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Ist der Bachtel ein Kultberg? - Portrait

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Heimatspiegel<br />

Illustrierte Beilage Verlag von «Zürcher Oberlän<strong>der</strong>»<br />

und «Anzeiger von Uster» – Redaktion Anne Bagattini Oktober 2013<br />

Heimatspiegel<br />

<strong>Ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Bachtel</strong> <strong>ein</strong> <strong>Kultberg</strong>?<br />

Eine Annahme und <strong>ein</strong> Vergleich mit den Belchenbergen am Rh<strong>ein</strong><br />

In <strong>ein</strong>er Epoche ohne Uhren verfolgten<br />

die Menschen die Rhythmen<br />

<strong>der</strong> Zeit durch Beobachtung<br />

<strong>der</strong> Auf- und Untergänge<br />

von Sonne, Mond, Planeten und<br />

Sternen und markierten sie in<br />

<strong>der</strong> Landschaft. Sie «verorteten»<br />

ihre Kalen<strong>der</strong>. Einen solchen<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong> haben wir<br />

im Raum Basel mit den vier Belchenbergen<br />

im Elsass, Schwarzwald<br />

und Jura. Der Kalen<strong>der</strong><br />

wird als Stonehenge des Rh<strong>ein</strong>s<br />

bezeichnet. Dieser Artikel hat<br />

k<strong>ein</strong>en wissenschaftlichen Anspruch<br />

und geht von <strong>ein</strong>er – aus<br />

<strong>der</strong> Landschaftsmythologie begründeten<br />

– Annahme aus: Der<br />

Kalen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Belchen- und<br />

Blauen berge lässt sich auf unsere<br />

Landschaft übertragen. Hier<br />

wird diese Annahme in <strong>ein</strong>er<br />

kurzen Annäherung beschrieben<br />

und für das Zürcher Oberland<br />

und den <strong>Bachtel</strong> skizzenhaft<br />

vertieft.<br />

Die Lage <strong>der</strong> Belchen- und<br />

Blauenberge zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> und die<br />

Beziehung zu astronomischen<br />

Gegebenheiten (Sonnwenden,<br />

Tag- und Nachtgleichen und<br />

Mondwenden) haben durch Rolf<br />

d‘Aujourd‘hui, den vormaligen<br />

Kantonsarchäologen von Basel-<br />

Stadt, zur Theorie geführt, die<br />

Berge als frühe Landmarken<br />

astronomischer Zeitbestimmung<br />

und keltischer o<strong>der</strong> älterer Siedlungs-<br />

und Kultplätze zu sehen.<br />

Belchendreieck nach Rolf d’Aujourd’hui, ergänzt mit Fünfeck und<br />

Ansatz zur Verlängerung gegen Osten. (Grafik Peter Schulthess)<br />

Hörnlipanorama mit dem <strong>Bachtel</strong> im Vor<strong>der</strong>grund und den geheimnisvollen Mythenbergen. (antiquarisch)<br />

