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Kultur Berlin - Kulturnews

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KUNST // BERLIN<br />

Ellen Blumenstein (*1976 in Witzenhausen)<br />

arbeitete ab 1998 als Assistentin von<br />

Klaus Biesenbach, dem Gründungsdirektor der<br />

Kunst-Werke. Anfang 2013 wurde sie nun selbst<br />

Chefkuratorin des Hauses. Blumenstein<br />

ist Mitbegründerin des Kuratorinnen kollektivs<br />

The Office und richtete als freie Kuratorin<br />

u. a. den Island-Pavillon der<br />

Venedig-Biennale 2011 aus.<br />

Foto: © Edisonga<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Frau Blumenstein, was muss Kunst leisten, damit<br />

sie für Sie interessant ist?<br />

Ellen Blumenstein: Wie man an meiner bisherigen Arbeit sehen<br />

kann, bin ich ein sehr politisch denkender Mensch. Mich inte -<br />

r essiert daher Kunst, die an ihre Grenzen geht und sich auch in<br />

der Verantwortung sieht. Die sich ernsthaft mit unserer Gegen -<br />

wart auseinandersetzt und auch versucht, Gegenbilder zum vorherrschenden<br />

Konsens schaffen. Kunst muss für mich einen<br />

Auftrag haben, was nicht bedeutet, dass sie gleich die Welt -<br />

ordnung verändern muss. Aber sie<br />

sollte unsere Blicke auf die Welt<br />

und das, was an Denken und Ver -<br />

änderung möglich ist, bereichern<br />

und weiterbringen.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Wie das aussehen<br />

kann, war 2005 bei der von Ihnen<br />

mitgeplanten und heftig disku -<br />

tierten Gruppenschau „Zur Vor -<br />

stellung des Terrors: Die RAF-<br />

Ausstellung“ in den Kunst-Werken<br />

zu erleben. Was hat Sie gereizt, nun<br />

als Leiterin an dieses Haus zurückzukehren?<br />

Blumenstein: Die Kunst-Werke sind<br />

eine sehr besondere Institu tion. Das erlebt man als Besucher, und<br />

erkennt man umso mehr, wenn man hier bereits gearbeitet hat.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Was macht die Kunst-Werke denn so besonders?<br />

Blumenstein: Wir haben eine – zumindest für Deutschland –<br />

ungewöhnliche Struktur. Wir sind kein Museum, das heißt, wir<br />

haben keine eigene Sammlung und wir haben auch keinen<br />

öffentlichen Auftrag. Wir sind aber auch kein klassischer Kunst -<br />

verein. Denn unserem Verein gehört nur eine sehr kleine Gruppe<br />

von Menschen an, die alle auch selbst aktiv an den Projekten<br />

mitarbeiten. Das gibt einen großen Freiraum, was das Denken<br />

und die Konzeption von Ausstellungen und Programmen angeht.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Schon die <strong>Berlin</strong>er Kunstszene ist kaum mehr zu<br />

überschauen. Wie behalten Sie den Überblick über das hiesige<br />

und internationale Kunstschaffen?<br />

Blumenstein: Das frage ich mich auch manchmal. Die Kunst -<br />

welt funktioniert ja längst global, einen Überblick kann deshalb<br />

niemand mehr wirklich haben. In den 1960ern war dies noch<br />

möglich, vielleicht sogar noch in den 1980er Jahren. Heute<br />

kann man sich nur auf seine persönlichen Vorlieben und den<br />

„Kunst, die das<br />

Denken verändert“<br />

Für Ellen Blumenstein gibt es keinen besseren Arbeitsplatz<br />

als das KW Institute for Contemporary Art (Kunst-Werke).<br />

Seit Anfang 2013 ist sie Chefkuratorin der Kunstinstitution.<br />

Interview: Axel Schock<br />

eigenen Instinkt verlassen. Ich lasse mich gerne davon leiten,<br />

was man selbst hört, sieht und spürt, aber natürlich auch von<br />

dem, was Kollegen und Künstler berichten. Dies alles kann<br />

selbstverständlich nur ein Ausschnitt sein, aber hoffentlich einer,<br />

der für unsere Arbeit in den Kunst-Werken relevant erscheint.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Die Kunstmeile Auguststraße hat sich in den vergangenen<br />

Jahren stark verändert. Einige Galerien sind weitergezogen,<br />

inzwischen prägen Restaurants, aber auch das Sammler -<br />

haus von Thomas Olbricht das Straßenbild.<br />

Blumenstein: Ihre Beobachtung ist<br />

nicht von der Hand zu weisen. An<br />

manchen Wochenenden wird die<br />

Auguststraße fast zur Fuß gänger -<br />

zone, so viele Menschen sind dort<br />

unterwegs. Mit der Jüdischen<br />

Mädchenschule als Haus für neue<br />

Kunst und Gastronomie sowie der<br />

Sammlung Olbricht ist auch in<br />

unserer direkten Nachbar schaft<br />

institutionell viel passiert. Damit<br />

verändert sich natürlich auch das<br />

Publikum.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Wie reagieren Sie<br />

darauf?<br />

Blumenstein: Wir müssen unsere Stärke und Wurzeln kultivieren<br />

und weiterentwickeln. Die Kunst-Werke waren beispielsweise<br />

immer schon eine sehr künstlernahe Institution. Doch wir müssen<br />

darauf achten, dass wir auch dem breiten Publikum, das nicht zu<br />

den Kunstspezialisten zählt, Offenheit vermitteln und Zugangs -<br />

möglichkeiten zur Kunst schaffen.<br />

<strong>Kultur</strong>//<strong>Berlin</strong>: Zukünftig soll es eine verstärkte Kooperation mit<br />

dem New Yorker Museum of Modern Art geben. Was darf man<br />

sich darunter vorstellen?<br />

Blumenstein: Wir verstehen uns zunächst als bevorzugte Partner.<br />

Das heißt, wir haben einen sehr engen Austausch, um sowohl<br />

vage Ideen wie auch konkrete Pläne und Programme zu besprechen,<br />

um so Wege der Zusammenarbeit zu finden. Im Herbst<br />

steht zunächst die große Christoph-Schlingensief-Retrospektive<br />

an. Sie ist ein Projekt der Kunst-Werke, in welches das MoMA<br />

PS! als Koproduzent eingestiegen ist. Im kommenden Jahr<br />

werden wir die junge MoMA-Kuratorin Jenny Schlenzka in<br />

unserem Haus zu Gast haben, um mit ihr zusammen ein<br />

Projekt zu entwickeln.<br />

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