Motorsport Magazin Herrschaft der Silberpfeile (Vorschau)
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FOTO: ADRIVO/SUTTON TITELFOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ, RED BULL RACING
❱
IN DIESER
AUSGABE
FORMEL 1
NEUE FORMEL 1: Gewinner & Verlierer 24
MERCEDES: Herrschaft der Silberpfeile 26
STERNEN-JÄGER: Wer stoppt Mercedes? 34
WILLIAMS: Die Auferstehung 42
INTERVIEW: Monisha Kaltenborn 46
HISTORY: Ayrton Sennas Turbo-Raketen 52
42
Auf
FORMEL 1: WILLIAMS IS BACK
das Desaster folgt der Aufschwung: Die Zeit am hinteren Ende
der Startaufstellung hat ein Ende. Williams ist auf dem Weg zurück
in den Kreis der Topteams. Wie ist das gelungen?
MOTORRAD
MOTOGP: Die Psyche der Champions 64
TEAMKOLLEGEN: Auge um Auge, Zahn um Zahn 70
DUCATI: Der Weg zurück ins Glück 78
TECHNIK: Die neuen Dashboards erklärt 82
HISTORY: USA und Australien: Was ist los? 84
INTERVIEW: Jonas Folger 92
PHILIPP ÖTTL: Der Hoffnungsträger 94
TOP-5: Sprücheklopfer 96
WSBK: Aprilia - Die Silberpfeile der WSBK 100
INTERVIEW: Edgar Torronteras 102
MOTOGP: TEAMKOLLEGEN-VERGLEICH
Der erste Gegner ist stets der Teamkollege. So auch für Marquez und
Pedrosa, Rossi und Lorenzo sowie Crutchlow und Dovizioso. Wer hat
die besten Karten im teaminternen Vergleich?
70
MOTORSPORT
WRC: Volkswagen - Feind im eigenen Lager 106
ADAC MOTORSPORT: Splitter 110
SERVICE
INSIDE 04
KOLUMNEN 14
ZIELGERADE 112
IMPRESSUM 114
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO
www.Motorsport-Magazin.com 3
EDITORIAL
INSIDE
Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein
Stephan: Kerstin, die Heimat hat dich wieder:
Zweimal um die Welt und dann direkt rein in
die Heftproduktion!
Kerstin: Mein Zeitgefühl ist komplett im
Eimer! Aber die Menschen in Melbourne
sind so unglaublich überfreundlich. Da
fürchtest du, jemand will dir den Koffer
klauen, dabei will er ihn nur für dich
tragen.
Stephan: In Sepang hättest du dich gefreut,
wenn du ihn selbst hättest tragen
müssen...
Kerstin: Ja, leider war er dem Saisonverlauf
voraus und ist eigenständig nach Abu
Dhabi weiter gereist.
Stephan: Wahrscheinlich dachte er, er
bekommt dann doppelte Punkte oder wenigstens
doppelte Flugmeilen!
Kerstin: Immerhin gab es dafür 50 Ringgit
von der Airline.
Stephan: Sagenhafte elf Euro!
Christian ruft zur Bürotür herein: Haha,
da hatte ich es in Bahrain besser! Ich
habe an der Tankstelle mit einem 50
Euro-Schein bezahlt und umgerechnet 70
Euro zurückbekommen...
Kerstin: Geh wieder in die Wüste!
Stephan: Du musst aber zugeben, das ist
äußerst effizient. Du warst bei der Pharaonen
Rallye aber schon mal eine Woche in der
Wüste ohne Koffer... warum reißt der immer
vor dir aus?
Kerstin: Ich bin ganz lieb zu ihm, ehrlich.
Stephan: Wenigstens durftest du dann ein
Einkaufszentrum unsicher machen. Es soll
ja Frauen geben, die gerne shoppen gehen...
Kerstin: Lebensmittelmarkt auf dem Land
trifft‘s vielleicht eher. Aber geh mal als Frau
in einem muslimischen Land alleine in
einem Supermarkt ohne Umkleidekabine
Unterwäsche kaufen...
Stephan: Hier wäre das ein Hit! Aber aus
deren Sicht hast du den Laden wohl im
wahrsten Sinne des Wortes terrorisiert - und
dann auch noch uncoole, einfarbige Sachen
eingekauft...
Kerstin: Also mit den kunterbunten Gewändern
hätte ich Kai Ebel locker in den Schatten
stellen können. Noch dazu alles nur in
XXL, sodass ich dreimal reingepasst hätte.
Stephan: Klingt nach einem Outfit für Jacques
Villeneuve! Der kommt in dieser Ausgabe
ja auch zu Wort.
Kerstin: Jacques würde ich sofort dorthin
schicken, klar! Aber wenn ich nur an diese
weiten malaysischen Schlabberhosen
denke... Hilfe!
Stephan: Schlabberhosen, Unterwäsche und
alles andere waren sicher auch in allerlei
psychedelischen Farbtönen gehalten, oder?
Kerstin: Oh ja! Den armen, geschockten
Einheimischen müssen meine mühevoll
zusammengesuchten schwarzen Tops wie
ein Punkrock-Outfit vorgekommen sein.
Stephan: Du Revoluzzerin! Damit wären wir
wieder bei Jacques. Wie stehen dir eigentlich
lila Haare? Stopp, bitte nicht...
Motorsport-Magazin.com führte bei den ersten Saisonrennen
wie gewohnt fleißig Interviews für diese Ausgabe und unsere
Website. Bis Kerstins verschollener Koffer eintraf (s. Editorial),
musste ein malaysisches Ersatz-Outfit herhalten...
VIELEN DANK!
Ein großes Dankeschön an unsere treue Leserschaft:
Unsere Website www.Motorsport-Magazin.com ist
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NEUE KOLUMNISTEN
STARS SCHREIBEN BEI
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM
GLEICH DREI NEUE KOLUMNISTEN BEGRÜSSEN WIR ZUM SAISONSTART AUF UNSERER WEBSITE
MOTORSPORT-MAGAZIN.COM. NEBEN FORMEL-1-STAR NICO ROSBERG BERICHTEN AUCH DIE MOTORRAD-
PILOTEN LUCA GRÜNWALD UND DOMINIQUE AEGERTER EXKLUSIV FÜR UNSERE LESER AUS DER WEITEN
WELT DES MOTORSPORTS. KLEINER AUSZUG GEFÄLLIG?
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MILAGRO, MERCEDES-BENZ
NICO ROSBERG
NÄCHTLICHER BESUCHER
»Im vorletzten Jahr hatte ich in Malaysia ein ganz kurioses
Erlebnis. Als ich am Abend ins Bett ging, legte ich
mein Thomas Sabo Glücksarmband aus schwarzem
Leder auf meinen Nachttisch. Als ich aber am nächsten
Morgen, ich glaube sogar, es war vor dem Rennen,
aufwachte, fehlte die Hälfte davon! In der Nacht hatte
es sich anscheinend eine Ratte auf meinem Nachttisch
bequem gemacht, und das direkt neben meinem Kopf!
Sie muss vielleicht 15 cm von mir entfernt gesessen
und mein Armband verspeist haben...«
Die Strecken Guides von Nico nachlesen:
www.motorsport-magazin.com/goto/NR6/
LUCA GRÜNWALD
VIVA ESPAÑA!
»In der Saisonvorbereitung verbrachte ich ein paar
tolle Tage bei Marcel [Schrötter] und Jonas [Folger]
in Spanien. Dort sind wir unter anderem Supermoto
gefahren. Das war cool! Auf der Kartbahn um die
Ecke haben wir Taddy Blazusiak, den Endurofahrer,
getroffen. Wir sind mit kleinen 100er Maschinen die
ganze Zeit durch die Gegend gerutscht. Das war echt
der Hammer! Taddy ist ein ganz netter Kerl und total
lässig.«
Alle Kolumnen von Luca:
www.motorsport-magazin.com/goto/LG43/
DOMINIQUE AEGERTER
FRISCHER WIND
»Vor Saisonbeginn war ich in Genf im Windkanal. Für
mich war das total interessant. Dort sitzt man auf
dem Motorrad und muss die Position einnehmen, die
man auf der Geraden unter der Verschalung hat. Wir
haben viele Tests mit meiner Sitzposition gemacht.
Ich konnte sie ein bisschen anpassen - was Kopf,
Füße und Arme angeht - damit ich die beste Sitzposition
und den wenigsten Windwiderstand habe.«
Das schreibt Dominique:
www.motorsport-magazin.com/goto/DA77/
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FORMEL 1
INSIDE
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, MIKE WIEDEL
UMFRAGE
WIE GEFÄLLT IHNEN DER
NEUE F1-SOUND?
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT
ERINNERUNGEN AN
ROLAND RATZENBERGER
Wir schreiben das Jahr 1994. Im Alter von 32 Jahren kommt Roland Ratzenberger vor
genau 20 Jahren am Ziel seiner Träume an - er debütiert in der Formel 1. Der Österreicher
ist beliebt, die Engländer nennen ihn »Roland the Rat«. Beim ersten Rennen scheitert
er an der Qualifikationshürde, beim zweiten wird er in einem schwierig zu fahrenden
Simtek Elfter. Dann der 30. April. Imola. Ratzenberger fährt mit ca. 300 km/h die Villeneuve-Kurve
an. Sein Frontflügel bricht, das Auto gerät außer Kontrolle und kracht mit
über 250 km/h in eine Mauer. Es wird bis zur Tosa-Kurve geschleudert. Der Österreicher
erleidet einen Genickbruch und schwere innere Verletzungen. Die Formel 1 ist schockiert
und gelähmt. Auch 20 Jahre danach ist Roland Ratzenberger unvergessen.
JACQUES VILLENEUVE
RENNFAHRER GEHEN RISIKEN EIN
Sound? Welcher Sound? 45%
Klingt schlimmer als meine
elektrische Zahnbürste 27%
Ich steh‘ auf den Turbo-Klang! 14%
Ich werde mich schon dran
gewöhnen 8%
Ist mir nicht so wichtig 6%
CHRISTIAN DANNER
SPRICHT KLARTEXT
Christian
Danner nimmt bei
Motorsport-Magazin.com
kein Blatt
vor den Mund
Jacques Villeneuve kannte Roland Ratzenberger persönlich. Mit
dem Motorsport-Magazin erinnert sich der Weltmeister von 1997
an die beiden Opfer des schwarzen Wochenendes von Imola 1994.
Ein junger Jacques Villeneuve traf
in Japan auf Roland Ratzenberger
Jacques, was sind deine Erinnerungen an Ayrton Senna?
Er war sicher einer der Größten - auf einem Level mit Alain Prost.
Er war superschnell und hatte definitiv etwas Besonderes. Außerdem
war er im Zusammenhang mit der Formel 1 wahnsinnig
leidenschaftlich.
Du kanntest Roland Ratzenberger persönlich...
Ja, ich habe Roland getroffen, als ich in Japan Formel 3 gefahren
bin. Er hat dort ein bisschen auf mich aufgepasst. Ich bin ein
bisschen Gruppe C gefahren und er hat mir dabei geholfen. Er
war wirklich ein super Kerl.
Das waren gefährliche Zeiten damals im Rennsport...
Ja, es ist eine lange Zeit her. Als Rennfahrer hat man einen
eigenen Weg, sein Leben zu leben. Man geht einfach Risiken
ein, nicht unbedingt nur auf der Rennstrecke, auch allgemein im
Leben. Wenn man dann sein Leben lassen muss, ist es wenigstens
schön, dabei seiner Leidenschaft nachgegangen zu sein.
»Der leidige Sound. Ja, die neuen Power Units sind
nicht mehr so laut, aber sie machen noch genug
Krawall, damit man sich auf der Tribüne die Ohren
zuhalten muss. Könnte es lauter sein? Darüber lässt
sich diskutieren. Aber ist das wirklich ein ernsthaftes
Thema? Nein. Die Leute, die das jetzt kennen lernen,
werden in fünf Jahren sagen: Super, so muss es sein.
Es ist nicht immer automatisch alles Alte gut.«
Christian Danner ist exklusiver Formel-1-
Experte von Motorsport-Magazin.com. Auf unserer
Website spricht er zu den Top-Themen der
Formel-1-Welt Klartext.
Mehr unter: www.motorsport-magazin.com/goto/
6 www.Motorsport-Magazin.com
DIE FORMEL 1 DEFINIERT
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Hockenheimring. Wer ab sofort bis einschließlich 22. April Tickets für den Großen Preis
Santander von Deutschland direkt beim Hockenheimring bestellt, erhält die Chance auf ein
Oster-Upgrade! Die bestellten Tickets werden in der nächsthöheren Kategorie ausgegeben,
ohne dass sich der Preis erhöht. Bestellungen sind unter der Hotline +49 (0)6205 - 950 222
sowie per E-Mail (info@hockenheimring.de) und Fax +49 (0) 6205 950 299 möglich. Die Oster-
Upgrades werden im Aktionszeitraum unter allen Bestellungen mit dem Stichwort „Osterei“
verlost. Weitere Informationen: www.hockenheimring.de
Alle lieben
es: Formel-
1-Feeling bei der
Autobahn Tour
2014 erleben
MOTORRAD
INSIDE
TEXT: MARKUS ZÖRWEG, MICHAEL HÖLLER
Edgar Torronteras
steht nicht auf
Partys, aber auf
Blondinen
FOTOS: MILAGRO, MONSTER
10
2-Takt
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EDGAR TORRONTERAS
oder 4-Takt?
2-Takt.
Blondinen oder Brünette?
Blondinen. Wie meine Frau!
Contest oder Show?
Show.
Bier oder Sangria?
Sangria!
Real Madrid oder FC
Barcelona?
Keine Ahnung, ich bin kein
großer Fußballfan.
Marc Marquez oder
Fernando Alonso?
Marquez.
Strand oder Berge?
Berge.
Party oder
Familienabend?
Definitiv Familienabend.
Playstation oder Xbox?
Playstation.
Hässlicher Double-Backflip
oder superstylischer
Whip?
Ganz klar, der Whip!
EXPLOSIVER
ADRENALINRAUSCH
Schnelle Autos, heiße Frauen und rasante Action: Mit »Highspeed - Leben
am Limit« erwartet Rennfans ein atemberaubender Action-Kracher im
Stile von »Fast and Furious« und »Nur noch 60 Sekunden«. Die beiden
Filmhelden Ari und Navas sind Teil der illegalen Rennszene und verdienen
sich ihr Geld mit Überfällen. Für ihren neuesten Coup lässt sich Ari auf
eine Affäre mit Mikel ein, einem Ex-Rennfahrer und Verlobten der Besit-
zerin eines Juwelierladens. Von ihm erhoffen sie sich Insiderwissen und
leichten Zugang zur Beute. Alles verläuft nach Plan, bis sich Ari in Mikel
verliebt... Der Film ist ab sofort auf DVD & Blu-ray erhältlich.
»DIESES BIKE
MUSS MAN
EBEN HINTEN
RANNEHMEN,
ABER WIR HABEN
JA ALLE EINE
EX-FREUNDIN,
DIE DAS AUCH
MOCHTE.«
Colin Edwards
über die Vorlieben der Forward Yamaha
Daijiro Kato ist in
der MotoGP
unvergessen
NUMMER 74
BLEIBT UNVERGESSEN
Daijiro Katos Todestag jährt sich am 20. April zum elften Mal. Der Japaner verstarb im
Alter von 26 Jahren 13 Tage nach einem schweren Unfall beim Auftaktrennen in Suzuka.
Nach diesem fatalen Crash verschwand Suzuka bis heute aus dem MotoGP-Kalender.
Die Königsklasse ist seither in Motegi beheimatet. Kato hingegen schaffte es, als bislang
einziger Japaner von Dorna und FIM offiziell zur MotoGP-Legende ernannt zu werden.
Er feierte zwischen 1997 und 2001 insgesamt 17 Siege in der 250cc-WM und krönte
sich 2001 zum Weltmeister. In der MotoGP holte er in seiner ersten Saison eine Pole
Position und zwei zweite Plätze. 2002 wurde er zum Rookie of the Year gewählt. Seine
Startnummer 74 wird in der Motorrad-WM nicht mehr vergeben.
ROSSI LEUCHTET
IN DER NACHT
Valentino Rossi brachte in Katar nicht nur die
Augen seiner Fans zum Leuchten. Der neunfache
Weltmeister montierte im Training kurzerhand eine
LED-Leiste an die Hinterseite seines Helms und
sorgte damit für Aufsehen bei den wenigen Zusehern
an der Strecke und den vielen vor den Fernsehschirmen.
Für das Rennen untersagte die FIM
Rossi allerdings den Gebrauch dieses Helms. Ob
ihn ausgerechnet das schneller gemacht hat,
konnten wir nicht in Erfahrung bringen.
1. Reihe: (sitzend): Espargaro 1.v.l., Rossi 3.v.l., Lorenzo 4.v.l., Marquez 5.v.l., Pedrosa 6.v.l., Dovizioso
8.v.l., Bradl 9.v.l. 2. Reihe: (stehend): Bautista 4.v.l., Hayden 5.v.l., Aoyama 6.v.l. 3. Reihe: di Meglio 1.v.l.
SO VIELE WELTMEISTER
WIE NOCH NIE
Zum ersten Mal in der Geschichte der Königsklasse stehen elf Fahrer,
die schon einmal einen Titel in der Motorrad-WM gewannen, in der
Startaufstellung. Neben Valentino Rossi (9 Titel), sind das Jorge Lorenzo
(4), Marc Marquez (4), Dani Pedrosa (3), Nicky Hayden, Stefan Bradl,
Pol Espargaro, Hiroshi Aoyama, Andrea Dovizioso, Alvaro Bautista und
Mike di Meglio (je 1).
LEGENDÄRE
BOLIDEN
CITROEN
XSARA
WRC
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
DER KÖNIGS-
RALLYE-LEGENDE AUF VIER RÄDERN: DER
CITROEN XSARA WRC BEGRÜNDETE DIE
ERFOLGSSERIE DES FRANZOSEN SÉBASTIEN LOEB.
MACHER
TEXT: SAMY ABDEL AAL
10 www.Motorsport-Magazin.com
Korsika, Oktober 2001. Jesús Puras, bereits siebenmaliger
spanischer Rallye-Meister, krönt
seine Karriere mit dem einzigen Sieg bei einem
Lauf der WRC. Was damals niemand weiß: die
Rallye Korsika wird an jenem Wochenende
Geburtsstätte einer wahren Rallye-Legende. Die
Rede ist jedoch nicht von Puras selbst. Mit diesem
Erfolg betrat der Citroen Xsara die größte
Rallye-Bühne. Damit begann eine fast einmalige
Erfolgsstory.
Nur wenige Monate nach Puras‘ Erfolg triumphiert
der Citroen Xsara WRC beim Saisonauftakt
2002 in Monte Carlo erneut. Am
Steuer: ein gewisser Sébastien Loeb. Zwar wird
Citroen der Sieg nach einer Zeitstrafe nachträglich
aberkannt - das Schreckensduo Xsara/Loeb
hatte jedoch Blut geleckt. Insgesamt 28 der 32
WRC-Siege des Xsara WRC gehen bis Ende des
Jahres 2006 auf das Konto des Franzosen. Drei
seiner neun aufeinanderfolgenden WM-Titel
holt Rallye-König Loeb mit Citroens Wunderwaffe,
ehe diese 2007 durch den nicht minder
erfolgreichen Citroën C4 WRC ersetzt wird.
Carlos Sainz, Colin McRae, Francois Duval:
Auch andere Größen des Rallye-Sports helfen
dem Citroen Xsara WRC dabei, an seinem
Legendenstatus zu feilen. 2003 und 2004 sichert
sich Altmeister Sainz zwei WM-Siege mit Citroens
Rallye-Regenten. Auch der Belgier Duval
jubelte am Steuer des Xsara über den einzigen
Triumph seiner WRC-Karriere.
TECHNISCHE DATEN
Baujahr: 2003
Antrieb: Allrad
Zylinder: 4
Hubraum: 1998 ccm
Leistung: 310 PS
Leergewicht: 1.230 kg
Länge: 4.167 mm
Breite: 1.770 mm
Radstand: 2.555 mm
Mit dem Citroen
Xsara WRC begann
die Dominanz des
Sebastien Loeb
www.Motorsport-Magazin.com 11
PRO & CONTRA
ZERSTÖRT SICH DIE FORMEL 1 SELBST?
Die guten, alten
V10-Motoren machten
höllischen Lärm
In der neuen Ära hört
man sogar quietschende
Reifen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
+++ PRO +++
+++ CONTRA +++
»Der Sound ist scheiße« - das sagt Vierfach-Champion und hängeschild Sebastian Vettel. Der Deutsche nimmt in Bezug auf die neuen
Formel-1-Aus-
1.6 Liter V6-Turbomotoren kein Blatt vor den Mund und damit ist er nicht
allein. Die Mehrheit der Fans geht angesichts der zu leisen Motoren auf die
Barrikaden.
Diese aktuelle Diskussion ist nicht schön, aber für die F1-Verantwortlichen
noch lange kein Grund für schrillende Alarmglocken. Ein Fehler, denn der
Sport ist auf dem besten Wege, sich selbst zu zerstören. Es geht dabei nicht
um die Motorendiskussion an sich, sondern darum, dass die Formel 1 sich
von dem wegbewegt, was sie ausmacht und damit auch von ihren Fans.
Wer Beweise braucht, muss nur die Austragungsorte der Rennen auf der
Landkarte suchen - gefahren wird, wo viel Geld ist.
Ohrenbetäubender Motorenlärm, spannende Zweikämpfe, Rennfahrer, die
sich am Limit bewegen - dafür steht die Formel 1 seit über 60 Jahren. Doch
was ist davon übrig geblieben? Natürlich muss der Sport mit der Zeit gehen,
doch dabei darf das Königliche, das Spezielle an der Rennserie nicht verloren
gehen - und der Sound der Motoren war ein elementarer Teil dessen.
Dieser fiel nun dem neuen, umweltfreundlichen Gedanken zum Opfer. Doch
was soll an Fahrern, die schon 100 Meter vor einer Kurve bremsen, um
Sprit zu sparen, königlich sein? Und doppelte Punkte ausgerechnet beim
Saisonfinale zu verteilen, weil bei den Verantwortlichen das Geld in Form
von Öl-Bächen fließt, lässt die Formel 1 für mich nicht speziell erscheinen,
sondern einfach nur lächerlich.
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
Der Sound: kläglich! Die Nasen: hässlich! Die Regeln: unverständlich!
Die neue Formel-1-Ära stieß bei vielen Fans auf wenig Gegenliebe.
Berechtigt? Nicht immer und schon gar nicht in dieser Intensität. Wie so
viele Dinge im Leben ist auch in der neuen Königsklasse nicht alles
schlecht, was neu ist und automatisch alles gut, was früher einmal war.
Ja, die neuen Hybrid-Turbomotoren klingen anders, sind auch leiser als
ihre Vorgänger. Aber wird dadurch ein Rennen uninteressanter, langweiliger
oder gar unansehbar oder sagen wir besser unanhörbar? In meinen
Augen und Ohren nicht. Mich interessieren spannende Zweikämpfe und
Rad-an-Rad-Action. Ob die Motoren ein paar Dezibel lauter sind, sorgt
für keinerlei Überholmanöver, die laut einer Fan-Umfrage vor einigen
Jahren ja das Salz in der F1-Suppe sind.
Natürlich haben wir uns an das hohe Kreischen der V8- und vorher der
V10-Motoren gewöhnt, aber das wird auch schnell mit der Geräuschkulisse
der V6-Turbos der Fall sein. Wer schon mal an der Boxenmauer
gestanden hat, wenn ein V10 mit Vollspeed vorbeibeschleunigt hat, kann
sicher auf die schmerzenden Ohren danach verzichten. Musik war das
ganz bestimmt nicht.
Am Anfang ist es immer leicht, alles zu kritisieren. Auch die schmaleren
Autos sind heutzutage ein völlig normaler Anblick für uns. Wichtig ist,
dass die Action stimmt. Bei den doppelten Punkten gebe ich zu, dass
die Formel 1 definitiv über das Ziel hinausgeschossen ist, aber von
Selbstzerstörung kann keine Rede sein. Gebt der neuen F1-Ära eine
Chance!
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
12 www.Motorsport-Magazin.com
Spektakuläre
Motocross-Action
mit MXGP
Der Spieler gibt
virtuell Vollgas auf
den besten Pisten
MXGP - MIT VIEL LIEBE ZUM DETAIL
MOTOCROSS-FANS AUFGEPASST! MXGP BRINGT DIE SPEKTAKULÄRE SPORTART DIREKT AUF DEN BILDSCHIRM IHRER
WAHL - VON DER PLAYSTATION3 ÜBER DIE XBOX 360 UND DIE PLAYSTATION VITA BIS ZUM PC.
TEXT: CHRISTIAN MENATH
Seit 28.03.2014 steht für alle Fans der Motocross-Szene
ein wahrer Leckerbissen in den
Regalen: Der renommierte Videospieleentwickler
Milestone hat weder Kosten noch Mühen
gescheut, um das offizielle Spiel zur FIM
Motorcross Weltmeisterschaft 2013 zum neuen
Maßstab für Motorradsimulationen zu machen.
In Zusammenarbeit mit Fahrern der MX1- und
MX2-Klasse konnten die Entwickler bisher
unerreichten Realismus bei der Fahrphysik
umsetzen, der auf PlayStation3, Xbox 360,
PlayStation Vita und PC nachempfunden werden
kann. Bei MXGP erwartet die Gamer aber
nicht nur atemberaubender Realismus beim
Fahrverhalten der Motorräder: Insgesamt stehen
60 Fahrer auf 60 unterschiedlichen Bikes
zur Wahl, mit denen der Spieler auf allen 14
offiziellen Strecken der Weltmeisterschaft sein
Talent unter Beweis stellen darf. Die Spieler
können dabei selbst wählen, ob sie in der MX1
oder in der MX2 antreten wollen.
Neben komplett neu vermessenen Strecken
bietet MXGP auch ein vollkommen überarbeitetes
Grafikmodell. Die Austragungsorte werden
damit nicht nur realitätsgetreu ausgeleuchtet
und mit der gesamten Umgebung inklusive
der Fans in perfekter 3D-Grafik abgebildet,
sondern bieten noch mehr: Durch das Terrain
Deformation System bleibt kein Erdklumpen
auf dem anderen liegen, wenn Motocross-
Größen wie Antonio Cairoli mit ihren Bikes über
die Strecke jagen.
Um auch die Bewegungsabläufe der Fahrer so
echt wie möglich aussehen zu lassen, hat
Milestone das sogenannte Motion Capture
Verfahren benutzt. Mit Sensoren bestückte
Anzüge zeichnen die Bewegungsabläufe der
echten Stars auf und helfen den Entwicklern
dabei, sie im Videospiel wiederzugeben. Die
Ästhetik kommt dabei übrigens nicht zu kurz:
Auch ‚Monster Girl‘ Grace Leslie Rowe räkelte
sich im Spezial-Anzug.
Ein besonderes Highlight stellt der komplett
neuartige Karriere-Modus dar. Erstmals in der
Geschichte eines Motocross-Videospiels können
nicht nur einzelne Rennen oder Saisons
nachgespielt werden, sondern ganze Karrieren.
Im eigenen Büro kann sich der Spieler ständig
über den Stand des Karrierefortschritts informieren.
Durch gute Leistungen verdient er sich
eine höhere Reputation und das Interesse der
Teams an einer Verpflichtung steigt. Auch
Naturtalente müssen sich erst einmal den Weg
an die Spitze bahnen. Wie viel Liebe zum Detail
in MXGP steckt, zeigt auch die Einrichtung des
virtuellen Büros: Die Motocross-Profis waren
mit der ursprünglichen Ausstattung nicht
zufrieden. Seitdem stehen Mountainbikes und
Hantelbänke in den Arbeitszimmern.
MXGP ist erhältlich für
PS3, XBOX 360, PC
und PS Vita
www.Motorsport-Magazin.com 13
Wayne Rainey holte
1992 den letzten
seiner drei WM-Titel
TEXT: MICHAEL HÖLLER
KYALAMI 1992
DOOHAN GEHT GEGEN
RAINEY LEER AUS
Das Saisonfinale 1992 in Südafrika stand im Zeichen großer Abschiede. Für
Eddie Lawson, Wayne Gardner und Randy Mamola war es das letzte Rennen
ihrer Karriere. Es ging in Kyalami aber um mehr: An der Spitze der WM-Wertung
lag Mick Doohan nur zwei Punkte vor Wayne Rainey. Doohan - damals noch
ohne Titel - hatte die erste Saisonhälfte dominiert, war in Assen aber schwer
gestürzt, hatte vier Rennen versäumt und erst zwei Wochen vor Kyalami sein
Comeback gegeben. Rainey, der ebenfalls ein Rennen pausieren musste, hatte
in der Zwischenzeit aufgeholt. In Kyalami musste er vor Doohan ins Ziel kommen.
Sein damaliger Teamchef Kenny Roberts soll Rainey gefragt haben, ob
er im Rennen Hilfe von seinem Teamkollegen John Kocinski wolle, doch der
Kalifornier soll verneint haben. Dennoch wechselte die Führung am Start von
Polesitter Kocinski an Rainey. Das Yamaha-Duo lieferte sich in den Anfangsrunden
mit Doug Chandler einen Dreikampf. Für Doohan sah es hingegen nicht
DENK-
WÜRDIGE
RENNEN
gut aus, denn er fiel rasch auf Rang sechs hinter Kevin Schwantz und Wayne
Gardner zurück. Letzterer legte in der zweiten Rennhälfte gehörig zu, kassierte
Chandler und Rainey und kam hinter Kocinski als Zweiter ins Ziel. Rainey
reichte allerdings ein ungefährdeter dritter Rang zum Titelgewinn, da Doohan
mit 30 Sekunden Rückstand nur Sechster wurde. Der neue und alte Weltmeister
musste sich allerdings gegen Vorwürfe wehren, nur aufgrund von Doohans
Unfall den Titel geholt zu haben. »Niemand hat mir diese Meisterschaft
geschenkt«, verteidigte er sich später. Exakt 364 Tage danach sollte Rainey
in Misano jener schwere Rennunfall widerfahren, der ihn für immer an den
Rollstuhl fesselte.
DATUM: 6. September 1992
STRECKE:
Kyalami
DISTANZ:
28 Runden = 119.280 Kilometer
STARTER: 31
WETTER:
Sonnig
POLE POSITION:
John Kocinski (1:39.548 Minuten)
SCHNELLSTE RENNRUNDE: Wayne Gardner (1:39.952 Minuten)
FOTOS: MILAGRO
Erst im letzten Rennen
sicherte sich Rainey
den Gesamtsieg
Mick Doohan konnte Rainey
nicht die Stirn bieten
14 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | MOTORRAD
DAS PHÄNOMEN
ALEIX ESPARGARO
TEXT: MICHAEL HÖLLER
WARUM DER SYMPATHISCHE UNDERDOG EINE CHANCE IN EINEM WERKSTEAM VERDIENT HAT.
FOTOS: MILAGRO
L
ange Zeit flog er in der Motorrad-WM
unter dem Radar der meisten Fans,
quälte sich in den unteren Serien im
Mittelfeld und fuhr eineinhalb Jahre bei Pramac in
der MotoGP fernab von großem außerspanischem
Medieninteresse. Doch spätestens seit seinen
glanzvollen CRT-Auftritten im Vorjahr ist Aleix
Espargaro der breiten Masse der Zweirad-Fans ein
Begriff. 2014 legt er gehörig nach und sollte langsam
für die Werksteams ein Thema werden.
Er entspricht allen Klischees des sympathischen
Underdogs, der mit geringen Mitteln und stumpfen
Waffen gegen übermächtige Gegner in den Kampf
zieht und am Ende doch immer knapp verliert.
