atp edition Anlagentopologien automatisch erstellen (Vorschau)
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4 / 2014
56. Jahrgang B3654
DIV Deutscher Industrieverlag GmbH
Automatisierungstechnische Praxis
Anlagentopologien
automatisch erstellen | 28
IKT in der Fabrik
der Zukunft | 42
Intelligente Assistenzsysteme
für die Automation | 54
Advanced Position Control
für Servoachsen | 62
Rund um die Uhr
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Automatisierung
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update
EDITORIAL
Die Integration macht’s
Diese Ausgabe der atp edition – automatisierungstechnische Praxis ist ein
hervorragendes Beispiel für das Spektrum und die Themenvielfalt der Automatisierungstechnik.
So geht es in dieser Ausgabe um die Fabrik der Zukunft,
um intelligente Assistenzsysteme, um Anlagentopologie und deren automatische
Erstellung, aber auch um Positionsregelung für Servo-Achsen. Die Beiträge
zeigen, wie wir in der Automatisierungstechnik auf verschiedenen Ebenen
sowohl in der Breite vorgehen als auch Themen in der Tiefe adressieren.
In der Automatisierungstechnik beherrschen wir es, vielgestaltige Themen
zu bündeln und als Ganzes voranzubringen. Natürlich ist es bei dieser Fülle
von Themen, Anwendungen und Herausforderungen nicht ganz einfach zu
vermitteln, was die Spezialitäten unsere Fachdisziplinen sind. Denn, als Integrationswissenschaft
befassen wir uns mit einer Vielfalt von Aspekten und
haben zudem den Anspruch, unsere Konzepte in einer Reihe von Industriebereichen
zur Anwendung zu führen. Hier helfen uns die Schlagworte von
„Industrie 4.0“ und „Cyber-physischen Systemen“, um darüber die Themen
der Automatisierungstechnik in Politik und Gesellschaft zu transportieren.
In meiner Startphase an der Universität Stuttgart ergibt sich bei der Übernahme
des Instituts für Automatisierungs- und Softwaretechnik (IAS), einem
Institut mit fast 80-jähriger Tradition, eine ganze Reihe von Fragestellungen,
die die Zukunft betreffen. Welche zukünftige Strategie und Ausrichtung verspricht
Erfolg? Welche Forschungen sind derzeit besonders relevant? Wo liegen
die größten Innovationspotenziale? Welche Anwendungen sind signifikant?
Bei der Hyperspezialisierung in der Branche teilen Sie womöglich meine
Beobachtung immer speziellerer Lösungsangebote. So manche Fachmesse
überrascht kaum mit Technologie, sondern mit Angeboten für bisher ungeahnte
Nischenanwendungen.
Trotzdem ist ein Trend klar erkennbar: Vernetzte Systeme aus intelligenten
Einheiten und damit die Möglichkeit einer dezentralen Organisation. Meine
Forschung in Stuttgart wird sich daher auf Automatisierungstechnik und Softwaresysteme
konzentrieren, die Frage der Komposition von Baukästen – mechatronisch
und multidisziplinär –, der Konfiguration von Systemen statt
deren Entwicklung, Methoden zur Steuerung dezentraler Systeme, aber auch
Fragen nach dem Test und der Evaluation nachgehen.
Doch bei aller Relevanz dieser Themenstellung geht es heute nicht nur darum,
die Spezialitäten einzelner Forschungseinheiten zu platzieren. Vielmehr
muss es uns auch als Gemeinschaft der Automatisierer gelingen, Konzepte
föderativ voranzutreiben.
Beim Thema Industrie 4.0 ist es zwischenzeitlich geschafft, einen Industrie-4.0-Demonstrator
als eine Initiative der TuLAUT ins Leben zu rufen. Dieser
Demonstrator zeigt ein mögliches Konzept für Industrie 4.0, zu dessen
Realisierung ein Starter-Kit bereitsteht. Ausgehend von diesen initialen Ergebnissen
sind neue Partner im Sinne des föderativen Ansatzes ausdrücklich
aufgerufen sich zu beteiligen.
Ich hoffe, dass wir durch das Zusammenführen unserer Kompetenzen Meilensteine
für die Automatisierung setzen können.
PROF. DR.-ING.
MICHAEL WEYRICH,
Institutsdirektor,
Institut für Automatisierungsund
Softwaretechnik,
Universität Stuttgart
atp edition
4 / 2014
3
INHALT 4 / 2014
FORSCHUNG
8 | Software Campus sucht IT-Projekte, die Förderung verdienen
Call for atp experts: Mensch-Prozess-Kommunikation
9 | KommA: Beiträge bis 9. Mai 2014 einreichen
Call for Papers: SPS IPC Drives 2014
10 | Automatisierte Fehlerursachensuche im
Chip-Entwurf gewinnt Embedded Award 2014
Cebit-Innovation-Award-Sonderpreis:
Touchscreen erkennt Nutzer am Fingerabdruck
BRANCHE
11 | Kolloquium in Boppard: Best Paper Award geht nach München
12 | Big-Data-Kompetenzen in Berlin und Dresden
Achema-Gründerpreis: Bewerbung bis Ende 2014
Lanxess: Zachert Anfang April im Amt
VERBAND
14 | Nach zehn Jahren: Gunther Koschnick löst
Reinhard Hüppe als Geschäftsführer ab
VDE sieht beim taktilen Internet Zukunftschancen
Automation 2014: Robotik und Gebäudeautomation
15 | Verband der Chemischen Industrie:
Optimistische Prognose für die Branche in diesem Jahr
RUBRIKEN
3 | Editorial
74 | Impressum, Vorschau
4
atp edition
4 / 2014
PRAXIS
16 | Betriebssicherheit: Differenzstrom-Überwachung
erhöht Verfügbarkeit der Anlage
18 | Durchflussmessgeräte unterstützen
bei Erfüllung behördlicher Auflagen
und sparen Kosten
20 | 129 Photobioreaktoren sorgen für
energieeffiziente Nutzung von Gebäudefassade
in Hamburg
22 | Burst-Technologie ermöglicht hohe Qualität
ohne Reibungsverlust bei der Laserbearbeitung
24 | Funktionales Engineering:
Maschinen mit aktualisierter Software
übergreifend konfiguriert
Produkte,
Systeme
und Service
für die
Prozessindustrie?
Natürlich.
NACHRUF
26 | Fachwelt der Automation trauert
um Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier
HAUPTBEITRÄGE
28 | Anlagentopologien automatisch erstellen
M. HOERNICKE, L. CHRISTIANSEN UND A. FAY
42 | IKT in der Fabrik der Zukunft
C. FREY, M. HEIZMANN, J. JASPERNEITE, O. NIGGEMANN,
O. SAUER, M. SCHLEIPEN, T. USLÄNDER UND M. VOIT
54 | Intelligente Assistenzsysteme
für die Automation
S. WINDMANN UND O. NIGGEMANN
62 | Advanced Position Control
für Servoachsen
O. ZIRN, L. KATTHÄN UND M. KREUTZER
System 800xA 5.1 hilft Anlagen
noch effizienter zu betreiben und
die Produktivität und Rentabilität
zu verbessern. Dies wird durch
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optimiertes Handling bei Batch-
Produktion, effizientere Sequenzkonfiguration,
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FORSCHUNG
Software Campus sucht IT-Projekte,
die Förderung verdienen
Das IT-Förderprojekt für Doktoranden und Masterstudierende
„Software Campus“ geht in die nächste
Runde. Mit bis zum 100 000 Euro finanziert das
Bundesministerium für Bildung und Forschung mit
Partnern aus Industrie und Forschung Ideen aus der
Informationstechnologie und deren Umfeld. Bereits
zum dritten Mal erhalten 100 Doktorandinnen und
Doktoranden sowie Masterstudien der genannten Disziplinen
die Möglichkeit, ihre Projekte mit der Förderung
umzusetzen. Die Bewerbungsfrist endet am
9. April 2014. Die jungen Führungskräfte managen
den gesamten Prozess des Projektes mit Unterstützung
der Forschungs- und Industriepartner eigenständig,
stellen Teams zusammen, entscheiden Finanzfragen,
kontrollieren Teilerfolge. Unterstützt werden
sie von Fachexperten, Mentoren aus dem Management
führender Unternehmen und anderen Teilnehmern.
Theorie und Praxis fließen in Aufenthalten beim Industriepartner
und speziellen Führungskräftetrainings
zusammen, die sie ein Jahr besuchen. 123 IT-
Experten nehmen bereits am Programm teil, das ihnen
Karrierewege in deutsche Führungsetagen, die
Unternehmensgründung oder in neue Management-
Positionen in der Forschung öffnet.
Bewerben können sich Informatiker unter www.
softwarecampus.de mit einem kurzen Lebenslauf, einer
Kurzbeschreibung der eigenen IT-Idee oder einer
weiterentwickelten Idee eines Industriepartners,
einem Motivationsschreiben sowie Empfehlungsschreiben
von mindestens einem Professor. Kontakte
zu den beteiligten Industrieunternehmen werden anschließend
in einem mehrstufigen Auswahlprozess
vermittelt.
(ahü)
KICK-OFF: 40 der insgesamt 47 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
des Software Campus starteten in das Führungskräfteentwicklungsprogramm.
123 Doktoranden und Masterstudierende
sind im Programm eingeschrieben. Bild: Software Campus
EIT ICT LABS GERMANY GMBH,
Ernst-Reuter-Platz 7, D-10587 Berlin,
Tel. +49 (0) 30 345 06 69 01 50,
Internet: www.softwarecampus.de
Call for atp experts: Mensch-Prozess-Kommunikation
DIE AUSGABE 56(10) DER ATP EDITION
widmet sich dem Stellenwert einer gut
gestalteten Mensch-Prozess-Kommunikation.
Deren Bedeutung hat in den
vergangenen Jahren zugenommen.
Faktoren sind unter anderem die steigende
Komplexität der Prozessautomation,
höhere Anforderungen an die Produktivität
der Wartenfahrer und Feldmannschaften
und veränderte Gewohnheiten
der Nutzer. Die Ausgabe 56(10)
möchte Ihre praktischen Erfahrungen
und Erfolge in innovativen Projekten
und Ihre wissenschaftlich-technischen
Lösungsansätze und Forschungsergebnisse
diskutieren. Wir erhoffen uns
Beiträge über den gesamten Lebenszyklus
der Mensch-Prozess-Kommunikation
von Methoden und Technologien,
von der Aufgabenanalyse, über Konzeption,
Implementierung und Schulung
bis hin zum nachhaltigen Betrieb und
effektiven Change-Management-Prozessen.
Wir bitten Sie bis zum 31.05.2014 zu dem
Schwerpunkt einen gemäß der Richtlinien
der atp edition ausgearbeiteten
Hauptbeitrag an urbas@di-verlag.de
einzureichen.
Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation
für Fach- und Führungskräfte
der Automatisierungsbranche.
In den Hauptbeiträgen werden
Themen mit hohem wissenschaftlichem
und technischem Anspruch vergleichsweise
abstrakt dargestellt. Im Journalteil
werden praxisnahe Erfahrungen
von Anwendern mit neuen Technologien,
Prozessen oder Produkten beschrieben.
Alle Beiträge begutachtet das atp-
Fachgremium. Sollten Sie sich selbst
aktiv an dem Begutachtungsprozess
beteiligen wollen, bitten wir um kurze
Rückmeldung. Für weitere Rückfragen
stehen wir Ihnen selbstverständlich
gern zur Verfügung
Redaktion atp edition
Leon Urbas, Anne Purschwitz,
Aljona Hartstock
CALL FOR
Aufruf zur Beitragseinreichung
Thema: Mensch-Prozess-
Kommunikation
Kontakt: urbas@di-verlag.de
Termin: 31. Mai 2014
8
atp edition
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KommA: Beiträge bis
9. Mai 2014 einreichen
Zum fünften Mal findet am 18. November 2014 das
Jahreskolloquium Kommunikation in der Automation
– KommA, dieses Mal in Lemgo, statt. Die
Veranstaltung, die von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite
und Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jumar geleitet wird,
befasst sich mit Themen wie Aspekte vernetzter
eingebetteter Systeme, Echtzeit, Dienstgüte (QoS),
IT-Sicherheit (Security), Funktionale Sicherheit
(Safety), Fehlertoleranz, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit,
Diagnose, Systemintegration, Kommunikationssysteme
und Anwendungsbereichen von Kommunikation
im industriellen Umfeld.
Das Kolloquium, das Init (Institut für industrielle
Informationstechnik) und Ifak (Institut für Automation
und Kommunikation) ausrichten, sucht nun Vorträge
aus dem Anwendungsfeld industrieller Kommunikation.
Auch werden technologie- und methodischorientierte
Aufsätze entgegengenommen. Autoren
reichen bis zum 9. Mai 2014 online eine aussagekräftige
Kurzfassung von ein bis zwei Din-A4-Seiten unter
www.init-owl.de/komma ein.
(ahü)
KOMMA – KOMMUNIKATION IN DER AUTOMATION,
c/o inIT – Institut für industrielle Informationstechnik,
Liebigstraße 87, D-32657 Lemgo,
Tel. + 49 (0) 5261 70 21 36,
Internet: www.init.-owl.de
Call for Papers:
SPS IPC Drives 2014
Der Kongress der SPS IPC Drives vom 25. bis
27. November 2014 in Nürnberg sucht nach aktuellen
Vorträgen. Interessierte reichen Vorschläge bis
zum 9. Mai 2014 beim Kongresskomitee unter der
Leitung von Prof. Dr.-Ing. Georg Frey, Prof. Dr.-Ing.
Walter Schumacher und Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl
ein. Für herausragende Leistungen werden die besten
drei Referenten unter 35 Jahre mit einem aktuellen
und noch nicht veröffentlichten Thema ausgezeichnet.
Das Kongresskomitee wählt auf Basis der Abstracts
die Gewinner aus. Einzureichen sind der Titel
des Beitrags und ein Abstract mit Zusammenfassung
und Aufgabenstellung, Lösungsansatz und Ergebnis.
Der Beitrag, der 5 000 Zeichen nicht überschreiten
darf, muss einem Kongressthema zugeordnet sein.
Für das Kurzprogramm muss eine Beschreibung eingereicht
werden. Außerdem darf der Autor nicht auf
die Kurzbiografie und die Veröffentlichungen der
vergangenen drei Jahre verzichten.
(ahü)
MESAGO MESSEMANAGEMENT GMBH,
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FORSCHUNG
Automatisierte Fehlerursachensuche im
Chip-Entwurf gewinnt Embedded Award 2014
SIEGER
Daniel Große, Jan
Wessels, André
Sülflow gründeten
aus der Uniforschung
heraus
ihre eigene GmbH
und freuen sich
nun über den
Embedded Award
2014. Bild: Uwe Niklas
Alle 18 Monate, so eine Faustregel der Branche, verdoppelt
sich die Anzahl der Komponenten auf einem
Computerchip. Da ist es schwierig, den Überblick zu behalten
und eventuelle Fehler in den Schaltungen schnell
zu lokalisieren. Jan Wessels, Daniel Große und André
Sülflow entwickelten ein Verfahren, das Fehlerursachen
beim Entwurf von komplexen Digitalchips lokalisieren
kann. Die Forscher, die ihre Arbeit an der Universität
Bremen begannen, gewannen damit den Embedded
Award 2014 auf der Embedded Fachmesse in Nürnberg.
Fehlerhafte Chips im Markt können teuer für den Anbieter
werden. Solvertec-Mitgründer Große weiß nach
einem Jahrzehnt Erfahrung im Bereich Hardware-Verifikation
und Debugging (Suche nach Entwurfsfehlern),
wie er das Thema allgemeinverständlich beschreiben
muss: „Stellen Sie sich einen Chip als Ampelschaltung
an einer komplexen Kreuzung vor. Wenn alle Ampeln
auf grün umschalten, weil zufällig im gleichen Augenblick
zwei Fußgänger an verschiedenen Stellen drücken
und ein Auto auf einer Nebenstraße die Sensorschleife
überfährt, dann liegt offensichtlich ein unentdeckter
Schaltungsfehler vor“, erläutert er. „Wenn die Ampeln
alle auf grün stehen, wissen Sie, dass ein Fehler vorliegt.
Aber sie wissen dadurch noch lange nicht, wo genau in
der Schaltung Sie die Ursache für diesen Fehler finden
und wie er sich beheben lässt“, stellt er klar. „Schon heute
wenden die Entwickler ein Drittel des Zeitaufwands
eines neu zu entwickelnden Chips dafür aus, Fehlerursachen
zu finden und zu beheben“, erläutert er.
Die Bremer entwickelten eine Automatisierungs-Software,
die in der frühen Designphase auf der Register-
Transfer-Ebene (RTL) von Digitalchips ansetzt: „Die in der
Simulation eingesetzten Verifikationstools prüfen zunächst,
ob der Schaltungsentwurf dem erwünschten Chip-
Verhalten entspricht. Liegt ein Fehler vor, suchen die
Entwickler beim sogenannten Debugging die Fehlerursachen
bisher per Hand – daher der hohe Aufwand“, stellt
Große klar. „Unser Werkzeug automatisiert die Suche,
indem es die Daten aus den Verifikationstools einspeist,
den Entscheidungsbaum der Schaltungslogik systematisch
zurückverfolgt und die Ursachen des Fehlverhaltens
aufspürt. Mit wenigen Klicks können so Fehlerursachen
im Code aufgezeigt und behoben werden.“ (ahü)
SOLVERTEC GMBH,
Anne-Conway-Str. 1, D-28359 Bremen,
Tel. +49 (0) 421 40 89 84 50, Internet: www.solvertec.de
10
Cebit-Innovation-Award-Sonderpreis:
Touchscreen erkennt Nutzer am Fingerabdruck
Ein Touchscreen, der anhand des Fingerabdrucks erkennt,
ob der Nutzer berechtigten Zugang zum Gerät
hat, wurde im Rahmen der Computermesse Cebit mit
dem Innovation-Award-Sonderpreis ausgezeichnet.
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka übergab
atp edition
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SONDERPREIS
Prof. Dr. Gesche
Joost, Oliver Frese,
Sven Köhler und
Prof. Dr. Johanna
Wanka während
der Übergabe des
Innovation Awards
auf der Cebit. Bild:
HPI/K. Herschelmann.
den mit 20 000 Euro dotierten Preis an Sven Köhler und
Christian Holz. Der Touchscreen mit Namen „Fiberio“
ist Ergebnis einer Forschungsarbeit des Hasso-Plattner-
Instituts in Potsdam. Die Arbeit wurde von Prof. Patrick
Baudisch betreut. Der Bildschirm erkennt ohne Registrierung
oder Log-In, ob die Anwender zu der jeweiligen
Aktion berechtigt sind und ermöglicht die simultane
Zusammenarbeit. Die Nutzeridentifikation arbeitet mit
Glasfaser-Technologie und Rückprojektion. Weitere Cebit
Innovation Awards erhielten die Entwickler der App
„Shoutr“. Sie distribuiert drahtlos digitale Inhalte. „Kinematics“
erhielt ebenfalls eine Auszeichnung. Mit dem
intuitiven Baukasten können Kinder und Jugendliche
Roboter bauen.
(ahü)
HASSO-PLATTNER-INSTITUT FÜR SOFTWARE-
SYSTEMTECHNIK GMBH,
Prof.-Dr.-Helmert-Str. 2-3, D-14482 Potsdam,
Tel. +49 (0) 331 550 90, Internet: www.hpi-web.de
BRANCHE
Kolloquium in Boppard:
Best Paper Award geht nach München
Das 48. Regelungstechnische Kolloquium in Boppard
besuchten in diesem Jahr 205 Teilnehmer. Organisiert
wurde es von der TU Ilmenau in Zusammenarbeit mit dem
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Bildauswertung in Karlsruhe. Die Veranstaltung, die in
Form eines Forums abgehalten wird, bot den Teilnehmern
in diesem Jahr 30 Fachbeiträge zu zukunftsorientierten
Themen wie automatisiertes und sicheres Fahren, vernetzte
Systeme, iterativ lernende Regelungen und Bewegungsanalyse
des Menschen. Der erste Teil der zweitägigen
Veranstaltung schloss ab mit einem Plenarvortrag.
Prof. Dr. Wolfram Burgard von der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg referierte über probabilistische Techniken
für die Roboternavigation. Am Institut für Autonome
Intelligente Systeme forschen die Wissenschaftler um
Burgard an der Umgebungsmodellierung und Zustandsschätzung.
Dazu entwickeln sie beispielsweise Modelle
und Verfahren zur Interpretation von Sensordaten. Zum
Einsatz kommen mobile Roboter unter anderem bei Museumsführungen
oder als Helfer im Haushalt.
Den Best Paper Award der Veranstaltung gewann in
diesem Jahr Heiko Panzer von der TU München für seinen
Vortrag zum Thema Adaptive Entwicklungspunkt-
HEIKO PANZER von der Technischen
Universität München (rechts) wurde
auf dem diesjährigen Regelungstechnischen
Kolloquium in Boppard
mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.
Er nahm den Preis von
Mike Eichhorn (Ingenieursgesellschaft
Auto und Verkehr aus
Gifhorn) entgegen. Bild: Veranstalter.
wahl und globale Fehlerschranken bei der Modellreduktion
mittels Krylow-Unterraum-Verfahren.
Im kommenden Jahr findet das Regelungstechnische
Kolloquium vom 4. bis 6. März 2015 statt. (aha)
48. REGELUNGSTECHNISCHES KOLLOQUIUM
IN BOPPARD,
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Bildauswertung, Fraunhoferstraße 1, D-76131 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 609 10, Internet: www.iosb.fraunhofer.de
ZfQ3dBZa
BRANCHE
Big-Data-Kompetenzen in Berlin und Dresden
Zwei Kompetenzzentren in Berlin und Dresden sollen
sich verstärkt um das Thema Big Data kümmern.
Zwei Big-Data-Zentren entstehen in diesem Jahr auf Initiative
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
an der TU Berlin und an der TU Dresden. Darüber
informierte Johanna Wanka, Bundesministerin für
Bildung und Forschung, im Rahmen der Cebit. Unter der
Leitung der TU Berlin entsteht das Berlin Big Data Center
(BBDC) und unter der Leitung der TU Dresden das
Competence Center for Scalable Data Services and Solutions
(ScaDS). Beide Vorhaben werden mit insgesamt
rund 10 Millionen Euro unterstützt.
„Die Datenmengen wachsen in unserer digitalen Gesellschaft
rasant. Wir müssen daher lernen, wie wir mit
ihnen richtig umgehen können. Dabei kommt es besonders
auf zwei Dinge an: Erstens müssen wir Instrumente
entwickeln, mit denen aus bloßen Daten nützliches Wissen
generiert werden kann. Und vor allem muss der
technische Fortschritt auch gewährleisten, dass wir uns
sicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen
können. Das betrifft den einzelnen Menschen ebenso
wie Unternehmen“, sagte Bundesforschungsministerin
Johanna Wanka in Hannover.
Sie verwies auf die bereits etablierten drei IT-Sicherheitsforschungszentren
in Saarbrücken, Darmstadt und
Karlsruhe, die sich seit 2011 zu anerkannten Partnern
in Fragen der IT-Sicherheit in Deutschland und Europa
entwickelt haben. So wurde beispielsweise ein Forschungsprojekt
am Kompetenzzentrum Cispa in Saarbrücken
mit dem höchstdotierten Forschungspreis „ERC
Synergy Grant“ der Europäischen Union ausgezeichnet.
Das Projekt analysiert multidisziplinär die durch das
rasante Wachstum des Internets auftretenden Gefahren
für Privatsphäre, Datensicherheit und Meinungs- sowie
Informationsfreiheit und erarbeitet dazu Lösungen. Die
IT-Sicherheitsforschungszentren dienen als Vorbilder
für die neuen Kompetenzzentren Big Data. (ahü)
BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG
UND FORSCHUNG,
Hannoversche Straße 28-30, D-10115 Berlin,
Tel.: +49 (0) 30 185 70, Internet: www.bmbf.de
Achema-Gründerpreis: Bewerbung bis Ende 2014
Die Dechema nimmt Bewerbungen für den Achema-
Gründerpreis entgegen. Gemeinsam mit den Business
Angels FrankfurtRheinMain und dem High-Tech
Gründerfonds sucht der Verband hervorragende Ideen
und junge Unternehmen aus den Bereichen Chemie,
Verfahrenstechnik und Biotechnologie.
Die Finalisten erhalten auf der Achema, der Messe für
die Prozessindustrie mit rund 170 000 Besuchern, einen
kostenlosen Messestand. Sie stellen die Ideen vom
14. bis 19. Juni 2014 in Frankfurt/Main vor. Der Sieger
jeder Sparte erhält bei der öffentlichen Verleihung ein
Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro. Voraussetzung für
die Bewerbung bis zum 31. Dezember 2014 ist ein Businessplan.
Die Jury aus Wissenschaft und Industrie sowie
Trägern und Unterstützern des Wettbewerbs bewertet
die Businesspläne. In der zweiten Runde stellen die Finalisten
ihr Modell persönlich vor. Zu den Trägern gehören
die Dechema Gesellschaft für Chemische Technik
und Biotechnologie e.V., die Dechema Ausstellungs-
GmbH, der Business Angels FrankfurtRheinMain e.V.
und der High-Tech Gründerfonds. Der Verband der chemischen
Industrie e.V. und der Verein deutscher Ingenieure
e.V. unterstützen den Wettbewerb. (ahü)
DECHEMA GESELLSCHAFT FÜR CHEMISCHE TECHNIK
UND BIOTECHNOLOGIE E.V.,
Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de
Lanxess: Zachert Anfang April im Amt
Matthias Zachert ist ab 1. April 2014 neuer Vorsitzender
des Vorstandes der Lanxess AG. Derzeit ist er
im Finanzvorstand der Merck KGaA tätig. Bis zum Eintritt
von Zachert bei Lanxess übernimmt Finanzvorstand
Bernhard Düttmann die Aufgaben im Vorstand.
Darüber informierte das Unternehmen Anfang März.
Wie das Handelsblatt berichtet, hat sich Lanxess zuvor
überraschend von Zacherts Vorgänger Axel Heitmann
getrennt. Zachert war, den Angaben von fr-online zufolge,
bereits früher als Finanzchef für Lanxess tätig. Wie
fr-online weiter berichtet, geriet Lanxess nach rasantem
Wachstum in den vergangenen Jahren in die roten Zahlen.
Überkapazitäten am Markt und außerplanmäßige
Abschreibungen im vierten Quartal hatten dafür ge-
sorgt, dass das Unternehmen 2013
rund 160 Millionen Euro Verlust
gemacht hat. Der Spezialchemie-
Konzern beschäft rund 17 500 Mitarbeiter
in 31 Ländern. Das Kerngeschäft
bildet nach eigenen Angaben
Entwicklung, Herstellung und Vertrieb
von Kunststoffen, Kautschuken,
Zwischenprodukten und Spezialchemikalien.
(ahü)
LANXESS DEUTSCHLAND GMBH,
Kennedyplatz 1, D-50569 Köln,
Tel. +49 (0) 221 888 50, Internet: www.lanxess.de
MATTHIAS ZACHERT
übernimmt bereits am
1. April 2014 das Amt
des Vorstandsvorsitzenden
von Axel
Heitmann. Bild: Lanxess
12
atp edition
4 / 2014
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VERBAND
Nach zehn Jahren: Gunther Koschnick löst
Reinhard Hüppe als Geschäftsführer ab
Gunther Koschnick ist neuer Geschäftsführer des
ZVEI-Fachverbandes Automation. Wie der ZVEI
(Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie
e.V.) Anfang März mitteilte, löst Koschnick nach
zehn Jahren Dr. Reinhard Hüppe ab, der sich in den
Ruhestand verabschiedet. Koschnick war zuvor Fachbereichsleiter
elektrische Antriebe im ZVEI. Er ist Elektrotechnik-Ingenieur
und arbeitete zuletzt im Bereich
Antriebstechnik bei ABB.
Für ihn steht Industrie 4.0 ganz oben auf der Agenda:
„Industrie 4.0 wird die hoch innovative Branche
Automation über die nächste Dekade hinweg im internationalen
Umfeld erfolgreich positionieren.“ Der
ZVEI gestaltet diese Herausforderung zusammen mit
den Verbänden Bitkom und VDMA in einer gemeinsamen
Plattform Industrie 4.0. Innerhalb
des ZVEI hat der Fachverband
Automation bereichsübergreifend
die Führungsfunktion
übernommen. Ziele sind unter
anderem, industrielle Standards
einzubringen und weiterzuentwickeln
und dabei die hohen Qualitätsanforderungen
der deutschen
Industrie zu sichern. (ahü)
GUNTHER
KOSCHNICK führt
jetzt die Geschäfte
im ZVEI-Fachverband
Automation.
Bild: ZVEI
ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND
ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,
Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt a. M.,
Internet: www.zvei.org
VDE sieht beim taktilen Internet Zukunftschancen
CHANCEN DES TAKTILEN INTERNETS: Dr. Walter Börmann,
Leiter Kommunikation und Public Affairs, VDE, Prof. Dr.-Ing. Ingo
Wolff, Vorsitzender der Informationstechnischen Gesellschaft im
VDE und Geschäfts führer der IMST GmbH, sowie Prof. Dr.-Ing.
Gerhard Fettweis von der TU Dresden referierten auf der Cebit
in Hannover über die Möglichkeiten der Initiative. Bild: VDE
Die Steuerung von Robotern und Autos in Echtzeit,
das taktile Internet, ist nach Meinung des Verbandes
der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik
(VDE) der wachsende Zukunftsmarkt für
Deutschland, wenn die digitale Infrastruktur stimmt:
Neue, robuste Kommunikationsnetze mit Reaktionszeiten
von nur wenigen Millisekunden, zuverlässige
Sicherheitskonzepte zum Schutz von Nutzern, Daten
und Maschinen sowie Chips führen die Prioritätenliste
an. In dem auf der Cebit in Hannover vorgestellten Positionspapier
„Taktiles Internet“ spricht sich der VDE
außerdem für eine enge Kooperation zwischen Forschung,
Anwendern, Herstellern und Netzwerkbetreibern
bei der Entwicklung der Infrastruktur aus. Ohne
ein leistungsfähiges taktiles Internet könnten wichtige
deutsche Branchen den Anschluss verpassen, heißt es
in dem Papier.
(ahü)
VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK
INFORMATIONSTECHNIK E.V.,
Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt,
Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com
Automation 2014: Robotik und Gebäudeautomation
Smart X – Powered by Automation“, unter diesem Motto
findet am 1. und 2. Juli 2014 in Baden-Baden bereits
zum 15. Mal der GMA Kongress Automation statt.