Die keltische Gründung von Basel<br />

und die Siedlungsstrukturen<br />

wurden davon be<strong>ein</strong>flusst. Sie<br />

sind bis heute in <strong>der</strong> Stadtplanung<br />

von Basel präsent (2). Über<br />

die Visur <strong>der</strong> Belchenberge lassen<br />

sich die Sonnwenden und<br />

über die <strong>der</strong> Blauenberge die<br />

Mondwenden festhalten; unter<br />

Visur versteht man die geradlinige<br />

Verbindung zwischen zwei<br />

o<strong>der</strong> mehr Messpunkten. Daraus<br />

leitet sich <strong>der</strong> Jahreskalen<strong>der</strong><br />

ab. Es wurden möglicherweise<br />

schon Finsternisse berechnet<br />

(Quellen 2/4/10).<br />

3:4:5-Dreiecke, Fünfecke<br />

und Dodekae<strong>der</strong><br />

Die Belchenberge stehen in<br />

<strong>ein</strong>em geometrischen Verhältnis<br />

zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>, welches dem Satz<br />

des Pythagoras entspricht (mit<br />

nur 3 Prozent Abweichung). Im<br />

Belchendreieck werden mehrere<br />

3:4:5-Dreiecke und -Streckenteilungen<br />

gefunden. Zudem erkennt<br />

man <strong>ein</strong>e Fünfeckgeometrie<br />

in den Visuren. Eine solche ist<br />

auch im Stadtplan des römischen<br />

Augusta Raurica angewendet. In<br />

Augst, Windisch und in Zürich<br />

wurden bronzene Dodekae<strong>der</strong><br />

gefunden. Das Belchensystem<br />

wurde auch kritisch untersucht,<br />

und noch sind nicht alle offenen<br />

Fragen geklärt. Mo<strong>der</strong>ne Messungen<br />

ergeben nicht immer<br />

Resultate, die sich mit den Aussagen<br />

von Rolf d’Aujourd’hui<br />

decken (4).<br />

Es gibt <strong>ein</strong>e Nähe <strong>der</strong> keltischen<br />

Druiden zur Schule des<br />

Pythagoras und damit zum<br />

3:4:5-Dreieck, zum Fünfeck und<br />

zum Pentagondodekae<strong>der</strong> (7).<br />

Das bedeutet nicht, dass die keltischen<br />

Rauraker das Belchen-


system <strong>ein</strong>geführt haben; es ist<br />

älter. Die Verhältnisse finden<br />

sich in Stonehenge und den Pyramiden.<br />

In unseren Breitengraden<br />

zeigen <strong>der</strong> Lauf von Sonne<br />

und Mond und <strong>der</strong>en Wendepunkte<br />

in <strong>der</strong> Landschaft natürlicherweise<br />

3:4:5-Proportionen<br />

und Fünfeckwinkel. Neolithische<br />

Siedler, welche diese Verhältnisse<br />

beobachtet haben, müssen<br />

das Prinzip schon erkannt haben.<br />

Darauf deuten bearbeitete<br />

St<strong>ein</strong>e hin, welche diese Geometrien<br />

deutlich vor den Beobachtungen<br />

<strong>der</strong> Griechen zeigen (12).<br />

Man kann sagen, dass das<br />

Verhältnis 3:4:5 ausdrückt, was<br />

Der Baum und <strong>der</strong> Goldene Schnitt<br />

Bernhard von Clairvaux (1090–<br />

1153, Mitbegrün<strong>der</strong> des Zisterzienserordens)<br />

als die vierte Dimension<br />

neben Länge, Breite<br />

und Höhe bezeichnet hat: Tiefe.<br />

Das pythagoräische Dreieck hat<br />

<strong>ein</strong>e Verbindung zum Goldenen<br />

Schnitt. Die Bewegungen <strong>der</strong> Gestirne<br />

und ihre Relation zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong><br />

spiegeln dieses Verhältnis.<br />

Das kommt beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Beziehung<br />

Mond – Erde zum Ausdruck.<br />

Der Begriff Kosmos drückt<br />

diese Ordnung als «schöne, harmonische»<br />

Verhältnismässigkeit<br />

aus. Die geheimnisvollen Pentagondodekae<strong>der</strong><br />

können in diesem<br />

Zusammenhang gesehen<br />

werden. Sie sind die Quintessenz:<br />

In <strong>der</strong> Fünf sind die Vier und die<br />

Drei enthalten. Die Zahl Fünf und<br />

In ihrem Wachstum und auch in ihren<br />

ver borgenen physiologischen Prozessen<br />

stehen die Bäume direkt unter dem Einfluss<br />

<strong>der</strong> Sonne. Ein weiterer, subtiler Zusammenhang<br />

besteht zudem mit den Mond- und<br />

Planetenzyklen. Eine merkwürdige Rolle des<br />

Goldenen Schnitts ersch<strong>ein</strong>t in diesem<br />

Kontext, Raum und Zeit verbindend. (13)<br />

Der Jahreskreis mit den Jahresfesten. (Grafik Kurt Derungs)<br />

Das bronzene Pentagondodekae<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Limmat bei Zürich.<br />

(A-5096/DIG-20689, Schweizerisches Nationalmuseum)<br />

Das Kalen<strong>der</strong>kreuz. (Grafik Peter Schulthess)<br />

74<br />

das Fünfeck haben <strong>ein</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

«Tiefe» und Verbindung<br />

zum Leben, zum Raum und zur<br />

Zeit. (10/12)<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong><br />

und Jahreskreis<br />

Der Landschaftskalen<strong>der</strong> be<strong>ein</strong>flusste<br />

die Wahl von Siedlungsplätzen,<br />

die Führung <strong>der</strong><br />

Verkehrswege und die Ausrichtung<br />

von Gebäuden und Gräbern<br />

(2). Für den Raum Lenzburg<br />

wurde dies für die Zeit vor 4000<br />

Jahren dargelegt und mit an<strong>der</strong>en<br />

Kultstätten verglichen (6).<br />

Die Kelten hielten sich bei <strong>der</strong><br />

Besiedlung des Raumes Basel<br />

daran. In <strong>der</strong> Stadt Augusta Raurica<br />

nahmen die Römer die Fünfeckgeometrie<br />

in <strong>der</strong> Stadtplanung<br />

integral auf (2/4).<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong> finden<br />

sich an verschiedenen Orten in<br />

<strong>der</strong> Schweiz. Die berühmtesten<br />

sind die von Falera und Yverdonles-Bains.<br />

Es gibt sie im Rätikon,<br />

im Seeztal, bei Elm, am Türlersee<br />

und in Bremgarten. Schalenst<strong>ein</strong>e,<br />

die zu Kultplätzen gehörten,<br />

fanden sich am Pfannenstiel,<br />

am Pfäffikersee und im Zürcher<br />

Oberland. Oft sind sie nicht mehr<br />

vorhanden und nur in Gem<strong>ein</strong>dechroniken<br />

erfasst. Ein berühmter<br />

St<strong>ein</strong> befindet sich am Platz <strong>der</strong><br />

Märtyrer und Stadtheiligen Felix<br />

und Regula unter <strong>der</strong> Wasserkirche<br />

in Zürich (5).<br />

Diese Orte waren Kultplätze,<br />

denn <strong>der</strong> Jahreskreis (o<strong>der</strong> Bauernkalen<strong>der</strong>)<br />

wurde mit Festen<br />

und Kultspielen dramatisiert:<br />

Geburt, Tod und Wie<strong>der</strong>geburt<br />

(ähnlich dem Osterfest). Die Einsetzung<br />

<strong>der</strong> Könige als Söhne<br />

<strong>ein</strong>er Göttin o<strong>der</strong> Mutter <strong>der</strong><br />

