK)<br />
<strong>die</strong> Durchführung der Therapie, beurteilt <strong>die</strong> Fortschritte<br />
<strong>und</strong> Erfolge <strong>und</strong> trifft <strong>die</strong> im Zusammenhang mit Vollzug<br />
<strong>und</strong> Vollstreckung stehenden Entscheidungen. Dies erfordert<br />
von den entscheidenden Personen nicht nur juristisches<br />
Wissen, sondern auch Kenntnisse im Bereich der<br />
Medizin, Psychologie, Soziologie <strong>und</strong> Kriminologie.<br />
Die StVK steht dabei im Fokus kritischer Aufmerksamkeit:<br />
Der Gesetzgeber weist ihr <strong>die</strong> Funktion zu, <strong>die</strong> Beachtung<br />
der Gesetze durch <strong>die</strong> Vollzugsbehörden zu kontrollieren<br />
<strong>und</strong> über weiteren Freiheitsentzug oder <strong>die</strong> Aussetzung von<br />
Unterbringung <strong>und</strong> Strafe zur Bewährung zu entscheiden.<br />
Politik, Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Allgemeinheit fordern restriktives<br />
Vorgehen, risikofreie Entlassungen, engmaschige Kontrolle<br />
<strong>und</strong> hartes schnelles Durchgreifen zum Schutz der Bevölkerung.<br />
Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht mahnt zunehmend<br />
häufiger <strong>die</strong> Beachtung verfassungs- <strong>und</strong> menschenrechtlicher<br />
Vorgaben im Vollzug an. Die Einrichtungsträger<br />
verlassen sich auf richterliches Schweigen zu den immer<br />
mehr von wirtschaftlichen Faktoren mitbeeinflussten Konzeptionen<br />
<strong>und</strong> Mangelverwaltung. Therapeuten erwarten,<br />
dass das gewählte therapeutische Vorgehen aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
fachlichen Professionalität auf unkritische Akzeptanz stößt.<br />
Die Maßregelvollzugspatienten setzen umfassende Kenntnis<br />
aller sie betreffenden Vorgänge <strong>und</strong> Verständnis <strong>für</strong><br />
ihre Person voraus, nicht selten fordern sie rechtliche<br />
Aufklärung <strong>und</strong>/oder Hilfe <strong>und</strong> sind dabei voller Vertrauen<br />
<strong>und</strong>/oder auch voller Misstrauen ob der Macht einer weiteren<br />
juristischen Instanz.<br />
15
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Neben den mitunter sehr schwierigen rechtlichen Entscheidungen<br />
stellen <strong>die</strong> tatsächlichen Vollzugsbedingungen<br />
<strong>und</strong> Therapieabläufe innerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung<br />
<strong>die</strong> StVK vor große Herausforderungen. Wann<br />
<strong>und</strong> wie darf/muss <strong>die</strong> StVK Einfluss auf <strong>die</strong> Therapie nehmen?<br />
Darf sie/muss sie - eventuell auch außerhalb eines<br />
angestrengten Vollzugsverfahrens - Position beziehen <strong>und</strong><br />
bei der Vollzugsbehörde <strong>die</strong> Umsetzung <strong>die</strong>ser Hinweise<br />
anmahnen? Was ist mit der richterlichen Neutralität <strong>und</strong><br />
Selbstbeschränkung? Die Richter der StVK bewegen sich in<br />
einem schwierigen Spannungsfeld unterschiedlichster<br />
Interessen <strong>und</strong> wechselseitiger Beziehungen, <strong>die</strong> objektive<br />
<strong>Distanz</strong> erfordern, aber auch <strong>Nähe</strong> mit sich bringen.<br />
16
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Arbeitsgruppenangebot<br />
AG1<br />
Let it Be<br />
Vom Loslassen (nicht nur) in der Therapie<br />
Susanne Strenge, Bedburg-Hau<br />
Als allzeit fleißige, einfühlsame, sorgfältige, nährende Behandler in der Forensik tun wir uns mit dem Loslassen oft schwer.<br />
Dennoch kommt der Tag, an dem unsere Patienten soweit sind, Mauern <strong>und</strong> <strong>die</strong> Versorgung hinter sich zu lassen.<br />
Daran haben wir doch auch all <strong>die</strong> Jahre gearbeitet. Das Ziel der <strong>Behandlung</strong> ist es doch, dass wir überflüssig werden, oder?<br />
Aber ist auch wirklich alles erreicht, was zu erreichen ist?<br />
Kann denn da auch wirklich nichts mehr passieren?<br />
Wenn aber <strong>die</strong>se oder jene Situation auftritt, was geschieht dann?<br />
Herr W. kommt wegen einer brenzligen Situation eigenständig früher aus dem Urlaub zurück <strong>und</strong> will mit uns sprechen.<br />
Es gibt keine Garantie, dass nichts mehr passieren wird, bei einer Lockerung, bei einer Beurlaubung, bei einer bedingten Entlassung.<br />
Aber unsere (selbstverständlich durch empirische Forschung abgesicherte) Einschätzung ist: Die Sache ist r<strong>und</strong>. Lass<br />
mal laufen:<br />
Frau X braucht nicht mehr jede Woche neu unsere Bestätigung <strong>für</strong> jeden kleinen Schritt <strong>und</strong> wirkt dabei ganz zufrieden.<br />
Herr Y legt uns seine Pläne dar <strong>und</strong> kann ohne Hilfe erklären, was realistisch ist <strong>und</strong> was nicht, wo ein Gefahrenpotential erkennbar<br />
ist.<br />
Frau Z. schafft es von ganz alleine, sich runterzufahren. Sie grinst, wenn man sie darauf anspricht.<br />
In <strong>die</strong>sem Workshop möchte ich mich gern mit um unserem eigenen Umgang mit dem Loslassen, durchaus auch in einem Zen-<br />
Sinn, im Sinne des Kohelet (Jegliches hat seine Zeit), <strong>und</strong> im Sinne der sieben Phasen der Trauer beschäftigen.<br />
Und es soll natürlich auch darum gehen, wann <strong>für</strong> uns eigentlich eine Maßregel „fertig“ ist, wann <strong>für</strong> uns das Ziel der Maßregel,<br />
nämlich ein Zustand maximaler Ges<strong>und</strong>ung bei minimaler Gefährlichkeit des Patienten erreicht wurde.<br />
17
18<br />
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
AG2<br />
Das Innere Team<br />
Aylien Kersten, Bedburg-Hau<br />
„In mir stecken eine Menge Leute. Manchmal erschrecken sie mich.“ (Marilyn Monroe)<br />