Erläutert wird auf der zweitägigen Veranstaltung, in
welchem Ausmaß die Automation die Grundlage und
der Antrieb für smarte Lösungen in Wirtschaft und Gesellschaft
ist. Nachdem der Kongress am Dienstag von
Dr. Kurt-Dirk Bettenhausen und Prof. Dr.-Ing. Ulrich
Jumar eröffnet wurde, erwartet die Zuhörer ein Keynote-
Vortrag zum Thema „Wenn das Werkstück künftig sein
Wissen selbst transportiert“. Anschließend folgen dann
die Fachvorträge. Parallel finden Beiträge zu „Industrieller
Robotik“ und „Gebäudeautomation“ statt. Anmeldung
nimmt das VDI Wissensforum auf der Homepage
auf www.automatisierungskongress.de an. (ahü)
VDI WISSENSFORUM GMBH,
VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf ,
Tel. +49 (0) 211 621 42 01,
Internet: www.automatisierungskongress.de
14
atp edition
4 / 2014
Verband der Chemischen Industrie: Optimistische
Prognose für die Branche in diesem Jahr
Gute Aussichten – so fasst Dr. Utz Tillmann die konjunkturelle
Entwicklung der Chemie- und Pharmaindustrie
für das Jahr 2014 zusammen. Nachdem
das wechselhafte Jahr 2013 mit einem guten Schlussquartal
geendet ist, legt die Produktion in Deutschland
wieder zu. Das ergab der Quartalsbericht des
Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), dessen
Hauptgeschäftsführer Tillmann ist. Durch die steigende
Produktion von Oktober bis Dezember stieg der
Umsatz, obwohl die Preise für Chemieprodukte das
vierte Quartal in Folge nachgaben. Die Inlandsnachfrage
blieb jedoch stabil. Weltweit baute die Industrie
ihren Handel aus.
„Alle Chemiesparten spüren eine Belebung. Wir
rechnen mit steigender Nachfrage im In- und Ausland,
insbesondere von unseren europäischen Industriekunden.
Rückschläge sind aber nicht ausgeschlossen.
Derzeit gehen von allem von der politischen
Krise in der Ukraine Risiken für die Weltwirtschaft
aus“, so Tillmann.
Für das Jahr 2014 rechnet der VCI mit einem Anstieg
der Chemieproduktion um 2 Prozent. Die Preise
DR. UTZ TILLMANN,
Hauptgeschäftsführer
vom VCI, während der
Quartalspressekonferenz.
Bild: VCI
werden voraussichtlich um 0,5 % sinken, sodass der
Branchenumsatz um 1,5 % auf 191,5 Milliarden Euro
steigen könnte.
(ahü)
VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (VCI),
Mainzer Landstraße 55,
D-60329 Frankfurt am Main,
Tel. +49 (0) 69 255 60, Internet: www.vci.de
15. Branchentreff der Mess- und Automatisierungstechnik
AUTOMATION 2014
01. und 02. Juli 2014 in Kongresshaus Baden-Baden
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PRAXIS
Betriebssicherheit: Differenzstrom-Überwachung
erhöht Verfügbarkeit der Anlage
Hochfrequente Fehlerströme überwachen und unerwartete Zwangsabschaltungen vermeiden
ANTRIEBE, die über Frequenzumrichter versorgt
werden, zählen zu den typischen Anwendungsfällen
von RCM-Geräten des Typs B+
DIFFERENZSTROM-ÜBERWACHUNGS GERÄTE erkennen und
beheben selbst hoch frequente Fehlerströme bis 100 kHz
DIE KLASSI-
FIZIERUNG von
Differenzstromgeräten
basiert
unter anderem auf
den detektierbaren
Frequenzen der
Fehlerströme
Bilder: Phoenix Contact
MIT DEM VORALARM werden Fehler
erkannt und behoben, bevor es zur
ungeplanten Abtrennung kommt
Gleichfehlerströme und hochfrequente Wechselfehlerströme
erhöhen in industriellen Anlagen
die Anforderungen an die Technik – wenn Betriebssicherheit
und Verfügbarkeit der Anlage sichergestellt
werden sollen. Mittels Differenzstrom-Überwachungsgeräten
werden Fehlerströme frühzeitig erkannt
und gemeldet, bevor sie den kritischen Wert
erreichen und eine Abschaltung der Anlage erfolgt.
Ausfallzeiten und damit verbundene Kosten werden
so reduziert.
Aufgrund der Zunahme an elektronischen Verbrauchern
handelt es sich im Fehlerfall häufig um Gleichströme
oder Fehlerströme im hochfrequenten Bereich. Differenzstrom-Überwachungsgeräte
erkennen Fehler frühzeitig
und beheben sie. Der RCM Typ B+ von Phoenix
Contact erkennt hochfrequente Fehlerströme bis 100 kHz.
GRUNDLAGE FÜR WIRTSCHAFTLICHKEIT
Der Stellenwert der Betriebssicherheit industrieller Anlagen
wird durch die umfassende Normenlage bestätigt.
Leitungsschutzschalter und Fehlerstrom-Schutzschalter
werden dabei im Fehlerfall zur sicheren Abtrennung
einzelner Verbraucher oder Stromkreise eingesetzt. Zu
beachten ist, dass ein direktes Abtrennen durch einen
Fehlerstrom-Schutzschalter aufgrund eines zu hohen
Ableitstroms auf dem PE-Leiter nicht immer erwünscht
ist. Denn mit dem sicherheitsbedingten schnellstmöglichen
Abtrennen der Verbraucher geht eine geringere
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atp edition
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Verfügbarkeit der Anlage einher – die wirtschaftlichen
Auswirkungen eines unerwarteten Ausfalls der Anlage
können hoch sein. Dabei sind neben dem Schaden an
der Anlage selbst stets die möglichen Folgeschäden und
Ausfallzeiten zu berücksichtigen. Eine unmittelbare
Vorwarnung sowie ein rechtzeitiges Eingreifen können
in diesem Fall helfen.
HOCHFREQUENTE DIFFERENZSTRÖME
Planer, Errichter und Betreiber elektrischer Anlagen
reduzieren störende elektrische Einflüsse – wie hohe
Ableitströme, Oberschwingungen und elektromagnetische
Felder – durch geeignete Konzepte bereits bei der
Planung. Später im Betrieb können hohe Ableitströme
so auf ein Minimum reduziert werden. Fehlerströme
durch Isolationsfehler können dadurch jedoch nicht
ausgeschlossen werden.
In Abhängigkeit von den Verbrauchern sowie von der
benötigten Stromversorgung können Fehlerströme verschiedenster
Form und Frequenz auftreten. Durch den
vermehrten Einsatz elektronischer Betriebsmittel, wie
Frequenzumrichter bei Motoren, kommt es im Fehlerfall
zu hohen Ableitströmen im hochfrequenten Bereich.
Außerdem werden frequenzgesteuerte Betriebsmittel
eingesetzt, wie etwa Kühlanlagen, Kran- und Hebeanlagen
oder Lampentreiber, bei denen die Betriebsfrequenz
im mittleren zweistelligen kHz-Bereich liegt.
Diese Frequenzen liegen weit über den geforderten detektierbaren
Frequenzen von Schutz- und Überwachungsgeräten
der Typen A und B.
AGIEREN STATT REAGIEREN
Um Fehlerströme in einer elektrischen Anlage zu erkennen,
bevor es zu einer plötzlichen Abtrennung der
Verbraucher kommt, können Differenzstrom-Überwachungsgeräte
eingesetzt werden, die Fehlerströme
detektieren und melden. Mit den Produktreihen RCM-
A und RCM-B (Residual Current Monitoring) bietet
Phoenix Contact Differenzstrom-Überwachungsgeräte
nach DIN EN 62020 an, die diese Anforderungen erfüllen.
Diese Überwachungssysteme, die aus Stromwandler
und Auswerteeinheit bestehen, erkennen
frühzeitig Fehlerströme in der Elektroinstallation geerdeter
Systeme – in TN-S- und TT-Netzen. Um die
Fehlerströme zu ermitteln, wird nicht mit einer tatsächlichen
messtechnisch erfassten Messgröße gearbeitet,
sondern mit einem Stromwert, der im Differenzstrom-Wandler
erzeugt und im Differenzstrom-Überwachungsgerät
ausgewertet wird. Voraussetzung für
die Bildung des Differenzstroms ist allerdings, dass je
nach Applikation entweder alle aktiven Leiter – also
alle Außenleiter und Neutralleiter – oder der Erdungsleiter
durch den zugehörigen Summenstromwandler
RCM-SCT geführt wird.
Die Ergebniswerte der Überwachung werden permanent
signalisiert und beim Erreichen festgelegter
Grenzwerte wird alarmiert. Mit diesem Informationsvorsprung
kann der Betreiber den Fehler direkt oder
aber bei der nächsten planmäßigen Wartung lokalisieren
und beheben. Eine unerwünschte Abschaltung der
Anlage wird dadurch vermieden. Dies erhöht die Verfügbarkeit.
GEEIGNETE ÜBERWACHUNG FÜR JEDE APPLIKATION
Mit dem Auftreten der verschiedenen Fehlerströme
stiegen auch die Anforderungen an die Schutzeinrichtungen.
Dadurch wurde die Klassifizierung von Leitungs-
und Fehlerstrom-Schutzschaltern in den Normen
und Richtlinien angepasst. Differenzstromgeräte
des Typs A erfassen gemäß IEC 61008-1 (2012-04) sinusförmige
Wechselfehlerströme sowie pulsierende
Gleichfehlerströme bei einer Frequenz von 50/60 Hz.
Geräte des Typs B nach IEC 62423 erfassen zusätzlich
Wechselfehlerströme mit Frequenzen bis zu 1 KHz,
überlagerte Gleich- und Wechselfehlerströme sowie
glatte Gleichfehlerströme.
Aufgrund der immer häufiger auftretenden hochfrequenten
Fehlerströme wurde in der DIN VDE 664-400
(2012-05) eine Klassifizierung von Typ-B+-Geräten vorgenommen.
Diese erfassen zusätzlich zu den Fehlerströmen,
die ein Typ-B-Gerät erfasst, auch Wechselströme
mit einer Frequenz bis zu 20 kHz. Daher ist bei der
Auswahl der Differenzstrom-Überwachungsgeräte immer
auch die Art der möglichen Fehlerströme zu beachten.
Treten lediglich Wechselfehlerströme und pulsierende
Gleichfehlerströme mit einer Frequenz von
50/60 Hz auf, ist ein Differenzstrom-Monitor des Typs
A ausreichend. Bei Gleichfehlerströmen und hochfrequenten
Wechselströmen sollte ein Gerät des Typs B/
B+ zur Überwachung eingesetzt werden.
AUTOR
Dipl.-Wirt.-Ing. ACHIM
ZIRKEL ist Produkt-
Manager im Bereich
Netz- und Signal-Qualität
Trabtech bei Phoenix
Contact in Blomberg.
Phoenix Contact GmbH & Co. KG,
Flachsmarktstraße 8,
D-32825 Blomberg,
Tel. +49 (0) 5235 31 20 00,
E-Mail: azirkel@phoenixcontact.com
atp edition
4 / 2014
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PRAXIS
Durchflussmessgeräte unterstützen bei Erfüllung
behördlicher Auflagen und sparen Kosten
Bei der norwegischen RHI Normag AS wurden mit neuer Technik nicht nur Kalibrierprobleme gelöst
DIE ANLAGE DER RHI NORMAG AS in Porsgrunn
stellt Rohstoffe für Feuerfestmaterial her.
DIE DURCHFLUSSMESSGERÄTE IN CORIOLIS-TECHNOLOGIE
vereinfachten die Einhaltung der behördlichen Auflagen und verringerten
das Risiko für Energie zuviel zu bezahlen. Bilder: Emerson Process Management
Die Anlage der RHI Normag AS in Porsgrunn, Norwegen,
hat ihre Instandhaltungskosten verringert,
die Stillstandzeiten der Anlage minimiert und die Genauigkeit
des Energieverbrauchmessung. Gelungen ist
dies durch den Einsatz von Micro-Motion-Coriolis-
Durchflussmessgeräten.
ZUVERLÄSSIGKEIT IM KONTINUIERLICHEN PROZESS
Sechs Geräte der Micro-Motion-CMF-Geräte von Emerson
Process Management messen den Durchfluss von
Erdgas und rückgeführtem Brennstofföl, das in den
Öfen eingesetzt wird, in denen Magnesiumoxid Feuerfestmaterial
hergestellt wird. Die hochgenauen Messungen
werden für die steuerliche Bewertung von Gas
und Öl genutzt und zur KLIF, der nationalen Umweltagentur
Norwegens, übertragen, um die Einhaltung der
Umweltvorschriften sicherzustellen.
„Unsere Anlage ist ein großer Energieverbraucher,
daher sind genaue Messungen von Öl und Gas wichtig
für unseren Betrieb,“ sagt Merethe Pepevnik, technischer
Leiter bei RHI Normag AS. „Weil wir einen
kontinuierlichen Prozess fahren, ist Zuverlässigkeit von
hoher Bedeutung. Unterbrechungen, um Messgeräte
neu zu justieren oder aufzuarbeiten, sind sowohl störend
als auch teuer. Wir haben uns für Emersons Massedurchflussmessgeräte
in Coriolis-Technologie entschieden,
weil sie zuverlässig, genau und einfach sind.“
ZWEI MAL JÄHRLICH JUSTIEREN = HOHE KOSTEN
Die Anlage der RHI Normag stellt Rohstoffe für Feuerfestmaterial
her, das in vielen Industrien genutzt wird.
In der Vergangenheit wurden zur Messung des Durchflusses
Turbinenradzähler mit einem Dichtemesssystem
für den eichamtlichen Transfer von Öl und Erdgas eingesetzt.
Die Messungen wurden auch dazu genutzt, die
CO2-Emissionen zu berechnen, die an KLIF berichtet
werden mussten. Allerdings war die Genauigkeit des
Messsystems durch Alterung und Abnutzung gering,
es musste zweimal im Jahr neu justiert werden, um
seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Das bedeutete,
dass vier Systeme aus der Produktion genommen werden
mussten, um sie zu justieren und aufzuarbeiten, zu
Kosten von 25 000 Euro pro Gerät, was zu jährlichen
Gesamtkosten von 150 000 Euro führte.
RHI benötigte also ein Messsystem, das Werte lieferte,
die für KLIF akzeptabel waren, genaue Daten für den
eichamtlichen Transfer zur Verfügung stellte und wenig
Instandhaltung benötigte. Die ersten vier Durchflussmessgeräte
wurden im Sommer 2009 auf zwei Öfen
installiert. Eines auf jedem Ofen diente zur Messung
des rückgeführten Öls, das andere für die Messung von
Erdgas. Im Jahr 2012 wurden Coriolis-Durchflussmessgeräte
mit höherer Kapazität installiert, um höhere
Gasdurchflussmengen messen zu können.
Die Durchflussdaten werden genutzt, um die Gasmenge
zu bestimmen, die vom Lieferanten zugekauft wird,
und dadurch das Risiko von Unter- oder Überzahlung
zu vermeiden. Darüber hinaus erfüllt die Messgenauigkeit
des Durchflussmessgeräts mit ± 0,35 % für Gas und
±0,1 % für Öl leicht die Anforderungen der KLIF. RHI
nutzt Emersons Smart Meter Verification, um regelmäßig
den Zustand und die Leistungsfähigkeit der Messgeräte
zu überprüfen. Diese einfach zu nutzende automatische
Diagnosefunktion überprüft schnell die mechanischen
und elektronischen Eigenschaften (Sensor,
Antrieb und Signalverarbeitung) des Messrohres, ohne
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atp edition
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die Durchflussmessung zu unterbrechen – sie verkürzt
dadurch Stillstandzeiten und vermeidet die
Notwendigkeit, das Gerät zweimal im Jahr zu warten
oder zu justieren.
INVESTITION RENTIERT SICH IN SECHS MONATEN
Emersons Micro-Motion-ProLink-III-Software für
Konfiguration und Diagnose wird genutzt, um monatlich
einen Zustandsbericht des Messgerätes zu erstellen,
in dem jeder Schaden an einem Messrohr aufgeführt
ist, der die Messleistung beeinträchtigt. Der
Bericht enthält auch Daten darüber, ob der Nullpunkt
des Gerätes gegenüber der Werkseinstellung verändert
wurde oder über die zuletzt erfolgreich in der
Anlage gesetzte Nullpunkteinstellung. Diese Berichte
werden für den jährlichen Audit durch die Behörden
gesichert und unterstützen die Einhaltung der Vorschriften
und Auflagen der Behörden.
„Die Micro-Motion-Coriolis-Durchflussmessgeräte
haben sich seit Jahren in unserer Anlage bewährt“,
so Pepevnik weiter. „Selbst die ersten Messgeräte,
2009 installiert, haben keine Justierung benötigt. Ihre
Leistung ermöglicht es uns, unsere jährlichen Instandhaltungskosten
deutlich zu verringern, die behördlichen
Auflagen einfacher zu erfüllen und die
Sicherheit zu haben, dass wir nur die Energie bezahlen,
die wir wirklich nutzen. Auf der Grundlage dieser
Faktoren hat sich unsere erste Investition bereits
nach sechs Monaten bezahlt gemacht.“
RHI Normag AS ist ein Unternehmen der RHI AG,
einem Weltmarktführer in qualitativ hochwertiger,
technisch führender Herstellung von feuerfestem
Mauerwerk. In 36 Produktionsstätten in Europa,
Nordamerika, Südafrika und China beschäftigt RHI
AG etwa 8 000 Mitarbeiter.
AUTOR
THOMAS OTTEN ist seit
März 2012 als Business
Development Manager für
die Micro Motion Flow,
Dichte- und Viskositätsprodukte,
sowie die Rosemount
Flow Produkte (MagMeter
und Vortex) zuständig.
Emerson Process Management GmbH & Co. OHG,
Rheinische Strasse 2, D-42781 Haan,
Tel. +49 (0) 2129 55 30,
Internet: www.emersonprocess.de
PRAXIS
129 Photobioreaktoren sorgen für energieeffiziente
Nutzung von Gebäudefassade in Hamburg
Algenfassade erzeugt Biomasse, die von Durchflussmessgeräten kontrolliert wird
ALGENHAUSFASSADE
in Hamburg
ZELLWACHSTUMS-
DETEKTION
mit Sensor OUSBT66.
Bilder: Endress+Hauser
Auf der Internationalen Bauausstellung (IBA) in
Hamburg, die von März bis Oktober 2013 stattfand,
sorgte ein Gebäude schon aufgrund seines leuchtend
grünen Äußeren für Aufsehen: das Pionier-Algenhaus.
Die fünfstöckige bewohnbare Immobilie mit einer Fassade
von 129 Glassegmenten, die als Photobioreaktoren
fungieren und Energie sowie Biomasse aus Mikroalgen
erzeugen, war eines der Highlights in der Hansestadt.
Durchfluss- und Füllstandmessgeräte des Anbieters
Endress+Hauser sind ebenso in die Reaktoren eingebracht
worden, wie pH-Sensoren und Messvorrichtungen
für den Sauerstoff- und Nitratgehalt. Diese Parameter
sind wichtig, um den Algen für deren Metabolismus
einen geeigneten Lebensraum zu schaffen.
OPTIMALE BEDINGUNGEN FÜR ALGEN SCHAFFEN
„Algen verdoppeln ihre Biomasse jeden Tag“, erklärt der
habilitierte Hydrobiologe Dr. Martin Kerner, Gründer des
Beratungsunternehmens Strategic Science Consult (SSC),
den besonderen Vorteil der grünen Wasserbewohner.
„Wir wissen inzwischen sehr genau, was benötigt wird,
um optimale Bedingungen für die Algen zu schaffen.“
Die mit Wasser und Nährlösungen gefüllten Photobioreaktoren
bieten passenden Lebensraum für die Mikroalgen.
Die binden während der Photosynthese unter Lichtzufuhr
Kohlenstoffdioxid und stellen daraus körpereigene
organische Substanz her, die sogenannte Biomasse.
Das hierfür benötigte Kohlenstoffdioxid stammt aus den
Abgasen einer Gasheizung im Erdgeschoss des Gebäudes.
Die aus Algen gewonnene Biomasse ist reich an essentiellen
Aminosäuren, ungesättigten Fettsäuren sowie
prä- und probiotischen Substanzen, die sie für eine Verwendung
als Futter- und Nahrungsmittel prädestinieren.
Die wertvollen Inhaltsstoffe können auch für die Anwendung
in der Pharma- und Kosmetikindustrie dienen.
In der Biogasanlage landen dann letzten Endes nur die
Reststoffe nach der Extraktion der Feinchemikalien.
PROZESSPHOTOMETER MISST WACHSTUM DER ALGEN
Um das Wachstum der Algen nachverfolgen und aufzeichnen
zu können, wurde ein Prozessphotometer
OUSBT 66 eingesetzt, der die Werte kontinuierlich aufzeichnet
und an das Leitsystem übermittelt. Die Kontrolle
des Algen-Wachstums dient der Ermittlung des
geeigneten Erntezeitpunktes, an dem die Algen die
optimalen Bedingungen für die nachfolgenden Produktionsschritte
aufweist.
Neben der Messtechnik lieferte Endress+Hauser die
gesamte elektrotechnische Montage sowie die Leittechnik
vom strategischen Allianzpartner Rockwell Automation.
Dabei wurde auf die dezentrale Ethernet-IP-
Topologie zurückgegriffen. Die Remote I/O Module
wurden so an die Control-Logix-Steuerung (SPS) gekoppelt,
um ein dezentrales Steuerungskonzept über die
einzelnen Stockwerke zu realisieren. Die Schnittstelle
zum Bediener wurde über die Visualisierungssoftware
FTView, ebenfalls von Rockwell Automation, realisiert.
So kann der Bediener die Anlage steuern, bei Bedarf in
den Prozess eingreifen sowie bestimmte Steuerungsund
Regelparameter verändern.
Rockwell Automation hat es den Programmierern einfach
gemacht und bietet die Möglichkeit, je nach Background
eine von drei verschiedenen Programmiersprachen
anzuwenden. Ladder, Structured Text und Funktionsplan
stehen zur Verfügung. Dies ermöglicht eine schnelle Projektrealisierung
an fast jedem Ort der Welt und ohne große
20
atp edition
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Bindung von Fachpersonal. Außerdem verbesserte Rockwell
das Programmierhandling durch seine Tag-basierte
Architektur und schuf eine Durchgängigkeit innerhalb der
Steuerung, die zur Zeitersparnis beiträgt.
TECHNOLOGIE AUCH FÜR GRÖSSERE FASSADEN
Neben den beschriebenen Vorzügen des überwachten
Algenwachstums zur Algengewinnung und Ernte wird
mit den Photobioreaktoren auch Solarthermie betrieben.
Denn die Warmwasserbereitung im „grünen“ Gebäude
wird mit Energie versorgt, die durch Sonneneinstrahlung
im Wasser der Bioreaktoren entstanden ist
und mit einem Wärmetauscher entzogen wurde.
„Es handelt sich um eine Demonstrationsanlage, die
erfolgreich die Machbarkeit aufzeigte“, so Dr. Martin
Kerner. Nun wird im Rahmen eines Monitoring-Programms
die Anlagen- und Prozesstechnik so optimiert,
dass gleichzeitig hohe Produktivität hinsichtlich
Biomasse und Wärme sowie eine hohe Benutzerakzeptanz
hergestellt werden. Im Hinblick auf eine
Anwendung an größeren Bauten wie etwa Möbelhäu-
sern, Lagerhallen und Industriebauten würde dann
eine marktreife Technologie zur Verfügung stehen, mit
der bislang brach liegende Fassadenflächen im urbanen
Bereich energieeffizient und ökologisch sinnvoll
genutzt werden.
AUTORIN
ALINA MORITZ ist Produktmanagerin
Analysenmesstechnik bei
Endress+Hauser in Weil am Rhein.
Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG,
Colmarer Straße 6, D-79576 Weil am Rhein,
Tel. +49 (0) 7621 975 53 98,
E-Mail: alina.moritz@de.endress.com
Durchflussmesstechnik
Hochpräzises Durchflussmessgerät
mit einem 3 in 1 Sensor.
Aufgrund der exakten Messkammer sind genaue Messungen über einen Messbereich von 1:150 möglich. Im Bereich von 1:10
beträgt die Messgenauigkeit sogar 0,1%. Der 3 in 1 Sensor kombiniert Durchflussmessung, Durchflussrichtungserkennung
und Temperaturmessung.
Durchflussbereich von 0,1 bis 525 l/min.
Max. Betriebstemperatur 125 °C.
Max. Druck 40 bar.
Push-pull (PNP+NPN) und Pt100 Signal.
KRAL AG, 6890 Lustenau, Austria, Tel.: +43 / 55 77 / 8 66 44 - 0, E-Mail: kral@kral.at
www.kral.at
PRAXIS
Burst-Technologie ermöglicht hohe Qualität ohne
Reibungsverlust bei der Laserbearbeitung
Wirtschaftlichere Fertigung von Komponenten für Werkzeuge, Automotive und Medizintechnik
AN EINEM HARTMETALLWERKSTÜCK mit einer
Bearbeitungsfläche von 1x1 mm² wurde das Verhältnis
von Laserfluenz zu Bearbeitbarkeit untersucht. Dabei
stellte sich bei 4,2 Mhz eine maximale Abtragsrate von
2 mm³/min ein. Die Laserleistung lag bei 36 W.
Strahlquelle: Time-Bandwidth.
DAS BURSTVERFAHREN ermöglicht durch viele Laserpulse eine
gute Bearbeitungsrate. So wurde hier innerhalb von einer Stunde
ein Volumen von 180 mm3 abgetragen (links: Mikroskopaufnahme
des Abtragsergebnisses, rechts: Negativvolumen).
BEI EINER ZU HOHEN
FLUENZ entstehen
Lunker und Schmelze auf
der Materialoberfläche.
IM BURSTMODUS wird die hohe Energiedichte in
Einzelpulse aufgelöst. Die mittlere Leistung bleibt
dabei zusammengenommen gleich.
BEI ZU GERINGER
LASERFLUENZ bilden
sich aufgrund des
instabilen Abtrags Spikes
auf dem Werkstoff.
Bilder: GFH GmbH
Laser mit ultrakurzen Pulsen sind bislang meist das
Mittel der Wahl, um in der Mikrobearbeitung an die
Grenzen des technisch Machbaren zu gehen. Allerdings
erfordert dieses Verfahren in der Regel sehr lange
Prozesszeiten, weshalb eine Umsetzung in Serienanwendungen
nur bei Produkten mit hoher Wertschöpfung
wirtschaftlich realisierbar ist. Inzwischen gibt es
dazu jedoch eine Alternative: Lasersysteme mit flexiblen
Pulszügen können große Volumen bei sehr guter
Qualität abtragen. Die Bearbeitungsleistung liegt teils
um den Faktor 10 höher als bei konventionellen Fertigungsverfahren.
Gleichzeitig werden Werkstoffbeeinträchtigungen
durch zu hohen Energieeintrag dank der
Aufspaltung in mehrere Burstpulse verhindert.
Die GFH GmbH hat in ihren Lasermikrobearbeitungsanlagen
diese neue Technologie mit UKP-Lasern und
softwaregestützem Prozess-Know-How zu einem Gesamtpaket
kombiniert, das die wirtschaftliche Serienfertigung
von Komponenten vom Werkzeugbau über die
Medizintechnik bis hin zu Automotivteilen ermöglicht.
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atp edition
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EINSCHRÄNKUNGEN BEI TRADITIONELLER
LASERBEARBEITUNG
Um Werkstoffe mit Laserpulsen effizient zu bearbeiten,
sollte ein möglichst großer Teil der vorhandenen Laserenergie
in Abtragsleistung umgesetzt werden. Je nach
Werkstoff läuft die Bearbeitung dann am effizientesten,
wenn das Material mit Laserpulsen einer speziell darauf
abgestimmten Energiedichte bearbeitet wird. So
wird zum Beispiel bei Hartmetall die beste Abtragsrate
bei Energiedichten im Bereich von 1 J/cm² erreicht.
Industriell verfügbare Lasersysteme liefern heute
mittlere Leistungen bis zu 150 W bei Pulslängen von
einigen Pikosekunden. Die maximale Energie des Einzelpulses
liegt aktuell im Bereich von 500 µJ, womit
Energiedichten von bis zu 900 J/cm² erzeugt werden
können. Die Bearbeitung in einem solchen Regime ist
zwar vor allem für das Laserbohren und -schneiden gut
geeignet, übersteigt aber die Energiedichte, bei der der
Abtragsprozess sein Effizienzmaximum erreicht, um
den Faktor 1 000. Der damit verbundene Energieüberschuss
führt bei derartigen Anwendungen stattdessen
zu unerwünschten Effekten wie beispielsweise Schmelze,
Grat- oder Lunkerbildung.
LASER MIT HOHER REPETITION SOLLEN
MITTLERE LEISTUNG LIEFERN
Um abtragende Prozesse effizient umzusetzen, werden
daher Lasersysteme benötigt, die es aufgrund hoher Repetitionsraten
erlauben, mit der für den jeweiligen Werkstoff
idealen Energiedichte eine hohe mittlere Leistung
zu liefern. Theoretisch ließe sich auf diese Weise die
Abtragsrate skalieren, in der Praxis sind einer solchen
Skalierung jedoch sowohl system- als auch prozesstechnische
Grenzen gesetzt: So müsste bei einer Erhöhung
der Pulswiederholfrequenz entsprechend auch die Scannergeschwindigkeit
gesteigert werden, um den Pulsüberlapp
konstant zu halten und einen gleichmäßigen
Abtrag sicherzustellen. Heutige Scannersysteme für
universelle Materialbearbeitungen können allerdings
nicht mit einer Schnelligkeit im Bereich von mehreren
10 m/s gefahren werden. Darüber hinaus resultiert eine
Verdoppelung der Verfahrgeschwindigkeit des Scanners
nicht zwangsläufig in einer Halbierung der Prozesszeit.
Hierbei sind auch Totzeiten durch Beschleunigungsund
Bremsstrecken mit einzuberechnen, die eine mögliche
Skalierung signifikant einschränken.
Daneben spielen prozesstechnische Umstände eine
wichtige Rolle. Bei der Bearbeitung von Werkzeugstählen
mit kurzen Laserpulsen von einigen Pikosekunden
zum Beispiel zeigt sich die effizienteste Fluenz im Bereich
von 100 mJ/cm². Diese Energiedichte liegt jedoch
nahe an der Abtragsschwelle, weshalb es beim Schmelzen
und Verdampfen des Materials zu Instabilitäten
kommen kann, die sich etwa als unerwünschte Deformationen
manifestieren. Eine hohe Abtragsleistung bei
zugleich hoher Oberflächenqualität lässt sich daher
insbesondere bei Werkstoffen, deren Schwellenfluenz
nahe der effizientesten Fluenz liegt, mit den gängigen
Strategien kaum erreichen.
AUFTRENNUNG DER ENERGIEDICHTE
ALS ALTERNATIVE
Eine Möglichkeit diese system- und prozessbedingten
Einschränkungen bei der Lasermikrobearbeitung zu umgehen,
stellen flexible Pulszüge, auch Burst genannt, dar.
Damit ist die Aufspaltung eines einzelnen Laserpulses in
mehrere kurz aufeinander folgende Burstpulse gemeint.
Jeder Einzelpuls kann in bis zu acht aufeinander folgende
Teile getrennt werden, die ursprüngliche Energiedichte
verteilt sich dabei entweder entsprechend gleichmäßig
oder wird vom System in Stufen von 0 bis 255 für jeden
einzelnen Burstpuls spezifisch konfiguriert. Die Abfolge
der einzelnen Pulse liegt im Bereich von 12,5 ns.
