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Materialheft zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus 2014 ...

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FORUM<br />

GEGEN RASSISMUS<br />

Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit<br />

DEUTSCHER KOORDINIERUNGSRAT E.V.<br />

Initiative<br />

Schwarze Menschen<br />

in Deutschland e.V.<br />

Lions Clubs International<br />

MD 111 – Deutschland<br />

RTS<br />

ZENTRALRAT<br />

DER JUDEN<br />

IN DEUTSCHLAND<br />

ZENTRALRAT<br />

DEUTSCHER<br />

SINTI UND ROMA<br />

Sponsoren der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong>: Unterstützer der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong>:<br />

Gefördert von<br />

Interkultureller Rat<br />

in Deutschland<br />

Bestelladresse: Interkultureller Rat in Deutschland<br />

Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt, Tel. 0 61 51 - 33 99 71<br />

iwgr@interkultureller-rat.de, www.interkultureller-rat.de<br />

Plakatmotiv © Marie-Amélie Cotillon


Herausgeber:<br />

Interkultureller Rat in Deutschland e.V.<br />

Goebelstr. 21<br />

64293 Darmstadt<br />

Telefon: 06151- 33 99 71<br />

Fax: 06151- 39 19 740<br />

iwgr@interkultureller-rat.de<br />

www.interkultureller-rat.de<br />

www.internationale-wochen-<strong>gegen</strong>-rassismus.de<br />

Veröffentlicht im Dezember 2013.<br />

Redaktion: Britta Graupner / Konzept: Torsten Jäger<br />

Gestaltung: Wolfgang Scheffler, Mainz<br />

Druck: Onlineprinters GmbH<br />

Umschlagmotiv: © Marie-Amélie Cotillon<br />

Zur Durchführung der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> sind wir auf finanzielle Zuwendungen<br />

angewiesen und freuen uns über je<strong>den</strong> Spen<strong>den</strong>beitrag.<br />

Spen<strong>den</strong>konto:<br />

Interkultureller Rat, Postbank Frankfurt am Main,<br />

Konto 64 71 50 – 604, BLZ 500 100 60<br />

IBAN: DE17500100600647150604<br />

BIC: PBNKDEFF<br />

Der Interkulturelle Rat ist vom Finanzamt Frankfurt<br />

am Main unter der Steuer-Nr. 45 250 81109 – K19 als<br />

gemeinnützig anerkannt.<br />

Für die Inhalte des <strong>Materialheft</strong>es ist die Redaktion<br />

verantwortlich. Die finanzielle Förderung der Inter -<br />

nationalen <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> bedeutet nicht,<br />

dass die fördern<strong>den</strong> Institutionen und Organisationen<br />

sich diese Inhalte <strong>zu</strong> eigen machen.<br />

Die Erarbeitung und der Druck dieser Broschüre wur<strong>den</strong> gefördert<br />

vom Bundesministerium des Innern, von der Beauftragten der Bundesregierung und vom Bündnis für Demokratie und Toleranz.<br />

für Migration, Flüchtlinge und Integration


<strong>Materialheft</strong><br />

»Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong>«<br />

Einleitung<br />

2 Was geschah am 21. März 1960?<br />

3 Dr. Theo Zwanziger: Grußwort<br />

4 Dr. Jürgen Micksch: Anerkennen statt Ausgrenzen<br />

Anerkennen statt Ausgrenzen<br />

5 Johannes Brandstäter: Dem <strong>Rassismus</strong> ins Auge blicken uns seine strukturelle Dimension erkennen<br />

8 Hadija Haruna: Wer <strong>Rassismus</strong> überwin<strong>den</strong> will, muss anerkennen statt ausgrenzen<br />

11 Formen von Ausgren<strong>zu</strong>ng und Strategien <strong>zu</strong>r Anerkennung in verschie<strong>den</strong>en gesellschaftlichen Bereichen<br />

11 Dr. Manfred Schmidt: »Woher kommst du?« ist die falsche Frage<br />

14 Romani Rose: Anmerkungen <strong>zu</strong>r Situation der Sinti und Roma in Deutschland<br />

17 Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Diskriminierung im Arbeitsleben<br />

21 Prof. Dr. Ursula Neumann: Anerkennen statt Ausgrenzen im Bildungsbereich<br />

24 Ferda Ataman: Auf die Wortwahl kommt es an<br />

27 Marei Pelzer: Europäische Flüchtlingspolitik: Schutz statt Abwehr<br />

32 Gewalt <strong>gegen</strong> Flüchtlinge und Asylsuchende und ihre Unterkünfte – eine Chronologie<br />

34 Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler/Klara Marie Schröder: Niemand wird als Rassist geboren<br />

36 Bündnis für Demokratie und Toleranz: Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus<br />

und Gewalt – Projektbeispiele<br />

40 Politisch motivierte Kriminalität – rechts<br />

42 Daten und Fakten <strong>zu</strong> Asyl und Migration<br />

Anhang<br />

45 Der Interkulturelle Rat in Deutschland<br />

46 Aktiv <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>!<br />

49 <strong>Rassismus</strong> fängt im Kopf an!<br />

50 Aktionsbündnis der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

51 Formular: Veranstaltungsankündigung<br />

52 Formular: Bestellung von Materialien<br />

53 Kooperationspartner, Sponsoren und Unterstützer der<br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong>


2 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Was geschah am 21. März 1960?<br />

Informationen <strong>zu</strong>m <strong>Internationalen</strong> Tag und<br />

<strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

■Sharpeville, Südafrika: Am Vormittag des 21. März<br />

1960 fin<strong>den</strong> sich an verschie<strong>den</strong>en Orten der kleinen<br />

Stadt 50 km südlich von Johannesburg rund 20.000 Menschen<br />

<strong>zu</strong>sammen. Sie folgen einem Aufruf des Pan African<br />

Congress (PAC), der eine fünftägige gewaltfreie und friedliche<br />

Protestaktion an gekündigt hatte.<br />

Die Menschen demonstrierten <strong>gegen</strong> die Pass gesetze des<br />

Apartheid-Regimes. Diese regelten das »Auf enthaltsrecht«<br />

der schwarzen Südafrikaner/innen. Die Anzahl der Schwarzen<br />

außerhalb der »homelands« sollte so auf ein Minimum<br />

beschränkt wer<strong>den</strong>, ihre Arbeitskraft aber weiter <strong>zu</strong>r Ver -<br />

fügung stehen.<br />

Die Demonstrieren<strong>den</strong> setzen sich in Richtung Polizeistation<br />

im Sharpeviller Zentrum in Bewegung. Die Polizei hält die<br />

friedlich demonstrierende Menge mit niedrig fliegen<strong>den</strong><br />

Flugzeugen und Tränengas in Schach. Um kurz nach 13 Uhr<br />

eskaliert dann schließlich die Situation: Angeblich als Reaktion<br />

auf Steinewerfer schießt die Polizei in die Menge. Die<br />

Menschen fliehen in Panik, die Polizei schießt weiter.<br />

69 Menschen wer<strong>den</strong> getötet, darunter acht Frauen und<br />

zehn Kinder. Viele – die Angaben variieren von 180 bis <strong>zu</strong><br />

über 300 Personen – wer<strong>den</strong> verletzt, teilweise schwer.<br />

Als Ge<strong>den</strong>ktag an das Massaker von Sharpeville wurde<br />

sechs Jahre später, 1966, der 21. März von <strong>den</strong> Vereinten<br />

Nationen <strong>zu</strong>m »<strong>Internationalen</strong> Tag <strong>zu</strong>r Überwindung von<br />

rassistischer Diskriminierung« ausgerufen. 1979 wurde dieser<br />

Ge<strong>den</strong>ktag durch die Einladung der Vereinten Nationen<br />

an ihre Mitgliedstaaten ergänzt, eine alljährliche Aktionswoche<br />

der Solidarität mit <strong>den</strong> Gegner/innen und Opfern von<br />

<strong>Rassismus</strong> <strong>zu</strong> organisieren. 1996 wird schließlich von Nelson<br />

Mandela in Sharpeville die neue demokratische Verfassung<br />

Südafrikas in Kraft gesetzt. Der 21. März wird seither<br />

in Südafrika als South African Human Rights Day, als »Südafrikanischer<br />

Tag der Menschenrechte« begangen.<br />

Seit 1994 koordiniert der Interkulturelle Rat die Initiativen<br />

und Aktivitäten rund um <strong>den</strong> 21. März in Deutschland. Im<br />

Jahr 2008 wurde der Aktionszeitraum auf Grund der Vielzahl<br />

der Veranstaltungen und der steigen<strong>den</strong> Beteiligung auf<br />

zwei <strong>Wochen</strong> ausgeweitet. Seither wird von <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> gesprochen und mit dem<br />

ausgedehnten Aktionszeitraum allen Interessierten die Möglichkeit<br />

gegeben, unter dem Dach der Kampagne vielfältige<br />

Zeichen <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>zu</strong> setzen.


3<br />

Grußwort<br />

■Gerne habe ich die Aufgaben des Botschafters für die<br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

übernommen. Mir ist es wichtig, das Bewusstsein für unsere<br />

gemeinsame Verantwortung beim Einsatz für Minderheiten<br />

und <strong>den</strong> Kampf <strong>gegen</strong> Diskriminierung <strong>zu</strong> schärfen.<br />

Wir leben in keiner heilen Welt. Dies haben nicht <strong>zu</strong>letzt die<br />

Mordserie der rechtsextremen Terrorzelle »Nationalsozialis -<br />

tischer Untergrund« (NSU) und die schweren Pannen bei der<br />

Aufklärung gezeigt. Diskriminierung und Gewalt sitzen tief<br />

in unserer Gesellschaft. Es gibt immer Menschen, die nicht<br />

nach<strong>den</strong>ken, die nicht Recht und Unrecht <strong>zu</strong> unterschei<strong>den</strong><br />

wissen und die sich entsprechend verhalten. Verbal und<br />

sogar auch durch körperliche Gewalt.<br />

<strong>Rassismus</strong> hin<strong>zu</strong>nehmen gefährdet die Zukunft und <strong>den</strong> Zusammenhalt<br />

unserer Gesellschaft. Bagatellisieren ist hier<br />

der falsche Weg. Wir dürfen nicht gleichgültig sein, wenn<br />

rassistische Parolen gerufen wer<strong>den</strong>. Wir müssen widersprechen<br />

– konsequent und mit Herz und Verstand. Wo <strong>Rassismus</strong><br />

auftritt, müssen wir ihn beim Namen nennen: im Fußballstadion,<br />

an <strong>den</strong> Stammtischen, in Behör<strong>den</strong>, Betrieben<br />

und Schulen, an Häuserwän<strong>den</strong>, in Internetforen, in <strong>den</strong><br />

Medien. Es ist unser aller Auftrag – ob als Fußballerin und<br />

Fußballer oder Bürgerin und Bürger – dass niemand ausgegrenzt<br />

und unterdrückt wird.<br />

Sich offen und öffentlich <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> aussprechen, <strong>gegen</strong> die<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ng von Menschen und<br />

für die Anerkennung der Würde<br />

aller Menschen – unabhängig von<br />

ihrer Hautfarbe, Herkunft, sexuel -<br />

len Orientierung, ihrem Bildungsstand<br />

oder ihrer Religion – das ist eine Chance für unsere<br />

Gesellschaft. Nutzen Sie diese Chance und wer<strong>den</strong> Sie aktiv!<br />

Der Kampf <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> braucht einen langen Atem<br />

und viele Mitstreiter. Die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> sind hierfür eine gute Gelegenheit. Im Rahmen<br />

der Aktionswochen engagieren sich jährlich Hunderttausende<br />

Menschen. Sie setzen sich für die Menschen ein, die<br />

rassistische Gewalt erfahren, stellen sich Rassisten in <strong>den</strong><br />

Weg, die im Stadion, vor Asylbewerberunterkünften oder<br />

Moscheen Hass verbreiten, sie organisieren Aktions- und<br />

Projektwochen in Schulen und Vereinen und machen deutlich,<br />

dass sie <strong>Rassismus</strong> nicht ohne Widerspruch hinnehmen.<br />

Das macht Mut.<br />

Ich wünsche dem Interkulturellen Rat, seinen Partnern und<br />

<strong>den</strong> Aktiven der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

viel Durchhaltevermögen und Erfolg bei dieser wichtigen<br />

Arbeit für eine menschlichere Gesellschaft.<br />

Dr. Theo Zwanziger<br />

Vorsitzender der DFB-Kulturstiftung und Botschafter<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong>


4 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Anerkennen statt Ausgrenzen<br />

■Im März <strong>2014</strong> sind bei <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> wieder tausende Menschen aktiv<br />

<strong>gegen</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ng und Diskrimi nierung. Eine starke, aber<br />

notwendige Bewegung – <strong>den</strong>n <strong>Rassismus</strong> nimmt <strong>zu</strong>, nicht<br />

nur hier<strong>zu</strong>lande, auch europaweit: Ob in Russland oder<br />

Frankreich, Finnland oder Großbritannien, Ungarn oder<br />

Österreich. Immer mehr europäische Regierungen lassen<br />

sich auf eine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten und<br />

Rechtsextremisten ein und tragen da<strong>zu</strong> bei, dass diese Parteien<br />

hoffähig wer<strong>den</strong> – so sehr, dass bei <strong>den</strong> Europawahlen<br />

im Mai <strong>2014</strong> eine deutliche Stärkung der rechtsgerichteten<br />

Kräfte im EU-Parlament droht. Zugleich erleben wir immer<br />

mehr Gewalttätigkeiten <strong>gegen</strong> Ju<strong>den</strong>, Roma, Muslime,<br />

Schwarze oder Flüchtlinge. Die Überwindung von <strong>Rassismus</strong><br />

ist damit <strong>zu</strong> einer der großen Herausforderungen für Europa<br />

und uns Europäerinnen und Europäer gewor<strong>den</strong>.<br />

Auch in Deutschland setzen sich <strong>Rassismus</strong> und Rechts -<br />

extremismus immer stärker in der Mitte der Gesellschaft<br />

fest. Zugleich haben die Erkenntnisse über die Morde des<br />

rechtsterroristischen NSU und die jahrelangen Versäumnisse<br />

der ermitteln<strong>den</strong> Behör<strong>den</strong> viele Menschen <strong>zu</strong>tiefst entsetzt.<br />

<strong>Rassismus</strong> und das notwendige Handeln da<strong>gegen</strong><br />

wer<strong>den</strong> heute öffentlich so breit diskutiert wie nie <strong>zu</strong>vor.<br />

Das wird sich auch im Interesse an <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> im kommen<strong>den</strong> März bemerkbar<br />

machen. Denn viele Menschen haben erkannt, dass durch<br />

ihr Engagement eine gesellschaftliche Atmosphäre entstehen<br />

kann, in der rassistischer Ausgren<strong>zu</strong>ng von Minderheiten<br />

entschie<strong>den</strong> ent<strong>gegen</strong>getreten wer<strong>den</strong> kann.<br />

Bei <strong>den</strong> UN-<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> gab es immer wieder<br />

Schwerpunkte: Schulen, Fußball und Sport, Kultur und Volkshochschulen.<br />

So wollen wir im Jahr <strong>2014</strong> ein besonderes<br />

Projekt <strong>gegen</strong> antimuslimischen <strong>Rassismus</strong> empfehlen: Weil<br />

Ressentiments <strong>gegen</strong> Muslime am besten durch persönliche<br />

Kontakte überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, wollen Moscheegemein<strong>den</strong><br />

und muslimische Einrichtungen ihre Nachbarn und Vereine<br />

während der »<strong>Wochen</strong>« einla<strong>den</strong>, gemeinsam nach Wegen<br />

<strong>zu</strong> suchen, wie Vorurteile überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> können. Gefördert<br />

wird das Projekt von der Robert Bosch Stiftung und<br />

der Dr. Buhmann Stiftung.<br />

Der 21. März <strong>2014</strong>, der UN-Tag <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>, ist ein Freitag.<br />

An diesem Tag fin<strong>den</strong> in Moscheen Mittagsgebete statt,<br />

<strong>zu</strong> <strong>den</strong>en Gäste eingela<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Persönlichkeiten des<br />

öffentlichen Lebens wie Bürgermeister wer<strong>den</strong> nach <strong>den</strong><br />

Gebeten <strong>zu</strong>m UN-Tag <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> sprechen. Damit<br />

wollen die Beteiligten da<strong>zu</strong> beitragen, dass Ausgren<strong>zu</strong>ngen<br />

überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> und anerkannt wird, dass Muslime <strong>zu</strong>r<br />

deutschen Gesellschaft gehören.<br />

<strong>Rassismus</strong> hat viele Gesichter. Im Jahr <strong>2014</strong> wird es auch<br />

besonders wichtig sein, für Roma und für Flüchtlinge ein<strong>zu</strong>treten.<br />

Die Ausgren<strong>zu</strong>ng von Flüchtlingen an Europas Grenzen<br />

muss überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Europas Politiker müssen<br />

um<strong>den</strong>ken und anerkennen, dass die Folgen von Kriegen<br />

und Hungersnöten, <strong>zu</strong> <strong>den</strong>en die reichen Staaten nicht selten<br />

beigetragen haben, nicht von Europa ferngehalten wer<strong>den</strong><br />

können.<br />

Die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> sind stetig<br />

gewachsen. Ohne die breite finanzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng durch<br />

Sponsoren, zivilgesellschaftliche und staatliche Institutionen<br />

wäre das nicht möglich gewesen – ihnen gilt deshalb unser<br />

besonderer Dank. Um aber <strong>den</strong> wachsen<strong>den</strong> Herausforderungen<br />

<strong>zu</strong> begegnen, brauchen die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> mehr Unterstüt<strong>zu</strong>ng von der Basis. Am<br />

Ende dieses Heftes fin<strong>den</strong> Sie einen Förderantrag mit dem<br />

wir weitere Interessenten und Förderer für unsere Arbeit gewinnen<br />

wollen. Wir la<strong>den</strong> Sie herzlich ein, anderen davon <strong>zu</strong><br />

erzählen. Vielen Dank für Ihre Unterstüt<strong>zu</strong>ng!<br />

Dr. Jürgen Micksch<br />

Vorsitzender des Interkulturellen Rates


5<br />

Anerkennen statt Ausgrenzen<br />

Dem <strong>Rassismus</strong> ins Auge blicken<br />

und seine strukturelle Dimension erkennen<br />

Johannes Brandstäter, Sprecher der AG Antirassismus im Forum Menschenrechte, erläutert<br />

in seinem Beitrag, warum es notwendig ist, <strong>Rassismus</strong> endlich als Tatsache und gesellschaftspolitische<br />

Herausforderung an<strong>zu</strong>erkennen und seine strukturellen Dimensionen<br />

<strong>zu</strong> erkennen, d.h. <strong>Rassismus</strong> als systemisch wahr<strong>zu</strong>nehmen. Er setzt sich <strong>zu</strong>dem damit<br />

auseinander, inwiefern die Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit <strong>Rassismus</strong> mehr als bisher als<br />

relevantes politisches Handlungsfeld i<strong>den</strong>tifiziert wer<strong>den</strong> muss und welche Ansätze,<br />

Mechanismen und Instrumentarien es hier<strong>zu</strong> bereits auf nationaler bzw. internationaler<br />

Ebene gibt, welche Erfolge sie zeitigen, welche Maßnahmen und Instrumente fehlen<br />

oder ignoriert wer<strong>den</strong> und was darüber hinaus noch getan wer<strong>den</strong> kann und muss.<br />

■Der Untersuchungsausschuss des Bundestages <strong>zu</strong><br />

<strong>den</strong> rassistischen Mor<strong>den</strong> an neun Gewerbetreiben<strong>den</strong><br />

hat am 22. August 2013 seinen Abschlussbericht vorgelegt.<br />

Die eineinhalbjährige Tätigkeit des Ausschusses und<br />

sein Ergebnis, das unter einem hohen Maß von Einigkeit der<br />

Fraktionen <strong>zu</strong>stande kam, haben die politische Kultur der<br />

Bundesrepublik deutlich verändert. Ein Tabu ist gefallen: Das<br />

R-Wort wurde salonfähig. Die Taten wur<strong>den</strong> vom Ausschuss<br />

ohne Wenn und Aber als »rassistisch« charakterisiert. Seine<br />

Empfehlungen könnten für <strong>den</strong> neuen Bundestag einen<br />

Startpunkt <strong>zu</strong>r Bekämpfung des institutionellen <strong>Rassismus</strong><br />

abgeben. Organisationen der von <strong>Rassismus</strong> Betroffenen indes<br />

reagierten nicht mit Jubelstürmen.<br />

Die Türkische Gemeinde in Deutschland legte als Kontrapunkt<br />

sogar einen kritischen Schattenbericht vor. Sie sieht<br />

durch die rassistische Gewalt in vielen Dörfern und kleinen<br />

Städten etwa in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen<br />

und Mecklenburg-Vorpommern das »Kerngrundrecht«<br />

auf physische Unversehrtheit bedroht. Sie beklagt die <strong>zu</strong><br />

weitgehen<strong>den</strong> Rechte des Verfassungsschutzes und die de<br />

facto fortbestehende »Unantastbarkeit der V-Leute«. Es<br />

macht sie »fassungslos«, dass die Pläne von Bund und Ländern<br />

<strong>zu</strong>r Sicherheitsarchitektur darauf abzielen, »das Schattenreich<br />

der Sicherheitsbehör<strong>den</strong> nicht nur <strong>zu</strong> erhalten, sondern<br />

noch aus<strong>zu</strong>bauen«. Und nach Meinung der anwaltlichen<br />

Nebenklagevertreter des Münchner NSU-Prozesses hat<br />

das Instrument der V-Männer versagt und »gehört aufgelöst«.<br />

<strong>Rassismus</strong> ist eine gesellschaftlichinstitutionelle<br />

Angelegenheit<br />

Jahrzehntelang wurde <strong>Rassismus</strong> als gesellschaftspolitische<br />

Herausforderung ignoriert, verbrämt als »Frem<strong>den</strong>feindlichkeit«<br />

verharmlost oder in die rechtsextremistische Ecke gestellt.<br />

Doch die rassistischen Vorurteile und Stigmatisie -<br />

rungen, auf die der politische Rechtsextremismus sich bezieht,<br />

beschränken sich nicht auf ein Milieu, sondern sind in<br />

der gesamten Gesellschaft verbreitet und sparen auch ihre<br />

Institutionen nicht aus.<br />

Fälschlich wird <strong>Rassismus</strong> oft als auf einzelne Individuen beschränkbare<br />

Erscheinung dargestellt. Die von der Einstellungsforschung<br />

bei einer kleineren oder größeren Minderheit<br />

diagnostizierten rassistischen Stereotype wer<strong>den</strong> jedoch<br />

in allen Köpfen erinnert, mit oder ohne I<strong>den</strong>tifikation<br />

damit. Sie stellen also ein gesellschaftliches Wissen dar. <strong>Rassismus</strong><br />

muss als systemisch wahrgenommen wer<strong>den</strong>.<br />

Der <strong>Rassismus</strong> in Deutschland ist auch nicht erst die Erfindung<br />

der modernen Einwanderungsgesellschaft. Die Menschen,<br />

die <strong>zu</strong>m Arbeiten, <strong>zu</strong>m Studieren, als Flüchtlinge oder<br />

als nachziehende Familienangehörige in die Bundesrepublik<br />

kamen, stießen auf eine Ursprungsbevölkerung, die von<br />

Vorstellungen ethnischer Homogenität geprägt war und –<br />

selbst in Zeiten europäischer Integration – großenteils immer<br />

noch in einem ethnozentrischen Bewusstsein lebt.


6 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Diskriminierung und Verfolgung von Ju<strong>den</strong>, Roma, Schwarzen<br />

und Muslimen gingen in langen Jahrhunderten der mitteleuropäischen<br />

Geschichte immer vom Establishment aus.<br />

Sie sind leider Teil der kulturellen Tradition Deutschlands und<br />

Mitteleuropas. Da gibt es mehr Kontinuitäten als uns lieb ist.<br />

Die Ausstellung »Topographie des Terrors« in Berlin zeigt,<br />

wie zaghaft und unwillig die Entnazifizierung auch nach der<br />

Befreiung 1945 vonstatten ging. Wie die ethnozentrischen<br />

Ten<strong>den</strong>zen aus Reformation, Aufklärung und Kolonialismus<br />

bis heute fortwirken, ist un<strong>zu</strong>reichend aufgearbeitet.<br />

Vokabeln wie: »Schwarzer Peter«, »herumzigeunern« oder<br />

»getürkt« wur<strong>den</strong> je<strong>den</strong>falls nicht von Neonazis erfun<strong>den</strong>.<br />

Weder die Stereotypen in Kinder- und Schulbüchern noch die<br />

tödlichen Schutzwälle, die die EU an ihren Außengrenzen<br />

aufbaut, sind durch die NPD oder militante Kameradschaften<br />

<strong>zu</strong> erklären.<br />

Es geht um <strong>den</strong> Schutz der kodifizierten<br />

Menschenrechte<br />

Die zentrale menschenrechtliche Referenznorm stellt das<br />

Internationale Übereinkommen <strong>zu</strong>r Beseitigung jeder Form<br />

von Rassendiskriminierung dar. Mit der international rechtlich<br />

verankerten Ächtung von <strong>Rassismus</strong> verbindet sich in<br />

der Menschenrechtsbewegung die Erwartung, die Mechanismen<br />

gesellschaftlicher Stigmatisierungen mit ihrem<br />

Potenzial von massiven Menschenrechtsverlet<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong> erfassen<br />

und ihnen wirksam ent<strong>gegen</strong> treten <strong>zu</strong> können. Eine<br />

Überset<strong>zu</strong>ng der internationalen Rechtsbegrifflichkeit in <strong>den</strong><br />

deutschen Rechtskreis findet allerdings bisher <strong>zu</strong> wenig<br />

statt. Das lässt sich aus <strong>den</strong> Beurteilungen und Empfehlungen<br />

des UN-Ausschusses für die Beseitigung rassistischer<br />

Diskriminierung (CERD) ableiten. Mit diesen Empfehlungen<br />

reagiert CERD auf die Staatenberichte Deutschlands, die die<br />

Bundesregierung gemäß Übereinkommen periodisch vorlegt.<br />

Regelmäßig spricht CERD die Situation verletzlicher Gruppen,<br />

die Ausgestaltung von Strafrecht und Zivilrecht, Mängel<br />

bei der Opferentschädigung und die un<strong>zu</strong>reichende Dokumentation<br />

rassistischer Taten an. Die Resonanz auf die<br />

Empfehlungen, die schon vor der rassistischen Mordserie an<br />

<strong>den</strong> Unternehmern beträchtliche Schutzlücken in der Infrastruktur<br />

<strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> offen legten, war bislang in Politik<br />

und Zivilgesellschaft dürftig, lediglich das Forum Menschenrechte<br />

engagierte sich in der Parallelberichterstattung.<br />

Mit <strong>den</strong> Impulsen der Europäischen Kommission <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

und Intoleranz (ECRI) ist es nicht besser. ECRI absolvierte<br />

bislang vier Berichtsrun<strong>den</strong>, in <strong>den</strong>en die Kommission<br />

Berichte <strong>zu</strong>r Lage in <strong>den</strong> Mitgliedstaaten des Europarates<br />

vorstellte und Empfehlungen für die deutsche Politik formulierte<br />

– die fünfte begann 2013. Regierungsstellen und Parlamentarier<br />

ließen bislang die dezidierten Kritiken der Menschenrechtsgremien<br />

verhallen.<br />

Eine Fachwelt, die die internationalen völkerrechtlichen<br />

Expertisen aufgreift, kommentiert und für politische Entscheidungsträger<br />

daraus Orientierungen ableiten könnte,<br />

tritt kaum in Erscheinung. So fristet das 1969 als erster menschenrechtlicher<br />

Vertrag der Vereinten Nationen nach der<br />

Befreiung vom Faschismus in Kraft getretene Antirassismusübereinkommen<br />

ein Schattendasein und entfaltet als Norm<br />

für die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes<br />

kaum eine praktische Bedeutung.<br />

Nachdem der NSU-Untersuchungsausschuss dem <strong>Rassismus</strong><br />

<strong>zu</strong>m ersten Mal ins Auge geblickt hat, sollten nun auch die<br />

Ohren für das aufgesperrt wer<strong>den</strong>, was CERD und ECRI seit<br />

Jahren <strong>zu</strong> sagen haben. Von <strong>den</strong> nicht oder schlecht umgesetzten<br />

Punkten seien hier zwei ausgewählt:<br />

1. Das Verbot der Weiterverbreitung rassistischer Ideen<br />

Wie weit reicht das Recht auf freie Meinungsäußerung, und<br />

wo beginnt der Schutz vor rassistischer Diskriminierung<br />

durch Wort und Schrift? Während viele Stimmen eine Regulierung<br />

des Internets für die präventive Kriminalitätsbekämpfung<br />

fordern, gilt beim Sprechen über Muslime oder<br />

Menschen türkischer oder arabischer Abstammung die<br />

Redefreiheit schnell als unbedingtes Schutzgut. Der Schutz<br />

vor rassistischer Diskriminierung kommt da<strong>gegen</strong> als Ab -<br />

wägungsgrund <strong>zu</strong> kurz. CERD erinnerte Deutschland 2008<br />

daher daran: »dass die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung<br />

mit besonderen Pflichten und Verantwortung<br />

verbun<strong>den</strong> ist, insbesondere mit der Pflicht, kein rassistisches<br />

Gedankengut <strong>zu</strong> verbreiten.« Es bedarf eines<br />

Instrumentariums, um die Verbreitung rassistischer Ideen<br />

fest<strong>zu</strong>stellen und <strong>zu</strong> unterbin<strong>den</strong>, bis hin <strong>zu</strong>r Ahndung als<br />

Straftat gemäß der Verpflichtung aus Artikel 4 des Übereinkommens.<br />

Wegen Thilo Sarrazin gab CERD im April 2013 einer Individualbeschwerde<br />

des Türkischen Bundes Berlin-Bran<strong>den</strong>burg<br />

statt: er rügte Deutschland für die Einstellung eines strafrechtlichen<br />

Ermittlungsverfahrens wegen Volksverhet<strong>zu</strong>ng<br />

und Beleidigung <strong>gegen</strong> ihn. Die Berliner Staatsanwaltschaft<br />

weigerte sich im Juli 2013 jedoch kurzerhand, das Verfahren<br />

wieder auf<strong>zu</strong>nehmen. Der Konvention wird dadurch nicht<br />

genüge getan.