Das Innere Team ist ein Persönlichkeitsmodell des Hamburger Psychologen Friedemann Schulz von Thun. Die Vielschichtigkeit<br />
des menschlichen Innenlebens wird darin mit der Metapher eines Teams <strong>und</strong> seines Leiters dargestellt. Das soll <strong>die</strong> Selbstklärung<br />
in zwiespältigen Situationen unterstützen <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> eine klare <strong>und</strong> authentische Kommunikation<br />
nach außen bieten.<br />
In der Dramatherapie wird das Modell des inneren Teams angewendet in dem <strong>die</strong> inneren Regungen einzelnen Teammitgliedern<br />
zugeordnet werden. Diese Teammitglieder werden jeweils mit einem Namen <strong>und</strong> einem <strong>für</strong> sie typischen Ausspruch versehen.<br />
Das Ziel ist, dass forensische Patienten sich differenzierter wahrnehmen <strong>und</strong> auch ausdrücken können was in ihnen<br />
vorgeht.<br />
In der Kombination mit Rollenspielen, Playbacktheater <strong>und</strong> Visualisierung kann es als Ordnungs- oder Klärungshilfe <strong>die</strong>nen.<br />
Die Identifizierung der einzelnen Mitglieder <strong>und</strong> <strong>die</strong> Visualisierung ihrer Aufstellung bringt Klarheit <strong>und</strong> zeigt <strong>die</strong> Brennpunkte<br />
innerer Konflikte auf.<br />
In <strong>die</strong>sem Workshop möchte ich sie einladen ihr inneres Team aufzustellen. Wir werden darauf eingehen, wie <strong>die</strong>se Rollen<br />
genutzt werden können als Mitarbeiter im Arbeitsalltag. Aber auch, wie man sie einsetzen kann in der therapeutischen Arbeit<br />
mit Patienten. Dieser Tag wird mit ein wenig Theorie gefüllt sein, vor allem aber mit aktiver Arbeit; wir werden viel selbst machen,<br />
anschauen <strong>und</strong> ausprobieren!<br />
AG3<br />
<strong>Nähe</strong> / <strong>Distanz</strong> <strong>–</strong> Verbotene Liebe<br />
Matthias Eckel <strong>und</strong> Katrin Salomé, Bad Rehburg<br />
Alle Menschen haben das gr<strong>und</strong>legende Bedürfnis nach seelischer <strong>und</strong> körperlicher <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong>.<br />
Im meinem privaten Umfeld habe ich in den meisten Fällen Einfluss darauf <strong>und</strong> bestimme selbst, wie ich auf <strong>Nähe</strong> oder <strong>Distanz</strong><br />
reagiere.<br />
Doch wie ist <strong>die</strong>ses in meinem Arbeitsprozess?<br />
• Wie kann ich <strong>Nähe</strong> herstellen, ohne <strong>die</strong> <strong>Distanz</strong> zu verlieren?<br />
• Was ist nötig, um <strong>Distanz</strong> herzustellen, ohne eine vertrauensvolle Beziehung zu verlieren?<br />
• Was <strong>für</strong> Auswirkungen hat es, wenn ich beim Pat. <strong>die</strong> <strong>Distanz</strong> überschreite.
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
• Was benötige ich als therapeutisch oder pflegend Tätiger, um <strong>die</strong>sen Anspruch ,nicht zuletzt unter Sicherheitsaspekten,<br />
gerecht zu werden.<br />
Immer wieder kommt es in unseren Kliniken zu unprofessionellen emotionalen Beziehungen zwischen Angestellten <strong>und</strong> Patienten,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> alle Beteiligten zu einer erheblichen Belastung führen<br />
• Wie kann es zu emotionalen „verbotenen“ Beziehungen zwischen Angestellten <strong>und</strong> Patienten kommen?<br />
• Was <strong>für</strong> Risikoaspekte gibt es auf Seiten der Patienten?<br />
• Welche Merkmale findet man bei gefährdeten Angestellten?<br />
• Was kann der/<strong>die</strong> Betreffende/r sowie das Team bei Grenzüberschreitungen tun?<br />
Wir werden zu den Themen viele praktische Übungen durchführen, aber auch theoretische Anteile werden vorhanden sein, um<br />
konkrete Ergebnisse <strong>und</strong> Erfahrungen zu ermöglichen, über <strong>die</strong> wir dann ins gemeinsame Gespräch finden wollen.<br />
AG4<br />
Der psychosoziale Drahtseilakt zwischen <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> in der Ergotherapie<br />
Torsten Teurlings <strong>und</strong> Gordon Weihofen, Bedburg-Hau<br />
In jeder zwischenmenschlichen Beziehung kommt es häufig zu einem Drahtseilakt zwischen <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong>. Ein Akt, dem wir<br />
uns als Therapeut nicht entziehen können <strong>und</strong> der in vielen Fällen unbewusst stattfindet. Daher sollten u. a. folgende Gr<strong>und</strong>lagen<br />
gegeben sein:<br />
- Eine gute Compliance im zwischenmenschlichen Bereich, um emotionale <strong>und</strong> soziale Fähigkeiten aufbauen zu können,<br />
insbesondere <strong>die</strong> Fähigkeiten zur Gefühlsregulation <strong>und</strong> Stressverarbeitung<br />
- Der Akt zwischen <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> bezieht sich auf <strong>die</strong> Tatsache, dass wir als Menschen sowohl auf <strong>Nähe</strong> zu an<strong>deren</strong><br />
Menschen als auch auf <strong>Distanz</strong> zu Ihnen angewiesen sind. Der Umgang mit <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> ist eine menschliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage, dem man sich im therapeutischen Setting nicht entziehen kann, da wir soziale, auf Kontakt <strong>und</strong> Interaktion<br />
ausgerichtete Wesen sind.<br />
- Im MRV kommt es aufgr<strong>und</strong> verschiedenster Erkrankungen <strong>und</strong> den Rahmenbedingungen zu Störungen zwischen <strong>Nähe</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> schon unbewusste falsche Anwendungen von Mimik <strong>und</strong> Gestik können eine zu große <strong>Distanz</strong> oder<br />
zu viel <strong>Nähe</strong> zur Folge haben.<br />
