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Anlage 1 - Landkreis Calw

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Kreispflegeplan 2012 - 2030


1. Inhaltsverzeichnis<br />

Nr. Kapitel Seite<br />

1. Inhaltsverzeichnis 3<br />

2. Vorwort 5<br />

3. Demografische Entwicklung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 6<br />

3.1. Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in Zahlen 6<br />

3.2. Bevölkerungsentwicklung<br />

3.3. Wanderungsbilanz 9<br />

3.4. Altersstruktur 9<br />

3.5. Künftige Entwicklung der älteren Bevölkerung 12<br />

3.6. Migrationsanteil 18<br />

4. Entwicklung im Bereich Pflege 20<br />

4.1. Betrachtung unterschiedlicher Gruppen von Pflegebedürftigen 20<br />

4.1.1. Geschlechterspezifische Perspektive 20<br />

4.1.2. Altersbezogene Perspektive: Hochaltrigkeit 21<br />

4.1.3. Dementielle Erkrankungen 21<br />

4.1.4. Zuwandererperspektive 22<br />

4.1.5. Perspektive des Pflegeortes 23<br />

4.2. Situation in der Pflege 23<br />

4.2.1. Pflegequote in Baden-Württemberg 2009 24<br />

4.2.2. Pflegequote im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 2009 25<br />

4.2.3. Pflegestufen 26<br />

4.2.4. Leistungsempfänger Pflegeversicherung <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 27<br />

4.2.5. Personal in Pflegeeinrichtungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 29<br />

4.3. Zukünftige Entwicklung in der Pflege 29<br />

4.3.1. Voraussichtliche Entwicklung der Zahl pflegebedürftiger Menschen<br />

in Baden-Württemberg 29<br />

4.3.2. Voraussichtliche Entwicklung der Zahl pflegebedürftiger Menschen<br />

im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 30<br />

4.3.3. Zunahme dementieller Erkrankungen 31<br />

4.3.4. Entwicklung der Anzahl der Menschen mit Demenz im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 32<br />

4.3.5. Älter werdende pflegebedürftige Menschen mit Behinderung im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong> 32<br />

5. Stationäre und teilstationäre Einrichtungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 33<br />

5.1. Begriffsbestimmungen 33<br />

5.2. Landesheimbau-Verordnung Baden-Württemberg 33<br />

5.3. Bestand an stationären Plätzen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 34<br />

5.4. Bedarf an stationären Plätzen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 37<br />

5.5. Vergleich von Bestand und Bedarf in den Mittelbereichen 41<br />

5.6. Kosten der vollstationären Dauerpflege 42<br />

5.6.1 Leistungen der Pflegeversicherung 42<br />

5.6.2 Kostenzusammensetzung der stationären Unterbringung 43<br />

3


5.6.3 Nettoaufwand für Leistungen im Rahmen der vollstationären<br />

Hilfe zur Pflege 43<br />

5.7. Weitere Entwicklungen 44<br />

6. Empfehlungen 45<br />

7. Anhang 47<br />

7.1. <strong>Anlage</strong> 1: Auszug aus dem Eckpunktepapier der Hilfen für Menschen<br />

mit Behinderungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 47<br />

<strong>Anlage</strong> 2: Vergleich demografischer Daten Baden-Württemberg,<br />

Region Nordschwarzwald, <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 48<br />

<strong>Anlage</strong> 3: Heimaufsicht 50<br />

7.2. Abkürzungen 54<br />

7.3. Impressum 55<br />

Hinweise:<br />

Beim vorliegenden Kreispflegeplan im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> handelt es sich um die Fortschreibung<br />

des Berichts von 2010.<br />

Datengrundlage ist – soweit nicht anders angegeben – der 31. Dezember 2011.<br />

Um die Lesbarkeit zu erleichtern, beschränkt sich der Bericht auf die männliche Form.<br />

Der Grundsatz der Gleichstellung von Mann und Frau soll hierdurch ausdrücklich nicht<br />

in Frage gestellt werden.<br />

4


2. Vorwort<br />

Kreispflegeplanung ist ohne die enge Verknüpfung mit der demografischen Entwicklung<br />

in unserem Kreis und unserer Gesellschaft nicht denkbar. Der demografische<br />

Wandel ist ein ständiger Prozess, der auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> die Grundlagen der<br />

Bevölkerungsentwicklung nachhaltig verändert und neue Überlegungen und Planungen<br />

in der Altenhilfe und der Altenpflege erfordert.<br />

Geburtenrückgang und längere Lebensdauer der Menschen sind die bestimmenden<br />

Größen unserer Bevölkerungsentwicklung. So wird sich z.B. die Zahl der Hochbetagten<br />

bis zum Jahr 2025 verdoppeln. Gleichzeitig geht die Bevölkerung insgesamt zurück.<br />

Um die notwendige Weichenstellungen zu ermöglichen und die Städte und Gemeinden<br />

in der wohnortnahen Entwicklung der Versorgungsstrukturen zu unterstützen und<br />

zu begleiten, wird von der Kreisverwaltung mit dem vorgelegten Zwischenbericht eine<br />

aktualisierte Datenbasis bereitgestellt. Kreispflegeplanung ist dabei nicht statisch. Es ist<br />

nur möglich, durch Momentaufnahmen die gegenwärtige Situation zu beleuchten und<br />

Szenarien einer möglichen Entwicklung zu entwerfen.<br />

Dieser Zwischenbericht hat den Focus schwerpunktmäßig auf stationäre und teilstationäre<br />

Einrichtungen gerichtet.<br />

Der erste Abschnitt widmet sich den Daten der sich verändernden Bevölkerung im<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong>. Im zweiten Abschnitt werden Entwicklungen im Bereich der Pflege betrachtet.<br />

Der dritte Abschnitt befasst sich mit der aktuellen Situation im stationären und<br />

teilstationären Bereich: dem Bestand an Heimplätzen, dem voraussichtlichen Bedarf,<br />

den Kosten sowie Handlungsempfehlungen.<br />

Weitere Daten zur Situation des Betreuten Wohnens und anderer neuer Wohnformen<br />

für Senioren sowie der ambulanten Versorgung und begleitenden Hilfen einschließlich<br />

Beratung und Vernetzung sind in einem Folgebericht vorgesehen.<br />

5


3. Demografische Entwicklung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Die demografische Entwicklung stellt uns auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> vor neue Herausforderungen<br />

sowohl unter politischen, wirtschaftlichen als auch gesellschaftlichen Gesichtspunkten.<br />

Sie ist geprägt durch einen erheblichen Zuwachs der älteren Bevölkerung<br />

und durch eine steigende Lebenserwartung bei einer gleichzeitigen Abnahme der<br />

Gesamtbevölkerung.<br />

3.1. Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in Zahlen<br />

Ende 2011 hat der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 156 919 Einwohner verteilt auf 25 Kreisgemeinden<br />

mit insgesamt 81 Teilorten. Die Bevölkerungsdichte liegt damit bei 197 Einwohnern<br />

je Quadratkilometer.<br />

Markungsfläche 2011 797,51 in % des Landes 2,24<br />

in qkm<br />

Bevölkerung 2011<br />

156 919 in % des Landes 1,45<br />

und zwar<br />

Kinder unter 6 Jahren 7 741 je 1000 Einwohner 49<br />

Kinder unter 7 Jahren 9 182 je 1000 Einwohner 59<br />

Kinder/Jugendliche 28 208 je 1000 Einwohner 180<br />

unter 18 Jahren<br />

65jährige und ältere 30 923 je 1000 Einwohner 197<br />

75jährige und ältere 14 764 je 1000 Einwohner 94<br />

Frauen 79 239 je 1000 Einwohner 505<br />

Ausländer 16 963 je 1000 Einwohner 108<br />

- darunter unter 18 J. 1 776 je 1000 Einwohner 11<br />

Lebendgeborene 1 193 je 1000 Einwohner 8<br />

Geburtenüberschuss/- -199 je 1000 Einwohner -1<br />

defizit<br />

Zugezogene 10 028 je 1000 Einwohner 64<br />

Wanderungsgewinn/-<br />

verlust<br />

-149 je 1000 Einwohner -1<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2012<br />

3.2. Bevölkerungsentwicklung<br />

Vergleich der Bevölkerungsentwicklung in Baden-Württemberg, Regierungsbezirk<br />

Karlsruhe und <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in 1000<br />

Die nachfolgende Übersicht zeigt die Bevölkerungsentwicklung im Land Baden-<br />

Württemberg, dem Regierungsbezirk Karlsruhe und dem <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in 1000,<br />

6


das nachfolgende Kurvendiagramm in Prozent. Ausgehend von 1970 wird deutlich,<br />

dass der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> zwischen 1970 und 1980 eine stärkere Bevölkerungszunahme<br />

erfahren hat als das Land bzw. der Regierungsbezirk Karlsruhe. Im Gegensatz zum<br />

Land und zum Regierungsbezirk hat der Bevölkerungsrückgang im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

bereits eingesetzt.<br />

Jahr<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

Regierungsbezirk<br />

Karlsruhe<br />

1970 8954 2341 118<br />

1980 9259 2400 132<br />

1990 9822 2532 148<br />

2000 10524 2684 158<br />

2010 10754 2744 158<br />

2011 10786 2752 156<br />

2015 10701 2724 156<br />

2030 10373 2637 149<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

Das nachfolgende Kurvendiagramm zeigt die Entwicklung in Prozent:<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

Baden‐Württemberg<br />

Regierungsbezirk<br />

Karlsruhe<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

40<br />

20<br />

0<br />

1970 1980 1990 2000 2010 2015 2030<br />

1970 1980 1990 2000 2010 2015 2030<br />

Ba‐Wü 100 103,41 109,69 117,53 120,1 119,51 115,85<br />

RB KA 100 102,52 108,16 114,65 117,21 116,36 112,64<br />

Lkr CW 100 111,86 125,42 133,89 133,89 132,2 126,27<br />

7


Voraussichtliche Entwicklung der Gesamteinwohnerzahlen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

bis 2030<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

Im Jahr 2011 lag die Einwohnerzahl im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> bei 156 919.<br />

Aus der Tabelle des Statistischen Landesamtes ist ersichtlich, dass die Bevölkerung im<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> seit 2005 sinkt. Die Wanderungsbilanz befindet sich seitdem im Minus.<br />

Ein Geburtendefizit besteht seit 2006.<br />

8


3.3. Wanderungsbilanz im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Bevölkerungsbilanzen nach Geschlecht seit 2001 im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Jahr<br />

Geburtenüberschuss (+)<br />

bzw. -defizit (-)<br />

Wanderungssaldo Bevölkerungszu-<br />

bzw.-abnahme 1)<br />

Bevölkerung<br />

insg. am 31.<br />

Dez.<br />

insg. männl. insg. männl. insg. männl. insg. männl.<br />

1) Ohne bestandsrelevante Korrekturen.<br />

2001 +146 +147 +1010 +575 +1156 +722 160115 78621<br />

2002 +167 +195 +967 +403 +1134 +598 161249 79219<br />

2003 +8 +112 +275 +44 +283 +156 161524 79371<br />

2004 +15 +68 −7 −10 +8 +58 161530 79426<br />

2005 +14 +85 −471 −311 −457 −226 161069 79197<br />

2006 −76 +31 −654 −364 −730 −333 160341 78864<br />

2007 −60 +37 −628 −233 −688 −196 159644 78664<br />

2008 −105 −26 −834 −437 −939 −463 158702 78202<br />

2009 −175 −33 −468 −160 −643 −193 158055 78007<br />

2010 −224 −60 −556 −282 −780 −342 157271 77665<br />

2011 −199 −17 −149 +35 −348 +18 156919 77680<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

3.4. Altersstruktur der Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> seit 2001 (jährlich) nach 6 Altersgruppen<br />

Fortschreibungen jeweils zum 31.12. des Jahres<br />

Jahr insgesamt davon in der Altersgruppe von … bis unter … Jahren<br />

Unter<br />

15<br />

15 - 18 18 - 25 25 - 40 40 - 65 65 u.<br />

mehr<br />

2001 160115 28834 5869 12918 35343 51487 25664<br />

2002 161249 28642 6019 13181 34610 52294 26503<br />

2003 161524 27997 6265 13212 33605 53126 27319<br />

2004 161530 27417 6287 13401 32281 53813 28331<br />

2005 161069 26617 6401 13401 30962 54478 29210<br />

2006 160341 25757 6273 13382 29763 55176 29990<br />

2007 159644 25073 6185 13221 28671 56142 30352<br />

2008 158702 24397 5934 13309 27609 56708 30745<br />

2009 158055 23828 5800 13252 26689 57451 31035<br />

2010 157271 23134 5666 13245 25999 58334 30893<br />

2011 156919 22619 5589 12921 25685 59182 30923<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

9


Die Gruppe der 65-Jährigen und Älteren im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> nahm bis 2009 stetig zu,<br />

im Jahr 2010 sank sie leicht unter die Höchstmarke.<br />

Der Anteil der über 65-Jährigen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> wird jedoch voraussichtlich bis<br />

2030 um 8 Prozentpunkte (mit Wanderungen) steigen, ohne Wanderungen um 9,4<br />

Prozentpunkte.<br />

Ebenso wird das Durchschnittsalter der Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> deutlich ansteigen.<br />

Anteil der Jugendlichen und Senioren in der Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

2010 2030<br />

(mit Wanderungen)<br />

unter 18-Jährige 18,30% 14,60%<br />

über 65-Jährige 19,60% 27,60%<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

Durchschnittsalter der Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> und im Land Baden-<br />

Württemberg<br />

Durchschnittsalter 2011 2030<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 43,3 Jahre 47,1 Jahre<br />

Baden-Württemberg 43 Jahre 46,6 Jahre<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

10


Entwicklung der Zahl der Hochbetagten<br />

Die Zahl der Hochbetagten in Baden-Württemberg nimmt stetig zu.<br />

In Baden-Württemberg leben derzeit knapp 235 000 Personen, die 85 Jahre oder älter<br />

sind. Diese Altersgruppe setzt sich zu etwa drei Vierteln aus Frauen (171 000) und<br />

lediglich zu einem Viertel aus Männern (63 000) zusammen. Die Zahl der Hochbetagten<br />

hat sich damit seit Mitte der 70er-Jahre vervierfacht; bis zum Jahr 2060 könnte<br />

sich deren Zahl nach Angaben des Statistischen Landesamtes nochmals mehr als verdreifachen.<br />

