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P.S.R.R.: Das waren je zwei Arbeiten von Anish<br />
Kapoor und zwei Skulpturen von Tony Cragg.<br />
Eine davon habe ich bei mir zu Hause. Eine Arbeit<br />
von Allen McCollum befindet sich in meinem<br />
Esszimmer – ich genieße es, mit meiner Kunst<br />
zusammenzuleben.<br />
(Frage aus dem Publikum): Ist es sinnvoll, Kunst<br />
außerhalb von London, New York oder Berlin zu<br />
kaufen?<br />
F.B.: Grundsätzlich kann man Kunst kaufen, wo man<br />
will. Aber heutzutage sind sicherlich Tendenzen zu<br />
beobachten, Kunst <strong>als</strong> Investition zu erwerben, es<br />
wird sehr viel spekuliert. Daher kaufen die Leute<br />
auch hauptsächlich auf Märkten mit entsprechender<br />
Infrastruktur. Autos kauft man ja auch eher in<br />
Deutschland und nicht in Usbekistan. Letztlich muss<br />
man das natürlich selbst entscheiden. Was ich sagen<br />
will: Wenn es um Kunst geht, verhält es sich genauso.<br />
Vor 20 Jahren waren die Sammler sehr bemüht, dem<br />
Trend voraus zu sein. Heute hingegen sind sie sehr<br />
verunsichert. Also bitten sie Experten um deren<br />
Einschätzung, oder sie richten sich einfach nach dem<br />
Preis. Aber ganz ehrlich: Kein Kurator, kein Sammler,<br />
kein Kritiker, kein Museum ist mächtig genug, um<br />
einem Künstler Ruhm und Erfolg zu garantieren. Viele<br />
Menschen verbinden die Kunstwelt mit mafiösen<br />
Strukturen, die das beeinflussen könnten, aber das<br />
ist ein Missverständnis. Es gibt schlicht und einfach<br />
keine Gewissheit, keine Möglichkeit, irgendetwas in<br />
dieser Hinsicht vorauszusagen. Der Fall der Young<br />
British Artists ist in diesem Zusammenhang sehr<br />
interessant: Niemand weiß, wie viel Saatchi bereits<br />
ausgegeben hatte, bevor er so wahnsinnig erfolgreich<br />
wurde. Er hatte eben einfach sehr, sehr viel Glück,<br />
zu dieser Zeit an diesem Ort zu sein, genauso wie<br />
die Künstler sich glücklich schätzen können, dass sie<br />
Saatchi hatten. Dann erschien zeitgleich noch ein<br />
neues <strong>Magazin</strong>. All das hat dazu beigetragen, dass die<br />
Situation sich überhaupt so entwickeln konnte. In der<br />
Fondazione stellen wir jedes Jahr einen Künstler aus,<br />
einfach um ihn zu entdecken. Es ist sehr spannend,<br />
Risiken einzugehen, und es ist toll, die Möglichkeit<br />
zu haben, Fehler zu machen.<br />
Patrizia, macht es dich stolz, deine Kunst in verschiedenen<br />
Museen zu sehen?<br />
P.S.R.R.: Meiner Meinung nach müssen Privatsammlungen<br />
der Öffentlichkeit zugänglich sein. Ich habe<br />
von Anfang an meine Sammlung nicht nur in meinen<br />
Privaträumen oder der Stiftung gezeigt, sondern<br />
weltweit. Früher wusste ich nichts von zeitgenössischer<br />
Kunst, und inzwischen kann ich meine Sammlung<br />
teilen, später auch hinterlassen – das ist sehr wichtig<br />
für mich. Daneben liegt mir die Förderung junger<br />
italienischer Kunst sehr am Herzen. Ein Teil unseres<br />
Ausstellungsprogramms beinhaltet eine viermonatige<br />
kuratorische Ausbildung vor Ort. Wir laden junge<br />
Kuratoren ein, durch Italien zu reisen, Künstler in<br />
Well, it is up to you. What I’m trying to say is that it is<br />
the same thing with art. 20 years ago, collectors were<br />
trying to stay ahead of the game, and so they bought<br />
art works that nobody else was interested in. Today<br />
there is a lot of insecurity. So the collectors ask for other<br />
people’s opinions, or they buy art works because they<br />
are very expensive. But honestly: There is no curator, no<br />
collector, no art critic, no museum that can make an artist<br />
successful or famous. There is this misunderstanding;<br />
people think the art world is some kind of mafia. But<br />
there is no certainty at all, there is no way to predict for<br />
sure who is going to be successful. Regarding the Young<br />
British Artists, that was an interesting case: Nobody<br />
knows how much Saatchi really bought before he<br />