Dem <strong>Rassismus</strong> ins Auge blicken und seine strukturelle Dimension erkennen 7<br />

2. Strafrecht, Polizei und Ermittlungsbehör<strong>den</strong><br />

Rassistisch motivierte Straftaten wer<strong>den</strong> in Deutschland <strong>zu</strong><br />

oft nicht als solche erkannt – die Mordserie an <strong>den</strong> neun Unternehmern<br />

ist ein prominenter Beweis dafür. CERD und<br />

ECRI fordern daher schon lange die Aufnahme von rassistischer<br />

Motivation als strafschärfendes Merkmal ins Straf -<br />

gesetzbuch. Über diese Gesetzesänderung soll erreicht wer<strong>den</strong>,<br />

dass rassistischen Hintergrün<strong>den</strong> aller Straftaten von<br />

Ermittlungsbehör<strong>den</strong> im Regelbetrieb aufgrund unmissverständlicher<br />

Verwaltungsvorschriften nachgegangen wird,<br />

was bisher nicht geschieht. Die Organisationen von <strong>Rassismus</strong><br />

Betroffener verlangen, dass die Straftatbestände der<br />

Volksverhet<strong>zu</strong>ng und Beleidigung so erweitert wer<strong>den</strong>, dass<br />

eine Bekämpfung von <strong>Rassismus</strong> möglich wird.<br />

Ausblick<br />

Gesellschaftliche Gruppen und Forschungseinrichtungen<br />

sollten sich mit Machtbeziehungen und historischen Zusammenhängen<br />

wie Kolonialismus und Holocaust befassen. Dabei<br />

gilt es, das Herrschaftssystem als Ganzes <strong>zu</strong> betrachten –<br />

wie wirken die Gesellschaft und Interessengruppen aufeinander<br />

ein, wie lassen sich die immer neuen Spielarten von<br />

stereotyper Kulturalisierung, Sün<strong>den</strong>bocksuche und Rassekonstruktion<br />

erklären? Welche institutionellen Strukturen<br />

fördern <strong>Rassismus</strong>, <strong>zu</strong>m Beispiel im Staatsangehörigkeitsrecht,<br />

im Ausländerrecht, bei <strong>den</strong> dafür <strong>zu</strong>ständigen Behör<strong>den</strong>,<br />

im Bildungssystem und bei der Personalgewinnung von<br />

Unternehmen und Organisationen, und wie lassen sie sich<br />

verändern?<br />

Tief greifende Veränderungen sind in der Selbstorganisation<br />

aller Institutionen nötig. Der Staat hat das erkannt. Der<br />

Nationale Aktionsplan Integration von 2012 eröffnet eine<br />

Agenda für die multikulturelle Gesellschaft und für mehr<br />

Eingewanderte in allen Institutionen, bei Bund, Ländern und<br />

Gemein<strong>den</strong>. Allerdings blendet er das Wort <strong>Rassismus</strong> noch<br />

ängstlich aus. Eine unabhängige <strong>Rassismus</strong>kommission mit<br />

Verlautbarungsrecht ein<strong>zu</strong>richten, wie ECRI sie schon lange<br />

will und es jetzt auch die Organisationen Betroffener fordern,<br />

wäre an der Zeit. Sie sollte <strong>zu</strong> Analyse und Dokumentation<br />

tätig wer<strong>den</strong>, in ihr Monitoring die Umset<strong>zu</strong>ng der<br />

internationalen Normen einbeziehen und eigene Unter -<br />

suchungen rassistischer Vorfälle veranlassen können.<br />

UN-Antirassismusausschuss rügt Deutschland<br />

■Der Antirassismusausschuss der Vereinten Nationen (Committee<br />

on the Elimination of Racial Discrimination – CERD) hat der Bundesrepublik<br />

Deutschland am 26. Februar 2013 eine Rüge ausgesprochen.<br />

Hintergrund war eine Individualbeschwerde des Türkischen Bunds Berlin-<br />

Bran<strong>den</strong>burg (TBB), der im Jahr 2009 aufgrund eines Interviews von<br />

Thilo Sarrazin in der Zeitschrift Lettre International Strafanzeige wegen<br />

Volksverhet<strong>zu</strong>ng und Beleidigung gestellt hatte. Nachdem die Staatsanwaltschaft<br />

das Verfahren eingestellt hatte, wandte sich der TBB an <strong>den</strong><br />

UN-Antirassismusausschuss. Dieser stellte fest, dass Sarrazin mit seinen<br />

in dem Interview getätigten Aussagen »die Ideologie rassischer Über -<br />

legenheit und von Rassenhass verbreitet« und <strong>zu</strong> »rassistischer Diskrimi -<br />

nierung angestiftet« hat. Die Bundesrepublik sei der aus der Antirassismuskonvention<br />

ab<strong>zu</strong>leiten<strong>den</strong> Verpflichtung, eine eventuelle Gefährdung<br />

des öffentlichen Frie<strong>den</strong>s effektiv <strong>zu</strong> untersuchen, nicht nachgekommen.<br />

Der CERD empfahl Deutschland, »seine Politik und Verfahren mit Blick<br />

auf die Verfolgung mutmaßlicher rassendiskriminierender Äußerungen<br />

sowie der Behauptung rassischer Überlegenheit <strong>zu</strong> überprüfen« und<br />

in Einklang <strong>zu</strong> bringen mit <strong>den</strong> Bestimmungen der UNO-Konvention.<br />

Zudem wurde Berlin da<strong>zu</strong> aufgefordert, das Urteil des CERD »breit <strong>zu</strong><br />

veröffentlichen« und es »insbesondere <strong>den</strong> Staatsanwaltschaften und<br />

Gerichten bekannt <strong>zu</strong> machen«. Innerhalb von 90 Tagen erwarte der<br />

UN-Ausschuss einen Bericht der Bundesregierung <strong>zu</strong>r Umset<strong>zu</strong>ng seiner<br />

Empfehlung.<br />

Die Bundesregierung hat als Antwort am 1. Juli 2013 eine einseitige<br />

Notiz an <strong>den</strong> UN-Hochkommissar für Menschenrechte sowie <strong>den</strong> <strong>zu</strong>ständigen<br />

UN-Ausschuss CERD geschickt, in dem u.a. mitgeteilt wurde, die<br />

Bundesregierung prüfe »Gesetzesänderungen <strong>zu</strong>r Strafbarkeit rassistischer<br />

Äußerungen im Lichte der Äußerungen des Ausschusses«. Diese<br />

Prüfung müsse allerdings die Wichtigkeit der Meinungsfreiheit in Betracht<br />

ziehen, die durch das deutsche Grundgesetz garantiert sei.<br />

Als Reaktion appellierte der TBB an die Berliner Justiz, <strong>zu</strong> prüfen ob das<br />

wegen Volksverhet<strong>zu</strong>ng und Beleidigung <strong>gegen</strong> Herrn Sarrazin eingestellte<br />

Strafverfahren wieder aufgenommen wer<strong>den</strong> könne. Die Berliner<br />

Justiz hat dies abgelehnt.<br />

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD),<br />

Kenan Kolat, wandte sich ebenfalls an die Bundesregierung, zügig einen<br />

Ausschuss ein<strong>zu</strong>richten, der die bestehen<strong>den</strong> Gesetze auf die Strafbarkeit<br />

rassistischer Äußerungen überprüft und Vorschläge hier<strong>zu</strong> gibt.<br />

Das Deutsche Institut für Menschenrechte reagierte mit einer Stellungnahme<br />

und erinnerte daran, dass die Bundesregierung auch <strong>gegen</strong>über<br />

dem UN-Menschenrechtsrat in Genf im April 2013 <strong>zu</strong>gesagt hat, sich mit<br />

der internationalen Kritik an un<strong>zu</strong>reichender <strong>Rassismus</strong>bekämpfung in<br />

Deutschland auseinander <strong>zu</strong> setzen. Dies sei Auftrag für Bund und Länder<br />

und bedarf der intensiven Beteiligung der Zivilgesellschaft.<br />

Link <strong>zu</strong>r Entscheidung des CERD, englische Fassung: http://www2.<br />

ohchr.org/English/bodies/cerd/docs/CERD-C-82-D-48-2010-English.pdf<br />

deutsche Überset<strong>zu</strong>ng: http://www.bmj.de/DE/Recht/Oeffentliches-<br />

Recht/Menschenrechte/VereinteNationen/_doc/Beschwerdeverfahren_<br />

doc.html?nn=1695012


8 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Wer <strong>Rassismus</strong> überwin<strong>den</strong> will,<br />

muss anerkennen statt ausgrenzen<br />

Die Vorbereitungstagung für die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> im<br />

September 2013 stand unter dem Motto »Anerkennen statt Ausgrenzen«. Hadija Haruna -<br />

Journalistin, Teil der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland und Mitglied<br />

beim Journalistenverband der Neuen Deutschen Medienmacher – berichtete <strong>zu</strong> diesem<br />

Anlass über alltägliche Ausgren<strong>zu</strong>ngs- und Diskriminierungserfahrungen, machte aber<br />

auch deutlich, dass Alltagsrassismus mit strukturellem beziehungsweise institutionellem<br />

<strong>Rassismus</strong> in Deutschland verschränkt ist und letzterer <strong>den</strong> Kern des Problems darstellt.<br />

Zu seiner Überwindung forderte Hadija Haruna eine ehrliche gesellschaftliche Debatte<br />

über <strong>Rassismus</strong> und eine handlungsorientierte, staatlich und zivilbürgerlich ge steuerte<br />

Strategie. Der vorliegende Beitrag basiert auf ihrem Tagungsvortrag und zeigt auf,<br />

wie wichtig Anerkennung von Teilhabe und Zugehörigkeit in diesem Prozess sind.<br />

■Als ich kurz nach meinem Studium in der Redaktionskonferenz<br />

einer großen Zeitung ein Praktikum ab -<br />

solvierte, machte ich meine erste mediale Erfahrung, was es<br />

bedeutet, unterrepräsentiert <strong>zu</strong> sein. Es wurde über die Sonderausgabe<br />

<strong>zu</strong>m Thema »Migranten in <strong>den</strong> Medien« diskutiert<br />

und dabei sarkastisch über »Ausländer« und <strong>den</strong> Begriff<br />

an sich gescherzt. Die Situation war mir unangenehm.<br />

Die großen Redner am Tisch nahmen mich nicht wahr. Doch<br />

fühlte ich die Abwertung in ihren Worten. Nach der Sit<strong>zu</strong>ng<br />

sagte mir ein Kollege: Das ist ein Grund, warum so wenige<br />

Journalisten mit Migrationsgeschichte in Redaktionen vertreten<br />

sind. Sie wür<strong>den</strong> <strong>den</strong> Wind dort verändern und viele<br />

hier müssten sich Gedanken über ihre Wortwahl machen.<br />

Heute wäre diese Anekdote ein Fall für Twitter und <strong>den</strong><br />

Hashtag #SchauHin. Seit einiger Zeit mel<strong>den</strong> sich unter diesem<br />

Aufruf Menschen <strong>zu</strong> Wort und berichten über ihre Erfahrungen<br />

mit alltäglichem <strong>Rassismus</strong>. #SchauHin ist eine<br />

Sammlung an Erlebnissen, bei der man eine Ahnung davon<br />

bekommt, wie sich Alltagsrassismus in Deutschland anfühlt:<br />

Bei der Polizei, in Behör<strong>den</strong>, in <strong>den</strong> Medien und in anderen<br />

Teilen der Gesellschaft. Das Teilen von rassistischen Erfahrungen<br />

in dieser Form macht nicht schwächer oder gar erneut<br />

<strong>zu</strong>m Opfer. Ganz im Gegenteil: es nimmt <strong>den</strong> Menschen<br />

die Last von <strong>den</strong> Schultern und macht öffentlich, was oft verborgen<br />

bleibt. Ich nenne es eine Strategie des Empowerments<br />

– der Selbstbestärkung, die Menschen mit <strong>Rassismus</strong>erfahrung<br />

nutzen, um sich <strong>zu</strong> positionieren, um sich nicht in<br />

die Minderheiten-Ecke drängen <strong>zu</strong> lassen, um ihre Stimme<br />

<strong>zu</strong> erheben.<br />

Die Inhalte der #SchauHin-Geschichten sind nicht neu. Seit<br />

Jahren berichten Menschen in Deutschland über alltägliche,<br />

diskriminierende Erfahrungen. Doch selten wer<strong>den</strong> sie im<br />

Mainstream gehört. Dabei wissen viele von uns, dass <strong>Rassismus</strong><br />

nicht irgendwo am rechten Rand der Gesellschaft geschieht,<br />

sondern mitten unter uns, je<strong>den</strong> Tag, überall. Weil er<br />

in <strong>den</strong> Köpfen der Menschen beginnt, wirkt er in <strong>den</strong> Strukturen<br />

und Institutionen unserer Gesellschaft fort. Gewalt -<br />

bereiten Fein<strong>den</strong> der Demokratie dient er als Legitimation<br />

für menschenverachtende Taten.<br />

Die Enthüllungen der Konsequenzen von institutionellem<br />

<strong>Rassismus</strong> der Sicherheitsorgane im NSU-Fall, die anhaltende<br />

Debatte über rassistische Polizeimetho<strong>den</strong> und die Rüge<br />

der UN-Anti-<strong>Rassismus</strong>kommission im April 2013 zeigen:<br />

<strong>Rassismus</strong> ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das in<br />

Deutschland weder auf politischer noch gesellschaftlicher<br />

Basis differenziert genug bearbeitet wird.<br />

Was brauchen wir, um <strong>zu</strong> begreifen, wo rechte Gedanken<br />

beginnen und dass es auch eine Art von rechtem Liberalismus<br />

gibt. Im Zuge der Bundestagswahl 2013 schaffte es die<br />

Partei »Alternative für Deutschland (AfD)« knapp in <strong>den</strong><br />

Bundestag. Ich bin sicher: die meisten Mitglieder und Unterstützer<br />

dieser Partei glauben, die AfD sei nicht rechts. Ihr<br />

Rechtspopulismus nach<strong>zu</strong>weisen ist bei der Überprüfung<br />

ihres kargen Programms auch nicht ganz leicht. Doch hat es<br />

starke Überschneidungen mit <strong>den</strong> typischen Forderungen<br />

der Rechten. So gehört der Austritt aus dem Euro <strong>zu</strong>m Standard-Repertoire<br />

der Rechtspopulisten, von einer Beschränkung<br />

der Zuwanderung ganz <strong>zu</strong> schweigen. Immer wieder<br />

posteten Unterstützer der AfD in <strong>den</strong> sozialen Medien rassis -<br />

tische und islamfeindliche Beiträge und verlinkten auf neurechte<br />

Quellen.


Wer <strong>Rassismus</strong> überwin<strong>den</strong> will, muss anerkennen statt ausgrenzen 9<br />

Viele Menschen verbin<strong>den</strong> mit der politischen Rechten weiterhin<br />

das Bild von Rechtsextremen, die rassistische, anti -<br />

semitische und andere neonazistische Parolen skandieren.<br />

Man <strong>den</strong>kt an die NPD oder an PRO-Parteien. Doch das ist<br />

schon lange nicht mehr ihr einziges Gesicht. Durch ihre glatt<br />

geschmirgelte Oberfläche fällt es schwer, Rechtspopulisten<br />

direkt <strong>zu</strong> erkennen. Ihr rechtes Gedankengut formulieren sie<br />

so, dass es eine bürgerlich-konservative Schicht anspricht,<br />

ohne dabei offen Hass und <strong>Rassismus</strong> <strong>zu</strong> verbreiten oder<br />

demokratiefeindlich <strong>zu</strong> sein.<br />

All das sorgt mich.<br />

Auch das fehlende Bewusstsein darüber, dass Alltagsrassismus<br />

mit institutionellem <strong>Rassismus</strong> in Deutschland verschränkt<br />

ist. Mehr als deutlich wurde bei der Aufklärung der<br />

so genannten »Dönermorde«, wie sehr die Vorurteile der<br />

Polizisten mit ihrer behördlichen Macht <strong>zu</strong>sammenwirkten.<br />

Genauso, wie bis heute bei einer Form der Praxis des<br />

»Racial Profiling« Menschen mit vermeintlich »ausländischem<br />

Aussehen« einfach kontrolliert oder durchsucht wer<strong>den</strong><br />

können. Und damit ein Verstoß <strong>gegen</strong> Artikel 3 des<br />

Grundgesetz in Kauf genommen wird. Im Juni 2013 hat das<br />

Deutsche Institut für Menschenrechte in einer ausführlichen<br />

Studie konkrete Handlungsempfehlungen an die Bundes -<br />

regierung formuliert.<br />

Doch erneut sieht es nach einem zähen Kampf um Anerkennung<br />

aus. Im September 2013 wies das Verwaltungsgericht<br />

in Koblenz die Klage einer Frau ab, die <strong>zu</strong> sammen mit einer<br />

Begleiterin im Kassler Hauptbahnhof zwei Bundespolizisten<br />

dabei beobachtet hatte, wie sie aus schließ lich Schwarze<br />

Menschen nach ihren Personalien befragten. Die Frauen hatten<br />

die Kontrolle aus nächster Nähe beobachtet. Die Bundespolizisten<br />

reagierten mit einem Platzverweis und führten<br />

die Klägerin im sogenannten Polizeigriff hinaus. Um diesen<br />

Verweis als rechtswidrig fest<strong>zu</strong>stellen, hatte die Frau geklagt<br />

und wurde abgewiesen. Darüber urteilte das gleiche Gericht,<br />

das bereits <strong>den</strong> Fall eines Schwarzen jungen Mannes<br />

verhandelt hatte, der <strong>gegen</strong> eine selektive Personenkontrollen<br />

geklagt hatte. Erst in der Be rufung hatte das Oberverwaltungsgericht<br />

Rheinland-Pfalz in diesem Fall die erstinstanzliche<br />

Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Koblenz<br />

aufgehoben und die Maßnahme als grundgesetzwidrig eingestuft.<br />

Auch die Klägerin wird nun vor dem Oberverwaltungsgericht<br />

in die Berufung gehen.<br />

Was mich freut: Die Hartnäckigkeit, der Widerstand und<br />

Kampf vieler Menschen, ihre Rechte ein<strong>zu</strong>fordern. Und: dass<br />

Deutschland vom UN-Antirassismus-Ausschuss eine Rüge<br />

ausgesprochen wurde. Das zeigt deutlich, wie sehr die<br />

Bundesrepublik in Sachen <strong>Rassismus</strong>bekämpfung hinterherhinkt,<br />

dass <strong>zu</strong> wenig getan wird – auch, um die Menschen<br />

<strong>zu</strong> schützen.<br />

Warum ist die offensichtliche multikulturelle Normalität immer<br />

noch nicht in <strong>den</strong> Köpfen der Menschen angekommen?<br />

Ich <strong>den</strong>ke, weil Deutschland ein Einwanderungsland ist, das<br />

<strong>zu</strong> lange keines sein wollte und der Kampf darüber sich jahrzehntelang<br />

hinter <strong>den</strong> Kulissen abgespielt hat. Einwanderung<br />

wurde gestattet, aber nicht benannt. Gastarbeiter, Geduldete,<br />

Ausländer, Migranten, Eingebürgerte, Menschen<br />

mit Migrationshintergrund: über die Jahre sind die Einwanderer<br />

und ihre Nachkommen mit vielen Namen ausgestattet<br />

wor<strong>den</strong>. Namen, die sie nicht selbst gewählt haben. Mit der<br />

Einsicht, ein Einwanderungsland <strong>zu</strong> sein, kam es <strong>zu</strong>m ersten<br />

Integrationsgipfel. Doch bis heute ist nebst allen wissenschaftlichen<br />

Definitionen ungeklärt, was der Begriff Integration<br />

genau beschreiben soll. Eine Einbahnstraße soll es nicht<br />

sein, sagen viele. Doch genauso viele verstehen darunter<br />

Assimilation an ein weiß deutsches Selbstverständnis: integriert<br />

ist, wer sich anpasst, wer seine ursprüngliche I<strong>den</strong>tität<br />

ablegt, wer deutsch ist. Doch was bedeuten »deutsch<br />

sein« und Integration in einem Land, das auf über Hunderte<br />

von Jahren Migration und Einwanderung in seiner Geschichte<br />

<strong>zu</strong>rückblicken kann?<br />

Auch ich bin ein Mensch mit Migrationserfahrung. Genauer<br />

gesagt, mit der meines ghanaisch-deutschen Vaters und<br />

meiner deutsch-deutschen Mutter, die von Unterfranken<br />

nach Hessen migriert ist. Wie lange wird dieser »Migrationshintergrund«<br />

mir und meinen Nachkommen anhaften –<br />

auf ewig? Migriert oder nicht, in der x-ten Generation in<br />

#SchauHin auf Twitter<br />

■<br />

#SchauHin ist ein Hashtag, der Konfrontationen mit Alltagsrassismus<br />

sichtbar machen soll. Tweets und Blogeinträge <strong>zu</strong><br />

diesem Thema gibt es schon sehr lange. Neu ist seit September 2013<br />

die einheitliche Kennzeichnung durch <strong>den</strong> Hashtag. Die Sichtbarkeit<br />

wird dadurch höher, die gezielte Suche einfacher und das Abschalten<br />

mit Hilfe von Mutings effektiver möglich (es gibt die Funktion, einen<br />

Hashtag <strong>zu</strong> »muten«, auf Deutsch also stumm <strong>zu</strong> legen, sodass er<br />

nicht auf der Timeline erscheint, z.B. weil er traumatische Erfahrungen<br />

triggert). Doch bei einem bloßen Hashtag soll es bei #SchauHin<br />

nicht bleiben. Im Internet ist die Gefahr groß, dass für nur eine gewisse<br />

Zeit viel Aufmerksamkeit auf ein Thema gerichtet wird. Die Initiatoren_innen<br />

der Kampagne möchten, dass #SchauHin nachhaltig<br />

wirkt. Mit Hilfe einer Facebookseite, einem digitalen Mahnmal sowie<br />

Aktionen, die außerhalb des Internets stattfin<strong>den</strong>, soll der Hashtag<br />

eine dauerhafte Kampagne <strong>gegen</strong> Alltagsrassismus bleiben.


10 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Deutschland geboren: Sollen wir Kinder Deutschlands am<br />

Ende eines bleiben: Ausländer?!<br />

Was fehlt ist Anerkennung. Anerkennung unserer Teilhabe<br />

und Zugehörigkeit. So bin ich es gewohnt, dass mich andere<br />

permanent einordnen, <strong>zu</strong>ordnen, manchmal bestimmten<br />

Bildern unterordnen. Es passiert schnell, weil ich einen<br />

Migrations-Vordergrund habe. Nicht nur mein Name,<br />

auch meine Optik markieren mich in diesem Land. Denn in<br />

Deutschland ist die Kategorie »deutsch sein« immer auch an<br />

»weiß sein« gebun<strong>den</strong>. Ein subtiler Gedanke, der sich tief in<br />

unser Gedankengut verwurzelt hat. Was ist deutsch, frage<br />

ich erneut. Und woher kommt die Angst vor dem Verlust dieses<br />

»deutsch seins«, die Furcht vor dem eigenen Verschwin<strong>den</strong>.<br />

Ein absolutes »deutsch sein« gab es nie und die wenigsten<br />

Menschen haben keine Migrationsgeschichte in ihrer<br />

Familienbiographie.<br />

So wird es Zeit an<strong>zu</strong>erkennen, dass wir alle Einheimische<br />

sind. Und dass, wenn wir schon über nationale Zugehörigkeit<br />

re<strong>den</strong> müssen, die Kinder der ersten Generation auch<br />

Deutsche sind und deren Kinder und deren Kinder es auch<br />

sein wer<strong>den</strong>. Und dass dieses »deutsch sein« nichts mit<br />

»weiß sein« <strong>zu</strong> tun hat. Sondern mit Teilhabe, Sozialisation<br />

und einem Zugehörigkeitsgefühl. Es wird Zeit an<strong>zu</strong>erkennen,<br />

dass Deutschland nichts verloren geht, wenn es seine Kinder<br />

anerkennt und ihnen erlaubt, vielfältig <strong>zu</strong> sein und ihre<br />

doppelte Staatsbürgerschaft <strong>zu</strong> behalten. Es ist Zeit, <strong>den</strong><br />

längst vollzogenen Wandel an<strong>zu</strong>erkennen.<br />

Ich bin Hadija Haruna, Mensch, Frau, Schwarze Deutsche<br />

und Journalistin, Teil der Initiative Schwarze Menschen in<br />

Deutschland, Mitglied beim Journalistenverband der Neuen<br />

Deutschen Medienmacher. Und ich will, dass vor allem<br />

die Medien die Dinge endlich beim Namen nennen: Nicht<br />

»Frem<strong>den</strong>feindlichkeit« schreiben oder »Ausländerfeindlichkeit«.<br />

Denn wer ist hier fremd? Es geht hier nicht um Konflikte<br />

zwischen frem<strong>den</strong> Kulturen, sondern um Ausgren<strong>zu</strong>ng<br />

und Anerkennung.<br />

Treffend schrieb die Autorin Jagoda Marinić in einer Rede<br />

anlässlich der Konferenz »Neue Begriffe für die Einwanderungsgesellschaft«<br />

der Neuen Deutschen Medienmacher:<br />

»Ich möchte mein Leben nicht zermürben im Kampf um<br />

die Daseinsberechtigung in diesem Land.Was wir wollen<br />

ist selbstbestimmt sein und Gehör fin<strong>den</strong>, damit nicht<br />

nur ›Deutsche ohne Migrationserfahrung‹ über Menschen<br />

wie uns sprechen und ihre Maßstäbe anlegen. Uns<br />

benennen. Wir sind einheimisch, nicht Gast. Nicht Deutsche<br />

mit Präposition plus Substantiv, nicht Neue Deutsche,<br />

nicht Alte Deutsche, sondern Deutsche«.<br />

Marinić hat recht. Auch damit, dass wir uns in Acht nehmen<br />

sollten vor einer reinen Nützlichkeitsargumentation, die das<br />

Hier sein von Einwanderern dadurch legitimieren will, dass<br />

sie Arbeitskräfte sind, die später Rente zahlen. Oder Fachkräfte,<br />

die die Antwort auf einen Mangel sein sollen. Nicht<br />

ohne Grund führt in Deutschland die kollektive Verinner -<br />

lichung von <strong>Rassismus</strong> unter People of Color und Schwarzen<br />

Menschen häufig da<strong>zu</strong>, »beweisen« <strong>zu</strong> müssen, dass sie<br />

»intelligent«, »emanzipiert« oder »integriert« sind. Während<br />

weißen Menschen Intelligenz oder Fortschrittlichkeit<br />

meist automatisch <strong>zu</strong>geschrieben wird. So kommt <strong>zu</strong>r<br />

Be lastung durch <strong>Rassismus</strong>erfahrungen der Druck hin<strong>zu</strong>,<br />

als »Ausnahme-Migranten« noch mehr leisten <strong>zu</strong> müssen,<br />

um <strong>zu</strong> <strong>den</strong> »Guten« <strong>zu</strong> gehören. Insbesondere vor dem<br />

Hin tergrund der massiven Chancenungleicheit in Deutschland<br />

– beispielsweise im Bildungssystem – ist dies gerade<strong>zu</strong><br />

zynisch.<br />

Aber auch politische Teilhaberechte für Menschen mit<br />

Migrationsgeschichte wer<strong>den</strong> auf lange Sicht nicht ausreichen,<br />

<strong>Rassismus</strong> nachhaltig <strong>zu</strong> überwin<strong>den</strong>. Es bedarf einer<br />

handlungsorientierten, staatlichen und zivilbürgerlich gesteuerten<br />

Strategie, die sich einer diskriminierungsfreien<br />

und solidarischen Gesellschaft verpflichtet und die Gleichbehandlung<br />

aller ihrer Mitglieder betont und fördert.<br />

Ich wünsche mir mehr Menschen, die <strong>den</strong> Versuch wagen,<br />

die bestehen<strong>den</strong> Machtverhältnisse <strong>zu</strong> verändern und sich<br />

mit der eigenen Position auseinander <strong>zu</strong>setzen. Das ist nicht<br />

leicht. Doch wer sich auf diese Auseinanderset<strong>zu</strong>ng einlässt,<br />

wird begreifen, dass eine kritische Selbstreflexion ohne<br />

Selbstgeißelung möglich ist. Es geht vor allem darum, <strong>den</strong><br />

Blick von <strong>den</strong>jenigen, die <strong>Rassismus</strong> erfahren, auf das Sys -<br />

tem <strong>zu</strong> lenken: <strong>den</strong> Kern des Problems. Wer <strong>Rassismus</strong> bekämpfen<br />

will, muss sich trauen, die bestehen<strong>den</strong> Verhältnisse<br />

offen <strong>zu</strong> benennen. Wie lange wird es noch dauern, bis<br />

wir in Deutschland eine ehrliche Debatte über <strong>Rassismus</strong><br />

führen? Da<strong>zu</strong> muss unsere Gesellschaft <strong>den</strong> Gegnern und<br />

Opfern von <strong>Rassismus</strong> Stimme und Gehör verschaffen, ohne<br />

sie <strong>zu</strong> Opfern <strong>zu</strong> machen. Sie muss sie anerkennen anstatt<br />

aus<strong>zu</strong>grenzen.


11<br />

»Woher kommst du?« ist die falsche Frage<br />

Dr. Manfred Schmidt, Präsi<strong>den</strong>t des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge,<br />

erläutert in seinem Beitrag, dass Integration ein zweiseitiger Prozess ist,<br />

bei dem verstärkt auch die sogenannte Aufnahmegesellschaft in <strong>den</strong> Blick genommen<br />

wer<strong>den</strong> muss. Eine Grundvorausset<strong>zu</strong>ng für das Gelingen des gesellschaftlichen<br />

Zusammenhaltes ist deshalb, dass sich Köpfe, Strukturen und die Gesellschaft<br />

öffnen. Eine solche Öffnung muss auch ein fester Bestandteil der Strategie der<br />

Organisations entwicklung wer<strong>den</strong> und eine Annerkennungs- und Willkommenskultur<br />

im Behör<strong>den</strong>alltag verankert wer<strong>den</strong>.<br />

■Wenn wir uns umschauen – im Stadtviertel, im Café,<br />

im Sportverein, am Arbeitsplatz, in der Schule –<br />

sehen wir vor allem eines: Vielfalt. Deutschland ist viel -<br />

fältig und das in jeglicher Hinsicht. Insbesondere seit <strong>den</strong><br />

1950er Jahren wandern Menschen nach Deutschland ein.<br />

Und Einwanderung wird auch künftig unsere Gesellschaft<br />

prägen - wir sind längst ein Migrationsland. Mittlerweile<br />

leben nicht nur die Menschen in Deutschland, die selbst eingewandert<br />

sind, sondern auch deren Kinder und Kindes -<br />

kinder.<br />

Anders als die mediale Berichterstattung vermuten lässt,<br />

funktioniert das Zusammenleben vor Ort in der Regel gut.<br />

Wir haben relativ spät erkannt, dass Einwanderung durch<br />

ein systematisches Gesamtkonzept der Integrationsför -<br />

derung begleitet wer<strong>den</strong> muss, das gleichberechtigte Teil -<br />

habe fördert. In <strong>den</strong> letzten zehn Jahren haben wir in dieser<br />

Hinsicht jedoch viel erreicht. Ich stimme unserer Bundeskanzlerin<br />

<strong>zu</strong>, die in ihrer Rede anlässlich des 60-jährigen<br />

Bestehen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge<br />

gesagt hat: »Deutschland ist ein Integrationsland«. Für mich<br />

heißt das: ein Land, in dem alle, die hier auf Dauer leben, gemeinsam<br />

die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten, miteinander<br />

aushandeln, wie wir künftig gemeinsam leben wollen.<br />

Denn dies macht ein Integrationsland aus, macht aus Individuen<br />

eine Gesellschaft und eine Gesellschaft erfolgreich.<br />

Dabei geht es nicht darum, eine Wohlfühlgesellschaft <strong>zu</strong><br />

entwickeln – das Zusammenleben in einer von Vielfalt geprägten<br />

Gesellschaft geht nicht immer ohne Konflikte von<br />

statten, darüber müssen wir uns bewusst sein.<br />

Lange hat sich die Integrationsarbeit auf »die Migranten«<br />

konzentriert. Angebote für Migrantinnen und Migranten<br />

stan<strong>den</strong> dabei im Mittelpunkt. Sie haben sicherlich auch<br />

weiterhin ihre Berechtigung und insbesondere der Bereich<br />

der Sprachförderung wird auch künftig einen Schwerpunkt<br />

bil<strong>den</strong>, gerade für das Bundesamt. Mittlerweile bietet das<br />

Bundesamt Deutschkurse an, die von Alphabetisierungs -<br />

kursen über Elternkurse bis hin <strong>zu</strong> berufsbezogener Sprachförderung<br />

reichen. Aber Sprachkenntnisse allein sind nicht<br />

alles. Das Bundesamt flankiert diese daher sowohl mit der<br />

Migrationsberatung, als auch mit der Förderung von lokalen<br />

Projekten, die häufig einen Empowerment-Ansatz verfolgen.<br />

Das heißt, Migranten <strong>zu</strong> befähigen, mit bestimmten<br />

Fähigkeiten ausstatten, damit sie sich in die Gesellschaft<br />

besser integrieren können.<br />

Aber – und das erscheint <strong>zu</strong>nehmend wie eine Binsenweisheit:<br />

Integration ist ein zweiseitiger Prozess. Aktuelle Umfragen<br />

stellen fest:<br />

Laut der Umfrage des Instituts INFO aus dem Jahr 2013 geben<br />

23 % der Befragten mit Migrationshintergrund an, in<br />

der Öffentlichkeit wegen ihres Aussehens beschimpft wor<strong>den</strong><br />

<strong>zu</strong> sein, 35 % der 15- bis 29-Jährigen wegen ihrer Religions<strong>zu</strong>gehörigkeit<br />

in der Öffentlichkeit beschimpft wor<strong>den</strong><br />

<strong>zu</strong> sein. In einer Befragung des German Marshall Funds antworten<br />

rund die Hälfte der Befragten in Deutschland, sie<br />

sähen Zuwanderung mehr als Problem <strong>den</strong>n als Chance –<br />

daran müssen wir arbeiten!<br />

So nehmen wir seit einigen Jahren mit unseren Maßnahmen<br />

unter anderem aus oben genannten Grün<strong>den</strong> verstärkt auch<br />

die sogenannte Aufnahmegesellschaft in <strong>den</strong> Blick.<br />

Nicht nur im Alltag erfahren Menschen mit Migrations -<br />

hintergrund Ausgren<strong>zu</strong>ng. Der Datenreport <strong>zu</strong>m Berufsbildungsbericht<br />

2012 des Bundesinstituts für Berufsbildung<br />

(BIBB) zeigt, dass Personen mit einem Migrationshintergrund<br />

geringere Chancen auf einen erfolgreichen Übergang<br />

in berufliche Ausbildung haben. Dies gilt auch bei ansonsten<br />

gleichen Bedingungen (z. B. schulische Qualifikation).