Die dazu nötigen Regulierungsfunktionalitäten hat
die GFH GmbH jetzt standardmäßig in ihre Anlagensteuerung
GL Control integriert. Auf diese Weise können
alle neuen Lasermikrobearbeitungszentren, deren
Strahlquellen dafür geeignet sind, je nach Bedarf in den
Burst-Modus umgeschaltet werden. Um den Benutzer
dabei zu unterstützen, werden sämtliche relevanten
Prozessparameter in einem grafischen Bedieninterface
dargestellt, so dass die individuelle Einstellung erleichtert
wird. Zusätzlich sind diverse vordefinierte Standard-Parametersätze
für verschiedene Werkstoffe verfügbar,
die bereits auf gewisse Zielgrößen, etwa hinsichtlich
Abtragsrate oder Rauheit, abgestimmt sind
und direkt übernommen werden können.
Durch die damit mögliche Aufspaltung der Laserenergie
werden zum einen die prozesstechnischen Probleme
mit bestimmten Werkstoffgruppen in einen Bereich
verschoben, der eine zuverlässige und präzise
Bearbeitung mit hoher Abtragsleistung ermöglicht.
Zum anderen entsprechen die Pulspausen im Burst-
Modus jenen im Standardbetrieb ohne Burst, wodurch
handelsübliche Scanner eingesetzt werden können.
Generell sind mit dieser Bearbeitungsstrategie Abtragsraten
von bis zu 3 mm³/min bei einer Oberflächenrauhigkeit
von unter 0,5 µm Ra möglich. Selbst komplexere
Geometrien mit Rundungen und unterschiedlichen
Vertiefungen und einem Gesamtvolumen von
180 mm³ lassen sich so innerhalb einer Stunde bei
gleich bleibend hoher Qualität und ohne unerwünschte
Materialveränderungen erzeugen.
AUTOR
ANTON PAULI
ist Geschäftsführer der GFH GmbH.
GFH GmbH,
Großwalding 5, D-94469 Deggendorf,
Tel. +49 (0) 991 29 09 20,
Internet: www.gfh-gmbh.de
atp edition
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23
PRAXIS
Funktionales Engineering: Maschinen mit
aktualisierter Software übergreifend konfiguriert
Baukasten-Funktionalitäten werden in verschiedenen Technologien eingesetzt
IM EPLAN ENGINEERING CENTER
(EEC) werden die Funktionen einer
Maschine allgemeingültig abgelegt,
so dass sie für die individuellen
Ausprägungen einer kundenspezifischen
Maschine konfiguriert
werden können.
BLICK IN EINE
PFLASTERMASCHINE am
Beispiel eines Wicklers.
DA DIE MASCHINEN trotz der individuellen
Anforderungen wiederkehrende Funktionen zu
erfüllen haben, lag es nahe, nach Möglichkeiten
der Standardisierung zu suchen.
Wenn sich ein Hersteller für die Vermarktung eines
neuen Produktes entscheidet, benötigt er in möglichst
kurzer Zeit eine genau auf seine Anforderungen
angepasste Verpackungslösung. Die Hersteller reagieren
mit der Strategie, einen möglichst hohen Maschinenumfang
mit bereits entwickelten, variablen Funktionsmodulen
zu realisieren, um Kalkulationssicherheit,
kurze Lieferzeit und Qualität in den Griff zu
bekommen. Das tut auch Harro Höfliger auf Basis des
Eplan Engineering Center (EEC).
Das Portfolio des Herstellers von Produktions- und
Verpackungsanlagen ist in mehrere Technologiebereiche
gegliedert: Die Bahn- und Folienverarbeitung
befasst sich unter anderem mit Maschinen, die Wundpflaster
und -verbände herstellen und verpacken. Ein
weiterer Technologiebereich entwickelt und fertigt
Kartonieranlagen. Außerdem werden Montagemaschinen
für medizinische Geräte wie zum Beispiel Einmalspritzen
gefertigt. Ein weiterer Bereich ist die Pulvertechnologie.
Hier entwickelt die Firma Lösungen für
das Dosieren und Verpacken von pulverförmigen Medikamenten,
wie inhalierbares Insulin. Rund 80 % der
in Allmersbach gebauten Maschinen kommen in der
Pharma- und Medizintechnik zum Einsatz.
STANDARDISIERUNG ERLEICHTERT PROJEKTARBEIT
Eine übergreifende Entwicklungsabteilung, die unabhängig
von Einzelprojekten arbeitet, gibt es bei Harro
Höfliger nicht. Volker Scheub, Leiter Steuerungstechnik:
„Da immer individuelle Anforderungen zu berücksichtigen
sind, gibt es für uns keine Serienmaschinen.
Alle Entwickler arbeiten an Kundenprojekten.“ Dabei
spielt die Software eine immer größere Rolle: Mehr als
80 Mitarbeiter in allen Technologiebereichen sind für
die Programmierung der Maschinensteuerungen verantwortlich.
Da die Maschinen trotz der individuellen
Anforderungen wiederkehrende Funktionen zu erfüllen
haben, lag es nahe, nach Möglichkeiten der Standardisierung
zu suchen. Dabei standen zwei Aspekte
im Vordergrund. Volker Scheub: „Die Entwickler stehen
unter starkem Zeitdruck. Sie arbeiten ja nicht für
eine neue Baureihe, sondern hinter jedem Projekt steht
ein Kunde, der auf seine Maschine wartet. Neben der
Zeitersparnis als vorrangigem Ziel wollten wir aber
auch eine Qualitätsverbesserung erreichen.“
FUNKTIONEN ALLGEMEINGÜLTIG ABLEGEN
Da die Maschinen und deren Baugruppen sehr stark
mechatronisch geprägt sind, war Harro Höfliger auf der
Suche nach einer Lösung, die die Konfiguration aller
mechatronischen Disziplinen unterstützt. Es sollte vermieden
werden, unkalkulierbare Ressourcen in die Eigenentwicklung
einer Konfigurationslösung zu investieren.
Die logische Konsequenz daraus war, nach einer
Lösung am Markt zu suchen. Die Wahl fiel auf das Eplan
Engineering Center (EEC). Im EEC werden die Funktionen
einer Maschine allgemeingültig abgelegt, so dass
sie für die individuellen Ausprägungen einer kunden-
24
atp edition
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schorrek: „Wir sparen zum Beispiel bei einer Pflastermaschine
150 bis 250 Konstruktionsstunden.“ Zugleich
verbessert sich die Qualität, weil die Konstrukteure stets
auf geprüfte Programmierbausteine zurückgreifen können,
die quasi auf Knopfdruck zur Verfügung stehen.
Auch bei der Inbetriebnahme spart man Zeit. „Bei der
elektrischen Grundinbetriebnahme konnten wir den
Zeitaufwand im Schnitt von zwei Wochen auf wenige
Tage reduzieren“, so Uwe Koschorrek.
DIE MASCHINEN UND DEREN BAUGRUPPEN
sind sehr stark mechatronisch geprägt – hier die
Schneid station einer Pflastermaschine.
Bilder: Harro Höfliger
spezifischen Maschine konfiguriert werden können
(Funktionales Engineering). Für die Erstellung der konkreten
auftragsspezifischen Unterlagen enthält jede
Funktion die entsprechenden Ausprägungen für den
Schaltplan, die SPS-Software oder die Dokumentation.
KEIMZELLE SOFTWAREENTWICKLUNG
Das Unternehmen hat die Einführung des EEC mit der
Konfiguration der Steuerungssoftware begonnen, da hier
die höchsten Optimierungspotenziale gesehen wurden.
Das Projektteam hat den Baukasten von vornherein so
aufgebaut, dass die Grundfunktionalitäten technologieübergreifend,
das heißt für unterschiedliche Maschinentypen
einsetzbar sind. Das funktioniert sehr gut, obwohl
es große Unterschiede zum Beispiel zwischen getakteten
Maschinen und solchen mit kontinuierlichem Betrieb
gibt. Volker Scheub: „Damit erreichen wir, dass jeder
auftretende Fehler behoben wird und dann nie wieder
auftritt.“ Individuelle Steuerungen werden damit heute
nahezu vollständig aus dem Baukasten generiert. Uwe
Koschorrek, Gruppenleiter Steuerungstechnik für Bahnverarbeitungsmaschinen:
„Wir generieren die Steuerungen
unserer Maschinen inzwischen bis zu 99 % mit
dem EEC.“ Nur Sonderwünsche, die bislang noch nie
realisiert wurden, wie die Integration eines zusätzlichen
Sensors, werden auf konventionelle Weise realisiert –
aber auch nur beim ersten Mal: „Solche Zusatzfunktionen
werden direkt als neues Funktionsmodul im EEC
angelegt.“ Auch die Zeitvorteile sind enorm. Uwe Ko-
GENERIERUNG DER DOKUMENTATION
Auf Basis der ersten Erfahrungen erfolgte die aufwendige
Erstellung der im Bereich der Medizintechnik
durch Gamp geforderten, maschinenspezifischen Dokumente
für die Qualifizierung, Designspezifikation
sowie Softwaredokumentation. Die auf Basis von Word
erstellten Dokumente wurden analog zur Vorgehensweise
in der Softwareentwicklung modularisiert und
in den Baukasten überführt. Sie werden heute automatisch
und damit immer konsistent zur Steuerungssoftware
aus dem EEC generiert. Dieser sehr strukturierte
und reproduzierbare Prozess ist ein nicht zu unterschätzender
Wettbewerbsvorteil in der heutigen Kundenkommunikation
von Harro Höfliger. Angesichts
dieser in den ersten beiden Stufen erreichten Effekte
überrascht es nicht, dass die Firma die Möglichkeiten
des EEC noch umfassender nutzen wollte. Dies galt sowohl
für die Breite des Einsatzes im Unternehmen, das
heißt die Nutzung des Baukastens für weitere Technologiebereiche,
als auch für weitere Disziplinen. So hat
das Unternehmen im dritten Schritt die Elektrokonstruktion
mit Eplan Electric P8 in das EEC eingebunden.
Unterstützung erhielt der Hersteller von Verpackungsmaschinen
von Eplan im Bereich der Modularisierung
der Schaltpläne und bei der Konfiguration.
Daher generiert die Firma heute bei ihren Kartoniermaschinen
und Pflastermaschinen die Elektroschaltpläne,
den Steuerungscode und die Dokumentation zu
einem hohen Prozentsatz automatisch.
AUTOR
DIPL.-ING. VOLKER SCHEUB ist Director
Controls Engineering bei der Harro
Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH.
Harro Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH,
Helmholtzstraße 4 ,
D-71573 Allmersbach im Tal,
Tel. +49 (0) 7191 50 10,
E-Mail: info@hoefliger.de
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NACHRUF
PROF. DR.-ING.
UWE MAIER
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Fachwelt der Automation trauert
um Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier
Der 66-jährige Mit-Herausgeber des Handbuchs der Prozessautomation und Prof. für Automatisierungstechnik
verstarb überraschend in der Nacht vom 9. auf den 10. März 2014 zuhause.
Ein Nachruf seines Kollegen Prof. Steven X. Ding von der Universität Duisburg-Essen
Am 10. März 2014 verstarb Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier,
ein langjähriger Mitarbeiter des Fachgebiets Automatisierungstechnik
und komplexe Systeme (AKS)
und Professor der Abteilung Elektrotechnik und Informationstechnik
(EIT) der Universität Duisburg-
Essen, plötzlich und völlig unerwartet.
Mit Herrn Prof. Maier verlieren unser Fachgebiet
und die Regelungstechnikgemeinde einen liebevollen
Kollegen, Freund und einen wunderbaren Menschen.
Geboren am 09. September 1947 in Stuttgart, studierte
Prof. Maier von 1966 bis 1971 Elektrotechnik
an der Technischen Universität Hannover. Anschließend
arbeitete er bis 1977 als wissenschaftlicher Mitarbeiter
und Assistent an der Technischen Universität
Hannover, wo er im Jahr 1974 zum Dr.-Ing. promovierte.
Von 1977 bis 1986 war er in der Industrie tätig,
zunächst auf dem Gebiet der Software-Entwicklung
für Echtzeitanwendungen bei der damaligen Krupp
Atlas-Elektronik GmbH in Bremen und später im Bereich
Planung der Automatisierung verfahrenstechnischer
Produktionsanlagen bei der früheren Hoechst
AG in Frankfurt. Von 1986 bis 1992 war er Professor
für Automatisierungstechnik an der Fachhochschule
Wiesbaden. 1992 folgte er dem Ruf als Professor der
Automatisierungstechnik an die Universität GH Duisburg
und war bis zu seiner Pensionierung im Februar
2013 als Hochschullehrer und in verschiedenen
Funktionen in der akademischen Selbstverwaltung
in der Abteilung EIT tätig. Im September 2013 erhielt
er eine UDE-Seniorprofessur für seine wertvolle Tätigkeit
zum Aufbau und zur Akkreditierung des neuen
EIT-Master-Fernstudiums.
Geprägt durch seine langjährige Industrietätigkeit
im Bereich Prozessautomatisierung beschäftigte sich
Prof. Maier vorrangig mit der Entwicklung der Engineering-Methoden
der Automatisierungstechnik, fehlertoleranten
Systemen und praktischen Anwen-
dungen von Modellbildung und Regelung. Sein Beitrag
auf diesem Gebiet genießt in der Fachwelt hohe
Anerkennung und Reputation. Prof. Maier war der
Mit-Herausgeber eines Standardwerkes auf dem Gebiet
der Prozessautomatisierung, dem Handbuch der
Prozessautomatisierung, das von dem Kollegen Früh
1997 erstmals herausgegeben und mehrfach durch
Prof. Maier und seinen Kollegen Dieter Schaudel als
neue Auflage aktualisiert wurde.
Prof. Maier unterstützte die Abteilung EIT über
viele Jahre in der akademischen Selbstverwaltung
uneigennützig und tatkräftig. Er war Vorsitzender
des Prüfungsausschusses EIT und Initiator des internationalen
Masterstudiengangs Automation and
Control Engineering. Von seiner über viele Jahre gewachsenen,
transparenten und fairen Methodik zur
Beurteilung der Studienvoraussetzungen profitiert
der Lehrbetrieb der Abteilung EIT. Die Akkreditierung
des neuen EIT-Master-Fernstudiums koordinierte
er maßgeblich und erstellte federführend die
umfangreichen Akkreditierungsunterlagen. Er entwarf
die Prüfungsordnung, setzte diese gemeinsam
mit dem Justitiariat erfolgreich um und schaffte
kürzlich noch die grundlegenden Strukturen für den
Prüfungsausschuss.
Prof. Maier war ein wunderbarer Mensch. Er war
bei seinen Studenten, Mitarbeitern und Kollegen gleichermaßen
beliebt und geschätzt. Unser Fachgebiet
wird Herrn Prof. Maier vermissen und stets in bester
Erinnerung behalten.
PROF. STEVEN X. DING,
Fachgebietsleiter,
Fachgebiet Automatisierungstechnik
und komplexe Systeme (AKS),
Universität Duisburg-Essen
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HAUPTBEITRAG
Anlagentopologien
automatisch erstellen
Modelle aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle erzeugen
Eine fundamentale Fragestellung der akademischen und industriellen Forschung
des letzten Jahrzehnts war die Automatisierung der Automatisierung. Dabei wurden
Konzepte mit dem Ziel einer teilautomatisierten Projektierung von Automatisierungslösungen
entwickelt. Die Anwendbarkeit der Algorithmen ist abhängig vom
Vorhandensein einer Beschreibung der Anlagentopologie in einem maschinenlesbaren
Format. Da diese bei Altanlagen für Engineering-Aufgaben im Betrieb und bei
der Modernisierung oft nicht zur Verfügung steht, müssen Alternativen gefunden
werden, um die benötigte Information zu gewinnen. Im Beitrag wird eine Methode
vorgestellt, die die benötigte Information aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle
erzeugt. Diese wird in einem Topologiemodell abgelegt, sodass sich die Algorithmen
der Automatisierung der Automatisierung darauf anwenden lassen.
SCHLAGWÖRTER Anlagentopologie / Automatisierung der Automatisierung /
Topologiemodell
Topology Generator –
Creation of Models from Human Machine Interfaces
A fundamental question of last decade’s research in academia and industry is the
Automation of Automation. Aiming at (semi-)automatic engineering of automation
systems, a lot of concepts have been developed. Regarding applicability, those algorithms
highly depend on the availability of plant descriptions in a computer-interpretable
form. Because today those are often not present during automation engineering,
especially for engineering tasks during operation and modernization of brownfield
plants, alternatives have to be found for gathering the required information.
This contribution presents a method to extract the required information from the
human machine interface. In order to increase applicability of Automation of Automation,
the gathered information is stored in a topology model, making Automation
of Automation wider applicable for industry.
KEYWORDS plant topology / automation of automation / topology model
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atp edition
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MARIO HOERNICKE, ABB
LARS CHRISTIANSEN, Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
ALEXANDER FAY, Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
Durch die Vielzahl integrierter Subsysteme im
Prozessleitsystem (PLS) steigt dessen Komplexität.
Ingenieure stehen vor der Herausforderung,
trotz der Komplexität und dem
zunehmenden Zeitdruck [1] das Engineering
in entsprechender Qualität durchzuführen. Faktoren
wie Fachkräftemangel [2] wirken sich auf das ohnehin
schon zeit- und kostenintensive Engineering zusätzlich
negativ aus.
Den Trend erkennend wurde das Thema der Automatisierung
der Automatisierung (AoA) ins Leben gerufen
[3]. Bereits über eine Dekade beschäftigt sich die Forschung
mit dem automatischen Erzeugen von Engineering-Artefakten,
um der genannten Entwicklung entgegenzuwirken.
Konzepte, um Visualisierungen [4-6] oder
Simulationsmodelle automatisch zu generieren [7], [8]
verfolgen das Ziel, die Kosten und den zeitlichen Aufwand
für das Engineering von PLS zu senken und die
Qualität der Ergebnisse sicherzustellen.
Trotz vielversprechender Forschungsergebnisse findet
AoA jedoch wenig Akzeptanz im industriellen Umfeld.
Grund hierfür ist das Fehlen der benötigten Information,
denn die Anwendbarkeit von AoA hängt stark
von der Verfügbarkeit und Qualität der Information in
einem computerinterpretierbaren Format [9] ab. AoA
geht davon aus, dass das Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema
(R&I, EN ISO 10628) in einem computerinterpretierbaren
Format, zum Beispiel CAEX [10]
für das Engineering der Automatisierungstechnik zur
Verfügung steht. Dies ist in der Praxis meistens nicht
der Fall. Obwohl es technisch möglich ist, R&I-Fließschema
digital auszutauschen, werden diese nach wie
vor meistens in gedruckter Form oder als .pdf versandt,
wodurch eine automatische Interpretation nicht möglich
ist. Dies liegt daran, dass objektorientierte CAE-
Werkzeuge bisher noch selten eingesetzt werden, und
von Seiten der Verfahrenstechnik ein Know-how-Verlust
gegenüber dem Automatisierer befürchtet wird. Für
Altanlagen steht das R&I-Fließschema üblicherweise
nicht in digitaler Form und oft gar nicht zur Verfügung.
In einem solchen Fall ist die Information über die Topologie
umso wichtiger. Deshalb müssen andere Informationsquellen
gefunden werden, die ähnliche Information
wie das R&I-Fließschema enthalten.
Um die benötigte Information für AoA bereitzustellen
[11], wird in diesem Beitrag ein Konzept zur Gewinnung
der Information aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle
(human machine interface, HMI) vorgeschlagen. Ausgehend
von vorhandenen Grafiken zur Visualisierung
eines Prozesses und der zugehörigen Anlage wird ein
Topologiemodell erzeugt, das die benötigte Information
enthält. Als Grundlage werden die in [11] vorgestellten
Anwendungsfälle und die dafür formulierten Anforderungen
verwendet. Zusätzlich werden die benötigten
Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen der Objekte ergänzt,
um die Topologie der Anlage realitätsnah und möglichst
vollständig zu beschreiben.
1. HMI ALS BASIS FÜR DAS TOPOLOGIEMODELL
Die meisten Anwendungsfälle der AoA gehen davon aus,
dass die Topologie der Anlage in einem entsprechenden
Format computerlesbar vorliegt. Die am häufigsten verwendete
Quelle ist das R&I-Fließschema. Dieses enthält
die wesentliche Information über die Struktur, Art und
Bezeichnung der Apparate und/oder Maschinen, Armaturen,
Rohrleitungen, Antriebe, sowie Aufgaben der
Einrichtungen zum Messen, Steuern oder Regeln. Deshalb
lassen sich hieraus regelbasiert Engineering-Artefakte
– mittels entsprechender Konzepte – erzeugen.
Hinzu kommt, dass das R&I-Fließschema, als Resultat
der verfahrenstechnischen Planung, am Anfang des
Engineering der Automatisierungstechnik üblicherweise
in einer ersten Version vorhanden ist, da auch ohne
AoA das Engineering der Automatisierungstechnik
darauf basiert. Deshalb liegt es nahe, das R&I-Fließschema
als Quelle für AoA zu verwenden.
Das HMI, als Resultat einer Engineering-Phase der
Automatisierungstechnik, soll nun mangels Vorhandensein
des R&I-Fließschemas in einem computerlesbaren
Format die darin vorhandene Topologie nachbilden.
Zunächst soll geprüft werden, für welche Anwendungsfälle
das HMI genutzt werden kann, da es nicht
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29
HAUPTBEITRAG
zu Beginn des Engineering der Automatisierungstechnik
zur Verfügung steht.
Bild 1 zeigt einen vereinfachten Ablauf des Engineering
für die Automatisierungstechnik. Das R&I-Fließschema
ist bereits am Anfang vorhanden, weshalb dieses
sich für alle AoA-Anwendungsfälle verwenden
lässt. Das HMI steht erst relativ spät im Engineering-
Prozess zur Verfügung, weshalb es nur für einen Teil
der AoA-Anwendungsfälle verwendet werden kann.
Dennoch kann die aus dem HMI, beziehungsweise den
Bedienbildern des Prozesses, gewonnene Information
für einige Anwendungsfälle verwendet werden. Deshalb
macht es Sinn, diese als Informationsbasis für die
Topologie zu nutzen.
Die Bedienbilder zur Visualisierung des Prozesses stellen
zwar ein Bild des zu bedienenden Prozesses dar, werden
jedoch nicht als einfaches Bild entwickelt. Dem Ingenieur
werden im Entwicklungswerkzeug Bibliotheken
mit vorgefertigten Symbolen, zum Beispiel ein Behälter,
zur Verfügung gestellt. Diese werden verwendet, um das
Bedienbild zu entwickeln und später in einem, üblicherweise
proprietären, Datenformat abzuspeichern.
1.1 Objekte innerhalb einer Topologie
Neben dem generellen Vorhandensein des HMI müssen
Anforderungen an das Topologiemodell genau betrachtet
werden. Zusätzlich zu den in [11] formulierten Anforderungen,
sind die enthaltenen Objektarten von
großer Bedeutung. Innerhalb eines Topologiemodells
können verschiedene Objektarten verwendet werden:
a | Behälter:
Behälter stellen Objekte zur Speicherung eines
Mediums dar. In verfahrenstechnischen Anlagen
können zusätzlich beispielsweise Reaktionen
stattfinden oder Behälter zum Druckausgleich
verwendet werden.
b | Aktoren:
Aktoren sind Objekte zur Einflussnahme auf bestimmte
Eigenschaften eines Mediums. Zum Beispiel
kann mit Hilfe eines Ventils die Strömungsgeschwindigkeit
eines Mediums verändert oder
mit Hilfe einer Heizung die Temperatur erhöht
werden.
c | Steuerungen/Regler:
Steuerungen/Regler stellen den Zusammenhang
zwischen Sensorik und Aktorik dar. Sie werden
verwendet, um auf Basis eines Messwerts einen
Stellwert für einen Aktor zu errechnen oder, basierend
auf bestimmten Bedingungen, steuernd in
den Prozess einzugreifen. Eine Steuerung ist zum
Beispiel notwendig, um Aktoren zu verriegeln,
wodurch beispielsweise das Trockenlaufen von
Pumpen vermieden werden kann.
d | Sensoren:
Sensoren werden eingesetzt, um Eigenschaften
eines Mediums oder des Prozesses zu bestimmen.
Zum Beispiel lässt sich damit die Temperatur
eines Mediums messen.
e | Flussobjekte:
In der Topologie einer Anlage werden Flussobjekte
zum Transport des Mediums verwendet.
Flussobjekte können beispielsweise Rohrleitungen
oder Verzweigungen sein. Diese Objekte
haben keinen direkten Einfluss auf die Eigenschaften
des Mediums, sondern verbinden verschiedene
Aktoren oder Behälter miteinander.
f | Terminierungen:
Jede Topologie hat einen oder mehrere Anfangsund
Endpunkte. Diese werden durch Materialquellen
oder -senken beschrieben. Quellen und
Senken stellen in der Topologie die Terminierungen
des Modells, und damit die Grenzen, dar.
1.2 Verbindungstypen innerhalb einer Topologie
Die topologischen Zusammenhänge – Vorgänger- und
Nachfolgerbeziehungen – zwischen, zum Beispiel, den
Aktoren, Sensoren oder Behältern, sind essenziell. Die
Vorgänger- und Nachfolgerbeziehungen innerhalb einer
Anlagentopologie lassen sich durch drei Verbindungstypen
beschreiben:
a | Materialfluss:
Als Materialfluss werden Stoffströme bezeichnet,
welche eine Verbindung zweier Elemente mittels
eines Stoffes oder Materials herstellen. Eine Verbindung
mittels Materialfluss ist zum Beispiel das
Material, das durch ein Rohr zwischen einem
Ventil und einer Pumpe fließt. Hierdurch wird die
Vorgänger- und Nachfolgerbeziehung zwischen
den Elementen hergestellt, das heißt, wenn das
Ventil schließt, wirkt sich dies auf die Pumpe aus.
In Bild 2 wird der Materialfluss in blau dargestellt.
b | Energieübertragung:
Die Energieübertragung oder der Energiefluss beschreibt
den Prozess der Weitergabe physikalischer
Energie zwischen Elementen. Ein Durchlauferhitzer
überträgt Wärmeenergie an eine Flüssigkeit,
wodurch diese veränderte Eigenschaften,
eine höhere Temperatur, nach dem Ausströmen
aus dem Durchlauferhitzer aufweist. Der Durchlauferhitzer
beeinflusst damit die Eigenschaften
des Materials. Ein weiteres Beispiel ist ein Wärmetauscher,
in dem eine Flüssigkeit Wärme abgibt,
wodurch eine zweite Flüssigkeit erhitzt oder
gekühlt wird. Ein Wärmetauscher ist in Bild 2 in
rot dargestellt.
c | Informationsfluss:
Als Informationsfluss oder Signalfluss werden die
Verbindungen zweier oder mehrerer Elemente mittels
eines logischen Signals beschrieben. Ein Regelkreis
wird zum Beispiel durch einen Informations-
30
atp edition
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Generierung der
Steuerungs- und
Verriegelungslogik [14]
Generierung von Hazop
Studien / C&E Matrizen [13]
Engineering der
Automatisierungstechniktopologie
und der
Instrumentierung
Rohr- und
Instrumentenfließbild
AoA Anwendungsfälle
Engineering der
Steuerungslogik
Generierung der Mensch-
Maschine SchniWstelle [4]
HMI Engineering
Mensch-Maschine
Schnittstelle
Generierung von FAT
Prozesssimulationsmodellen
[12]
Generierung von Assetmanagement
Funktionen
[15]
Integrationstest
und
Werksabnahme
Anwendungsfälle für den Anlagenbetrieb
Alarmgruppierung
[16]
Inbetriebnahme
Top-down
Fehleranalyse [17]
Betrieb
Modernisierung/
Erweiterung/
Optimierung/
KPI Impact
Vorhersagen [18]
Evaluation verschiedener
Szenarien
Tests gegen das Modell
Brown Field Engineering
[4], [12-15]
BILD 1: Auszug aus
Automatisierung
der Automatisierung
(AoA) und Mensch-
Maschine-Schnittstelle
(HMI)
im Engineering
Workflow
Topologiequellen
BILD 2: Verbindungen innerhalb
einer Anlagentopologie
BILD 3: Vergleich R&I-Fließschema mit HMI
fluss zwischen Sensor, Regelung und Aktor definiert.
Die Signale sind dabei im Leitsystem abgelegt
und stellen logische Verbindungen dar. Beispielsweise
beeinflusst ein Sensor einen Regler und dieser
beeinflusst einen Aktor, dargestellt in grün in
Bild 2. Wird der Informationsfluss in der Topologie
abgebildet, so werden nicht nur die Prozesswerte,
sondern auch andere Signale, beispielsweise für
eine Verriegelungslogik, in Betracht gezogen.
Die beschriebenen Kopplungen finden sich teilweise
im R&I-Fließschema. Die Material- und Energieflüsse
sind oft vollständig, wenn auch nur implizit, beschrieben,
während die Informationsflüsse oft nur für die
essenziellen Regelungen behandelt werden. Da diese
Kopplungen einen wesentlichen Bestandteil der Topologie
ausmachen, werden nachfolgend die Unterschiede
deren Darstellung, sowie die vorhandenen Elemente in
R&I-Fließschema und HMI untersucht. Dies geschieht
unter der Annahme, dass AoA auf Basis der im R&I-
Fließschema enthaltenen Information entwickelt wurde
und die Information ausreichend ist. Für eine detaillierte
Aufstellung der weiteren Anforderungen wird
auf [11] verwiesen.
1.3 Vergleich R&I-Fließschema und HMI
Sowohl das R&I-Fließschema, als auch das HMI werden
entworfen, um einen Einblick in die reale Anlage zu
geben – jedoch für unterschiedliche Verwendungszwecke.
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31
HAUPTBEITRAG
Das R&I-Fließschema beschreibt den Aufbau der
Rohrleitungen und die benötigte Instrumentierung, um
den Verfahrens- und Automatisierungstechnikern eine
Vorlage für das Engineering der Anlage zu geben.
Das HMI wird nicht für Engineering-Zwecke verwendet,
sondern soll dem Anlagenfahrer einen Blick auf den
realen Prozess und die Anlage bieten. Deshalb unterscheidet
sich der Informationsgehalt zwischen beiden
Formaten geringfügig. Bild 3 illustriert Gemeinsamkeiten
und Unterschiede zwischen R&I-Fließschema und HMI.
Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Darstellung
der ungesteuerten Anlagenelemente und der Anlagenelemente,
die keine Entsprechung im PLS haben
(zum Beispiel ein Handventil oder Schaugläser ohne
Indikation im PLS). Diese werden im HMI nicht abgebildet.
Regelungen, die im R&I-Fließschema nur unvollständig
dargestellt werden, werden im HMI ebenso auf
das Wesentliche reduziert und stellen damit keine getreue
Abbildung des Informationsflusses dar. Um den
Informationsfluss in der Topologie vollständig zu beschreiben,
wird deshalb eine weitere Quelle benötigt.