Wobei Verlieren im Falle Espargaros relativ ist, denn
die CRT-interne Gesamtwertung gewann er in den
letzten beiden Jahren eindrucksvoll, in der Open-
Kategorie wird das 2014 wohl nicht anders sein,
wie die bisherigen Ergebnisse nahelegen. Doch bei
Espargaro muss man höhere Ansprüche ansetzen,
denn er hat das Potenzial, sich mit den Werksmotorrädern
zu duellieren. Besonders weil ihm unter
dem Open-Reglement auf der letztjährigen Werks-
Yamaha, aber vor allem wegen der weicheren
Reifen noch mehr zuzutrauen ist als 2012 und
2013. Mit starken Einzelrunden bei den Testfahrten
und Serien-Bestzeiten in den Trainings beim Auftakt
in Katar sorgte er für hochgezogene Augenbrauen
bei Experten und finsteres Stirnrunzeln bei der
Konkurrenz. Die großen Werke wetterten schon,
wie unfair die Open-Zugeständnisse denn seien.
Die große Revolution in Form einer Pole oder eines
Sieges fand dann doch nicht statt, weil Espargaro
im Qualifying patzte. Erstmalig in seiner Karriere
unter Erwartungsdruck, parkte er sein Motorrad
zweimal im Kies und verpasste die erhoffte erste
Startreihe beim Saisonauftakt klar. Dennoch reichte
es im Rennen dank prominenter Ausfälle zu Rang
vier und somit dem besten MotoGP-Ergebnis seiner
Karriere. Espargaro befindet sich seit Februar auf
einem sportlichen Höhenflug. Auch medial
bekommt der Spanier immer mehr Aufmerksamkeit,
vor allem da er gemeinsam mit Tech3-Rookie
Pol das erste Brüderpaar in der MotoGP seit langem
bildet. Bisher fieberten sich die Geschwister gegenseitig
zu, feuerten den jeweils anderen von der
Boxenmauer an und schienen sich bei einem Sieg
des Bruders noch mehr zu freuen als bei einem
eigenen. 2014 dürfen sie sich gemeinsam im
Scheinwerferlicht der Königsklasse des Motorradsports
sonnen.
Aleix Espargaro als umgänglich zu bezeichnen
wäre die Untertreibung des Jahres. Sein strahlendes
Lächeln scheint noch heller durch das
Fahrerlager als jenes von Marc Marquez oder
Alvaro Bautista. Nie fällt ein böses Wort oder
gar eine abfällige Geste, wobei die gute Laune
nicht aufgesetzt, sondern stets authentisch
wirkt. Wer schon einmal unter vier Augen ein
Interview mit Espargaro führen durfte, weiß
wovon ich rede. Sunny Boy und Everybody‘s
Darling zugleich: Espargaro ließe sich für jeden
Hersteller gut vermarkten. Seine Karten im
Transferpoker sollten nicht allzu schlecht stehen
und im Alter von 24 Jahren muss der Spanier
langsam den nächsten Schritt auf der
Karriereleiter aktiv anstreben. Sein Erfolg und
sein Wesen geben ihm beste Voraussetzungen
dazu. Und wenn im Laufe der Saison vielleicht
auch noch das eine oder andere Podium oder
eine Pole Position hinzukommt, sollte er spätestens
dann auf den Listen der Headhunter
von Yamaha, Honda, Ducati und Suzuki sehr
weit oben rangieren. Wir geben den Herren Lin
Jarvis, Shuhei Nakamoto, Gigi Dall‘Igna und
Davide Brivio hiermit jedenfalls eine offizielle
Kaufempfehlung ab.
www.Motorsport-Magazin.com 15
TEXT: MICHAEL HÖLLER, MARIA POHLMANN & MARKUS ZÖRWEG
FOTOS: DUCATI DEBATTE
RECHT UND UNRECHT:
WEM HILFT DAS NEUE REGLEMENT?
DIE DORNA SCHREIBT DIE REGELN FÜR DUCATI NEU, FANS UND FAHRER SIND VERWIRRT. IST DER WETTBEWERB IN DER MOTOGP ÜBERHAUPT NOCH FAIR?
Der Motorsport
breitet sich in
aller Welt aus
Maria: Zugegeben, was die Übersicht angeht,
sind die neuen Regeln der MotoGP 2014 nicht
unbedingt ideal. Grundsätzlich finde ich die
Ideen der Dorna aber super. So hat Ducati
wenigstens die Chance, eines Tages wieder an
der Spitze dabei zu sein.
Michael: Die Zuschauer wollen doch in erster Linie
eine gute Show. Wer welche Reifen aufgezogen,
beziehungsweise wie viele Liter im Tank hat,
bekommt doch niemand mit.
Markus: Wenn‘s nur um die Show gehen würde,
könnten die Fans auch andere Serien verfolgen. Sie
wollen aber ihre Helden gewinnen sehen. Wenn sie
jetzt nicht mehr verstehen, warum ein Fahrer an einer
bestimmten Position liegt, wird‘s kritisch.
Michael: So kritisch hinterfragen die meisten Fans
das nicht... Das sind eher wir Journalisten. Wir brauchen
ja auch eine Daseinsberechtigung.
Maria: Sicherlich hinterfragen die Fans das nicht
so kritisch, aber die Leute, die sich wirklich
dafür interessieren, möchten auch mehr über
die Hintergründe erfahren und sind an den
Regeln interessiert.
Markus: Für die Dorna geht es eben hauptsächlich um
Zuschauer und das damit verbundene Geld. Dafür ist
es wichtig, viele Motorräder und Fahrer an der Spitze
zu haben. Ob das sportlich fair ist, ist denen egal. Da
helfen sie lieber Ducati etwas nach.
Michael: Das ist ja auch gut so. Sonst sind die Italiener
plötzlich weg und man steht mit zwei Herstellern
da. Das bringt niemandem etwas.
Markus: Eine Chance hat Ducati aber wohl nur, wenn
Honda und Yamaha aussteigen. Selbst mit den zugestandenen
Vorteilen sind sie von der Spitze meilenweit
entfernt. Außer Verwirrung bringt das also gar nichts.
Maria: Ducati hat schon eine Chance und dank
der Extras können sie diese auch ausnutzen.
Schließlich plant Gigi Dall‘Igna ein komplett
neues Bike zu bauen und dazu braucht er einfach
die Freiheiten, viele Dinge auszuprobieren.
Ich bin mir sicher, dass sie es wieder schaffen
können.
Michael: Da geht‘s eher um die ferne Zukunft mit
verpflichtender ECU. Bis die 2016 kommt, wird
Ducati weiterhin im Schatten von Honda und Yamaha
stehen. Und dann wird sowieso alles anders - hofft
zumindest Carmelo Ezpeleta.
Markus: Suzuki kommt nächste Saison eh wieder
zurück, denen gebe ich bessere Chancen, an der
Spitze mitzufahren.
Maria: Bis zum nächsten Jahr sollte auch Ducati
es geschafft haben, wieder mithalten zu können.
Ideales Szenario wäre doch, wenn die Italiener
und die Japaner vorne mitkämpfen könnten. Ich
finde, dafür kann man auch die Zugeständnisse
für Ducati und Suzuki hinnehmen.
Michael: Meiner Meinung nach ist bis 2016 die
neuen Regeln kommen ohnehin alles nur Flickwerk.
Und an der Hackordnung, beziehungsweise der
Dominanz von Honda und Yamaha wird sich bis
dahin nichts ändern.
Markus: Da gebe ich dir Recht. Ich glaube, dass die
Probleme von Ducati einfach tief in ihrer Mentalität
verankert sind. Selbst Rossi hat ja gesagt, dass es viel
einfacher ist, mit Japanern zu arbeiten.
Maria: Es geht dabei ja auch um die Zukunft.
Außerdem: Warum sollte Ducati nicht schon
jetzt bei der Musik dabei sein? Aleix Espargaro
auf der Open-Maschine schafft es doch auch.
Insgesamt sieht das Feld viel ausgeglichener
aus dieses Jahr.
Markus: Weil Aleix ein super Bike fährt, welches ein
Jahr alt ist. Das ist immer besser, als eine neue
Maschine, die einfach Schrott ist. Die Ducati ist meines
Erachtens übrigens auch Schrott.
Michael: Auf Dauer muss Ducati selbst sehen, dass
sie an die Spitze kommen und nicht auf die Hilfe der
Dorna hoffen.
Maria: Bis sie dahin kommen, ist etwas Schützenhilfe
aber wirklich angebracht. Die Dorna ist
ja dafür da, die Serie bestmöglich zu vermarkten
und das geht nur, wenn sie etwas nachhelfen.
Ohne Herstellervielfalt gibt es schließlich auch
keine Action für die Fans.
16 www.Motorsport-Magazin.com
KOLUMNE | FORMEL 1
ALARMSTUFE ROT -
DOMENICALI THE NEXT WHITMARSH?
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
DIE BERÜHMTEN GESETZE DES MARKTES GELTEN AUCH IN DER FORMEL 1. WHITMARSH IST WEG, DOMENICALI KÖNNTE FOLGEN.
J
a, Mercedes scheint einen Vorsprung
zu haben. Sie scheinen eine Sekunde
vorne zu liegen. Aber ihr braucht jetzt
nicht mit der Schlagzeile zu kommen ‚Ferrari
liegt eine Sekunde zurück‘.« Fernando Alonso ist
in Australien der Frust deutlich ins Gesicht
geschrieben. Der siegeshungrige Spanier sieht
in seinem fünften Ferrari-Jahr erneut seine Felle
davonschwimmen. Eine Sekunde Rückstand auf
Mercedes hin oder her - Fakt ist, dass Ferrari
mal wieder zu Saisonbeginn hinterherhinkt. Mal
wieder sind die Roten nicht die Gejagten, sondern
die Jäger. Nach vier Jahren Red-Bull-Dominanz
scheint diese Saison eine neue, silberne
Ära anzubrechen. Und Ferrari? Der italienische
Traditionsrennstall sieht wortwörtlich Rot, allen
voran Teamchef Stefano Domenicali. Der Druck,
der auf seinen Schultern lastet, ist ihm in Australien
deutlich anzusehen. Noch am Sonntagabend
war er nach den Plätzen vier und sieben
von Alonso und Kimi Räikkönen bemüht, Ferraris
aktuellen Performance-Nachteil gegenüber den
wartenden Journalisten zu erklären. Vergeblich.
Seine gebückte Haltung ließ ihn auf dem schwarzen
Stuhl wie einen kleinen, verängstigten
Schuljungen vor dem Büro des Direktors wirken.
Domenicali weiß, welche Stunde für ihn geschlagen
hat. Ein weiteres Jahr ohne Titelgewinn wird
Präsident Luca di Montezemolo nicht dulden,
Konsequenzen würden auf dem Fuße folgen -
und damit könnte Domenicali das gleiche
Schicksal ereilen wie vor einigen Monaten Martin
Whitmarsh. Der Brite ist in der Winterpause von
der McLaren-Bildfläche verschwunden, bis heute
warten die Journalisten auf einen Kommentar
von ihm zu seinem »Rauswurf«. Ob Domenicali
auch so schweigsam die Formel-1-Bühne verlassen
würde? Beide verbinden durchaus
Gemeinsamkeiten. Nach den Herrschaftsjahren
von Jean Todt und Ron Dennis, die wohl niemals
einen Beliebtheitswettbewerb gewinnen werden,
sollten Stefano Domenicali und Martin Whitmarsh
Ferrari und McLaren einen positiven
Imageschub verschaffen und ihre jeweiligen
Teams in eine neue, erfolgreiche Ära führen.
Doch mit jeweils einem eingefahrenen Titel in
ihrer mehrjährigen Teamchefzeit - 2007 Kimi
Räikkönen/Ferrari; 2008 Lewis Hamilton/
McLaren - gilt ihre Aufgabe endgültig als
gescheitert. Im Fall von Whitmarsh zog Ron Dennis
in der Winterpause die Reißleine. Der
McLaren-Oberboss riss die Kontrolle im Team
wieder an sich und ersetzte Whitmarsh klangheimlich
durch Neo-Sportdirektor Eric Boullier.
Gewisse Personen seien in der Vergangenheit
verwirrt gewesen und hätten den Fokus verloren,
begründete Dennis seine Entscheidung, ohne
Martin Whitmarsh beim Namen zu nennen. Die
Zeit von Whitmarsh ist abgelaufen, wie viel Zeit
bleibt Domenicali? Wie Ron Dennis könnte Luca
di Montezemolo, der Anfang des Jahres keinen
Zweifel daran aufkommen ließ, dass alles außer
dem Titelgewinn nicht akzeptabel sei, seinen
Worten Taten folgen lassen. Doch wer könnte im
‚worst case‘ die Rolle von Domenicali übernehmen?
Ein passender Kandidat scheint auf den
ersten Blick nicht in Sicht zu sein, allerdings
gelten Teamchefs in der aktuellen Formel 1
sowieso als aussterbende Rasse. Ferrari könnte
in Zukunft durchaus dem Modell von Mercedes
folgen - dort hat sich das junge, frische Blut
längst bewährt. Mercedes sind 2014 die
Gejagten - eine Rolle, die Ferrari so schnell wie
möglich wieder einnehmen muss.
Stefano Domenicali
muss 2014 einen
Titel gewinnen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
17 www.Motorsport-Magazin.com
MARK & KEITH SUTTON
LIFE THROUGH A LENS
Champagner Marsch!
Nico gefällt die neue Ära
Folge Mark Sutton bei
twitter @suttonimages
01
01 EMOTIONALER NICO
Ein großartiges Bild von Nico Rosberg. Ich konnte kaum
glauben, dass er bei all seiner Gelassenheit auf dem
Podium so emotional sein würde. Das war toll zu sehen.
Wenn er gewinnt, brechen die Emotionen nur so aus ihm
heraus. Im letzten Jahr wurden die Dauersiege und Vettel-
Finger schon etwas langweilig. Hier sieht man die pure
Erleichterung und Lust am Sieg: Vom ersten Moment, als
Nico auf das Podium stieg über die Pokalübergabe bis
zum Champagner. Es war nicht sein erster Sieg oder sein
erstes Rennen, aber er sieht es als ersten kleinen Schritt
mit Mercedes in diesem Jahr. Es geht nur darum, so viele
Punkte wie möglich zu sammeln.
02 NEUGIERIGER ADRIAN
Sebastian Vettels Red Bull stand in Melbourne nah am
Sauber und so wanderte Adrian Newey herüber. Das
macht er bei jedem Rennen, und zwar ganz offensichtlich!
Monisha Kaltenborn ist sogar direkt an ihm vorbei gelaufen
und hat ihn angegrinst. Ein echt lustiger Moment. Adrian
stört so etwas nicht. Er scheint die anderen Autos anzuschauen
und sofort zu erkennen, in welche Richtung sie
gehen. Vielleicht sieht er etwas, das funktionieren könnte,
aber letztlich machen alle Teams das gleiche. Ich würde
nicht so weit gehen, es Spionage oder Betrug zu nennen.
Newey liebt es einfach, herumzulaufen und zu schauen,
was die anderen machen. Einfach faszinierend.
03 LUFTIGER JENSON
Ich habe das Rennen auf einer Großbildleinwand verfolgt
und sah, dass sie Nahaufnahmen von Jenson Buttons
Fahrzeugnase machten. Interessanterweise konnte man
in Melbourne zum ersten Mal den Streckensprecher über
den Motorenlärm hören. Der Turbo-Motor ist immer noch
recht laut, aber wir brauchen keine Ohrstöpsel mehr. So
habe ich gehört, dass seine Nase beschädigt war. Also
dachte ich mir: »Das Foto muss ich haben!« Hier fährt er
mit 210 oder 220 km/h durch Kurve zwei. Ich schwenke
also bei seiner Fahrt mit. Es ist unglaublich, dass er damit
noch Dritter geworden ist. Er muss definitiv frische Luft
an den Füßen gefühlt haben!
Genau hinschauen:
Newey behält die
Konkurrenz im Blick
Nasenloch:
Schönheits-OP
mit Wirkung
02 03
KOLUMNE | FORMEL 1
HITCHHIKER‘S GUIDE TO F1
DIE LEHREN DES AUFTAKTS
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
WAS HABEN WIR NICHT ALLES GELERNT IN DEN ERSTEN SAISONRENNEN... JA, WAS EIGENTLICH?
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RENAULT, MERCEDES-BENZ, MOTORSPORT-MAGAZIN
Einsam und
verlassen: Nicos
Helm und Pokal
Neues Gesicht: Kevin
Magnussen mischt
die Etablierten auf
LEHRE NUMMER 1: Vom Gejagten zum Jäger
Ihr glaubt also, dass es bei dieser Lehre um Red Bull geht? Ja? Falsch! Jetzt werdet ihr sicher
schmollend einwerfen: Aber da steht doch »Vom Gejagten zum Jäger« - das kann doch nur
Red Bull sein... Nein, immer noch falsch [an dieser Stelle ein markerschütterndes Geräusch
ähnlich dem »Zonk« vorstellen, wer den nicht mehr kennen sollte: das ist auf jeden Fall deutlich
lauter als diese V6-Turbo-Motörchen]. Und was ist jetzt mit der Jagd? Die war ausgiebig,
grausam und bis zuletzt offen. Auf der Rennstrecke mag Mercedes zum unangefochtenen
Gejagten mutiert sein, in der eigenen Fahrerlager-Hospitality entwickelten sie sich in der
Affenhitze von Sepang jedoch wieder zurück zum eiskalten (ja okay, Malaysia, also sagen wir
lieber knallharten) Jäger. Der Kampf gegen eine lästige Fliegen-Plage verlangte eben nach
äußerst effizienten Jagdstrategien.
LEHRE NUMMER 2: Wir lieben ihn, wir hassen ihn...
Ach wie herzallerliebst. Kevin Magnussen strahlte in Australien über das gesamte Gesicht. Die
Formel-1-Welt hat einen neuen Everybody‘s Darling. Ein Podium beim Debüt fühle sich für
ihn wie ein Sieg an, meinte der Däne irgendwie putzig, wenn auch arg abgedroschen. Und
was machte sein zurückgekehrter Chef? Er nörgelte: »Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht
dort, wo wir sein möchten.« Rumms. Ron ist wahrlich zurück. In allerbester, unausstehlicher
Dennis-Manier. Wenn man in der Journalistenmeute neben ihm stand, wollte man ihn am
liebsten Erwürgen - und ihn danach dazu beglückwünschen. Irgendwie hat er uns an vorderster
Front einfach gefehlt. In Malaysia waren Kevins Presserunden übrigens komplett überfüllt. Ein
Wunder, dass der geschäftstüchtige Ron keine Tickets dafür verkaufen wollte.
Völlig entnervt:
Romain Grosjean
verzweifelt am E22
LEHRE NUMMER 3: Diese Franzosen!
Versteh mal einer die Franzosen. Oder wahrscheinlich eher nicht. Zum Glück gibt es Lotus.
Deren Fabrik war für einige Jahre von französischen Truppen besetzt. Außerdem haben sie
einen französischen Fahrer, der genau genommen aber eigentlich Schweizer ist (was wir
allerdings nicht so laut sagen dürfen, sonst springen seine französischen Geldgeber auch noch
ab und dann wird‘s richtig finster in der ehemaligen Kolonie). In Sachen Französisch sind sie
also echte Experten. Deshalb verstehen sie Romains Funksprüche besser als jeder andere.
So zum Beispiel: »Horrible!« Wenn wir der Nachhilfestunde Glauben schenken, eine recht
häufig gebrauchte Floskel in F1-Kreisen: »‘orrible ist Französisch. Es bedeutet: ‚Das Auto hat
viel Potential, das wir noch entfalten müssen.‘« Bingo! Das rief übrigens auch der Sieger
unseres Redaktions-Tippspiels, ab welcher Runde kein Lotus mehr im Rennen sein würde,
um sein Potential zu entfalten.
Sieger-Quartett:
Lewis, Nico, Paddy &
Toto hatten viel Spaß
LEHRE NUMMER 4: Dieser Sieg ist für euch...
Gewinnen ist nicht alles! Nein, keine Angst. Ron bekommt bei diesem Satz keine grauen Haa...
halt, er hat ja eh kaum mehr welche. Egal. Gewinnen ist Grundvoraussetzung. Schritt 2 ist die
Kür, die kaum zwei Rennfahrer in der Geschichte ihrer schier unerschöpflichen Heimrennen
so gut zelebrierten wie Lewis und Nico in Malaysia. Erst brüllte Nico den Namen des Hauptsponsors
vom Podium, dann hielt er das Flaggschiff-Handy eines weiteren Geldgebers bei der
Pressekonferenz gut sichtbar in die Kamera. »Besser geht es nicht«, wie Niki stets zu sagen
pflegt. »Wir haben vor der Saison alle Szenarien mit unseren Fahrern durchgesprochen«,
erklärte Toto in Melbourne. Stallregie? Von wegen! Da sie ohnehin wissen, dass sie gewinnen
werden, tüfteln sie in den Besprechungen nicht an den Rennstrategien, sondern an kreativen
Guerilla-Marketingaktionen für die Siegerehrungen. Vielleicht sollte sich Greenpeace ein Beispiel
daran nehmen...
19 www.Motorsport-Magazin.com
SLIDESHOW | FORMEL1 | #36 | 2014
❱ DIE
UNGESCHÖNTE
WAHRHEIT
TEXT: CHRISTIAN MENATH
FOTO: ADRIVO/SUTTON
Die Hinterbänkler machten sich nach den Testfahrten große Hoffnungen:
Auch arrivierte Teams hatten zu kämpfen, Red Bull kam meist nicht
recht viel weiter als aus der eigenen Box heraus. Doch von Ausfallorgien
war zu Saisonbeginn nicht viel zu sehen und schnell holte Marussia
und Caterham die bittere Realität ein. Wieder waren es die beiden Teams,
die für Startabbrüche und Startunfälle sorgten. Von Punkten waren die
Dauerrivalen um Platz 10 so weit weg wie der Caterham von Ästhetik.
Dabei wäre der Regelumbruch die große Chance der kleinen Teams
gewesen. Je länger die Saison dauert, desto unwahrscheinlicher werden
Überraschungen und damit Erfolge für die Kleinen. Immerhin: Mit Lotus
scheinen sie einen neuen Verbündeten gefunden zu haben.
20 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 21
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Katastrophal
bis desaströs:
Lotus erlebt
einen
Alptraum
22 www.Motorsport-Magazin.com
NEUE
1
FORMEL
NEW
WORLD
ORDER
FERRARI, MCLAREN, RED BULL DAS WAR EINMAL IN DER FORMEL 1 IST NICHTS MEHR SO, WIE ES
EINMAL WAR EINE NEUE ZEITRECHNUNG HAT BEGONNEN DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DAS
AUF DEN KOPF GESTELLTE FORMEL-1-WELTBILD GENAU UNTER DIE LUPE: WER SIND DIE
GLÜCKLICHEN GEWINNER? WER SIND DIE GROSSEN VERLIERER? WER SIND DIE WÜTENDEN JÄGER?
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER, STEPHAN HEUBLEIN & MIKE WIEDEL
www.Motorsport-Magazin.com 23
NEUE
1
FORMEL
GEWINNER & VERLIERER
GEWINNER
TOTO WOLFF
‚Smiley-Man‘ hat jetzt
wirklich allen Grund zum
Lachen. Compliance?
Schnee von gestern!
Verlierer
ROMAIN GROSJEAN
Fühlt sich »horrible!« Sein
schrecklicher E22 könnte
ihn fürchterlich viel Geld
beim Therapeuten kosten.
Verlierer
PASTOR MALDONADO
Will sein Geld zurück!
Muss sich für seinen
Lotus-Wechsel in den
venezolanischen Hintern
beißen...
GEWINNER
PAUL HEMBERY
Ist die Meute los! Die
Zeit als Prügelknabe des
Fahrerlagers ist (vorerst)
vorbei.
24 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
GEWINNER
JUNGE GARDE
Alonso & Co. aufgepasst!
Magnussen, Ricciardo,
Kvyat & Bottas könnten
euch alt aussehen lassen.
Verlierer
RÉMI TAFFIN
Hat die Meute jetzt am
Hals! Sollte Bodyguards
engagieren, bis die Renault
Power Unit funktioniert...
Verlierer
OHRSTÖPSELHERSTELLER
Sollten umsteigen: von
Motorenlärm dämmen auf
Motorengeräusche
verstärken. Die Fans würden
es lieben.
GEWINNER
RON DENNIS
Kann wieder das tun, was
er am besten kann - sich
als Herrscher aufspielen.
www.Motorsport-Magazin.com 25
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN
HERR-
SCHAFT
DER
SILBER-
PFEILE
NEUE
1
FORMEL
AUS EINER DUNKLEN VORAHNUNG WURDE FÜR DIE RIVALEN
BITTERE REALITÄT: MERCEDES DOMINIERT DIE NEUE FORMEL-1-
ÄRA. DER WEG ZUM WELTMEISTERTITEL FÜHRT NUR ÜBER NICO
ROSBERG UND LEWIS HAMILTON. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN
ANALYSIERT DIE NEUE HERRSCHAFT DER SILBERPFEILE.
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
26 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 27
E
twas einsam und verlassen
liegt er da. Auf Laptops und
Stoffhüllen gebettet. Wenn
er schreien könnte, würde
er lauthals um Aufmerksamkeit
betteln. Hilfe, ich
bin ein Pokal, holt mich hier raus! Nico Rosbergs
Siegerpokal von Melbourne fristet am Sonntagabend
nach der glorreichen Triumphfahrt seines
neuen Besitzers ein eher trostloses Dasein auf
einem Holztisch in der Ecke der Team-Hospitality.
Die ganze Aufmerksamkeit gilt seinem Gewinner,
der nur wenige Meter entfernt in höchsten Tönen
von seinem neuen Silberpfeil schwärmt - kein
Wort über die vernachlässigte Trophäe. »Es ist
eine Freude, so ein schnelles Auto zu haben - das
habe ich vorher noch nie erlebt«, gesteht Rosberg
dem Motorsport-Magazin mit einem breiten
Grinsen im Gesicht. »Es ist so cool, zu wissen,
dass das Ding abgeht wie sonst was.« Der erste
Sieger der neuen Power-Unit-Generation ist also
ein Silberpfeil. Einen passenderen Pokal hätte es
dafür kaum geben können, erinnert die silberne
Schale mit ihren drei Speichen doch stark an den
Mercedes-Stern. Ein wahres Sinnbild für den
Umbruch in der Königsklasse: »Wir müssen uns
nicht mehr vor Teams wie Red Bull verstecken,
die bislang die Messlatte waren«, sagt uns Rosberg
voller Überzeugung. »Es ist eine Freude, diesen
Silberpfeil zu fahren.«
Noch am Tag von Rosbergs Auftaktsieg sind im
Fahrerlager Stimmen zu vernehmen, die besagen:
»Wenn einmal beide Autos ins Ziel kommen,
macht Mercedes alle platt.« So sollte es in
Malaysia kommen. Passend zum 80-jährigen
Jubiläum der Silberpfeile in diesem Jahr ist zum
ersten Mal seit den Jahren 1954 und 1955 wieder
ein Mercedes-Werksteam die Nummer 1 in der
Formel 1. »Es ist klar, dass sie gut anderthalb
Sekunden Vorsprung auf alle anderen haben«,
gibt Ron Dennis nach dem Rennen in Australien
zähneknirschend zu. »Das ist eine Herausforderung,
die aber nicht unmöglich zu lösen ist.« Wer
weiß, wie schwer Dennis so eine Aussage fällt,
der erkennt, wie überlegen die Mercedes-Vorstellung
tatsächlich gewesen ist. Immerhin gab
Dennis einst selbst zu, dass ihm Niederlagen
körperliche Schmerzen bereiten würden; jene
gegen den scheidenden Motorenlieferanten und
früheren Unternehmenspartner umso mehr.
Kein Wunder, dass er die Aufholjagd auf
Mercedes noch vor der Freude über Kevin Magnussens
Traumdebüt einreihte.
Voll konzentriert:
Rosbergs größter
Rivale fährt ebenfalls
einen Silberpfeil
Mercedes war vom
ersten Test an schnell
und zuverlässig
Rosberg hat den
Titel im Visier
Mercedes ist nach
dem Saisonbeginn das
Maß der Dinge
28 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
Hamilton greift nach
WM-Titel Nummer 2
Ein entscheidender Baustein des silbernen
Erfolgs sind die neuen Regeln, die neben umfassenden
aerodynamischen Änderungen auch
einen komplett neuen Antriebsstrang mit sich
bringen. Die Weichen in Richtung Formel-
1-Olymp stellte Mercedes auf diesem Gebiet
schon vor einigen Jahren. Die ersten internen
Überlegungen zur neuen Power Unit fanden
bereits Ende des Jahres 2010 statt. Als dann Mitte
2011 die Regeln für die neuen V6-Hybrid-Power-
Units veröffentlicht wurden, schalteten die
Chassis-Abteilung im englischen Brackley und
die Motorenschmiede im nahe gelegenen Brixworth
einen Gang höher. »Es hat sich gelohnt,
dass Mercedes mit der Arbeit an dieser Technologie
früher begonnen hat als alle anderen«,
betont Allan McNish im Gespräch mit dem
Motorsport-Magazin. Nicht nur für den schottischen
Ex-Formel-1-Fahrer und dreifachen Le-
Mans-Sieger ist der Mercedes-Motor das beste
Aggregat im Feld. »Red Bull scheint ein gutes
Chassis zu haben, aber bei den Topspeeds liegen
sie gegenüber Mercedes zurück«, analysiert
McNish. In der neuen Formel 1 spielen so viele
Bereiche eine Rolle: Leistung, Zuverlässigkeit,
Verbrauch - Mercedes scheint in allen Gebieten
führend zu sein. »Ich widerspreche aber Leuten,
die behaupten, dass Mercedes mehr Zeit hatte,
um sich auf die Situation einzustellen«, sagt
Motorsport-Magazin.com Experte Christian
Danner. Jeder habe zur gleichen Zeit erfahren,
wie das neue Reglement aussehen würde. »Alle,
die jetzt schimpfen, waren an der Entscheidungsfindung
beteiligt, die Komplexität war allen klar.
Aber nur ein einziger hat die Problematik ernst
genommen und das war Mercedes. Die anderen
haben es unterschätzt.«
Die neue Power Unit ist in der heutigen Formel
1 ein äußerst wichtiger Baustein. »Räder hat sie
aber trotzdem keine, auch die Chassis-Mannschaft
hat ein sehr konkurrenzfähiges Auto
gebaut«, betont der frühere Mercedes-Motorsportchef
Norbert Haug. »Die augenblickliche
Dominanz ist kein Geschenk, sondern Produkt
harter Arbeit und guter Ideen, die konsequent
umgesetzt worden sind.« Dabei kommt Mercedes
die Erfahrung der Wintertestfahrten zugute.
Während vor allem die Renault-Teams mehr an
der Box standen, als auf der Strecke Daten zu
sammeln, spulten die Silberpfeile eine Runde
nach der anderen ab - einige Kinderkrankheiten,
vor allem gegen Ende des zweiten Bahrain-Tests
einmal außen vorgelassen. »Mercedes hat deshalb
jetzt den Vorteil, dass sie das Auto abstimmen
können und den Reifen verstehen«, erklärt
Danner. Diese Basisarbeit mussten die anderen
Teams an den ersten Rennwochenenden nachholen.