became so successful. He was very very lucky just to be<br />
there at that moment. And the artists were very lucky to<br />
have Saatchi at that moment. And there was <strong>als</strong>o a new<br />
magazine coming out. All these forces contributed to<br />
make for a very strong situation. In the Fondazione, we<br />
present a new artist every year, just to discover them. To<br />
us, it is very interesting to take such risks, and it is great<br />
to have the possibility to make a mistake.<br />
Patrizia, does it make you proud to see art works that<br />
belong to you in other museums?<br />
P.S.R.R.: I think a collection must be shared. From<br />
the beginning, I decided to share and to show the<br />
collection. And not just in my private space, not only<br />
at the Fondazione, but all over the world. It is fantastic.<br />
At the beginning I did not understand anything about<br />
contemporary art. Now I have the opportunity to share<br />
ihren Ateliers zu besuchen und anschließend in der<br />
Fondazione auszustellen. Solche Projekte stellen<br />
wichtige Beziehungen her, was sehr wichtig in der<br />
Museumsarbeit ist.<br />
Als du anfingst zu sammeln, gab es weder<br />
italienische Kunstmagazine noch eine besonders<br />
ausgeprägte Kunstszene in Italien. Hat sich die<br />
Situation inzwischen verändert?<br />
P.S.R.R.: Definitiv. Es gibt aktuell eine bedeutende<br />
Generation junger italienischer Künstler, die sehr<br />
professionell sind und starke Positionen vertreten.<br />
F.B.: Das Problem ist ihre Umgebung. Es gibt<br />
keine vergleichbare kulturelle Infrastruktur wie<br />
in Deutschland. Die Politik bestimmt alles – die<br />
kulturelle Situation ist ein Desaster, der Kunsthandel<br />
kompliziert. Wir haben zwar ein beeindruckendes<br />
Netzwerk an kleineren Sammlern, aber eben keine<br />
„Kunsthallen“ oder „Kunstvereine“. Die Künstler<br />
in Italien haben keine Möglichkeit, sich der<br />
Öffentlichkeit zu präsentieren.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
Links: Die Fondazione Sandretto Re Rebaudengo in Turin<br />
Foto: Maurizio Elia<br />
Oben: Ausstellungsansicht “Underneath the Street, the Beach”<br />
Seite 16: Francesco Bonami, Patrizia Sandretto Re Rebaudengo, Jan Kage<br />
Foto: Daisy Loewl<br />
www.fsrr.org<br />
my collection, to leave my collection behind – this is very<br />
important to me. But I <strong>als</strong>o focus on supporting young<br />
artists and we dedicate a part of our exhibition programme<br />
and special projects to young Italian artists by organizing<br />
an international curatorial residency programme for<br />
young curators every year. We invite them to travel across<br />
Italy to meet young Italian artists, to visit their studios<br />
and, at the end of a four-month research period, they<br />
curate and present their own exhibition of a selection of<br />
the artists that they met durign their residency, which<br />
is presented at the Fondazione in Turin. This is another<br />
way to establish relations, and for a museum it is very<br />
important to be able to organize these kinds of projects.<br />
Patrizia, when you started collecting, there were no art<br />
magazines in Italy, there wasn’t a particularly strong art<br />
scene. Has the situation now changed?<br />
P.S.R.R.: Yes, definitely. There is a huge generation of<br />
young Italian artists right now, and they work very professionally;<br />
they have very strong positions and attitudes.<br />
F.B.: The problem is what surrounds them. We don’t<br />
have a comparable infrastructure with museums like in<br />
Germany. Everything is ruled by politics – and the state<br />
of public cultural infrastructure is a disaster. Selling art is<br />
thus very complicted. We do have an amazing network<br />
of small collectors, but we don’t have “Kunsthallen”<br />
or “Kunstvereine”. The artists have no opportunity to<br />
expose themselves to the public.<br />
Patrizia, Francesco. thank you very much for the<br />
interview!<br />
18 SAMMLERGESPRÄCH<br />
SAMMLERGESPRÄCH 19