Studie »Generation Praktikum 2011 - Hans-Böckler-Stiftung
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3. HINTERGRUND UND GEGENSTAND<br />
DER STUDIE<br />
»Generation <strong>Praktikum</strong>« – Mythos oder Realität?<br />
Seit einigen Jahren findet unter dem Schlagwort »Generation <strong>Praktikum</strong>«<br />
eine polarisierende Diskussion in Medien, Politik und Gesellschaft<br />
statt. Die einen sehen eindeutige Anzeichen für einen Trend zu<br />
immer prekäreren, kurzfristigeren, an Ausbeutung grenzenden Beschäftigungsverhältnissen<br />
junger Menschen: Praktika mit voller Arbeitszeit,<br />
voller Arbeitsqualität – und nicht einmal halber Bezahlung<br />
und noch weniger Perspektive für die Zeit danach. Vielfältige Eindrücke<br />
untermauern diese Sichtweise: Fallberichte, Erhebungen und die<br />
Daten zu gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, wie beispielsweise<br />
einem Anstieg der Beschäftigtenzahlen in Zeitarbeitsunternehmen.<br />
Die anderen führen an, dass an Praktika nicht dieselben Anforderungen<br />
wie an reguläre Arbeitsverhältnisse gestellt werden dürften, dass<br />
es sich um ein quantitativ untergeordnetes Phänomen handele und<br />
dass einzelne problematische Auswüchse nicht auf das Gesamtbild<br />
der insgesamt positiven Institution »<strong>Praktikum</strong>« verallgemeinert werden<br />
dürften. Auch hier gibt es <strong>Studie</strong>n, Eindrücke und Fallbeispiele,<br />
die diese Position untermauern: Praktika beträfen demnach ohnehin<br />
nur wenige und seien für diese wenigen eine gute Möglichkeit, um<br />
sich zu orientieren, um Kontakte zu knüpfen und um praxisrelevantes<br />
Wissen zu erwerben, mit dem Ergebnis, anschließend einen erfolgreichen<br />
Start in weiterführende Beschäftigungsverhältnisse zu erreichen.<br />
Gemutmaßt wurde bisweilen, dass »Generation <strong>Praktikum</strong>« nicht viel<br />
mehr als ein von den Medien selbst produzierter Mythos sei, insbesondere<br />
da gerade in der Medienbranche Praktika nach <strong>Studie</strong>nabschluss<br />
quantitativ häufiger und zudem häufiger problematisch seien und da<br />
die beteiligten Journalistinnen und Journalisten die Chance ergriffen<br />
hätten, um auf diesem Wege über diese oftmals als prekär erlebte<br />
Facette ihres eigenen persönlichen Berufseinstiegs zu berichten.<br />
Bislang kein Konsens in Sicht<br />
Zu einem Konsens ist es seit dem Aufleben der Diskussion vor rund<br />
fünf Jahren nicht gekommen: Weder herrscht Einigkeit darüber, als<br />
wie bedeutsam das Phänomen »in Wahrheit« und »ganz objektiv«<br />
anzusehen sei noch darüber, wie mit den vielfältigen Erscheinungs -<br />
formen von Praktika umzugehen ist. Hierzu trägt bei, dass mit dem<br />
Begriff »<strong>Praktikum</strong>« häufig eine Vielzahl unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse<br />
zusammengefasst wird, welche jeweils eine durchaus<br />
unterschiedliche Bedeutung haben: Kurzpraktika nach einem<br />
Schulabschluss, mit der Idee eines ersten Kennenlernens eines Berufsfeldes,<br />
haben eine andere Funktion als Praktika, die einen festen Bestandteil<br />
eines Hochschulstudiums darstellen und curricular integriert<br />
sind, und diese sind wiederum von anderer Bedeutung als jene Praktika,<br />
die nach <strong>Studie</strong>nabschluss aufgenommen werden und offenbar<br />
kein Teil des Studiums an sich sind – aber was dann?<br />
Im Fokus: Praktika nach <strong>Studie</strong>nabschluss<br />
Diese spezielle Gruppe von Praktika, nämlich Praktika nach <strong>Studie</strong>n -<br />
abschluss, steht im Fokus der vorliegenden <strong>Studie</strong>. Junge hochqualifizierte<br />
Menschen, die erfolgreich ein Studium an einer Universität abgeschlossen<br />
haben und den Einstieg in das Berufsleben anstreben,<br />
machen ein <strong>Praktikum</strong>. Warum? Sie haben im Laufe ihres Studiums<br />
häufig bereits in das Curriculum eingebettete Praktika absolviert oder<br />
studienbegleitend, verpflichtend oder freiwillig, an mehrwöchigen bis<br />
mehrmonatigen Praktika in Unternehmen, Organisationen und anderen<br />
Einrichtungen teilgenommen und sollten daher als Absolventinnen<br />
und Absolventen orientiert, kompetent und qualifiziert sein. Sie sollten<br />
»employable« sein, um eine befristete oder unbefristete reguläre Arbeitsstelle<br />
anzutreten oder sich nochmal weiterzuqualifizieren, im<br />
Rahmen eines weiterführenden Studiums, einer Promotion oder einer<br />
fachgebundenen Zusatzausbildung. Und dennoch treten viele von<br />
ihnen zunächst ein <strong>Praktikum</strong> an. Aus welchen Gründen geschieht<br />
dies? Wird die Entscheidung, ein <strong>Praktikum</strong> nach <strong>Studie</strong>nabschluss<br />
anzutreten, aus einer Not, einer Verzweiflung oder einer Hoffnung<br />
heraus geboren, ist es eine freiwillige Entscheidung, dienen solche<br />
Praktika der zeitlich-finanziellen Überbrückung oder dem Nachholen<br />
eines Kompetenzerwerbs, der im vorangehenden Studium zu kurz<br />
kam?<br />
Generation <strong>Praktikum</strong> <strong>2011</strong> 11