03.04.2014 Aufrufe

atp edition Anlagentopologien automatisch erstellen (Vorschau)

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4 / 2014

56. Jahrgang B3654

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH

Automatisierungstechnische Praxis

Anlagentopologien

automatisch erstellen | 28

IKT in der Fabrik

der Zukunft | 42

Intelligente Assistenzsysteme

für die Automation | 54

Advanced Position Control

für Servoachsen | 62


Rund um die Uhr

erstklassig informiert

• das innovative Online-Medium

• Nachrichten gezielt recherchieren

• die ideale Ergänzung zu atp edition

www.atpinfo.de

Automatisierung

auf den Punkt

Noch schneller informiert mit dem Newsletter atp!update

Jetzt für den Newsletter anmelden:

www.atpinfo.de/newsletter

atp edition

• Branche

• Veranstaltungen

• Forschung

• Produkte

update


EDITORIAL

Die Integration macht’s

Diese Ausgabe der atp edition – automatisierungstechnische Praxis ist ein

hervorragendes Beispiel für das Spektrum und die Themenvielfalt der Automatisierungstechnik.

So geht es in dieser Ausgabe um die Fabrik der Zukunft,

um intelligente Assistenzsysteme, um Anlagentopologie und deren automatische

Erstellung, aber auch um Positionsregelung für Servo-Achsen. Die Beiträge

zeigen, wie wir in der Automatisierungstechnik auf verschiedenen Ebenen

sowohl in der Breite vorgehen als auch Themen in der Tiefe adressieren.

In der Automatisierungstechnik beherrschen wir es, vielgestaltige Themen

zu bündeln und als Ganzes voranzubringen. Natürlich ist es bei dieser Fülle

von Themen, Anwendungen und Herausforderungen nicht ganz einfach zu

vermitteln, was die Spezialitäten unsere Fachdisziplinen sind. Denn, als Integrationswissenschaft

befassen wir uns mit einer Vielfalt von Aspekten und

haben zudem den Anspruch, unsere Konzepte in einer Reihe von Industriebereichen

zur Anwendung zu führen. Hier helfen uns die Schlagworte von

„Industrie 4.0“ und „Cyber-physischen Systemen“, um darüber die Themen

der Automatisierungstechnik in Politik und Gesellschaft zu transportieren.

In meiner Startphase an der Universität Stuttgart ergibt sich bei der Übernahme

des Instituts für Automatisierungs- und Softwaretechnik (IAS), einem

Institut mit fast 80-jähriger Tradition, eine ganze Reihe von Fragestellungen,

die die Zukunft betreffen. Welche zukünftige Strategie und Ausrichtung verspricht

Erfolg? Welche Forschungen sind derzeit besonders relevant? Wo liegen

die größten Innovationspotenziale? Welche Anwendungen sind signifikant?

Bei der Hyperspezialisierung in der Branche teilen Sie womöglich meine

Beobachtung immer speziellerer Lösungsangebote. So manche Fachmesse

überrascht kaum mit Technologie, sondern mit Angeboten für bisher ungeahnte

Nischenanwendungen.

Trotzdem ist ein Trend klar erkennbar: Vernetzte Systeme aus intelligenten

Einheiten und damit die Möglichkeit einer dezentralen Organisation. Meine

Forschung in Stuttgart wird sich daher auf Automatisierungstechnik und Softwaresysteme

konzentrieren, die Frage der Komposition von Baukästen – mechatronisch

und multidisziplinär –, der Konfiguration von Systemen statt

deren Entwicklung, Methoden zur Steuerung dezentraler Systeme, aber auch

Fragen nach dem Test und der Evaluation nachgehen.

Doch bei aller Relevanz dieser Themenstellung geht es heute nicht nur darum,

die Spezialitäten einzelner Forschungseinheiten zu platzieren. Vielmehr

muss es uns auch als Gemeinschaft der Automatisierer gelingen, Konzepte

föderativ voranzutreiben.

Beim Thema Industrie 4.0 ist es zwischenzeitlich geschafft, einen Industrie-4.0-Demonstrator

als eine Initiative der TuLAUT ins Leben zu rufen. Dieser

Demonstrator zeigt ein mögliches Konzept für Industrie 4.0, zu dessen

Realisierung ein Starter-Kit bereitsteht. Ausgehend von diesen initialen Ergebnissen

sind neue Partner im Sinne des föderativen Ansatzes ausdrücklich

aufgerufen sich zu beteiligen.

Ich hoffe, dass wir durch das Zusammenführen unserer Kompetenzen Meilensteine

für die Automatisierung setzen können.

PROF. DR.-ING.

MICHAEL WEYRICH,

Institutsdirektor,

Institut für Automatisierungsund

Softwaretechnik,

Universität Stuttgart

atp edition

4 / 2014

3


INHALT 4 / 2014

FORSCHUNG

8 | Software Campus sucht IT-Projekte, die Förderung verdienen

Call for atp experts: Mensch-Prozess-Kommunikation

9 | KommA: Beiträge bis 9. Mai 2014 einreichen

Call for Papers: SPS IPC Drives 2014

10 | Automatisierte Fehlerursachensuche im

Chip-Entwurf gewinnt Embedded Award 2014

Cebit-Innovation-Award-Sonderpreis:

Touchscreen erkennt Nutzer am Fingerabdruck

BRANCHE

11 | Kolloquium in Boppard: Best Paper Award geht nach München

12 | Big-Data-Kompetenzen in Berlin und Dresden

Achema-Gründerpreis: Bewerbung bis Ende 2014

Lanxess: Zachert Anfang April im Amt

VERBAND

14 | Nach zehn Jahren: Gunther Koschnick löst

Reinhard Hüppe als Geschäftsführer ab

VDE sieht beim taktilen Internet Zukunftschancen

Automation 2014: Robotik und Gebäudeautomation

15 | Verband der Chemischen Industrie:

Optimistische Prognose für die Branche in diesem Jahr

RUBRIKEN

3 | Editorial

74 | Impressum, Vorschau

4

atp edition

4 / 2014


PRAXIS

16 | Betriebssicherheit: Differenzstrom-Überwachung

erhöht Verfügbarkeit der Anlage

18 | Durchflussmessgeräte unterstützen

bei Erfüllung behördlicher Auflagen

und sparen Kosten

20 | 129 Photobioreaktoren sorgen für

energieeffiziente Nutzung von Gebäudefassade

in Hamburg

22 | Burst-Technologie ermöglicht hohe Qualität

ohne Reibungsverlust bei der Laserbearbeitung

24 | Funktionales Engineering:

Maschinen mit aktualisierter Software

übergreifend konfiguriert

Produkte,

Systeme

und Service

für die

Prozessindustrie?

Natürlich.

NACHRUF

26 | Fachwelt der Automation trauert

um Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier

HAUPTBEITRÄGE

28 | Anlagentopologien automatisch erstellen

M. HOERNICKE, L. CHRISTIANSEN UND A. FAY

42 | IKT in der Fabrik der Zukunft

C. FREY, M. HEIZMANN, J. JASPERNEITE, O. NIGGEMANN,

O. SAUER, M. SCHLEIPEN, T. USLÄNDER UND M. VOIT

54 | Intelligente Assistenzsysteme

für die Automation

S. WINDMANN UND O. NIGGEMANN

62 | Advanced Position Control

für Servoachsen

O. ZIRN, L. KATTHÄN UND M. KREUTZER

System 800xA 5.1 hilft Anlagen

noch effizienter zu betreiben und

die Produktivität und Rentabilität

zu verbessern. Dies wird durch

gesteigerte Bediener-Effizienz,

optimiertes Handling bei Batch-

Produktion, effizientere Sequenzkonfiguration,

verbesserte

Asset-Verwendung und optimierte

Engineering Best Practices erreicht.

Wünschen Sie sich auch so eine

effiziente Anlagenbedienung?

www.abb.de/controlsystems

Wussten Sie, dass Ihnen ABB

neben maßgeschneiderten

Leitsystemen ein umfassendes

Portfolio für die Instrumentierung,

herausragende Produkte und

Lösungen für die Analysentechnik

sowie erstklassigen Service bietet?

Lesen Sie mehr unter:

www.abb.de/

prozessautomatisierung

ABB Automation GmbH

Tel.: +49 (0) 1805 26 67 76

marketing.control-products@de.abb.com


Ein Partner für alles – und die Welt

der Prozessautomatisierung ist komplett.

Endress+Hauser bietet Ihnen weltweit das komplette

Leistungsspektrum für die Prozessautomatisierung –

von der vollumfänglichen Feldinstrumentierung bis hin

zu Automatisierungslösungen und attraktivem Life Cycle

Management. Als solides, finanzkräftiges Familienunternehmen

mit 60 Jahren Erfahrung stehen wir für Fairness

und Verlässlichkeit, höchste Qualität, Innovationskraft

und Technologieführerschaft. Beste Voraussetzungen, um

Ihnen die komplette Welt der Prozessautomatisierung zu

erschließen.


07.–11.04.2014 | Hannover

www.hannovermesse.de

Halle: 11

Stand C39

Der Film zum Komplettanbieter –

jetzt informieren.

Alles unter

www.einfachalles-alleseinfach.de


FORSCHUNG

Software Campus sucht IT-Projekte,

die Förderung verdienen

Das IT-Förderprojekt für Doktoranden und Masterstudierende

„Software Campus“ geht in die nächste

Runde. Mit bis zum 100 000 Euro finanziert das

Bundesministerium für Bildung und Forschung mit

Partnern aus Industrie und Forschung Ideen aus der

Informationstechnologie und deren Umfeld. Bereits

zum dritten Mal erhalten 100 Doktorandinnen und

Doktoranden sowie Masterstudien der genannten Disziplinen

die Möglichkeit, ihre Projekte mit der Förderung

umzusetzen. Die Bewerbungsfrist endet am

9. April 2014. Die jungen Führungskräfte managen

den gesamten Prozess des Projektes mit Unterstützung

der Forschungs- und Industriepartner eigenständig,

stellen Teams zusammen, entscheiden Finanzfragen,

kontrollieren Teilerfolge. Unterstützt werden

sie von Fachexperten, Mentoren aus dem Management

führender Unternehmen und anderen Teilnehmern.

Theorie und Praxis fließen in Aufenthalten beim Industriepartner

und speziellen Führungskräftetrainings

zusammen, die sie ein Jahr besuchen. 123 IT-

Experten nehmen bereits am Programm teil, das ihnen

Karrierewege in deutsche Führungsetagen, die

Unternehmensgründung oder in neue Management-

Positionen in der Forschung öffnet.

Bewerben können sich Informatiker unter www.

softwarecampus.de mit einem kurzen Lebenslauf, einer

Kurzbeschreibung der eigenen IT-Idee oder einer

weiterentwickelten Idee eines Industriepartners,

einem Motivationsschreiben sowie Empfehlungsschreiben

von mindestens einem Professor. Kontakte

zu den beteiligten Industrieunternehmen werden anschließend

in einem mehrstufigen Auswahlprozess

vermittelt.

(ahü)

KICK-OFF: 40 der insgesamt 47 Teilnehmerinnen und Teilnehmer

des Software Campus starteten in das Führungskräfteentwicklungsprogramm.

123 Doktoranden und Masterstudierende

sind im Programm eingeschrieben. Bild: Software Campus

EIT ICT LABS GERMANY GMBH,

Ernst-Reuter-Platz 7, D-10587 Berlin,

Tel. +49 (0) 30 345 06 69 01 50,

Internet: www.softwarecampus.de

Call for atp experts: Mensch-Prozess-Kommunikation

DIE AUSGABE 56(10) DER ATP EDITION

widmet sich dem Stellenwert einer gut

gestalteten Mensch-Prozess-Kommunikation.

Deren Bedeutung hat in den

vergangenen Jahren zugenommen.

Faktoren sind unter anderem die steigende

Komplexität der Prozessautomation,

höhere Anforderungen an die Produktivität

der Wartenfahrer und Feldmannschaften

und veränderte Gewohnheiten

der Nutzer. Die Ausgabe 56(10)

möchte Ihre praktischen Erfahrungen

und Erfolge in innovativen Projekten

und Ihre wissenschaftlich-technischen

Lösungsansätze und Forschungsergebnisse

diskutieren. Wir erhoffen uns

Beiträge über den gesamten Lebenszyklus

der Mensch-Prozess-Kommunikation

von Methoden und Technologien,

von der Aufgabenanalyse, über Konzeption,

Implementierung und Schulung

bis hin zum nachhaltigen Betrieb und

effektiven Change-Management-Prozessen.

Wir bitten Sie bis zum 31.05.2014 zu dem

Schwerpunkt einen gemäß der Richtlinien

der atp edition ausgearbeiteten

Hauptbeitrag an urbas@di-verlag.de

einzureichen.

Die atp edition ist die hochwertige Monatspublikation

für Fach- und Führungskräfte

der Automatisierungsbranche.

In den Hauptbeiträgen werden

Themen mit hohem wissenschaftlichem

und technischem Anspruch vergleichsweise

abstrakt dargestellt. Im Journalteil

werden praxisnahe Erfahrungen

von Anwendern mit neuen Technologien,

Prozessen oder Produkten beschrieben.

Alle Beiträge begutachtet das atp-

Fachgremium. Sollten Sie sich selbst

aktiv an dem Begutachtungsprozess

beteiligen wollen, bitten wir um kurze

Rückmeldung. Für weitere Rückfragen

stehen wir Ihnen selbstverständlich

gern zur Verfügung

Redaktion atp edition

Leon Urbas, Anne Purschwitz,

Aljona Hartstock

CALL FOR

Aufruf zur Beitragseinreichung

Thema: Mensch-Prozess-

Kommunikation

Kontakt: urbas@di-verlag.de

Termin: 31. Mai 2014

8

atp edition

4 / 2014


KommA: Beiträge bis

9. Mai 2014 einreichen

Zum fünften Mal findet am 18. November 2014 das

Jahreskolloquium Kommunikation in der Automation

– KommA, dieses Mal in Lemgo, statt. Die

Veranstaltung, die von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite

und Prof. Dr.-Ing. Ulrich Jumar geleitet wird,

befasst sich mit Themen wie Aspekte vernetzter

eingebetteter Systeme, Echtzeit, Dienstgüte (QoS),

IT-Sicherheit (Security), Funktionale Sicherheit

(Safety), Fehlertoleranz, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit,

Diagnose, Systemintegration, Kommunikationssysteme

und Anwendungsbereichen von Kommunikation

im industriellen Umfeld.

Das Kolloquium, das Init (Institut für industrielle

Informationstechnik) und Ifak (Institut für Automation

und Kommunikation) ausrichten, sucht nun Vorträge

aus dem Anwendungsfeld industrieller Kommunikation.

Auch werden technologie- und methodischorientierte

Aufsätze entgegengenommen. Autoren

reichen bis zum 9. Mai 2014 online eine aussagekräftige

Kurzfassung von ein bis zwei Din-A4-Seiten unter

www.init-owl.de/komma ein.

(ahü)

KOMMA – KOMMUNIKATION IN DER AUTOMATION,

c/o inIT – Institut für industrielle Informationstechnik,

Liebigstraße 87, D-32657 Lemgo,

Tel. + 49 (0) 5261 70 21 36,

Internet: www.init.-owl.de

Call for Papers:

SPS IPC Drives 2014

Der Kongress der SPS IPC Drives vom 25. bis

27. November 2014 in Nürnberg sucht nach aktuellen

Vorträgen. Interessierte reichen Vorschläge bis

zum 9. Mai 2014 beim Kongresskomitee unter der

Leitung von Prof. Dr.-Ing. Georg Frey, Prof. Dr.-Ing.

Walter Schumacher und Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl

ein. Für herausragende Leistungen werden die besten

drei Referenten unter 35 Jahre mit einem aktuellen

und noch nicht veröffentlichten Thema ausgezeichnet.

Das Kongresskomitee wählt auf Basis der Abstracts

die Gewinner aus. Einzureichen sind der Titel

des Beitrags und ein Abstract mit Zusammenfassung

und Aufgabenstellung, Lösungsansatz und Ergebnis.

Der Beitrag, der 5 000 Zeichen nicht überschreiten

darf, muss einem Kongressthema zugeordnet sein.

Für das Kurzprogramm muss eine Beschreibung eingereicht

werden. Außerdem darf der Autor nicht auf

die Kurzbiografie und die Veröffentlichungen der

vergangenen drei Jahre verzichten.

(ahü)

MESAGO MESSEMANAGEMENT GMBH,

Rotebühlstr. 83-85, D-70178 Stuttgart,

Tel. +49 (0) 711 61 94 60,

Internet: www.mesago.de/sps/callforpapers

Ihr Erfolg durch

unsere Erfahrung

Stellungsregler Bauart 3730 und 3731

• Komfortables Bedienen vor Ort und über

Prozessleitsystem (HART ® , PROFIBUS-PA

oder FOUNDATION fieldbus)

• Robuste Anbausätze für Hub- und

Schwenkantriebe

• Geeignet für den Einsatz in sicherheitsgerichteten

Kreisen (SIL 3 gem. IEC 61508)

• Kostenfreie Ventildiagnose für Regel- und

Auf/Zu-Armaturen (z. B. Teilhubtest (PST))

• Global einsetzbar durch nationale und

internationale Explosionsschutz-

Zulassungen (Ex ia oder Ex d)

Bewährte Stellungsregler mit

hoher Regelgüte

SAMSON AG · MESS- UND REGELTECHNIK

www.samson.de · www.samsongroup.net

A01147DE


FORSCHUNG

Automatisierte Fehlerursachensuche im

Chip-Entwurf gewinnt Embedded Award 2014

SIEGER

Daniel Große, Jan

Wessels, André

Sülflow gründeten

aus der Uniforschung

heraus

ihre eigene GmbH

und freuen sich

nun über den

Embedded Award

2014. Bild: Uwe Niklas

Alle 18 Monate, so eine Faustregel der Branche, verdoppelt

sich die Anzahl der Komponenten auf einem

Computerchip. Da ist es schwierig, den Überblick zu behalten

und eventuelle Fehler in den Schaltungen schnell

zu lokalisieren. Jan Wessels, Daniel Große und André

Sülflow entwickelten ein Verfahren, das Fehlerursachen

beim Entwurf von komplexen Digitalchips lokalisieren

kann. Die Forscher, die ihre Arbeit an der Universität

Bremen begannen, gewannen damit den Embedded

Award 2014 auf der Embedded Fachmesse in Nürnberg.

Fehlerhafte Chips im Markt können teuer für den Anbieter

werden. Solvertec-Mitgründer Große weiß nach

einem Jahrzehnt Erfahrung im Bereich Hardware-Verifikation

und Debugging (Suche nach Entwurfsfehlern),

wie er das Thema allgemeinverständlich beschreiben

muss: „Stellen Sie sich einen Chip als Ampelschaltung

an einer komplexen Kreuzung vor. Wenn alle Ampeln

auf grün umschalten, weil zufällig im gleichen Augenblick

zwei Fußgänger an verschiedenen Stellen drücken

und ein Auto auf einer Nebenstraße die Sensorschleife

überfährt, dann liegt offensichtlich ein unentdeckter

Schaltungsfehler vor“, erläutert er. „Wenn die Ampeln

alle auf grün stehen, wissen Sie, dass ein Fehler vorliegt.

Aber sie wissen dadurch noch lange nicht, wo genau in

der Schaltung Sie die Ursache für diesen Fehler finden

und wie er sich beheben lässt“, stellt er klar. „Schon heute

wenden die Entwickler ein Drittel des Zeitaufwands

eines neu zu entwickelnden Chips dafür aus, Fehlerursachen

zu finden und zu beheben“, erläutert er.

Die Bremer entwickelten eine Automatisierungs-Software,

die in der frühen Designphase auf der Register-

Transfer-Ebene (RTL) von Digitalchips ansetzt: „Die in der

Simulation eingesetzten Verifikationstools prüfen zunächst,

ob der Schaltungsentwurf dem erwünschten Chip-

Verhalten entspricht. Liegt ein Fehler vor, suchen die

Entwickler beim sogenannten Debugging die Fehlerursachen

bisher per Hand – daher der hohe Aufwand“, stellt

Große klar. „Unser Werkzeug automatisiert die Suche,

indem es die Daten aus den Verifikationstools einspeist,

den Entscheidungsbaum der Schaltungslogik systematisch

zurückverfolgt und die Ursachen des Fehlverhaltens

aufspürt. Mit wenigen Klicks können so Fehlerursachen

im Code aufgezeigt und behoben werden.“ (ahü)

SOLVERTEC GMBH,

Anne-Conway-Str. 1, D-28359 Bremen,

Tel. +49 (0) 421 40 89 84 50, Internet: www.solvertec.de

10

Cebit-Innovation-Award-Sonderpreis:

Touchscreen erkennt Nutzer am Fingerabdruck

Ein Touchscreen, der anhand des Fingerabdrucks erkennt,

ob der Nutzer berechtigten Zugang zum Gerät

hat, wurde im Rahmen der Computermesse Cebit mit

dem Innovation-Award-Sonderpreis ausgezeichnet.

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka übergab

atp edition

4 / 2014

SONDERPREIS

Prof. Dr. Gesche

Joost, Oliver Frese,

Sven Köhler und

Prof. Dr. Johanna

Wanka während

der Übergabe des

Innovation Awards

auf der Cebit. Bild:

HPI/K. Herschelmann.

den mit 20 000 Euro dotierten Preis an Sven Köhler und

Christian Holz. Der Touchscreen mit Namen „Fiberio“

ist Ergebnis einer Forschungsarbeit des Hasso-Plattner-

Instituts in Potsdam. Die Arbeit wurde von Prof. Patrick

Baudisch betreut. Der Bildschirm erkennt ohne Registrierung

oder Log-In, ob die Anwender zu der jeweiligen

Aktion berechtigt sind und ermöglicht die simultane

Zusammenarbeit. Die Nutzeridentifikation arbeitet mit

Glasfaser-Technologie und Rückprojektion. Weitere Cebit

Innovation Awards erhielten die Entwickler der App

„Shoutr“. Sie distribuiert drahtlos digitale Inhalte. „Kinematics“

erhielt ebenfalls eine Auszeichnung. Mit dem

intuitiven Baukasten können Kinder und Jugendliche

Roboter bauen.

(ahü)

HASSO-PLATTNER-INSTITUT FÜR SOFTWARE-

SYSTEMTECHNIK GMBH,

Prof.-Dr.-Helmert-Str. 2-3, D-14482 Potsdam,

Tel. +49 (0) 331 550 90, Internet: www.hpi-web.de


BRANCHE

Kolloquium in Boppard:

Best Paper Award geht nach München

Das 48. Regelungstechnische Kolloquium in Boppard

besuchten in diesem Jahr 205 Teilnehmer. Organisiert

wurde es von der TU Ilmenau in Zusammenarbeit mit dem

Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und

Bildauswertung in Karlsruhe. Die Veranstaltung, die in

Form eines Forums abgehalten wird, bot den Teilnehmern

in diesem Jahr 30 Fachbeiträge zu zukunftsorientierten

Themen wie automatisiertes und sicheres Fahren, vernetzte

Systeme, iterativ lernende Regelungen und Bewegungsanalyse

des Menschen. Der erste Teil der zweitägigen

Veranstaltung schloss ab mit einem Plenarvortrag.

Prof. Dr. Wolfram Burgard von der Albert-Ludwigs-Universität

Freiburg referierte über probabilistische Techniken

für die Roboternavigation. Am Institut für Autonome

Intelligente Systeme forschen die Wissenschaftler um

Burgard an der Umgebungsmodellierung und Zustandsschätzung.

Dazu entwickeln sie beispielsweise Modelle

und Verfahren zur Interpretation von Sensordaten. Zum

Einsatz kommen mobile Roboter unter anderem bei Museumsführungen

oder als Helfer im Haushalt.

Den Best Paper Award der Veranstaltung gewann in

diesem Jahr Heiko Panzer von der TU München für seinen

Vortrag zum Thema Adaptive Entwicklungspunkt-

HEIKO PANZER von der Technischen

Universität München (rechts) wurde

auf dem diesjährigen Regelungstechnischen

Kolloquium in Boppard

mit dem Best Paper Award ausgezeichnet.

Er nahm den Preis von

Mike Eichhorn (Ingenieursgesellschaft

Auto und Verkehr aus

Gifhorn) entgegen. Bild: Veranstalter.

wahl und globale Fehlerschranken bei der Modellreduktion

mittels Krylow-Unterraum-Verfahren.

Im kommenden Jahr findet das Regelungstechnische

Kolloquium vom 4. bis 6. März 2015 statt. (aha)

48. REGELUNGSTECHNISCHES KOLLOQUIUM

IN BOPPARD,

Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und

Bildauswertung, Fraunhoferstraße 1, D-76131 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 609 10, Internet: www.iosb.fraunhofer.de

ZfQ3dBZa


BRANCHE

Big-Data-Kompetenzen in Berlin und Dresden

Zwei Kompetenzzentren in Berlin und Dresden sollen

sich verstärkt um das Thema Big Data kümmern.

Zwei Big-Data-Zentren entstehen in diesem Jahr auf Initiative

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

an der TU Berlin und an der TU Dresden. Darüber

informierte Johanna Wanka, Bundesministerin für

Bildung und Forschung, im Rahmen der Cebit. Unter der

Leitung der TU Berlin entsteht das Berlin Big Data Center

(BBDC) und unter der Leitung der TU Dresden das

Competence Center for Scalable Data Services and Solutions

(ScaDS). Beide Vorhaben werden mit insgesamt

rund 10 Millionen Euro unterstützt.

„Die Datenmengen wachsen in unserer digitalen Gesellschaft

rasant. Wir müssen daher lernen, wie wir mit

ihnen richtig umgehen können. Dabei kommt es besonders

auf zwei Dinge an: Erstens müssen wir Instrumente

entwickeln, mit denen aus bloßen Daten nützliches Wissen

generiert werden kann. Und vor allem muss der

technische Fortschritt auch gewährleisten, dass wir uns

sicher und selbstbestimmt in der digitalen Welt bewegen

können. Das betrifft den einzelnen Menschen ebenso

wie Unternehmen“, sagte Bundesforschungsministerin

Johanna Wanka in Hannover.

Sie verwies auf die bereits etablierten drei IT-Sicherheitsforschungszentren

in Saarbrücken, Darmstadt und

Karlsruhe, die sich seit 2011 zu anerkannten Partnern

in Fragen der IT-Sicherheit in Deutschland und Europa

entwickelt haben. So wurde beispielsweise ein Forschungsprojekt

am Kompetenzzentrum Cispa in Saarbrücken

mit dem höchstdotierten Forschungspreis „ERC

Synergy Grant“ der Europäischen Union ausgezeichnet.

Das Projekt analysiert multidisziplinär die durch das

rasante Wachstum des Internets auftretenden Gefahren

für Privatsphäre, Datensicherheit und Meinungs- sowie

Informationsfreiheit und erarbeitet dazu Lösungen. Die

IT-Sicherheitsforschungszentren dienen als Vorbilder

für die neuen Kompetenzzentren Big Data. (ahü)

BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG

UND FORSCHUNG,

Hannoversche Straße 28-30, D-10115 Berlin,

Tel.: +49 (0) 30 185 70, Internet: www.bmbf.de

Achema-Gründerpreis: Bewerbung bis Ende 2014

Die Dechema nimmt Bewerbungen für den Achema-

Gründerpreis entgegen. Gemeinsam mit den Business

Angels FrankfurtRheinMain und dem High-Tech

Gründerfonds sucht der Verband hervorragende Ideen

und junge Unternehmen aus den Bereichen Chemie,

Verfahrenstechnik und Biotechnologie.

Die Finalisten erhalten auf der Achema, der Messe für

die Prozessindustrie mit rund 170 000 Besuchern, einen

kostenlosen Messestand. Sie stellen die Ideen vom

14. bis 19. Juni 2014 in Frankfurt/Main vor. Der Sieger

jeder Sparte erhält bei der öffentlichen Verleihung ein

Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro. Voraussetzung für

die Bewerbung bis zum 31. Dezember 2014 ist ein Businessplan.

Die Jury aus Wissenschaft und Industrie sowie

Trägern und Unterstützern des Wettbewerbs bewertet

die Businesspläne. In der zweiten Runde stellen die Finalisten

ihr Modell persönlich vor. Zu den Trägern gehören

die Dechema Gesellschaft für Chemische Technik

und Biotechnologie e.V., die Dechema Ausstellungs-

GmbH, der Business Angels FrankfurtRheinMain e.V.

und der High-Tech Gründerfonds. Der Verband der chemischen

Industrie e.V. und der Verein deutscher Ingenieure

e.V. unterstützen den Wettbewerb. (ahü)

DECHEMA GESELLSCHAFT FÜR CHEMISCHE TECHNIK

UND BIOTECHNOLOGIE E.V.,

Theodor-Heuss-Allee 25, D-60486 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 756 40, Internet: www.dechema.de

Lanxess: Zachert Anfang April im Amt

Matthias Zachert ist ab 1. April 2014 neuer Vorsitzender

des Vorstandes der Lanxess AG. Derzeit ist er

im Finanzvorstand der Merck KGaA tätig. Bis zum Eintritt

von Zachert bei Lanxess übernimmt Finanzvorstand

Bernhard Düttmann die Aufgaben im Vorstand.

Darüber informierte das Unternehmen Anfang März.

Wie das Handelsblatt berichtet, hat sich Lanxess zuvor

überraschend von Zacherts Vorgänger Axel Heitmann

getrennt. Zachert war, den Angaben von fr-online zufolge,

bereits früher als Finanzchef für Lanxess tätig. Wie

fr-online weiter berichtet, geriet Lanxess nach rasantem

Wachstum in den vergangenen Jahren in die roten Zahlen.

Überkapazitäten am Markt und außerplanmäßige

Abschreibungen im vierten Quartal hatten dafür ge-

sorgt, dass das Unternehmen 2013

rund 160 Millionen Euro Verlust

gemacht hat. Der Spezialchemie-

Konzern beschäft rund 17 500 Mitarbeiter

in 31 Ländern. Das Kerngeschäft

bildet nach eigenen Angaben

Entwicklung, Herstellung und Vertrieb

von Kunststoffen, Kautschuken,

Zwischenprodukten und Spezialchemikalien.


(ahü)

LANXESS DEUTSCHLAND GMBH,

Kennedyplatz 1, D-50569 Köln,

Tel. +49 (0) 221 888 50, Internet: www.lanxess.de

MATTHIAS ZACHERT

übernimmt bereits am

1. April 2014 das Amt

des Vorstandsvorsitzenden

von Axel

Heitmann. Bild: Lanxess

12

atp edition

4 / 2014


WAGO-I/O-SYSTEM 750 XTR

Für Standard zu eXTRem – Für 750 XTR der Standard

eXTRem beständig von −40°C bis +70°C

eXTRem spannungsfest bis 5 kV Stoßspannung

eXTRem vibrationsfest bis 5g Beschleunigung

www.wago.com/750xtr


VERBAND

Nach zehn Jahren: Gunther Koschnick löst

Reinhard Hüppe als Geschäftsführer ab

Gunther Koschnick ist neuer Geschäftsführer des

ZVEI-Fachverbandes Automation. Wie der ZVEI

(Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie

e.V.) Anfang März mitteilte, löst Koschnick nach

zehn Jahren Dr. Reinhard Hüppe ab, der sich in den

Ruhestand verabschiedet. Koschnick war zuvor Fachbereichsleiter

elektrische Antriebe im ZVEI. Er ist Elektrotechnik-Ingenieur

und arbeitete zuletzt im Bereich

Antriebstechnik bei ABB.

Für ihn steht Industrie 4.0 ganz oben auf der Agenda:

„Industrie 4.0 wird die hoch innovative Branche

Automation über die nächste Dekade hinweg im internationalen

Umfeld erfolgreich positionieren.“ Der

ZVEI gestaltet diese Herausforderung zusammen mit

den Verbänden Bitkom und VDMA in einer gemeinsamen

Plattform Industrie 4.0. Innerhalb

des ZVEI hat der Fachverband

Automation bereichsübergreifend

die Führungsfunktion

übernommen. Ziele sind unter

anderem, industrielle Standards

einzubringen und weiterzuentwickeln

und dabei die hohen Qualitätsanforderungen

der deutschen

Industrie zu sichern. (ahü)

GUNTHER

KOSCHNICK führt

jetzt die Geschäfte

im ZVEI-Fachverband

Automation.

Bild: ZVEI

ZVEI – ZENTRALVERBAND ELEKTROTECHNIK- UND

ELEKTRONIKINDUSTRIE E.V.,

Lyoner Straße 9, D-60528 Frankfurt a. M.,

Internet: www.zvei.org

VDE sieht beim taktilen Internet Zukunftschancen

CHANCEN DES TAKTILEN INTERNETS: Dr. Walter Börmann,

Leiter Kommunikation und Public Affairs, VDE, Prof. Dr.-Ing. Ingo

Wolff, Vorsitzender der Informationstechnischen Gesellschaft im

VDE und Geschäfts führer der IMST GmbH, sowie Prof. Dr.-Ing.

Gerhard Fettweis von der TU Dresden referierten auf der Cebit

in Hannover über die Möglichkeiten der Initiative. Bild: VDE

Die Steuerung von Robotern und Autos in Echtzeit,

das taktile Internet, ist nach Meinung des Verbandes

der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik

(VDE) der wachsende Zukunftsmarkt für

Deutschland, wenn die digitale Infrastruktur stimmt:

Neue, robuste Kommunikationsnetze mit Reaktionszeiten

von nur wenigen Millisekunden, zuverlässige

Sicherheitskonzepte zum Schutz von Nutzern, Daten

und Maschinen sowie Chips führen die Prioritätenliste

an. In dem auf der Cebit in Hannover vorgestellten Positionspapier

„Taktiles Internet“ spricht sich der VDE

außerdem für eine enge Kooperation zwischen Forschung,

Anwendern, Herstellern und Netzwerkbetreibern

bei der Entwicklung der Infrastruktur aus. Ohne

ein leistungsfähiges taktiles Internet könnten wichtige

deutsche Branchen den Anschluss verpassen, heißt es

in dem Papier.

(ahü)

VDE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK

INFORMATIONSTECHNIK E.V.,

Stresemannallee 15, D-60596 Frankfurt,

Tel. +49 (0) 69 630 80, Internet: www.vde.com

Automation 2014: Robotik und Gebäudeautomation

Smart X – Powered by Automation“, unter diesem Motto

findet am 1. und 2. Juli 2014 in Baden-Baden bereits

zum 15. Mal der GMA Kongress Automation statt.