Der Sinn <strong>die</strong>ser Arbeitsgruppe ist es, uns <strong>die</strong> Anteile bewusst zu machen, eine gezielte Anwendung von <strong>Nähe</strong>/ <strong>Distanz</strong> zu ermöglichen<br />
<strong>und</strong> damit adäquat umzugehen. Zu <strong>die</strong>sem Thema möchten wir zu einem Erfahrungsaustausch einladen.<br />
19
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
AG5<br />
Die Angst hinter Mauern <strong>und</strong> Gittern <strong>–</strong> Jeden Tag zittern?<br />
Harald Rehner , Rostock<br />
In unterschiedlichem Ausmaß ist Angst in der Arbeit mit unseren Patienten ein ständiger Begleiter. Die Einschätzung der Gefährlichkeit<br />
ist davon beeinflusst, ebenso Lockerungsmaßnahmen, <strong>die</strong> Frage der Behandelbarkeit überhaupt. Erscheint ein<br />
Patient extrem Angst einflößend, bleibt oft nur <strong>die</strong> Verlegung in den Vollzug <strong>–</strong> oder ein Minimum an <strong>Behandlung</strong>, <strong>die</strong> fast der<br />
Verwahrung gleichkommt. Vielleicht scheint <strong>die</strong> ökonomisch durchaus begründbare Verwendung von standardisierten <strong>Behandlung</strong>sprogrammen<br />
dem “heimlichen Lehrplan“ zu folgen, <strong>die</strong> Angst der an der <strong>Behandlung</strong> Beteiligten vor einer direkten Auseinandersetzung<br />
in der therapeutischen Beziehung zu reduzieren.<br />
Patienten verstehen es durchaus, uns mittels der ihren Störungsbildern eigenen Psychodynamik (Entwertung, Drohung <strong>und</strong><br />
auch reale Übergriffe) zu kontrollieren. Angst auf beiden Seiten verhindert Veränderung <strong>und</strong> damit <strong>die</strong> Chance, über <strong>Behandlung</strong><br />
eine Reduktion von Gefährlichkeit zu erreichen, welche <strong>die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Resozialisierung sind.<br />
AG6<br />
„Wo bin ich im Kontakt mit meinem Gegenüber?“ oder<br />
Das Spiel mit den inneren <strong>und</strong> äußeren Grenzen des professionellen Dialoges<br />
Professor Johannes Junker, Nürtingen <strong>und</strong> Agne Rozlapa, Riga<br />
Die Dramatherapie eignet sich besonders, um ganz praktisch mit inneren <strong>und</strong> äußeren Grenzen zu experimentieren. Im Spiel<br />
des „Tun als ob“ gibt es keine Fehler, sondern Erfahrungen, <strong>die</strong> zu anderem Handeln, Denken <strong>und</strong> Fühlen führen können.<br />
Praktische Übungen, Rollenspiele <strong>und</strong> neue Erfahrungsmomente sollen den Teilnehmern <strong>die</strong> eigenen inneren <strong>und</strong> äußeren<br />
Abstände bewusst werden lassen. Mit dramatherapeutischen Methoden kann jeder sich neu „einjustieren“ <strong>und</strong> selbst ausprobieren,<br />
wie was wirkt. Auch das bewusste Einsetzten der körperlichen Berührung wird erläutert <strong>und</strong> Gegenstand von kleinen<br />
Experimenten sein.<br />
Das Ziel ist ein gutes ausgelotetes Pendel des therapeutisch wirksamen Dialogs zu gestalten.<br />
20
AG7<br />
Psychoanalyse in der Forensik <strong>–</strong> aktuelle Anmerkungen<br />
Professor Dr. Klaus Hoffmann, Konstanz <strong>und</strong> Peter Reutter, Zürich<br />
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Einzel- wie gruppenanalytische Ansätze finden wieder zunehmend Beachtung in der forensischen Alltagsarbeit. Die Aufdeckung<br />
salutogenetischer wie traumatisierender Erfahrungen in Kindheit <strong>und</strong> Jugend sowohl bei den zu Rechtsbrechern gewordenen<br />
Patientinnen <strong>und</strong> Patienten als auch bei den Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern wird ebenfalls zunehmend als bedeutsam erkannt.<br />
Hier<strong>für</strong> ist ein Milieu erforderlich, das wesentliche Gr<strong>und</strong>lagen der therapeutischen Gemeinschaft auf gruppenanalytischer<br />
Gr<strong>und</strong>lage berücksichtigt, sowie Offenheit auch <strong>für</strong> problematische Inhalte, aber auch klare Grenzsetzung gegenüber<br />
ausbeuterischem Verhalten im Alltag. Qualifizierte Selbsterfahrung <strong>und</strong> regelmäßige Supervisionen <strong>für</strong> alle mit den Patienten<br />
arbeitenden Berufsgruppen reflektieren <strong>die</strong> Gegenübertragungen, <strong>die</strong> Gefühle der Behandler/innen, <strong>und</strong> können auch in verzweifelten<br />
Fällen Wege in Richtung Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Deliktfreiheit öffnen.<br />
Das Seminar diskutiert Kasuistiken, wobei auch Erfahrungen der Teilnehmer aufgegriffen werden.<br />
AG8<br />
Zielfindungsprozesse mit forensischen Patienten<br />
Sandra Möller-Emminghaus, Warstein<br />
Forensische Patienten befinden sich in einer beson<strong>deren</strong> Lebenssituation, aufgr<strong>und</strong> ihres Status zeigt sich ihre Zukunftsperspektive<br />
häufig unklar <strong>und</strong> wenig spezifisch.<br />
Die Frage nach einer positiv formulierten <strong>und</strong> realistischen Perspektive ist, insbesondere im Maßregelvollzug, nicht immer<br />
leicht zu beantworten. Zielzustände sind manchmal sowohl <strong>für</strong> Patienten, als auch <strong>für</strong> Behandler nicht salient oder sie sind<br />
ambivalent. Diese Konstellation kann ihrerseits zu Orientierungslosigkeit, Grübeln, Sorgen <strong>und</strong> hohem Leidensdruck bei Patienten<br />
führen (Koban & Willutzki, 2001) <strong>und</strong> somit den Verlauf psychischer Erkrankungen negativ beeinflussen.<br />
Vor <strong>die</strong>sem Hintergr<strong>und</strong> wurde ein Gruppenprogramm entwickelt, welches <strong>die</strong> Entwicklung einer realistischen Zielperspektive<br />
unterstützt, um Demoralisierung abzubauen, Selbstwirksamkeit <strong>und</strong> Änderungsmotivation aufzubauen. Die Interventionen<br />
können <strong>die</strong> Struktur, den Prozess <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> therapeutische Beziehung günstig beeinflussen.<br />
