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ÜBELBACH UND SEINE GESCHICHTE - Marktgemeinde Übelbach

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ÜBELBACH <strong>UND</strong> <strong>SEINE</strong> <strong>GESCHICHTE</strong><br />

Sonderbeilage der<br />

Arbeitsgemeinschaft für<br />

Ortsgeschichte im<br />

„Übelbacher<br />

Silberwürfel“<br />

16. FOLGE – JULI 2007<br />

Die Michaelskapelle im Alten Markt ist wahrlich ein<br />

Baujuwel. Die im Besitz der <strong>Marktgemeinde</strong> befindliche<br />

Kapelle bereichert das Ortszentrum als Bauwerk<br />

ebenso wie als spiritueller Ort für die Christinnen und<br />

Christen in unserer Heimat.<br />

Die Kapelle als Ort der Begegnung mit Gott und der Welt<br />

soll für Sie liebe Übelbacherinnen und Übelbacher möglichst<br />

oft offen sein. Deshalb, und weil viel wertvolles<br />

Inventar die Kirche schmückt, das für Räuber und Banditen<br />

Verlockung ist, hat sich ihr Gemeinderat dafür<br />

entschlossen, den westlichen Haupteingang mit einem<br />

schmiedeehernen Tor zu sichern.<br />

Diese Investition macht es den Passanten möglich, einen<br />

Blick in die Kirche zu tun. Damit die Einsicht in die Kirche<br />

staunen lässt, wurden auch die Altarfiguren gereinigt<br />

und poliert. Weitere kleine Arbeiten und eine vom Kunsthistoriker<br />

Mag. Bernhard Schwarzenegger erstellte Inventarerhebung<br />

runden die Tätigkeit um die Kapelle<br />

St. Michael ab.<br />

Die Koordination der gesamten<br />

Arbeiten übernahm Frau Trude<br />

Vaculik, wofür ich mich bei ihr auf<br />

das allerherzlichste bedanke. Es freut<br />

mich, wenn Sie die Kapelle nutzen.<br />

Weitere notwendige Arbeiten sind für<br />

2008 geplant.<br />

Bürgermeister Ing. Markus Windisch<br />

Wir bitten Sie, lieben Übelbacherinnen und Übelbacher,<br />

die Erhaltung der Kirche finanziell zu unterstützen<br />

(Raiffeisenbank Übelbach BLZ 38471,<br />

Konto 372, Verwendungszweck: Erhaltung St. Michael)<br />

BERNHARD SCHWARZENEGGER<br />

Vom Knappenkirchlein<br />

zur Marktkapelle<br />

In Übelbach steht nicht, wie in vielen anderen Orten üblich,<br />

die Pfarrkirche im Zentrum der Siedlung, sondern etwas<br />

außerhalb im Vormarkt. Dies wird damit erklärt, dass zunächst<br />

im Bereich der Pfarrkirche eine bäuerliche Siedlung bestand.<br />

Als man ca. um die Mitte des 13. Jahrhunderts begann, in Übelbach<br />

Silbererz abzubauen, legte man etwas westlich davon<br />

planmäßig eine neue Siedlung für die neu zugezogenen Bergknappen<br />

an.<br />

Diese – es handelt sich um den heutigen „Alten Markt“ – wurde<br />

bald mit dem Marktrecht ausgestattet und befand sich in<br />

unmittelbarer Nähe zu den beiden bekannten Stolleneingängen<br />

an der Ortsumfahrungsstraße auf Höhe des Gartenhauses der<br />

Familie Dr. Rottenbacher-Heidenbauer und am Beginn des<br />

Sängersteiges.<br />

Erich Vaculik wies in seinem Skriptum über den „Silbermarkt<br />

Übelbach“ darauf hin, dass es damals üblich war, in der Nähe<br />

von Bergwerkseingängen eine Gebetsstelle (Anfahrtsstube) zu<br />

errichten. So hat man im Keller des Wohnhauses Scherer (Nr.<br />