Erläutert wird auf der zweitägigen Veranstaltung, in

welchem Ausmaß die Automation die Grundlage und

der Antrieb für smarte Lösungen in Wirtschaft und Gesellschaft

ist. Nachdem der Kongress am Dienstag von

Dr. Kurt-Dirk Bettenhausen und Prof. Dr.-Ing. Ulrich

Jumar eröffnet wurde, erwartet die Zuhörer ein Keynote-

Vortrag zum Thema „Wenn das Werkstück künftig sein

Wissen selbst transportiert“. Anschließend folgen dann

die Fachvorträge. Parallel finden Beiträge zu „Industrieller

Robotik“ und „Gebäudeautomation“ statt. Anmeldung

nimmt das VDI Wissensforum auf der Homepage

auf www.automatisierungskongress.de an. (ahü)

VDI WISSENSFORUM GMBH,

VDI-Platz 1, D-40468 Düsseldorf ,

Tel. +49 (0) 211 621 42 01,

Internet: www.automatisierungskongress.de

14

atp edition

4 / 2014


Verband der Chemischen Industrie: Optimistische

Prognose für die Branche in diesem Jahr

Gute Aussichten – so fasst Dr. Utz Tillmann die konjunkturelle

Entwicklung der Chemie- und Pharmaindustrie

für das Jahr 2014 zusammen. Nachdem

das wechselhafte Jahr 2013 mit einem guten Schlussquartal

geendet ist, legt die Produktion in Deutschland

wieder zu. Das ergab der Quartalsbericht des

Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), dessen

Hauptgeschäftsführer Tillmann ist. Durch die steigende

Produktion von Oktober bis Dezember stieg der

Umsatz, obwohl die Preise für Chemieprodukte das

vierte Quartal in Folge nachgaben. Die Inlandsnachfrage

blieb jedoch stabil. Weltweit baute die Industrie

ihren Handel aus.

„Alle Chemiesparten spüren eine Belebung. Wir

rechnen mit steigender Nachfrage im In- und Ausland,

insbesondere von unseren europäischen Industriekunden.

Rückschläge sind aber nicht ausgeschlossen.

Derzeit gehen von allem von der politischen

Krise in der Ukraine Risiken für die Weltwirtschaft

aus“, so Tillmann.

Für das Jahr 2014 rechnet der VCI mit einem Anstieg

der Chemieproduktion um 2 Prozent. Die Preise

DR. UTZ TILLMANN,

Hauptgeschäftsführer

vom VCI, während der

Quartalspressekonferenz.

Bild: VCI

werden voraussichtlich um 0,5 % sinken, sodass der

Branchenumsatz um 1,5 % auf 191,5 Milliarden Euro

steigen könnte.

(ahü)

VERBAND DER CHEMISCHEN INDUSTRIE E.V. (VCI),

Mainzer Landstraße 55,

D-60329 Frankfurt am Main,

Tel. +49 (0) 69 255 60, Internet: www.vci.de

15. Branchentreff der Mess- und Automatisierungstechnik

AUTOMATION 2014

01. und 02. Juli 2014 in Kongresshaus Baden-Baden

SMART X – POWERED BY AUTOMATION

TREFFEN SIE 500 EXPERTEN DER MESS-

UND AUTOMATISIERUNGSTECHNIK!

JETZT

ANMELDEN!

www.automatisierungskongress.de

ÜBER 90 FACHBEITRÄGE

Veranstaltung der VDI Wissensforum GmbH | www.automatisierungskongress.de | Telefon +49 211 6214-201 | Fax +49 211 6214-154


PRAXIS

Betriebssicherheit: Differenzstrom-Überwachung

erhöht Verfügbarkeit der Anlage

Hochfrequente Fehlerströme überwachen und unerwartete Zwangsabschaltungen vermeiden

ANTRIEBE, die über Frequenzumrichter versorgt

werden, zählen zu den typischen Anwendungsfällen

von RCM-Geräten des Typs B+

DIFFERENZSTROM-ÜBERWACHUNGS GERÄTE erkennen und

beheben selbst hoch frequente Fehlerströme bis 100 kHz

DIE KLASSI-

FIZIERUNG von

Differenzstromgeräten

basiert

unter anderem auf

den detektierbaren

Frequenzen der

Fehlerströme

Bilder: Phoenix Contact

MIT DEM VORALARM werden Fehler

erkannt und behoben, bevor es zur

ungeplanten Abtrennung kommt

Gleichfehlerströme und hochfrequente Wechselfehlerströme

erhöhen in industriellen Anlagen

die Anforderungen an die Technik – wenn Betriebssicherheit

und Verfügbarkeit der Anlage sichergestellt

werden sollen. Mittels Differenzstrom-Überwachungsgeräten

werden Fehlerströme frühzeitig erkannt

und gemeldet, bevor sie den kritischen Wert

erreichen und eine Abschaltung der Anlage erfolgt.

Ausfallzeiten und damit verbundene Kosten werden

so reduziert.

Aufgrund der Zunahme an elektronischen Verbrauchern

handelt es sich im Fehlerfall häufig um Gleichströme

oder Fehlerströme im hochfrequenten Bereich. Differenzstrom-Überwachungsgeräte

erkennen Fehler frühzeitig

und beheben sie. Der RCM Typ B+ von Phoenix

Contact erkennt hochfrequente Fehlerströme bis 100 kHz.

GRUNDLAGE FÜR WIRTSCHAFTLICHKEIT

Der Stellenwert der Betriebssicherheit industrieller Anlagen

wird durch die umfassende Normenlage bestätigt.

Leitungsschutzschalter und Fehlerstrom-Schutzschalter

werden dabei im Fehlerfall zur sicheren Abtrennung

einzelner Verbraucher oder Stromkreise eingesetzt. Zu

beachten ist, dass ein direktes Abtrennen durch einen

Fehlerstrom-Schutzschalter aufgrund eines zu hohen

Ableitstroms auf dem PE-Leiter nicht immer erwünscht

ist. Denn mit dem sicherheitsbedingten schnellstmöglichen

Abtrennen der Verbraucher geht eine geringere

16

atp edition

4 / 2014


Verfügbarkeit der Anlage einher – die wirtschaftlichen

Auswirkungen eines unerwarteten Ausfalls der Anlage

können hoch sein. Dabei sind neben dem Schaden an

der Anlage selbst stets die möglichen Folgeschäden und

Ausfallzeiten zu berücksichtigen. Eine unmittelbare

Vorwarnung sowie ein rechtzeitiges Eingreifen können

in diesem Fall helfen.

HOCHFREQUENTE DIFFERENZSTRÖME

Planer, Errichter und Betreiber elektrischer Anlagen

reduzieren störende elektrische Einflüsse – wie hohe

Ableitströme, Oberschwingungen und elektromagnetische

Felder – durch geeignete Konzepte bereits bei der

Planung. Später im Betrieb können hohe Ableitströme

so auf ein Minimum reduziert werden. Fehlerströme

durch Isolationsfehler können dadurch jedoch nicht

ausgeschlossen werden.

In Abhängigkeit von den Verbrauchern sowie von der

benötigten Stromversorgung können Fehlerströme verschiedenster

Form und Frequenz auftreten. Durch den

vermehrten Einsatz elektronischer Betriebsmittel, wie

Frequenzumrichter bei Motoren, kommt es im Fehlerfall

zu hohen Ableitströmen im hochfrequenten Bereich.

Außerdem werden frequenzgesteuerte Betriebsmittel

eingesetzt, wie etwa Kühlanlagen, Kran- und Hebeanlagen

oder Lampentreiber, bei denen die Betriebsfrequenz

im mittleren zweistelligen kHz-Bereich liegt.

Diese Frequenzen liegen weit über den geforderten detektierbaren

Frequenzen von Schutz- und Überwachungsgeräten

der Typen A und B.

AGIEREN STATT REAGIEREN

Um Fehlerströme in einer elektrischen Anlage zu erkennen,

bevor es zu einer plötzlichen Abtrennung der

Verbraucher kommt, können Differenzstrom-Überwachungsgeräte

eingesetzt werden, die Fehlerströme

detektieren und melden. Mit den Produktreihen RCM-

A und RCM-B (Residual Current Monitoring) bietet

Phoenix Contact Differenzstrom-Überwachungsgeräte

nach DIN EN 62020 an, die diese Anforderungen erfüllen.

Diese Überwachungssysteme, die aus Stromwandler

und Auswerteeinheit bestehen, erkennen

frühzeitig Fehlerströme in der Elektroinstallation geerdeter

Systeme – in TN-S- und TT-Netzen. Um die

Fehlerströme zu ermitteln, wird nicht mit einer tatsächlichen

messtechnisch erfassten Messgröße gearbeitet,

sondern mit einem Stromwert, der im Differenzstrom-Wandler

erzeugt und im Differenzstrom-Überwachungsgerät

ausgewertet wird. Voraussetzung für

die Bildung des Differenzstroms ist allerdings, dass je

nach Applikation entweder alle aktiven Leiter – also

alle Außenleiter und Neutralleiter – oder der Erdungsleiter

durch den zugehörigen Summenstromwandler

RCM-SCT geführt wird.

Die Ergebniswerte der Überwachung werden permanent

signalisiert und beim Erreichen festgelegter

Grenzwerte wird alarmiert. Mit diesem Informationsvorsprung

kann der Betreiber den Fehler direkt oder

aber bei der nächsten planmäßigen Wartung lokalisieren

und beheben. Eine unerwünschte Abschaltung der

Anlage wird dadurch vermieden. Dies erhöht die Verfügbarkeit.

GEEIGNETE ÜBERWACHUNG FÜR JEDE APPLIKATION

Mit dem Auftreten der verschiedenen Fehlerströme

stiegen auch die Anforderungen an die Schutzeinrichtungen.

Dadurch wurde die Klassifizierung von Leitungs-

und Fehlerstrom-Schutzschaltern in den Normen

und Richtlinien angepasst. Differenzstromgeräte

des Typs A erfassen gemäß IEC 61008-1 (2012-04) sinusförmige

Wechselfehlerströme sowie pulsierende

Gleichfehlerströme bei einer Frequenz von 50/60 Hz.

Geräte des Typs B nach IEC 62423 erfassen zusätzlich

Wechselfehlerströme mit Frequenzen bis zu 1 KHz,

überlagerte Gleich- und Wechselfehlerströme sowie

glatte Gleichfehlerströme.

Aufgrund der immer häufiger auftretenden hochfrequenten

Fehlerströme wurde in der DIN VDE 664-400

(2012-05) eine Klassifizierung von Typ-B+-Geräten vorgenommen.

Diese erfassen zusätzlich zu den Fehlerströmen,

die ein Typ-B-Gerät erfasst, auch Wechselströme

mit einer Frequenz bis zu 20 kHz. Daher ist bei der

Auswahl der Differenzstrom-Überwachungsgeräte immer

auch die Art der möglichen Fehlerströme zu beachten.

Treten lediglich Wechselfehlerströme und pulsierende

Gleichfehlerströme mit einer Frequenz von

50/60 Hz auf, ist ein Differenzstrom-Monitor des Typs

A ausreichend. Bei Gleichfehlerströmen und hochfrequenten

Wechselströmen sollte ein Gerät des Typs B/

B+ zur Überwachung eingesetzt werden.

AUTOR

Dipl.-Wirt.-Ing. ACHIM

ZIRKEL ist Produkt-

Manager im Bereich

Netz- und Signal-Qualität

Trabtech bei Phoenix

Contact in Blomberg.

Phoenix Contact GmbH & Co. KG,

Flachsmarktstraße 8,

D-32825 Blomberg,

Tel. +49 (0) 5235 31 20 00,

E-Mail: azirkel@phoenixcontact.com

atp edition

4 / 2014

17


PRAXIS

Durchflussmessgeräte unterstützen bei Erfüllung

behördlicher Auflagen und sparen Kosten

Bei der norwegischen RHI Normag AS wurden mit neuer Technik nicht nur Kalibrierprobleme gelöst

DIE ANLAGE DER RHI NORMAG AS in Porsgrunn

stellt Rohstoffe für Feuerfestmaterial her.

DIE DURCHFLUSSMESSGERÄTE IN CORIOLIS-TECHNOLOGIE

vereinfachten die Einhaltung der behördlichen Auflagen und verringerten

das Risiko für Energie zuviel zu bezahlen. Bilder: Emerson Process Management

Die Anlage der RHI Normag AS in Porsgrunn, Norwegen,

hat ihre Instandhaltungskosten verringert,

die Stillstandzeiten der Anlage minimiert und die Genauigkeit

des Energieverbrauchmessung. Gelungen ist

dies durch den Einsatz von Micro-Motion-Coriolis-

Durchflussmessgeräten.

ZUVERLÄSSIGKEIT IM KONTINUIERLICHEN PROZESS

Sechs Geräte der Micro-Motion-CMF-Geräte von Emerson

Process Management messen den Durchfluss von

Erdgas und rückgeführtem Brennstofföl, das in den

Öfen eingesetzt wird, in denen Magnesiumoxid Feuerfestmaterial

hergestellt wird. Die hochgenauen Messungen

werden für die steuerliche Bewertung von Gas

und Öl genutzt und zur KLIF, der nationalen Umweltagentur

Norwegens, übertragen, um die Einhaltung der

Umweltvorschriften sicherzustellen.

„Unsere Anlage ist ein großer Energieverbraucher,

daher sind genaue Messungen von Öl und Gas wichtig

für unseren Betrieb,“ sagt Merethe Pepevnik, technischer

Leiter bei RHI Normag AS. „Weil wir einen

kontinuierlichen Prozess fahren, ist Zuverlässigkeit von

hoher Bedeutung. Unterbrechungen, um Messgeräte

neu zu justieren oder aufzuarbeiten, sind sowohl störend

als auch teuer. Wir haben uns für Emersons Massedurchflussmessgeräte

in Coriolis-Technologie entschieden,

weil sie zuverlässig, genau und einfach sind.“

ZWEI MAL JÄHRLICH JUSTIEREN = HOHE KOSTEN

Die Anlage der RHI Normag stellt Rohstoffe für Feuerfestmaterial

her, das in vielen Industrien genutzt wird.

In der Vergangenheit wurden zur Messung des Durchflusses

Turbinenradzähler mit einem Dichtemesssystem

für den eichamtlichen Transfer von Öl und Erdgas eingesetzt.

Die Messungen wurden auch dazu genutzt, die

CO2-Emissionen zu berechnen, die an KLIF berichtet

werden mussten. Allerdings war die Genauigkeit des

Messsystems durch Alterung und Abnutzung gering,

es musste zweimal im Jahr neu justiert werden, um

seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Das bedeutete,

dass vier Systeme aus der Produktion genommen werden

mussten, um sie zu justieren und aufzuarbeiten, zu

Kosten von 25 000 Euro pro Gerät, was zu jährlichen

Gesamtkosten von 150 000 Euro führte.

RHI benötigte also ein Messsystem, das Werte lieferte,

die für KLIF akzeptabel waren, genaue Daten für den

eichamtlichen Transfer zur Verfügung stellte und wenig

Instandhaltung benötigte. Die ersten vier Durchflussmessgeräte

wurden im Sommer 2009 auf zwei Öfen

installiert. Eines auf jedem Ofen diente zur Messung

des rückgeführten Öls, das andere für die Messung von

Erdgas. Im Jahr 2012 wurden Coriolis-Durchflussmessgeräte

mit höherer Kapazität installiert, um höhere

Gasdurchflussmengen messen zu können.

Die Durchflussdaten werden genutzt, um die Gasmenge

zu bestimmen, die vom Lieferanten zugekauft wird,

und dadurch das Risiko von Unter- oder Überzahlung

zu vermeiden. Darüber hinaus erfüllt die Messgenauigkeit

des Durchflussmessgeräts mit ± 0,35 % für Gas und

±0,1 % für Öl leicht die Anforderungen der KLIF. RHI

nutzt Emersons Smart Meter Verification, um regelmäßig

den Zustand und die Leistungsfähigkeit der Messgeräte

zu überprüfen. Diese einfach zu nutzende automatische

Diagnosefunktion überprüft schnell die mechanischen

und elektronischen Eigenschaften (Sensor,

Antrieb und Signalverarbeitung) des Messrohres, ohne

18

atp edition

4 / 2014


die Durchflussmessung zu unterbrechen – sie verkürzt

dadurch Stillstandzeiten und vermeidet die

Notwendigkeit, das Gerät zweimal im Jahr zu warten

oder zu justieren.

INVESTITION RENTIERT SICH IN SECHS MONATEN

Emersons Micro-Motion-ProLink-III-Software für

Konfiguration und Diagnose wird genutzt, um monatlich

einen Zustandsbericht des Messgerätes zu erstellen,

in dem jeder Schaden an einem Messrohr aufgeführt

ist, der die Messleistung beeinträchtigt. Der

Bericht enthält auch Daten darüber, ob der Nullpunkt

des Gerätes gegenüber der Werkseinstellung verändert

wurde oder über die zuletzt erfolgreich in der

Anlage gesetzte Nullpunkteinstellung. Diese Berichte

werden für den jährlichen Audit durch die Behörden

gesichert und unterstützen die Einhaltung der Vorschriften

und Auflagen der Behörden.

„Die Micro-Motion-Coriolis-Durchflussmessgeräte

haben sich seit Jahren in unserer Anlage bewährt“,

so Pepevnik weiter. „Selbst die ersten Messgeräte,

2009 installiert, haben keine Justierung benötigt. Ihre

Leistung ermöglicht es uns, unsere jährlichen Instandhaltungskosten

deutlich zu verringern, die behördlichen

Auflagen einfacher zu erfüllen und die

Sicherheit zu haben, dass wir nur die Energie bezahlen,

die wir wirklich nutzen. Auf der Grundlage dieser

Faktoren hat sich unsere erste Investition bereits

nach sechs Monaten bezahlt gemacht.“

RHI Normag AS ist ein Unternehmen der RHI AG,

einem Weltmarktführer in qualitativ hochwertiger,

technisch führender Herstellung von feuerfestem

Mauerwerk. In 36 Produktionsstätten in Europa,

Nordamerika, Südafrika und China beschäftigt RHI

AG etwa 8 000 Mitarbeiter.

AUTOR

THOMAS OTTEN ist seit

März 2012 als Business

Development Manager für

die Micro Motion Flow,

Dichte- und Viskositätsprodukte,

sowie die Rosemount

Flow Produkte (MagMeter

und Vortex) zuständig.

Emerson Process Management GmbH & Co. OHG,

Rheinische Strasse 2, D-42781 Haan,

Tel. +49 (0) 2129 55 30,

Internet: www.emersonprocess.de


PRAXIS

129 Photobioreaktoren sorgen für energieeffiziente

Nutzung von Gebäudefassade in Hamburg

Algenfassade erzeugt Biomasse, die von Durchflussmessgeräten kontrolliert wird

ALGENHAUSFASSADE

in Hamburg

ZELLWACHSTUMS-

DETEKTION

mit Sensor OUSBT66.

Bilder: Endress+Hauser

Auf der Internationalen Bauausstellung (IBA) in

Hamburg, die von März bis Oktober 2013 stattfand,

sorgte ein Gebäude schon aufgrund seines leuchtend

grünen Äußeren für Aufsehen: das Pionier-Algenhaus.

Die fünfstöckige bewohnbare Immobilie mit einer Fassade

von 129 Glassegmenten, die als Photobioreaktoren

fungieren und Energie sowie Biomasse aus Mikroalgen

erzeugen, war eines der Highlights in der Hansestadt.

Durchfluss- und Füllstandmessgeräte des Anbieters

Endress+Hauser sind ebenso in die Reaktoren eingebracht

worden, wie pH-Sensoren und Messvorrichtungen

für den Sauerstoff- und Nitratgehalt. Diese Parameter

sind wichtig, um den Algen für deren Metabolismus

einen geeigneten Lebensraum zu schaffen.

OPTIMALE BEDINGUNGEN FÜR ALGEN SCHAFFEN

„Algen verdoppeln ihre Biomasse jeden Tag“, erklärt der

habilitierte Hydrobiologe Dr. Martin Kerner, Gründer des

Beratungsunternehmens Strategic Science Consult (SSC),

den besonderen Vorteil der grünen Wasserbewohner.

„Wir wissen inzwischen sehr genau, was benötigt wird,

um optimale Bedingungen für die Algen zu schaffen.“

Die mit Wasser und Nährlösungen gefüllten Photobioreaktoren

bieten passenden Lebensraum für die Mikroalgen.

Die binden während der Photosynthese unter Lichtzufuhr

Kohlenstoffdioxid und stellen daraus körpereigene

organische Substanz her, die sogenannte Biomasse.

Das hierfür benötigte Kohlenstoffdioxid stammt aus den

Abgasen einer Gasheizung im Erdgeschoss des Gebäudes.

Die aus Algen gewonnene Biomasse ist reich an essentiellen

Aminosäuren, ungesättigten Fettsäuren sowie

prä- und probiotischen Substanzen, die sie für eine Verwendung

als Futter- und Nahrungsmittel prädestinieren.

Die wertvollen Inhaltsstoffe können auch für die Anwendung

in der Pharma- und Kosmetikindustrie dienen.

In der Biogasanlage landen dann letzten Endes nur die

Reststoffe nach der Extraktion der Feinchemikalien.

PROZESSPHOTOMETER MISST WACHSTUM DER ALGEN

Um das Wachstum der Algen nachverfolgen und aufzeichnen

zu können, wurde ein Prozessphotometer

OUSBT 66 eingesetzt, der die Werte kontinuierlich aufzeichnet

und an das Leitsystem übermittelt. Die Kontrolle

des Algen-Wachstums dient der Ermittlung des

geeigneten Erntezeitpunktes, an dem die Algen die

optimalen Bedingungen für die nachfolgenden Produktionsschritte

aufweist.

Neben der Messtechnik lieferte Endress+Hauser die

gesamte elektrotechnische Montage sowie die Leittechnik

vom strategischen Allianzpartner Rockwell Automation.

Dabei wurde auf die dezentrale Ethernet-IP-

Topologie zurückgegriffen. Die Remote I/O Module

wurden so an die Control-Logix-Steuerung (SPS) gekoppelt,

um ein dezentrales Steuerungskonzept über die

einzelnen Stockwerke zu realisieren. Die Schnittstelle

zum Bediener wurde über die Visualisierungssoftware

FTView, ebenfalls von Rockwell Automation, realisiert.

So kann der Bediener die Anlage steuern, bei Bedarf in

den Prozess eingreifen sowie bestimmte Steuerungsund

Regelparameter verändern.

Rockwell Automation hat es den Programmierern einfach

gemacht und bietet die Möglichkeit, je nach Background

eine von drei verschiedenen Programmiersprachen

anzuwenden. Ladder, Structured Text und Funktionsplan

stehen zur Verfügung. Dies ermöglicht eine schnelle Projektrealisierung

an fast jedem Ort der Welt und ohne große

20

atp edition

4 / 2014


Bindung von Fachpersonal. Außerdem verbesserte Rockwell

das Programmierhandling durch seine Tag-basierte

Architektur und schuf eine Durchgängigkeit innerhalb der

Steuerung, die zur Zeitersparnis beiträgt.

TECHNOLOGIE AUCH FÜR GRÖSSERE FASSADEN

Neben den beschriebenen Vorzügen des überwachten

Algenwachstums zur Algengewinnung und Ernte wird

mit den Photobioreaktoren auch Solarthermie betrieben.

Denn die Warmwasserbereitung im „grünen“ Gebäude

wird mit Energie versorgt, die durch Sonneneinstrahlung

im Wasser der Bioreaktoren entstanden ist

und mit einem Wärmetauscher entzogen wurde.

„Es handelt sich um eine Demonstrationsanlage, die

erfolgreich die Machbarkeit aufzeigte“, so Dr. Martin

Kerner. Nun wird im Rahmen eines Monitoring-Programms

die Anlagen- und Prozesstechnik so optimiert,

dass gleichzeitig hohe Produktivität hinsichtlich

Biomasse und Wärme sowie eine hohe Benutzerakzeptanz

hergestellt werden. Im Hinblick auf eine

Anwendung an größeren Bauten wie etwa Möbelhäu-

sern, Lagerhallen und Industriebauten würde dann

eine marktreife Technologie zur Verfügung stehen, mit

der bislang brach liegende Fassadenflächen im urbanen

Bereich energieeffizient und ökologisch sinnvoll

genutzt werden.

AUTORIN

ALINA MORITZ ist Produktmanagerin

Analysenmesstechnik bei

Endress+Hauser in Weil am Rhein.

Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG,

Colmarer Straße 6, D-79576 Weil am Rhein,

Tel. +49 (0) 7621 975 53 98,

E-Mail: alina.moritz@de.endress.com

Durchflussmesstechnik

Hochpräzises Durchflussmessgerät

mit einem 3 in 1 Sensor.

Aufgrund der exakten Messkammer sind genaue Messungen über einen Messbereich von 1:150 möglich. Im Bereich von 1:10

beträgt die Messgenauigkeit sogar 0,1%. Der 3 in 1 Sensor kombiniert Durchflussmessung, Durchflussrichtungserkennung

und Temperaturmessung.

Durchflussbereich von 0,1 bis 525 l/min.

Max. Betriebstemperatur 125 °C.

Max. Druck 40 bar.

Push-pull (PNP+NPN) und Pt100 Signal.

KRAL AG, 6890 Lustenau, Austria, Tel.: +43 / 55 77 / 8 66 44 - 0, E-Mail: kral@kral.at

www.kral.at


PRAXIS

Burst-Technologie ermöglicht hohe Qualität ohne

Reibungsverlust bei der Laserbearbeitung

Wirtschaftlichere Fertigung von Komponenten für Werkzeuge, Automotive und Medizintechnik

AN EINEM HARTMETALLWERKSTÜCK mit einer

Bearbeitungsfläche von 1x1 mm² wurde das Verhältnis

von Laserfluenz zu Bearbeitbarkeit untersucht. Dabei

stellte sich bei 4,2 Mhz eine maximale Abtragsrate von

2 mm³/min ein. Die Laserleistung lag bei 36 W.

Strahlquelle: Time-Bandwidth.

DAS BURSTVERFAHREN ermöglicht durch viele Laserpulse eine

gute Bearbeitungsrate. So wurde hier innerhalb von einer Stunde

ein Volumen von 180 mm3 abgetragen (links: Mikroskopaufnahme

des Abtragsergebnisses, rechts: Negativvolumen).

BEI EINER ZU HOHEN

FLUENZ entstehen

Lunker und Schmelze auf

der Materialoberfläche.

IM BURSTMODUS wird die hohe Energiedichte in

Einzelpulse aufgelöst. Die mittlere Leistung bleibt

dabei zusammengenommen gleich.

BEI ZU GERINGER

LASERFLUENZ bilden

sich aufgrund des

instabilen Abtrags Spikes

auf dem Werkstoff.

Bilder: GFH GmbH

Laser mit ultrakurzen Pulsen sind bislang meist das

Mittel der Wahl, um in der Mikrobearbeitung an die

Grenzen des technisch Machbaren zu gehen. Allerdings

erfordert dieses Verfahren in der Regel sehr lange

Prozesszeiten, weshalb eine Umsetzung in Serienanwendungen

nur bei Produkten mit hoher Wertschöpfung

wirtschaftlich realisierbar ist. Inzwischen gibt es

dazu jedoch eine Alternative: Lasersysteme mit flexiblen

Pulszügen können große Volumen bei sehr guter

Qualität abtragen. Die Bearbeitungsleistung liegt teils

um den Faktor 10 höher als bei konventionellen Fertigungsverfahren.

Gleichzeitig werden Werkstoffbeeinträchtigungen

durch zu hohen Energieeintrag dank der

Aufspaltung in mehrere Burstpulse verhindert.

Die GFH GmbH hat in ihren Lasermikrobearbeitungsanlagen

diese neue Technologie mit UKP-Lasern und

softwaregestützem Prozess-Know-How zu einem Gesamtpaket

kombiniert, das die wirtschaftliche Serienfertigung

von Komponenten vom Werkzeugbau über die

Medizintechnik bis hin zu Automotivteilen ermöglicht.

22

atp edition

4 / 2014


EINSCHRÄNKUNGEN BEI TRADITIONELLER

LASERBEARBEITUNG

Um Werkstoffe mit Laserpulsen effizient zu bearbeiten,

sollte ein möglichst großer Teil der vorhandenen Laserenergie

in Abtragsleistung umgesetzt werden. Je nach

Werkstoff läuft die Bearbeitung dann am effizientesten,

wenn das Material mit Laserpulsen einer speziell darauf

abgestimmten Energiedichte bearbeitet wird. So

wird zum Beispiel bei Hartmetall die beste Abtragsrate

bei Energiedichten im Bereich von 1 J/cm² erreicht.

Industriell verfügbare Lasersysteme liefern heute

mittlere Leistungen bis zu 150 W bei Pulslängen von

einigen Pikosekunden. Die maximale Energie des Einzelpulses

liegt aktuell im Bereich von 500 µJ, womit

Energiedichten von bis zu 900 J/cm² erzeugt werden

können. Die Bearbeitung in einem solchen Regime ist

zwar vor allem für das Laserbohren und -schneiden gut

geeignet, übersteigt aber die Energiedichte, bei der der

Abtragsprozess sein Effizienzmaximum erreicht, um

den Faktor 1 000. Der damit verbundene Energieüberschuss

führt bei derartigen Anwendungen stattdessen

zu unerwünschten Effekten wie beispielsweise Schmelze,

Grat- oder Lunkerbildung.

LASER MIT HOHER REPETITION SOLLEN

MITTLERE LEISTUNG LIEFERN

Um abtragende Prozesse effizient umzusetzen, werden

daher Lasersysteme benötigt, die es aufgrund hoher Repetitionsraten

erlauben, mit der für den jeweiligen Werkstoff

idealen Energiedichte eine hohe mittlere Leistung

zu liefern. Theoretisch ließe sich auf diese Weise die

Abtragsrate skalieren, in der Praxis sind einer solchen

Skalierung jedoch sowohl system- als auch prozesstechnische

Grenzen gesetzt: So müsste bei einer Erhöhung

der Pulswiederholfrequenz entsprechend auch die Scannergeschwindigkeit

gesteigert werden, um den Pulsüberlapp

konstant zu halten und einen gleichmäßigen

Abtrag sicherzustellen. Heutige Scannersysteme für

universelle Materialbearbeitungen können allerdings

nicht mit einer Schnelligkeit im Bereich von mehreren

10 m/s gefahren werden. Darüber hinaus resultiert eine

Verdoppelung der Verfahrgeschwindigkeit des Scanners

nicht zwangsläufig in einer Halbierung der Prozesszeit.

Hierbei sind auch Totzeiten durch Beschleunigungsund

Bremsstrecken mit einzuberechnen, die eine mögliche

Skalierung signifikant einschränken.

Daneben spielen prozesstechnische Umstände eine

wichtige Rolle. Bei der Bearbeitung von Werkzeugstählen

mit kurzen Laserpulsen von einigen Pikosekunden

zum Beispiel zeigt sich die effizienteste Fluenz im Bereich

von 100 mJ/cm². Diese Energiedichte liegt jedoch

nahe an der Abtragsschwelle, weshalb es beim Schmelzen

und Verdampfen des Materials zu Instabilitäten

kommen kann, die sich etwa als unerwünschte Deformationen

manifestieren. Eine hohe Abtragsleistung bei

zugleich hoher Oberflächenqualität lässt sich daher

insbesondere bei Werkstoffen, deren Schwellenfluenz

nahe der effizientesten Fluenz liegt, mit den gängigen

Strategien kaum erreichen.

AUFTRENNUNG DER ENERGIEDICHTE

ALS ALTERNATIVE

Eine Möglichkeit diese system- und prozessbedingten

Einschränkungen bei der Lasermikrobearbeitung zu umgehen,

stellen flexible Pulszüge, auch Burst genannt, dar.

Damit ist die Aufspaltung eines einzelnen Laserpulses in

mehrere kurz aufeinander folgende Burstpulse gemeint.

Jeder Einzelpuls kann in bis zu acht aufeinander folgende

Teile getrennt werden, die ursprüngliche Energiedichte

verteilt sich dabei entweder entsprechend gleichmäßig

oder wird vom System in Stufen von 0 bis 255 für jeden

einzelnen Burstpuls spezifisch konfiguriert. Die Abfolge

der einzelnen Pulse liegt im Bereich von 12,5 ns.

Die dazu nötigen Regulierungsfunktionalitäten hat

die GFH GmbH jetzt standardmäßig in ihre Anlagensteuerung

GL Control integriert. Auf diese Weise können

alle neuen Lasermikrobearbeitungszentren, deren

Strahlquellen dafür geeignet sind, je nach Bedarf in den

Burst-Modus umgeschaltet werden. Um den Benutzer

dabei zu unterstützen, werden sämtliche relevanten

Prozessparameter in einem grafischen Bedieninterface

dargestellt, so dass die individuelle Einstellung erleichtert

wird. Zusätzlich sind diverse vordefinierte Standard-Parametersätze

für verschiedene Werkstoffe verfügbar,

die bereits auf gewisse Zielgrößen, etwa hinsichtlich

Abtragsrate oder Rauheit, abgestimmt sind

und direkt übernommen werden können.

Durch die damit mögliche Aufspaltung der Laserenergie

werden zum einen die prozesstechnischen Probleme

mit bestimmten Werkstoffgruppen in einen Bereich

verschoben, der eine zuverlässige und präzise

Bearbeitung mit hoher Abtragsleistung ermöglicht.

Zum anderen entsprechen die Pulspausen im Burst-

Modus jenen im Standardbetrieb ohne Burst, wodurch

handelsübliche Scanner eingesetzt werden können.

Generell sind mit dieser Bearbeitungsstrategie Abtragsraten

von bis zu 3 mm³/min bei einer Oberflächenrauhigkeit

von unter 0,5 µm Ra möglich. Selbst komplexere

Geometrien mit Rundungen und unterschiedlichen

Vertiefungen und einem Gesamtvolumen von

180 mm³ lassen sich so innerhalb einer Stunde bei

gleich bleibend hoher Qualität und ohne unerwünschte

Materialveränderungen erzeugen.

AUTOR

ANTON PAULI

ist Geschäftsführer der GFH GmbH.

GFH GmbH,

Großwalding 5, D-94469 Deggendorf,

Tel. +49 (0) 991 29 09 20,

Internet: www.gfh-gmbh.de

atp edition

4 / 2014

23


PRAXIS

Funktionales Engineering: Maschinen mit

aktualisierter Software übergreifend konfiguriert

Baukasten-Funktionalitäten werden in verschiedenen Technologien eingesetzt

IM EPLAN ENGINEERING CENTER

(EEC) werden die Funktionen einer

Maschine allgemeingültig abgelegt,

so dass sie für die individuellen

Ausprägungen einer kundenspezifischen

Maschine konfiguriert

werden können.

BLICK IN EINE

PFLASTERMASCHINE am

Beispiel eines Wicklers.

