Stuttgart - Kulturnews
Stuttgart - Kulturnews
Stuttgart - Kulturnews
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Theater<br />
Foto: © Mark Henderson<br />
Landestheater Tübingen<br />
Autostadt Wolfsburg<br />
Die Präsidentinnen<br />
REUTLINGEN ab 18. 4.<br />
Theater Die Tonne/Spitalhof<br />
Der Dramatiker Werner Schwab war ein großartiger<br />
Sprachkünstler, der 1994 viel zu früh<br />
mit gerade mal 33 Jahren starb, ja. Aber großartige<br />
Sprachkünstler gibt es viele, und so<br />
erfolgreich Schwab zu Lebzeiten war, so schnell<br />
waren seine Dramen spätestens zur Jahrtausendwende<br />
von den Spielplänen verschwunden –<br />
in einer Zeit, in der eher befindlichkeitsorientierte<br />
Autoren wie Marius von Mayenburg und<br />
Roland Schimmelpfennig sich auf den deutschsprachigen<br />
Bühnen breit machten, war für<br />
einen schrägen Geist wie Schwab kein Platz<br />
mehr. In den vergangenen Spielzeiten aber<br />
erlebten die Dramen des Grazers ein kleines<br />
Comeback, insbesondere „Die Präsidentinnen“,<br />
zuletzt im Januar am Berliner Ensemble. Dort<br />
inszenierte der ehemalige Kölner Intendant<br />
Günter Krämer, und auch in Reutlingen ist das<br />
Thema Chefsache: Regie führt der Tonne-Chef<br />
Enrico Urbanek.<br />
Die Revolver der<br />
Überschüsse<br />
STUTTGART ab 12. 4., Nord<br />
René Pollesch ist so etwas wie ein Radikalstrukturalist.<br />
Der 50-Jährige neigt dazu, gnadenlos<br />
die Beschaffenheit der Dinge zu durchleuchten,<br />
ähnlich einem übermotivierten Röntgengerät. Die<br />
Erkenntnisse dieser Röntgenbilder führen schließlich<br />
zu allerlei komplizierten Gedankenkapriolen,<br />
„hirnen“ nannte man so einen Vorgang früher<br />
einmal. Die Träne eines Schauspielers ist dann<br />
nicht einfach eine Träne, sondern eine Waffe, und<br />
überdies in der Hand des schlimmsten Gegners<br />
überhaupt, nämlich der Authentizität: Die kann<br />
es theoretisch, hat man die Strukturen einmal<br />
bis auf die Knochen durchschaut, gar nicht geben,<br />
weil sie ja eine Konstruktion ist und somit<br />
im Gegensatz zu ihrem eigentlichen Sinn steht …<br />
Harald Schmidt formulierte das wie folgt: Wenn<br />
man die Dinge unter die Pollesch-Lampe lege, sei<br />
es schon schwer, überhaupt noch einen Film zu<br />
schauen, und darin nicht nur Schauspieler zu<br />
sehen, die etwas spielen, wozu ihnen die Kompetenz<br />
fehle. Eine eigentümliche, beißende Kälte<br />
wohnt diesem Vorgehen inne, eine Distanz von<br />
einfach allem. Deshalb sind auch die linken<br />
Parolen in Polleschs Stücken am Ende bloßer<br />
Selbstzweck. Pollesch mag unentwegt röntgen,<br />
aber zu heilen interessiert ihn nicht. „Der Revolver<br />
der Überschüsse“ ist seine mittlerweile<br />
neunte Inszenierung am Schauspiel <strong>Stuttgart</strong>.<br />
Movimentos<br />
WOLFSBURG 2. 4.–5. 5., Autostadt<br />
Die Movimentos Festwochen haben sich seit<br />
ihrer Gründung 2003 von einer zunächst etwas<br />
belächelten Sponsoringveranstaltung zum<br />
festen Termin im Festivalkalender gemausert.<br />
Gegründet als reines Tanzfestival, stehen seit<br />
sieben Jahren auch Lesungen, Sprechtheater,<br />
Konzerte und Workshops auf dem Programm,<br />
dieses Jahr unter anderem mit den Volksbühnen-<br />
Stars Martin Wuttke und Sophie Rois, dem<br />
Burgtheater-Urgestein Klaus Maria Brandauer<br />
und der Rockband Rammstein. Den Schwerpunkt<br />
bilden allerdings weiterhin internationale<br />
Tanzaufführungen zwischen klassischem Ballett<br />
und Modern Dance, 2012 unter anderem mit<br />
der brasilianischen São Paulo Companhia de<br />
Dança, der israelischen Kibbutz Contemporary<br />
Dance Company und dem britischen Fabulous<br />
Beast Dance Theatre, das mit den Ballettklassikern<br />
„Petrouchka“ und „Le Sacre du Printemps“<br />
die Grenzen zwischen Tanz, Puppentheater<br />
und Körperperformance aufhebt.<br />
71