56) – in unmittelbarer Nähe zum Bergwerkseingang beim Sängersteig<br />

– die Überreste einer ehemaligen Kapelle gefunden.<br />

Der Bergmannsberuf ist bekanntlich ein gefährlicher. Stolleneinstürze<br />

oder Wassereinbrüche stellten eine dauernde Gefahr<br />

für das Leben der Bergknappen unter Tag dar und so war<br />

himmlischer Beistand besonders gefragt.<br />

Führt man diese Überlegungen nun weiter, so erscheint es nur<br />

logisch, dass auch der untere Bergwerkseingang an der Umfahrungsstraße<br />

eine eigene Gebetsstätte in seiner Nähe besaß. Wo<br />

sich diese zweite Andachtsstätte befunden hat? Nahe liegend<br />

ist, dass sie sich schon an der Stelle der Michaels-Kapelle befunden<br />

hat. Diese liegt ja unmittelbar schräg über dem Stolleneingang.<br />

1


Der Lauf der Geschichte brachte es dann mit sich, dass die obere<br />

Kapelle an Bedeutung verlor und schließlich unter dem Schutt<br />

des Abraummaterials aus dem Stollen verschwand. Die untere,<br />

den Bürgern nähere – sie liegt ja direkt hinter der südlichen<br />

Häuserzeile des Marktes – wurde von einem großzügigen Gönner,<br />

dem Übelbacher Bürger Niklas Röschl (Reschl), ausgebaut.<br />

So kann erklärt werden, warum der Markt eine eigene Kapelle<br />

besitzt, obwohl sich die Pfarrkirche in leicht erreichbarer Nähe<br />

befindet.<br />

Der Heilige Erzengel Michael als Patron<br />

Als Patron wurde der hl. Erzengel Michael gewählt. Erich Vaculik<br />

vermutet, dass die vorwiegend deutschen Bergknappen mit<br />

der Wahl des hl. Michael, der auch der Beschützer des deutschen<br />

Reiches war, den Unterschied zu den slawischen Nachbarn<br />

betonen wollten.<br />

Weiters ist zu bedenken, dass dem heiligen Michael auch die<br />

Funktion des Seelenbegleiters (Psychopompos) zugeschrieben<br />

wird. So begleitet der heilige Michael, neben seiner bekannten<br />

Funktion als Führer der himmlischen Heerscharen, auch die<br />

Seelen der Verstorbenen zum jüngsten Gericht.<br />

Dies könnte auch für die Bergknappen angesichts ihres gefährlichen<br />

Berufes eine gewisse Rolle für die Wahl dieses Patrons<br />

gespielt haben.<br />

Bau und Ausstattung der Kapelle<br />

Über das ursprüngliche Aussehen der Michaelskapelle ist nur<br />

sehr wenig bekannt. Die Ursprünge sind jedenfalls ab der Zeit<br />

der Marktgründung und der Bergwerkseröffnung in der zweiten<br />

Hälfte des 13. Jahrhunderts zu suchen. Überreste eines früheren<br />

Baues haben sich in Form der dickeren romanischen<br />

Mauerreste in der West- und Südseite, letztere mit einem kleinen<br />

rundbogigen Fenster, erhalten. Weiters wurden im Zuge<br />

der Renovierungsarbeiten von 1985 bis 1993 unter dem Boden<br />

des Chorraumes (Presbyterium) Fundamente entdeckt, die<br />

wahrscheinlich die Lage der ehemaligen Ostmauer, der Altarwand,<br />

angeben. Sie ist durch schwarze Steinplatten im Boden<br />

kenntlich gemacht. An Hand dieser Überreste, kann darauf<br />

geschlossen werden, dass die Kapelle einst die Grundform eines<br />

einfachen rechteckigen Saalraumes besaß.<br />

Um die Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgte dann der bereits<br />