DA DIE MASCHINEN trotz der individuellen

Anforderungen wiederkehrende Funktionen zu

erfüllen haben, lag es nahe, nach Möglichkeiten

der Standardisierung zu suchen.

Wenn sich ein Hersteller für die Vermarktung eines

neuen Produktes entscheidet, benötigt er in möglichst

kurzer Zeit eine genau auf seine Anforderungen

angepasste Verpackungslösung. Die Hersteller reagieren

mit der Strategie, einen möglichst hohen Maschinenumfang

mit bereits entwickelten, variablen Funktionsmodulen

zu realisieren, um Kalkulationssicherheit,

kurze Lieferzeit und Qualität in den Griff zu

bekommen. Das tut auch Harro Höfliger auf Basis des

Eplan Engineering Center (EEC).

Das Portfolio des Herstellers von Produktions- und

Verpackungsanlagen ist in mehrere Technologiebereiche

gegliedert: Die Bahn- und Folienverarbeitung

befasst sich unter anderem mit Maschinen, die Wundpflaster

und -verbände herstellen und verpacken. Ein

weiterer Technologiebereich entwickelt und fertigt

Kartonieranlagen. Außerdem werden Montagemaschinen

für medizinische Geräte wie zum Beispiel Einmalspritzen

gefertigt. Ein weiterer Bereich ist die Pulvertechnologie.

Hier entwickelt die Firma Lösungen für

das Dosieren und Verpacken von pulverförmigen Medikamenten,

wie inhalierbares Insulin. Rund 80 % der

in Allmersbach gebauten Maschinen kommen in der

Pharma- und Medizintechnik zum Einsatz.

STANDARDISIERUNG ERLEICHTERT PROJEKTARBEIT

Eine übergreifende Entwicklungsabteilung, die unabhängig

von Einzelprojekten arbeitet, gibt es bei Harro

Höfliger nicht. Volker Scheub, Leiter Steuerungstechnik:

„Da immer individuelle Anforderungen zu berücksichtigen

sind, gibt es für uns keine Serienmaschinen.

Alle Entwickler arbeiten an Kundenprojekten.“ Dabei

spielt die Software eine immer größere Rolle: Mehr als

80 Mitarbeiter in allen Technologiebereichen sind für

die Programmierung der Maschinensteuerungen verantwortlich.

Da die Maschinen trotz der individuellen

Anforderungen wiederkehrende Funktionen zu erfüllen

haben, lag es nahe, nach Möglichkeiten der Standardisierung

zu suchen. Dabei standen zwei Aspekte

im Vordergrund. Volker Scheub: „Die Entwickler stehen

unter starkem Zeitdruck. Sie arbeiten ja nicht für

eine neue Baureihe, sondern hinter jedem Projekt steht

ein Kunde, der auf seine Maschine wartet. Neben der

Zeitersparnis als vorrangigem Ziel wollten wir aber

auch eine Qualitätsverbesserung erreichen.“

FUNKTIONEN ALLGEMEINGÜLTIG ABLEGEN

Da die Maschinen und deren Baugruppen sehr stark

mechatronisch geprägt sind, war Harro Höfliger auf der

Suche nach einer Lösung, die die Konfiguration aller

mechatronischen Disziplinen unterstützt. Es sollte vermieden

werden, unkalkulierbare Ressourcen in die Eigenentwicklung

einer Konfigurationslösung zu investieren.

Die logische Konsequenz daraus war, nach einer

Lösung am Markt zu suchen. Die Wahl fiel auf das Eplan

Engineering Center (EEC). Im EEC werden die Funktionen

einer Maschine allgemeingültig abgelegt, so dass

sie für die individuellen Ausprägungen einer kunden-

24

atp edition

4 / 2014


schorrek: „Wir sparen zum Beispiel bei einer Pflastermaschine

150 bis 250 Konstruktionsstunden.“ Zugleich

verbessert sich die Qualität, weil die Konstrukteure stets

auf geprüfte Programmierbausteine zurückgreifen können,

die quasi auf Knopfdruck zur Verfügung stehen.

Auch bei der Inbetriebnahme spart man Zeit. „Bei der

elektrischen Grundinbetriebnahme konnten wir den

Zeitaufwand im Schnitt von zwei Wochen auf wenige

Tage reduzieren“, so Uwe Koschorrek.

DIE MASCHINEN UND DEREN BAUGRUPPEN

sind sehr stark mechatronisch geprägt – hier die

Schneid station einer Pflastermaschine.

Bilder: Harro Höfliger

spezifischen Maschine konfiguriert werden können

(Funktionales Engineering). Für die Erstellung der konkreten

auftragsspezifischen Unterlagen enthält jede

Funktion die entsprechenden Ausprägungen für den

Schaltplan, die SPS-Software oder die Dokumentation.

KEIMZELLE SOFTWAREENTWICKLUNG

Das Unternehmen hat die Einführung des EEC mit der

Konfiguration der Steuerungssoftware begonnen, da hier

die höchsten Optimierungspotenziale gesehen wurden.

Das Projektteam hat den Baukasten von vornherein so

aufgebaut, dass die Grundfunktionalitäten technologieübergreifend,

das heißt für unterschiedliche Maschinentypen

einsetzbar sind. Das funktioniert sehr gut, obwohl

es große Unterschiede zum Beispiel zwischen getakteten

Maschinen und solchen mit kontinuierlichem Betrieb

gibt. Volker Scheub: „Damit erreichen wir, dass jeder

auftretende Fehler behoben wird und dann nie wieder

auftritt.“ Individuelle Steuerungen werden damit heute

nahezu vollständig aus dem Baukasten generiert. Uwe

Koschorrek, Gruppenleiter Steuerungstechnik für Bahnverarbeitungsmaschinen:

„Wir generieren die Steuerungen

unserer Maschinen inzwischen bis zu 99 % mit

dem EEC.“ Nur Sonderwünsche, die bislang noch nie

realisiert wurden, wie die Integration eines zusätzlichen

Sensors, werden auf konventionelle Weise realisiert –

aber auch nur beim ersten Mal: „Solche Zusatzfunktionen

werden direkt als neues Funktionsmodul im EEC

angelegt.“ Auch die Zeitvorteile sind enorm. Uwe Ko-

GENERIERUNG DER DOKUMENTATION

Auf Basis der ersten Erfahrungen erfolgte die aufwendige

Erstellung der im Bereich der Medizintechnik

durch Gamp geforderten, maschinenspezifischen Dokumente

für die Qualifizierung, Designspezifikation

sowie Softwaredokumentation. Die auf Basis von Word

erstellten Dokumente wurden analog zur Vorgehensweise

in der Softwareentwicklung modularisiert und

in den Baukasten überführt. Sie werden heute automatisch

und damit immer konsistent zur Steuerungssoftware

aus dem EEC generiert. Dieser sehr strukturierte

und reproduzierbare Prozess ist ein nicht zu unterschätzender

Wettbewerbsvorteil in der heutigen Kundenkommunikation

von Harro Höfliger. Angesichts

dieser in den ersten beiden Stufen erreichten Effekte

überrascht es nicht, dass die Firma die Möglichkeiten

des EEC noch umfassender nutzen wollte. Dies galt sowohl

für die Breite des Einsatzes im Unternehmen, das

heißt die Nutzung des Baukastens für weitere Technologiebereiche,

als auch für weitere Disziplinen. So hat

das Unternehmen im dritten Schritt die Elektrokonstruktion

mit Eplan Electric P8 in das EEC eingebunden.

Unterstützung erhielt der Hersteller von Verpackungsmaschinen

von Eplan im Bereich der Modularisierung

der Schaltpläne und bei der Konfiguration.

Daher generiert die Firma heute bei ihren Kartoniermaschinen

und Pflastermaschinen die Elektroschaltpläne,

den Steuerungscode und die Dokumentation zu

einem hohen Prozentsatz automatisch.

AUTOR

DIPL.-ING. VOLKER SCHEUB ist Director

Controls Engineering bei der Harro

Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH.

Harro Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH,

Helmholtzstraße 4 ,

D-71573 Allmersbach im Tal,

Tel. +49 (0) 7191 50 10,

E-Mail: info@hoefliger.de

atp edition

4 / 2014

25


NACHRUF

PROF. DR.-ING.

UWE MAIER

26

atp edition

4 / 2014


Fachwelt der Automation trauert

um Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier

Der 66-jährige Mit-Herausgeber des Handbuchs der Prozessautomation und Prof. für Automatisierungstechnik

verstarb überraschend in der Nacht vom 9. auf den 10. März 2014 zuhause.

Ein Nachruf seines Kollegen Prof. Steven X. Ding von der Universität Duisburg-Essen

Am 10. März 2014 verstarb Prof. Dr.-Ing. Uwe Maier,

ein langjähriger Mitarbeiter des Fachgebiets Automatisierungstechnik

und komplexe Systeme (AKS)

und Professor der Abteilung Elektrotechnik und Informationstechnik

(EIT) der Universität Duisburg-

Essen, plötzlich und völlig unerwartet.

Mit Herrn Prof. Maier verlieren unser Fachgebiet

und die Regelungstechnikgemeinde einen liebevollen

Kollegen, Freund und einen wunderbaren Menschen.

Geboren am 09. September 1947 in Stuttgart, studierte

Prof. Maier von 1966 bis 1971 Elektrotechnik

an der Technischen Universität Hannover. Anschließend

arbeitete er bis 1977 als wissenschaftlicher Mitarbeiter

und Assistent an der Technischen Universität

Hannover, wo er im Jahr 1974 zum Dr.-Ing. promovierte.

Von 1977 bis 1986 war er in der Industrie tätig,

zunächst auf dem Gebiet der Software-Entwicklung

für Echtzeitanwendungen bei der damaligen Krupp

Atlas-Elektronik GmbH in Bremen und später im Bereich

Planung der Automatisierung verfahrenstechnischer

Produktionsanlagen bei der früheren Hoechst

AG in Frankfurt. Von 1986 bis 1992 war er Professor

für Automatisierungstechnik an der Fachhochschule

Wiesbaden. 1992 folgte er dem Ruf als Professor der

Automatisierungstechnik an die Universität GH Duisburg

und war bis zu seiner Pensionierung im Februar

2013 als Hochschullehrer und in verschiedenen

Funktionen in der akademischen Selbstverwaltung

in der Abteilung EIT tätig. Im September 2013 erhielt

er eine UDE-Seniorprofessur für seine wertvolle Tätigkeit

zum Aufbau und zur Akkreditierung des neuen

EIT-Master-Fernstudiums.

Geprägt durch seine langjährige Industrietätigkeit

im Bereich Prozessautomatisierung beschäftigte sich

Prof. Maier vorrangig mit der Entwicklung der Engineering-Methoden

der Automatisierungstechnik, fehlertoleranten

Systemen und praktischen Anwen-

dungen von Modellbildung und Regelung. Sein Beitrag

auf diesem Gebiet genießt in der Fachwelt hohe

Anerkennung und Reputation. Prof. Maier war der

Mit-Herausgeber eines Standardwerkes auf dem Gebiet

der Prozessautomatisierung, dem Handbuch der

Prozessautomatisierung, das von dem Kollegen Früh

1997 erstmals herausgegeben und mehrfach durch

Prof. Maier und seinen Kollegen Dieter Schaudel als

neue Auflage aktualisiert wurde.

Prof. Maier unterstützte die Abteilung EIT über

viele Jahre in der akademischen Selbstverwaltung

uneigennützig und tatkräftig. Er war Vorsitzender

des Prüfungsausschusses EIT und Initiator des internationalen

Masterstudiengangs Automation and

Control Engineering. Von seiner über viele Jahre gewachsenen,

transparenten und fairen Methodik zur

Beurteilung der Studienvoraussetzungen profitiert

der Lehrbetrieb der Abteilung EIT. Die Akkreditierung

des neuen EIT-Master-Fernstudiums koordinierte

er maßgeblich und erstellte federführend die

umfangreichen Akkreditierungsunterlagen. Er entwarf

die Prüfungsordnung, setzte diese gemeinsam

mit dem Justitiariat erfolgreich um und schaffte

kürzlich noch die grundlegenden Strukturen für den

Prüfungsausschuss.

Prof. Maier war ein wunderbarer Mensch. Er war

bei seinen Studenten, Mitarbeitern und Kollegen gleichermaßen

beliebt und geschätzt. Unser Fachgebiet

wird Herrn Prof. Maier vermissen und stets in bester

Erinnerung behalten.

PROF. STEVEN X. DING,

Fachgebietsleiter,

Fachgebiet Automatisierungstechnik

und komplexe Systeme (AKS),

Universität Duisburg-Essen

atp edition

4 / 2014

27


HAUPTBEITRAG

Anlagentopologien

automatisch erstellen

Modelle aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle erzeugen

Eine fundamentale Fragestellung der akademischen und industriellen Forschung

des letzten Jahrzehnts war die Automatisierung der Automatisierung. Dabei wurden

Konzepte mit dem Ziel einer teilautomatisierten Projektierung von Automatisierungslösungen

entwickelt. Die Anwendbarkeit der Algorithmen ist abhängig vom

Vorhandensein einer Beschreibung der Anlagentopologie in einem maschinenlesbaren

Format. Da diese bei Altanlagen für Engineering-Aufgaben im Betrieb und bei

der Modernisierung oft nicht zur Verfügung steht, müssen Alternativen gefunden

werden, um die benötigte Information zu gewinnen. Im Beitrag wird eine Methode

vorgestellt, die die benötigte Information aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle

erzeugt. Diese wird in einem Topologiemodell abgelegt, sodass sich die Algorithmen

der Automatisierung der Automatisierung darauf anwenden lassen.

SCHLAGWÖRTER Anlagentopologie / Automatisierung der Automatisierung /

Topologiemodell

Topology Generator –

Creation of Models from Human Machine Interfaces

A fundamental question of last decade’s research in academia and industry is the

Automation of Automation. Aiming at (semi-)automatic engineering of automation

systems, a lot of concepts have been developed. Regarding applicability, those algorithms

highly depend on the availability of plant descriptions in a computer-interpretable

form. Because today those are often not present during automation engineering,

especially for engineering tasks during operation and modernization of brownfield

plants, alternatives have to be found for gathering the required information.

This contribution presents a method to extract the required information from the

human machine interface. In order to increase applicability of Automation of Automation,

the gathered information is stored in a topology model, making Automation

of Automation wider applicable for industry.

KEYWORDS plant topology / automation of automation / topology model

28

atp edition

4 / 2014


MARIO HOERNICKE, ABB

LARS CHRISTIANSEN, Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg

ALEXANDER FAY, Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg

Durch die Vielzahl integrierter Subsysteme im

Prozessleitsystem (PLS) steigt dessen Komplexität.

Ingenieure stehen vor der Herausforderung,

trotz der Komplexität und dem

zunehmenden Zeitdruck [1] das Engineering

in entsprechender Qualität durchzuführen. Faktoren

wie Fachkräftemangel [2] wirken sich auf das ohnehin

schon zeit- und kostenintensive Engineering zusätzlich

negativ aus.

Den Trend erkennend wurde das Thema der Automatisierung

der Automatisierung (AoA) ins Leben gerufen

[3]. Bereits über eine Dekade beschäftigt sich die Forschung

mit dem automatischen Erzeugen von Engineering-Artefakten,

um der genannten Entwicklung entgegenzuwirken.

Konzepte, um Visualisierungen [4-6] oder

Simulationsmodelle automatisch zu generieren [7], [8]

verfolgen das Ziel, die Kosten und den zeitlichen Aufwand

für das Engineering von PLS zu senken und die

Qualität der Ergebnisse sicherzustellen.

Trotz vielversprechender Forschungsergebnisse findet

AoA jedoch wenig Akzeptanz im industriellen Umfeld.

Grund hierfür ist das Fehlen der benötigten Information,

denn die Anwendbarkeit von AoA hängt stark

von der Verfügbarkeit und Qualität der Information in

einem computerinterpretierbaren Format [9] ab. AoA

geht davon aus, dass das Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema

(R&I, EN ISO 10628) in einem computerinterpretierbaren

Format, zum Beispiel CAEX [10]

für das Engineering der Automatisierungstechnik zur

Verfügung steht. Dies ist in der Praxis meistens nicht

der Fall. Obwohl es technisch möglich ist, R&I-Fließschema

digital auszutauschen, werden diese nach wie

vor meistens in gedruckter Form oder als .pdf versandt,

wodurch eine automatische Interpretation nicht möglich

ist. Dies liegt daran, dass objektorientierte CAE-

Werkzeuge bisher noch selten eingesetzt werden, und

von Seiten der Verfahrenstechnik ein Know-how-Verlust

gegenüber dem Automatisierer befürchtet wird. Für

Altanlagen steht das R&I-Fließschema üblicherweise

nicht in digitaler Form und oft gar nicht zur Verfügung.

In einem solchen Fall ist die Information über die Topologie

umso wichtiger. Deshalb müssen andere Informationsquellen

gefunden werden, die ähnliche Information

wie das R&I-Fließschema enthalten.

Um die benötigte Information für AoA bereitzustellen

[11], wird in diesem Beitrag ein Konzept zur Gewinnung

der Information aus der Mensch-Maschine-Schnittstelle

(human machine interface, HMI) vorgeschlagen. Ausgehend

von vorhandenen Grafiken zur Visualisierung

eines Prozesses und der zugehörigen Anlage wird ein

Topologiemodell erzeugt, das die benötigte Information

enthält. Als Grundlage werden die in [11] vorgestellten

Anwendungsfälle und die dafür formulierten Anforderungen

verwendet. Zusätzlich werden die benötigten

Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen der Objekte ergänzt,

um die Topologie der Anlage realitätsnah und möglichst

vollständig zu beschreiben.

1. HMI ALS BASIS FÜR DAS TOPOLOGIEMODELL

Die meisten Anwendungsfälle der AoA gehen davon aus,

dass die Topologie der Anlage in einem entsprechenden

Format computerlesbar vorliegt. Die am häufigsten verwendete

Quelle ist das R&I-Fließschema. Dieses enthält

die wesentliche Information über die Struktur, Art und

Bezeichnung der Apparate und/oder Maschinen, Armaturen,

Rohrleitungen, Antriebe, sowie Aufgaben der

Einrichtungen zum Messen, Steuern oder Regeln. Deshalb

lassen sich hieraus regelbasiert Engineering-Artefakte

– mittels entsprechender Konzepte – erzeugen.

Hinzu kommt, dass das R&I-Fließschema, als Resultat

der verfahrenstechnischen Planung, am Anfang des

Engineering der Automatisierungstechnik üblicherweise

in einer ersten Version vorhanden ist, da auch ohne

AoA das Engineering der Automatisierungstechnik

darauf basiert. Deshalb liegt es nahe, das R&I-Fließschema

als Quelle für AoA zu verwenden.

Das HMI, als Resultat einer Engineering-Phase der

Automatisierungstechnik, soll nun mangels Vorhandensein

des R&I-Fließschemas in einem computerlesbaren

Format die darin vorhandene Topologie nachbilden.

Zunächst soll geprüft werden, für welche Anwendungsfälle

das HMI genutzt werden kann, da es nicht

atp edition

4 / 2014

29


HAUPTBEITRAG

zu Beginn des Engineering der Automatisierungstechnik

zur Verfügung steht.

Bild 1 zeigt einen vereinfachten Ablauf des Engineering

für die Automatisierungstechnik. Das R&I-Fließschema

ist bereits am Anfang vorhanden, weshalb dieses

sich für alle AoA-Anwendungsfälle verwenden

lässt. Das HMI steht erst relativ spät im Engineering-

Prozess zur Verfügung, weshalb es nur für einen Teil

der AoA-Anwendungsfälle verwendet werden kann.

Dennoch kann die aus dem HMI, beziehungsweise den

Bedienbildern des Prozesses, gewonnene Information

für einige Anwendungsfälle verwendet werden. Deshalb

macht es Sinn, diese als Informationsbasis für die

Topologie zu nutzen.

Die Bedienbilder zur Visualisierung des Prozesses stellen

zwar ein Bild des zu bedienenden Prozesses dar, werden

jedoch nicht als einfaches Bild entwickelt. Dem Ingenieur

werden im Entwicklungswerkzeug Bibliotheken

mit vorgefertigten Symbolen, zum Beispiel ein Behälter,

zur Verfügung gestellt. Diese werden verwendet, um das

Bedienbild zu entwickeln und später in einem, üblicherweise

proprietären, Datenformat abzuspeichern.

1.1 Objekte innerhalb einer Topologie

Neben dem generellen Vorhandensein des HMI müssen

Anforderungen an das Topologiemodell genau betrachtet

werden. Zusätzlich zu den in [11] formulierten Anforderungen,

sind die enthaltenen Objektarten von

großer Bedeutung. Innerhalb eines Topologiemodells

können verschiedene Objektarten verwendet werden:

a | Behälter:

Behälter stellen Objekte zur Speicherung eines

Mediums dar. In verfahrenstechnischen Anlagen

können zusätzlich beispielsweise Reaktionen

stattfinden oder Behälter zum Druckausgleich

verwendet werden.

b | Aktoren:

Aktoren sind Objekte zur Einflussnahme auf bestimmte

Eigenschaften eines Mediums. Zum Beispiel

kann mit Hilfe eines Ventils die Strömungsgeschwindigkeit

eines Mediums verändert oder

mit Hilfe einer Heizung die Temperatur erhöht

werden.

c | Steuerungen/Regler:

Steuerungen/Regler stellen den Zusammenhang

zwischen Sensorik und Aktorik dar. Sie werden

verwendet, um auf Basis eines Messwerts einen

Stellwert für einen Aktor zu errechnen oder, basierend

auf bestimmten Bedingungen, steuernd in

den Prozess einzugreifen. Eine Steuerung ist zum

Beispiel notwendig, um Aktoren zu verriegeln,

wodurch beispielsweise das Trockenlaufen von

Pumpen vermieden werden kann.

d | Sensoren:

Sensoren werden eingesetzt, um Eigenschaften

eines Mediums oder des Prozesses zu bestimmen.

Zum Beispiel lässt sich damit die Temperatur

eines Mediums messen.

e | Flussobjekte:

In der Topologie einer Anlage werden Flussobjekte

zum Transport des Mediums verwendet.

Flussobjekte können beispielsweise Rohrleitungen

oder Verzweigungen sein. Diese Objekte

haben keinen direkten Einfluss auf die Eigenschaften

des Mediums, sondern verbinden verschiedene

Aktoren oder Behälter miteinander.

f | Terminierungen:

Jede Topologie hat einen oder mehrere Anfangsund

Endpunkte. Diese werden durch Materialquellen

oder -senken beschrieben. Quellen und

Senken stellen in der Topologie die Terminierungen

des Modells, und damit die Grenzen, dar.

1.2 Verbindungstypen innerhalb einer Topologie

Die topologischen Zusammenhänge – Vorgänger- und

Nachfolgerbeziehungen – zwischen, zum Beispiel, den

Aktoren, Sensoren oder Behältern, sind essenziell. Die

Vorgänger- und Nachfolgerbeziehungen innerhalb einer

Anlagentopologie lassen sich durch drei Verbindungstypen

beschreiben:

a | Materialfluss:

Als Materialfluss werden Stoffströme bezeichnet,

welche eine Verbindung zweier Elemente mittels

eines Stoffes oder Materials herstellen. Eine Verbindung

mittels Materialfluss ist zum Beispiel das

Material, das durch ein Rohr zwischen einem

Ventil und einer Pumpe fließt. Hierdurch wird die

Vorgänger- und Nachfolgerbeziehung zwischen

den Elementen hergestellt, das heißt, wenn das

Ventil schließt, wirkt sich dies auf die Pumpe aus.

In Bild 2 wird der Materialfluss in blau dargestellt.

b | Energieübertragung:

Die Energieübertragung oder der Energiefluss beschreibt

den Prozess der Weitergabe physikalischer

Energie zwischen Elementen. Ein Durchlauferhitzer

überträgt Wärmeenergie an eine Flüssigkeit,

wodurch diese veränderte Eigenschaften,

eine höhere Temperatur, nach dem Ausströmen

aus dem Durchlauferhitzer aufweist. Der Durchlauferhitzer

beeinflusst damit die Eigenschaften

des Materials. Ein weiteres Beispiel ist ein Wärmetauscher,

in dem eine Flüssigkeit Wärme abgibt,

wodurch eine zweite Flüssigkeit erhitzt oder

gekühlt wird. Ein Wärmetauscher ist in Bild 2 in

rot dargestellt.

c | Informationsfluss:

Als Informationsfluss oder Signalfluss werden die

Verbindungen zweier oder mehrerer Elemente mittels

eines logischen Signals beschrieben. Ein Regelkreis

wird zum Beispiel durch einen Informations-

30

atp edition

4 / 2014


Generierung der

Steuerungs- und

Verriegelungslogik [14]

Generierung von Hazop

Studien / C&E Matrizen [13]

Engineering der

Automatisierungstechniktopologie

und der

Instrumentierung

Rohr- und

Instrumentenfließbild

AoA Anwendungsfälle

Engineering der

Steuerungslogik

Generierung der Mensch-

Maschine SchniWstelle [4]

HMI Engineering

Mensch-Maschine

Schnittstelle

Generierung von FAT

Prozesssimulationsmodellen

[12]

Generierung von Assetmanagement

Funktionen

[15]

Integrationstest

und

Werksabnahme

Anwendungsfälle für den Anlagenbetrieb

Alarmgruppierung

[16]

Inbetriebnahme

Top-down

Fehleranalyse [17]

Betrieb

Modernisierung/

Erweiterung/

Optimierung/

KPI Impact

Vorhersagen [18]

Evaluation verschiedener

Szenarien

Tests gegen das Modell

Brown Field Engineering

[4], [12-15]

BILD 1: Auszug aus

Automatisierung

der Automatisierung

(AoA) und Mensch-

Maschine-Schnittstelle

(HMI)

im Engineering

Workflow

Topologiequellen

BILD 2: Verbindungen innerhalb

einer Anlagentopologie

BILD 3: Vergleich R&I-Fließschema mit HMI

fluss zwischen Sensor, Regelung und Aktor definiert.

Die Signale sind dabei im Leitsystem abgelegt

und stellen logische Verbindungen dar. Beispielsweise

beeinflusst ein Sensor einen Regler und dieser

beeinflusst einen Aktor, dargestellt in grün in

Bild 2. Wird der Informationsfluss in der Topologie

abgebildet, so werden nicht nur die Prozesswerte,

sondern auch andere Signale, beispielsweise für

eine Verriegelungslogik, in Betracht gezogen.

Die beschriebenen Kopplungen finden sich teilweise

im R&I-Fließschema. Die Material- und Energieflüsse

sind oft vollständig, wenn auch nur implizit, beschrieben,

während die Informationsflüsse oft nur für die

essenziellen Regelungen behandelt werden. Da diese

Kopplungen einen wesentlichen Bestandteil der Topologie

ausmachen, werden nachfolgend die Unterschiede

deren Darstellung, sowie die vorhandenen Elemente in

R&I-Fließschema und HMI untersucht. Dies geschieht

unter der Annahme, dass AoA auf Basis der im R&I-

Fließschema enthaltenen Information entwickelt wurde

und die Information ausreichend ist. Für eine detaillierte

Aufstellung der weiteren Anforderungen wird

auf [11] verwiesen.

1.3 Vergleich R&I-Fließschema und HMI

Sowohl das R&I-Fließschema, als auch das HMI werden

entworfen, um einen Einblick in die reale Anlage zu

geben – jedoch für unterschiedliche Verwendungszwecke.

atp edition

4 / 2014

31


HAUPTBEITRAG

Das R&I-Fließschema beschreibt den Aufbau der

Rohrleitungen und die benötigte Instrumentierung, um

den Verfahrens- und Automatisierungstechnikern eine

Vorlage für das Engineering der Anlage zu geben.

Das HMI wird nicht für Engineering-Zwecke verwendet,

sondern soll dem Anlagenfahrer einen Blick auf den

realen Prozess und die Anlage bieten. Deshalb unterscheidet

sich der Informationsgehalt zwischen beiden

Formaten geringfügig. Bild 3 illustriert Gemeinsamkeiten

und Unterschiede zwischen R&I-Fließschema und HMI.

Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Darstellung

der ungesteuerten Anlagenelemente und der Anlagenelemente,

die keine Entsprechung im PLS haben

(zum Beispiel ein Handventil oder Schaugläser ohne

Indikation im PLS). Diese werden im HMI nicht abgebildet.

Regelungen, die im R&I-Fließschema nur unvollständig

dargestellt werden, werden im HMI ebenso auf

das Wesentliche reduziert und stellen damit keine getreue

Abbildung des Informationsflusses dar. Um den

Informationsfluss in der Topologie vollständig zu beschreiben,

wird deshalb eine weitere Quelle benötigt.

Die Aktorik sowie der Materialfluss werden in beiden

Formaten sehr ähnlich dargestellt. Auch Behälter und

Wirkrichtungen innerhalb des Materialflusses werden

sehr ähnlich abgebildet und sind in beiden Formaten

meistens vorhanden.

Hinzu kommt die Energieübertragung. Diese wird im

HMI ebenfalls durch a) Aktoren (zum Beispiel Heizung)

oder b) spezielle Konstrukte dargestellt, wie ein Wärmetauscher

(beziehungsweise ein Tank, der durch warmes Fluid

im Mantel erhitzt wird). Das bedeutet, dass der Informationsgehalt

im HMI dem Informationsgehalt im R&I-Fließschema

ähnelt und das HMI anstelle des R&I-Fließschemas

als Basis für ein Topologiemodell benutzt werden kann.

2. ERZEUGEN VON TOPOLOGIEMODELLEN AUS DEM HMI

Damit Topologiemodelle aus dem HMI erzeugt werden

können, müssen einige Annahmen getroffen werden.

Üblicherweise wird die Visualisierung eines Prozesses

durch ein Bild beschrieben. Es gibt intelligente Objekte

innerhalb der Bilder, die eine Verbindung zu den im

Leitsystem vorhandenen Objekten beschreiben, Bild 4.

Normalerweise werden Symbole zur Anzeige von Sensoren,

Aktoren und Reglern so entwickelt, dass diese

bei einer bestimmten Werteänderung ihr Aussehen

verändern oder den aktuellen Prozesswert anzeigen.

Beispielsweise verändert ein Ventilsymbol seine Farbe,

wenn das zugehörige Ventil offen ist und eine Flüssigkeit

hindurchströmen kann.

Damit die Veränderung des Aussehens gelingt, wird

eine Referenz zum Objekt im Leitsystem benötigt. Zur

Erstellung des Topologiemodells kann diese Referenz

benutzt werden, um das Objekt – und dessen Typinformation

– im Leitsystem zu finden. Der Algorithmus zur

Generierung des Topologiemodells macht sich diese

Information zu Nutze, um aktive Elemente (Elemente,

die den Material- oder Energiestrom direkt oder indirekt

beeinflussen) ausfindig zu machen und deren Eigenschaften

aus dem Leitsystem zu extrahieren (zum

Beispiel Reglerparameter, die Leistungen eines Motors

oder einer Pumpe).

Die Annahme, dass durch aktive Elemente eine

Referenz oder Verbindung zum Rest des Leitsystems

hergestellt werden kann, impliziert bereits, dass die

aktiven Elemente Information über deren Typ beinhalten.

Das bedeutet, bei der Betrachtung wird davon

ausgegangen, dass das Engineering-Werkzeug des

Leitsystems eine objektorientierte Entwicklung er-

BILD 4: Referenzen innerhalb des HMI zu Leitsystemobjekten

BILD 5: Identifikation aktiver Objekte anhand

des Leitsystemobjekttyps

32

atp edition

4 / 2014


laubt und jedes Objekt eine Instanz eines bestimmten

Typs ist. Zusätzlich wird angenommen, dass die

vorgefertigten Symbole für die benötigten Bilder

verwendet werden. Beispielsweise wird ein Behältersymbol

eingesetzt, um einen Behälter darzustellen,

und nicht etwa ein dickes Rohrleitungssymbol.

Auf Basis dieser Annahmen lässt sich nun ein Konzept

zur Generierung der Topologie aus dem HMI

entwickeln.

2.1 Konzept

Um die Information über die Anlagentopologie aus dem

HMI zu gewinnen, wird ein mehrstufiger Algorithmus

benötigt, welcher aus zwei Phasen besteht, die sich wiederum

in Schritte gliedern.

Phase 1: Objekt- und Typidentifikation

In der ersten Phase werden die Objekte innerhalb einer

Grafik identifiziert. Hierbei werden aktive und passive

Objekte unterschieden.

Schritt 1: Identifikation aktiver Objekte und deren Typ

Zunächst werden die aktiven Objekte identifiziert. Dies

geschieht anhand der Referenzen aus deren Symbol.

Die Referenzen zeigen normalerweise auf die Objektinstanz

im Leitsystem, die das reale Objekt steuert.

Wurde diese gefunden, kann anhand verschiedener

Eigenschaften des Leitsystemobjekts auf den spezifischen

Typ des Objekts innerhalb der Topologie (Topologietyp)

rückgeschlossen werden. Die Identifikation

des korrekten Topologietyps geschieht auf verschiedene

Weise:

1. Identifikation anhand des Leitsystemobjekttyps

Werden Leitsystemobjekttypen für spezielle Anlagenapparate

verwendet, zum Beispiel für ein Ventil, so

kann der Leitsystemtyp direkt in den Topologietyp

überführt werden, siehe Bild 5. Ist dies nicht der Fall,

beispielsweise, wenn im Leitsystem der generische Typ

Motor verwendet wird, lässt sich auf dieser Basis immerhin

feststellen, dass es sich bei diesem Objekt um

einen Aktor handelt. Darauf folgend kann die nächste

Methode zur Identifikation herangezogen werden, um

den Topologietyp näher zu spezifizieren.

2. Identifikation anhand des verwendeten grafischen

Symbols

Werden generische Typen im Leitsystem verwendet, so

können Rückschlüsse bezüglich des Topologietyps anhand

des verwendeten Symbols gezogen werden. Wenn

ein Leitsystemtyp verwendet werden kann, um verschiedene

Arten von zum Beispiel Aktoren zu steuern, so werden

verschiedene Symbole zur Visualisierung der Aktoren

angeboten. Die Symbole können oft verwendet werden,

um den Topologietyp zu bestimmen, siehe Bild 6.

3. Identifikation anhand der verwendeten Einheit

Bei Sensoren tauchen zur Darstellung im HMI oft Wertanzeigen

auf. Deshalb kann meistens nicht auf deren

spezifischen Typ in der Topologie anhand des Symbols

rückgeschlossen werden. So wird eine Wertanzeige

meistens in den generischen Typ Sensor gewandelt. Um

den Typ genauer zu bestimmen, können die angezeigten

Einheiten zur Hilfe genommen werden. Beispielsweise

erlaubt die Einheit °C den Schluss, dass an dieser Stelle

eine Temperatur gemessen wird und es sich um einen

Temperatursensor handelt.