Neben der Darstellung theoretischer Überlegungen zur Entwicklung <strong>die</strong>ses Gruppenmanuals, werden einzelne Materialien<br />
vorgestellt <strong>und</strong> besprochen <strong>und</strong> vor dem Hintergr<strong>und</strong> einzelner Fallbeispiele diskutiert.<br />
21
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
AG9<br />
Zur Bedeutung von Kommunikation im frühen Kindesalter<br />
Prof. Dr. Barbara Hänel-Faulhaber, Hochschule Kleve<br />
Frühkindliche Interaktionserfahrungen sind f<strong>und</strong>amental <strong>für</strong> <strong>die</strong> Initiierung kindlicher Selbstbildungsprozesse. Im Rahmen des<br />
Workshops werden auf Basis unterschiedlicher Sprach- <strong>und</strong> Kommunikationserfahrungen Variablen herausgearbeitet, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
den Aufbau einer stabilen Persönlichkeitsentwicklung von Bedeutung sind. Am Beispiel von Kindern mit erschwerten Spracherwerbs-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationsbedingungen soll aufgezeigt werden, wie sich unterschiedliche frühkindliche Interaktionserfahrungen<br />
auf den sprachlichen, sozialen <strong>und</strong> kognitiven Bereich auswirken. Schließlich werden Fördermöglichkeiten thematisiert.<br />
AG10<br />
Einführung in <strong>die</strong> Schematherapie<br />
Dr. Friederike Vogel, Mainz<br />
J. E. Young entwickelte in den 90er Jahren <strong>die</strong> Schematherapie <strong>für</strong> Patienten mit chronischen psychischen Erkrankungen, <strong>die</strong><br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer rigiden, dysfunktionalen <strong>und</strong> negativen Denkstrukturen sowie des fehlenden Kontaktes zu ihren eigenen Kognitionen<br />
<strong>und</strong> Emotionen oftmals nicht zufriedenstellend auf kognitive Verhaltenstherapie ansprechen. Dazu gehören neben<br />
schweren chronischen Achse-I-Störungen vor allem Persönlichkeitsstörungen. Die Schematherapie stößt in den letzten Jahren<br />
nicht zuletzt wegen der guten Wirksamkeit in der <strong>Behandlung</strong> der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) auf großes Interesse,<br />
<strong>die</strong> auch wissenschaftlich in einer großen Stu<strong>die</strong> nachgewiesen wurde (Giesen-Bloo et al., 2006).<br />
Gr<strong>und</strong>lage der schematherapeutischen <strong>Behandlung</strong> der BPS ist ein störungsspezifisches Modusmodell, das als zentrale Schemamodi<br />
<strong>die</strong> Modi des verletzten Kindes, des ärgerlichen Kindes, des strafenden Elternteils <strong>und</strong> des distanzierten Beschützers<br />
beinhaltet. In der <strong>Behandlung</strong> von BPS-Patienten wird berichtetes Problemverhalten sowie in der Interaktion beobachtete<br />
Schwierigkeiten zu dem dabei jeweils im Vordergr<strong>und</strong> stehenden Schemamodus in Beziehung gesetzt <strong>und</strong> in der Folge<br />
modusspezifisch interveniert, indem bspw. der Patient angeleitet wird, seinen strafenden Elternmodus zu bekämpfen oder den<br />
distanzierten Beschützermodus zu reduzieren.<br />
22
AG11<br />
Station versus Ambulanz - Brothers in arms?<br />
Beate Pekala <strong>und</strong> Ernst Janzen, Bedburg-Hau<br />
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Die ambulante Arbeit in der <strong>Behandlung</strong> der Patienten in der Maßregel gemäß § 64 StGB hält naturgemäß eine besondere Rolle<br />
inne: Sie muss zum einen noch <strong>und</strong> immer wieder auf Elemente der stationären Unterbringung zurückgreifen, wie etwa zeitlich<br />
begrenzte Übernahme <strong>und</strong> Garantie von struktur- <strong>und</strong> haltgebender (Über-) Ich Funktionen.<br />
Zum an<strong>deren</strong> gilt es aber auch, dem Patienten so viel wie möglich Handlungsfreiheit in einem nicht forensischen Milieu zuzubilligen.<br />
Ambulante Arbeit beinhaltet also beides: Strukturgebende Kontrolle <strong>und</strong> ein hohes Ausmaß an Freiheitsgraden im alltäglichen<br />
Handeln.<br />
Aus <strong>die</strong>sem Verhältnis zwischen stationär <strong>und</strong> ambulant ergeben sich daher besondere Fragestellungen:<br />
Unterscheiden sich <strong>die</strong> Beziehungsaufnahme, <strong>die</strong> Entwicklung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufrechterhaltung von Beziehungen zum Patienten <strong>und</strong><br />
zu den weiterbetreuenden Institutionen im ambulanten Rahmen von der Beziehungsarbeit im ambulanten Bereich?<br />
Wie ist das Verhältnis von Selbst- <strong>und</strong> Fremdbestimmung? Welche gr<strong>und</strong>legenden Regeln <strong>und</strong> Vorgaben müssen beachtet<br />
werden, um den Übergang des Patienten in ein (nicht forensisch) geprägtes Milieu möglichst problemfrei zu gestalten? Wobei<br />
<strong>die</strong>ses Milieu überwiegend von Eigenregulation geprägt ist. Krisen spielen im ambulanten Bereich ebenfalls eine besondere<br />
Rolle. Kann während <strong>die</strong>ser Krisen auf <strong>die</strong> stationäre Unterbringung zurückgegriffen werden, wo finden sich <strong>die</strong> Grenzen der<br />
ambulanten Betreuung <strong>und</strong> Arbeit? Wieviel <strong>Nähe</strong> ist in der Ambulanz notwendig <strong>und</strong> wieviel <strong>Distanz</strong> zum Patienten oder zur<br />
Institution darf sein? Darf <strong>die</strong> Mitarbeiterin in das alltägliche Leben des Patienten eingreifen, oder wann muss sie sogar eingreifen?<br />
AG12<br />
Rapmusiktherapie (RMT) -<br />
Mittel der Förderung des emotional-mentalen Ausdrucks<br />
<strong>und</strong> Möglichkeit der Selbst-Bewusstsein-Bildung bei “Risiko-Jugendlichen“<br />
Benjamin Hoeltje, Bedburg-Hau<br />