Landschaft sind in diesem Zusammenhang<br />

zu sehen. Hinweise auf<br />

diese Kultur gibt es in <strong>der</strong> Schweiz<br />

viele. Sie lassen sich archäologisch,<br />

ethnologisch, in alten Bergund<br />

Flussnamen und im reichen<br />

Sagen- und Symbolschatz fassen.<br />

Kultplätze waren durch die Visuren<br />

auf heilige Berge (bei uns das<br />

Vrenelisgärtli) ausgerichtet. Viele<br />

Flurnamen weisen – oft wegen<br />

<strong>der</strong> christlichen Überlagerung –<br />

darauf hin: Der Wasserplatz <strong>der</strong><br />

«Tüüfels’ Chile» im Tösstal ist<br />

somit als <strong>ein</strong> alter, heiliger Platz<br />

erkennbar.<br />

Das <strong>Bachtel</strong>dreieck –<br />

<strong>ein</strong>e Annahme<br />

Das Belchensystem reicht bis<br />

zum Tödi, und über die Namen<br />

von Bergen wie Belchen, Beleben,<br />

Blauen o<strong>der</strong> -bühl (z. B. Fünfbühl,<br />

Zumikon) verlängert es sich gegen<br />

Norden und Osten. Die Namen<br />

streuen in Hessen, im Elsass,<br />

im Schwarzwald und in <strong>der</strong><br />

Schweiz. Es gibt den Blauen bei<br />

Winterthur. Diese Tatsache hat<br />

mich bewogen, die Erweiterung<br />

des Systems zu prüfen, zu dokumentieren<br />

und zu präsentieren.<br />

Das Belchensystem kann man<br />

an s<strong>ein</strong>er Ostachse spiegeln; es<br />

fällt so in den Raum Bäretswil.<br />

Dort liegen <strong>der</strong> Stoffel, das Rosinli<br />

und <strong>der</strong> <strong>Bachtel</strong>. Sie alle haben<br />

Sichtverbindung mit dem Belchensystem.<br />

Die folgenden Erklärungen<br />

sollen die beson<strong>der</strong>e Rolle<br />

des <strong>Bachtel</strong>s zeigen. S<strong>ein</strong>e Stellung<br />

über dem Zürichsee und die<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> Insellandschaft<br />

machen ihn zum <strong>Kultberg</strong>.<br />

Der Name <strong>Bachtel</strong> bedeutet<br />

Bach-Tal-Berg. Gem<strong>ein</strong>t ist das<br />

Glatt- o<strong>der</strong> das Linth-Zürichsee-<br />

Limmattal (11). Der <strong>Bachtel</strong> ist als<br />

die Rigi des Oberlandes bekannt.<br />

Er nimmt Bezug zu weiteren Kult-


ergen: Säntis, Mürtschenstock,<br />

Glärnisch, Tödi, Clariden, Titlis,<br />

Rigi, Pilatus und zu Eiger, Mönch<br />

und Jungfrau, welche im Belchensystem<br />

<strong>ein</strong>e Rolle spielen. Der<br />

<strong>Bachtel</strong> liegt nicht perfekt im<br />

<strong>Bachtel</strong>dreieck, ist aber <strong>der</strong> bedeutendste<br />

Berg für die Beobachtung<br />

<strong>der</strong> Gestirne und für die Verortung<br />

<strong>ein</strong>es Kalen<strong>der</strong>s. Er hat<br />

Bezug zu den Belchen und zum<br />

Tödi, auf den sich die Visur zur<br />

Wintersonnwende vom Ballon<br />

d’Alsace ausrichtet (4).<br />

Es gibt viele Ähnlichkeiten<br />

zwischen dem Belchen- und dem<br />

<strong>Bachtel</strong>dreieck und damit Möglichkeiten<br />

zum Vergleich. Hier<br />

werden <strong>ein</strong>ige beschrieben:<br />

• Der <strong>Bachtel</strong> war während <strong>der</strong><br />

Eiszeit eisfrei – wie das Elsass<br />

– und konnte über den Tösstalkorridor<br />

begangen werden. Er<br />

hat <strong>ein</strong>e ähnliche Höhe wie die<br />

Belchen-/Ballongruppe. Vom<br />

<strong>Bachtel</strong> kann man das Belchensystem<br />

<strong>ein</strong>sehen, allerdings<br />

nur an wenigen Tagen.<br />

• In beiden Dreiecken spielen<br />

Bärenkulte <strong>ein</strong>e Rolle: Die Heilige<br />

Odilie vom Elsass gilt als<br />

Bärenfrau, als Schamanin mit<br />

Bärenkräften. Sie wurde in<br />

Das <strong>Bachtel</strong>dreieck als Annahme und Vergleich. (Grafik Peter Schulthess)<br />

Blick vom <strong>Bachtel</strong> gegen Westen über das <strong>Bachtel</strong>- und Belchendreieck. (Frühjahr 2013, Peter Schulthess)<br />

