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Reportage | Das Klavierprojekt<br />
Jazz oder nie<br />
„Einfach machen“ – ist das Motto des Musikers und Professional<br />
audio-Autors Johannes Dicke bei all seinen Projekten.<br />
So auch bei seinem jüngsten Großvorhaben, der<br />
Produktion eines eigenen Klavier Solo-Albums.<br />
Von Harald Wittig<br />
I<br />
n den Ausgaben 10 und 11/2012 haben<br />
die Leser von Professional audio Johannes<br />
Dicke <strong>als</strong> Experten für die Dance Music-Produktion<br />
kennengelernt. In seinem<br />
umfangreichen, zweiteiligen Workshop<br />
verriet er seine Geheimrezepte zur Schaffung<br />
von groovenden Clubhits. In unseren<br />
Vorgesprächen zu dem Workshop erwähnte<br />
der Musiker aus Spay bei Koblenz<br />
ganz nebenbei, dass er schon länger<br />
mit dem Gedanken spiele, ein Klavier<br />
42<br />
Dezember 2012<br />
Professional audio
Johannes Dicke<br />
Solo-Album zu produzieren – mit ihm <strong>als</strong><br />
Interpreten und Toningenieur in Personal-Union.<br />
Johannes Dicke ist nämlich<br />
auch ausgebildeter Jazz-Pianist – unter<br />
anderem studierte er privat Jazz-Klavier<br />
bei dem renommierten Kölner Pianisten<br />
Matthias Höderath –, der mit diesem Projekt<br />
eine weitere künstlerische Facette<br />
seiner selbst ausleuchtet. Als Johannes<br />
noch erzählte, dass ihm ein wunderbarer<br />
Raum einschließlich Steinway-Flügel zur<br />
Verfügung stünde, war für uns klar:<br />
Diese Produktion muss realisiert werden<br />
und dabei von Anfang bis Ende, <strong>als</strong>o von<br />
der Vorplanung bis zum Endprodukt von<br />
Professional audio begleitet werden. Folgerichtig<br />
lesen Sie in dieser und den<br />
kommenden Ausgaben alles über das<br />
Werden der Klavier-Produktion. In dieser<br />
Folge beginnen wir mit Vorplanung und<br />
der Aufnahme.<br />
Ein perfekter Rahmen für<br />
Spontanität<br />
Anfang Oktober 2012 beginnt Johannes<br />
Dicke mit der Konzeption des Projekts,<br />
wobei er sich in erster Linie Gedanken<br />
über die Mikrofonierung des Instruments<br />
macht. Der Pianist hat das seltene Glück,<br />
über ein hervorragendes Instrument in<br />
einem sehr gut klingenden Raum verfügen<br />
zu können. Es handelt sich um die<br />
Alte Kirche in Spay, dereinst die Pfarrkirche<br />
des Städtchens am Rhein, die Dickes<br />
Großvater Franz Krautkremer 1977 erworben<br />
hatte: „Mein Großvater kaufte<br />
die Kirche, die dam<strong>als</strong> praktisch eine Ruine<br />
war, für einen symbolischen Betrag.<br />
Er ließ das Gebäude wieder auf- und <strong>als</strong><br />
großer Musik- und Kunstliebhaber zu einem<br />
voll ausgestatteten Konzertsaal umbauen.<br />
Die Alte Kirche ist das Lebenswerk<br />
meines Großvaters und hat sich im<br />
Laufe der Jahre <strong>als</strong> einzigartige Kulturstätte<br />
etabliert.“ Seit den 1980er Jahren<br />
finden in der Alten Kirche regelmäßig<br />
Konzerte mit hervorragenden Künstlern<br />
statt, was ihr einen bemerkenswerten<br />
Ruf <strong>als</strong> Kulturzentrum weit über die<br />
Grenzen des Landes hinaus eingebracht<br />
hat. Heute sorgt die vor wenigen Jahren<br />
gegründete Franz-Krautkremer-Stiftung,<br />
deren Vorstand im Wesentlichen aus<br />
dem Namensgeber und Mitgliedern seiner<br />
Familie gestellt wird, für die Alte Kirche<br />
und den Fortbestand der kulturellen<br />
Angebote. In der Tat hat dieser außergewöhnliche<br />
Konzertsaal eine traumhafte<br />
Akustik, die sich vorzüglich für Klassikoder<br />
Akustik Jazz-Aufnahmen eignet.<br />
Tasteninstrumente sind in der Alten Kirche,<br />
die neben einigen anderen Besonderheiten<br />
noch den Luxus einer Fußbodenheizung<br />
bietet, bereits vorhanden:<br />
Es gibt eine Mayer-Orgel, ein Cembalo<br />
sowie zwei Flügel, einen Ibach und einen<br />
Steinway. Der Steinway, genau gesagt<br />
ein Modell B 211 ist Baujahr 1995 und Johannes<br />
Dickes bevorzugtes Instrument:<br />
„Das ist ein traumhaftes Instrument, ich<br />
liebe seinen besonders ausgewogenen,<br />
klaren, glockenartigen Klang und den<br />
fantastischen Dynamikbereich.“ Johannes<br />
Dicke stammt aus einer Musikerfamilie<br />
und die Großeltern und Eltern des Pianisten<br />
suchten diesen B 211 unter mehreren<br />
baugleichen Modellen bei Steinway<br />
in Hamburg aus, denn „kein Steinway<br />
gleicht dem anderen – auch nicht innerhalb<br />
einer Modellreihe.“ Anfang 2012<br />
wurde der Steinway, immerhin seit über<br />
15 Jahren im professionellen Einsatz,<br />
Dezember 2012<br />
Professional audio<br />
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Reportage | Das Klavierprojekt<br />
Bei der Mikrofonierung kommen Nahfeld- (hier<br />
das Beesneez Jade Tube Röhrenmikrofon) und<br />
Mittelfeld-Mikrofone sowie ein Fernfeldmikrofon<br />
zum Einsatz.<br />
gründlich überholt. Für die Überholung<br />
war der Klavierbauer Michael Salmon<br />
(www.pianoservice-salmon.de), seines<br />
Zeichens Klavierstimmer beim Südwestrundfunk<br />
(SWR), zuständig. Salmon betreut<br />
auch den Ibach. „Michael Salmon<br />
ist ein Meister seines Fachs und unsere<br />
feste Institution für die präzise Konzertstimmung<br />
und alle sonstigen Arbeiten an<br />
den Instrumenten. Der Steinway spielt<br />
sich nach der Überholung wieder wunderbar,<br />
ich kann alles, was ich im Kopf<br />
habe, beim Spielen umsetzen. Toll.“ Gestimmt<br />
wird der B 211 auf 442 Hertz,<br />
dank der konstanten Temperatur in der<br />
Alten Kirche, woran die Fußbodenheizung<br />
einen gewissen Anteil hat, hält das<br />
Instrument die Stimmung für die erste<br />
Aufnahmewoche durchaus annehmbar<br />
gut.<br />
Die Vorplanung sieht insgesamt 14 Titel<br />
vor, wobei es sich um eine Sammlung<br />
von Jazz-Standards und Eigenkompositionen<br />
handelt. Johannes Dicke: „Es handelt<br />
sich durchweg um Stücke aus meinem<br />
Jazz-Repertoire, die mich teilweise<br />
Der Steinway B 211 in der<br />
Alten Kirche von Spay, bereit<br />
für die Aufnahmen.<br />
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Professional audio