In <strong>die</strong>ser Arbeitsgruppe sollen zwei Fallstu<strong>die</strong>n aus dem Jugendgefängnis in Maastricht 2008 zur (Fach)Diskussion gestellt<br />
werden. Es wird herausgearbeitet, wie mit dem Mittel von RMT (RMT als Vermittler), emotionale <strong>und</strong> mentale Entwicklungsprozesse<br />
bei Patienten mit (gesellschaftlich auffälligen) Problemen in der mental-emotionalen Spannungsregulation, in Gang<br />
23
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
gebracht werden können. Und das mittels vertonter Sprache oder mit selbst geschriebenen Texten. RMT kann helfen, Stresshormone<br />
(z.B. Adrenalin) zu reduzieren. Hierdurch können unterdrückte Emotionen wieder freigegeben <strong>und</strong> Fähigkeiten zur<br />
Mentalisierung beim Klienten gefördert werden (Uhlig 2009). Durch das Erzeugen sogenannter 'Now Moments/Gegenwartsbzw.<br />
Begegnungsmomente' (Stern 2004), können korrigierende emotionale Erfahrungen gemacht werden. Die RMT hat sich<br />
dabei als sehr gute Möglichkeit erwiesen, <strong>die</strong> latent vorhandene Abwehr gegenüber dem Therapeuten abzubauen.<br />
AG13<br />
24<br />
Macht & Ohnmacht im Maßregelvollzug"<br />
Dietmar Böhmer, Warstein<br />
Jeder, der in Organisationen oder Unternehmen arbeitet, muss sich mit Macht <strong>und</strong> Mächtigen auseinandersetzen oder selber<br />
Macht einsetzen. Macht hat derjenige in einer Beziehung, der <strong>die</strong> Verhaltensweisen seines Gegenübers in einem stärkeren<br />
Maße beeinflussen kann. Oder kurz: Wer stärker Kontrolle auf den An<strong>deren</strong> ausüben kann, ist der Mächtigere. Wie mächtig eine<br />
Person ist, hängt immer auch davon ab, wie viel Macht man einer Person zugesteht. Sobald man sich selbst über andere definiert,<br />
ist man abhängig. Insbesondere in der Personal-Patienten-Beziehung gilt es, einem ethischen Anspruch gerecht zu werden.<br />
Welche Eigenschaften muss eine angemessene psychische Gr<strong>und</strong>haltung beinhalten, um <strong>die</strong>sen Anforderungen adäquat<br />
begegnen zu können? Der interaktiv gestaltete Workshop beleuchtet <strong>die</strong> Aspekte Macht, Ohnmacht, Sympathie <strong>und</strong> Antipathie<br />
unter Einbeziehung aller relevanten Kontextaspekte. Im Workshop haben Sie Gelegenheit, ihre eigene Gr<strong>und</strong>haltung zu überprüfen,<br />
Fallbeispiele zu analysieren <strong>und</strong> Methoden <strong>für</strong> eine erfolgreiche Beziehungsgestaltung zu erfahren.<br />
AG14<br />
Neue Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> technische Geräte im Maßregelvollzug<br />
Manfred Adomat <strong>und</strong> Thomas Jacobs, Bedburg-Hau<br />
Bei den Themen neue Me<strong>die</strong>n <strong>und</strong> technische Geräte ist es oftmals nicht so einfach, <strong>die</strong> berechtigten <strong>und</strong> auch nachvollziehbaren<br />
Bedürfnisse der im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen mit unseren - ebenso berechtigten - Sicherheitsüberlegungen<br />
in Einklang zu bringen.<br />
Die rasante Entwicklung im IT-Bereich stellt zudem <strong>die</strong> Wirksamkeit von Kontrollen nachhaltig in Frage. Patentrezepte sind <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong>se Themen nicht verfügbar; Entscheidungsfindungen beruhen auf mehr oder weniger komplexen Abwägungen.<br />
In <strong>die</strong>sem Spannungsfeld ist es sicher nützlich, Vorstellungen über das Gefahrenpotential verschiedener Geräte aus den Bereichen<br />
IT <strong>und</strong> Unterhaltungselektronik zu entwickeln. Der Erfahrungsaustausch der Teilnehmer ist hier von besonderer Bedeutung.
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Um den vielfältigen Facetten der Themen gerecht werden zu können, richtet sich <strong>die</strong> Arbeitsgruppe an alle im Maßregelvollzug<br />
tätigen Berufsgruppen.<br />
Neben der Komponente des Erfahrungsaustausches sollen Risiken aber auch in praktischen Teilen der Arbeitsgruppe verdeutlicht<br />
<strong>und</strong> erlebt werden; schließlich ist der Umgang mit technischen Geräten im Maßregelvollzug nicht nur ein komplexes, sondern<br />
auch ein spannendes Thema.<br />
AG15<br />
<strong>Nähe</strong>/<strong>Distanz</strong>- Rechtswesen<br />
Was haben <strong>Nähe</strong>/<strong>Distanz</strong> mit Juristerei zu tun ?<br />
Brigitte Remagen, Köln<br />
Im Recht ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, der Individualität, des Selbstbestimmungsrechtes, der Handlungsfreiheit<br />
<strong>und</strong> des Schamgefühls des Einzelnen ein ganz hohes Gut (oberstes Gr<strong>und</strong>recht aus Art. 1 Abs. 1 i V. m. Art. 2 Abs.<br />
1 GG abgeleitet).<br />
Der Umgang mit Patientinnen <strong>und</strong> Patienten bedeutet einen Balanceakt zwischen <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> nicht nur im therapeutischen<br />
sondern auch im juristischen Sinn.<br />
Unter Berufung auf Normen <strong>und</strong> Bestimmungen des Maßregelvollzugsgesetzes kann in <strong>die</strong> persönliche Sphäre bzw. <strong>die</strong> Handlungsfreiheit<br />
des Einzelnen eingegriffen werden.<br />
Im schlimmsten Fall kann eine <strong>Behandlung</strong> ohne Einwilligung eine Rechtsverletzung sein. Beziehung ermöglicht Therapie<br />
durch Vereinbarung, d. h. eine Therapie ohne Rechtsbruch. Das Recht stellt das Verhältnis von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten auf<br />
einen sicheren Boden.<br />
Individuelles wird durch das Recht gewahrt, da Normen auf den Patienten <strong>und</strong> <strong>die</strong> Situation angewendet werden müssen.<br />
Vorteile, <strong>die</strong> mit einem durch das Gesetz legitimierten Eingriff <strong>für</strong> Therapie <strong>und</strong> Sicherheit verb<strong>und</strong>en sind, müssen <strong>die</strong> Nachteile<br />