4. Identifikation anhand von Namenskonventionen

Da es sich bei der Anzeige der Einheiten oft um Laufzeitwerte

handelt, die erst sehr spät zur Verfügung stehen,

gibt es als letzte Möglichkeit noch die Identifikation

auf Basis von Namenskonventionen. Oft werden

Leitsystemobjekte mit Prä- oder Suffix versehen, um

mit Hilfe des Namens deren Funktion zu erkennen.

Werden Präfixes verwendet, so kann zum Beispiel ein

Sensor beginnend mit dem Buchstaben P als Drucksensor

identifiziert werden.

BILD 6: Identifikation aktiver Objekte

anhand des verwendeten Symbols

Schritt 2: Bestimmen der objektspezifischen Eigenschaften

Der Topologietyp des Objekts bestimmt, welche Eigenschaften

das Objekt besitzt. Im Wesentlichen müssen

die Anforderungen nach [11] erfüllt werden. Die Eigenschaften

können nach der Identifikation des Topologietyps

zu großen Teilen aus der Leitsystemkonfiguration

automatisch entnommen werden. Die Objektinstanz

innerhalb der Topologie lässt sich kreieren und die Eigenschaften

der Instanz können gefüllt werden.

Schritt 3: Identifikation passiver Objekte

Im letzten Schritt der ersten Phase werden die passiven

Objekte identifiziert. Anhand der verwendeten Symbole

atp edition

4 / 2014

33


HAUPTBEITRAG

können diese Objekte identifiziert werden. Im Beispiel

in Bild 7 wird ein Behälter dargestellt. Werden für AoA-

Anwendungsfälle physikalische Eigenschaften benötigt,

wie beispielsweise der Durchmesser oder die Höhe

eines Behälters, so müssen diese in der Topologie aus

einer anderen Quelle hinzugefügt oder von Hand ergänzt

werden. Das HMI bietet dazu keine Information.

Nach der Identifikation der passiven und aktiven Objekte

werden diese in einer flachen Struktur abgelegt.

Die Anlagentopologie definiert sich nicht über eine

Hierarchie, sondern über Verbindungen zwischen Objekten

und deren Einfluss aufeinander.

Phase 2: Erstellen der Verbindungen zwischen Objekten

Das Modell wird in Phase 2 durch die Verbindungen

ergänzt. Energiekopplungen, die implizit im Materialfluss

(zum Beispiel Wärmetauscher) enthalten sind,

werden nicht gesondert als solche gekennzeichnet. Aktoren,

die die Energie des Medium beeinflussen (wie

Heizung oder Durchlauferhitzer) werden als Aktoren in

gleicher Art und Weise integriert, wie nachfolgend für

den Materialfluss beschrieben, jedoch als Energiekopplung

gekennzeichnet. Deshalb fokussiert der nachfolgende

Algorithmus auf den Materialfluss und die Teile

des Informationsflusses, die im HMI enthalten sind.

Schritt 1: Erstellen des Materialflussgraphen

Zunächst wird der Materialfluss innerhalb des HMI

identifiziert. Zur Beschreibung des Materialflusses werden

Rohrleitungssymbole oder Polygonzüge verwendet.

Beide können identisch behandelt werden, weshalb im

Folgenden nur der Begriff Polygonzüge auftaucht. Rohrleitungen

werden in einem speziellen Format dargestellt,

um sie von anderen Polygonzügen zu unterscheiden,

wie sie für Signalflüsse verwandt werden. Anhand

der Formatierung lassen sich also die Rohrleitungen

identifizieren (Bild 8).

Wenn die Polygonzüge identifiziert wurden, werden

diese an ihren Eckpunkten unterteilt, wodurch sich für

jedes Rohrleitungssegment eine Strecke ergibt. Dies ist

notwendig, da Polygonzüge üblicherweise nicht mit

den Objekten auf dem HMI durch Verbindungspunkte

verbunden sind, sondern mit Objekten überlappen. Es

ist also möglich, das eine Rohrleitung aus mehreren

Polygonzügen besteht oder mehrere Rohrleitungen zum

gleichen Polygonzug gehören. Die Unterteilung in Strecken

ist notwendig, um klar definierte Abschnitte zu

erhalten, siehe Bild 8.

Anschließend werden die Strecken auf Überlappung

mit Aktoren oder passiven Objekten geprüft. Verdeckt

ein Objekt einen Teil einer Strecke und enthält die

Überlappung keinen Endpunkt der Strecke, so kreuzt

die Strecke das entsprechende Objekt. Das heißt, in der

Grafik wurde das Rohr gezeichnet, und später wurde

das Symbol für den Aktor darüber gelegt – der Aktor

ist im Vordergrund, siehe Bild 9 unten. In diesem Fall

wird die Strecke weiter in zwei neue Strecken unterteilt,

wobei jede der Strecken einen Anschlusspunkt an

das Objekt erhält, Bild 10.

BILD 7: Identifikation passiver Objekte

BILD 8: Identifizierte Rohrleitungen

Wenn bei der Überprüfung der Überlappung keine

Kreuzung festgestellt wird – die Überlappung einen

Endpunkt der Strecke enthält – so wird ein Anschlusspunkt

am Objekt für die Strecke erzeugt und dieses

zusammen mit der Strecke entsprechend gespeichert,

siehe Bild 9 und Bild 10.

Verdeckt ein Objekt eine Strecke komplett – beide

Endpunkte der Strecke liegen innerhalb der Überlappung

– so ist diese Strecke irrelevant und wird nicht

weiter ausgewertet.

Da auch Behälter Aktoren enthalten können (zum

Beispiel einen Mixer oder eine Heizung), werden die

Behälter auf Überlappung mit Aktorsymbolen geprüft.

Werden Überlappungen festgestellt, wird ein Anschlusspunkt

zwischen Aktor und Behälter erzeugt und

entsprechend abgelegt, siehe Bild 9 oben.

Zuletzt werden, wie in Bild 11 dargestellt, noch gültige

Eckpunkte zwischen Strecken wiederhergestellt.

34

atp edition

4 / 2014


BILD 9: Identifikation von überlappenden

Objekten an einem Beispiel

BILD 11: Wiederverbindung von Rohrleitungssegmenten

an einem Beispiel

BILD 10: Identifikation der Anschlusspunkte

von Objekten an Rohrleitungen

an einem Beispiel

BILD 12: Anschlusspunkte von Sensoren im Materialfluss

Wird eine Überlappung einer Strecke mit dem Anfangsoder

Endpunkt einer anderen Strecke gefunden, so

wird ein Abzweigungsobjekt zur Verbindung generiert

und in der Topologie gespeichert.

Schritt 2: Identifikation von Sensoranschlusspunkten

im Materialfluss

In einem zweiten Schritt werden die Anschlusspunkte

von Sensoren an Rohrleitungen oder Behältern identifiziert.

Im Gegensatz zu Aktoren oder Behältern befinden

sich Sensoren nicht unmittelbar im Materialfluss.

Der Materialfluss wird indirekt durch die Sensorik

beeinflusst, jedoch nicht direkt wie durch einen Aktor.

Deshalb erhalten Sensoren Anschlusspunkte an Rohrleitungen

und Behälter, liegen jedoch außerhalb des

Materialflussgraphen. Sensoren stellen die Wandlung

einer physikalischen Größe in ein logisches Signal dar

und sind damit die Verbindung zwischen Material- und

Informationsfluss.

Um die Anschlusspunkte zu identifizieren, können

zwei verschiedene Mechanismen verwendet werden,

welche abhängig vom Engineering und letztlich dem

Aussehen des HMI sind; beide Möglichkeiten zeigt

Bild 12.

1. Identifikation der Zusammengehörigkeit durch

unmittelbare Nähe

Zum einen werden Sensoren in die unmittelbare Nähe

(zum Beispiel


HAUPTBEITRAG

den. In diesem Fall kann das gleiche Verfahren wie für

Rohrleitungen angewendet werden, um Überlappungen

festzustellen und die Verbindungen entsprechend festzulegen.

In Bild 12 rechts wird beispielsweise ein

Durchflusssensor logisch mit einer Rohrleitung verbunden.

Hierfür wird eine gestrichelte Linie verwendet,

um diese von der braunen Rohrleitung zu unterscheiden.

Für das Topologiemodell kann also eine Verbindung

zwischen der Rohrleitung (braun) und dem Sensor

festgelegt werden.

Schritt 3: Erstellen des Informationsflussgraphen

Der Informationsfluss wird teilweise auch im HMI dargestellt.

Nicht alle nötigen Verbindungen für die Topologie

können dem HMI entnommen werden. Aber für

die essenziellen Regelkreise werden normalerweise die

Signalverläufe zwischen Sensor, Regler und Aktor dargestellt.

Ähnlich dem Materialfluss werden üblicherweise Polygonzüge

verwendet, um den Signalfluss aufzuzeigen.

Deshalb kann der gleiche Mechanismus, wie in Schritt 1

BILD 13: Auswertung

der Pfeile im HMI

BILD 14: Ergebnis des Algorithmus

BILD 15:

Architektur des

Prototypen

BILD 16:

Beispielhaftes

Objekttypmodell

für die Anlagentopologie

36

atp edition

4 / 2014


ereits beschrieben, auch für den Informationsfluss verwendet

werden. Der Unterschied liegt darin, welche

Objekte auf Überlappung mit den Polygonzügen geprüft

werden. Im Materialfluss werden Behälter und Aktoren

geprüft, für den Informationsfluss werden Sensoren,

Regler und Aktoren auf Überlappung untersucht.

Durch den Ablauf der Regelung kann die Richtung

des Informationsflusses bestimmt werden. Der Informationsfluss

beginnt immer an einem Sensor und endet

an einem Aktor. Das heißt, die Richtung ist vom

Sensor weg, beziehungsweise zum Aktor hin. Hierdurch

lässt sich oftmals für Teile des Graphen eine

Richtung festlegen.

Schritt 4: Identifikation der Modellgrenzen

Im nächsten Schritt müssen die Grenzen eines Teilmodels

identifiziert und das Modell an diesen Stellen terminiert

werden. Davon ausgegangen, dass für jede Grafik

des HMI ein Teilmodel erzeugt wird, müssen für

jede Grafik ebenso die Grenzen festgelegt werden.

Prinzipiell geht es um zwei Arten von Modellgrenzen:

a) Verbindungen zwischen Teilmodellen und

b) Grenzen des Gesamtmodells.

Innerhalb einer Grafik werden Verbindungen zwischen

Teilmodellen meistens durch Knöpfe beschrieben.

Die Knöpfe werden so parametriert, dass diese

auf die angrenzende Grafik verweisen. Diese als Navigationshilfe

gedachten Knöpfe können genau wie

andere Objekte identifiziert werden. Die Referenz zur

angrenzenden Grafik wird im Teilmodell gespeichert.

Diese Verbindung wird im Teilmodell als Terminierung

an der entsprechenden Rohrleitung oder dem

entsprechenden Signal angebunden und als Objekt

abgelegt.

Ist eine Rohrleitung physikalisch zu Ende, zum Beispiel

an der Stelle, an der das Produkt verladen oder

ein Edukt zugeliefert wird, wird dies oft durch offene

Rohr- oder Signalleitungen dargestellt. Daran sind die

Grenzen des Gesamtmodells erkennbar und entsprechend

lassen sich Terminierungen ohne Referenzen zu

anderen Teilmodellen einfügen.

Schritt 5: Teilidentifikation der Flussrichtungen

Im letzten Schritt können teilweise die Flussrichtungen

innerhalb der Topologie bestimmt werden. Auch dies

geschieht für Material- und Informationsfluss in identischer

Weise, weshalb nur die Funktionsweise für den

Materialfluss beschrieben wird.

Nachdem alle Objekte verbunden wurden, können

als letztes die Pfeile – die üblicherweise zur Indikation

einer Flussrichtung dienen – benutzt werden, um die

Flussrichtung zu bestimmen. Das zeig Bild 13.

Zusätzlich zu den Pfeilen kann die Richtung der Aktorsymbole

Aufschluss über die Flussrichtung geben.

Wenn das HMI realitätsnah gestaltet wurde, sollte die

Richtung eines Aktorsymbols mit der Wirkrichtung des

realen Aktors übereinstimmen, Bild 13 oben.

Durch das Auswerten der Richtungen lassen sich die

in Schritt 4 erzeugten Terminierungen teilweise in

Quellen oder Senken umwandeln. Zusätzlich kann für

einige Rohrleitungssegmente die Flussrichtung angegeben

werden.

Ergebnis

Als Resultat des zweiphasigen Algorithmus ergeben

sich wesentliche Teile der Anlagentopologie. Diese besteht

aus Objekten und den Verbindungen zwischen

den Objekten. Bild 14 stellt das Ergebnis der in diesem

Abschnitt verwendeten Beispielgrafik als Graph dar.

Aktive und passive Elemente entsprechen den Knoten,

Rohrleitungen und Signale sind als Kanten dargestellt.

2.2 Technische Umsetzung

Zur Prüfung des Konzepts wurde ein Funktionsmuster

prototypisch entwickelt. Als Basis für die Implementierung

wurde das Prozessleitsystem System 800xA

[19] und das zugehörige HMI-Engineering-Werkzeug

Process Graphics 2 [20] verwendet.

Process Graphics 2, sowie System 800xA bieten API

(Application Programming Interfaces), um direkt auf

die enthaltenen Daten zuzugreifen, welche in einer zentralen

Datenbank, dem Aspect-Directory, gespeichert

sind. Diese API wurden verwendet, um die notwendige

Information zu extrahieren. Als Plattform diente Microsoft

.NET Framework 4.5. Bild 15 zeigt die Architektur

des Funktionsmusters. Es besteht im Wesentlichen aus

einem Topologie-Generator der sich die API zu Nutze

macht, um die nötige Information aus System 800xA,

Process Graphics 2, beziehungsweise der unterlagerten

Datenbank, zu extrahieren. Die Information wird entsprechend

dem in Abschnitt 2.1 beschriebenen Konzept

verarbeitet und als Modell in CAEX [10] gespeichert.

AoA kann die Modelle anschließend verwenden.

Zur einfacheren Handhabung des CAEX-Modells

werden die Softwarekonzepte der Kollaborationsobjekte

nach [21] genutzt, wodurch ein Objekttypmodell

effizient entworfen werden kann, welches Anlagentopologien

abbildet. Das im Funktionsmuster verwendete

Objekttypmodell veranschaulicht Bild 16.

Zur Prüfung des Algorithmus wurden zwei Beispielanlagen

verwendet. Zum einen wurde die Carbon-Capture-Pilotanlage

[22] mit vier Grafiken herangezogen,

zum anderen eine Flüssigerdgasanlage aus Australien

mit etwa 200 Grafiken, die sich aktuell im Engineering

befindet. Die Tests ergaben, dass mit dem in Bild 16

dargestellten Objekttypmodell und konventionell projektierten

Grafiken etwa 70 % der Topologie erzeugt

werden kann, wobei alle relevanten Objekte erkannt

und bis auf wenige Sensoren korrekt identifiziert werden.

Die fehlenden 30 % beziehen sich auf Verbindungen

zwischen den Objekten.

Obgleich die Grafiken nicht mit Hinblick auf eine

spätere Weiterverwendung für die Topologie entworfen

wurden, fehlen lediglich wenige Verbindungen im

Materialfluss und Teile des ohnehin im HMI nicht

vollständig enthaltenen Informationsflusses. In weni-

atp edition

4 / 2014

37


HAUPTBEITRAG

gen Fällen werden Behälter nicht korrekt erkannt.

Häufig wurden Fehler aufgrund folgender Ursachen

festgestellt:

1 | Kreuzung von Rohrleitungen, Bild 17 links

2 | nutzerdefinierte Aktorsymbole, Bild 17 Mitte

3 | falsch verwendete Symbole, Bild 17 rechts

Wenn Fehler dieser Art auftreten, sollte das Modell manuell

berichtigt werden oder eine zusätzliche Validierung

auf Basis einer weiteren Topologiequelle stattfinden.

CAEX als Datenformat hat sich in diesem Zusammenhang

ebenfalls bewährt. Mit einer Durchschnittslänge

von etwa 6000 Zeilen XML und einer Größe unter

1MB pro Grafik sind die Dateien gut handhabbar.

Als Beispiel wird in Bild 18 eine Topologie für ein

Display einer Leitsystemdemoanwendung gezeigt. Die

Topologie ist auf einen Screenshot der Grafik projiziert

um die Richtigkeit besser nachvollziehen zu können.

Grün werden vollständig identifizierte Objekte, blau der

Materialfluss, Quelle, Senken, Terminierungen und die

Behälter und grün-gestrichelt der Informationsfluss erkennbar

gemacht. Bei den roten Objekten handelt es sich

um Sensoren, die lediglich als Werteanzeige im HMI

abgebildet wurden. Diese werden zwar als Sensoren erkannt,

der spezifische Typ (zum Beispiel Temperatursensor

oder Drucksensor) kann jedoch nicht bestimmt werden,

da hierfür die benötigte Zusatzinformation fehlt.

2.3 Diskussion des Ansatzes

Da unterschiedliche HMI-Engineering-Prozesse zu

großen Unterschieden bei Aussehen und Struktur füh-

BILD 17: Ursachen

für Fehlgenerierung

BILD 18: Topologie

einer Grafik

38

atp edition

4 / 2014


en, ist der Algorithmus nur unter bestimmten Bedingungen

verwendbar. Folgendes ist zu beachten, wenn

der Algorithmus eingesetzt werden soll:

Design-Richtlinien müssen eingehalten werden.

Um optimale Ergebnisse zu erzielen, müssen Richtlinien

für das HMI-Engineering entwickelt werden.

Der Algorithmus ist abhängig vom Aussehen des

HMI und der ordnungsgemäßen Verwendung der

vorgefertigten Bildvorlagen.

High-Performance-HMI können nicht verwendet

werden.

High-Performance-HMI stellen zusammenfassend

die wesentlichen Key Performance Indicator (KPI)

in einer Grafik dar. Rohre, Behälter oder Strukturen

werden nicht mehr abgebildet. Diese HMI eignen

sich nicht dazu, eine Topologie zu generieren.

Manuelle Sortierung bei hierarchischen HMI

In manchen Fällen werden HMI hierarchisch dargestellt.

Objekte tauchen deshalb oft zweimal auf

verschiedenen Detailstufen auf. In diesen Fällen

muss der Nutzer entscheiden, welche Detailstufe

zur Erstellung der Topologie verwendet werden

soll, und dann manuell die Grafiken zuordnen.

Zusätzlich lässt der bisherige Algorithmus einige Fragen

offen, welche als zukünftige Forschungsaktivitäten

weiter betrachtet werden können:

Modellierung von Energieströmen

Das HMI stellt, genau wie das R&I-Fließschema,

Energieströme nur implizit dar. Der Algorithmus

ließe sich dahingehend erweitern, dass aufgrund

bestimmter Konstrukte (zum Beispiel Wärmetau-

REFERENZEN

[1] Rodies, H.-J.: Planungswerkzeuge aus Sicht des Anlagenbaus.

atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 44(1),

S. 40-44, 2002

[2] Bundesagentur für Arbeit: Fachkräfteengpässe in Deutschland:

Analyse Juli 2012

[3] Schmitz, St., Schluetter, M., Epple, U.: Automation of Automation

– Definition, components and challenges. In: Proc. IEEE Int. Conf

ETFA’09, S. 22-26. IEEE 2009

[4] Doherr, F., Urbas, L., Franze, V., Drumm, O.: Automatische

Generierung von Prozessbedienbildern aus Engineeringdaten.

atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 53 (11),

S. 30-39, 2011

[5] Urbas, L., Obst, M., Stöss, M.: Formal Models for High Performance

HMI Engineering. In: Proc. Int. IFAC Conf MathMod 2012,

S. 854-859._IFAC 2012

[6] Obst, M., Doherr, F., Urbas, L., Drumm, O., Bauer, C.: Integriertes

HMI Engineering – Konzeption, Entwicklung und Untersuchung der

Integration früher Phasen der Bedienbildgenerierung in CAE

Syste-men. In: Tagungsband Automation 2012, S. 227-230. VDI 2012

[7] Barth, M.: Automatisch generierte Simulationsmodelle verfahrens-technischer

Anlagen für den Steuerungstest. Dissertation

Helmut Schmidt Universität Hamburg. VDI 2011

[8] Hoyer, M.: Catalogue based computer aided engineering (CAE) of

process models. Dissertation University of Clamorgan, erarbeitet an

der University of Applied Science and Art Hannover, 2007

[9] Güttel, K., Weber, P., Fay, A: Automatic generation of PLC

code beyond the nominal sequence. In: Proc. IEEE Int. Conf.

ETFA 2008, S. 1277-1284. IEEE 2008

[10] IEC 62424: Representation of process control engineering

- Requests in P&I diagrams and data exchange between P&ID

tools and PCE-CAE tools. IEC 2008

[11] Christiansen, L., Hoernicke, M., Fay, A.: Modellgestütztes

Engineering – Gemeinsames Modell als Basis für die Automatisierung

der Automatisierung. atp edition – Automatisierungstechnische

Praxis 56(3), S. 18-27, 2013

[12] Barth, M., Fay, A.: Automated generation of simulation models for

control code tests. Control Engineering Practice 21 (1), S. 218-230, 2012

http://dx.doi.org/10.1016/j.conengprac.2012.09.022

[13] Schmidberger, T., Scherf, Th., Fay, A.: Wissensbasierte Unterstützung

von HAZOP-Studien auf der Grundlage eines CAEX-Analagenmodells.

atp – Automatisierungstechnische Praxis 49(6), S. 46-53, 2007

[14] Drath, R., Fay, A., Schmidberger, T.: Computer-aided design and

implementation of interlock control code. In: IEEE Conf. CACSD 2006,

S. 2653-2658, 2006

[15] Schmidberger, T., Horch, A., Fay, A., Drath, R.: Rule Based Engineering

Of Asset Management System Functionality. Proc. Int. IFAC Conf

MathMod 2006, S. 226. IFAC 2006

[16] Schleburg, M., Christiansen, L., Thornhill, N.F., Fay, A.: A combined

analysis of plant connectivity and alarm logs to reduce the number

of alerts in an automation system. Journal of Process Control 23(6),

S. 839-851, 2013. http://dx.doi.org/10.1016/j.jprocont.2013.03.010

[17] EU Projekt PAPYRUS: Final Report. http://www.abb.de/cawp/deabb201

/5f3bf681f2f9f552c1257b8200452d60.aspx

[18] Zakharov, A., Vesa-Matti Tikkala, Sirkka-Liisa Jämsä-Jounela:

Fault detection and diagnosis approach based on nonlinear parity

equations and its application to leakages and blockages in the drying

section of a board machine. Journal of Process Control 23(9),

S. 1380-1393, August 2013,

http://dx.doi.org/10.1016/j.jprocont.2013.03.006

[19] Schulz, Th.: The power of integration – Reaching new levels of

productivity in the automation industry. ABB Review 1/2012, 34-39.

[20] ABB: New Process Graphics in System 800xA. http://www05.abb.com/

global/scot/scot349.nsf/veritydisplay/494fc96988663ab9c125754e004af1ac/

[21] Drath, R., Hoernicke, M., Schröter, B.: Datenkonsistenz mit AutomationML

herstellen – Konzept für heterogene Engineering-Werkzeug-Landschaften.

atp edition – Automatisierungstechnische Praxis 54(5), S. 36-42, 2012.

[22] ABB: Imperial College carbon capture pilot plant – Preparing today’s

students for tomorrow’s world, http://search.abb.com/library/

Download.aspx?DocumentID=3BGB000935&LanguageCode=en&Docu

mentPartId=&Action=Launch

atp edition

4 / 2014

39


HAUPTBEITRAG

scher) spezifische Muster erkannt und die Energieströme

explizit in der Topologie sichtbar gemacht

werden.

Vervollständigen/Validieren des Informationsflusses

Sowohl HMI als auch R&I-Fließschema stellen Informationsflüsse

nur teilweise dar. Eine weitere

Quelle zur Vervollständigung und Validierung des

Informationsflusses sollte gesucht werden, um den

Informationsfluss vollständig in der Topologie abzubilden.

Hierzu eignet sich beispielsweise der

Signalfluss im Leitsystem. Auf diesen kann über

API zugegriffen werden, die von den Engineering-

Werkzeugen zum Ex- und Import von Automatisierungslösungen

zur Verfügung gestellt werden (ähnlich

den in Abschnitt 2.2 verwendeten). Damit

können einfache, signalbasierte Zusammenhänge

zwischen Sensoren, Steuerungen und Aktoren bestimmt

und die aus dem HMI gewonnene Information

ergänzt werden.

Änderungen im Engineering Workflow

Das Engineering des HMI liegt sehr spät im Workflow.

Hierdurch entfällt die Möglichkeit einer Anwendung

für frühe AoA-Algorithmen. Wenn sich das

HMI-Engineering in einer früheren Phase durchführen

ließe, blieben diese Möglichkeiten offen.

Zusätzliche Information über den Prozess

Zusätzliche Information aus dem HMI könnte ausgewertet

werden: zum Beispiel eine Bestimmung

des Mediums innerhalb einer Rohrleitung durch

Auswertung oft verwendeter Farbcodierungen.

FAZIT

Der Beitrag beschreibt die Erstellung von Topologieteilmodellen

aus den Visualisierungsgrafiken eines Leitsystems.

Die Bilder des HMI werden verwendet, um

Topologieobjekte, deren Eigenschaften und Vorgängerund

Nachfolgerbeziehungen zu extrahieren.

Die Tests des Konzepts zeigen positive Resultate, weshalb

davon auszugehen ist, dass diese Technik praktisch

anwendbar ist. Ausblickend wäre weiterhin zu

untersuchen, wie sich Modelle einer kompletten Anlage

aus den einzeln generierten Teilmodellen verknüpfen

lassen.

Da R&I-Fließschemata nach wie vor selten in einem

computerinterpretierbaren Format dem Engineering

der Automatisierungstechnik zur Verfügung gestellt

werden, sind die Konzepte der Automatisierung der

Automatisierung in der Praxis schwer anwendbar. Das

beschriebene Konzept stellt eine Möglichkeit dar, dennoch

Anlagentopologien automatisch zu erstellen und

damit für AoA zugänglich zu machen.

MANUSKRIPTEINGANG

31.10.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

AUTOREN

Dipl.-Ing. (FH)

MARIO HOERNICKE

(geb. 1984) ist

Principal Scientist

am ABB Forschungszentrum

in Ladenburg.

Sein Forschungsschwerpunkt

umfasst die Entwicklung neuer und

innovativer Engineering-Konzepte im

Bereich Emulation von Leitsystemfunktionen

und Subsystemen,

Simulation von Prozessen sowie der

Automation des Engineerings.

ABB AG Forschungszentrum,

Wallstadter Str. 59,

D-68526 Ladenburg,

Tel. +49 (0) 6203 71 62 66,

E-Mail: mario.hoernicke@de.abb.com

Dipl.-Ing. (FH)

LARS

CHRISTIANSEN

(geb. 1984) ist

wissenschaftlicher

Mitarbeiter

an der Professur

für Automatisierungstechnik

an

der Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr, Hamburg.

Sein Forschungsschwerpunkt

ist die Unterstützung der Anlagendiagnose

mittels Modellen aus dem

Engineering-Prozess.

Institut für Automatisierungstechnik,

Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr, Hamburg,

Holstenhofweg 85, D-22043 Hamburg,

Tel. +49 (0) 40 65 41 23 26,

E-Mail: lars.christiansen@hsu-hh.de

Prof. Dr.-Ing.

ALEXANDER FAY

(geb. 1970) ist

Professor für

Automatisierungstechnik

an der

Fakultät für

Maschinenbau der

Helmut-Schmidt-

Universität/Universität der Bundeswehr,

Hamburg. Sein Forschungsschwerpunkt

sind Beschreibungsmittel,

Methoden und Werkzeuge für

einen effizienten Entwurf von

Automatisierungssystemen.

Institut für Automatisierungstechnik,

Helmut-Schmidt-Universität/

Universität der Bundeswehr, Hamburg,

Holstenhofweg 85,

D-22043 Hamburg

40

atp edition

4 / 2014


7. –11. April 2014

Halle 9, D76

Das SC-System.

Ein Weltmarktführer

in neuer Bestform.

Mit den Signaltrennern des SC-Systems

bringt Pepperl+Fuchs, der Weltmarktführer

im Bereich der Trennbarrieren, die ganze

Erfahrung aus dem Ex-Bereich nun auch

in den Nicht-Ex-Bereich – in besonders

attraktiver und kompakter Form.

www.pepperl-fuchs.de/sc-system

Your automation, our passion.


HAUPTBEITRAG

IKT in der

Fabrik der Zukunft

Ein Diskussionsbeitrag zu Industrie 4.0

Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) durchdringt die Produktion und

ihre Maschinen und Anlagen immer stärker. Sie wird zu einer Schlüsseltechnologie

in der Fabrik der Zukunft. Allerdings bleibt sie eine Enabling Technology, denn sie

muss die bekannten Ziele von produzierenden Unternehmen unterstützen: das sind

Qualität, Zeit und Kosten. In diesem Beitrag wird erklärt, welche IKT-Technologien

für die Fabrik der Zukunft relevant sind, wie sie miteinander zusammenhängen und

welche Potenziale bezogen auf die drei genannten Ziele sich durch ihre Nutzung

ausschöpfen lassen.

SCHLAGWÖRTER Industrie 4.0 / intelligente Automation / MES / industrielle

Kommunikation / Mensch-Maschine-Interaktion / Interoperabilität

ICT in the Factory of the Future –

A Contribution to Industrie 4.0

Information technology is one of the key enabling technologies of future manufacturing.

However, for manufacturing and its value adding purpose, information technology

has to be considered as a tool. In this article the authors describes their approaches

to relevant components of an information model inside the future factory.

KEYWORDS manufacturing execution systems / intelligent automation / industrial IT /

interoperability

42

atp edition

4 / 2014


CHRISTIAN FREY, MICHAEL HEIZMANN, JÜRGEN JASPERNEITE, OLIVER NIGGEMANN,

OLAF SAUER, MIRIAM SCHLEIPEN, THOMAS USLÄNDER, MICHAEL VOIT, Fraunhofer IOSB

Die Informations- und Kommunikationstechnik

(IKT) in der Fabrik der Zukunft muss die

Ziele von Produktionsunternehmen [1] unterstützen:

vom Kunden geforderte Qualität mit Auswirkungen

auf robuste Produktionsprozesse,

Geschwindigkeit und Zeit bezogen auf Innovationen,

Durchlaufzeiten und Anlauf von Anlagen

sowie

wettbewerbsfähige Herstellkosten mit Auswirkungen

auf Investitionen in Anlagen und IKT.

Neben diesem Dreiklang ergeben sich neue Erfolgsfaktoren

für die zukünftige Produktion [2] zum Beispiel

aufgrund von

Wandlungsfähigkeit für viele neue Produktvarianten

mit Auswirkungen auf Integration und Interoperabilität

in der produktionsnahen IKT,

Echtzeitfähigkeit mit Auswirkungen auf die schnelle

Bereitstellung benötigter Information an die berechtigten

Nutzer,

Netzwerkfähigkeit und damit die Erweiterung des

Blickfeldes von einem Unternehmen auf Verbünde

von Standorten oder Firmen.

Produktionsnahe IKT liegt am Schnittpunkt der Unternehmensprozesse

„von der Produktidee zum Recycling“

beziehungsweise „von der Absatzplanung bis

zum Service“ [3]. Dadurch ergeben sich weitere Forderungen

nach IKT-Unterstützung über den kompletten

Lebenszyklus von Produkt und Produktion sowie an

die Integration der Produktions-IKT in die Gesamt-IKT-

Architektur eines Unternehmens oder einer kompletten

Supply Chain [4]. In [5] formulieren die Autoren Trendaussagen

für die Internet-Gesellschaft, von denen zwei

Aspekte für die Industrie 4.0 besonders zutreffend sind:

Trendaussage 5: Semantische Technologien verwandeln

Information in Wissen,

Trendaussage 10: Sich selbst organisierende Systeme

reduzieren die Komplexität und erhöhen die

Zuverlässigkeit.

Diese Trendaussagen werden beispielsweise durch [6]

unterstützt, worin als charakteristisch für heutige Fabriken

unvollständig beschriebene Engineering-Prozesse

sowie eine unzureichende Integration von Information

und Daten genannt werden. Auch andere Autoren

unterstreichen die Anforderungen an die Fabrik der

Zukunft, vor allem bezüglich Flexibilität, Rekonfigurierbarkeit

und Adaptivität [7-10].

Viele der Innovationen, die durch die Industrie-4.0-

Initiative ausgelöst und entwickelt werden, sind IKT

basiert – neue Technologien, die die IKT bereit-stellt,

ermöglichen Produkt- oder Prozessinnovationen mit

teilweise massiven Auswirkungen auf die Fabrik (siehe

Bild 1). Die Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt

Industrie 4.0 [4] spannen einen ersten

Rahmen für denkbare Innovationen und Handlungsfelder

auf – eine systematische Übersicht über die Lösungsbeiträge

von IKT fehlt bislang.

Über die in diesem Beitrag genannten Technologiekomponenten

hinaus adressiert Industrie 4.0 weitere

neue Technologien, die sich ebenfalls in der Entwicklung

befinden, zum Beispiel Verknüpfung des Engineering

mit der Produktion, Selbststeuerung, Intralogistik,

Nutzung von Cloud-Technologien.

1. INDUSTRIELLE ANFORDERUNGEN

Die Produktion der Zukunft muss sich den bekannten

Mega-Trends stellen, die unter anderem in [1] zusammengefasst

sind. Daraus leiten sich Anforderungen ab,

die die Fabrik der Zukunft erfüllen muss, zum Beispiel

die Fähigkeit, kundenindividuelle Produkte mit immer

neuen Varianten herzustellen, kurze Produktlebenszyklen,

schnelle Lieferzeiten, Null-Fehler-Produktion und

ressourcenschonende Fertigung.

Eine der daraus folgenden Anforderungen an die IKT-

Topologie in der Industrie 4.0 ist die Fähigkeit, sich an

atp edition

4 / 2014

43


HAUPTBEITRAG

Änderungen anzupassen – sei es, dass neue Anlagen

oder Produktionsprozesse in das System eingebracht

werden oder bestehende Produktionssysteme verändert

werden, beispielsweise weil eine Produktvariante

zusätzlich gefertigt werden soll. Die Autoren bezeichnen

diese Fähigkeit in Anlehnung an [10] als wandlungsfähige

IKT. Dabei ist die zentrale Idee, dass Mechanismen

der Selbstbeschreibung in Bezug auf Funktionalität,

Identifizierung, Selbstaufbau der Kommunikation

und durchgängigen Datenaustausch genutzt

werden, wenn neue Komponenten, Maschinen oder

Anlagen in ein Produktionssystem eingebracht werden

oder sich softwarerelevante Änderungen in der Produktion

ergeben. Heutige IKT-Architekturen in der

Produktion sind auf diese Anforderung jedoch noch

nicht ausgerichtet: Proprietäre Schnittstellen, nicht

integrierte Einzelsysteme oder firmenspezifische Speziallösungen

verhindern, dass intelligente Komponenten

und Maschinen Mechanismen der Selbstkonfiguration

und durchgängiges Datenmanagement nutzen.