oben erwähnte Ausbau. Damals wurde der Bau im Wesentlichen<br />

in seine heutige Form gebracht. Es wurde ein einjochiger,<br />

in fünf Seiten eines Achteckes schließender Chor mit Sternrippengewölbe<br />

angebaut. Das Langhaus wurde erhöht und hatte -<br />

wie Untersuchungen des Denkmalamtes 1987 ergaben – schon<br />

ursprünglich eine Flachdecke. Die Nischen in den Ecken und<br />

der Mitte der Südmauer des Langhauses deuten aber darauf<br />

hin, dass ein zweijochiges Gewölbe geplant war. Als Stifter ist<br />

der Übelbacher Bürger Niklas Röschl (Reschl) bekannt. Er stif-<br />

2


Inschrift über dem Fronbogen<br />

(aedificata anno 1500, renovata 1770 Josef Siberer)<br />

Am Hochaltar aus der Zeit um 1770 sind die drei Hl. Erzengel,<br />

Michael – er ist auch Kirchenpatron – Gabriel und Raphael dargestellt.<br />

Besonders der Altaraufbau und die Figuren sind von<br />

sehenswerter Qualität.<br />

tete 1460 in seiner „Capellen zu S. Michel in dem Markht Übelbach“<br />

eine ewige Messe.<br />

Die Mensen (Altartische), die gemauert bzw. aus Stein sind, lassen<br />

darauf schließen, dass die Kirche zu dieser Zeit auch schon<br />

drei Altäre besaß. Im Chor sind an die Wand gemalte Weihekreuze<br />

aus der Bauzeit erhalten, ein Freskobild, welches nicht<br />

mehr restaurierbar war, soll sich ebenfalls im Chor befunden<br />

haben. Auch an der Außenseite der Nordwand über dem Portal<br />

befindet sich ein übertünchtes Fresko. Aus der Zeit um 1500<br />

hat sich auch die Sakristeitür mit dem bemerkenswerten gotischen<br />

Beschlägen erhalten. Möglicherweise stammt auch das<br />

Vortragekreuz, welches heute am Fronbogen befestigt ist, aus<br />

gotischer Zeit.<br />

In Folge der Gegenreformation in der Steiermark wurde 1618<br />

die Pfarre Übelbach und mit ihr die Michaelskapelle visitiert. Es<br />

fand sozusagen ein Kontrollbesuch statt, bei dem erhoben<br />

wurde, ob die Bevölkerung den protestantischen Glauben<br />

abgelegt hatte und wieder zum „rechten katholischen Glauben“<br />

zurückgekehrt sei. Im Visitationsprotokoll von damals wurde<br />

auch festgehalten, dass die Kapelle drei Altäre besaß, wobei bei<br />

den Seitenaltären bezweifelt wurde, ob sie konsekriert<br />

(geweiht) seien. Das Altarbild, so wird beanstandet, sollte besser<br />

Dank der Renovierungsarbeiten, die vor gut 15 Jahren<br />

abgeschlossen wurden, befindet sich die Kapelle – an dieser<br />

Innenansicht gut zu erkennen – in einem allgemein sehr guten<br />

Zustand.<br />

Eine kunstvolle<br />

gotische<br />

Schmiedearbeit<br />

aus der Zeit<br />

um 1500 hat<br />

sich an der<br />

Sakristeitür<br />

erhalten.<br />

3


erhalten. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die Trude Vaculik<br />