Geheimnisvolle Pentagondodekae<strong>der</strong><br />

Von den Griechen als Idealform beschrieben,<br />

steht das Pentagondodekae<strong>der</strong> für die Erde<br />

(von aussen gesehen), das Universum, den<br />

Kosmos, die Quintessenz, den Goldenen<br />

Schnitt und das Verhältnis 3:4:5 (Mond–Erde).<br />

Über 90 Objekte haben Archäologen geborgen.<br />

Ihre Verwendung ist unbekannt; es gibt<br />

dazu nur Spekulationen. Dieser Körper hat<br />

viele Denker bewegt. Er taucht jetzt in <strong>der</strong><br />

Wissenschaft wie<strong>der</strong> auf: In Wassermolekülen<br />

finden sich dodekaedrale Strukturen, welche<br />

vor allem den Zustand des Flüssigen ausmachen,<br />

und die Astrophysiker ordnen dem<br />

Universum heute diese Geometrie zu. (12)<br />

Balma in den Vogesen ausgebildet<br />

– was wie Bauma klingt.<br />

In <strong>der</strong> Gegend von Bauma/<br />

Bäretswil waren Bären heimisch.<br />

In Zürich kennt man<br />

<strong>ein</strong>en römische Gedenkst<strong>ein</strong><br />

<strong>der</strong> Bärenjäger (Ursarien-St<strong>ein</strong>).<br />

In Eglisau wurde <strong>ein</strong>e römische<br />

Schale mit Bären jäger-<br />

Motiv gefunden.<br />

• Es gab <strong>ein</strong>e Reihe von megalithischen<br />

St<strong>ein</strong>setzungen (<strong>der</strong><br />

St<strong>ein</strong>tisch von Hermatswil, <strong>der</strong><br />

Opferst<strong>ein</strong> bei Pfäffikon), und<br />

es gibt viele Spuren aus dem<br />

Neolithikum (Gräber mit Bärenzähnen)<br />

(1).<br />

• Der «Drehst<strong>ein</strong>» – <strong>ein</strong> Findling<br />

am Weg zum <strong>Bachtel</strong> oberhalb<br />

von Wernetshausen – soll sich<br />

nach dem Glockenschlag des<br />

Münsters von Basel um sich<br />

selber drehen! Wie aber können<br />

sich <strong>der</strong>art grosse und<br />

schwere St<strong>ein</strong>e um ihre eigene<br />

Achse drehen? Drehst<strong>ein</strong>e sind<br />

St<strong>ein</strong>e in Landschaftskalen<strong>der</strong>n,<br />

welche im Jahreskreis<br />

<strong>ein</strong>e Bedeutung haben. Dass<br />

sich <strong>der</strong> St<strong>ein</strong> bei Wernetshausen<br />

nach dem Basler Münster<br />

richtet, sagt zweierlei: Es gibt<br />

<strong>ein</strong>e Verbindung zum Belchensystem<br />

und, wie es Emil Egli<br />

im Vorwort zum Fotobuch<br />

von Jakob Tuggener ausdrückt,<br />

75


Sonnenaufgang über <strong>der</strong> Hulftegg/Iddaburg und Sonnenuntergang über dem Schwarzwald-Belchen am 21. Juni 2013,<br />

Sommersonnwende. (Peter Schulthess)<br />

«das Tal weitet sich bis an den<br />

Rh<strong>ein</strong> und machte das Oberland<br />

weltoffen» (11).<br />

• Vor mehr als 3000 Jahren waren<br />

alle unsere Seeufer besiedelt. Es<br />

gibt Hinweise auf die Kalen<strong>der</strong>führung<br />

durch Markierung in<br />

<strong>der</strong> Landschaft (St<strong>ein</strong>setzungen/Flurnamen)<br />

(1).<br />

• Die Kelten besiedelten Basel<br />

vor 2500 Jahren, und mittlerweile<br />

ist auch das keltische Zürich<br />

fassbar. Hier gibt es Verbindungen,<br />

welche bis dato<br />

noch nicht gemacht o<strong>der</strong> noch<br />

nicht veröffentlicht sind.<br />

• Die Römer verwendeten für<br />

den Grundriss von Augusta<br />

Raurica die Fünfeckgeometrie.<br />

Für Zürich vermute ich <strong>ein</strong>e<br />

solche Geometrie für den Lindenhof<br />

und die keltische Siedlung<br />

um diesen Hügel, <strong>der</strong> <strong>ein</strong>e<br />

Insel zwischen den Wassern<br />

von See, Linth und Limmat und<br />

in <strong>der</strong> Frühzeit möglicherweise<br />

<strong>ein</strong> heiliger Hain war.<br />

• Das <strong>Bachtel</strong>dreieck ist das Kerngebiet<br />

<strong>der</strong> merowingischen Etichonen<br />

und <strong>der</strong> Habsburger, die<br />

sich auf die Etichonen als Vorfahren<br />

berufen (Windisch/Vindonissa<br />

und die Habsburg).<br />

Beide Familien spielen im Elsass<br />

und in Europa <strong>ein</strong>e bedeutende<br />

Rolle (8). Die Heilige Odilie<br />

vom Odilienberg stammt aus<br />

dieser Sippe. Schmuckfunde aus<br />

Gräbern zeigen <strong>ein</strong>e Nähe zu<br />

Dodekae<strong>der</strong>n, welche in Formvon<br />

Bergkristallen mit beigesetzt<br />

wurden. Auch hier findet<br />

sich <strong>der</strong> mythische Hintergrund<br />

und <strong>ein</strong>e Verbindung zum Jah-<br />

Der Tödi vom <strong>Bachtel</strong> aus gesehen: Dieser Berg ist wie <strong>ein</strong> «Drehst<strong>ein</strong>» das Zentrum <strong>ein</strong>es grossen<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong>s. (Frühjahr 2013, Peter Schulthess)<br />

Der Tischst<strong>ein</strong> bei Hermatswil (Theo Schaad) und <strong>ein</strong> Grab aus dem Neolithikum mit Ausrichtung nach den Gestirnen.<br />

(Grafik Peter Schulthess)<br />

76


Die Kultlandschaft zwischen Etzel und <strong>Bachtel</strong>. Deutlich sichtbar<br />

<strong>ein</strong> 3:4:5-Dreieck <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt zwischen Rapperswil, Ufenau<br />

und <strong>der</strong> Kapelle St.Johann oberhalb Altendorf SZ.<br />

(Grafik Kurt Derungs)<br />

reskreis und zur Kalen<strong>der</strong>geometrie.<br />

• Die Familie von Beata-Landolt<br />

übergab vor 1300 Jahren dem<br />

Kloster St. Gallen umfangreichen<br />

Landbesitz zwischen Winterthur<br />

und dem Glarnerland.<br />

Damit wurden die Orte im<br />

Oberland erstmals fassbar. Im<br />

Zusammenhang mit dieser<br />

Sippe werden Verbindungen ins<br />

Elsass vermutet. Sie könnte den<br />

Grün<strong>der</strong>n des Klosters Weissenburg<br />

im Elsass und damit dem<br />

Adel o<strong>der</strong> gar dem Herzogsgeschlecht<br />

zugeordnet werden.<br />

Die Gräber <strong>der</strong> Familie werden<br />

bei den Grabhügeln von Illnau-<br />

Studbrunnen vermutet (6).<br />

Auch da gibt es Bezüge zum<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong>. Es gibt in<br />