Entwicklung der Zahl der Hochbetagten in Baden-Württemberg*)<br />

*) 85-Jährige und Ältere; bis 2008: Ist-Ergebnisse; ab 2010: Ergebnisse der Bevölkerungsvorausrechnung<br />

auf Basis 2008.<br />

Anzahl in 1000<br />

1950 1975 1987 2008 2010 2020 2030 2040 2050 2060<br />

15 85 130 235 257 343 435 501 701 740<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2010<br />

Die steigende Lebenserwartung in Verbindung mit der Altersstruktur der Bevölkerung<br />

hat auch dazu geführt, dass die Zahl der sehr alten Menschen angestiegen ist:<br />

Im Jahr 2008 sind immerhin 687 Personen erst im Alter von 100 oder mehr Jahren<br />

verstorben, 10 Jahre zuvor lag die Zahl der Personen, die dieses hohe Alter erreicht<br />

haben, nicht einmal halb so hoch*).<br />

Kaum verändert hat sich allerdings der Anteil der Männer: Nur etwa jede siebte Person,<br />

die dieses hohe Lebensalter erreichen konnte, war männlich – und zwar nicht nur<br />

wegen ihrer insgesamt geringeren Lebenserwartung, sondern auch aufgrund der einschneidenden<br />

Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs, als erheblich mehr Männer als<br />

Frauen infolge des Krieges ums Leben kamen.<br />

*) Genaue Angaben zur Zahl der heute in Baden-Württemberg lebenden 100-jährigen und Älteren sind nicht verfügbar, da diese<br />

in der Bevölkerungsfortschreibung lange Jahre nicht separat ermittelt wurden. Darüber hinaus dürften die Bevölkerungsbestände<br />

der hohen Altersgruppen aufgrund der relativ geringen Besetzungszahlen im besonderen Maße von Unschärfen in der Fortschreibung<br />

betroffen sein. Nach dem Zensus im Jahr 2011 werden aber entsprechende Ergebnisse verfügbar sein.<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Presseheft 6/09<br />

Auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> wird sich die Anzahl der Hochbetagten kontinuierlich erhöhen<br />

mit den bekannten Auswirkungen auf die Zahl der Pflegebedürftigen.<br />

11


3.5. Künftige Entwicklung der älteren Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong><br />

Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> wird der Anteil der über 60-Jährigen mit 37,05 % der Gesamtbevölkerung<br />

des <strong>Landkreis</strong>es mehr als doppelt so stark wie der der unter 20-Jährigen<br />

(16,86 %) sein.<br />

2030 wird die Zahl der Hochaltrigen (85 Jahre und älter) um 78,6 % steigen, in Baden-Württemberg<br />

um 84,9 %.<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2010<br />

12


Bevölkerung 2008 *und voraussichtliche Entwicklung bis 2030 nach 19 Altersgruppen<br />

- hier in 7 Altersgruppen ab 60 Jahre und älter – ohne Wanderungen – im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong>:<br />

*Die der Vorausberechnung zugrunde liegende Ausgangsbevölkerung.<br />

Annahmen: Konstantes Geburtenniveau, Anstieg der Lebenserwartung um etwa 3 Jahre bis 2030.<br />

Zum Vergleich zur realen Entwicklung wurde die Spalte 2010 real eingefügt.<br />

Altersgruppe 2008 2010 2010 2015 2020 2025 2030<br />

real<br />

Unter 20 J. 34494 32807 - 29292 26602 25366 24931<br />

…<br />

60 – unter 7612 8675 8626 10072 11597 13351 11923<br />

65<br />

65 – u 70 9009 7670 7643 8245 9630 11122 12828<br />

70 – u 75 8455 9011 8991 7062 7672 8988 10430<br />

75 – u 80 5542 6122 6149 7874 6185 6816 8041<br />

80 – u 85 4161 4321 4328 4785 6236 4906 5530<br />

85 – u 90 2518 2565 3782 2745 3117 4130 3264<br />

90 und 1060 1162 1459 1710 2049 2764<br />

mehr<br />

Gesamtbevölkerung<br />

158702 158200 157271 156063 153786 151157 147858<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

13


Bevölkerungszahlen der einzelnen Gemeinden und Teilorte 2011 und 2030:<br />

Mittelbereich<br />

Gemeinde/<br />

Stadt<br />

Einwohner<br />

2011<br />

Senioren<br />

ab 65 +<br />

in 2011<br />

in %<br />

in 2011<br />

Voraussichtl.<br />

Einwohner<br />

2030<br />

mit<br />

Wanderung<br />

en<br />

Voraussichtl.<br />

Anteil d. 65<br />

+<br />

in 2030<br />

mit<br />

Wanderung<br />

en<br />

Vorauss.<br />

Anteil d.<br />

65 +<br />

in 2030<br />

mit<br />

Wanderun<br />

gen<br />

in % *<br />

MB <strong>Calw</strong> Althengstett 7883 1217 15,4 7275 2075 28,5<br />

Bad Liebenzell 9295 1942 20,9 9103 2632 28,9<br />

Gechingen 3784 674 17,8 - - -<br />

Neubulach 5469 941 17,2 5426 1312 24,1<br />

Neuweiler 3091 573 18,5 - - -<br />

Oberreichenbach<br />

2818 511 18,1 - - -<br />

Ostelsheim 2437 434 17,8 - - -<br />

Simmozheim 2848 393 13,8 - - -<br />

Unterreichenbach<br />

2229 415 18,6 - - -<br />

Bad Teinach 3006 582 19,4 - - -<br />

<strong>Calw</strong> 23218 4504 19,4 22458 6162 27,4<br />

insgesamt 66078 12186 18,4<br />

MB Nagold Altensteig 10806 2065 19,1 11018 2902 26,3<br />

Ebhausen 4739 739 15,6 - - -<br />

Egenhausen 1880 324 17,2 - - -<br />

Haiterbach 5690 1018 17,9 5338 1413 26,4<br />

Nagold 22492 4389 19,5 20926 5875 28<br />

Rohrdorf 1920 368 19,2 - - -<br />

Simmersfeld 2125 364 17,1 - - -<br />

Wildberg 9858 1861 18,9 8965 2586 28,8<br />

insgesamt 59510 11128 18,7<br />

MB Bad Dobel 2257 537 23,8 - - -<br />

Wildbad<br />

Enzklösterle 1216 317 26,1 - - -<br />

Bad Herrenalb 7389 2063 27,9 7410 2325 31,3<br />

Höfen 1617 337 20,8 - - -<br />

Schömberg 8459 1720 20,3 8181 2463 30,1<br />

Bad Wildbad 10393 2635 25,4 9634 2597 26,9<br />

insgesamt 31331 7609 24,3<br />

<strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong><br />

156919 30923 19,7 149738 41360 27,6<br />

Quelle: Interaktives Kartenverzeichnis Statistisches Landesamt Stuttgart, 2012<br />

* Keine Auswertung für Gemeinden unter 5000 EW<br />

16


Alter und Geschlecht<br />

Trotz eines höheren Geburtenanteils der männlichen Bevölkerung in Baden-<br />

Württemberg (1000 Mädchengeburten gegenüber 1050 Jungengeburten) sind Männer<br />

in der Minderheit. Dafür ist vor allem deren niedrigere Lebenserwartung von im<br />

Schnitt knapp 5 Jahren entscheidend.<br />

Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> zeigt einen leicht höheren Anteil der männlichen Bevölkerung von<br />

0,2 % gegenüber dem Landesdurchschnitt.<br />

Quelle: Bericht des Statistischen Landesamtes Stuttgart vom 17.10.2012 – Nr. 335/2012<br />

2011 <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in Prozent<br />

gesamt 156.919<br />

männlich 77.680 49,5 %<br />

weiblich 79.239 50,5 %<br />

17


3.6. Migrationsanteil<br />

Die stärkste Gruppe der Ausländer in Baden-Württemberg sind 2011 die Zuwanderer<br />

aus<br />

- der Türkei 278.570<br />

danach aus<br />

- dem ehemaligen Jugoslawien 218.950<br />

- Italien 159.947<br />

- Griechenland 67.189<br />

- ehemalige Sowjetunion 62.363<br />

- Polen 47.444<br />

- Spanien 18.271<br />

- ehemalige Tschechoslowakei 10.251<br />

insgesamt 1.208.289<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2012<br />

Der Anteil der ausländischen Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> ist seit 1998 (12,4<br />

%) bei zunächst zunehmender Gesamtbevölkerung, ab 2005 bei ebenfalls abnehmender<br />

Gesamtbevölkerung kontinuierlich gesunken auf 10,6 % im Jahr 2010.<br />

Erstmals 2011 stieg der Anteil der ausländischen Bevölkerung auf 10,8 % bei weiterhin<br />

sinkender Gesamtbevölkerung.<br />

Bevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> insgesamt und Ausländer seit 1998 (jährlich)<br />

Jahr Bevölkerung Ausländer<br />

insgesamt Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

zusammen Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

Anteil an der<br />

Gesamtbevölkerung<br />

Anzahl % Anzahl % %<br />

1998 157 324 0,0 19 486 -3,3 12,4<br />

1999 158 294 +0,6 19 321 -0,8 12,2<br />

2000 158 959 +0,4 18 787 -2,8 11,8<br />

2001 160 115 +0,7 18 626 -0,9 11,6<br />

2002 161 249 +0,7 18 567 -0,3 11,5<br />

2003 161 524 +0,2 18 250 -1,7 11,3<br />

2004 161 530 0,0 17 894 -2,0 11,1<br />

2005 161 069 -0,3 17 567 -1,8 10,9<br />

2006 160 341 -0,5 17 243 -1,8 10,8<br />

2007 159 644 -0,4 17 060 -1,1 10,7<br />

2008 158 702 -0,6 16 755 -1,8 10,6<br />

2009 158 055 -0,4 16 739 -0,1 10,6<br />

2010 157 271 -0,5 16 675 -0,4 10,6<br />

2011 156 919 -0,2 16 963 +1,7 10,8<br />

18


Quelle: Fortschreibung des Bevölkerungsstandes, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart,<br />

2011<br />

Der Anteil der ausländischen Mitbürger ist in den einzelnen Kommunen innerhalb des<br />

<strong>Landkreis</strong>es sehr unterschiedlich. Je nach Situation in der jeweiligen Kommune werden<br />

altengerechte Wohn- und Versorgungsangebote für Ältere mit Migrationshintergrund<br />

in Zukunft an Bedeutung gewinnen (z.B. muttersprachliche Pflegekräfte, Berücksichtigung<br />

kultureller Ernährungsgewohnheiten etc.).<br />

19


4. Entwicklung im Bereich Pflege<br />

4.1. Betrachtung unterschiedlicher Gruppen von Pflegedürftigen<br />

"Die" Gruppe der Pflegedürftigen gibt es so nicht. Sie sind keine einheitliche Gruppe<br />

sondern zeigen Unterschiede hinsichtlich Alter, Geschlecht oder anderer Merkmale.<br />

Im Pflegerahmenplan von Nordrheinwestfalen wird u.a. auf unterschiedliche Perspektiven<br />

von Pflegebedürftigkeit eingegangen, die gleichermaßen auch für Baden-<br />

Württemberg bzw. den <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> Anwendung finden können:<br />

1. Geschlechterspezifische Perspektive<br />

2. Altersbezogene Perspektive<br />

3. Dementielle Erkrankungen<br />

4. Zuwandererperspektive<br />

5. Perspektive des Pflegeortes<br />

Quelle: Örtlicher Pflegebericht 2006 der Stadt Osnabrück, S. 18 (Nds. Pflegerahmenplan, S. 22, 25,<br />

26, 45)<br />

4.1.1. Geschlechterspezifische Perspektive<br />

„Die Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung ist in Baden-Württemberg knapp<br />

5 Jahre höher als die der Männer. … Zwei Drittel der pflegebedürftigen Personen sind<br />

Frauen. Auffällig ist auch die insgesamt höhere Pflegehäufigkeit der Frauen. 2009 lag<br />

dieser Wert bei den Frauen bei 30 je 1000, während er bei den Männern nur 16 je<br />

1000 betrug. Bis zur Altersklasse der 70- bis 74-Jährigen ist die Pflegehäufigkeit bei<br />

der männlichen Bevölkerung zwar stets höher als bei der weiblichen. Ab dem 75. Lebensjahr<br />

liegt die Pflegehäufigkeit der Männer dann niedriger als die der Frauen, wobei<br />

Unterschiede mit zunehmendem Alter immer größer werden. So waren in der Altersklasse<br />

der über 95-Jährigen von 1000 gleichaltrigen Frauen 560 pflegebedürftig,<br />

bei den Männern dagegen nur 234.“<br />

Quelle: Statistik Aktuell: Pflegebedürftige in Baden-Württemberg, Statistisches Landesamt Baden-<br />

Württemberg, Stuttgart, 2012, S. 2.<br />

Frauen stellen eine wesentliche Gruppe der Pflegebedürftigen auch in unserem<br />

<strong>Landkreis</strong> dar – vor allem im stationären Bereich. Der Frauenanteil bei stationärer<br />

Pflege lag im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> bei der Befragung der Heimeinrichtungen durch die Altenhilfefachberatung<br />

zum 31.03.12 bei unerwartet hohen 93 %!<br />

Während Männer häufig von ihren Partnerinnen zu Hause gepflegt werden, sind<br />

pflegebedürftige Frauen z. B. wegen des frühzeitigen Todes ihres Partners oder ggf.<br />

wegen dessen Überforderung auf außerfamiliale Hilfe angewiesen.<br />

20


4.1.2. Altersbezogene Perspektive<br />

Definition von Hochaltrigkeit: "Hochaltrig ist, wer älter als die aktuellen Lebenserwartungen<br />

ist. Vereinfachend wird derzeit die Grenze für beiderlei Geschlecht bei 80<br />

Jahren angesetzt."<br />

(Quelle: Örtlicher Pflegebericht 2006 der Stadt Osnabrück, S. 24)<br />

Das Bundesministerium für Soziales, Familien und Jugend beschreibt in seinem Vierten<br />