Im Sinne der Forschungsagenda CPS [11] sind solche

intelligenten Komponenten und Maschinen Cyber-

Physical Systems.

Eine weitere resultierende Anforderung ist, dass die

IKT Lernen aus den Prozessen ermöglichen muss, nicht

nur um die Prozesse kontinuierlich zu verbessern, sondern

um sie zu befähigen, schneller als heute neue Produkte

mit noch unbeherrschten Produktionsprozessen

auf den Markt zu bringen [12, 51].

2. BEISPIELE FÜR IKT-BASIERTE LÖSUNGSANSÄTZE

2.1 Vom Sensor zum Prozesswissen

Intelligente Assistenzsysteme, kognitive Systeme und

lernende Algorithmen ergänzen in Zukunft die bislang

stark von manuellen Implementierungen und Modellierungen

geprägten Vorgehensweisen [13]. Durch diesen

Technologiesprung entsteht die Chance, datengetriebene

Lösungsansätze, wie sie für Data-Mining und

in der Analyse von Big Data typisch sind, auch in der

Industrie zu implementieren. Die Industrie hat in den

letzten Jahren diverse Anwendungsfälle für solche neuen

Ansätze definiert:

Sensor- und Aktordaten von Produktionsanlagen

können genutzt werden, um einen technischen

Prozess automatisch auf Optimierungspotenzial

bezüglich Ressourcenverbrauch wie Wasser oder

Energie hin zu untersuchen [14, 15].

Softwaresysteme können das Verhalten von Produktionsanlagen

diagnostizieren, das Normalverhalten

abstrahieren und so später Abweichungen,

wie Verschleiß oder Fehler, erkennen [16, 17].

Durch automatische Abstraktion der Prozessdaten

sowie die maschinelle Interpretation und Hervorhebung

relevanter Daten kann der Anlagenbediener

durch geeignete Assistenzsysteme in Zukunft

entlastet werden [18, 19].

Grundlage für solche neuen Potenziale ist die Information

über den Prozess, die von Feldgeräten (Sensoren

und Aktoren) erfasst wird. Durch die zunehmende Verfügbarkeit

von intelligenten Feldgeräten vollzieht sich

ein Trend zu immer umfassender instrumentierten

Prozessen. Damit stehen zunächst mehr Daten zur Verfügung,

was zum Beispiel durch steigende Abtastraten

der Sensorsysteme noch verstärkt wird. Des Weiteren

steigt der Kommunikationsbedarf durch die zunehmende

horizontale und vertikale Vernetzung und damit

die verfügbare Datenmenge massiv an.

Neben den Steuerungs- und Regelungsvorgängen

und neben der klassischen Diagnose auf Ebene einzelner

Signale (Signalplausibilisierung) erwächst so ein

Bedarf nach systemweiter Datenanalyse. Ziel dieser

Datenanalyse ist es, Anomalien zu erkennen, die anschließende

Diagnose und ein systemweites Condition

Monitoring.

Die Auswertung solch einer hohen Anzahl von Prozessgrößen

besitzt einige Ähnlichkeit mit Data-Mining

beziehungsweise mit Schlagworten wie Big Data, die

momentan in der IKT diskutiert werden. Technische

Systeme erfordern allerdings aus mehreren Gründen

andere Lösungsansätze und Algorithmen als die klassischen

Anwendungsgebiete von Data-Mining:

Fertigungstechnische Prozesse sind zeit- und zustandsbehaftete

Systeme. Aktuelle Datenanalysemethoden

berücksichtigen dies kaum; stattdessen

wird oft versucht, den betrachteten Prozess derart

zu reduzieren, dass die Zeitabhängigkeit vernachlässigt

werden kann.

Das Verhalten technischer Systeme basiert letztendlich

auf physikalischen Zusammenhängen.

Verfahren des Data-Mining müssen daher um physikalische

Modelle erweitert werden. Der dafür

passende Detaillierungsgrad der Modellierung

muss so gewählt werden, dass diese für das Data-

Mining geeignet ist.

Technische Prozesse sind meist hybrider Natur –

ihr Verhalten zeichnet sich durch einen Mix von

diskreten und kontinuierlichen Prozessgrößen aus.

Aktuelle Data-Mining-Verfahren sind für hybride

Systeme oft ungeeignet.

Technische Systeme sind meist multi-modal, ihr

Verhalten ist durch die Abfolge von stark unterschiedlichen

Modes geprägt. Data-Mining-Verfahren

müssen dies explizit berücksichtigen, was aktuell

jedoch nicht der Fall ist.

Technische Systeme verlangen zumeist eine Reaktion

nahe der Echtzeit, das heißt die Datenanalyse

muss Echtzeitanforderungen genügen.

Im Zusammenhang mit diesen Fragestellungen werden

in verschiedenen Forschungs- und Industrieprojekten,

zum Beispiel im Spitzencluster Intelligente Technische

Systeme Ostwestfalen-Lippe (Projekt itsowl-EE‐Energieeffizienz

in intelligenten technischen Systemen,

Projekt itsowl-IASI‐Intelligente Antriebs- und Steuerungstechnik

für die energieeffiziente Intralogistik)

44

atp edition

4 / 2014


BILD 1: Trendradar für

Produkte, Produktion und

produktionsnahe IKT

(Quelle: Fraunhofer-

interne Recherchen)

Produkt

Produktionsprozess

Gentelligente

Produkte*****

Generative

Fertigungsverfahren

Lernverfahren für

Prozessparameter

Multi-

Materialverbund

Featurebasierte

Konstruktion****

PLM und Digitale Fabrik

wachsen zusammen

Adaptive

Produktionsprozesse

Produktionsanlagen

Selbstlernende

Anlagen

Adaptive

Anlagen

Wandlungsfähige

Anlagen

PDM***

Mobile

Datenträger

am Produkt

Anlagennahe IT/

SPS*

2025 2020 2015 2010 2015 2020 2025

*SPS: Speicherprogrammierbare Steuerung

**MES: Manufacturing Execution Systems

***PDM: Integriertes Produkt- und Prozessdatenmanagement

****SFB 374 „Entwicklung und Erprobung innovativer Produkte“

*****SFB 653 „Gentelligente Bauteile - Neue Wege in der Produktionstechnik“

Leistungsfähige IT-

Systeme übernehmen

SPS-Aufgaben

SPS-Code wird

generiert statt

programmiert

Echtzeit-

Ethernet Interoperable

Systeme

Interop.-

standards

Internettechnologien

flächendeckend

in der Fabrik

Plugand-work

MES-Fktn. auf

eingebetteten

Systemen

MES-Fktn.

aus der Cloud

Lernfähige

Software

Übergeordnete

IT/

MES**

oder im Projekt Anubis im Programm Industrielle Gemeinschaftsforschung

(IGF) verschiedene für technische

Systeme angepasste Konzepte erarbeitet, sodass

mit Hilfe neuer Data-Mining-Verfahren konkrete Aufgabenstellungen

folgender Art beantwortet werden

können:

1 | Besteht Optimierungspotenzial in der

Produktion, zum Beispiel bezüglich Durchsatz

oder Ressourcenverbrauch?

2 | Liegen Fehler oder Verschleiß in der Anlage vor?

3 | Wann muss die Anlage gewartet werden

(condition monitoring)?

Aus Sicht der dazu verwendeten Lösungsansätze und

Algorithmen kann hierzu zwischen heuristischen Verfahren

und modellbasierten Verfahren unterschieden

werden: Bei heuristischen Verfahren [20, 21] wird mittels

einer Klassifikationsfunktion direkt von Symptomen

auf die Fehlerursache geschlossen. Klassifikationsfunktionen

werden dabei zum Beispiel mittels

Entscheidungsbäumen oder neuronalen Netzen modelliert.

Diese Methoden haben den Nachteil, dass vorab alle

Symptome und Ursachen sowie deren Zusammenhang

bekannt sein müssen. Angewendet werden diese Verfahren

daher zumeist bei abgeschlossenen, nicht zu

komplexen Anlagen oder Systemen. Beispiele für die

Anwendung dieser heuristischen Verfahren finden

sich in [22-24].

Für komplexere Systeme wird dagegen oft die modellbasierte

Diagnose verwendet. Die Verwendung modellbasierter

Verfahren zur Diagnose wurde in den

letzten Jahren immer populärer. Beispielsweise behandelten

beim International Workshop on Principles of

Diagnosis 2009 etwa 70 % aller Beiträge einen modellbasierten

Ansatz zur Diagnose technischer Systeme.

Generell verwenden modellbasierte Ansätze, wie sie

in [25-27] beschrieben sind, ein Modell des Systems,

um während des Systembetriebs

1 | durch einen Vergleich zwischen Messungen am

System und der Modellvorhersage (Simulation

des Modells) Symptome zu generieren und

2 | um den Zusammenhang zwischen Symptom

und Ursache zu ermitteln.

Modellbasierte Ansätze haben den Vorteil, dass Symptome

und Fehlerursachen nicht bei der Implementierung

des Diagnosealgorithmus bekannt sein müssen

und das Diagnosesystem damit auf unerwartete Fehler

reagieren kann. Modellbasierte Diagnose wird daher

oft für komplexe, stark vernetzte Systeme eingesetzt,

in denen Fehler viele und räumlich verteilte Symptome

hervorrufen können. Modellbasierte Ansätze wurden

zum Beispiel in [28, 29] auf die Verfahrenstechnik angewendet.

Weitere Anwendungsbeispiele aus dem industriellen

Umfeld finden sich in [30-32], wo ein Modell

einer Flaschenabfüllanlage für deren Diagnose erfolgreich

eingesetzt wird. Andere Ansätze für die Automation

basieren auf Agentensystemen [33].

Neue Ansätze versuchen, das Modell nicht mehr manuell

von Experten erstellen zu lassen, sondern es automatisch

aus Beobachtungen abzuleiten, das heißt, es

wird vom Computer ein Modell des Normalverhaltens

des Systems aus den Daten abstrahiert. Dies geschieht,

beispielsweise um Anomalien zu erkennen, oder um

das Verhalten des Systems prognostizieren zu können

atp edition

4 / 2014

45


HAUPTBEITRAG

[40, 43, 44]. Aktuell werden solche Verhaltensmodelle

zum Beispiel in Form von Modellen der Signalkorrelation

[32] oder in Form von hybriden Zustandsautomaten

mit zeitlichen Einschränkungen [40, 43] gelernt.

Andere Ansätze setzen nicht auf das Lernen auf Basis

von Daten, sondern verwenden existierende Simulationsmodelle

[31] oder eine Kombination von existierenden

Struktur- und Verhaltensmodellen [28].

2.2 Von der Datenbank zur Auswertung

Für die produzierende Industrie entsteht Big Data unter

anderem dadurch, dass die relevanten Prozessgrößen

und Produkteigenschaften inline, das heißt mit der Geschwindigkeit

des laufenden Prozesses, über die Sensorik

erfasst und zur Maschinen- und Anlagenüberwachung

sowie zur Prozessoptimierung verwendet werden.

Dies setzt voraus, dass Sensoren eingesetzt werden, die

für den Prozess und das Produkt geeignet sind und zur

Datenauswertung untereinander vernetzt werden. Mit

Hilfe intelligenter Big-Data-Analyseverfahren des maschinellen

Lernens und Data-Minings, angewandt auf

aufgezeichnete Prozessdaten, können dann konkrete Fragestellungen

folgender Art leicht beantwortet werden:

1 | Wie ist der aktuelle Anlagenzustand?

2 | Liegen Fehler oder Verschleiß in der Anlage vor?

3 | Ist der Ressourcenverbrauch (beispielsweise

Energie)

In der Praxis existieren auf der bisherigen Enterprise-

Resource-Planning-Ebene (ERP) Bestrebungen, direkt

auf Online-Daten aus Fertigungsprozessen zuzugreifen,

diese zu verarbeiten und daraus geschäftsrelevante Information

zu generieren [36]. In-Memory-Datenbanken

leisten dieser Entwicklung insofern Vorschub, als dass

sie die geforderte Geschwindigkeit zur Verarbeitung

großer Datenmengen bieten.

Tatsächlich liegt die Herausforderung jedoch in der

Frage, wie große Datenmengen mit Datenelementen unterschiedlichster

Strukturierungsform (Sensordaten,

Dokumente, Texte, Modelle, Simulationsergebnisse)

und Entstehungsart (synchron, asynchron) in der geforderten

Zeit, gegebenenfalls in Echtzeit, analysiert

und für den Benutzer leicht verständlich aufbereitet

werden können (Big-Data-Problem).

Ein weiterer Anwendungsfall von Big Data ist die

gezielte Suche, Harmonisierung und Auswertung von

verteilten Daten in der Fabrik, zum Beispiel unterstützt

durch eine Kombination semantischer Technologien

mit leistungsfähigen Suchmaschinen aus der Welt des

Internets. Dazu folgendes Szenario: In einer automatisierten

Produktion sei eine komplexe Teilanlage gestört.

Ein Instandhaltungsmitarbeiter soll die Anlage möglichst

schnell wieder produktionsbereit machen. Dazu

benötigt er Daten über

den Anlagenzustand vor dem Ausfall; diese Daten

sind in einem Anlagenüberwachungssystem abgelegt,

Log-Dateien über die letzten Anlagenbedienungen,

aus denen sich eventuell Rückschlüsse über eine

Fehlerursache ziehen lassen,

Instandhaltungsdaten über die letzten Wartungsarbeiten

an der betroffenen Anlage,

Qualitätsinformation über Produkte, die eventuell

durch die Störung betroffen sein könnten,

Ersatzteilinformation, zum Beispiel 3D-Geometrien,

2D-Zeichnungen und -Schnitte, Explosionsdarstellungen,

Stücklisten, um die Wartung korrekt

und effizient ausführen zu können.

In den heute üblichen IKT-Architekturen würde das

verknüpfte Suchen all dieser Information in den einzelnen

Datenquellen erheblichen Aufwand bedeuten,

mit den Konsequenzen Zeitverlust, entsprechend längerem

Stillstand der Anlage und somit Produktionsausfällen.

2.3 Vom Signal zur App

Die bisher eher monolithisch anmutenden Leit- und

Manufacturing-Execution-Systeme (MES) wandeln sich

hin zu serviceorientierten Architekturen. Neue Anbieter

produktionsnaher IKT-Systeme am Markt entwickeln

ihre Werkzeuge direkt nach dem Paradigma der

Serviceorientierung. Dabei lassen sich die folgenden

Architekturkomponenten unterscheiden:

Apps: Applikationen mit eigener Benutzeroberfläche,

aber keiner oder nur sehr eingeschränkter eigener

Datenhaltung, die auf einem mobilen Endgerät

genutzt werden können. Beispiele für produktionsnahe

Apps sind KPI-Apps zur Visualisierung von

Kennzahlen wie Verfügbarkeit oder OEE- und Gantt-

Chart-Apps zur Visualisierung von Auftragsreihenfolgen

als Ergebnis einer Fertigungsfeinplanung.

Leittechnik- und MES-Services: Unter einem Service

verstehen die Autoren des Beitrags eine Einheit

mit einer konkreten Funktion und eindeutigen Einund

Ausgangsparametern [41]. Einzelne Funktionen

können als Services bereitgestellt werden oder

Services fassen mehrere Funktionen zusammen.

Manufacturing Service Bus: Über diesen Bus kommunizieren

die Services untereinander. Dieser

Service Bus ist eine der Kernkomponenten der zukünftigen

serviceorientierten Architektur und

dient als Integrationsebene, um das Zusammenspiel

der Services zu realisieren. Auch in den heutigen

Leitsystemen und MES existieren diese Komponenten

schon, allerdings zugeschnitten auf den

jeweiligen Hersteller. Heute gibt es keinen Service

Bus, mit dem sich Leit- und MES-Services unterschiedlicher

Softwareanbieter ohne manuelle Programmiereingriffe

verbinden können.

Integrations-Services: Diese Services werden zwingend

benötigt, um die Verbindung zwischen Leittechnik-

und MES-Service und den Maschinen,

Anlagen und anderen Einrichtungen der Fabrik zu

46

atp edition

4 / 2014


BILD 2: Mit OPC UA ist eine durchgängige

Kommunikation vom Sensor bis ins Internet möglich.

Secure

Plug-

and-work-

Anlagenmodell

incl.

Zertifikate

und

digitales

Rechtemgmt.

MES 1 MES 2 MES m

Decoder Decoder Decoder

Secure plug-and-work „Integrationsschicht“ :

authentifiziert Anlagen und Komponenten

Signierte und

verschlüsselte

Übertragung

Encoder Encoder Encoder Encoder

Anlage 1 Anlage 2 Anlage n Digitale Fabrik

Secure plug-and-work “Integrationsschicht“ :

authentifiziert Feldgeräte und Komponenten

= feldgeräte- oder

anlagenbezogene

Softwarekomponenten

= Zertifikat

Secure

Plug-andwork-

Änderungsmanager

BILD 3: Komponenten und Softwaremodule

zum vertrauenswürdigen Plug-and-work

von der Feld- bis zur MES-Ebene

Feldgerät

incl.

Identity

Spindel

incl.

Identity

Signierte und verschlüsselte Übertragung

Komponenten werden

KGT

Feldgerät

signierte Komponenten

„freigeschaltet“, nur

incl.

Identity X dürfen eingelesen werden

schaffen. Eine Kommunikation auf Basis von OPC

UA mit semantischem Mapping zur automatischen

Anbindung von Maschinensteuerung an MES-Services

ist ein Beispiel für einen solchen Integrationsservice

[42].

Erklärtes Ziel der Serviceorientierung kann es nur sein,

Services unterschiedlicher Anbieter zu kombinieren, sodass

Anwender zu einer Best-of-breed-Lösung kommen.

Das bisherige Verständnis von Leittechnik ist stark

von der Vorstellung mehrerer Hierarchieebenen geprägt:

von der Feldebene über die Anlagen-, Betriebsund

Produktionsleitebene bis hin zur Unternehmensleitebene

(DIN IEC 60050-351:2009). Jede dieser Ebenen

zeichnet sich durch funktionale und informationsbezogene

Eigenschaften aus, die sich in unterschiedlichen

IKT-Schnittstellen, Datenformaten und Meta-

Datenmodellen niederschlagen. Nicht-funktionale

Eigenschaften, zum Beispiel Echtzeitfähigkeit, Antwortzeitverhalten,

Verlässlichkeit, technische Ausfallsicherheit

(safety) und IKT-Sicherheit (security),

aber ebenso die adäquaten Benutzerschnittstellen bestimmen

weitgehend die jeweils passende IKT-Architektur.

Während IKT-Standards, zum Beispiel Feldbussysteme,

das Problem der horizontalen Interoperabilität

von IKT-Komponenten und Systemen innerhalb

einer Ebene vermindern konnten, blieb die vertikale

Interoperabilität, das heißt der reibungslose Austausch

von Daten und Information über Ebenengrenzen hinweg

beziehungsweise der ebenenübergreifende Aufruf

von Ebenenfunktionen, bislang zumeist unberücksichtigt.

Dieser vertikale Austausch der Daten zwischen

ERP-, MES- und Feldebene, siehe [34, 35], zwischen

MES- und ERP-Ebene [37] sowie zwischen MES

und steuerungsnahen Leitfunktionen [38] ist aber

unumgänglich.

Industriestandards für Middleware in der Automation

(VDI/VDE 2657), zum Beispiel OPC UA (IEC 62541),

helfen diese Lücke zu schließen. OPC UA ist ein Beispiel

eines herstellerunabhängigen Kommunikationsstandards,

der sich zur durchgängigen Vernetzung aller

Produktionsebenen einsetzen lässt. Durch das integrierte

komplexe Informationsmodell besteht die Möglichkeit,

verschiedene Sachverhalte semantisch zu

beschreiben oder auch weitere bestehende Standards

mit Companion-Spezifikationen einzubinden. Ein Beispiel

der Kombination von AutomationML mit OPC UA

wird in [45] beschrieben.

Unter den Schlagwörtern Internet der Dinge und Internet

der Dienste und Nutzung der entsprechenden

Technologien ergeben sich nun neue Möglichkeiten, die

einen grundlegenden Wandel im Verständnis der Leittechnik

und deren ebenenübergreifender Kommunikation

mit sich führen können. Diese Technologien bedeuten

die konsequente Durchdringung aller Ebenen der

Leittechnik mit Internet-Technologien und dazugehörigen

Standards, unter anderem der Internet Engineering

Task Force (IETF, http://www.ietf.org/), des World Wide

Web Consortiums (W3C, http://www.w3.org/) und der

Organization for the Advancement of Structured Information

Standards (OASIS, https://www.oasis-open.org/).

Dies umfasst einerseits die eingesetzten Kommuni-

atp edition

4 / 2014

47


HAUPTBEITRAG

kationstechnologien, zum Beispiel TCP/IP, bis auf die

Ebene der einzelnen Sensoren und Aktoren, was durch

die Standardisierung von IPv6 und weltweit eindeutige

Bezeichner für Ressourcen, wie Uniform Resource

Identifier (URI) des WWW, ermöglicht wurde. Andererseits

bedeutet dies aber auch die konsequente Anwendung

von Datenbeschreibungssprachen, wie die

Extensible Markup Language (XML) mit ihren zahlreichen

Profilen und Erweiterungen, zum Beispiel AutomationML,

zur Beschreibung der Eigenschaften und

Fähigkeiten von Produktionsanlagen [46] und den zugehörigen

Planungsdaten. Liegen in XML oder XMLbasierten

Beschreibungssprachen entsprechende zeitdiskrete

Abbildungen der Situation in der Produktion

vor, kann beispielsweise die Web Ontology Language

(OWL) zur formalen Beschreibung von Zusammenhängen

oder Sachverhalten genutzt werden. Diese zusätzliche

Semantik kann in Ontologien hinterlegt sein.

Dadurch kann auf ontologische Konzepte von Systemen

aus der Leittechnik referenziert werden (semantische

Annotation), um die Bedeutung von Datenelementen

und existierende Restriktionen oder Relationen

zu spezifizieren.

In der Kombination dieser Internet-Technologien ergibt

sich so die Definition von generischen IKT-Plattformen,

die den Zugriff auf leittechnische Information

ermöglichen, vermitteln und absichern, vom Sensor bis

hin zum mobilen Endgerät. Leittechnik-Funktionalitäten

werden dann als Dienste angeboten [47].

Durch diese technologiegetriebene Entwicklung ergeben

sich folgende neue Möglichkeiten:

Übergreifende Leittechnik: Bislang fachlich unterschiedliche

und technisch getrennte Anwendungen,

zum Beispiel aus der Produktions-, Gebäude-

und Energieleittechnik, können mit einheitlichen

Technologien basierend auf Leittechnik-Spezifikationen

mit Hilfe verständlicher,

grafischer Beschreibungsmittel [48, 49] leichter

zusammengeführt werden. Dies ermöglicht beispielsweise

die Steuerung der Produktionsanlagen

und der Gebäudetechnik auf der Grundlage

eines einheitlichen Arbeitszeitmodells, oder die

Berücksichtigung von Energiepreissignalen als

Optimierungskriterium der Fertigungsfeinplanung.

Voraussetzung für eine solche Umsetzung

in der Praxis mit vertretbarem Aufwand sind vorliegende

elektronische Beschreibungen der Produktionssituation,

beispielsweise in Automation-

ML [50] als XML-basierter Beschreibungssprache,

sowie formal spezifizierte Rahmenbedingungen,

zum Beispiel in OWL-Ontologien [51-53], um die

bisher durch die Anwendungen getrennten Datenbestände

zusammenzuführen und die vordefinierten

Reaktionen der Anwendungen übergreifend

zu planen.

Vereinheitlichung der Benutzerschnittstelle: Aus

dem Büro- und Privatbereich gewohnte Benutzerführungsparadigmen

und Werkzeuge, wie Webbrowser

oder mobile Endgeräte, lassen sich einfacher

auf allen leittechnischen Ebenen einsetzen,

was die Akzeptanz erhöht und den Schulungsaufwand

verringert. Zudem können Innovationen in

der Mensch-Maschine-Schnittstelle, zum Beispiel

gestenbasierte oder blickgesteuerte Interaktion,

leichter integriert werden (vergleiche Abschnitt 2.5).

2.4 Vom Feldbus zum ERP-System

Grundlage vieler der zuvor beschriebenen Funktionen

ist die durchgängige Kommunikationsinfrastruktur. So

muss die Information zwischen der Sensor- und ERP-

Ebene möglichst ohne Transitsysteme, die projektiert

werden müssen, in der notwendigen Qualität zur Verfügung

stehen. Hierzu werden auf der physikalischen

Ebene neben den etablierten Feldbussystemen zunehmend

Kommunikationssysteme eingesetzt, die ihren

Ursprung in der Bürokommunikation haben, wie Ethernet,

WLAN, Bluetooth, NFC. Da automatisierte technische

Prozesse hohe Anforderungen an den zuverlässigen

Betrieb haben, sind anwendungsbezogene Dienstgüteparameter,

wie das Zeitverhalten, Safety, Security

und Verfügbarkeit zu garantieren. Darum wurden die

Systeme aus der Bürokommunikation angepasst und

führten zum Beispiel zu verschiedenen Ausprägungen

eines echtzeitfähigen Ethernets. Um die Vorteile der

vielfältigen physikalischen Kommunikationstechniken

nutzen zu können, gleichzeitig die zuvor beschriebene

Durchgängigkeit zu realisieren, ist eine gemeinsame

Protokollebene notwendig. Das könnte künftig das Internet-Protokoll

(IP) sein. Insbesondere IPv6 verfügt

über einen hinreichend großen Adressraum, sodass

selbst einzelne Sensoren mit einer global eindeutigen

IP-Adresse versehen werden können.

Nach der IP-Konnektivität ist der nächste Schritt die

Abstraktion von den physikalischen Kommunikationssystemen

und der Übergang zu einer dienstorientierten

Architektur. Eine vielversprechende Technologie hierfür

ist wiederum OPC UA. Es ließ sich nachweisen, dass

OPC UA eine derart hohe Skalierungsfähigkeit hat, dass

es selbst auf einfachsten ressourcenbeschränkten eingebetteten

Systemen eingesetzt werden kann [54, 55].

Echtzeit-Ethernetsysteme erlauben beispielsweise die

gleichzeitige Nutzung von IP-Kommunikation, die für

OPC UA verwendet wird. Damit lässt sich ein durchgängiger

Informationsfluss vom Sensor bis in das ERP-

System und das Internet bei gleichzeitig lokaler Realisierung

hochdynamischer Steuerungs- oder Regelungsvorgänge

realisieren (siehe Bild 2).

Im Kontext der Industrie 4.0 wird auch die Maschine-zu-Maschine-(M2M)-Kommunikation

unter Nutzung

des Internets eine zunehmende Bedeutung bekommen

(Internet der Dinge). Die Herausforderung

besteht in der adaptiven Nutzung der Übertragungsstrecke,

die durch das Mobilfunknetz und das Internet

gebildet wird. In [56] wurden in umfangreichen Messungen

an existierenden Mobilfunktechnologien

(2G/3G/4G) signifikante Verbindungsabbrüche nachgewiesen,

die eine Nutzung für Anwendungen mit hohen

48

atp edition

4 / 2014


Zuverlässigkeitsanforderungen stark einschränken.

Hier ist künftig eine engere Abstimmung der Dienstgüteparameter

der jeweiligen Anwendung mit den

Möglichkeiten des Providers notwendig.

2.5 Von Tastatur und Maus zur intuitiven Interaktion

Als Herausforderung aus den behandelten Entwicklungen

tritt für die Informatik die einfache und natürliche,

kurzum Mensch-zentrierte, Interaktion mit cyber-physischen

Systemen in der Fabrik in den Vordergrund.

Diese Interaktion umfasst

direkte Schnittstellen, über die ein Mensch Rechner

unmittelbar instruiert und

indirekte Schnittstellen, über die ein Rechner die

Aktivitäten von und die Interaktion zwischen Menschen

beobachtet und von diesen lernt, um sie zu

unterstützen.

Der Kontext menschlicher Aktivitäten wird hierbei

berücksichtigt. Dazu bedarf es wahrnehmender Systeme,

die menschliche Aktionen und Interaktionen

erfassen und interpretieren können. Der visuelle Kanal

bietet eine hohe Fülle und Dichte an Information

zur Erschließung der sichtbaren Umgebung. Die visuelle

Perzeption des menschlichen Handelns durch die

Maschine beschäftigt sich mit dem Sehen und Verstehen

dessen, wer was wo und wann tut und mit wem

er auf welche Weise interagiert. Verstehen Computer

Benutzerabsichten und Handlungskontexte, können

sie Menschen in ihrer Arbeit unterstützen. Dieses Verständnis

ist essenziell, um solche Systeme beispielsweise

im Umgang mit industriellen oder humanoiden

Robotern erfolgreich einsetzen zu können oder eine

REFERENZEN

[1] Abele, E., Reinhart, G. (Hrsg.): Zukunft der Produktion.

Hanser-Verlag 2011

[2] Bischoff, J., Barthel, H., Eisele, M.: Automobilbau mit Zukunft.

LOG_X Verlag 2007

[3] Sauer, O., Jasperneite, J.:Informationstechnik in der Fabrik der

Zukunft. Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb ZwF

2011(12), S. 955-962, 2011

[4] Promotorengruppe Kommunikation der Forschungsunion

Wirtschaft – Wissenschaft (Hrsg.): Umsetzungsempfehlungen

für das Zukunftsprojekt Industrie. acatech 4.0. April 2013

[5] Wahlster, W., Raffler, H.: Forschen für die Internet-

Gesellschaft: Trends, Technologien, Anwendungen.

Trends und Handlungsempfehlungen 2008 des Feldafinger

Kreises, 2008

[6] Schabacker, M.: Inhalte und Auswertung der Initiative.

Pressekonferenz Halbzeit der Initiative ENGINEERING

produktiv!, 22. April 2008

[7] European Commission. MANUFUTURE – a vision for 2020,

Assuring the future of manufacturing in Europe, Luxembourg:

Office for Official Publications of the European Communities.

2004 – 20 pp. ISBN 92-894-8322-9

[8] MANUFUTURE Germany: Management Summary. Strategic

Research Agenda MANUFUTURE Germany, 2006

[9] ElMaraghy, W.H.: Manufacturing Complexity Management.

3rd International Conference on Changeable, Agile and

Virtual Production (CARV 2009), Munich, Germany, October,

2009

[10] Wiendahl, H.-P. et al: Changeable Manufacturing – Classification,

Design and Operation. Annals of the CIRP, Vol 56/2/2007,

S. 783-809

[11] Geisberger E., Broy, M. (Hrsg.): agendaCPS. Integrierte

Forschungsagenda Cyber-Physical Systems. Acatech Studie.

Springer-Verlag: 2012

[12] Reisgen, U., Buchholz, G., Beckers, M., Willms, K.: Bausteine der

modellbasierten Selbstoptimierung beim automatisierten

MSG-Schweißen. Wirtschaftliche Fertigung durch fügetechnische Automatisierung,

Roboter, 2011. In: DVS-Berichte, Band 279 (2011), S. 40-46 Düsseldorf:

DVS-Verlag 2011

[13] Jasperneite, J., Niggemann, O.: Intelligente Assistenzsysteme zur Beherrschung

der Systemkomplexität in der Automation. atp edition - Automatisierungstechnische

Praxis 9/2012, Oldenbourg Verlag, München, Sep 2012

[14] Faltinski, et.al: Detecting Anomalous Energy Consumptions in Distributed

Manufacturing Systems (in press). In: IEEE 10th International Conference on

Industrial Informatics INDIN, Beijing, China, 2012

[15] Gilani, S., Windmann, S., Pethig, F., Kroll, B., Niggemann, O.: The Importance

of Model-Learning for the Analysis of the Energy Consumption of Production

Plant. In: 18th IEEE International Conference on Emerging Technologies and

Factory Automation (ETFA), 2013

[16] Niggemann, O. et al.: Learning Behavior Models for Hybrid Timed Systems.

In: Twenty-Sixth Conference on Artificial Intelligence (AAAI-12). Toronto,

Ontario, Canada, 2012, S. 1083–1090

[17] Vodencarevic, A., Kleine Büning, H., Niggemann, O., Maier, A.:

Identifying Behavior Models for Process Plants. In: Proc. of the 16th

IEEE International Conf. on Emerging Technologies and Factory

Automation ETFA’2011. Toulouse, France, September 2011,

S. 937–944

[18] Maier, A., Tack, T., Niggemann, O.: Visual Anomaly Detection in

Production Plants. In: (To be published) 9th International Conference

on Informatics in Control, Automation and Robotics (ICINCO), Rome,

Italy, Jul 2012

[19] Tack, T., Maier, A., Niggemann, O.: Visuelle Anomalie-Erkennung in

Produktionsanlagen. In: VDI Kongress AUTOMATION. Baden Baden, Juni 2013

[20] Pfeifer, T., Richter, M.M. (Hrsg.): Diagnose von technischen Systemen,

Grundlagen, Methoden und Perspektiven der Fehlerdiagnose. Deutscher

Universitaets-Verlag, 1993

[21] Bach, R., Niggemann, O., Winterling, P., Zeller, V.: Die Zuverlaessigkeit der

Q-Faktor-Messung bei beliebigen Signalstoerungen. In: ITG Fachtagung

Photonische Netze, 2003

[22] Zhan, Y., Zeng, X., Liu, M.: Fault diagnosis of marine main engine shaft using

support vector machines. pages 1 –5, apr. 2008

atp edition

4 / 2014

49


HAUPTBEITRAG

sichtgestützte Assistenz in sicherheitskritischen Arbeitsumgebungen

anzubieten.

Grundlegende Perzeptionskomponenten sind die

Personenlokalisierung sowie Personenidentifikation,

Erfassung der Körperhaltung einschließlich

Gesten sowie das

Nachvollziehen der visuellen Aufmerksamkeit

von Personen.