diesem Zusammenhang <strong>ein</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Betrachtung von Besiedlung<br />

und Landschaft (8).<br />

• Das Basler Münster und das<br />

Grossmünster von Zürich (in<br />

<strong>der</strong> heutigen Form gebaut vor<br />

800 Jahren) sind nach den<br />

Sonnwenden des Landschaftskalen<strong>der</strong>s<br />

ausgerichtet: das<br />

Münster in Basel nach <strong>der</strong><br />

Sommer- und das Grossmünster<br />

in Zürich nach <strong>der</strong> Wintersonnwende.<br />

Auch hier spiegelt<br />

sich die Kalen<strong>der</strong>geometrie<br />

des Belchen- und <strong>Bachtel</strong>dreiecks.<br />

Das Grossmünster zeigt<br />

in Richtung keltischer Grabhügel<br />

in Zumikon.<br />

• Zürich ist mit dem Elsass und<br />

Strassburg über die Habsburger<br />

und Zähringer verbunden.<br />

Da ist an die Hirsebreifahrt zu<br />

erinnern und an die Über<strong>ein</strong>stimmungen<br />

in <strong>der</strong> Architektur<br />

<strong>der</strong> Predigerkirche und <strong>der</strong><br />

Sakralbauten von Königsfelden<br />

bei Windisch sowie an die<br />

Lage <strong>der</strong> Zisterzienserklöster<br />

in unserer Landschaft.<br />

• Es gibt Zusammenhänge zwischen<br />

Landschaftskalen<strong>der</strong>,<br />

Jahreskreis und s<strong>ein</strong>er Dramatisierung.<br />

Die Kelten überlagerten<br />

diese Sagen bereits; die<br />

christliche Kirche hat sie verän<strong>der</strong>t,<br />

aber nicht verschwinden<br />

lassen. So sch<strong>ein</strong>en die<br />

Mythenkerne durch, welche<br />

für die alteuropäische Kultur<br />

stehen und durch die Landschaftsmythologie<br />

freigelegt<br />

wurden (5).<br />

Ein Landschaftskalen<strong>der</strong><br />

an <strong>Bachtel</strong> und Obersee<br />

Der <strong>Bachtel</strong> gehört in <strong>ein</strong>e<br />

Reihe von <strong>Kultberg</strong>en bekannter<br />

Kultlandschaften Europas, welche<br />

durch die Landschaftsmythologie<br />

untersucht worden<br />

sind. Es findet sich am <strong>Bachtel</strong><br />

<strong>ein</strong>e Kultlandschaft, welche die<br />

Gesetzmässigkeiten des Belchensystems<br />

aufweist. Es ist die<br />

Landschaft zwischen dem Etzel<br />

und dem <strong>Bachtel</strong>, dem Obersee,<br />

dem Übergang über den Zürichsee<br />

zwischen Rapperswil und<br />

Pfäffikon und den Inseln Ufenau<br />

und Lützelau. Der Übergang<br />

über den See wurde schon im<br />

Neolithikum benutzt. Es gab<br />

mehrere Brücken o<strong>der</strong> Stege,<br />

und die Befahrbarkeit <strong>der</strong> Gewässer<br />

von Chur bis an die Nordsee<br />

(zur Zeit <strong>der</strong> Römer) macht<br />

diese Landschaft zu <strong>ein</strong>em bedeutenden<br />

Raum, weit über unsere<br />

Gegend hinaus. Inseln hatten<br />

<strong>ein</strong>e beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

für die Menschen, denn sie wurden<br />

als Tore zum Jenseits und<br />

damit zu den Ahnen gesehen. Es<br />

ist nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass<br />

die Menschen diesen Raum als<br />

Siedlungsraum und ausgewählte<br />

Kultplätze/Kalen<strong>der</strong>plätze für<br />

ihre Jahreszeitenfeste nutzten<br />

und auf den Inseln später Tempel<br />

und Klöster bauten. Es finden<br />

sich viele archäologische Spuren,<br />

und im frühen Mittelalter wurden<br />

weitere Plätze mit Klöstern<br />

und Kirchen überbaut (6). Flurnamen<br />

verweisen auf den sakralen<br />

Hintergrund und verbinden<br />

sich mit den Sagen und dem<br />

Brauchtum <strong>der</strong> Oberlän<strong>der</strong><br />

Land schaft.<br />

Es gibt auch <strong>ein</strong>en kosmischen<br />

Bezug: Der Grosse und <strong>der</strong><br />

Kl<strong>ein</strong>e Bär – verbunden mit<br />

Mond und Göttin – ziehen zusammen<br />

mit Schwan/Adler und<br />

Vega/Leier zur Zeit des Mittwinters<br />

tief über die <strong>Bachtel</strong>landschaft<br />

und den Mondmilchgubel<br />

(vom Etzel aus gesehen) (5).<br />

Dann «küsst» <strong>der</strong> <strong>Bachtel</strong> die Bärensterne,<br />