Bericht zur Lage der älteren Generation 2002 folgendes:<br />

„Für den Vierten Altenbericht soll pragmatisch der Altersabschnitt von 80 – 85 Jahren<br />

als der Beginn des hohen Alters definiert werden. Hierbei soll aber stets berücksichtigt<br />

werden, dass die hohe interindividuelle Unterschiedlichkeit zwischen älterwerdenden<br />

Menschen alle chronologisch basierten Altersgrenzen fragwürdig macht: …<br />

Allerdings muss konstatiert werden, dass zurzeit die Wahrscheinlichkeit für Multimorbidität,<br />

Pflegebedürftigkeit und Demenz jenseits des 80. bis 85. Lebensjahrs deutlich<br />

ansteigt. Daher erscheint es sinnvoll, diese Altersgrenze in sozialpolitischer Perspektive<br />

in den Blick zu nehmen.“<br />

Quelle: Vierter Bericht zur Lage der älteren Generation: Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger<br />

– unter besonderer Berücksichtigung demenzieller Erkrankungen, BmfSFJ, 2002<br />

Hochaltrigkeit (hier definiert ab 85 Jahren) ist ein wesentliches Kriterium für Pflegebedürftigkeit.<br />

Der Anteil der 65 – 85-Jährigen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> liegt bei 17,8 %. Der Anteil der<br />

85-Jährigen und älter an der Gesamtbevölkerung im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> liegt bei 2,48 %.<br />

Die Anzahl der pflegeintensiveren älteren Jahrgänge wird allgemein aufgrund der<br />

demografischen Entwicklung stärker ansteigen.<br />

„Die Mehrheit der über 90-Jährigen ist in der Lage selbstständig zu leben. …In<br />

Deutschland empfangen 41 % in dieser Altersgruppe keine Leistungen aus der Pflegeversicherung.<br />

Von den 59 % Leistungsempfängern wird jeder vierte zu Hause versorgt<br />

durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste, die meisten von ihnen in der Pflegestufe<br />

1.“<br />

Quelle: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 1/2012, S. 14<br />

4.1.3. Dementielle Erkrankungen<br />

„Der Begriff Demenz bezeichnet Krankheitsbilder, bei denen wichtige Gehirnfunktionen<br />

wie Gedächtnis, Orientierung, Sprache und Lernfähigkeit nach und nach unwiederbringlich<br />

verloren gehen. Mit rund zwei Dritteln ist die Alzheimer-Krankheit die am<br />

häufigsten auftretende Demenzerkrankung.“<br />

Quelle: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, 1/2012, S. 15<br />

21


Demenz wird fast ausschließlich als Defizit betrachtet.<br />

Auch die Zahl der dementiellen Erkrankungen oder vergleichbarer Erkrankungen des<br />

gerontopsychiatrischen Formenkreises – z. B. Alzheimer-Syndrom ist in den letzten<br />

Jahren kontinuierlich gestiegen.<br />

Laut Informationsblatt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft vom 09/2012 leben in<br />

Deutschland gegenwärtig mehr als 1,4 Millionen Demenzkranke; zwei Drittel von<br />

ihnen sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen.<br />

Die geschätzte Krankenzahl in Deutschland für das Jahr 2050 liegt bei 3.020.000.<br />

Das entspricht einer Zunahme um mehr als 100 zusätzliche Krankheitsfälle an jedem<br />

einzelnen Tag im Verlauf der nächsten vier Jahrzehnte.<br />

Die geschätzte Zahl der Erkrankten im Jahr 2010 in Baden-Württemberg beträgt<br />

demnach 184.440.<br />

Etwa 70% der Erkrankungen entfallen auf die Frauen, nur 30% auf Männer. Der<br />

Hauptgrund dafür liegt in der unterschiedlichen Lebenserwartung.<br />

Die Zahl der Demenzkranken ist in den letzten Jahrzehnten zwar stark angestiegen,<br />

doch lässt sich dieser Anstieg durch die höhere Lebenserwartung und durch die zunehmende<br />

Zahl von älteren Menschen erklären.<br />

Quelle: Infoblatt „Die Epidemiologie der Demenz“ 09/2012, Deutsche Alzheimer Gesellschaft<br />

Im Jahr 2008 leiden – orientiert an der Studie von H. Bickel – geschätzt rund 2.100<br />

Bürgerinnen und Bürger des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> an einer demenziellen Erkrankung in<br />

unterschiedlicher Ausprägung. Aufgrund der Verschiebung der Alterspyramide wird<br />

sich diese Zahl bei unveränderter Situation und gleichen Annahmen bis zum Jahr<br />

2025 voraussichtlich auf 3.300 erkrankte Personen erhöhen. Dies würde einen Anstieg<br />

von 58 % bedeuten.<br />

Quelle: Demografie-Bericht des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> 2009, S. 31<br />

4.1.4. Zuwandererperspektive<br />

Mit zunehmendem Alter werden auch Migranten, die im Alter nicht mehr in ihre Heimatländer<br />

zurückkehren, pflegebedürftig. Damit zeigen sich auch im Pflegebereich<br />

unterschiedliche sozio-kulturelle, religiöse und ethnische Verhaltensweisen und Einstellungen<br />

sowie durch Sprachbarrieren bedingte Probleme.<br />

Selbst die langfristig zu erwartende Angleichung der zweiten und dritten Generation<br />

an die Lebensführung unseres – des gastgebenden – Landes wie z.B. die zunehmende<br />

Berufstätigkeit der Frauen führt nur zu einer Verschiebung des Problems vom ambulanten<br />

in den stationären Bereich.<br />

Dabei ist eine interkulturelle Öffnung der stationären und ambulanten Versorgungsformen<br />

dringend notwendig. Langfristige Lern- und Entwicklungsprozesse sind dazu<br />

nötig.<br />

22


Mitarbeiter in Einrichtungen, die eine Brückenfunktion aus dem eigenen kulturellen<br />

Kontext übernehmen könnten, müssen vermehrt rekrutiert werden. Neben der fachlichen<br />

Qualifikation sind zusätzliche Sprach- und Sozialkompetenzen des Personals<br />

zukünftig Voraussetzungen für eine Einstellung.<br />

4.1.5. Perspektive des Pflegeortes<br />

Aufgrund der demografischen Entwicklung stehen immer weniger Personen zur Verfügung,<br />

die häusliche Pflege übernehmen können. Dem Wunsch, in der häuslichen Umgebung<br />

gepflegt und versorgt zu werden, steht eine kontinuierlich abnehmende Zahl<br />

von pflegenden Angehörigen – vor allem Töchtern, Schwiegertöchtern – gegenüber.<br />

Sei es, weil Familien sehr weit auseinander wohnen oder weil auch die Töchter/Schwiegertöchter<br />

eine Berufstätigkeit ausüben.<br />

Auch die zunehmende Zahl von Einzelkindern führt für diese zu höheren Belastungen,<br />

da sich der Pool der Pflegenden innerhalb der Familie auf sie reduziert, aber auch die<br />

Kosten für eine stationäre Unterbringung auf dem Einzelkind alleine lastet.<br />

Die sich verändernden Familienstrukturen führen dazu, dass künftig die Pflege durch<br />

Familienangehörige immer weniger geleistet werden kann und sich damit die Pflege<br />

vom häuslichen in den stationären Bereich verlagert.<br />

Der Ausbau ambulanter Dienste sowie die Förderung niedrigschwelliger Angebote und<br />

des Bürgerschaftlichen Engagements sollen dieser Entwicklung entgegenwirken. Fehlende<br />

pflegende Angehörige und/oder ein fehlendes Netzwerk (Nachbarn etc.) führen<br />

zwangsläufig zu stationären Aufnahmen.<br />

Initiativen zur Unterstützung durch bürgerschaftlich Engagierte und politische Anstrengungen<br />

zur Erleichterung für pflegende Angehörige greifen nicht in gewünschtem Umfang<br />

und sind gegenüber der wachsenden Zahl Pflegebedürftiger bislang (noch?) in<br />

der Defensive.<br />

4.2. Situation in der Pflege<br />

Das Land Baden-Württemberg hat zum Jahr 2011 die generelle öffentliche Förderung<br />

von Pflegeplätzen eingestellt. Mit dem Ausstieg des Landes aus der Pflegeheimförderung<br />

ist auch die Verpflichtung des <strong>Landkreis</strong>es zur komplementären Mitförderung von<br />

bedarfsgerechten Neubau- und Sanierungsmaßnahmen entfallen.<br />

Allerdings entstehen den kommunalen Trägern immer höhere Aufwendungen bei der<br />

Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII aufgrund der gedeckelten Leistungen der Pflegeversicherung,<br />

steigenden Fallzahlen und höheren Leistungsvergütungen.<br />

Bis 2010 bildete die Bedarfsvorausschätzung des Landes die Planungsgrundlage für<br />

die Entwicklung stationärer Pflegeheimplätze. Die 2007 vorgelegte Fortschreibung des<br />

Landes enthält noch eine Bedarfsvorausschätzung bis 2015. Die Vorausschätzung erfolgt<br />

dabei in zwei Varianten: die untere Variante geht von einer gleichbleibenden In-<br />

23


anspruchnahme stationärer Pflege in den einzelnen Altersgruppen aus. Die obere Variante<br />

hingegen beinhaltet eine leicht erhöhte Inanspruchnahme.<br />

Eine Bedarfsvorausschätzung des Landes wird es aufgrund des Mikrozensus 2011 frühestens<br />

2014 geben.<br />

Definition:<br />

Als Pflegebedürftige gelten Personen, die entsprechend dem Pflegeversicherungsgesetz<br />

in die Pflegestufen 1, 2 oder 3 (in Ausnahmefällen auch Pflegestufe 0) eingruppiert<br />

sind und die Leistungen (Pflegegeld, ambulante Pflegeleistungen oder Unterbringung<br />

in stationären Einrichtungen) erhalten.<br />

Quelle: Pflegestatistik, KVJS Baden-Württemberg<br />

4.2.1. Pflegequote in Baden-Württemberg 2009<br />

Von den 246 038 pflegebedürftigen Menschen in Baden-Württemberg waren 2009<br />

über zwei Drittel älter als 75 Jahre. Dies verdeutlicht das zunehmende Risiko der<br />

Pflegebedürftigkeit mit dem Alter.<br />

Über alle Altersgruppen lag die Pflegequote – also die Wahrscheinlichkeit<br />

pflegebedürftig zu sein – bei 2,3 %.<br />

Bei den 75- bis unter 80-Jährigen betrug die Pflegequote bereits 7,8 %, stieg bei den<br />

85- bis unter 90-Jährigen auf 32,3 % und weiter auf 49,7 % bei den über 90-<br />

Jährigen.<br />

24


Zwei Drittel der Pflegebedürftigen waren Frauen. Wegen ihrer höheren<br />

Lebenserwartung sind Frauen in den pflegeintensiven höheren Jahrgängen<br />

zunehmend überproportional vertreten. Unabhängig davon weisen Frauen aber auch<br />

eine höhere Pflegewahrscheinlichkeit auf als Männer. Dies könnte damit zusammenhängen,<br />

dass Frauen nach dem Tod des meist älteren Partners häufig alleine leben<br />

und deshalb im Falle ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit stärker auf professionelle Pflege<br />

angewiesen sind als Männer, die im Bedarfsfall vielfach von ihrer jüngeren Partnerin<br />

gepflegt werden.<br />

In Zukunft ist mit einem Anstieg der Pflegezahlen zu rechnen, begründet durch die<br />

veränderte Altersstruktur der Gesellschaft und den überproportionalen Anstieg der<br />

Zahl der älteren Menschen durch den demografischen Wandel. Die Änderung der<br />

Haushalts- und Familienstrukturen kann zudem dazu führen, dass ältere Menschen<br />

künftig weniger Unterstützungsleistungen aus dem unmittelbaren Familienkreis<br />

erwarten können und damit die Zahl der stationär Pflegebedürftigen verstärkt<br />

zunimmt. Im Ländervergleich leben in Baden-Württemberg relativ wenige<br />

Pflegebedürftige.<br />

Datenquelle: Pflegestatistik, KVJS<br />

4.2.2. Pflegequote im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 2009<br />

Daten zum Pflegebedarf laut Demografie-Bericht des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> 2009<br />

Zahl der Pflegebedürftigen 3826<br />

Pflegequote <strong>Calw</strong> 2,4 % (Durchschn. BW: 2,3 %)<br />

Ambulante Hilfen 760<br />

Vollstationäre Pflege 1437<br />

Die Pflegequote des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> liegt 2009 bei 2,4 %. Zum Vergleich: Die<br />

Pflegequote im Regierungsbezirk Karlsruhe lag 2009 bei 2,6 %, in Deutschland bei<br />

2,9 %.<br />

25


4.2.3. Pflegestufen<br />

Pflegestufen der über 65-jährigen Empfänger von vollstationärer<br />

Hilfe zur Pflege in Baden-Württemberg und im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> am<br />

31.12.2011 in Prozent<br />

2011 Baden-Württemberg in % <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> in %<br />

PS 0/gering 7,4 5<br />

PS I 32,3 33<br />

PS II 39,1 39<br />

PS III/Härtefall 21,2 23<br />

Quelle: KVJS, Hilfe zur Pflege 2011<br />

26


4.2.4. Leistungsempfänger der Pflegeversicherung<br />

27


<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Jahr<br />

insgesamt<br />

1)<br />

ambulante<br />

Pflege<br />

Pflegebedürftige insgesamt<br />

zusammen<br />

1) Seit 2009 ohne teilstationäre Pflege.<br />

stationäre Pflege<br />

vollstationäre<br />

Pflege<br />

Kurzzeitpflege<br />

teilstationäre<br />

Pflege<br />

Pflegegeld<br />

2)<br />

2) Pflegebedürftige, die nicht bereits bei der ambulanten bzw. stationären Pflege berücksichtigt sind.<br />