einer damit verb<strong>und</strong>enen Einschränkung überwiegen. Die Wahrung des Gr<strong>und</strong>satzes der Verhältnismäßigkeit, das zentrale<br />
Prinzip unseres Rechtsstaates, ist ein Aushandeln ethisch moralischer Werte auf der Normebene, um Gerechtigkeit - einen<br />
Ausgleich - zu erreichen.<br />
Therapie/Recht- Teamplayer oder Kontrahenten ?<br />
In dem Workshop werden primär <strong>die</strong> rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen im Umgang mit den Patienten dargelegt.<br />
25
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
AG16<br />
<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> - eine Einführung in Gr<strong>und</strong>lagen der Haptonomie<br />
Crischa Ohler & Sjef van der Linden, theater mini-art, Bedburg-Hau<br />
'Haptonomie' - frei übersetzt als <strong>die</strong> 'Lehre von den Gefühlen' (Frans Veldman) - ist in den Niederlanden ein seit vielen Jahren<br />
fest etablierter Ansatz der Selbstreflexion <strong>und</strong> Therapie <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage in vielen Bereichen der sozialen, therapeutischen <strong>und</strong><br />
künstlerischen Arbeit.<br />
In dem Workshop '<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong>' arbeiten wir mit praktischen Übungen <strong>und</strong> theoretischen Exkursen aus <strong>die</strong>sem Bereich -<br />
<strong>und</strong> verbinden sie mit Aufgaben aus unserer theatralen Arbeit: zur Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung, zu Fragen der Balance<br />
zwischen <strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong>, zwischen Sicherheit <strong>und</strong> Freiheit, persönlichem Wunsch <strong>und</strong> beruflicher Realität, persönlichem<br />
Vermögen <strong>und</strong> beruflicher Anforderung, persönlichen <strong>und</strong> beruflichen Grenzen. So nähern wir uns - durchaus auch spielerisch<br />
- der Auseinandersetzung mit einem Gr<strong>und</strong>phänomen jeder menschlichen Beziehung - das <strong>für</strong> therapeutisch oder pflegend<br />
Tätige oftmals in einen schwer zu definierenden Grenzbereich führt.<br />
Crischa Ohler <strong>und</strong> Sjef van der Linden sind Leiter des Theaters mini-art, dem einzigen professionellen Theater in der BRD auf<br />
dem Gelände einer psychiatrischen Klinik, seit 15 Jahren in Haus 51 in der LVR Klinik in Bedburg-Hau.<br />
AG17<br />
Maßregelvollzug <strong>für</strong> Suchtkranke <strong>–</strong><br />
Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit an<strong>deren</strong> Suchthilfeinstitutionen<br />
Gerd Engler, Caritas Kleve<br />
In dem Workshop soll es um Vorbehalte externer Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe gegen das Instrument des „Maßregelvollzuges“<br />
(allein schon das Wort!) auf der einen Seite <strong>und</strong> Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf der an<strong>deren</strong> Seite gehen.<br />
Es soll versucht werden, über <strong>die</strong> unterschiedlichen Traditionen möglicher Kooperationspartner ins Gespräch zu kommen, <strong>die</strong><br />
unterschiedlichen Aufträge zu beleuchten, Auftraggeber zu benennen <strong>und</strong> Konfliktlinien sichtbar zu machen.<br />
Die Erfahrungen von wechselseitigen Kränkungen, ideologischen Auseinandersetzungen <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>enen gegenseitige<br />
Abwertungen dürfen besprochen werden.<br />
Schließlich soll <strong>die</strong> Frage diskutiert werden, welche Gründe <strong>die</strong> ständig wachsende Zahl der Unterbringungen gemäß § 64 StGB<br />
haben könnten <strong>und</strong> wie das Hilfesystem darauf reagieren kann.<br />
Gerd Engler, ist Dipl. Sozialarbeiter <strong>und</strong> seit 33 Jahren als Suchtberater tätig. Er ist Leiter von 4 Beratungsstellen <strong>für</strong> Suchtfragen<br />
des Caritasverbandes Kleve e.V., er ist außerdem Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Drogenarbeit <strong>und</strong> Drogenpolitik in<br />
NRW e.V.<br />
26
AG18<br />
<strong>Nähe</strong> <strong>und</strong> <strong>Distanz</strong> im therapeutischen Prozess, oder:<br />
Die Zugänge zu Patienten aus an<strong>deren</strong> Kulturkreisen<br />
Dr. Ilhami Atabay, München<br />
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Diese AG beschäftigt sich mit den möglichen <strong>Folgen</strong> der Ausgangssituation jedes therapeutischen Prozesses, in der Patient <strong>und</strong><br />
Therapeut/in unterschiedlichen Kulturkreisen entstammen.<br />
Als Einstieg wird nach der gr<strong>und</strong>sätzlichen Bedeutung <strong>die</strong>ser kulturellen Unterschiede gefragt.<br />
Im weiteren Verlauf wird es um den Einfluss der Ängste, Fragen <strong>und</strong> Bilder gehen, welche von Patienten <strong>und</strong> Therapeuten/innen<br />
in den <strong>Behandlung</strong>sprozess eingebracht werden. Eine wichtige Rolle nimmt das Thema „Verstehen <strong>und</strong> verstanden<br />
werden“ während der Interaktionen ein. Die Bedeutung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Rolle <strong>die</strong>ses wichtigen Bereiches wird in der AG näher untersucht<br />
werden.<br />
Von Außenstehenden wie von Insidern wird immer wieder behauptet, dass Therapeuten/innen, wenn sie denn eine erfolgreiche<br />
Arbeit mit Patienten aus an<strong>deren</strong> Kulturkreisen leisten wollen, über besondere Kompetenzen im Sinne einer „Interkulturellen<br />
Kompetenz“ verfügen müssten. Zumindest müssten sie sich <strong>die</strong>se interkulturelle Kompetenz zusätzlich erwerben. Es stellt sich<br />
dabei <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong>se Fähigkeit tatsächlich einen der gr<strong>und</strong>legenden Faktoren einer erfolgreichen <strong>Behandlung</strong> darstellt.<br />