den Kessel <strong>der</strong> Milchstrasse<br />

und das mythische Herz<br />

o<strong>der</strong> den Schoss unserer Galaxis.<br />

Die Landschaft am Obersee<br />

ist verbunden mit dem Kultplatz<br />

Wetzwil oberhalb von Herrliberg.<br />

In Wetzwil finden sich Anzeichen<br />

für St<strong>ein</strong>kreise. Man hat<br />

in <strong>der</strong> Gegend Schalenst<strong>ein</strong>e gefunden.<br />

Weitere St<strong>ein</strong>e fanden<br />

sich in Egg, Maur, Aesch (1). Die<br />

Insellandschaft hat <strong>ein</strong>e Verbindung<br />

über den Buechberg an<br />

Obersee/Linthebene bis zu Regelst<strong>ein</strong>/Tanzboden.<br />

Es gibt <strong>ein</strong>e<br />

weitere Verbindung zur Iddaburg<br />

im Toggenburg, welche<br />

durch die Sage <strong>der</strong> Heiligen Ida<br />

– mit Analogien zur Heiligen Odilie<br />

im Elsass – als Kultplatz identifiziert<br />

werden kann und <strong>ein</strong>e<br />

Ausrichtung auf den Sonnenaufgang<br />

und die Sonnwenden zeigt.<br />

Zudem sch<strong>ein</strong>t <strong>der</strong> Grabhügel<br />

von Robank/Wetzikon im <strong>Bachtel</strong>dreieck<br />

verankert, wie auch<br />

die Grabhügel Fünfbühl, Zumikon<br />

und Sonnenbühl, Üetliberg.<br />

Die Legende von Felix und<br />

Regula ist mit <strong>der</strong> Tradition aus<br />

dem Jahreskreis und <strong>der</strong> Göttin<br />

mit den vielen Namen verbunden<br />

(Regula = Regelst<strong>ein</strong>!). Zudem<br />

deu ten die nach Mondwenden<br />

ausgerichteten Kirchenbauten<br />

des Mittelalters auf <strong>ein</strong>e ältere,<br />

kreisförmige Struktur <strong>der</strong> Stadtplanung<br />

hin. Kirchenkreise gibt<br />

Der <strong>Bachtel</strong> von Altendorf aus gesehen und die Kapelle des Heiligen Johannes auf <strong>ein</strong>em Geländevorsprung über <strong>der</strong> Linthebene.<br />

(Sommer 2013, Peter Schulthess)<br />

77


Der Kirchenkreis von Zürich, die Ausrichtung <strong>ein</strong>zelner Kirchen<br />

nach dem Mond und die beson<strong>der</strong>e Stellung des Lindenhofs auf<br />

<strong>der</strong> Nord-Süd-Achse zwischen Kloster Oetenbach, St.-Peter-Hofstatt<br />

und Fraumünster. (Grafik Kurt Derungs)<br />

es auch aus an<strong>der</strong>en Gegenden.<br />

Oft sind den Kirchenstiftern «Visionen<br />

erschienen»: mehrere Kirchen<br />

– in <strong>ein</strong>em Kreis angeordnet<br />

– zu bauen (Thunersee und Fraumünster<br />

in Zürich) (5).<br />

Der Aabachkreis<br />

bei Uster<br />

Theo Schaad publiziert in <strong>der</strong><br />

zweiten Auflage s<strong>ein</strong>er Heimatkunde<br />

<strong>ein</strong>en «Aabachkreis». Im<br />

Zentrum des Kreises ist die Mündung<br />

des Aabach bei Nie<strong>der</strong> uster.<br />

Ein erster Kreis ver<strong>ein</strong>igt die Orte<br />

Uster, Maur und Greifensee. Ein<br />

zweiter Kreis zeigt die Anordnung<br />

<strong>der</strong> Dörfer ab Fällanden gegen<br />

Norden und Osten. Die Kreise<br />

lassen sich durch <strong>ein</strong>en dritten<br />

erweitern. Auf diesem finden sich<br />

<strong>der</strong> St<strong>ein</strong>kreis von Wetzwil, <strong>der</strong><br />