1999 3671 765 1360 1341 10 9 1546<br />

2001 3636 783 1317 1285 17 15 1536<br />

2003 3721 789 1436 1368 37 31 1496<br />

2005 3559 610 1467 1421 29 17 1482<br />

2007 3815 760 1435 1381 28 26 1620<br />

2009 3826 760 1437 1367 23 47 1676<br />

Pflegebedürftige Männer<br />

1999 1199 232 391 390 1 – 576<br />

2001 1214 231 395 378 6 11 588<br />

2003 1216 208 412 391 10 11 596<br />

2005 1218 169 432 413 13 6 617<br />

2007 1286 239 409 388 10 11 638<br />

2009 1351 229 463 437 10 16 675<br />

Pflegebedürftige Frauen<br />

1999 2472 533 969 951 9 9 970<br />

2001 2422 552 922 907 11 4 948<br />

2003 2505 581 1024 977 27 20 900<br />

2005 2341 441 1035 1008 16 11 865<br />

2007 2529 521 1026 993 18 15 982<br />

2009 2475 531 974 930 13 31 1001<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

28


4.2.5. Personal in Pflegeeinrichtungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Pflegeeinrichtungen und Personal im Pflegedienst im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> seit 1999<br />

(2-jährlich)<br />

Jahr<br />

Ambulante Pflege<br />

Pflegedienste<br />

Personal<br />

in Pflegediensten<br />

Pflegeheime<br />

insgesamt<br />

Stationäre Pflege<br />

verfügbare Plätze in<br />

Pflegeheimen<br />

darunter<br />

vollstationäre<br />

Dauerpflege<br />

Personal<br />

in<br />

Pflegeheimen<br />

1999 16 422 24 1459 1420 1038<br />

2001 13 450 23 1440 1396 990<br />

2003 16 461 26 1559 1495 1136<br />

2005 14 389 27 1606 1547 1198<br />

2007 15 489 25 1629 1580 1209<br />

2009 13 458 26 1724 1672 1256<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 2011<br />

4.3. Zukünftige Entwicklung in der Pflege<br />

4.3.1. Voraussichtliche Entwicklung der Zahl pflegebedürftiger<br />

Menschen in Baden-Württemberg<br />

Vorausgesetzt, das Pflegerisiko der einzelnen Altersgruppen verändert sich künftig<br />

nicht wesentlich, dann könnte die Zahl der Pflegebedürftigen allein aus demografischen<br />

Gründen von heute 237 000 um 121 000 zunehmen und im Jahr 2031 auf fast<br />

358 000 steigen. Dies wäre ein Anstieg um 51 %. Dabei würde die Zahl der pflegebedürftigen<br />

Frauen bis 2031 um 44 % steigen, die der männlichen Pflegebedürftigen<br />

sogar um 65 %. Der höhere prozentuale Zuwachs bei den männlichen Pflegebedürftigen<br />

erklärt sich daraus, dass bei der männlichen Bevölkerung die Altersjahrgänge der<br />

über 75-Jährigen mit hohem Pflegerisiko aufgrund der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs<br />

schwächer besetzt sind. In der Zukunft spielt dies aber keine Rolle mehr.<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2011<br />

29


4.3.2. Voraussichtliche Entwicklung der Zahl pflegebedürftiger<br />

Menschen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Im Jahr 2008 gab es im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 3.559 ambulante und stationär pflegebedürftige<br />

Personen.<br />

Lt. Hilfe zur Pflege 2011, KVJS waren es am 31.12.2011 im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 330 Empfänger<br />

von vollstationärer Hilfe zur Pflege.<br />

Leistungsempfänger vollstationärer Hilfe zur Pflege über 65 Jahren pro 1000<br />

EW über 65 Jahre<br />

Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> 10,7<br />

Durchschnitt Baden-Württemberg 10,3<br />

Durchschnitt Stadtkreise 15,0<br />

Durchschnitt <strong>Landkreis</strong>e 9,3<br />

Quelle: Hilfe zur Pflege 2011, KVJS, S. 17<br />

Laut Demografie-Bericht des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> 2009 wird für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> im<br />

Jahr 2025 ein Bedarf an 4.570 Pflegeplätzen prognostiziert, was einer Zunahme<br />

von 28,4 % entspricht. Der Bedarf an Pflegekräften steigt zugleich von 1.587 Personen<br />

auf 2.038 Personen an, wobei hier der private Pflegebereich ohne professionelle<br />

Hilfe nicht enthalten ist.<br />

Legt man die Annahme zugrunde, dass sich die Zahl der Pflegebedürftigen im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong> ähnlich entwickelt wie im Land Baden-Württemberg könnte sich dies für<br />

den <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> für 2030 wie folgt darstellen:<br />

30


Basis: Anstieg der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg um 43 % in den Jahren<br />

von 2009 bis 2030 allein aus demografischen Gründen (unter der Voraussetzung,<br />

dass sich das Pflegerisiko für die einzelnen Altersjahre nicht wesentlich verändert).<br />

Auch die amtliche Statistik kann nicht die genaue Zahl der Pflegebedürftigen für ein<br />

bestimmtes Jahr in der Zukunft bestimmen. Die aufgezeigte langfristige Entwicklung<br />

hat Modellcharakter und zeigt, wie sich unter den getroffenen Annahmen die Zahl der<br />

Pflegebedürftigen entwickeln wird. Dabei wird der Verlauf der maßgeblichen Einflussgrößen<br />

(auch der Bevölkerungsstruktur) mit zunehmendem Abstand zum Basiszeitpunkt<br />

immer schwerer vorhersehbar.<br />

Quelle: Presseheft 1/2012 Vorausberechnung bis 2030 und 2050, Pflegebedürftige, Pflegearten und<br />

Pflegepersonal, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg<br />

4.3.3. Zunahme dementieller Erkrankungen<br />

Auf Grund demenzieller Erkrankungen ergeben sich heute die häufigsten und<br />

folgenschwersten Beeinträchtigungen im Alter. Die Zahl der mittel bis schwer<br />

Erkrankten in Baden-Württemberg wird auf etwa 100.000 geschätzt. Mit dem weiteren<br />

Anstieg der Lebenserwartung und den sich allgemein abzeichnenden demografischen<br />

Entwicklungstrends ist in den kommenden Jahren mit einem erheblichen Anstieg<br />

demenzieller Erkrankungen zu rechnen. Die Entwicklung demenzieller Erkrankungen<br />

stellt sicher eine der größten Herausforderungen dar – für die Familien und<br />

Angehörigen ebenso wie für die professionellen Dienste und Einrichtungen im Bereich<br />

der Altenhilfe und nicht zuletzt auch für die Sozialpolitik. In die Versorgung<br />

demenzkranker älterer Menschen sind praktisch alle Dienste und Einrichtungen der<br />

Altenhilfe einbezogen, insbesondere aber gilt dies für den stationären<br />

Altenhilfebereich: Demenzerkrankungen bilden heute den mit Abstand häufigsten<br />

Grund für einen Heimeintritt. Der Anteil Demenzkranker unter den<br />

Pflegeheimbewohnern liegt bei etwa 60% mit steigender Tendenz. Im Verlauf der<br />

Erkrankung sind etwa zwei Drittel der Betroffenen auf eine stationäre Versorgung<br />

angewiesen. Die gesamte Pflegeinfrastruktur muss an die sich abzeichnende<br />

Entwicklung angepasst werden. Die Pflegeeinrichtungen müssen sich hinsichtlich der<br />

Bau-, Betriebs- und Betreuungskonzepte entsprechend qualifizieren. Diese<br />

Qualifizierung der Versorgungsangebote für Demenzkranke muss sowohl in Richtung<br />

auf eine regionale Angebotsdifferenzierung (abgestufte und auf unterschiedliche<br />

Betreuungsbedürfnisse abgestimmte Versorgungsangebote) als auch im Hinblick auf<br />

die heiminterne Binnendifferenzierung (z.B. milieutherapeutisch ausgerichtete<br />

Wohngruppen) als auch hinsichtlich der Entwicklung und Erprobung neuer<br />

Versorgungsformen (z.B. Hausgemeinschaften) erfolgen. Das Sozialministerium<br />

begleitet und unterstützt diesen Prozess, durch die Beteiligung an Fachdiskussionen<br />

und –veranstaltungen, durch eigene Veranstaltungen, durch Forschungsvorhaben<br />

sowie im Rahmen der investiven Pflegeheimförderung.<br />

Höchste Priorität ist in diesem Zusammenhang dem Aspekt der Personalentwicklung<br />

einzuräumen. Für die Betreuung demenziell Erkrankter muss eine quantitativ<br />

ausreichende und adäquat qualifizierte Personalausstattung der stationären<br />

Pflegeeinrichtungen gewährleistet sein. Dies setzt voraus, dass die hierfür notwendigen<br />

31


finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen und diese aber auch entsprechend<br />

eingesetzt werden. Dies erfordert eine angemessene Relation von Heimentgelten und<br />

Betreuungsaufwendungen, die Berücksichtigung von quantitativen und qualitativen<br />

Dimensionen der Betreuungsaufgaben im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen und<br />

leistungsrechtliche Verbesserungen für Demenzerkrankte im Rahmen der<br />

Pflegeversicherung.<br />

Quelle: Sozialministerium Baden-Württemberg<br />

Das ab 01.01.2013 geltende Pflegeneuausrichtungsgesetz versucht die Situation von<br />

Menschen mit Demenz zumindest durch Leistungen wie zusätzliches Betreuungsgeld,<br />

Aufschläge oder Erhöhungen des Pflegegeldes und der Pflegesachleistung zu verbessern.<br />

4.3.4. Entwicklung der Anzahl der Menschen mit Demenz im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Im Jahr 2008 leiden – orientiert an der Studie von H. Bickel – geschätzt rund 2.100<br />

Personen an einer demenziellen Erkrankung in unterschiedlicher Ausprägung. Aufgrund<br />

der Verschiebung der Alterspyramide wird sich diese Zahl bei unveränderter<br />

Situation und gleichen Annahmen bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf 3.300 erkrankte<br />

Personen erhöhen. Dies würde einen Anstieg von 58 % bedeuten.<br />

Quelle: Demografie-Bericht des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong> 2009<br />

4.3.5. Älter werdende und pflegebedürftige Menschen mit Behinderung<br />

Im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> wird es zunehmend ältere und pflegebedürftige Menschen mit Behinderungen<br />

geben. Eine enge Kooperation der Sozialplanung für behinderte Menschen<br />

mit Teilhabe-, Pflege- und Altenhilfeplanung ist hier notwendig.<br />

Die Arbeitsgruppe der Sozialdezernenten der baden-württembergischen <strong>Landkreis</strong>e<br />

hat Eckpunkte dazu erarbeitet, wie die Versorgung der älter werdenden und pflegebedürftigen<br />

Menschen mit Behinderung zukünftig adäquat gewährleistet werden kann.<br />

Im Anhang befindet sich dazu ein Auszug aus dem Eckpunktepapier der Hilfen für<br />

Menschen mit Behinderungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong>.<br />

32


5. Stationäre und teilstationäre Einrichtungen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

5.1. Begriffsbestimmungen<br />

Altersheim<br />

Im Altersheim wohnen pflegebedürftige Personen aber auch Senioren, die nicht mehr<br />

zu Hause leben möchten oder den Alltag alleine nicht mehr bewältigen können.<br />

Pflegeheim<br />

Das Pflegeheim ist eine spezielle Einrichtung für Pflegebedürftige, die von professionellen<br />

Pflegekräften versorgt und betreut werden. In Pflegeheimen wohnen sehr alte Menschen,<br />

chronisch und schwer Kranke und geistig und körperlich schwer Behinderte.<br />

Eine Betreuung rund um die Uhr ist gewährleistet.<br />

Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI)<br />

ist die Pflege in einer stationären Einrichtung für längstens 4 Wochen pro Kalenderjahr.<br />

Gründe für Kurzzeitpflege können sein:<br />

- eine Übergangszeit im Anschluss an ein stationäre Behandlung des<br />

Pflegebedürftigen oder<br />

- in sonstigen Krisensituationen, in denen vorübergehend häusliche oder<br />

teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist.<br />

Teilstationäre Pflege (§ 41 SGB XI)<br />

im Form von Tages- oder Nachtpflege, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem<br />

Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der<br />

häuslichen Pflege erforderlich ist. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige<br />

Beförderung von der Wohnung zur Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege und<br />

zurück.<br />

5.2. Landesheimbau-Verordnung Baden-Württemberg<br />

Die Verordnung des Sozialministerium zur baulichen Gestaltung von Heimen und zur<br />

Verbesserung der Wohnqualität in Heimen Baden-Württembergs (Landesheimbau-<br />

Verordnung) vom 18.04.2011 sieht im Wesentlichen folgende Neuerungen vor:<br />

- Einrichtungen sollen eine Größe von 100 Heimplätzen an einem Standort nicht<br />

überschreiten<br />

- für alle Bewohner im Heim muss ein Einzelzimmer zur Verfügung stehen. Die<br />

Zimmerfläche muss ohne Vorraum mindestens 14 qm oder einschließlich<br />

Vorraum 16 qm betragen. Vorflure und Sanitärräume zählen nicht dazu.<br />

- Wohngruppen sollen mit höchstens 15 Bewohnern belegt werden.<br />

- In Wohnungen sollen nicht mehr als 8 Personen aufgenommen werden.<br />

- Die gemeinschaftlich genutzten Aufenthaltsbereiche dürfen künftig 5 qm je<br />

Bewohner nicht unterschreiten.<br />

- Heime sollen über einen ausreichend großen, geschützten und von mobilen<br />

Bewohnern selbstständig nutzbaren Außenbereich (Garten, Terrasse oder<br />

Gemeinschaftsbalkon) verfügen. Dem geschlossenen Heimbereich muss ein<br />

direkt zugänglicher Außenbereich angegliedert werden.<br />

33


Die LHeimBauVO sieht außerdem Übergangsfristen für bestehende Heime von 10<br />

Jahren vor. Diese Frist kann auf bis zu 25 Jahre nach erstmaliger Inbetriebnahme verlängert<br />

werden. Bereits während der Übergangsfristen ist der Abbau der Doppelzimmer<br />

anzustreben. Sofern nach 10 Jahren noch zwei Personen in einem Zimmer wohnen,<br />

muss der Raum eine Mindestfläche von 22 qm aufweisen.<br />

Ausnahmeregelungen sind unter bestimmten Gesichtspunkten möglich.<br />

Der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf ist insbesondere im Mittelbereich Bad<br />