12 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Schlechtere Übergangschancen zeigen sich dabei insbesondere<br />

für Jugendliche mit türkisch-arabischer Herkunft. Nun<br />

bringt es wenig, wenn Menschen mit Migrationshintergrund<br />

gut ausgebildet sind, aber aufgrund von Vorbehalten in der<br />

Bevölkerung ausgeschlossen wer<strong>den</strong>. Eine Grundvorausset<strong>zu</strong>ng<br />

für das Gelingen des gesellschaftlichen Zusammenhalts<br />

ist deshalb, dass sich Köpfe, Strukturen und die Gesellschaft<br />

öffnen. Das ist auch für das Bundesamt wichtig – wir<br />

profitieren in unserer Arbeit von der Vielfalt unserer Mit -<br />

arbeiterinnen und Mitarbeiter: Der Anteil unserer Mitarbeiten<strong>den</strong>,<br />

die einen Migrationshintergrund haben, beträgt<br />

16 %, unter <strong>den</strong> Aus<strong>zu</strong>bil<strong>den</strong><strong>den</strong> liegt er bei 32 %. Doch die<br />

Erhöhung des Anteils der Mitarbeiten<strong>den</strong> mit Migrations -<br />

hintergrund reicht nicht aus für eine Öffnung der Verwaltung.<br />

Die Öffnung muss ein fester Bestandteil der Strategie<br />

der Organisationsentwicklung wer<strong>den</strong>, auch im öffentlichen<br />

Dienst.<br />

Menschen, die aus Drittstaaten <strong>zu</strong> uns kommen, haben <strong>den</strong><br />

ersten Kontakt mit der deutschen Verwaltung meistens über<br />

die Ausländer- und Meldebehör<strong>den</strong>, diese stellen also das<br />

»Aushängeschild« Deutschlands für diese Menschen dar.<br />

Insbesondere hier hat die Etablierung einer Willkommenskultur<br />

für jene, die neu da<strong>zu</strong>kommen und einer Anerkennungskultur<br />

für diejenigen, die schon länger hier sind, eine<br />

hohe Bedeutung. Daher hat das Bundesamt das Modell -<br />

vorhaben »Ausländerbehör<strong>den</strong> – Willkommensbehör<strong>den</strong>«<br />

initiiert. Erarbeitet wurde diese Idee im Rahmen des Run<strong>den</strong><br />

Tisches »Aufnahmegesellschaft«, <strong>zu</strong> dem das Bundesamt<br />

Praktikerinnen und Praktiker aus Ausländerbehör<strong>den</strong>, kommunalen<br />

Einrichtungen, politischen und privaten Stiftungen,<br />

Nichtregierungsorganisationen (unter anderem durch <strong>den</strong><br />

Interkulturellen Rat in Deutschland e.V.) sowie aus Migrantenorganisationen<br />

vertreten waren.<br />

Ziel des Projektes ist es, Willkommens- und Anerkennungskultur<br />

in Ausländerbehör<strong>den</strong> <strong>zu</strong>m Leitmotiv <strong>zu</strong> machen. Dabei<br />

geht es dem Bundesamt und <strong>den</strong> zehn kooperieren<strong>den</strong><br />

Bundesländern nicht darum, Verbesserungen nur für bestimmte<br />

Zielgruppen, etwa nur für Fachkräfte <strong>zu</strong> schaffen,<br />

sondern alle Drittstaatsangehörigen in <strong>den</strong> Blick <strong>zu</strong> nehmen.<br />

Willkommens- und Anerkennungskultur kann als Strategie<br />

nur erfolgreich sein, wenn sie sich nicht auf bestimmte Zielgruppen<br />

beschränkt.<br />

Das Projekt verfolgt dabei im Kern drei Ansätze:<br />

Erstens geht es darum, in <strong>den</strong> teilnehmen<strong>den</strong> Projektbehör<strong>den</strong><br />

Veränderungsprozesse an<strong>zu</strong>stoßen und langfristig<br />

<strong>zu</strong> etablieren. Ausländerbehör<strong>den</strong> sollen bei der Organisation<br />

interner Prozesse und Arbeitsabläufe, der Vernet<strong>zu</strong>ng mit<br />

anderen Behör<strong>den</strong>, Institutionen und Interessenvertretungen<br />

im Zuständigkeitsgebiet und der Personalentwicklung<br />

<strong>zu</strong>r Stärkung des service- und kun<strong>den</strong>orientierten Handelns<br />

und <strong>zu</strong>r Verortung interkultureller Kompetenzen unterstützt<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Ganz praktisch geht es darum, die Arbeit der Mitarbeiten<strong>den</strong><br />

in <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong> <strong>zu</strong> erleichtern, Änderungsprozesse <strong>zu</strong><br />

initiieren, sie dabei <strong>zu</strong> unterstützen, Zuwandern<strong>den</strong> vorur-<br />

Benachteiligungserfahrungen von Personen mit und<br />

ohne Migrationshintergrund im Ost-West-Vergleich<br />

Migrantinnen und Migranten berichten fast doppelt so häufig von Benach -<br />

teiligungserfahrungen wie die Mehrheitsbevölkerung. Das ist das Ergebnis einer<br />

Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf Basis einer Befragung<br />

des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration<br />

(SVR) von mehr als 9.200 Personen, in der Mehrzahl mit Migrationshinter -<br />

grund, in <strong>den</strong> Ballungsräumen Rhein-Ruhr, Stuttgart, Rhein-Main, Berlin-<br />

Bran<strong>den</strong>burg und Halle-Leipzig. Die meisten Diskriminierungserfahrungen<br />

machten die befragten Migrantinnen und Migranten in <strong>den</strong> Bereichen Ämter<br />

und Be hör<strong>den</strong> und auf dem Arbeitsmarkt.<br />

■ Expertise für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) GmbH,<br />

August 2012<br />

■ www.svr-migration.de


»Woher kommst du?« ist die falsche Frage 13<br />

teilsfrei <strong>gegen</strong>über <strong>zu</strong> treten und auch rechtliche Ermessensspielräume<br />

im Sinne der Antragsstellen<strong>den</strong> <strong>zu</strong> prüfen und<br />

wenn möglich <strong>zu</strong> nutzen.<br />

Zweitens geht es darum, das Wissen von in diesem Bereich<br />

bereits erfahrenen Behör<strong>den</strong> in das Projekt mit ein -<br />

<strong>zu</strong>be ziehen. Denn vielfach gibt es eben schon erfolgreiche<br />

und übertragbare Ansätze – man muss das Rad nicht immer<br />

neu erfin<strong>den</strong>. Daher sind an dem Projekt einige Ausländerbehör<strong>den</strong><br />

als Partnerbehör<strong>den</strong> beteiligt, um diesen Wissenstransfer<br />

<strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Drittens ist es das Ziel, auch <strong>den</strong> über 600 anderen Ausländerbehör<strong>den</strong><br />

in Deutschland die Möglichkeit <strong>zu</strong> geben,<br />

von <strong>den</strong> Ergebnissen unseres Vorhabens <strong>zu</strong> profitieren. Daher<br />

wer<strong>den</strong> bis <strong>zu</strong>m Ende des Projektes erfolgreiche Praxisansätze<br />

aufbereitet und <strong>zu</strong> einem »Werkzeugkoffer« <strong>zu</strong> -<br />

sammengefasst. Dieser soll es anderen Ausländerbehör<strong>den</strong><br />

ermöglichen, <strong>den</strong> jeweils für sie passende Ansatz aus<strong>zu</strong>wählen<br />

und um<strong>zu</strong>setzen.<br />

Zum anderen geht es darum, im Rahmen der individuellen<br />

Fallbearbeitung Kun<strong>den</strong> / Antragstellern anerkennend und<br />

wertschätzend <strong>gegen</strong>über <strong>zu</strong> treten (»gleiche Augenhöhe«),<br />

also Anerkennungskultur im Behör<strong>den</strong>alltag <strong>zu</strong> verankern<br />

und <strong>zu</strong>m Leitmotiv der täglichen Arbeit <strong>zu</strong> machen.<br />

Neben diesem gibt es noch viele andere Handlungsfelder,<br />

in <strong>den</strong>en Willkommens- und Anerkennungskultur wichtig<br />

sind. Für einige entwickelt das Bundesamt gemeinsam mit<br />

Partnern Maßnahmen und setzt diese um. Unverzichtbare<br />

Partner sind dabei die zivilgesellschaftlichen Akteure.<br />

Letztlich müssen wir dahin kommen, dass die Frage »Woher<br />

kommst du?« bei der Arbeitsplatzvergabe, bei der Wohnungsvermittlung<br />

oder dabei, ob jemandem freundlich oder<br />

unfreundlich begegnet wird, keine Rolle spielt. Wir alle haben<br />

ein Interesse am gesellschaftlichen Zusammenhalt, für<br />

<strong>den</strong> jeder Einzelne verantwortlich ist: entweder gestalten<br />

wir diesen <strong>zu</strong>m Wohle aller oder <strong>zu</strong>m Nachteil aller.<br />

Damit setzt das Projekt auf zwei Ebenen an:<br />

Zum einen wer<strong>den</strong> im Sinne einer Willkommenskultur strukturelle<br />

Rahmenbedingungen in <strong>den</strong> Blick genommen, etwa<br />

Vernet<strong>zu</strong>ng der Ausländerbehör<strong>den</strong> mit anderen Diensten<br />

der sozialen Beratung oder etwa Hochschulen. Damit gehen<br />

die Ausländerbehör<strong>den</strong> einen weiteren Schritt in Richtung<br />

»one-stop-shop«, indem sie Beratung und Dienstleistung<br />

(z.B. Aufenthaltstitel) aus einer Hand anbieten können.


14 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Anmerkungen <strong>zu</strong>r Situation der Sinti und Roma in Deutschland<br />

Antiziganistische Stereotype und Vorurteile sind in Deutschland weit verbreitet<br />

und tief verwurzelt. Dies führt <strong>zu</strong> massiver Diskriminierung von Sinti und<br />

Roma in allen relevanten Lebensbereichen wie Bildung, Arbeit, bei der Wohnungs -<br />

suche und bei Behör<strong>den</strong>. Eine Medienberichterstattung mit klischeehafter und<br />

abwertender Bebilderung verfestigt rassistische Einstellungen <strong>gegen</strong>über der<br />

Minderheit. Besorgnis erregend ist <strong>zu</strong>dem die <strong>zu</strong>nehmend aggressiv geführte<br />

Debatte über die Zuwanderungen aus Bulgarien und Rumänien. Romani Rose,<br />

Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, beschreibt<br />

die Realitäten von Ausgren<strong>zu</strong>ng, <strong>den</strong>en sich Sinti und Roma in Deutschland<br />

fortgesetzt <strong>gegen</strong>über sehen. Als einen wesentlichen Schritt auf dem Weg <strong>zu</strong> mehr Anerkennung fordert er<br />

ein konkretes Diskriminierungsverbot, das die Menschen vor staatlichem und gesellschaftlichem <strong>Rassismus</strong><br />

schützt.<br />

■Die Eröffnung des Denkmals für die im Nationalsozialismus<br />

ermordeten Sinti und Roma im Oktober 2012<br />

in Berlin war ein weltweit beachteter Akt der Würdigung<br />

und Anerkennung unserer Minderheit und des an <strong>den</strong> Sinti<br />

und Roma begangenen Völkermordes durch die Nationalsozialisten.<br />

Das Denkmal ist sichtbares Zeichen für die Verantwortung<br />

<strong>zu</strong>r Bewahrung von Rechtsstaat und Demokratie.<br />

Auch der 14. November 2012 war ein Tag, der für die politische<br />

Anerkennung unserer Minderheit in Deutschland von<br />

historischer Bedeutung war: Der schleswig-holsteinische<br />

Landtag beschloss an diesem Tage die Aufnahme der deutschen<br />

Sinti und Roma in <strong>den</strong> Minderheitenschutz-Artikel der<br />

dortigen Landesverfassung, dem »Grundgesetz« dieses Landes.<br />

Mit der entsprechen<strong>den</strong> Ergän<strong>zu</strong>ng von Artikel 5 steht<br />

erstmals in einer staatlichen Verfassung geschrieben, dass<br />

für unsere Minderheit ein »Anspruch auf Schutz und Förderung«<br />

garantiert ist – gleichberechtigt neben <strong>den</strong> anderen<br />

nationalen Minderheiten. Eine solche Verfassungsbestimmung<br />

gibt es in keinem anderen Land Europas, obwohl dies<br />

in Anbetracht der Größe und Bedeutung der dort beheimateten<br />

Roma-Minderheiten erforderlich und politisch überfällig<br />

ist. Dass die Staaten sich <strong>gegen</strong> einen derartigen, verfassungsrechtlichen<br />

Schutz seit Jahren wehren, lässt allerdings<br />

auf dessen Stellenwert schließen: Nämlich, dass die Ver -<br />

fassung nicht das sprichwörtliche »Papier« ist, auf dem der<br />

Minderheitenschutz nur formal »steht«. Sondern hier sind<br />

die Grundrechte und Staatsziele formuliert, an die sich das<br />

Land letztlich auch halten muss. Nicht nur jede Form der<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ng und Benachteiligung von Angehörigen unserer<br />

Minderheit in Gesetzgebung und Politik wird durch <strong>den</strong><br />

Verfassungsartikel verboten. Die Verpflichtung, der Minderheit<br />

die gleichberechtigte Teilhabe und Chancengleichheit<br />

in allen gesellschaftlichen Bereichen <strong>zu</strong> sichern, wurde <strong>zu</strong>m<br />

Verfassungsgrundsatz erhoben.<br />

Diesen und anderen positiven Entwicklung steht für die Minderheit<br />

eine Realität <strong>gegen</strong>über, die in vielen Bereichen von<br />

Diskriminierung, Ausgren<strong>zu</strong>ng und Chancenlosigkeit, bis hin<br />

<strong>zu</strong>r Bedrohung und Gewalt durch die wiedererstarkten Neonazis<br />

geprägt ist. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma<br />

ist besorgt über die <strong>zu</strong>nehmend aggressiv geführte Debatte<br />

über die Zuwanderungen vorwiegend aus Bulgarien und<br />

Rumänien, die von rechtsextremistischen und populistischen<br />

Parteien gezielt <strong>zu</strong>m Stimmenfang benutzt wird. Ich wandte<br />

mich deshalb Anfang des Jahres an Bundespräsi<strong>den</strong>t<br />

Joachim Gauck mit der Bitte, einen Appell an die demokratischen<br />

Parteien <strong>zu</strong> richten, damit die ausschließlich <strong>gegen</strong><br />

Roma und Sinti gerichteten Diskussionen über Kriminalität<br />

und Armutsflüchtlinge nicht weiter <strong>zu</strong>m Wahlkampfthema<br />

gemacht würde. Durch diese Diskussion wird unsere Minderheit<br />

pauschal <strong>zu</strong> einer »öffentlichen Gefahr« erklärt,<br />

öffentlich gebrandmarkt und massiv stigmatisiert.<br />

Es ist eine Schande, dass im Bundestagswahlkampf – un -<br />

behelligt von Polizei und Staatsanwaltschaft und gerecht -<br />

fertigt von der Justiz – rassistische Parolen der NPD <strong>gegen</strong><br />

Sinti und Roma (»Geld für die Oma statt für Sinti und<br />

Roma«) tausendfach in Deutschland plakatiert wer<strong>den</strong><br />

konnten. Nicht weniger schlimm war das NPD- Flugblatt mit<br />

der Aufschrift: »Zigeunerflut stoppen! Kriminalität bekämpfen!«,<br />

das auch im Internet im »Facebook«-Netzwerk verbreitet<br />

wurde. Eine derartige Form der Volksverhet<strong>zu</strong>ng verlässt<br />

je<strong>den</strong> Rahmen der im Wahlkampf noch <strong>zu</strong>lässigen Meinungsäußerungen.<br />

Wir haben in unseren Beschwer<strong>den</strong> bei


Anmerkungen <strong>zu</strong>r Situation der Sinti und Roma in Deutschland 15<br />

<strong>den</strong> Generalstaatsanwaltschaften darauf hingewiesen, dass<br />

eine derartige Propaganda <strong>gegen</strong> Ju<strong>den</strong> <strong>zu</strong> Recht nicht <strong>zu</strong>gelassen<br />

wor<strong>den</strong> wäre.<br />

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat für die Anti -<br />

diskriminierungsstelle des Bundes (ADS) die Bereiche der<br />

Diskriminierung anhand der von uns bearbeiteten Fälle und<br />

Akten der vergangenen drei Jahrzehnte <strong>zu</strong>sammengestellt.<br />

In manchen Bereichen wur<strong>den</strong> zwar rassistische Praktiken<br />

oder Veröffentlichungen zwischenzeitlich – <strong>zu</strong>mindest teilweise<br />

– revidiert. Das geschaffene, vergiftete Klima und die<br />

virulenten negativen Bilder über die Minderheit in der Gesellschaft<br />

bestehen aber nach wie vor. Deren Aufarbeitung<br />

stan<strong>den</strong> nicht nur die personellen Kontinuitäten nach 1945<br />

ent<strong>gegen</strong>, die im Polizei- und Justizbereich das Fortbestehen<br />

der rassistischen Ausgren<strong>zu</strong>ng bewirkten. Es existiert nach<br />

wie vor <strong>gegen</strong>über der Minderheit eine institutionalisierte<br />

Diskriminierung, die - über die bekannt gewor<strong>den</strong>en Fälle<br />

hinaus - subtil hinter vielen Tatbestän<strong>den</strong> und Entscheidungen<br />

steht.<br />

Nach der früheren Sondererfassung der Sinti und Roma<br />

durch ehemalige SS-Angehörige ab 1950 in der sog. »Landfahrerzentrale«<br />

des Bayerischen LKA gibt es auch heute<br />

noch schikanöse Kontrollen mit bedrohlichen Übergriffen<br />

durch die Polizei. Daneben wird die Minderheit in Akten und<br />

Pressemitteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaften<br />

(wie <strong>zu</strong>letzt NSU-Fall) stigmatisiert; selbst rassistische Fahndungsaufrufe<br />

(mit »Zigeunertyp«, »Sinti und Roma-Clans«,<br />

»Landfahrer«, »Euronoma<strong>den</strong>«) kommen trotz vielfacher<br />

Kritik immer noch vor.<br />

Im Bereich der Justiz gab es in der Vergangenheit eine Reihe<br />

rassistischer Urteile und Beschlüsse durch deutsche Gerichte:<br />

über Sinti und Roma z.B. der BGH 1956: »Kriminelle«<br />

mit »ungehemmtem Okkupationstrieb«, oder das Bochumer<br />

Mietrechts-Urteil von 1996: »…generell als Nachmieter einer<br />

Wohnung nicht geeignet«; Staatsanwaltschaft Köln<br />

2011: »Romaban<strong>den</strong>«; Landgericht Stuttgart 1990er Jahre:<br />

»Diebstahl mit der Muttermilch aufgenommen…!«; Richter<br />

halten in Verhandlungen Angeklagten vor, dass Straf taten<br />

Gutachten Antiziganismus. Zum Stand der<br />

Forschung und der Gegenstrategien<br />

Studie <strong>zu</strong>r aktuellen Bildungssituation<br />

deutscher Sinti und Roma<br />

Antiziganistische Stereotype und<br />

Vorurteile sind in Deutschland<br />

weit verbreitet. Dies führt <strong>zu</strong><br />

massiver Diskriminierung von<br />

Sinti und Roma in allen relevanten<br />

Lebens bereichen wie Bildung,<br />

Arbeit, bei der Wohnungssuche<br />

und bei Behör<strong>den</strong>. Zu diesem<br />

Ergebnis kommt ein Gutachten,<br />

das der Politikwissenschaftler<br />

Markus End im Auftrag von RomnoKher, dem Haus für<br />

Kultur, Bildung und Antiziganismus-Forschung, erarbeitet<br />

hat. Die Studie zeigt auf, dass die Bekämpfung des Anti -<br />

ziganismus eine Vorausset<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>r Verbesserung der sozioökonomischen<br />

Situation von Roma ist.<br />

■ Markus End (Herausgegeben von Daniel Strauß,<br />

RomnoKher Mannheim),<br />

ISBN 978-3-939762-14-0, Marburg: I-Verb.de 2013<br />

In Deutschland leben heute<br />

ca. 80.000 bis 120.000 Sinti und<br />

Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit.<br />

Seit dem 15. Jahrhundert<br />

sind sie im deutschsprachigen<br />

Raum präsent, 1997 wur<strong>den</strong><br />

sie als nationale Minderheit<br />

anerkannt. Gleichwohl gibt es<br />

bis dato keine aktuellen Unter -<br />

suchungen <strong>zu</strong> ihren Lebenswirklichkeiten.<br />

Die vorliegende Studie ist zwischen 2007 und<br />

2011 von RomnoKher gGmbH initiiert und durchgeführt<br />

wor<strong>den</strong>. Erstmals gelang es, mit wissenschaftlichen Metho<strong>den</strong><br />

die Lebenswirklichkeiten aus subjektiv empfun<strong>den</strong>er<br />

Sicht <strong>zu</strong> beschreiben, <strong>zu</strong> untersuchen und <strong>zu</strong> interpretieren.<br />

Untersucht wurde die Frage, ob für diese Bevölkerungsgruppe<br />

ein gleichberechtigter Zugang <strong>zu</strong>m Bildungswesen<br />

besteht. 275 Personen aus 35 Städten und Orten wur<strong>den</strong><br />

da<strong>zu</strong> befragt – anders als bei sonstigen Studien diesmal<br />

von eigens da<strong>zu</strong> ausgebildeten Interviewer/innen mit Sintioder<br />

Roma-Hintergrund.<br />

■ Daniel Strauß (Hg.): Studie <strong>zu</strong>r aktuellen Bildungssituation<br />

deutscher Sinti und Roma / Dokumentation und Forschungs -<br />

bericht. ISBN 978-3-939762-10-5, Marburg: I-Verb.de, 2011


16 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

einzelner »dem Ansehen der gesamten Minderheit scha<strong>den</strong>«<br />

wür<strong>den</strong>.<br />

Obwohl sich vieles inzwischen geändert hat, gibt es in einzelnen<br />

Medien immer noch Fälle von diskriminieren<strong>den</strong> Stereotypen<br />

und auch vorurteilsschürender Bebilderung von<br />

Nachrichten. Kirchenführer bezeichnen Roma öffentlich als<br />

»nicht integrationsfähig« und ähnliches. Umfragen haben<br />

ergeben, dass Sinti- und Roma-Kinder in erheblichem Ausmaß<br />

Diskriminierung in der Schule und Nachbarschaft erfahren.<br />

Das gleiche gilt für die Diskriminierung am Arbeitsplatz<br />

und bei der Wohnungssuche (Mobbing mit der Titulierung<br />

als »Zigeuner«). Hin<strong>zu</strong> kommt eine massive Ausbeutung von<br />

Arbeitskräften aus Südosteuropa (z.B. in der Fleischindustrie).<br />

Banken und Versicherungen benachteiligen Sinti und<br />

Roma durch besondere Vertragsbedingungen. Nach wie vor<br />

besteht für unsere Minderheit ein weitgehender Ausschluss<br />

aus gesellschaftlichen Gremien wie <strong>zu</strong>m Beispiel aus Rundfunkräten<br />

und Landesmedienanstalten und es erfolgt eine<br />

Diskriminierung beim Zugang <strong>zu</strong> öffentlichen Einrichtungen<br />

und Plätzen (Campingplätze: BVCD, DCC, ADAC bis 2013).<br />

In Reiseführern gab es die Warnung vor »Zigeunern« in Mallorca<br />

und anderen Ländern (TUI, Marco Polo, Fischer, NUR<br />

u.a.). Sorge bereiten im Bereich des Sports rassistische<br />

»Fan«-Aktionen und Vorfälle in Stadien /Sporthallen, bei<br />

<strong>den</strong>en rechte Gewalttäter die Parole: »Zick Zack Zigeunerpack«<br />

skandieren.<br />

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert in Anbetracht<br />

dieser Sachlage seit langem ein konkretes Diskriminierungsverbot,<br />

das uns vor staatlichem und gesellschaftlichem<br />

<strong>Rassismus</strong> (auch und gerade in <strong>den</strong> Wahlkämpfen)<br />

schützt. Dafür muss es ein gesetzliches Klagerecht für die<br />

repräsentativen Minderheitenverbände geben. Das wird uns<br />

<strong>gegen</strong>wärtig verwehrt.<br />

Serbien – ein sicherer Herkunftsstaat von<br />

Asylsuchen<strong>den</strong> in Deutschland?<br />

Die von der Autorin Dr. Karin<br />

Waringo ausgewerteten Quellen<br />

belegen, dass Menschen- und<br />

Minderheitenrechte in Serbien oft<br />

lediglich auf dem Papier gewähr -<br />

leistet sind und Serbien keinesfalls<br />

als sicheres Herkunftsland ein<strong>zu</strong>stufen<br />

ist. Eine solche Einstufung<br />

hätte praktisch <strong>zu</strong>r Folge, dass<br />

Asylgesuche nach gesetzlicher<br />

Vorgabe als »offensichtlich unbegründet« ab<strong>zu</strong>lehnen wären<br />

– womit ein Bleiberecht für die Zukunft ausgeschlossen<br />

wäre. Betroffen wären dadurch haupt sächlich Roma, <strong>den</strong>n<br />

die meisten Asylsuchen<strong>den</strong> aus der Region gehören dieser<br />

Minderheit an. Die Situation der Roma in Serbien ist unverändert<br />

katastrophal: Sie sind einer umfassen<strong>den</strong> gesellschaftlichen<br />

Diskriminierung und Ausgren<strong>zu</strong>ng ausgesetzt.<br />

Vor diesem Hintergrund müssen ihre Asylanträge individuell<br />

und sorgfältig geprüft wer<strong>den</strong>.<br />

■ PRO ASYL, April 2013<br />

www.proasyl.de<br />

Download der Dokumentation:<br />

http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/-55110069d0/


17<br />

Diskriminierung im Arbeitsleben<br />

Am 13. August 2013 haben die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)<br />

und die in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundes -<br />

regierung und des Bundestages <strong>den</strong> Zweiten Gemeinsamen Bericht an<br />

<strong>den</strong> Deutschen Bundestag gemäß § 27 Abs. 4 AGG vorgelegt. Der Bericht<br />

beschäftigt sich mit Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben.<br />

Bildung und Arbeit sind zentrale Lebensbereiche, in <strong>den</strong>en Diskriminierung stattfin<strong>den</strong> kann. Sie bieten aber<br />

auch besonders große Chancen, um auf mehr Vielfalt und Chancengleichheit hin<strong>zu</strong>wirken. Auf der Grundlage<br />

wissenschaftlicher Analysen, von Experten gesprächen, der Auswertung von Beratungsanfragen an die ADS<br />

und anderer Beschwerdestellen liefert der Bericht einen Überblick über Art und Umfang von Diskriminierungen<br />

und Dis kriminierungsrisiken. Kern des Berichtes sind aber auch Empfehlungen, Handlungsvorschläge und<br />

Beispiele guter Praxis, die sich sowohl an Politik als auch an Bildungsinstitutionen und Arbeitgeberinnen und<br />

Arbeitgeber richten. Im nachfolgen<strong>den</strong> Aus<strong>zu</strong>g aus dem Bericht wird beleuchtet, wie sich Ausgren<strong>zu</strong>ng und Wege<br />

<strong>zu</strong> mehr Anerkennung im Arbeitsleben darstellen.<br />

■Sowohl beim Übergang von der Ausbildung in <strong>den</strong><br />

Beruf, bei der Aufnahme einer Arbeit aus der Erwerbslosigkeit<br />

heraus wie auch bei der Karriere und im Berufsalltag<br />

gibt es vielfältige Diskriminierungsrisiken.<br />

Beim Zugang <strong>zu</strong>r Arbeit spielt insbesondere die ethnische<br />

Herkunft eine große Rolle. Wie u.a. Anfragen bei der Beratungsstelle<br />

der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)<br />

zeigen, wer<strong>den</strong> ausländische Berufsabschlusse und -erfahrungen<br />

häufig nicht anerkannt. Teilweise wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong><br />

Bewerber_innen sachlich nicht gerechtfertigte Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

für die angebotene Stelle verlangt (z. B. sehr gute<br />

Deutschkenntnisse für die Stelle einer Reinigungskraft).<br />

Der Anteil der Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund<br />

liegt deutlich hinter dem der deutschen Erwerbstätigen<br />

(69, <strong>zu</strong> 78,2 % 2010), insbesondere im öffentlichen Sektor.<br />

In der Kernbelegschaft der Betriebe findet sich nur ein geringer<br />

Prozentsatz von Menschen mit Migrationshintergrund,<br />

wesentlich mehr da<strong>gegen</strong> in Bereichen mit unsicherer Entlohnung<br />

und geringen Anforderungen an die Qualifikation.<br />

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

■Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist<br />

eine unabhängige Anlaufstelle für Menschen,<br />

die von Diskriminierung betroffen sind. Sie wurde 2006<br />

ein gerichtet, nachdem das Allgemeine Gleichbehand -<br />

lungs gesetz (AGG) in Kraft getreten ist. Die ADS und ihre<br />

Aufgaben sind in diesem »Antidiskriminierungsgesetz«<br />

festgeschrieben und entsprechen <strong>den</strong> EU-Gleichbehandlungsrichtlinien.<br />

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

setzt dabei auf <strong>den</strong> »horizontalen Ansatz«. Das heißt,<br />

jede Form der Diskriminierung wird als gleichwertig betrachtet<br />

– egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft,<br />

Religion, Weltanschauung, sexuellen I<strong>den</strong>tität oder wegen<br />

des Alters, einer Behinderung oder des Geschlechts eines<br />

Menschen erfolgt. Hin<strong>zu</strong> kommt, dass Menschen häufig<br />

nicht nur aufgrund eines dieser Merkmale benachteiligt<br />

wer<strong>den</strong>, sondern wegen kombinierter Merkmale, wie etwa<br />

»jung und weiblich«, »älter und behindert« oder »ausländisch<br />

und muslimisch«. Der horizontale Ansatz der Antidiskriminierungsstelle<br />

sorgt daher auch für einen wirk -<br />

sameren Schutz vor dieser so genannten mehrdimensionalen<br />

Diskriminierung.<br />

■ Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

Glinkastraße 24, 10117 Berlin<br />

Beratungstelefon: (030) 18 555 - 18 65<br />

poststelle@ads.bund.de / beratung@ads.bund.de<br />

www.antidiskriminierungsstelle.de


18 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> 2013<br />

Zugang Ausbildung und Arbeitsplatz<br />

Wer eine »niedrige soziale Herkunft«, einen spezifischen Migrationshintergrund,<br />

eine sichtbare Religions<strong>zu</strong>gehörigkeit<br />

oder eine Behinderung hat, dessen Chancen auf einen dualen<br />

Ausbildungsplatz oder einen Arbeitsplatz sinken. Auch<br />

Geschlecht und Alter spielen eine Rolle. Betriebe stellen bestimmte<br />

Erwartungen an die »Normalität« bzw. »Passung«<br />

von Jugendlichen. So gibt es sachlich unbegründete Befürchtungen,<br />

bestimmte Jugendliche könnten Kund_innen<br />

abschrecken oder weniger Leistung zeigen. Ihre Potentiale<br />

und Kompetenzen wer<strong>den</strong> dabei übersehen.<br />

Die »Gatekeeper« auf dem Weg <strong>zu</strong>r Ausbildung oder einem<br />

Arbeitsplatz (d.h. Menschen in Schlüsselpositionen, die über<br />

<strong>den</strong> Zugang <strong>zu</strong> einer Ausbildung/Arbeitsplatz entschei<strong>den</strong>)<br />

gehen häufig davon aus, dass Bewerber_innen mit Migrationshintergrund<br />

nur über un<strong>zu</strong>reichende Deutschkenntnisse<br />

verfügen, große schulische Defizite sowie eine negative<br />

Wirkung auf Kund_innen haben.<br />

Allein schon der Name von Bewerben<strong>den</strong> und die damit verbun<strong>den</strong>e<br />

ethnische oder »soziale Herkunft«, können <strong>zu</strong> Diskriminierungen<br />

beim Zugang <strong>zu</strong> einem Arbeitsplatz führen.<br />

Eine besonders große Ausgren<strong>zu</strong>ng beim Zugang <strong>zu</strong> einem<br />

Ausbildungsplatz oder einer Arbeitsstelle erfahren Frauen<br />

mit Kopftuch. Hier scheinen die kulturellen Stereotype und<br />

Vorurteile, ungeachtet der Qualifikation der Bewerberin, am<br />

größten <strong>zu</strong> sein, ebenso die Vorbehalte wegen vermeintlicher<br />

negativer Auswirkungen beim Kund_innenkontakt. Die<br />

ADS bewertet in diesem Zusammenhang landesrechtliche<br />

Verbote religiöser Symbole als problematisch.<br />

Nicht nur Stellenausschreibungen, die bestimmte Gruppen<br />

ausschließen, können diskriminierend sein. Vor allem in der<br />

ersten Phase des Bewerbungsprozesses, also vor dem ersten<br />

Vorstellungsgespräch, findet Diskriminierung statt. Anonymisierte<br />

Bewerbungsverfahren eignen sich hier als Instrument,<br />

um Chancengleichheit her<strong>zu</strong>stellen und die Qualifikation<br />

der Bewerber_innen in <strong>den</strong> Vordergrund <strong>zu</strong> bringen. Ein<br />

entsprechendes Modellprojekt der ADS hat diesbezüglich<br />

positive Ergebnisse gezeigt.<br />

Belästigung und Mobbing am Arbeitsplatz,<br />

Diskriminierung beim Aufstieg und Entgelt<br />

Über Form und Ausmaß von Belästigungen und Mobbing<br />

am Arbeitsplatz ist wenig bekannt, weil Betroffene die Fälle<br />

selten öffentlich machen. Fest steht, dass Vorfälle in Be<strong>zu</strong>g<br />

auf alle AGG-Merkmale vorkommen. Diskriminierung<br />

am Arbeitsplatz aufgrund der ethnischen Herkunft äußert<br />

sich z. B. in Form von rassistischen Sprüchen, Witzen oder<br />

Beleidigungen bis hin <strong>zu</strong> körperlichen Angriffen und Verlet<strong>zu</strong>ngen.<br />

Menschen mit Migrationshintergrund berichten, dass Menschen<br />

ohne Migrationshintergrund ihrer Erfahrung nach<br />

häufig schon nach kürzeren Beschäftigungszeiten und<br />

mit geringeren Erfahrungen schneller befördert wer<strong>den</strong><br />

als Menschen mit Migrationshintergrund. In einer von der<br />

Agentur für Europäischen Grundrechte 2009 durchgeführten<br />

Befragung von mehr als 500 türkischstämmigen Migrant_innen<br />

in Deutschland erklärte mehr als die Hälfte der<br />

Befragten, dass eine nichtchristliche Religions<strong>zu</strong>gehörigkeit,<br />

gebun<strong>den</strong> an <strong>den</strong> ethnischen Hintergrund, sich nachteilig<br />

beim Aufstieg auswirken könne .<br />

Nicht nur Frauen sind beim Aufstieg von der sogenannten<br />

»gläsernen Decke« betroffen, sondern auch andere Gruppen<br />

sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. So sind Personen<br />

mit Migrationshintergrund, unabhängig vom Geschlecht,<br />

nur <strong>zu</strong> ca. 10 % unter Führungskräften vertreten .<br />

Auch Entgeltungleichheiten liegen nicht nur zwischen Männern<br />

und Frauen vor, sondern auch zwischen Beschäftigten<br />

mit und ohne Migrationshintergrund oder zwischen<br />

Beschäftigten mit und ohne Behinderung. Zusätzlich können<br />

besonders Beschäftigte, bei <strong>den</strong>en sich mehrere AGG-<br />

Dimensionen wie Geschlecht und ethnische Herkunft verschränken,<br />

von Entgeltdiskriminierung betroffen sein.<br />

Empfehlungen <strong>zu</strong>m Abbau von Benach -<br />

teiligungen im Arbeitsleben<br />

Diversity-Konzepte weiterentwickeln,<br />

vielfältige Belegschaft fördern<br />

Diversity-Konzepte können sich positiv auf das Betriebs -<br />

klima, <strong>den</strong> Erfolg eines Unternehmens, wie auch <strong>den</strong> Kontakt<br />