Grabhügel von Robank und <strong>der</strong><br />

(abgegangene) St<strong>ein</strong>kreis von Irgenhausen<br />

(9).<br />

Es gibt weitere Kreise zu entdecken.<br />

Stecken Sie den Zirkel<br />

beim Vrenelisgärtli <strong>ein</strong> und schlagen<br />

Sie <strong>ein</strong>en Kreis, indem sie bei<br />

Luzern beginnen. Welche Orte<br />

liegen auf dem Kreis? Der Glärnisch<br />

ist neben dem Tödi <strong>der</strong><br />

<strong>Kultberg</strong> in unserer Landschaft.<br />

Das Vrenelisgärtli wird im Oberland<br />

gut gesehen, und die Sagen<br />

um die Heilige Verena sind <strong>der</strong><br />

zentrale Mythos <strong>ein</strong>es verlorenen<br />

Goldenen Zeitalters.<br />

Raum und Zeit waren <strong>ein</strong>e Einheit<br />

(«whole»/«holy» – ganz/heilig):<br />

Der Körper <strong>der</strong> Göttin ist die<br />

Landschaft. Das Netz des Lichts<br />

von Sonne, Mond und Wasser<br />

glie<strong>der</strong>t diese Landschaft. So kennen<br />

wir aus dem Mittelmeerraum<br />

Frauendarstellungen mit Körpernetzen.<br />

Diese Netze finden sich<br />

schon auf Tierdarstellungen aus<br />

Eiszeit-höhlen und auf offenen<br />

Fundplätzen. Die komplexe Kosmologie<br />

dieser Kulturen geht von<br />

wenigstens drei Welten aus: Unter-,<br />

Mittel- und Oberwelt – Geburt,<br />

Tod und Wie<strong>der</strong>geburt.<br />

Diesen Mythos finden wir auch<br />

im Brauchtum des Oberlands:<br />

Mondmilch-gubel, seltsame Frau<br />

von Hinwil, Wasserfrau Lora vom<br />

Sulzberg, drei Frauen von Pfäffikon,<br />

Silvesterchläuse/Gurri und<br />

die Winteralte, «Butzifrau» von<br />

Rapperswil, welche in den See,<br />

die Unterwelt geworfen wird (5).<br />

Unsere Ahnen trennten nicht<br />

zwischen Alltag und Kult. Ihre<br />

Mythen und Kultgegenstände<br />

sind multidimensional und spiegeln<br />

die zyklische Wie<strong>der</strong>geburt<br />

aller Wesen. Der im <strong>Bachtel</strong>dreieck<br />

gefundene Goldkessel ist <strong>ein</strong>e<br />

poetische und kosmologische Interpretation<br />

des Göttinnenkörpers<br />

als Tierkreis und Sternenhimmel.<br />

Er verweist auf das<br />

Goldene Zeitalter, welches in Sagen<br />

als verloren beklagt wird. Das<br />

universelle Zeichen des Jahreskalen<strong>der</strong>s<br />

entdecken wir auch auf<br />

<strong>ein</strong>er Graburne aus Dinhard/<br />

Riedmühle an <strong>der</strong> Thur. Es zeigt<br />

das Sonn-/Mondwendkreuz und<br />

<strong>ein</strong> Netz, welches sich seit <strong>der</strong><br />

Eiszeit auf Tier- und Göttinnenstatuen<br />

findet. Der Ethnologe<br />

Mircea Eliade (1907–1986) erinnert<br />

zu den Kalen<strong>der</strong>n und Netzdarstellungen<br />

daran, dass es <strong>ein</strong>e<br />

weit in die Prähistorie zurückreichende<br />

Tendenz des menschlichen<br />

Geistes gibt, die auch im<br />

mo<strong>der</strong>nen Menschen noch aktiv<br />

ist: s<strong>ein</strong>e Wahrnehmungen in<br />

Form <strong>ein</strong>es magischen «Raumnetzes»<br />

zu visualisieren. Das magische<br />

Denken beruht auf <strong>der</strong><br />

Existenz <strong>ein</strong>es «Raumnetzes»,<br />

das die entferntesten Gegenstände<br />

mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> verbindet,<br />

aufgrund <strong>ein</strong>er «Sympathie», die<br />

ganz beson<strong>der</strong>n Gesetzen gehorcht.<br />

Der magische Zauberer<br />

kann an die Wirksamkeit s<strong>ein</strong>er<br />

Handlungen nur in dem Mass<br />

glauben, als <strong>ein</strong> solches «Raumnetz»<br />

existiert (Eliade 1986). Das<br />

m<strong>ein</strong>te wohl Bernard von Clairvaux<br />

mit <strong>der</strong> «Tiefe».<br />

Unsere Landschaft ist vom<br />

«Wassernetz» geprägt: Der Urrh<strong>ein</strong><br />

schüttete den Hörnli fächer,<br />

liess die Nagelfluh entstehen, die<br />

Gletscher hobelten die grossen<br />

Täler heraus. Die Bäche haben sie<br />

vertieft und die Seen geschaffen.<br />

Schnee, Regen, Nebel, Tau und<br />

Grundwasser formen die Land-<br />

Der Aabachkreis (Theo Schaad) und <strong>der</strong> Autor dieses «Heimatspiegels» als archäologischer Grabungshelfer von bronzezeitlichen Siedlungsresten<br />

in Fällanden. («Tages-Anzeiger», 1972)<br />

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schaft weiter und lassen Vegetation<br />

und damit Besiedlung zu. Die<br />

alten Fluss namen wie Limmat,<br />

Linth, Thur, Rh<strong>ein</strong> zeugen von<br />

<strong>der</strong> «wässrigen» Landschaft als<br />

Schlangen und Drachen (die Limmat/Linth<br />

hiess «lindo magos»,<br />

magischer Lindwurm). Der Name<br />

<strong>der</strong> Aa-Bäche hat s<strong>ein</strong>en direkten<br />

Ursprung im Namen <strong>der</strong> Göttin:<br />

Aa, Ana, Aya, Aka – Wasser des<br />

Lebens. Der Aabach bei Uster ist<br />

<strong>ein</strong> «gefrässiger Bach», also <strong>ein</strong><br />

Drache, Begleiter <strong>der</strong> Göttin und<br />

Ausdruck ihrer Kräfte. Viele Sagen<br />

handeln von heiligen Plätzen<br />

mit beson<strong>der</strong>s kraftvollen Bäumen.<br />

Solche finden sich zwischen<br />

<strong>Bachtel</strong>, Allmen und Bäretswil:<br />

mächtige Linden, <strong>der</strong>en Samen<br />

fünfzählige Strukturen zeigen<br />

(13).<br />

Liegende Göttin von Zürich: <strong>der</strong> Lindenhofhügel und die<br />

St.-Peter-Hofstatt als Heiliger Hain und als Körperanalogie<br />

zu <strong>ein</strong>em Eiszeit-Anhänger und <strong>ein</strong>er Göttinnenstatuette<br />

mit Netzmuster. (beide Grafiken Peter Schulthess)<br />

<strong>Ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Bachtel</strong><br />