Wildbad erheblich. Um diese Maßnahmen zu refinanzieren, werden sich die Vergütungssätze<br />

voraussichtlich erhöhen, was insbesondere für Selbstzahler und Sozialhilfeträger<br />

Auswirkungen haben wird.<br />

Nach einer Umfrage der Altenhilfefachberatung im März 2012 gaben die Heime folgende<br />

Auskünfte:<br />

Einrichtungen, die ausschließlich Einzelzimmer anbieten:<br />

- SZ Althengstett<br />

- SZ Torgasse <strong>Calw</strong><br />

- Pflegeheim Bergsteig, Wildberg-Effringen<br />

-<br />

Einrichtungen mit 1 - 3 Doppelzimmern:<br />

- Schwesternschaft Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell<br />

- König-Karl-Stift, Bad Wildbad (2)<br />

- Ludwig-Uhland-Stift, Bad Wildbad<br />

- APH der Altmennoniten, Nagold (3)<br />

Einrichtungen mit mehr als 3 Doppelzimmern: 19<br />

Einrichtungen mit über 100 Plätzen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong>: 3 – in jedem Mittelbereich eines.<br />

5.3. Bestand an Heimplätzen<br />

Der Bestand an Heimplätzen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> liegt nach wie vor über dem vom<br />

Land empfohlenen Eckwert der oberen Variante von 1250 Pflegeplätzen für den <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong>.<br />

Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> verfügt insgesamt über 1631 Heimplätze. Darin sind 110 Kurzzeitpflegeplätze<br />

enthalten sowie 46 Tagespflegeplätze.<br />

Zwei Heime bieten auch insgesamt 5 Nachtpflegeplätze an, für die jedoch kein Versorgungsvertrag<br />

mit den Pflegekassen besteht.<br />

34


Landratsamt <strong>Calw</strong>- Abteilung Soziale Hilfen<br />

- Altenhilfe-Fachberatung<br />

Stand: Okt. 2012<br />

Liste der Pflegeheime im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

alphabetisch geordnet nach Ortschaften<br />

Nr. Heim Tel.Nr./Fax.Nr. Dachverband/Träger Plätze<br />

insges.<br />

Einrichtung Ansprechpartner stationär<br />

davon<br />

Kurzzeit<br />

Tagespflege<br />

1 Haus Sonnenhalde 07453/9463-0 Arbeiterwohlfahrt 78 2 0<br />

Alten- und Pflegeheim 07453/4264 Bezirksverband Baden e.V.<br />

Hegelstr. 3 Frau Pantel Hohenzollernstr. 22, 76135 Karlsruhe<br />

72213 Altensteig Tel: 0721/8207-0<br />

2 Seniorenheim Waldruh 07453/9481-0 Haus Waldruh GmbH 77 2 0<br />

Im Bömbach 3<br />

07453/9481-55 Inh: Frau Essig<br />

72213 Altensteig-<br />

Spielberg<br />

Frau Essig<br />

3 Seniorenzentrum Althengstett Altenheimat gGmbH 52 4 3<br />

Am Hirschgarten 2 07051/92228-0 Schwieberdinger Str. 5<br />

75328 Althengstett Frau Schnabel 70435 Stuttgart<br />

4 Parkwohnstift 07083/743-0 SWB GmbH 44 2 0<br />

Alten- und Pflegeheim 07083/743103 Kempengasse 7, 77815 Bühl<br />

Gaistalstr. 130 Herr Seidler Tel: 07223/94054-0<br />

76332 Bad Herrenalb Fax: 07223/94054-15<br />

5 Schwesternschaft der 07052/17199 Nur für Schwestern der 13 0 0<br />

Liebenzeller Mission Frau Bleher Liebenzeller Mission!<br />

Liobastraße 22<br />

75378 Bad Liebenzell<br />

6 Seniorenzentrum<br />

Johanneshaus<br />

MoNa Care Gesellschaft für<br />

Pflege mbH<br />

Luchsweg 9 07052/930660 Hochwiesenstr. 5 - 10<br />

0<br />

75378 Bad Liebenzell Frau Dehner 75323 Bad Wildbad<br />

- Monakam 07081-9310<br />

7 Pflegeheim Johanneshaus<br />

07081/931-<br />

3003<br />

BaWi Care Gesellschaft für<br />

Pflege mbH<br />

Hochwiesenhof 5 - 10 Herr Vöhringer Hochwiesenstr. 5 - 10<br />

75323 Bad Wildbad 75323 Bad Wildbad<br />

07081-9310<br />

80 10 0<br />

117 10 0<br />

8 König-Karl-Stift 07081/92367-0 Evang. Heimstiftung e.V. 48 10 0<br />

König-Karl-Str. 81 Frau Zipf Hackstr. 12, 70190 Stuttgart<br />

75323 Bad Wildbad Tel. 0711/63676-0<br />

9 Ludwig-Uhland-Stift 07081/178-0 Evang. Heimstiftung e.V. 45 2 0<br />

Alten- und Pflegeheim 07081/178123 Hackstr. 12, 70190 Stuttgart<br />

König-Karl-Str. 17 Frau Zipf Tel: 0711/63676-0<br />

75323 Bad Wildbad<br />

10 Haus auf dem Wimberg 07051/609-0 Evang. Heimstiftung e.V. 102 10 0<br />

Alten- und Pflegeheim Frau Volaric Hackstraße 12, 70190 Stuttgart<br />

35


Stahläckerweg 2 Tel: 0711/63676-0<br />

75365 <strong>Calw</strong><br />

11 Seniorenzentrum Torgasse GmbH Evang. Heimstiftung e.V. 50 4 0<br />

Torgasse 10 07051/924863 Hackstraße 12, 70190 Stuttgart<br />

0<br />

75365 <strong>Calw</strong> Herr Nier Tel: 0711/63676-0<br />

12 Seniorenresidenz Schönblick 63 3 8<br />

Altenpflegeheim 07051/7980 Nusillard OHG<br />

Walkmühleweg 40 07051/798199 Frau Mitschele<br />

75365 <strong>Calw</strong> Frau Mitschele<br />

13 Haus Nagoldtal 07051/58340 Frau A. Hünseler 41 2 0<br />

Alten- und Pflegeheim Herr Richert Liebenzeller Straße 53<br />

Liebenzeller Str. 53<br />

75365 <strong>Calw</strong>-Hirsau<br />

75365 <strong>Calw</strong>-Hirsau<br />

14 Friedensheim 07051/9333-0 EDH Seniorendienste<br />

gGmbH<br />

Alten- und Pflegeheim Herr Köhler Hildrizhauser Straße 29<br />

Nilleweg 2<br />

71083 Herrenberg<br />

75365 <strong>Calw</strong>-Stammheim 07032/206218<br />

37 3 0<br />

15 ASB-Pflegeheim 07083/924000 ASB <strong>Calw</strong>/Nordschwarzwald 53 4 0<br />

Seniorenresidenz Dobel Frau Rachowicz<br />

Gernsbacher Str. 39, 76332 Bad<br />

Hauptstr. 31 Herrenalb, Tel: 07083/92350<br />

75335 Dobel<br />

16 Haus Emmaus 07456/94450 Seniorenzentrum Emmaus gGmbH<br />

Pflegeheim Herr Schübel Schwandorfer Str. 20 78 8 3<br />

Schwandorfer Str. 20<br />

72221 Haiterbach-Beihingen<br />

72224 Haiterbach-Beihingen Tel.: 07456/94450<br />

17 Haus Burghardt 07081/5285 Herr Horst Burghardt 29 0 0<br />

Altenheim Fax: 07081/8938<br />

Liebenzeller Str. 35/37 Herr Burghardt<br />

75339 Höfen<br />

18 Gertrud-Teufel-Heim 07452/8489-0 Eigenbetrieb Stadt Nagold 104 10 10<br />

Seniorenzentrum Fax: 07452/848999<br />

Mörikestr. 20<br />

Frau Mohr<br />

72202 Nagold<br />

19 Seniorenzentrum 07452/8438-0 Diakoniewerk Martha Maria<br />

e.V.<br />

Martha Maria<br />

Frau Schweizer<br />

Stadenstr. 60<br />

Uferstraße 17<br />

90491 Nürnberg<br />

72202 Nagold<br />

84 4 0<br />

20 APH der Altmennoniten 07452/931060 Gemeinschaft ev. Taufgesinnter<br />

23 4 0<br />

Waldeckweg 22<br />

Frau Gabelmann<br />

(Altmennoniten) e.V. Heilbronn<br />

72202 Nagold Frankfurter Str. 6/4, 74072 Heilbronn<br />

21 Haus Grüntal 07084/931060 Frau Brigitte Kaiser 41 0 0<br />

Alten- und Pflegeheim Frau Kaiser<br />

Liebenzeller Str. 59<br />

36


75328 Schömberg<br />

22 Haus Dr. Martenyi 07084/4344 Dr. Georg Martenyi OHG 84 2 0<br />

Pflegeheim Frau Dickmann Tel.: 07084/4344<br />

Liebenzeller Str. 48<br />

75328 Schömberg<br />

23 Haus Tanneck 07084/6661 Frau Marika Zajac 78 5 6<br />

Heim für psychisch Kranke 07084/6796 Tel.: 07084/6661<br />

Liebenzeller Str. 55 Herr Zajac<br />

75328 Schömberg<br />

24 Seniorenpflegeheim 07084/4373 Frau Müller 51 1 6<br />

Haus Berghof<br />

Frau Petzold<br />

Waldstraße 3<br />

75328 Schömberg<br />

25 Alten- und Pflegeheim Wildberg Stiftung Altenheime<br />

71 5 10<br />

Backnang<br />

Spießtor 14 07054/92980 und Wildberg, Staigacker 3<br />

72218 Wildberg Herr Lutz 71522 Backnang, Tel: 0719/146-100<br />

26 Alten- und Pflegeheim Bergsteig Stiftung Altenheime<br />

42 3 0<br />

Backnang<br />

Fliederweg 3 07054/92980 und Wildberg, Staigacker 3<br />

72218 Wildberg-Effringen Herr Lutz 71522 Backnang, Tel: 07191/146-100<br />

Gesamt: 1631 Plätze 1585 110 46<br />

5.4. Bedarf an Heimplätzen<br />

Vom Sozialministerium Baden-Württemberg wurden 2007 für die Fortschreibung des<br />

Landespflegeplanes die Eckwerte für die teil- und vollstationären Plätze mit einem Planungshorizont<br />

bis zum Jahr 2015 neu festgelegt. Nach der oberen Variante wurde<br />

vom Land ein Bedarf von 1250 Plätzen hochgerechnet.<br />

Eine Aktualisierung dieser Bedarfsberechnung wird voraussichtlich nicht vor 2014 zu<br />

erwarten sein bis die Auswertung des Mikrozensus 2011 abgeschlossen ist.<br />

Die Planung des Bedarfs hängt weitgehend von der voraussichtlichen Entwicklung der<br />

Bevölkerungszahlen ab. Dabei wird insbesondere die Entwicklung der Bevölkerungsgruppe<br />

75+ zugrunde gelegt. Die demografische Entwicklung zeigt, dass vor allem<br />

Zugewinn an Lebensjahren stattgefunden hat. Ob diese aber in Gesundheit oder<br />

Krankheit verbracht werden, hängt von vielerlei Faktoren ab. Die Beobachtung dieser<br />

Entwicklung weist eher darauf hin, dass die männliche Bevölkerung eher von einem<br />

Zugewinn an gesunden Jahren profitiert, die weibliche Bevölkerung eher von einer<br />

längeren Lebensdauer in Krankheit betroffen ist.<br />

Allerdings gewinnen auch zunehmend andere Faktoren eine bedeutende Rolle für die<br />

Bedarfsplanung: die Zunahme der ambulanten Versorgung durch ambulante Dienste<br />

37


sowie die gleichzeitige Abnahme der häuslichen Versorgungskapazitäten durch Angehörige.<br />

Es wird zukünftig sicher notwendig sein, die letztgenannten Entwicklungen verstärkt in<br />

den Fokus zu nehmen, um die Bedarfsplanung diesen sich verändernden Bedingungen<br />

anzupassen.<br />

Vergleich Bestand – Bedarf ( obere Variante ) im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Stand 23.11.2012<br />

Mittelbereich<br />

Pflegeheimplätze:<br />

Bestand<br />

Bedarf Jahr<br />

2015 Differenz<br />

1250 Plätze<br />

<strong>Calw</strong> 438 474 -36<br />

Nagold 557 448 109<br />

Bad Wildbad 590 328 262<br />

insgesamt 1585<br />

davon Kurzzeitpflegeplätze:<br />

<strong>Calw</strong> 36 15 21<br />

Nagold 38 14 24<br />

Bad Wildbad 36 11 25<br />

insgesamt 110 40 70<br />

zuzüglich Tagespflegeplätze:<br />

<strong>Calw</strong> 11 30 -19<br />

Nagold 23 28 -5<br />

Bad Wildbad 12 22 -10<br />

insgesamt 46 80 -34<br />

Nachtpflegeplätze:<br />

<strong>Calw</strong> 0<br />

Nagold 5<br />

Bad Wildbad 0<br />

insgesamt 5<br />

Zusammenstellung der Mittelbereiche:<br />

Pflegeheimplätze 1585 1250 335<br />

Kurzzeitpflegeplätze 110 40 70<br />

Tagespflegeplätze 46 80 -34<br />

Nachtpflegeplätze 5<br />

Die Betrachtung der drei Mittelbereiche zeigt, dass lediglich im Mittelbereich <strong>Calw</strong> eine<br />

geringe Unterversorgung besteht. In den beiden Mittelbereichen Nagold und Bad<br />

Wildbad besteht von Anfang an eine Überversorgung an Heimplätzen. Unterteilt man<br />

den Mittelbereich <strong>Calw</strong> in kleinere Einheiten wie die Verwaltungsräume wird sichtbar,<br />

38


dass die Unterversorgung im Verwaltungsraum Althengstett fast korrigiert ist durch die<br />