<strong>zu</strong> Kund_innen auswirken. Ein umfassendes Diversity-<br />

Konzept sollte auf alle AGG-Dimensionen ausgerichtet sein.<br />

Wichtig ist dabei, dass die gesamte Organisation, von der<br />

Leitung bis hin <strong>zu</strong> <strong>den</strong> einzelnen Mitarbeiter_innen mit ein-


Diskriminierung im Arbeitsleben 19<br />

bezogen wird. In Betriebsvereinbarungen können Diskriminierungsverbote<br />

festgeschrieben wer<strong>den</strong>.<br />

Diversity-orientierte Unterstüt<strong>zu</strong>ng beim Aufstieg<br />

Hier gilt es, mögliche Barrieren beim innerbetrieblichen Aufstieg<br />

für bestimmte Gruppen (Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund,<br />

behinderte Mitarbeiter_innen etc.) <strong>zu</strong><br />

i<strong>den</strong>tifizieren und <strong>zu</strong> analysieren. Wichtig ist außerdem<br />

die Sicherung eines chancengleichen Zugangs <strong>zu</strong> Weiterbildung,<br />

z. B. durch Mentoring-Programme und Netzwerke für<br />

spezifische Gruppen, aber auch die Festlegung verbindlicher<br />

Quoten.<br />

Betriebliche und außerbetriebliche Beschwerde- und<br />

Beratungsstellen stärken<br />

Arbeitgeber_innen sind nach dem AGG verpflichtet,<br />

Beschwerdestellen ein<strong>zu</strong>richten. Diese sind <strong>den</strong> Mitarbei -<br />

ter_innen aber häufig nicht bekannt; sie sollten daher regelmäßig<br />

über ihre Rechte und Ansprechpartner_innen informiert<br />

wer<strong>den</strong>. Die Stellen sollten auf AGG-Merkmale ausgerichtet<br />

sein und explizit auch eine Ansprechperson für<br />

sexuelle Belästigung nennen. Zusätzlich muss außerhalb<br />

des Betriebes eine niedrigschwellige, kompetente und unabhängige<br />

Antidiskriminierungsberatung sichergestellt wer<strong>den</strong>,<br />

da viele Beschäftigte innerbetrieblichen Stellen nicht<br />

ausreichend vertrauen.<br />

Innovative Personalrekrutierung umsetzen<br />

Chancengleichheit kann durch neue Rekrutierungsstrategien<br />

wie die anonymisierte Bewerbung vorangebracht wer<strong>den</strong>.<br />

Arbeitgeber_innen, die dieses Verfahren nicht einführen<br />

wollen, sollten <strong>zu</strong>mindest <strong>den</strong> Verzicht auf Bewerbungsfotos<br />

erwägen. Diskriminierungen können auch dadurch<br />

vermie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, dass die Potentiale und Kompetenzen<br />

der Arbeitssuchen<strong>den</strong> stärker in <strong>den</strong> Vordergrund gerückt<br />

wer<strong>den</strong>. Hier braucht es eine stärkere Sensibilisierung der<br />

Personalverantwortlichen sowie, insbesondere auf Ebene<br />

der Länder, eine weitere Vereinheitlichung der beruflichen<br />

Anerkennung. Entschei<strong>den</strong>d bei der Personalrekrutierung<br />

sind auch positive Maßnahmen <strong>zu</strong>r Schaffung einer vielfältigeren<br />

Belegschaft, etwa Quoten und Förderprogramme.<br />

Rechtliche Schranken überprüfen<br />

Beschäftigungsverbote für Flüchtlinge oder Maßnahmen<br />

wie die Vorrangprüfung sollten auf mögliches diskriminierendes<br />

Potential hin untersucht und gegebenenfalls geän-<br />

Wettbewerb »Die Gelbe Hand«<br />

■Bereits <strong>zu</strong>m achten Mal schreibt der Verein »Mach<br />

meinen Kumpel nicht an!« und seine Kooperationspartner<br />

<strong>den</strong> Wettbewerb »Die Gelbe Hand aus«. Aufgerufen<br />

sich <strong>zu</strong> beteiligen sind Mitglieder der Gewerkschaftsjugend,<br />

Schülerinnen und Schüler an Berufsschulen/<br />

-kollegs und alle Jugendlichen, die sich derzeit in einer beruflichen<br />

Ausbildung befin<strong>den</strong> sowie Aus<strong>zu</strong>bil<strong>den</strong>de und<br />

Beschäftigte aus Betrieben und Verwaltungen. Es geht<br />

darum, mit einem Wettbewerbsbeitrag ein kreatives Zeichen<br />

<strong>gegen</strong> Frem<strong>den</strong>feindlichkeit, <strong>Rassismus</strong> und für ein<br />

solidarisches Miteinander <strong>zu</strong> setzen. Wie der Beitrag gestaltet<br />

ist, bleibt der Phantasie der Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer überlassen. Viele Möglichkeiten, wie Reportagen,<br />

Kurzfilme, Fotostories oder Ausstellungen, bieten sich<br />

an.<br />

Die Schirmherrschaft für <strong>den</strong><br />

Wettbewerb haben die thürin -<br />

gische Ministerpräsi<strong>den</strong>tin<br />

Christine Lieberknecht und der<br />

Vor sitzende der IG Bauen-Agrar-<br />

Umwelt, Klaus Wiesehügel<br />

übernommen.<br />

Einsendeschluss für die<br />

Wett bewerbsbeiträge ist der<br />

17. Januar <strong>2014</strong>. Die Preisver -<br />

leihung findet am 12. März <strong>2014</strong><br />

– während der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

<strong>2014</strong> – in der thüringischen Landeshauptstadt<br />

Erfurt statt.<br />

■ Mach meinen Kumpel nicht an! –<br />

für Gleichbehandlung, <strong>gegen</strong> Frem<strong>den</strong>feindlichkeit<br />

und <strong>Rassismus</strong> e.V.<br />

www.gelbehand.de / info@gelbehand.de


20 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

dert wer<strong>den</strong>. Landesrechtliche Verbote religiöser Symbole<br />

sollten neu diskutiert wer<strong>den</strong>, da sie z. B. für kopftuchtragende<br />

Frauen eine Benachteiligung darstellen.<br />

Spezifische Bedürfnisse berücksichtigen<br />

■ Aus<strong>zu</strong>g aus: Diskriminierung im Bildungsbereich und im<br />

Arbeitsleben. Zweiter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle<br />

des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des<br />

Deutschen Bundestages<br />

Um Mitarbeiter_innen nicht <strong>zu</strong> benachteiligen, sollten Maßnahmen<br />

<strong>zu</strong>r Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse aufgrund<br />

des Alters, des Geschlechts, der ethnischen Herkunft,<br />

einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung bzw.<br />

der sexuellen I<strong>den</strong>tität umgesetzt wer<strong>den</strong>. Da<strong>zu</strong> gehören<br />

Maßnahmen wie die rechtlich verankerte Herstellung von<br />

Barrierefreiheit, aber auch flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuung,<br />

Angebote <strong>zu</strong>r Gesundheitsforderung oder auch<br />

die Berücksichtigung religiöser Essgewohnheiten in Kantinen.<br />

Herausgeberin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes,<br />

www.antidiskriminierungsstelle.de<br />

Drucksache 17/14400 des Deutschen Bundestages<br />

im Internet abrufbar unter:<br />

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/144/1714400.pdf<br />

Für Chancengleichheit im Bildungs bereich und<br />

im Arbeitsleben – Beispiele für gute Praxis<br />

Diskriminierung im Bildungsbereich<br />

und im Arbeitsleben<br />

Mit der vorliegen<strong>den</strong> Beispielsammlung wer<strong>den</strong><br />

Ver fahren präsentiert, die sich als Ansatz<br />

<strong>zu</strong>m Schutz vor Diskriminierung und <strong>zu</strong>r<br />

Umset<strong>zu</strong>ng einer Chancen gerechtigkeit im<br />

Kontext von Arbeits- und Berufswelt sowie<br />

im Bereich der Bildung bewährt haben.<br />

Die Broschüre umfasst Praxisbeispiele, die<br />

auf die Präven tion von Diskriminierung<br />

und/oder Intervention im Fall von Diskriminierung<br />

abzielen bzw. Chancengleichheit<br />

und Vielfalt fördern. Die Good-Practice-Beispiele beschreiben Maßnahmen<br />

oder Instrumente, die in Organisationen, in Unternehmen<br />

und in Bildungseinrichtungen mit der Absicht verankert wur<strong>den</strong>,<br />

Benachteiligungen aufgrund von Behinderung, Annahmen über die<br />

ethnische Herkunft oder äußerliche Merkmale wie die Hautfarbe, das<br />

Geschlecht, aufgrund der Religion oder Weltanschauung, des Lebens -<br />

alters, der sexuellen I<strong>den</strong>tität oder der sozialen Herkunft <strong>zu</strong> ver hindern<br />

und eine Diversity- Kultur <strong>zu</strong> etablieren.<br />

■ »Für Chancengleichheit im Bildungsbereich und im Arbeitsleben –<br />

Beispiele für gute Praxis«, Expertise von Eine Welt der Vielfalt e. V.,<br />

Alexander von Dippel (Koordination), Kerstin Gudermuth, Isabel Haber<br />

und Dr. Czarina Wilpert (wissenschaftliche Beratung), Berlin 2013.<br />

Herausgeberin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

www.antidiskriminierungsstelle.de<br />

www.ewdv-berlin.de<br />

Die Antidiskriminierungsstelle<br />

hat <strong>den</strong> gesetzlichen Auftrag,<br />

dem Bundestag alle vier Jahre<br />

gemeinsam mit <strong>den</strong> in ihrem Zuständigkeitsbereich<br />

betroffenen<br />

Beauftragten Berichte über<br />

Benach teiligungen vor<strong>zu</strong>legen<br />

und Empfehlungen <strong>zu</strong>r Beseitigung<br />

und Vermeidung <strong>zu</strong> geben.<br />

Der nun vorgelegte zweite Bericht<br />

zeigt auf, dass in Kindergärten, Schulen und Hochschulen<br />

sowie am Arbeitsplatz Diskriminierungen weit verbreitet<br />

sind. Das hat Auswirkungen auf <strong>den</strong> Bildungserfolg, die<br />

Leistungsfähigkeit, <strong>den</strong> Zugang <strong>zu</strong>m Arbeitsleben und die<br />

Motivation der Betroffenen. Im Bereich des Arbeitslebens<br />

spricht sich die Antidiskriminierungsstelle unter anderem<br />

dafür aus, die Vielfalt in der Belegschaft besser <strong>zu</strong> fördern,<br />

<strong>zu</strong>m Beispiel durch die Nut<strong>zu</strong>ng innovativer Rekrutierungsverfahren<br />

wie <strong>den</strong> anonymisierten Bewerbungen. Betrieb -<br />

liche Beschwerdestellen bräuchten außerdem eine bessere<br />

Vernet<strong>zu</strong>ng und Ausstattung.<br />

■ »Diskriminierung im Bildungsbereich und im Arbeitsleben«<br />

Zweiter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle<br />

des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen<br />

Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages,<br />

August 2013.<br />

Herausgeberin: Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

www.antidiskriminierungsstelle.de


21<br />

Anerkennen statt Ausgrenzen im Bildungsbereich<br />

Bildung gehört <strong>zu</strong> <strong>den</strong> zentralen Lebensbereichen, in <strong>den</strong>en Diskriminierung<br />

stattfin<strong>den</strong> kann. In dem Bericht »Diskriminierung im Bildungsbereich und im<br />

Arbeits leben« der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt sich, dass bereits<br />

bei der frühkindlichen Betreuung Segregation stattfindet. Auch die Risiken,<br />

in allgemein bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Schulen diskriminiert <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>, sind vielfältig. Bereits in<br />

der Grundschule herrscht eine Ausgren<strong>zu</strong>ngspraxis vor, die Chancenungleichheit<br />

bedingt und fördert. Vorurteile und Diskriminierung können sich dann nachteilig<br />

auf <strong>den</strong> weiteren Bildungsverlauf der Kinder auswirken. Der Bildungsbereich<br />

bietet aber auch besonders große Chancen, auf Vielfalt und Chancengleichheit<br />

hin<strong>zu</strong>wirken. Prof. Dr. Ursula Neumann vom Institut für Interkulturell und International<br />

Vergleichende Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg betrachtet in ihrem<br />

Beitrag sowohl Ausgren<strong>zu</strong>ngsformen und -gründe als auch Möglichkeiten und Vorausset<strong>zu</strong>ngen, diesen<br />

konstruktiv <strong>zu</strong> begegnen.<br />

■In je<strong>den</strong> Sommerferien fahren 270 Hamburger Kinder,<br />

die das dritte Schuljahr vollendet haben, in Theater-<br />

SprachCamps. Dort erleben sie eine dreiwöchige Freizeit mit<br />

Theaterspiel- und Sprachwerkstätten, in <strong>den</strong>en die Kinder<br />

sich als Forscher und Gestalter von Mehrsprachigkeit er -<br />

leben. Zwei Drittel dieser Kinder wächst mehrsprachig auf,<br />

<strong>den</strong>n ihre Eltern sind nach Deutschland eingewandert und<br />

pflegen in der Familie die Sprachen ihrer Herkunft. Für nicht<br />

wenige der Kinder ist der Umgang mit <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Sprachen, die sie sprechen und verstehen können, ganz ungewöhnlich.<br />

Wenn in <strong>den</strong> ersten Tagen des Camps das Kennenlernen<br />

die Hauptrolle spielt, malen sich alle Kinder und<br />

ihre Betreuerinnen (Stu<strong>den</strong>tinnen und Stu<strong>den</strong>ten der Universität<br />

Hamburg, Freizeitbetreuer des Jugenderholungswerks<br />

Hamburg) als Sprachenmännchen und Sprachenmädchen in<br />

»ihren Sprachen«. Sie erzählen sich <strong>gegen</strong>seitig, welche Gefühle<br />

und welches Wissen sie mit <strong>den</strong> Sprachen verbin<strong>den</strong>,<br />

überlegen, wie die Sprachen heißen, wie sie klingen und woher<br />

sie kommen. Einmal stellten zwei Mädchen <strong>zu</strong> ihrem<br />

großen Erstaunen fest, dass sie beide »zigeunisch« sprechen<br />

konnten; ein Junge behauptete steif und fest, nur Deutsch<br />

<strong>zu</strong> können, die Eltern hatten aber beim Anmeldebogen angegeben,<br />

dass er Kroatisch spreche. Es dauerte eine ganze<br />

Woche, bis er beim Sammeln von Wörtern in verschie<strong>den</strong>en<br />

Sprachen einen kroatischen Begriff wählte und »<strong>zu</strong>gab«,<br />

dass er diese Sprache auch konnte.<br />

Anerkennung haben die meisten Kinder in ihren Sprachen<br />

bisher nicht erfahren, je<strong>den</strong>falls nicht in der Schule, nicht im<br />

Deutschunterricht. Ihre Herkunftssprachen markieren die<br />

Kinder vielmehr als »anders«. Und welches Kind will schon<br />

anders sein? Die Ausgren<strong>zu</strong>ng von Eingewanderten hat im<br />

Bildungsbereich viele Facetten. Sie beginnt beim Zugang <strong>zu</strong><br />

Bildungsinstitutionen.<br />

Für Flüchtlingsjugendliche wurde das Recht auf Bildung in<br />

<strong>den</strong> vergangen Jahren mühsam durchgesetzt. Inzwischen<br />

sind diese Jugendlichen fast in allen Bundesländern in die<br />

allgemeine Schulpflicht einbezogen. Wo aber Familien oder<br />

unbegleitete jugendliche Flüchtlinge in Sammelunterkünften<br />

weit entfernt von Schulen untergebracht wer<strong>den</strong>, ist die<br />

Umset<strong>zu</strong>ng dieses Rechts nicht gesichert. Des Weiteren ist<br />

mit der Möglichkeit, eine allgemeinbil<strong>den</strong>de Schule <strong>zu</strong> besuchen,<br />

nicht das Recht auf eine berufliche Ausbildung gewährleistet.<br />

Die fehlende Arbeitserlaubnis im ersten Jahr des<br />

Aufenthaltes verhindert sowohl die Teilnahme am Ausbildungssystem<br />

als auch an berufsvorbereiten<strong>den</strong> Maßnahmen,<br />

die Praktika beinhalten. Auch greift die »BaföG-Falle«,<br />

die es Jugendlichen, die bestimmte Aufenthaltserlaubnisse<br />

oder eine Aufenthaltsgestattung haben, nicht erlaubt, eine<br />

dem Grunde nach förderfähige Bildung <strong>zu</strong> beginnen, weil sie<br />

trotz Hilfebedürftigkeit keine Sicherung <strong>zu</strong>m Lebensunterhalt<br />

erhalten.<br />

Zugang <strong>zu</strong> Bildung bedeutet auch, die sprachlichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

erfüllen <strong>zu</strong> können. Deshalb müssen Kinder bereits<br />

im Vorschulalter sprachliche Bildung erfahren, die sie<br />

auf die Anforderungen der Schule vorbereitet und ihre deutschen<br />

Sprachkenntnisse möglichst gut entwickelt. Kinder,<br />

die neu aus dem Ausland nach Deutschland kommen, wer<strong>den</strong><br />

ausgegrenzt und in ihrem schulischen Erfolg behindert,<br />

wenn sie keine gezielte und systematische Einführung in die


22 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

deutsche Sprache und das hiesige Schulsystem erhalten,<br />

z. B. durch Vorbereitungsklassen oder individuelle Lernwegplannung<br />

und unterstützende Deutschförderung.<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ng findet auch dort statt, wo die verschie<strong>den</strong>en<br />

Religionen und Weltverständnisse der Kinder und ihrer<br />

Familien keine Berücksichtigung im Curriculum fin<strong>den</strong>. Anerkennung<br />

würde bedeuten, dass nicht allein neben dem<br />

traditionellen katholischen, evangelischen oder jüdischen<br />

Religionsunterricht auch islamischer Religionsunterricht eingeführt<br />

würde – was z. Z. in <strong>den</strong> meisten Bundesländern auf<br />

<strong>den</strong> Weg gebracht wird – sondern auch die Einführung eines<br />

dialogischem Prinzips, bei dem die Kinder und Jugendlichen<br />

der verschie<strong>den</strong>en Weltanschauungen gemeinsam Themen<br />

behandeln, für die die unterschiedlichen Religionen verschie<strong>den</strong>e<br />

Antworten gefun<strong>den</strong> haben. Der Hamburger Weg<br />

des »Religionsunterrichts für Alle« ist hier als ein Beispiel <strong>zu</strong><br />

nennen, das im europäischen Maßstab eher normal, in<br />

Deutschland aber ungewöhnlich ist. Die Kinder wer<strong>den</strong> im<br />

Unterricht nicht nach Religionen getrennt, sondern gemeinsam<br />

durch speziell dafür ausgebildete evangelische Religionslehrerinnen<br />

und Religionslehrer unterrichtet. Die Ausweitung<br />

auf Lehrerinnen und Lehrer anderer Religionen ist derzeit<br />

im Aufbau.<br />

Schließlich ist im Bildungsbereich die Weiterbildung von großer<br />

Bedeutung; sie wird jedoch von Menschen nicht deutscher<br />

Herkunft wesentlich seltener genutzt als nötig und<br />

möglich. In diesem Feld würde Anerkennung bedeuten, dass<br />

das Angebot der Weiterbildungsträger auf die Bedürfnisse<br />

von sozialen Gruppen, die weniger gut ausgebildet sind,<br />

sprachlich ausgegrenzt und rechtlich diskriminiert sind, ausgeweitet<br />

würde. So wichtig die »Integrations- und Orientierungskurse«<br />

des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge<br />

BAMF auch sind, sie reichen bei weitem nicht aus. Die<br />

neuen Gesetze <strong>zu</strong>r Anerkennung beruflicher Abschlüsse in<br />

<strong>den</strong> Bundesländern (leider stehen sie meisten noch aus)<br />

müssten <strong>zu</strong>r Einrichtung von entsprechen<strong>den</strong> Beratungsstel-<br />

Pädagogik der Anerkennung. Grund -<br />

lagen, Konzepte, Praxisfelder.<br />

Themenheft »<strong>Rassismus</strong>. Erkennen<br />

& Bekämpfen«<br />

Dieser Band liefert einen wichtigen<br />

Beitrag <strong>zu</strong>r weiteren Profilierung<br />

der Pädagogik der Anerkennung<br />

und trägt da<strong>zu</strong> bei, dass diese<br />

<strong>zu</strong>m Alltag in Kindertagesstätten,<br />

Schule und Jugendarbeit wird.<br />

Anerkennung, Achtung und Respekt<br />

gehören in der pädagogischen<br />

Arbeit unter dem Stichwort<br />

»Pädagogik der Anerkennung« <strong>zu</strong><br />

<strong>den</strong> zentralen Vorausset<strong>zu</strong>ngen, wenn Entwicklung und<br />

Erziehung, Lernen und Bildung gelingen sollen. Positive<br />

Anerkennungserfahrungen in pädagogischen Einrichtungen<br />

sind für Kinder und Jugendliche wie auch für Erwachsene<br />

eine wesentliche Quelle für die eigene I<strong>den</strong>titätsbildung<br />

und ein positives Selbstwert gefühl.<br />

Das Themenheft von Aktion<br />

Courage e.V. (Schule ohne<br />

<strong>Rassismus</strong> – Schule mit Courage)<br />

informiert über die Ent -<br />

stehung und die Geschichte des<br />

<strong>Rassismus</strong> und wie er heute in<br />

Deutschland auftritt. Es thematisiert<br />

<strong>den</strong> alltäglichen <strong>Rassismus</strong><br />

in <strong>den</strong> Medien, Behör<strong>den</strong>,<br />

in der Schule und will da<strong>zu</strong><br />

beitragen, rassistische Denk- und Argumentationsmuster <strong>zu</strong><br />

erkennen und eindeutig beim Namen <strong>zu</strong> nennen.<br />

■ Bestellungen über: www.schule-ohne-rassismus.org<br />

In dem Band wird das Thema in mehreren Beiträgen <strong>zu</strong>nächst<br />

theoretisch und grundlegend aufgenommen, dann<br />

direkter auf ausgewählte pädagogische Themen- und<br />

Praxisfelder bezogen.<br />

■ Benno Hafeneger, Peter Henkenborg,<br />

Albert Scherr (Hrsg.), <strong>Wochen</strong>schau Verlag, 2013<br />

www.wochenschau-verlag.de


Anerkennen statt Ausgrenzen im Bildungsbereich 23<br />

len und dem Angebot von Weiterbildungsmaßnahmen führen,<br />

um die verlorenen Kompetenzen wieder auf<strong>zu</strong>bauen<br />

und entstan<strong>den</strong>e Lücken <strong>zu</strong> füllen.<br />

Bildung hat für die Integration unserer Gesellschaft eine<br />

hohe Bedeutung. Sie vermittelt dem Einzelnen Fähigkeiten<br />

<strong>zu</strong>m verantwortlichen Handeln in der Demokratie, <strong>zu</strong> beruflicher<br />

Teilhabe und gesellschaftlich-kultureller Partizipation.<br />

Auch die Gesellschaft als Ganze muss im globalen Wettbewerb<br />

auf Bildung setzen, um ihren Wohlstand <strong>zu</strong> wahren<br />

und <strong>den</strong> sozialen Zusammenhalt <strong>zu</strong> schützen. Um dies <strong>zu</strong> erreichen,<br />

müssen die Diversität der Gesellschaftsmitglieder<br />

anerkannt, ihre Potenziale in aller Unterschiedlichkeit wahrgenommen<br />

und im Bildungsprozess ausgeschöpft wer<strong>den</strong>.<br />

Für Ausgren<strong>zu</strong>ng bleibt da kein Platz!<br />

Bei der Durchführung von Aktivitäten und Veranstaltungen können<br />

regionale, kleinere Akteure vor Ort gefördert wer<strong>den</strong>. Entsprechende<br />

Anträge können bei der Amadeu Antonio Stiftung gestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Amadeu Antonio Kiowa war eines der ersten Todesopfer rassistischer<br />

Gewalt nach der Wiedervereinigung. 1998 gründete sich die Amadeu<br />

Antonio Stiftung, deren Ziel es ist, eine demokratische Zivilgesellschaft<br />

<strong>zu</strong> stärken, die sich konsequent <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus, <strong>Rassismus</strong><br />

und Antisemitismus wendet. Hierfür unterstützt sie lokale<br />

Initiativen und Projekte in <strong>den</strong> Bereichen Jugend und Schule, Opferschutz<br />

und Opferhilfe, alternative Jugendkultur und Kommunale Netzwerke.<br />

Wichtigste Aufgabe der Stiftung ist es, die Projekte über eine<br />

finanzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng hinaus <strong>zu</strong> ermutigen, ihre Eigeninitiative vor<br />

Ort <strong>zu</strong> stärken und sie <strong>zu</strong> vernetzen.<br />

Schule in der Einwanderungsgesellschaft<br />

Migration ist eine Herausforderung<br />

für jede Gesellschaft und<br />

ganz speziell für ihre Bildungspolitik.<br />

Die Frage, was Schule<br />

in einer multikulturellen und<br />

pluriformen Gesellschaft <strong>zu</strong><br />

leisten hat, wird deshalb <strong>zu</strong><br />

einer entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> Weichenstellung<br />

für das Zusammen -<br />

leben künftiger Generationen<br />

und <strong>den</strong> Erfolg gesellschaftlichen Handelns überhaupt.<br />

Der vorliegende Band widmet sich dem Thema unter<br />

vielen Teilaspekten und bietet eine praxisnahe, doch theoretisch<br />

anspruchsvolle Einführung. Neueste Erkenntnisse<br />

und Erfahrungen <strong>zu</strong>m Themenbereich sind berücksichtigt<br />

und eingearbeitet. Das Buch richtet sich vor allem an<br />

Studierende im Lehramt, aber auch an Lehrerinnen und<br />

Lehrer, die sich in diesem Themenbereich kundig machen<br />

und weiterbil<strong>den</strong> wollen.<br />

■ Rudolf Leiprecht, Anne Kerber (Hrsg.).<br />

<strong>Wochen</strong>schau-Verlag, 2013<br />

www.wochenschau-verlag.de<br />

Auch Initiativen, die Kleinprojekte im Rahmen der <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> verwirklichen wollen, können bei der<br />

Amadeu Antonio Stiftung Anträge <strong>zu</strong>r Förderung stellen!<br />

Die Stiftung möchte Projekte insbesondere kleinerer Initiativen<br />

fördern, die<br />

■ sich deutlich <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> und Antisemitismus<br />

positionieren;<br />

■ sich für Menschenrechte und Minderheitenschutz engagieren;<br />

■ sich mit <strong>den</strong> gesellschaftlichen Ursachen und Folgen von<br />

<strong>Rassismus</strong> offensiv auseinandersetzen;<br />

■ eine demokratische Gegenkultur <strong>zu</strong>m rechten Mainstream<br />

aufbauen;<br />

■ eher langfristig und auf Prozess angelegt sind;<br />

■ Partnerschaften in der Kommune suchen, so z.B. mit Schulen,<br />

Verwaltung, Polizei, lokalen Unternehmen und Kirchen -<br />

gemein<strong>den</strong>;<br />

■ in verschie<strong>den</strong>en Lebensbereichen ansetzen<br />

(z.B. Jugendarbeit, Kommunalpolitik, Sport, Kultur) und ver -<br />

schie<strong>den</strong>e Altersgruppen ansprechen<br />

(Schule, Übergang Schule – Beruf, Arbeitswelt);<br />

■ interkulturelle Begegnungen und Partnerschaften ermöglichen<br />

und fördern. Weitere Informationen <strong>zu</strong>r Förderung von Projekten<br />

sind auf der Homepage ein<strong>zu</strong>sehen.<br />

■ Amadeu Antonio Stiftung<br />

Linienstr. 139, 10115 Berlin<br />

Tel.: 030 / 24 08 86 11, Fax: 030 / 24 08 86 22<br />

timo.reinfrank@amadeu-antonio-stiftung.de<br />

www.amadeu-antonio-stiftung.de


24 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Auf die Wortwahl kommt es an<br />

Foto: © Thomas Lobenwein<br />

Noch nie waren Themen wie Integration, Migration und Einwanderungsgesellschaft<br />

derart im Mainstream angekommen wie heute. Es vergeht kein Tag ohne mediale<br />

Berichterstattung <strong>zu</strong> diesen Themen. Gleichzeitig gibt es aber eine Unsicherheit über <strong>den</strong><br />

adequaten Sprachgebrauch: Welche Begriffe und Formulierungen drücken Diskriminierung<br />

und Abwertung aus und verfestigen auf Grund der mit ihnen verbun<strong>den</strong>en Zuschreibungen<br />

Stereotype und Vorurteile? Und welche gangbaren Alternativen gibt es?<br />

Ferda Ataman (Neue deutsche Medienmacher) geht es in ihrem Beitrag nicht um sprach -<br />

liche Bevormundung, sondern um das Hinterfragen von ausgrenzendem Sprach gebrauch<br />

und <strong>den</strong> Anstoß einer gesellschaftlichen Debatte.<br />

Neue Deutsche Medienmacher<br />

■Die Vielfalt unserer Einwanderungsgesellschaft findet sich<br />

weder in der Berichterstattung noch in <strong>den</strong> Redaktionsräumen<br />

wieder. Jeder fünfte Einwohner im Land besitzt einen sogenannten<br />

Migrationshintergrund, aber nur jeder fünfzigste Journalist.<br />

Auch in <strong>den</strong> einschlägigen Ausbildungsgängen <strong>zu</strong>m Journalismus<br />

sind Nachwuchskräfte mit Migrationshintergrund auffallend<br />

unterrepräsentiert. In <strong>den</strong> Medien fehlen oftmals Perspektiven von<br />

Migrant/innen und hinreichende Kompetenz für die Darstellung gesellschaftlicher<br />

Vielfalt. Die Neuen Deutschen Medienmacher<br />

(NDM) sind ein bundesweiter Zusammenschluss von Medienschaffen<strong>den</strong><br />

mit unterschiedlichen Herkunftsländern und sprachlichen<br />

Kompetenzen, die sich als gemeinnütziger Verein seit 2008 für mehr<br />

Vielfalt in <strong>den</strong> Medien und Einwanderungs-Perspektiven im öffentlichen<br />

Diskurs einsetzen. Das Netzwerk ist politisch unabhängig,<br />

nationalitäten- und konfessionsübergreifend. Zu <strong>den</strong> NDM zählen<br />

sich mehrere Hundert Medienschaffende<br />

aus ganz Deutschland.<br />

Sie arbeiten als feste und<br />

freie Journalistinnen und Journalisten<br />

für deutsche Medien – in<br />

Print, Online, TV, Hörfunk.<br />

■ www.neuemedienmacher.de<br />

info@neuemedienmacher.de<br />

■Auf die Wortwahl kommt es an. Das gilt bei Debatten<br />

um Migration und Integration im öffentlichen Diskurs<br />

ganz besonders. Zwar gibt es einen Konsens darüber, dass<br />

Deutschland ein Einwanderungsland ist. Dennoch ziehen<br />

viele Begriffe eine Grenze zwischen autochtonen Deutschen<br />

und Menschen aus Einwandererfamilien. Gängige Begriffe<br />

wie »Ausländer«, »Zuwanderer« oder »Frem<strong>den</strong>feindlichkeit«<br />

beschreiben ausschließlich die Perspektive der herkunftsdeutschen<br />

Mehrheitsbevölkerung und wer<strong>den</strong> mitunter<br />

auch für Menschen verwendet, die nicht <strong>zu</strong>gewandert<br />

oder fremd und manchmal auch deutsch sind. Das ist hinderlich<br />

für das gesellschaftliche Zusammenwachsen.<br />

Derzeit lässt sich <strong>zu</strong>dem eine große Unsicherheit bei Formulierungen<br />

beobachten: Warum soll man nicht mehr »Ausländerfeindlichkeit«<br />

sagen dürfen? Ist »Migrant« oder »Ausländer«<br />

die richtige Bezeichnung für »Menschen mit Migrationshintergrund«,<br />

wenn man letzteren Begriff vermei<strong>den</strong><br />

will?<br />

Der Mensch mit Migrationshintergrund gehört inzwischen<br />

<strong>zu</strong>r Liste der umstrittenen Begriffe. Als wäre die Formulierung<br />

nicht schon sperrig genug, ist bei Sprachsensiblen nun<br />

vom sogenannten Migrationshintergrund die Rede. Hier<br />

lohnt sich ein Blick über <strong>den</strong> Tellerrand: In Österreich läuft<br />

ebenfalls eine Debatte über Begrifflichkeiten. 2012 gab es<br />

hier die Petition »Stopp dem falschen Gerede vom Migrationshintergrund«.<br />

Die Initiative »SOS Mitmensch« protes -<br />

tiert damit <strong>gegen</strong> die statistische Definition der Anderen.<br />