Die Aktorik sowie der Materialfluss werden in beiden
Formaten sehr ähnlich dargestellt. Auch Behälter und
Wirkrichtungen innerhalb des Materialflusses werden
sehr ähnlich abgebildet und sind in beiden Formaten
meistens vorhanden.
Hinzu kommt die Energieübertragung. Diese wird im
HMI ebenfalls durch a) Aktoren (zum Beispiel Heizung)
oder b) spezielle Konstrukte dargestellt, wie ein Wärmetauscher
(beziehungsweise ein Tank, der durch warmes Fluid
im Mantel erhitzt wird). Das bedeutet, dass der Informationsgehalt
im HMI dem Informationsgehalt im R&I-Fließschema
ähnelt und das HMI anstelle des R&I-Fließschemas
als Basis für ein Topologiemodell benutzt werden kann.
2. ERZEUGEN VON TOPOLOGIEMODELLEN AUS DEM HMI
Damit Topologiemodelle aus dem HMI erzeugt werden
können, müssen einige Annahmen getroffen werden.
Üblicherweise wird die Visualisierung eines Prozesses
durch ein Bild beschrieben. Es gibt intelligente Objekte
innerhalb der Bilder, die eine Verbindung zu den im
Leitsystem vorhandenen Objekten beschreiben, Bild 4.
Normalerweise werden Symbole zur Anzeige von Sensoren,
Aktoren und Reglern so entwickelt, dass diese
bei einer bestimmten Werteänderung ihr Aussehen
verändern oder den aktuellen Prozesswert anzeigen.
Beispielsweise verändert ein Ventilsymbol seine Farbe,
wenn das zugehörige Ventil offen ist und eine Flüssigkeit
hindurchströmen kann.
Damit die Veränderung des Aussehens gelingt, wird
eine Referenz zum Objekt im Leitsystem benötigt. Zur
Erstellung des Topologiemodells kann diese Referenz
benutzt werden, um das Objekt – und dessen Typinformation
– im Leitsystem zu finden. Der Algorithmus zur
Generierung des Topologiemodells macht sich diese
Information zu Nutze, um aktive Elemente (Elemente,
die den Material- oder Energiestrom direkt oder indirekt
beeinflussen) ausfindig zu machen und deren Eigenschaften
aus dem Leitsystem zu extrahieren (zum
Beispiel Reglerparameter, die Leistungen eines Motors
oder einer Pumpe).
Die Annahme, dass durch aktive Elemente eine
Referenz oder Verbindung zum Rest des Leitsystems
hergestellt werden kann, impliziert bereits, dass die
aktiven Elemente Information über deren Typ beinhalten.
Das bedeutet, bei der Betrachtung wird davon
ausgegangen, dass das Engineering-Werkzeug des
Leitsystems eine objektorientierte Entwicklung er-
BILD 4: Referenzen innerhalb des HMI zu Leitsystemobjekten
BILD 5: Identifikation aktiver Objekte anhand
des Leitsystemobjekttyps
32
atp edition
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laubt und jedes Objekt eine Instanz eines bestimmten
Typs ist. Zusätzlich wird angenommen, dass die
vorgefertigten Symbole für die benötigten Bilder
verwendet werden. Beispielsweise wird ein Behältersymbol
eingesetzt, um einen Behälter darzustellen,
und nicht etwa ein dickes Rohrleitungssymbol.
Auf Basis dieser Annahmen lässt sich nun ein Konzept
zur Generierung der Topologie aus dem HMI
entwickeln.
2.1 Konzept
Um die Information über die Anlagentopologie aus dem
HMI zu gewinnen, wird ein mehrstufiger Algorithmus
benötigt, welcher aus zwei Phasen besteht, die sich wiederum
in Schritte gliedern.
Phase 1: Objekt- und Typidentifikation
In der ersten Phase werden die Objekte innerhalb einer
Grafik identifiziert. Hierbei werden aktive und passive
Objekte unterschieden.
Schritt 1: Identifikation aktiver Objekte und deren Typ
Zunächst werden die aktiven Objekte identifiziert. Dies
geschieht anhand der Referenzen aus deren Symbol.
Die Referenzen zeigen normalerweise auf die Objektinstanz
im Leitsystem, die das reale Objekt steuert.
Wurde diese gefunden, kann anhand verschiedener
Eigenschaften des Leitsystemobjekts auf den spezifischen
Typ des Objekts innerhalb der Topologie (Topologietyp)
rückgeschlossen werden. Die Identifikation
des korrekten Topologietyps geschieht auf verschiedene
Weise:
1. Identifikation anhand des Leitsystemobjekttyps
Werden Leitsystemobjekttypen für spezielle Anlagenapparate
verwendet, zum Beispiel für ein Ventil, so
kann der Leitsystemtyp direkt in den Topologietyp
überführt werden, siehe Bild 5. Ist dies nicht der Fall,
beispielsweise, wenn im Leitsystem der generische Typ
Motor verwendet wird, lässt sich auf dieser Basis immerhin
feststellen, dass es sich bei diesem Objekt um
einen Aktor handelt. Darauf folgend kann die nächste
Methode zur Identifikation herangezogen werden, um
den Topologietyp näher zu spezifizieren.
2. Identifikation anhand des verwendeten grafischen
Symbols
Werden generische Typen im Leitsystem verwendet, so
können Rückschlüsse bezüglich des Topologietyps anhand
des verwendeten Symbols gezogen werden. Wenn
ein Leitsystemtyp verwendet werden kann, um verschiedene
Arten von zum Beispiel Aktoren zu steuern, so werden
verschiedene Symbole zur Visualisierung der Aktoren
angeboten. Die Symbole können oft verwendet werden,
um den Topologietyp zu bestimmen, siehe Bild 6.
3. Identifikation anhand der verwendeten Einheit
Bei Sensoren tauchen zur Darstellung im HMI oft Wertanzeigen
auf. Deshalb kann meistens nicht auf deren
spezifischen Typ in der Topologie anhand des Symbols
rückgeschlossen werden. So wird eine Wertanzeige
meistens in den generischen Typ Sensor gewandelt. Um
den Typ genauer zu bestimmen, können die angezeigten
Einheiten zur Hilfe genommen werden. Beispielsweise
erlaubt die Einheit °C den Schluss, dass an dieser Stelle
eine Temperatur gemessen wird und es sich um einen
Temperatursensor handelt.
4. Identifikation anhand von Namenskonventionen
Da es sich bei der Anzeige der Einheiten oft um Laufzeitwerte
handelt, die erst sehr spät zur Verfügung stehen,
gibt es als letzte Möglichkeit noch die Identifikation
auf Basis von Namenskonventionen. Oft werden
Leitsystemobjekte mit Prä- oder Suffix versehen, um
mit Hilfe des Namens deren Funktion zu erkennen.
Werden Präfixes verwendet, so kann zum Beispiel ein
Sensor beginnend mit dem Buchstaben P als Drucksensor
identifiziert werden.
BILD 6: Identifikation aktiver Objekte
anhand des verwendeten Symbols
Schritt 2: Bestimmen der objektspezifischen Eigenschaften
Der Topologietyp des Objekts bestimmt, welche Eigenschaften
das Objekt besitzt. Im Wesentlichen müssen
die Anforderungen nach [11] erfüllt werden. Die Eigenschaften
können nach der Identifikation des Topologietyps
zu großen Teilen aus der Leitsystemkonfiguration
automatisch entnommen werden. Die Objektinstanz
innerhalb der Topologie lässt sich kreieren und die Eigenschaften
der Instanz können gefüllt werden.
Schritt 3: Identifikation passiver Objekte
Im letzten Schritt der ersten Phase werden die passiven
Objekte identifiziert. Anhand der verwendeten Symbole
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33
HAUPTBEITRAG
können diese Objekte identifiziert werden. Im Beispiel
in Bild 7 wird ein Behälter dargestellt. Werden für AoA-
Anwendungsfälle physikalische Eigenschaften benötigt,
wie beispielsweise der Durchmesser oder die Höhe
eines Behälters, so müssen diese in der Topologie aus
einer anderen Quelle hinzugefügt oder von Hand ergänzt
werden. Das HMI bietet dazu keine Information.
Nach der Identifikation der passiven und aktiven Objekte
werden diese in einer flachen Struktur abgelegt.
Die Anlagentopologie definiert sich nicht über eine
Hierarchie, sondern über Verbindungen zwischen Objekten
und deren Einfluss aufeinander.
Phase 2: Erstellen der Verbindungen zwischen Objekten
Das Modell wird in Phase 2 durch die Verbindungen
ergänzt. Energiekopplungen, die implizit im Materialfluss
(zum Beispiel Wärmetauscher) enthalten sind,
werden nicht gesondert als solche gekennzeichnet. Aktoren,
die die Energie des Medium beeinflussen (wie
Heizung oder Durchlauferhitzer) werden als Aktoren in
gleicher Art und Weise integriert, wie nachfolgend für
den Materialfluss beschrieben, jedoch als Energiekopplung
gekennzeichnet. Deshalb fokussiert der nachfolgende
Algorithmus auf den Materialfluss und die Teile
des Informationsflusses, die im HMI enthalten sind.
Schritt 1: Erstellen des Materialflussgraphen
Zunächst wird der Materialfluss innerhalb des HMI
identifiziert. Zur Beschreibung des Materialflusses werden
Rohrleitungssymbole oder Polygonzüge verwendet.
Beide können identisch behandelt werden, weshalb im
Folgenden nur der Begriff Polygonzüge auftaucht. Rohrleitungen
werden in einem speziellen Format dargestellt,
um sie von anderen Polygonzügen zu unterscheiden,
wie sie für Signalflüsse verwandt werden. Anhand
der Formatierung lassen sich also die Rohrleitungen
identifizieren (Bild 8).
Wenn die Polygonzüge identifiziert wurden, werden
diese an ihren Eckpunkten unterteilt, wodurch sich für
jedes Rohrleitungssegment eine Strecke ergibt. Dies ist
notwendig, da Polygonzüge üblicherweise nicht mit
den Objekten auf dem HMI durch Verbindungspunkte
verbunden sind, sondern mit Objekten überlappen. Es
ist also möglich, das eine Rohrleitung aus mehreren
Polygonzügen besteht oder mehrere Rohrleitungen zum
gleichen Polygonzug gehören. Die Unterteilung in Strecken
ist notwendig, um klar definierte Abschnitte zu
erhalten, siehe Bild 8.
Anschließend werden die Strecken auf Überlappung
mit Aktoren oder passiven Objekten geprüft. Verdeckt
ein Objekt einen Teil einer Strecke und enthält die
Überlappung keinen Endpunkt der Strecke, so kreuzt
die Strecke das entsprechende Objekt. Das heißt, in der
Grafik wurde das Rohr gezeichnet, und später wurde
das Symbol für den Aktor darüber gelegt – der Aktor
ist im Vordergrund, siehe Bild 9 unten. In diesem Fall
wird die Strecke weiter in zwei neue Strecken unterteilt,
wobei jede der Strecken einen Anschlusspunkt an
das Objekt erhält, Bild 10.
BILD 7: Identifikation passiver Objekte
BILD 8: Identifizierte Rohrleitungen
Wenn bei der Überprüfung der Überlappung keine
Kreuzung festgestellt wird – die Überlappung einen
Endpunkt der Strecke enthält – so wird ein Anschlusspunkt
am Objekt für die Strecke erzeugt und dieses
zusammen mit der Strecke entsprechend gespeichert,
siehe Bild 9 und Bild 10.
Verdeckt ein Objekt eine Strecke komplett – beide
Endpunkte der Strecke liegen innerhalb der Überlappung
– so ist diese Strecke irrelevant und wird nicht
weiter ausgewertet.
Da auch Behälter Aktoren enthalten können (zum
Beispiel einen Mixer oder eine Heizung), werden die
Behälter auf Überlappung mit Aktorsymbolen geprüft.
Werden Überlappungen festgestellt, wird ein Anschlusspunkt
zwischen Aktor und Behälter erzeugt und
entsprechend abgelegt, siehe Bild 9 oben.
Zuletzt werden, wie in Bild 11 dargestellt, noch gültige
Eckpunkte zwischen Strecken wiederhergestellt.
34
atp edition
4 / 2014
BILD 9: Identifikation von überlappenden
Objekten an einem Beispiel
BILD 11: Wiederverbindung von Rohrleitungssegmenten
an einem Beispiel
BILD 10: Identifikation der Anschlusspunkte
von Objekten an Rohrleitungen
an einem Beispiel
BILD 12: Anschlusspunkte von Sensoren im Materialfluss
Wird eine Überlappung einer Strecke mit dem Anfangsoder
Endpunkt einer anderen Strecke gefunden, so
wird ein Abzweigungsobjekt zur Verbindung generiert
und in der Topologie gespeichert.
Schritt 2: Identifikation von Sensoranschlusspunkten
im Materialfluss
In einem zweiten Schritt werden die Anschlusspunkte
von Sensoren an Rohrleitungen oder Behältern identifiziert.
Im Gegensatz zu Aktoren oder Behältern befinden
sich Sensoren nicht unmittelbar im Materialfluss.
Der Materialfluss wird indirekt durch die Sensorik
beeinflusst, jedoch nicht direkt wie durch einen Aktor.
Deshalb erhalten Sensoren Anschlusspunkte an Rohrleitungen
und Behälter, liegen jedoch außerhalb des
Materialflussgraphen. Sensoren stellen die Wandlung
einer physikalischen Größe in ein logisches Signal dar
und sind damit die Verbindung zwischen Material- und
Informationsfluss.
Um die Anschlusspunkte zu identifizieren, können
zwei verschiedene Mechanismen verwendet werden,
welche abhängig vom Engineering und letztlich dem
Aussehen des HMI sind; beide Möglichkeiten zeigt
Bild 12.
1. Identifikation der Zusammengehörigkeit durch
unmittelbare Nähe
Zum einen werden Sensoren in die unmittelbare Nähe
(zum Beispiel
HAUPTBEITRAG
den. In diesem Fall kann das gleiche Verfahren wie für
Rohrleitungen angewendet werden, um Überlappungen
festzustellen und die Verbindungen entsprechend festzulegen.
In Bild 12 rechts wird beispielsweise ein
Durchflusssensor logisch mit einer Rohrleitung verbunden.
Hierfür wird eine gestrichelte Linie verwendet,
um diese von der braunen Rohrleitung zu unterscheiden.
Für das Topologiemodell kann also eine Verbindung
zwischen der Rohrleitung (braun) und dem Sensor
festgelegt werden.
Schritt 3: Erstellen des Informationsflussgraphen
Der Informationsfluss wird teilweise auch im HMI dargestellt.
Nicht alle nötigen Verbindungen für die Topologie
können dem HMI entnommen werden. Aber für
die essenziellen Regelkreise werden normalerweise die
Signalverläufe zwischen Sensor, Regler und Aktor dargestellt.
Ähnlich dem Materialfluss werden üblicherweise Polygonzüge
verwendet, um den Signalfluss aufzuzeigen.
Deshalb kann der gleiche Mechanismus, wie in Schritt 1
BILD 13: Auswertung
der Pfeile im HMI
BILD 14: Ergebnis des Algorithmus
BILD 15:
Architektur des
Prototypen
BILD 16:
Beispielhaftes
Objekttypmodell
für die Anlagentopologie
36
atp edition
4 / 2014
ereits beschrieben, auch für den Informationsfluss verwendet
werden. Der Unterschied liegt darin, welche
Objekte auf Überlappung mit den Polygonzügen geprüft
werden. Im Materialfluss werden Behälter und Aktoren
geprüft, für den Informationsfluss werden Sensoren,
Regler und Aktoren auf Überlappung untersucht.
Durch den Ablauf der Regelung kann die Richtung
des Informationsflusses bestimmt werden. Der Informationsfluss
beginnt immer an einem Sensor und endet
an einem Aktor. Das heißt, die Richtung ist vom
Sensor weg, beziehungsweise zum Aktor hin. Hierdurch
lässt sich oftmals für Teile des Graphen eine
Richtung festlegen.
Schritt 4: Identifikation der Modellgrenzen
Im nächsten Schritt müssen die Grenzen eines Teilmodels
identifiziert und das Modell an diesen Stellen terminiert
werden. Davon ausgegangen, dass für jede Grafik
des HMI ein Teilmodel erzeugt wird, müssen für
jede Grafik ebenso die Grenzen festgelegt werden.
Prinzipiell geht es um zwei Arten von Modellgrenzen:
a) Verbindungen zwischen Teilmodellen und
b) Grenzen des Gesamtmodells.
Innerhalb einer Grafik werden Verbindungen zwischen
Teilmodellen meistens durch Knöpfe beschrieben.
Die Knöpfe werden so parametriert, dass diese
auf die angrenzende Grafik verweisen. Diese als Navigationshilfe
gedachten Knöpfe können genau wie
andere Objekte identifiziert werden. Die Referenz zur
angrenzenden Grafik wird im Teilmodell gespeichert.
Diese Verbindung wird im Teilmodell als Terminierung
an der entsprechenden Rohrleitung oder dem
entsprechenden Signal angebunden und als Objekt
abgelegt.
Ist eine Rohrleitung physikalisch zu Ende, zum Beispiel
an der Stelle, an der das Produkt verladen oder
ein Edukt zugeliefert wird, wird dies oft durch offene
Rohr- oder Signalleitungen dargestellt. Daran sind die
Grenzen des Gesamtmodells erkennbar und entsprechend
lassen sich Terminierungen ohne Referenzen zu
anderen Teilmodellen einfügen.
Schritt 5: Teilidentifikation der Flussrichtungen
Im letzten Schritt können teilweise die Flussrichtungen
innerhalb der Topologie bestimmt werden. Auch dies
geschieht für Material- und Informationsfluss in identischer
Weise, weshalb nur die Funktionsweise für den
Materialfluss beschrieben wird.
Nachdem alle Objekte verbunden wurden, können
als letztes die Pfeile – die üblicherweise zur Indikation
einer Flussrichtung dienen – benutzt werden, um die
Flussrichtung zu bestimmen. Das zeig Bild 13.
Zusätzlich zu den Pfeilen kann die Richtung der Aktorsymbole
Aufschluss über die Flussrichtung geben.
Wenn das HMI realitätsnah gestaltet wurde, sollte die
Richtung eines Aktorsymbols mit der Wirkrichtung des
realen Aktors übereinstimmen, Bild 13 oben.
Durch das Auswerten der Richtungen lassen sich die
in Schritt 4 erzeugten Terminierungen teilweise in
Quellen oder Senken umwandeln. Zusätzlich kann für
einige Rohrleitungssegmente die Flussrichtung angegeben
werden.
Ergebnis
Als Resultat des zweiphasigen Algorithmus ergeben
sich wesentliche Teile der Anlagentopologie. Diese besteht
aus Objekten und den Verbindungen zwischen
den Objekten. Bild 14 stellt das Ergebnis der in diesem
Abschnitt verwendeten Beispielgrafik als Graph dar.
Aktive und passive Elemente entsprechen den Knoten,
Rohrleitungen und Signale sind als Kanten dargestellt.
2.2 Technische Umsetzung
Zur Prüfung des Konzepts wurde ein Funktionsmuster
prototypisch entwickelt. Als Basis für die Implementierung
wurde das Prozessleitsystem System 800xA
[19] und das zugehörige HMI-Engineering-Werkzeug
Process Graphics 2 [20] verwendet.
Process Graphics 2, sowie System 800xA bieten API
(Application Programming Interfaces), um direkt auf
die enthaltenen Daten zuzugreifen, welche in einer zentralen
Datenbank, dem Aspect-Directory, gespeichert
sind. Diese API wurden verwendet, um die notwendige
Information zu extrahieren. Als Plattform diente Microsoft
.NET Framework 4.5. Bild 15 zeigt die Architektur
des Funktionsmusters. Es besteht im Wesentlichen aus
einem Topologie-Generator der sich die API zu Nutze
macht, um die nötige Information aus System 800xA,
Process Graphics 2, beziehungsweise der unterlagerten
Datenbank, zu extrahieren. Die Information wird entsprechend
dem in Abschnitt 2.1 beschriebenen Konzept
verarbeitet und als Modell in CAEX [10] gespeichert.
AoA kann die Modelle anschließend verwenden.
Zur einfacheren Handhabung des CAEX-Modells
werden die Softwarekonzepte der Kollaborationsobjekte
nach [21] genutzt, wodurch ein Objekttypmodell
effizient entworfen werden kann, welches Anlagentopologien
abbildet. Das im Funktionsmuster verwendete
Objekttypmodell veranschaulicht Bild 16.
Zur Prüfung des Algorithmus wurden zwei Beispielanlagen
verwendet. Zum einen wurde die Carbon-Capture-Pilotanlage
[22] mit vier Grafiken herangezogen,
zum anderen eine Flüssigerdgasanlage aus Australien
mit etwa 200 Grafiken, die sich aktuell im Engineering
befindet. Die Tests ergaben, dass mit dem in Bild 16
dargestellten Objekttypmodell und konventionell projektierten
Grafiken etwa 70 % der Topologie erzeugt
werden kann, wobei alle relevanten Objekte erkannt
und bis auf wenige Sensoren korrekt identifiziert werden.
Die fehlenden 30 % beziehen sich auf Verbindungen
zwischen den Objekten.
Obgleich die Grafiken nicht mit Hinblick auf eine
spätere Weiterverwendung für die Topologie entworfen
wurden, fehlen lediglich wenige Verbindungen im
Materialfluss und Teile des ohnehin im HMI nicht
vollständig enthaltenen Informationsflusses. In weni-
atp edition
4 / 2014
37
HAUPTBEITRAG
gen Fällen werden Behälter nicht korrekt erkannt.
Häufig wurden Fehler aufgrund folgender Ursachen
festgestellt:
1 | Kreuzung von Rohrleitungen, Bild 17 links
2 | nutzerdefinierte Aktorsymbole, Bild 17 Mitte
3 | falsch verwendete Symbole, Bild 17 rechts
Wenn Fehler dieser Art auftreten, sollte das Modell manuell
berichtigt werden oder eine zusätzliche Validierung
auf Basis einer weiteren Topologiequelle stattfinden.
CAEX als Datenformat hat sich in diesem Zusammenhang
ebenfalls bewährt. Mit einer Durchschnittslänge
von etwa 6000 Zeilen XML und einer Größe unter
1MB pro Grafik sind die Dateien gut handhabbar.
Als Beispiel wird in Bild 18 eine Topologie für ein
Display einer Leitsystemdemoanwendung gezeigt. Die
Topologie ist auf einen Screenshot der Grafik projiziert
um die Richtigkeit besser nachvollziehen zu können.
Grün werden vollständig identifizierte Objekte, blau der
Materialfluss, Quelle, Senken, Terminierungen und die
Behälter und grün-gestrichelt der Informationsfluss erkennbar
gemacht. Bei den roten Objekten handelt es sich
um Sensoren, die lediglich als Werteanzeige im HMI
abgebildet wurden. Diese werden zwar als Sensoren erkannt,
der spezifische Typ (zum Beispiel Temperatursensor
oder Drucksensor) kann jedoch nicht bestimmt werden,
da hierfür die benötigte Zusatzinformation fehlt.
2.3 Diskussion des Ansatzes
Da unterschiedliche HMI-Engineering-Prozesse zu
großen Unterschieden bei Aussehen und Struktur füh-
BILD 17: Ursachen
für Fehlgenerierung
BILD 18: Topologie
einer Grafik
38
atp edition
4 / 2014
en, ist der Algorithmus nur unter bestimmten Bedingungen
verwendbar. Folgendes ist zu beachten, wenn
der Algorithmus eingesetzt werden soll:
Design-Richtlinien müssen eingehalten werden.
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen Richtlinien
für das HMI-Engineering entwickelt werden.
Der Algorithmus ist abhängig vom Aussehen des
HMI und der ordnungsgemäßen Verwendung der
vorgefertigten Bildvorlagen.
High-Performance-HMI können nicht verwendet
werden.
High-Performance-HMI stellen zusammenfassend
die wesentlichen Key Performance Indicator (KPI)
in einer Grafik dar. Rohre, Behälter oder Strukturen
werden nicht mehr abgebildet. Diese HMI eignen
sich nicht dazu, eine Topologie zu generieren.
Manuelle Sortierung bei hierarchischen HMI
In manchen Fällen werden HMI hierarchisch dargestellt.
Objekte tauchen deshalb oft zweimal auf
verschiedenen Detailstufen auf. In diesen Fällen
muss der Nutzer entscheiden, welche Detailstufe
zur Erstellung der Topologie verwendet werden
soll, und dann manuell die Grafiken zuordnen.
Zusätzlich lässt der bisherige Algorithmus einige Fragen
offen, welche als zukünftige Forschungsaktivitäten
weiter betrachtet werden können:
Modellierung von Energieströmen
Das HMI stellt, genau wie das R&I-Fließschema,
Energieströme nur implizit dar. Der Algorithmus
ließe sich dahingehend erweitern, dass aufgrund
bestimmter Konstrukte (zum Beispiel Wärmetau-
REFERENZEN
[1] Rodies, H.-J.: Planungswerkzeuge aus Sicht des Anlagenbaus.
atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 44(1),
S. 40-44, 2002
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Analyse Juli 2012
[3] Schmitz, St., Schluetter, M., Epple, U.: Automation of Automation
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ETFA’09, S. 22-26. IEEE 2009
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Generierung von Prozessbedienbildern aus Engineeringdaten.
atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 53 (11),
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[5] Urbas, L., Obst, M., Stöss, M.: Formal Models for High Performance
HMI Engineering. In: Proc. Int. IFAC Conf MathMod 2012,
S. 854-859._IFAC 2012
[6] Obst, M., Doherr, F., Urbas, L., Drumm, O., Bauer, C.: Integriertes
HMI Engineering – Konzeption, Entwicklung und Untersuchung der
Integration früher Phasen der Bedienbildgenerierung in CAE
Syste-men. In: Tagungsband Automation 2012, S. 227-230. VDI 2012
[7] Barth, M.: Automatisch generierte Simulationsmodelle verfahrens-technischer
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ETFA 2008, S. 1277-1284. IEEE 2008
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tools and PCE-CAE tools. IEC 2008
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herstellen – Konzept für heterogene Engineering-Werkzeug-Landschaften.
atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 54(5), S. 36-42, 2012.
[22] ABB: Imperial College carbon capture pilot plant – Preparing today’s
students for tomorrow’s world, http://search.abb.com/library/
Download.aspx?DocumentID=3BGB000935&LanguageCode=en&Docu
mentPartId=&Action=Launch
atp edition
4 / 2014
39
HAUPTBEITRAG
scher) spezifische Muster erkannt und die Energieströme
explizit in der Topologie sichtbar gemacht
werden.
Vervollständigen/Validieren des Informationsflusses
Sowohl HMI als auch R&I-Fließschema stellen Informationsflüsse
nur teilweise dar. Eine weitere
Quelle zur Vervollständigung und Validierung des
Informationsflusses sollte gesucht werden, um den
Informationsfluss vollständig in der Topologie abzubilden.
Hierzu eignet sich beispielsweise der
Signalfluss im Leitsystem. Auf diesen kann über
API zugegriffen werden, die von den Engineering-
Werkzeugen zum Ex- und Import von Automatisierungslösungen
zur Verfügung gestellt werden (ähnlich
den in Abschnitt 2.2 verwendeten). Damit
können einfache, signalbasierte Zusammenhänge
zwischen Sensoren, Steuerungen und Aktoren bestimmt
und die aus dem HMI gewonnene Information
ergänzt werden.
Änderungen im Engineering Workflow
Das Engineering des HMI liegt sehr spät im Workflow.
Hierdurch entfällt die Möglichkeit einer Anwendung
für frühe AoA-Algorithmen. Wenn sich das
HMI-Engineering in einer früheren Phase durchführen
ließe, blieben diese Möglichkeiten offen.
Zusätzliche Information über den Prozess
Zusätzliche Information aus dem HMI könnte ausgewertet
werden: zum Beispiel eine Bestimmung
des Mediums innerhalb einer Rohrleitung durch
Auswertung oft verwendeter Farbcodierungen.
FAZIT
Der Beitrag beschreibt die Erstellung von Topologieteilmodellen
aus den Visualisierungsgrafiken eines Leitsystems.
Die Bilder des HMI werden verwendet, um
Topologieobjekte, deren Eigenschaften und Vorgängerund
Nachfolgerbeziehungen zu extrahieren.
Die Tests des Konzepts zeigen positive Resultate, weshalb
davon auszugehen ist, dass diese Technik praktisch
anwendbar ist. Ausblickend wäre weiterhin zu
untersuchen, wie sich Modelle einer kompletten Anlage
aus den einzeln generierten Teilmodellen verknüpfen
lassen.
Da R&I-Fließschemata nach wie vor selten in einem
computerinterpretierbaren Format dem Engineering
der Automatisierungstechnik zur Verfügung gestellt
werden, sind die Konzepte der Automatisierung der
Automatisierung in der Praxis schwer anwendbar. Das
beschriebene Konzept stellt eine Möglichkeit dar, dennoch
Anlagentopologien automatisch zu erstellen und
damit für AoA zugänglich zu machen.
MANUSKRIPTEINGANG
31.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
AUTOREN
Dipl.-Ing. (FH)
MARIO HOERNICKE
(geb. 1984) ist
Principal Scientist
am ABB Forschungszentrum
in Ladenburg.
Sein Forschungsschwerpunkt
umfasst die Entwicklung neuer und
innovativer Engineering-Konzepte im
Bereich Emulation von Leitsystemfunktionen
und Subsystemen,
Simulation von Prozessen sowie der
Automation des Engineerings.
ABB AG Forschungszentrum,
Wallstadter Str. 59,
D-68526 Ladenburg,
Tel. +49 (0) 6203 71 62 66,
E-Mail: mario.hoernicke@de.abb.com
Dipl.-Ing. (FH)
LARS
CHRISTIANSEN
(geb. 1984) ist
wissenschaftlicher
Mitarbeiter
an der Professur
für Automatisierungstechnik
an
der Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr, Hamburg.
Sein Forschungsschwerpunkt
ist die Unterstützung der Anlagendiagnose
mittels Modellen aus dem
Engineering-Prozess.
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr, Hamburg,
Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,
Tel. +49 (0) 40 65 41 23 26,
E-Mail: lars.christiansen@hsu-hh.de
Prof. Dr.-Ing.
ALEXANDER FAY
(geb. 1970) ist
Professor für
Automatisierungstechnik
an der
Fakultät für
Maschinenbau der
Helmut-Schmidt-
Universität/Universität der Bundeswehr,
Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt
sind Beschreibungsmittel,
Methoden und Werkzeuge für
einen effizienten Entwurf von
Automatisierungssystemen.
Institut für Automatisierungstechnik,
Helmut-Schmidt-Universität/
Universität der Bundeswehr, Hamburg,
Holstenhofweg 85,
D-22043 Hamburg
40
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HAUPTBEITRAG
IKT in der
Fabrik der Zukunft
Ein Diskussionsbeitrag zu Industrie 4.0
Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) durchdringt die Produktion und
ihre Maschinen und Anlagen immer stärker. Sie wird zu einer Schlüsseltechnologie
in der Fabrik der Zukunft. Allerdings bleibt sie eine Enabling Technology, denn sie
muss die bekannten Ziele von produzierenden Unternehmen unterstützen: das sind
Qualität, Zeit und Kosten. In diesem Beitrag wird erklärt, welche IKT-Technologien
für die Fabrik der Zukunft relevant sind, wie sie miteinander zusammenhängen und
welche Potenziale bezogen auf die drei genannten Ziele sich durch ihre Nutzung
ausschöpfen lassen.