Eröffnung eines neuen Alten- und Pflegeheimes in Althengstett. Durch die Planung einer<br />

weiteren Einrichtung in Gechingen ist eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung<br />

gegeben.<br />

Im Bestand der Tagespflegeplätze besteht in allen Mittelbereichen eine Unterdeckung.<br />

Aufgrund der relativ hohen Kosten ist dieses Angebot noch wenig genutzt.<br />

Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, dass die <strong>Landkreis</strong>grenzen nicht starr sind und<br />

daher Belegungen über die Kreisgrenzen zweier Kreise hinweg sowohl innerhalb als<br />

auch außerhalb des <strong>Landkreis</strong>es stattfinden.<br />

Einige Korrekturen der Heimplatzzahlen werden sich durch die neue Landesheimbauverordnung<br />

ergeben, wonach die Einrichtungen zukünftig Einzelzimmer anbieten und<br />

Doppelzimmer abbauen müssen. Für den Altbestand ist jedoch ein erheblicher Zeitraum<br />

von 10 – 25 Jahren vorgesehen mit entsprechenden Übergangsregelungen und<br />

Ausnahmen (siehe Verordnung des Sozialministeriums zur baulichen Gestaltung von<br />

Heimen und zur Verbesserung der Wohnqualität in den Heimen Baden-Württembergs<br />

(LHeimBauVO) vom 18. April 2011).<br />

Die Berechnung des Tagespflege-Bedarfs wurde im Altenplan von 1984 mit 0,1 % der<br />

Menschen über 65 Jahren festgelegt. D.h. von 30.923 Menschen über 65 Jahren Ende<br />

2011 würde nach heutiger Rechnung ein Bedarf von 31 Tagespflegeplätzen bestehen.<br />

Was dabei nicht berücksichtigt ist, ist die zunehmende Notwendigkeit der Betreuung<br />

von Demenzkranken, deren Angehörige eine Entlastung benötigen sowie der zunehmende<br />

Schweregrad von Pflegebedürftigen aufgrund des höheren Lebensalters.<br />

Heute wird eher davon ausgegangen, dass ca. 8,5 % des Bedarfs an Pflegeheimplätzen<br />

für die Kurzzeitpflege und Tagespflege benötigt wird und dieser Anteil wiederum in<br />

einem Verhältnis 1/3 KZP zu 2/3 Tagespflege steht.<br />

39


Bedarf an teil- und vollstationären Pflegeangeboten nach dem Landespflegeplan<br />

für den Bereich der Altenhilfe für das Jahr 2015 im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Stadt/Gemeinde Bevölkerung Anteil LK Bev. Pflegeplätze Pflegeplätze Bestand<br />

zum<br />

31.12.2011<br />

zum<br />

31.12.2011<br />

Obere<br />

Variante<br />

Untere<br />

Variante<br />

teil‐u‐vollstat.<br />

Plätze in Stand‐<br />

> 75 Jahre > 75 Jahre in 1250 Plätze 1120 Plätze ortgemeinde<br />

Prozent<br />

Altensteig, Stadt 1057 7,16 90 80 155<br />

Althengstett 513 3,47 43 39 55<br />

Bad Herrenalb, Stadt 1046 7,09 89 79 44<br />

Bad Liebenzell, Stadt 938 6,35 79 71 93<br />

Bad Teinach‐Zavelstein,<br />

Stadt 289 1,96 24 22 0<br />

Bad Wildbad, Stadt 1350 9,14 114 102 210<br />

<strong>Calw</strong>, Stadt 2079 14,08 176 158 301<br />

Dobel 283 1,92 24 22 53<br />

Ebhausen 338 2,29 29 26 0<br />

Egenhausen 138 0,93 12 10 0<br />

Enzklösterle 157 1,06 13 12 0<br />

Gechingen 292 1,98 25 22 0<br />

Haiterbach, Stadt 505 3,42 43 38 81<br />

Höfen an der Enz 173 1,17 15 13 29<br />

Nagold, Stadt 2071 14,03 175 157 221<br />

Neubulach, Stadt 483 3,27 41 37 0<br />

Neuweiler 266 1,8 23 20 0<br />

Oberreichenbach 239 1,62 20 18 0<br />

Ostelsheim 190 1,29 16 15 0<br />

Rohrdorf 161 1,09 13 12 0<br />

Schömberg 858 5,81 73 65 266<br />

Simmersfeld 170 1,15 14 13 0<br />

Simmozheim 153 1,04 13 12 0<br />

Unterreichenbach 168 1,14 14 13 0<br />

Wildberg, Stadt 847 5,74 72 64 123<br />

insgesamt Bev. > 75 J. 14764 100 1250 1120 1631<br />

40


5.5. Vergleich von Bestand und Bedarf der Mittelbereiche im <strong>Landkreis</strong><br />

<strong>Calw</strong> (obere Variante)<br />

Vergleich Bestand‐Bedarf (obere Variante) der Mittelbereiche Jahr 2015<br />

im <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Stand 11/2012<br />

Mittelbereich Bestand<br />

Pflegeheimplätze<br />

<strong>Calw</strong> 402<br />

Nagold 519<br />

Bad Wildbad 554<br />

gesamt 1475 1475<br />

Kurzzeitpflegeplätze und Tagespflegeplätze<br />

<strong>Calw</strong> 47<br />

Nagold 61<br />

Bad Wildbad 48<br />

gesamt 156 156<br />

Summe Nov 12 1631<br />

Bedarf Pflegeheimplätze, Kurzzeitpflegeplätze,<br />

Tagespflegeplätze 100% 1250<br />

Überdeckung obere Variante 130% 381<br />

Überdeckung untere Variante 146% 511<br />

Orientiert an der unteren Variante besteht ein Überhang von 511 Plätzen (Bedarfsdeckung<br />

146%).<br />

Im Vergleich zur oberen Variante liegt der <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> mit derzeit 381 Plätzen (Bedarfsdeckung<br />

130%) über dem auf das Jahr 2015 hochgerechneten Bedarf.<br />

41


5.6. Kosten der vollstationären Dauerpflege<br />

§ 84 SGB XI trifft folgende Aussagen zu den Pflegesätzen:<br />

Pflegesätze (§ 84 SGB XI)<br />

(1) Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die<br />

teil- oder vollstationären Pflegeleistungen des Pflegeheims sowie für die soziale Betreuung<br />

und, soweit kein Anspruch auf Krankenpflege nach § 37 SGB V besteht, für<br />

die medizinische Behandlungspflege. ...<br />

...<br />

(4) Mit den Pflegesätzen sind alle für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art<br />

und Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung<br />

(allgemeine Pflegeleistungen) abgegolten. ...<br />

Die Pflegesätze werden zwischen den Trägern des Pflegeheims und den Leistungsträgern<br />

(Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger und Sozialhilfeträgern)<br />

vereinbart. Für jedes zugelassene Pflegeheim wird gesondert eine Pflegesatzvereinbarung<br />

abgeschlossen.<br />

Die Höhe der Pflegesätze wird analog der Pflegestufen der Pflegeversicherung in drei<br />

Pflegeklassen eingeteilt.<br />

Zusammen mit den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Investitionskosten<br />

(diese sind vom Bewohner selbst zu tragen) bilden sie das Gesamtentgelt für<br />

das Pflegeheim.<br />

5.6.1. Leistungen der Pflegeversicherung<br />

Die Pflegekassen übernehmen die Leistungen für die häusliche, teilstationäre oder<br />

vollstationäre Pflege. Die Höhe ist für jede Pflegestufe gesetzlich festgelegt.<br />

Die Leistungen der Pflegeversicherung richten sich nach der ermittelten Pflegestufe, die<br />

durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen festgestellt wird. Bei der häuslichen<br />

Pflege können neben Pflegegeld und Pflegesachleistungen auch Kombinationen<br />

aus beiden in Anspruch genommen werden.<br />

Pflegestufen ab 01.01.2012:<br />

Pflegestufe I 1.023 €<br />

monatlich<br />

Pflegestufe II 1.279 €<br />

monatlich<br />

Pflegestufe III 1.550 €<br />

monatlich<br />

Härtefall 1.918 €<br />

monatlich<br />

vollstationär teilstationär Ambulante<br />

Pflegesachleistungen<br />

42<br />

Pflegegeld für<br />

ambulante<br />

Pflege<br />

450 € monatlich 450 € monatlich 235 € monatlich<br />

1.100 €<br />

monatlich<br />

1.550 €<br />

monatlich<br />

1.100 €<br />

monatlich<br />

1.550 €<br />

monatlich<br />

440 € monatlich<br />

700 € monatlich


Zusätzliche Betreuungsleistung für Demenzkranke<br />

Unabhängig von der Einordnung in eine Pflegestufe können zusätzliche Betreuungsleistungen<br />

für altersverwirrte, demenzkranke, geistig behinderte oder psychisch kranke<br />

Menschen, die pflegebedürftig sind und deshalb verstärkt beaufsichtigt werden müssen,<br />

bezogen werden. Je nach Betreuungsaufwand sind das 100 € monatlich (Grundbetrag)<br />

bzw. 200 € monatlich (erhöhter Betrag). Der Betrag ist zweckgebunden z.B. für<br />

bestimmte Betreuungsangebote.<br />

5.6.2. Kostenzusammensetzung der stationären Unterbringung:<br />

Die Kosten der stationären Unterbringung setzen sich aus den Pflegesätzen der<br />

Pflegeklassen I bis III, dem Entgelt für Unterkunft und Verpflegung und einer<br />

sogenannten Investitionskostenpauschale zusammen. Im Rahmen der Pflegestatistik<br />

werden nur die beiden ersten Merkmale erfasst. Aus öffentlich zugänglichen Quellen<br />

ist jedoch zu erkennen, dass die Investitionskostenzulage für einen Platz im Pflegeheim<br />

durchschnittlich bei 15,50 Euro pro Tag und Platz liegt. Für die Berechnung wurde<br />

deshalb dieser Betrag als Durchschnittswert angenommen und so die durchschnittliche<br />

monatliche Vergütung eines Pflegeheimplatzes errechnet.<br />

Ergebnisse aus der Pflegestatistik:<br />

Die durchschnittliche Vergütung für vollstationäre Dauerpflege beträgt<br />

• 51,00 Euro je Tag und Platz in Pflegeklasse I,<br />

• 65,04 Euro in Pflegeklasse II und<br />

• 82,15 Euro in Pflegeklasse III.<br />

Das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung liegt im Schnitt bei 20,71 Euro.<br />

Beispielrechnung Pflegestufe II:<br />

101,25 EUR Tagessatz (65,04 EUR Pflegesatz + 20,71 EUR Pauschale für Unterkunft<br />

und Verpflegung + 15,50 EUR Investitionskostenpauschale) x (365/12) Tage =<br />

3 079,68 EUR<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2011<br />

5.6.3. Nettogesamtaufwand für Leistungen im Rahmen der vollstationären Hilfe<br />

zur Pflege<br />

Dargestellt ist der Nettogesamtaufwand für Leistungen im Rahmen der vollstationären<br />

Hilfe zur Pflege einschließlich anteiliger Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe<br />

zum Lebensunterhalt.<br />

43


Die Aufwendungen für alle Leistungen der Hilfe zur Pflege betrugen im Jahr 2011<br />

über 410 Millionen Euro (inkl. Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt). Der<br />

Anteil der Aufwendungen für die Hilfe zur Pflege in vollstationären Einrichtungen belief<br />

sich auf 85 Prozent. Obwohl die Zahl der Leistungsempfänger der vollstationären Hilfe<br />

zur Pflege zurückgegangen ist, nahm der Nettogesamtaufwand weiter zu. Die Stadtkreise<br />

haben einen erheblich höheren Aufwand als die <strong>Landkreis</strong>e. Die Aufwendungen<br />

werden sich voraussichtlich weiter erhöhen. Der Umfang der Erhöhung hängt von einem<br />

Bündel an Faktoren ab. Dazu zählt beispielsweise, wie sich die Leistungen der<br />

Pflegeversicherung entwickeln oder ob neben den Pflegeheimen alternative Versorgungsformen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Quelle: KVJS, Hilfe zur Pflege 2011, S. 27 und S. 29<br />

5.7. Weitere Entwicklungen<br />

Das Alten- und Pflegeheim Wildberg hat durch einen Ersatzneubau in Effringen 25<br />

Altenpflegeplätze sowie elf Pflegeplätze für pflegebedürftige ältere Menschen mit Behinderung<br />

geschaffen. Hierbei kooperiert das Alten- und Pflegeheim Wildberg mit der<br />

GWW GmbH Sindelfingen.<br />

In Planung befindet sich das Alten- und Pflegeheim mit Betreutem Wohnen in Gechingen<br />

im Mittelbereich <strong>Calw</strong>.<br />

Entsprechend den Vorgaben durch die LHeimbauVO vom 18.04.2011 wird zukünftig<br />

die konzeptionelle und bauliche Anpassung der stationären Angebote an den qualitativen<br />

Bedarf (z.B. Entwicklung von Wohngruppen- und Hausgemeinschaftskonzepten,<br />

Einzelzimmer als Standard etc.) in den Vordergrund rücken.<br />

44


6. Empfehlungen:<br />

1. Vordringlich sind der Ausbau sowie die Weiterentwicklung der ambulanten Angebote<br />

insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisse dementiell Erkrankter.<br />

Hauswirtschaftliche Hilfen, Begleitung der Pflegebedürftigen in ihrem Alltag und<br />

der Aufbau von Unterstützungssystemen für pflegende Angehörige, aber auch<br />

Entlastung durch technische Hilfsmittel sind dabei wichtige Ansatzpunkte.<br />

2. Auch die Förderung innovativer Wohnformen wie Wohngemeinschaften oder<br />

Hausgemeinschaften eröffnet neue Möglichkeiten für ein Zusammenleben.<br />

Dabei wären eher kleinere, energieeffiziente und altengerechte Wohnungen für<br />