»Irgendwann wird der Vorsprung durch
den Motor weg sein, aber wenn es ihnen gelingt,
den aktuellen Vorteil für die Fahrzeugabstimmung
zu nutzen, dann bleibt Mercedes auch
danach weiter der Gejagte.«
A
ber nicht nur die Technik bereitete
den Weg zur modernen Silberpfeil-
Ära, auch die umfangreichen
Umstrukturierungen im Hintergrund
brachten das Team auf Kurs. Seit der
werksseitigen Rückkehr von Mercedes in die
Königsklasse im Jahr 2010 hat der Konzern seinen
Rennstall kontinuierlich mit Top-Ingenieuren
wie Paddy Lowe, Bob Bell, Aldo Costa und
Geoffrey Willis verstärkt. »Sie haben eine Gruppe
an Technikern, die sehr gut zusammen arbeitet«,
bestätigt Ex-Weltmeister Damon Hill dem
Motorsport-Magazin. Im Winter kündigte
Mercedes sogar zwei Neuzugänge aus den Reihen
von Red Bull an, womit Adrian Newey wichtige
Säulen in seinem Ingenieursteam verlor. Vor
noch nicht mal zwölf Monaten wurde Mercedes
teils noch für seine hochkarätige Technikerriege
belächelt. Von zu vielen Köchen und Häuptlingen
war die Rede, die den Silberpfeil verderben
würden. »So lange das Ergebnis stimmt, ist es
jedem selbst überlassen, wie er seine Struktur
aufbaut«, wiegelt Danner spöttische Kritik am
oft zitierten Überschuss an Technischen Direktoren
ab. Die Investitionen in Toppersonal zahlen
sich für das Team in dieser Saison in Ergebnissen
auf der Rennstrecke aus: das Chassis und
die Power Unit des Silberpfeils legen die Messlatte
für die Sternenjäger sehr hoch. Dabei spielen
auch die Rückschläge der vergangenen vier
Jahre eine wichtige Rolle. »Was Mercedes zugute
kommt, ist sicherlich, dass sie in der Vergangenheit
eines auf die Nüsse bekommen haben«,
glaubt Danner. Erst im dritten Aufbaujahr gelang
Nico Rosberg in Shanghai der erste Silberpfeilsieg
der Neuzeit - ganze 20.671 Tage nach dem
bis dahin letzten Werks-Silberpfeil-Triumph in
Monza 1955. Ein Jahr darauf siegten Rosberg
und Lewis Hamilton immerhin schon bei drei
Grands Prix. Die Aufbauarbeit trug so langsam
erste Früchte, doch der massive Reifenhunger
des F1 W04 machte weiteren Erfolgen jäh einen
Strich durch die Rechnung. Der langjährige
Motorsportchef Norbert Haug beobachtete →
www.Motorsport-Magazin.com 29
Die Silberpfeil-Piloten haben in dieser Saison höchstwahrscheinlich
noch viele Champagner-Duschen vor sich
all dies nach seinem Abgang im Winter 2012 aus
der Ferne. Heute ist er mit dem Ergebnis zufrieden:
»Der Aufbau wird konsequent und konstant
fortgesetzt und die Titelchancen sind jetzt gegeben«,
verriet Haug im Interview mit dem Motorsport-Magazin.
Dazu haben unter anderem auch
seine Quasi-Nachfolger beigetragen. Denn
neben vielen Technikern kamen auch zwei österreichische
Strippenzieher an Bord. Zum einen
Haugs Nachfolger als Motorsportboss Toto
Wolff, zum anderen der Aufsichtsratsvorsitzende
Niki Lauda. »Leute wie Niki reden nicht um den
heißen Brei herum«, erklärt Danner. »Sie sprechen
mit jedem Beteiligten Klartext.« In Danners
Augen ist die Konstellation mit Wolff und Lauda
optimal, um das Sternen-Schiff erfolgreich durch
die F1-Welt zu steuern.
A
n den Qualitäten der beiden Fahrer
gibt es keine Zweifel. »Am Ende des
Jahres werden wir wohl den besten
Zweikampf unter Teamkollegen
erleben, den es je gegeben hat«, prophezeit
McNish. »Es liegen nur Hundertstel zwischen den
beiden. Das gefällt mir.« Auch Norbert Haug
erwartet ein teaminternes Duell in Silber: »Die
WM sieht aktuell nach überlegenen Silberpfeilen
und einem Zweikampf Hamilton-Rosberg aus.«
Die Fortschritte bei Red Bull lassen Haug jedoch
glauben, dass die Dominanz seiner Ex-Mannschaft
nicht von Dauer sein wird. »Wobei ich das
Mercedes AMG Team für stark genug halte, sich
weiter kontinuierlich zu steigern und um beide
Titel kämpfen zu können.« Aus Fahrersicht findet
es Johnny Herbert toll, so in die Saison zu starten.
Ein Rennfahrer brauche vor allem ein gut fahrbares
Auto. »Das Team hat sehr hart daran gearbeitet,
um beiden Fahrern das Werkzeug zu geben,
das sie benötigen«, so der Ex-Formel-1-Pilot.
Diskussionen um eine mögliche Stallregie schob
Mercedes noch vor dem ersten Rennen einen
Riegel vor. Toto Wolff und beide Fahrer betonten
unisono, man habe sich in ausführlichen Gesprächen
darauf geeinigt,
dass die
Piloten frei fahren
dürfen - so lange sie
dabei stets die Interessen
des Teams im
Hinterkopf behalten
und sich nicht
gegenseitig aus dem
Rennen befördern.
»Es gibt keine Vorgabe, Positionen zu halten«,
bestätigt Rosberg. »Das sind wir den Fans auch
schuldig.« Wie gut das funktionieren wird, wenn
einmal der Renninstinkt übernimmt, bleibt abzuwarten.
»Der Zweite ist der erste Verlierer - da
habe ich keine Lust drauf«, sagt Rosberg angriffslustig.
Es ist ein schmaler Grat, den er und Lewis
Hamilton beschreiten müssen. Einerseits egoistisch
zu sein und die eigenen Titelchancen zu
wahren, andererseits aber auch immer ans Team
zu denken, das all dies erst ermöglicht und am
Ende das Gehalt bezahlt. Rosberg erklärt seine
zwiespältige Situation so: »Es gibt diese beiden
Zweikämpfe: Ich gegen Lewis und wir als Team
gegen den Rest.«
Beides ist wichtig, aber ihm ist natürlich sein
persönliches Ziel, den WM-Titel zu gewinnen,
wichtiger. Mit einem schelmischen Grinsen im
Gesicht fügt er an: »Mit Blick auf die WM wäre
es besser, wenn mein Teamkollege nicht so
schnell wäre - dann wäre es ein bisschen einfacher.«
Wer die beiden Silberpfeil-Piloten rein
nach den Resultaten beurteilt, muss laut McNish
auf Hamilton setzen, der immerhin schon Formel-1-Weltmeister
gewesen ist. »Aber in dieser
neuen Formel 1 gibt es einen klaren Unterschied:
Lewis war schon immer der Fahrer, den man im
Qualifying im Auto sitzen haben wollte, den man
in einem Zweikampf Rad-an-Rad haben wollte«,
erklärt der Schotte. Nico sei im Gegensatz dazu
ein mitdenkender Fahrer. »Ich will damit nicht
sagen, dass Lewis nicht mitdenken würde. Aber
Nico denkt über alles nach.« Das beste Beispiel
dafür sei sein Sieg in Monaco 2013 gewesen: »Er
fuhr auf die Pole Position und ging danach kein
Risiko mehr ein. Er wusste, dass er nicht mit
zehn Sekunden Vorsprung gewinnen musste. Er
musste nur gewinnen. Deshalb fuhr er sein Rennen
und hielt alle auf ausreichend Abstand hinter
sich. Das war ein sehr clever geführtes Rennen.«
In dieser Saison wird sich zeigen, wie kontrolliert
Rosberg und Hamilton an der Spitze fahren können,
wenn ihnen der Teamkollege mit gleichem
»ES IST AM COOLSTEN, WENN WIR BEIDE MIT VOLLGAS
ATTACKIEREN - DAS WILL MEIN TEAM SEHEN. SIE WOLLEN
SEHEN, DASS WIR UNS VORNE DUELLIEREN, DASS WIR EINE
SHOW BIETEN, DASS WIR MERCEDES-SILBERPFEILE IM KAMPF
SIND - ABER IMMER MIT RESPEKT FÜREINANDER.«
Material im Nacken sitzt. »Es ist am coolsten,
wenn wir beide mit Vollgas attackieren - das will
mein Team sehen«, kündigt Rosberg an. »Sie
wollen sehen, dass wir uns vorne duellieren, dass
wir eine Show bieten, dass wir Mercedes-Silberpfeile
im Kampf sind - aber immer mit Respekt.«
So oder so werden sich während der neuen Herrschaft
der Silberpfeile wohl noch mehr Pokale
in der Ecke langweilen - entweder, weil über
famose Duelle diskutiert wird oder weil es fürchterlich
schief ging.
→
30 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MERCEDES
NICO ROSBERG
STÄRKEN
• Schnelligkeit
• Technisch versiert
• Rennintelligenz
• Kann mit Druck umgehen
• PR-Profi
SCHWÄCHEN
• Auto muss zu seinem Fahrstil passen
• Kein Charaktertyp wie Hamilton
EXPERTENMEINUNG
»Nico denkt über alles nach und geht kein
unnötiges Risiko ein.«
(Allan McNish)
STÄRKEN
• Natürlicher Speed
• Zweikampfstark
• Sehr guter Qualifyer
• Charakterkopf
SCHWÄCHEN
• Schont Auto und Reifen nicht
• Unter Umständen sehr emotional
EXPERTENMEINUNG
»Lewis war schon immer der Fahrer, den
man im Qualifying oder in einem Zweikampf
Rad-an-Rad im Auto sitzen haben wollte.«
(Allan McNish)
LEWIS HAMILTON
TEXT: STEPHAN HEUBLEIN
DER LETZTE WELTMEISTER-SILBERPFEIL
ERSTES RENNEN, ERSTER SIEG: DER NEUE F1 W05 WAR NICHT DER ERSTE FORMEL-1-MERCEDES, DER SEIN
GP-DEBÜT GEWANN IN DEN HÄNDEN VON JUAN MANUEL FANGIO GEWANN DER W 196 R NACH DEM DEBÜT-
TRIUMPH ZWEI WELTMEISTERTITEL EINE STEILE VORLAGE FÜR DEN NEUZEITLICHEN COUSIN
SIEGERPFEIL
Der 4. Juli 1954 ging in die Geschichtsbücher ein. An diesem Tag gelang aber nicht nur das
Wunder von Bern, das Deutschland den ersten Fußball-Weltmeistertitel schenkte. Am
gleichen Tag gab Mercedes im 530 km entfernten Reims nach 15 Jahren Abstinenz sein
GP-Comeback. Und wie: Wie seine Artverwandten W 25 (1934) und F1 W05 (2014) gewann
der W 196 R sein Debütrennen - mit einem Doppelsieg von Juan Manuel Fangio vor Karl
Kling. Seine Erfolgsbilanz: Neun Siege bei zwölf Starts in den Jahren 1954 und 1955.
VERWANDLUNGSKÜNSTLER
Der W 196 R war eine Art Transformer. Beim Debüt auf dem Highspeed-Kurs in Reims
siegte der Silberpfeil in der zuerst fertig gestellten Stromlinien-Version. Auf dem
Nürburgring debütierte später ein Modell mit freistehenden Rädern, das auf engen
Kursen wie Monaco zum Einsatz kam. Die beiden Versionen waren mit relativ wenigen
Handgriffen gegeneinander austauschbar. Ab 1955 standen auch drei verschiedene
Radstände zur Verfügung, um sich der Strecke anzupassen: 2.150 mm, 2.210 mm
und 2.350 mm. Insgesamt wurden 14 Exemplare des W 196 R gebaut.
COCKPIT
Während die heutigen F1-Piloten quasi in ihrem Silberpfeil liegen, saßen die Fahrer in den
50er Jahren wie auf ihrem Sofa hinter dem Lenkrad. Die Beine waren weit gespreizt, um
an die sehr weit auseinanderliegenden Pedale zu gelangen, die sich jeweils links (Kupplung)
und rechts (Gas, Bremse) außen befanden. Das Armaturenbrett war stark reduziert: Drehzahlmesser,
Kontrollanzeigen für Wasser und Öl - mehr Informationen bot der W 196 R nicht.
LENKUNG
Die Lenkung bestand aus einem kompakten Lenkgetriebe mit einer Daimler-Benz-
Schneckenlenkung. Diese wurde oben am Rahmen montiert. Durch das Fehlen einer
Schubstange fiel die Lenkachse relativ lang aus. Sie war im Verhältnis 12,65:1 übersetzt.
Das Lenkrad besaß vier Speichen sowie einen Aluminiumkern, der beidseitig mit Holz
besetzt war.
FOTOS: MERCEDES
32 www.Motorsport-Magazin.com
TECHNISCHE DATEN:
MERCEDES-BENZ W 196 R
Motor:
Viertakt-Otto mit Direkteinspritzung
Zylinderzahl:
8, Reihenanordnung
Hubraum:
2.496 ccm
Leistung:
256 PS (später bis zu 290 PS)
Topspeed:
mehr als 300 km/h
Länge:
4.025 mm (Stromlinie: 4.360 mm)
Breite:
1.625 mm (Stromlinie: 1.680 mm)
Höhe:
1.040 mm (Stromlinie: 1.020 mm)
Gewicht:
835 kg (Stromlinie: 829 kg)
KAROSSERIE
Der W 196 R besaß einen leichten und stabilen Gitterrohrrahmen, ein Fahrwerk mit Drehstab-
Aufhängung und eine Eingelenk-Pendelachse mit tief gelegtem Drehpunkt. Letzteres gewährleistete
ein besseres Verhalten beim Beschleunigen. Für eine gute Massenverteilung sorgte
eine Gewichtsverlagerung: Wasser- und Ölkühler vorne, Treibstoff- und Öltank hinten. Das
Auto besaß riesige turbogekühlte Duplex-Trommelbremsen, die zunächst innen mittig installiert
waren, ab 1955 aber bei einigen Wagen in den Rädern untergebracht wurden.
MOTOR
Der Reihenachtzylinder mit direkter Einspritzung und desmodromisch gesteuerten Ventilen
wurde im Winkel von 53 Grad nach rechts geneigt in das Rahmenfachwerk eingebaut. Dies
sollte den Schwerpunkt absenken und die Stirnfläche verkleinern. Für das Öffnen und Schließen
der Ventile waren Nocken und Schlepphebel zuständig, weshalb der Motor anders als seine
Vorgänger ohne Federn auskam. Die Vorzüge waren höhere Drehzahlen, mehr Sicherheit und
mehr Leistung.
www.Motorsport-Magazin.com 33
NEUE
1
FORMEL
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER & STEPHAN HEUBLEIN
DIE JAGD-SAISON IST ERÖFFNET. MERCEDES HAT DIE MESSLATTE GELEGT. WELCHEM TEAM GELINGT ES,
NICO ROSBERG UND LEWIS HAMILTON ZU STOPPEN? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTERZIEHT
DIE STERNEN-JÄGER VON RED BULL, FERRARI UND MCLAREN EINEM KNALLHARTEN FORMCHECK.
WER BESITZT DAS GRÖSSTE GEFAHRENPOTENTIAL FÜR DIE SILBERPFEILE?
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
34 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 35
D
as Lächeln ist in sein Gesicht
zurückgekehrt. Den Pokal fest in
der Hand, den Daumen in die
Höhe gestreckt - Sebastian Vettel
ist in Kuala Lumpur auf die Erfolgsstraße
zurückgekehrt. Der desaströse Saisonauftakt ist
zumindest zum Teil vergessen. Hinter dem
erfolgsverwöhnten Vierfachchampion liegt eine
für ihn ungewohnt schwierige Zeit. Nach dem
Malaysia GP sieht er aber wieder mehr Licht am
Ende des Tunnels. »Schaut nur einmal, wo wir
vor eineinhalb Monaten waren«, verweist er auf
den enttäuschenden Testauftakt. Bei den Tests
in Jerez und Bahrain legte Red Bull nur magere
1.710 Kilometer zurück. Zum Vergleich: Konkurrenten
wie Mercedes und Williams kamen
knapp an die 5.000 Kilometer-Marke heran. An
jene Kritiker, die nach den Testproblemen schon
vom Ende der Red-Bull-Ära sprachen, richtet
der Deutsche nach seinem dritten Platz deutliche
Worte: »Wir werden versuchen, so schnell wie
möglich dort zu sein, wo Mercedes jetzt ist. Meiner
Meinung nach ist das nur eine Frage der
Zeit.« Eine ernsthafte Warnung an die silberne
Konkurrenz? Definitiv! Vettel hat die Titelverteidigung
weiterhin fest im Visier. Trotz der
Schwierigkeiten bei den Wintertestfahrten stand
stets außer Frage, dass Designgenie Adrian
Newey mit dem RB10 wieder einmal einen aerodynamisch
einwandfreien Boliden entworfen
hat. Gerade bei der Kurvengeschwindigkeit gilt
der Red Bull immer noch als das Maß aller Dinge
- und auf dieser guten Basis hat der Rennstall
seither aufgebaut. Doch Neweys Genie wird in
dieser Saison abermals von einer externen Komponente
eingebremst: »Der Kurvenspeed scheint
sehr wettbewerbsfähig zu sein, aber dies ist zum
Großteil eine Motoren-Formel, also liegen wir
in den Händen unseres Zulieferers.« Tatsächlich
scheint das größte Problem des RB10 außerhalb
des Einflussbereichs von Red Bull zu liegen - an
der Renault Power Unit. Helmut Marko beziffert
das PS-Defizit gegenüber Motorenprimus
Mercedes auf rund 80 PS, aber auch die Software
des französischen Herstellers ist noch nicht ausgereift
und sorgt immer wieder für Probleme.
»Jetzt kommt es ganz darauf an, wie schnell die
aktuellen Defizite abgearbeitet werden können«,
sagt der frühere Mercedes-Motorsportchef Norbert
Haug im Interview mit dem Motorsport-
Magazin. »Von außen betrachtet sieht es derzeit
nicht danach aus, als seien sich Mercedes- und
Renault-Triebwerk in Bezug auf Leistung, Fahrbarkeit
und Verbrauch - und vielleicht auch nicht
beim Gewicht - ebenbürtig.« Trotzdem sind die
Fortschritte in Dunkelblau nicht zu übersehen.
»Seit den Testfahrten hat Red Bull seine Pace
weiterentwickelt«, berichtet Johnny Herbert im
Gespräch mit dem Motorsport-Magazin. Das
Auto sah mit Blick auf den Speed schon bei den
Tests gut aus, wurde dort jedoch jäh von den
Renault-Problemen eingebremst. Es sah die Box
mehr als die Strecke. Doch das Weltmeisterteam
hat den Kampf gegen Silber angenommen. Die
Entwicklungsgeschwindigkeit, die das Team aus
Milton Keynes seit dem letzten Wintertest an
den Tag legt, lässt daran keine Zweifel aufkommen.
»Es kommen stetig neue Kisten an der
Strecke an. Das ist typisch Red Bull. Sie haben
immer mehr neue Teile als alle anderen. So werden
Newey und sein Team weitermachen«, kündigt
Herbert an. Die Botschaft ist beim aktuellen
Klassenprimus Mercedes durchaus angekommen.
»Wir dürfen nicht selbstgefällig werden
oder gar nachlassen«, betonte Mercedes-Motor-
36 www.Motorsport-Magazin.com
Problemkind
im Heck:
Der RB10 hat
noch viel
Potential
sportchef Toto Wolff. »Unser Mitbewerber ist in
Malaysia mit 60 Kisten an neuen Teilen angereist.
Die Konkurrenz sitzt uns im Nacken.« In der
Formel 1 bedeutet Stillstand schon seit jeher
Rückschritt. Allerdings lässt sich das diesjährige
Entwicklungsrennen nicht mit jenen aus den
vergangenen Jahren vergleichen. »Alles ist neu.
Es geht nicht nur um die Pace, sondern auch um
die Zuverlässigkeit«, meint Herbert. Für die Serienweltmeister
der vergangenen Jahre kamen
zudem einige Nebenkriegsschauplätze hinzu, die
ihnen das Leben in der neuen F1-Ära definitiv
mehr als nur erschwerten. Neben dem Renault-
Testdebakel betrifft dies vor allem den Fuel-
Flow-Krieg mit der FIA. All dies bündelt Zeit,
Ressourcen und Energien, die das Team nicht
auf die Silberpfeil-Jagd verwenden kann. Sind
diese Ablenkungsmanöver erst einmal ausgeräumt,
wird es für Mercedes deutlich schwieriger,
derartig dominante Siege wie zu Saisonbeginn
einzufahren.
→
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪ ✪ ✪
Sebastian
Vettel behält
den WM-Titel
weiterhin im
Auge
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, RED BULL
www.Motorsport-Magazin.com 37
I
mmer wieder wischt sich
Fernando Alonso den Schweiß
von der Stirn. Die 56 Runden auf
dem Sepang International Circuit
haben sichtlich an seinen Kräften gezehrt. »Wir
sind 35 Sekunden hinter den Mercedes ins Ziel
gekommen - das ist nicht gut«, gibt der Spanier
enttäuscht zu Protokoll. Als einziger Trost
bleibt ihm der dritte Platz in der Fahrerwertung
- damit ist Alonso zu diesem Zeitpunkt der
härteste Verfolger der beiden Mercedes-Piloten,
noch vor Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel.
»Ich glaube schon, dass Ferrari schnell ist«, sagt
Allan McNish bei seiner Teamanalyse gemeinsam
mit dem Motorsport-Magazin. Doch
anders als der F1 W05 ist die rote Göttin nur
unter bestimmen Bedingungen schnell. Bisher
konnte der F14T zwar im Trockenen und im
Qualifying mit einer guten Performance auf
sich aufmerksam machen, blieb in den Rennen
und im Nassen allerdings hinter den Erwartungen
zurück. Alonso fuhr konstant gute, aber
eben keine sehr guten Ergebnisse ein. Genau
die fordert der oberste Ferrari-Boss aber. »Ihre
Performance war bislang okay, aber nur ordentliche
Leistungen reichen für die Italiener nicht
aus«, kritisiert Ex-Formel-1-Fahrer Johnny
Herbert. Auch im malaysischen Regen taten
sich die Fahrer schwer. »Um aber heutzutage
eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, musst du
immer und überall schnell sein«, zeigt McNish
die Problematik auf. »So wie es jetzt ist, wird es
für Ferrari schwierig, eine Weltmeisterschaft zu
gewinnen.« Vor wenigen Monaten drehten sich
fast alle Spekulationen in Maranello um das
weltmeisterliche Fahrerduo Alonso und Kimi
Räikkönen. Jeder wollte wissen, ob es zwischen
dem Iceman und dem Spanier krachen würde.
Doch schon damals mahnte Rubens Barrichello
im Motorsport-Magazin: »Wenn Ferrari ein
schlechtes Auto baut und die beiden auf Platz
acht oder neun herumfahren, dann wird von
irgendwelchen Kämpfen kaum jemand etwas
mitbekommen.« Diese Situation scheint nun
eingetreten zu sein. Nicht ein potentielles
Scharmützel zwischen den beiden Starfahrern
steht im Mittelpunkt, sondern die abermals
mangelnde Performance der »roten Staubsaugervertreterin«.
Die Schwachstellen sind schnell
gefunden - weder der Motor, noch das Chassis
sind so stark und effizient wie bei Mercedes.
Um die Defizite des Autos zu minimieren und
die Lücke zu den Silbernen zu schließen, wird
in Maranello Tag und Nacht gearbeitet. »Das
Problem ist, dass die Power Unit jetzt homologiert
ist. Auf diesem Gebiet kann sich also nicht
mehr viel tun. Jeder hat nur noch ein einge-
Die neue rote
Göttin ist
bislang noch
nicht göttlich
genug
38 www.Motorsport-Magazin.com
schränktes Gebiet, auf dem er arbeiten und sich
weiter entwickeln kann«, erklärt Damon Hill
dem Motorsport-Magazin. Doch Ferrari im
WM-Kampf abzuschreiben, wäre ein schwerwiegender
Fehler. Mit Pat Fry und James Allison
hat die Scuderia die richtigen Ingenieure
an Bord, um diese schwierige Aufgabe zu meistern.
Johnny Herbert lässt im Gespräch mit
dem Motorsport-Magazin keinen Zweifel
daran, dass Ferrari die Aufholjagd gelingen
kann. »Es gibt keinen Grund, warum Ferrari
das mit seinen Leuten nicht können sollte. Sie
können ein Auto schneller machen.« Allerdings
haben sie in den Augen von Herbert eine größere
Lücke zu schließen als andere Teams, etwa
Red Bull oder auch McLaren und Williams, die
teilweise stark auftrumpften. Bei allem Glauben
an Ferrari warnt McNish: »Es braucht Zeit, bis
sich die Arbeit von Allison und Fry auszahlt.
Es ist ein bisschen wie bei Williams. Schlüsselpersonen
in ein Team zu integrieren, dauert
sehr lange. Auch kommt es auf mehr als nur
zwei Leute an. Es geht um ein Team.« Besagtes
Team wartet seit sieben Jahren auf einen weiteren
Titelgewinn, der letzte stammt aus dem
Jahr 2007. »Bei Ferrari braucht jeder den Titel.
Luca di Montezemolo braucht den Titel, Domenicali
genauso. Aber auch Alonso braucht den
Titel. Es ist lange her, seit er seine beiden WM-
Titel gewonnen hat. Ihm bleibt nicht mehr viel
Zeit in seiner Formel-1-Karriere, um noch einmal
Weltmeister zu werden«, sagt McNish. Es
lastet ein immenser Druck auf den Schultern
der Fahrer und Verantwortlichen. Gerade dieser
Erfolgsdruck macht Ferrari zu einem brandgefährlichen
Jäger. Angeschlagene Wildkatzen
sind bekanntlich die gefährlichsten. Es liegt nun
an der Scuderia, zu beweisen, dass dies auch
für ausgehungerte und mehr hinkende denn
springende Pferde gilt.
→
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, FERRARI
Der Iceman
wurde mit
dem Ferrari
nicht auf
Anhieb warm
Erfolgsdruck:
Ferrari muss
2014 Siege
und Titel
einfahren
www.Motorsport-Magazin.com 39
N
ur der Sieg zählt. Kein Team und
kein Teamchef verkörpern diese
Maxime besser als McLaren und
Ron Dennis. Schon die Aufschrift
auf den Schuhsohlen der Teammitglieder besagt:
Ein Schritt mehr in Richtung Sieg. Kaum war
McLaren beim Auftakt in Melbourne aus dem
größten Tief der Teamgeschichte wieder aufgetaucht,
kaum hatte Rookie Kein Magnussen das
schier Unmögliche möglich gemacht und bei
seinem Formel-1-Debüt in Hamilton-Manier
einen Podestplatz eingefahren, teilte Mr. Dennis
der versammelten Presseschar mit: »Wir wollen
so schnell wie möglich wieder ein Siegerteam
werden. Wenn wir nicht gewinnen, sind wir nicht
dort, wo wir sein möchten.« Dennis ist zurück
und mit ihm erste Ansätze des früheren Glanzes.
McLaren auf Platz 1 der Konstrukteurswertung
- wer auf dieses Ergebnis nach dem ersten Saisonrennen
gewettet hätte, hätte eine Menge Geld
verdienen können. Vorerst war es nur eine
Momentaufnahme. Die Platzierung sollte schon
nach dem zweiten Saisonlauf in Malaysia nicht
mehr Bestand haben, doch das Aufatmen bei
sämtlichen Teammitgliedern des britischen Traditionsrennstalls
war nach den Top-Resultaten in
Australien deutlich spürbar. »Hinter dem Team
liegt eine harte Zeit. Sie waren nicht ansatzweise
dort, wo sie sein wollten, aber sie haben extrem
hart gearbeitet, um die Probleme zu lösen«, sagt
Kevin Magnussens Vater Jan, der selbst für
McLaren fuhr. Auch wenn Mercedes im Moment
die Nase vorne hat, so mischt McLaren erstmals
seit sechs Jahren - und 16 Jahre nach dem Gewinn
des letzten Konstrukteurstitels - wieder vorne mit.
Dieser lange Zeitraum erklärt auch, warum sich
Magnussens Podiumsplatz für alle - bis auf Dennis
- wie ein Sieg anfühlte. Doch bei McLaren ist man
vorgewarnt. »Das Team hat eine immense Leistung
gezeigt, aber die Arbeit ist noch nicht getan.
McLaren gibt alles, um das Auto weiter zu verbessern
und auch im Entwicklungsrennen bis zum
Schluss mithalten zu können«, betont Magnussen
Senior im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin.
Ron Dennis wird mit Argusaugen darauf
achten, dass der britische Traditionsrennstall nicht
wieder in alte Muster zurückfällt. »Es ist gut, dass
er zurück ist. Denn er tritt uns auf die Füße, wenn
es nötig ist«, sagt Jenson Button. Zu Beginn des
Jahres hat der frühere Teamboss das Ruder bei
McLaren wieder an sich gerissen. Als Folge musste
Teamchef Martin Whitmarsh seinen Posten räumen
und Eric Boullier wurde als neuer Sportdirektor
eingesetzt. Der absolut richtige Schritt, wie
Motorsport-Magazin.com-Experte Christian
Danner meint. »Es braucht eine feste Hand, um
McLaren wieder nach vorne zu bringen«, erklärt
Danner. Die Präsenz von Dennis verleihe dem
Team eine gewisse Würze. »Er ist der Ruler, der
König, der Kaiser«, so Danner. »Ron ist einer, der
den Finger immer in die Wunde legt.« Den Franzosen
Boullier sieht Danner aber dennoch nicht
als ferngesteuert an. Er sei der richtige Mann, um
McLaren wieder an die Spitze der Königsklasse
zu bringen. »Er ist die perfekte Wahl. Man darf
nicht vergessen, was er bei Lotus vorgefunden hat
und wieviel er dort umstrukturieren musste. Am
Ende hatte das Team sogar Chancen auf den zweiten
Platz in der Konstrukteurswertung. Die Kombination
Dennis und Boullier sehe ich als sehr
stark an«, glaubt Danner. Neben der neuen Struktur
hat McLaren auch den Pluspunkt Motor auf
seiner Seite, denn im Heck des MP4-29 schnurrt
der 1,6 Liter Hybrid-Turbomotor von Mercedes
- die wohl stärkste Power Unit im aktuellen Formel-1-Feld.
»Sie haben den starken Mercedes-
Motor und sie haben gezeigt, dass sie ein Auto
weiterentwickeln können. Ich erwarte McLaren
dieses Jahr definitiv stark«, prophezeit Danner.
Die große Frage ist, ob McLaren auch bei der Weiterentwicklung
des noch hauptsponsorlosen MP4-
29 an alte Tugenden anknüpfen kann. In der Vergangenheit
konnte das Team des Öfteren nach
einem Fehlstart in die Saison das Blatt noch wenden.
In diesem Jahr ist die Basis gut, um Mercedes
zu gefährden, muss sie jedoch noch viel besser
werden. Die Fortschritte bei den Tests und ersten
Rennen stimmen Dennis optimistisch, immer
wieder ein paar Zehntel nachlegen zu können.
»Das wird noch nicht ausreichen, aber es wird die
Teams vor uns weiter unter Druck setzen.« Der
McLaren-Häuptling hat wieder Blut geleckt.
GEFAHRENPOTENZIAL: ✪ ✪ ✪
Langer Weg:
McLaren
muss weiter
Boden gut
machen
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MCLAREN
40 www.Motorsport-Magazin.com
Der MP4-29
glänzt nur
silbern, nicht
mit vielen
Logos
www.Motorsport-Magazin.com 41
NEUE
1
FORMEL
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
AUFERSTEHUNG
42 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: WILLIAMS
WILLIAMS FEIERT SEINE WIEDERAUFERSTEHUNG. NACH JAHREN IM SCHATTEN HAT DER BRITISCHE
TRADITIONSRENNSTALL ALLE WERKZEUGE IN DER HAND, UM AN DIE SPITZE DER KÖNIGSKLASSE
ZURÜCKZUKEHREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN ERFORSCHT DIE GRÜNDE FÜR DEN AUFSCHWUNG.
www.Motorsport-Magazin.com 43
Lotus
bestreitet
Meldungen
über Finanzprobleme
in ungeduldiger Blick auf die Uhr.
Ein fragender Blick in Richtung
der Kollegen, die sich um den
schwarzen Tisch in der Ecke der
Williams-Hospitality versammelt
haben. Plötzlich geht die Tür auf.
Mit einem breiten Grinsen schreitet
Felipe Massa der Medienmeute entgegen, er
genießt sichtlich das immense Interesse an seiner
Person. Erstmals in seiner Karriere scheint der
Brasilianer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu
sein. 1997 bescherten Jacques Villeneuve und
Heinz-Harald Frentzen dem Team von Sir Frank
Williams die bis dato letzten beiden WM-Titel. 16
Jahre nach diesem letzten großen Siegesrausch
feiert Williams seine Wiederauferstehung. Der
englische Riese ist 2014 zu neuem Leben erwacht.
