Vor Angst in die Hosen scheißen – - Klinikum Saarbrücken
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Merksatz<br />
Grundlage der Therapie psychosomatischer<br />
Durchfälle ist das Erlernen von<br />
Entspannungs- und Imag<strong>in</strong>ationstechniken,<br />
um den Darm zu beruhigen.<br />
Grundlage des <strong>Angst</strong>abbaus ist <strong>die</strong><br />
stufenweise Konfronta tion mit angstbesetzten<br />
und bisher vermiedenen<br />
Aktivitäten und <strong>die</strong> Entwicklung<br />
angemessener E<strong>in</strong>stellungen<br />
(z.B. bezüglich Sicherheit).<br />
Fallbeispiel<br />
Die 30-jährige Patient<strong>in</strong> wendete sich auf<br />
eigene Initiative nach der Lektüre des Beitrages<br />
zur Bauchhypnose im Bauchredner<br />
4/2012 an mich. E<strong>in</strong>e Colitis ulcerosa war<br />
seit 2006 bekannt. Aktuell hatte <strong>die</strong> Patient<strong>in</strong><br />
den dritten Schub. Die Symptomatik der<br />
beiden früheren Schübe (2006: l<strong>in</strong>ksseitige<br />
Cu, 2010: Pancolitis) hatte jeweils e<strong>in</strong> Jahr<br />
gedauert. Ängste, nicht rechtzeitig e<strong>in</strong>e<br />
Toilette zu erreichen hatten sich beim ersten<br />
Schub entwickelt. Die Patient<strong>in</strong> hatte bei<br />
den früheren Schüben über Monate nicht<br />
das Haus verlassen und wurde von ihren<br />
Eltern versorgt. Die aktuelle Symptomatik<br />
bestand seit fünf Monaten <strong>in</strong> bis zu 10<br />
blutigen Stühlen/Tag, teilweise verbunden<br />
mit krampfartigen Bauchschmerzen. Die<br />
Patient<strong>in</strong> verließ das Haus nur zu Arztbesuchen.<br />
Auf <strong>die</strong>se bereitete sie sich mit e<strong>in</strong>er<br />
Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz über 24<br />
Stunden und mehrfache Toilettengänge vor<br />
Verlassen des Hauses vor. Weiterh<strong>in</strong> berichtete<br />
<strong>die</strong> Patient<strong>in</strong> über vermehrte Unruhe<br />
und Nervosität sowie Sorgen um ihre<br />
Gesundheit und berufliche Zukunft (Krankschreibung<br />
seit fünf Monaten).<br />
Endoskopisch war Proktitis (10 cm ab<br />
Anus) nachgewiesen. E<strong>in</strong>e bakterielle<br />
oder virale Super<strong>in</strong>fektion war ausgeschlossen.<br />
E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Besserung<br />
war trotz lokaler Therapie mit Kortisonschäumen,<br />
Mesalaz<strong>in</strong> 4,5 g/Tag und bis<br />
zu 60 mg Prednisolon/Tag nicht e<strong>in</strong>getreten.<br />
Die E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>er Therapie mit Infliximab<br />
war von ihrem Gastroenterologen<br />
erwogen worden.<br />
Die Patient<strong>in</strong> hatte positive <strong>Vor</strong>erfahrungen<br />
mit dem Autogenen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und<br />
mit Atemtechniken. Wir führten zwei<br />
Bauchhypnosesitzungen durch. Wesentliche<br />
Inhalte waren das eigenständige<br />
Herstellen von e<strong>in</strong>em Gefühl von Ruhe<br />
und Sicherheit im Bauch durch Atmen,<br />
das Beruhigen des überaktiven Darmes<br />
durch Auflegen der Hand auf den Bauch<br />
mit Imag<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>es angenehmen Wärmegefühls<br />
sowie Imag<strong>in</strong>ationen, dass<br />
e<strong>in</strong>e heilende Energie <strong>die</strong> Entzündung<br />
und <strong>die</strong> überflüssigen Sorgen wegspült.<br />
Die Bauchhypnosesitzungen wurden aufgenommen.<br />
Die Patient<strong>in</strong> erhielt <strong>die</strong> MP3-<br />
Datei der Sitzung zum täglichen Üben.<br />
Auch unter Reduktion der Kortisondosis<br />
kam es zu e<strong>in</strong>er Reduktion der Blutbeimengungen<br />
im Stuhl und der Häufigkeit<br />
der Stühle. Die Patient<strong>in</strong> führte e<strong>in</strong>e<br />
eigenständige <strong>Angst</strong>konfrontationstherapie<br />
durch, beg<strong>in</strong>nend mit kle<strong>in</strong>en Spaziergängen<br />
bis zu eigenständigen E<strong>in</strong>käufen<br />
mit dem PKW. Mit Erlaubnis der Patient<strong>in</strong><br />
zitiere ich Auszüge aus e<strong>in</strong>er E-Mail (zwei<br />
Monate nach Beg<strong>in</strong>n der psychotherapeutischen<br />
Behandlung):<br />
„Hallo Herr Dr. Häuser,<br />
Ich f<strong>in</strong>de es toll, dass <strong>die</strong> Redaktion vom<br />
Bauchredner Sie gebeten hat, e<strong>in</strong>en Beitrag<br />
über <strong>die</strong> psychologische Behandlung<br />
22 CHRONISCHER DURCHFALL<br />
BR 2 /2013