SCHLAGWÖRTER Industrie 4.0 / intelligente Automation / MES / industrielle
Kommunikation / Mensch-Maschine-Interaktion / Interoperabilität
ICT in the Factory of the Future –
A Contribution to Industrie 4.0
Information technology is one of the key enabling technologies of future manufacturing.
However, for manufacturing and its value adding purpose, information technology
has to be considered as a tool. In this article the authors describes their approaches
to relevant components of an information model inside the future factory.
KEYWORDS manufacturing execution systems / intelligent automation / industrial IT /
interoperability
42
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4 / 2014
CHRISTIAN FREY, MICHAEL HEIZMANN, JÜRGEN JASPERNEITE, OLIVER NIGGEMANN,
OLAF SAUER, MIRIAM SCHLEIPEN, THOMAS USLÄNDER, MICHAEL VOIT, Fraunhofer IOSB
Die Informations- und Kommunikationstechnik
(IKT) in der Fabrik der Zukunft muss die
Ziele von Produktionsunternehmen [1] unterstützen:
vom Kunden geforderte Qualität mit Auswirkungen
auf robuste Produktionsprozesse,
Geschwindigkeit und Zeit bezogen auf Innovationen,
Durchlaufzeiten und Anlauf von Anlagen
sowie
wettbewerbsfähige Herstellkosten mit Auswirkungen
auf Investitionen in Anlagen und IKT.
Neben diesem Dreiklang ergeben sich neue Erfolgsfaktoren
für die zukünftige Produktion [2] zum Beispiel
aufgrund von
Wandlungsfähigkeit für viele neue Produktvarianten
mit Auswirkungen auf Integration und Interoperabilität
in der produktionsnahen IKT,
Echtzeitfähigkeit mit Auswirkungen auf die schnelle
Bereitstellung benötigter Information an die berechtigten
Nutzer,
Netzwerkfähigkeit und damit die Erweiterung des
Blickfeldes von einem Unternehmen auf Verbünde
von Standorten oder Firmen.
Produktionsnahe IKT liegt am Schnittpunkt der Unternehmensprozesse
„von der Produktidee zum Recycling“
beziehungsweise „von der Absatzplanung bis
zum Service“ [3]. Dadurch ergeben sich weitere Forderungen
nach IKT-Unterstützung über den kompletten
Lebenszyklus von Produkt und Produktion sowie an
die Integration der Produktions-IKT in die Gesamt-IKT-
Architektur eines Unternehmens oder einer kompletten
Supply Chain [4]. In [5] formulieren die Autoren Trendaussagen
für die Internet-Gesellschaft, von denen zwei
Aspekte für die Industrie 4.0 besonders zutreffend sind:
Trendaussage 5: Semantische Technologien verwandeln
Information in Wissen,
Trendaussage 10: Sich selbst organisierende Systeme
reduzieren die Komplexität und erhöhen die
Zuverlässigkeit.
Diese Trendaussagen werden beispielsweise durch [6]
unterstützt, worin als charakteristisch für heutige Fabriken
unvollständig beschriebene Engineering-Prozesse
sowie eine unzureichende Integration von Information
und Daten genannt werden. Auch andere Autoren
unterstreichen die Anforderungen an die Fabrik der
Zukunft, vor allem bezüglich Flexibilität, Rekonfigurierbarkeit
und Adaptivität [7-10].
Viele der Innovationen, die durch die Industrie-4.0-
Initiative ausgelöst und entwickelt werden, sind IKT
basiert – neue Technologien, die die IKT bereit-stellt,
ermöglichen Produkt- oder Prozessinnovationen mit
teilweise massiven Auswirkungen auf die Fabrik (siehe
Bild 1). Die Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt
Industrie 4.0 [4] spannen einen ersten
Rahmen für denkbare Innovationen und Handlungsfelder
auf – eine systematische Übersicht über die Lösungsbeiträge
von IKT fehlt bislang.
Über die in diesem Beitrag genannten Technologiekomponenten
hinaus adressiert Industrie 4.0 weitere
neue Technologien, die sich ebenfalls in der Entwicklung
befinden, zum Beispiel Verknüpfung des Engineering
mit der Produktion, Selbststeuerung, Intralogistik,
Nutzung von Cloud-Technologien.
1. INDUSTRIELLE ANFORDERUNGEN
Die Produktion der Zukunft muss sich den bekannten
Mega-Trends stellen, die unter anderem in [1] zusammengefasst
sind. Daraus leiten sich Anforderungen ab,
die die Fabrik der Zukunft erfüllen muss, zum Beispiel
die Fähigkeit, kundenindividuelle Produkte mit immer
neuen Varianten herzustellen, kurze Produktlebenszyklen,
schnelle Lieferzeiten, Null-Fehler-Produktion und
ressourcenschonende Fertigung.
Eine der daraus folgenden Anforderungen an die IKT-
Topologie in der Industrie 4.0 ist die Fähigkeit, sich an
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43
HAUPTBEITRAG
Änderungen anzupassen – sei es, dass neue Anlagen
oder Produktionsprozesse in das System eingebracht
werden oder bestehende Produktionssysteme verändert
werden, beispielsweise weil eine Produktvariante
zusätzlich gefertigt werden soll. Die Autoren bezeichnen
diese Fähigkeit in Anlehnung an [10] als wandlungsfähige
IKT. Dabei ist die zentrale Idee, dass Mechanismen
der Selbstbeschreibung in Bezug auf Funktionalität,
Identifizierung, Selbstaufbau der Kommunikation
und durchgängigen Datenaustausch genutzt
werden, wenn neue Komponenten, Maschinen oder
Anlagen in ein Produktionssystem eingebracht werden
oder sich softwarerelevante Änderungen in der Produktion
ergeben. Heutige IKT-Architekturen in der
Produktion sind auf diese Anforderung jedoch noch
nicht ausgerichtet: Proprietäre Schnittstellen, nicht
integrierte Einzelsysteme oder firmenspezifische Speziallösungen
verhindern, dass intelligente Komponenten
und Maschinen Mechanismen der Selbstkonfiguration
und durchgängiges Datenmanagement nutzen.
Im Sinne der Forschungsagenda CPS [11] sind solche
intelligenten Komponenten und Maschinen Cyber-
Physical Systems.
Eine weitere resultierende Anforderung ist, dass die
IKT Lernen aus den Prozessen ermöglichen muss, nicht
nur um die Prozesse kontinuierlich zu verbessern, sondern
um sie zu befähigen, schneller als heute neue Produkte
mit noch unbeherrschten Produktionsprozessen
auf den Markt zu bringen [12, 51].
2. BEISPIELE FÜR IKT-BASIERTE LÖSUNGSANSÄTZE
2.1 Vom Sensor zum Prozesswissen
Intelligente Assistenzsysteme, kognitive Systeme und
lernende Algorithmen ergänzen in Zukunft die bislang
stark von manuellen Implementierungen und Modellierungen
geprägten Vorgehensweisen [13]. Durch diesen
Technologiesprung entsteht die Chance, datengetriebene
Lösungsansätze, wie sie für Data-Mining und
in der Analyse von Big Data typisch sind, auch in der
Industrie zu implementieren. Die Industrie hat in den
letzten Jahren diverse Anwendungsfälle für solche neuen
Ansätze definiert:
Sensor- und Aktordaten von Produktionsanlagen
können genutzt werden, um einen technischen
Prozess automatisch auf Optimierungspotenzial
bezüglich Ressourcenverbrauch wie Wasser oder
Energie hin zu untersuchen [14, 15].
Softwaresysteme können das Verhalten von Produktionsanlagen
diagnostizieren, das Normalverhalten
abstrahieren und so später Abweichungen,
wie Verschleiß oder Fehler, erkennen [16, 17].
Durch automatische Abstraktion der Prozessdaten
sowie die maschinelle Interpretation und Hervorhebung
relevanter Daten kann der Anlagenbediener
durch geeignete Assistenzsysteme in Zukunft
entlastet werden [18, 19].
Grundlage für solche neuen Potenziale ist die Information
über den Prozess, die von Feldgeräten (Sensoren
und Aktoren) erfasst wird. Durch die zunehmende Verfügbarkeit
von intelligenten Feldgeräten vollzieht sich
ein Trend zu immer umfassender instrumentierten
Prozessen. Damit stehen zunächst mehr Daten zur Verfügung,
was zum Beispiel durch steigende Abtastraten
der Sensorsysteme noch verstärkt wird. Des Weiteren
steigt der Kommunikationsbedarf durch die zunehmende
horizontale und vertikale Vernetzung und damit
die verfügbare Datenmenge massiv an.
Neben den Steuerungs- und Regelungsvorgängen
und neben der klassischen Diagnose auf Ebene einzelner
Signale (Signalplausibilisierung) erwächst so ein
Bedarf nach systemweiter Datenanalyse. Ziel dieser
Datenanalyse ist es, Anomalien zu erkennen, die anschließende
Diagnose und ein systemweites Condition
Monitoring.
Die Auswertung solch einer hohen Anzahl von Prozessgrößen
besitzt einige Ähnlichkeit mit Data-Mining
beziehungsweise mit Schlagworten wie Big Data, die
momentan in der IKT diskutiert werden. Technische
Systeme erfordern allerdings aus mehreren Gründen
andere Lösungsansätze und Algorithmen als die klassischen
Anwendungsgebiete von Data-Mining:
Fertigungstechnische Prozesse sind zeit- und zustandsbehaftete
Systeme. Aktuelle Datenanalysemethoden
berücksichtigen dies kaum; stattdessen
wird oft versucht, den betrachteten Prozess derart
zu reduzieren, dass die Zeitabhängigkeit vernachlässigt
werden kann.
Das Verhalten technischer Systeme basiert letztendlich
auf physikalischen Zusammenhängen.
Verfahren des Data-Mining müssen daher um physikalische
Modelle erweitert werden. Der dafür
passende Detaillierungsgrad der Modellierung
muss so gewählt werden, dass diese für das Data-
Mining geeignet ist.
Technische Prozesse sind meist hybrider Natur –
ihr Verhalten zeichnet sich durch einen Mix von
diskreten und kontinuierlichen Prozessgrößen aus.
Aktuelle Data-Mining-Verfahren sind für hybride
Systeme oft ungeeignet.
Technische Systeme sind meist multi-modal, ihr
Verhalten ist durch die Abfolge von stark unterschiedlichen
Modes geprägt. Data-Mining-Verfahren
müssen dies explizit berücksichtigen, was aktuell
jedoch nicht der Fall ist.
Technische Systeme verlangen zumeist eine Reaktion
nahe der Echtzeit, das heißt die Datenanalyse
muss Echtzeitanforderungen genügen.
Im Zusammenhang mit diesen Fragestellungen werden
in verschiedenen Forschungs- und Industrieprojekten,
zum Beispiel im Spitzencluster Intelligente Technische
Systeme Ostwestfalen-Lippe (Projekt itsowl-EE‐Energieeffizienz
in intelligenten technischen Systemen,
Projekt itsowl-IASI‐Intelligente Antriebs- und Steuerungstechnik
für die energieeffiziente Intralogistik)
44
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BILD 1: Trendradar für
Produkte, Produktion und
produktionsnahe IKT
(Quelle: Fraunhofer-
interne Recherchen)
Produkt
Produktionsprozess
Gentelligente
Produkte*****
Generative
Fertigungsverfahren
Lernverfahren für
Prozessparameter
Multi-
Materialverbund
Featurebasierte
Konstruktion****
PLM und Digitale Fabrik
wachsen zusammen
Adaptive
Produktionsprozesse
Produktionsanlagen
Selbstlernende
Anlagen
Adaptive
Anlagen
Wandlungsfähige
Anlagen
PDM***
Mobile
Datenträger
am Produkt
Anlagennahe IT/
SPS*
2025 2020 2015 2010 2015 2020 2025
*SPS: Speicherprogrammierbare Steuerung
**MES: Manufacturing Execution Systems
***PDM: Integriertes Produkt- und Prozessdatenmanagement
****SFB 374 „Entwicklung und Erprobung innovativer Produkte“
*****SFB 653 „Gentelligente Bauteile - Neue Wege in der Produktionstechnik“
Leistungsfähige IT-
Systeme übernehmen
SPS-Aufgaben
SPS-Code wird
generiert statt
programmiert
Echtzeit-
Ethernet Interoperable
Systeme
Interop.-
standards
Internettechnologien
flächendeckend
in der Fabrik
Plugand-work
MES-Fktn. auf
eingebetteten
Systemen
MES-Fktn.
aus der Cloud
Lernfähige
Software
Übergeordnete
IT/
MES**
oder im Projekt Anubis im Programm Industrielle Gemeinschaftsforschung
(IGF) verschiedene für technische
Systeme angepasste Konzepte erarbeitet, sodass
mit Hilfe neuer Data-Mining-Verfahren konkrete Aufgabenstellungen
folgender Art beantwortet werden
können:
1 | Besteht Optimierungspotenzial in der
Produktion, zum Beispiel bezüglich Durchsatz
oder Ressourcenverbrauch?
2 | Liegen Fehler oder Verschleiß in der Anlage vor?
3 | Wann muss die Anlage gewartet werden
(condition monitoring)?
Aus Sicht der dazu verwendeten Lösungsansätze und
Algorithmen kann hierzu zwischen heuristischen Verfahren
und modellbasierten Verfahren unterschieden
werden: Bei heuristischen Verfahren [20, 21] wird mittels
einer Klassifikationsfunktion direkt von Symptomen
auf die Fehlerursache geschlossen. Klassifikationsfunktionen
werden dabei zum Beispiel mittels
Entscheidungsbäumen oder neuronalen Netzen modelliert.
Diese Methoden haben den Nachteil, dass vorab alle
Symptome und Ursachen sowie deren Zusammenhang
bekannt sein müssen. Angewendet werden diese Verfahren
daher zumeist bei abgeschlossenen, nicht zu
komplexen Anlagen oder Systemen. Beispiele für die
Anwendung dieser heuristischen Verfahren finden
sich in [22-24].
Für komplexere Systeme wird dagegen oft die modellbasierte
Diagnose verwendet. Die Verwendung modellbasierter
Verfahren zur Diagnose wurde in den
letzten Jahren immer populärer. Beispielsweise behandelten
beim International Workshop on Principles of
Diagnosis 2009 etwa 70 % aller Beiträge einen modellbasierten
Ansatz zur Diagnose technischer Systeme.
Generell verwenden modellbasierte Ansätze, wie sie
in [25-27] beschrieben sind, ein Modell des Systems,
um während des Systembetriebs
1 | durch einen Vergleich zwischen Messungen am
System und der Modellvorhersage (Simulation
des Modells) Symptome zu generieren und
2 | um den Zusammenhang zwischen Symptom
und Ursache zu ermitteln.
Modellbasierte Ansätze haben den Vorteil, dass Symptome
und Fehlerursachen nicht bei der Implementierung
des Diagnosealgorithmus bekannt sein müssen
und das Diagnosesystem damit auf unerwartete Fehler
reagieren kann. Modellbasierte Diagnose wird daher
oft für komplexe, stark vernetzte Systeme eingesetzt,
in denen Fehler viele und räumlich verteilte Symptome
hervorrufen können. Modellbasierte Ansätze wurden
zum Beispiel in [28, 29] auf die Verfahrenstechnik angewendet.
Weitere Anwendungsbeispiele aus dem industriellen
Umfeld finden sich in [30-32], wo ein Modell
einer Flaschenabfüllanlage für deren Diagnose erfolgreich
eingesetzt wird. Andere Ansätze für die Automation
basieren auf Agentensystemen [33].
Neue Ansätze versuchen, das Modell nicht mehr manuell
von Experten erstellen zu lassen, sondern es automatisch
aus Beobachtungen abzuleiten, das heißt, es
wird vom Computer ein Modell des Normalverhaltens
des Systems aus den Daten abstrahiert. Dies geschieht,
beispielsweise um Anomalien zu erkennen, oder um
das Verhalten des Systems prognostizieren zu können
atp edition
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45
HAUPTBEITRAG
[40, 43, 44]. Aktuell werden solche Verhaltensmodelle
zum Beispiel in Form von Modellen der Signalkorrelation
[32] oder in Form von hybriden Zustandsautomaten
mit zeitlichen Einschränkungen [40, 43] gelernt.
Andere Ansätze setzen nicht auf das Lernen auf Basis
von Daten, sondern verwenden existierende Simulationsmodelle
[31] oder eine Kombination von existierenden
Struktur- und Verhaltensmodellen [28].
2.2 Von der Datenbank zur Auswertung
Für die produzierende Industrie entsteht Big Data unter
anderem dadurch, dass die relevanten Prozessgrößen
und Produkteigenschaften inline, das heißt mit der Geschwindigkeit
des laufenden Prozesses, über die Sensorik
erfasst und zur Maschinen- und Anlagenüberwachung
sowie zur Prozessoptimierung verwendet werden.
Dies setzt voraus, dass Sensoren eingesetzt werden, die
für den Prozess und das Produkt geeignet sind und zur
Datenauswertung untereinander vernetzt werden. Mit
Hilfe intelligenter Big-Data-Analyseverfahren des maschinellen
Lernens und Data-Minings, angewandt auf
aufgezeichnete Prozessdaten, können dann konkrete Fragestellungen
folgender Art leicht beantwortet werden:
1 | Wie ist der aktuelle Anlagenzustand?
2 | Liegen Fehler oder Verschleiß in der Anlage vor?
3 | Ist der Ressourcenverbrauch (beispielsweise
Energie)
In der Praxis existieren auf der bisherigen Enterprise-
Resource-Planning-Ebene (ERP) Bestrebungen, direkt
auf Online-Daten aus Fertigungsprozessen zuzugreifen,
diese zu verarbeiten und daraus geschäftsrelevante Information
zu generieren [36]. In-Memory-Datenbanken
leisten dieser Entwicklung insofern Vorschub, als dass
sie die geforderte Geschwindigkeit zur Verarbeitung
großer Datenmengen bieten.
Tatsächlich liegt die Herausforderung jedoch in der
Frage, wie große Datenmengen mit Datenelementen unterschiedlichster
Strukturierungsform (Sensordaten,
Dokumente, Texte, Modelle, Simulationsergebnisse)
und Entstehungsart (synchron, asynchron) in der geforderten
Zeit, gegebenenfalls in Echtzeit, analysiert
und für den Benutzer leicht verständlich aufbereitet
werden können (Big-Data-Problem).
Ein weiterer Anwendungsfall von Big Data ist die
gezielte Suche, Harmonisierung und Auswertung von
verteilten Daten in der Fabrik, zum Beispiel unterstützt
durch eine Kombination semantischer Technologien
mit leistungsfähigen Suchmaschinen aus der Welt des
Internets. Dazu folgendes Szenario: In einer automatisierten
Produktion sei eine komplexe Teilanlage gestört.
Ein Instandhaltungsmitarbeiter soll die Anlage möglichst
schnell wieder produktionsbereit machen. Dazu
benötigt er Daten über
den Anlagenzustand vor dem Ausfall; diese Daten
sind in einem Anlagenüberwachungssystem abgelegt,
Log-Dateien über die letzten Anlagenbedienungen,
aus denen sich eventuell Rückschlüsse über eine
Fehlerursache ziehen lassen,
Instandhaltungsdaten über die letzten Wartungsarbeiten
an der betroffenen Anlage,
Qualitätsinformation über Produkte, die eventuell
durch die Störung betroffen sein könnten,
Ersatzteilinformation, zum Beispiel 3D-Geometrien,
2D-Zeichnungen und -Schnitte, Explosionsdarstellungen,
Stücklisten, um die Wartung korrekt
und effizient ausführen zu können.
In den heute üblichen IKT-Architekturen würde das
verknüpfte Suchen all dieser Information in den einzelnen
Datenquellen erheblichen Aufwand bedeuten,
mit den Konsequenzen Zeitverlust, entsprechend längerem
Stillstand der Anlage und somit Produktionsausfällen.
2.3 Vom Signal zur App
Die bisher eher monolithisch anmutenden Leit- und
Manufacturing-Execution-Systeme (MES) wandeln sich
hin zu serviceorientierten Architekturen. Neue Anbieter
produktionsnaher IKT-Systeme am Markt entwickeln
ihre Werkzeuge direkt nach dem Paradigma der
Serviceorientierung. Dabei lassen sich die folgenden
Architekturkomponenten unterscheiden:
Apps: Applikationen mit eigener Benutzeroberfläche,
aber keiner oder nur sehr eingeschränkter eigener
Datenhaltung, die auf einem mobilen Endgerät
genutzt werden können. Beispiele für produktionsnahe
Apps sind KPI-Apps zur Visualisierung von
Kennzahlen wie Verfügbarkeit oder OEE- und Gantt-
Chart-Apps zur Visualisierung von Auftragsreihenfolgen
als Ergebnis einer Fertigungsfeinplanung.
Leittechnik- und MES-Services: Unter einem Service
verstehen die Autoren des Beitrags eine Einheit
mit einer konkreten Funktion und eindeutigen Einund
Ausgangsparametern [41]. Einzelne Funktionen
können als Services bereitgestellt werden oder
Services fassen mehrere Funktionen zusammen.
Manufacturing Service Bus: Über diesen Bus kommunizieren
die Services untereinander. Dieser
Service Bus ist eine der Kernkomponenten der zukünftigen
serviceorientierten Architektur und
dient als Integrationsebene, um das Zusammenspiel
der Services zu realisieren. Auch in den heutigen
Leitsystemen und MES existieren diese Komponenten
schon, allerdings zugeschnitten auf den
jeweiligen Hersteller. Heute gibt es keinen Service
Bus, mit dem sich Leit- und MES-Services unterschiedlicher
Softwareanbieter ohne manuelle Programmiereingriffe
verbinden können.
Integrations-Services: Diese Services werden zwingend
benötigt, um die Verbindung zwischen Leittechnik-
und MES-Service und den Maschinen,
Anlagen und anderen Einrichtungen der Fabrik zu
46
atp edition
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BILD 2: Mit OPC UA ist eine durchgängige
Kommunikation vom Sensor bis ins Internet möglich.
Secure
Plug-
and-work-
Anlagenmodell
incl.
Zertifikate
und
digitales
Rechtemgmt.
MES 1 MES 2 MES m
Decoder Decoder Decoder
Secure plug-and-work „Integrationsschicht“ :
authentifiziert Anlagen und Komponenten
Signierte und
verschlüsselte
Übertragung
Encoder Encoder Encoder Encoder
Anlage 1 Anlage 2 Anlage n Digitale Fabrik
Secure plug-and-work “Integrationsschicht“ :
authentifiziert Feldgeräte und Komponenten
= feldgeräte- oder
anlagenbezogene
Softwarekomponenten
= Zertifikat
Secure
Plug-andwork-
Änderungsmanager
BILD 3: Komponenten und Softwaremodule
zum vertrauenswürdigen Plug-and-work
von der Feld- bis zur MES-Ebene
Feldgerät
incl.
Identity
Spindel
incl.
Identity
Signierte und verschlüsselte Übertragung
Komponenten werden
KGT
Feldgerät
signierte Komponenten
„freigeschaltet“, nur
incl.
Identity X dürfen eingelesen werden
schaffen. Eine Kommunikation auf Basis von OPC
UA mit semantischem Mapping zur automatischen
Anbindung von Maschinensteuerung an MES-Services
ist ein Beispiel für einen solchen Integrationsservice
[42].
Erklärtes Ziel der Serviceorientierung kann es nur sein,
Services unterschiedlicher Anbieter zu kombinieren, sodass
Anwender zu einer Best-of-breed-Lösung kommen.
Das bisherige Verständnis von Leittechnik ist stark
von der Vorstellung mehrerer Hierarchieebenen geprägt:
von der Feldebene über die Anlagen-, Betriebsund
Produktionsleitebene bis hin zur Unternehmensleitebene
(DIN IEC 60050-351:2009). Jede dieser Ebenen
zeichnet sich durch funktionale und informationsbezogene
Eigenschaften aus, die sich in unterschiedlichen
IKT-Schnittstellen, Datenformaten und Meta-
Datenmodellen niederschlagen. Nicht-funktionale
Eigenschaften, zum Beispiel Echtzeitfähigkeit, Antwortzeitverhalten,
Verlässlichkeit, technische Ausfallsicherheit
(safety) und IKT-Sicherheit (security),
aber ebenso die adäquaten Benutzerschnittstellen bestimmen
weitgehend die jeweils passende IKT-Architektur.
Während IKT-Standards, zum Beispiel Feldbussysteme,
das Problem der horizontalen Interoperabilität
von IKT-Komponenten und Systemen innerhalb
einer Ebene vermindern konnten, blieb die vertikale
Interoperabilität, das heißt der reibungslose Austausch
von Daten und Information über Ebenengrenzen hinweg
beziehungsweise der ebenenübergreifende Aufruf
von Ebenenfunktionen, bislang zumeist unberücksichtigt.
Dieser vertikale Austausch der Daten zwischen
ERP-, MES- und Feldebene, siehe [34, 35], zwischen
MES- und ERP-Ebene [37] sowie zwischen MES
und steuerungsnahen Leitfunktionen [38] ist aber
unumgänglich.
Industriestandards für Middleware in der Automation
(VDI/VDE 2657), zum Beispiel OPC UA (IEC 62541),
helfen diese Lücke zu schließen. OPC UA ist ein Beispiel
eines herstellerunabhängigen Kommunikationsstandards,
der sich zur durchgängigen Vernetzung aller
Produktionsebenen einsetzen lässt. Durch das integrierte
komplexe Informationsmodell besteht die Möglichkeit,
verschiedene Sachverhalte semantisch zu
beschreiben oder auch weitere bestehende Standards
mit Companion-Spezifikationen einzubinden. Ein Beispiel
der Kombination von AutomationML mit OPC UA
wird in [45] beschrieben.
Unter den Schlagwörtern Internet der Dinge und Internet
der Dienste und Nutzung der entsprechenden
Technologien ergeben sich nun neue Möglichkeiten, die
einen grundlegenden Wandel im Verständnis der Leittechnik
und deren ebenenübergreifender Kommunikation
mit sich führen können. Diese Technologien bedeuten
die konsequente Durchdringung aller Ebenen der
Leittechnik mit Internet-Technologien und dazugehörigen
Standards, unter anderem der Internet Engineering
Task Force (IETF, http://www.ietf.org/), des World Wide
Web Consortiums (W3C, http://www.w3.org/) und der
Organization for the Advancement of Structured Information
Standards (OASIS, https://www.oasis-open.org/).
Dies umfasst einerseits die eingesetzten Kommuni-
atp edition
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47
HAUPTBEITRAG
kationstechnologien, zum Beispiel TCP/IP, bis auf die
Ebene der einzelnen Sensoren und Aktoren, was durch
die Standardisierung von IPv6 und weltweit eindeutige
Bezeichner für Ressourcen, wie Uniform Resource
Identifier (URI) des WWW, ermöglicht wurde. Andererseits
bedeutet dies aber auch die konsequente Anwendung
von Datenbeschreibungssprachen, wie die
Extensible Markup Language (XML) mit ihren zahlreichen
Profilen und Erweiterungen, zum Beispiel AutomationML,
zur Beschreibung der Eigenschaften und
Fähigkeiten von Produktionsanlagen [46] und den zugehörigen
Planungsdaten. Liegen in XML oder XMLbasierten
Beschreibungssprachen entsprechende zeitdiskrete
Abbildungen der Situation in der Produktion
vor, kann beispielsweise die Web Ontology Language
(OWL) zur formalen Beschreibung von Zusammenhängen
oder Sachverhalten genutzt werden. Diese zusätzliche
Semantik kann in Ontologien hinterlegt sein.
Dadurch kann auf ontologische Konzepte von Systemen
aus der Leittechnik referenziert werden (semantische
Annotation), um die Bedeutung von Datenelementen
und existierende Restriktionen oder Relationen
zu spezifizieren.
In der Kombination dieser Internet-Technologien ergibt
sich so die Definition von generischen IKT-Plattformen,
die den Zugriff auf leittechnische Information
ermöglichen, vermitteln und absichern, vom Sensor bis
hin zum mobilen Endgerät. Leittechnik-Funktionalitäten
werden dann als Dienste angeboten [47].
Durch diese technologiegetriebene Entwicklung ergeben
sich folgende neue Möglichkeiten:
Übergreifende Leittechnik: Bislang fachlich unterschiedliche
und technisch getrennte Anwendungen,
zum Beispiel aus der Produktions-, Gebäude-
und Energieleittechnik, können mit einheitlichen
Technologien basierend auf Leittechnik-Spezifikationen
mit Hilfe verständlicher,
grafischer Beschreibungsmittel [48, 49] leichter
zusammengeführt werden. Dies ermöglicht beispielsweise
die Steuerung der Produktionsanlagen
und der Gebäudetechnik auf der Grundlage
eines einheitlichen Arbeitszeitmodells, oder die
Berücksichtigung von Energiepreissignalen als
Optimierungskriterium der Fertigungsfeinplanung.
Voraussetzung für eine solche Umsetzung
in der Praxis mit vertretbarem Aufwand sind vorliegende
elektronische Beschreibungen der Produktionssituation,
beispielsweise in Automation-
ML [50] als XML-basierter Beschreibungssprache,
sowie formal spezifizierte Rahmenbedingungen,
zum Beispiel in OWL-Ontologien [51-53], um die
bisher durch die Anwendungen getrennten Datenbestände
zusammenzuführen und die vordefinierten
Reaktionen der Anwendungen übergreifend
zu planen.
Vereinheitlichung der Benutzerschnittstelle: Aus
dem Büro- und Privatbereich gewohnte Benutzerführungsparadigmen
und Werkzeuge, wie Webbrowser
oder mobile Endgeräte, lassen sich einfacher
auf allen leittechnischen Ebenen einsetzen,
was die Akzeptanz erhöht und den Schulungsaufwand
verringert. Zudem können Innovationen in
der Mensch-Maschine-Schnittstelle, zum Beispiel
gestenbasierte oder blickgesteuerte Interaktion,
leichter integriert werden (vergleiche Abschnitt 2.5).
2.4 Vom Feldbus zum ERP-System
Grundlage vieler der zuvor beschriebenen Funktionen
ist die durchgängige Kommunikationsinfrastruktur. So
muss die Information zwischen der Sensor- und ERP-
Ebene möglichst ohne Transitsysteme, die projektiert
werden müssen, in der notwendigen Qualität zur Verfügung
stehen. Hierzu werden auf der physikalischen
Ebene neben den etablierten Feldbussystemen zunehmend
Kommunikationssysteme eingesetzt, die ihren
Ursprung in der Bürokommunikation haben, wie Ethernet,
WLAN, Bluetooth, NFC. Da automatisierte technische
Prozesse hohe Anforderungen an den zuverlässigen
Betrieb haben, sind anwendungsbezogene Dienstgüteparameter,
wie das Zeitverhalten, Safety, Security
und Verfügbarkeit zu garantieren. Darum wurden die
Systeme aus der Bürokommunikation angepasst und
führten zum Beispiel zu verschiedenen Ausprägungen
eines echtzeitfähigen Ethernets. Um die Vorteile der
vielfältigen physikalischen Kommunikationstechniken
nutzen zu können, gleichzeitig die zuvor beschriebene
Durchgängigkeit zu realisieren, ist eine gemeinsame
Protokollebene notwendig. Das könnte künftig das Internet-Protokoll
(IP) sein. Insbesondere IPv6 verfügt
über einen hinreichend großen Adressraum, sodass
selbst einzelne Sensoren mit einer global eindeutigen
IP-Adresse versehen werden können.