Allerdings bietet sie keine Alternative, wodurch die Petition<br />

nur bedingt erfolgversprechend war.<br />

Was also sind mögliche Alternativen? Die »Neuen deutschen<br />

Medienmacher«, ein Zusammenschluss von Journalis -<br />

ten, regen <strong>zu</strong> einer breiten Debatte über diese Frage an. Es<br />

gibt <strong>zu</strong> Recht keine Institution oder Organisation, die für sich<br />

in Anspruch nehmen kann, Begriffe fest<strong>zu</strong>legen. Wohl jedoch<br />

können und müssen sogar endlich von verschie<strong>den</strong>en<br />

Seiten neue Ideen kommen, sonst verharren wir in Politik,<br />

Medien und Amtsdeutsch noch jahrelang in einer Sprache,<br />

die dem Alltag der Bundesrepublik nicht entspricht. Wer<br />

heute von »wir Deutschen und die Einwanderer« redet, sollte<br />

in dem »wir « auch die hier geborenen Kofis, Dunyas und


Auf die Wortwahl kommt es an 25<br />

Bijans meinen. Alles andere wäre sachlich falsch. Es ist also<br />

an der Zeit, darüber <strong>zu</strong> re<strong>den</strong>, wie wir re<strong>den</strong>.<br />

Vielleicht gibt es nur eine Faustregel, die man Journalisten<br />

unumstritten an die Hand geben kann: Wenn es die Möglichkeit<br />

gibt, fragen Sie die Vertreter einer Minderheit, wie<br />

sie genannt wer<strong>den</strong> wollen. Wür<strong>den</strong> Journalisten sich beispielsweise<br />

einmal mit Sinti und Roma unterhalten, wüssten<br />

sie vermutlich, dass es keine »Roma und Sinti aus Rumänien<br />

und Bulgarien« gibt. Verwendet wird der Begriff »Sinti« nur<br />

in Deutschland, Österreich und bisweilen in Norditalien. In<br />

Osteuropa gibt es nur Roma.<br />

Auch die Formulierung »mutmaßliche Islamisten«, die man<br />

in der Berichterstattung <strong>zu</strong> Sicherheitsfragen fin<strong>den</strong> kann,<br />

zeugt von Unkenntnis. Islamismus meint <strong>zu</strong>nächst nur die<br />

Verknüpfung von Islam und Politik und ist nicht gleich<strong>zu</strong>setzen<br />

mit Extremismus und Gewaltbereitschaft. Islamist <strong>zu</strong><br />

sein, ist folglich nicht verboten. Meist sind in der Berichterstattung<br />

also »mutmaßliche Terrorverdächtige« gemeint.<br />

Es geht hier nicht um politische korrekte Formulierungen,<br />

sondern lediglich um korrekte Zuschreibungen. Würde der<br />

journalistischen Sorgfaltspflicht mehr Genüge getan, gäbe<br />

es nicht mehr viele Gelegenheiten, sprachlich an<strong>zu</strong>ecken.<br />

In jüngerer Zeit wur<strong>den</strong> gleich mehrere Untersuchungen veröffentlicht,<br />

die sich mit der Darstellung und Wahrnehmung<br />

von Migranten und Muslimen befassen. Muslime sind im<br />

Diskurs deswegen relevant, weil sie oftmals fälschlich mit<br />

Einwanderern gleichgesetzt wer<strong>den</strong>. Margreth Lüneborg<br />

etwa widmete in ihrem 2011 erschienenen Buch »Migrantinnen<br />

in <strong>den</strong> Medien« der muslimischen Frau ein ganzes<br />

Kapitel. In ihrer Analyse hält sie fest: Die mediale Darstellung<br />

von Musliminnen greife auf ein enges Repertoire der<br />

Rollen<strong>zu</strong>weisung <strong>zu</strong>rück, dominiert von Bildern als »Opfer«<br />

und »Integrationsbedürftige«. Die verschleierte Frau werde<br />

gar <strong>zu</strong>r »Verkörperung religiöser und kultureller Fremdheit<br />

und Bedrohung«.<br />

Auch die Bildersprache spielt eine wichtige Rolle, wenn es<br />

darum geht, wie ethnische Minderheiten in Medien dargestellt<br />

wer<strong>den</strong>. Ein Bericht über türkische Migranten und ihre<br />

Nachkommen in Deutschland? In <strong>den</strong> meisten Fällen wird er<br />

mit Frauen bebildert, die auf dem Haupt ein Kopftuch und in<br />

<strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> Einkaufstüten tragen. Doch das Bild einer Frau<br />

mit Kopftuch ist für Türkinnen in Deutschland nicht repräsentativ:<br />

Nur 28 Prozent aller Musliminnen tragen hier<strong>zu</strong>lande<br />

ein Kopftuch.<br />

Mediendienst Integration<br />

Das Projekt wurde als Service für Medienschaffende<br />

ins Leben gerufen und ist seit<br />

November 2012 aktiv. Der Mediendienst<br />

bietet aktuelle Informationen rund um die<br />

Themen Migration, Integration und Asyl in<br />

Deutschland. Die Berichterstattung erfolgt<br />

nicht tagesaktuell, sondern bietet:<br />

1. auf der Startseite begleitende Recherchen (Fakten-Checks) <strong>zu</strong>r<br />

aktuellen Berichterstattung in <strong>den</strong> Medien, Hintergrundberichte<br />

und Artikel <strong>zu</strong> Themen, die medial untergegangen sind;<br />

2. unter »Zahlen & Fakten« regelmäßig aktualisierte Grundlagen-Informationen,<br />

wie Statistiken und Ergebnisse von Untersuchungen.<br />

3. Der MDI arbeitet eng mit Wissenschaftlern <strong>zu</strong> sammen und vermittelt<br />

Journalisten möglichst schnell und unbürokratisch Experten-<br />

Kontakte für die Berichterstattung.<br />

Der Mediendienst ist ein Projekt des »Rats für Migration e.V.« (RfM),<br />

einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschern.<br />

■ http://mediendienst-integration.de<br />

mail@mediendienst-integration.de<br />

Ein anderes Beispiel: Ein Artikel <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Auswirkungen von<br />

Diskriminierung auf Integration wurde kürzlich im Tagesspiegel<br />

bebildert mit einem Dönerspieß. Was soll das sagen?<br />

Journalisten und Bildredakteure sollten sich immer fragen:<br />

Was ist mein Thema? Das Bild einer verhüllten Frau bietet<br />

sich durchaus an, wenn es <strong>zu</strong>m Beispiel um das Kopftuch<br />

geht. Nicht jedoch, wenn es um Altersarmut von Migranten<br />

geht.<br />

Oft sind verzerrende Formulierungen nicht der bösen Absicht,<br />

sondern Zeitmangel und wenig Auseinanderset<strong>zu</strong>ng<br />

mit dem Thema geschuldet. Doch genau deswegen braucht<br />

es eine Debatte da<strong>zu</strong>.


26 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Neue Begriffe für die Einwanderungs -<br />

gesellschaft<br />

Im April 2013 haben die<br />

Neuen Deutschen Medien -<br />

macher (NDM) gemeinsam<br />

mit dem Bundesamt für<br />

Migration und Flüchtlinge<br />

(BAMF) <strong>zu</strong> einem Workshop<br />

eingela<strong>den</strong>, um in einem<br />

Expertenkreis mit Journalist/innen,<br />

Wissenschaftler/innen<br />

sowie Mitarbeiten<strong>den</strong> aus<br />

der Politik und Verwaltung über »Neue Begriffe für die<br />

Einwanderungsgesellschaft« <strong>zu</strong> diskutieren.<br />

Die Ergebnisse daraus haben die NDM in einer Tagungsdokumentation<br />

<strong>zu</strong>sammengefasst, die erste Vorschläge für<br />

Formulierungshilfen für <strong>den</strong> Alltag von Journalist/innen<br />

und Politiker/innen enthält.<br />

■ Neue Deutsche Medienmacher, 2013<br />

www.neuemedienmacher.de<br />

Download unter: http://www.neuemedienmacher.de/?p=819<br />

Leitfa<strong>den</strong> für einen rassismuskritischen<br />

Sprachgebrauch<br />

Migrantinnen in <strong>den</strong> Medien.<br />

Darstellungen in der Presse und<br />

ihre Rezeption<br />

Wie entwerfen Medien Bilder<br />

von Geschlecht und Ethnizität?<br />

Diese Frage konnte die Kommunikationswissenschaft<br />

bisher<br />

nur ungenügend beantworten.<br />

Männliche Migranten wer<strong>den</strong><br />

als bedrohlich für die Gesellschaft<br />

inszeniert, doch über die<br />

Medienbilder von Migrantinnen<br />

gibt es wenig Wissen.<br />

Eine kritische Analyse der dominanten Berichterstattungsmuster<br />

zeigt, wie Mediendiskurse Migrantinnen<br />

<strong>zu</strong> Opfern machen oder ausschließen können. Da<strong>gegen</strong><br />

liefern besonders Lokalpresse und Boulevardzeitungen<br />

(auch) vielfältige Entwürfe unter Einschluss lebens -<br />

weltlicher Bezüge. Eingeleitet wird die Studie durch eine<br />

ausführliche Diskussion des Forschungsstands <strong>zu</strong><br />

»Migrantinnen und Medien».<br />

■ Margreth Lünenborg, Katharina Fritsche, Annika Bach.<br />

ISBN 978-3-8376-1730-6, transcript Verlag, 2011.<br />

www.transcript-verlag.de<br />

Auf 52 Seiten beleuchtet diese<br />

Handreichung für Journa -<br />

list_innen die Berichterstattung<br />

über unterschiedliche Personengruppen<br />

und gibt praxis -<br />

nahe Tipps, wie versehentliche<br />

Diskriminierungen vermie<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong> können. Sie zeigt auch,<br />

wie die vorherrschen<strong>den</strong> Bilder<br />

über Schwarze Menschen,<br />

Sinti und Roma sowie muslimische Menschen entstan<strong>den</strong><br />

sind. Der Leitfa<strong>den</strong> soll interessierten Journalistinnen<br />

und Journalisten dabei helfen, eigene Bilder und Vor -<br />

gehensweisen <strong>zu</strong> hinterfragen und so verletzender Sprache<br />

keinen Raum <strong>zu</strong> geben. Dabei klagt der Leitfa<strong>den</strong> nicht<br />

an, sondern gibt Denkanstöße und praktische Handlungsanweisungen.<br />

■ AntiDiskriminierungsBüro (ADB) Köln /<br />

Öffentlichkeit <strong>gegen</strong> Gewalt e.V.<br />

Öffentlichkeit <strong>gegen</strong> Gewalt e.V., (Hg.), Juli 2013<br />

www.oegg.de


27<br />

Europäische Flüchtlingspolitik: Schutz statt Abwehr<br />

Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin bei PRO ASYL, erläutert die Abschottungs -<br />

mechanismen der europäischen Flüchtlingspolitik, die Menschen schon vor dem<br />

Erreichen Europas ausgrenzt – oftmals mit tödlichen Folgen. Selbst wenn Flüchtlinge<br />

<strong>den</strong> Weg nach Deutschland schaffen, wer<strong>den</strong> sie von hier entweder über das Dublin-<br />

Verfahren in das Land abgeschoben, über das sie faktisch in die EU eingereist<br />

sind oder sie sehen sich in Deutschland einer ausgrenzen<strong>den</strong> Gesetzgebung, einer<br />

lager ähnlichen Unterbringung und einer rassistischen Abwehrhaltung in der Gesellschaft<br />

ausgesetzt. Ob die Asylpolitik der EU weiterhin auf Abschottung setzt,<br />

hängt auch stark vom Kurs der kommen<strong>den</strong> Bundesregierung ab. Es bleibt <strong>zu</strong> hoffen,<br />

dass die neue Regierung unter einer großen Koalition <strong>den</strong> inakzeptablen Kurs<br />

der bisherigen Flüchtlingspolitik korrigiert und sich für eine Asylpolitik einsetzt, die Flüchtlinge schützt und<br />

Menschenrechte wahrt.<br />

■Bei der Flüchtlingskatastrophe am 3. Oktober 2013<br />

vor Lampedusa starben mehr als 360 Menschen. Es<br />

waren Flüchtlinge, die in ihren Herkunftsländern Krieg, Verfolgung<br />

und größte Not erlitten haben. Sie haben sich auf<br />

<strong>den</strong> Weg nach Europa gemacht in der Hoffnung, dort Sicherheit<br />

und Frie<strong>den</strong> <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong>. Doch kurz vor Erreichen des<br />

sicheren Festlandes haben sie dies mit ihrem Leben bezahlt.<br />

Das Massensterben der Flüchtlinge vor <strong>den</strong> Toren Europas<br />

muss endlich beendet wer<strong>den</strong>. Mehr als 19.000 Flüchtlinge<br />

haben in <strong>den</strong> letzten 25 Jahren ihr Leben bei dem Versuch<br />

verloren, die Festung Europa <strong>zu</strong> überwin<strong>den</strong> – die meisten<br />

im Mittelmeer. Die Zeit ist reif für eine Flüchtlingspolitik, in<br />

der ein Menschenleben mehr zählt als die perfektionierte<br />

Grenzabschottung.<br />

Wenn künftig das Sterben von Flüchtlingen verhindert wer<strong>den</strong><br />

soll, muss die Abschottungslogik als Grundlage europäischer<br />

Flüchtlingspolitik überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Die EU hat<br />

systematisch die legale Einreise für Flüchtlinge erschwert.<br />

Die Visapflicht wurde für alle Hauptherkunftsländer von<br />

Schutzsuchen<strong>den</strong> eingeführt. Die EU-Außengrenzen wer<strong>den</strong><br />

martialisch überwacht. Anrainerstaaten der EU wer<strong>den</strong> eingespannt,<br />

für die EU das Geschäft der Migrationskontrolle<br />

schon weit vor <strong>den</strong> eigentlichen Grenzen der EU <strong>zu</strong> betreiben.<br />

Gegen Wirtschaftshilfen verpflichten sich nordafrikanische<br />

Staaten da<strong>zu</strong>, Flüchtlinge und Migranten an ihrer Weiterflucht<br />

nach Europa <strong>zu</strong> hindern. Zu Gaddafis Zeiten zahlte<br />

die italienische Regierung Millionen an Libyen. Im Gegen<strong>zu</strong>g<br />

wur<strong>den</strong> Flüchtlinge – viele von ihnen z. B. vor der Diktatur<br />

in Eritrea geflohen – in libyschen Kerkern weggesperrt,<br />

gefoltert und missbraucht. Derartige Beihilfen <strong>zu</strong>r Fluchtverhinderung<br />

stehen im eklatanten Widerspruch <strong>zu</strong>m Flüchtlingsvölkerrecht,<br />

wie es in der Genfer Flüchtlingskonvention<br />

niedergelegt ist.<br />

Die menschenrechtswidrige Kooperation mit Drittstaaten<br />

muss beendet wer<strong>den</strong>. Der Europäische Gerichtshof in Straßburg<br />

hat bereits ein Mal die Reißleine gezogen, als 2009 die<br />

italienische Berlusconi-Regierung anfing, hunderte Bootsflüchtlinge<br />

auf dem Meer ab<strong>zu</strong>fangen und nach Libyen <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>transportieren.<br />

Das Straßburger Gericht verurteilte<br />

2011 Italien, weil das Abschieben nach Libyen einen Verstoß<br />

<strong>gegen</strong> Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonven -<br />

tion darstellte. Demnach darf eine Abschiebung nicht in<br />

ein Land erfolgen, in dem <strong>den</strong> Flüchtlingen Folter oder eine<br />

erniedrigende und unmenschliche Behandlung droht. Das<br />

Gericht hat auch klargestellt: Menschenrechte gelten auch<br />

auf Hoher See.<br />

Derzeit ist die EU jedoch nicht einmal in der Lage, das<br />

blanke Überleben der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />

Cecilia Malmström – die <strong>zu</strong>ständige EU-Kommissarin<br />

– hat vorgeschlagen, die europäische Grenzschutzagentur<br />

Frontex <strong>zu</strong>r Rettung von Bootsflüchtlingen ein<strong>zu</strong> -<br />

setzen. Sie will also <strong>den</strong> Bock <strong>zu</strong>m Gärtner machen. Denn<br />

Frontex ist eine Agentur, die die Kontrolle der EU-Grenzen<br />

<strong>zu</strong>m Ziel hat. De facto setzt sie die Abschottung <strong>gegen</strong><br />

Flüchtlinge um. Um nicht falsch verstan<strong>den</strong> <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>:<br />

Natürlich müssen auch Frontex und die Küstenwachen der<br />

EU-Staaten die Flüchtlinge aus der Seenot retten. Hier<strong>zu</strong><br />

sind sie sowohl seerechtlich als auch menschenrechtlich<br />

verpflichtet. Doch wenn man die maritimen Such- und Rettungsdienste<br />

ähnlich gut ausstatten würde wie <strong>den</strong> Grenz-


28 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

schutz, würde man diese Aufgabe in die Hände der hierfür<br />

<strong>zu</strong>ständigen Institutionen legen, deren Aufgabe nicht die<br />

Abwehr von Flüchtlingen ist.<br />

Wenn man verhindern möchte, dass die Flüchtlinge auf die<br />

todbringen<strong>den</strong> Boote steigen, dann muss man ihnen Alternativen<br />

anbieten. Mehr als zwei Millionen Syrer sind in die<br />

Nachbarländer geflohen. Die Bundesregierung hat gerade<br />

einmal 5.000 Aufnahmeplätze fest <strong>zu</strong>gesagt. Auf Landesebene<br />

sollen syrische Familien ihre Angehörigen nachkommen<br />

lassen, wenn sie für deren Unterhalt haften. Nur wenige<br />

wer<strong>den</strong> sich dies leisten können. Wer keine reichen Verwandten<br />

in Deutschland hat, hat kaum Alternativen als die<br />

gefährliche Überfahrt übers Meer. Wenn sogar syrischen<br />

Flüchtlingen der legale Weg nach Europa weitgehend verschlossen<br />

bleibt, wie sollen dies dann Flüchtlinge aus Eritrea<br />

oder Somalia schaffen, auf deren Schicksal die Weltöffentlichkeit<br />

schon längst nicht mehr blickt?<br />

Wir brauchen legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge.<br />

Dies kann durch ein verändertes Visaregime geschehen.<br />

Zudem kann Europa durch die proaktive Aufnahme von<br />

Flüchtlingen im Resettlement-Verfahren Flüchtlingen die<br />

gefähr liche Überfahrt ersparen. Dabei handelt es sich um<br />

ein Aufnahmeverfahren, bei dem von der UN anerkannte<br />

Flüchtlinge aus einem Erstaufnahmeland übernommen wer<strong>den</strong>.<br />

Zudem muss die Verantwortungsverteilung für Flüchtlinge<br />

innerhalb der EU grundlegend verändert wer<strong>den</strong>. Derzeit gilt<br />

das Verursacherprinzip: Der Staat, der die Einreise nicht verhindert,<br />

ist für <strong>den</strong> Flüchtling <strong>zu</strong>ständig. Dies erhöht <strong>den</strong><br />

Druck auf die EU-Staaten an <strong>den</strong> Außengrenzen. Deswegen<br />

fordern nun einige Poltiker/innen, eine Verteilung der neu<br />

ankommen<strong>den</strong> Flüchtlinge nach Quoten. Der Haken an einer<br />

solchen Quotierung liegt darin, dass die Zustände für Flüchtlinge<br />

in vielen EU-Staaten nach wie vor dramatisch sind, so<br />

dass eine Zwangs<strong>zu</strong>weisung nicht vertretbar ist. Es muss<br />

das Primat der Menschenrechte gelten. Flüchtlinge sollten<br />

deswegen dorthin gehen dürfen, wo sie ein menschenwürdiges<br />

Leben und faire Asylverfahren erwarten können.<br />

Menschenrechtspreis der STIFTUNG PRO ASYL für Gergishu Yohannes<br />

Hinter der immensen Zahl der Toten an Europas Außengrenzen stehen Menschen, die mit ihren Nöten, aber auch<br />

mit ihren Träumen nach Europa aufgebrochen sind. Gergishu Yohannes, die als Minderjährige aus Eritrea nach<br />

Deutschland floh, setzt sich mit unermüdlichem Einsatz dafür ein, dass der Opfer an <strong>den</strong> Außengrenzen Europas<br />

gedacht wird und ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Für ihr herausragendes Engagement zeichnete die STIFTUNG<br />

PRO ASYL Gergishu Yohannes im Jahr 2012 mit dem Menschenrechtspreis, der PRO ASYL-Hand, aus.<br />

Aus<strong>zu</strong>g aus der Rede der Preisträgerin<br />

vom 8. September 2012<br />

■Mein Name ist Gergishu Yohannes. Ich bin vor genau<br />

30 Jahren als sogenannte unbegleitete Minderjährige<br />

mit Hilfe des UNHCR nach Deutschland gekommen. Ich<br />

habe sehr viel Glück gehabt, weil ich in Deutschland die<br />

Möglichkeit bekam, das Beste aus meinem Leben <strong>zu</strong> machen<br />

und vor allem aber in Frie<strong>den</strong> leben <strong>zu</strong> dürfen.<br />

Ich bin im Krieg geboren und meine Kindheit war geprägt<br />

von einem Land, in dem Krieg, Angst und Unsicherheit<br />

herrschten: Ich bin in Eritrea geboren. Ich habe je<strong>den</strong> Tag<br />

Menschen sterben sehen. Ich habe je<strong>den</strong> Tag Angst um mein<br />

Leben gehabt. Ebenso fürchtete ich um das Leben meiner<br />

Familie, meiner Freunde und Nachbarn, meiner Lehrer und<br />

Klassenkamera<strong>den</strong> – ich weiß, was es heißt, immer in Angst<br />

und versteckt leben <strong>zu</strong> müssen. Ich habe viele Familienangehörige<br />

im Krieg und auch durch die Folgen des Kriegs verloren,<br />

darunter auch meine Eltern. Ich weiß also auch, was<br />

es heißt, sich von geliebten Menschen <strong>zu</strong> trennen, ob durch<br />

Gergishu Yohannes mit Jürgen Micksch, dem Vorsitzen<strong>den</strong> des<br />

Stiftungsrates PRO ASYL (im Bild rechts) und ihrem Laudator<br />

Wolfgang Grenz, Generalsekretär von Amnesty International<br />

Deutschland.<br />

Foto: © PRO ASYL


Europäische Flüchtlingspolitik: Schutz statt Abwehr 29<br />

Tod oder dadurch, meine Familie und Freunde und meine<br />

Heimat verlassen <strong>zu</strong> haben, ohne ein bestimmtes Ziel vor<br />

Augen, einfach nur, um das eigene Leben <strong>zu</strong> retten.<br />

Aber wenn man hier willkommen geheißen wird, kann man<br />

auch das schlimmste Trauma seines Lebens besser verarbeiten.<br />

Der Unterschied zwischen dem damaligen und dem heutigen<br />

Europa ist, dass die Flüchtlinge, die damals um ihr Leben<br />

kämpften, hier Schutz fan<strong>den</strong>, während sich die EU heute<br />

systematisch <strong>gegen</strong> Flüchtlinge abschottet. Heute braucht<br />

man ein Visum, um die EU-Außengrenzen <strong>zu</strong> passieren –<br />

aber leider gibt es keine Visa für Flüchtlinge.<br />

Es wird in der Öffentlichkeit immer wieder betont, die Menschenwürde<br />

sei unantastbar.<br />

Es wird oft von Menschenrechten gesprochen. Aber auf die<br />

Frage, für wen genau wohl diese Menschrechte gelten, finde<br />

ich persönlich keine Antwort.<br />

Im August 2009 habe ich ein 20-jähriges Mitglied meiner<br />

Familie im Mittelmeer verloren. Mein Bruder kämpfte über<br />

20 Tage lang um sein Leben. Die fünf Überleben<strong>den</strong> erzählen,<br />

dass mehr als zehn Schiffe pro Tag an dem manövrierunfähigen<br />

Schlauchboot vorbei fuhren. Auf diesem Schlauchboot<br />

waren mehr als 80 Menschen, darunter viele schwangere<br />

Frauen, minderjährige Kinder, viele junge Männer und<br />

Frauen. Sie riefen um Hilfe, aber niemand reagierte darauf,<br />

niemand dachte darüber nach, dass auf diesem Schlauchboot<br />

Menschen sind, <strong>den</strong>en unbedingt geholfen wer<strong>den</strong><br />

muss. Es interessierte nieman<strong>den</strong>, dass auf diesem Boot<br />

Menschen sind, die das Recht <strong>zu</strong> leben haben und für die<br />

auch Menschenrechte gelten.<br />

Mich schmerzt auch, dass die aus dem Mittelmeer geretteten<br />

Menschen mit ihrem Trauma im Stich gelassen wer<strong>den</strong>.<br />

Sie müssen in Italien auf der Straße leben, ohne Essen, ohne<br />

Kleidung, einfach ohne alles – sie haben nicht einmal die<br />

Möglichkeit, ein Medikament <strong>gegen</strong> Kopfschmerzen <strong>zu</strong> bekommen.<br />

Ich habe die Familien und Freunde der Opfer besucht<br />

und mich mit <strong>den</strong> Geschichten der Opfer beschäftigt.<br />

Jedes Opfer hat eine einzigartige Geschichte. Alle Opfer<br />

waren großartige Menschen, die Träume hatten, ein besseres<br />

und friedliches Leben <strong>zu</strong> führen. Dies war ihnen leider<br />

nicht vergönnt.<br />

Es sind Menschen wie du und ich, Menschen, die Familien<br />

und Freunde haben, an die man jede Sekunde <strong>den</strong>kt und die<br />

man schrecklich vermisst. Diese Grausamkeit kann je<strong>den</strong><br />

von uns treffen – Grausamkeit kennt keine Nationalität und<br />

keine Hautfarbe. Wir sollten uns immer vor Augen halten,<br />

wie sehr diese Menschen gelitten haben, während so viele<br />

Schiffe an ihnen vorbei gefahren sind, ohne Hilfe <strong>zu</strong> leisten.<br />

Denn diese jungen Menschen mit ihren Idealen einer toleranten,<br />

weltoffenen Gesellschaft und ihrer positiven Lebenseinstellung<br />

nehmen nicht ohne Grund so eine große Gefahr<br />

auf sich. Es ist die Macht der Politik, die sie aus ihren Heimatländern<br />

vertreibt und es ist die Macht der Politik, die sie<br />

in europäischen Gewässern umbringt.<br />

Wie die meisten Angehörigen empfinde ich keine Rache -<br />

gefühle oder Ähnliches. Ich bin nur unendlich traurig und<br />

manchmal auch wütend auf die gesamte Politik und auf die<br />

Menschen, die solch eine menschenverachtende Politik betreiben.<br />

Die Politiker, egal aus welchem Kontinent, schüren<br />

Angst und Frem<strong>den</strong>feindlichkeit, nur um an die Macht <strong>zu</strong><br />

kommen und an der Macht <strong>zu</strong> bleiben.<br />

Es ist unmenschlich, jeman<strong>den</strong> jämmerlich sterben <strong>zu</strong> lassen,<br />

der nur in Frie<strong>den</strong> überleben wollte und niemandem Leid <strong>zu</strong>gefügt<br />

hat, an einem Ort wo, offenbar nur <strong>zu</strong>m Schein, die<br />

Menschenrechte gepredigt wer<strong>den</strong>.<br />

Sie starben einen langsamen, qualvollen Tod. Ich frage mich<br />

fast je<strong>den</strong> Tag und jede Stunde, wo jene Menschen ihr Gewissen<br />

gelassen haben, die einfach vorbei fuhren, ohne Hilfe<br />

<strong>zu</strong> leisten. Wie können sie weiterhin seelenruhig schlafen,<br />

obwohl sie die Menschen sterben gesehen haben? Solche<br />

Fragen quälen nicht nur mich, sondern alle Familienangehörigen<br />

und Freunde der Opfer.


30 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Die Asyldebatte in Deutschland:<br />

20 Jahre nach dem »Asylkompromiss«<br />

Unterrichtsmaterial: Flucht und Migration –<br />

Wenn der Weg mal nicht das Ziel ist<br />

Der anlässlich des Weltflüchtlingstags<br />

am 20. Juni 2013<br />

erschienene Essay kritisiert<br />

<strong>den</strong> Populismus in der Asyl -<br />

debatte. Staatliche Akteure<br />

und die demokratischen Parteien<br />

in Bund, Ländern sowie<br />

Kommunen sollten sich dringend<br />

darauf verständigen, auch<br />

in der politischen Diskussion<br />

die menschen- und flüchtlingsrechtlichen Verpflichtungen<br />

<strong>zu</strong> beachten und keinesfalls Flüchtlinge pauschal <strong>zu</strong> verdächtigen<br />

und <strong>zu</strong> diskriminieren. Hendrik Cremer blickt<br />

auf die Asyldebatte Anfang der 1990er Jahre <strong>zu</strong>rück und<br />

macht deutlich, welche schwerwiegen<strong>den</strong> Folgen solche<br />

Debatten haben. Das Papier geht auf das Spannungsverhältnis<br />

zwischen dem Interesse des Staates, Migration <strong>zu</strong><br />

steuern, und <strong>den</strong> Schutzinteressen der Flüchtlinge ein.<br />

Es wird verdeutlicht, dass sich dieses Spannungsverhältnis<br />

nicht mit populistischer Rhetorik auflösen lässt, sondern<br />

konstruktiv auf gefangen wer<strong>den</strong> muss.<br />

■ Deutsches Institut für Menschenrechte, Juni 2013<br />

www.institut-fuer-menschenrechte.de<br />

In jeder Klasse sitzen heute<br />

Kinder von Einwanderern. Viele<br />

Lehrer und Schüler stellen sich<br />

ihren Vorurteilen, <strong>den</strong> Fragen<br />

nach Herkunft und <strong>den</strong> Chancen<br />

von Vielfalt mit Kreativität<br />

und Begeisterung. Damit be -<br />

reitet Schule ganz nebenbei auf<br />

eine Gesellschaft vor, die lernen<br />

muss, Vielfalt <strong>zu</strong> schätzen.<br />

Das Unterrichtsmaterial »Flucht und Migration« ist als<br />

dreiteilige Reihe angelegt. Es unterstützt Lehrkräfte, die<br />

mit ihren Schülerinnen und Schülern auf dem Weg <strong>zu</strong> einer<br />

toleranten und offenen Klassen- und Schulgemeinschaft<br />

sind. Die Unterrichtsreihe ist nach <strong>den</strong> Lehrplänen für<br />

Geographie und Politik der Klassen 7 bis 10 konzipiert,<br />

eignet sich aber auch für <strong>den</strong> Deutsch- und Religionsunterricht.<br />

Im Zentrum des Materials stehen sechs authentische<br />

Lebensgeschichten.<br />

■ Don Bosco Mission, April 2013<br />

www.donboscomission.de<br />

Download http://www.donboscomission.de/schule/fuerlehrer/flucht-und-migration/<br />

»Angekommen« – Filmprojekt von und mit jugendlichen Flüchtlingen für <strong>den</strong> Unterricht<br />

Neun junge Flüchtlinge<br />

– fast alle als Minderjährige<br />

ohne Eltern<br />

und Geschwister nach<br />

Deutschland gekommen<br />

– inter viewen sich<br />

<strong>gegen</strong>seitig. Sie erzählen über ihre Traumata, ihren Mut,<br />

sich auf eine völlig fremde Kultur ein<strong>zu</strong>lassen und sich<br />

hier in Deutschland beruflich und menschlich <strong>zu</strong> inte -<br />

grieren. Mit diesem Filmprojekt möchten sie anderen<br />

Flüchtlingen sowie der Aufnahmegesellschaft Mut<br />

machen, aufeinander <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gehen. Durch die verschie<strong>den</strong>en<br />

Themen wie Hobbies, Beruf oder die Sicht auf das<br />

Leben, wird ein umfangreiches Bild von »ganz normalen<br />

Menschen« gezeichnet, die sich nicht auf ihre Eigenschaft<br />

als Flüchtling reduzieren lassen möchten.<br />

Sieben ältere Flüchtlinge, die schon länger in Deutschland<br />

leben, wer<strong>den</strong> <strong>zu</strong> <strong>den</strong>selben Themen befragt, um einen<br />

Vergleich <strong>zu</strong> wagen: Haben sich die Lebensbedingungen<br />

für Flüchtlinge verbessert oder verschlechtert.<br />

Hintergrundinformationen <strong>zu</strong>r Entstehung des Films<br />

sowie rund um das Thema Flucht und Asyl bietet ein<br />

Begleitheft.<br />

■ UNO-Flüchtlingshilfe<br />

www. uno-fluechtlingshilfe.de<br />

Download:http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/aktivwer<strong>den</strong>/lehrerschueler/unterrichtsangebot/angekommen.html