Senioren sinnvoll. Eine ideale Lösung könnten Häuser mit kleinen Wohn-<br />

Appartements sein, die einer Vereinsamung im Alter vorbeugen und auch eine<br />

vorzeitige Heimaufnahme vermeiden. Dies könnte sowohl durch altersgerechte<br />

Umbauten als auch durch seniorengerechte Neubauten erreicht werden.<br />

Kommunale Unterstützung durch begünstigende Rahmenbedingungen (z.B.<br />

Grundstücks- und Gebäudebeschaffung) wäre hier hilfreich.<br />

3. Die Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements im Hinblick auf kreative<br />

Lösungen der gegenseitigen Hilfe (z.B. Seniorengenossenschaften, Mehrgenerationenhäuser<br />

usw.) sollten vor allem in den Gemeinden entwickelt und begleitet<br />

werden. Die Kommunen sind gefordert, durch eine Kultur der Beteiligung aktiv<br />

die Bedarfe und Ressourcen vor Ort aufeinander abzustimmen. So fühlen sich<br />

körperlich und geistig aktive ältere Menschen angesprochen, ihre Fähigkeiten,<br />

Zeit und Energien für das Gemeinwohl und die Belange hilfebedürftiger Mitmenschen<br />

einzusetzen.<br />

4. Eine weitere und sinnstiftende Aufgabe ist die Mitarbeit in bestehenden oder zu<br />

gründenden Seniorenräten in den Kommunen.<br />

5. Der Ausbau der niedrigschwelligen Angebote sollte weiter vorangetrieben werden.<br />

Insbesondere für Demenzkranke und deren Angehörige können damit<br />

entlastende Angebote auch in Form von Gruppenangeboten bereitgestellt werden.<br />

6. Im stationären Bereich ist ein weiterer Ausbau der Dauerpflegeplätze zur Zeit<br />

nicht erforderlich, da der <strong>Landkreis</strong> über mehr stationäre Plätze verfügt als Bedarf<br />

besteht (Überdeckung von 130 % obere Variante). Der Bestand sollte jedoch<br />

entsprechend den Vorgaben des Landesheimgesetzes und der Landesheimbau-Verordnung<br />

modernisiert und angepasst werden. Einige ältere Heime<br />

im <strong>Landkreis</strong> sind damit vor hohe Herausforderungen gestellt. Eine Verringerung<br />

der Platzzahlen durch den Abbau von Zweibettzimmern wird sich bis zum<br />

Ablauf der Übergangsfristen in 10 Jahren bemerkbar machen.<br />

7. Aufgrund der steigenden Zahl demenzkranker Menschen ist es erforderlich,<br />

dass sich auch die Heime zunehmend mit der Entwicklung und Umsetzung von<br />

Konzepten für Demenzkranke innerhalb ihrer Einrichtungen befassen. Laut<br />

Umfrage der Altenhilfefachberatung vom März 2012 haben die meisten Ein-<br />

45


ichtungen bereits ein Demenzkonzept oder sind dabei, es zu erarbeiten. Neben<br />

speziellen Angeboten, die auf demente Bewohner abgestimmt sind, ist<br />

auch die bauliche Anpassung innerhalb und außerhalb der Einrichtung wie beschützte<br />

Gärten, Terrassen oder Gemeinschaftsbalkone sowie die Gewinnung<br />

von Ehrenamtlichen zur Begleitung der Bewohner und Entlastung des Personals<br />

von Bedeutung.<br />

Auch die Kurzzeitpflege muss auf die besonderen Bedarfe der dementen Bewohner<br />

eingestellt sein.<br />

8. Ambulante Pflegedienste werden auch Überlegungen zu Konzepten über eine<br />

Rund-um-die-Uhr-Betreuung anstellen müssen.<br />

9. Mit der fortschreitenden Integration der zweiten und dritten Generation ausländischer<br />

Mitbürger werden sich auch deren Verhalten und Werte zunehmend an<br />

unserer Kultur orientieren und es werden sich ähnliche Entwicklungen abzeichnen,<br />

wie wir sie bereits von uns kennen. So wird z.B. die Berufstätigkeit von<br />

Frauen zunehmen, andererseits wird dadurch auch die Möglichkeit und Bereitschaft,<br />

pflegebedürftige Familienangehörige zu versorgen, abnehmen. Spätestens<br />

dann werden Menschen aus einem anderen Kulturkreis, die in unserem<br />

Land alt werden, geeignete kultursensible Angebote, die ihnen ein würdiges Altern<br />

ermöglichen, benötigen.<br />

10. Menschen mit Behinderungen in der Pflege benötigen zielgruppenorientierte<br />

pädagogische und heilpädagogische Tagesangebote.<br />

11. Der Ausbau des Angebotes von Tages- und Nachtpflegeplätzen ist zukünftig<br />

dringend erforderlich, vor allem auch um pflegenden Angehörigen die Möglichkeit<br />

einer Entlastung zu eröffnen, sei es durch ein strukturiertes Tagesangebot,<br />

um Berufstätigkeit und damit auch Einkommen zu ermöglichen oder durch<br />

wohnortnahe Nachtpflegeangebote, um pflegenden Angehörigen zeitweilig den<br />

Nachtschlaf zu ihrer Regeneration zu ermöglichen.<br />

46


7. Anhang<br />

7.1 <strong>Anlage</strong> 1<br />

Auszug aus dem Eckpunktepapier der Hilfen für Menschen mit Behinderungen im<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong> vom November 2010 des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Calw</strong>:<br />

4.2.9. Älter werdende und pflegebedürftige Menschen mit Behinderung<br />

Die Versorgung älter werdender und pflegebedürftiger Menschen mit Behinderung<br />

stellt die Stadt- und <strong>Landkreis</strong>e vor neue Herausforderungen. Der in Folge der Euthanasiemorde<br />

in der nationalsozialistischen Zeit bisher atypische Altersaufbau gleicht<br />

sich schrittweise der allgemeinen demographischen Entwicklung an. Auch die Lebenserwartung<br />

der Menschen mit Behinderung unterscheidet sich kaum von der der Gesamtbevölkerung.<br />

So wird in den nächsten zehn Jahren der Anteil der Personen, die<br />

alterspflegebedürftig werden, erheblich ansteigen. Dies ist nicht zuletzt Folge einer guten<br />

medizinischen Betreuung und Förderung.<br />

Eine Arbeitsgruppe der Sozialdezernenten der baden-württembergischen <strong>Landkreis</strong>e<br />

hat Eckpunkte erarbeitet, wie die Versorgung der älter werdenden und pflegebedürftigen<br />

Menschen mit Behinderung zukünftig adäquat gewährleistet werden kann, und<br />

diese vom Sozialausschuss des <strong>Landkreis</strong>tags am 24. März 2009 bestätigen lassen.<br />

Kernaussagen dieser Eckpunkte sind:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Verantwortung der <strong>Landkreis</strong>e sowohl für die individuelle Hilfeplanung als auch<br />

für die Planung und Steuerung der künftigen Versorgungssituation. Die künftige<br />

Planung setzt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Trägern<br />

der Dienste und Einrichtungen und den <strong>Landkreis</strong>en voraus. Die Weiterentwicklung<br />

des Hilfesystems kann nur gelingen, wenn sich sowohl die Verantwortlichen<br />

für die Eingliederungshilfe als auch für die Pflege auf gemeinsame Ziele<br />

verständigen.<br />

Menschen mit Behinderung haben einen Anspruch auf Selbstbestimmung und<br />

Teilhabe. Diese wird erreicht durch die Inanspruchnahme unterschiedlicher<br />

Leistungen, insb. Leistungen nach dem SGB XI und dem SGB XII.<br />

Leitbild muss sein, dass in den Städten und Gemeinden allgemeine Angebote<br />

und Strukturen vorhanden sind, die selbstverständlich von Menschen mit Behinderung<br />

in Anspruch genommen werden können, was Barrierefreiheit voraussetzt.<br />

Inklusion von Menschen mit Behinderung kann nur dann gelingen, wenn<br />

alle allgemeinen Angebote zugänglich und passgenau sind. Dazu gehört nicht<br />

nur das Erschließen pflegerischer Leistungen, sondern auch der Zugang zu präventiven<br />

Maßnahmen, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden bzw. das pflegende<br />

Umfeld zu stärken, ebenso das Erschließen privater Ressourcen und die Einbeziehung<br />

des bürgerschaftlichen Engagements als Ausdruck der Verantwortung<br />

der Menschen füreinander.<br />

Leistungen nach SGB XI sowie SGB XII sind nachrangig gegenüber anderen Sozialleistungen.<br />

Leistungsberechtigte haben grundsätzlich ein Wunsch- und<br />

Wahlrecht, was jedoch unter dem Vorbehalt unverhältnismäßiger Mehrkosten<br />

47


steht, die der Sozialhilfeträger nicht zu übernehmen hat. Bei der Ausgestaltung<br />

der Hilfeangebote für Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigkeit ist<br />

daher zu berücksichtigten, dass sich die dafür entstehenden Kosten in einem<br />

angemessenen Rahmen bewegen.<br />

Künftig ist anzustreben, dass für pflegebedürftige Menschen mit Behinderung in<br />

einer stationären Einrichtung die vollen Leistungen aus der Pflegeversicherung<br />

gem. § 43 SGB XI erschlossen werden, wie es aktuell schon bei binnendifferenzierten<br />

Einrichtungen der Fall ist. Dies setzt einen entsprechenden Versorgungsvertrag<br />

nach § 72 SGB XI voraus.<br />

Im Rahmen der Teilhabeplanung ist festzulegen, welche Infrastruktur für Menschen<br />

mit Behinderung und Pflegebedürftigkeit vorhanden ist und wie sie weiterentwickelt<br />

bzw. neu geschaffen werden kann. Ggfs. ist die Teilhabeplanung<br />

mit der Pflegeplanung und der Altenhilfeplanung zu verzahnen.<br />

Zu berücksichtigen ist, dass bereits jüngere Menschen mit Behinderung aufgrund<br />

der Art und Schwere ihrer Behinderung pflegebedürftig sein können und<br />

entsprechende Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen.<br />

Sowohl bei Behinderung als auch bei Pflegebedürftigkeit sollten entsprechende<br />

Leistungen möglichst in der vertrauten Umgebung erbracht werden können.<br />

Einrichtungen für Menschen mit Behinderung müssen sich stärker auf die pflegerische<br />

Versorgung einstellen; umgekehrt müssen sich Pflegeeinrichtungen<br />

stärker auf die behinderungsbedingte Begleitung und Unterstützung spezialisieren.<br />

Dies kann durch eine Kooperation der jeweiligen Anbieter untereinander<br />

erreicht werden, von der beide Parteien profitieren.<br />

Schließlich bedarf es zur Umsetzung einiger gesetzlicher Änderungen, insb.<br />

bzgl. der Abgrenzung zwischen SGB XI und SGB XII.<br />

<strong>Anlage</strong> 2<br />

Vergleich der demografischen Daten von Baden-Württemberg, der Region<br />

Nordschwarzwald und dem <strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

basierend auf dem Interaktiven Kartenverzeichnis des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg<br />

31.12.11 Baden-<br />

Württemberg<br />

Region Nordschwarzwald<br />

<strong>Landkreis</strong> <strong>Calw</strong><br />

Bevölkerungsstand:<br />

Einwohner im Dez. 2011 10 786 227 590 225 156 919<br />

Bevölkerungsdichte 2011 302 252 197<br />

in qkm<br />

Ausländeranteil 2011 in % 12,1 11,7 10,8<br />

Veränderung der Bevölkerungszahl<br />

zwischen 2001<br />

u. 2011 in %<br />

1,7 0,6 -2<br />

48


Voraussichtliche<br />

Veränderung der Bevölkerungszahl<br />

2009 bis 2030<br />

in %<br />

mit Wanderungen<br />

Voraussichtliche<br />

Veränderung der Bevölkerungszahl<br />

2009 bis 2030<br />

in %<br />

ohne Wanderungen<br />

-3,5 -4,7 -5,6<br />

-7,1 -7,3 -6,8<br />

Bevölkerungsstruktur I:<br />

Durchschnittsalter 2010 42,8 43 43<br />

Durchschnittsalter 2030 46,6 46,9 47,1<br />

Anteil unter 18-Jähriger 17,4 18 18,3<br />

2010 in %<br />

Voraussichtlicher<br />

14,4 14,6 14,6<br />

Anteil unter 18-Jähriger<br />

2030 in %<br />

mit Wanderungen<br />

Anteil der 65-Jährigen<br />

19,4 19,9 19,6<br />

und Älteren 2010 in %<br />

Voraussichtlicher<br />

Anteil der 65-Jährigen<br />

und Älteren 2030 in %<br />

mit Wanderungen<br />

26,3 27,2 27,6<br />

Bevölkerungsstruktur II:<br />

Anteil der 50-Jährigen<br />

und Älteren 2010 in %<br />

Voraussichtlicher Anteil<br />

der 50-Jährigen und Älteren<br />

2030 in %<br />

Voraussichtliche Veränderung<br />

der 50-Jährigen und<br />

Älteren 2009 bis 2030 in<br />

%<br />

Verhältnis von Jüngeren<br />

zu Älteren in der Erwerbsbevölkerung<br />

2010 (20-<br />

bis u. 40-Jährige auf 100<br />

40- bis 60-Jährige)<br />

Verhältnis von Jüngeren<br />

zu Älteren in der Erwerbsbevölkerung<br />

2030 (20-<br />

bis u. 40-Jährige auf 100<br />

40- bis 60-Jährige)<br />

38,8 39,6 39,5<br />

47,1 47,9 48,4<br />

19,4 18 18,7<br />

79 73 71<br />

87 85 83<br />

49


Bevölkerungsbewegungen:<br />

Durchschnittl. jährlicher<br />

Geburtensaldo<br />

je 1000 Einwohner<br />

2008 - 2010<br />

Durchschnittl. jährlicher<br />

Wanderungssaldo<br />

je 1000 Einwohner<br />

2008 - 2010<br />

-0,6 -1,2 -1,1<br />

0,8 -1,9 -3,9<br />

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, LIS, Interaktives Kartenverzeichnis 2011<br />

<strong>Anlage</strong> 3<br />

Heimaufsicht<br />

1. Das Landesheimgesetz – welchen Schutz bietet es?<br />

Mit der Entscheidung, in ein Heim umzuziehen, stellen sich Betroffene gleichzeitig<br />

unter den Schutz des Landesheimgesetzes (LHeimG) und der zum Landesheimgesetz<br />

erlassenen Rechtsverordnungen.<br />

Ältere sowie pflegebedürftige oder behinderte Menschen sind besonders schutzwürdig,<br />

weil sie oftmals ihre Rechte und Interessen nicht oder nicht ausreichend selbst vertreten<br />

können. Dies gilt vor allem, wenn man berücksichtigt, dass im Laufe der Jahre das<br />