jüngst bei Ordnen des Pfarrarchives entdeckte, wurden um<br />

1840 der Tabernakel neu aufgestellt, die Kanzel erhöht sowie<br />

die Seitenaltäre mit Sockelteilen und Mensarahmen ergänzt.<br />

Ebenfalls wurde der damals noch holzsichtige Orgelschrank<br />

gefasst.<br />

Aus der Zeit um 1880 haben wir Nachricht, dass sich die Kapelle<br />

in äußerst schlechtem Zustand befand: „Die Kapelle hat mehr<br />

das Ansehen eines verlassenen Bergstollens, als eines kirchlichen<br />

Gebäudes“, so die damalige Aktennotiz.<br />

In gegenwärtiger Zeit (1985 Gemeinderatsbeschluss und 1993<br />

Vollendung) wurde die Kapelle umfangreich renoviert. Große<br />

Verdienste erwarben sich dabei die Herren Altbürgermeister<br />

Strallhofer und Spörk sowie Herr Professor Egger. Die Kirchenbänke<br />

wurden in sehr klarem Stil neu angefertigt. Weiters schuf<br />

Dr. Erich Vaculik neue Kreuzwegbilder und übergab sie der<br />

Kapelle.<br />

Literatur:<br />

Hinter der südlichen Häuserzeile des Marktes, am „Kapellenriegel“<br />

steht die Michaelskapelle. Unweit davon, in Richtung Süd-<br />

Ost befand einer der beiden Stolleneingänge im Marktbereich, in<br />

dem nach Silbererz geschürft wurde.<br />

gepflegt sein, sowie Sensen und eiserne Würfel an der linken<br />

Altarseite sollten entfernt werden. Ein Fenster in der Altarregion<br />

sei leer und nur mit Bruchsteinen aufgefüllt. Ein Kelch sei<br />

vorhanden, das übrige werde aus der Pfarrkirche geholt.<br />

Im Laufe des 18. Jahrhunderts, der Blütezeit der Hammergewerken,<br />

wurden immer wieder Erneuerungen an der Kapelle<br />

vorgenommen. Kirchenrechnungen haben sich aus der Zeit der<br />

Jahrhundertmitte erhalten und die Inschrift über dem Fronbogen<br />

(aedificata anno 1500, renovata 1770 Josef Siberer) deutet<br />

auf Renovierungs- bzw. Erneuerungsarbeiten um das Jahr<br />

1770 hin. In dieser Zeit wurde die gotische Flachdecke ersetzt<br />

und mit drei Freskenfeldern (1727 datiert, nur mehr eines<br />

erhalten) versehen, eine Orgelempore mit Brüstungs-Bildern<br />

aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts und einer Orgel von<br />

1745 eingebaut, sowie ein großes rechteckiges Fenster an der<br />

Nordseite ausgebrochen.<br />

Um 1770 wurde der heutige Hochaltar mit Figuren in der Art<br />

Philipp Jakob Straubs sowie eine Ewig-Licht-Ampel angeschafft.<br />

Der sehr qualitätsvolle Rokoko-Hochaltar zeigt die drei<br />

Erzengel: Michael, der gleichzeitig auch Patron der Kirche ist,<br />

sowie Gabriel und Raphael. Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert<br />

stammen die heute als Einzelbilder an der Nordwand hängenden<br />

Gemälde der hl. Cäcilia und der Maria Immaculata.<br />

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden dann die Seitenaltäre<br />

mit ihren Bildern und die Kanzel neu aufgestellt. Aus<br />

dieser Zeit haben sich auch noch klassizistische Ausstattungsstücke<br />

wie Altar-Leuchter oder etwa ein Weihrauchfass<br />

Susanne Böchzelt und Erich Vaculik, Die St. Michaels-Kapelle im Markt Übelbach,<br />

Kirchenführer 1993.<br />

Marktkirche hl. Michael, in: Dehio Handbuch Steiermark, bearbeitet von Kurt<br />

Woisetschläger und Peter Krenn, Wien 1982, S. 577.<br />

Akten und Originalaufzeichnungen des Ortsgeschichtlichen Archives der <strong>Marktgemeinde</strong><br />

Übelbach, des Pfarrarchives St. Laurentius in Übelbach sowie des Bundesdenkmalamtes<br />

Graz.<br />

Horst Schweigert, Plastik und Gemälde in Stift Rein und seinen Pfarren, in: Kat.<br />

Ausstellung 1129–1979 Stift Rein, Rein 1979, S. 472 ˆ 505.<br />

Erich Vaculik, Die St.-Michaels-Kapelle in Übelbach; Der Silbermarkt Übelbach<br />

und Die Orgel in der St.-Michaels-Kapelle in Übelbach, alle in: E. Vaculik, ubilpach.<br />

Mikrokosmos im Wandel der Zeit, Übelbach 2004.<br />

Kat. Ausst. Engel, Diözesanmuseum Graz, 1997.<br />

Bernhard Schwarzenegger, Die Ursprünge der St. Michaelskapelle in Übelbach,<br />

in: ubilpach, Sonderbeilage der AG für Ortsgeschichte im „Übelbacher Silberwürfel“,<br />

11. Folge, Dezember 2000.<br />

4


TRUDE VACULIK <strong>UND</strong> PFARRER DR. HORST HÜTTL<br />

Ein kleines Juwel im Markte Übelbach<br />

Die Kapelle St. Michael<br />

Die Stiftung und die Besitzverhältnisse<br />

In einem Stiftungsbrief des Jahres 1460 verfügte NICLAS<br />

RÖSCHL, Bürger zu Üblpach, dass zum Lob Gottes des Allmächtigen,<br />

zu Ehren Marias, der himmlischen Königin, zur<br />

Freude des Hl. Erzengels St. Michael und allen himmlischen<br />

Chören, eine „ewige Meß, ein ewiges Licht und an allen Quatember<br />

eine Begeung (Begehung) in seiner Capellen zu Sanct<br />

Michael“ im Markt zu Übelbach gelegen, gestiftet sei. (Eine<br />

Kopie des Stiftungsbriefes erhielten wir von Dr. N. Müller vom<br />

Stiftsarchiv Rein und wird im Pfarrarchiv aufbewahrt.)<br />

Einige Zeilen aus dem Original:<br />

Ausschnitt aus dem Stiftungsbrief aus dem Jahr 1460.<br />

Die frühen Besitzverhältnisse der Kapelle sind recht unklar<br />

und wechselten im Laufe der Zeit zwischen Kirche und<br />

Gemeinde. Mit der Eintragung ins Grundbuch wurde die<br />

<strong>Marktgemeinde</strong> aufgrund einer Ersitzung mit dem 24. September<br />