Bereits bei den Wintertestfahrten überzeugte der
FW36 mit Speed und Konstanz, doch nach Jahren
der Mittelmäßigkeit blieben Zweifel bestehen. War
alles nur ein Bluff? Die Mannschaft habe nie
geblufft, stellte Williams Cheftestingenieur Rod
Nelson klar. Williams, einer der legendärsten und
erfolgreichsten Rennställe in der Formel-1-Geschichte,
habe lediglich seine Hausaufgaben
gemacht. »Das mussten wir auch, davor war es für
mich unmöglich, ruhig zu schlafen. Wir waren
absolut entschlossen, ein gutes, solides, haltbares
Auto zu haben«, betont Nelson. Diesen Entschluss
hat die Mannschaft in Grove mit Bravour umgesetzt.
In Australien belegte Valtteri Bottas im Rennen
den fünften Platz, in Malaysia punkteten beide
Autos. Zuletzt gelang Williams dieses Kunststück
in Austin 2012. Nach zwei Rennen hat der britische
Traditionsrennstall bereits mehr Konstrukteurspunkte
eingefahren als in der Saison 2013 insgesamt.
Diese positiven Schlagzeilen lassen auch die
Querelen um Massas Missachtung der Teamorder
in Malaysia schnell vergessen. Zwei Kampfhähne
im Team, die beide nur ein Ziel haben, und zwar
vorne mitzufahren - da kann sich ein echter Racer
wie Sir Frank Williams Schlimmeres vorstellen.
»Wir sind sehr glücklich mit unseren Fahrern. Wir
haben mit Felipe einen sehr erfahrenen Piloten und
mit Valtteri ein vielversprechendes Talent«, gibt
Franks Tochter Claire zu Protokoll.
Die Konkurrenz hat das Team längst auf dem
Schirm. »Williams befindet sich ganz klar in den
Top-4, Top-5«, meint Johnny Herbert gegenüber
dem Motorsport-Magazin. Für so manchen Formel-1-Experten
und Ex-Williams-Fahrer gilt der
Traditionsrennstall diese Saison sogar als Geheimfavorit,
nicht zuletzt wegen des geringen Spritverbrauchs
des FW36. »Wir scheinen tatsächlich
besser mit dem Sprit hauszuhalten als die Konkurrenz«,
bestätigt Bottas. Nichtsdestotrotz wird die
Erwartungshaltung von außen innerhalb des
Teams als extrem gefährlich angesehen. »Da sollte
man sehr vorsichtig sein. Ich denke, es wäre ein
Fehler - vor allem nach dem letzten Jahr - mit
immensen Erwartungen in die Saison zu gehen«,
tritt Claire Williams auf die Euphoriebremse. »Wir
haben sehr lange, sehr hart gearbeitet. Die Jungs
in der Fabrik haben unglaublich viele Arbeitsstunden
in den FW36 gesteckt und das Auto ist wirklich
fantastisch geworden. Ich hoffe einfach, dass wir
das, was wir an Arbeit hineingesteckt haben, an
Erfolg wieder herausbekommen.« Die zurückhaltende
Reaktion der Britin ist verständlich, denn
hinter Williams liegt eine desaströse Zeit, die ihren
negativen Höhepunkt im Vorjahr fand. 2013 blieb
das Team weit hinter den eigenen Erwartungen
zurück. In 19 Rennen gelang es den Fahrern Valtteri
Bottas und Pastor Maldonado nur magere zwei
Zähler einzufahren, am Ende der Saison stand ein
neunter Gesamtrang in der Konstrukteurswertung
zu Buche. Die Gegner hießen auf dem Papier auf
einmal Marussia und Caterham; früher waren es
Ferrari und McLaren. Es war das schlechteste
Ergebnis des Rennstalls in seiner 37-jährigen Teamgeschichte.
»Das letzte Jahr war für jeden im Team
ein Alptraum«, räumt Claire Williams ein. »Es
mussten Veränderungen geschehen und wir haben
44 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON
»DAS VERGANGENE JAHR WAR FÜR JEDEN IM TEAM EIN ALPTRAUM«,
RÄUMT CLAIRE WILLIAMS EIN »ES MUSSTEN VERÄNDERUNGEN
GESCHEHEN UND WIR HABEN IN DEN VERGANGENEN NEUN
MONATEN UNGLAUBLICH HART DARAN GEARBEITET«
in den vergangenen neun Monaten unglaublich
hart daran gearbeitet.« Im ersten Schritt nahm
Williams immense Umstrukturierungen beim
technischen Personal vor. Der wohl wichtigste
Schachzug war die Verpflichtung von Pat Symonds
im vergangenen Jahr. Trotz seiner Verwicklung in
den Crashgate-Skandal 2008 eilt Symonds der Ruf
eines genialen Ingenieurs voraus. »Die Revolution,
die derzeit bei Williams vonstatten geht, ist sicherlich
seiner Herangehensweise geschuldet«, sagt
Felipe Massa. »Pat ist definitiv eine der wichtigsten
Personen im Team. Er ist unglaublich erfahren und
ist ein großartiger Leader innerhalb des Teams. Er
macht einen großartigen Job, wenn man bedenkt,
von woher Williams gekommen ist.«
Mit Symonds nahm die in den vergangenen Jahren
führerlos scheinende Technikabteilung wieder
Erfolgsform an. Innerhalb weniger Monate stießen
Jakob Andreasen von Force India, Craig Wilson
von Mercedes, Rod Nelson und Dave Wheater von
Lotus sowie Shaun Whitehead von Red Bull zum
Traditionsrennstall. »Ein Team aufzubauen ist
keine einfache Aufgabe. Das geht über einen sehr
langen Zeitraum. So hat Pat schon im vergangenen
Jahr damit angefangen, neue Leute zu rekrutieren«,
erzählt Alan McNish im Gespräch mit dem Motorsport-Magazin.
»Einige Leute werden sogar noch
zum Team dazu stoßen. So sollen einige Ingenieure
von Ferrari zu Williams wechseln.« Einer davon ist
Rob Smedley, der mit Felipe Massa 2008 nur um
ein Haar den Fahrertitel verpasst hat. Er zählt seit
dem Bahrain Grand Prix zum Williams-Inventar.
»Rob wird die Gruppe von Senior Ingenieuren
leiten und sich um die beiden Renningenieure
kümmern, die wir aus der vergangenen Saison
übernehmen«, erklärt Claire Williams die neue
Struktur. »Rod [Nelson] wird vor Ort an der Rennstrecke
agieren, Jakob [Andreasen] bleibt im Werk
- er ist gewissermaßen das Verbindungsglied zwischen
der Aerodynamik-Abteilung und dem, was
an der Strecke vor sich geht. Sowohl Rob als auch →
Williams hat
sich mit harter
Arbeit wieder
zurückgekämpft
www.Motorsport-Magazin.com 45
Rod unterstehen Pat und werden ihm Bericht
erstatten.« Bei Außenstehenden wie dem ehemaligen
Formel-1-Fahrer Johnny Herbert stößt die
Neuaufstellung der Mannen aus Grove auf viel
Gegenliebe. »Pat Symonds ist schon sehr lange im
Formel-1-Geschäft. Er ist sehr gut darin, eine
Gruppe zusammenzuschweißen. Wichtig war es
auch, Felipe Massa ins Team zu holen. Er ist erfahren,
hat sich gegen Saisonende 2013 gesteigert, war
schneller als sein Teamkollege Fernando Alonso.
Rob Smedley ist auch neu dabei. Er und Felipe sind
gut befreundet. Alles in allem hat Williams sehr
gutes, neues Personal«, betont Herbert. Dem kann
sich die Co-Teamchefin nur anschließen. Allerdings
sind die Neuzugänge nur ein Teil der
Umstrukturierung des ehemaligen Weltmeisterrennstalls.
»Die technische Struktur war einer der
wichtigsten Bereiche, an denen wir gearbeitet
haben«, verrät Williams. So wurde hinter den
Kulissen die IT-Infrastruktur ausgebaut, an den
Simulator-Kapazitäten gearbeitet sowie die interne
Kommunikation verbessert. »Das Team hat eine
große Umstrukturierung hinter sich. Alles kommt
jetzt zusammen, wobei es erst der Anfang des Aufschwungs
bei Williams ist«, ist Herbert überzeugt.
Schließlich hat Williams im Vorjahr einen weiteren
entscheidenden Deal an Land gezogen. Anstelle
von Renault hat der Traditionsrennstall sich mit
Mercedes verbündet und verfügt damit über den
vermeintlich stärksten V6-Turbo-Motor im Formel-1-Feld.
»Das neue Motorenreglement hat uns
dazu gezwungen, darüber nachzudenken, welcher
Motorenhersteller für uns zukünftig der beste Partner
sein könnte. Wir haben hinter den Kulissen
Gespräche mit Renault und Mercedes geführt,
doch es stellte sich schnell heraus, dass Mercedes
der bessere Partner für uns ist. Es war sicherlich
von Vorteil, dass wir mit Toto [Wolff], der immer
noch Aktienanteile an Williams hält, einen Vertrauten
als Gesprächspartner hatten«, verrät Claire
Williams. Der Motoren-Coup sollte allerdings
nicht der letzte für diese Saison bleiben.
Schon länger pfiffen es die Spatzen vom Dach, am
6. März machte es Williams schließlich offiziell und
präsentierte Martini als neuen Hauptsponsor. Beide
Unternehmen verbindet eine langjährige Motorsportgeschichte.
1972 trat der Spirituosen-Hersteller
erstmals in der Formel 1 in Erscheinung, als
Sponsor von Tecno. Mit Unterbrechungen war die
Marke bis 1979 in der Königsklasse vertreten,
zuletzt trat Martini 2006 als Nebensponsor bei
Ferrari in Erscheinung. 2014 gehen nun Massa und
Bottas in den weißen Boliden mit den ikonischen
rot-blauen Rennstreifen an den Start - eine optische
Verdeutlichung der neuen Ära, die beim britischen
Traditionsteam angebrochen ist. »Wir haben über
den Winter kommerziell einen fantastischen Job
gemacht. Wir haben drei neue Sponsoren und
einen neuen Hauptsponsor gewonnen, damit können
wir mehr als zufrieden sein«, sagt Claire Williams
und wirft ein: »Allerdings kann man in der
Formel 1 nie genug Geld haben, wobei ich persönlich
der Meinung bin, dass es nicht Unmengen an
Geld braucht, um Rennen zu gewinnen und ich
würde das mit Williams gern 2014 unter Beweis
stellen.« Die Tochter von F1-Urgestein Frank Williams
ist ein weiteres wichtiges Puzzle-Teil in der
Wiederauferstehungsgeschichte des Teams. Am 27.
März 2013 wurde sie als neue stellvertretende
Teamchefin vorgestellt. »Dass ich in diese Rolle
geschlüpft bin, gab mir die Gelegenheit, endlich
das zu tun, was getan werden musste. Ich fühlte
einfach, dass Williams Änderungen benötigte«,
gibt die Britin voller Selbstvertrauen zu Protokoll.
Felipe Massa
ist einer der
vielen
Bausteine des
neuen Teams
46 www.Motorsport-Magazin.com
»ICH BIN SEINE TOCHTER UND WEISS, IHN UM DEN FINGER ZU WICKELN
NEIN, IM ERNST, WIR SIND EIN SEHR GUTES TEAM MEINE VERBINDUNG ZU
MEINEM VATER WAR IMMER SEHR STARK UND ES HILFT, DASS WIR DAS
GLEICHE ZIEL HABEN - WILLIAMS AN DIE SPITZE ZURÜCK ZU BRINGEN«
Die Zusammenarbeit mit ihrem Vater Frank verlaufe
sehr gut. »Ich bin seine Tochter und weiß, ihn
um den Finger zu wickeln«, scherzt die Britin.
»Nein, im Ernst, wir sind ein sehr gutes Team.
Gerade wenn Familienmitglieder miteinander
arbeiten, kann es zu Reibereien kommen. Doch
meine Verbindung zu meinem Vater war immer
sehr stark und es hilft, dass wir das gleiche Ziel
haben - Williams an die Spitze zurück zu bringen.
Hierbei müssen Egos zurückgesteckt werden, denn
es geht nur darum, die richtigen Entscheidungen
für das Team zu treffen.«
Der erste Schritt ist dem Team gelungen. Sie sind
mit einem konkurrenzfähigen Auto in die Saison
gestartet und haben für einige hochgezogene
Augenbrauen im Fahrerlager gesorgt. Nun gilt es,
den Beweis zu erbringen, dass die aktuelle Performance
mehr als nur ein Aufflackern ist. Johnny
Herbert hat allerdings Bedenken, dass der Rennstall
den aktuellen Erfolgslevel langfristig halten
kann. »Sie haben zwar mehr Partner an Bord, ich
weiß aber nicht, ob es genug ist«, äußert er seine
Zweifel. Und auch Claire Williams ist sich der
Herausforderung bewusst, die mit dem Entwicklungsrennen
2014 einhergeht. »Aktuell sind wir
absolut in einer konkurrenzfähigen Situation, doch
wir sind ein unabhängiges Team und somit wird
das Budget für uns immer mit Sorgen verbunden
sein. Es gilt einfach, weiter hart zu arbeiten, um
langfristig konkurrenzfähig zu bleiben«, betont die
Britin. Für die stellvertretende Williams-Teamchefin
wäre es ein Horrorszenario, einen möglichen
WM-Kampf aufgrund mangelnder Finanzen zu
verlieren. »Es wäre grausam, wenn wir feststellen
müssten, dass uns das Geld ausgeht. Wir arbeiten
im Moment hart daran, dass für den Fall, dass wir
dieses Jahr vorne mitfahren, ein Budget vorhanden
ist, um das Auto bis zum Schluss weiterentwickeln
zu können«, verrät Claire Williams. »Wir befinden
uns an einem völlig neuen Punkt und hoffen jetzt,
dass all die Änderungen den erhofften Erfolg bringen.«
Ein starkes Technikerteam, der beste Motor
und ein finanzstarker, neuer Partner. Dies könnte
tatsächlich den Beginn einer neuen, erfolgreichen
Ära für Williams bedeuten.
Blick in die
Zukunft:
Wohin führt
der Weg des
Teams?
FOTOS: WILLIAMS, ADRIVO/SUTTON
www.Motorsport-Magazin.com 47
FOTOS: SAUBER
48 www.Motorsport-Magazin.com
ABSCHRECKUNG
MUSS
NEUE TECHNOLOGIE, NEUER SOUND - SAUBER-
TEAMCHEFIN MONISHA KALTENBORN ERKLÄRT IM
EXKLUSIV-INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-
MAGAZIN, WARUM DIE TECHNISCHEN VERÄNDE-
RUNGEN IN DER KÖNIGSKLASSE DES MOTORSPORTS
NOTWENDIG WAREN UND WESHALB MANCHE THEMEN
NICHT UNNÖTIG AUFGEBAUSCHT WERDEN SOLLTEN.
SEIN
TEXT: KERSTIN HASENBICHLER
www.Motorsport-Magazin.com 49
MSM: ERS, MGU-H, KERS und MGU-K - kaum ein
Fan blickt da durch, wie schwer tun Sie sich mit all
den technischen Feinheiten?
MONISHA KALTENBORN: Mittlerweile habe ich
den Durchblick und vor allem den Überblick, was
in meiner Position sehr wichtig ist. Natürlich sieht
man, dass es noch sehr viel zu lernen gibt. Manche
sind da weiter, manche haben noch Nachholbedarf.
Die Lernkurve der Teams ist immer noch sehr steil
und es wird noch einige Rennen brauchen, bis wir
alles im Griff haben. Aber ich finde das spannend.
Es tut der Formel 1 gut. Der Sport sieht sich vor eine
sehr große Herausforderung gestellt. Das neue
Motorenreglement, das bereits vor längerer Zeit
beschlossen wurde, wurde vor allem von den großen
Herstellern begrüßt. Als Privatteam ist unser Blickwinkel
natürlich ein anderer, denn das Reglement
hat für sehr große Kosten gesorgt. Ohne diese Kosten
wäre uns das Reglement sicherlich lieber gewesen.
[schmunzelt] Aber natürlich muss die Formel 1 mit
der Zeit mitgehen. Fakt ist, dass eine neue Ära angebrochen
ist. Wir haben einen neuen Motor, ein sehr
effizientes und weitentwickeltes Hybridsystem und
das sind genau die Themen, die wir auf höchster
technologischer Ebene transportieren wollen.
Das heißt, Sie finden den eingeschlagenen Weg
genau richtig?
Ja, der Weg ist genau richtig. Natürlich gibt es
Schwierigkeiten. Vielleicht wäre es besser gewesen,
die Entscheidungen früher herbeizuführen, dann
hätte man mehr Zeit gehabt. Aber im Nachhinein
ist es immer leicht zu sagen, was man hätte es besser
lösen können. All die negativen Stimmen, die vor
allem aus der Formel 1 herauskommen, finde ich
nicht gut. Wir befinden uns in einer neuen Situation
und sollten uns auf das Positive konzentrieren.
Sie sprachen gerade die negativen Stimmen an.
Generell könnte man kritisieren, dass die Formel 1
zwar dem weltweiten Markt in Richtung Hybrid und
Umweltfreundlichkeit folgt, aber kaum bis gar nicht
auf die Fans eingeht.
Es wird immer Fans geben, denen es gefällt und
denen es nicht gefällt. Das ist wie in der Musik, jeder
hat einen anderen Musikgeschmack. Daran werden
sie nichts ändern können. Deshalb muss es unsere
Aufgabe sein, die Fans besser abzuholen.
Vor allem der neue Sound der Formel 1 stößt bei
den Fans auf sehr viel Kritik. Wie kann man diesen
Fans beibringen, dass eine neue Ära begonnen hat
und der Sound dazugehört?
Genau das ist der springende Punkt. Wir befinden
uns mitten in dieser neuen Ära. Ich kann es nicht
oft genug wiederholen, dass wir ein Hybridsystem
fahren, das am Automarkt ein riesengroßes Thema
ist und in der Formel 1 geht es ja darum, die relevanten
Technologie-Themen auf höchster Ebene
darzustellen. Und genau das tun wir im Moment
und was die Fans angeht, liegt es an uns, sie besser
abzuholen und ihnen das neue System besser zu
Monisha Kaltenborn
beim Interview mit
dem Motorsport-
Magazin
»IM MOMENT IST DER
WETTBEWERB NICHT GE-
SUND. ES BRINGT NICHTS,
NACH EINEM SCHUL-
DIGEN ZU SUCHEN. ES
GIBT DURCHAUS GROSSE
TEAMS, DIE EBENFALLS
DER MEINUNG SIND, DASS
DIE KOSTEN REDUZIERT
WERDEN MÜSSEN. DENN
SELBST DIE GROSSEN
TEAMS HABEN NICHT UN-
ENDLICH VIEL GELD, AUCH
SIE MÜSSEN VERANTWORT-
LICH HANDELN.«
erklären. Es gilt, ihnen zu erklären, was wir gemacht
haben und dass der neue Sound eine Folge davon
ist. Es gab immer Leute, die die Formel 1 kritisiert
haben und die wird es auch weiterhin geben. Damit
müssen wir leben. Ich finde einfach, dass im Moment
einzelne Punkte zu sehr aufgebauscht werden und
wir eine Diskussion führen, die am Ende des Tages
dem Produkt ‚Formel 1‘ schadet.
Die neuen Regeln sind nicht nur kontrovers, sondern
unglaublich kostspielig. Vor allem als Privatteam
sind diese bestimmt nicht leicht zu stemmen
gewesen.
Tatsächlich ist es eine ganz schwierige Herausforderung.
Wir haben diese Herausforderung aber lange
vorher kommen sehen und haben daher versucht,
neue Partner zu finden. Es ist wichtig, die Formel 1
attraktiv zu machen und durch diese Änderungen
ist der Sport für viele attraktiv geworden, für die er
es vorher nicht mehr war. Wir haben etwas Neues
geschaffen, das für viele Märkte und Partner die
Formel 1 wieder spannend gemacht hat. Effizienz,
weniger Verbrauch - das alles sind Themen, die in
der Autoindustrie extrem wichtig sind.
Sie gelten seit langem als große Verfechterin einer
Budgetgrenze. Was stand dem Ganzen bisher im
Weg, sind es wirklich nur die Top-Teams?
Im Moment ist der Wettbewerb nicht gesund. Es
bringt nichts, nach einem Schuldigen zu suchen. Es
gibt durchaus große Teams, die ebenfalls der Meinung
sind, dass die Kosten reduziert werden müssen.
Denn selbst die großen Teams haben nicht unendlich
viel Geld, immerhin stehen hinter diesen große Konzerne,
die genauso verantwortlich handeln müssen.
Es ist uns schon ein großer Schritt in die richtige
Richtung gelungen. Unser Verband hat sich öffentlich
zu einer Kosteneindämmung bekannt und
möchte dementsprechende Regeln nächstes Jahr
einführen. Entscheidend ist, dass eine Grenze gesetzt
wird, auch wenn diese vielleicht für kleinere Teams
anfangs noch sehr hoch erscheint.
Wo würden Sie die Budgetgrenze ansetzen und was
sollte Ihrer Meinung nach alles darin beinhaltet sein
- auch die Fahrergehälter?
Ich möchte öffentlich keine Zahlen nennen, da wir
uns gerade mitten in den Gesprächen befinden. Ich
denke, dass wir da eine richtige Lösung finden werden.
Es ist klar, dass in diese Budgetgrenze nicht alles
miteinbezogen werden kann. Die einzelnen Ausnahmen
sind derzeit genauso ein Thema unserer
Gespräche. Wichtig ist, dass wir einen glaubhaften
und - ich betone das noch einmal - einen verantwortungsvollen
Schritt setzen.
Die Frage ist, wie lässt sich solch eine Regelung überwachen.
Gegner der Budgetgrenze behaupten, dass
das gar nicht möglich ist, da die großen Autohersteller
ihre Entwicklungen auf andere Teile des
Unternehmens auslagern könnten?
Dieser Meinung bin ich nicht, denn jedes Team hat
50 www.Motorsport-Magazin.com
Sauber erlebte
einen holprigen
Saisonstart
seine Bücher und wenn ein Team etwas in den
Büchern nicht angeben will, dann weiß es um
die Konsequenzen. Ich denke auch nicht, dass
man da so vieles verstecken kann, was am Ende
dann über einen WM-Titel entscheidet. Gerade
die großen Unternehmen müssen aufgrund
ihrer Exponiertheit achtgeben, dass solche
Dinge eben nicht vorkommen. Aber gerade
mit einem großen Namen hat man sehr viel zu
verlieren. In punkto Überwachung des Systems
ist es wichtig, dass wir klare Regeln haben und
noch wichtiger sind klare Strafen. Es muss eine
Abschreckung bestehen. Das ist wie im Straßenverkehr
- wenn die Strafe für zu schnell
fahren, nur ein paar Euros ausmacht, dann
wird man es riskieren. Wenn die Strafe aber
einige Nullen mehr enthält, plus den Verlust
des Führerscheins, dann wird sich ein jeder
zwei Mal überlegen, ob er zu schnell fährt. So
eine Abschreckung braucht auch unser System.
Natürlich ist kein System davor gefeit, dass es
darin Leute gibt, die sich nicht daran halten,
aber genau hier kommt das Strafausmaß ins
Spiel.
Die Schweizer
haben noch viel
Arbeit in dieser
Saison vor sich
Eine Budgetgrenze
würde
Sauber sehr
entgegenkommen
FOTOS: SAUBER, ADRIVO/SUTTON
Wobei in der Formel 1 der Schein trügen soll.
Ein Insider erzählte mir, dass Teams in
5-Sterne-Hotels wohnen, obwohl sie es sich
nicht leisten können - nur um die finanzielle
Situation nach außen hin zu vertuschen.
Genauso sollen kleinere Teams auf dem Personalmarkt
extrem viel Geld ausgeben.
Modellbauer sollen mit 45.000 Euro von
Teams abgeworben worden sein, obwohl sie
zuvor nur 36.000 bis 38.000 Euro verdient
haben.
Ich kann nur sagen, dass unser Team nach
außen hin nichts vortäuscht. Ich kann natürlich
nur für uns sprechen. Es ist kein Geheimnis,
dass wir eine schwierige Zeit durchgemacht
haben. Das haben wir offen kommuniziert.
Momentan sind wir dabei, uns aus dieser Situation
zu befreien und uns Schritt für Schritt zu
verbessern. Es bringt nichts, über seine Verhältnisse
zu leben, aber wie gesagt, ich weiß
nicht wie es bei anderen Teams aussieht. Die
Diskussion allein zeigt mir aber, dass es zu
einer Budgetgrenze kommen muss. Jedes Team
kann innerhalb der Grenze seine Prioritäten
setzen. Einige werden mehr Geld in CFD und
Simulations-Tools hineinstecken, andere in
den Windkanal, wobei sich das aufgrund der
Beschränkungen relativiert hat. Wir haben
immer gesagt, dass je mehr man über den
Windkanal einschränkt, desto mehr Geld wird
in die Windkanalmodelle fließen. Folge dessen
werde diese immer besser - das kann wiederum
dazu führen, dass Bereiche, in die man früher
nicht sehr viel Geld gesteckt hat, an Bedeutung
gewinnen. Wenn es eine Budgetgrenze gibt,
dann ist es jedem Team freigestellt, für welchen
Bereich es sein Geld ausgibt.
www.Motorsport-Magazin.com 51
SENNAS
TURBO-
RAKETEN
TEXT: CHRISTIAN MENATH
AYRTON SENNA. EINER DER BESTEN RENNFAHRER DER
FORMEL-1-GESCHICHTE. ZU SEINEM 20. TODESTAG BELEUCHTET
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN DREI WEGBEGLEITER DER BRASILIA-
NISCHEN LEGENDE - SEINE TURBO-RAKETEN VON TOLEMAN,
LOTUS UND MCLAREN.
52 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Der Brasilianer Ayrton
Senna ist ebenso
legendär wie seine
Formel-1-Fahrzeuge
www.Motorsport-Magazin.com 53
Ayrton Senna debütierte
mit dem Toleman bei
seinem Heimrennen in
Brasilien
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
TECHNISCHE DATEN:
Chassis: Karbon-Monocoque
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten
Motor: Hart 415T, 1459 ccm Reihenvierzylinder mit Turboaufladung, längs eingebaut
Getriebe: Manuelles 5-Gang-Getriebe von Hewland
Reifen: Michelin
Benzin: Agip
ERFOLGE:
Alle 3 Podestplätze des Teams
14 Punkte
1 Schnellste Rennrunde
Platz 7 in der Konstrukteurswertung
54 www.Motorsport-Magazin.com
TOLEMAN
TG184
Ayrton Senna gab sein Formel-1-Debüt 1984 im Toleman
TG183B. Vier Rennen lang musste der Brasilianer mit dem
wenig erfolgreichen Interims-Modell bestreiten, ehe der TG184
beim Großen Preis von Frankreich Abhilfe schaffen sollte. Designt wurde
der erfolgreichste Bolide der Rennstallgeschichte von Pat Symonds und
Rory Byrne.
Der TG184 unterschied sich in einigen Merkmalen von seinem Vorgänger:
Der Frontflügel war wieder konventionell gestaltet, die Kühler
wanderten komplett zurück in die Seitenkästen. Das Fahrwerk wurde
speziell auf den Wechsel von Pirelli zu Michelin-Reifen angepasst, das
Konzept blieb aber mit Pullrods an der Vorder- und Pushrods an der
Hinterachse gleich. Ein besonderes Merkmal, das schon seinen Vorgänger
auszeichnete, blieb jedoch: der spektakuläre
Doppel-Heckflügel.
Beim T184 war der erste Flügel allerdings nicht mehr an den Seitenkästen
befestigt, sondern direkt auf dem Unterboden angebracht. Wie
schon im Jahr zuvor war die Flügel-Konstellation aber ähnlich: Während
der eigentliche Heckflügel in der Breite reglementiert war, wuchs
der Zusatzflügel noch über die Radinnenseiten hinaus. Das Flügelblatt
war so hoch platziert, damit der eigentliche Hauptflügel selbst noch
ausreichend im Wind stand und Abtrieb produzieren konnte. Die
geschickte Konstruktion wurde allerdings später durch einen großen
Heckflügel mit Zusatzelementen an den Endplatten ersetzt.
Schwachpunkt des Autos blieb der Reihenvierzylinder von Hart. Der
1,5-Liter Turbomotor konnte mit der Konkurrenz von TAG, Ferrari,
Renault, Honda und BMW nicht mithalten. Obwohl die kleine britische
Motorenschmiede mit kleinem Budget ein achtbares Aggregat lieferte, mit
den Motoren der Konkurrenz konnte sie nicht konkurrieren. Mit geschätzt
600 PS sollen auf den legendären TAG V6-Turbo etwa 150 Pferdestärken
gefehlt haben. Wenig verwunderlich, dass der TG184 ausgerechnet beim
verregneten Monaco Grand Prix seine Sternstunde erlebte, als Ayrton Senna
sein erstes Podium einfuhr.
→
www.Motorsport-Magazin.com 55
LOTUS
98T
Kaum ein Formel-1-Bolide hat so einen Legendenstatus erreicht
wie der Lotus 98T. Besonders die Lackierung im John Player
Special Design bleibt Zeugen der Zeit bis heute im Gedächtnis.
Dabei hat die Konstruktion von Gérard Ducarouge und Martin Ogilvie
aus dem Jahr 1986 weit mehr zu bieten, als nur eine auffällige Lackierung,
an die sich auch die heutigen Lotus-Boliden anlehnen.
Der 98T erinnert an seinen Vorgänger, den 97T, der wiederum auf
dem Lotus 96T basierte, dem letzten Indycar aus dem Hause Lotus.
Mindestens so legendär wie die schwarz-goldene Lackierung war
das Herzstück des 98T - der Motor. Es war das letzte Jahr, in dem
Lotus auf Renault-Turbo-Power vertraute, ehe Honda-Motoren im
Heck verbaut wurden. Und es war überhaupt das letzte Jahr, in dem
der 1,5-Liter V6-Turbo von Renault, der einst 1977 die Turbo-Ära
einleitete, zum Einsatz kam.
Für die Abschiedstournee hatten die französischen Ingenieure
noch etwas zu bieten. In der leistungsstärksten Formel-1-Saison
der Geschichte generierte der EF15B zwischen 1.200 und 1.300
Pferdestärken, die Ayrton Senna regelmäßig auf die Pole Position
katapultierten. Erstmals kam im Bi-Turbo-Aggregat auch eine
pneumatische Ventilsteuerung zum Einsatz, die höhere Drehzahlen
ermöglichte.
Nicht nur der Motor musste für die Saison 1986 signifikant angepasst
werden. Weil die maximale Benzinmenge von 220 auf 195 Liter
herabgesetzt wurde, wurde das Chassis ein ganzes Stück flacher konstruiert,
um so eine kleinere Stirnfläche zu bieten. Auch am Getriebe
legten die Ingenieure Hand an. Sennas Teamkollege Johnny Dumfries
startete mit einem neuen 6-Gang-Getriebe, während der Brasilianer
auf die alte Lösung mit lediglich fünf Gängen vertraute. Der 98T verfügte
erstmals über eine Urform des verstellbaren Fahrwerks. Über ein
Hydrauliksystem konnte die Fahrzeughöhe während der Fahrt verändert
werden. Hinter vorgehaltener Hand sprach die Konkurrenz oftmals von
einem illegalen Fahrzeug, Protest wurde allerdings nie offiziell
eingelegt.