Nach der IP-Konnektivität ist der nächste Schritt die
Abstraktion von den physikalischen Kommunikationssystemen
und der Übergang zu einer dienstorientierten
Architektur. Eine vielversprechende Technologie hierfür
ist wiederum OPC UA. Es ließ sich nachweisen, dass
OPC UA eine derart hohe Skalierungsfähigkeit hat, dass
es selbst auf einfachsten ressourcenbeschränkten eingebetteten
Systemen eingesetzt werden kann [54, 55].
Echtzeit-Ethernetsysteme erlauben beispielsweise die
gleichzeitige Nutzung von IP-Kommunikation, die für
OPC UA verwendet wird. Damit lässt sich ein durchgängiger
Informationsfluss vom Sensor bis in das ERP-
System und das Internet bei gleichzeitig lokaler Realisierung
hochdynamischer Steuerungs- oder Regelungsvorgänge
realisieren (siehe Bild 2).
Im Kontext der Industrie 4.0 wird auch die Maschine-zu-Maschine-(M2M)-Kommunikation
unter Nutzung
des Internets eine zunehmende Bedeutung bekommen
(Internet der Dinge). Die Herausforderung
besteht in der adaptiven Nutzung der Übertragungsstrecke,
die durch das Mobilfunknetz und das Internet
gebildet wird. In [56] wurden in umfangreichen Messungen
an existierenden Mobilfunktechnologien
(2G/3G/4G) signifikante Verbindungsabbrüche nachgewiesen,
die eine Nutzung für Anwendungen mit hohen
48
atp edition
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Zuverlässigkeitsanforderungen stark einschränken.
Hier ist künftig eine engere Abstimmung der Dienstgüteparameter
der jeweiligen Anwendung mit den
Möglichkeiten des Providers notwendig.
2.5 Von Tastatur und Maus zur intuitiven Interaktion
Als Herausforderung aus den behandelten Entwicklungen
tritt für die Informatik die einfache und natürliche,
kurzum Mensch-zentrierte, Interaktion mit cyber-physischen
Systemen in der Fabrik in den Vordergrund.
Diese Interaktion umfasst
direkte Schnittstellen, über die ein Mensch Rechner
unmittelbar instruiert und
indirekte Schnittstellen, über die ein Rechner die
Aktivitäten von und die Interaktion zwischen Menschen
beobachtet und von diesen lernt, um sie zu
unterstützen.
Der Kontext menschlicher Aktivitäten wird hierbei
berücksichtigt. Dazu bedarf es wahrnehmender Systeme,
die menschliche Aktionen und Interaktionen
erfassen und interpretieren können. Der visuelle Kanal
bietet eine hohe Fülle und Dichte an Information
zur Erschließung der sichtbaren Umgebung. Die visuelle
Perzeption des menschlichen Handelns durch die
Maschine beschäftigt sich mit dem Sehen und Verstehen
dessen, wer was wo und wann tut und mit wem
er auf welche Weise interagiert. Verstehen Computer
Benutzerabsichten und Handlungskontexte, können
sie Menschen in ihrer Arbeit unterstützen. Dieses Verständnis
ist essenziell, um solche Systeme beispielsweise
im Umgang mit industriellen oder humanoiden
Robotern erfolgreich einsetzen zu können oder eine
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atp edition
4 / 2014
49
HAUPTBEITRAG
sichtgestützte Assistenz in sicherheitskritischen Arbeitsumgebungen
anzubieten.
Grundlegende Perzeptionskomponenten sind die
Personenlokalisierung sowie Personenidentifikation,
Erfassung der Körperhaltung einschließlich
Gesten sowie das
Nachvollziehen der visuellen Aufmerksamkeit
von Personen.
Die durch die Sensorauswertung gewonnene Information
wird dazu genutzt, die maschinelle Umgebung
aufmerksam gegenüber den menschlichen Handlungen
und Absichten zu machen, um den Personen dann bei
ihrer Zusammenarbeit sowie bei der Interaktion mit
dem assistierenden System selbst zu assistieren. Basierend
auf Tracking- und Identifikationsergebnissen kann
eine solche aufmerksame Umgebung damit personalisierte
Arbeitsplätze genau dort anzuzeigen, wo sich die
jeweiligen Benutzer befinden. Durch das Wissen, wer
sich wo aufhält, ist es darüber hinaus möglich, den
entsprechenden Benutzern gezielt Nachrichten an ihren
aktuellen Positionen zu übermitteln, zum Beispiel
an einem nahegelegenen Display.
Die vollständige Erfassung der Körperhaltung erlaubt
es, Zeige- und Handgesten zu erkennen, die direkt
zur Interaktion mit den angezeigten Arbeitsplätzen
beziehungsweise mit den dort zu bearbeitenden
Objekten genutzt werden können, zum Beispiel beim
display-übergreifenden Arbeiten. Auch manuelle
Montagetätigkeiten werden damit für ein System verständlich,
ebenso wie eine natürliche, gestenbasierte
Interaktion mit Robotern und Maschinen, beispielsweise
[66, 67].
Vervollständigt wird dieses Wissen über die Beobachtung
der Aufmerksamkeitszuwendung der jewei-
REFERENZEN
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[31] Behrens, M., Provan, G., Boubekeur, M., Mady, A.: Model-Driven Diagnostics
Generation for Industrial Automation. Industrial Informatics, 2009.
INDIN 2009. 7th IEEE International Conference on, 2009, pp. 708 –714
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[33] Zaied, R., Abhary, K.: A Design of an Intelligent Maintenance Integrated
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Industrial Technology, 2009, pp. 1-6
[34] Bildmayer, R.: Logistischer Leitstand. In: GI Jahrestagung (2),
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Fakultät, Universität Potsdam, 2012
[37] Kletti, J.: MES-Futurologie – Die europäische Antwort auf die
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[38] Münnemann, A.: Die Schnittstelle PLS/MES – Erfahrungen und
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[39] Frey, C: Monitoring of complex industrial processes based on
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[40] Oliver Niggemann, Benno Stein, Asmir Vodencarevic, Alexander
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[41] Bauernhansl, Th. (Hrsg.): Virtual Fort Knox. Abschlussbericht,
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[42] Enste, U., Mahnke, W.: OPC Unified Architecture - Die nächste
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[43] Faltinski, S. et.al.: Detecting anomalous energy consumptions in
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Conference on Industrial Informatics (INDIN), 2012, S. 358 – 363
[44] Chandola, K, Banerjee, L., Kumar, M.: Anomaly Detection for
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[46] Pfrommer, J., Schleipen, M., Beyerer, J.: Fähigkeiten adaptiver
Produktionsanlagen. atp edition 55 (11), Ausgabe 11/2013, Seite 42-49
50
atp edition
4 / 2014
ligen Person, die dem System mitteilt, worauf sie sich
konzentriert, worauf sie achtet und mit wem oder was
sie interagieren möchte. Nicht nur Assistenzsysteme
profitieren hiervon, weil sie damit nachvollziehen können,
ob der Benutzer zum Beispiel angezeigte Meldungen
oder Information bereits wahrgenommen hat;
ebenso Sicherheitssysteme können davon Gebrauch
machen, indem sie beobachten und reagieren können,
wann Notfallmechanismen ausgelöst werden müssen,
zum Beispiel weil der Benutzer sich unaufmerksam im
Umgang mit einer Maschine verhält.
Aktuelle konkrete Einsatzfälle in der Fertigung sind
die gestenbasierte Interaktion in der Qualitätssicherung
[57], die sichere Interaktion von Menschen und Industrierobotern
ohne Sicherheitskäfige oder manuelle
Montagearbeitsplätze, die Montageabläufe lernen und
die Mitarbeiter darin unterstützen, die Werkstücke korrekt
zu fügen und die richtigen Teile zu greifen.
2.6 Von der digitalen Fabrik ins Laufzeitsystem
Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich
der Prozess der Planung und Inbetriebnahme einer Fabrik,
ihrer Maschinen und Anlagen und deren Komponenten
in Zukunft grundlegend verändern wird: Anlagen
werden aus mechatronischen Komponenten zusammengebaut,
die durch (3D-)Geometrie, Kinematik und
Logik, das heißt Teilen von Steuerungsprogrammen,
gebildet werden [58, 59]. Diese intelligenten Komponenten
kennen ihre Fähigkeiten und wissen, in welche
Anlagen sie eingebaut werden können. Gegebenenfalls
ändern sie Konfigurationseinstellungen selbständig,
um sich an die Fertigungsaufgabe und an die Anlage,
in die sie eingebaut werden, anpassen zu können. Aktuelle
Entwicklungen bei selbstkonfigurierenden Werkzeugmaschinen
sind in [60, 61] beschrieben. Die dort
erarbeiteten Ergebnisse befinden sich jedoch noch im
[47] Schlütter, M., Epple, U., Edelmann, T.: Dienstesysteme für die
Leittechnik — Ein Einblick. In: VDI-Berichte 2067, Automation
2009: Fit for Efficiency, Kurzfassung: S. 21-24, Langfassung auf
beiliegender CD. Düsseldorf, VDI Verlag, 2009
[48] Ricken, M., Vogel-Heuser, B.: Engineering von Manufacturing
Execution Systems. In: SPS/IPC Drives Kongress, Nürnberg,
24.-26.11.2009
[49] Ricken, M., Vogel-Heuser, B.: Modeling of Manufacturing
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Technologies and Factory Automation, 13.-16. September
2010, Bilbao, Spanien, 2010
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International Conference on Emerging Technologies and
Factory Automation (ETFA), S. 616-623, 2008
[51] Brecher, Ch. (Hrsg.): Integrative Produktionstechnik für
Hochlohnländer, Springer-Verlag, 2011
[52] ISO/TS 15926-8:2011 Industrial automation systems and
integration—Integration of life-cycle data for process plants
including oil and gas production facilities—Part 8: Web
Ontology Language (OWL) implementation, 2011
[53] Rezk, M., Nutt, W.: Combining Production Systems and
Ontologies. RR 2011, S. 287-293, 2011
[54] Imtiaz, J., Jasperneite, J.: Scalability of OPC-UA down to the
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IEEE Conference on Industrial Informatics 2013 Bochum,
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http://www.its-owl.de/technologiecluster/projekte/QP_Intelligente_Vernetzung.php,
abgerufen am 28.7.2013
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Cellular Communication Systems for M2M Communication in
Smart Grid Applications. In: Computer Networks - CN2012.
Szczyrk, POLAND, Jun 2012
[57] Schick, A., Sauer, O.: Gestenbasierte Qualitätskontrolle - Intuitive Mensch-
Maschine-Interaktion in der Industrie. wt online, zur Veröffentlichung
eingereicht
[58] Prinz, J., et.al: Beschreibung mechatronischer Objekte durch Merkmale.
atp edition 7-8/2011, S. 62-69
[59] Wascher, F., Kayser, K.-H., Würslin, R.: Softwareunterstützte mechatronische
Entwicklung im Maschinen- und Anlagenbau. In: Tagungsband zum 8.
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in Lehre und Entwicklung an Fachhochschulen, Göppingen 2011, Seite 121-131
[60] Mauderer, M.: Ein Beitrag zur Planung und Entwicklung von rekonfigurierbaren
mechatronischen Systemen am Beispiel von starren Fertigungslinien. iwb
Forschungsbericht Nr. 250, München: Herbert Utz-Verlag, 2011
[61] Kircher, Ch.: Selbstadaptierende NC-Steuerung für rekonfigurierbare
Werkzeugmaschinen. Berichte aus dem Institut für Steuerungstechnik der
Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität
Stuttgart, Nr. 185, Heimsheim: Jost-Jetter-Verlag, 2011
[62] Diedrich, Ch., Lüder, A., Hundt, L.: Bedeutung der Interoperabilität bei
Entwurf und Nutzung von automatisierten Produktionssystemen. at – Automatisierungstechnik
59 (2011) 7, S. 426-438
[63] John, D., Jasperneite, J.: Interoperabilität auf Feldebene. at – Automatisierungstechnik
59 (2011) 7, S. 406-411
[64] Sauer, O.: Automated engineering of Manufacturing Execution Systems – a
contribution to “adaptivity” in manufacturing companies. In: Bernard, A.:
Proceedings of DET2008, 5th International Conference on Digital
Enterprise Technology, Nantes, France, 22-24 October 2008, pp. 181-191.
Paris: Éditions Publibook, 2010
[65] Fraunhofer-Gesellschaft: Internet der Dienste. weiter.vorn Fraunhofer-
Magazin 1.12 Beilage THESEUS. http://www.fraunhofer.de/content/dam/
zv/de/publikationen/Magazin/2012/1-2012_THESEUS/THESEUS.pdf.
Letzter Aufruf: 24.07.2013
[66] Dose, S.; Dillmann, R.: Eine intuitive Mensch-Maschine-Schnittstelle für die
automatisierte Kleinserienmontage. In: VDI-Bericht 2171, VDI-Verlag,
Düsseldorf 2012, S. 271-274
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atp edition
4 / 2014
51
HAUPTBEITRAG
Stadium der Grundlagenforschung. Die Integration von
Feldgeräten in Automatisierungssysteme über Plugand-work
wird unter anderem in [62, 63] beschrieben.
Eine Selbstkonfiguration (Plug-and-work) von Anlagen
und Automation verkürzt Inbetriebnahme- und Umbauphasen
von Anlagen signifikant. Aufwendige manuelle
Engineering-Schritte entfallen, zum Beispiel ein
Umschreiben von Software. Aktuell arbeiten die Autoren
im Rahmen eines Projekts daran, durchgängige und
sichere Plug-and-work-Technologien, basierend auf
existierenden Standards von der Feldebene bis zum
MES zu entwickeln (siehe Bild 3).
Dabei ist es das Ziel, auf existierenden Standards
basierende Methoden und Werkzeuge sowie Konzepte
für Informations- und Softwarearchitekturen zu erarbeiten,
die eine durchgängige, konsistente und gesicherte
Datenverarbeitung bei Änderungen in einer der
beteiligten Hierarchieebenen der Fertigung an die
anderen Teilnehmer der Fabrik ermöglichen, zum Beispiel
Feldgeräte, Maschinen und Anlagen, IT-Systeme.
Dazu werden Eigenschaften und Fähigkeiten direkt
auf den Komponenten gespeichert. Parallel zur physischen
Integration stehen sie damit über eine Schnittstelle
direkt in der Steuerung zur Verfügung. Die Komponentenhersteller
ermitteln vorab die hierzu benötigte
Information und hinterlegen sie auf den Bauteilen.
Durch die physische und informelle Integration wird
eine Zeitersparnis von rund 20 % bei Erstinbetriebnahme,
Instandhaltungstätigkeiten und Änderungen
der Produktion möglich. Noch höhere Potenziale erwarten
die Autoren, wenn sich die Konfigurationsaufwendungen
für überlagerte produktionsnahe IT-Systeme
(MES) reduzieren lassen. Grund für diese bereits
anhand von Demonstratoren nachgewiesene Abschät-
AUTOREN
Dipl.-Ing. CHRISTIAN FREY (geb. 1968) leitet die
Forschungsgruppe Multi-Sensorsysteme im Fraunhofer
IOSB. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in
der Entwicklung von datengetriebenen lernfähigen
Methoden für die Überwachung von komplexen
industriellen Produktionsprozessen.
Fraunhofer IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
E-Mail: christian.frey@iosb.fraunhofer.de
Dr.-Ing. MICHAEL HEIZMANN (geb. 1971) leitet die Abteilung
Mess-, Regelungs- und Diagnosesysteme (MRD) im
Fraunhofer IOSB. Sein derzeitiges Forschungsinteresse
liegt in den Bereichen Mess-, Regelungs- und Automatisierungstechnik,
darin besonders automatische Sichtprüfung
und Bildverarbeitung sowie Bild- und Informationsfusion.
Fraunhofer IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
E-Mail: michael.heizmann@iosb.fraunhofer.de
Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN JASPERNEITE (geb. 1964) leitet in
Personalunion das Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo und
das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT)
der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Sein derzeitiges
Forschungsinteresse liegt im Bereich IKT-basierter
Automatisierungstechnologien.
Fraunhofer-Anwendungszentrum
Industrial Automation (IOSB-INA),
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 70 25 72,
E-Mail: juergen.jasperneite@iosb-ina.fraunhofer.de
Prof. Dr. rer.nat. OLIVER NIGGEMANN (geb. 1971) ist
stellvertretender Leiter des Fraunhofer IOSB-INA und
Professor an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit
2008 ist er Vorstandsmitglied des Instituts für industrielle
Informationstechnik (inIT). Sein derzeitiges Forschungsinteresse
liegt im Bereich der intelligenten
Automationssysteme.
Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation (IOSB-INA),
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,
E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de
Dr.-Ing. OLAF SAUER (geb. 1963) studierte an der Universität
Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen. Nach beruflichen
Stationen in Industrie und Beratung arbeitet er seit
2004 am Fraunhofer IOSB. Er ist Lehrbeauftragter am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Vorsitzender
des Fachbereichs Informationstechnik des VDI sowie
Mitglied des Vorstandes der Wirtschaftsstiftung Südwest.
Fraunhofer IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
Tel. +49 (0) 721 609 14 77, E-Mail: olaf.sauer@iosb.fraunhofer.de
Dr.-Ing. MIRIAM SCHLEIPEN (geb. 1983) arbeitet seit 2005
am Fraunhofer IOSB. Sie leitet die Gruppe Leitsysteme
und Anlagenmodellierung. Ihr Hauptinteresse gilt
aktuell der Adaptivität und Interoperabilität von Komponenten
und Systemen in Produktion.
Fraunhofer IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
E-Mail: miriam.schleipen@iosb.fraunhofer.de
52
atp edition
4 / 2014
zung [64] ist, dass viele der Daten, die zur Konfiguration
eines MES benötigt werden, in den vorgelagerten
Engineering-Phasen bereits beschrieben und in eigens
dafür genutzten IT-Systemen hinterlegt sind (digitale
Fabrik). Dabei sind Sicherheitsmechanismen, wie Authentifizierung
und Autorisierung (Rechteverwaltung),
in die Architektur von CPS-Systemen von vornherein
zu integrieren: Über die Werkzeuge und Entwicklungsumgebungen,
die beispielsweise AutomationML-kompatible
Objekte erzeugen, ist sichergestellt,
dass sensible Daten im frühestmöglichen Stadium
gegen Angriffe durch Abhören und Modifikation geschützt
sind. Dafür werden standardisierte Security-
Mechanismen wie Verschlüsselung, Signieren von
Daten sowie Authentifizieren von Datenobjekten und
Steuerungskomponenten eingesetzt, damit sich nur
autorisierte Komponenten in das Produktionssystem
Dr.-Ing. THOMAS USLÄNDER (geb. 1961) leitet
die Abteilung Informationsmanagement und
Leittechnik (ILT) im Fraunhofer IOSB. Sein
Forschungsinteresse liegt im Bereich der
Anforderungsanalyse und der Architekturkonzeption
von offenen, serviceorientierten
Informations-, Leit- und Testsystemen auf der
Grundlage internationaler IT-Standards. Er ist
Mitglied des VDI/VDE-GMA Fachausschuss
7.21 Industrie 4.0 – Begriffe, Referenzmodelle,
Architekturkonzepte.
Fraunhofer IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
E-Mail: thomas.uslaender@iosb.fraunhofer.de
Dr.-Ing. MICHAEL VOIT (geb. 1979) leitet die
Forschungsgruppe Perceptional User Interfaces
im Fraunhofer IOSB. Die Gruppe konzentriert
sich auf Maschinensehen und Situationsmodellierung,
um innovative Benutzerschnittstellen
und intelligente Räume zu ermöglichen.
Fraunhofer Institut für Optronik,
Systemtechnik und Bildauswertung IOSB,
Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,
E-Mail: michael.voit@iosb.fraunhofer.de
einklinken können. Dazu erhalten Komponenten ein
Zertifikat und die Kommunikation der Konfigurationsdaten
wird verschlüsselt.
FAZIT UND FORSCHUNGSBEDARF
Neben den im Maschinenbau heute existenten Innovationskompetenzen
werden in der Industrie 4.0 neue
Kompetenzen in der Softwareentwicklung erforderlich,
zum Beispiel das Denken in Diensten mit klar definierten
technischen und organisatorischen Schnittstellen.
Ziel weiterer Forschungsarbeiten muss es daher
sein, Strategien und Instrumente zu entwickeln, die
Hersteller von automatisierten Anlagen und Maschinen
beziehungsweise Komponenten dabei unterstützen,
ihre Innovationsprozesse so umzubauen, dass sie auf
Software-Kompetenzen zugreifen können. Erst dann
können sie – basierend auf den technischen Entwicklungen
– neuartige Dienstleistungsangebote und Geschäftsmodelle
im Sinne des Internets der Dienste [65]
konzipieren.
Die in der Automation eingesetzten Technologien
werden zunehmend durch die Möglichkeiten der Informatik
und der Informations- und Kommunikationstechnologien
bestimmt. Viele dieser Schlüsseltechnologien
kommen aus den USA oder Asien. Für Deutschland
gilt es, das Potenzial an der Schnittstelle zwischen
IKT-Kompetenz und produkt- und prozessspezifischem
Know-how zu heben: Ingenieure, Informatiker und Automatisierungsspezialisten
müssen stärker als bisher
zusammenarbeiten.
Industrie 4.0 ist ein strategisches Rahmenprogramm,
um die zunehmende Informatisierung in der produzierenden
Industrie zu verankern. Viele Einzeltechnologien
sind schon vorhanden und müssen jetzt industrie-tauglich
zusammengeführt werden – an anderen Stellen besteht
noch Forschungsbedarf; wesentliche Teile davon
sind bereits in den Umsetzungsempfehlungen [4] beschrieben.
Gleichwohl fehlt ein nationaler Fahrplan
(Roadmap), welche Fragestellungen durch welche Stakeholder
in welcher Reihenfolge bearbeitet werden. Laufende,
beziehungsweise anlaufende Förderprojekte müssen
besser miteinander verzahnt werden, um Doppelarbeiten
zu vermeiden und sicherzustellen, dass tatsächlich
offene und praxisrelevante Fragen beantwortet
werden. Zu definierende Kompetenzzentren würden
dafür sorgen, dass sich F&E-Einrichtungen und Institute
auf bestimmte Themen fokussieren, statt wie heute immer
weiter zu diversifizieren. Diese Industrie 4.0-Zentren
eignen sich vor allem für gemeinsame F&E-Arbeiten von
Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Auch Demonstrationsanlagen
wie die verteilte Demonstrationsplattform
MyJoghurt, siehe http://www.ais.mw.tum.de/
de/i40-demonstrator-myjoghurt/, bieten den Nutzen,
Industrie 4.0-Technologien zu erproben und zu präsentieren.
MANUSKRIPTEINGANG
08.08.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
atp edition
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53
HAUPTBEITRAG
Intelligente Assistenzsysteme
für die Automation
Menschen bei der Prozessführung besser unterstützen
Die immer größeren Datenmengen, die in Automatisierungssystemen anfallen, führen
zu einer Überforderung des Menschen bei der Prozessführung und -optimierung.
Eine Möglichkeit, den Anwender bei diesen Aufgaben zu unterstützen, ist es, intelligente
Assistenzsysteme einzusetzen, die die Prozessabläufe automatisch überwachen
und optimieren. Der Beitrag zeigt am Beispiel der am Fraunhofer IOSB-INA
entwickelten Toolbox proKNOWS, wie sich solche Assistenzsysteme bereits heute
in einem heterogenen industriellen Umfeld realisieren lassen.
SCHLAGWÖRTER Intelligente technische Systeme / Optimierung / Diagnose
Intelligent Assistance Systems for Automation –
User Support for Process Control
The increasing amount of data in industrial automation systems causes excessive
demands of the user with respect to process control and optimization. A possibility
to cope with these challenges consists in the application of intelligent assistance
systems, which allow for automatic anomaly diagnosis, process monitoring and
optimization. It is shown – by means of the toolbox proKNOWS, which has been
developed at Fraunhofer IOSB-INA – how these assistance systems can be realized
in a heterogenous industrial environment.
KEYWORDS intelligent technical systems / optimization / diagnosis
54
atp edition
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STEFAN WINDMANN, OLIVER NIGGEMANN, Fraunhofer IOSB-INA
Durch die steigende Leistungsfähigkeit kostengünstiger
Geräte und die Anforderungen der
Produktionstechnik entstehen verteilte Automatisierungssysteme
mit zunehmender
Komplexität. Als Konsequenz fallen immer
größere Datenmengen in industriellen Verarbeitungsprozessen
an [1], die analysiert und bei der Prozessführung
berücksichtigt werden müssen. Daraus ergeben
sich immer höhere Anforderungen an die Datenerfassung,
die Prozessüberwachung, die Fehlererkennung
und an die Analyse der Fehlerursachen. Eine Möglichkeit,
den Anwender bei diesen Aufgaben zu entlasten,
ist die Verwendung neuer Assistenzsysteme, die das
Anlagenpersonal bei der Prozessführung und -überwachung
in industriellen Anwendungen unterstützen.
Zwei typische Anwendungsfälle solcher Assistenzsysteme
sind in Bild 1 skizziert. Der erste betrifft die
Erkennung und Diagnose von Anomalien. Es soll erkannt
werden, wenn das Systemverhalten vom Normalverhalten
abweicht (beispielsweise zu viel oder zu wenig
Schüttgut in einem Behälter). Darüber hinaus sollen
die Ursachen für solche Anomalien (wie Fehler bei der
Abfüllung oder Verstopfungen) diagnostiziert werden.
Der zweite Anwendungsfall besteht in der automatischen
Optimierung des Systemverhaltens hinsichtlich
einer gegebenen Kostenfunktion. Zum Beispiel soll
die Verlustleistung eines Antriebssystems bei vorgegebenen
Randbedingungen hinsichtlich des Bewegungsablaufs
minimiert werden.
Heutige Assistenzsysteme lassen sich wie folgt unterteilen:
Assistenzsysteme auf der Basis universell einsetzbarer
Statistik- oder Data-Mining-Werkzeuge
Komplettlösungen zur Datenerfassung und -analyse
branchenspezifische Speziallösungen.
Beispiele für Data-Mining-Werkzeuge sind Weka (Waikato
Environment for Knowledge Analysis) [2] und
RapidMiner [3]. Weka ist ein frei verfügbares Data-
Mining-Werkzeug, das neben Vorverarbeitungsmethoden
und Methoden zur Cluster- und Assoziationsanalyse
vielfältige Möglichkeiten zur Klassifikation bietet.
Die integrierte Entwicklungsumgebung RapidMiner
ermöglicht es, Data-Mining-Prozesse grafisch zu beschreiben.
In RapidMiner sind Verfahren für die Vorverarbeitung,
das maschinelle Lernen und das Data-
Mining, die Zeitreihenanalyse und die Visualisierung
verfügbar. Darüber hinaus können die Lernalgorithmen
aus Weka eingebunden werden. Beispiele für Statistikpakete
sind R [4] und die Statistics Toolbox von
Matlab. Beide Pakete bieten viele Möglichkeiten zur
statistischen Prozessanalyse, wie beispielsweise Varianzanalysen
(ANOVA), Regressionsverfahren oder statistische
Zeitreihenanalysen.
Verbreitete Lösungen zur Datenerfassung und -analyse
im industriellen Kontext sind SAS Quality Lifecycle
Analysis [5] und SPSS von IBM [6]. Diese Lösungen
ermöglichen es, mittels leistungsstarker Prognoseverfahren,
Qualitätsmängel und aufkommende
Probleme in Produktionsprozessen frühzeitig zu erkennen
und den Anwender automatisch zu benachrichtigen.
Sie bieten darüber hinaus umfangreiche
Möglichkeiten, um große Datenmengen zusammenzuführen
und zu bereinigen. Die beschriebenen Ansätze
haben zwar einen beachtlichen Funktionsumfang,
sind für unerfahrene Anwender aber nicht immer
leicht zu bedienen, da viele Parameter – wie Schwellwerte
für automatische Warnfunktionen – manuell
konfiguriert werden müssen.
Darüber hinaus existieren Speziallösungen, die auf
spezielle Anwendungsfelder zugeschnitten sind. Siemens
bietet mit Siplus CMS [7] Condition-Monitoring-
Lösungen für Motoren, Generatoren, Lüfter, Pumpen
und so weiter an, die einfach in bestehende Automatisierungssysteme
von Siemens integriert werden können.
Condition-Monitoring-Module von B&R, wie das
CM4810 [8], ermöglichen eine lokale Zustandsüberwachung
auf Steuerungsebene. Eine Lösung für die Prozessüberwachung
im Bereich der chemischen Industrie
ist beispielsweise die Software PUMon [9] (process unit
monitoring) von Bayer. PUMon verwendet selbstorganisierende
Karten (SOM) zur Prozessüberwachung. Das
sind Modelle für werte-kontinuierliche Prozesse, die
atp edition
4 / 2014
55
HAUPTBEITRAG
aus fehlerfreien Prozessabläufen gelernt werden können.
In Hinsicht auf die in PUMon eingesetzten Algorithmen,
die am Fraunhofer IOSB im Rahmen der
ProDaMi-Suite [10] entwickelt worden sind, gibt es bereits
Ansätze für eine Generalisierung auf andere Anwendungsfelder,
wie beispielsweise die Überwachung
von Windkraftanlagen.
Bei den beschriebenen Assistenzsystemen ist ein
Zielkonflikt zwischen der Breite der Einsatzmöglichkeiten
und dem Konfigurationsaufwand zu beobachten.
Eine große Flexibilität in den Einsatzmöglichkeiten
wird in der Regel mit hohem manuellen Engineering-
Aufwand erkauft. Eine Möglichkeit, diese Lücke zu
schließen, sind selbstlernende Assistenzsysteme, die
sich aufgrund ihrer Lernfähigkeit ohne großen Konfigurationsaufwand
in bestehende Automatisierungssysteme
integrieren lassen.
Am Fraunhofer IOSB-INA wird mit der Toolbox pro-
KNOWS ein solches Assistenzsystem entwickelt, das
durch die Beobachtung industrieller Prozesse Zusammenhänge
lernt und so Fehler, Anomalien und Optimierungsbedarf
automatisch erkennt (siehe Bild 2). Im
Beitrag werden Aspekte intelligenter Assistenzsysteme
am Beispiel dieser Toolbox aufgezeigt. Die einfache Integration
eines Assistenzsystems in heterogene industrielle
Automatisierungssysteme erfordert eine geeignete
Systemschnittstelle zur Datenerfassung und zur
Manipulation der Prozessabläufe.