Europäische Flüchtlingspolitik: Schutz statt Abwehr 31<br />

CAN’T BE SILENT<br />

Akim rennt<br />

Der Film dokumentiert das engagierte<br />

Projekt des Musikers Heinz<br />

Ratz, der 80 Asylbewerberunterkünfte<br />

in Deutschland besucht und<br />

dort Musiker von Weltklasseformat<br />

gefun<strong>den</strong> hat: Sänger, Musiker,<br />

Rapper und doch Ausgeschlossene<br />

und Abgeschobene. Nuri<br />

(Dagestan), Jacques (Elfenbein-<br />

küste), Hosain (Afghanistan), Sam<br />

(Gambia) und Revelino (Elfenbeinküste) haben ihr Land<br />

verlassen auf der Suche nach einer neuen Heimat. Musik<br />

machen können sie nach deutschem Recht nur im nächst -<br />

liegen<strong>den</strong> Bezirk. Ihre Bewegungsfreiheit als Asylsuchende<br />

ist eingeschränkt. Aber sie erheben ihre Stimme. Regisseurin<br />

Julia Oelkers begleitet »Strom & Wasser feat. The Refugees«<br />

und dokumentiert die einfache wie machtvolle Geste, die<br />

eigene Stimme <strong>zu</strong> erheben, Not und Verzweiflung <strong>zu</strong> artikulieren<br />

und mit<strong>zu</strong>teilen.<br />

Das Institut für Kino und Filmkultur empfiehlt diesen<br />

Film für die Sekundarstufen I (ab Klasse 9) und II und die<br />

Erwachsenenbildung und stellt Material mit thematischen<br />

Anknüpfungspunkten für <strong>den</strong> Einsatz des Films im Unterricht<br />

<strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

Ein Bilderbuch, das<br />

einem <strong>den</strong> Atem nimmt:<br />

In »Akim rennt« schildert<br />

die belgische Autorin<br />

und Illustratorin Claude<br />

K. Dubois die Nöte eines<br />

Flüchtlingsjungen in<br />

einem nicht näher bezeichneten Land. Akims Geschichte ist<br />

eine sehr persönliche Geschichte. Aber sie gleicht jener von<br />

Tausen<strong>den</strong> anderer Kinder, Männer und Frauen, die auf der<br />

Flucht vor Gewalt sind. Sie alle haben ein Recht auf Schutz<br />

und Asyl. Dies skizzenhafte Bilderbuch erzählt mit wenig<br />

Text, dafür aber in umso eindrücklicheren Bildern eine<br />

Geschichte, die das Schicksal vieler Kinder dieser Welt zeigt.<br />

Das Buch wurde mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng von PRO ASYL und<br />

amnesty international veröffentlicht.<br />

■ Claude K. Dubois.<br />

ISBN: 978-3-89565-268-4. Moritz Verlag, 2013<br />

www.moritzverlag.de<br />

■ www.cant-be-silent.de<br />

www.film-kultur.de


32 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Gewalt <strong>gegen</strong> Flüchtlinge und Asylsuchende<br />

und ihre Unterkünfte – eine Chronologie.<br />

■<br />

»Nein <strong>zu</strong>m Heim« – mit diesem Slogan mobilisieren<br />

im Sommer des Jahres 2013 Rechtsextremisten <strong>gegen</strong><br />

eine Flüchtlingsunterkunft in Marzahn-Hellersdorf. Ihre<br />

Hetze fällt offenbar bei vielen Anwohner/innen auf fruchtbaren<br />

Bo<strong>den</strong>. Als die ersten Flüchtlinge in die Notunterkunft<br />

einziehen, sehen sie sich rassistischen Drohungen ausgesetzt.<br />

Einige Flüchtlinge verlassen die Unterkunft aus Angst<br />

vor rassistischen Übergriffen.<br />

Wie der folgende Aus<strong>zu</strong>g von Vorfällen im Zeitraum Mai<br />

2012 – Oktober 2013 zeigt, waren Flüchtlinge und Asyl -<br />

suchende aber auch vorher, nachher und an vielen anderen<br />

Orten von Stigmatisierungen, Protesten, rassistischer Stimmungsmache<br />

und gewalttätigen Angriffen – <strong>gegen</strong> ihre Unterkünfte<br />

oder die eigene Person – betroffen. Erinnerungen<br />

an das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen wer<strong>den</strong> wach, als<br />

im August 1992 ein rechtsextremer Mob unter dem Beifall<br />

Tausender Bürger/innen 5 Tage lang vor der Zentralen Aufnahmestelle<br />

für Flüchtlinge (ZAST) und einem Wohnheim<br />

wütete und die Häuser in Brand steckte.<br />

Zwar haben sich mittlerweile viele Politikerinnen und Politiker<br />

<strong>zu</strong>m Flüchtlingsschutz bekannt, doch das eigentliche<br />

Problem wird dabei oft weiterhin nicht thematisiert: Es heißt<br />

<strong>Rassismus</strong>.<br />

Güstrow (Mecklenburg-Vormpommern): Oktober 2013:<br />

■ Nach dem Angriff auf das Asylbewerberheim in Güstrow<br />

hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen und am<br />

Tatort bereits wichtige Details des Angriffs aufklären können.<br />

»Es steht jetzt fest, dass zwei Feuerwerkskörper in das<br />

Haus geworfen wur<strong>den</strong>.«, sagte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums<br />

Rostock. Im Blickfeld der Ermittler steht nach<br />

Informationen aus Ermittlerkreisen insbesondere die Neonazi-Szene<br />

in Güstrow.<br />

■ Die Welt, 15.10.2013; http://www.welt.de/print/ die_welt/<br />

hamburg/article120909901/Nor<strong>den</strong>-Kompakt.html<br />

Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt): August 2013:<br />

■ Auf das Flüchtlingscamp im sachsen-anhaltischen Bitterfeld<br />

hat es am <strong>Wochen</strong>ende eine rassistische Attacke gegeben.<br />

Nach Darstellung der dort protestieren<strong>den</strong> Asylbewerber<br />

hätten am Samstagmorgen sechs Männer die Camp-Teilnehmer<br />

rassistisch beleidigt sowie ihnen körperliche Gewalt<br />

und die Zerstörung des Camps angedroht. Nach Angaben<br />

der Flüchtlinge trug einer von ihnen ein SS-Tattoo, so dass er<br />

eindeutig dem Neonazi-Spektrum <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen gewesen sei.<br />

■ Neues Deutschland, 24.08.2013<br />

http://www.mut-<strong>gegen</strong>-rechte-gewalt.de/service/chronik<br />

Schmiedeberg (Sachsen): August 2013<br />

■ Ein Asylbewerber ist im erzgebirgischen Schmiedeberg<br />

von Unbekannten angegriffen und schwer verletzt wor<strong>den</strong>.<br />

(…) Demnach hat am Dienstagabend ein voll besetztes<br />

Auto in der Nähe des Mannes gehalten. Der Fahrer soll sich<br />

dem Opfer von hinten genähert und <strong>zu</strong>geschlagen haben.<br />

Dann stiegen weitere Männer aus und schlugen und traten<br />

gemeinschaftlich auf <strong>den</strong> aus Pakistan stammen<strong>den</strong> Asylbewerber<br />

ein. Die Polizei spricht von massiven Schlägen. Das<br />

Opfer fiel <strong>zu</strong> Bo<strong>den</strong> und verlor das Bewusstsein. (…) Ein<br />

rechtsextremistischer Hintergrund könne nicht ausgeschlossen<br />

wer<strong>den</strong>, hieß es.<br />

■ DNN Polizeiticker, 22.08.2013; http://www.dnn-online.de/<br />

web/dnn/specials/polizeiticker/detail/-/specific/Angriff-auf-Asylbewerber-im-Erzgebirge-Polizei-sucht-Zeugen-1370752852<br />

Arnstadt (Thüringen): Juli 2013<br />

■ Zwei Soldaten haben Feuerwerkskörper auf ein Asylbewerberheim<br />

geworfen und <strong>den</strong> Hitlergruß gezeigt. Dafür<br />

droht ihnen jetzt ein Disziplinarverfahren mit weitreichen<strong>den</strong><br />

Konsequenzen. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln<br />

wegen Volksverhet<strong>zu</strong>ng und Sachbeschädigung <strong>gegen</strong> die<br />

23 und 25 Jahre alten Soldaten.<br />

■ Focus, 23.07.2013; http://www.focus.de/politik/deutschland/<br />

auslaenderfeindlicher-angriff-nach-attacke-auf-asylbewerberheim-droht-soldaten-strafe_aid_1051716.html<br />

Berlin: Juli 2013<br />

■ Rund 1.000 Menschen sind am Dienstagabend <strong>zu</strong>r<br />

Grundschule am Rosenhain gekommen, um <strong>gegen</strong> ein Asylbewerberheim<br />

<strong>zu</strong> protestieren, das das Land in einer stillgelegten<br />

Nachbarschule einrichten will. (...). Die Drohung, das<br />

von Flüchtlingen noch nicht bezogene Gebäude in Hellersdorf<br />

ebenso an<strong>zu</strong>zün<strong>den</strong> wie damals das Heim in Rostock,<br />

steht konkret im Raum: Mehrere Personen tragen am Dienstagabend<br />

T-Shirts mit dem Aufdruck »22.-26. August 1992«<br />

– dem Datum der Ausschreitungen in der Ostseestadt. »Ihr<br />

werdet schon sehen, was ihr davon habt«, ruft ein T-Shirtträger<br />

immer wieder.<br />

■ taz, 10.07.2013<br />

http://www.taz.de/Protest-<strong>gegen</strong>-Asylbewerberheim/!119659/


Gewalt <strong>gegen</strong> Flüchtlinge und Asylsuchende und ihre Unterkünfte – eine Chronologie. 33<br />

Berlin: Juni 2013<br />

■ In ein Haus in Westend sollen 250 Flüchtlinge einziehen.<br />

(...) Anwohner sammeln bereits Unterschriften <strong>gegen</strong> die<br />

ungebetenen Neuankömmlinge. »Sollte ein Asylheim in unserer<br />

Nachbarschaft entstehen, kommt es <strong>zu</strong> drastischen<br />

Einschnitten im Immobilienwert, Schädigung der Geschäftslage<br />

für Unternehmer, Sicherheitsproblemen, dauerhaften<br />

Störung des sozialen Frie<strong>den</strong>s und dem Verlust der Lebensqualität.«<br />

Herbe Worte. Sie stammen aus einem anonymen<br />

Aufruf, der im Kiez kursierte.<br />

■ Berliner Zeitung, 07.06.2013; http://www.berliner-zeitung.de/<br />

bezirke/unterschriften-<strong>gegen</strong>-fluechtlingsheim-westend-wehrtsich-<strong>gegen</strong>-unerwuenschte-nachbarn,10809310,23142106.html<br />

Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern): April 2013<br />

■ Nach einem mutmaßlichen Angriff auf ausländische Be -<br />

wohner des Greifswalder Asylbewerberheimes hat die Polizei<br />

vier Tatverdächtige ermittelt. Bei <strong>den</strong> Verdächtigen handelt<br />

es sich um zwei 54-jährige, einen 31- und einen 27-jährigen<br />

Greifswalder. Ein politischer Hintergrund könne weiterhin<br />

nicht ausgeschlossen wer<strong>den</strong>, teilte die Polizei am Freitag mit.<br />

■ Abendblatt, 19.04.2013; http://www.abendblatt.de/hamburg/<br />

polizeimeldungen/article115437597/Angriff-vor-Asylbewerberheim-vier-Verdaechtige-ermittelt.html<br />

Berlin: Oktober 2012<br />

■ Ein Asylbewerberheim in der Nähe des Flughafens Schönefeld<br />

ist in der Nacht <strong>zu</strong> Dienstag angegriffen wor<strong>den</strong>,<br />

mutmaßlich von Rechtsextremisten. Die Täter warfen Steine<br />

und Farbbeutel auf das Haus in Waßmannsdorf. Dabei wur<strong>den</strong><br />

ein Fenster zerstört und zwei Glastüren beschädigt. Wie<br />

der Verein Opferperspektive in Potsdam mitteilte, kam eine<br />

in dem Zimmer schlafende Afghanin mit dem Schrecken<br />

davon. Die Fassade des Flüchtlingsheims beschmierten die<br />

Täter mit einem großen Hakenkreuz und dem Schrift<strong>zu</strong>g<br />

»Rostock ist überall – NW Berlin«.<br />

■ Berliner Zeitung, 10.10.2012; http://www.berliner-zeitung. de/<br />

berlin/rechtsextremismus-anschlag-auf-asylheim,10809148,<br />

20565266.html<br />

Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern): Oktober 2012<br />

■ Nach einer Attacke auf das Asylbewerberheim in Wolgast<br />

ermittelt der Staatsschutz. Am Freitagabend hatte ein explodierender<br />

Knallkörper einen Balkon und die Hausfassade beschädigt,<br />

wie eine Polizeisprecherin am Montag mitteilte.<br />

Personen wur<strong>den</strong> dabei nicht verletzt.<br />

■ meinestadt.de (Wolgast), 08.10.2012; http://aktuell.meinestadt.de/wolgast/2012/10/08/staatsschutz-ermittelt-nach-angriff-auf-asylbewerberheim/<br />

Vockerode (Sachsen-Anhalt): März 2013<br />

■ Nach einer Auseinanderset<strong>zu</strong>ng an der Asylbewerberunterkunft<br />

Vockerode ermittelt der Staatsschutz. Die Ermittlungen<br />

liefen unter anderem wegen Volksverhet<strong>zu</strong>ng, Sach -<br />

beschädigung, Hausfrie<strong>den</strong>sbruch und Körperverlet<strong>zu</strong>ng,<br />

wie die Polizei am Montag mitteilte. (…) Am Samstag<br />

hatten drei Männer im Alter von 17, 24 und 27 Jahren vor<br />

der Unterkunft unter anderem ausländerfeindliche Parolen<br />

skandiert.<br />

■ LVZ Online, Polizeiticker, 01.04.2013; http://www.lvz-online.de/<br />

leipzig/polizeiticker/polizeiticker-mitteldeutschland/ermittlungennach-auseinanderset<strong>zu</strong>ng-vor-asylbewerberheim-in-vockerode/rpolizeiticker-mittel<br />

deutschland-a-182123.html<br />

Fichtelberg (Bayern): Januar 2013<br />

■ Zehn Unbekannte haben am Samstag in einem Asyl be -<br />

werberwohnheim in Fichtelberg Parolen skandiert. Nach<br />

Anga ben der Polizei tauchten die teilweise mit Strickmützen<br />

vermummten Personen am Samstagnachmittag in dem Fichtelberger<br />

Wohnheim auf und begannen, Parolen <strong>zu</strong> rufen.<br />

Die Bewohner alarmierten über einen Nachbarn die Polizei.<br />

Die Kripo prüft nun, ob ein ausländerfeindlicher Hintergrund<br />

vorliegt.<br />

■ BR, 14.01.2013; http://www.br.de/nachrichten/oberfranken/<br />

fichtelberg-asylbewerberheim-parolen-100.html<br />

Berlin: Mai 2012<br />

■ Ein 22 Jahre alter Mann ist an der Straßenbahnhaltestelle<br />

am Asylübergangswohnheim in Potsdam angegriffen und<br />

verletzt wor<strong>den</strong>. Zunächst hatten am Dienstagabend laut<br />

Polizei zwei Männer im Alter von 25 und 27 Jahren das<br />

Wohnheim An der Alten Zauche betreten, obwohl sie dort<br />

Hausverbot haben. Sie gerieten mit dem Wachschutz in<br />

Streit und verließen das Heim. An der Haltestelle sollen sie<br />

dann <strong>den</strong> 22-jährigen Afghanen beleidigt haben. Dieser gab<br />

an, von sechs bis sieben Angreifern geschlagen, getreten<br />

und mit einer Flasche am Kopf verletzt wor<strong>den</strong> <strong>zu</strong> sein. (…)<br />

Nach dem Übergriff werde in alle Richtungen ermittelt und<br />

auch ein möglicher frem<strong>den</strong>feindlicher Hintergrund der Tat<br />

geprüft, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion.<br />

■ Berliner Morgenpost, 18.05.2012; http://www.morgenpost.<br />

de/printarchiv/bran<strong>den</strong>burg/article106331816/Mann-bei-<br />

Angriff-vor-Asylbewerberheim-in- Potsdam-verletzt.html


34 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Niemand wird als Rassist geboren<br />

Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler, Rechtsanwalt zweier Hinter bliebenen -<br />

familien im NSU-Prozess und Klara Marie Schröder, wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin, beklagen nicht nur das Versagen des Sicherheitsapparates<br />

im Zuge der NSU-Ermittlungen, sondern auch, dass der längst über -<br />

fällige Kampf <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> in Deutschland an <strong>den</strong> entschei<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Stellen immer noch nicht geführt wird. Ein Plädoyer an je<strong>den</strong> einzelnen,<br />

eigene Denk strukturen <strong>zu</strong> überprüfen, <strong>Rassismus</strong> beim Namen <strong>zu</strong><br />

nennen und <strong>zu</strong> handeln.<br />

■Der Kampf <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>Rassismus</strong> scheitert oft schon<br />

daran, dass er nicht geführt wird. Gründe für <strong>den</strong> ausgefallenen<br />

Kampf <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>Rassismus</strong> gibt es viele: Bequemlichkeit,<br />

Feigheit, manchmal auch klammheimliche<br />

Kumpanei. Die Hauptgründe sind aber andere: Ignoranz und<br />

Blindheit. Viele Menschen assoziieren <strong>Rassismus</strong> nur mit<br />

kahlgeschorenen Köpfen, Springerstiefeln und Bomberjakken.<br />

Wie viele Skinheads dieser Art gibt es schon? Hundert?<br />

Tausend? Fünftausend? Was sind schon Fünftausend <strong>gegen</strong><br />

83 Millionen? Die Wahrheit ist aber eine andere. Rassisten<br />

2.1. sehen anders aus und re<strong>den</strong> anders als früher. Früher<br />

konnte man vielleicht »Rassist« und »Nazi« synonym verwen<strong>den</strong>.<br />

Das hat sich geändert. Jeder Nazi ist ein Rassist,<br />

aber nicht jeder Rassist ein Nazi. Der moderne Rassist nennt<br />

die Simpsons als seine Lieblingsserie und hört am liebsten<br />

Rosenstolz. Er schwadroniert nicht mehr über die Überlegenheit<br />

der einen Rasse über die andere. Er spricht lieber<br />

über die Zurückgebliebenheit der einen Kultur und der daraus<br />

folgen<strong>den</strong> Überlegenheit der eigenen Kultur. Er sorgt<br />

sich um die kulturelle I<strong>den</strong>tität seiner Heimat und der »Zuwanderung<br />

in die Sozialkassen«. Er gibt sich tierlieb und fordert<br />

ein Verbot der Schächtung. Er gibt sich kinderlieb und<br />

fordert ein Verbot der Beschneidung. Er gibt sich frauenverstehend<br />

und fordert ein Verbot des Kopftuchs. Er fordert ein<br />

Verbot des Korans, schließlich steht ja auch »Mein Kampf«<br />

auf dem Index. Er kämpft für unsere Freiheit und will alles<br />

verbieten, was er nicht kennt oder nicht kennen will.<br />

Das macht <strong>den</strong> Kampf <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> unbequem. Wer will<br />

schon <strong>gegen</strong> Menschen argumentieren, die scheinbar Kinder<br />

lieben, scheinbar Frauen achten und Tiere schützen wollen?<br />

Wer will es wagen, solche Menschen Rassisten <strong>zu</strong> nennen?<br />

Nein, natürlich sind die meisten Menschen, Gott sei<br />

Dank, die sich um die Rechte von Kindern, Frauen und Tieren<br />

engagieren, keine Rassisten. Aber man sollte schon aufhorchen,<br />

wenn Menschen, <strong>den</strong>en im Alltag Kinder und Frauen<br />

vollkommen gleichgültig sind, plötzlich hyperengagiert<br />

wer<strong>den</strong>, wenn diese Themen beispielsweise im Kontext von<br />

Muslimen oder Ju<strong>den</strong> diskutiert wer<strong>den</strong>.<br />

Seit zwei Jahren vertrete ich Menschen, deren Väter, Brüder<br />

und Söhne von Verbrechern des »Nationalsozialistischen<br />

Untergrunds« ermordet wur<strong>den</strong>. Neun Männer und eine<br />

Frau mussten sterben, weil in <strong>den</strong> Herzen der Mörder der<br />

Hass loderte. Sie mussten aber auch sterben, weil die Sicherheitskräfte<br />

ihre Arbeit nicht machten, je<strong>den</strong>falls nicht so, wie<br />

sie es hätten machen müssen. Der Sicherheitsapparat hat<br />

versagt. In diesem Zusammenhang von »Pannen« <strong>zu</strong> sprechen,<br />

ist eine Verhöhnung der Opfer. »Panne« soll verniedlichen<br />

und soll technisieren. In diese Richtung zielt auch das<br />

Gerede von »Defiziten in der Sicherheitsarchitektur«. Über<br />

»Technik« <strong>zu</strong> sprechen fällt leicht, je<strong>den</strong>falls leichter, als<br />

über Haltung und Denken <strong>zu</strong> sprechen. Die Haltung in <strong>den</strong><br />

Köpfen vieler Kriminalbeamten war: ein erschossener Türke<br />

muss in <strong>den</strong> Drogenhandel verwickelt sein. Obgleich zahlreiche<br />

Zeugen an zahlreichen Tatorten von zwei kurz geschorenen,<br />

deutsch aussehen<strong>den</strong> Männern auf Fahrrädern<br />

berichteten, wurde keine Fahndung nach diesen Männern<br />

eingeleitet. Stattdessen kamen die Drogenhunde, stattdessen<br />

wur<strong>den</strong> die Telefone von Witwen und Halbwaisen abgehört.<br />

Türkische Opfer durften keine Opfer sein. Weder die<br />

Toten, noch die Hinterbliebenen. Es sind Menschen, die um<br />

ein Leben betrogen wur<strong>den</strong> und es sind Menschen, <strong>den</strong>en<br />

man die Würde genommen hat. Die Mörder nahmen <strong>den</strong><br />

Opfern die Würde, als sie ihnen in die Köpfe schossen und<br />

als sie die Sterben<strong>den</strong> fotografierten, um diese Bilder in das<br />

Paulchen-Panther-Bekennervideo ein<strong>zu</strong>bauen. Den Opfer -<br />

familien wurde die Würde genommen von einem Sicherheitsapparat,<br />

der <strong>den</strong> Trauern<strong>den</strong> nicht erlaubte <strong>zu</strong> trauern<br />

und sie <strong>zu</strong> Objekten von Denunziation und Verdächtigungen


Niemand wird als Rassist geboren 35<br />

machte. Und heute? Nach über 50 Verhandlungstagen in<br />

München und Dutzen<strong>den</strong> vernommenen Polizeibeamten<br />

bleibt das Gefühl, dass sich in <strong>den</strong> Köpfen nichts geändert<br />

hat und dass im Grunde genommen die Beamten von der<br />

Richtigkeit ihres Handelns damals überzeugt sind. In einer<br />

»Operativen Fallanalyse« des Landeskriminalamtes Ba<strong>den</strong>-<br />

Württemberg heißt es lapidar: »Vor dem Hintergrund, dass<br />

die Tötung von Menschen in unserem Kulturkreis mit einem<br />

hohen Tabu belegt ist, ist ab<strong>zu</strong>leiten, dass der Täter hinsichtlich<br />

seines Verhaltenssystems weit außerhalb des hiesigen<br />

Normen- und Wertesystems verortet ist«. Deutsche töten<br />

also wegen ihrer überlegenen Kultur nicht, das machen nur<br />

Ausländer. Das ist die Botschaft. Dieses Papier wurde nicht<br />

von einem, sondern von vielen hohen Beamten erstellt. Das<br />

Papier ging im Innenministerium durch alle <strong>zu</strong>ständigen<br />

Hände. Es wurde weitergeleitet an Dienststellen in anderen<br />

Bundesländern. Niemand, nicht ein einziger Leser sagte:<br />

Moment einmal, diese Aussage ist nicht nur grotesk falsch,<br />

sondern sie ist auch rassistisch. Richtig: rassistisch. Wenn<br />

dieses Denken nicht der pure Ausdruck von <strong>Rassismus</strong> ist,<br />

dann gibt es keinen <strong>Rassismus</strong>. Bis heute hat niemand diese<br />

Aussage richtig gestellt, kein Innenminister und kein Vorsitzender<br />

einer Polizeigewerkschaft.<br />

Es ist einfach, <strong>den</strong> Skinheadrassisten <strong>zu</strong> verurteilen. Es ist<br />

ungemein schwieriger, <strong>den</strong> manchmal gar nicht so subtilen<br />

<strong>Rassismus</strong> unserer Freunde, Kollegen und Verwandten als<br />

solchen <strong>zu</strong> benennen. Der Kampf <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

muss aber genau hier geführt wer<strong>den</strong>: da, wo er unseren<br />

Herzen so nah ist und das Aufbegehren deswegen schmerzen<br />

muss.<br />

Enver imşek, Abdurrahim Ö<strong>zu</strong>doğru, Süleman Taşköprü,<br />

Habil Kılıç, Yunus Turgut, Ismail Yaşar, Theodoros Boulgarides,<br />

Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter<br />

waren einmal unsere Mitmenschen. Sie wur<strong>den</strong> geliebt<br />

und haben geliebt. Sie hatten Hoffnungen und Träume. Sie<br />

wer<strong>den</strong> nicht wiederkommen. Ihr Tod muss uns Auftrag sein<br />

darüber nach<strong>zu</strong><strong>den</strong>ken, wie wir über Mitmenschen <strong>den</strong>ken<br />

und urteilen und wie wir unsere Kinder erziehen. Der<br />

Mensch ist nicht des Menschen Wolf. Der Mensch ist in<br />

seinem Kern gut. Niemand wird als Rassist geboren. Er<br />

wird <strong>zu</strong>m Rassisten gemacht, von Freun<strong>den</strong>, von Eltern, von<br />

Kollegen, von uns. Ein jeder muss sich prüfen und dann handeln.<br />

»Schattenbericht« der Türkischen Gemeinde in Deutschland<br />

<strong>zu</strong>m NSU-Untersuchungsausschuss / Verbot von Racial Profiling<br />

■Die Türkische Gemeinde in Deutschland legte im Zusammenhang<br />

mit der Veröffentlichung des Untersuchungsausschussberichtes<br />

des Deutschen Bundestags einen eigenen Bericht <strong>zu</strong>r Mordserie des<br />

National sozialistischen Untergrunds (NSU) sowie der Aufarbeitung der<br />

Mordserie auf Bundes- und Landesebene vor. Der rund 80 Seiten umfassende<br />

Text unter Federführung des Berliner Politikwissenschaftlers<br />

Hajo Funke soll <strong>den</strong> Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses<br />

des Bundestags ergänzen – richtet <strong>den</strong> Blick aber insbesondere<br />

auch auf die Wahrnehmung der Opferfamilien und spezifische rassis -<br />

tische Ten<strong>den</strong>zen in staatlichen Institutionen. So seien die staatlichen<br />

Institutionen <strong>den</strong> Mordopfern und deren Angehörigen mit Abwertung<br />

und Kriminalisierung begegnet, weil sie weit verbreitete rassistische<br />

Ansichten geteilt hätten, konstatiert der Bericht. Die aus dem Bericht<br />

geforderten Konsequenzen sollen einen Beitrag <strong>zu</strong>r gesellschaftlichen<br />

Debatte um Neo-<strong>Rassismus</strong> in Deutschland leisten.<br />

So wird neben einem grundsätzlichen Einsatzverzicht von V-Leuten und<br />

der Öffnung der Polizei für Menschen mit Migrationsgeschichte <strong>zu</strong>dem<br />

das Verbot des sogenannten »Racial Profiling« gefordert – der Personenkontrolle<br />

auf Grundlage von unveränderlichen Merkmalen wie der<br />

Hautfarbe. Dem hat sich auch das Deutsche Institut für Menschenrechte<br />

angeschlossen: Es forderte im Oktober 2013 die Verankerung der Abschaffung<br />

rassistischer Personenkontrollen durch die Bundespolizei im<br />

Koalitionsvertrag sowie die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses<br />

<strong>zu</strong>r Reform von Polizei und Justiz auf<strong>zu</strong>nehmen.<br />

■ Türkische Gemeinde in Deutschland<br />

www.tgd.de<br />

Bericht <strong>zu</strong>m NSU-Untersuchungsausschuss:<br />

www.tgd.de/2013/08/27/tgd-veroffentlicht-schatten<br />

bericht-<strong>zu</strong>m-nsu/<br />

■ Deutsches Institut für Menschenrechte<br />

www.institut-fuer-menschenrechte.de<br />

– Hintergrundpapier des Instituts <strong>zu</strong>r Veröffentlichung<br />

des Abschlussberichts des Untersuchungsaus -<br />

schusses des Bundestags <strong>zu</strong>r »Terrorgruppe<br />

national sozialistischer Untergrund«.<br />

– Hendrik Cremer (2013): »Racial Profiling« –<br />

Menschenrechtswidrige Personenkontrollen nach<br />

§ 22 Abs. 1 a Bundespolizeigesetz. Empfehlungen<br />

an <strong>den</strong> Gesetzgeber, Gerichte und Polizei<br />

http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuell/<br />

news/meldung/ archive/2013/october/article/<br />

pressemitteilung-institut-fordert-veranke rung-derabschaffung-rassistischer-personenkontrollen-durc.<br />

html?tx_ttnews[day]=29&cHash=cd33728db6fe72b41<br />

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36 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus<br />

und Gewalt – Projektbeispiele<br />

■Das Bündnis für Demokratie und Toleranz – <strong>gegen</strong><br />

Extremismus und Gewalt (BfDT) wurde im Mai 2000<br />

durch die Bundesministerien des Innern und der Justiz mit<br />

der Aufgabe gegründet, bundesweiter Ansprechpartner und<br />

Impulsgeber für diese unterschiedlichen Akteure <strong>zu</strong> sein.<br />

Das bundesweite Engagement für Demokratie und Toleranz,<br />

<strong>gegen</strong> Extremismus und Gewalt, soll gesammelt, koordiniert,<br />

vernetzt und gute »best-practice«-Beispiele sollen öffentlich<br />

gemacht wer<strong>den</strong>. Seitdem setzt sich das BfDT aktiv<br />

dafür ein, zivilgesellschaftliches Engagement <strong>zu</strong> stärken und<br />

<strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Zu <strong>den</strong> Themen Extremismus, Antisemitismus, Integration,<br />

Toleranz, Demokratie und Gewaltprävention fördern wir daher<br />

<strong>den</strong> Ideenaustausch und die Vernet<strong>zu</strong>ng von gelungenen<br />

Projekten, machen diese öffentlich und stehen <strong>den</strong> unterschiedlichen<br />

Akteuren auch in beratender Funktion <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

Zu unserer regelmäßigen Arbeit gehört auch der seit 2001<br />

jährlich stattfin<strong>den</strong>de sog. Aktiv-Wettbewerb, bei dem vorbildliche<br />

Projekte mit Preisgeldern zwischen 2000 und 5000<br />

Euro ausgezeichnet wer<strong>den</strong>. Personen und Initiativen, die im<br />

besonderen Maße für gesellschaftliches Engagement und Zivilcourage<br />

stehen, wer<strong>den</strong> außerdem jährlich in einem Festakt<br />

<strong>zu</strong>m Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als »Botschafter<br />

für Demokratie und Toleranz" ausgezeichnet.<br />

Rechtsextremismus und Frem<strong>den</strong>feindlichkeit sind nicht nur Randerscheinungen,<br />

sondern fin<strong>den</strong> <strong>zu</strong>m Teil auch in der Mitte der Gesellschaft statt.Daher ist es<br />

wichtig, dass auch das Engagement <strong>gegen</strong> Ausgren<strong>zu</strong>ng und <strong>Rassismus</strong><br />

als gesamtgesellschaftliche Anstrengung verstan<strong>den</strong> und durch Aktivitäten<br />

unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher Partner getragen wird.<br />

Leipzig zeigt Courage für Demokratie<br />

und Toleranz<br />

Ein sichtbares Zeichen <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus setzen –<br />

das ist das Ziel des Vereins Leipzig Courage e.V. Um dieses<br />

Ziel <strong>zu</strong> erreichen, setzt der 1988 gegründete Verein besonders<br />

auf die Vernet<strong>zu</strong>ng lokaler Akteure.<br />

Hauptschwerpunkt liegt dabei auf dem jährlich stattfin<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Konzert »Leipzig zeigt Courage <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> und<br />

Gewalt«, dessen Bekanntheit heute weit über die Stadtgrenzen<br />

hinaus geht.<br />

Seit 2009 wird das Konzert durch die »Straße der Demokratie«<br />

ergänzt. Hier haben Initiativen, Vereine und Organisationen<br />

Gelegenheit, sich der Öffentlichkeit <strong>zu</strong> präsentieren,<br />

<strong>zu</strong> vernetzen und aus<strong>zu</strong>tauschen. Im Jahr 2013 nahmen<br />

2000 Menschen an der Veranstaltung teil.<br />

■ www.leipzig-courage-zeigen.de/<br />

Foto: © Wolfgang Zeyen<br />

Im Folgen<strong>den</strong> möchten wir beispielhaft einige vorbildliche<br />

Initiativen und Projekte vorstellen, die sich <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

und Frem<strong>den</strong>feindlichkeit engagieren:<br />

Für ein friedliches Miteinander in Neukölln<br />

Aufbruch Neukölln e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz<br />

im Bezirk Berlin-Neukölln, der im sozialen, schulischen und<br />

erzieherischen Bereich tätig ist.<br />

In dem Stadtteil, welcher durch schwierige Lebenssituationen<br />

geprägt ist, spitzen sich familiäre Probleme häufig <strong>zu</strong>.<br />

Dem begegnet Aufbruch Neukölln e.V. durch verschie<strong>den</strong>e<br />

Projekte:


Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus und Gewalt – Projektbeispiele 37<br />

ContRa e.V. – Gegen <strong>Rassismus</strong> und<br />

Diskriminierung<br />

In <strong>den</strong> »Interkulturellen Vätergruppen Neukölln«, welche<br />

2007 ins Leben gerufen wur<strong>den</strong>, treffen sich heute zweimal<br />

wöchentlich Männer verschie<strong>den</strong>er Nationen <strong>zu</strong>m Austausch<br />