<strong>ein</strong> Mond- o<strong>der</strong> <strong>ein</strong><br />

Sonnenberg?<br />

Die Bedeutung von Mond und<br />

Sonne wandelte sich. Anfangs<br />

standen sie, wie im Goldkessel von<br />

Altstetten, gleichberechtigt. Später<br />

wurden sie abstrahiert, und es<br />

wurde nur noch das Sonnenkreuz<br />

verwendet. Das Gefäss blieb. Dieses<br />

Gefäss stellt den Körper <strong>der</strong><br />

Göttin dar, aus dem das Leben<br />

kommt und in den es vergeht;<br />

auch das Pentagondodekae<strong>der</strong> ist<br />

<strong>ein</strong> «Gefäss». Der <strong>Bachtel</strong> hat auch<br />

diese Doppelnatur. Der Geist des<br />

Berges stellt sich für jeden Beobachter<br />

an<strong>der</strong>s dar – aber, wenn<br />

man sich darauf <strong>ein</strong>lässt, kann<br />

man das Wesenhafte erfassen. Der<br />

Der grosse Goldkessel von Altstetten (Stadt Zürich) mit Sonne,<br />

Mond, Tieren und Sternen (A-86063/DIG-2207, Schweizerisches<br />

Nationalmuseum) und die dreifarbige Graburne von Riedmühle ZH<br />

mit Kalen<strong>der</strong>kreuz und Netzmuster. (Bild A-39709/DIG-2073,<br />

Schweizerisches Nationalmuseum)<br />

<strong>Bachtel</strong> zieht viele zum Sonnenauf-<br />

und -untergang auf den Turm.<br />

S<strong>ein</strong> Mondwesen erschliesst sich<br />

nicht so schnell; es braucht dazu<br />

19 Jahre (Volljährigkeit/<strong>ein</strong>e<br />

Lehrzeit <strong>der</strong> Druiden). Es geht niemand<br />

mehr auf den <strong>Bachtel</strong>, um<br />

dem Mond zu danken, obwohl er<br />

doch verantwortlich ist für die<br />

Entwicklung des Lebens, die Fähigkeit<br />

<strong>der</strong> Menschen zur Geometrie<br />

und Mathematik und Impuls<br />

für die Künstler war, welche in den<br />

Eiszeithöhlen ihre frühesten und<br />

reifsten Werke schufen.<br />

Im «<strong>Bachtel</strong>lied» wird <strong>der</strong> Berg<br />

unmissverständlich als Kultlandschaft<br />

beschrieben, (3) und Jakob<br />

Christoph Heer (1859–1925)<br />

rühmt die mystische Erfahrung<br />

des Lichts: «Schön ist’s auf dem<br />

<strong>Bachtel</strong>, schön, wenn das junge<br />

Licht die erglühenden Firnen<br />

küsst, schön, wenn <strong>der</strong> helle Tag<br />

auf Berg und Tal gegossen liegt,<br />

wenn die Abendgluten am Hochgebirge<br />

zerfliessen o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Mondsch<strong>ein</strong> duftig über nah und<br />

fern gebreitet liegt, die Seen<br />

leuchten und die Gipfel schweigend<br />

stehen.» (9) Der <strong>Bachtel</strong> ist<br />

<strong>ein</strong> <strong>Kultberg</strong>!<br />

Der Autor<br />

Peter Schulthess Hürlimann,<br />

gelernter Textilkaufmann aus<br />

Uster, ist Künstler-Kurator und<br />

macht Ausstellungen im Inund<br />

Ausland. Dabei verwendet<br />

er klassische und mo<strong>der</strong>ne<br />

Medien. S<strong>ein</strong>e aktuelle<br />

Ausstellung heisst «Mondland<br />

19/57*» und wird vom 25.<br />

Oktober bis zum 10. November<br />

in <strong>der</strong> Ustermer Galerie<br />

Gleis 2 gezeigt.<br />

Quellen<br />

1. Antiquarische Gesellschaft<br />

Pfäffikon (Hg.): Eine Ahnung<br />

von den Ahnen, Wetzikon,<br />

Buchverlag Wetzikon, 1993<br />

2. D’Aujourd’hui, Rolf:<br />

Kultur konzept, in: Konzept<br />

Kulturraum, Baudepartment<br />

Basel-Stadt, 1997, und<br />

D’Aujourd’hui, Rolf:<br />

Kurztext, in: Die Schweiz:<br />

Ein städte bauliches <strong>Portrait</strong>,<br />

ETH/Birkhäuser, 2008<br />

3. Bietenholz, Adolf und<br />

Schaufelberger, Otto:<br />

Das <strong>Bachtel</strong>lied (Text)<br />

4. Born, Ernst: Das Belchendreieck,<br />

Basel, Ambripress, 2010<br />

5. Derungs, Kurt: Geheimnisvolles<br />

Basel, Grenchen,<br />

2004, und Derungs, Kurt:<br />

Geheimnisvolles Zürich,<br />

Grenchen, 2004, beide<br />

Edition Amalia<br />

6. Flüeler, Niklaus und<br />

Flüeler-Grauweiler (Hsg.):<br />

Geschichte des Kantons<br />

Zürich, Band 1, Zürich,<br />

Werd-Verlag, 1995<br />

7. Furger-Gunti, Andreas: Die<br />

Helvetier – Kulturgeschichte<br />

<strong>ein</strong>es Keltenvolkes. Zürich,<br />

NZZ Verlag, 1984<br />

8. Meier, Bruno: Ein Königshaus<br />

aus <strong>der</strong> Schweiz, die<br />

Habs burger, <strong>der</strong> Aarau und<br />

die Eidgenossenschaft im<br />

Mittelalter, hier + jetzt, Verlag<br />

für Kultur und Geschichte,<br />

2. Auflage, 2008<br />

9. Schaad, Theo: Heimatkunde<br />

des Kantons Zürich,<br />

1. Ausgabe, 1945, und<br />

2. Ausgabe, 1964 (vergriffen)<br />

10. St<strong>ein</strong>rücken, Burkhard:<br />

verschiedene Internetaufsätze<br />

für Westfälische<br />

Stern warte und Planetarium,<br />

Recklinghausen<br />

11. Weber, Paul (Hg.): Zürcher<br />

Oberland. Ein Photobuch<br />

von Jakob, Tuggener,<br />

Einführung von Professor<br />

Dr. Emil Egli, Wetzikon,<br />

Buchdruckerei Wetzikon,<br />

1956<br />

12. Werth, Peter, De Divina<br />

Proportione, Festschrift in<br />

elektronischer Form für<br />

Prof. J. A. Schmoll gen.<br />

Eisenwerth, München 2005,<br />

in Kunst lexikon Saar<br />

13. Zürcher, Ernst: Bäume und<br />

Holz – Im Einklang mit<br />

Kosmos und Goldenem<br />

Schnitt, Vortrag in <strong>der</strong> Villa<br />

Grun holzer, Uster, Februar<br />

2013<br />

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