1885 Eigentümerin der Kapelle mit all ihren Grundstücken<br />

unter dem Patronate des Marktes Übelbach. Verwaltet wurde<br />

die Kapelle samt den Grundstücken zumeist von der Kirche, die<br />

auch die Kapellenäcker verpachtete. Diese begehrten Grundstücke<br />

wurden meist von kinderreichen Großfamilien gepachtet<br />

und ergänzten an Nahrungsmitteln, was im kleinen Hausgarten<br />

nicht angebaut werden konnte. Durch fromme Stiftungen<br />

von Übelbacher Marktbürgern erhielt die Kapelle diese<br />

Grundstücke geschenkt, die im 6jährigen Rhythmus auf „Lizitationswege“<br />

verpachtet wurden, um eine möglichst hohe Einnahme<br />

für die Kapelle zu erzielen. Diese Kapellenäcker lagen<br />

im Bereich vom Kapellenweg in Richtung Kletzenbauer und in<br />

der Bachweg-Baumann Siedlung bis hin zur Sperberstraße. Im<br />

heutigen Garten der Fam. Dr. Rottenbacher-Heidenbauer, vormals<br />

Ziergarten des Gewerken Zeilinger, geriet man bei der<br />

Umgestaltung 1819 auf Leichengräber, welche aus der Pestzeit<br />

1714 stammen. Der Sage nach wurden hier Tote bestattet, die<br />

nicht an der Epidemie starben.<br />

Die Orgel<br />

Mit der umfassenden Sanierung der Marktkapelle St. Michael<br />

im Jahre 1993 wurde auch die schöne Barockorgel restauriert<br />

und wieder spielbar gemacht.<br />

Über die Entstehung der Orgel ist folgendes bekannt: Die<br />

„Guettetherin Magdalena Schrökhenfux alias Schmiedmeister<br />

hat anno 1745 das Gerät vom Orgelmacher Georg Mittereiter in<br />

Grätz“ herstellen lassen. Dies geht aus der Inschrift auf dem<br />

Spurdeckel der Windlade hervor.<br />

Die Sage erzählt, dass der Sensengewerke Balthasar Schröckenfux<br />

in einem Anfall von Jähzorn seine Tochter mit einem Faustschlag<br />

getötet habe und anschließend in das Kloster Maria Lankowitz<br />

geflüchtet sei. Seine Frau habe zur Sühne dieser Tat Mitterreiter<br />

mit dem Bau der Orgel beauftragt. Das Positiv, so<br />

nennt man Instrumente dieser Art, zeichnet sich durch seinen<br />

5


Es wurde vermerkt: „Die Kapelle hat mehr das Aussehen eines verlassenen<br />

Bergstollen, als eines kirchlichen Gebäudes“. Nach Beseitigung<br />

der Mängel konnten die Gottesdienste wieder gefeiert<br />

werden. Auch die Mesnerfrage bereitete Probleme. Der Mesner<br />

wurde durch Getreidesammlungen entlohnt.<br />

Die Sammlung musste aber abgebrochen werden, weil viele<br />

Grundbesitzer ihre Gabe verweigerten und es schien kein Interesse<br />

vorhanden zu sein, ob denn die Turmuhr aufgezogen oder<br />

die Glocken geläutet werden. Die Gemeinde wurde aufgefordert,<br />

diesen Missstand zu beseitigen, um die Kirche nicht sperren<br />

zu müssen.<br />

Ein mächtiger Fürsprecher als Patron<br />

Die restaurierte Orgel in der St.-Michaels-Kapelle.<br />

schönen Klang aus, auch wenn der Tonumfang nicht allzu groß<br />

ist. Am Spieltisch stehen 360 Pfeifen an 6 Registern zur Verfügung.<br />

Das Gehäuse ist im Stile des 18. Jahrhunderts mit graugrünen<br />

Marmorierungen bemalt und mit vergoldeten Schnitzornamenten<br />

reich verziert.<br />

Die Glocken<br />

Im Ausweis vom 13.10.1915 wird von zwei Glocken berichtet,<br />

wobei eine aus dem Jahre 1450, die andere aus dem Jahre 1831<br />

stammte. Im Zuge des 1. Weltkrieges wurde am 16. Juli 1917<br />