über Kindererziehung und alltägliche Probleme.<br />

Weitere Projekte wie die »Woche der Sprache und des<br />

Lesens in Neukölln« oder die Gruppe »Mütter im Gespräch«,<br />

tragen ebenfalls <strong>zu</strong> einem offenen Miteinander bei und<br />

setzen Sprache und Bildung in <strong>den</strong> Fokus für ein friedliches<br />

Miteinander.<br />

Der Gründer des Vereins, Kazim Erdogan, stellt die Sprache<br />

ganz bewusst in <strong>den</strong> Fokus: Durch seine eigenen Erfahrungen<br />

sieht er diese als zentrales Mittel, um Grenzen zwischen<br />

Menschen ab<strong>zu</strong>bauen. Außerdem wirbt er mit seinem Projekt<br />

»Kette der Kommunikation« für <strong>den</strong> Austausch der Kulturen<br />

und Abbau von Vorurteilen.<br />

»Wir haben keine Lust mehr darauf, dass Menschen weniger<br />

geschätzt wer<strong>den</strong>, nur weil sie eine andere Hautfarbe haben<br />

oder aus einem anderen Land kommen.« – sagen die Jugendlichen,<br />

die sich im Verein Contra e.V. <strong>zu</strong>sammenfin<strong>den</strong>.<br />

Seit 2006 machen sie sich mit zahlreichen Projekten wie<br />

Flugzetteln, Vorträgen, Konzerten, Filmvorführungen oder<br />

der Herausgabe von Anti-<strong>Rassismus</strong> CDs <strong>gegen</strong> Rechts -<br />

extremismus und <strong>Rassismus</strong> stark.<br />

Besonders wichtig ist ihnen dabei die Wahl ihrer Mittel, die<br />

<strong>zu</strong> Demokratie, Toleranz und einem friedlichen Miteinander<br />

beitragen sollen.<br />

■ www.contra-rassismus.de/<br />

■ www.aufbruch-neukoelln.de<br />

Ausstellung: Was glaubst du <strong>den</strong>n?!<br />

■Die Ausstellung zeigt Facetten des Alltags von<br />

Muslimas und Muslimen in Deutschland. Deren<br />

Religiosität ist dabei nur einer von vielen Aspekten, die im<br />

Leben junger Menschen wichtig sind. Vielmehr geht es um<br />

individuelle Lebensgestaltung und gesellschaftliches Zusammenleben<br />

Was bewegt muslimische Jugendliche? Wie <strong>den</strong>ken sie<br />

über ihre Zukunft? Was bedeutet ihnen ihre Herkunft? Wie<br />

blicken sie auf Deutschland? Wie gehen sie mit Zuschreibungen<br />

um, wie entsteht Heimat, was prägt I<strong>den</strong>titäten?<br />

Die Bundeszentrale für politische Bildung schickt die Ausstellung<br />

»Was glaubst du <strong>den</strong>n?!« auf Tour, die Schülerinnen<br />

und Schüler – aber auch Erwachsene – einlädt, sich<br />

mit solchen Fragen <strong>zu</strong> beschäftigen. Die aufwendige Schau<br />

verfolgt vor allem ein Ziel: Sie will da<strong>zu</strong> einla<strong>den</strong>, ins<br />

Gespräch <strong>zu</strong> kommen, und Reflexionen auslösen: über<br />

Zuschreibungsprozesse, über individuelle und kollektive<br />

I<strong>den</strong>titäten oder über die Frage, wer »wir« sind, wer »wir«<br />

sein wollen, wer da<strong>zu</strong> gehören soll und wie eine inklusive<br />

Gesellschaft aussehen könnte. Das sind Fragen, die sich<br />

nicht nur an Muslime richten, sondern an alle.<br />

Ein Tourenkalender ist auf der Website der Ausstellung einsehbar.<br />

■ Bundeszentrale für politische Bildung/bpb<br />

www.bpb.de | www.wasglaubstdu<strong>den</strong>n.de<br />

Foto: © Therese Aufschlager, Berlin


38 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Bürgerschaftliches Engagement<br />

für Flüchtlinge<br />

Eine Bühne für Menschenrechte<br />

Das Projekt »Welcome« von REFUGIO mobilisiert und ko -<br />

ordiniert bürgerschaftliches Engagement für Flüchtlinge in<br />

München. Es handelt sich dabei um Personen, die bei REFU-<br />

GIO in Beratung und Therapie auf Grund ihrer schwierigen<br />

Lebenssituation sind.<br />

Im MentorInnenprogramm wird Flüchtlingsfamilien der<br />

Start im neuen Lebensumfeld erleichtert:<br />

Beim Knüpfen sozialer Kontakte, Lernen der deutschen Sprache<br />

oder der ersten Orientierung in München – mit Orts -<br />

erfahrenen an der Hand fällt vieles leichter.<br />

Seit 2008 haben sich weit über zweihundert MentorInnen<br />

für »Welcome« engagiert. Ob durch einen eigenen Migrationshintergrund<br />

oder Auslandserfahrungen: Die meisten<br />

MentorInnen kennen das Gefühl »neu« an einem Ort <strong>zu</strong><br />

sein.<br />

■ Weitere Informationen unter:<br />

www.refugio-muenchen.de/include-html/welcome.htm<br />

Die »Bühne für Menschenrechte e.V.« erzählt anhand dokumentarischer<br />

Theaterstücke die Geschichten von Asyl -<br />

suchen<strong>den</strong> und Flüchtlingen. Die erste Produktion des Vereins,<br />

»Die Asyl-Monologe«, handelt von Menschen, die<br />

Grenzen überwun<strong>den</strong>, Verbündete gefun<strong>den</strong> und niemals<br />

ein »Nein« als Antwort akzeptiert haben. Die Theaterproduktion<br />

will Verständnis für die Situation von Asylsuchen<strong>den</strong><br />

erzeugen, indem unter anderem Fluchtursachen geschildert<br />

wer<strong>den</strong>. Außerdem soll auf diese Weise Rechtsextremismus<br />

und rassistischen Ten<strong>den</strong>zen ent<strong>gegen</strong>gewirkt wer<strong>den</strong>. Das<br />

Stück wurde bereits in zahlreichen Städten aufgeführt. Die<br />

Veranstaltungen wer<strong>den</strong> von in der Flüchtlingsarbeit engagierten<br />

Menschen, z.B. kirchlichen oder stu<strong>den</strong>tischen Initiativen,<br />

Gemeinderäten oder entwicklungspolitischen Ein -<br />

richtungen, organisiert. Im Anschluss an die Aufführungen<br />

fin<strong>den</strong> Gespräche statt, um bei <strong>den</strong> Zuschauern das entstan<strong>den</strong>e<br />

Interesse <strong>zu</strong> nutzen und sie <strong>zu</strong> einem aktiven Engagement<br />

<strong>zu</strong> motivieren. Der Aufbau eines Netzwerks durch<br />

»Bühne für Menschenrechte e.V.« soll die Arbeit von Flüchtlingsinitiativen<br />

in Deutschland stärken und zivilgesellschaftliches<br />

Engagement fördern.<br />

■ www.buehne-fuer-menschenrechte.de/


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> 39<br />

Muslime la<strong>den</strong> ein<br />

■Der Bertelsmann-Religionsmonitor hat ergeben,<br />

dass 51% der Deutschen im Islam eine Bedrohung<br />

sehen. Dies verdeutlicht, wie verbreitet antimuslimische<br />

Stereotype und Vorurteile bis in die Mitte der Gesellschaft<br />

sind. Insbesondere gilt dies für Regionen, in <strong>den</strong>en es keine<br />

persönlichen Kontakte gibt. Solche Vorurteile erschweren<br />

ein respektvolles Miteinander und verstärken Diskriminierung<br />

und Ausgren<strong>zu</strong>ng.<br />

Mit dem Projekt »Muslime la<strong>den</strong> ein« – das im Rahmen<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> erstmals<br />

stattfindet – möchte der Interkulturelle Rat da<strong>zu</strong><br />

beitragen, ablehnende Einstellungen durch vermehrte persönliche<br />

Begegnungen ab<strong>zu</strong>bauen.<br />

Muslimische Gemein<strong>den</strong> oder Einrichtungen wer<strong>den</strong> Menschen<br />

aus ihrer Nachbarschaft, Religionsgemeinschaften,<br />

Kindergärten, Schulen oder andere lokale Institutionen aus<br />

ihren Kommunen einla<strong>den</strong>. Die Veranstaltungen können<br />

Raum bieten für ein besseres Kennenlernen und einen <strong>gegen</strong>seitigen<br />

Informations- und Erfahrungsaustausch. Ziel<br />

ist die Vermittlung von Wissen und <strong>gegen</strong>seitigem Verständnis<br />

<strong>zu</strong>m Abbau von Vorurteilen und Ängsten. Befürwortet<br />

wird das Projekt von <strong>den</strong> relevanten muslimischen<br />

Verbän<strong>den</strong> und Einrichtungen.<br />

Mögliche Veranstaltungsformen sind z.B.:<br />

• Vorträge und Diskussionen,<br />

• Informationsveranstaltungen, Ausstellungen<br />

oder Führungen,<br />

• Lesungen und Workshops,<br />

• Begegnungen mit Frauen oder<br />

• Veranstaltungen mit Abrahamischen Teams.<br />

Wir empfehlen kommunalen Einrichtungen,<br />

auch selbst auf muslimische<br />

Gemein<strong>den</strong> <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gehen und gemeinsame<br />

Veranstaltungen an<strong>zu</strong>regen.<br />

Ein besonderer Tag ist Freitag, der<br />

21. März <strong>2014</strong> – der Internationale<br />

Tag <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>. An diesem Tag<br />

wird empfohlen, die Öffentlichkeit<br />

<strong>zu</strong> <strong>den</strong> Freitagsgebeten in Moscheen<br />

ein<strong>zu</strong>la<strong>den</strong>. Im Anschluss an die Gebete<br />

können Persönlichkeiten des<br />

öffentlichen Lebens wie Bürgermeister <strong>zu</strong> Themen dieses<br />

Tages sprechen. Je nach <strong>den</strong> ört lichen Möglichkeiten können<br />

sich daran Gespräche anschließen.<br />

Weitere Informationen sind <strong>zu</strong> erhalten bei:<br />

Interkultureller Rat in Deutschland<br />

Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt<br />

www.interkultureller-rat.de<br />

www.internationale-wochen-<strong>gegen</strong>-rassismus.de<br />

info@interkultureller-rat.de<br />

Ansprechpartnerin ist:<br />

Yasmin Khurshid<br />

Tel.: 06151-339971<br />

yk@interkultureller-rat.de<br />

Gefördert durch:<br />

Sofern im Rahmen dieser Veranstaltungen Kosten für Re -<br />

ferent/innen oder Sachmittel anfallen, kann beim Interkulturellen<br />

Rat bis <strong>zu</strong>m 15.02.<strong>2014</strong> ein Antrag auf finanzielle<br />

Förderung gestellt wer<strong>den</strong>. Gerne vermitteln wir auch<br />

kompetente Referent/innen für die Veranstaltungen und<br />

beraten <strong>zu</strong>r organisatorischen Durchführung.


40 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Politisch motivierte Kriminalität – rechts<br />

2012: Deutlicher Anstieg rechtsextremistischer Kriminalität und Gewalttaten<br />

■Im Phänomenbereich »Straftaten mit rechtsextremis tischem<br />

Hintergrund« aus dem Bereich »Politisch motivierte Kriminalität<br />

– rechts« wur<strong>den</strong> im Jahr 2012 17.134 Straftaten mit rechts -<br />

extremistischem Hintergrund (2011: 16.142), darunter 802 Gewalttaten,<br />

erfasst. Damit stieg die Zahl der rechtsextremistisch motivierten<br />

Straftaten um 6,1 % und die der Gewalttaten um 6,2 %.<br />

Straftaten mit extremistischem Hintergrund aus dem<br />

Bereich »Politisch motivierte Kriminalität – rechts«*<br />

Gewalttaten: 2011 2012<br />

________________________________________________________________<br />

Tötungsdelikte ..................................... 0 ................ 0<br />

Versuchte Tötungsdelikte ......................... 5 ................ 6<br />

Körperverlet<strong>zu</strong>ngen ............................ 640 ............. 690<br />

Brandstiftungen .................................. 20 ............... 21<br />

Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion ........ 0 ................ 1<br />

Landfrie<strong>den</strong>sbruch ............................... 27 ............... 10<br />

Gefährliche Eingriffe in <strong>den</strong> Bahn-, Luft-,<br />

Schiffs- und Straßenverkehr ...................... 6 ................ 6<br />

Freiheitsberaubung ................................ 2 ................ 0<br />

Raub .............................................. 12 ................ 9<br />

Erpressung ......................................... 4 ................ 8<br />

Widerstandsdelikte .............................. 39 ............... 51<br />

Sexualdelikte ...................................... 0 ................ 0<br />

________________________________________________________________<br />

Gesamt 755 802<br />

________________________________________________________________<br />

Sonstige Straftaten:<br />

________________________________________________________________<br />

Sachbeschädigung ........................... 1.377 ............ 1.151<br />

Nötigung/Bedrohung ........................... 128 .............. 153<br />

Propagandadelikte .......................... 11.401 .......... 12.219<br />

Störung der Totenruhe ........................... 17 ................ 11<br />

Andere Straftaten, insbesondere<br />

Volksverhet<strong>zu</strong>ng .............................. 2.464 ............ 2.798<br />

________________________________________________________________<br />

Gesamt 15.387 16.332<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Gewalttaten mit extremistischem Hintergrund<br />

aus dem Bereich »Politisch motivierte Kriminalität – rechts«*<br />

Zielrichtungen<br />

Gesamt<br />

Frem<strong>den</strong>feindliche Gewalt<br />

Gewalttaten <strong>gegen</strong> Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten<br />

Gewalttaten <strong>gegen</strong> sonstige politische Gegner<br />

Antisemitische Gewalttaten<br />

755<br />

350<br />

217<br />

61 22<br />

Mit 393 Delikten wiesen rund 49 % (2011: 46,4 %) der<br />

rechtsextremis tisch motivierten Gewalttaten einen »frem<strong>den</strong>feindlichen«<br />

Hintergrund auf. Damit stieg die Zahl <strong>gegen</strong>über<br />

dem Vorjahr (2011: 350) um 12,3 %.<br />

■ Verfassungsschutzbericht 2012<br />

802<br />

393<br />

189<br />

66 36<br />

01.01.-31.12.2011 01.01.- 31.12.2012<br />

* Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. Es sind nur die wichtigsten Zielrichtungen brücksichtigt.<br />

Straftaten insgesamt 16.142 17.134<br />

* Die Zahlen basieren auf Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA).<br />

Die Übersicht enthält – mit Ausnahme der Tötungsdelikte – vollendete und<br />

versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt.<br />

Sind z.B. während eines Landfrie<strong>den</strong>sbruchs <strong>zu</strong>gleich Körperverlet<strong>zu</strong>ngen<br />

begangen wor<strong>den</strong>, so erscheint nur die Körperverlet<strong>zu</strong>ng als das Delikt<br />

mit der höheren Strafandrohung in der Statistik. Wur<strong>den</strong> mehrere Straftaten<br />

verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt.


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> 41<br />

Erfahrungen der jüdischen Bevölkerung mit Diskriminierung und Hasskriminalität<br />

in <strong>den</strong> Mitgliedstaaten der Europäischen Union<br />

■Am 8. November 2013, einen Tag vor dem Jahrestag<br />

der Ju<strong>den</strong> pogrome vor 75 Jahren, präsentierte die<br />

Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) die<br />

Ergebnisse ihrer Erhebung <strong>zu</strong> Erfahrungen und Wahrnehmung<br />

jüdischer Bürger und Bürgerinnen in Be<strong>zu</strong>g auf<br />

Hassverbrechen, Diskriminierung und Anti semitismus in<br />

der EU.<br />

Die Ergebnisse der Online-Umfrage zeigen: Beleidigungen,<br />

Diskriminierung, Belästigungen und sogar körperlicher Gewalt<br />

bleiben für Ju<strong>den</strong> in der Europäischen Union (EU) Bestandteil<br />

ihres Alltags. Antisemitismus ist noch immer weit<br />

verbreitet, trotz anhaltender Bemühungen der EU-Mitgliedstaaten<br />

diesen <strong>zu</strong> bekämpfen.<br />

Der Bericht basiert auf <strong>den</strong> Antworten von 5.847 jüdischen<br />

Befragten in acht Ländern, in <strong>den</strong>en nach Schät<strong>zu</strong>ngen<br />

rund 90 % der jüdischen Bevölkerung der EU leben.<br />

Drei Viertel der Befragten sind der Auffassung, dass sich<br />

der Antisemitismus in <strong>den</strong> letzten fünf Jahren verschlimmert<br />

hat, insbesondere hinsichtlich antisemitischer Kommentare<br />

und Hassre<strong>den</strong> im Internet.<br />

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:<br />

Keine Anzeige: 76 % der Opfer antisemitisch<br />

motivierter Be lästigungen meldeten die schwer -<br />

wiegendsten Vorfälle weder der Polizei noch<br />

einer anderen Organisation.<br />

Keine Aufzeichnung: begrenzte Datenerhebungs -<br />

mechanismen in vielen EU-Mitgliedstaaten bedeuten,<br />

dass antisemitische Übergriffe nicht ausreichend<br />

aufgezeichnet wer<strong>den</strong>.<br />

Antisemitismus steht für die Befragten an vierter<br />

Stelle der bedrückendsten sozialen oder politischen<br />

Probleme in <strong>den</strong> Ländern der Erhebung<br />

Drei Viertel der Befragten halten Antisemitismus im<br />

Internet für ein Problem<br />

Die Ergebnisse weisen – <strong>zu</strong>sammen mit <strong>den</strong> Untersuchungen<br />

der FRA über die Situation anderer be nachteiligter<br />

Gruppen, wie LGBT – darauf hin, dass die EU immer noch<br />

mit ernst<strong>zu</strong>nehmen<strong>den</strong> Herausforderungen in Form von<br />

fortdauerndem <strong>Rassismus</strong>, Diskriminierung und Antisemitismus<br />

<strong>zu</strong> kämpfen hat. Dies wird auch im Hinblick auf die<br />

an stehen<strong>den</strong> Europa-Wahlen im Mai <strong>2014</strong> ein wichtiges<br />

Thema sein.<br />

66 % der Befragten halten Antisemitismus für ein<br />

großes Problem in ihrem Land und 76 % gaben an,<br />

die Situation habe sich in <strong>den</strong> letzten fünf Jahren<br />

deutlich verschlechtert.<br />

21% der Befragten haben in <strong>den</strong> zwölf Monaten vor<br />

der Erhebung antisemitische Vorfälle wie Beschimpfung,<br />

Belästigung oder körperliche Angriffe erlebt.<br />

2 % der Befragten wur<strong>den</strong> in dem Jahr vor der Um -<br />

frage Opfer antisemitisch motivierter körperlicher<br />

Angriffe.<br />

■ Agentur der Europäischen Union<br />

für Grundrechte (FRA)<br />

http://fra.europa.eu<br />

Der ausführliche Bericht ist auf der Website der FRA<br />

downloadbar:<br />

http://fra.europa.eu/de/publication/2013/erfahrungender-judischen-bevolkerung-mit-diskriminierung-undhasskriminalitat-<strong>den</strong>


42 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Daten und Fakten <strong>zu</strong> Asyl<br />

und Migration<br />

Deutschland ist ein Einwanderungsland und Asyl ein Menschenrecht. Trotzdem<br />

sehen sich Flüchtlinge und Migrant/innen einer Vielzahl von restriktiven<br />

Maßnahmen und Gesetzen ausgesetzt, die sie von humanitärem Schutz<br />

und gleichberechtigter gesellschaftliche Teilhabe ausgrenzen. Auf Grund von<br />

Bürgerkriegen und katastrophalen Lebensbedingungen in ihren Herkunfts -<br />

ländern waren auch im Jahr 2012 Millionen Menschen auf der Flucht –<br />

so viele wie seit 1994 nicht mehr. Dies schlug sich auch in steigen<strong>den</strong> Asyl -<br />

anträgen nieder – doch nur die wenigsten Menschen wer<strong>den</strong> als Asylberechtigte<br />

anerkannt. Gleichzeitig steigen die Einbürgerungs zahlen nur zögerlich.<br />

Im folgen<strong>den</strong> dokumentieren wir einige der relevanten Daten und Fakten <strong>zu</strong><br />

Asyl und Migration in der Bundesrepublik Deutschland.<br />

I. Flucht und Vertreibung weltweit<br />

Nach internationalem Recht ist ein Flüchtling eine Person,<br />

die ihr Heimatland verlassen hat, weil sie eine wohlbegründete<br />

Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft,<br />

Religion, Nationalität politischen Meinung oder Zugehörigkeit<br />

<strong>zu</strong> einer bestimmten sozialen Gruppe hat.<br />

Laut Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten<br />

Nationen (UNHCR) hat die Zahl der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen<br />

weltweit im Jahr 2012 <strong>den</strong> höchsten Stand<br />

seit 1994 erreicht. Ende 2012 waren demnach insgesamt<br />

über 45,2 Millionen Menschen auf der Flucht (2011: 42,5<br />

Mio.), davon 15,4 Millionen Flüchtlinge, 937.000 Asylsuchende<br />

und 28,8 Millionen Binnenvertriebene. Hiervon sind<br />

7,6 Millionen Menschen neu betroffen: 1,1 Millionen als<br />

Flüchtlinge und 6,5 Millionen als Binnenvertriebene. Dies<br />

bedeutet, dass im Jahr 2012 alle 4,1 Sekun<strong>den</strong> ein weiterer<br />

Mensch <strong>zu</strong>m Flüchtling oder Binnenvertriebenen wurde.<br />

Nach Einschät<strong>zu</strong>ng des UN-Flüchtlingskommissars António<br />

Guterres sind dies nicht nur alarmierende Zahlen, die in einem<br />

gewaltigen Ausmaß individuelles Leid widerspiegeln,<br />

sondern die auch zeigen, welche Schwierigkeiten die internationale<br />

Staatengemeinschaft hat, Konflikte <strong>zu</strong> verhindern<br />

und rechtzeitig Lösungen für diese an<strong>zu</strong>streben.<br />

Denn die Hauptursache für die weltweite Flucht und Vertreibung<br />

bleibt der Krieg: Die fünf Hauptherkunftsländer sind<br />

Afghanistan, Somalia, Irak, Syrien und der Sudan. Eine große<br />

Diskrepanz besteht im Verhältnis zwischen <strong>den</strong> ärmeren<br />

und reicheren Aufnahmeländern. Insgesamt leben 81 Prozent<br />

der Flüchtlinge weltweit in Entwicklungsländern, vor<br />

10 Jahren waren dies noch 70 Prozent. Auch, wenn sich unter<br />

<strong>den</strong> 10 Hauptaufnahmeländern nach absoluten Zahlen<br />

Deutschland (589.000 aufgenommene Flüchtlinge), die Türkei<br />

und China fin<strong>den</strong> – die Nachbarstaaten der Herkunftsländer<br />

wie Pakistan (1,6 Mio aufgenommene Flüchtlinge),<br />

Iran (868.000), Kenia (564.900), Äthiopien (373.700), der<br />

Tschad (373.700) oder Jordanien (302.700) haben <strong>zu</strong>m Teil<br />

erhebliche größere Lasten <strong>zu</strong> tragen. Insbesondere, wenn<br />

man die Zahl der Flüchtlinge ins Verhältnis <strong>zu</strong>r wirtschaftlichen<br />

Leistungsfähigkeit eines Landes oder seiner Einwohnerzahl<br />

setzt. Dann findet sich unter <strong>den</strong> 10 Hauptaufnahmeländern<br />

kein einziges Land der westlichen Industriestaaten<br />

mehr.<br />

Im März 2013 hat sich Deutschland im Rahmen eines Humanitären<br />

Aufnahmeprogramms bereit erklärt, bis <strong>zu</strong> 5.000<br />

schutzbedürftige syrische Staatsangehörige für die Zeit des<br />

Konflikts in ihrem Heimatland vorübergehend im Bundesgebiet<br />

auf<strong>zu</strong>nehmen. 5.000 – dies entspricht der Zahl von<br />

Syrern, die täglich ihre Heimat verlassen und auf humanitäre<br />

Hilfe hoffen. 5.000 - von zwei Millionen Menschen, die<br />

vor dem Bürgerkrieg ins Ausland geflohen sind und über<br />

4 Millionen die innerhalb des Landes Zuflucht suchen.<br />

(Stand September 2013).<br />

(Quelle für die Weltflüchtlingszahlen 2012 sowie das verwendete<br />

Foto: UNHCR Global Trends 2012: Displacement, The New<br />

21st Century Challenge).


Daten und Fakten <strong>zu</strong> Asyl und Migration 43<br />

450.000<br />

400.000<br />

350.000<br />

300.000<br />

250.000<br />

200.000<br />

150.000<br />

100.000<br />

50.000<br />

0<br />

II. Asyl in Deutschland<br />

2012: Steigende Asylzahlen – sinkende<br />

Anerkennungsquoten<br />

Die Statistik des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) für<br />

das Jahr 2012 benennt die größten Flüchtlingsgruppen auf<br />

der Welt. Ihre Herkunftsländer kennzeichnen sich durch lang<br />

andauernde gewalttätige Konflikte, Krieg und Terror. Doch<br />

80 Prozent der Flüchtlinge bleiben, teils jahrelang, in Nachbarstaaten,<br />

die selbst oft arm sind. Seit Anfang 2012 haben<br />

allein die Nachbarländer Syriens über einer Million Flüchtlingen<br />

die Tore geöffnet. In Deutschland haben dem <strong>gegen</strong>über<br />

2012 knapp über 6.000 syrische Flüchtlinge Asyl gesucht.<br />

Viele Flüchtlinge scheitern schon bei dem Versucht, in die<br />

abgeschottete Asylfestung Europa <strong>zu</strong> gelangen. Vor <strong>den</strong><br />

Küsten Italiens, Maltas und Griechenlands sind von 1993 bis<br />

2012 mehr als 17.000 Menschen umgekommen.<br />

Die Zahl der Asylanträge in Deutschland hat sich im Jahr<br />

2012 erhöht. Insgesamt wur<strong>den</strong> 64.539 Erstanträge gestellt.<br />

Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung um<br />

über 40 Prozent. Auch, wenn dies auf <strong>den</strong> ersten Blick sehr<br />

hoch erscheint: Setzt man die Zahl in Relation <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Asylbewerberzahlen<br />

vergangener Jahre, relativiert sich dieser<br />

Eindruck: Seit Anfang der neunziger Jahre – mit einem<br />

Höchststand von über 400.000 Erstanträgen – ist die Zahl<br />

stetig gesunken, bis auf einen Tiefstwert von knapp über<br />

19.000 Asylanträgen im Jahr 2007. Danach begannen die<br />

Antragszahlen zwar wieder <strong>zu</strong> steigen, erreichten jedoch nie<br />

auch nur ansatzweise die Höchstzahlen von Anfang der<br />

1990er Jahre.<br />

Betrachtet man, wie viele Schutzsuchende alleine die Nachbarstaaten<br />

Syriens aufgenommen haben, war Deutschland<br />

von <strong>den</strong> laut UNHCR weltweit höchsten Flüchtlingszahlen<br />

seit 1994 auch im Jahr 2012 immer noch unterdurchschnittlich<br />

betroffen.<br />

Asylerstanträge 1992 - 2012<br />

1992<br />

1994<br />

1996<br />

1998<br />

2000<br />

2001<br />

2004<br />

2006<br />

2008<br />

2010<br />

2012<br />

Insgesamt 61.826 Entscheidungen über Asylanträge hat das<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2012 getroffen.<br />

Dabei wur<strong>den</strong> nur 740 Personen (1,2 Prozent) als<br />

Asylberechtigte nach dem Grundgesetz anerkannt. 8.024<br />

Personen (13 Prozent) wurde Flüchtlingsschutz gemäß § 60<br />

Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes gewährt. Bei weiteren 8.376<br />

Personen (13,5 Prozent) wur<strong>den</strong> Abschiebungsverbote festgestellt,<br />

weil ihnen im Herkunftsland die Todesstrafe, Folter<br />

oder Gefahr für Leib und Leben drohen. Insgesamt erhielten<br />

fast 28 Prozent aller Asylsuchen<strong>den</strong> in der ersten Instanz einen<br />

Schutzstatus. Der im Vergleich <strong>zu</strong>m Vorjahr höhere Wert<br />

ist vor allem der Syrien-Quote geschuldet.<br />

Zu beachten ist bei <strong>den</strong> Zahlen <strong>zu</strong>dem, dass auf Betreiben<br />

des Bundesinnenministeriums das Bundesamt ab Herbst<br />

2012 für Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien pauschale<br />

Ablehnungs-Schnellverfahren durchgeführt hat. Schnellverfahren<br />

sind als äußerst problematisch <strong>zu</strong> betrachten,<br />

<strong>den</strong>n jeder Einzelfall sollte sorgfältig, unvoreingenommen<br />

und völkerrechtskonform geprüft wer<strong>den</strong>.<br />

Darüber hinaus hat sich die Bundesrepublik aufgrund der<br />

Zuständigkeitsregelungen der sogenannten Dublin-II-Verordnung<br />

auch im Jahr 2012 vielfach der Prüfung von Asylgesuchen<br />

entzogen. Nach dieser Verordnung ist nicht der<br />

EU-Staat für die Prüfung eines Asylgesuches <strong>zu</strong>ständig, in<br />

dem es gestellt wurde, sondern jener Mitgliedstaat, der die<br />

Einreise des Flüchtlings z.B. durch die Erteilung eines Visums<br />

verursacht hat bzw. über <strong>den</strong> ein Asylsuchender faktisch in<br />

die EU eingereist ist. Im Jahr 2012 gab es 11.469 (18 Prozent)<br />

Übernahmeersuchen Deutschlands an die Dublin-II-<br />

Mitgliedstaaten. Obwohl die Bundesrepublik aufgrund der<br />

weiterhin katastrophalen Situation für Flüchtlinge in Griechenland<br />

nicht dorthin abschiebt und die betreffen<strong>den</strong> Asylverfahren<br />

selbst durchführt, ist der Anteil der Dublinfälle nur<br />

leicht gesunken (2011: 20 Prozent) und in absoluten Zahlen<br />

sogar um 2.400 gestiegen.<br />

Hauptherkunftsländer<br />

Veränderungen in der Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Herkunftsländer<br />

lassen auf die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse und Veränderungen in <strong>den</strong> einzelnen<br />

Ländern schließen.<br />

Die meisten Asylgesuche in Deutschland stellten im Jahr<br />

2012 Menschen aus Serbien (8.477 Anträge) – dies ist <strong>den</strong><br />

weiterhin äußerst schwierigen Lebensbedingungen in Serbien<br />

geschuldet. Insbesondere Roma haben unter Armut<br />

und Ausgren<strong>zu</strong>ng, rassistischen Übergriffen und Verfolgung<br />

<strong>zu</strong> lei<strong>den</strong>. Es folgen Afghanistan (7.498 Anträge), Syrien<br />

(6.201 Anträge) und der Irak (5.352 Anträge) also Länder<br />

mit prekärer Sicherheitslage, in <strong>den</strong>en Menschenrechts -<br />

verlet<strong>zu</strong>ngen und Kriegssituationen das tägliche Leben bestimmen.


