Berichte über Landwirtschaft - Bundesministerium für Ernährung ...
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364 Agnes Klein, Klaus Menrad<br />
zum einen im durchgeführten Experten-Workshop mehrmals angesprochen. Zum anderen<br />
weisen auch Studien aus dem Biomilchsektor sowie die grundsätzliche Bedeutung von<br />
Erfassungskosten <strong>für</strong> Molkereien (durchschnittlich3–5 %der Gesamtkosten einer Molkerei)<br />
auf diesen Sachverhalt hin (32; 39). 2) Wenn bei den Projekten nur Milch der beteiligten<br />
Erzeuger verwendet wird, wäre auch in der Produktion mit erhöhten Kosten zu rechnen.<br />
Höhere Kosten würden <strong>über</strong>wiegend aufgrund geringerer Chargengrößen entstehen, die<br />
zu höheren Stückkosten in der Verarbeitung führen (39, S. 24 ff.). Diese erhöhten Kosten<br />
wirken sich möglicherweise negativ auf das Projektergebnis aus. Dies ist insbesondere<br />
dann problematisch, wenn dadurch erzielte Mehrerlöse aus höheren Verbraucherpreisen<br />
ganz oder teilweise kompensiert werden.<br />
Eine weitere Barriere <strong>für</strong> den ökonomischen Erfolg solcher Produkte können außerdem<br />
Kosten darstellen, die infolge von zusätzlichenKontrollen und Zertifizierungenentstehen.<br />
Ein Beispiel hier<strong>für</strong> wäre die „Heimat“-Marke von Lidl. Das Produkt ist im Milchbereich<br />
eines der ersten, das mit dem Siegel „Geprüfte Qualität (GQ)-Bayern“ zertifiziert<br />
ist. Jeder landwirtschaftliche Erzeugerbetrieb, der <strong>für</strong> dieses Programm Produkte liefert,<br />
muss sich da<strong>für</strong> zertifizieren lassen. Da<strong>für</strong> entstehen zunächst Kosten <strong>für</strong> die Erstzertifizierung<br />
und später <strong>für</strong> die Folgezertifizierungen (2). Nicht zu vergessen ist außerdem<br />
ein zusätzlicher Arbeitsaufwand im Erzeugerbetrieb <strong>für</strong> die Dokumentation. Dieser wird<br />
umso größer, jemehr Anforderungen dokumentiert werden müssen. Einige der initiierten<br />
Projekte verlangen außerdem eine GVO-freie Fütterung (z. B. „Die faire Milch“, „A<br />
faire Milch“). In einer Studie aus Österreich konnte dazu gezeigt werden, dass aufgrund<br />
einer GVO-freien Fütterung im landwirtschaftlichen Betrieb und in der Futtermittelerzeugung<br />
an verschiedenen Stellen Mehrkosten entstehen. Dies sind beispielsweise Kontroll-<br />
und Untersuchungskosten <strong>für</strong> die Eigenkontrolle und die externe Kontrolle des<br />
Betriebs, zusätzliche Kosten <strong>für</strong> die Verwaltung und Dokumentation bzw. <strong>für</strong> Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />
sowie möglicherweise Kosten <strong>für</strong> Haftungs<strong>über</strong>nahmen aufgrund<br />
von eventuellen Verunreinigungen und Verschleppungen in der Wertschöpfungskette. Für<br />
österreichische Verhältnisse wurden in der Untersuchung, je nach Anzahl der zu kontrollierenden<br />
Betriebe einer Kontrollstelle,Kontrollkosten zwischen 0,30 und 0,28 Cent je kg<br />
Milch und Jahr bzw. reduzierte Kontrollkosten zwischen 0,24 und 0,22 Cent je kg Milch<br />
und Jahr im Milchviehbetrieb errechnet (33). 3) Auch wenn diese Berechnungen aufgrund<br />
unterschiedlicher Gegebenheiten (z. B. sehr klein strukturierte Betriebe in Österreich)<br />
nicht eins zu eins auf Deutschland zu <strong>über</strong>tragen sind, wird trotzdem deutlich, dass bei<br />
einer Gewährleistung von GVO-freier Fütterung zusätzliche Kontrollkosten <strong>für</strong> die Produktion<br />
eines Kilogramms Milch auftreten. Bei anderen Projekten wird außerdem z. B.<br />
ein erhöhter Gehalt anOmega-3-Fettsäuren ausgelobt. Da die Untersuchung des Omega-<br />
3-Fettsäuregehalts nicht zu den standardmäßigen Routineuntersuchungen gehört, fallen<br />
auch hier höhere Kontroll- und Analysekosten an. Weitere Hinweise <strong>für</strong> möglicherweise<br />
erhöhte Kontrollkosten <strong>für</strong> die Projekte liefert auch die bereits zitierte Studie von thiele<br />
et al. (39, S. 27 f.). Darin wurde gezeigt, dass bei der Produktion von Bio-Milchprodukten<br />
durchschnittliche Mehrkosten von etwa zwei Cent pro kg Endprodukt in der Qualitätskontrolle<br />
und -sicherung entstehen (ausschließlich des Mitgliedsbeitrages bei den Bioanbauverbänden).<br />
Insgesamt wird deutlich, dass eine größere Zahl zu <strong>über</strong>prüfender Merkmale<br />
die Kosten <strong>für</strong> solche Projekte erhöhen. Dies kann sich negativ auf die ökonomische<br />
Leistungsfähigkeit der Initiativen auswirken.<br />
Ein weiterer hemmender Faktor können außerdem die Markteinführungskosten darstellen.<br />
Das Gros der beschriebenen Projekte muss seine Produkte zunächst am Markt etablieren.<br />
Gerade in der Einführungsphase ist jedoch mit erhöhten Kosten <strong>für</strong> die Bekanntmachung<br />
und gleichzeitig geringen Marktanteilen bzw. Absatzmengen zu rechnen. Die<br />
Markteinführung eines Produkts erfolgt, wenn das neue Produkt das erste Mal in die<br />
Warenverteilung aufgenommen wird und auf dem Markt erhältlich ist. In dieser Phase ist<br />
Buel_3_11.indb 364 17.11.2011 08:13:08