Die durch die Sensorauswertung gewonnene Information

wird dazu genutzt, die maschinelle Umgebung

aufmerksam gegenüber den menschlichen Handlungen

und Absichten zu machen, um den Personen dann bei

ihrer Zusammenarbeit sowie bei der Interaktion mit

dem assistierenden System selbst zu assistieren. Basierend

auf Tracking- und Identifikationsergebnissen kann

eine solche aufmerksame Umgebung damit personalisierte

Arbeitsplätze genau dort anzuzeigen, wo sich die

jeweiligen Benutzer befinden. Durch das Wissen, wer

sich wo aufhält, ist es darüber hinaus möglich, den

entsprechenden Benutzern gezielt Nachrichten an ihren

aktuellen Positionen zu übermitteln, zum Beispiel

an einem nahegelegenen Display.

Die vollständige Erfassung der Körperhaltung erlaubt

es, Zeige- und Handgesten zu erkennen, die direkt

zur Interaktion mit den angezeigten Arbeitsplätzen

beziehungsweise mit den dort zu bearbeitenden

Objekten genutzt werden können, zum Beispiel beim

display-übergreifenden Arbeiten. Auch manuelle

Montagetätigkeiten werden damit für ein System verständlich,

ebenso wie eine natürliche, gestenbasierte

Interaktion mit Robotern und Maschinen, beispielsweise

[66, 67].

Vervollständigt wird dieses Wissen über die Beobachtung

der Aufmerksamkeitszuwendung der jewei-

REFERENZEN

[23] Z. Jiajia, P. Hongbin, H. Huixian, and L. Shasha. Electric power transformer

fault diagnosis using ols based radial basis function neural network.

pages 1 –4, apr. 2008

[24] H. Li, B. Yin, N. Li, and J. Guo. Research of fault diagnosis method of

analog circuit based on improved support vector machines. volume 1,

pages 494 –497, may. 2010

[25] Struss, P.: Fundamentals of Model-Based Diagnosis of Dynamic Systems.

In Proceedings of the 15th International Joint Conference on Artificial

Intelligence, Nagoya, Japan, 1997

[26] Frey, C.: Diagnosis and monitoring of complex industrial processes based

on self-organizing maps and watershed transformations. In IEEE

International Conference on Computational Intelligence for Measurement

Systems and Applications, 2008

[27] Isermann, R.: Model-based fault detection and diagnosis - status and

applications. In 16th IFAC Symposium on Automatic Control in Aerospace,

St. Petersbug, Russia, 2004

[28] Christiansen, L., Fay, A., Opgenoorth, B., Neidig, J.: Improved Diagnosis

by Combining Structural and Process Knowledge. IEEE Conference on

Emerging Technologies & Factory Automation, 16, 2011, pp. 1-8

[29] Dvorak, D.: Process monitoring and diagnosis. IEEE Expert, 1991

[30] Struss, P., Ertl, B.: Diagnosis of bottling plants - first success

and challenges. In: 20th International Workshop on Principles of

Diagnosis, 2006

[31] Behrens, M., Provan, G., Boubekeur, M., Mady, A.: Model-Driven Diagnostics

Generation for Industrial Automation. Industrial Informatics, 2009.

INDIN 2009. 7th IEEE International Conference on, 2009, pp. 708 –714

[32] Ferracuti, F., Giantomassi, A., Longhi, S.: Multi-Scale PCA based fault

diagnosis on a paper mill plant. IEEE ETFA 2011

[33] Zaied, R., Abhary, K.: A Design of an Intelligent Maintenance Integrated

System into Manufacturing Systems. IEEE International Conference on

Industrial Technology, 2009, pp. 1-6

[34] Bildmayer, R.: Logistischer Leitstand. In: GI Jahrestagung (2),

2007, S. 353-361

[35] Bratukhin, A., Sauter, Th.: Bridging the gap between centralized and

distributed manufacturing execution planning. In: Proceedings of: IEEE

International Conference on Emerging Technologies and Factory

Automation, 13.-16. September 2010, Bilbao, Spanien, 2010

[36] Grund, M.: Hyrise: A main memory hybrid database storage engine.

Dissertation an der Mathematisch-Naturwissenschaftliche

Fakultät, Universität Potsdam, 2012

[37] Kletti, J.: MES-Futurologie – Die europäische Antwort auf die

Globalisierung. MES Wissen Kompakt 2010, S. 10-12, 2010

[38] Münnemann, A.: Die Schnittstelle PLS/MES – Erfahrungen und

Herausforderungen. In: VDI-Berichte 2092, AUTOMATION 2010,

ohne Seiten

[39] Frey, C: Monitoring of complex industrial processes based on

self-organizing maps and watershed transformations. In: IEEE

International Conference on Industrial Technology, ICIT 2012:

Athens, Greece, 19-21 March, 2012 New York, NY: IEEE, 2012

[40] Oliver Niggemann, Benno Stein, Asmir Vodencarevic, Alexander

Maier, and Hans Kleine Büning. Learning behavior models for

hybrid timed sys- tems. In Twenty-Sixth Conference on Artificial

Intelligence (AAAI-12), pages 1083–1090, Toronto, Ontario,

Canada, 2012

[41] Bauernhansl, Th. (Hrsg.): Virtual Fort Knox. Abschlussbericht,

Stuttgart: Juni 2013

[42] Enste, U., Mahnke, W.: OPC Unified Architecture - Die nächste

Stufe der Interoperabilität. at – Automatisierungstechnik

59 (2011) 7

[43] Faltinski, S. et.al.: Detecting anomalous energy consumptions in

distributed manufacturing systems. In: 9th IEEE International

Conference on Industrial Informatics (INDIN), 2012, S. 358 – 363

[44] Chandola, K, Banerjee, L., Kumar, M.: Anomaly Detection for

Discrete Sequences: A Survey. In: IEEE Transactions on Knowledge

and Data Engineering 24 (2012), S. 823–839

[45] Schleipen, M.: Adaptivität und semantische Interoperabilität für

Manufacturing Execution Systeme (MES)“, Karlsruher Schriften

zur Anthropomatik, 2012

[46] Pfrommer, J., Schleipen, M., Beyerer, J.: Fähigkeiten adaptiver

Produktionsanlagen. atp edition 55 (11), Ausgabe 11/2013, Seite 42-49

50

atp edition

4 / 2014


ligen Person, die dem System mitteilt, worauf sie sich

konzentriert, worauf sie achtet und mit wem oder was

sie interagieren möchte. Nicht nur Assistenzsysteme

profitieren hiervon, weil sie damit nachvollziehen können,

ob der Benutzer zum Beispiel angezeigte Meldungen

oder Information bereits wahrgenommen hat;

ebenso Sicherheitssysteme können davon Gebrauch

machen, indem sie beobachten und reagieren können,

wann Notfallmechanismen ausgelöst werden müssen,

zum Beispiel weil der Benutzer sich unaufmerksam im

Umgang mit einer Maschine verhält.

Aktuelle konkrete Einsatzfälle in der Fertigung sind

die gestenbasierte Interaktion in der Qualitätssicherung

[57], die sichere Interaktion von Menschen und Industrierobotern

ohne Sicherheitskäfige oder manuelle

Montagearbeitsplätze, die Montageabläufe lernen und

die Mitarbeiter darin unterstützen, die Werkstücke korrekt

zu fügen und die richtigen Teile zu greifen.

2.6 Von der digitalen Fabrik ins Laufzeitsystem

Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass sich

der Prozess der Planung und Inbetriebnahme einer Fabrik,

ihrer Maschinen und Anlagen und deren Komponenten

in Zukunft grundlegend verändern wird: Anlagen

werden aus mechatronischen Komponenten zusammengebaut,

die durch (3D-)Geometrie, Kinematik und

Logik, das heißt Teilen von Steuerungsprogrammen,

gebildet werden [58, 59]. Diese intelligenten Komponenten

kennen ihre Fähigkeiten und wissen, in welche

Anlagen sie eingebaut werden können. Gegebenenfalls

ändern sie Konfigurationseinstellungen selbständig,

um sich an die Fertigungsaufgabe und an die Anlage,

in die sie eingebaut werden, anpassen zu können. Aktuelle

Entwicklungen bei selbstkonfigurierenden Werkzeugmaschinen

sind in [60, 61] beschrieben. Die dort

erarbeiteten Ergebnisse befinden sich jedoch noch im

[47] Schlütter, M., Epple, U., Edelmann, T.: Dienstesysteme für die

Leittechnik — Ein Einblick. In: VDI-Berichte 2067, Automation

2009: Fit for Efficiency, Kurzfassung: S. 21-24, Langfassung auf

beiliegender CD. Düsseldorf, VDI Verlag, 2009

[48] Ricken, M., Vogel-Heuser, B.: Engineering von Manufacturing

Execution Systems. In: SPS/IPC Drives Kongress, Nürnberg,

24.-26.11.2009

[49] Ricken, M., Vogel-Heuser, B.: Modeling of Manufacturing

Execution Systems: an interdisciplinary challenge. In:

Proceedings of: IEEE International Conference on Emerging

Technologies and Factory Automation, 13.-16. September

2010, Bilbao, Spanien, 2010

[50] Drath, R., Lüder, A., Peschke, J., Hundt, L.: AutomationML

- the glue for seamless automation engineering. In:

International Conference on Emerging Technologies and

Factory Automation (ETFA), S. 616-623, 2008

[51] Brecher, Ch. (Hrsg.): Integrative Produktionstechnik für

Hochlohnländer, Springer-Verlag, 2011

[52] ISO/TS 15926-8:2011 Industrial automation systems and

integration—Integration of life-cycle data for process plants

including oil and gas production facilities—Part 8: Web

Ontology Language (OWL) implementation, 2011

[53] Rezk, M., Nutt, W.: Combining Production Systems and

Ontologies. RR 2011, S. 287-293, 2011

[54] Imtiaz, J., Jasperneite, J.: Scalability of OPC-UA down to the

Chip Level Enables „Internet of Things“. In: 11th International

IEEE Conference on Industrial Informatics 2013 Bochum,

Germany, Jul 2013

[55] its-OWL Spitzenclusterprojekt Intelligente Vernetzung,

http://www.its-owl.de/technologiecluster/projekte/QP_Intelligente_Vernetzung.php,

abgerufen am 28.7.2013

[56] Shrestha, G. M., Jasperneite, J.: Performance Evaluation of

Cellular Communication Systems for M2M Communication in

Smart Grid Applications. In: Computer Networks - CN2012.

Szczyrk, POLAND, Jun 2012

[57] Schick, A., Sauer, O.: Gestenbasierte Qualitätskontrolle - Intuitive Mensch-

Maschine-Interaktion in der Industrie. wt online, zur Veröffentlichung

eingereicht

[58] Prinz, J., et.al: Beschreibung mechatronischer Objekte durch Merkmale.

atp edition 7-8/2011, S. 62-69

[59] Wascher, F., Kayser, K.-H., Würslin, R.: Softwareunterstützte mechatronische

Entwicklung im Maschinen- und Anlagenbau. In: Tagungsband zum 8.

Fachwissenschaftliches Kolloquium für Angewandte Automatisierungstechnik

in Lehre und Entwicklung an Fachhochschulen, Göppingen 2011, Seite 121-131

[60] Mauderer, M.: Ein Beitrag zur Planung und Entwicklung von rekonfigurierbaren

mechatronischen Systemen am Beispiel von starren Fertigungslinien. iwb

Forschungsbericht Nr. 250, München: Herbert Utz-Verlag, 2011

[61] Kircher, Ch.: Selbstadaptierende NC-Steuerung für rekonfigurierbare

Werkzeugmaschinen. Berichte aus dem Institut für Steuerungstechnik der

Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität

Stuttgart, Nr. 185, Heimsheim: Jost-Jetter-Verlag, 2011

[62] Diedrich, Ch., Lüder, A., Hundt, L.: Bedeutung der Interoperabilität bei

Entwurf und Nutzung von automatisierten Produktionssystemen. at – Automatisierungstechnik

59 (2011) 7, S. 426-438

[63] John, D., Jasperneite, J.: Interoperabilität auf Feldebene. at – Automatisierungstechnik

59 (2011) 7, S. 406-411

[64] Sauer, O.: Automated engineering of Manufacturing Execution Systems – a

contribution to “adaptivity” in manufacturing companies. In: Bernard, A.:

Proceedings of DET2008, 5th International Conference on Digital

Enterprise Technology, Nantes, France, 22-24 October 2008, pp. 181-191.

Paris: Éditions Publibook, 2010

[65] Fraunhofer-Gesellschaft: Internet der Dienste. weiter.vorn Fraunhofer-

Magazin 1.12 Beilage THESEUS. http://www.fraunhofer.de/content/dam/

zv/de/publikationen/Magazin/2012/1-2012_THESEUS/THESEUS.pdf.

Letzter Aufruf: 24.07.2013

[66] Dose, S.; Dillmann, R.: Eine intuitive Mensch-Maschine-Schnittstelle für die

automatisierte Kleinserienmontage. In: VDI-Bericht 2171, VDI-Verlag,

Düsseldorf 2012, S. 271-274

[67] J. Krüger, T. K. Lien, A. Verl: Cooperation of human and machines in assembly

lines. In: CIRP Annals Manufacturing Technology. 58 (2009), No. 2, p. 628-646

atp edition

4 / 2014

51


HAUPTBEITRAG

Stadium der Grundlagenforschung. Die Integration von

Feldgeräten in Automatisierungssysteme über Plugand-work

wird unter anderem in [62, 63] beschrieben.

Eine Selbstkonfiguration (Plug-and-work) von Anlagen

und Automation verkürzt Inbetriebnahme- und Umbauphasen

von Anlagen signifikant. Aufwendige manuelle

Engineering-Schritte entfallen, zum Beispiel ein

Umschreiben von Software. Aktuell arbeiten die Autoren

im Rahmen eines Projekts daran, durchgängige und

sichere Plug-and-work-Technologien, basierend auf

existierenden Standards von der Feldebene bis zum

MES zu entwickeln (siehe Bild 3).

Dabei ist es das Ziel, auf existierenden Standards

basierende Methoden und Werkzeuge sowie Konzepte

für Informations- und Softwarearchitekturen zu erarbeiten,

die eine durchgängige, konsistente und gesicherte

Datenverarbeitung bei Änderungen in einer der

beteiligten Hierarchieebenen der Fertigung an die

anderen Teilnehmer der Fabrik ermöglichen, zum Beispiel

Feldgeräte, Maschinen und Anlagen, IT-Systeme.

Dazu werden Eigenschaften und Fähigkeiten direkt

auf den Komponenten gespeichert. Parallel zur physischen

Integration stehen sie damit über eine Schnittstelle

direkt in der Steuerung zur Verfügung. Die Komponentenhersteller

ermitteln vorab die hierzu benötigte

Information und hinterlegen sie auf den Bauteilen.

Durch die physische und informelle Integration wird

eine Zeitersparnis von rund 20 % bei Erstinbetriebnahme,

Instandhaltungstätigkeiten und Änderungen

der Produktion möglich. Noch höhere Potenziale erwarten

die Autoren, wenn sich die Konfigurationsaufwendungen

für überlagerte produktionsnahe IT-Systeme

(MES) reduzieren lassen. Grund für diese bereits

anhand von Demonstratoren nachgewiesene Abschät-

AUTOREN

Dipl.-Ing. CHRISTIAN FREY (geb. 1968) leitet die

Forschungsgruppe Multi-Sensorsysteme im Fraunhofer

IOSB. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in

der Entwicklung von datengetriebenen lernfähigen

Methoden für die Überwachung von komplexen

industriellen Produktionsprozessen.

Fraunhofer IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

E-Mail: christian.frey@iosb.fraunhofer.de

Dr.-Ing. MICHAEL HEIZMANN (geb. 1971) leitet die Abteilung

Mess-, Regelungs- und Diagnosesysteme (MRD) im

Fraunhofer IOSB. Sein derzeitiges Forschungsinteresse

liegt in den Bereichen Mess-, Regelungs- und Automatisierungstechnik,

darin besonders automatische Sichtprüfung

und Bildverarbeitung sowie Bild- und Informationsfusion.

Fraunhofer IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

E-Mail: michael.heizmann@iosb.fraunhofer.de

Prof. Dr.-Ing. JÜRGEN JASPERNEITE (geb. 1964) leitet in

Personalunion das Fraunhofer IOSB-INA in Lemgo und

das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT)

der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Sein derzeitiges

Forschungsinteresse liegt im Bereich IKT-basierter

Automatisierungstechnologien.

Fraunhofer-Anwendungszentrum

Industrial Automation (IOSB-INA),

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 70 25 72,

E-Mail: juergen.jasperneite@iosb-ina.fraunhofer.de

Prof. Dr. rer.nat. OLIVER NIGGEMANN (geb. 1971) ist

stellvertretender Leiter des Fraunhofer IOSB-INA und

Professor an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit

2008 ist er Vorstandsmitglied des Instituts für industrielle

Informationstechnik (inIT). Sein derzeitiges Forschungsinteresse

liegt im Bereich der intelligenten

Automationssysteme.

Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation (IOSB-INA),

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,

E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de

Dr.-Ing. OLAF SAUER (geb. 1963) studierte an der Universität

Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen. Nach beruflichen

Stationen in Industrie und Beratung arbeitet er seit

2004 am Fraunhofer IOSB. Er ist Lehrbeauftragter am

Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Vorsitzender

des Fachbereichs Informationstechnik des VDI sowie

Mitglied des Vorstandes der Wirtschaftsstiftung Südwest.

Fraunhofer IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

Tel. +49 (0) 721 609 14 77, E-Mail: olaf.sauer@iosb.fraunhofer.de

Dr.-Ing. MIRIAM SCHLEIPEN (geb. 1983) arbeitet seit 2005

am Fraunhofer IOSB. Sie leitet die Gruppe Leitsysteme

und Anlagenmodellierung. Ihr Hauptinteresse gilt

aktuell der Adaptivität und Interoperabilität von Komponenten

und Systemen in Produktion.

Fraunhofer IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

E-Mail: miriam.schleipen@iosb.fraunhofer.de

52

atp edition

4 / 2014


zung [64] ist, dass viele der Daten, die zur Konfiguration

eines MES benötigt werden, in den vorgelagerten

Engineering-Phasen bereits beschrieben und in eigens

dafür genutzten IT-Systemen hinterlegt sind (digitale

Fabrik). Dabei sind Sicherheitsmechanismen, wie Authentifizierung

und Autorisierung (Rechteverwaltung),

in die Architektur von CPS-Systemen von vornherein

zu integrieren: Über die Werkzeuge und Entwicklungsumgebungen,

die beispielsweise AutomationML-kompatible

Objekte erzeugen, ist sichergestellt,

dass sensible Daten im frühestmöglichen Stadium

gegen Angriffe durch Abhören und Modifikation geschützt

sind. Dafür werden standardisierte Security-

Mechanismen wie Verschlüsselung, Signieren von

Daten sowie Authentifizieren von Datenobjekten und

Steuerungskomponenten eingesetzt, damit sich nur

autorisierte Komponenten in das Produktionssystem

Dr.-Ing. THOMAS USLÄNDER (geb. 1961) leitet

die Abteilung Informationsmanagement und

Leittechnik (ILT) im Fraunhofer IOSB. Sein

Forschungsinteresse liegt im Bereich der

Anforderungsanalyse und der Architekturkonzeption

von offenen, serviceorientierten

Informations-, Leit- und Testsystemen auf der

Grundlage internationaler IT-Standards. Er ist

Mitglied des VDI/VDE-GMA Fachausschuss

7.21 Industrie 4.0 – Begriffe, Referenzmodelle,

Architekturkonzepte.

Fraunhofer IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

E-Mail: thomas.uslaender@iosb.fraunhofer.de

Dr.-Ing. MICHAEL VOIT (geb. 1979) leitet die

Forschungsgruppe Perceptional User Interfaces

im Fraunhofer IOSB. Die Gruppe konzentriert

sich auf Maschinensehen und Situationsmodellierung,

um innovative Benutzerschnittstellen

und intelligente Räume zu ermöglichen.

Fraunhofer Institut für Optronik,

Systemtechnik und Bildauswertung IOSB,

Fraunhofer Straße 1, D-76131 Karlsruhe,

E-Mail: michael.voit@iosb.fraunhofer.de

einklinken können. Dazu erhalten Komponenten ein

Zertifikat und die Kommunikation der Konfigurationsdaten

wird verschlüsselt.

FAZIT UND FORSCHUNGSBEDARF

Neben den im Maschinenbau heute existenten Innovationskompetenzen

werden in der Industrie 4.0 neue

Kompetenzen in der Softwareentwicklung erforderlich,

zum Beispiel das Denken in Diensten mit klar definierten

technischen und organisatorischen Schnittstellen.

Ziel weiterer Forschungsarbeiten muss es daher

sein, Strategien und Instrumente zu entwickeln, die

Hersteller von automatisierten Anlagen und Maschinen

beziehungsweise Komponenten dabei unterstützen,

ihre Innovationsprozesse so umzubauen, dass sie auf

Software-Kompetenzen zugreifen können. Erst dann

können sie – basierend auf den technischen Entwicklungen

– neuartige Dienstleistungsangebote und Geschäftsmodelle

im Sinne des Internets der Dienste [65]

konzipieren.

Die in der Automation eingesetzten Technologien

werden zunehmend durch die Möglichkeiten der Informatik

und der Informations- und Kommunikationstechnologien

bestimmt. Viele dieser Schlüsseltechnologien

kommen aus den USA oder Asien. Für Deutschland

gilt es, das Potenzial an der Schnittstelle zwischen

IKT-Kompetenz und produkt- und prozessspezifischem

Know-how zu heben: Ingenieure, Informatiker und Automatisierungsspezialisten

müssen stärker als bisher

zusammenarbeiten.

Industrie 4.0 ist ein strategisches Rahmenprogramm,

um die zunehmende Informatisierung in der produzierenden

Industrie zu verankern. Viele Einzeltechnologien

sind schon vorhanden und müssen jetzt industrie-tauglich

zusammengeführt werden – an anderen Stellen besteht

noch Forschungsbedarf; wesentliche Teile davon

sind bereits in den Umsetzungsempfehlungen [4] beschrieben.

Gleichwohl fehlt ein nationaler Fahrplan

(Roadmap), welche Fragestellungen durch welche Stakeholder

in welcher Reihenfolge bearbeitet werden. Laufende,

beziehungsweise anlaufende Förderprojekte müssen

besser miteinander verzahnt werden, um Doppelarbeiten

zu vermeiden und sicherzustellen, dass tatsächlich

offene und praxisrelevante Fragen beantwortet

werden. Zu definierende Kompetenzzentren würden

dafür sorgen, dass sich F&E-Einrichtungen und Institute

auf bestimmte Themen fokussieren, statt wie heute immer

weiter zu diversifizieren. Diese Industrie 4.0-Zentren

eignen sich vor allem für gemeinsame F&E-Arbeiten von

Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Auch Demonstrationsanlagen

wie die verteilte Demonstrationsplattform

MyJoghurt, siehe http://www.ais.mw.tum.de/

de/i40-demonstrator-myjoghurt/, bieten den Nutzen,

Industrie 4.0-Technologien zu erproben und zu präsentieren.

MANUSKRIPTEINGANG

08.08.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

atp edition

4 / 2014

53


HAUPTBEITRAG

Intelligente Assistenzsysteme

für die Automation

Menschen bei der Prozessführung besser unterstützen

Die immer größeren Datenmengen, die in Automatisierungssystemen anfallen, führen

zu einer Überforderung des Menschen bei der Prozessführung und -optimierung.

Eine Möglichkeit, den Anwender bei diesen Aufgaben zu unterstützen, ist es, intelligente

Assistenzsysteme einzusetzen, die die Prozessabläufe automatisch überwachen

und optimieren. Der Beitrag zeigt am Beispiel der am Fraunhofer IOSB-INA

entwickelten Toolbox proKNOWS, wie sich solche Assistenzsysteme bereits heute

in einem heterogenen industriellen Umfeld realisieren lassen.

SCHLAGWÖRTER Intelligente technische Systeme / Optimierung / Diagnose

Intelligent Assistance Systems for Automation –

User Support for Process Control

The increasing amount of data in industrial automation systems causes excessive

demands of the user with respect to process control and optimization. A possibility

to cope with these challenges consists in the application of intelligent assistance

systems, which allow for automatic anomaly diagnosis, process monitoring and

optimization. It is shown – by means of the toolbox proKNOWS, which has been

developed at Fraunhofer IOSB-INA – how these assistance systems can be realized

in a heterogenous industrial environment.

KEYWORDS intelligent technical systems / optimization / diagnosis

54

atp edition

4 / 2014


STEFAN WINDMANN, OLIVER NIGGEMANN, Fraunhofer IOSB-INA

Durch die steigende Leistungsfähigkeit kostengünstiger

Geräte und die Anforderungen der

Produktionstechnik entstehen verteilte Automatisierungssysteme

mit zunehmender

Komplexität. Als Konsequenz fallen immer

größere Datenmengen in industriellen Verarbeitungsprozessen

an [1], die analysiert und bei der Prozessführung

berücksichtigt werden müssen. Daraus ergeben

sich immer höhere Anforderungen an die Datenerfassung,

die Prozessüberwachung, die Fehlererkennung

und an die Analyse der Fehlerursachen. Eine Möglichkeit,

den Anwender bei diesen Aufgaben zu entlasten,

ist die Verwendung neuer Assistenzsysteme, die das

Anlagenpersonal bei der Prozessführung und -überwachung

in industriellen Anwendungen unterstützen.

Zwei typische Anwendungsfälle solcher Assistenzsysteme

sind in Bild 1 skizziert. Der erste betrifft die

Erkennung und Diagnose von Anomalien. Es soll erkannt

werden, wenn das Systemverhalten vom Normalverhalten

abweicht (beispielsweise zu viel oder zu wenig

Schüttgut in einem Behälter). Darüber hinaus sollen

die Ursachen für solche Anomalien (wie Fehler bei der

Abfüllung oder Verstopfungen) diagnostiziert werden.

Der zweite Anwendungsfall besteht in der automatischen

Optimierung des Systemverhaltens hinsichtlich

einer gegebenen Kostenfunktion. Zum Beispiel soll

die Verlustleistung eines Antriebssystems bei vorgegebenen

Randbedingungen hinsichtlich des Bewegungsablaufs

minimiert werden.

Heutige Assistenzsysteme lassen sich wie folgt unterteilen:

Assistenzsysteme auf der Basis universell einsetzbarer

Statistik- oder Data-Mining-Werkzeuge

Komplettlösungen zur Datenerfassung und -analyse

branchenspezifische Speziallösungen.

Beispiele für Data-Mining-Werkzeuge sind Weka (Waikato

Environment for Knowledge Analysis) [2] und

RapidMiner [3]. Weka ist ein frei verfügbares Data-

Mining-Werkzeug, das neben Vorverarbeitungsmethoden

und Methoden zur Cluster- und Assoziationsanalyse

vielfältige Möglichkeiten zur Klassifikation bietet.

Die integrierte Entwicklungsumgebung RapidMiner

ermöglicht es, Data-Mining-Prozesse grafisch zu beschreiben.

In RapidMiner sind Verfahren für die Vorverarbeitung,

das maschinelle Lernen und das Data-

Mining, die Zeitreihenanalyse und die Visualisierung

verfügbar. Darüber hinaus können die Lernalgorithmen

aus Weka eingebunden werden. Beispiele für Statistikpakete

sind R [4] und die Statistics Toolbox von

Matlab. Beide Pakete bieten viele Möglichkeiten zur

statistischen Prozessanalyse, wie beispielsweise Varianzanalysen

(ANOVA), Regressionsverfahren oder statistische

Zeitreihenanalysen.

Verbreitete Lösungen zur Datenerfassung und -analyse

im industriellen Kontext sind SAS Quality Lifecycle

Analysis [5] und SPSS von IBM [6]. Diese Lösungen

ermöglichen es, mittels leistungsstarker Prognoseverfahren,

Qualitätsmängel und aufkommende

Probleme in Produktionsprozessen frühzeitig zu erkennen

und den Anwender automatisch zu benachrichtigen.

Sie bieten darüber hinaus umfangreiche

Möglichkeiten, um große Datenmengen zusammenzuführen

und zu bereinigen. Die beschriebenen Ansätze

haben zwar einen beachtlichen Funktionsumfang,

sind für unerfahrene Anwender aber nicht immer

leicht zu bedienen, da viele Parameter – wie Schwellwerte

für automatische Warnfunktionen – manuell

konfiguriert werden müssen.

Darüber hinaus existieren Speziallösungen, die auf

spezielle Anwendungsfelder zugeschnitten sind. Siemens

bietet mit Siplus CMS [7] Condition-Monitoring-

Lösungen für Motoren, Generatoren, Lüfter, Pumpen

und so weiter an, die einfach in bestehende Automatisierungssysteme

von Siemens integriert werden können.

Condition-Monitoring-Module von B&R, wie das

CM4810 [8], ermöglichen eine lokale Zustandsüberwachung

auf Steuerungsebene. Eine Lösung für die Prozessüberwachung

im Bereich der chemischen Industrie

ist beispielsweise die Software PUMon [9] (process unit

monitoring) von Bayer. PUMon verwendet selbstorganisierende

Karten (SOM) zur Prozessüberwachung. Das

sind Modelle für werte-kontinuierliche Prozesse, die

atp edition

4 / 2014

55


HAUPTBEITRAG

aus fehlerfreien Prozessabläufen gelernt werden können.

In Hinsicht auf die in PUMon eingesetzten Algorithmen,

die am Fraunhofer IOSB im Rahmen der

ProDaMi-Suite [10] entwickelt worden sind, gibt es bereits

Ansätze für eine Generalisierung auf andere Anwendungsfelder,

wie beispielsweise die Überwachung

von Windkraftanlagen.

Bei den beschriebenen Assistenzsystemen ist ein

Zielkonflikt zwischen der Breite der Einsatzmöglichkeiten

und dem Konfigurationsaufwand zu beobachten.

Eine große Flexibilität in den Einsatzmöglichkeiten

wird in der Regel mit hohem manuellen Engineering-

Aufwand erkauft. Eine Möglichkeit, diese Lücke zu

schließen, sind selbstlernende Assistenzsysteme, die

sich aufgrund ihrer Lernfähigkeit ohne großen Konfigurationsaufwand

in bestehende Automatisierungssysteme

integrieren lassen.

Am Fraunhofer IOSB-INA wird mit der Toolbox pro-

KNOWS ein solches Assistenzsystem entwickelt, das

durch die Beobachtung industrieller Prozesse Zusammenhänge

lernt und so Fehler, Anomalien und Optimierungsbedarf

automatisch erkennt (siehe Bild 2). Im

Beitrag werden Aspekte intelligenter Assistenzsysteme

am Beispiel dieser Toolbox aufgezeigt. Die einfache Integration

eines Assistenzsystems in heterogene industrielle

Automatisierungssysteme erfordert eine geeignete

Systemschnittstelle zur Datenerfassung und zur

Manipulation der Prozessabläufe.

1. DATENERFASSUNG

Die betrachteten Assistenzfunktionen arbeiten auf der

Grundlage von Prozessdaten, die über die Systemschnittstelle

des in Bild 2 dargestellten Assistenzsystems

erfasst werden. In industriellen Verarbeitungsprozessen

steigt die Menge verfügbarer Prozessdaten

ständig an, da die Produkte und damit die Verarbeitungssysteme

komplexer werden [1]. Die Daten fallen

in verschiedenen Ebenen und Subsystemen an, wie

beispielsweise Manufacturing Execution System

(MES), Supervisory Control and Data Acquisition

(SCADA) oder Enterprise-Resource-Planning-Systemen

(ERP).

Bislang existiert kein einheitlicher Datenerfassungsansatz,

der einen universellen Einsatz der betrachteten

Assistenzsysteme ermöglicht. Eine mögliche Herangehensweise

an diese Problematik besteht darin,

die heterogenen Netzwerke und Komponenten, die in

der Automatisierungstechnik verwendet werden, über

OPC UA an eine zentrale Infrastruktur anzubinden.

Eine Alternative stellt Device Profile for Webservices

(DPWS) dar [12]. OPC UA verfügt jedoch über ein flexibleres

Informationsmodell und erfordert weniger

Overhead, da es direkt auf TCP/IP statt wie DPWS auf

HTTP aufsetzt.

Die Verwendung einer OPC-UA-Schnittstelle zur Datenerfassung

in heterogenen technischen Systemen

zeigt Bild 3. Datenlogger (DL) ermöglichen die Echtzeit-

Datenerfassung in Ethernet- oder drahtlosen Netzwerken

mit verschiedenen Sensoren (S) und Ein-/Ausgabegeräten

(IOD) [13]. Die einzelnen Datenlogger können

entsprechend dem Standard IEEE 1588 zeitlich synchronisiert

werden.

2. DATENGETRIEBENE PROZESSMODELLIERUNG

Eine datengetriebene Prozessmodellierung ermöglicht

es, intelligente Assistenzsysteme flexibel in komplexen

Automatisierungssystemen einzusetzen. In diesem Ansatz

werden, wie in Bild 2 dargestellt, Prozessmodelle

aus den Prozessdaten gelernt und zur Umsetzung der

Prozessüberwachung (Abschnitt 3) und Prozessoptimierung

(Abschnitt 4) verwendet.

Mit steigender Komplexität der Prozesse und der damit

einhergehenden Daten ist die manuelle Erstellung

solcher Prozessmodelle nicht mehr praktikabel und

zudem sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. Daher

kommt der Entwicklung robuster Lernverfahren, welche

die Prozessmodelle automatisch aus Daten lernen,

eine zunehmende Bedeutung zu.

Beim Modell-Lernen ist das Zusammenspiel kontinuierlicher

und diskreter Prozessgrößen zu berücksichtigen.

So sind in vielen Anwendungen ausgeprägte

Systemzustände, Modes, zu beobachten, die bei Änderungen

diskreter Prozessgrößen (wie Schaltsignalen)

wechseln. Insbesondere das automatische Lernen der

Prozessmodelle für diskrete Systemanteile ist bislang

wenig erforscht. Ansätze hierzu sind MDI [14] und Alergia

[15]. Darüber hinaus sind neben statischen Zusammenhängen

zwischen Prozessvariablen in der Regel

zeitliche Abhängigkeiten in Betracht zu ziehen. Eine

weitere Problematik besteht darin, neben den Modellparametern

ebenso die Struktur der Prozessmodelle

automatisch aus Daten zu lernen.

Das Fraunhofer IOSB-INA entwickelt in Kooperation

mit dem Institut für industrielle Informationstechnik

(inIT) der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo

Ansätze für diese Problemstellungen [16-18].