1. DATENERFASSUNG
Die betrachteten Assistenzfunktionen arbeiten auf der
Grundlage von Prozessdaten, die über die Systemschnittstelle
des in Bild 2 dargestellten Assistenzsystems
erfasst werden. In industriellen Verarbeitungsprozessen
steigt die Menge verfügbarer Prozessdaten
ständig an, da die Produkte und damit die Verarbeitungssysteme
komplexer werden [1]. Die Daten fallen
in verschiedenen Ebenen und Subsystemen an, wie
beispielsweise Manufacturing Execution System
(MES), Supervisory Control and Data Acquisition
(SCADA) oder Enterprise-Resource-Planning-Systemen
(ERP).
Bislang existiert kein einheitlicher Datenerfassungsansatz,
der einen universellen Einsatz der betrachteten
Assistenzsysteme ermöglicht. Eine mögliche Herangehensweise
an diese Problematik besteht darin,
die heterogenen Netzwerke und Komponenten, die in
der Automatisierungstechnik verwendet werden, über
OPC UA an eine zentrale Infrastruktur anzubinden.
Eine Alternative stellt Device Profile for Webservices
(DPWS) dar [12]. OPC UA verfügt jedoch über ein flexibleres
Informationsmodell und erfordert weniger
Overhead, da es direkt auf TCP/IP statt wie DPWS auf
HTTP aufsetzt.
Die Verwendung einer OPC-UA-Schnittstelle zur Datenerfassung
in heterogenen technischen Systemen
zeigt Bild 3. Datenlogger (DL) ermöglichen die Echtzeit-
Datenerfassung in Ethernet- oder drahtlosen Netzwerken
mit verschiedenen Sensoren (S) und Ein-/Ausgabegeräten
(IOD) [13]. Die einzelnen Datenlogger können
entsprechend dem Standard IEEE 1588 zeitlich synchronisiert
werden.
2. DATENGETRIEBENE PROZESSMODELLIERUNG
Eine datengetriebene Prozessmodellierung ermöglicht
es, intelligente Assistenzsysteme flexibel in komplexen
Automatisierungssystemen einzusetzen. In diesem Ansatz
werden, wie in Bild 2 dargestellt, Prozessmodelle
aus den Prozessdaten gelernt und zur Umsetzung der
Prozessüberwachung (Abschnitt 3) und Prozessoptimierung
(Abschnitt 4) verwendet.
Mit steigender Komplexität der Prozesse und der damit
einhergehenden Daten ist die manuelle Erstellung
solcher Prozessmodelle nicht mehr praktikabel und
zudem sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. Daher
kommt der Entwicklung robuster Lernverfahren, welche
die Prozessmodelle automatisch aus Daten lernen,
eine zunehmende Bedeutung zu.
Beim Modell-Lernen ist das Zusammenspiel kontinuierlicher
und diskreter Prozessgrößen zu berücksichtigen.
So sind in vielen Anwendungen ausgeprägte
Systemzustände, Modes, zu beobachten, die bei Änderungen
diskreter Prozessgrößen (wie Schaltsignalen)
wechseln. Insbesondere das automatische Lernen der
Prozessmodelle für diskrete Systemanteile ist bislang
wenig erforscht. Ansätze hierzu sind MDI [14] und Alergia
[15]. Darüber hinaus sind neben statischen Zusammenhängen
zwischen Prozessvariablen in der Regel
zeitliche Abhängigkeiten in Betracht zu ziehen. Eine
weitere Problematik besteht darin, neben den Modellparametern
ebenso die Struktur der Prozessmodelle
automatisch aus Daten zu lernen.
Das Fraunhofer IOSB-INA entwickelt in Kooperation
mit dem Institut für industrielle Informationstechnik
(inIT) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo
Ansätze für diese Problemstellungen [16-18].
Der HyButla-Algorithmus [18] ermöglicht das automatische
Lernen der Modelle hybrider industrieller
Prozesse aus Prozessdaten. Das Funktionsprinzip verdeutlicht
Bild 4. Zunächst wird aus den diskreten Prozessgrößen
ein Präfix-Baum mit den Prozesszuständen
S0, S1, … erzeugt, in dem jeder Pfad von der Wurzel S0
zu einem Blatt (hier: S2‘, S2‘‘, S4, S4‘) einem Prozesszyklus
entspricht. Die Übergänge zwischen den Zuständen
im Präfix-Baum werden jeweils durch Änderungen
diskreter Signale (a, b) ausgelöst. Anschließend werden
ähnliche Zustände des Präfix-Baums entsprechend
einem Ähnlichkeitsmaß (Hoeffding-Bound, siehe [18])
in Bottom-up-Reihenfolge verschmolzen, sodass eine
kompakte Prozessdarstellung in Form eines endlichen
Automaten entsteht.
Die Verläufe kontinuierlicher Prozessgrößen können
unter anderem mit Differenzial- und Differenzengleichungen,
äquivalenten Zustandsraumdarstellungen,
56
atp edition
4 / 2014
neuronalen Netzwerken [19] oder selbstorganisierenden
Karten [9] modelliert werden. Um hybride Prozesse zu
beschreiben, ist es möglich, solche Modelle jeweils für
die einzelnen Systemzustände (die Zustände des in
Bild 4 dargestellten Automaten) aus kontinuierlichen
Prozessdaten zu lernen.
3. PROZESSÜBERWACHUNG
Eine zuverlässige Prozessüberwachung ermöglicht es,
Kosten und Risiken zu reduzieren, indem Fehler und
Probleme im Prozessablauf frühzeitig erkannt und Ausfälle
einzelner Komponenten oder im Extremfall ein
a) b)
BILD 1: Assistenzfunktionen:
a) Fehlerdiagnose
b) Prozessoptimierung
Assistenzsystem
Prozessmodell
Diagnose
Visualisierung
Optimierung
Systemschnittstelle
Datenerfassung
Manipulation
Industrieller
Prozess
BILD 2: Intelligentes Assistenzsystem
BILD 3: OPC-UA-Anbindung heterogener technischer Systeme
BILD 4: HyButla-Algorithmus
BILD 5: Modellbasierte
Anomalieerkennung
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HAUPTBEITRAG
Produktionsstop der gesamten Anlage vermieden werden.
Diese Assistenzfunktion umfasst die automatische
Anomalieerkennung und die Visualisierung der Prozessabläufe.
Ansätze zur Erkennung von Anomalien in
den Prozessabläufen werden bereits in [11] ausführlich
untersucht. Im Beitrag werden daher nur modellbasierte
Ansätze zusammenfassend betrachtet.
Modellbasierten Ansätzen zur Anomalieerkennung
liegen – wie auch den anderen im Beitrag beschriebenen
Assistenzfunktionen – Prozessmodelle zugrunde,
die, wie in Abschnitt 2 beschrieben, aus Daten des
Normalverhaltens der Anlagen und Komponenten gelernt
werden können (Phase 1 in Bild 5). Das Prinzip
der modellbasierten Anomalieerkennung während der
Betriebsphase (Phase 2 in Bild 5) besteht in dem Vergleich
des tatsächlichen Anlagenverhaltens mit dem
mittels der gelernten Prozessmodelle prognostizierten
Verhalten. Auf diese Weise können zum einen diskrete
Ereignisse detektiert werden, die mit den gelernten Prozessmodellen
nicht vereinbar sind [16]. Zum anderen
ist es möglich, eine Abweichung des kontinuierlichen
Verhaltens vom prädizierten Prozessverhalten zu erkennen,
wozu sich beispielsweise statistische Tests
einsetzen lassen [17].
Intelligente Assistenzsysteme ermöglichen darüber
hinaus eine übersichtliche Visualisierung der Abläufe
in komplexen Automatisierungssystemen. Das ist notwendig,
da die Verläufe der Prozesssignale aufgrund
der zunehmenden Komplexität industrieller Prozesse
für einen Beobachter immer schwerer zu beurteilen
sind. Prozessmodelle, die – wie in Abschnitt 2 beschrieben
– aus Prozessdaten gelernt werden können,
bilden relevante Prozesseigenschaften ab und abstrahieren
von unwichtiger Information. Beispielsweise
kann eine Automatendarstellung, wie in Bild 4
(rechts), zur Visualisierung der möglichen Systemzustände
und Zustandsübergänge verwendet werden.
Weitere Visualisierungsmöglichkeiten sind zum Beispiel
eine diskrete Zustandscodierung oder eine Datenreduktion
auf Basis einer Hauptachsentransformation
(PCA) [20].
4. PROZESSOPTIMIERUNG
Ein weiteres Anwendungsfeld für intelligente Assistenzsysteme
ist die Selbstoptimierung industrieller
Prozesse. Ziel ist es, die Anlagenleistung und Effizienz
kontinuierlich zu analysieren, zu verbessern und einen
möglichst optimalen Betrieb zu erreichen. Insbesondere
die Optimierung industrieller Automatisierungssysteme
in Hinblick auf einen energieeffizienten Betrieb
wird aufgrund steigender Energiepreise und politischer
Ziele immer bedeutender [1]. Eingriffe in den Prozess
werden in bestehenden Anlagen meist durch manuelles
Abschalten, energieeffiziente Zeitplanung der einzelnen
Produktionsschritte im MES-System oder Regelungen
in 15-Minuten Intervallen durchgeführt [21]. Im
Bereich aktiver Methoden, die eine Echtzeit-Optimierung
in Sekunden- oder Millisekunden-Intervallen
umsetzen, gibt es bislang wenig Forschung, obwohl
viele Anwendungen aufgrund ihrer Prozessdynamik
eine schnelle Anpassung der Prozessparameter an
wechselnde Betriebsbedingungen erfordern. Erste Ansätze
wurden für das Abschalten der Anlage auf der
Basis von Energiedaten [22], für die Reduktion von
Blindleistung [23] und die Energieregelung in Smart
Grids [24] entwickelt.
Ein Lösungsansatz, den das Fraunhofer IOSB-INA
im BMBF-Spitzen-clusterprojekt itsowl-IASI (Intelligente
Antriebssysteme für die Intralogistik) verfolgt,
basiert darauf, prognosefähige Prozessmodelle
zu verwenden, die mit den in Abschnitt 2 beschriebenen
Methoden gelernt werden können. Die Prozessmodelle
ermöglichen es, das zukünftige Prozessverhalten
für verschiedene Parameterkombinationen
vorherzusagen und so die optimalen Prozessparameter
zu finden.
Erste Optimierungsergebnisse liegen in Hinblick auf
das Energie- und Lastmanagement elektrischer Antriebssysteme
vor, die insbesondere in Transport- und
Logistikanwendungen die größten Energieverbraucher
sind. Das zugrundeliegende Optimierungsproblem
zeigt Bild 6 exemplarisch für zwei Antriebe.
Das primäre Optimierungsziel in dieser Anwendung
besteht darin, die Verlustleistungen P V,WR
und P V,Mot
von
Umrichtern und Motoren zu minimieren. Darüber hinaus
soll die Leistung, die in den Zwischenkreis beziehungsweise
in das Netz zurückgespeist wird (das heißt
die Differenz der generatorischen und motorischen
Leistung), minimiert werden. Dabei wird eine Gewichtung
hinsichtlich der überwiegenden Nutzung (Verbrauch
an Bremswiderständen, Rückspeisung ins Netz,
Zwischenspeicherung in Kapazitäten) vorgenommen.
Darüber hinaus sind Randbedingungen bezüglich der
Bewegungsabläufe (Startposition, Endposition, Geschwindigkeitsbegrenzungen)
zu berücksichtigen.
Zur Lösung des Optimierungsproblems wurde ein
Ansatz entwickelt, in dem die einzelnen Antriebsmodelle
mittels einer Modell-Transformation linearisiert
werden. Dadurch ergibt sich ein lineares Optimierungsproblem,
das sich mit Standardmethoden lösen
lässt (zum Beispiel Simplex-Algorithmus oder Innere-
Punkte-Methoden).
Erste experimentelle Ergebnisse für zwei Rollenförderer
mit Antrieben vom Typ MF063-32 der Firma
Lenze und Nennleistungen von jeweils 550 W zeigt
Bild 7. Abgebildet sind die Geschwindigkeit v(t) und
die Position x(t) für jeden der beiden Rollenförderer
als Funktion der Zeit t. Die Bewegungsabläufe der Rollenförderer
wurden für gegebene Start- und Endpositionen
der Werkstücke auf den beiden Förderbändern
und gegebene Randbedingungen bezüglich der Geschwindigkeiten
v(t) optimiert. Wie aus Bild 7 ersichtlich
wird, ergibt sich durch die Optimierung ein Bewegungsprofil,
in dem der erste Antrieb genau während
der Beschleunigungsphase des zweiten Antriebs
abgebremst wird. In diesem Anwendungsfall konnte
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atp edition
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BILD 6: Energieaustausch
im Zwischenkreis [25]
v [m/s]
0,5
x [m]
0,7
0
1
2
t [s]
0
1
2
t [s]
BILD 7: Optimierte Bewegungsabläufe für die
Rollenförderer R1 (grün) und R2 (magenta)
© Fraunhofer IOSB 1
a)
b)
BILD 8: Architektur der Toolbox proKNOWS
BILD 9: a) Modul zur Schüttgutverarbeitung
b) Fördersystem
die generatorische Energie des ersten Antriebs durch
die gemeinsame Optimierung beider Antriebsprofile
– bei gleichbleibender Verlustleistung (verglichen mit
der getrennten Optimierung für jeden einzelnen Antrieb)
– vollständig als motorische Energie für den
zweiten Antrieb genutzt werden. Das Verfahren ist auf
eine beliebige Anzahl elektrischer Verbraucher skalierbar.
5. PROZESSÜBERWACHUNG
In der Toolbox proKNOWS, die am Fraunhofer IOSB-INA
entwickelt wird, werden die genannten Erkenntnisse
zusammengeführt und die dargestellten Assistenzfunktionen
dem Anwender in praxistauglicher Form zur Verfügung
gestellt. Der flexible Einsatz eines solchen Assistenzsystems
in einem heterogenen industriellen Umfeld
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HAUPTBEITRAG
erfordert neben Aspekten wie Konfigurierbarkeit, Modularisierbarkeit
und Skalierbarkeit eine einfache Integration
des Assistenzsystems in unterschiedliche Automatisierungssysteme
und die einfache Anbindung anwendungsspezifischer
Benutzungsschnittstellen. Diese
Anforderungen werden in proKNOWS durch die in
Bild 8 skizzierte Software-Architektur realisiert.
Eine einheitliche Systemschnittstelle auf der Basis
von OPC UA ermöglicht, wie in Abschnitt 1 beschrieben,
die Abstraktion der Assistenzfunktionen von heterogenen
Netzwerken und Datenerfassungsmethoden.
Dadurch wird es ermöglicht, das Assistenzsystem flexibel
an verschiedene Anlagen und Automatisierungssysteme
anzubinden.
Die Assistenzfunktionen, die in der Modellierungs-
Engine umgesetzt werden, können in Echtzeit auf
einem zentralen Server ausgeführt werden. In der
Modellierungs-Engine werden unter anderem die in
den vorangehenden Abschnitten beschriebenen Methoden
zur datengetriebenen Prozessmodellierung
(HyButla-Algorithmus, schaltende Zustandsraummodelle,
elektrische Antriebsmodelle), zur Anomalie-
Erkennung [16] [17] und zur Prozessvisualisierung
verwirklicht [20]. In der Modellierungs-Engine wird
ein einfaches Strukturmodell der Anlage verwendet,
das mit wenig Aufwand manuell in XML konfiguriert
werden kann. Die Anlagenstruktur ist in einzelne Module
untergliedert. Das Verhalten dieser Module wird
mit Prozessmodellen beschrieben, auf denen die dargestellten
Assistenzfunktionen ausgeführt werden. Die
Prozessmodelle können, wie in Abschnitt 2 beschrieben,
automatisch aus Prozessdaten gelernt werden,
REFERENZEN
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Roadmap, 2010, http://www.effra.eu/attachments/article/335/
FoFRoadmap2020_ConsultationDocument_120706_1.pdf
[2] Witten, I., Frank, E., Hall, M.: Data Mining: Practical Machine Learning
Tools and Techniques. Morgan Kaufmann 2011
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open source”, http://rapidminer.com/
[4] Institut für Statistik und Mathematik der Wirtschaftsuniversität
Wien: The R Project for Statistical Computing,
http://www.r-project.org/
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http://www.sas.com/en_us/software/supply-chain/qualifylifecycle.html
[6] IBM: SPSS Software.
http://www-01.ibm.com/software/de/analytics/spss
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http://www.automation.siemens.com/mcms/topics/de/siplus
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http://www.br-automation.com/de/produkte/
steuerungssysteme/x20-system
[9] FC. Frey und T. Ross, „Anwendung datengetriebener Modelle zur
Zustandsanalyse bei verfahrenstechnischen Anlageneinheiten:
Theoretische Grundlagen und Beispiele aus der industriellen
Umsetzung.,“ Chemie Ingenieur Technik, 84(8), S. 1378, 2012
[10] Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung:
ProDaMI - Data Mining im Produktionsumfeld, http://www.prodami.de/
[11] J. Jasperneite und O. Niggemann, „Intelligente Assistenzysteme zur
Beherrschung der Systemkomplexität in der Automation,“
atp edition – Automatisierungstechnische Praxis, 54(9), S. 36-44, 2012
[12] OASIS, Devices Profile for Web Services Version 1.1, 2009
[13] F. Pethig und O. Niggemann, „A process data acquisition architecture
for distributed industrial networks,“ Embedded World Conference, 2012
[14] F. Thollard, P. Dupont und C. d. l. Higuera, „Probabilistic DFA inference
using Kullback-Leibler divergence and minimality,“ In Proceedings of
the Seventeenth International Conference on Machine Learning,
S. 975-982, Kauffman 2000
[15] R. Carrasco und J. Oncina, „Learning deterministic
regular grammars from stochastic samples in polynomial
time,“ RAIRO, 33(1), pp. 1-20, 1999
[16] S. Faltinski, H. Flatt, F. Pethig, B. Kroll, A. Vodencarevic,
A. Maier und O. Niggemann, „Detecting Anomalous
Energy Consumptions in Distributed Manufacturing
Systems,“ In: Proc. INDIN, S. 358-363, IEEE 2012
[17] S. Windmann, S. Jiao, O. Niggemann und H. Borcherding,
„A Stochastic Method for the Detection of Anomalous
Energy Consumption in Hybrid Industrial Systems,“
In: Proc. INDIN, S. 194 - 199, IEEE 2013
[18] O. Niggemann, B. Stein, A. Vodencarevic und A. Maier,
„Learning behavior models for hybrid timed systems,“
Twenty-Sixth Conference on Artificial Intelligence
(AAAI-12), S. 1083-1090, AAAI Press 2012
[19] A. Vodencarevic, H. Kleine Büning, O. Niggemann und
A. Maier, „Identifying behavior models for process
plants,“ ETFA, pp. 1-8, 2011
[20] T. Tack, A. Maier und O. Niggemann, „Visuelle Ano -
malie-Erkennung in Produktionsanlagen,“ AUTOMATION,
S. 351-354, 2013
[21] W. Schoefberger, Entwicklung von Lösungen zur
Reduktion der Energiekosten im Stand-by-Betrieb von
Industrieanlagen. Berichte aus Energie- und Umweltforschung
72/2010, bmvit 2010
[22] A. Cannata, S. Karnouskos und M. Taisch, „Energy
efficient driven process analysis and optimization
in discrete manufacturing,“ IECON, pp. 4449-4454,
IEEE 2009
[23] R. Witzmann, „Verbesserung der Spannungsqualität
bei dezentraler Einspeisung durch gesteuerte Wechselrichter,“
In: Tagungsband ETG-Kongress, S. 363 - 368,
VDE 2009
[24] G. F. Reed, „Sample survey of smart grid approaches
and technology gap analysis,“ ISGT, pp. 1-10, IEEE 2010.
[25] Lenze, Interner Bericht, 2014
60
atp edition
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wodurch eine flexible Anpassung des Assistenzsystems
an unterschiedliche Prozesse ermöglicht wird.
Die Präsentationsschicht wandelt Darstellungen der
Prozessmodelle und Analyseergebnisse in ein Austauschformat
um, das im Wesentlichen Vektorgrafiken
und Statusinformationen umfasst. Dies ermöglicht die
einfache Anzeige der jeweils relevanten Information in
verschiedenen Benutzungsschnittstellen. Das können
neben dem Leitstand mobile Apps für einzelne Anlagenmodule
sein, die für Anwendungsfälle, wie Inbetriebnahme
oder Fehlersuche, gezielt ausgewählt werden
können. Darüber hinaus umfasst proKNOWS eine
Optimierungs-Engine, in der die in Abschnitt 4 beschriebenen
Methoden implementiert sind.
Die Assistenzfunktionen von proKNOWS werden in
mehreren Forschungsprojekten auf Demonstratoren der
AUTOREN
Dr.-Ing. STEFAN WINDMANN
(geb. 1980) ist seit 2012
wissenschaftlicher Angestellter
am IOSB-INA. Er studierte
Elektrotechnik und Ingenieurinformatik
in Paderborn, wo
er 2008 promovierte. Seine
aktuellen Arbeitsschwerpunkte
liegen in den Bereichen
Mikroelektronik, eingebettete Systeme
und Prozessüberwachung.
Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation,
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 942 90 31,
E-Mail: stefan.windmann@iosb-ina.fraunhofer.de
Prof. Dr. OLIVER NIGGEMANN
(geb. 1972) ist seit 2008
Professor der Informatik an
der Hochschule OWL und
stellvertretender Leiter des
Fraunhofer-Anwendungszentrums
Industrial Automation.
Er studierte Informatik in
Paderborn, wo er 2001 promovierte.
Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte
liegen im Bereich Embedded Software sowie der
Simulation und Diagnose technischer Systeme
und maschinellem Lernen.
Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation,
Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,
Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,
E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de
Lemgoer Modellfabrik (LMF), wie einem Modul zur
Schüttgutverarbeitung (Bild 9 a) und einem Fördersystem
(Bild 9 b), erprobt und weiterentwickelt.
Es ist möglich, proKNOWS über OPC UA einfach an
die einzelnen Demonstratoren anzubinden, wobei OPC-
DA-Server (für das Fördersystem), einzelne Messgeräte
und Steuerungen oder Datenlogger (im Modul zur
Schüttgutverarbeitung) über entsprechende Schnittstellen
integriert werden. Darüber hinaus existieren
Schnittstellen für CSV und SQL.
Die gelernten Prozessmodelle für die einzelnen Demonstratoren
unterscheiden sich strukturell bezüglich
der Systemzustände und Transitionen sowie in Hinblick
auf die Verläufe der kontinuierlichen Systemgrößen.
Typische Anomalien in den dargestellten Anwendungsfällen
sind Fehler im diskreten Ereignissystem,
beispielsweise zu späte Schaltvorgänge oder Signalausfälle,
sowie Abweichungen kontinuierlicher Signale
vom erwarteten Verlauf, zum Beispiel unerwartet hohe
oder niedrige Leistungsaufnahmen von Antrieben oder
Heizgebläsen.
Über die beschriebenen Anwendungsfälle hinaus
werden die Lösungen aus der Toolbox proKNOWS gegenwärtig
in zwei Industrieprojekten erprobt. In diesen
Projekten können bereits Prozessmodelle realer Industrieanlagen
erfolgreich gelernt und zur Prozessvisualisierung
und Anomalie-Erkennung verwendet werden.
FAZIT
Aufgrund der steigenden Komplexität industrieller Automatisierungssysteme
wird die Prozessführung und
-überwachung für den Menschen zunehmend komplizierter.
Daher ist es erstrebenswert, den Menschen bei
diesen Aufgaben zu unterstützen, sodass ihm wesentliche
Aufgaben von intelligenten Assistenzsystemen
abgenommen werden. Hierfür existieren derzeit viele
Teil-, aber noch keine ganzheitlichen Lösungen. Dazu
müssen verschiedene Aspekte intelligenter Assistenzsysteme
integriert werden, wie die Systemschnittstelle,
das Lernen von Prozessmodellen als Grundlage für
verschiedene Assistenzfunktionen wie die Prozessüberwachung
und die Prozessoptimierung. Die Toolbox
proKNOWS ist ein erster Ansatz in diese Richtung. Die
aufgezeigten Handlungsfelder und Lösungsansätze belegen,
dass damit die Komplexität in der Automation
besser beherrschbar und damit die Produktivität industrieller
Abläufe nachhaltig erhöht wird.
MANUSKRIPTEINGANG
19.10.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
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61
HAUPTBEITRAG
Advanced Position Control
für Servoachsen
Zustandsreglerergänzung für elastische Antriebsketten
Strukturelastizitäten und flexible Übertragungsglieder sind der Flaschenhals für
die Regelgüte von Servoachsen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Einstellung
des PI-Geschwindigkeitsreglers zu. In diesem Beitrag werden analytische Einstellregeln
für eine optimale Vibrationsdämpfung vorgestellt. Für elastische Antriebsketten
gibt es eine Zustandsreglerergänzung von einem führenden Hersteller von Automatisierungskomponenten
mit der Bezeichnung Advanced Position Control (APC).
Damit lassen sich Lastvibrationen vermindern, wenn die Lastposition ausreichend
aufgelöst erfasst wird. Das praxisnahe Vorgehen zur Reglereinstellung an Werkzeugmaschinen
wird aufgezeigt und der APC-Ansatz mit einem allgemeineren Konzept
der Zustandsreglerergänzung verglichen.
SCHLAGWÖRTER Positionsregelung
Advanced Position Control for Servo Axes with Flexible Load –
Controller Commissioning Rules
Structural elasticity and flexible transmission devices are the main bottleneck for
the feedback control performance of modern servo drives. Therefore, PI velocity
control loop commissioning is a key issue. In this contribution, analytical rules of
thumb for optimum damping performance are presented. For machine tool axes with
flexible drive chain a state space control extension called APC has been introduced
by a marked-leading automation systems supplier that results in an effective load
vibration suppression if the load position is captured with adequate resolution.
Controller commissioning rules for machine tool applications had been worked out
based on the APC option. Furthermore, the APC option is compared to a more general
state space control extension approach.
KEYWORDS Position control
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atp edition
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OLIVER ZIRN, Hochschule Pforzheim
LUKAS KATTHÄN, Universität Marburg
MICHAEL KREUTZER, Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
Die Regelgüte von Produktionsmaschinen wird
heute maßgeblich durch Vibrationen elastischer
Servoantriebsketten oder weicher Maschinenstrukturen
begrenzt. Der dämpfungsoptimalen
Einstellung des motorseitigen Geschwindigkeitsregelkreises
kommt damit für Einzelantriebe
[1] wie für verteilte Antriebe [2] eine zentrale
Bedeutung zu. Dafür steht ein einschleifiger PI-Regelkreis,
basierend auf der motorseitig erfassten Geschwindigkeit,
zur Verfügung, siehe Bild 1, wobei die Proportionalverstärkung
für die Systemdämpfung die wesentliche
Rolle spielt. Die in den Antriebsherstellerunterlagen
genannten heuristischen Einstellvorschriften
führen bei dominanten Struktureigenschwingungen zu
einer breiten Streuung der in der Praxis anzutreffenden
Einstellungen. Viele Servoachsen sind damit weit abseits
von optimaler Dämpfung eingestellt. Das mindert
Lagereglerperformance und die Produktivität.
Daher wurden im Rahmen eines mehrjährigen Projektes
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
analytische Zusammenhänge für die in Bild 1 dargestellten
Reglerparameter (Handformeln) erarbeitet, die
auf einem allgemeinen und leicht identifizierbaren
Strukturmodell beruhen.
Auch bei dämpfungsoptimaler Einstellung einschleifiger
Geschwindigkeitsregelkreise treten oft erhebliche
lastseitige Vibrationen auf, die durch die Rückführung
zusätzlicher Zustände aktiv bedämpft werden könnten.
Lastseitige Zustandsreglerergänzungen für Antriebsketten
wurden in den 90er-Jahren entwickelt [3] und zunächst
an Walzwerksantrieben erfolgreich eingesetzt [4].
Für Produktionsmaschinen werden diese Ergänzungen
jedoch zögerlich von den Antriebsherstellern eingeführt.
Sie sind zudem aufgrund mangelnder Dokumentation
kompliziert einzustellen. Die Option Advanced Position
Control (APC) eines Herstellers von Automatisierungskomponenten
[5] ergänzt den PI-Drehzahlregelkreis durch
einen P-Lastgeschwindigkeitsregler und eine Rückführung
der Lastbeschleunigung. Die empirische Einstellung
der beiden zusätzlichen Rückführverstärkungsfaktoren
ist jedoch kaum dokumentiert und führt oft nicht zu einer
spürbaren Verbesserung der Dämpfungseigenschaften.
1. STRUKTURELASTIZITÄTEN AN PRODUKTIONS
MASCHINEN
Neben den in der Regelungstechnik meist behandelten
Zweimassenschwingern für weiche Antriebsketten existieren,
bedingt durch die vielfältigen Konstruktionsvarianten
von Produktionsmaschinen, beliebig viele
Anordnungsmöglichkeiten von Elastizitäten. Für die
Rückwirkung auf den geregelten Antrieb können diese
Anordnungsmöglichkeiten in vier Fälle eingeteilt werden
[1], deren physikalische Modelle in Bild 2 dargestellt
sind.
Um zu entscheiden, welche dominierende Eigenschwingungsform
in einem konkreten Anwendungsfall
vorliegt, müsste eine numerische oder experimentelle
Modalanalyse durchgeführt werden. An einer Servoachse
steht aber meist nur der antriebsseitig gemessene
Frequenzgang zur Verfügung, den höherpreisige
Umrichter automatisiert durch Chirp-/Rauschanregung
erfassen können. Daher liegt die Einführung von allgemeinen
Systemparametern nahe:
Eigenwert der dominierenden Struktureigenschwingung
( ),
Gesamtträgheit, die der Antrieb zu bewegen hat,
Trägheitsverhältnis von Motor- zu Gesamtträgheit,
gemessene antriebsseitige Position.
Die Anwendung der allgemeinen Systemparameter ergibt
für alle Fälle von Strukturelastizitäten gemäß
Bild 2 dieselbe Antriebsübertragungsfunktion
(1)
Die Systemparameter und können leicht aus dem
gemessenen Antriebsfrequenzgang herausgelesen werden,
wie Bild 3 zeigt.
Die Identifikation der Systemparameter ist somit unabhängig
vom konkret vorliegenden Fall der dominierenden
Strukturelastizität und damit in der Praxis
unkompliziert umsetzbar, wie Bild 3 zeigt. An realen
Produktionsmaschinen wirken meist mehrere Struk-
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HAUPTBEITRAG
turelastizitäten. Bild 4 zeigt einen praxisnahen Antriebsfrequenzgang
am Beispiel der Rundachse mit
unsymmetrischem elastisch aufgespannten Werkstück,
an dem neben der dominierenden Torsionseigenschwingung
auch eine höherfrequente Biegeschwingungsform
antriebsseitig spürbar ist. Die Eigenfrequenz
und Nullstellenfrequenz (auch Tilgerfrequenz
genannt) der niederfrequentesten Eigenschwingungsform
sind jedoch immer gut zu erkennen. Damit kann
mit Gleichung (1) auch eine praxistaugliche Abschätzung
des Trägheitsverhältnisses angegeben werden:
(2)
Die Gesamtträgheit ist über die Achs- und Werkstückdaten
bekannt oder kann alternativ aus Hochlaufversuchen
im Zeitbereich identifiziert werden.