eine Glocke als „einzige“ abgeliefert. Das Schicksal der 2. Glocke<br />

ist bis dato unbekannt. 1920 wurde wieder eine Glocke angeschafft,<br />

die allerdings 1942, wieder zu Kriegszwecken, abgeliefert<br />

werden musste. Wann die derzeitige Glocke angeschafft<br />

wurde ist nicht bekannt, doch war es wohl eine allgemeine<br />

Freude, dass sie nach dem Schweigen im Krieg wieder läutete<br />

und zum Gebet rief.<br />

Aus der Chronik um 1830 lesen wir, dass der innere Turmraum<br />

zwei Glocken enthielt. Die größere wegen ihrer bedeutenden<br />

„Silberspeise“ und altertümlich geziert. Sie trug die Inschrift:<br />

Michael zählt gemeinsam mit Gabriel und Raphael zu den drei<br />

Erzengeln. Seit der Liturgiereform 1969 wird ihr Festtag<br />

gemeinsam am 29. September gefeiert.<br />

Michael soll am 8. Mai 495 auf dem Monte San Angelo in Italien<br />

einigen Hirten erschienen sein. Bereits im 5. Jhdt. wurde<br />

sein Festtag von Papst Leo I. am 29. September eingeführt, zum<br />

Weihetag der Kirche San Michele in Rom.<br />

Er wird meist als Engel in Ritterrüstung mit Helm, Schwert,<br />

Lanze und Waage dargestellt. Häufig sieht man ihn im Kampf<br />

mit dem Satan, den er mit einer Lanze durchbohrt. Er symbolisiert<br />

den Sieg des Guten über das Böse.<br />

So sieht man ihn als imposanten Engel auf der Engelsburg in<br />

Rom, wo er gerade das Schwert in die Scheide steckt. Errichtet<br />

zum Dank für das Ende der Pest.<br />

Er gilt u.a. als Patron der katholischen Kirche, des deutschen<br />

Volkes, der Soldaten, der Apotheker und der Schneider. Er wird<br />

von Sterbenden um einen guten Tod angerufen und gilt<br />

„O REX GLORIE CHRISTE VENI NOBISCHUM<br />

PACE EMANUEL ANNO DOMINI 1450“<br />

Zu deutsch:<br />

O glorwürdiger König Christus komm und bring uns Frieden. Emanuel<br />

= Gott mit uns im Jahre des Herren 1451.<br />

Die zweite „arme oder kleine“ Glocke führt die Aufschrift:<br />

„JOHANN RAUCH HAT MICH GEGOSSEN IN GRATZ 1831“<br />

Miß- und Zustände um 1880<br />

Einem Bericht im Zusammenhang mit der Kirchenrechnung<br />

aus dieser Zeit ist zu entnehmen, dass der Bauzustand sehr<br />

bedenklich war.<br />

Südseitig war ein Schweinestall angebaut, Wasser von der<br />

Straße und den angrenzenden Bauten sorgte für feuchte Mauern,<br />

ebenso angehäufter Schutt. Es drohte sogar eine notwendige<br />

Sperre wegen baulicher Mängel.<br />

Hochaltarbild: hl. Michael im Kampf mit dem Satan.<br />

6


Stimmungsvolles Adventsingen in der St.-Michaels-Kapelle.<br />

Der Ausschnitt aus dem Deckengemälde über der Orgel zeigt die<br />

„Verkündigung“ mit dem Erzengel Gabriel und der Gottesmutter<br />

Maria. Ursprünglich waren 3 Gemälde aus der Zeit 1727 vorhanden,<br />

nur dieses blieb erhalten.<br />

zugleich als Beschützer der Friedhöfe und der „Armen Seelen“.<br />

Vermutlich spielten die Aspekte des starken Engelsfürsten, des<br />

Beschützers vor dem Bösen und seine Funktion als Seelenbegleiter<br />

der Verstorbenen in den Himmel eine gewichtige Rolle,<br />

weshalb er zum Patron der Bergknappenkapelle auserkoren<br />

wurde. Heute noch erflehen Gläubige bei den Bittprozessionen<br />

seinen Schutz vor Blitz und Unwettern.<br />

Gottesdienste in der Kapelle<br />

Bis heute wird die Patroziniumsmesse zu Ehren des Heiligen<br />

Michael am 29.September gefeiert. An diesem Tag findet auch<br />