→
56 www.Motorsport-Magazin.com
TECHNISCHE DATEN:
Chassis: Karbon-Monocoque
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und hinten
Motor: Renault EF15B, 1492 ccm 90-Grad-V6-Bi-Turbo, längs eingebaut
Getriebe: Manuelles 5- und 6-Gang-Getriebe von Hewland und eigenem Gehäuse
Reifen: Goodyear
Benzin: Elf
ERFOLGE:
8 Pole Positions
2 Siege
8 Podiumsplatzierungen
Platz 3 in der Konstrukteurswertung
Platz 4 in der Fahrerweltmeisterschaft
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
Eine Legende in Gold und
Schwarz: Sennas Lotus
aus dem Jahr 1986
www.Motorsport-Magazin.com 57
Der McLaren MP4/4
dominierte die Formel
1 nach Belieben
TECHNISCHE DATEN:
Chassis: Karbon-Monocoque
Fahrwerk: Doppel-Querlenker mit Pullrod-Aufhängung vorne und Pushrod-Aufhängung hinten
Motor: Honda RA168-E, 1494 ccm, 80-Grad-V6-Turbo, längs eingebaut
Getriebe: Manuelles 6-Gang-Getriebe von Weismann/McLaren
Reifen: Goodyear
Benzin: Shell
ERFOLGE:
25 Podiumsplatzierungen
15 Siege
15 Pole Positions
12 Mal reine McLaren-Startreihe eins
9 Doppelsiege
Platz 1 in der Konstrukteurswertung
Platz 1 und 2 in der Fahrerweltmeisterschaft
FOTOS: ADRIVO/SUTTON
58 www.Motorsport-Magazin.com
MCLAREN
MP4/4
K
ein Auto hat in der Geschichte der Formel 1 mehr gewonnen
als der McLaren MP4/4. 16 Rennen umfasste die Formel-
1-Saison 1988 - 15 davon gewannen Ayrton Senna oder Alain
Prost im vermutlich dominantesten Auto der Historie.
Für das vorerst letzte Jahr der Turbo-Ära hatten sich die Regelhüter
wieder neue Beschränkungen ausgedacht. Statt 195 Liter durften die
Fahrzeuge für die gesamte Renndistanz nur noch 150 Liter Benzin
verbrauchen. Zusätzlich wurde der maximale Ladedruck des Turbos
auf 2,5 Bar beschränkt. Alles Umstände, die McLaren in die Karten
spielten. Denn der britische Traditionsrennstall wechselte für das letzte
Turbo-Jahr den Motorenlieferant. Die TAG-Motoren hatten ausgedient,
stattdessen wurden Honda-Aggregate im Heck verbaut.
Der Wechsel entpuppte sich als wahrer Glücksgriff: Honda war der
einzige Hersteller, der für die letzte Saison unter Turbo-Reglement
einen komplett neuen Motor - speziell auf das neue Reglement zugeschnitten
- konstruierte. Außerdem hatte der Honda-Motor eine
weitere Eigenschaft, die sich als wahrer Trumpf erwies: Im Vorjahr
setzte Honda noch auf einen Zylinderwinkel von 60 Grad, 1988
wechselten die Japaner auf 80 Grad.
Somit saß der Schwerpunkt tiefer und die Bauform war im Vergleich
zum Reihenvierzylinder von BMW flacher. Das ermöglichte den Designern
Steve Nichols und Gordon Murray eine besonders flache Bauweise,
die sich gleich doppelt auszahlen sollte. Die Chassishöhe konnte
um rund 30 Prozent abgesenkt werden, was sich in erster Linie positiv
auf den Benzinverbrauch auswirkte. Zusätzlich wurde der Heckflügel
besser angeströmt und konnte so mehr Abtrieb generieren. Murray versuchte
dieses Prinzip schon 1986 bei Brabham, scheiterte jedoch - wegen
des BMW-Motors. Gerüchten zufolge sollte McLaren noch während der
Saison 1988 auf 3,5-Liter V8-Motoren umsteigen. Das jedoch geschah nie.
Stattdessen wurde der MP4/4 bis zum letzten Rennen der Saison - und
damit auch des Reglements - konsequent weiterentwickelt. Wäre Senna
nicht in Monza beim Überrunden gestrauchelt, hätte McLaren jedes einzelne
Rennen der Saison gewonnen.
→
www.Motorsport-Magazin.com 59
Ayrton Senna sagte
stets offen und ehrlich
seine Meinung
60 www.Motorsport-Magazin.com
SENNA UNCUT
»DIE FORMEL 1 IST EIN GROSSES
GESCHÄFT UND GROSSE VERANT-
WORTUNG - DAS NIMMT EINIGES
VOM SPASS.«
»Wenn ich nur noch mitfahre,
könnte ich meinen
Job als Rennfahrer nicht
mehr vor mir selbst
vertreten.«
»REICHE MENSCHEN KÖNNEN NICHT AUF EINER INSEL
UMGEBEN VON ARMUT LEBEN. WIR ATMEN ALLE DIE
GLEICHE LUFT. WIR MÜSSEN JEDEM EINE CHANCE GEBEN,
ZUMINDEST EINE KLEINE.«
»Die Befriedigung, die
Gefühle, die ich aus
Siegen ziehe, das ist es,
was mich antreibt.«
»Zwölf Stunden am Tag
beschäftige ich mich mit
meinem Auto, die restlichen
zwölf Stunden denke
ich darüber nach.«
»Prost ist ein Feigling. Er ist
wie ein 100-Meter-Läufer,
der als einziger mit Spikes
antreten will, während alle
anderen mit Bleischuhen
laufen müssen.«
»ICH FUHR WIE IN EINEM TUNNEL.
ICH HATTE SO EIN HOHES LEVEL
AN KONZENTRATION, DASS DAS
AUTO UND ICH EINS WURDEN.«
»Beten hilft mir, das Vertrauen in
mich selbst und in meine Fähigkeiten
zu finden - aber ich bete nicht
darum, zu gewinnen.«
www.Motorsport-Magazin.com 61
SLIDESHOW | MOTORRAD | #36 | 2014
❱
TIEFSTAPELN
TEXT: MARIA POHLMANN
Nicht nur auf der Honda, sondern auch im Untertreiben ist Marc Marquez
ein wahrer Weltmeister. Nur vier Wochen vor dem Start in das Jahr
seiner möglichen Titelverteidigung, brach sich der Spanier das Wadenbein
und musste zwei der offiziellen Vorsaisontests auslassen. Erst fünf
Tage vor dem Saisonstart konnte Marquez wieder gehen. In den Trainings
beklagte er Schmerzen und auch nach der Pole war sich der
Weltmeister nicht sicher, ob er das ganze Rennen durchhält. Pustekuchen!
Der 21-Jährige fuhr die 22 Runden nicht nur bis zum Ende, sondern
bot dem Altmeister auch noch die Stirn und schlug ihn in einem
packenden Duell. Wenn Marquez erst wieder richtig fit ist, können die
Konkurrenten einpacken.
FOTO: MILAGRO
62 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 63
FOTOS: MILAGRO, YAMAHA, HONDA
TEXT: MARIA POHLMANN
DIE EINEN MACHEN AM WOCHENENDE EINEN AUSFLUG INS GRÜNE, ANDERE
FAHREN ZUR RENNSTRECKE. FÜR DIE TOPSTARS DER MOTOGP WAR DIE KIND-
HEIT WIE EIN PICKNICK MIT MOTOREN. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN UNTER-
SUCHT, WIE DIE STARS AUFWUCHSEN UND WELCHEN EINFLUSS IHRE FAMILIEN
HATTEN UND NOCH IMMER HABEN.
64 www.Motorsport-Magazin.com
DIE WELT DES
MARCO SIMONCELLI
FOTOS: MILAGRO, HONDA
E
in Familienausflug am Wochenende:
aus grünen Wiesen strömt
sommerlicher Duft, wärmende
Sonnenstrahlen erhellen den Tag,
Vögel zwitschern verschiedenste Melodien, blühende
Blumen leuchten in ihrer vollen Farbpracht,
eine Decke, auf der Eltern und Kinder Platz nehmen,
naschen und lachen. So oder so ähnlich mag
für viele die Wunschvorstellung eines Picknicks
im Grünen aussehen. Bei den Simoncellis sah ein
Familienausflug etwas anders aus: Sie fuhren zur
Rennstrecke, fieberten mit, genossen den Sound
der Motoren und trafen sich nach Trainings, Qualifyings
und Rennen zum gemeinsamen Essen und
Kartenspiel.
»Für uns war dieser Sport wie ein Spiel zwischen
Freunden, ein Wochenende zusammen, wie ein
Picknick, nur mit Motoren. Ein Landausflug zu
den Rennstrecken, wo der Wettbewerb weiter
wuchs, weil Gewinnen das Ziel war, denn Gewinnen
brachte Adrenalinstöße und eine unglaubliche
Befriedigung«, schildert Luca Pasini, Mattia Pasinis
Vater und Gründer des Pasini Mini Project
Teams, in dem Marco Simoncellis Karriere
begann. Der Italiener wuchs mit dem Rennsport
auf. Spielerisch vermittelte ihm sein Vater die Leidenschaft,
die er lebte, liebte und mit der er später
Grand-Prix-Siege und Titel einfuhr.
Paolo Simoncelli genoss es, seinen Sohn auf dem
Motorrad zu sehen, sprach ihm Mut zu, verbrachte
ganze Tage auf Rennstrecken und war stolz auf
ihn. Er erinnert sich: »Zunächst lief alles gut, aber
dann wollte Marco sein Knie auf den Boden bringen:
Es schien einfach, aber sein Knie in einer
Kurve nach unten zu bekommen, war für Marco
eine große Leistung. Wir waren auf der Strecke in
Miramare, als er es zum ersten Mal tat. Er hielt an
und war überglücklich. Ich kann mich heute noch
daran erinnern. Er war so aufgeregt: ‚Dad, ich habe
mein Knie auf dem Boden schleifen lassen!‘ Für
ihn war es fundamental, noch wichtiger, als schnell
zu fahren und sobald er es gelernt hatte, wollte er
es auch auf der Geraden versuchen. Er lehnte sich
zur Seite, obwohl er es gar nicht musste.
Wunderbar!«
Valentino Rossi dazu: »Sic hatte eine wundervolle
Beziehung zu seinem Vater, die meiner Meinung
nach bei einem 24-Jährigen sehr selten ist.« Beim
neunfacheb Weltmeister sah es etwas anders aus.
»Ich habe zwar eine großartige Beziehung zu
meinem Dad, aber manchmal bin ich lieber mit
meinen Freunden zusammen. Ich denke, das ist
normal. Aber in seinem Fall, scheiße, vielleicht
war sein Vater ja sein bester Freund. Das ist etwas
Besonderes. Denn normalerweise rückt man erst
nach ein paar Jahren wieder so eng zu seinem
Vater, will mit 20 Jahren einfach sein eigenes Ding
durchziehen.«
»Mein Dad und ich haben eine wundervolle
Beziehung«, sagte Simoncelli einst. »Er ist der
Einzige, der alle meine Rennen gesehen hat, vom
allerersten Mal auf dem Minibike bis heute. Wenn
wir bei den Rennen sind, handeln wir automatisch.
Er weiß, was ich brauche und wir müssen
nicht einmal miteinander reden, wir verstehen
uns blind. Er ist ein Vater und ein Freund...
manchmal auch ein etwas angepisster Freund!«
Das wundersame Vater-Sohn-Verhältnis
nahmen nicht nur Paolo und Marco
selbst wahr. Auch Freunde
bewunderten die Familie,
während die Gegner
anderer Meinung
waren. »Wenn
man eine Person
als Rivalen
ansieht, dann
sieht man
nichts Positives.
Je mehr
die Leute mir gegenüber
gut von Marco sprachen,
desto weniger verstand
ich, was sie meinten. Ich fand
ihn seltsam und ich fand auch seine Familie
seltsam«, gab Andrea Dovizioso zu.
Die beiden Italiener waren ähnlich aufgewachsen,
fuhren in sämtlichen Meisterschaften
gegeneinander und entwickelten schon früh
ein starkes Konkurrenzverhältnis. Als Simoncelli
starb, begann Dovizioso seine Meinungen
zu überdenken. »Nun muss ich zugeben, dass
man seine Familie nur bewundern kann. Das
sind wundervolle Leute und die einzige Familie,
die bei jedem Rennen dabei ist - egal, ob
in Italien oder irgendwo anders auf der Welt.
Eine echte Familie, wie die in den Filmen, die
auf unsere Welt trifft.« Der heutige Ducati-
Pilot ist überzeugt, dass derartige Familienbeziehungen
im Fahrerlager sonst nicht zu
finden sind. »Aber das ist eine Familie, die
immer wie eine wirkliche Familie leben wollte.
Es ist besonders in der heutigen Grand-Prix-
Welt wundervoll, sowas zu sehen; wie aus einer
anderen Ära.«
Marco
Simoncelli ließ
leider viel zu
früh sein
Leben
66 www.Motorsport-Magazin.com
DIE WELT DES
MARC MARQUEZ
W
ie eine wahre Familie leben auch
Julia, Alex, Marc Marquez und
Roser Alenta - allerdings nur zu
Hause. »Wenn ich zu Hause bin,
verbringe ich all meine Zeit mit Alex. Was er tut,
mache ich auch und was ich tue, macht er auch.
Darum bleiben wir uns an den Rennstrecken lieber
fern«, sagt Marc Marquez über seinen Bruder,
mit dem er zu Hause Tag für Tag trainiert. »Es ist
ein großer Vorteil für uns beide, dass wir mit
Motorsport zu tun haben. Wir denken einfach
gleich. Wir denken immer über dieselben Dinge
nach und du weißt, dass du nie alleine trainieren
musst.« Das Teamwork funktioniert auch im
Haushalt. »Ich decke den Tisch immer vor dem
Abendessen und Alex muss abräumen. Das war
schon immer so«, lacht der Champion.
»Die beiden waren immer gute Freunde. Vielleicht
weil sie beide jung sind und schon immer die gleiche
Leidenschaft hatten. Jetzt, wo sie beide
erwachsen sind, helfen sie sich gegenseitig«,
beschreibt Roser Alenta. Papa Julia Marquez
ergänzt: »Wenn ich meine Jungs sehe, sind sie
immer am zanken - wie das bei Jungs eben so ist.
Aber du siehst sie streiten und zwei Minuten später
lachen sie schon wieder, vertragen sich und
wollen dieses oder jenes gemeinsam tun. Als
Eltern sind wir stolz darauf, dass wir zu Hause so
eine tolle Atmosphäre geschaffen haben.« Von
dieser Atmosphäre profitiert heute besonders
das Team des Weltmeisters. »Seine
Familie hat ihn perfekt auf alles vorbereitet.
Er hat einen klaren Kopf
und ist sehr ehrlich. Wenn er
vor einem Mikrofon steht,
sagt er die Dinge so, wie sie
sind, ohne jemandem
auf die Füße zu treten.
Der Junge weiß, wo
er hin will und was
er sagen kann und
was nicht«, bestätigt
Pepe Aznar, der bei
Repsol für Presse und
PR zuständig ist.
Marquez strahlt in gewohnter
Weise: »Wir waren schon immer eine
tolle Familie und da ist es umso wichtiger,
das an der Rennstrecke zu trennen. Es ist gut,
eine ruhige und stabile Familie und Umgebung
zu haben. Das ist mir überall wichtig.« An den
Rennwochenenden ist seine Crew für den 21-Jährigen
die Familie. Er ist immer bei seinem Team,
beobachtet jeden Handgriff, lacht und sitzt auch
am Abend gemeinsam mit seinen Leuten am
Tisch. »Ich mag es familiär. Wenn man auch privat
gut zurechtkommt und damit eine eingeschworene
Gruppe ist.« Marquez zeigt besonders an der
Technik großes Interesse, da er als Kind zunächst
selbst Mechaniker werden wollte. Aber alles kam
anders.
Mit vier Jahren saß Marquez zum ersten Mal auf
einem Bike. »Meine Eltern waren freiwillige Helfer
in einem Motocross-Club. Meine Mutter war dort
an der Bar und machte die Sandwiches. Mein
Vater saß im Ticket-Büro und war der Abwinker.
Ich verbrachte die Tage an der Strecke, saß
herum und beobachtete die Motorräder. Das
konnte ich ewig tun. Irgendwann
bekam ich ein Bike und wartete
dann immer ganz ungeduldig, bis
die Rennen der Älteren vorbei
waren. Danach durfte ich auf
die Strecke und konnte üben«,
erinnert er sich. Da seine
Eltern viel arbeiteten, verbrachte
Marquez viel Zeit bei seinem
Großvater. »Marc ist als das Kind
aufgewachsen, welches er ist und war. Er
war immer ein sehr gutes Kind. Du musstest
dich nie über ihn ärgern. Er
war immer ein guter Junge.
Locker drauf, würde ich
sagen«, schwelgt Opa
Ramon Marquez in
Erinnerungen.
Nach einem Grand
Prix wertet Marquez
das Rennen
immer mit seinem
Großvater aus. »Er
sieht alles mit seinen
eigenen Augen
und natürlich ist
sein Enkel der Favorit.
Wenn er für seinen
Enkel töten müsste,
würde er das
tun. Es ist
toll, so ein →
Marc Marquez
hat die
MotoGP
derzeit fest im
Griff
www.Motorsport-Magazin.com 67
DIE WELT DES
JORGE LORENZO
gutes Verhältnis zu haben. Das gibt dir auch einmal
einen anderen Blick auf die Rennen. Alles, was der
Enkel macht, ist richtig und was der Rest tut, ist
falsch«, lacht der Honda-Pilot. Papa Julia weiß, wie
wichtig der Großvater für seinen Sohn ist. »Manchmal
sehe ich sie intensiv diskutieren und denke mir
‚diese Jungs!‘ Als Marc klein war, hatten sie noch ihre
Geheimnisse und die haben sie immer noch.«
Großvater Ramon verpasst kein einziges Rennen.
»Wenn wir in Japan, Malaysia oder Australien
sind, steht er selbst für die Freien Trainings mitten
in der Nacht auf und verpasst nichts«, so
Marquez. Papa Julia ergänzt: »Er sitzt da mit der
Fernbedienung und wenn ein Rennen zu Ende
ist und es etwas zu feiern gibt, geht er raus und
zündet Feuerwerkskörper. Ich sage
dann immer: ‚Du bist jetzt zu alt für
so laute Knaller!‘«
J
orge Lorenzo hat keine derartige
Bezugsperson, aber immer ein sehr
gutes Verhältnis zu seiner Mutter,
Maria Guerrero. »Meine Mutter ist
sehr natürlich und bescheiden und ein sehr liebevoller
Mensch. Sie hat mir sehr viel Liebe mitgegeben
und sie hat mir oft Dinge erlaubt, die mir mein Vater
niemals erlaubt hätte«, erinnert er sich. Seine Mutter
gab ihm einen wichtigen Rat mit auf den Weg: »Ich
habe ihm immer gesagt, er soll einfach er selbst bleiben.
Das ist das Beste, was du als Sportler - aber auch
privat - tun kannst.« Seinen Weg zum Weltmeister
konnten beide aber nicht wirklich zusammen gehen.
»Als meine Eltern sich scheiden
ließen, musste ich mich
zwischen Vater und
Mutter entscheiden. Am
Ende ging ich zu meinem
Vater. Ich glaube, ich habe
mich damals für ihn entschieden,
weil das besser für meine
Karriere war. Eigentlich
wäre ich wohl lieber
bei meiner Mutter
geblieben. Bei ihr habe
ich mich immer wohler
gefühlt. Mit meinem Vater
gab es oft Streit. Aber
wenn ich bei meiner Mutter
geblieben wäre, hätte
ich nicht weiter Rennen
fahren können.« Also
wuchs der Mallorquiner
bei seinem
Vater auf, wodurch
er sich schon früh
zu einem eher in sich
gekehrten Mensch
entwickelte. »Ich war immer eher etwas schüchtern
und wenn du zurückhaltend bist, wird
einem das schnell als Arroganz unterstellt.
Aber ich hatte eigentlich nur Angst, zu viel
von mir preiszugeben.«
Sein Vater sei ein sehr kalter Mensch,
grüße die Menschen kaum. »Er war
immer so und alles was ich hatte, war er
als mein Vorbild. Aber beim Rennsport
habe ich ihm alles zu verdanken. Er hat
viel für mich getan. Er ist eben mein Vater.
Auch nachdem mein Vater und ich uns
zerstritten hatten, blieben wir immer weiter
in Kontakt. Wir hatten immer eine Hass-
Liebe zueinander. Er ist halt manchmal schwer
zu verstehen, aber wir reden zumindest darüber und
können auch manchmal darüber Witze machen.«
Scherze kann Lorenzo auch heute in seinem Team
machen. Der Yamaha-Fahrer fasst schwer Vertrauen,
nachdem er bisher nicht nur von seinem Manager
übers Ohr gezogen wurde. Vertraut Lorenzo einmal,
hat er seine Verbündeten gern um sich.
Umso besser ist die Stimmung im Team. »Ich glaube,
seine Stärke liegt in seiner Faszination
zum Lernen. Er ist extrem
interessiert, die Dinge zu
verstehen. Er fragt
immer ‚Warum?‘
Aber nicht unverschämt
oder arrogant, sondern weil er
einfach verstehen will, um
die Situation dann besser
einzuschätzen. Ich würde es
eine ausgeprägte Neugier
nennen, guter Junge, ehrliche
Haut«, schätzt sein Boss Lin
Jarvis ein. Lorenzo arbeitet hart,
hat ein gutes Gefühl für das
Motorrad, lacht aber auch gern
mit seiner Crew.
Dabei hatte der 26-Jährige nicht
immer Grund zum Lachen. »Mein
Vater ist früher in Galizien Motocross-Rennen
gefahren. Erst als er
68 www.Motorsport-Magazin.com
nach Mallorca zog, hat er mit dem Straßenrennsport
begonnen. Als ich drei war, hat er mir mein erstes
Motorrad gebaut - aus ein paar Eisenteilen und
einem 50ccm Motor. Also begann ich mit drei Jahren
zu fahren.« Sein Vater, Chico Lorenzo, bezeichnete
die ersten Runden als Spiel. »Ein Spiel zwischen Vater
und Sohn, die das gleiche Hobby haben.« Für
Lorenzo war es auf der einen Seite ebenso nur Spaß.
»Auf der anderen Seite war es oft auch ganz schön
hart. Mein Vater konnte sehr streng sein und stand
immer mit seiner Stoppuhr an der Strecke. Er versuchte,
mir Dinge zu erklären, die ich anfangs gar
nicht verstand. Aber da gab es kein Wenn und Aber.«
Sein Vater hatte viel Zeit und Geld investiert und
wollte Ergebnisse sehen. »Manchmal musste ich ihn
schon ein wenig antreiben. Aber es gab auch Tage,
an denen ich sagen musste ‚Lass uns aufhören. Für
heute reicht‘s‘.« Seine Mutter erinnerte sich an einen
bestimmten Tag. »Als sie einmal trainierten, sagte
sein Vater: ‚Was war das denn jetzt für eine Runde?‘
Und Jorge schrie nur und war außer sich. Dann
nahm er sein Bike und fuhr voller Wut weiter. Chico
stand mit seiner Stoppuhr da und sagte: ‚Hast du das
gesehen? Er braucht den Druck. Je härter ich ihn
antreibe, desto besser wird er.‘« Maria Guerrero hatte
beobachtet, dass ihr Sohn immer gleich sagte, was
er dachte oder wütend wurde. »Wenn wir ihn
bestraften, hieß es immer nur ‚Warum? Warum?‘ Er
hat immer nur protestiert. Gleichzeitig war er aber
immer sehr liebevoll, halt wie ein Kind, verspielt.«
So verschieden die Champions auch aufwuchsen:
Das Motorradfahren begleitet sie bis heute und
bedeutet nicht nur Leidenschaft, sondern ihr ganzes
Leben. Luca Pasini erklärt das so: »Die Kinder sahen
die Rennen als Spiel an und so sollte es sein. Dann
wurde es nach und nach zu einem Beruf, aber tief
im Inneren sollte es immer eine Freude bleiben, eine
Sache, die man genießt. Das ist wichtig für Kinder:
Wenn sie lernen, nie aufzugeben, dann werden sie
im Leben gut zurechtkommen und dabei spielt es
keine Rolle, was sie tun, ob sie Motorrad fahren oder
nicht - das ist der Charakter, den sie für immer in
sich tragen.«
Jorge Lorenzo
verfügt über
ein unglaubliches
Kämpferherz
FOTOS: MILAGRO, HONDA
www.Motorsport-Magazin.com 69
MARC MARQUEZ
CAL CRUTCHLOW
ANDREA DOVIZIOSO
VALENTINO ROSSI
JORGE LORENZO
DANI PEDROSA
FOTOS: MILAGRO
70 www.Motorsport-Magazin.com
TEAMKOLLEGEN, GEGNER, TITELANWÄRTER: DAS FEUER
IM KAMPF UM DIE MOTOGP-KRONE 2014 IST ENTFACHT.
DAS MOTORSPORT-MAGAZIN NIMMT DIE SECHS WERKS-
FAHRER AUF IHRER TITELJAGD GENAU UNTER DIE LUPE.
TEXT: MARIA POHLMANN
www.Motorsport-Magazin.com 71
MARC MARQUEZ
Marc Marquez setzte
neue Maßstäbe in der
Königsklasse des
Motorradrennsports
FOTOS: MILAGRO, HONDA
Jung, wild, verrückt, schnell und absolut genial: Marc Marquez ist Titelkandidat
Nummer 1 in dieser Saison. Der junge Spanier überraschte in
seiner Debüt-Saison mit Siegen, Rekorden und schlussendlich dem Titel.
Es scheint, als müsste er sich lediglich auf seine Honda setzen, Gas geben
und schon fallen die Rekorde - ob im Training, Qualifying, Rennen oder nur
beim Test. Ein Naturtalent par excellence. Schon bei seinem allerersten
MotoGP-Test in Valencia 2012 war der Pilot aus Cervera schnell und konnte
diese Leistung sukzessive steigern, um nicht nur mit der Weltelite mitzuhalten,
sondern sie zu schlagen.
Trotz aller Überraschungen und einem riesigen Hype um den 21-jährigen
Rekordbrecher blieb der Spanier auf dem Boden. Abseits der Strecke
besticht Marquez mit einem dauerhaften Lächeln und natürlicher Freundlichkeit,
während er sich auf der Strecke mit starkem Ehrgeiz und Aggressivität
durchzusetzen weiß. Schon in seiner ersten Saison war der Honda-
Werkspilot abgesehen von zwei kleineren Ausrutschern in jedem Rennen
unter den Top-3 zu finden. So konnte ihm in Sachen Konstanz - zumindest
im letzten Jahr - keiner das Wasser reichen.
Teils sind seine Triumphe aber auch mit viel Glück verbunden. Während
sich die Konkurrenten ‚Hals und Beine‘ brachen, blieb Marquez 2013 trotz
einiger heftiger Abflüge so gut wie unverletzt. Der Verletzungsteufel suchte
ihn dafür zu Beginn des neuen Jahres heim. Mit einem gebrochenen Wadenbein
musste der Überflieger zwei von drei Vorsaisontests auslassen. Alle
waren sich einig, dass ihn die Verletzung kaum ausbremsen würde und
behielten Recht. Sobald Marquez auf seiner RC214V saß, gab er Gas und
gewann. Dennoch ging er mit einem gewissen Trainingsrückstand in die
Saison.
Ein weiteres Manko ist seine mangelnde Erfahrung in der Königsklasse.
Marquez musste sich vor über einem Jahr von der Moto2- auf die MotoGP-
Maschine umstellen, was ihm scheinbar mit Leichtigkeit gelang. Der Champion
machte sich nicht viel aus der neuen Größe, den neuen Reifen und
der komplett neuen Elektronik, setzte sich einfach auf die Honda und gab
Vollgas. Dabei verändert Marquez seinen Fahrstil kaum und ist noch heute
oft eher ungestüm auf der 1000er Honda unterwegs. Er fährt das GP-Bike
wie das Motorrad aus der mittleren Kategorie, sorgt damit zwar für Spektakel,
überschritt das Limit allerdings auch schon das ein oder andere Mal.
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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20 ✪
72 www.Motorsport-Magazin.com
DANI PEDROSA
Wie oft konnte Dani Pedrosa von sich behaupten, körperlich fit in eine Saison
zu gehen? Schon vor Beginn des letzten Jahres stand es um den Spanier, der
für seine zahlreichen Verletzungen bekannt ist, recht gut. Dafür kegelte er sich
auf dem Sachsenring ins Aus. Mit besten Voraussetzungen startet Pedrosa nun
den neunten Versuch, nach der MotoGP-Krone zu greifen. Neben der langjährigen
Erfahrung, die der Pilot aus Sabadell mitbringt, blickt er auf eine anständige
Statistik zurück: In allen acht Jahren, die er in der Königsklasse verbrachte,
landete er nie außerhalb der Top-5.
Pedrosa fährt seit 2001 auf Honda und kennt seine Maschine wie kein anderer.
Der 28-Jährige bemerkt kleinste Änderungen, reagiert auf Probleme, beschwert
sich aber auch einmal, wenn beispielsweise ein Reifen nicht seinen Erwartungen
entspricht. Er arbeitet sauber, geradlinig, konstant und zielgerichtet.
Dazu scheint sich etwas angestaute Aggression gegen seinen Teamkollegen
positiv auszuwirken. Das machte sich besonders nach dem Unglück in Aragon
2013 bemerkbar - in Sepang gab Pedrosa alles, um Rookie Marquez zu schlagen
und ihm damit zu zeigen, wer das Sagen hat. Mit Erfolg: Beim Malaysia
GP holte er seinen dritten Saisonsieg.
Gleichzeitig ist Pedrosa aber auch als Glasknochenmann bekannt und das
nicht ohne Grund. Wir sprechen hier
von Brust- und
Genickverletzungen, Schlüsselbein-
brüchen
rechts und links, Knochenabsplitte-
rungen,
einem gebrochenen Mittelhandknochen, Brüche im Oberschenkel, Frakturen
von Zehen, Hautabschürfungen, tiefen Schnitten, Bänderzerrungen, Oberarmfrakturen,
Entzündungen, Prellungen, Verschobene Knochen, den Bruch einer
Speiche, Stauchungen, Frakturen von Sprungbein und Knöchel sowie posttraumatische
Gelenkentzündungen - um nur Einiges aufzuzählen.
In puncto Konstanz gibt es beim Glasknochenmann also verschiedene
Ansätze und Meinungen: Zum einen hielt er sich in der Endabrechnung zwar
nie außerhalb der besten Fünf auf, andererseits fiel Pedrosa des Öfteren bei
Testfahrten und an Rennwochenenden aus oder fuhr nur mit eher eingeschränkten
Möglichkeiten. Außer Frage steht, dass der 125ccm- und
250ccm-Champion mit Talent gesegnet ist. Allerdings muss sich Pedrosa
seine Erfolge im Vergleich zu einigen Konkurrenten hart erarbeiten. Mit seiner
Willensstärke macht er immer größere Fortschritte. In den letzten Jahren soll
er sogar oftmals beim Lachen erwischt worden sein.
→
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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18 ✪
Dani Pedrosa
überstand kaum eine
Saison ohne
Verletzung
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JORGE LORENZO
Bremst die Technik
Jorge Lorenzo aus?
FOTOS: MILAGRO, YAMAHA
Vier WM-Titel sprechen für sich. Jorge Lorenzo ist ein außergewöhnlicher
Fahrer. 2014 bestreitet er sein siebtes Jahr in der Königsklasse und gleichzeitig
seine siebte Saison auf der YZR-M1. Zweifelsohne hat der Mallorquiner
Talent - was er schon seit langer Zeit auf der Weltbühne mit über 50 Siegen
beweist. Harte Arbeit und ein starker Wille machen den 26-Jährigen zu dem,
was er ist. Sein Crash in Assen, die Übernacht-OP, seine blitzartige Rückkehr
auf die Strecke und ein unter Schmerzen erkämpfter fünfter Platz sind wohl
das beste Beispiel dafür. Beißen konnte Lorenzo schon immer.
Hat der Pilot aus Palma de Mallorca einen klaren Kopf, gibt es fast nichts,
was ihn stoppen kann. Nach privaten und geschäftlichen Auseinandersetzungen,
schafft er sich immer wieder von neuem die nötige geistige Anspannung.
Lorenzo gilt als der perfekte Fahrer. Er fährt präzise Linien wie kein
anderer und wiederholt Sektoren- und Rundenzeiten wie ein Roboter. Jede
Runde ist beim zweifachen MotoGP-Weltmeister wie die andere. Kein Zentimeter
verändert sich, nichts wackelt, nichts ist unregelmäßig. Diese Präzision
erreicht Lorenzo mit einer unvergleichlich starken Konzentration.