Der HyButla-Algorithmus [18] ermöglicht das automatische

Lernen der Modelle hybrider industrieller

Prozesse aus Prozessdaten. Das Funktionsprinzip verdeutlicht

Bild 4. Zunächst wird aus den diskreten Prozessgrößen

ein Präfix-Baum mit den Prozesszuständen

S0, S1, … erzeugt, in dem jeder Pfad von der Wurzel S0

zu einem Blatt (hier: S2‘, S2‘‘, S4, S4‘) einem Prozesszyklus

entspricht. Die Übergänge zwischen den Zuständen

im Präfix-Baum werden jeweils durch Änderungen

diskreter Signale (a, b) ausgelöst. Anschließend werden

ähnliche Zustände des Präfix-Baums entsprechend

einem Ähnlichkeitsmaß (Hoeffding-Bound, siehe [18])

in Bottom-up-Reihenfolge verschmolzen, sodass eine

kompakte Prozessdarstellung in Form eines endlichen

Automaten entsteht.

Die Verläufe kontinuierlicher Prozessgrößen können

unter anderem mit Differenzial- und Differenzengleichungen,

äquivalenten Zustandsraumdarstellungen,

56

atp edition

4 / 2014


neuronalen Netzwerken [19] oder selbstorganisierenden

Karten [9] modelliert werden. Um hybride Prozesse zu

beschreiben, ist es möglich, solche Modelle jeweils für

die einzelnen Systemzustände (die Zustände des in

Bild 4 dargestellten Automaten) aus kontinuierlichen

Prozessdaten zu lernen.

3. PROZESSÜBERWACHUNG

Eine zuverlässige Prozessüberwachung ermöglicht es,

Kosten und Risiken zu reduzieren, indem Fehler und

Probleme im Prozessablauf frühzeitig erkannt und Ausfälle

einzelner Komponenten oder im Extremfall ein

a) b)

BILD 1: Assistenzfunktionen:

a) Fehlerdiagnose

b) Prozessoptimierung

Assistenzsystem

Prozessmodell

Diagnose

Visualisierung

Optimierung

Systemschnittstelle

Datenerfassung

Manipulation

Industrieller

Prozess

BILD 2: Intelligentes Assistenzsystem

BILD 3: OPC-UA-Anbindung heterogener technischer Systeme

BILD 4: HyButla-Algorithmus

BILD 5: Modellbasierte

Anomalieerkennung

atp edition

4 / 2014

57


HAUPTBEITRAG

Produktionsstop der gesamten Anlage vermieden werden.

Diese Assistenzfunktion umfasst die automatische

Anomalieerkennung und die Visualisierung der Prozessabläufe.

Ansätze zur Erkennung von Anomalien in

den Prozessabläufen werden bereits in [11] ausführlich

untersucht. Im Beitrag werden daher nur modellbasierte

Ansätze zusammenfassend betrachtet.

Modellbasierten Ansätzen zur Anomalieerkennung

liegen – wie auch den anderen im Beitrag beschriebenen

Assistenzfunktionen – Prozessmodelle zugrunde,

die, wie in Abschnitt 2 beschrieben, aus Daten des

Normalverhaltens der Anlagen und Komponenten gelernt

werden können (Phase 1 in Bild 5). Das Prinzip

der modellbasierten Anomalieerkennung während der

Betriebsphase (Phase 2 in Bild 5) besteht in dem Vergleich

des tatsächlichen Anlagenverhaltens mit dem

mittels der gelernten Prozessmodelle prognostizierten

Verhalten. Auf diese Weise können zum einen diskrete

Ereignisse detektiert werden, die mit den gelernten Prozessmodellen

nicht vereinbar sind [16]. Zum anderen

ist es möglich, eine Abweichung des kontinuierlichen

Verhaltens vom prädizierten Prozessverhalten zu erkennen,

wozu sich beispielsweise statistische Tests

einsetzen lassen [17].

Intelligente Assistenzsysteme ermöglichen darüber

hinaus eine übersichtliche Visualisierung der Abläufe

in komplexen Automatisierungssystemen. Das ist notwendig,

da die Verläufe der Prozesssignale aufgrund

der zunehmenden Komplexität industrieller Prozesse

für einen Beobachter immer schwerer zu beurteilen

sind. Prozessmodelle, die – wie in Abschnitt 2 beschrieben

– aus Prozessdaten gelernt werden können,

bilden relevante Prozesseigenschaften ab und abstrahieren

von unwichtiger Information. Beispielsweise

kann eine Automatendarstellung, wie in Bild 4

(rechts), zur Visualisierung der möglichen Systemzustände

und Zustandsübergänge verwendet werden.

Weitere Visualisierungsmöglichkeiten sind zum Beispiel

eine diskrete Zustandscodierung oder eine Datenreduktion

auf Basis einer Hauptachsentransformation

(PCA) [20].

4. PROZESSOPTIMIERUNG

Ein weiteres Anwendungsfeld für intelligente Assistenzsysteme

ist die Selbstoptimierung industrieller

Prozesse. Ziel ist es, die Anlagenleistung und Effizienz

kontinuierlich zu analysieren, zu verbessern und einen

möglichst optimalen Betrieb zu erreichen. Insbesondere

die Optimierung industrieller Automatisierungssysteme

in Hinblick auf einen energieeffizienten Betrieb

wird aufgrund steigender Energiepreise und politischer

Ziele immer bedeutender [1]. Eingriffe in den Prozess

werden in bestehenden Anlagen meist durch manuelles

Abschalten, energieeffiziente Zeitplanung der einzelnen

Produktionsschritte im MES-System oder Regelungen

in 15-Minuten Intervallen durchgeführt [21]. Im

Bereich aktiver Methoden, die eine Echtzeit-Optimierung

in Sekunden- oder Millisekunden-Intervallen

umsetzen, gibt es bislang wenig Forschung, obwohl

viele Anwendungen aufgrund ihrer Prozessdynamik

eine schnelle Anpassung der Prozessparameter an

wechselnde Betriebsbedingungen erfordern. Erste Ansätze

wurden für das Abschalten der Anlage auf der

Basis von Energiedaten [22], für die Reduktion von

Blindleistung [23] und die Energieregelung in Smart

Grids [24] entwickelt.

Ein Lösungsansatz, den das Fraunhofer IOSB-INA

im BMBF-Spitzen-clusterprojekt itsowl-IASI (Intelligente

Antriebssysteme für die Intralogistik) verfolgt,

basiert darauf, prognosefähige Prozessmodelle

zu verwenden, die mit den in Abschnitt 2 beschriebenen

Methoden gelernt werden können. Die Prozessmodelle

ermöglichen es, das zukünftige Prozessverhalten

für verschiedene Parameterkombinationen

vorherzusagen und so die optimalen Prozessparameter

zu finden.

Erste Optimierungsergebnisse liegen in Hinblick auf

das Energie- und Lastmanagement elektrischer Antriebssysteme

vor, die insbesondere in Transport- und

Logistikanwendungen die größten Energieverbraucher

sind. Das zugrundeliegende Optimierungsproblem

zeigt Bild 6 exemplarisch für zwei Antriebe.

Das primäre Optimierungsziel in dieser Anwendung

besteht darin, die Verlustleistungen P V,WR

und P V,Mot

von

Umrichtern und Motoren zu minimieren. Darüber hinaus

soll die Leistung, die in den Zwischenkreis beziehungsweise

in das Netz zurückgespeist wird (das heißt

die Differenz der generatorischen und motorischen

Leistung), minimiert werden. Dabei wird eine Gewichtung

hinsichtlich der überwiegenden Nutzung (Verbrauch

an Bremswiderständen, Rückspeisung ins Netz,

Zwischenspeicherung in Kapazitäten) vorgenommen.

Darüber hinaus sind Randbedingungen bezüglich der

Bewegungsabläufe (Startposition, Endposition, Geschwindigkeitsbegrenzungen)

zu berücksichtigen.

Zur Lösung des Optimierungsproblems wurde ein

Ansatz entwickelt, in dem die einzelnen Antriebsmodelle

mittels einer Modell-Transformation linearisiert

werden. Dadurch ergibt sich ein lineares Optimierungsproblem,

das sich mit Standardmethoden lösen

lässt (zum Beispiel Simplex-Algorithmus oder Innere-

Punkte-Methoden).

Erste experimentelle Ergebnisse für zwei Rollenförderer

mit Antrieben vom Typ MF063-32 der Firma

Lenze und Nennleistungen von jeweils 550 W zeigt

Bild 7. Abgebildet sind die Geschwindigkeit v(t) und

die Position x(t) für jeden der beiden Rollenförderer

als Funktion der Zeit t. Die Bewegungsabläufe der Rollenförderer

wurden für gegebene Start- und Endpositionen

der Werkstücke auf den beiden Förderbändern

und gegebene Randbedingungen bezüglich der Geschwindigkeiten

v(t) optimiert. Wie aus Bild 7 ersichtlich

wird, ergibt sich durch die Optimierung ein Bewegungsprofil,

in dem der erste Antrieb genau während

der Beschleunigungsphase des zweiten Antriebs

abgebremst wird. In diesem Anwendungsfall konnte

58

atp edition

4 / 2014


BILD 6: Energieaustausch

im Zwischenkreis [25]

v [m/s]

0,5

x [m]

0,7

0

1

2

t [s]

0

1

2

t [s]

BILD 7: Optimierte Bewegungsabläufe für die

Rollenförderer R1 (grün) und R2 (magenta)

© Fraunhofer IOSB 1

a)

b)

BILD 8: Architektur der Toolbox proKNOWS

BILD 9: a) Modul zur Schüttgutverarbeitung

b) Fördersystem

die generatorische Energie des ersten Antriebs durch

die gemeinsame Optimierung beider Antriebsprofile

– bei gleichbleibender Verlustleistung (verglichen mit

der getrennten Optimierung für jeden einzelnen Antrieb)

– vollständig als motorische Energie für den

zweiten Antrieb genutzt werden. Das Verfahren ist auf

eine beliebige Anzahl elektrischer Verbraucher skalierbar.

5. PROZESSÜBERWACHUNG

In der Toolbox proKNOWS, die am Fraunhofer IOSB-INA

entwickelt wird, werden die genannten Erkenntnisse

zusammengeführt und die dargestellten Assistenzfunktionen

dem Anwender in praxistauglicher Form zur Verfügung

gestellt. Der flexible Einsatz eines solchen Assistenzsystems

in einem heterogenen industriellen Umfeld

atp edition

4 / 2014

59


HAUPTBEITRAG

erfordert neben Aspekten wie Konfigurierbarkeit, Modularisierbarkeit

und Skalierbarkeit eine einfache Integration

des Assistenzsystems in unterschiedliche Automatisierungssysteme

und die einfache Anbindung anwendungsspezifischer

Benutzungsschnittstellen. Diese

Anforderungen werden in proKNOWS durch die in

Bild 8 skizzierte Software-Architektur realisiert.

Eine einheitliche Systemschnittstelle auf der Basis

von OPC UA ermöglicht, wie in Abschnitt 1 beschrieben,

die Abstraktion der Assistenzfunktionen von heterogenen

Netzwerken und Datenerfassungsmethoden.

Dadurch wird es ermöglicht, das Assistenzsystem flexibel

an verschiedene Anlagen und Automatisierungssysteme

anzubinden.

Die Assistenzfunktionen, die in der Modellierungs-

Engine umgesetzt werden, können in Echtzeit auf

einem zentralen Server ausgeführt werden. In der

Modellierungs-Engine werden unter anderem die in

den vorangehenden Abschnitten beschriebenen Methoden

zur datengetriebenen Prozessmodellierung

(HyButla-Algorithmus, schaltende Zustandsraummodelle,

elektrische Antriebsmodelle), zur Anomalie-

Erkennung [16] [17] und zur Prozessvisualisierung

verwirklicht [20]. In der Modellierungs-Engine wird

ein einfaches Strukturmodell der Anlage verwendet,

das mit wenig Aufwand manuell in XML konfiguriert

werden kann. Die Anlagenstruktur ist in einzelne Module

untergliedert. Das Verhalten dieser Module wird

mit Prozessmodellen beschrieben, auf denen die dargestellten

Assistenzfunktionen ausgeführt werden. Die

Prozessmodelle können, wie in Abschnitt 2 beschrieben,

automatisch aus Prozessdaten gelernt werden,

REFERENZEN

[1] MANUFUTURE-EU: Factories of the Future PPP Strategic Multi-annual

Roadmap, 2010, http://www.effra.eu/attachments/article/335/

FoFRoadmap2020_ConsultationDocument_120706_1.pdf

[2] Witten, I., Frank, E., Hall, M.: Data Mining: Practical Machine Learning

Tools and Techniques. Morgan Kaufmann 2011

[3] RapidMiner: “Predictive Analytics, Data-Mining, Self-Service,

open source”, http://rapidminer.com/

[4] Institut für Statistik und Mathematik der Wirtschaftsuniversität

Wien: The R Project for Statistical Computing,

http://www.r-project.org/

[5] SAS: SAS Quality Lifecycle Analysis.

http://www.sas.com/en_us/software/supply-chain/qualifylifecycle.html

[6] IBM: SPSS Software.

http://www-01.ibm.com/software/de/analytics/spss

[7] Siemens: SIPLUS Condition Monitoring Systems.

http://www.automation.siemens.com/mcms/topics/de/siplus

[8] B&R: Condition Monitoring Modul X20CM4810.

http://www.br-automation.com/de/produkte/

steuerungssysteme/x20-system

[9] FC. Frey und T. Ross, „Anwendung datengetriebener Modelle zur

Zustandsanalyse bei verfahrenstechnischen Anlageneinheiten:

Theoretische Grundlagen und Beispiele aus der industriellen

Umsetzung.,“ Chemie Ingenieur Technik, 84(8), S. 1378, 2012

[10] Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung:

ProDaMI - Data Mining im Produktionsumfeld, http://www.prodami.de/

[11] J. Jasperneite und O. Niggemann, „Intelligente Assistenzysteme zur

Beherrschung der Systemkomplexität in der Automation,“

atp edition – Automatisierungstechnische Praxis, 54(9), S. 36-44, 2012

[12] OASIS, Devices Profile for Web Services Version 1.1, 2009

[13] F. Pethig und O. Niggemann, „A process data acquisition architecture

for distributed industrial networks,“ Embedded World Conference, 2012

[14] F. Thollard, P. Dupont und C. d. l. Higuera, „Probabilistic DFA inference

using Kullback-Leibler divergence and minimality,“ In Proceedings of

the Seventeenth International Conference on Machine Learning,

S. 975-982, Kauffman 2000

[15] R. Carrasco und J. Oncina, „Learning deterministic

regular grammars from stochastic samples in polynomial

time,“ RAIRO, 33(1), pp. 1-20, 1999

[16] S. Faltinski, H. Flatt, F. Pethig, B. Kroll, A. Vodencarevic,

A. Maier und O. Niggemann, „Detecting Anomalous

Energy Consumptions in Distributed Manufacturing

Systems,“ In: Proc. INDIN, S. 358-363, IEEE 2012

[17] S. Windmann, S. Jiao, O. Niggemann und H. Borcherding,

„A Stochastic Method for the Detection of Anomalous

Energy Consumption in Hybrid Industrial Systems,“

In: Proc. INDIN, S. 194 - 199, IEEE 2013

[18] O. Niggemann, B. Stein, A. Vodencarevic und A. Maier,

„Learning behavior models for hybrid timed systems,“

Twenty-Sixth Conference on Artificial Intelligence

(AAAI-12), S. 1083-1090, AAAI Press 2012

[19] A. Vodencarevic, H. Kleine Büning, O. Niggemann und

A. Maier, „Identifying behavior models for process

plants,“ ETFA, pp. 1-8, 2011

[20] T. Tack, A. Maier und O. Niggemann, „Visuelle Ano -

malie-Erkennung in Produktionsanlagen,“ AUTOMATION,

S. 351-354, 2013

[21] W. Schoefberger, Entwicklung von Lösungen zur

Reduktion der Energiekosten im Stand-by-Betrieb von

Industrieanlagen. Berichte aus Energie- und Umweltforschung

72/2010, bmvit 2010

[22] A. Cannata, S. Karnouskos und M. Taisch, „Energy

efficient driven process analysis and optimization

in discrete manufacturing,“ IECON, pp. 4449-4454,

IEEE 2009

[23] R. Witzmann, „Verbesserung der Spannungsqualität

bei dezentraler Einspeisung durch gesteuerte Wechselrichter,“

In: Tagungsband ETG-Kongress, S. 363 - 368,

VDE 2009

[24] G. F. Reed, „Sample survey of smart grid approaches

and technology gap analysis,“ ISGT, pp. 1-10, IEEE 2010.

[25] Lenze, Interner Bericht, 2014

60

atp edition

4 / 2014


wodurch eine flexible Anpassung des Assistenzsystems

an unterschiedliche Prozesse ermöglicht wird.

Die Präsentationsschicht wandelt Darstellungen der

Prozessmodelle und Analyseergebnisse in ein Austauschformat

um, das im Wesentlichen Vektorgrafiken

und Statusinformationen umfasst. Dies ermöglicht die

einfache Anzeige der jeweils relevanten Information in

verschiedenen Benutzungsschnittstellen. Das können

neben dem Leitstand mobile Apps für einzelne Anlagenmodule

sein, die für Anwendungsfälle, wie Inbetriebnahme

oder Fehlersuche, gezielt ausgewählt werden

können. Darüber hinaus umfasst proKNOWS eine

Optimierungs-Engine, in der die in Abschnitt 4 beschriebenen

Methoden implementiert sind.

Die Assistenzfunktionen von proKNOWS werden in

mehreren Forschungsprojekten auf Demonstratoren der

AUTOREN

Dr.-Ing. STEFAN WINDMANN

(geb. 1980) ist seit 2012

wissenschaftlicher Angestellter

am IOSB-INA. Er studierte

Elektrotechnik und Ingenieurinformatik

in Paderborn, wo

er 2008 promovierte. Seine

aktuellen Arbeitsschwerpunkte

liegen in den Bereichen

Mikroelektronik, eingebettete Systeme

und Prozessüberwachung.

Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation,

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 942 90 31,

E-Mail: stefan.windmann@iosb-ina.fraunhofer.de

Prof. Dr. OLIVER NIGGEMANN

(geb. 1972) ist seit 2008

Professor der Informatik an

der Hochschule OWL und

stellvertretender Leiter des

Fraunhofer-Anwendungszentrums

Industrial Automation.

Er studierte Informatik in

Paderborn, wo er 2001 promovierte.

Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte

liegen im Bereich Embedded Software sowie der

Simulation und Diagnose technischer Systeme

und maschinellem Lernen.

Fraunhofer-Anwendungszentrum Industrial Automation,

Langenbruch 6, D-32657 Lemgo,

Tel. +49 (0) 5261 702 59 90,

E-Mail: oliver.niggemann@iosb-ina.fraunhofer.de

Lemgoer Modellfabrik (LMF), wie einem Modul zur

Schüttgutverarbeitung (Bild 9 a) und einem Fördersystem

(Bild 9 b), erprobt und weiterentwickelt.

Es ist möglich, proKNOWS über OPC UA einfach an

die einzelnen Demonstratoren anzubinden, wobei OPC-

DA-Server (für das Fördersystem), einzelne Messgeräte

und Steuerungen oder Datenlogger (im Modul zur

Schüttgutverarbeitung) über entsprechende Schnittstellen

integriert werden. Darüber hinaus existieren

Schnittstellen für CSV und SQL.

Die gelernten Prozessmodelle für die einzelnen Demonstratoren

unterscheiden sich strukturell bezüglich

der Systemzustände und Transitionen sowie in Hinblick

auf die Verläufe der kontinuierlichen Systemgrößen.

Typische Anomalien in den dargestellten Anwendungsfällen

sind Fehler im diskreten Ereignissystem,

beispielsweise zu späte Schaltvorgänge oder Signalausfälle,

sowie Abweichungen kontinuierlicher Signale

vom erwarteten Verlauf, zum Beispiel unerwartet hohe

oder niedrige Leistungsaufnahmen von Antrieben oder

Heizgebläsen.

Über die beschriebenen Anwendungsfälle hinaus

werden die Lösungen aus der Toolbox proKNOWS gegenwärtig

in zwei Industrieprojekten erprobt. In diesen

Projekten können bereits Prozessmodelle realer Industrieanlagen

erfolgreich gelernt und zur Prozessvisualisierung

und Anomalie-Erkennung verwendet werden.

FAZIT

Aufgrund der steigenden Komplexität industrieller Automatisierungssysteme

wird die Prozessführung und

-überwachung für den Menschen zunehmend komplizierter.

Daher ist es erstrebenswert, den Menschen bei

diesen Aufgaben zu unterstützen, sodass ihm wesentliche

Aufgaben von intelligenten Assistenzsystemen

abgenommen werden. Hierfür existieren derzeit viele

Teil-, aber noch keine ganzheitlichen Lösungen. Dazu

müssen verschiedene Aspekte intelligenter Assistenzsysteme

integriert werden, wie die Systemschnittstelle,

das Lernen von Prozessmodellen als Grundlage für

verschiedene Assistenzfunktionen wie die Prozessüberwachung

und die Prozessoptimierung. Die Toolbox

proKNOWS ist ein erster Ansatz in diese Richtung. Die

aufgezeigten Handlungsfelder und Lösungsansätze belegen,

dass damit die Komplexität in der Automation

besser beherrschbar und damit die Produktivität industrieller

Abläufe nachhaltig erhöht wird.

MANUSKRIPTEINGANG

19.10.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

atp edition

4 / 2014

61


HAUPTBEITRAG

Advanced Position Control

für Servoachsen

Zustandsreglerergänzung für elastische Antriebsketten

Strukturelastizitäten und flexible Übertragungsglieder sind der Flaschenhals für

die Regelgüte von Servoachsen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Einstellung

des PI-Geschwindigkeitsreglers zu. In diesem Beitrag werden analytische Einstellregeln

für eine optimale Vibrationsdämpfung vorgestellt. Für elastische Antriebsketten

gibt es eine Zustandsreglerergänzung von einem führenden Hersteller von Automatisierungskomponenten

mit der Bezeichnung Advanced Position Control (APC).

Damit lassen sich Lastvibrationen vermindern, wenn die Lastposition ausreichend

aufgelöst erfasst wird. Das praxisnahe Vorgehen zur Reglereinstellung an Werkzeugmaschinen

wird aufgezeigt und der APC-Ansatz mit einem allgemeineren Konzept

der Zustandsreglerergänzung verglichen.

SCHLAGWÖRTER Positionsregelung

Advanced Position Control for Servo Axes with Flexible Load –

Controller Commissioning Rules

Structural elasticity and flexible transmission devices are the main bottleneck for

the feedback control performance of modern servo drives. Therefore, PI velocity

control loop commissioning is a key issue. In this contribution, analytical rules of

thumb for optimum damping performance are presented. For machine tool axes with

flexible drive chain a state space control extension called APC has been introduced

by a marked-leading automation systems supplier that results in an effective load

vibration suppression if the load position is captured with adequate resolution.

Controller commissioning rules for machine tool applications had been worked out

based on the APC option. Furthermore, the APC option is compared to a more general

state space control extension approach.

KEYWORDS Position control

62

atp edition

4 / 2014


OLIVER ZIRN, Hochschule Pforzheim

LUKAS KATTHÄN, Universität Marburg

MICHAEL KREUTZER, Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen

Die Regelgüte von Produktionsmaschinen wird

heute maßgeblich durch Vibrationen elastischer

Servoantriebsketten oder weicher Maschinenstrukturen

begrenzt. Der dämpfungsoptimalen

Einstellung des motorseitigen Geschwindigkeitsregelkreises

kommt damit für Einzelantriebe

[1] wie für verteilte Antriebe [2] eine zentrale

Bedeutung zu. Dafür steht ein einschleifiger PI-Regelkreis,

basierend auf der motorseitig erfassten Geschwindigkeit,

zur Verfügung, siehe Bild 1, wobei die Proportionalverstärkung

für die Systemdämpfung die wesentliche

Rolle spielt. Die in den Antriebsherstellerunterlagen

genannten heuristischen Einstellvorschriften

führen bei dominanten Struktureigenschwingungen zu

einer breiten Streuung der in der Praxis anzutreffenden

Einstellungen. Viele Servoachsen sind damit weit abseits

von optimaler Dämpfung eingestellt. Das mindert

Lagereglerperformance und die Produktivität.

Daher wurden im Rahmen eines mehrjährigen Projektes

der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)

analytische Zusammenhänge für die in Bild 1 dargestellten

Reglerparameter (Handformeln) erarbeitet, die

auf einem allgemeinen und leicht identifizierbaren

Strukturmodell beruhen.

Auch bei dämpfungsoptimaler Einstellung einschleifiger

Geschwindigkeitsregelkreise treten oft erhebliche

lastseitige Vibrationen auf, die durch die Rückführung

zusätzlicher Zustände aktiv bedämpft werden könnten.

Lastseitige Zustandsreglerergänzungen für Antriebsketten

wurden in den 90er-Jahren entwickelt [3] und zunächst

an Walzwerksantrieben erfolgreich eingesetzt [4].

Für Produktionsmaschinen werden diese Ergänzungen

jedoch zögerlich von den Antriebsherstellern eingeführt.

Sie sind zudem aufgrund mangelnder Dokumentation

kompliziert einzustellen. Die Option Advanced Position

Control (APC) eines Herstellers von Automatisierungskomponenten

[5] ergänzt den PI-Drehzahlregelkreis durch

einen P-Lastgeschwindigkeitsregler und eine Rückführung

der Lastbeschleunigung. Die empirische Einstellung

der beiden zusätzlichen Rückführverstärkungsfaktoren

ist jedoch kaum dokumentiert und führt oft nicht zu einer

spürbaren Verbesserung der Dämpfungseigenschaften.

1. STRUKTURELASTIZITÄTEN AN PRODUKTIONS­

MASCHINEN

Neben den in der Regelungstechnik meist behandelten

Zweimassenschwingern für weiche Antriebsketten existieren,

bedingt durch die vielfältigen Konstruktionsvarianten

von Produktionsmaschinen, beliebig viele

Anordnungsmöglichkeiten von Elastizitäten. Für die

Rückwirkung auf den geregelten Antrieb können diese

Anordnungsmöglichkeiten in vier Fälle eingeteilt werden

[1], deren physikalische Modelle in Bild 2 dargestellt

sind.

Um zu entscheiden, welche dominierende Eigenschwingungsform

in einem konkreten Anwendungsfall

vorliegt, müsste eine numerische oder experimentelle

Modalanalyse durchgeführt werden. An einer Servoachse

steht aber meist nur der antriebsseitig gemessene

Frequenzgang zur Verfügung, den höherpreisige

Umrichter automatisiert durch Chirp-/Rauschanregung

erfassen können. Daher liegt die Einführung von allgemeinen

Systemparametern nahe:

Eigenwert der dominierenden Struktureigenschwingung

( ),

Gesamtträgheit, die der Antrieb zu bewegen hat,

Trägheitsverhältnis von Motor- zu Gesamtträgheit,

gemessene antriebsseitige Position.

Die Anwendung der allgemeinen Systemparameter ergibt

für alle Fälle von Strukturelastizitäten gemäß

Bild 2 dieselbe Antriebsübertragungsfunktion

(1)

Die Systemparameter und können leicht aus dem

gemessenen Antriebsfrequenzgang herausgelesen werden,

wie Bild 3 zeigt.

Die Identifikation der Systemparameter ist somit unabhängig

vom konkret vorliegenden Fall der dominierenden

Strukturelastizität und damit in der Praxis

unkompliziert umsetzbar, wie Bild 3 zeigt. An realen

Produktionsmaschinen wirken meist mehrere Struk-

atp edition

4 / 2014

63


HAUPTBEITRAG

turelastizitäten. Bild 4 zeigt einen praxisnahen Antriebsfrequenzgang

am Beispiel der Rundachse mit

unsymmetrischem elastisch aufgespannten Werkstück,

an dem neben der dominierenden Torsionseigenschwingung

auch eine höherfrequente Biegeschwingungsform

antriebsseitig spürbar ist. Die Eigenfrequenz

und Nullstellenfrequenz (auch Tilgerfrequenz

genannt) der niederfrequentesten Eigenschwingungsform

sind jedoch immer gut zu erkennen. Damit kann

mit Gleichung (1) auch eine praxistaugliche Abschätzung

des Trägheitsverhältnisses angegeben werden:

(2)

Die Gesamtträgheit ist über die Achs- und Werkstückdaten

bekannt oder kann alternativ aus Hochlaufversuchen

im Zeitbereich identifiziert werden.

3. DÄMPFUNGSOPTIMALE GESCHWINDIGKEITS­

REGLEREINSTELLUNG

Schließt man nun für einen der vier Fälle in Bild 2 den

zunächst nur proportional geregelten Geschwindigkeitsregelkreis,

so ergibt sich aus der allgemeinen Streckenübertragungsfunktion

gemäß Gleichung (1) die

Übertragungsfunktion

(3)

Die trägheitsbezogene Verstärkung spiegelt die

Erfahrung aus der Antriebsinbetriebnahme analytisch

wieder, dass große (träge) Achsen höhere Geschwindigkeitsregelverstärkungen

erfordern, als kleine (trägheitsärmere)

Servoantriebe.

BILD 1: Prinzipieller

Aufbau einer

P/PI-lagegeregelten

Servoachse mit

den wesentlichen

Regler- und

Streckenparametern

BILD 2:

Klassifikation

antriebsseitig

wirksamer

Strukturelastizitäten

im Geschwindigkeitsregelkreis

von

Servoachsen

64

atp edition

4 / 2014


Das Dämpfungsverhalten des geschwindigkeitsgeregelten

Antriebs kann mit der Wurzelortskurve (WOK)

veranschaulicht werden. Wie in der WOK in Bild 5 dargestellt,

führt eine Erhöhung der Regelverstärkung zunächst

zu einer besseren Dämpfung der konjugiert komplexen

Pole. Bei zu hohen Regelverstärkungen nimmt

diese Dämpfung wieder ab.

Die optimale Geschwindigkeitsreglereinstellung

K p opt ist dann erreicht, wenn die konjugiert komplexen

Pole der Übertragungsfunktion einen optimalen

Dämpfungswinkel ( in Bild 5) aufweisen. Obgleich

K p opt auch numerisch für einen konkreten Anwendungsfall

ermittelt werden kann, wurde diese Fragestellung

mit Hilfe der Theorie der Gröbner-Basen analytisch

gelöst, wodurch sich eine elegante und leicht

handhabbare Einstellvorschrift für die optimale Geschwindigkeitsreglerverstärkung

K p opt ergibt:

(4)

Die allgemeinen Streckenparameter , und legen

damit die Geschwindigkeitsreglereinstellung

bei einschleifiger Rückführung weitgehend fest. Aufgrund

der geringen Reglerbandbreite des I-Anteils im

Geschwindigkeitsregler und des Lagereglers können

die übrigen Reglereinstellungen mittels vereinfachter

Streckenmodelle abgeschätzt werden [6]. Daraus ergibt

sich für die Nachstellzeit im Geschwindigkeitsregler:

(5)

Für die – zur Beurteilung der Maschinendynamik

wichtige – Proportionalverstärkung im Lageregler

folgt bei aperiodischer Auslegung:

BILD 3: Rundach s-

prüfstand am IWF

der ETH Zürich,

gemessener antriebsseitiger

Frequenzgang

(Systemparameter:

=2,1 kgm2, =0,56,

=12 Hz – entspricht

ideal Fall 1 in Bild 2)

BILD 4: Rundachsprüfstand

mit

unsymmetrischem

Lastdummy,

gemessener

antriebsseitiger

Frequenzgang

atp edition

4 / 2014

65


HAUPTBEITRAG

(6)

Die dominierende Eigenschwingungsform legt damit

die Regelgüte des Servoantriebs fest, was für typische

Werkzeugmaschinen und Roboter ( = 10-40 Hz) ernüchternd

geringe -Faktoren zur Folge hat.

Die Abweichung zwischen Lagesollwert und

Lageistwert aufgrund des Tiefpassverhaltens des Lageregelkreises

wird bei Werkzeugmaschinen als Schleppfehler

bezeichnet und ist ein praxisnahes Maß für

die zu erwartenden Abweichungen an schnell gefahrenen

Bahnen. Für den Schleppfehler an einer Positionsrampe

mit Rampenanstiegsgeschwindigkeit gilt:

(7)

Für einen kleinen Schleppfehler bei großen Geschwindigkeiten

wird zunächst eine möglichst große Lageregelverstärkung

angestrebt. Eine weitere Möglichkeit, den

Schleppfehler zu verkleinern, bietet die an Servomotoren

übliche Geschwindigkeitsvorsteuerung , deren

Wirksamkeit wesentlich von der Führungsgrößenglättung,

das heißt Beschleunigungs- und Ruckbegrenzung,

abhängt. Für glatte Führungsgrößen kann ein nahezu

schleppfehlerfreier Betrieb (das heißt =1) erreicht werden,

bei dynamischerer Ansteuerung sind Werte zwischen

0,3 und 0,7 realistisch, um die Anregung der Maschinenstruktur

klein zu halten. Hier konnten bislang

jedoch keine allgemeingültigen Handformeln erarbeitet

werden. Die Vorsteuerung muss weiterhin an der konkreten

Servoachse heuristisch eingestellt werden.

Bild 6 zeigt einen schnellen 5°-Positioniervorgang mit

dem Prüfstand gemäß Bild 4 und den Reglereinstellungen

entsprechend Gleichung (4)-(7). Deutlich sichtbar

ist die lange Ausschwingzeit der Last. Man müsste

an einer solchen Rundachse (zum Beispiel bei Zahnradschleifmaschinen)

eine Wartezeit vorsehen, bevor

eine Bearbeitung stattfinden kann.

3. APC-OPTION ALS ZUSTANDSREGLERERGÄNZUNG

Ein einziger europäischer Steuerungshersteller hat bislang

eine Zustandsreglerergänzungsoption mit der Benennung

Advanced Position Control (APC) für eine

Servoachsreihe auf den Markt gebracht [5]. Diese Option

wird zwar mit der Eigenschaft beworben, dass damit

niederfrequente Schwingungen elastischer Antriebsketten

wirkungsvoll bedämpft werden können, jedoch

wird das Wort Zustandsregler konsequent vermieden.

Tatsächlich handelt es sich um eine Zustandsreglerergänzung.

Bild 7 zeigt den prinzipiellen Aufbau dieser

Ergänzung, bei der davon ausgegangen wird, dass das

für die direkte Lageregelung erfasste Positionssignal

auf der Lastseite der dominanten Elastizität (des elastischen

Bewegungswandlers) abgenommen wird.

Das APC-Konzept geht auf den in [3] vorgeschlagenen

Geschwindigkeitszustandsregler für Antriebe mit flexibler

Kopplung zwischen Motor und Last zurück. Zur

prinzipiellen Betrachtung der Geschwindigkeitsregelung

soll die Stellgrößengenerierung zunächst als sehr

schnell gegenüber der Periodendauer der niederfrequenten

Vibrationen angenommen werden.