44 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Abschiebungen<br />

Im Jahr 2012 wur<strong>den</strong> 7.651 Personen aus Deutschland abgeschoben<br />

(2011: 7.917). Ein Großteil dieser Abschiebungen<br />

wer<strong>den</strong> nicht in Folge abgelehnter Asylverfahren durchgeführt,<br />

sondern betreffen Menschen, deren Aufenthaltsgenehmigung<br />

abgelaufen ist oder entzogen wurde oder die<br />

aufgrund von Straftaten ausgewiesen wur<strong>den</strong>. Besonders<br />

betroffen mit rund 1.500 Abschiebungen waren serbische<br />

Staatsangehörige, unter ihnen vorwiegend Angehörige der<br />

Roma-Minderheit. Gleiches gilt für Abschiebungen in <strong>den</strong><br />

Kosovo (546) und Mazedonien (510). Diese Zahlen sind Ergebnis<br />

der Schnellverfahren und der Abschreckungspolitik<br />

<strong>gegen</strong>über Flüchtlingen aus der Region West-Balkan. Ein<br />

Großteil der Abgeschobenen dürfte so in massive Diskriminierung<br />

und Ausgren<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>rück geschickt wor<strong>den</strong> sein.<br />

Zu <strong>den</strong> Abschiebungen kommen 4.417 Zurückschiebungen,<br />

also Abschiebungen im Zusammenhang mit Aufgriffen in<br />

der 30 km-Grenzregion, sowie 3.829 Zurückweisungen an<br />

der Grenze selbst. Damit liegt die Gesamtzahl der Ab- und<br />

Zurückschiebungen und der Zurückweisungen bei knapp<br />

16.000.<br />

(Quelle für <strong>den</strong> Bereich Asyl in Deutschland: PRO ASYL: Zahlen<br />

und Fakten 2012)<br />

III. Ausländische Bevölkerung in Deutschland<br />

Anteil der ausländischen Bevölkerung konstant<br />

Unter <strong>den</strong> rechtlichen Begriff des Ausländers fallen alle in<br />

Deutschland leben<strong>den</strong> Personen, die ausschließlich einen<br />

ausländischen Pass besitzen. Zuwanderer mit ausschließlich<br />

deutschem Pass sowie Doppelstaatler und ihre Nachkommen<br />

gelten nicht als Ausländer.<br />

Ausländer eingebürgert. Dies waren 5.400 Einbürgerungen<br />

mehr als 2011.<br />

Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial – das Verhältnis<br />

von erfolgten Einbürgerungen <strong>zu</strong>r Zahl jener Ausländerinnen<br />

und Ausländer, die seit mindestens zehn Jahren in<br />

Deutschland leben und damit alle Vorausset<strong>zu</strong>ngen erfüllen<br />

– betrug im Jahr 2012 durchschnittlich nur 2,4 %. Neben<br />

mehrfach verschärften Einbürgerungsvorausset<strong>zu</strong>ngen der<br />

letzten Jahre ist ein wesentlicher Grund, dass mit der Einbürgerung<br />

die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben wer<strong>den</strong><br />

muss (Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit).<br />

Zwar sind inzwischen die meisten Staatsangehörigen eines<br />

Mitgliedstaates der Europäischen Union sowie Bürger einiger<br />

weiterer Länder von dieser Bedingung befreit. Von türkischen<br />

Staatsbürgern, die die größte Migrantengruppe in<br />

Deutschland stellen, sowie von <strong>den</strong> meisten Staatsangehörigen<br />

von Nicht-EU-Mitgliedstaaten wird jedoch weiterhin<br />

verlangt, sich zwischen ihrer bisherigen und der deutschen<br />

Staatsangehörigkeit <strong>zu</strong> entschei<strong>den</strong>.<br />

Wanderungssaldo erneut positiv<br />

Das Wanderungssaldo für die Bundesrepublik Deutschland<br />

beschreibt die Differenz zwischen Zuzügen aus dem Ausland<br />

und Fortzügen in das Ausland innerhalb eines Jahres. Es beschreibt<br />

jedoch nicht, ob es sich bei <strong>den</strong> Fort- bzw. Zuziehen<strong>den</strong><br />

um deutsche Staatsangehörige oder um Ausländerinnen<br />

und Ausländer handelt. Nachdem in <strong>den</strong> Jahren 2008<br />

und 2009 mehr Menschen Deutschland verlassen hatten als<br />

eingewandert waren, verzeichnet die Bundesrepublik im<br />

Jahr 2012 erneut ein positives Wanderungssaldo. Insgesamt<br />

reisten 1.080.936 Menschen in die Bundesrepublik Deutschland<br />

ein, während im gleichen Zeitraum 711.991 Menschen<br />

fortzogen. Das positive Wanderungssaldo betrug damit<br />

368.945 Personen.<br />

Am Jahresende 2012 lebten in Deutschland rund 80,5 Millionen<br />

Einwohner. Der Anteil von Ausländerinnen und Ausländern<br />

an der Gesamtbevölkerung betrug rund 6,6 Millionen<br />

(8,2 %) und zeigt sich <strong>gegen</strong>über <strong>den</strong> Vorjahren weitgehend<br />

konstant.<br />

Einbürgerungen steigen weiterhin leicht an<br />

Polnische Staatsangehörige stellten mit 117.890 Personen<br />

bzw. 16,0 % die größte Gruppe der im Jahr 2012 <strong>zu</strong>gewanderten<br />

Ausländer/innen vor Staatsangehörigen aus Rumänien,<br />

Ungarn, Bulgarien, Italien und Griechenland. Bei der<br />

Abwanderung dominieren ebenfalls polnische und rumänische<br />

vor bulgarischen, türkischen und serbischen Staatsangehörigen.<br />

Die Einbürgerung ist ein formal wichtiger Akt, um Menschen<br />

an ein Land <strong>zu</strong> bin<strong>den</strong>. Sie dient der rechtlichen und sozialen<br />

Integration und eröffnet <strong>den</strong> Eingebürgerten gleiche<br />

politische Teilhabechancen durch Wahlen. Im Jahr 2012 wur<strong>den</strong><br />

in Deutschland mehr als 112.300 Ausländerinnen und<br />

(Quellen für <strong>den</strong> Bereich »Ausländische Bevölkerung in Deutschland«:<br />

Statistisches Bundesamt und Bundesamt für Migration<br />

und Flüchtlinge)


45<br />

Anhang<br />

Der Interkulturelle Rat in Deutschland<br />

■Im Interkulturellen Rat arbeiten Menschen unterschiedlicher<br />

Herkunft und Nationalität aus relevanten<br />

gesellschaftlichen Gruppen wie Gewerkschaften, Arbeitgeberverbän<strong>den</strong>,<br />

Religionsgemeinschaften, Migranten- und<br />

Menschenrechts organisationen, Kommunen und staatlichen<br />

Stellen, Medien, Wissenschaft und Sport <strong>zu</strong>sammen.<br />

Der Interkulturelle Rat hat es sich <strong>zu</strong>r Aufgabe gemacht,<br />

durch seine Arbeit das friedliche interkulturelle und interreligiöse<br />

Zusammenleben der Bevölkerung in Deutschland<br />

ungeachtet der Nationalität, Herkunft oder Religion ihrer<br />

Mitglieder <strong>zu</strong> fördern. Seit seiner Gründung wendet er sich<br />

<strong>gegen</strong> jede Form der staatlichen und gesellschaftlichen Diskriminierung<br />

sowie <strong>gegen</strong> rassistische Ten<strong>den</strong>zen.<br />

Ziele des Interkulturellen Rates<br />

– Austausch über Fragen des Zusammenlebens in der<br />

multikulturellen Gesellschaft.<br />

– Frühzeitige I<strong>den</strong>tifizierung von Herausforderungen<br />

und Problemen im Zusammenleben.<br />

– Entwicklung von Konzepten und Umset<strong>zu</strong>ng modell -<br />

hafter Maßnahmen <strong>zu</strong>r Verbesserung des Zusammen -<br />

lebens.<br />

– Kompetente Beratung von Entscheidungsträgern<br />

in der Zivilgesellschaft, in Parlamenten, Regierungen<br />

und der Verwaltung.<br />

Was macht der Interkulturelle Rat?<br />

– Auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene wer<strong>den</strong><br />

Runde Tische, Gesprächsforen oder Gremien angeregt,<br />

in <strong>den</strong>en an der Überwindung von Diskriminierung und<br />

<strong>Rassismus</strong> gearbeitet wird.<br />

– Modellprojekte wer<strong>den</strong> entwickelt und erprobt.<br />

– Mit Argumentationshilfen und Broschüren sowie mit<br />

Fachtagungen und Konferenzen wer<strong>den</strong> Konflikte im<br />

Zusammenleben benannt und versachlicht.<br />

Aktuelle Projekte des Interkulturellen Rates<br />

(Stand November 2013)<br />

– Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>: Organisation<br />

und Initiierung von Veranstaltungen anlässlich der<br />

UN-<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> rund um <strong>den</strong> 21. März,<br />

dem Antirassismustag der Vereinten Nationen.<br />

Im Rahmen der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> läuft im Jahr <strong>2014</strong> auch das Sonderprojekt<br />

»Muslime la<strong>den</strong> ein«.<br />

– Abrahamisches Forum in Deutschland: Dialogforum<br />

mit Vertretungen aus Ju<strong>den</strong>tum, Christentum, Islam und<br />

dem Bahá’itum. Das Abrahamische Forum entsendet<br />

sogenannte Abrahamische Teams, die in Schulen und<br />

anderen Einrichtungen über Gemeinsamkeiten und<br />

Differenzen der abrahamischen Religionen informieren.<br />

– Deutsches Islamforum und Islamforen in <strong>den</strong><br />

Ländern sowie Kommunen: Gesprächsforen zwischen<br />

Muslimen, nicht-muslimischer Zivilgesellschaft und<br />

staatlichen Stellen, die auf Bundes- und auf Länder -<br />

ebene und in Kommunen stattfin<strong>den</strong>. Gemeinsam mit<br />

dem Rat der Türkeistämmigen Staatsbürger in Deutschland.<br />

Weitere Informationen <strong>zu</strong> unserer Arbeit<br />

fin<strong>den</strong> Sie auf unseren Internetseiten:<br />

www.interkultureller-rat.de<br />

www.internationale-wochen-<strong>gegen</strong>-rassismus.de<br />

Interkultureller Rat in Deutschland e.V.<br />

Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt<br />

Tel.: 06151-33 99 71, Fax: 06151-39 19 740<br />

info@interkultureller-rat.de<br />

www.interkultureller-rat.de


46 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Aktiv <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>!<br />

■Je<strong>den</strong> Tag, jede Stunde wer<strong>den</strong> in Deutschland Menschen<br />

wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer<br />

Religion ausgegrenzt, beleidigt und bedroht. <strong>Rassismus</strong><br />

ist Alltag gewor<strong>den</strong>, rassistische Einstellungen haben sich<br />

festgesetzt in der Gesellschaft. Sie begegnen uns im Internet<br />

und an Häuserwän<strong>den</strong>, in Schulen und Vereinen, in Betrieben<br />

und Behör<strong>den</strong>.<br />

Schon jetzt engagieren sich in Deutschland hundertausende<br />

Menschen <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>. Sie setzen sich für Menschen<br />

ein, die rassistische Gewalt erfahren, stellen sich Rassisten<br />

in <strong>den</strong> Weg, die vor Flüchtlingsunterkünften und Moscheen<br />

Angst schüren, organisieren Aktionswochen in Schulen und<br />

Vereinen.<br />

Damit das vielfältige Engagement sichtbar wird und sich<br />

ausbreitet, gibt es jährlich im März die <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>. Sie wachsen immer weiter: 2013<br />

gab es fast 1.400 Veranstaltungen an 300 Orten – so viele<br />

wie nie <strong>zu</strong>vor. Schulen, Sportvereine, Betriebe und Initiativen<br />

machen mit und tragen die Idee weiter.<br />

Der Interkulturelle Rat in Deutschland<br />

macht die Aktionswochen möglich. Er<br />

■ vernetzt die vielen Akteure,<br />

■ stellt umfangreiche Materialien bereit,<br />

■ unterstützt bei der Planung von Veranstaltungen,<br />

■ führt Tagungen durch,<br />

■ macht bundesweit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Diese Arbeit kostet Geld.<br />

Nutzen Sie unseren Flyer »Aktiv <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> – Ich mache mit!« und weisen Sie<br />

in Ihrem Umfeld und bei Veranstaltungen auf<br />

die Möglichkeit hin, Förderin/Förderer der<br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

<strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>! Sie können <strong>den</strong> Flyer kostenlos<br />

über unser Bestellformular abrufen.<br />

Wir brauchen Sie!<br />

Schon ab einem jährlichen Förderbeitrag von mindestens<br />

€ 36,- (Schüler/innen und Stu<strong>den</strong>t/innen € 18,-)<br />

■ tragen Sie da<strong>zu</strong> bei, bundesweit tausendfach Zeichen<br />

<strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>zu</strong> setzen,<br />

■ la<strong>den</strong> wir Sie <strong>zu</strong>r jährlichen Vorbereitungstagung und<br />

Auftaktveranstaltung ein,<br />

■ erhalten Sie die jährliche Projektdokumentation sowie<br />

kostenlos das 5-teilige Postkartenset »<strong>Rassismus</strong> fängt<br />

im Kopf an!«,<br />

■ nennen wir Sie namentlich in <strong>den</strong> Materialien <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>.<br />

Folgende Personen haben sich bisher <strong>zu</strong> einer<br />

Förderung bereit erklärt (Stand 01.11.2013):<br />

Claude Amelon, Frankfurt/M. / Prof. Dr. Klaus J. Bade,<br />

Berlin / Monika Bergen, Berlin / Dr. Yasar Bilgin, Gießen /<br />

Christiane Böhm, Trebur / Günter Burkhardt, Frankfurt/M. /<br />

Naime Cakir, Neu Isenburg / Dr. Kamal Eslam, Rüsselsheim /<br />

Paola Fabbri Lipsch, Neu Isenburg / Evelyn Frummet-<br />

Esche, Lupburg / Bernd Geiß, Köln / Roland Graßhoff,<br />

Mainz / Prof. Dr. Friedrich Heckmann, Bamberg / Ines Henn,<br />

Wiesba<strong>den</strong> / Paul Hitzke Jobmann, Wamel / Michael Hugo,<br />

Rostock / Heiko Kauffmann, Meerbusch / Uta Laerum,<br />

München / Herbert Leuninger, Limburg / Dr. Hubert<br />

Meyer, Herrsching / Dr. Jürgen Micksch, Darmstadt /<br />

Leo Monz, Leverkusen / Hans Jürgen Mün<strong>den</strong>, Bielefeld /<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Oberndörfer, Freiburg / Giovanni<br />

Pollice, Hannover / Dirk Römer, Lorsch / Prof. Dr. Axel<br />

Schulte, Hannover / Andreas Schwantner, Neu Isenburg /<br />

Dr. Beate Winkler, Wien


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> 47<br />

»Niemand darf wegen seiner Hautfarbe, seiner Herkunft<br />

oder seiner Religion verfolgt oder ausgegrenzt wer<strong>den</strong>.<br />

Deswegen bin ich dankbar, dass es Organisationen und<br />

einzelne Menschen gibt, die sich <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> –<br />

gleich welcher Art – wehren.« Uta Laerum, München<br />

»Vielerorts treffen Flüchtlinge heute<br />

in Deutschland auf eine rassistische<br />

Grundstimmung. Auch EU-Bürger,<br />

wie Angehörige der Roma-Minderheit<br />

aus Bulgarien oder Rumänien,<br />

sind von Ablehnung und Ausgren<strong>zu</strong>ng<br />

betroffen. Gut, dass es die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> gibt, die unabhängig und kritisch Stellung<br />

beziehen und Gegnern und Betroffenen von <strong>Rassismus</strong> eine<br />

Plattform geben, um ihre Stimme <strong>zu</strong> erheben.«<br />

Günter Burkhardt, PRO ASYL, Frankfurt/M.<br />

»Die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> haben einen wesentlichen<br />

Beitrag da<strong>zu</strong> geleistet, dass endlich<br />

eine breite Diskussion über die<br />

verschie<strong>den</strong>en Ausprägungen von<br />

<strong>Rassismus</strong> in Deutschland begonnen<br />

hat. Damit dieser Beitrag fortgesetzt und intensiviert<br />

wer<strong>den</strong> kann, halte ich eine finanzielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />

und Absicherung des Projektes für unbedingt erforderlich<br />

und wünschenswert.«<br />

Roland Graßhoff, Initiativausschuss für Migrationspolitik<br />

in RLP, Mainz<br />

»Kulturelle Vielfalt ist das Gesicht der demokratischen<br />

Einwanderungsgesellschaft. Sie schafft, aber sie braucht<br />

auch Stärke. <strong>Rassismus</strong> kommt aus der Angst vor der<br />

eigenen Schwäche <strong>gegen</strong>über dieser kulturellen Vielfalt.«<br />

Prof. em. Dr. Klaus J. Bade, Historiker, Publizist, Politik -<br />

berater, Berlin.<br />

»Jeder Mensch hat das Recht gleich<br />

behandelt <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>, deshalb darf<br />

eine demokratische Gesellschaft<br />

nicht <strong>zu</strong>lassen, dass Menschen dis -<br />

kriminiert wer<strong>den</strong>. Sich <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>,<br />

Ausgren<strong>zu</strong>ng und Gewalt und<br />

für Minderheiten ein<strong>zu</strong>setzen – dafür braucht es einen<br />

langen Atem. Daher ist es wichtig, Projekte wie die <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>zu</strong> unterstützen.«<br />

Giovanni Pollice, IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE),<br />

Hannover<br />

»Ich unterstütze die <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>,<br />

weil <strong>Rassismus</strong> eine totalitäre,<br />

menschen verachtende Ideologie<br />

ist, und deren Bekämpfung<br />

Dienst am Menschen ist.«<br />

Dr. des. Naime Cakir, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an<br />

der Goethe Universität Frankfurt/M.<br />

»Was 1960 im südafrikanischen<br />

Sharpeville in einem traurigen<br />

Massaker endete, ist auch heute,<br />

im Jahr <strong>2014</strong>, nicht vorbei. Freiheit<br />

und Menschenrechte sind nicht<br />

kompatibel mit <strong>Rassismus</strong> und Ausgren<strong>zu</strong>ng. Sie bleiben<br />

auch in Westeuropa wesentliche Herausforderungen,<br />

<strong>den</strong>en sich die Bürgergesellschaft – und jede/r Einzelne –<br />

aktiv stellen muss. Die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong><br />

<strong>Rassismus</strong> bieten dafür einen wichtigen Rahmen für eine<br />

breite Öffentlichkeit.« Michael Hugo, migra e.V., Rostock


48 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Wer<strong>den</strong> auch Sie aktiv <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>!<br />

Wenn Sie <strong>zu</strong> einer Förderung bereit sind,<br />

füllen Sie bitte <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Abschnitt aus<br />

und schicken ihn per Post oder Fax an <strong>den</strong><br />

Auch eine Mitteilung per Mail ist möglich:<br />

iwgr@interkultureller-rat.de<br />

Interkulturellen Rat in Deutschland e.V.<br />

Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt<br />

Tel.: 06151-33 99 71 / Fax: 06151-39 19 740<br />

Ich bin aktiv <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> und …<br />

❒ … bin bereit, Förderin / Förderer <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>.<br />

Ich unterstütze die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

mit ………………… Euro im Jahr<br />

(Mindestbeitrag € 36,- / Jahr, Schüler/innen und Stu<strong>den</strong>t/innen € 18,- / Jahr).<br />

❒ … bin <strong>zu</strong> einer einmaligen Spende in Höhe von ……………… Euro bereit.<br />

Name, Vorname:___________________________________________________________________________<br />

Straße:___________________________________________________________________________<br />

PLZ, Ort:___________________________________________________________________________<br />

E-Mail-Adresse:___________________________________________________________________________<br />

Ort, Datum:___________________________<br />

Unterschrift: ____________________________________<br />

Für die Unterstüt<strong>zu</strong>ng danken wir Ihnen!<br />


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> 49<br />

<strong>Rassismus</strong> fängt im Kopf an!<br />

Mit unserer begleiten<strong>den</strong> Kam pagne »RASSISMUS FÄNGT IM KOPF AN!« können Sie<br />

die <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> noch bekannter machen!<br />

Die Kampagne soll deutlich machen, dass <strong>Rassismus</strong> keine naturgegebene Tatsache ist,<br />

sondern im Kopf beginnt, und somit ein überwindbares Produkt unseres Denkens ist.<br />

Fünf Motive stehen als Postkarten und Plakate <strong>zu</strong>r Verfügung:<br />

● Postkarten und Plakate <strong>zu</strong>r Kampagne können Sie bei uns bestellen.<br />

● Auf Anfrage stellen wir Ihnen die Kampagnenmotive auch gerne<br />

als Dateien für Ihre Homepage <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

● Sprechen Sie lokale Tages zeitungen an. Sie stellen immer wieder Platz für Frei -<br />

anzeigen <strong>zu</strong>r Ver fügung. Entsprechende Dateien sen<strong>den</strong> wir Ihnen gerne <strong>zu</strong>.<br />

Auf Basis der Postkarten- und<br />

Plakatmotive wurde auch ein<br />

40-sec. Spot entwickelt:<br />

● Präsentieren Sie <strong>den</strong> Spot<br />

auf Ihrer Website.<br />

● Setzen sie <strong>den</strong> Spot bei<br />

Schulungen, Tagungen oder<br />

Workshops ein.<br />

● Gerne stellen wir Ihnen <strong>den</strong><br />

Spot als Datei <strong>zu</strong>r Verfügung.


50 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

NEU: Wer<strong>den</strong> Sie Mitglied des Aktionsbündnisses<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>!<br />

■Hunderte von Organisationen, Initiativen,<br />

Schulen und Vereine beteiligen sich jedes<br />

Jahr vor Ort mit vielfältigen Veranstaltungen<br />

an <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>.<br />

Diese lokalen Einrichtungen sind die aktive Basis<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong>,<br />

die wir in einem neu gegründeten Aktionsbündnis<br />

<strong>zu</strong>sammenschließen möchten!<br />

Als Mitglied des Aktionsbündnisses<br />

■ erhalten Sie die Materialien <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong><br />

<strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> sowie die jährliche Dokumentation,<br />

■ wer<strong>den</strong> Sie <strong>zu</strong>r Auftakt- und Planungstagung ein -<br />

gela<strong>den</strong>,<br />

■ und in einer Mitgliederliste des Aktionsbündnisses auf<br />

der Kampagnenwebsite der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong><br />

<strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> sowie in der jährlichen Dokumenta -<br />

tion <strong>zu</strong> <strong>den</strong> Aktionswochen namentlich genannt.<br />

Was müssen Sie tun, um Mitglied des Aktions -<br />

bündnisses <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>?<br />

■ Sie beteiligen sich regelmäßig aktiv an <strong>den</strong><br />

Inter nationalen <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> mit<br />

mindestens einer Veranstaltung.<br />

■Wir freuen uns, als brandneue, erste Mitglieder<br />

des Aktionsbündnis die folgen<strong>den</strong> Einrichtungen<br />

begrüßen <strong>zu</strong> dürfen:<br />

■ Colored Glasses,<br />

ein Bildungsangebot des Deutschen Youth For<br />

Understanding Komitee e.V. (YFU), Hamburg<br />

http://coloredglasses.de<br />

■ Integrationshaus e.V., Köln<br />

www.integrationshaus-koeln.de<br />

■ Fachstelle für interkulturelle Bildung und Beratung –<br />

FiBB e.V.<br />

www.fibb-ev.de<br />

Das Aktionsbündnis wird derzeit aufgebaut<br />

und wird künftig weitere interessante Formen<br />

und Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

entwickeln, über die wir Sie dann zeitnah<br />

informieren.<br />

Wer<strong>den</strong> Sie aktiver Teil dieses<br />

wichtigen Bündnisses!<br />

■ Im Zuge Ihrer Veranstaltungsmeldung für die<br />

Inter nationalen <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

können Sie gleichzeitig Ihre Absichtserklärung ab -<br />

geben, Mitglied des Aktionsbündnisses <strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>.<br />

Nutzen Sie einfach das entsprechende Formular.<br />

■ Sobald der Vorstand des Interkulturellen Rates<br />

Ihrem Antrag <strong>zu</strong>gestimmt hat, erhalten Sie eine<br />

Bestätigungs-e-mail von uns.<br />

■ Wie Sie die Veranstaltung(en) im Rahmen der<br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> aus ge -<br />

stalten möchten, liegt ganz bei Ihnen – es gibt<br />

hier keine formalen Vorgaben und Ihrer Kreativität<br />

sind keine Grenzen gesetzt.<br />

■ Die Mitgliedschaft im Aktionsbündnis ist an keine<br />

Beiträge gebun<strong>den</strong> und kostenlos.


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong> 51<br />

Ankündigung einer Veranstaltung anlässlich<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

vom 10. bis 23. März <strong>2014</strong><br />

❒ Wir möchten aktiv wer<strong>den</strong> und planen folgende Veranstaltung / Veranstaltungsreihe<br />

und bitten um Aufnahme in <strong>den</strong> bundesweiten Veranstaltungskalender <strong>zu</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

❒ Wir möchten Mitglied des Aktionsbündnisses der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> wer<strong>den</strong><br />

(s. Seite 50)<br />

Titel der Veranstaltung:<br />

________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________<br />

Art der Veranstaltung:<br />

________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

Veranstaltungsdatum:<br />

________________________________________________________________<br />

Veranstaltungsort: ________________________________________________________________________________<br />

Sonstige Informationen:<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

Name/AnsprechpartnerIn:<br />

Institution/Organisation:<br />

Straße:<br />

PLZ / Ort:<br />

Telefon:<br />

E-Mail:<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

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________________________________________________________________________________<br />

Ort, Datum<br />

Unterschrift<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

Bitte <strong>zu</strong>rücksen<strong>den</strong> an: Interkultureller Rat in Deutschland e.V., Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt.<br />

Per Fax an: 06151/ 39 19 74 0<br />

Oder per E-Mail: iwgr@interkultureller-rat.de<br />


52 Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Materialien <strong>zu</strong> <strong>den</strong> <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

– Bestellformular –<br />

NEU ><br />

NEU ><br />

NEU ><br />

NEU ><br />

NEU ><br />

❒<br />

Hiermit bestellen wir verbindlich<br />

............ Mobilisierungsflyer<br />

10 Seiten DIN lang (bis <strong>zu</strong> 30 Stück kostenfrei, jeder<br />

weitere Flyer 0,25 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

Mobilisierungsflyer in weiteren Sprachen<br />

2 Seiten DIN A5 (bis <strong>zu</strong> je 30 Stück kostenfrei, jeder<br />

weitere Flyer 0,05 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ Französisch<br />

............ Italienisch<br />

............ Spanisch<br />

............ Portugiesisch<br />

............ Türkisch<br />

............ Griechisch<br />

............ Bosnisch / Serbisch / Kroatisch<br />

............ Romanes<br />

............ Rumänisch<br />

............ Arabisch<br />

............ Mobilisierungsflyer in »Leichter Sprache«<br />

4 Seiten DIN A5 (bis <strong>zu</strong> 30 Stück kostenfrei, jeder<br />

weitere Flyer 0,15 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ Faltblatt »Muslime la<strong>den</strong> ein«<br />

Informationen <strong>zu</strong>r Durchführung von Veranstaltungen<br />

im Rahmen des Projekts »Muslime la<strong>den</strong> ein« während<br />

der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

4 Seiten, DIN lang (bis 30 Exemplare kostenlos, jeder<br />

weitere Flyer 0,15 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ Aktiv <strong>gegen</strong> Rassimus – Ich mache mit!<br />

Informationsflyer über die Möglichkeit Förderer/ -<br />

Förderin der <strong>Internationalen</strong> <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

<strong>zu</strong> wer<strong>den</strong>. 6 Seiten DIN lang (kostenfrei)<br />

............ Handschuh-Aktionsplakate, DIN A2, 4-fbg.<br />

(bis 15 Stück kostenfrei, jedes weitere Plakat<br />

0,25 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ Handschuh-Aktionsplakate, DIN A1, 4-fbg.,<br />

mit Freifläche für eigene Veranstaltungshinweise<br />

(bis <strong>zu</strong> 15 Stück kostenfrei, jedes weitere Plakat<br />

0,40 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ <strong>Materialheft</strong> <strong>2014</strong>, DIN A4, 56 Seiten<br />

(bis 5 Stück kostenfrei, jedes weitere Heft 1,50 €,<br />

jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ WHO IS WHO – Kontakte und Informationen<br />

für die Antirassismusarbeit vor Ort<br />

DIN A5, 72 Seiten (bis 5 Stück kostenfrei,<br />

jedes weitere Heft 1,00 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

Kampagne: <strong>Rassismus</strong> fängt im Kopf an!<br />

Postkarten »<strong>Rassismus</strong> fängt im Kopf an«<br />

(Einzelexemplar 0,15 €, 10 Stück 1 €,<br />

100 Stück 7 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ »SCHWARZ ARM DIEBSTAHL«<br />

............ »SCHLEIER VERHÜLLT GEWALT«<br />

............ »BART GLÄUBIG ANSCHLAG«<br />

............ »KOSCHER SCHLAU WELTHERRSCHAFT«<br />

............ »BETTELN BANDE KLAUKINDER«<br />

Plakate »<strong>Rassismus</strong> fängt im Kopf an«<br />

(DIN A3, Einzelexemplar 0,25 €, 10 Stück 1,50 €,<br />

100 Stück 10 €, jeweils zzgl. Versandkosten)<br />

............ »SCHWARZ ARM DIEBSTAHL«<br />

............ »SCHLEIER VERHÜLLT GEWALT«<br />

............ »BART GLÄUBIG ANSCHLAG«<br />

............ »KOSCHER SCHLAU WELTHERRSCHAFT«<br />

............ »BETTELN BANDE KLAUKINDER«<br />

Lieferadresse:<br />

Organisation / Einrichtung _____________________________________________________________________________________<br />

AnsprechpartnerIn ______________________________________________________________________________________________________<br />

Straße ______________________________________________________ PLZ / Ort _________________________________________________<br />

Telefon ________________________________________________ E-Mail ___________________________________________________<br />

Datum ______________________________________________________ Unterschrift _______________________________________________<br />

Bitte <strong>zu</strong>rücksen<strong>den</strong> an: Interkultureller Rat in Deutschland e.V., Goebelstr. 21, 64293 Darmstadt.<br />

Per Fax an: 06151/ 39 19 74 0 • Oder per E-Mail: iwgr@interkultureller-rat.de<br />


Internationale <strong>Wochen</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong> <strong>2014</strong><br />

Kooperationspartner, Sponsoren und Unterstützer <strong>2014</strong><br />

Kooperationspartner <strong>2014</strong><br />

AFS Interkulturelle Begegnungen<br />

Anne Frank Zentrum<br />

Antidiskriminierungsstelle des Bundes<br />

Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland<br />

Arbeiterwohlfahrt Bundesverband<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge<br />

Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

Bundeszentrale für politische Bildung<br />

Bundes<strong>zu</strong>wanderungs- und Integrationsrat<br />

Christliches Jugenddorfwerk Deutschland<br />

Der Paritätische Gesamtverband e.V.<br />

Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen<br />

Deutsche UNESCO Kommission<br />

Deutscher Bühnenverein<br />

Deutscher Bundesjugendring<br />

Deutscher Caritasverband<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)<br />

Deutscher Industrie- und Handelskammertag<br />

Deutscher Kulturrat<br />

Deutscher Städtetag<br />

Deutscher Volkshochschul-Verband<br />

Deutsches Kinderhilfswerk<br />

Deutsches Rotes Kreuz<br />

Diakonisches Werk der EKD<br />

Forum <strong>gegen</strong> <strong>Rassismus</strong><br />

Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit –<br />

Deutscher Koordinierungsrat<br />

Gesicht Zeigen! – Für ein weltoffenes Deutschland<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)<br />

Informations- und Dokumentationszentrum für<br />

Antirassismus arbeit (IDA)<br />

Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. (ISD)<br />

Institut für Kino und Filmkultur<br />

Internationaler Bund<br />

Laut <strong>gegen</strong> Nazis<br />

LIONS Clubs International, MD 111 – Deutschland<br />

Mach meinen Kumpel nicht an – Verein <strong>gegen</strong> Ausländer -<br />

feind lichkeit und <strong>Rassismus</strong><br />

Pax Christi<br />

Rat der Türkeistämmigen Staatsbürger in Deutschland<br />

Schule ohne <strong>Rassismus</strong> – Schule mit Courage<br />

terres des hommes Deutschland<br />

Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB)<br />

United – European Actionweek Against Racism<br />

Verband binationaler Familien und Partnerschaften – iaf<br />

WDR – Westdeutscher Rundfunk<br />

World University Service – Deutsches Komitee<br />

Zentralrat der Ju<strong>den</strong> in Deutschland<br />

Zentralrat der Muslime in Deutschland<br />

Zentralrat Deutscher Sinti und Roma<br />

Zentralverband des Deutschen Handwerks<br />

ZDF – Zweites Deutsches Fernsehen<br />

Sponsoren <strong>2014</strong><br />

AXA Konzern Aktiengesellschaft<br />

ERGO Versicherungsgruppe AG<br />

Fiat Group Automobiles Germany AG<br />

Gauselmann AG<br />

Johnson Controls GmbH<br />

Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG<br />

NIKE Deutschland GmbH<br />

Randstad Deutschland<br />

REWE Markt GmbH<br />

Siemens AG<br />

Unterstützer <strong>2014</strong><br />

Amadeu Antonio Stiftung<br />

Amt für multikulturelle Angelegenheiten<br />

der Stadt Frankfurt am Main<br />

Bündnis für Demokratie und Toleranz –<br />

<strong>gegen</strong> Extremismus und Gewalt<br />

Bundesliga-Stiftung<br />

Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund<br />

Deutscher Fußball-Bund<br />

Dr. Buhmann Stiftung fur interreligiöse Verständigung<br />

Evangelische Kirchen in Hessen und Nassau,<br />

im Rheinland, von Westfalen und Lippische<br />

Landeskirche<br />

Fraport Skyliners<br />

Hans-Böckler-Stiftung<br />

Hessisches Ministerium der Justiz, für Integration und Europa<br />

IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE)<br />

IG Metall<br />

Koordinationsstelle Fan-Projekte (KOS)<br />

bei der Deutschen Sportjugend<br />

PRO ASYL<br />

Robert Bosch Stiftung<br />

Sebastian Cobler Stiftung<br />

Stiftung Zusammen Wachsen


■Der Interkulturelle Rat ist bei seiner Arbeit<br />

auf Spen<strong>den</strong> angewiesen.<br />

Spen<strong>den</strong>konto:<br />

Interkultureller Rat<br />

Postbank Frankfurt<br />

Konto 64 71 50 - 604<br />

BLZ 500 100 60<br />

IBAN: DE17500100600647150604<br />

BIC: PBNKDEFF<br />

Der Interkulturelle Rat in Deutschland e.V. ist vom<br />

Finanz amt Frankfurt am Main unter der Nummer<br />

45 250 81109-K19 als gemeinnützig anerkannt.<br />

■<br />

Weitere<br />

Informationen <strong>zu</strong> unserer Arbeit<br />

fin<strong>den</strong> Sie auf unseren Internetseiten:<br />

www.interkultureller-rat.de<br />

www.internationale-wochen-<strong>gegen</strong>-rassismus.de<br />

Interkultureller Rat in Deutschland e.V.<br />

Goebelstraße 21, 64293 Darmstadt<br />

Tel.: 06151-33 99 71<br />

Fax: 06151-39 19 740<br />

info@interkultureller-rat.de<br />

www.interkultureller-rat.de

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