Auf der Kehrseite weist der Yamaha-Pilot aber auch deutliche Schwächen
auf, wenn seine mentale Stärke gestört ist. So war Lorenzo nach einem
Rookie-Jahr auf Platz vier in der MotoGP durchgehend Champion oder
Vizeweltmeister. Dennoch fällt auf, dass er arg zu kämpfen hat, wenn etwas
in seinem Umfeld nicht stimmt oder sein Bike nicht genau das macht, was
es soll. Lorenzo ist schnell sauer: Sei es auf Yamaha, Marc Marquez oder
die Reifen. Dann nimmt er auch kein Blatt vor den Mund. Seine Devise
‚aufregen, durchatmen, weitermachen‘ scheint aber bestens zu
funktionieren.
Sein großes Manko ist das technische Verständnis. Schon vor Jahren gab
Lorenzo zu, dass er von Technik nicht viel wisse, doch scheint sein Knowhow
über den hochentwickelten Prototypen auszureichen, um das korrekte
Gefühl und die richtige Richtung an seine Mechaniker weiterzugeben.
Solange das für Titel in der Königsklasse reicht, sollte es um sein Wissen
nicht allzu schlecht bestellt sein. Allerdings ging Lorenzo mit einem Fitness-
Rückstand in die Saison. Wie er selbst zugab, waren seine Vorbereitungen
nach drei kleineren Eingriffen während der Winterpause extrem eingeschränkt.
Es ist allerdings zu bezweifeln, dass diese Tatsache Lorenzo vom
Siegen abhalten wird.
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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74 www.Motorsport-Magazin.com
VALENTINO ROSSI
Zu den positiven Seiten von Valentino Rossi bleibt im Grunde nicht viel zu sagen.
Jeder, der auch nur den Hauch einer Ahnung von Motorradrennen hat, kennt
seinen Namen und seine gelbe 46. Diese Bekanntheit erreicht er nicht nur mit
rekordverdächtigen neun WM-Titeln, sondern besonders mit vielen Sympathien.
Die Fangemeinde des Italieners ist mehrere Millionen stark. Rossis Charakter
und sein Siegeswille eilen ihm wie sein Ruf voraus - der Ruf, einer der besten
Motorradfahrer der Welt zu sein. Schon in frühen Jahren zeigte er sein Talent.
Im zweiten 125ccm-Jahr holte der Doktor seinen ersten WM-Titel, dem schnell
weitere folgten.
Rossi versteht es nicht nur, mit den Medien und seinen Fans umzugehen, er
weiß auch genau, wie ein Fahrer in der MotoGP gewinnt. Seinen Speed hat er
keinesfalls verloren, wie sein Sieg in Assen letztes Jahr und der Saisonauftakt
2014 zeigten. In diesem Jahr bestreitet Rossi seine 19. WM-Saison. An Erfahrung
mangelt es dem 35-Jährigen demnach definitiv nicht. Schon lange gilt er als
Entwicklungsfahrer, was ihn unter anderem zu Ducati führte. Der Glaube, ein
einzelner richtig guter Pilot könne die Desmosedici wieder zu einem fahrbaren
Motorrad machen, geriet aber schnell ins Wanken und mit ihm der neunfache
Weltmeister.
Der Zwei-Jahres-Vertrag bei
Traum-Ehe eine Kataso
schnell wie mög-
Ducati bescherte Rossi anstatt der
strophenbeziehung, aus der er
lich ausbrechen wollte. Auch
auf seine starke Ergebnis-Bilanz wirkte sich der Versuch auf Rot negativ aus.
Abgesehen von seinem Debüt-Jahr in der 125er, fuhr Rossi auf Ducati die
schlechtesten Ergebnisse seiner Karriere ein, was ihm auch mental zu schaffen
machte und zurückwarf. Für seinen langjährigen Crewchief Jeremy Burgess
hatte dies den Rauswurf zur Folge.
Zurück bei Yamaha fehlte ihm lange das richtige Gefühl für seine alte Maschine,
die sich Lorenzo mittlerweile zu eigen gemacht hatte. Dazu ist Rossi mit 35
Jahren zweitältester Fahrer im Feld und muss kräftig beißen, um mit den jungen
Wilden mitzuhalten und dabei seine Knochen heil zu lassen. Seine verbesserte
Pace bei den Testfahrten vor der Saison und sein harter Fight gehen Marquez
beim Auftakt machen aber Hoffnung, dass der Doktor seinen Helm doch nicht
gleich an den Nagel hängt, neues Vertrauen zu seiner M1 fasst und noch ein,
zwei oder sogar drei Angriffe auf den Titel wagt.
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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www.Motorsport-Magazin.com 75
ANDREA DOVIZIOSO
Andrea Dovizioso
konnte erst ein
MotoGP-Rennen
gewinnen
FOTOS: MILAGRO, DUCATI
Nicht ohne jeden Grund schuf Shuhei Nakamoto 2010 einen dritten Platz
im Honda-Werksteam: Andrea Dovizioso fällt vielleicht nicht so auf wie
viele der anderen Piloten, wenn er gutes Material bekommt, ist mit dem
Italiener aber immer zu rechnen. Aus unerfindlichem Grund stand er speziell
bei Repsol Honda enorm im Hintergrund, was Dovizioso zum Wechsel zu
Tech 3 und später zu Ducati bewegte. Trotz seiner scheinbaren Zurückhaltung
weiß der 28-Jährige genau, wie man WM-Titel feiert oder um diese
kämpft.
Schließlich holte sich Dovizioso 2004 die 125ccm-Krone, schrammte in
der 250er-Klasse mehrfach nur knapp am Titel vorbei und war immerhin
schon Dritter in der Königsklasse. In seinen sechs Jahren in der MotoGP
war der Pilot aus Forlimpopoli selten verletzt und stets körperlich und
mental fit. Mit taktisch klugem Verhalten schlug Dovizioso bisher alle. Er
stürzt selten und will nicht wie viele andere alles auf einmal mit Gewalt
erzwingen. Teils ist sein eher defensives Fahren auch der langen Erfahrung
auf Top-Niveau zuzuschreiben.
Eine zu starke Zurückhaltung kann man Dovizioso nicht vorwerfen. Schließlich
hält er schon dagegen, wenn es drauf ankommt. Erinnern wir uns nur
an die harten Zweikämpfe gegen Teamkollegen Nicky Hayden aus dem
letzten Jahr zurück. Doch weder Aggressivität noch besondere Vorsicht
brachten die gewünschten Resultate auf dem roten Biest. Nach seinem
Wechsel zu Ducati fuhr er - genau wie Rossi - abgesehen von seinem
Debüt-Jahr das schlechteste Ergebnis seiner Karriere ein. Auch harte Arbeit,
eine Menge Erfahrung und eine hohe anfängliche Motivation halfen ihm
nicht, die GP13 so zu verändern, dass die Spitze in greifbare Nähe rückte.
Ähnlich wie Pedrosa hat Dovizioso viel Talent, muss aber auch enorm hart
arbeiten, um das zu erreichen, was er bisher geschafft hat. Trotz harter
Arbeit scheint ihm das gewisse Etwas zu fehlen, das Rossi, Lorenzo,
Pedrosa und Marquez zu Siegfahrern macht. Dovi konnte in seinen sechs
Jahren nur einen Sieg in der Königsklasse feiern und das dank ungewöhnlicher
Umstände in Großbritannien 2009. Trotz etlicher Enttäuschungen ist
Doviziosos Leidenschaft aber ungebrochen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich
zuletzt.
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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76 www.Motorsport-Magazin.com
CAL CRUTCHLOW
Furchtlos und doch mit gewissem Respekt: Cal Crutchlow scheint den Bogen
raus zu haben. Zumindest was seinen Ansatz und seine Fahrweise angeht. Er
ist fit, siegeshungrig und endlich im heiß ersehnten Werksteam. Da Ducati 2014
nach langem Hin- und Herüberlegen nun nicht in der Open-Kategorie antritt,
aber zusätzliche Vorteile eingeräumt bekommt, findet Crutchlow bei den Italienern
die Unterstützung, die er sich schon lange gewünscht hatte. Wenn das
mal keinen Mut macht. An Mut mangelt es dem 28-Jährigen grundsätzlich nicht,
was er schon in der Supersport- und Superbike-WM bewies.
Aus diesen Serien brachte Crutchlow einen sehr eigenen Fahrstil mit in die
MotoGP. Der Fahrer, der mittlerweile auf der Isle of Man lebt, zeigt an jedem
Rennwochenende eine beeindruckende Entschlossenheit. Crutchlow ist ein
Naturtalent - auch in Interviews. Im Rahmen des Erlaubten sagt der Brite oft,
was er denkt. Wer sich dadurch auf den Schlips getreten fühlt, hat das Nachsehen.
Dabei sorgt er nicht nur für gute Sprüche, sondern auch für ernstzunehmende
Kritik. Er ist schlichtweg ehrlich.
nicht jenseits der Top-6 einpegeln.
Grundsätzlich zeigte sich der neue Werkspilot vor der neuen Saison zwar optimistisch,
aber bereits sein Gesichtsausdruck nach dem ersten Ducati-Test in
Valencia sprach Bände. Crutchlow hatte sich persönlich sicherlich auf eine
schwierige Fahrt eingestellt, aber wohl nicht mit dem Schlimmsten gerechnet.
Gigi Dall‘Igna brachte Hoffnung und erste Verbesserungen. Doch sollten die
nicht ausreichen, wird auch der ambitionierte Brite bald die Nase gestrichen voll
haben. Er wäre nicht der Erste, der beim Bändigen des roten Biests scheitern
würde.
Dafür hapert es beim ehemaligen Supersport-Weltmeister an der Konstanz. Im
vergangenen Jahr zeigte Crutchlow oft überraschend gute Leistungen, allerdings
nur in der ersten Saisonhälfte. Nach dem Deutschland GP auf dem Sachsenring
war Schluss. In Sachen Konstanz könnte der neue Ducati-Werksfahrer also
definitiv noch einen Zahn zulegen. Angesichts der Tatsache, dass er 2014 die
Desmosedici pilotiert, bleibt nur zu hoffen, dass sich seine konstanten Leistungen
Fitness
Talent
Konstanz
Technisches Verständnis
Präzision
Gesamt
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DUCATIS
WEG ZUM GLÜCK
DUCATI BLEIBT 2014 EIN WERKSTEAM, GENIESST ABER DIE VORTEILE
DER OPEN-KLASSE. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN BEGIBT SICH AUF DIE SUCHE
NACH DEM HINTERTÜRCHEN, DURCH DAS DIE ITALIENER ZU DIESEM PRIVILEG
KAMEN.
TEXT: MARIA POHLMANN
78 www.Motorsport-Magazin.com
Kann Ducati
unter neuem
Reglement
endlich
siegen?
FOTOS: DUCATI
www.Motorsport-Magazin.com 79
Cal Crutchlow
sitzt endlich
auf einem
Werks-Bike
»Ich kann die Dorna schon verstehen, aber für die
Fans ist es sicherlich etwas seltsam, wenn die
Regeln zwei oder drei Mal verändert werden.
Anfangs sagten sie, dass wir zwei Kategorien haben
werden. Nun gibt es eine weitere... obwohl, ich weiß
auch nicht genau, was wir aktuell haben.«
N
icht nur Weltmeister Marc Marquez
war vor dem Saisonstart verwirrt.
Open, Factory, Factory 2, Einheits-
ECU, Upgrade, das später abgelehnt
wurde, keine Factory 2 mehr, aber Vorteile für
Ducati: Bei diesem Durcheinander konnte ja keiner
mehr durchblicken. Fangen wir also ganz vorne an:
Die Regeln für die Saison 2014 waren an sich klar.
Die CRT-Klasse sollte abgeschafft werden, stattdessen
wurde die Open-Kategorie eingeführt. Diese
bestand ursprünglich aus Yamaha-Paketen, Production
Racern von Honda und den übrigen CR-
Teams, die sich keines von beiden leisten können.
All diese Motorräder müssen eine einheitliche, von
Dorna und IRTA vorgeschriebene ECU (Electronic
Control Unit) benutzen, die der italienische Hersteller
Magneti Marelli liefert.
Da diese Fahrer auf einem scheinbar unterlegenen
Paket starten würden, bekamen sie mit 24 Litern
Spritvolumen, zwölf Motoren und einem extra weichen
Reifen von Bridgestone Vorteile zugesprochen.
Die Werks- und Satellitenfahrer müssen hingegen
mit 20 Litern Sprit, den herkömmlichen Reifen und
fünf Motoren auskommen, die allesamt vor der
Saison eingefroren wurden, damit im Laufe des
Jahres keiner weiter daran entwickeln kann. Dafür
dürfen die Werks- und Satellitenfahrer aber ihre
eigene Software benutzen. In einigen Jahren sollten
alle auf Magneti Marelli wechseln und damit eine
einheitliche Klasse schaffen.
Nun entschied Ducati aber beim zweiten Vorsaison-
Test in Malaysia, dass auch sie komplett in die
Open-Klasse wechseln wollen. Damit akzeptierten
die Italiener die Einheits-ECU und freuten sich
bereits auf die Vorteile: Besonders die Entwicklung
der Motoren liegt Gigi Dall‘Igna dabei am Herzen.
»Dieses Jahr müssen wir unsere Bikes im Laufe der
Saison weiterentwickeln, um unsere Konkurrenzfähigkeit
zu verbessern und die Werksoption
scheint für unsere Bedürfnisse zu eingeschränkt.
Wir sind zuversichtlich, dass das Elektronik-Paket
von Magneti Marelli und Dorna sehr gute Qualität
hat«, begründete der Hauptgeschäftsführer von
Ducati Corse die Entscheidung Ende Februar.
Doch schon zu diesem Zeitpunkt hatte Magneti
Marelli ein Update auf Lager, das von der Dorna
abgenommen war und für alle Open-Teams zur
Verfügung stehen sollte. »Nach den aktuellen
Regeln haben wir die Möglichkeit, die Software
während der Saison zu verbessern. Die einzige Einschränkung
dabei ist: Wenn wir um etwas bitten,
dann können das auch alle anderen Fahrer in der
DIESES JAHR MÜSSEN WIR UNSERE BIKES IM LAUFE
DER SAISON WEITERENTWICKELN, UM UNSERE KON-
KURRENZFÄHIGKEIT ZU VERBESSERN.
MotoGP nutzen. Momentan erlauben uns die
Regeln grundsätzlich aber noch, die Software im
Laufe der Saison weiterzuentwickeln«, so Dall‘Igna.
Vieles deutete allerdings darauf hin, dass Ducati
nicht nur maßgeblich an der Entwicklung des
Updates beteiligt war, sondern sogar seine komplette
Firmware eingespielt und irgendwie beim
Hauptvermarkter durchgeboxt hatte.
Der Ducati-Chef stritt dies ab: »Nein, man kann
nach Modifikationen fragen und die Dorna modifiziert
die Software dann in diese Richtung.« Gleichzeitig
gab er aber zu, um ein Upgrade gebeten zu
haben, das »alle Modifikationen und Verbesserungen
enthält, die auf der Erfahrung von Ducati
basieren.« Das neue System lieferte Andrea Dovizioso
und Cal Crutchlow beim Test auf Phillip
Island eine so stark verbesserte Traktions- und
Anti-Wheelie-Kontrolle, dass die Konkurrenten
misstrauisch wurden und sich beschwerten, allen
voran HRC-Boss Shuhei Nakamoto.
Also schlug die Dorna kurzerhand eine neue, dritte
Kategorie innerhalb einer Klasse vor: Die Factory
2. Die angedachten Regeln besagten, dass Ducati
mit einem Sieg, zwei zweiten Plätzen oder drei dritten
in den Open-Vorteilen eingeschränkt würde.
In diesem Fall könnten die Piloten nur noch mit
22,5 Litern Sprit antreten und dürften lediglich
neun Motoren verbraten. Das bedeutete gleichzeitig
auch, dass die Saison mit einer Klasse beginnen
würde, die zwar aus drei Kategorien besteht, in einer
Kategorie zunächst aber gar keine Fahrer starten.
Viel verwirrender geht es kaum. Auch die Grand-
Prix-Kommission wollte sich nicht so recht überzeugen
lassen.
Aber nicht nur die Werke waren mit dem neuen
Vorhaben der Italiener ganz und gar nicht einverstanden.
Denn die verbliebenen Open Teams konnten
mit dem Upgrade von Magneti Marelli nichts
anfangen. Die Software war so komplex, dass die
budgetarmen Teams zusätzliche zehn Ingenieure
hätten einstellen müssen, die sie betreuen und programmieren,
um einen wirklichen Nutzen daraus
ziehen zu können. »Wenn sie mit dieser Software
arbeiten, dann können sie lernen, was sie tun müssen,
um das Bike mit dieser Software zu verbessern.
Es ist ziemlich leicht. Jeder könnte viel über die
Software lernen. So kann man die Mainwall lesen
und so. Aber am Ende muss man damit üben, das
ist alles«, erklärte Dall‘Igna auf Nachfrage des
Motorsport-Magazins.
Leider ist genau das eben nicht ganz so leicht, wenn
ein Team kein großes Werk zur Rückendeckung
hat. Der Vorteil des neuen Systems lag einzig und
allein bei Ducati. Also beschwerten sich die Vertreter
der Open Teams beim Test in Katar und das
Upgrade wurde zurückgenommen. Doch Dovizioso
und Crutchlow fuhren beim Saisonauftakt
trotzdem damit. Warum? Eine Sonderregelung. Die
GP-Kommission hatte die Einführung der Factory
2 Klasse noch nicht bestätigt und beriet wenige Tage
vor Saisonstart erneut. Heraus kam eine neue Regel,
die wenig unauffällig auf Ducati und teils auch auf
Suzuki zugeschnitten war.
Alle Hersteller, die im Vorjahr bei Rennen unter
trockenen Bedingungen keinen Sieg einfahren
konnten oder neu in die MotoGP einsteigen, dürfen
von den Vorteilen der Open Klasse profitieren.
Demnach bleibt Ducati zwar Werksteam, darf aber
80 www.Motorsport-Magazin.com
von 24 Liter Sprit, zwölf Motoren und den extra
weichen Reifen Gebrauch machen, aber mit der
hauseigenen Software weiterfahren. Damit die Konkurrenten
nicht direkt wieder aufschreien, wurde
eine Linie gezogen, die saisonübergreifend auch für
2015 zählt: Sollte Ducati einen ersten, zwei zweite
oder drei dritte Plätze im Trockenen einfahren, wird
das Spritvolumen auf 22 Liter reduziert. Wenn
ihnen sogar drei Siege gelingen sollten, müssen sie
zudem auf den Vorteil der extra weichen Reifen
verzichten, von denen Crutchlow allerdings nach
eigener Aussage so oder so kaum Gebrauch machen
kann. Keine Factory 2, aber eine ähnliche Idee.
E
ine weitere wichtige Idee wurde bei
der Sitzung der GP-Kommission
ebenso zur beschlossenen Sache: Ab
2016 sollen alle Hersteller mit der
Einheits-ECU fahren und damit den Kreis aus CRT
und Open wieder zu einer einheitlichen MotoGP-
Klasse schließen. Genau das war es, was Dorna-
Boss Carmelo Ezpeleta im Sinn hatte, als er 2012
zunächst die Claiming Rule Teams einführte und
zwei Jahre später zur Open Class wechselte. Weitere
zwei Jahre danach soll die MotoGP wieder einheitlich,
kostengünstig und damit attraktiv für die Hersteller
sein und den Fans gleichzeitig bestes Spektakel
bieten. Obwohl jede Regeländerung eine
Menge Kritik mit sich zog, funktionierte das System
des Spaniers bisher recht gut. Warum sollte auch
seine Vision von der bezahlbaren Königsklasse 2016
nicht Wirklichkeit werden?
Gigi Dall‘Igna
(l.) ist der
neue starke
Mann bei
Ducati
Beim Auftakt
in Katar lief es
für Ducati
nicht optimal
FOTOS: MIALGRO, DUCATI
Dall‘Igna glaubt fest, dass die Open-Klasse die
Zukunft der MotoGP sein wird. Gleichzeitig feilt
er nach Ducatis jahrelangem Dahinvegetieren an
seinen eigenen Visionen. »Ich würde für die
Zukunft gern ein komplett neues Bike entwerfen.
Früher oder später muss ich das auch tun.« Zuvor
will der neue Ducati-Boss alle notwendigen Informationen
sammeln, die er braucht, um ein gänzlich
neues Konzept zu entwerfen. »In meinem Leben
hatte ich bisher nur ein Mal die Möglichkeit, etwas
ganz Neues zu machen. Normalerweise entwickelt
man immer die alten Varianten weiter. Ich würde
das Bike gern richtig gut verstehen und ich denke,
dass wir mindestens zwei bis drei weitere Monate
dazu brauchen. Danach werde ich auf jeden Fall
mit dem Design des neuen Motors, des neuen Bikes
beginnen.« Eine schlagfertige Ducati und klare
Regeln: Der MotoGP steht eine blühende Zukunft
bevor.
Zwei Ducatisti
im Formations-Flug:
2014 auf dem
Podium?
Andrea
Dovizioso fährt
seine zweite
Saison in Rot
DUCATIS SIEGE IN DER MOTOGP
Casey Stoner:
23 Siege
Loris Capirossi:
7 Siege
Troy Bayliss:
1 Sieg
DUCATI AUF DEM PODIUM
2003: 9 Podestplätze (1 Sieg)
2004: 2 Podestplätze
2005: 4 Podestplätze (2 Siege)
2006: 9 Podestplätze (4 Siege)
2007: 18 Podestplätze (11 Siege)
2008: 11 Podestplätze (6 Siege)
2009: 9 Podestplätze (4 Siege)
2010: 10 Podestplätze (3 Siege)
2011: 2 Podestplätze
2012: 2 Podestplätze
2013: 0 Podestplätze
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LICHT AUS,
!
SPOT AN
ROTE FLAGGEN, DISQUALIFIKATIONEN UND STRAFEN HABEN EINES GEMEINSAM: KAUM
AUSGESPROCHEN, BLINKEN DIE DASHBOARDS MUNTER AUF. WAS HAT ES MIT DEN NEUEN
WARNSIGNALEN AUF SICH? DAS MOTORSPORT-MAGAZIN LÖST DAS RÄTSEL AUF.
M
otoGP-Auftakt in Katar: Der Losail
International Circuit erstrahlt im gleißenden
Schein von 3.600 Lichtquellen,
die rund um den 5,380 Kilometer
langen Kurs errichtet wurden. Flutlicht, Boxenampel,
Startampel: leuchtende Signale spielen seit dieser
MotoGP-Saison aber eine noch größere Rolle, als es
auf den ersten Blick den Anschein zu haben scheint.
Blicken die Fahrer im Laufe des Rennens auf ihr
Display, entdecken sie dort seit den Testfahrten in
Malaysia noch weitere blinkende Signale.
»Bei jedem Überfahren einer Zeitschleife - also bei
Start-Ziel und bei den Sektionszeiten - kann an die
Motorräder individuell eine Nachricht beziehungsweise
Information gesendet werden«, erklärt Dirk
Debus, Geschäftsführer der 2D Debus & Diebold
Meßsysteme GmbH (2D). Seine Firma stattet alle
Werksfahrer in der MotoGP, das komplette Moto2-
Feld und etwa die Hälfte der Moto3-Fahrer mit
Systemen zur Datenerfassung, Aufzeichnung und
Auswertung aus. Dazu gehören auch jene Neuerungen
an den Dashboards, die 2014 in allen drei
GP-Klassen von der Dorna eingeführt wurden.
Das Dashboard zeigt dem Fahrer Informationen
über Motordrehzahlen, Gang, aktuelle Leistungseinstellung,
Rundenzeit und Sektionszeit an. Dazu
besitzt es einen kompletten Textbereich, auf dem je
nach Team verschiedene Informationen dargestellt
werden können. »In diesem Bereich wird alles
andere ausgeblendet - also zum Beispiel keine Wasser-
und keine Öltemperatur mehr angezeigt. Dann
steht dort nur noch die Warnung: ‚Achtung!
Schwarze Flagge‘ oder ‚Achtung! Rote Flagge‘ oder
‚Achtung! Fünf Positionen zurück‘.« Die Informationen,
die mittels Leuchtsignalen auf dem Armaturenbrett
angezeigt werden, sind vielfältig: So kann
neben einem Flaggensignal auch ein bis zu 16 Zeichen
langer Text wiedergegeben werden.
»Flaggensignale sind bisher nur rote Flagge,
schwarze Flagge, schwarze Flagge mit orangener
Scheibe oder eine Strafe, dass dieser Fahrer um ein,
zwei, drei, vier oder fünf Positionen zurückgehen
muss«, erläutert Debus. 2D liefert eine LED-Einheit,
die dementsprechend aufleuchtet und die Signale
anzeigt. »Bei unseren Dashboards wird der Text
auch auf dem Display dargestellt, das heißt, der
Fahrer sieht, dass es blinkt und kann dann auf dem
Display lesen, welche Meldung angekommen ist.
Zum Beispiel: Ihm wird die schwarze Flagge gezeigt,
weil sein Motorrad qualmt und Öl verliert und er
deshalb abbrechen muss.«
Das Signal wird kabellos auf das Motorrad übertragen
- nicht über Funkfrequenz, sondern über
Induktion. Das Prinzip vergleicht der Geschäftsführer
von 2D mit mobilem Internet. »Das kann
man sich wie beim W-Lan auf dem Handy vorstellen.
Wenn man in ein Hotel kommt und dort
schon mal eingeloggt war. Die Schleife ist nicht
so lang, das geht relativ zügig. Die Datenmengen
sind aber auch gering, das sind nur ein paar
Bytes, die sich ganz schnell übertragen lassen.
Schließlich ist das keine komplette SMS, E-Mail
oder ein Bild, das übertragen wird, sondern wirklich
nur ein paar Zustände wie rote Flagge +
Fahrer 18 und dazu ein paar Textzeichen.«
Schon beim ersten Test in Malaysia probierten die
Fahrer das neue System. »Die 2D-Anzeigen können
die Fahrer gut erkennen. Allerdings hatten sie noch
ein paar Probleme, die Farben der Flaggen zu erkennen.«
Die Signale an sich konnten die Piloten schon
beim ersten Testlauf gut erkennen. »Wir haben eine
zehnfache LED-Zeile, ein kleines Modul, das etwas
größer als eine Streichholzschachtel ist. Die Leuchtdioden
sind richtig hell und beginnen zu flackern.
Das bemerken die Fahrer sogar aus dem Augenwinkel
heraus«, so Debus.
Ziel ist es, die Sicherheit der Fahrer auf der Strecke
zu erhöhen. »Bei einer schwarzen Flagge ist der
Vorteil, dass der Pilot das schon auf der Runde
und nicht erst bei Start-Ziel sehen kann. In Verbindung
mit unserer blinkenden LED-Anzeige
und dem Textdisplay kann man einen Fahrer, der
Öl auf der Strecke verliert, früher zum Anhalten
zwingen«, begründet Debus die Neuerung. Hauptvorteil
ist es aber, einem Piloten zu sagen, dass er
sich um einige Positionen zurückfallen lassen soll.
»Das war bisher nicht möglich. Bis jetzt mussten
die Fahrer nach einem Frühstart eine Durchfahrtsstrafe
antreten und ihr Rennen war damit im
Grunde komplett erledigt. Jetzt könnte sich die
Rennleitung überlegen, dass der Frühstart möglicherweise
gar nicht so schlimm war, der Fahrer
zwei Plätze gutgemacht hat und sich zur Strafe vier
Positionen zurückfallen lassen muss. Somit ist
dieser Fahrer nicht ganz so arg bestraft. Das
könnte ein großer Vorteil sein.«
82 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: YAMAHA
FOTO: MILAGRO
IM SCHATTEN DER TEXT: MICHAEL HÖLLER & MARKUS ZÖRWEG
VERGANGENHEIT
84 www.Motorsport-Magazin.com
EINST VON ALLEN GEFÜRCHTET, HEUTE NUR NOCH EINE FUSSNOTE IN DEN
ERGEBNISLISTEN: WIE DIE GROSSEN MOTORRADNATIONEN USA UND AUSTRALIEN
DERZEIT GEGEN EINE FAHRERFLAUTE UND SPORTLICHE ERFOLGLOSIGKEIT
KÄMPFEN.
www.Motorsport-Magazin.com 85
USA
Wayne Rainey
gewann
insgesamt
dreimal die
500cc-WM
Eddie Lawson:
Der einzige
US-Amerikaner
mit vier
Gesamtsiegen
Kevin
Schwantz
gewann 1993
seinen
einzigen Titel
Die USA und Motorräder:
Zweirad-Fans
assoziieren damit
unvermeidlich kraftvolle
Maschinen und
die schier unendliche
Weite amerikanischer
Highways.
Aber auch im Rennsport
waren diese
beiden Begriffe nur
allzu lange eng miteinander verbunden und vor
allem eines - erfolgreich. Ältere Semester werden
sich an die für die Vereinigten Staaten glorreichen
Achtzigerjahre der Motorrad-WM zurückerinnern,
als etwa zwischen 5. September 1982 und 5.
Mai 1985 über zweieinhalb Jahre lang und 28
Rennen in Folge das oberste Treppchen bei den
Siegerehrungen der 500cc-Klasse stets Fahrern
aus den USA vorbehalten war. Mit 154 Siegen in
der Königsklasse belegen die Amerikaner hinter
Italien Rang zwei der ewigen Bestenliste, 15 WM-
Titel durch sieben verschiedene Fahrer bedeuten
Rang drei hinter Italien und Großbritannien unter
den erfolgreichsten Motorrad-Nationen.
Die USA und die WM - das war keine Liebe auf
den ersten Blick. In den 50er und 60er Jahren war
der Erfolg noch in weiter Ferne. Pat Hennen
machte in den 70ern den Auftakt - er war der erste
US-Boy, der den europäischen Rivalen ernsthaft
die Stirn bieten konnte. Im August 1976 holte
Hennen im finnischen Imatra den ersten GP-Sieg
für die USA in der Königsklasse. Zwei weitere
Siege in der WM folgten, ehe er nach einer Rekordrunde
auf der Isle of Man stürzte, gegen einen
Randstein prallte und seine Karriere schwer verletzt
im Alter von nur 25 Jahren beenden musste.
Der sportliche Aufstieg seiner Nation hatte aber
eben erst begonnen. Denn im Jahr von Hennens
Unfall hatte ein um zwei Jahre älterer Kalifornier
den Sprung über den Atlantik gewagt und war
gerade drauf und dran, die erfolgsverwöhnten
Briten und Italiener vorzuführen: Kenny Roberts.
Mit markigen Sprüchen in der WM vorstellig
geworden, ließ er seinen Kampfansagen auf der
Strecke Taten folgen. Nach vier Saisonsiegen entthronte
er in seiner Rookie-Saison den amtierenden
britischen Doppelweltmeister Barry
Sheene. Weltmeister im Debütjahr - ein Kunststück,
das erst Marc Marquez im vergangenen Jahr
wiederholen konnte. In den beiden Folgejahren
verteidigte Roberts seinen Titel und fuhr bis zu
seinem WM-Aus 1983 satte 22 Erfolge ein.
Das war die endgültige Initialzündung für die
goldene Generation. 1982 stieg Freddie Spencer
in den WM-Zirkus ein und gewann in Spa-Francorchamps
im Alter von nur 21 Jahren als bis
dahin jüngster Pilot ein 500cc-Rennen - ein
Rekord, der 2013 erst von Marquez geknackt werden
konnte. 1983 folgte Eddie Lawson Spencer in
die WM, ein Jahr später Wayne Rainey und 1985
der charismatische Texaner Kevin Schwantz.