der Kirtag im Markt statt, der die Bevölkerung heute noch in<br />

Jahrmarktstimmung versetzt.<br />

Früher wurden hauptsächlich Stiftungsmessen zelebriert.<br />

Davon eine am Montag nach Erhardi (den 8. Jänner) für die<br />

Bürger des Marktes, welche anläßlich ihrer jährlichen, öffentlichen<br />

Gemeindeversammlung (Panthaiding) dieses Amt feierten.<br />

An Bittagen (immer vor Christi Himmelfahrt), jetzt am Dienstagabend,<br />

zieht die Prozession von der Pfarrkirche zur Kapelle<br />

mit anschließendem Bittamt und Wettersegen.<br />

Seit dem Jahre 1880 (so schreibt es die Pfarrchronik) wurde in<br />

der Karwoche das Heilige Grab in der Michaelskapelle aufgerichtet.<br />

Zur Grablegung Christi am Karfreitag hielten 2 Jungfrauen<br />

die Anbetung und die ganze Gemeinde erschien in geregelten<br />

Zeitabständen zur Grabanbetung bis 6 Uhr früh. Am<br />

Karsamstag wurde das Allerheiligste von 8.00 bis 10.00 Uhr<br />

früh zur eucharistischen Anbetung ausgesetzt. Danach folgte<br />

weiterhin die Anbetung vor dem Heiligen Grab Jesu. Bis zur<br />

Einführung der Osternachtfeier in den sechziger Jahren feierte<br />

man die Auferstehung in der Kapelle. Dort wurde auch das<br />

Osterfleisch geweiht. Um den Gläubigen weite Wege zu ersparen<br />

führte man ab dem Jahre 1941 das Mittelamt um 1 / 2 9 Uhr<br />

ein, welches regelmäßig gefeiert wurde. 1968 gab man die<br />

Kapelle im Notfall zur Aufbahrung frei. Deshalb durften keine<br />

Heiligen Messen mehr darin abgehalten werden. Damit endete<br />

auch die Feier des Mittelamtes.<br />

Mesnerhaus: Im darunterliegenden Haus der Michaelskapelle<br />

wohnte Herr Franz Pogorelz, der um die 40 Jahre den Mesnerdienst<br />

in der Kapelle ausübte und dieses Haus im Laufe der Zeit<br />

auch erwarb.<br />

Zur Zeit werden an den Donnerstagen im Advent sehr stimmungsvoll<br />

gestaltete Roraten um 6 Uhr früh abgehalten und<br />

wöchentlich am Mittwochabend im Mai versammeln sich in<br />

der sehr gepflegten und einladenden Kapelle Gläubige zu Maiandachten.<br />

Gerne werden auch Jubelhochzeiten gefeiert und<br />

für so manches Konzert bietet die Kapelle einen stimmungsvollen<br />

Rahmen.<br />

Als Hauptquellen wurden Aufzeichnungen aus dem Pfarrarchiv aufgearbeitet.<br />

Trauung in der St.-Michaels-Kapelle.<br />

7


Pfarrer Jandl zelebrierte die Wiedereinweihung 1993.<br />

Bgm. Spörk, Prof. Dr. Egger und Dr. Vaculik.<br />

Sakristei mit Tabernakelschrank Anfang des 18. Jahrhunderts.<br />

St.-Michaels-Kapelle – mitten im Alten Markt gelegen.<br />

Zustand der Kapelle vor der Renovierung 1985–1993.<br />

Die Innenansicht der Kapelle, wie sie sich heute präsentiert.<br />

Kunstvolle Schmiedearbeit an der<br />

Sakristeitür.<br />

Das ehemalige Vortragekreuz hat<br />

seinen Platz am Fronbogen.<br />

Einzelbild der Musikheiligen<br />

Cäcilia an der Nordwand.<br />

Absicherung der Kapelle mit einem<br />

schmiedeeisenen Tor.<br />

IMPRESSUM: Herausgeber: <strong>Marktgemeinde</strong> Übelbach. Für den Inhalt der Beiträge sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Layout, Satz,<br />

Repro und Druck: Harry.Design. Fotos: Archiv f. Ortsgeschichte, Johann Bloder, Erich Vaculik, Bernhard Schwarzenegger, Harald Jantscher.

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