3. DÄMPFUNGSOPTIMALE GESCHWINDIGKEITS
REGLEREINSTELLUNG
Schließt man nun für einen der vier Fälle in Bild 2 den
zunächst nur proportional geregelten Geschwindigkeitsregelkreis,
so ergibt sich aus der allgemeinen Streckenübertragungsfunktion
gemäß Gleichung (1) die
Übertragungsfunktion
(3)
Die trägheitsbezogene Verstärkung spiegelt die
Erfahrung aus der Antriebsinbetriebnahme analytisch
wieder, dass große (träge) Achsen höhere Geschwindigkeitsregelverstärkungen
erfordern, als kleine (trägheitsärmere)
Servoantriebe.
BILD 1: Prinzipieller
Aufbau einer
P/PI-lagegeregelten
Servoachse mit
den wesentlichen
Regler- und
Streckenparametern
BILD 2:
Klassifikation
antriebsseitig
wirksamer
Strukturelastizitäten
im Geschwindigkeitsregelkreis
von
Servoachsen
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Das Dämpfungsverhalten des geschwindigkeitsgeregelten
Antriebs kann mit der Wurzelortskurve (WOK)
veranschaulicht werden. Wie in der WOK in Bild 5 dargestellt,
führt eine Erhöhung der Regelverstärkung zunächst
zu einer besseren Dämpfung der konjugiert komplexen
Pole. Bei zu hohen Regelverstärkungen nimmt
diese Dämpfung wieder ab.
Die optimale Geschwindigkeitsreglereinstellung
K p opt ist dann erreicht, wenn die konjugiert komplexen
Pole der Übertragungsfunktion einen optimalen
Dämpfungswinkel ( in Bild 5) aufweisen. Obgleich
K p opt auch numerisch für einen konkreten Anwendungsfall
ermittelt werden kann, wurde diese Fragestellung
mit Hilfe der Theorie der Gröbner-Basen analytisch
gelöst, wodurch sich eine elegante und leicht
handhabbare Einstellvorschrift für die optimale Geschwindigkeitsreglerverstärkung
K p opt ergibt:
(4)
Die allgemeinen Streckenparameter , und legen
damit die Geschwindigkeitsreglereinstellung
bei einschleifiger Rückführung weitgehend fest. Aufgrund
der geringen Reglerbandbreite des I-Anteils im
Geschwindigkeitsregler und des Lagereglers können
die übrigen Reglereinstellungen mittels vereinfachter
Streckenmodelle abgeschätzt werden [6]. Daraus ergibt
sich für die Nachstellzeit im Geschwindigkeitsregler:
(5)
Für die – zur Beurteilung der Maschinendynamik
wichtige – Proportionalverstärkung im Lageregler
folgt bei aperiodischer Auslegung:
BILD 3: Rundach s-
prüfstand am IWF
der ETH Zürich,
gemessener antriebsseitiger
Frequenzgang
(Systemparameter:
=2,1 kgm2, =0,56,
=12 Hz – entspricht
ideal Fall 1 in Bild 2)
BILD 4: Rundachsprüfstand
mit
unsymmetrischem
Lastdummy,
gemessener
antriebsseitiger
Frequenzgang
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HAUPTBEITRAG
(6)
Die dominierende Eigenschwingungsform legt damit
die Regelgüte des Servoantriebs fest, was für typische
Werkzeugmaschinen und Roboter ( = 10-40 Hz) ernüchternd
geringe -Faktoren zur Folge hat.
Die Abweichung zwischen Lagesollwert und
Lageistwert aufgrund des Tiefpassverhaltens des Lageregelkreises
wird bei Werkzeugmaschinen als Schleppfehler
bezeichnet und ist ein praxisnahes Maß für
die zu erwartenden Abweichungen an schnell gefahrenen
Bahnen. Für den Schleppfehler an einer Positionsrampe
mit Rampenanstiegsgeschwindigkeit gilt:
(7)
Für einen kleinen Schleppfehler bei großen Geschwindigkeiten
wird zunächst eine möglichst große Lageregelverstärkung
angestrebt. Eine weitere Möglichkeit, den
Schleppfehler zu verkleinern, bietet die an Servomotoren
übliche Geschwindigkeitsvorsteuerung , deren
Wirksamkeit wesentlich von der Führungsgrößenglättung,
das heißt Beschleunigungs- und Ruckbegrenzung,
abhängt. Für glatte Führungsgrößen kann ein nahezu
schleppfehlerfreier Betrieb (das heißt =1) erreicht werden,
bei dynamischerer Ansteuerung sind Werte zwischen
0,3 und 0,7 realistisch, um die Anregung der Maschinenstruktur
klein zu halten. Hier konnten bislang
jedoch keine allgemeingültigen Handformeln erarbeitet
werden. Die Vorsteuerung muss weiterhin an der konkreten
Servoachse heuristisch eingestellt werden.
Bild 6 zeigt einen schnellen 5°-Positioniervorgang mit
dem Prüfstand gemäß Bild 4 und den Reglereinstellungen
entsprechend Gleichung (4)-(7). Deutlich sichtbar
ist die lange Ausschwingzeit der Last. Man müsste
an einer solchen Rundachse (zum Beispiel bei Zahnradschleifmaschinen)
eine Wartezeit vorsehen, bevor
eine Bearbeitung stattfinden kann.
3. APC-OPTION ALS ZUSTANDSREGLERERGÄNZUNG
Ein einziger europäischer Steuerungshersteller hat bislang
eine Zustandsreglerergänzungsoption mit der Benennung
Advanced Position Control (APC) für eine
Servoachsreihe auf den Markt gebracht [5]. Diese Option
wird zwar mit der Eigenschaft beworben, dass damit
niederfrequente Schwingungen elastischer Antriebsketten
wirkungsvoll bedämpft werden können, jedoch
wird das Wort Zustandsregler konsequent vermieden.
Tatsächlich handelt es sich um eine Zustandsreglerergänzung.
Bild 7 zeigt den prinzipiellen Aufbau dieser
Ergänzung, bei der davon ausgegangen wird, dass das
für die direkte Lageregelung erfasste Positionssignal
auf der Lastseite der dominanten Elastizität (des elastischen
Bewegungswandlers) abgenommen wird.
Das APC-Konzept geht auf den in [3] vorgeschlagenen
Geschwindigkeitszustandsregler für Antriebe mit flexibler
Kopplung zwischen Motor und Last zurück. Zur
prinzipiellen Betrachtung der Geschwindigkeitsregelung
soll die Stellgrößengenerierung zunächst als sehr
schnell gegenüber der Periodendauer der niederfrequenten
Vibrationen angenommen werden.
Da die Lastbeschleunigung durch zweifache diskrete
Differenzierung ermittelt wird, unterliegt die erfasste
Beschleunigung einer erheblichen Quantisierung. Ein
Zahlenbeispiel veranschaulicht dies für eine Linearbewegung:
Für eine lastseitige Wegauflösung von typischerweise
Δ x p ≈ 0,08 µm (20 µm Strichteilung und
256-fache Interpolation) und eine typische Abtastzeit
im Geschwindigkeitsregler T sv = 125 µs beträgt die Lastbeschleunigungsauflösung
5 m/s 2 ! Dieser Wert ist im
Bereich der Maximalbeschleunigung typischer Servoachsen
und würde bedeuten, dass die Rückführung
der Lastbeschleunigung für kleinere Vibrationen blind
– und damit unwirksam – ist.
Hier würde ein erhebliches Quantisierungsbrummen
zu erwarten sein. Daher kann die APC-Option nur zusammen
mit sehr hochauflösenden Messsystemen beziehungsweise
Interpolationsstufen (1024-fach oder
höher anstelle von 256-fach) betrieben werden. Zusätzlich
ist das verbleibende Quantisierungsbrummen
durch geeignete Tiefpassfilter (Filter 1 und 2 in Bild 7)
zu unterdrücken.
In der APC-Topologie in Bild 7 sind die drei Rückführungen
aus dem ursprünglichen Ansatz von [3]
durch eine PI-Motorgeschwindigkeitskaskade und zwei
Rückführungen auf den Geschwindigkeitssollwert (anstatt
auf die Stellgröße) ersetzt. Dabei wird für die Lastgeschwindigkeitsrückführung
ein Vergleich mit dem
Sollwert vorgesehen, um den Vorfilter aus [3] korrekt
nachzubilden. Diese Teilstruktur wird als Lastgeschwindigkeitsregler
bezeichnet.
Das Regelgesetz des (zunächst rein proportional betrachteten)
Geschwindigkeitsreglers mit APC lautet nun:
(8)
Durch Einsetzen des Regelgesetzes in das mathematische
Streckenmodell [6] ergibt sich die Übertragungsfunktion
lastseitig zu:
(9)
Das Polynom im Nenner dieser Übertragungsfunktion
zeigt, dass die Pole des Geschwindigkeitsregelkreises mit
weit besserer Dämpfung vorgegeben werden können, als
mit einschleifiger Rückführung mit (siehe Bild 10).
Prinzipiell könnten alle Pole auf den reellen Pol des P-
geschwindigkeitsgeregelten Systems gelegt werden, um
ein vollständig aperiodisches Verhalten mit beibehaltener
Anregelgeschwindigkeit zu bekommen. Dem stehen praktische
Einschränkungen entgegen. Einerseits erfordert
eine vollständig aperiodische Polvorgabe erhebliche Stellgrößen,
andererseits können höhere Eigenschwingungsformen
entdämpft werden. In [3] ist für einen Geschwindigkeitszustandsregler
die in Bild 10 gezeigte Polvorgabe
mit einem reellen Pol und zwei konjugiert komplexen
Polen auf der 60°-Position eines gemeinsamen Kreisbo-
66
atp edition
4 / 2014
BILD 5: Wurzelortskurve des
P-geschwindigkeits geregelten
Antriebs mit Strukturelastizitäten
BILD 6: Schneller Positioniervorgang am Prüfstand gemäß Bild 4
mit P/PI-Positionsregler
(Reglerparameter: =110 Nms/rad; =65 ms; =15s-1, =0,3)
BILD 7: ACP-Zustandsreglererweiterung
an einer
Strecke mit elastischem
Bewegungswandler [3], [5]
gens mit Radius vorgeschlagen. Diese Polvorgabe liefert
ausreichend Dämpfung für einen überlagerten Lageregelkreis
und kommt mit ähnlichen Stellgrößen aus, wie der
einschleifige Geschwindigkeitsregelkreis [1]. Das charakteristische
Polynom zu dieser Polvorgabe lautet:
(10)
Praxisnah wird zunächst gemäß Gleichung (4)
eingestellt (
), um einen lauffähigen Antrieb
zu erhalten, daraus folgt für die Pollage durch Koeffizientenvergleich
des Nenners in Gleichung (9) mit
Gleichung (10):
(11)
Zudem liefert der Koeffizientenvergleich je eine analytische
Einstellregel für und :
(12)
(13)
Damit ist die Grundlage für eine automatische Einstellung
der zusätzlichen Rückführungen gegeben. Wie
wirksam diese Zustandsreglerergänzung ist, lässt sich
an der Positionierung der Rundachse mit elastisch aufgespannten
Werkstück-Dummy in Bild 4 zeigen. Vor
allem lastseitig wird die Dämpfung wesentlich besser,
wie Bild 8 im Vergleich zu Bild 6 verdeutlicht. Ohne
die APC-Option dauert es mehrere Sekunden, bis sich
das Werkstück soweit beruhigt hat, dass es bearbeiten
werden kann. Mit APC-Option ist die dominierende
Eigenschwingungsform bei 11 Hz bald nach dem Positioniervorgang
ruhig.
atp edition
4 / 2014
67
HAUPTBEITRAG
Da die Rückführungen von Motor- und Lastgeschwindigkeit
über den Integralanteil verstärkt werden, passt
die für den PI-Geschwindigkeitsregler zunächst eingestellte
Nachstellzeit gemäß Gleichung (5) meist nicht
mehr. Die transienten Beschleunigungsvorgänge hingegen
wirken sich kaum auf den I-Anteil aus. Mit
(14)
ergibt sich ein erster Einstellwert, der sich in einigen Parameterstudien
und Praxistests als sinnvoll erwiesen hat.
Der gemessene Frequenzgang in Bild 3 zeigt einen idealen
Fall einer dominanten Eigenschwingungsform. Für
solche Verhältnisse gewährleisten die analytischen Einstellregeln
gemäß Gleichung (11) – (13) eine robuste Reglereinstellung.
Wenn aber der Abstand zu einer weiteren
Eigenschwingungsform gering ist, wie in Bild 4, dann
kann APC eine zweite Eigenschwingungsform lastseitig
nur schlecht dämpfen oder sogar anregen, was in Bild 8
an der lastseitigen Geschwindigkeit gut sichtbar wird.
Vergleichbare Ergebnisse wurden an einer großen
Schwenkachse mit Master-Slave-Antrieb erzielt [2].
Durch die erste Struktur-Eigenfrequenz von zirka 20 Hz
war die erreichbare Regelgüte stark begrenzt ( = 17 s -1
bei merklicher Ruckbegrenzung). Durch die Ergänzung
der Master-Achse mit der APC-Option konnte hier die
Regelgüte signifikant erhöht werden ( = 50 s -1 bei etwa
zehnfach höherem Ruck) – bei allerdings geringerer
Robustheit gegenüber werkstückbedingten Lastträgheitsvariationen.
4. ALTERNATIVE ZUSTANDSREGLERERGÄNZUNGEN
Die in Abschnitt 2 behandelte Reglereinstellung an
elastischer Struktur machte deutlich, dass hier der aktuelle
Flaschenhals für die mit Standard-Servoreglern
erreichbare Regelgüte liegt. Einschleifige Geschwindigkeitsregelung
liefert oft unzureichende lastseitige
Dämpfung. Stellgrößenfilter (zum Beispiel Bandsperren,
Cauer-Filter) können nur zur Unterdrückung von
hochfrequenten Schwingungen eingesetzt werden. Für
die typischerweise niederfrequenten Struktureigenschwingungsformen
von Produktionsmaschinen im
Bereich von 10-40 Hz führen wirksame Stellgrößenfilter
jedoch zu einer inakzeptablen Verschlechterung der
Regelgüte. Die zusätzlich benötigte Dämpfung muss auf
anderem Wege in Servoachsen eingebracht werden.
Zustandsregleransätze wurden bereits für einige Anwendungen
entworfen [3, 4, 7, 8] jedoch wurden diese
BILD 8: Schneller
Positioniervorgang
am Prüfstand
gemäß Bild 4 mit
APC-Option [5]
BILD 9: Allgemeine
Zustandsreglerergänzung
für Servoachsen
68
atp edition
4 / 2014
islang von den Antriebsherstellern kaum aufgegriffen.
Die scheinbar kleine Zahl möglicher Anwendungen, die
Sensitivität auf Änderungen der Streckenparameter,
zusätzlich erforderliche Messsysteme oder Beobachteralgorithmen
und der spezielle Inbetriebnahmeaufwand
machen Zustandsregler zunächst unattraktiv. Mit
der im vorigen Abschnitt behandelten Erweiterungsoption
APC [5] konnte eine Zustands-Geschwindigkeitsregelung
bereits umgesetzt werden. Allerdings erfordert
die Anwendung von APC bei Servoachsen eine ausreichend
aufgelöste Lastpositionsmessung. Die Anwendung
von APC ist somit nur bei elastischen Übertragungsgliedern
(Fall 1 in Bild 2) sinnvoll.
Ein erfolgreicher allgemeiner Zustandsregleransatz
für künftige Servoachsen sollte
für alle relevanten Strukturelastizitäten
anwendbar sein,
die Möglichkeit zur automatisierten Einstellung
und zur adaptiven Erweiterung bieten,
und soweit möglich auf der eingeführten
Servoreglertopologie aufbauen.
In [4] wird ein Zustandsreglerkonzept für Walzwerksantriebe
mit langen flexiblen Wellen beschrieben, dessen
Adaption für Servoachsen sehr vielversprechend
ist. Der Ansatz basiert auf einem P/PI-Lageregler und
fügt der Stellgröße vier Zustandsrückführungen
(Strom/Moment, motorseitige Geschwindigkeit, Differenz
zwischen Motor- und Lastposition sowie deren
zeitliche Ableitung) hinzu, um die Geschwindigkeitsregelgüte
zu verbessern. Das Einstellvorgehen bleibt
verhältnismäßig einfach: Zunächst wird der P/PI-Lageregler
eingestellt, womit die Achse lauffähig ist. Parameteridentifikationsmethoden
und automatische Optimierungsalgorithmen
ermitteln die geeigneten Zustandsrückführungen.
Schließlich werden die zusätzlichen
Zustandsrückführungen über einen
gemeinsamen Tuning-Faktor auf die Stellgröße aufgeschaltet.
Der Tuning-Faktor wird von 0% beginnend
langsam erhöht (idealerweise auf 100%), bis die gewünschte
Regelgüte erreicht ist.
Für Servoantriebe an Werkzeugmaschinen und Robotern
ist die erreichbare Regelgüte im Sinn der Anregelgeschwindigkeit
eigentlich ausreichend. Auch die
Stellgrößengenerierung ist fast immer schnell genug.
Dafür sollte die Dämpfung, die vom Geschwindigkeitsregelkreis
des Servoantriebs in die elastische Struktur
eingebracht wird, verbessert werden.
Damit genügt es, nur zwei der vier im Ansatz von [4]
zurückgeführten Zustände zu berücksichtigen. Daraus
ergibt sich die in Bild 9 dargestellte Zustandsreglerergänzung
(state space control extension, SSEx [7]), die
den die dominante Elastizität beschreibenden Zustand
und dessen zeitliche Ableitung zum Stellgrößenausgang
des Geschwindigkeitsreglers zurückführt.
Für die elastisch angekoppelte Last (Fall 1 in Bild 2)
ist dies wie beim Ansatz von [4] die skalierte Abweichung
zwischen Motor und Last – also die Dehnung
der Elastizität.
Die in Bild 9 dargestellten Regelstrecken lassen sich
durch folgende Zustandsraumdarstellung beschreiben:
mit dem Zustandsvektor
(15)
und der Stellgröße (Motormoment oder -kraft).
Dies ermöglicht eine Zustandsreglerergänzung für alle
Fälle in Bild 9. Für die elastische Basis (Fall 2 in Bild 2)
muss die Basisposition als Zustand erfasst werden –
ebenfalls recht anschaulich mit der Dehnung der Basiselastizität
als dominanter Elastizität verkoppelt [7]. In
Fall 3 ist die dominante Elastizität aus der Orientierungsänderung
der exzentrisch angetriebenen Linearachse
und damit mit der Einfederung in die elastische Führung
verbunden. Ebenso in Fall 4, wo die Dehnung der Lagerung
als dominante Elastizität bewertet wird [1].
Da bei Werkzeugmaschinen und Robotern die Verbesserung
der Dämpfung im Geschwindigkeitsregelkreis im
Vordergrund steht, kann die Vorgabe der zusätzlichen
Rückführparameter und im Sinne einer einfachen
Inbetriebnahme weitgehend automatisiert werden.
Zunächst werden die Streckenparameter , und
anhand des antriebsseitigen Frequenzgangs (Bild 3 beziehungsweise
Gleichung (1)) identifiziert. Mit Gleichung
(4) wird der Geschwindigkeitsregelkreis dämpfungsoptimal
eingestellt. Die in Bild 10 dargestellte Lage der Pole
(+) des so eingestellten Geschwindigkeitsregelkreises
(hier der Übersichtlichkeit halber nur P-geregelt) verdeutlicht,
wie bescheiden die erreichbare Dämpfung ist.
Mit dem Rückführvektor
(16)
können die Pole des Geschwindigkeitsregelkreises
(analog zum APC in Abschnitt 3) mit weit besserer
Dämpfung vorgegeben werden, siehe Bild 10.
Der Koeffizientenvergleich mit dem charakteristischen
Polynom des Geschwindigkeitszustandsregelkreises
(17)
und dem Sollpolynom in Gleichung (10) ergibt für die
zusätzlichen Rückführfaktoren:
(18)
(19)
atp edition
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69
HAUPTBEITRAG
Der Koeffizientenvergleich liefert weiterhin für die
Pollage aufgrund des eingestellten Motorgeschwindigkeitsreglers:
beziehungsweise
(20)
Im Gegensatz zum APC-Ansatz im vorherigen Abschnitt
ist es jetzt möglich, die Rückführfaktoren
und mit einem gemeinsamen Tuning-Faktor zu
bewerten. Bild 10 zeigt anschaulich, wie die Pole des
P-motorgeschwindigkeitsgeregelten Antriebs für steigende
Tuningfaktoren gegen die besser gedämpften 60°-
Pole wandern.
Der Tuning-Faktor stellt somit eine leicht bedienbare
Möglichkeit dar, die Zustandsreglerergänzung
bei nicht idealer Zustandserfassung, träger Stellgrößengenerierung
und höheren Eigenschwingungsformen,
die bei vollständiger Zustandsregelung angeregt
würden, im Sinne besserer Lastvibrationsdämpfung
anzuwenden. Ein Tuning-Faktor von 0,2 bis 0,5
führt meist bereits zu einer spürbar besseren lastseitigen
Dämpfung. Auch kann die zuvor eingestellte
Nachstellzeit im PI-Geschwindigkeitsregler unverändert
belassen werden.
Ein weiterer Vorteil der SSEx-Topologie ist die Möglichkeit,
den zusätzlichen Zustand mittels Beschleunigungsaufnehmer
zu erfassen [7], siehe auch Bild 3. Die
gemessene Beschleunigung einer Servoachse ist auf
den ersten Blick kein Zustand, der die potenzielle oder
kinetische Energie eines Systems repräsentiert. Für das
Zweimassen-Feder-System, Fall 1 in Bild 9, kann der
die dominante Elastizität wiedergebende Zustand
des allgemeinen Strukturmodells entweder als Differenz
zwischen Motor- und Lastposition oder in Abhängigkeit
von der Lastbeschleunigung beschrieben werden,
wenn die Reibung vernachlässigbar ist:
(21)
Damit repräsentiert die Lastbeschleunigung einen
physikalischen Zustand, der die potenzielle Energie der
Elastizität wiedergibt. Durch geeignete Platzierung des
Beschleunigungsaufnehmers in der Struktur können
die Fälle 2 – 4 in Bild 7 ebenfalls mit einer wirkungsvollen
Zustandsreglerergänzung versehen werden [6, 7].
Bild 11 zeigt die auf der gemessenen Beschleunigung
am Werkstück-Dummy in Bild 4 erreichte Regelgüte
beim 5°-Positioniervorgang. Durch die nur
BILD 10: Polvorgabestrategie im Geschwindigkeitsregelkreis
mit APC und SSEx
BILD 11: Positionier vorgang am Prüfstand gemäß Bild 4
mit SSEx und 50%-Tuning-Faktor
BILD 12: Beispielhafter Verlauf der
Wurzelortskurve gemäß Gleichung (22)
bei Zustandsreglerergänzung und
verzögerter Stellgrößengenerierung
(Ersatzzeitkonstante hier = (0,3 – 1,0)/ )
70
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teilweise Aufschaltung (Tuning-Faktor = 0,6)
wird die dominierende Eigenschwingungsform
wirksam bedämpft und die zweite Eigenschwingungsform
weniger stark angeregt, als dies bei
APC (Bild 8) der Fall war.
5. ANFORDERUNGEN AN DIE STELLGRÖSSEN
GENERIERUNG
Bei einschleifiger Geschwindigkeitsregelung ist
die Begrenzung der Regelgüte durch die niederfrequenten
Elastizitäten gemäß Gleichung (4) so maßgeblich,
dass die typischen Ersatzzeitkonstanten
der Stellgrößengenerierung (Stromregelkreis,
Stellgrößenfilter) im Bereich von = 2 - 3 ms keine
Rolle spielen. Praktische Versuche zeigen, dass die
verzögerte Stellgrößengenerierung bei Zustandsreglerergänzung
wieder eine Begrenzung darstellt.
Wird das Regelgesetz in Gleichung (8) durch ein
Übertragungsglied erster Ordnung ergänzt, so ergibt
sich für das Nennerpolynom der Übertragungsfunktion
in Gleichung (9) mit den Einstellwerten
gemäß Gleichung (11-13):
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REFERENZEN
[1] Zirn, O.: Machine Tool Analysis – Modelling,
Simulation and Control of Machine Tool Manipulators,
Habilitationsschrift, Department Maschinenbau
und Verfahrenstechnik, ETH Zürich, 2008
http://e-collection.ethbib.ethz.ch/eserv/eth:41862/
eth-41862-01.pdf
[2] Fink, A., Zirn, O.: Master-Slave State Space Control
for Large Milling Rotary Tables. In: Proc. PCIM’09,
S. 848-853, VDE Verlag 2009
[3] Schröder, D.: Elektrische Antriebe Bd 2 Regelung
von Antrieben. Springer 1995
[4] Beck, H.-P., Turschner, D.: Commissioning of a
State-Controlled High-Powered Electrical Drive
Using Evolutionary Algorithms. IEEE/ASME
Transactions on Mechatronics 6(2), S.149-154, 2001
[5] Siemens: Sinumerik 840D – Das digitale CNC-
System für komplexe Aufgaben. Siemens AG Automation
and Drives, www.siemens.de/sinumerik
[6] Zirn, O., Vetter, C., Sauermann, K.-H.:
Automatisierungstechnik im Maschineningenieurwesen.
Papierflieger-Verlag 2011
[7] Jaeger, C.: Entwurf von Zustandsregelungen für
hochdynamische Werkzeugmaschinen, Dissertation
ETH Zürich, 2010. http://e-collection.ethbib.ethz.ch/
show?type=diss&nr=19343
[8] Weber, W., Koch, H.: Zustandsregler für Achsen mit
Nachgiebigkeiten – ReDuS+ unterstützt Anlagenpersonal.
atp edition – Automatisierungstechnische
Praxis edition 52(4), S. 20-24, 2010
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HAUPTBEITRAG
DANKSAGUNG
(22)
Für den in Abschnitt 4 behandelten alternativen Ansatz
ergibt sich dieselbe charakteristische Gleichung. Der
Verlauf der WOK ist beispielhaft in Bild 12 dargestellt.
Die analytische Lösung für gleiche relative Dämpfung
beider Polpaare lautet:
(23)
Für größere Pollagen wird die relative Dämpfung des
aus der negativ reellen Achse herausgewachsenen Polpaars
stark gegenüber dem 60°-Polpaar verschlechtert.
Dies bedeutet, dass Zustandsreglerergänzung nur dann
einen spürbaren Dämpfungsgewinn bringen kann,
wenn die Ersatzzeitkonstante T der Stellgrößengenerierung
ausreichend schnell ist:
(24)
Die dargestellten Ergebnisse wurden im Rahmen des Projektes
ZI 1301/1-1 der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Zusammenarbeit
mit der Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik von
Prof. Dr. Volkmar Welker, Universität Marburg, erarbeitet. Die
Verfasser danken den Industriepartnern Rückle Werkzeugfabrik
GmbH, Römerstein, und Faulhaber GmbH, Schönaich, sowie
dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigung der ETH
Zürich für die umfangreiche Unterstützung.
Damit lässt sich analytisch abschätzen, ob eine Zustandsreglerergänzung
noch gewinnbringend einsetzbar
ist. Für die an Servoantrieben typischen Ersatzzeitkonstanten
im Bereich von = 2 - 3 ms ist eine spürbare Verbesserung
der Lastvibrationsdämpfung durch Zustandsreglerergänzungen
bis etwa 30 Hz möglich. Höherfrequentere
Struktureigenschwingungen erfordern eine deutlich
schnellere Stellgrößengenerierung, was heute nur bei
Klein-Servo- und Miniaturantrieben erreicht wird.
ZUSAMMENFASSUNG
Die Regelgüte moderner Servoachsen wird wesentlich
durch Strukturelastizitäten und flexible Übertragungsglieder
begrenzt. Für P/PI-Servoregler können analytische
Einstellregeln für optimale Vibrationsdämpfung angewandt
werden. Die Rückführung zusätzlicher lastseitiger
Zustände kann niederfrequente Lastvibrationen effektiv
bedämpfen. Eine solche Zustandsreglerergänzung wurde
von einem führenden Hersteller von Automatisierungskomponenten
unter dem Namen APC für elastische Antriebsketten
eingeführt. Damit kann eine Inbetriebnahme
automatisch erfolgen, wenn zuvor die wesentlichen Streckenparameter
(Eigenfrequenz, Trägheit und Trägheitsverhältnis)
identifiziert wurden. Für andere Fälle dominanter
Strukturelastizitäten kann eine allgemeinere Zustandsreglerergänzung
eingesetzt werden. Alle diese
Ansätze erfordern eine ausreichend schnelle Stellgrößengenerierung.
MANUSKRIPTEINGANG
30.09.2013
Im Peer-Review-Verfahren begutachtet
AUTOREN
Prof. Dr. habil.
OLIVER ZIRN
(geb. 1968) lehrt
Werkzeugmaschinenmechatronik
an der Hochschule
Pforzheim und an
der ETH Zürich.
Nach mehrjährigem
Engagement in der Werkzeugmaschinenindustrie
wechselte er an
die Hochschule/Universität und
leitet mehrere Forschungsprojekte zur
angewandten Regelung.
Hochschule Pforzheim, Fakultät Technik,
Tiefenbronner Straße 65,
D-75175 Pforzheim,
Tel. +49 (0) 7231 28 64 74,
E-Mail: oliver.zirn@hs-pforzheim.de
Dr. LUKAS
KATTHÄN
(geb. 1985) ist
Mathematiker und
arbeitet als
wissenschaftlicher
Mitarbeiter
im DFG-Projekt ZI
1301/1-1 an der
Universität Marburg sowie an der
Hochschule Pforzheim.
Universität Marburg,
Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik,
FB 12, Universität Marburg,
Hans-Meerwein-Straße,
D-35032 Marburg,
Tel. +49 (0) 6421 282 66 11,
E-Mail:
katthän@mathematik.uni-marburg.de
MICHAEL
KREUTZER
(geb. 1982), MSc,
ist Informatiker
und arbeitet als
wissenschaftlicher
Mitarbeiter
im DFG-Projekt
ZI 1301/1-1 an
der Technischen Hochschule Mittelhessen
sowie an der Hochschule
Pforzheim.
Technische Hochschule Mittelhessen,
Institut für Technik und Informatik,
Wiesenstraße 14,
D-35390 Gießen,
Tel. +49 (0) 641 309 24 28,
E-Mail: kreutzer@mni.fh-giessen.de
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Hrsg.: K. F. Früh, U. Maier, D. Schaudel
5. Auflage 2014
740 Seiten, 170 x 240mm, Hardcover
Erhältlich in 2 Varianten
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Handbuch der Prozessautomatisierung
5. Auflage – ISBN: 978-3-8356-3372-8
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Handbuch der Prozessautomatisierung
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