Diese vier Fahrer sollten zwischen 1983 und 1993
nur einen WM-Titel verpassen. Gemeinsam mit
dem vierfachen Vizeweltmeister Randy Mamola,
dem vierfachen GP-Sieger John Kocinski und
Doug Chandler hatte die US-Fraktion die Königsklasse
der Motorrad-WM über ein Jahrzehnt lang
fest im Griff. Neben der eingangs erwähnten Siegesserie
von 28 Rennen in Folge fallen nicht weniger
als 47 Doppel-, 21 Dreifach-, zwei Vierfachund
der bislang letzte Fünffachsieg einer Nation
(beim Ungarn GP 1992) in diese Dominanzphase
gegen die sogar der aktuelle Erfolgslauf der Spanier
wie ein Intermezzo wirkt. Anfang der 90er
Jahre verabschiedete sich aber ein Star nach dem
anderen aus der 500cc-Klasse. Spencer oder Lawson
gingen nach längeren Serien ohne Siege freiwillig,
Rainey wurde durch seinen schlimmen
Unfall in Misano aus seinen WM-Träumen gerissen
und an den Rollstuhl gefesselt und Schwantz
verlor trotz Erfolgen die Motivation. 1995 mussten
die USA die erste Saison ohne Sieg seit fast zwei
Jahrzehnten hinnehmen.
DIE USA UND DIE WM - DAS WAR
KEINE LIEBE AUF DEN ERSTEN
BLICK. IN DEN 1950ER UND
1960ER JAHREN WAR DER
ERFOLG FÜR BEIDE LÄNDER
NOCH IN WEITER FERNE.
Doch es sollte noch einmal bergauf gehen. Angetrieben
von den Erfolgen seines Vaters wagte sich
Kenny Roberts junior ab 1995 als Stammfahrer
in die 500cc-Klasse. 1999 bereits Vizeweltmeister,
setzte er sich ein Jahr später die Krone auf. Bis
heute ist die Familie Roberts die einzige, in der
Vater und Sohn Weltmeister wurden. Seinem
Titelgewinn konnte Roberts allerdings keinen
einzigen Sieg mehr folgen lassen und so lag es an
Nicky Hayden, den 15. und bislang letzten WM-
Gewinn für die USA im Jahr 2006 einzufahren.
Für den letzten GP-Sieg der USA sorgte 2011 in
Assen Ben Spies. Mit Hayden und dem zweimaligen
Superbike-Weltmeister Colin Edwards stellen
die USA 2014 nur noch zwei Fahrer in der
MotoGP.
→
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Freddie
Spencers
Altersrekorde
brach erst
Marc Marquez
Kenny Roberts
war der erste
Weltmeister
aus den USA
USA und
Australien
gaben fast 20
Jahre den Ton
an
FOTO: MILAGRO
Rainey
fesselte ein
Rennunfall an
den Rollstuhl
AUSTRALIEN
Casey Stoner
ist der einzige
Weltmeister
auf Ducati
Wayne Gardner
war 1987
Australiens erster
Champion
Mick Doohan
holte alle fünf
Titel auf
Honda
Doohans
Karriere stand
mehrmals vor
dem Aus
FOTO: MILAGRO
FOTO: MILAGRO
Die australische Motorradgemeinde
musste
noch länger auf den
ersten Titel in der
Königsklasse der
Weltmeisterschaft
warten als ihr USamerikanisches
Pendant.
1987, also erst
im 48. Jahr der
500ccm-Klasse,
sicherte sich Wayne Gardner als erster Australier
den Sieg in der Gesamtwertung. Mitten in der
dominantesten Phase der US-Boys fuhr er den
Amerikanern nur so um die Ohren und holte sich
mit sieben Erfolgen in 15 Grands Prix den Titel.
Für Gardner blieb es der einzige Titel, dennoch
wird ihm im australischen Motorradsport eine
ähnlich entscheidende Position zu Teil wie das für
Kenny Roberts in den USA gilt. Er löste Down
Under den ersten großen Hype um die Weltmeisterschaft
aus und ebnete so den Weg für alle australischen
Piloten nach ihm, der Legendenstatus
in seiner Heimat sowie die Aufnahme in die Hall
of Fame der MotoGP sprechen Bände.
Zwei seiner Landsmänner schafften es, in seine
Fußstapfen zu treten. Der erste war Mick Doohan.
Bereits in den Saisons 1991 und 1992 schrammte
er nur ganz knapp am großen Coup vorbei und
musste sich jeweils mit dem Vizeweltmeistertitel
begnügen. Doch 1994 schlug seine große Stunde.
Mit neun Saisonsiegen, davon sechs in Serie, fuhr
er die Konkurrenz in Grund und Boden und landete
in jedem einzelnen Rennen auf dem Podium.
Dieser Weltmeistertitel sollte aber erst der Beginn
einer Erfolgsserie sein, wie sie außer Doohan bisher
nur Giacomo Agostini und Valentino Rossi gelang.
Auf Honda gewann er fünf Mal in Folge die Weltmeisterschaft
und ließ die Rekorde nur so purzeln.
Doohans Karriere sollte allerdings 1999 ein jähes
Ende nehmen. Beim Training zum Grand Prix von
Spanien in Jerez stürzte er in Kurve vier bei mehr
als 200 km/h schwer und brach sich sein ohnehin
bereits lädiertes rechtes Bein. Zwei Platten und
zwölf Schrauben mussten ihm eingesetzt werden,
an einen Renneinsatz war nicht mehr zu denken.
Doohan zog sich vom Profisport zurück.
Es sollte neun Jahre dauern, bis es für die Motorradfans
in Australien wieder Grund zum Jubeln
gab. Im Jahr 2006 wagte ein schmächtig wirkender
Bursche namens Casey Stoner als 250ccm-Vizeweltmeister
den Sprung in die MotoGP. Nach
einem Lehrjahr im Honda-Kundenteam von Lucio
Cecchinello, in dem er bereits einige Male sein
Talent unter Beweis stellte, wechselte Stoner 2007
zu Ducati. Die Leistungen, die der Mann mit der
Nummer 27 dort ablieferte, versetzten die gesamte
Fachwelt und insbesondere seine Konkurrenten in
Staunen. Auf der Desmosedici, mit der in den vier
Saisons zuvor nur sieben Rennen gewonnen werden
konnten, fuhr Stoner zehn Mal als Erster
durchs Ziel und sicherte sich souverän den Titel.
Nach drei weiteren Jahren mit den Italienern und
einem Vizeweltmeistertitel sowie zwei vierten Plätzen
in der Gesamtwertung ging die erfolgreiche
Partnerschaft zwischen Stoner und Ducati mit
Ende der Saison 2010 in die Brüche. Honda sagte
artig ‚Danke‘, sicherte sich für die folgende Saison
die Dienste des Ausnahmetalents und wurde keineswegs
enttäuscht. Stoner wiederholte sein Kunststück
von 2007, feierte erneut zehn GP-Erfolge in
einem Jahr und ließ der Konkurrenz nicht den
Hauch einer Chance. Stoner war zu diesem Zeitpunkt
erst 26, zahlreiche weitere Titel hätten noch
folgen können. Doch 2012 beschloss der durchaus
als exzentrisch geltende Mann aus New South
Wales, dass die MotoGP in dieser Form keinen Reiz
mehr auf ihn ausübte und beendete seine aktive
Karriere.
IM JAHR 2006 WAGTE EIN
SCHMÄCHTIG WIRKENDER
BURSCHE NAMENS CASEY
STONER ALS 250CCM-VIZEWELT-
MEISTER DEN SPRUNG IN DIE
KÖNIGSKLASSE DES
MOTORRADRENNSPORTS.
Plötzlich stand die Motorradgroßmacht Australien,
die seit dem ersten Titelgewinn durch Wayne Gardner
neben den USA mit je acht Titeln die erfolgreichste
Nation darstellt, für 2013 ohne einen einzigen
Piloten in der Königsklasse da. Schließlich
schaffte mit Bryan Staring zwar noch ein Australier
den Sprung in die MotoGP, von den Erfolgen Casey
Stoners hätte er aber nicht weiter entfernt sein können.
Nach einer Saison kam für ihn wenig verwunderlich
das Aus. 2014 hält Broc Parkes die australischen
Fahnen hoch, große Sprünge sind aber auch
von ihm nicht zu erwarten. Der 32-jährige Rookie
muss sich sogar Vorwürfe gefallen lassen, er habe
den MotoGP-Platz lediglich seiner Herkunft zu
verdanken, da die Dorna dem australischen Publikum
unbedingt irgendeine Identifikationsfigur
bieten möchte. Ein mehr als deutliches Anzeichen
für die aktuelle Krise des australischen
Motorradsports.
→
Australier
holten 7 ihrer
8 Titel auf
Honda
www.Motorsport-Magazin.com 89
Casey Stoner
war beim
Rücktritt erst
27 Jahre alt
DIE ZUKUNFT
USA 2. Australien 1. Das
ist kein Fußballergebnis,
sondern die aktuelle
Fahrerstärke der
einst so gefürchteten
Motorradnationen in
der diesjährigen Startaufstellung
der
MotoGP. Nicky
Hayden und Colin
Edwards bzw. Broc
Parkes sind die letzten Relikte einer erfolgreichen
Vergangenheit. Podiumsplätze oder Siege? Für diese
drei Piloten in der aktuellen Saison unwahrscheinlich
bis unmöglich. Doch ist Besserung in Sicht?
In absehbarer Zeit kommt für einen australischen
Erfolg in der MotoGP eigentlich nur eine Person in
Frage. Dummerweise hat diese keine Lust mehr auf
die Königsklasse. Gemeint ist natürlich Casey Stoner,
der die Zeit seit dem MotoGP-Ausstieg in seiner
Heimat genießt. »Ich habe einfach die Liebe zu diesem
Sport verloren. Es fehlte an Respekt von vielen
Leuten und mir hat die Richtung, die es genommen
hat, nicht gefallen«, erläuterte er nach dem Rücktritt
2012 seine Beweggründe. Das bedeutet aber auch,
dass ein Comeback Stoners nicht vollkommen ausgeschlossen
ist, wie er selbst bestätigt: »Wenn ich
sehe, dass sich der Sport dramatisch ändert und für
mich wieder interessant wird, gibt es eine Chance.«
Sollte der zweifache Champion aber nie mehr in die
MotoGP zurückkehren, lasten die Hoffnungen wohl
auf Jack Miller. Nach starken Leistungen in Diensten
des Racing Team Germany wechselte er zur neuen
Saison in das KTM-Werksteam von Aki Ajo. Dort
zählt Miller 2014 definitiv zu den Titelfavoriten und
könnte im kommenden Jahr als Weltmeister in die
Moto2 aufsteigen, ein Vorvertrag mit dem Spitzenteam
von Marc VDS ist bereits unterschrieben.
Vielleicht liegt es aber auch wieder an der Familie
Gardner, die australische Ehre zu retten. Waynes
Sohn Remy, der im Februar erst seinen 16. Geburtstag
feierte, könnte bereits in diesem Jahr sein Debüt
in der Moto3-Weltmeisterschaft geben. In den
letzten zwei Jahren fuhr er bereits in der spanischen
CEV-Meisterschaft und lieferte dort einige Talentproben
ab. Nun soll der nächste Schritt folgen. »Ich
würde ihm gerne etwa vier Wildcard-Einsätze in
der Moto3-WM ermöglichen«, verrät Gardner
Senior. Läuft alles nach Plan, könnte es Remy seinem
Vater gleichtun und eine lange australische
Durststrecke beenden.
Schlechter als in Australien sind die Aussichten für
die USA. In den beiden unteren Klassen findet sich
mit dem 23-jährigen Kalifornier Josh Herrin
(Moto2 für Caterham) 2014 nur ein US-Fahrer.
Auch Veteran Colin Edwards zeichnet eine eher
düstere Zukunft: »Es gibt ein paar Talente, spontan
fällt mir da jetzt Cameron Beaubier oder Joe
Roberts ein. In den nächsten zwei Jahren sehe ich
zwar keinen, der es in die MotoGP schaffen könnte,
aber es gibt ein paar Leute, die es in ein paar Jahren
packen können.« Eines eint Australier und US-
Amerikaner: die Entfernung zu Europa, dem Kernkontinent
der MotoGP, wo beinahe alle Teams
stationiert sind, die wichtigsten Nachwuchsserien
stattfinden und ein Großteil der Rennen im WM-
Kalender. Strebt man eine Karriere über Europa
an, heißt das für die jungen Talente der Heimat
früh den Rücken zu kehren. Das ist nicht nur eine
Einstellungsfrage, sondern auch eine der finanziellen
Mittel. Edwards will derartige Ausreden aber
nicht gelten lassen. »Es ist definitiv ein kleiner
Nachteil, aber in erster Linie geht es um die richtige
Einstellung. Wenn du schon so ankommst und mit
eingezogenen Schultern kleinlaut meinst: ‚Ich
werde versuchen, das Rennen zu gewinnen‘, kannst
du es gleich lassen«, so Edwards. Genau diese
nötige Mentalität machte ihn - obwohl er nie ein
MotoGP-Rennen gewann - berühmt und mit genau
dieser Einstellung läutete Kenny Roberts einst das
glorreiche Zeitalter der US-Boys ein.
STREBT MAN EINE KARRIERE
ÜBER EUROPA AN, HEISST DAS
FÜR DIE JUNGEN TALENTE,
DER HEIMAT FRÜH DEN
RÜCKEN ZU KEHREN
DIE AUSSIE-CHAMPIONS
FAHRER MOTORRAD WM-TITEL
Wayne Gardner Honda 1 (1987)
Mick Doohan Honda 5 (1994-1998)
Casey Stoner Ducati/Honda 2 (2007/2011)
DIE US-CHAMPIONS
FAHRER MOTORRAD WM-TITEL
Kenny Roberts Yamaha 3 (1978-1980)
Freddie Spencer Honda 2 (1983/1985)
Eddie Lawson Yamaha/Honda 4
(1984/1986/1988/1989)
Wayne Rainey Yamaha 3 (1990-1992)
Kevin Schwantz Suzuki 1 (1993)
Kenny Roberts Jr. Suzuki 1 (2000)
Nicky Hayden Honda 1 (2006)
FOTO: MILAGRO
Freddie
Spencer war
einst jüngster
Weltmeister
Mick Doohan
holte fünf
WM-Titel in
Folge
www.Motorsport-Magazin.com 91
HINDERNISSE
TEXT: MARIA POHLMANN
GIBT ES IMMER
DEBÜT IN DER MOTO2-KLASSE: JONAS FOLGER IST ANGEKOMMEN. IM INTERVIEW MIT DEM MOTORSPORT-
MAGAZIN VERRÄT DER 20-JÄHRIGE, WAS IHN BEIM ERSTEN RENNEN IN DER MITTLEREN KATEGORIE AM
MEISTEN ÜBERRASCHTE.
MSM: Warst du beim ersten Moto2-Start aufgeregt
und damit nervöser als in der Moto3?
JONAS FOLGER: Ja, sehr! Ich war schon sehr
nervös, aber ich glaube, das ist ganz normal. Als
es dann losging, ist das aber schnell vergangen.
Ja, ich muss zugeben, dass ich nervöser war, als
in der Moto3 vor einem Jahr. Das Schwierigste
an meinem Debütwochenende in Katar war das
Rennen, weil ich wirklich nicht wusste, dass es
in der Moto2 in den ersten Runden so hart ist
und so zur Sache geht. Trotzdem habe ich es im
Rennen noch einigermaßen hinbekommen und
konnte bis zum Ende der 20 Runden relativ weit
nach vorne fahren.
Wie ist es dir gelungen, dich so schnell an das
neue Motorrad anzupassen?
Ich habe natürlich einige Tests gebraucht, bis ich
mich einigermaßen auf die Moto2-Maschine
eingestellt hatte - und ich lerne noch immer dazu,
beziehungsweise bin noch immer am Umlernen.
Ich glaube, dass die ganze Saison für mich ein
Lehrjahr wird. Das größere Motorrad kam mir
aber ehrlich gesagt ein bisschen entgegen. Zuletzt
hatte ich mit der Moto3 einige Probleme und der
Wechsel war in erster Linie sehr positiv für mich.
Mein Fahrstil in der Moto3 war schon eher für
die Moto2 geeignet. In der mittleren Kategorie
bremst man ziemlich spät und ich habe schon in
der kleineren Klasse immer sehr spät gebremst.
Das war in der Moto2 dann ein Vorteil und
führte für mich zu einer schnelleren
Anpassung.
Wo siehst du den Hauptunterschied zwischen
Moto2 und Moto3?
Der Hauptunterschied ist die Leistung. Die
Moto2 hat natürlich viel mehr Leistung, das
Motorrad ist schwerer. Dazu sind die Reifen breiter,
was dazu führt, dass man auf der Strecke eine
ganz andere Linie fährt und man natürlich einen
anderen Fahrstil braucht. Man muss auf dem
Motorrad mehr arbeiten, sich mehr bewegen und
zum Ende des Rennens reifenschonender fahren
können.
»ICH KONNTE DREI ODER
VIER KILOGRAMM MUS-
KELMASSE AUFBAUEN UND
DADURCH HABE ICH MEHR
KRAFT UND MEHR AUSDAU-
ER ALS VORHER.«
Hast du dich im Winter mit Hinblick auf die
Moto2 anders auf die neue Saison vorbereitet
als in den Jahren zuvor?
Ja, natürlich habe ich einiges geändert. Ich habe
etwas zugenommen. Ich konnte jetzt drei oder
vier Kilogramm Muskelmasse aufbauen und
dadurch habe ich mehr Kraft und mehr Ausdauer.
Ich denke, dass die Moto2 körperlich
anstrengender ist als die Moto3. Zum einen, weil
das Motorrad schwerer ist, aber auch weil man
mehr Leistung hat, mehr Runden fährt und
die Klasse an sich auch noch etwas härter ist.
Womit hast du noch am meisten zu
kämpfen?
In Katar war unser Schwachpunkt, dass
wir uns mit dem Setting ein bisschen
verlaufen haben. Wir haben Informationen
von anderen bekommen und
daraufhin verschiedene Dinge ausprobiert.
Das hat uns am Ende viel
Zeit gekostet und nicht funktioniert.
Aber ich denke schon, dass
man gewisse Dinge ausprobieren
sollte. Es
92 www.Motorsport-Magazin.com
war natürlich Pech, dass das bei mir nicht funktioniert
hat. Jetzt wissen wir es aber besser und
werden in Zukunft bei der Abstimmung des
Motorrads unseren eigenen Weg gehen.
Dein Freund und Mitbewohner Marcel Schrötter
fährt schon etwas länger in der Moto2. Hat er
dir vorher Tipps gegeben?
[lacht] Viele Tipps kann man da nicht geben.
Eigentlich ist es in der Moto2 wie in jedem anderen
Rennen, ich habe nur ein anderes Motorrad
und fahre eben in einer anderer Klasse. Ich
glaube, man muss einfach seine eigenen Erfahrungen
machen und dadurch dazulernen.
Kannst du dir von den Fahrern mit viel Moto2-
Erfahrung, wie Tom Lüthi oder Mika Kallio,
etwas abschauen?
Natürlich kann ich von ihnen etwas lernen. Ich
schaue mir die anderen in jedem Training und
jedem Rennen an und versuche, dabei etwas für
mich herauszufiltern. Sicherlich versuche ich am
Rennwochenende, also besonders in den Trainings,
auch den ein oder anderen Fahrer zu erwischen
und mir ein bisschen was abzuschauen.
Das ist mir in Katar allerdings nicht sonderlich
gut gelungen, aber ich versuche das auch bei den
weiteren Rennen.
Was wird im Laufe der Saison dein größtes Hindernis
sein?
Ich glaube, mein größtes Hindernis sind meine
Gegner, aber ich versuche natürlich, mich zu
steigern. Ich denke, Hindernisse gibt es immer
und überall. Man muss nur wissen, wie man
damit umgeht.
Denkst du, es könnte dir gelingen, schon im
Debüt-Jahr aufs Podium zu fahren?
Das kann ich jetzt leider noch nicht sagen. Natürlich
ist alles möglich, aber ich glaube, das Wichtige
ist, dass wir uns auf andere Sachen konzentrieren.
Vieles ist möglich. Wir sollten so
weitermachen wie bisher und dann kommen die
Ergebnisse von ganz alleine. Unter die ersten
Zehn zu kommen ist meiner Meinung nach realistisch
und machbar.
Jonas Folger sollten
die Moto2-Bikes
wegen seiner Größe
besser liegen
FOTOS: MILAGRO, FOLGER
www.Motorsport-Magazin.com 93
TEXT: MICHAEL HÖLLER
DER
HOFFNUNGS-
TRÄGER
DIE LATTE FÜR DEUTSCHE PILOTEN IN DER MOTO3 LIEGT NACH
DEN VIELEN SIEGEN UND PODIUMSPLÄTZEN DER VERGANGENEN
JAHRE HOCH. PHILIPP ÖTTL STELLT SICH DIESER HERAUSFORDERUNG
SELBSTBEWUSST.
FOTOS: MILAGRO, KTM
I
n der Moto3 hatten die deutschen
Fans in den letzten beiden Jahren viel
Grund zur Freude. Mit Sandro Cortese
und Jonas Folger durfte man zwei Siegfahrer
bejubeln, durch Cortese gab es 2012 sogar
Deutschlands bislang letzten Titel in der Motorrad-WM.
Beide Fahrer sind mittlerweile in der
Moto2 unterwegs, weshalb die Hoffnungen der
erfolgsverwöhnten deutschen Fans 2014 in erster
Linie auf den Schultern von Philipp Öttl ruhen.
Der 17-jährige Bayer muss in dieser Saison
gemeinsam mit Rookie Luca Grünwald die Fahnen
in der kleinsten Klasse hoch halten. Hohe
Erwartungen haben aber nicht nur die Fans,
sondern auch Öttl selbst. »Wir würden am Ende
des Jahres gerne in den Top-10 der Gesamtwertung
landen. Ein leichtes Unterfangen wird das
freilich nicht, das haben wir schon beim Auftaktrennen
in Katar gesehen«, erklärte er im
Gespräch mit dem Motorsport-Magazin. Der
Konkurrenzkampf in der Moto3 ist über den
Winter härter geworden. Mahindra und vor
allem Honda rüsteten im Kampf gegen den bisherigen
Moto3-Dominator KTM gehörig auf.
Ob Öttl mit seinem Motorrad der wesentlich
kleineren deutschen Kalex-Schmiede auf der
Strecke bleiben könnte? »Wir haben den gleichen
Motor wie die KTM-Werksbikes und
fahren auch die gleiche Federung. Die Kalex ist
ein gutes Motorrad, die KTM und Honda in
keinerlei Hinsicht nachhinkt. Ich fahre sie ja
schon seit 2012. Sie ist sicher nicht leicht abzustimmen,
aber wenn du den Dreh raus hast, ist
sie ein konkurrenzfähiges Motorrad«, ist Öttl
von der Qualität seines Bikes überzeugt. Die
mäßigen Ergebnisse des Motorrads beim Auftakt
in Katar hätten einen anderen Grund:
»Heuer fehlt mit Jonas Folger der absolute Kalex-
Topfahrer der letzten Saison.«
Da wären wir auch schon wieder beim
anspruchsvollen Erbe, das Öttl 2014 antreten
muss. »Das zweite Jahr in der WM ist sicher
nicht leichter als das erste«, ist der 17-Jährige
überzeugt. Von diesem Umstand konnte er sich
schon in Katar ein Bild machen, wo er als 20. die
Punkteränge deutlich verpasste und eines seiner
schlechtesten Ergebnisse in der WM einfuhr.
»Das war schlecht, da brauchen wir auch nicht
um den heißen Brei herumreden. Der Durchbruch
hat das ganze Wochenende auf sich warten
lassen. Aber ich weiß in etwa, woran es
gelegen hat, nachdem ich mit meinem Trainer
gesprochen habe«, spricht Öttl Klartext. »Wenn
es zu Beginn einer Saison Mal nicht so läuft, ist
das normal und noch kein Grund zur Sorge.
Den einen oder anderen Durchhänger hat jeder
Fahrer einmal.« Die Ausgangsposition sei dennoch
besser als im Vorjahr: »Mein Training ist
intensiver geworden, vor allem über den Winter.
Ich kenne alle Strecken, was sicherlich ein Vorteil
ist. Ich brauche mich heuer auf nichts Neues
mehr einstellen.« Schon in seiner Rookie-Saison
zeigte Öttls Formkurve stetig bergauf. Vor allem
im letzten Saisondrittel kam Öttl richtig in Fahrt,
fuhr in den letzten sechs Rennen fünf Mal in die
Punkte. In Aragon holte er mit Rang sechs das
beste WM-Resultat seiner Karriere und erzielte
seine erste schnellste Rennrunde. An diese Leistungen
möchte er 2014 anknüpfen. »Fahrerisch
bin ich mittlerweile besser und ich denke, dass
ich die schwierige zweite Saison so meistern
kann. Klar ist mehr Druck da als im ersten Jahr,
aber damit kann ich umgehen. Ich bin konstant
ein bisschen schneller geworden und war schon
im Vorjahr jemand, der seine Stärken eher in
den Rennen als im Qualifying ausspielen konnte.
In diesem Jahr sind wir aber auch auf eine
schnelle Runde schon viel näher dran.«
Philipp Öttl geht
in seine zweite
Moto3-Saison
Am Ende des Jahres wird es für Öttl auch um
den Verbleib in der WM gehen, denn sein im
Vorjahr unterzeichneter Vertrag mit dem
Schweizer Interwetten-Team hatte eine Laufzeit
über zwei Jahre. Über die aktuelle Vertragssituation
macht sich der 17-Jährige allerdings noch
keine Gedanken. »Darum kümmert sich mein
Vater [Peter Öttl, fünffacher GP-Sieger] und ich
habe vollstes Vertrauen zu ihm.« Seit seinem
Schulabschluss im letzten Sommer kann sich
Öttl voll und ganz auf seine WM-Einsätze konzentrieren.
Neben seinem Training lernt er aktuell
Spanisch, die wichtigste Sprache in der
MotoGP. »Damit ich weiß, was die spanischen
Fahrer so über mich reden«, scherzt Öttl. Vielleicht
bringt sich der 17-jährige Bayer so ja auch
beim ein oder anderen spanischen Teamchef ins
Gespräch.
94 www.Motorsport-Magazin.com
Starker Racer:
Öttl legt im
Rennen fast
immer zu
www.Motorsport-Magazin.com 95
Max Biaggis
Klappe gehörte
zu den ganz
großen im
Paddock
TOP
SPRÜCHEKLOPFER
TEXT: MARIA POHLMANN
FRECH, FRIVOL UND FEUCHTFRÖHLICH
WARUM SOLLTE MAX BIAGGI FÜR TASCHENTÜCHER WERBEN, VALENTINO ROSSI
MEHR NACHDENKEN UND COLIN EDWARDS NIE AUFHÖREN? WIR HABEN DIE ANT-
WORTEN MIT DEN LEGENDÄRSTEN SPRÜCHEN AUS DEM MOTOGP-FAHRERLAGER.
5. KLEENEX - LASS ES RAUS
Obwohl sie nur zwei Jahre in der 500ccm-Klasse
gegeneinander fuhren, gerieten Mick Doohan und Max
Biaggi vor der Jahrtausendwende regelmäßig aneinander.
1998 waren beide sogar Teamkollegen bei Honda.
Alles lief bestens, bis der Australier und der Italiener
beim britischen Grand Prix plötzlich bemerkten, dass
jeder von ihnen Chancen auf den Titel hatte, was in
einem unerbittlichen Kampf endete. »Max ist egoistisch!
Er denkt so oft über seine Erscheinung nach, dass er
immer versucht, Entschuldigungen zu finden, wenn er
nicht gewinnt. Er heult so sehr rum, dass er von Kleenex
gesponsert werden sollte.« Eine Aussage, mit der Doohan
in die Geschichte einging. Selbst im Ruhestand
gaben die Streithähne keine Ruhe. »Ich weiß nicht,
woher er seine Ausreden nimmt, aber ich wünsche mir,
dass ich sowas gehabt hätte, als ich noch fuhr«, setzte
Doohan 2003 noch eins drauf, obwohl er seinen Helm
zu dieser Zeit schon längst an den Nagel gehängt hatte.
96 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: MILAGRO
4. VON EHRGEIZ UND TALENT
Vom Rolling-Stoner zum Weltmeister und Quertreiber. Casey Stoner entwickelte
sich auf der Weltbühne zum einzigen Fahrer, der das rote Biest zähmen konnte
und seine Konkurrenten auch auf Honda noch blass aussehen ließ. Dazu war
der Australier schon lange dafür bekannt, sich weder etwas vorschreiben zu
lassen, noch seine Gedanken zurückzuhalten. 2011 legte er sich in Jerez mit
Valentino Rossi an. Nachdem Stoner von der Pole gestartet war, lag er bei
schwierigen Bedingungen an zweiter Position vor Rossi. Der Italiener versuchte,
in einem misslungenen Manöver innen am Honda-Piloten vorbeizugehen. Mit
etwas zu viel Speed rutschte Rossi weg und riss Stoner mit ins Aus. Direkt
nach dem Vorfall rannte der neunfache Weltmeister zur Box des Konkurrenten,
um sich zu entschuldigen. Mit seiner Reaktion ging Stoner in die MotoGP-
Geschichte ein: »Offensichtlich ist dein Ehrgeiz größer als dein Talent.« Und als
wäre das noch nicht genug, stupste
3. LANGSCHLÄFER
Dabei dürfte sich Rossi kaum beschweren, schließlich kann auch er sich in
hitzigen Situationen nur schwer zurückhalten. Dazu sorgt er mit witzigen Kommentaren
und amüsanten Meinungsäußerungen des Öfteren für etwas Unterhaltung.
»Mein normales Leben ist wie Urlaub. Nach 2:00 Uhr morgens habe
ich viel Energie. Ich schlafe morgens gern lang. Ich habe einige Probleme am
Tagesanfang.« Das ist nur eine der bekanntesten Aussagen des Italieners, der
es jahrelang nicht nur auf der Strecke ordentlich krachen ließ. »Ich hätte auch
Autos klauen können - das hätte mir den gleichen Adrenalin-Kick gegeben wie
der Rennsport.« Neben diesen persönlichen Anekdoten fand Rossi auch oft die
richtigen Worte, um Rivalen wie Biaggi, Sete Gibernau, Stoner und Jorge Lorenzo
in aller Öffentlichkeit zu blamieren. Am meisten amüsierte sich der Doktor
allerdings über Gerüchte. 2014 ist schließlich nicht das erste Jahr, in dem über
gewisse Wechsel oder ein mögliches Karriereende diskutiert wird. Nach einem
Formel-1-Test im Ferrari wurde Rossi bereits dem Vierradsport verschrieben.
Sein Konter: »Wie soll Ferrari wissen, was ich nächstes Jahr mache, wenn ich
selbst nicht weiß, was ich nächste Woche tue?«
www.Motorsport-Magazin.com 97
FOTOS: MILAGRO
2. DER HONEY BADGER
»Ich hole mir jetzt einen Kaffee...« - Cal Crutchlow hat ein durchaus starkes
Mitteilungsbedürfnis. Zur Freude seiner zahlreichen Fans lebt er dieses aber
nicht nur in geschlossenen Medien- oder Teamrunden, sondern auch und besonders
auf seinem persönlichen Twitter-Account aus. Der Brite ist eine einzigartige
Persönlichkeit und macht sich an Rennwochenenden und in seiner Freizeit über
Gott und die Welt lustig. »Motorrad-Medien, Websites, Zeitungen... Ihr seid im
Winter sehr langweilig, das steht mal fest! Kann ich euch etwas Gutes geben,
98 www.Motorsport-Magazin.com
worüber ihr schreiben könnt? Ich habe entschieden, dass ich beim Test in Sepang
andersrum auf die Strecke fahre.« Britischer Humor wird bei Crutchlow ganz
groß geschrieben, womit er oft stichelt, aber auch erheitert. Für einen speziellen
Spruch mag man sich bei einem derartigen Entertainer gar nicht entscheiden.
Crutchlow hat für jede Situation den passenden Scherz auf Lager. Mit einem
komplett roten Bild sorgte er wenige Tage vor der offiziellen Ducati-Präsentation
für weiteren Spaß. »Das ist ein erster Ausblick auf unsere Lackierung 2014...«
FOTOS: HONDA
1. VATER, EHEMANN UND WAFFENEXPERTE
Ob Superbike-WM oder MotoGP: Unbestrittene Nummer
eins der Sprücheklopfer ist und bleibt Colin Edwards.