Da die Lastbeschleunigung durch zweifache diskrete

Differenzierung ermittelt wird, unterliegt die erfasste

Beschleunigung einer erheblichen Quantisierung. Ein

Zahlenbeispiel veranschaulicht dies für eine Linearbewegung:

Für eine lastseitige Wegauflösung von typischerweise

Δ x p ≈ 0,08 µm (20 µm Strichteilung und

256-fache Interpolation) und eine typische Abtastzeit

im Geschwindigkeitsregler T sv = 125 µs beträgt die Lastbeschleunigungsauflösung

5 m/s 2 ! Dieser Wert ist im

Bereich der Maximalbeschleunigung typischer Servoachsen

und würde bedeuten, dass die Rückführung

der Lastbeschleunigung für kleinere Vibrationen blind

– und damit unwirksam – ist.

Hier würde ein erhebliches Quantisierungsbrummen

zu erwarten sein. Daher kann die APC-Option nur zusammen

mit sehr hochauflösenden Messsystemen beziehungsweise

Interpolationsstufen (1024-fach oder

höher anstelle von 256-fach) betrieben werden. Zusätzlich

ist das verbleibende Quantisierungsbrummen

durch geeignete Tiefpassfilter (Filter 1 und 2 in Bild 7)

zu unterdrücken.

In der APC-Topologie in Bild 7 sind die drei Rückführungen

aus dem ursprünglichen Ansatz von [3]

durch eine PI-Motorgeschwindigkeitskaskade und zwei

Rückführungen auf den Geschwindigkeitssollwert (anstatt

auf die Stellgröße) ersetzt. Dabei wird für die Lastgeschwindigkeitsrückführung

ein Vergleich mit dem

Sollwert vorgesehen, um den Vorfilter aus [3] korrekt

nachzubilden. Diese Teilstruktur wird als Lastgeschwindigkeitsregler

bezeichnet.

Das Regelgesetz des (zunächst rein proportional betrachteten)

Geschwindigkeitsreglers mit APC lautet nun:

(8)

Durch Einsetzen des Regelgesetzes in das mathematische

Streckenmodell [6] ergibt sich die Übertragungsfunktion

lastseitig zu:

(9)

Das Polynom im Nenner dieser Übertragungsfunktion

zeigt, dass die Pole des Geschwindigkeitsregelkreises mit

weit besserer Dämpfung vorgegeben werden können, als

mit einschleifiger Rückführung mit (siehe Bild 10).

Prinzipiell könnten alle Pole auf den reellen Pol des P-

geschwindigkeitsgeregelten Systems gelegt werden, um

ein vollständig aperiodisches Verhalten mit beibehaltener

Anregelgeschwindigkeit zu bekommen. Dem stehen praktische

Einschränkungen entgegen. Einerseits erfordert

eine vollständig aperiodische Polvorgabe erhebliche Stellgrößen,

andererseits können höhere Eigenschwingungsformen

entdämpft werden. In [3] ist für einen Geschwindigkeitszustandsregler

die in Bild 10 gezeigte Polvorgabe

mit einem reellen Pol und zwei konjugiert komplexen

Polen auf der 60°-Position eines gemeinsamen Kreisbo-

66

atp edition

4 / 2014


BILD 5: Wurzelortskurve des

P-geschwindigkeits geregelten

Antriebs mit Strukturelastizitäten

BILD 6: Schneller Positioniervorgang am Prüfstand gemäß Bild 4

mit P/PI-Positionsregler

(Reglerparameter: =110 Nms/rad; =65 ms; =15s-1, =0,3)

BILD 7: ACP-Zustandsreglererweiterung

an einer

Strecke mit elastischem

Bewegungswandler [3], [5]

gens mit Radius vorgeschlagen. Diese Polvorgabe liefert

ausreichend Dämpfung für einen überlagerten Lageregelkreis

und kommt mit ähnlichen Stellgrößen aus, wie der

einschleifige Geschwindigkeitsregelkreis [1]. Das charakteristische

Polynom zu dieser Polvorgabe lautet:

(10)

Praxisnah wird zunächst gemäß Gleichung (4)

eingestellt (

), um einen lauffähigen Antrieb

zu erhalten, daraus folgt für die Pollage durch Koeffizientenvergleich

des Nenners in Gleichung (9) mit

Gleichung (10):

(11)

Zudem liefert der Koeffizientenvergleich je eine analytische

Einstellregel für und :

(12)

(13)

Damit ist die Grundlage für eine automatische Einstellung

der zusätzlichen Rückführungen gegeben. Wie

wirksam diese Zustandsreglerergänzung ist, lässt sich

an der Positionierung der Rundachse mit elastisch aufgespannten

Werkstück-Dummy in Bild 4 zeigen. Vor

allem lastseitig wird die Dämpfung wesentlich besser,

wie Bild 8 im Vergleich zu Bild 6 verdeutlicht. Ohne

die APC-Option dauert es mehrere Sekunden, bis sich

das Werkstück soweit beruhigt hat, dass es bearbeiten

werden kann. Mit APC-Option ist die dominierende

Eigenschwingungsform bei 11 Hz bald nach dem Positioniervorgang

ruhig.

atp edition

4 / 2014

67


HAUPTBEITRAG

Da die Rückführungen von Motor- und Lastgeschwindigkeit

über den Integralanteil verstärkt werden, passt

die für den PI-Geschwindigkeitsregler zunächst eingestellte

Nachstellzeit gemäß Gleichung (5) meist nicht

mehr. Die transienten Beschleunigungsvorgänge hingegen

wirken sich kaum auf den I-Anteil aus. Mit

(14)

ergibt sich ein erster Einstellwert, der sich in einigen Parameterstudien

und Praxistests als sinnvoll erwiesen hat.

Der gemessene Frequenzgang in Bild 3 zeigt einen idealen

Fall einer dominanten Eigenschwingungsform. Für

solche Verhältnisse gewährleisten die analytischen Einstellregeln

gemäß Gleichung (11) – (13) eine robuste Reglereinstellung.

Wenn aber der Abstand zu einer weiteren

Eigenschwingungsform gering ist, wie in Bild 4, dann

kann APC eine zweite Eigenschwingungsform lastseitig

nur schlecht dämpfen oder sogar anregen, was in Bild 8

an der lastseitigen Geschwindigkeit gut sichtbar wird.

Vergleichbare Ergebnisse wurden an einer großen

Schwenkachse mit Master-Slave-Antrieb erzielt [2].

Durch die erste Struktur-Eigenfrequenz von zirka 20 Hz

war die erreichbare Regelgüte stark begrenzt ( = 17 s -1

bei merklicher Ruckbegrenzung). Durch die Ergänzung

der Master-Achse mit der APC-Option konnte hier die

Regelgüte signifikant erhöht werden ( = 50 s -1 bei etwa

zehnfach höherem Ruck) – bei allerdings geringerer

Robustheit gegenüber werkstückbedingten Lastträgheitsvariationen.

4. ALTERNATIVE ZUSTANDSREGLERERGÄNZUNGEN

Die in Abschnitt 2 behandelte Reglereinstellung an

elastischer Struktur machte deutlich, dass hier der aktuelle

Flaschenhals für die mit Standard-Servoreglern

erreichbare Regelgüte liegt. Einschleifige Geschwindigkeitsregelung

liefert oft unzureichende lastseitige

Dämpfung. Stellgrößenfilter (zum Beispiel Bandsperren,

Cauer-Filter) können nur zur Unterdrückung von

hochfrequenten Schwingungen eingesetzt werden. Für

die typischerweise niederfrequenten Struktureigenschwingungsformen

von Produktionsmaschinen im

Bereich von 10-40 Hz führen wirksame Stellgrößenfilter

jedoch zu einer inakzeptablen Verschlechterung der

Regelgüte. Die zusätzlich benötigte Dämpfung muss auf

anderem Wege in Servoachsen eingebracht werden.

Zustandsregleransätze wurden bereits für einige Anwendungen

entworfen [3, 4, 7, 8] jedoch wurden diese

BILD 8: Schneller

Positioniervorgang

am Prüfstand

gemäß Bild 4 mit

APC-Option [5]

BILD 9: Allgemeine

Zustandsreglerergänzung

für Servoachsen

68

atp edition

4 / 2014


islang von den Antriebsherstellern kaum aufgegriffen.

Die scheinbar kleine Zahl möglicher Anwendungen, die

Sensitivität auf Änderungen der Streckenparameter,

zusätzlich erforderliche Messsysteme oder Beobachteralgorithmen

und der spezielle Inbetriebnahmeaufwand

machen Zustandsregler zunächst unattraktiv. Mit

der im vorigen Abschnitt behandelten Erweiterungsoption

APC [5] konnte eine Zustands-Geschwindigkeitsregelung

bereits umgesetzt werden. Allerdings erfordert

die Anwendung von APC bei Servoachsen eine ausreichend

aufgelöste Lastpositionsmessung. Die Anwendung

von APC ist somit nur bei elastischen Übertragungsgliedern

(Fall 1 in Bild 2) sinnvoll.

Ein erfolgreicher allgemeiner Zustandsregleransatz

für künftige Servoachsen sollte

für alle relevanten Strukturelastizitäten

anwendbar sein,

die Möglichkeit zur automatisierten Einstellung

und zur adaptiven Erweiterung bieten,

und soweit möglich auf der eingeführten

Servoreglertopologie aufbauen.

In [4] wird ein Zustandsreglerkonzept für Walzwerksantriebe

mit langen flexiblen Wellen beschrieben, dessen

Adaption für Servoachsen sehr vielversprechend

ist. Der Ansatz basiert auf einem P/PI-Lageregler und

fügt der Stellgröße vier Zustandsrückführungen

(Strom/Moment, motorseitige Geschwindigkeit, Differenz

zwischen Motor- und Lastposition sowie deren

zeitliche Ableitung) hinzu, um die Geschwindigkeitsregelgüte

zu verbessern. Das Einstellvorgehen bleibt

verhältnismäßig einfach: Zunächst wird der P/PI-Lageregler

eingestellt, womit die Achse lauffähig ist. Parameteridentifikationsmethoden

und automatische Optimierungsalgorithmen

ermitteln die geeigneten Zustandsrückführungen.

Schließlich werden die zusätzlichen

Zustandsrückführungen über einen

gemeinsamen Tuning-Faktor auf die Stellgröße aufgeschaltet.

Der Tuning-Faktor wird von 0% beginnend

langsam erhöht (idealerweise auf 100%), bis die gewünschte

Regelgüte erreicht ist.

Für Servoantriebe an Werkzeugmaschinen und Robotern

ist die erreichbare Regelgüte im Sinn der Anregelgeschwindigkeit

eigentlich ausreichend. Auch die

Stellgrößengenerierung ist fast immer schnell genug.

Dafür sollte die Dämpfung, die vom Geschwindigkeitsregelkreis

des Servoantriebs in die elastische Struktur

eingebracht wird, verbessert werden.

Damit genügt es, nur zwei der vier im Ansatz von [4]

zurückgeführten Zustände zu berücksichtigen. Daraus

ergibt sich die in Bild 9 dargestellte Zustandsreglerergänzung

(state space control extension, SSEx [7]), die

den die dominante Elastizität beschreibenden Zustand

und dessen zeitliche Ableitung zum Stellgrößenausgang

des Geschwindigkeitsreglers zurückführt.

Für die elastisch angekoppelte Last (Fall 1 in Bild 2)

ist dies wie beim Ansatz von [4] die skalierte Abweichung

zwischen Motor und Last – also die Dehnung

der Elastizität.

Die in Bild 9 dargestellten Regelstrecken lassen sich

durch folgende Zustandsraumdarstellung beschreiben:

mit dem Zustandsvektor

(15)

und der Stellgröße (Motormoment oder -kraft).

Dies ermöglicht eine Zustandsreglerergänzung für alle

Fälle in Bild 9. Für die elastische Basis (Fall 2 in Bild 2)

muss die Basisposition als Zustand erfasst werden –

ebenfalls recht anschaulich mit der Dehnung der Basiselastizität

als dominanter Elastizität verkoppelt [7]. In

Fall 3 ist die dominante Elastizität aus der Orientierungsänderung

der exzentrisch angetriebenen Linearachse

und damit mit der Einfederung in die elastische Führung

verbunden. Ebenso in Fall 4, wo die Dehnung der Lagerung

als dominante Elastizität bewertet wird [1].

Da bei Werkzeugmaschinen und Robotern die Verbesserung

der Dämpfung im Geschwindigkeitsregelkreis im

Vordergrund steht, kann die Vorgabe der zusätzlichen

Rückführparameter und im Sinne einer einfachen

Inbetriebnahme weitgehend automatisiert werden.

Zunächst werden die Streckenparameter , und

anhand des antriebsseitigen Frequenzgangs (Bild 3 beziehungsweise

Gleichung (1)) identifiziert. Mit Gleichung

(4) wird der Geschwindigkeitsregelkreis dämpfungsoptimal

eingestellt. Die in Bild 10 dargestellte Lage der Pole

(+) des so eingestellten Geschwindigkeitsregelkreises

(hier der Übersichtlichkeit halber nur P-geregelt) verdeutlicht,

wie bescheiden die erreichbare Dämpfung ist.

Mit dem Rückführvektor

(16)

können die Pole des Geschwindigkeitsregelkreises

(analog zum APC in Abschnitt 3) mit weit besserer

Dämpfung vorgegeben werden, siehe Bild 10.

Der Koeffizientenvergleich mit dem charakteristischen

Polynom des Geschwindigkeitszustandsregelkreises

(17)

und dem Sollpolynom in Gleichung (10) ergibt für die

zusätzlichen Rückführfaktoren:

(18)

(19)

atp edition

4 / 2014

69


HAUPTBEITRAG

Der Koeffizientenvergleich liefert weiterhin für die

Pollage aufgrund des eingestellten Motorgeschwindigkeitsreglers:

beziehungsweise

(20)

Im Gegensatz zum APC-Ansatz im vorherigen Abschnitt

ist es jetzt möglich, die Rückführfaktoren

und mit einem gemeinsamen Tuning-Faktor zu

bewerten. Bild 10 zeigt anschaulich, wie die Pole des

P-motorgeschwindigkeitsgeregelten Antriebs für steigende

Tuningfaktoren gegen die besser gedämpften 60°-

Pole wandern.

Der Tuning-Faktor stellt somit eine leicht bedienbare

Möglichkeit dar, die Zustandsreglerergänzung

bei nicht idealer Zustandserfassung, träger Stellgrößengenerierung

und höheren Eigenschwingungsformen,

die bei vollständiger Zustandsregelung angeregt

würden, im Sinne besserer Lastvibrationsdämpfung

anzuwenden. Ein Tuning-Faktor von 0,2 bis 0,5

führt meist bereits zu einer spürbar besseren lastseitigen

Dämpfung. Auch kann die zuvor eingestellte

Nachstellzeit im PI-Geschwindigkeitsregler unverändert

belassen werden.

Ein weiterer Vorteil der SSEx-Topologie ist die Möglichkeit,

den zusätzlichen Zustand mittels Beschleunigungsaufnehmer

zu erfassen [7], siehe auch Bild 3. Die

gemessene Beschleunigung einer Servoachse ist auf

den ersten Blick kein Zustand, der die potenzielle oder

kinetische Energie eines Systems repräsentiert. Für das

Zweimassen-Feder-System, Fall 1 in Bild 9, kann der

die dominante Elastizität wiedergebende Zustand

des allgemeinen Strukturmodells entweder als Differenz

zwischen Motor- und Lastposition oder in Abhängigkeit

von der Lastbeschleunigung beschrieben werden,

wenn die Reibung vernachlässigbar ist:

(21)

Damit repräsentiert die Lastbeschleunigung einen

physikalischen Zustand, der die potenzielle Energie der

Elastizität wiedergibt. Durch geeignete Platzierung des

Beschleunigungsaufnehmers in der Struktur können

die Fälle 2 – 4 in Bild 7 ebenfalls mit einer wirkungsvollen

Zustandsreglerergänzung versehen werden [6, 7].

Bild 11 zeigt die auf der gemessenen Beschleunigung

am Werkstück-Dummy in Bild 4 erreichte Regelgüte

beim 5°-Positioniervorgang. Durch die nur

BILD 10: Polvorgabestrategie im Geschwindigkeitsregelkreis

mit APC und SSEx

BILD 11: Positionier vorgang am Prüfstand gemäß Bild 4

mit SSEx und 50%-Tuning-Faktor

BILD 12: Beispielhafter Verlauf der

Wurzelortskurve gemäß Gleichung (22)

bei Zustandsreglerergänzung und

verzögerter Stellgrößengenerierung

(Ersatzzeitkonstante hier = (0,3 – 1,0)/ )

70

atp edition

4 / 2014


www.atp-edition.de

Jetzt bestellen!

teilweise Aufschaltung (Tuning-Faktor = 0,6)

wird die dominierende Eigenschwingungsform

wirksam bedämpft und die zweite Eigenschwingungsform

weniger stark angeregt, als dies bei

APC (Bild 8) der Fall war.

5. ANFORDERUNGEN AN DIE STELLGRÖSSEN­

GENERIERUNG

Bei einschleifiger Geschwindigkeitsregelung ist

die Begrenzung der Regelgüte durch die niederfrequenten

Elastizitäten gemäß Gleichung (4) so maßgeblich,

dass die typischen Ersatzzeitkonstanten

der Stellgrößengenerierung (Stromregelkreis,

Stellgrößenfilter) im Bereich von = 2 - 3 ms keine

Rolle spielen. Praktische Versuche zeigen, dass die

verzögerte Stellgrößengenerierung bei Zustandsreglerergänzung

wieder eine Begrenzung darstellt.

Wird das Regelgesetz in Gleichung (8) durch ein

Übertragungsglied erster Ordnung ergänzt, so ergibt

sich für das Nennerpolynom der Übertragungsfunktion

in Gleichung (9) mit den Einstellwerten

gemäß Gleichung (11-13):

Die Referenzklasse für die

Automatisierungstechnik

atp edition ist das Fachmagazin für die Automatisierungstechnik.

Die Qualität der wissenschaftlichen Hauptbeiträge

sichert ein strenges Peer-Review-Verfahren. Bezug zur

automatisierungstechnischen Praxis nehmen außerdem

die kurzen Journalbeiträge aus der Fertigungs- und Prozessautomatisierung.

Sichern Sie sich jetzt diese erstklassige Lektüre! Als

exklusiv ausgestattetes Heft oder als praktisches ePaper

– ideal für unterwegs, auf mobilen Endgeräten oder zum

Archivieren.

Wählen Sie einfach das Bezugsangebot, das Ihnen zusagt:

als Heft, ePaper oder Heft + ePaper!

REFERENZEN

[1] Zirn, O.: Machine Tool Analysis – Modelling,

Simulation and Control of Machine Tool Manipulators,

Habilitationsschrift, Department Maschinenbau

und Verfahrenstechnik, ETH Zürich, 2008

http://e-collection.ethbib.ethz.ch/eserv/eth:41862/

eth-41862-01.pdf

[2] Fink, A., Zirn, O.: Master-Slave State Space Control

for Large Milling Rotary Tables. In: Proc. PCIM’09,

S. 848-853, VDE Verlag 2009

[3] Schröder, D.: Elektrische Antriebe Bd 2 Regelung

von Antrieben. Springer 1995

[4] Beck, H.-P., Turschner, D.: Commissioning of a

State-Controlled High-Powered Electrical Drive

Using Evolutionary Algorithms. IEEE/ASME

Transactions on Mechatronics 6(2), S.149-154, 2001

[5] Siemens: Sinumerik 840D – Das digitale CNC-

System für komplexe Aufgaben. Siemens AG Automation

and Drives, www.siemens.de/sinumerik

[6] Zirn, O., Vetter, C., Sauermann, K.-H.:

Automatisierungstechnik im Maschineningenieurwesen.

Papierflieger-Verlag 2011

[7] Jaeger, C.: Entwurf von Zustandsregelungen für

hochdynamische Werkzeugmaschinen, Dissertation

ETH Zürich, 2010. http://e-collection.ethbib.ethz.ch/

show?type=diss&nr=19343

[8] Weber, W., Koch, H.: Zustandsregler für Achsen mit

Nachgiebigkeiten – ReDuS+ unterstützt Anlagenpersonal.

atp edition – Automatisierungstechnische

Praxis edition 52(4), S. 20-24, 2010

atp edition erscheint in der DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München


HAUPTBEITRAG

DANKSAGUNG

(22)

Für den in Abschnitt 4 behandelten alternativen Ansatz

ergibt sich dieselbe charakteristische Gleichung. Der

Verlauf der WOK ist beispielhaft in Bild 12 dargestellt.

Die analytische Lösung für gleiche relative Dämpfung

beider Polpaare lautet:

(23)

Für größere Pollagen wird die relative Dämpfung des

aus der negativ reellen Achse herausgewachsenen Polpaars

stark gegenüber dem 60°-Polpaar verschlechtert.

Dies bedeutet, dass Zustandsreglerergänzung nur dann

einen spürbaren Dämpfungsgewinn bringen kann,

wenn die Ersatzzeitkonstante T der Stellgrößengenerierung

ausreichend schnell ist:

(24)

Die dargestellten Ergebnisse wurden im Rahmen des Projektes

ZI 1301/1-1 der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Zusammenarbeit

mit der Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik von

Prof. Dr. Volkmar Welker, Universität Marburg, erarbeitet. Die

Verfasser danken den Industriepartnern Rückle Werkzeugfabrik

GmbH, Römerstein, und Faulhaber GmbH, Schönaich, sowie

dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigung der ETH

Zürich für die umfangreiche Unterstützung.

Damit lässt sich analytisch abschätzen, ob eine Zustandsreglerergänzung

noch gewinnbringend einsetzbar

ist. Für die an Servoantrieben typischen Ersatzzeitkonstanten

im Bereich von = 2 - 3 ms ist eine spürbare Verbesserung

der Lastvibrationsdämpfung durch Zustandsreglerergänzungen

bis etwa 30 Hz möglich. Höherfrequentere

Struktureigenschwingungen erfordern eine deutlich

schnellere Stellgrößengenerierung, was heute nur bei

Klein-Servo- und Miniaturantrieben erreicht wird.

ZUSAMMENFASSUNG

Die Regelgüte moderner Servoachsen wird wesentlich

durch Strukturelastizitäten und flexible Übertragungsglieder

begrenzt. Für P/PI-Servoregler können analytische

Einstellregeln für optimale Vibrationsdämpfung angewandt

werden. Die Rückführung zusätzlicher lastseitiger

Zustände kann niederfrequente Lastvibrationen effektiv

bedämpfen. Eine solche Zustandsreglerergänzung wurde

von einem führenden Hersteller von Automatisierungskomponenten

unter dem Namen APC für elastische Antriebsketten

eingeführt. Damit kann eine Inbetriebnahme

automatisch erfolgen, wenn zuvor die wesentlichen Streckenparameter

(Eigenfrequenz, Trägheit und Trägheitsverhältnis)

identifiziert wurden. Für andere Fälle dominanter

Strukturelastizitäten kann eine allgemeinere Zustandsreglerergänzung

eingesetzt werden. Alle diese

Ansätze erfordern eine ausreichend schnelle Stellgrößengenerierung.

MANUSKRIPTEINGANG

30.09.2013

Im Peer-Review-Verfahren begutachtet

AUTOREN

Prof. Dr. habil.

OLIVER ZIRN

(geb. 1968) lehrt

Werkzeugmaschinenmechatronik

an der Hochschule

Pforzheim und an

der ETH Zürich.

Nach mehrjährigem

Engagement in der Werkzeugmaschinenindustrie

wechselte er an

die Hochschule/Universität und

leitet mehrere Forschungsprojekte zur

angewandten Regelung.

Hochschule Pforzheim, Fakultät Technik,

Tiefenbronner Straße 65,

D-75175 Pforzheim,

Tel. +49 (0) 7231 28 64 74,

E-Mail: oliver.zirn@hs-pforzheim.de

Dr. LUKAS

KATTHÄN

(geb. 1985) ist

Mathematiker und

arbeitet als

wissenschaftlicher

Mitarbeiter

im DFG-Projekt ZI

1301/1-1 an der

Universität Marburg sowie an der

Hochschule Pforzheim.

Universität Marburg,

Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik,

FB 12, Universität Marburg,

Hans-Meerwein-Straße,

D-35032 Marburg,

Tel. +49 (0) 6421 282 66 11,

E-Mail:

katthän@mathematik.uni-marburg.de

MICHAEL

KREUTZER

(geb. 1982), MSc,

ist Informatiker

und arbeitet als

wissenschaftlicher

Mitarbeiter

im DFG-Projekt

ZI 1301/1-1 an

der Technischen Hochschule Mittelhessen

sowie an der Hochschule

Pforzheim.

Technische Hochschule Mittelhessen,

Institut für Technik und Informatik,

Wiesenstraße 14,

D-35390 Gießen,

Tel. +49 (0) 641 309 24 28,

E-Mail: kreutzer@mni.fh-giessen.de

72

atp edition

4 / 2014


update

Automatisierung

auf den Punkt

atp-Nutzerumfrage:

Werden Sie Teil des Erfolgs!

Sehr geehrter atp-Nutzer,

wirken Sie an der erfolgreichen Weiterentwicklung

der atp-Produkte mit! Mit Ihrer Hilfe optimieren wir

das Fachmagazin atp edition, das Nachrichtenportal

atp!info und den Newsletter atp!update und

gewinnen Sie dabei noch ein sportliches Dankeschön.

Beantworten Sie online einfach und schnell einige

Fragen zu unseren atp-Produkten.

Hier geht´s zur Umfrage:

www.umfrage.vulkan-verlag.de

Als Dankeschön verlosen wir unter allen Teilnehmern

3 x 1 Nike+ SportWatch GPS powered by TomTom®

jeweils im Wert von 149 €.

Bei Fragen erreichen Sie uns unter:

Angelika Weingarten: Telefon +49 (0) 89 203 53 66-13

(Mediaberatung) E-Mail: weingarten@di-verlag.de


IMPRESSUM / VORSCHAU

IMPRESSUM

VORSCHAU

Verlag:

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH

Arnulfstraße 124, D-80636 München

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 0

Telefax + 49 (0) 89 203 53 66 99

www.di-verlag.de

Geschäftsführer:

Carsten Augsburger, Jürgen Franke

Verlagsleiterin:

Kirstin Sommer

Spartenleiterin:

Anne Purschwitz geb. Hütter

Herausgeber:

Dr.rer.nat. Thomas Albers

Dr. Gunther Kegel

Dipl.-Ing. Hans-Georg Kumpfmüller

Dr.-Ing. Wilhelm Otten

Beirat:

Dr.-Ing. Kurt Dirk Bettenhausen

Prof. Dr.-Ing. Christian Diedrich

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Epple

Prof. Dr.-Ing. Alexander Fay

Prof. Dr.-Ing. Michael Felleisen

Prof. Dr.-Ing. Georg Frey

Dipl.-Ing. Thomas Grein

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Haehnel

Tim Henrichs

Dr.-Ing. Jörg Kiesbauer

Dipl.-Ing. Gerald Mayr

Dr.-Ing. Josef Papenfort

Igor Stolz

Dr. Andreas Wernsdörfer

Dipl.-Ing. Dieter Westerkamp

Prof. Dr.-Ing. Michael Weyrich

Dr.rer.nat. Christian Zeidler

Organschaft:

Organ der GMA

(VDI/VDE-Gesell schaft Messund

Automatisierungs technik)

und der NAMUR (Interessengemeinschaft

Automatisierungstechnik

der Prozessindustrie).

Redaktion:

Anne Purschwitz geb. Hütter (ahü)

(verantwortlich)

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 58

E-Mail: purschwitz@di-verlag.de

Aljona Hartstock (aha)

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 78

E-Mail: hartstock@di-verlag.de

Einreichung von Hauptbeiträgen:

Prof. Dr.-Ing. Leon Urbas

(Chefredakteur, verantwortlich

für die Hauptbeiträge)

Technische Universität Dresden

Fakultät Elektrotechnik

und Informationstechnik

Professur für Prozessleittechnik

D-01062 Dresden

Telefon +49 (0) 351 46 33 96 14

E-Mail: urbas@di-verlag.de

Fachredaktion:

Dr.-Ing. Michael Blum

Dipl.-Ing. Heinrich Engelhard

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite

Dr.-Ing. Bernhard Kausler

Dr.-Ing. Niels Kiupel

Prof. Dr.-Ing. Gerrit Meixner

Dr.-Ing. Jörg Neidig

Dipl.-Ing. Ingo Rolle

Dr.-Ing. Stefan Runde

Prof. Dr.-Ing. Frank Schiller

Bezugsbedingungen:

atp edition – Automatisierungs technische

Praxis“ erscheint monatlich mit Doppelausgaben

im Januar/Februar und Juli/August.

Bezugspreise:

Abonnement jährlich: € 519,– + € 30,–/ € 35,–

Versand (Deutschland/Ausland);

Heft-Abonnement + Online-Archiv: € 704,70;

ePaper (PDF): € 519,–; ePaper + Online-Archiv:

€ 674,70; Einzelheft: € 59,– + Versand;

Die Preise enthalten bei Lieferung in EU-

Staaten die Mehrwertsteuer, für alle übrigen

Länder sind es Nettopreise. Mitglieder der

GMA: 30% Ermäßigung auf den Heftbezugspreis.

Bestellungen sind jederzeit über den Leserservice

oder jede Buchhandlung möglich.

Die Kündigungsfrist für Abonnement aufträge

beträgt 8 Wochen zum Bezugsjahresende.

Abonnement-/Einzelheftbestellung:

DataM-Services GmbH, Leserservice atp

Herr Marcus Zepmeisel

Franz-Horn-Str. 2, 97082 Würzburg

Telefon + 49 (0) 931 417 04 59

Telefax + 49 (0) 931 417 04 94

leserservice@di-verlag.de

Verantwortlich für den Anzeigenteil:

Inge Spoerel

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 22

E-Mail: spoerel@di-verlag.de

Kirstin Sommer (Key Account)

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 36

E-Mail: sommer@di-verlag.de

Angelika Weingarten (Key Account)

Telefon + 49 (0) 89 203 53 13

E-Mail: weingarten@di-verlag.de

Es gelten die Preise der Mediadaten 2014

Anzeigenverwaltung:

Brigitte Krawczyk

Telefon + 49 (0) 89 203 53 66 12

E-Mail: krawczyk@di-verlag.de

Art Direction / Layout:

deivis aronaitis design | dad |

Druck:

Druckerei Chmielorz GmbH,

Ostring 13,

D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt

Gedruckt auf chlor- und

säurefreiem Papier.

Die atp wurde 1959 als „Regelungstechnische

Praxis – rtp“ gegründet.

DIV Deutscher Industrieverlag

GmbH München

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen

Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich

geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich

zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne

Ein willigung des Verlages strafbar.

Gemäß unserer Verpflichtung nach § 8

Abs. 3 PresseG i. V. m. Art. 2 Abs. 1c DVO

zum BayPresseG geben wir die Inhaber

und Beteiligungsverhältnisse am Verlag

wie folgt an:

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH,

Arnulfstraße 124, D-80636 München.

Alleiniger Gesellschafter des Verlages

ist die ACM-Unternehmensgruppe,

Ostring 13,

D-65205 Wiesbaden-Nordenstadt.

ISSN 2190-4111

DIE AUSGABE 5 / 2014 DER

ERSCHEINT AM 05.05.2014

MIT DEM SCHWERPUNKT

„SCHUTZZIELE UND SCHUTZKONZEPTE“

Warum Industrie 4.0

keine modellbasierte

Softwareentwicklung

braucht

Ein Ansatz zur Messung

von Engineering-Effizienz

– Teil 1

Schutzzielorientiertes

Design der Digitalen

Sicherheitsleittechnik in

Kernkraftwerken

Aus aktuellem Anlass können sich die Themen

kurzfristig verändern.

LESERSERVICE

E-MAIL:

leserservice@di-verlag.de

TELEFON:

+ 49 (0) 931 417 04 59

74

atp edition

4 / 2014


Erreichen Sie die Top-Entscheider

der Automatisierungstechnik.

Sprechen Sie uns an wegen Anzeigenbuchungen

und Fragen zu Ihrer Planung.

Inge Spoerel: Telefon +49 (0) 89 203 53 66-22

E-Mail: spoerel@di-verlag.de


Der Klassiker für die

Prozessautomation geht

ins 21. Jahrhundert

Das Handbuch der Prozessautomation ist ein Standardwerk für die Planung

verfahrenstechnischer Anlagen. In der 5., überarbeiteten Version geht es auf

die Herausforderung bei der Digitalisierung der Anlage ein. Das Handbuch

wurde von fast 50 Experten mit umfassenden Praxiskenntnissen gestaltet

und deckt das gesamte Feld der Prozessautomatisierung ab.

Hrsg.: K. F. Früh, U. Maier, D. Schaudel

5. Auflage 2014

740 Seiten, 170 x 240mm, Hardcover

Erhältlich in 2 Varianten

www.di-verlag.de

DIV Deutscher Industrieverlag GmbH, Arnulfstr. 124, 80636 München

Jetzt vorbestellen!

Bestellung per Fax: +49 (0) 201 Deutscher / 82002-34 Industrieverlag GmbH oder | Arnulfstr. abtrennen 124 und | 80636 im München Fensterumschlag einsenden

Ja, ich bestelle gegen Rechnung 3 Wochen zur Ansicht

___ Ex.

Handbuch der Prozessautomatisierung

5. Auflage – ISBN: 978-3-8356-3372-8

für € 199,90 (zzgl. Versand)

Firma/Institution

Vorname, Name des Empfängers

___ Ex.

Handbuch der Prozessautomatisierung

mit interaktivem eBook (Online-Lesezugriff im MediaCenter)

5. Auflage – ISBN: 978-3-8356-7119-5

für € 259,90 (zzgl. Versand)

Straße / Postfach, Nr.

Land, PLZ, Ort

Antwort

Vulkan-Verlag GmbH

Versandbuchhandlung

Postfach 10 39 62

45039 Essen

Telefon

E-Mail

Telefax

Branche / Wirtschaftszweig

Widerrufsrecht: Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B.

Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform.

Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache an die Vulkan-Verlag GmbH,

Versandbuchhandlung, Huyssenallee 52-56, 45128 Essen.

Ort, Datum, Unterschrift

PAHBPA2014

Nutzung personenbezogener Daten: Für die Auftragsabwicklung und zur Pflege der laufenden Kommunikation werden personenbezogene Daten erfasst und gespeichert. Mit dieser Anforderung erkläre ich mich damit einverstanden,

dass ich vom DIV Deutscher Industrieverlag oder vom Vulkan-Verlag per Post, per Telefon, per Telefax, per E-Mail, nicht über interessante, fachspezifische Medien und Informationsangebote informiert und beworben werde.

Diese Erklärung kann ich mit Wirkung für die Zukunft jederzeit widerrufen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!