Durchschnittsalter beim Wechsel von der Wohnung in ein Heim deutlich gestiegen ist,<br />

und dass sowohl der Pflegebedarf der Bewohnerinnen und Bewohner als auch der<br />

Grad ihrer Pflegebedürftigkeit zugenommen hat.<br />

2. Welche Ziele verfolgt das Landesheimgesetz?<br />

Das Landesheimgesetz ist ein Gesetz zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner.<br />

Es dient dem Zweck, die Rechtsstellung der Bewohnerinnen und Bewohner und die<br />

Qualität der Betreuung und Pflege zu verbessern und einen sachgerechten Ausgleich<br />

der Interessen der Beteiligten herbeizuführen. Es will also dazu beitragen, dass<br />

• die Bewohnerinnen und Bewohner ein würdevolles Leben im Heim führen<br />

können,<br />

• ihre Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt werden,<br />

• sie ein selbständiges und selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung<br />

führen können,<br />

• die Leistungen, die sie erhalten, bestimmten Qualitäts- und<br />

Mindestanforderungen entsprechen und<br />

• ihnen ein Mitspracherecht in den Angelegenheiten des Heimbetriebes<br />

zugestanden werden muss, die Auswirkungen auf ihre Lebensführung im Heim<br />

haben.<br />

Um diese Punkte sicherzustellen, ist eine behördliche Stelle, nämlich die Heimaufsicht,<br />

geschaffen worden. Sie hat eine doppelte Aufgabe:<br />

50


• zum einen die Beratung in Heimangelegenheiten,<br />

• zum anderen die Überwachung und Kontrolle der Heime. Das<br />

Landesheimgesetz und die Heimaufsicht sind also ein Garant dafür, dass es<br />

den Bewohnerinnen und Bewohnern möglich ist, auch im Heim ein Leben nach<br />

ihren Vorstellungen und Wünschen unter Berücksichtigung ihrer körperlichen<br />

und geistig-seelischen Fähigkeiten zu führen und dass die Leistungen, die sie<br />

erhalten, fachlichen Standards entsprechen.<br />

3. Die staatliche Heimaufsicht<br />

Das Heimgesetz für Baden-Württemberg (Landesheimgesetz) ist ein Landesgesetz. Für<br />

die Durchsetzung dieses Gesetzes ist die Heimaufsicht verantwortlich, die in Baden-<br />

Württemberg von Stadt- und <strong>Landkreis</strong>en als unterste Heimaufsichtsbehörden<br />

ausgeübt wird. Höhere Heimaufsichtsbehörden sind die Regierungspräsidien Stuttgart,<br />

Karlsruhe, Freiburg und Tübingen. Die Rechts- und Fachaufsicht über die<br />

Heimaufsichten der Stadt- und <strong>Landkreis</strong>e sowie über die höheren<br />

Heimaufsichtsbehörden obliegt dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />

Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg als oberster Heimaufsichtsbehörde.<br />

Die Heimaufsichtsbehörden nehmen dabei die Aufgaben nach den gesetzlichen<br />

Bestimmungen des Landesheimgesetzes wahr, das zum 01.07.2008 in Kraft getreten<br />

ist.<br />

Information und Beratung<br />

Die primäre Aufgabe der Heimaufsicht ist die Information und Beratung (§ 4 LHeimG)<br />

• der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Heimbeiräte, der Ersatzgremien<br />

und Heimfürsprecher über ihre Rechte und Pflichten;<br />

• von Personen mit berechtigten Interesse an Heimen sowie den Rechten und<br />

Pflichten der Träger und der Bewohnerinnen und Bewohner;<br />

• von Personen und Trägern, die Heime errichten wollen oder bereits betreiben.<br />

Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben ist die Heimaufsicht Ratgeber und Partner für<br />

den im Gesetz genannten Kundenkreis. Die Informations- und Beratungspflicht der<br />

Heimaufsicht über die Rechte und Pflichten der Bewohnerinnen und Bewohner kann<br />

sich zum Beispiel auf folgende Bereiche erstrecken:<br />

• Fragen zum einseitigen Vorgehen des Heimträgers,<br />

• Fragen zum Beschwerderecht,<br />

• Fragen zur Tagesstrukturierung,<br />

• Fragen zur Mitwirkung.<br />

Überwachung<br />

Die zweite wichtige Aufgabe der Heimaufsicht ist die Heimüberwachung (§ 10<br />

LHeimG). Hierbei nimmt die Heimaufsicht ordnungsrechtliche Aufgaben wahr, indem<br />

sie darauf achtet, dass die Heime ihre Aufgaben und Verpflichtungen gegenüber den<br />

Bewohnerinnen und Bewohnern wahrnehmen. Hierzu soll sie grundsätzlich<br />

unangemeldete Prüfungen vornehmen. Prüfungen sollen mindestens einmal jährlich<br />

stattfinden. Sie kann Prüfungen in größeren Abständen vornehmen, soweit ein Heim<br />

durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen geprüft worden ist. Die<br />

wesentlichen Ergebnisse der Prüfungen sollen veröffentlicht werden.<br />

51


Im Rahmen der Prüfungen haben der Heimträger und das Personal Auskünfte zu<br />

erteilen. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Heimbeirat, das<br />

Ersatzgremium und der Heimfürsprecher sowie der Angehörigen- und Betreuerbeirat<br />

können von der Heimaufsicht befragt werden.<br />

Soweit die Wohnungen oder Zimmer der Bewohnerinnen und Bewohner betreten<br />

werden müssen, hat die Heimaufsicht vorher deren Zustimmung einzuholen.<br />

Außerdem ist die Heimaufsicht berechtigt, die Aufzeichnung über die Pflegeplanung<br />

und die Pflegeverläufe einzusehen und mit Zustimmung der betroffenen<br />

Bewohnerinnen und Bewohner deren Pflegezustand in Augenschein zu nehmen. Mit<br />

der Überwachung der Betreuung und Pflege soll deren Qualität gewährleistet werden.<br />

Anordnungen und Untersagungen<br />

Hat die Heimaufsicht im Rahmen ihrer Überwachungsmaßnahmen Mängel festgestellt,<br />

soll sie den Träger zunächst über die Möglichkeiten der Abstellung der Mängel beraten<br />

(§ 11 Abs. 1 LHeimG). Dies gilt selbstverständlich nicht, wenn sofortige Maßnahmen<br />

erforderlich sind, um bereits eingetretene Beeinträchtigungen zu beseitigen oder<br />

drohende Gefahren für die Bewohnerinnen und Bewohner abzuwenden (§ 12 Abs. 1<br />

LHeimG).<br />

Die Anordnung der Heimaufsicht muss der Heimträger befolgen. Will er dies nicht tun,<br />

muss er hiergegen Widerspruch einlegen und gegebenenfalls Klage erheben.<br />

Reichen Anordnungen nicht aus, um Missstände zu beseitigen, kann die Heimaufsicht<br />

den Betrieb des Heims untersagen (§ 14 Abs. 1 LHeimG). Die Gründe sind in § 14<br />

Abs. 2 HeimG näher ausgeführt.<br />

Heimschließungen sind das äußerste Mittel, um den Zweck des Heimgesetzes zu<br />

verwirklichen, nämlich die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der<br />

Heimbewohnerinnen und Heimbewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen.<br />

Leidtragende sind immer auch die Bewohnerinnen und Bewohner, denn sie verlieren<br />

ihre Wohn- und Betreuungsstätte. Die Heimaufsicht soll sie deshalb in diesen Fällen<br />

unterstützen, eine angemessene anderweitige Unterkunft und Betreuung zu<br />

zumutbaren Bedingungen zu finden (§ 11 Abs. 2 LHeimG).<br />

Um diese schwerwiegenden Eingriffe in die Lebensgestaltung der Bewohnerinnen und<br />

Bewohner zu vermeiden, wird die Heimaufsicht bemüht sein, einen Betriebsnachfolger<br />

zu finden, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Heimbetriebsführung bietet. In<br />

der Übergangszeit kann der Heimbetrieb durch eine kommissarische Heimleitung (§<br />

13 Abs. 2 LHeimG) aufrechterhalten bleiben.<br />

Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Institutionen und Verbänden<br />

Nicht nur die Heimaufsicht, sondern auch die Pflegekassen und deren<br />

Landesverbände, der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) und die<br />

Sozialhilfeträger wirken insbesondere durch den mit einem Heim abgeschlossenen<br />

Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarungen sowie durch die ihnen<br />

übertragenen Beratungs- und Überwachungsmöglichkeiten auf dessen Betriebs- und<br />

Wirtschaftsführung ein. Diese Stellen sind verpflichtet, zum Schutz der Interessen und<br />

52


Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner sowie zur Sicherung einer<br />

angemessenen Qualität des Wohnens und der Betreuung eng zusammenzuarbeiten.<br />

Im Rahmen dieser engen Zusammenarbeit sollen sich die genannten Stellen<br />

gegenseitig informieren, ihre Prüftätigkeit koordinieren sowie sich über Maßnahmen<br />

zur Qualitätssicherung und Mängelbeseitigung verständigen (§ 16 Abs. 1 LHeimG).<br />

Dies geschieht in Arbeitsgemeinschaften (§ 16 Abs. 5 Satz 1 LHeimG). Diese<br />

Arbeitsgemeinschaften sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten mit den<br />

Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, den kommunalen und sonstigen Trägern und<br />

ihren Vereinigungen, den Verbänden der Bewohnerinnen und Bewohner, den<br />

Verbänden der Pflegeberufe sowie den Betreuungsbehörden.<br />

4. Sonstige Ansprechpartner außerhalb des Heimes<br />

Neben den oben genannten Behörden, Organisationen und Verbänden wirken noch<br />

andere Stellen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner auf den Heimbetrieb<br />

ein, zum Beispiel das Gesundheitsamt, die Gewerbeaufsicht, die Bauaufsicht, die<br />

Brandschutzbehörde.<br />

Auch diese Behörden verfügen über sachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />

den Bewohnerinnen und Bewohnern beratend zur Seite stehen.<br />

Information und Beratung erteilen auch die Bundesinteressenvertretung der<br />

Altenheimbewohner (BIVA) sowie die sonstigen Seniorenorganisationen und Verbände,<br />

je nach dem Schwerpunkt ihrer Verbandstätigkeit.<br />

5. Die Mitwirkung<br />

Die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sind berechtigt, in den Angelegenheiten,<br />

die ihr Leben im Heim berühren, mitzuwirken. Diese Mitwirkung erfolgt nicht<br />

unmittelbar durch sie selbst, sondern über den Heimbeirat (§ 5 Abs. 1 LHeimG) oder<br />

ein Fürsprechergremium (§ 5 Abs. 3 Satz 1 LHeimG) oder einen Heimfürsprecher (§ 5<br />

Abs. 3 Satz 2 LHeimG).<br />

Mitwirkung bedeutet Mitsprache, nicht Mitbestimmung, das heißt, die<br />

Entscheidungsbefugnis und damit die Verantwortung für die Entscheidung bleibt beim<br />

Heimträger. Allerdings sind der Heimträger und die Heimleitung verpflichtet gemäß §<br />

2 Abs. 1 Satz 1 Landesheimmitwirkungsverordnung (LHeimMitVO) verpflichtet, den<br />

Heimbeirat rechtzeitig in die Entscheidungsfindung der Angelegenheiten nach § 2 Abs.<br />

2 LHeimMitVO einzubeziehen (z.B. Unterkunft, Betreuung und Verpflegung,<br />

Maßnahmen zur Förderung einer angemessenen Qualität der Betreuung und der<br />

Förderung der Bewohnerinnen und Bewohner). Mit der Wahl des Vertretungsorgans<br />

Heimbeirat oder der Bildung eines Fürsprechergremiums oder der Bestellung des<br />

Heimfürsprechers wird die Position der Bewohnerinnen und Bewohner gestärkt.<br />

Hierdurch soll sichergestellt werden, dass ihre Wünsche und Anregungen, Erfahrungen<br />

und Vorschläge zur Geltung kommen. Damit wird der Zweck des Heimgesetzes,<br />

nämlich die Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen<br />

und deren Selbständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu wahren und<br />

zu fördern, erfüllt. Einzelheiten über die Bildung des Heimbeirats, seiner Aufgaben und<br />

seine Arbeitsweise sind in der LHeimMitVO geregelt.<br />

Quelle: SM Baden-Württemberg<br />

53


7.2. Abkürzungen<br />

Abs.<br />

Art.<br />

BSHG<br />

GWW<br />

KGSt<br />

KSA<br />

KVJS<br />

LHeimbauVO<br />

LHeimG<br />

LHeimMitVO<br />

LIS<br />

MDK<br />

ÖGD<br />

RB<br />

SGB<br />

SM<br />

Absatz<br />

Artikel<br />

Bundessozialhilfegesetz<br />

Gemeinnützige Werkstätten und Wohnstätten<br />

Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement<br />

Kultur- und Sozialausschuss<br />

Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg<br />

Landesheimbau-Verordnung des Sozialministeriums Baden-<br />

Württemberg<br />

Landesheimgesetz Baden-Württemberg<br />

Landesheim-Mitwirkungs-Verordnung<br />

Landesinformationssystem<br />

Medizinischer Dienst der Krankenkassen<br />

Öffentlicher Gesundheitsdienst<br />

Regierungsbezirk<br />

Sozialgesetzbuch<br />

Sozialministerium<br />

54


7.3. Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Landratsamt <strong>Calw</strong><br />

Jugend, Soziales und Schulen<br />

Vogteistr. 42 – 46<br />

75365 <strong>Calw</strong><br />

www.kreis-calw.de<br />

Redaktion:<br />

Horst Lipinski<br />

Tel. 07051/160-254<br />

Fax 07051/795-254<br />

Horst.Lipinski@kreis-calw.de<br />

Karin Stumpf<br />

Tel. 07051/160-138<br />

Fax 07051/795-138<br />

Karin.Stumpf@kreis-calw.de<br />

Erscheinungsdatum: Januar 2013<br />

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