Solange <strong>die</strong>se Frage nicht beantwortet ist, erscheint es notwendig, <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>und</strong> Auswirkungen <strong>die</strong>ses Dranges nach beson<strong>deren</strong><br />
Kompetenzen kritisch näher zu betrachten.<br />
AG19<br />
„H<strong>und</strong> hinter Gittern“ <strong>–</strong><br />
Traumtänzerei, Tierquälerei oder hat das alles vielleicht doch einen Effekt?<br />
Carmen Lüger <strong>und</strong> Monika Hünnekes, Bedburg-Hau<br />
Seit geraumer Zeit werden Tiere ganz bewusst wegen ihrer positiven <strong>und</strong> beruhigenden Wirkung auf den Körper, <strong>die</strong> Seele <strong>und</strong><br />
den Geist des Menschen im Rahmen therapeutischer Settings eingesetzt. Hierbei kommt dem H<strong>und</strong> als „Fre<strong>und</strong> des Menschen“<br />
eine ganz besondere Bedeutung zu.<br />
Oftmals haben insbesondere suchtmittelabhängige, sowie psychisch kranke Menschen jahrelang enttäuschende Erfahrungen<br />
mit ihren Mitmenschen erleben müssen <strong>und</strong> dadurch sämtliches Vertrauen in ihr soziales Umfeld verloren. Im Kontakt zu den<br />
H<strong>und</strong>en erleben <strong>die</strong>se Betroffenen erstmals häufig nach langen Jahren bedingungslose Akzeptanz, sowie ehrliche <strong>und</strong> direkte<br />
Rückmeldung. H<strong>und</strong>e besitzen einen hohen Aufforderungscharakter, dem sich das menschliche Gegenüber kaum entziehen<br />
kann. Positive Erfahrungen im Mensch-Tier-Kontakt führen im besten Fall dazu, dass <strong>die</strong> betroffenen Menschen ermutigt<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
werden, Vertrauen zu einem an<strong>deren</strong> Lebewesen aufzubauen <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Erfahrungen auf <strong>die</strong> Beziehungsebene Mensch-Mensch<br />
mit dem Tier als Brückenfunktion zu übertragen.<br />
Seit Frühjahr 2012 werden H<strong>und</strong>e auf den forensischen Stationen der LVR-Klinik Bedburg-Hau von unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
<strong>und</strong> in verschiedenen Settings eingesetzt, der Einsatz wird teilweise wissenschaftlich begleitet.<br />
Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich gemeinsam mit uns auf das Abenteuer H<strong>und</strong> in der Forensik einzulassen!<br />
AG20<br />
Rahmen, Halt <strong>und</strong> Grenze -Therapie im Maßregelvollzug<br />
als Strukturierungs(nach)hilfe<br />
Martina Kronenberger, Moringen<br />
„Verrücktsein ist, wenn man niemanden mehr findet, der einen aushält“.<br />
(John Rickman zit. n. Winnicott 1986)<br />
Akzeptiert man <strong>die</strong> Hypothese, dass <strong>die</strong> meisten Patienten im Maßregelvollzug an einer Beziehungs- <strong>und</strong>/oder Ich-strukturellen<br />
Störung leiden, dann muss <strong>die</strong> Gestaltung der stationären Therapie wesentlich einer Strukturierungshilfe oder <strong>–</strong>nachhilfe <strong>die</strong>nen.<br />
Durch lange, konstante <strong>und</strong> nachhaltige Beziehungserfahrungen sollen <strong>die</strong> Patienten nachreifen, gute innere Objekte <strong>und</strong> stabile<br />
Ich-Strukturen entwickeln können.<br />
Neben der Deliktfreiheit setzt sie sich als Ziel, <strong>die</strong> Förderung der Fähigkeit der Patienten, befriedigende mitmenschliche Beziehungen<br />
aufnehmen <strong>und</strong> aufrechterhalten zu können. Befriedigende Beziehungen wirken ihrerseits stabilisierend <strong>und</strong> günstig<br />
auf <strong>die</strong> Prognose.<br />
Nach einem theoretischen Einstieg in <strong>die</strong> entwicklungspsychologischen Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung werden Aspekte<br />
der Therapie unter den strukturbildenden Faktoren Rahmen, Halt <strong>und</strong> Grenze vorgestellt, gemeinsam diskutiert <strong>und</strong> auf<br />
ihre Praxistauglichkeit hin überprüft.<br />
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AG21<br />
„Resilienztraining als Ges<strong>und</strong>heitsprävention“<br />
Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Anke Tossenberger, Bottrop-Kirchhellen<br />
Durch zunehmenden Zeitdruck, zunehmende Unsicherheit <strong>und</strong> komplexere Aufgaben bringt <strong>die</strong> Arbeitswelt neue Risiken <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit hervor <strong>und</strong> verlangt dem Einzelnen mehr Flexibilität ab. In <strong>die</strong>sem Sinne ist das Resilienztraining als Ges<strong>und</strong>heitsprävention<br />
zu sehen. Dabei geht es nicht um <strong>die</strong> Vermeidung von Problemen, sondern um <strong>die</strong> Entwicklung von Potential.<br />
Da ganze Teams ausbrennen können, eignet sich das Resilienztraining besonders <strong>für</strong> multiprofessionelle Teams. Teamspezifische<br />
Belastungen <strong>und</strong> Blockaden können bearbeitet <strong>und</strong> somit konstruktiv entfernt werden. Das Gr<strong>und</strong>verständnis da<strong>für</strong>, was<br />
denn eigentlich ein widerstandsfähiges, resilientes Team auszeichnet, kann gefördert werden.<br />
Gute Teamarbeit bedeutet letztendlich ein hohes Maß an Selbstverantwortung <strong>und</strong> Eigenmanagement, womit jeder in einem<br />
Team Arbeitende wieder bei sich selbst ankommt.<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Referentenliste<br />
Manfred Adomat, Bedburg-Hau<br />
Dr. Ilhami Atabay, München<br />
Dietmar Böhmer, Warstein<br />
Jörg Dondalski, Marsberg<br />
Matthias Eckel, Bad Rehburg<br />
Gerd Engler, Kleve<br />
Prof. Dr. Barbara Hänel-Faulhaber, Kleve<br />
Benjamin Hoeltje, Bedburg-Hau<br />
Prof. Dr. Klaus Hoffmann, Konstanz<br />
Monika Hünnekes, Bedburg-Hau<br />
Thomas Jacobs, Bedburg-Hau<br />