»Morgen werde ich also 40. Mein Nacken und mein
rechtes Knie fühlen sich wie 40 an. Gehirn... 18, vielleicht
19.« Und genauso wie sich der Texas Tornado fühlt,
benimmt er sich oftmals auch. Bei der Dorna erntete er
mit Colin‘s Corner bereits den Preis als Mitarbeiter des
Jahres 2012. Zu Hause ist Edwards liebevoller Vater,
Ehemann und Waffenexperte. In Interviews spricht der
Frechdachs der MotoGP fast ausschließlich über seine
Lieblingsthemen: Frauen, Motorräder und andere Kampfgeräte.
»Auf dem anderen Motorrad fühlte ich mich wie
ein Affe, der einen Football vögelt. Ich hatte nie ein Gefühl
und saß einfach nur drauf«, lautete einer seiner anschaulichen
Kult-Kommentare. Motorsport-Magazin fragte
Edwards einst, wie ein Film heißen müsste, der sein Leben
widerspiegelt. Nach langem überlegen meinte er: »Da
fällt mir jetzt nichts ein. Wollen wir das nicht lieber nach
einem Drink besprechen?« Klar, Colin, wir stoßen auf dich
an und hoffen, noch viele weitere Jahre über deine direkte
Art lachen zu können.
www.Motorsport-Magazin.com 99
Klappt es für Melandri
2014 endlich mit dem
Weltmeister-Titel?
DIE SILBERPFEILE DER
TEXT: MARIA POHLMANN
SUPERBIKE-WM
EIN NEULING, EIN VERLETZTER UND EIN GENIE WENIGER IM TEAM: APRILIA WURDE 2014 NICHT ALLZU VIEL ZU-
GETRAUT. DOCH SCHON BEIM AUFTAKT BEWIESEN MARCO MELANDRI UND SYLVAIN GUINTOLI DAS GEGENTEIL.
S
ommer in Australien: Die Ozean-
Wellen schlagen auf Felsen, die
Sonne erwärmt die Fans rund
um den Phillip Island Circuit und
die Motoren der Superbikes heulen zum
ersten Mal in diesem Jahr wieder laut auf.
Die erste Überraschung des Auftaktwochenendes
taucht ganz vorne auf: Pole-Mann
Sylvain Guintoli. Der neue silberne Lack der
Aprilia RSV4 Factory glänzt unter den australischen
Sonnenstrahlen. Die roten Lichter
der Ampel gehen aus und Guintoli biegt als
Erster in die nach Mick Doohan benannte
erste Kurve ein.
Hinter dem Franzosen und dem gesamten
Aprilia-Werksteam liegt eine schwierige Zeit.
Gegen Ende der letzten Saison verletzte sich
Guintoli beim Fahrrad-Training an der Schulter.
Danach hatte er, trotz mehrerer Operationen,
lange enorme Schmerzen und Probleme.
Vor dem Saisonstart konnte er kaum
testen. Seine Befürchtungen, beim Auftaktrennen
noch nicht völlig fit zu sein, bestätigten
sich unglücklicherweise für ihn. »Das
Problem ist: Bei meiner Verletzung handelt
es sich nicht um einen Bruch. Sie betrifft das
Gelenk und das ist sehr problematisch, wenn
man ein Motorrad fährt. Es ist schwierig, die
Stabilität wiederherzustellen«, erklärt er.
Eugene Laverty ging, Marco Melandri kam
und auch der Italiener legte sich im Winter
nach einer Knöchelverletzung unters Messer.
Das italienische Team verlor Gigi Dall‘Igna an
Ducati Corse und geriet besonders bei den
Lieferungen an die MotoGP-Teams in Verzug.
Glücklicherweise lief in der World Superbike
scheinbar alles nach Plan. Melandri war
schon kurz vor dem ersten Rennwochenende
in Australien sicher, dass ein Sieg im Bereich
des Möglichen liegen könnte. »Phillip Island
gehört zu den erfolgreichsten Strecken meiner
Karriere. Ich gewann dort in der 125er,
in der 250er und in der MotoGP. Lediglich in
der Superbike habe ich es noch nicht
geschafft - da wurde ich 2012 nur Zweiter.
Ich freue mich also darauf, dort ein großartiges
Ergebnis auf der Aprilia zu holen«,
posaunte er vor dem Auftakt. Leider sollte es
für den 31-Jährigen auch in dieser Saison
nicht ganz klappen.
Trotz aller Hindernisse konnte sich das
Resultat des Aprilia-Duos auf Phillip Island
durchaus sehen lassen. Um nicht nur an der
Spitze mitzuhalten, sondern die Konkurrenz
100 www.Motorsport-Magazin.com
Guintoli und Melandri
sind erstmalig
Teamkollegen
Guintoli stand auf
Phillip Island zwei Mal
auf dem Podium
auch zu schlagen, war besonders für
Melandri viel Testarbeit nötig. Der Aprilia-
Neuling arbeitete vor dem Saisonstart hart,
um sich an sein neues Gefährt zu gewöhnen
und die Strategie der Motorleistung zu verbessern.
Zunächst schockte der Hersteller
aus Noale aber mit der Abschaffung des
typisch schwarz-roten Designs. »Die
Maschine ist gleichzeitig elegant und aggressiv
und obwohl ich mich als Fahrer natürlich
nur auf Performance und Geschwindigkeit
konzentriere, kann ein derart sensationeller
Look natürlich nicht schaden«, meint
Melandri.
Guintoli schickte noch vor vollständiger
Genesung eine Kampfansage an die Rivalen:
»Wenn unser neues Motorrad so schnell ist,
wie es schön ist, wird die Konkurrenz nicht
den Hauch einer Chance haben. Die ganze
Optik der RSV4 schreit nach Geschwindigkeit
und wir sind nach den guten Testfahrten
zuversichtlich, dass die Maschine rundum
funktioniert und Leistungen am Maximum
ermöglicht.« Dabei musste der Franzose, der
seine Heimat mittlerweile in Großbritannien
gefunden hat, zunächst auf viele Daten seines
neuen Teamkollegen zurückgreifen.
Schließlich testete er selbst nur zwei Mal vor
dem Auftaktrennen in Australien.
Aprilia RSV4 Factory:
Das beste Superbike?
GEGEN ENDE DER LETZTEN
SAISON VERLETZTE SICH
GUINTOLI BEIM TRAINING
AN DER SCHULTER. DANACH
HATTE ER, TROTZ MEHRE-
RER OPERATIONEN, LANGE
ENORME SCHMERZEN UND
PROBLEME.
Dort schüchterte Aprilia die Konkurrenten
nicht nur mit dem silbernen Design ein: Guintoli
fuhr am Samstag überraschend auf die
Pole Position und lieferte mit einem Podestplatz
und einem Sieg einen nahezu perfekten
Saisonbeginn ab. Dank kluger Taktik war der
31-Jährige bis zum Ende mental und physisch
stark. »Wenn ich über alles nachdenke,
was im Winter so geschehen ist, freue ich
mich über das Wochenende. Ich bin zurück
auf der obersten Stufe des Treppchens.«
Melandri landete beim Aprilia-Debüt direkt
auf dem Treppchen. Nach einem Fehler im
zweiten Lauf konnte er seine Leistung nicht
wiederholen. »Ich bin mir sicher, dass ich
noch mehr Erfahrung brauche, um zu verstehen,
wie das Bike reagiert.«
Diese Zeit wird Melandri bekommen. Schließlich
steht ihm eine komplette Saison im
Aprilia-Werksteam bevor. Auch Guintoli wird
schon bald wieder 100 Prozent geben können.
Dank der neuen RSV4 dürften beide
Piloten kaum zu bremsen sein. Die silbern
glänzende Lackierung tut ihr Übriges. Sollten
Guintoli und Melandri bis zum Saisonende
konstante Leistungen abliefern, könnte einer
von ihnen den heiß begehrten WM-Pokal
vielleicht schon unter der glänzenden Sonne
Südafrikas hoch in die Luft strecken.
FOTOS: APRILIA
www.Motorsport-Magazin.com 101
FOTOS: HIISHII PHOTOGRAPHERS
Nach außen hin verkörpert Edgar Torronteras das Image des FMX-Bad-Boys, doch dahinter verbirgt sich wesentlich mehr
102 www.Motorsport-Magazin.com
E.T.
DER AUSSERIRDISCHE
TEXT: MARKUS ZÖRWEG
EDGAR »E.T.« TORRONTERAS IST EINER DER PIONIERE DES FREESTYLE-
MOTOCROSS IN EUROPA. EIN GESPRÄCH MIT EINEM BEATBOXENDEN,
TÄTOWIERTEN UND GEPIERCTEN FAMILIENVATER UND GLÄUBIGEN, DER
ZUR ENTSPANNUNG GERNE AUS FLUGZEUGEN SPRINGT.
Ja, natürlich. Es kommt schon manchmal vor, dass ich mir bei Shows oder
Events denke: ‚Ich will nicht mehr springen. Ich möchte nach Hause, zu meiner
Frau und meiner Tochter. Aber das ist nun mal mein Job, ich muss ja auch für
die Beiden sorgen.
Lässt sich Freestyle-Motocross überhaupt mit einer Familie
verbinden?
Viele Leute glauben, dass es leichtsinnig ist, als Familienvater so einen Sport
auszuüben. Aber wir trainieren viel dafür und können das Risiko auch genau
einschätzen. Für mich ist das normal und kein großer Unterschied zu anderen
Sportarten. Wir sind nicht verrückt, wir tun einfach nur das, was wir lieben.
Was würdest du als den besten Moment in deiner Karriere bezeichnen?
Das war bei den X-Games, als ich meine Medaille geholt habe. Meine Goldmedaille!
Damals ist ein Traum wahr geworden für mich.
Gibt es noch irgendetwas, das du als Profi erreichen möchtest?
Nicht wirklich. Ich bin mit meiner Karriere sehr zufrieden und absolut glücklich
so wie es ist.
Hast du jemals Angst beim Fahren?
Ja, natürlich. Dann bete ich. Das ist alles, was ich brauche - ein Gespräch mit
Gott.
Wie trainierst du am liebsten für Events?
Am meisten Spaß macht es, wenn ich einfach zuhause bin, ein paar Freunde
einlade und wir in meinem Park fahren. Wir fahren einfach zum Spaß und
trainieren dabei. Es wird gegrillt und wir chillen. Das sind verdammt noch mal
die besten Momente in diesem Sport.
MSM: Du bist eine wahre Legende im Freestyle-Motocross und seit
mehr als 20 Jahren dabei. Was hat sich im FMX seit deiner Anfangszeit
verändert?
EDGAR TORRONTERAS: Der Sport ist ein vollkommen anderer geworden. Als
ich begonnen habe, musste man nur ganz normale Tricks machen und die
Menschen sind vollkommen ausgerastet. Jetzt ist ein völlig neues Zeitalter
angebrochen. Es gibt so viele Piloten, die unglaublich harte Tricks machen.
Dadurch ist das Risiko viel höher. Das ist wohl der größte Unterschied im Vergleich
zu früher.
Bist du froh, damals mit dem Sport begonnen zu haben oder wärst du
lieber jetzt ein junger Rider auf dem Weg nach oben?
Heute sind die Möglichkeiten für den Nachwuchs sicher viel besser. Man muss
aber wie gesagt auch viel mehr riskieren, kann schwer stürzen und sich übel
verletzen. Das ist der einzige Nachteil.
Wie wird sich deiner Meinung nach FMX in den nächsten Jahren
entwickeln?
Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich glaube, dass der Fortschritt nicht mehr
so schnell und groß sein wird wie in den letzten Jahren. Es kann aber auch
sein, dass ich mich täusche. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, zu sehen, was
abgeht wenn die ganzen jetzigen Youngsters an der Spitze sind.
Gibt es Tage, an denen du keine Lust hast zu fahren?
Ja, wenn ich wegen meiner Tochter zu wenig Schlaf bekommen habe! [lacht]
Dann bin ich wahnsinnig müde und kann unmöglich trainieren. An solchen Tagen
bleibe ich am liebsten zuhause, spiele mit meinen ferngesteuerten Autos oder
Hubschraubern und verbringe Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter. Manchmal
gehe ich auch gerne mit Freunden Fallschirmspringen.
Was würdest du sagen, wenn deine Tochter oder dein Sohn, falls du
einmal einen hast, Freestyle-Motocross-Profi werden möchte?
Das ist eine gute Frage. Darüber habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht nachgedacht.
Ich habe den Sport lange beobachtet und kenne die Szene sehr gut.
Wenn eines meiner Kinder das einmal wollen sollte, werde ich es sicher unterstützen,
mit ihm trainieren und Kontakte mit Sponsoren knüpfen. Es ist aber
egal was sie tun wollen, sie würden meinen Support auch dann haben, wenn
sie Fußball spielen.
Würdest du in deiner Karriere etwas anders machen, wenn du noch
einmal die Chance dazu hättest?
Nein. Das war schon ganz okay. [lacht]
Du bist jetzt 36. Wie sieht dein Plan für die nächsten Jahre aus?
Ich glaube, ich werde noch drei bis vier Jahre als Profi weiterfahren. Dann
möchte ich mich voll auf meine FMX-Schule in Spanien konzentrieren. Das ist
ein sehr großes Projekt, das mir wirklich viel Spaß macht.
Du bist vor kurzem Vater geworden. Hat das für dich als Fahrer etwas
verändert?
www.Motorsport-Magazin.com 103
SLIDESHOW | MOTORSPORT | #36 | 2014
❱ BRUTALES NEUES
CHASE-FORMAT
STEPHAN VORNBÄUMEN
FOTO: NASCAR
Zu Saisonbeginn wurde das Chase-Format erneut völlig umgekrempelt
und es gleicht einer Revolution. Wer NASCAR-Champion werden will,
muss in den ersten 26 Saisonrennen einen Sieg holen, damit er sich
überhaupt für den Chase qualifiziert. In den folgenden entscheidenden
zehn Rennen geht es im Knock-Out-System weiter, bis die verbliebenen
vier besten Piloten beim Saisonfinale den Champion ausfahren.
Das System verspricht Hochspannung bis zur letzten Runde. Es wird
brutal auf den Ovalen zugehen, denn Punktesammeln ist kein Rezept
mehr für einen Titelgewinn. Das Ergebnis: Die Kaltverformungen nahmen
in den ersten Rennen bereits gewaltig zu.
104 www.Motorsport-Magazin.com
www.Motorsport-Magazin.com 105
DER FEIND IM
EIGENEN LAGER
TEXT: MARION ROTT
NUR WENIGE RALLYES SIND 2014 BESTRITTEN UND DOCH IST KLAR: DER WEG ZUM TITEL FÜHRT ERNEUT NUR ÜBER
SEBASTIEN OGIER. DAS MOTORSPORT-MAGAZIN TRAF DEN WELTMEISTER UND SEINEN SCHÄRFSTEN HERAUSFOR-
DERER JARI-MATTI LATVALA UND SPRACH ÜBER ERWARTUNGSHALTUNGEN, ZIELE UND DRUCK.
Ab durch den Dreck
- Jari-Matti Latvala
kämpft um seinen
ersten Titel
106 www.Motorsport-Magazin.com
Genauer Blick auf
alle Details. Latvala
will mit Perfektion
punkten
www.Motorsport-Magazin.com 107
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT
E
s ist der 16. Januar 2014 in Monaco. Eine neue Zeitrechnung
beginnt. Der Morgen zeigt sich neblig und diesig rund um
Gap, wo jeden Moment die Piloten in die Berge aufbrechen.
Ein Sebastien wartet fokussiert auf seinen Start. Eigentlich
hat sich nichts verändert und doch ist alles anders. Es ist nicht
Sebastien Loeb, der von den Fans frenetisch gefeiert wird, es ist Volkswagen-
Pilot Sebastien Ogier. Am Endergebnis der Rallye ist dieser Unterschied aber
kaum zu erkennen. Obwohl der Weltmeister die Rallye mit der falschen Reifenwahl
beginnt und viel Zeit verliert, steht er am Ende ganz oben.
Wie von vielen Experten erwartet, knüpft Ogier nahtlos an die Erfolge des
neunfachen Champions Loeb an. Er gewinnt Rallyes mit großem Vorsprung
und aus fast aussichtslosen Situationen. Kaum jemand könnte einen Grund
nennen, warum der Franzose nicht Titel um Titel gewinnen sollte - am
wenigsten er selbst. »Ich fühle keinen zusätzlichen Druck, denn wir haben
unseren Traum verwirklicht und damit unser Ziel erreicht«, sagte Ogier vor
dem Saisonstart und schickte eine Kampfansage an die Konkurrenz hinterher.
»Das bedeutet aber nicht, dass wir es nun ruhig angehen lassen und nicht
mehr 100 Prozent geben. Wir wollen genauso weitermachen.« Gejagter statt
Jäger, doch Ogier hat im zweiten Jahr mit Volkswagen die Ruhe weg. »Ich
kann sehr viel entspannter starten, denn ich kenne die Fähigkeiten des Teams
und des Autos und wir wissen alle, dass wir die richtigen Werkzeuge besitzen,
um es erneut zu schaffen.«
Die Konkurrenz steht vor unendlichen Fragezeichen. Wie soll verhindert
werden, dass ein neuer Sebastien zum Dominator der WRC wird? Ist erneut
die einzige Unbekannte, wann und nicht ob er den Titel gewinnt? Ogier selbst
weiß, vor wem er sich in Acht nehmen muss: Teamkollege Jari-Matti Latvala.
»Der Hauptkonkurrent ist direkt hier und ich erwarte, dass er mein schärfster
Rivale wird.«
Der Finne verfügt über gleiches Material und den unbändigen Willen, sich
endlich zum Champion zu krönen. »Es ist gut, den Weltmeister im Team zu
haben. Wir haben das beste Auto und ich kann von ihm lernen«, erklärte
Latvala. »Es hält die Motivation hoch, ihn zu schlagen.« Und nie standen die
Chancen besser als 2014. Latvala fühlt sich pudelwohl im Polo R WRC und
hat seine Fehler der Vergangenheit erkannt. »Ich habe versucht, die im Ford
Fiesta erlernten Dinge auf den Polo zu übertragen, aber das funktioniert
nicht«, erinnerte sich der ehemalige Ford-Pilot. »Als ich das akzeptiert hatte,
musste ich einen anderen Weg einschlagen.« Seit der Rallye Finnland 2013
erkennt Latvala nun kontinuierlich Fortschritte und entwickelt sich zum ersten
Herausforderer des Weltmeisters.
Neben der fahrerischen Komponente hat der Vizeweltmeister von 2010 auch
seine mentale Einstellung im Blick. »Mein Problem ist, dass ich nicht gelassen
bleibe. Ich bin nervös und angespannt und mache dadurch Fehler«, gestand
der Volkswagen-Pilot. Den Finnen begleitet der Spitzname ‚Crash-Pilot‘ und
viele warten förmlich darauf, bis eine Rallye vorzeitig endet. Neben den eigenen
Vorwürfen kommen die Kommentare von außen, die nicht spurlos an
Latvala vorbeigehen. »Ich kenne mich selbst und ich will das ändern. Am
Ende des vorigen Jahres ging es in die richtige Richtung und ich möchte alles
nun in diese Bahn lenken und alles besser machen.«
Deshalb geht der 29-Jährige nun mit einem Mentaltrainer seinen Problemen
an den Kragen. Die eigentliche Idee stammte von Volkswagen. Als das Team
bei der Heimrallye des Finnen 2013 erkannte, wie er unter Stress reagierte und
bereits auf der zweiten Prüfung einen schwerwiegenden Fehler machte, musste
gehandelt werden. Der Kontakt zu Mentaltrainer Christoph Treier wurde hergestellt.
Der Schweizer ist kein Unbekannter in der Szene. Ab 1998 arbeitete er
beispielsweise mit Marcus Grönholm zusammen. Der Finne feierte in den
Jahren 2000 und 2002 den Weltmeistertitel in der WRC.
Das erste Zusammentreffen zwischen Latvala und seinem neuen Coach fand
2013 während der Rallye Wales statt. Der Mentaltrainer beobachtete die Abläufe
des Finnen und wie er in speziellen Situationen reagierte. Über den Winter
arbeitete der Schweizer ein spezielles Training für Latvala aus, das aus einer
Mischung aus Entspannungs- und Konzentrationstraining besteht. Nun versucht
Treier, Latvala mit verschiedensten Übungen perfekt auf Drucksituationen
während Rallyes vorzubereiten. »Beispielsweise muss ich wie in einer App die
Zahlen von 1 bis 20 sortieren, die durcheinander sind. In dieser Zeit redet er
permanent, stellt mir Fragen - auf teilweise sehr aggressive Weise«, schilderte
der Finne. Damit soll die Konzentration auf das Wesentliche verbessert werden.
Zudem arbeitet Latvala sehr viel an Entspannung, um ruhig schlafen zu können.
Seit Monte Carlo ist Treier bei jeder Rallye ab dem Recce vor Ort und arbeitet
gemeinsam mit Latvala während des gesamten Events zusammen.
Die Arbeit trägt erste Früchte: In Schweden übernahm Latvala durch seinen
Sieg zum ersten Mal in seiner Karriere die Führung in der Weltmeisterschaft.
Diesen Sprung hat er nicht zuletzt dem stetigen Glauben seines Teams zu
verdanken. »Jari-Matti ist ein Weltklassefahrer und auf keinen Fall die Nummer
zwei in unserem Team«, lobte Teamchef Jost Capito. Immer wieder ist
davon die Rede, dass Ogier bereits 2012 Zeit hatte, um sich an den neuen Polo
R WRC zu gewöhnen, während Latvala ins kalte Wasser geworfen wurde.
Wichtige Worte für den kritikgebeutelten Finnen: »Ich erhalte viel Unterstützung
von Jost - das ist großartig. Das gesamte Team ist fantastisch und bietet
uns allen die gleiche Chance.«
Tatsächlich gibt es bei Volkswagen keinen Weltmeisterbonus. Die Richtlinie
ist klar: Der Schnellere gewinnt. »Das Team gibt uns alle Möglichkeiten und
macht keine Unterschiede, ob in Sachen Material, Testtagen oder Man-Power.
Es gibt - abgesehen von den Startnummern - keinen Nummer-1- und oder
Nummer-2-Fahrer«, zeigte sich Latvala voll des Lobes. Allerdings ist klar:
Ogier ist in der besseren Situation. Er ist bereits Weltmeister und kann ohne
Druck fahren. »Es ist einfach wie in den letzten Jahren bei Sebastien Loeb.
Wenn du ein wirklich guter Fahrer bist und die Dinge gut machst, dann hast
du das Glück auf deiner Seite«, erklärte Latvala das Geheimnis hinter dem
Erfolg der ganz Großen. Dabei erkennt er gleichzeitig das Problem: »Du musst
aber erst einmal so gut werden, dass das Glück auch zu dir kommt.«
Genau dieses besagte Glück macht offenbar seit Jahren einen weiten Bogen
um den 29-Jährigen. Immer wieder startete er mit hohen Ambitionen in die
Saison und wurde aufs Neue bitter enttäuscht. Zwar holte Rekordweltmeister
Loeb seinen neunten und finalen Titel erst mit 38 Jahren, dennoch hört Latvala
seine Karriere-Uhr immer lauter ticken. Hin und wieder wird der Gedanke
im Hinterkopf laut, vielleicht eines Tages ohne die Weltmeisterschaft seine
Karriere beenden zu müssen. »Sicherlich ist der Titel der Traum für viele
Fahrer und natürlich sind einige jahrelang gefahren und haben es nie
geschafft«, musste Latvala eingestehen. Er ist sich dieser Situation wohl
bewusst, dennoch will er seine positive Einstellung niemals verlieren. »Ich
möchte weiterhin daran glauben, dass ich den Titel gewinnen kann. Wenn
du fest an etwas glaubst und hart dafür arbeitest, dann wirst du es bekommen.
Hörst du aber auf, daran zu glauben, dann schaffst du es niemals.« Vielleicht
ist es am Ende Latvalas unbändiger Wille und Glaube, der ihn seinen schier
übermächtigen Teamkollegen Ogier schlagen lässt. Und wie sagte einst der
Automobil-Industrielle Henry Ford? »Ob du denkst, du kannst es, oder du
kannst es nicht - in beiden Fällen hast du Recht.«
»SICHERLICH IST DER TITEL DER TRAUM FÜR VIELE
FAHRER UND NATÜRLICH SIND EINIGE JAHRELANG
GEFAHREN UND HABEN ES NIE GESCHAFFT. ICH
MÖCHTE WEITERHIN DARAN GLAUBEN, DASS ICH DEN
TITEL GEWINNEN KANN.«
108 www.Motorsport-Magazin.com
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, VW MOTORSPORT
Auf Schotter fühlt
sich Jari-Matti
Latvala wohl
In Schweden feierte
Jari-Matti Latvala
seinen ersten
Saisonsieg
www.Motorsport-Magazin.com 109
Nico Menzel tritt
in die Fußstapfen
seines Vaters
Christian
TALENT - NICO MENZEL
FORMEL 1 ODER NICHTS? BLÖDSINN!
TEXT: ROBERT SEIWERT
ADAC FORMEL MASTERS-ROOKIE NICO MENZEL GEHT SEINE RENNSPORTKARRIERE MIT EINER GESUN-
DEN PORTION REALISMUS AN. DER 16-JÄHRIGE SOHN DES RENNFAHRERS CHRISTIAN MENZEL UNTER-
HÄLT SICH MIT DEM MOTORSPORT-MAGAZIN ÜBER SEINE ZIELE AUF UND ABSEITS DER STRECKE.
DIE ANFÄNGE:
Ich war gerade ein paar Wochen auf der Welt, da nahm
mich mein Vater schon mit an die Rennstrecke - von
Beginn an quasi mittendrin. Wirklich erinnern kann
ich mich daran, wie ich als Vierjähriger an der Strecke
stand und zugeschaut habe, als mein Dad im Carrera
Cup fuhr. Im Alter von acht Jahren habe ich den Motorsport
für mich selbst entdeckt und fuhr einige Saisons
im Bambini-Kart. Mein Vater war zu Beginn Teamchef,
Chefmechaniker und Ingenieur in einer Person.
DIE ERFOLGE:
Der Sprung vom Kart- in den Automobilsport war
ein großer Schritt. Im BMW Talent Cup lernte ich das
Formel-Rüstzeug und wurde auf Anhieb Vize-Meister.
Leider hat es knapp nicht zum Titelgewinn
gereicht, aber damit beschäftige ich mich nicht
mehr. 2014 gebe ich im ADAC Formel Masters Vollgas.
Neben meiner ersten Formelsaison erinnere
ich mich gern an 2011 - das war ein super Jahr!
Nach dem Gewinn der deutschen Rotax-Kartmeisterschaft
war ich für das Weltfinale in Al Ain qualifiziert.
Dort schaffte ich es sogar ins Finale und es
war ein tolles Gefühl, mich mit der Weltspitze des
Kartsports messen zu können.
DAS ZIEL:
Die Formel 1 ist sicherlich ein Ziel, aber ich würde
niemals sagen: entweder F1 oder gar nichts. Das ist
Blödsinn und es bringt nichts, sich da etwas vorzumachen.
Mein Ziel ist, professioneller Rennfahrer
zu werden, mein Hobby zum Beruf zu machen und
damit meinen Unterhalt zu verdienen. Ich interessiere
mich auch für Tourenwagen- oder Sportwagenmeisterschaften
und würde sehr gern in solch
einer Serie starten.
DIE AUSBILDUNG:
Ich besuche derzeit die 10. Klasse eines Gymnasiums
und möchte auf jeden Fall mein Abitur
machen. Wer weiß, wie sich meine Rennsportkarriere
entwickelt - ein zweites Standbein finde ich
sehr wichtig. Wegen meiner motorsportlichen
Verpflichtungen ist es nicht immer einfach mit der
Schule, aber meine Lehrer sagen: »Solange die
Noten passen, unterstützen wir dich.« Ich könnte
mir gut vorstellen, Sportjournalismus zu studieren.
Vielleicht kann ich ja mal ein Praktikum bei
eirer Website Motorsport-Magazin.com machen?
[Wir nehmen Bewerbungen gerne entgegen, Nico!
;o) Anm. d. Red.]
DIE HOBBYS:
Neben Motorsport und Schule bleibt nicht so viel
Zeit für Hobbys. Darüber beschwere ich mich aber
nicht, ich werde ja nicht zum Rennfahren gezwungen.
Fitness ist Pflicht, macht mir aber großen Spaß
und es ist schön, die eigenen Fortschritte zu sehen.
Wenn Zeit ist, schaue ich mir gern Spiele meines
Lieblingsvereins Hamburger SV an. An freien
Wochenenden unternehme ich gern zusammen mit
Freunden Fahrradtouren zum Nürburgring, wo wir
uns die Rennen anschauen - als echter Eifeler natürlich
ein Muss!
Menzel bestreitet
sein erstes Jahr
im ADAC Formel
Masters
110 www.Motorsport-Magazin.com
VON DOWN UNDER
INS ADAC GT MASTERS
Willkommen zurück in Deutschland, Maro Engel!
Der frühere DTM-Pilot kehrt nach seinem Australien-Gastspiel
in die Heimat zurück und hat sich das
ADAC GT Masters als neue Herausforderung ausgesucht.
»Das ist die stärkste nationale GT-Serie in
Europa«, sagt Engel, der für ROWE RACING im vertrauten
Mercedes-Benz SLS AMG GT3 startet. Beim
Neueinsteiger-Team trifft Engel auf einen alten
Bekannten: Teamchef Hans-Peter Naundorf
betreute Engel bei seinem ersten DTM-Test vor
einigen Jahren als Ingenieur
Der McLaren
Academy
Nachwuchs 2014
Highlight auf dem
Sachsenring
Die ADAC MX Academy
legte 2013 einen
fulminanten Start hin
VOLLGAS MIT MCLAREN-POWER
Marvin Dienst startet mit besonderer Motivation in
seine zweite Saison im ADAC Formel Masters. Der
Vorjahres-Fünfte wurde in die Performance Academy
von McLaren aufgenommen und erhält dort eine Ausbildung
auf Formel-1-Niveau. »Das ist für mich eine
Riesenmöglichkeit und tolle Chance«, freut sich der
Mücke-Pilot. Neben Dienst gehört mit Mücke-Nachwuchsfahrer
Benjamin Mazatis ein weiterer Deutscher
zu den 18 auserwählten Förderpiloten des Traditionsrennstalls
aus Woking.
HIGHLIGHT FÜR DEN
MOTORRAD-NACHWUCHS
Der Sachsenring - Mekka für deutsche Motorrad-Fans. 200.000 Zuschauer
pilgern jährlich zum Deutschland GP und drücken den MotoGP-Stars die
Daumen. In den Genuss dieser einzigartigen Atmosphäre kommen erneut die
Talente des ADAC Junior Cup powered by KTM. Vom 11.-13. Juli gastiert die
Nachwuchsserie im Rahmen des deutschen WM-Laufs zum vierten von acht
Rennwochenenden.
RENNKALENDER 2014
02.05. - 04.05. Lausitzring
20.06. - 22.06. Oschersleben
27.06. - 29.06. Nürburgring
11.07. - 13.07. Sachsenring (MotoGP)
18.07. - 20.07. Schleiz
08.08. - 10.08. Assen
22.08. - 24.08. Oschersleben (Langstrecken-WM)
19.09. - 21.09. Hockenheim
FOTOS: ADAC MOTORSPORT, NICO MENZEL, MCLAREN
www.Motorsport-Magazin.com 111
Fanliebling:
Brabham
BT45 mit
Kultlackierung
Kleines
Gestreiftes:
Breite Reifen,
kurze
Kleidchen
STREIFEN SIND
WIEDER IN!
Echtes Racing,
echte Männer. Der
Porsche 911 RSR
1974 umgeben
von jeder Menge
nackter Haut
112 www.Motorsport-Magazin.com
Heißer Anblick:
Lancia Martini LC1
im Einsatz in Brands
Hatch 1981
Dreckspatz:
Porsche 911 SC
bei der Safari
Rallye 1978
FOTOS: ADRIVO/SUTTON, MARTINI
www.Motorsport-Magazin.com 113
NÄCHSTE
AUSGABE:
MOTORSPORT-MAGAZIN
#37 ERSCHEINT
AM 18.06.2014
FOTO: ADRIVO/SUTTON
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