Ernst Janzen, Bedburg-Hau<br />
Prof. Johannes Junker, Nürtingen<br />
Aylien Kersten, Bedburg-Hau<br />
Prof. Dr. Jan Kizilhan, Villingen-Schwenningen<br />
Martina Kronenberger, Moringen<br />
Carmen Lüger, Bedburg-Hau<br />
Sandra Möller-Emminghaus, Warstein<br />
Crischa Ohler, MiniArt Bedburg-Hau<br />
Beate Pekala, Bedburg-Hau<br />
Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Hannover<br />
Harald Rehner, Rostock<br />
Brigitte Remagen, Köln<br />
Peter Reutter, Zürich<br />
Agne Rozlappa, Riga<br />
Katrin Salomé, Bad Rehburg<br />
Prof. Dr. Ulrich Schultz-Venrath, Bergisch Gladbach<br />
Susanne Strenge, Bedburg-Hau<br />
Torsten Teurlings, Bedburg-Hau<br />
Anke Tossenberger, Bottrop-Kirchhellen<br />
Richterin Bettina Trenckmann, Kleve<br />
Sjief van der Linden, MiniArt Bedburg-Hau<br />
Dr. Friederike Vogel, Mainz<br />
Gordon Weihofen, Bedburg-Hau<br />
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Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
An der Vorbereitung haben mitgewirkt:<br />
Michael Bay<br />
Jörg Czech<br />
Andrea Geurtz<br />
Dr. Jack Kreutz<br />
Peter van Dick<br />
Dipl. Psychologe, P.P.<br />
Qualitätsmanagementbeauftragter Fachbereich Forensik<br />
Forensikkoordination<br />
Fachbereichsarzt Forensik<br />
Qualitätsmanager<br />
Wir bedanken uns bei allen Helferinnen <strong>und</strong> Helfern, <strong>die</strong> jedes Jahr dazu beitragen, dass <strong>die</strong> Veranstaltung gelingt <strong>und</strong> wir uns<br />
wohlfühlen können.<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
ANMELDUNG / INFORMATION / ORGANISATION<br />
Die Anmeldungen erfolgen mit dem beiliegenden Anmeldeformular, in dem Sie bitte <strong>die</strong> Nummer der jeweiligen<br />
Arbeitsgruppe eintragen. Die Teilnehmerzahl pro Arbeitsgruppe ist in der Regel auf max.15 begrenzt.<br />
Das Organisationsteam behält sich vor, <strong>die</strong> Zuordnung in eine der genannten Arbeitsgruppen vorzunehmen, wobei<br />
<strong>die</strong> Priorität berücksichtigt wird.<br />
Anmeldungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr überweisen Sie bitte<br />
auf das Konto:<br />
SEB Bank Köln<br />
BLZ: 37010111<br />
Konto-Nr: 1369472600<br />
Verwendungszweck: NAME, Fachtagung Forensik 2013“ Auftrag: 850190232105<br />
Erst dann ist Ihre Anmeldung verbindlich. Eine Anmeldebestätigung wird nur bei Abgabe einer E-Mail Adresse<br />
erteilt. Weitere Tagungsunterlagen erhalten Sie bei Ihrer Ankunft.<br />
Programmänderungen müssen wir uns vorbehalten<br />
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Sex & Drugs & Rock`n´Roll Vol. XIX<br />
<strong>Nähe</strong>, <strong>Distanz</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Folgen</strong> - <strong>die</strong> Praxis der <strong>Behandlung</strong><br />
Ihre Anmeldung schicken Sie bitte an <strong>die</strong> folgenden Adressen:<br />
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
z.H. Frau Andrea Geurtz<br />
Bahnstr. 6<br />
47551 Bedburg-Hau<br />
oder per Fax an:<br />
0049 (0) 2821 81-3395<br />
oder per E-Mail an:<br />
andrea.geurtz@lvr.de<br />
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Frau Geurtz unter der Telefonnummer:<br />
0049 (0) 2821 81-3381<br />
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Teilnahmegebühr<br />
Die Teilnahmegebühr <strong>für</strong> <strong>die</strong> Tagung beträgt Euro 170,00 <strong>und</strong> umfasst <strong>die</strong> Teilnahmeberechtigung, <strong>die</strong><br />
Mahlzeiten <strong>und</strong> den Eintritt zur „Kongressfete". Eine nur tageweise Anmeldung ist möglich (Euro 60,00<br />
pro Tag).<br />
Anmeldeschluss ist der 06.05.2013<br />
Bei Nichtteilnahme nach vorheriger Anmeldung ist eine Rückerstattung der Teilnahmegebühr (abzüglich<br />
einer Bearbeitungsgebühr von Euro 30,00) leider nur dann möglich, wenn der Platz an einen an<strong>deren</strong><br />
Interessenten, an eine andere Interessentin bis zum Anmeldeschluss vergeben werden konnte.<br />
Übernachtung<br />
Den Anmeldeunterlagen ist ein Hotelverzeichnis beigefügt.<br />
Die Reservierungen der Zimmer müssen selbständig vorgenommen werden.<br />
Zertifizierung<br />
Die Veranstaltung ist bei der Ärztekammer Nordrhein zur Zertifizierung eingereicht.<br />
(ca.18 Punkte).<br />
Tagungsbüro<br />
Während der Tagung ist das Tagungsbüro erreichbar unter Tel 02821 81-3696<br />
Sie finden uns auch unter: www.klinik-bedburg-hau.lvr.de<br />
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Raum <strong>für</strong> Ihre Notizen:
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LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
So erreichen Sie uns:<br />
Adresse <strong>für</strong> Ihr Navigationsgerät:<br />
47551 Bedburg-Hau, Johann-van-Aken-Ring<br />
Anreise mit dem Kfz:<br />
- Richtung Köln-Krefeld kommend:<br />
Autobahn A57 in Richtung Nimwegen (NL) bis zur Abfahrt<br />
Kleve rechts<br />
auf <strong>die</strong> B9 in Richtung Kleve fahren. Erste Ampelkreuzung<br />
rechts, der Beschilderung „Rheinische Kliniken“<br />
folgen<br />
- Richtung Köln-Oberhausen kommend:<br />
Autobahn A3 in Richtung Emmerich/Arnheim bis zur<br />
Abfahrt Emmerich ,<br />
links auf <strong>die</strong> B220 in Richtung Kleve fahren, in Kleve<br />
auf <strong>die</strong> B 57 in Richtung<br />
Kalkar fahren <strong>und</strong> nach ca. 1.5 km rechts der Beschilderung<br />
„Rheinische Kliniken“ folgen.<br />
Anreise mit der Bahn:<br />
Der Bahnhof Bedburg-Hau befindet sich in unmittelbarer<br />
<strong>Nähe</strong> zur Klinik.<br />
Bedburg-Hau liegt an der Bahnstrecke Krefeld - Kleve<br />
LVR-Klinik Bedburg-Hau<br />
Fachbereich Forensik<br />
Bahnstr.6, 47551 Bedburg-Hau<br />
Tel 0049 (0)2821 81-0<br />
www.klinik-bedburg-hau.lvr.de